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Ernst Brandl Gerhard Saria (Hrsg)
WAG Wertpapieraufsichtsgesetz Kommentar 2., aktualisierte und überarbeitete Auflage
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Dr. Ernst Brandl Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH Wien, Österreich
Ass.-Prof. Dr. Gerhard Saria Leiter des Fachbereichs Recht an der FH Wr. Neustadt Akrab-Vortags-GmbH, s.r.o. Bratislava, Slowakei Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 2010 Springer-Verlag/Wien SpringerWienNewYork ist ein Unternehmen von Springer Science + Business Media Springer.at Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Satz und Druck: Druckerei C. H. Beck Nördlingen, Deutschland Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier – TCF SPIN: 12558094 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-211-99384-2 SpringerWienNewYork ISBN 978-3-211-72932-8 1. Auflage SpringerWienNewYork
Vorwort der ersten Auflage Mit der vorliegenden ersten Auflage unseres Kommentars zum WAG 2007 verfolgen wir primär das Ziel, dem Leser eine erste Hilfestellung bei der praktische Anwendung dieses Gesetzes zu geben, die über eine bloße Wiedergabe des Gesetzestextes und der Materialien mit einigen – mehr oder weniger gehaltvollen – Anmerkungen hinausgeht. Obwohl entsprechend unserer Zielsetzung die Behandlung praktischer Fragestellungen im Rahmen der Kommentierung im Vordergrund steht und uns zudem der Zeitdruck bei der Erstellung der Kommentierung – schließlich wird der Kommentar unmittelbar nach dem Inkrafttreten des WAG 2007 erscheinen – nicht unerhebliche Beschränkungen auferlegt hat, konnten wir dennoch bereits im Rahmen der ersten Auflage eine den Umständen und der Neuheit des Gesetzes angemessene wissenschaftliche Durchdringung der Rechtsmaterie vornehmen. Möglich war das nur, weil wir als Autoren sowohl Wissenschafter mit Praxisorientierung als auch wissenschaftlich ausgewiesene Praktiker gewinnen konnten. Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass insbesondere die Kommentierungen der Mitarbeiter der FMA nur deren persönliche Meinung widerspiegeln und nicht als offizielle Position dieser Institution angesehen werden dürfen. Der Kommentar befindet sich grundsätzlich auf dem Stand Anfang August 2007. An diesem Umstand sowie an unserem selbst gesteckten Ziel wollen wir vom geneigten Leser gemessen werden. Allfällige Lücken werden wir im Zuge der geplanten Neuauflagen schließen. Wien, im September 2007
Ernst Brandl Gerhard Saria
Vorwort zur zweiten Auflage Die nunmehr vorliegende zweite Auflage unseres Kommentars verfolgt – wie schon die Vorauflage – in weiten Teilen das Ziel, dem Praktiker einen ersten, wenn auch vertieften Einblick in die vielfältigen Problemstellungen des Wertpapieraufsichtsrechts zu geben. Auf diese Weise soll eine Hilfestellung bei der praktischen Anwendung dieses Gesetzes gegeben werden, ohne deshalb auf eine einfache Handhabbarkeit des Kommentars zu verzichten. Um den Nutzen für den Praktiker weiter zu erhöhen, haben wir diesmal auch den SCC sowie die einschlägigen Verordnungen der FMA abgedruckt. Der Kommentar befindet sich auf dem Stand von Ende Februar 2010, weshalb eine Berücksichtigung später erschienener Literatur und Rechtsprechung grundsätzlich unterbleiben musste. Auf Grund der zunehmenden dogmatischen Durchdringung des WAG 2007 durch Lehre und Rechtsprechung standen die Herausgeber zudem vor einer Richtungsentscheidung betreffend das weitere Schicksal des Kommentars und insbesondere den Charakter der Kommentierung. Im Einvernehmen mit dem Verlag haben wir uns entschlossen, mit der vorliegenden Auflage unsere Zusammenarbeit bei der Herausgabe dieses Werks zu beenden. Während Ernst Brandl voraussichtlich den Kommentar im bisherigen Sinn weiterführen wird, ist nach derzeitigem Stand geplant, dass sich Gerhard Saria publizistisch in diesem Verlag in der einen oder anderen Weise vertieft Fragen des Finanzmarktaufsichtsrechts widmen wird. Wien/Bratislava, im Juni 2010 Ernst Brandl
Gerhard Saria
Inhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................... Inhaltsverzeichnis......................................................... Autorenverzeichnis....................................................... Literaturverzeichnis ...................................................... Abkürzungsverzeichnis..................................................
V IX XV XVII XIX
Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 – WAG 2007) 1. Hauptstück 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen § § § § § § § § § § §
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Begriffsbestimmungen. .......................................... Ausnahmen........................................................ Wertpapierfirmen ................................................ Wertpapierdienstleistungsunternehmen ..................... Rücknahme und Erlöschen der Konzession ................ Anwendung des BWG .......................................... Verschwiegenheitspflicht ....................................... Firmenbuch ....................................................... Eigenkapital ....................................................... Geschäftsleiter .................................................... Aktionäre oder sonstige Gesellschafter mit qualifizierten Beteiligungen...................................................... § 11 a. Verfahren für die Beurteilung.................................. § 11 b.Kriterien für die Beurteilung ...................................
7 40 54 65 72 77 87 95 104 126 143 154 162
2. Abschnitt: Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit § 12. Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich ...... § 13. Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten..... § 14. Aufsicht im Rahmen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit....................................................
167 179 186
IX
Inhaltsverzeichnis
2. Hauptstück: Organisatorische Anforderungen 1. Abschnitt: Organisation § § § § § § § § § §
15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24.
Rechtsträger....................................................... Bedingungen für die Bereitstellung von Informationen .. Allgemeine organisatorische Anforderungen ............... Einhaltung der Vorschriften („Compliance“) .............. Risikomanagement............................................... Interne Revision.................................................. Zuständigkeiten der Geschäftsleitung........................ Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen.......... Persönliches Geschäft ........................................... Arten der persönlichen Geschäfte ............................
203 212 215 225 246 254 268 271 280 284
2. Abschnitt: Auslagerung und Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern § 25. Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben an Dienstleister ................................................... § 26. Auslagerung von Privatkundenportfolios an Dienstleister im Drittland................................................... § 27. Erbringung von Dienstleistungen über einen anderen Rechtsträger....................................................... § 28. Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
296 311 315 317
3. Abschnitt: Schutz des Kundenvermögens § § § § §
29. 30. 31. 32. 33.
Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden Hinterlegung von Kundenfinanzinstrumenten............. Hinterlegung von Kundengeldern ............................ Verwendung der Finanzinstrumente von Kunden ........ Berichte von Abschlussprüfern................................
§ § § §
34. 35. 36. 37.
Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte... Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten ..... Finanzanalysen ................................................... Zusätzliche organisatorische Anforderungen für die Erstellung von Finanzanalysen ...................................
329 336 340 343 346
4. Abschnitt: Interessenkonflikte
X
347 353 366 374
Inhaltsverzeichnis
5. Abschnitt: Verpflichtung zum Handeln im besten Interesse des Kunden § 38. Allgemeine Pflichten............................................. § 39. Gewährung und Annahme von Vorteilen ...................
381 404
6. Abschnitt: Information für Kunden § 40. Angemessene Informationen................................... § 41. Bedingungen für redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationen ........................................ § 42. Zeitpunkt der Übermittlung der Informationen ...........
420 451 467
7. Abschnitt: Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen § 43. Allgemeine Bestimmungen ..................................... § 44. Eignung von Anlageberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen............................................ § 45. Angemessenheit von sonstigen Wertpapierdienstleistungen .................................................................. § 46. Geschäfte, die nur in der Ausführung oder Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen bestehen ........ § 47. Dokumentation der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.............................................................
473 481 487 491 495
8. Abschnitt: Berichtspflichten gegenüber den Kunden § 48. Berichtspflicht .................................................... § 49. Berichtspflichten bei der Ausführung von Aufträgen außerhalb der Portfolioverwaltung ........................... § 50. Berichtspflichten bei der Portfolioverwaltung.............. § 51. Berichtspflichten für Rechtsträger, die Kundenfinanzinstrumente und Kundengelder halten .......................
497 501 507 513
9. Abschnitt: Bestmögliche Durchführung von Dienstleistungen § 52. Bestmögliche Durchführung ................................... § 53. Organisatorische Vorschriften über die Durchführungspolitik............................................................... § 54. Besondere Vorschriften für Privatkunden...................
516 527 531
XI
Inhaltsverzeichnis
10. Abschnitt: Bearbeitung von Kundenaufträgen § 55. Allgemeine Bestimmungen..................................... § 56. Zusammenlegung und Zuordnung von Aufträgen ........ § 57. Zusammenlegung und Zuordnung von Geschäften für eigene Rechnung .................................................
534 539 541
11. Abschnitt: Professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien § 58. Professionelle Kunden .......................................... § 60. Geschäfte mit geeigneten Gegenparteien .................... § 61. Information über die Kundeneinstufung ....................
542 563 569
12. Abschnitt: Unerbetene Nachrichten und Haustürgeschäfte § 62. Unerbetene Nachrichten ....................................... § 63. Haustürgeschäfte.................................................
570 578
3. Hauptstück 1. Abschnitt: Melde- und Veröffentlichungspflichten § 64. Meldepflichten.................................................... § 65. Veröffentlichungen nach dem Handel ....................... § 66. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten.............
593 642 654
2. Abschnitt: Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF) § 67. Handel und Abschluss von Geschäften über MTF........ § 68. Vor- und Nachhandels-Transparenzvorschriften für MTF ................................................................
659 670
3. Abschnitt: Systematische Internalisierer § § § §
69. 70. 71. 72.
XII
Vorhandels-Transparenzvorschriften ........................ Ausführung von Kundenaufträgen ........................... Allgemeine Geschäftsbedingungen ........................... Aufsicht ............................................................
681 693 698 702
Inhaltsverzeichnis
4. Hauptstück 1. Abschnitt § 73. und § 74. Rechnungslegung und Jahresabschlussprüfung § 75. bis § 78. Anlegerentschädigung .............................. § 79. bis § 89. Geschäftsaufsicht und Insolvenzbestimmungen ......................................................
705 723 758
2. Abschnitt: Kosten und Verfahrensvorschriften § 90. Kosten .............................................................. § 91. und § 92. Verfahrensvorschriften .............................. § 93. Berichtspflicht von Abschlussprüfern........................
782 786 817
3. Abschnitt § 94. bis § 96.
Strafbestimmungen ..................................
847
4. Abschnitt: Behördliche Zusammenarbeit § 97. Kontaktstelle und Informationsaustausch ................... § 98. Zusammenarbeit bei der Überwachung, Überprüfung vor Ort und bei Ermittlungen ................................. § 99. Ablehnung der Zusammenarbeit und Behördenkonsultation ....................................................... § 100. Befugnisse der Aufnahmemitgliedstaaten.................... § 101. Von den Aufnahmemitgliedstaaten zu treffende Sicherungsmaßnahmen ..........................................
862 866 870 872 873
5. Hauptstück: Übergangs- und Schlussbestimmungen § § § § § §
102. und § 103. Übergangsbestimmungen ......................... 104. Verweise und Verordnungen................................... 105. Sprachliche Gleichbehandlung................................. 106. Außer-Kraft-Treten ............................................. 107. Vollziehung ....................................................... 108. In-Kraft-Treten ..................................................
Anlage Anlage Anlage Anlage Anlage Anlage Anlage
1 zu § 1 zu § 2 zu § 3 zu § 4 zu § 1 zu § 1 zu §
25 .......................................................... 40 .......................................................... 40 .......................................................... 40 .......................................................... 40 .......................................................... 49 .......................................................... 50 ..........................................................
881 888 889 890 890 890 892 893 894 895 895 896 897
XIII
Inhaltsverzeichnis
Standard Compliance Code 2008 (SCC 2008) ...................... Insiderrecht und Marktmanipulation ................................. Richtlinie für Geschäfte von Mitarbeitern in Kreditinstituten ... Interessenkonflikte und Vorteile ...................................... Orderdurchführung...................................................... Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzanalyse (GoFA) ............ Mindeststandards für Finanzanalysen ................................ Sondervorschriften für Kapitalanlagegesellschaften................
898 906 923 929 940 949 952 964
Wertpapier-Meldeverordnung 2007 .................................. Interessenkonflikte- und Informationen für KundenVerordnung................................................................ Handelstransparenzausnahmen-Verordnung ....................... Gesamte Rechtsvorschrift für FMA-Kostenverordnung.......... Auslagerungsverordnung ............................................... Eigentümerkontrollverordnung .......................................
969
Sachverzeichnis ...........................................................
1003
XIV
972 976 980 989 993
Autorenverzeichnis RA Dr. Ernst Brandl, LL.M. (Chicago), M.B.A. (Harvard), Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH, §§ 3-7, 29-33, 38-54, 58-63; RA Dr. Alexander Isola MCJ (NYU), Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH, §§ 75–89; Univ.Ass. Dr. Philipp Klausberger, Institut für Römisches Recht und Antike Rechtsgeschichte, Universität Wien, §§ 3–7, 29–33, 38–54, 58–63; Dr. Rene Kreisl, LL.M. (WU-Wien), Legal Counsel und Compliance Officer, INNOVEST Kapitalanlage AG, §§ 10, 11 bis 11 b, 21, 23 bis 28, 34 bis 37, 55 bis 57; Mag. Andreas Link, Österreichische Volksbanken-AG, §§ 64–66 Mag. Katharina Muther-Pradler, Abteilungsleiterin Abteilung Wohlverhaltensregeln und Compliance, Finanzmarktaufsicht, §§ 12, 13, 15–20, 97–101; Mag. Magdalena Ortner, Stellvertretende Abteilungsleiterin Abteilung Wohlverhaltensregeln und Compliance, Finanzmarktaufsicht, § 12, 13, 15–20, 97–101; RAA Mag. Dr. Christian Rapani, Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH, §§ 75–89; Ass.-Prof. Mag. Dr. Gerhard Saria, Assistenzprofessor am Institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien und Leiter des Fachbereichs Recht an der FH Wr. Neustadt, §§ 1, 2, 8, 9, 14, 73, 74, 93; Dr. Daniela Sedlak, LL.M. (Triesen, FL), Finanzmarktaufsicht, §§ 22, 67–72, 90–92, 94–96, 102–108.
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Aicher/Kalss/Oppitz, Grundfragen des neuen Börserechts (1998) Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht2 (2007-2010) Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht I (1987), II (1993) Assmann/Schneider, Kommentar zum WpHG5 (2009) Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts3 (2007) Boos/Fischer/Schulte-Matler, Kommentar zum KWG3 (2008) Brandl/Saria, Aufklärungspflichten, Organisationspflichten, Prospekthaftung, in Brandl/Kalss/Lucius/Saria Handbuch Kapitalmarktrecht I (2005) Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem FMAG (2002) Braumüller/Ennöckl/Gruber/N. Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts (1996) Canaris, Bankvertragsrecht2 (1981) Claussen, Bank- und Börserecht4 (2008) Dellinger, Kommentar zum BWG (Loseblattwerk ab 2007) Diwok/Göth, Bankwesengesetz I (2005) Ehricke/Ekkenga/Oechsler, Kommentar zum WpÜG (2003) Elster, Europäisches Kapitalmarktrecht des Sekundärmarkts (2002) Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl, BWG2 (1999) Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, Kommentar zum Wertpapieraufsichtsgesetz (1998) Fuchs, Kommentar zum WpHG (2009) Gerke/Steiner, Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens2 (1999) Griller, Banken im Binnenmarkt (1992) Heinze, Europäisches Kapitalmarktrecht, Recht des Primärmarktes (1999) Hirte/Möllers, Kölner Kommentar zum WpHG (2007) Holoubek/Potacs, Handbuch des öffentlichen Wirtschaftsrechts2 (2007) Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken (1975) Hopt/Rudolf/Baum, Börsenreform – Eine ökonomische rechtsvergleichende und rechtspolitische Untersuchung (1997) Hopt/Voigt, Prospekthaftung und Kapitalmarktinformationshaftung (2005) XVII
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Kalss, Anlegerinteressen, Anleger im Handlungsdreieck von Vertrag, Verband und Markt (2001) Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht (2005) Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 (1997), II2 (1984) Koziol/P. Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB2 (2007) Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 (2006), II13 (2007) Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht3 (2004) Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, Kommentar zum BWG (Loseblattwerk ab 2008) Mayrhofer/Ehrenzweig, Das Recht der Schuldverhältnisse – Allgemeine Lehren (1986) Moloney, EC Securities Regulation (2002) Roth, Grundriss des österreichischen Wertpapierrechts2 (1999) Rummel, Kommentar zum ABGB3 (2000-2007) Schey, Die Obligationsverhältnisse des österreichischen allgemeinen Privatrechts I/3 (1907) Schimanski/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch3 (2007) Schmidt/Hadding, Münchener Kommentar zum HGB V2 (2009) Schwark, Kommentar zu den Kapitalmarktgesetzen3 (2004) Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB3 (2005-2006) Weber, Kapitalmarktrecht (1999) Winternitz, Kommentar zum Wertpapieraufsichtsgesetz (1998) Winternitz/Aigner, Die Haftung des Anlageberaters für fehlerhafte Anlageberatung (2004) Winternitz/Aigner, Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (2007)
XVIII
Abkürzungsverzeichnis aA aaO AB ABGB
AktG allgM aM Anh Anm AnwBl AOG AR Art Artt AVB
anderer Ansicht am angegebenen Ort Ausschussbericht Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch vom 1. Juni 1811 abgedruckt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Serie L und C ablehnend Absatz abweichend am Ende alte Fassung Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz allgemeine Meinung anderer Meinung Anhang Anmerkung(-en) Österreichisches Anwaltsblatt Aktienoptionengesetz BGBl I 2001/42 Aufsichtsrat Artikel Artikel (Plural) Allgemeine Versicherungsbedingungen
BB Bd BE Begr Beil Bek bes BetFG
Betriebs-Berater Band Begründungserwägung Begründung Beilage Bekanntmachung besondere, besonders Beteiligungsfondsgesetz
abgedr ABl abl Abs abw aE aF AG
XIX
Abkürzungsverzeichnis
betr BG BGB BGBl BGH BGHZ Bilanz-RL BKR BlgNR
BMVG BörseG BPG Bsp BVB B-VG BWG bzgl bzw
betreffend(-d) Bundesgesetz (deutsches) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshof in Zivilsachen Vierte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 78/990/EWG Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrats Bundesminister für Finanzen; Bundesminister(-ium) für Finanzen Betriebliches Mitarbeitervorsorgegesetz Börsegesetz Betriebspensionsgesetz Beispiel Besondere Versicherungsbedingungen Bundes-Verfassungsgesetz Bankwesengesetz bezüglich beziehungsweise
CESR CGK cic CLN
Committee of European Securities Regulators Corporate Governance Kodex Culpa in contrahendo Credit Linked Note
D dAktG DB dens DepG ders dh dies Diss DJT Dok dt dUmwG
Deutschland deutsches Aktiengesetz Der Betrieb denselben Depotgesetz derselbe das heißt dieselbe(-n) Dissertation Deutscher Juristentag Dokument deutsch(-r, -s, -n, -m) deutsches Umwandlungsgesetz
EB EBOR
Erläuternde Bemerkungen European Business Organization Law Review
BMF
XX
Abkürzungsverzeichnis
ecolex ECV EDV EG EGV Einf Einl Entspr Entw EO Erg Erl ESC EStG etc ETF EU EU-GesRÄG EuGH EuGHE EuZW EvBl EVÜ EWGV EwiR EWR EWS f, ff FBG FernFinG FMA FMABG FMA-MSPKINFO
Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht Emittenten-Compliance-Verordnung Elektronische Datenverarbeitung Europäische Gemeinschaften; Einführungsgesetz Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführung Einleitung entsprechen(-d); entspricht Entwurf Exekutionsordnung Ergänzung Erlass; Erläuterung(-en) European Securities Committee Einkommensteuergesetz et cetera Exchange Traded Funds Europäische Union EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 1996 Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Amtliche Sammlung der Rechtsprechung des EuGH Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Evidenzblatt der Rechtsmittelentscheidungen Europäisches Vertragsstatutenübereinkommen Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht folgende; fortfolgende Firmenbuchgesetz Fern-Finanzdienstleistungsgesetz Finanzmarktaufsicht Finanzmarktaufsichtsbehördegesetz
FN FS
FMA-Mindesstandards für die Information der Pensionskassen an Anwartschafts- und Leistungsberechtigte Fußnote Festschrift
GA gem GeS
Gutachten gemäß Zeitschrift für Gesellschafts- und Steuerrecht XXI
Abkürzungsverzeichnis
GesbR GesR GesRÄG GesRZ GewO ggf GmbH GmbHG GP GroßKomm GS
Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesellschaftsrecht Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz Der Gesellschafter Gewerbeordnung gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Gesetzgebungsperiode Großkommentar zu Aktiengesetz Gedächtnisschrift
hA HGB hL hM Hrsg hrsg HS HS HV HypBG
herrschende Ansicht Handelsgesetzbuch herrschende Lehr herrschende Meinung Herausgeber herausgegeben Handelsrechtliche Entscheidungen Halbsatz Hauptversammlung Hypothekenbankgesetz
IAS idF idR ie iE ieS IFRS IKS Immo-InvFG insbes int InvFG IPR Iprax IPRG IRÄG iRd iSd ISD
International Accounting Standards in der Fassung in der Regel im Einzelnen im Ergebnis im engeren Sinn International Financial Reporting Standards Internes Kontrollsystem Immobilien-Investmentfondsgesetz insbesondere international(-e) Investmentfondsgesetz Internationales Privatrecht Praxis des international Privat- und Verfahrensrechts Internationales Privatrechtsgesetz Insolvenzrechtsänderungsgesetz im Rahmen des (der) im Sinne des (der) Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 93/22/EWG
XXII
Abkürzungsverzeichnis
IStR iSv iVm IWP iwS iZm iZw
Internationales Steuerrecht im Sinne von in Verbindung mit Institut österreichischer Wirtschaftsprüfer im weiteren Sinne im Zusammenhang mit im Zweifel
JA JBl JN JuS
Justizausschuss Juristische Blätter Jurisdiktionsnorm Juristische Schulung- Zeitschrift für Studium und Ausbildung (deutsche) Juristenzeitung
JZ KAG KAGG Kap Kapital-RL KEG KG KMG KMU KO KölnKomm KOM Komm Konzernabschluss-RL
Kapitalanlagegesellschaft (dt) Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kapital Zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie 77/97/EWG Kommandit-Erwerbsgesellschaft; Kraftloserklärungsgesetz Kommanditgesellschaft Kapitalmarktgesetz kleine und mittlere Unternehmen Konkursordnung Kölner Kommentar zum Aktiengesetz Dokument der Kommission der Europäischen Gemeinschaften Kommentar Siebente gesellschaftsrechtliche Richtlinie 83/349/ EWG kritisch Konsumentenschutzgesetz
krit KSchG KuratorenergänzungsG KuratorenEG KuratorenG
Kuratorenergänzungsgesetz 1877 Kuratorenergänzungsgesetz 1877 Kuratorengesetz 1874
L Lfg lit Lit LS
Amtsblatt Eil L (legislatio); Legal Requirement Lieferung littera Literatur Leitsatz XXIII
Abkürzungsverzeichnis
MaklerG MarkenschutzG Marktmissbrauchs-RL maW MiFiD mN MpV MR Mrd MVVU
Maklergesetz Markenschutzgesetz
mwN
Richtlinie 2000/6/EG mit anderen Worten Märkte für Finanzinstrumente-Richtlinie 2004/39/EG mit Nachweisen Marktpraxisverordnung Zeitschrift für Medien und Recht Milliarde(-n) Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die der Finanzmarktaufsichtsbehörde vorzulegenden Meldungen mit weiteren Nachweisen mit weitern Nachweisen
Nachtr Nachw nF NJW Nr NZ NZG
Nachtrag Nachweis neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Nummer Notariatszeitung Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
o Ö ö ÖBA OECD
oben Österreich österreichisch Österreichisches Bankarchiv Organisation for Economic Cooperation and Development OEK Offene Erwerbsgesellschaft OeKB Österreichische Kontrollbank OGA Organismus für gemeinsame Anlagen OGAW Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren OGAW-RL Richtlinien 85/611/EWG OGAW-RL II Richtlinie 2001/108/EG OGAW-RL III Richtlinie 2001/107/EG OGH Oberster Gerichtshof OGH offene Handelsgesellschaft ÖJT Österreichische Juristentag ÖJZ Österreichische Juristenzeitung OLG Oberlandesgericht ÖstZ Österreichische Steuerzeitung XXIV
Abkürzungsverzeichnis
ÖstZB ÖVFA ÖZW
Beilage zur österreichischen Steuerzeitung Österreichische Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management Österreichische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
P pdf PfBrG PKG Prüferbefähigungs-RL PSG Publizitäts-RL
Punkt portable document format Pfandbriefgesetz Pensionskassengesetz
R RabelsZ
Recommendation Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht rund Recht der Wirtschaft Richtlinie Rechnungslegungsgesetz Randnummer(-n) Rechtssache Rechtsprechung Regierungsvorlage Recht Wirtschaft Steuern (Verlag) Österreichische Zeitschrift für Rechnungswesen Österreichische Richterzeitung Randzahl
rd rdW RL RLG Rn Rs Rspr RV RWS RWZ RZ Rz S S So Su SCC SE SEG SE-RL SE-VO SH Slg sog
Achte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 84/349/EWG Privatstiftungsgesetz Erste gesellschaftsrechtliche Richtlinie 68/151/EWG
Satz; Seite siehe siehe oben siehe unten Standard Compliance Code Societas Europaea; Europäische Aktiengesellschaft Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea-SE), SE-Gesetz Richtlinie 2001/86/EG Vorordnung (EG) 2001/2157 Sonderheft Sammlung so genannt XXV
Abkürzungsverzeichnis
Sp SpaltG Spaltungs-RL st StGB StPO str stRspr SWI SWK SZ SZW-RSDA
Spalte Spaltengesetz Sechste Richtlinie 82/891/EWG ständig Strafgesetzbuch Strafprozessordnung streitig, strittig ständige Rechtsprechung Steuer & Wirtschaft International Steuer- und Wirtschaftskartei Entscheidung des OGH in Zivilsachen Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht/Revue suisse de droit des affaires
teilw TKG Tz
teilweise Telekommunikationsgesetz 2003 Textziffer
u unten, und, unter ua und andere; unter anderem Übernahme-RL Dreizehnte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 2004/25/ EG ÜbG Übernahmegesetz ÜbK Übernahmekommission ÜbV Übernahmeverordnung UCIT-RL I Richtlinie 85/611/EWG UCIT-RL II Richtlinie 2001/108/EG UCIT-RL III Richtlinie 2001/107/EG uE unseres Erachtens UmgrStG Umgründungssteuergesetz UmwG Umwandlungsgesetz unstr unstreitig, unstrittig URG Unternehmensreorganisationsgesetz uspr ursprünglich Urt Urteil US_GAAP United States Generally Accepted Accounting Principles usw und so weiter uU unter Umständen UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb v von; vom VAG Gesetz über die Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen XXVI
Abkürzungsverzeichnis
Verf VeröffentlichungsV 2002 Verschmelzungs-RL VersR
Verfasser Veröffentlichungsverordnung 2002
Dritte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 78/855 EWG Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht VersVG Versicherungsvertragsgesetz VerzVVU 2002 Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde über die Führung von Verzeichnissen für die zur Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen herangezogenen Vermögenswerte durch Unternehmen der Vertragsversicherung VfGH Verfassungsgerichtshof vgl vergleiche VKI Verein für Konsumenteninformation VMV Veröffentlichungs- und Meldeverordnung VO Verordnung Vorb Vorbemerkung(-en) VR Versicherungsrundschau VStG Verwaltungsstrafgesetz VVMGL Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über Inhalt und Gliederung der Versicherungsmathematischen Grundlagen (VVMGL) VwGH Verwaltungsgerichtshof WAG wbl WiPolBl WiR WM WPDLU WPg WpHG WPMSVO WPMVO WpÜG WTBG WU WuP
Wertpapieraufsichtsgesetz Wirtschaftsrechtliche Blätter Wirtschaftspolitische Blätter Studiengesellschaft für Wirtschaft und Recht Wertpapiermitteilungen Wertpapier-Dienstleistungsunternehmen Die Wirtschaftsprüfung (dt) Gesetz über den Wertpapierhandel (dt) Wertpapier-Meldesystemverordnung (dt) Wertpapier-Meldeverordnung (dt) Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Wirtschaftstreuhänderberufungsgesetz Wirtschaftsuniversität Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht
z Z
zu, zum Ziffer XXVII
Abkürzungsverzeichnis
ZAS zB ZBB ZER ZESAR ZEuP ZfRV ZfV ZGR ZHR Ziff ZIK ZIP zit ZPO ZRP zT zust zutr ZVersWiss Zweignieder lassungs-RL zZt
XXVIII
Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Europarecht Zeitschrift für Europäisches Sozial- und Arbeitsrecht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zeitschrift für Verwaltung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer(-n) Zeitschrift für Insolvenzrecht und Kreditschutz Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis zitiert Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil zustimmend zutreffend Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft Elfte Richtlinie 89/666/EWG zur Zeit
Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 – WAG 2007) vom 31. 7. 2007
Inhaltsverzeichnis 1. Hauptstück 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen § § § § § § § § § § §
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Begriffsbestimmungen Ausnahmen Wertpapierfirmen Wertpapierdienstleistungsunternehmen Rücknahme und Erlöschen der Konzession Anwendung des BWG Verschwiegenheitspflicht Firmenbuch Eigenkapital Geschäftsleiter Aktionäre oder sonstige Gesellschafter mit qualifizierten Beteiligungen § 11 a. Verfahren für die Beurteilung § 11 b. Kriterien für die Beurteilung 2. Abschnitt: Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit § 12. Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich
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Inhaltsverzeichnis
§ 13. Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten § 14. Aufsicht im Rahmen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit 2. Hauptstück: Organisatorische Anforderungen 1. Abschnitt: Organisation § § § § § § § § § §
15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24.
Rechtsträger Bedingungen für die Bereitstellung von Informationen Allgemeine organisatorische Anforderungen Einhaltung der Vorschriften („Compliance“) Risikomanagement Interne Revision Zuständigkeiten der Geschäftsleitung Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen Persönliches Geschäft Arten der persönlichen Geschäfte 2. Abschnitt: Auslagerung und Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 25. Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben an Dienstleister § 26. Auslagerung von Privatkundenportfolios an Dienstleister im Drittland § 27. Erbringung von Dienstleistungen über einen anderen Rechtsträger § 28. Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern 3. Abschnitt: Schutz des Kundenvermögens § § § § §
29. 30. 31. 32. 33.
Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden Hinterlegung von Kundenfinanzinstrumenten Hinterlegung von Kundengeldern Verwendung der Finanzinstrumente von Kunden Berichte von Abschlussprüfern 4. Abschnitt: Interessenkonflikte
§ § § §
34. 35. 36. 37.
Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten Finanzanalysen Zusätzliche organisatorische Anforderungen für die Erstellung von Finanzanalysen
5. Abschnitt: Verpflichtung zum Handeln im besten Interesse des Kunden § 38. Allgemeine Pflichten § 39. Gewährung und Annahme von Vorteilen
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Vor § 1 6. Abschnitt: Information für Kunden
§ 40. Angemessene Informationen § 41. Bedingungen für redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationen § 42. Zeitpunkt der Übermittlung der Informationen 7. Abschnitt: Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen § § § §
43. 44. 45. 46.
Allgemeine Bestimmungen Eignung von Anlageberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen Angemessenheit von sonstigen Wertpapierdienstleistungen Geschäfte, die nur in der Ausführung oder Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen bestehen § 47. Dokumentation der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien 8. Abschnitt: Berichtspflichten gegenüber den Kunden § 48. Berichtspflicht § 49. Berichtspflichten bei der Ausführung von Aufträgen außerhalb der Portfolioverwaltung § 50. Berichtspflichten bei der Portfolioverwaltung § 51. Berichtspflichten für Rechtsträger, die Kundenfinanzinstrumente und Kundengelder halten 9. Abschnitt: Bestmögliche Durchführung von Dienstleistungen § 52. Bestmögliche Durchführung § 53. Organisatorische Vorschriften über die Durchführungspolitik § 54. Besondere Vorschriften für Privatkunden 10. Abschnitt: Bearbeitung von Kundenaufträgen § 55. Allgemeine Bestimmungen § 56. Zusammenlegung und Zuordnung von Aufträgen § 57. Zusammenlegung und Zuordnung von Geschäften für eigene Rechnung 11. Abschnitt: Professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien § 58. Professionelle Kunden § 60. Geschäfte mit geeigneten Gegenparteien § 61. Information über die Kundeneinstufung
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Inhaltsverzeichnis 12. Abschnitt: Unerbetene Nachrichten und Haustürgeschäfte
§ 62. Unerbetene Nachrichten § 63. Haustürgeschäfte 3. Hauptstück 1. Abschnitt: Melde- und Veröffentlichungspflichten § 64. Meldepflichten § 65. Veröffentlichungen nach dem Handel § 66. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten 2. Abschnitt: Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF) § 67. Handel und Abschluss von Geschäften über MTF § 68. Vor- und Nachhandels-Transparenzvorschriften für MTF 3. Abschnitt: Systematische Internalisierer § § § §
69. 70. 71. 72.
Vorhandels-Transparenzvorschriften Ausführung von Kundenaufträgen Allgemeine Geschäftsbedingungen Aufsicht 4. Hauptstück 1. Abschnitt
§ 73. und § 74. Rechnungslegung und Jahresabschlussprüfung § 75. bis § 78. Anlegerentschädigung § 79. bis § 89. Geschäftsaufsicht und Insolvenzbestimmungen 2. Abschnitt: Kosten und Verfahrensvorschriften § 90. Kosten § 91. und § 92. Verfahrensvorschriften § 93. Berichtspflicht von Abschlussprüfern 3. Abschnitt § 94. bis § 96. Strafbestimmungen 4. Abschnitt: Behördliche Zusammenarbeit § 97. Kontaktstelle und Informationsaustausch § 98. Zusammenarbeit bei der Überwachung, Überprüfung vor Ort und bei Ermittlungen § 99. Ablehnung der Zusammenarbeit und Behördenkonsultation
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Inhaltsverzeichnis § 100. Befugnisse der Aufnahmemitgliedstaaten § 101. Von den Aufnahmemitgliedstaaten zu treffende Sicherungsmaßnahmen 5. Hauptstück: Übergangs- und Schlussbestimmungen § 102. und § 103. Übergangsbestimmungen § 104. Verweise und Verordnungen § 105. Sprachliche Gleichbehandlung § 106. Außer-Kraft-Treten § 107. Vollziehung § 108. In-Kraft-Treten Anlage 1 zu § 25 Anlage 1 zu § 40 Anlage 2 zu § 40 Anlage 3 zu § 40 Anlage 4 zu § 40 Anlage 1 zu § 49 Anlage 1 zu § 50
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1. Abschnitt Allgemeine Bestimmungen
Begriffsbestimmungen § 1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen: 1. Wertpapierfirma: eine Wertpapierfirma gemäß § 3 sowie natürliche und juristische Personen, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten als Wertpapierfirma im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/EG zugelassen sind. 2. Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten: a) Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben; b) Ausführung von Aufträgen für Rechnung von Kunden: die Tätigkeit zum Abschluss von Vereinbarungen, Finanzinstrumente auf Rechnung von Kunden zu kaufen oder verkaufen; hinsichtlich der Abschnitte 5 bis 11 des 2. Hauptstücks erfasst dies sowohl die Ausführung von Aufträgen gemäß § 1 Abs. 1 Z 7 Bankwesengesetz – BWG, BGBl. Nr. 532/1993, als auch die Dienstleistungen nach lit. a; c) Handel für eigene Rechnung: Handel unter Einsatz des eigenen Kapitals zum Abschluss von Geschäften mit Finanz7
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d)
e)
f) g) h)
instrumenten, sofern der Handel nicht für das Privatvermögen erfolgt; Portfolioverwaltung: die Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis mit einem Ermessensspielraum im Rahmen einer Vollmacht des Kunden, sofern das Kundenportfolio ein oder mehrere Finanzinstrumente enthält; Anlageberatung: die Abgabe persönlicher Empfehlungen gemäß Z 27 über Geschäfte mit Finanzinstrumenten an einen Kunden, sei es auf dessen Aufforderung oder auf Initiative des Erbringers der Dienstleistung; Übernahme der Emission von Finanzinstrumenten oder Platzierung von Finanzinstrumenten mit fester Übernahmeverpflichtung; Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung; Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF).
Werden diese Tätigkeiten für Dritte erbracht, so sind es Dienstleistungen, ansonsten Anlagetätigkeiten. 3. Wertpapiernebendienstleistungen: a) Die Verwahrung und Verwaltung von Finanzinstrumenten für Rechnung von Kunden, einschließlich der Depotverwahrung und verbundener Dienstleistungen wie Cash-Management oder Sicherheitenverwaltung; b) Die Gewährung von Krediten oder Darlehen an Anleger für die Durchführung von Geschäften mit einem oder mehreren Finanzinstrumenten, sofern das kredit- oder darlehensgewährende Unternehmen an diesen Geschäften beteiligt ist; c) Die Beratung von Unternehmen hinsichtlich der Kapitalstrukturierung, der branchenspezifischen Strategie und damit zusammenhängender Fragen sowie Beratung und Dienstleistungen bei Unternehmensfusionen und -übernahmen; d) Devisengeschäfte, wenn diese im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen stehen; e) Die Erstellung, Verbreitung oder Weitergabe von Wertpapier- oder Finanzanalysen oder sonstiger Formen allgemeiner Empfehlungen, die Geschäfte mit Finanzinstrumenten betreffen; f) Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Übernahme von Emissionen für Dritte; g) Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten gemäß Z 2 sowie Wertpapiernebendienstleistungen gemäß lit. a bis f 8
Begriffsbestimmungen
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betreffend Waren, Klimavariable, Frachtsätze, Emissionsberechtigungen, Inflationsstatistiken und andere offizielle Wirtschaftsstatistiken, sofern diese als Basiswerte der in Z 6 lit. e bis g und j genannten Derivate verwendet werden und sie mit der Erbringung der Wertpapierdienstleistung, Anlagetätigkeit oder der Wertpapiernebendienstleistung in Zusammenhang stehen. 4. Übertragbare Wertpapiere: die Gattungen von Wertpapieren, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können, mit Ausnahme von Zahlungsmitteln, wie insbesondere a) Aktien und andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Aktienzertifikate; b) Schuldverschreibungen oder andere verbriefte Schuldtitel, einschließlich Zertifikaten (Hinterlegungsscheinen) für solche Wertpapiere; c) alle sonstigen Wertpapiere, die zum Kauf oder Verkauf solcher Wertpapiere berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die anhand von übertragbaren Wertpapieren, Währungen, Zinssätzen oder -erträgen, Waren oder anderen Indizes oder Messgrößen bestimmt wird. 5. Geldmarktinstrumente: die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelten Gattungen von Instrumenten, wie Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate und Commercial Papers, mit Ausnahme von Zahlungsmitteln. 6. Finanzinstrumente: a) Übertragbare Wertpapiere gemäß Z 4; b) Geldmarktinstrumente gemäß Z 5; c) Anteile an in- oder ausländischen Kapitalanlagefonds, inoder ausländischen Immobilienfonds oder ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen; d) Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Wertpapiere, Währungen, Zinssätze oder -erträge, oder andere DerivatInstrumente, finanzielle Indizes oder Messgrößen, die effektiv geliefert oder bar abgerechnet werden können; e) Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Waren, die bar abgerechnet werden müssen oder auf Wunsch einer der Par9
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teien bar abgerechnet werden können und diese Barabrechnung nicht wegen eines vertraglich festgelegten Beendigungsgrunds erfolgt; f) Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Waren, die effektiv geliefert werden können, wenn diese Instrumente an einem geregelten Markt oder über ein MTF gehandelt werden; g) Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, Termingeschäfte (Forwards) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Waren gemäß Art. 38 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 der Kommission; h) derivative Instrumente für den Transfer von Kreditrisiken; i) finanzielle Differenzgeschäfte; j) Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Klimavariablen, Frachtsätze, Emissionsberechtigungen, Inflationsraten oder andere offizielle Wirtschaftsstatistiken, die bar abgerechnet werden müssen, oder auf Wunsch einer der Parteien bar abgerechnet werden können und diese Barabrechnung nicht wegen eines vertraglich festgelegten Beendigungsgrunds erfolgt, sowie alle anderen Derivatkontrakte gemäß Art. 39 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006. 7. nicht komplexe Finanzinstrumente: a) Aktien, die zum Handel an einem geregelten Markt oder an einer anerkannten Börse eines Drittlandes zugelassen sind, Geldmarktinstrumente, Schuldverschreibungen oder sonstige verbriefte Schuldtitel – ausgenommen Schuldverschreibungen oder verbriefte Schuldtitel, in die ein Derivat eingebettet ist –, Anteile eines der Richtlinie 85/611/EWG unterliegenden Organismus für gemeinsame Anlagen; b) ein anderes als in lit. a genanntes Finanzinstrument, das folgende Kriterien erfüllt: aa) Es fällt nicht unter Z 4 lit. c oder Z 6 lit. d bis j; bb) es bestehen häufig Möglichkeiten zur Veräußerung, zum Rückkauf oder zur sonstigen Realisierung des Instruments zu Preisen, die für die Marktbeteiligten öffentlich verfügbar sind und bei denen es sich entweder um Marktpreise oder um Preise handelt, die durch emittentenunabhängige Bewertungssysteme ermittelt oder bestätigt wurden; 10
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cc) es beinhaltet keine bestehende oder potenzielle Verpflichtung für den Kunden, die über die Anschaffungskosten des Instruments hinausgeht und dd) es sind in angemessenem Umfang Informationen über die Merkmale des Finanzinstruments öffentlich verfügbar, die so gut verständlich sein müssen, dass der durchschnittliche Privatkunde in die Lage versetzt wird, hinsichtlich eines Geschäfts mit dem Instrument eine informierte Entscheidung zu treffen. 8. Geregelter Markt: ein geregelter Markt gemäß § 1 Abs. 2 Börsegesetz 1989 – BörseG, BGBl. Nr. 555/1989. 9. Multilaterales Handelssystem (MTF): ein von einer Wertpapierfirma oder einem Marktbetreiber betriebenes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems nach nichtdiskretionären Regeln in einer Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag gemäß den Bestimmungen des Titels II der Richtlinie 2004/39/EG führt, das jedoch kein geregelter Markt ist. 10. Systematischer Internalisierer: ein Kreditinstitut oder eine über eine Zweigstelle im Inland tätige Wertpapierfirma gemäß § 12, die gemäß Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 in organisierter und systematischer Weise häufig und regelmäßig für eigene Rechnung zur Ausführung von Kundenaufträgen außerhalb von geregelten Märkten und MTF mit Finanzinstrumenten handeln. 11. Market Maker: wer auf den Finanzmärkten kontinuierlich Angebote zum An- und Verkauf von Finanzinstrumenten stellt und mit diesen Instrumenten Handel für eigene Rechnung und unter Einsatz eigenen Kapitals zu den gestellten An- und Verkaufskursen betreibt. 12. Kunde: jede natürliche oder juristische Person, für die ein Rechtsträger Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen erbringt und jede natürliche oder juristische Person gegenüber der den Rechtsträger vorvertragliche Pflichten treffen. 13. Professioneller Kunde: ein Kunde im Sinne von § 58 Abs. 1. 14. Privatkunde: ein Kunde, der kein professioneller Kunde ist. 15. Limitauftrag: ein Kauf- oder Verkaufsauftrag für ein Finanzinstrument zu einem festgelegten Kurslimit oder besser und in einem festgelegten Umfang. 16. Herkunftsmitgliedstaat einer Wertpapierfirma: der Herkunftsmitgliedstaat gemäß § 2 Z 6 lit. b BWG. 17. Herkunftsmitgliedstaat eines geregelten Marktes: der Mitgliedstaat, in dem der geregelte Markt zugelassen ist oder, sofern er 11
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gemäß dem Recht dieses Mitgliedstaates keinen Sitz hat, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des geregelten Marktes befindet. 18. Aufnahmemitgliedstaat: der Mitgliedstaat, der nicht der Herkunftsmitgliedstaat ist und in dem eine Wertpapierfirma eine Zweigstelle hat oder Dienstleistungen erbringt oder Tätigkeiten ausübt, oder ein Mitgliedstaat, in dem ein geregelter Markt Vorkehrungen bietet, die den in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Fernmitgliedern oder -teilnehmern den Zugang zum Handel über sein System ermöglichen. 19. Zuständige Behörde: die Behörde eines Mitgliedstaates, die von diesem als zuständige Behörde gemäß Art. 48 der Richtlinie 2004/39/EG benannt wurde. 20. Vertraglich gebundener Vermittler: jede natürliche oder juristische Person, die als Erfüllungsgehilfe oder sonst unter vollständiger und unbedingter Haftung einer einzigen Wertpapierfirma oder eines einzigen Kreditinstituts Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen erbringt, Aufträge von Kunden über Wertpapierdienstleistungen oder Finanzinstrumente annimmt und übermittelt, Finanzinstrumente platziert oder die Dienstleistung der Anlageberatung erbringt; ein vertraglich gebundener Vermittler ist keine Wertpapierfirma. 21. Zweigstelle: eine Zweigstelle einer Wertpapierfirma gemäß § 2 Z 16 BWG, die Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten erbringt oder ausübt, wobei Nebendienstleistungen zusätzlich, jedoch nicht ausschließlich ausgeübt werden können; alle Geschäftsstellen einer Wertpapierfirma in demselben Mitgliedstaat, deren Sitz oder Hauptverwaltung in einem anderen Mitgliedstaat liegen, gelten als eine einzige Zweigstelle. 22. Qualifizierte Beteiligung: eine qualifizierte Beteiligung im Sinne des § 2 Z 3 BWG; bei der Feststellung der Stimmrechte ist § 91 Abs. 1 a bis Abs. 2 a in Verbindung mit §§ 92 und 92 a Abs. 2 und 3 Börsegesetz 1989 anzuwenden, wobei im Falle der §§ 11 bis 11 b dieses Bundesgesetzes Stimmrechte oder Kapitalanteile, die Wertpapierfirmen oder Kreditinstitute infolge einer Übernahme der Emission von Finanzinstrumenten oder Platzierung von Finanzinstrumenten mit fester Übernahmeverpflichtung im Sinne der Z 2 lit. f halten, nicht zu berücksichtigen sind, vorausgesetzt, diese Rechte werden nicht ausgeübt oder anderweitig benutzt, um in die Geschäftsführung des Emittenten einzugreifen, und werden innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Erwerbs veräußert. 12
Begriffsbestimmungen
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23. Mutterunternehmen: ein Mutterunternehmen im Sinne von § 2 Z 11 BWG. 24. Tochterunternehmen: ein Tochterunternehmen im Sinne von § 2 Z 12 BWG. 25. Enge Verbindungen: enge Verbindungen im Sinne des § 2 Z 28 lit. a und b BWG, wobei das Verhältnis im Fall des § 2 Z 28 lit. b BWG auch durch Kontrolle im Sinne von Z 26 hergestellt werden kann; eine Situation, in der zwei oder mehrere natürliche oder juristische Personen mit ein und derselben Person durch ein Kontrollverhältnis dauerhaft verbunden sind, gilt ebenfalls als enge Verbindung zwischen diesen Personen. 26. Kontrolle: ein Verhältnis zwischen einem Mutterunternehmen und einem Tochterunternehmen im Sinne von § 244 Abs. 1 und 2 UGB oder ein ähnliches Verhältnis zwischen einer natürlichen oder juristischen Person und einem Unternehmen. 27. persönliche Empfehlung: eine Empfehlung, die nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle gemäß § 48 f Abs. 1 Z 7 BörseG oder für die Öffentlichkeit abgegeben wird und die a) an einen Anleger oder potenziellen Anleger oder an einen Beauftragten eines Anlegers oder potenziellen Anlegers gerichtet ist und b) als für die in lit. a genannten Personen geeignet dargestellt wird oder auf eine Prüfung der Verhältnisse der betreffenden Person gestützt ist und auf eine der folgenden Handlungen abzielt: aa) Kauf, Verkauf, Zeichnung, Tausch, Rückkauf, Halten oder Übernahme eines bestimmten Finanzinstruments; bb) Ausübung oder Nichtausübung eines mit einem bestimmten Finanzinstrument einhergehenden Rechts betreffend Kauf, Verkauf, Zeichnung, Tausch oder Rückkauf eines Finanzinstruments. 28. dauerhafter Datenträger: jedes Medium, das es dem Kunden gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und das die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht. 29. relevante Person: a) Ein Gesellschafter oder ein Mitglied der Geschäftsleitung oder ein vertraglich gebundener Vermittler der Wertpapierfirma oder des Kreditinstituts; 13
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b) ein Gesellschafter oder ein Mitglied der Geschäftsleitung eines vertraglich gebundenen Vermittlers der Wertpapierfirma oder des Kreditinstituts; c) ein Angestellter der Wertpapierfirma, des Kreditinstituts oder eines vertraglich gebundenen Vermittlers sowie jede andere natürliche Person, deren Dienste der Firma, dem Institut oder einem vertraglich gebundenen Vermittler der Firma oder des Instituts zur Verfügung gestellt und von dieser oder diesem kontrolliert werden und die an den von der Firma oder dem Institut erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten beteiligt ist; d) eine natürliche Person, die im Rahmen einer Auslagerung unmittelbar an der Erbringung von Dienstleistungen für die Wertpapierfirma, das Kreditinstitut oder deren vertraglich gebundenen Vermittler beteiligt ist, welche der Wertpapierfirma oder dem Kreditinstitut die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten ermöglichen. 30. Finanzanalyst: eine Person, die den wesentlichen Teil einer Finanzanalyse erstellt. 31. Auslagerung: eine Vereinbarung zwischen einer Wertpapierfirma oder einem Kreditinstitut und einem anderen Dienstleister, in deren Rahmen der Dienstleister anstatt der Wertpapierfirma oder des Kreditinstituts ein Verfahren abwickelt, eine Dienstleistung erbringt oder eine Tätigkeit ausführt. 32. Gruppe: die Gruppe, der eine Wertpapierfirma oder ein Kreditinstitut angehört, bestehend aus a) einem Mutterunternehmen, dessen Tochterunternehmen und den Unternehmen, an denen das Mutterunternehmen oder seine Tochterunternehmen eine Beteiligung halten, sowie b) mehrere Unternehmen, die untereinander nicht in einer Beziehung als Mutterunternehmen oder Tochterunternehmen stehen und aa) die aufgrund eines untereinander geschlossenen Vertrags oder einer Satzungsbestimmung dieser Unternehmen einer einheitlichen Leitung unterstehen oder bb) deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan sich mehrheitlich aus denselben Personen zusammensetzen, die während des Geschäftsjahres und bis zur Aufstellung des konsolidierten Jahresabschlusses im Amt sind. 33. Geschäftsleitung: eine oder mehrere Personen, die die Geschäfte einer Wertpapierfirma, eines Kreditinstituts oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens tatsächlich leiten. 14
Begriffsbestimmungen
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Im Übrigen gelten, soweit in diesem Bundesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, die Begriffsbestimmungen des BWG, des Börsegesetzes und der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006. IdF BGBl I 2009/22. Schrifttum: Bergmann/Habsburg-Lothringen, Zu den Anteilen an Kapitalanlage- und Immobilienfonds „ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen“ (§ 1 Z 6 lit c WAG 2007), ZFR 2010, 17; Bergmann/Habsburg-Lothringen, Nochmals: Zu den Anteilen an Kapitalanlage- und Immobilienfonds „ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen“ (§ 1 Z 6 lit c WAG 2007), ZFR 2010, 68; CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665; Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Anlageprodukte für Kleinanleger, KOM (2009) 204 endgültig; FMA, Rundschreiben betreffend die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen bei Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch vertraglich gebundene Vermittler und Finanzdienstleistungsassistenten nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG 2007) (an alle Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Versicherungsunternehmen im Hinblick auf § 3 Abs. 3 VAG) vom 31. Oktober 2007; FMA, Rundschreiben der FMA betreffend die Tätigkeit von Versicherungsunternehmen als vertraglich gebundene Vermittler gemäß § 28 WAG 2007 vom 27. Juni 2008; Granzow, Die Aufsicht über den Handel mit Energiederivaten nach dem Gesetz über das Kreditwesen (2007); Hartmann, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Handel mit Emissionszertifikaten, Kyoto-Einheiten und Derivaten in Bezug auf diese Produkte, ZFR 2008, 129, 212; Kalss, Das Aktien vertretende Zertifikat, ÖBA 2009, 339 ff; Kreisl, Zu den Anteilen an Kapitalanlage- und Immobilienfonds „ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen“ (§ 1 Z 6 lit c WAG 2007), ZFR 2010, 22; Rinker, Wetterderivate (2008). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 1): „Zu § 1: Zu Z 1 bis 3: Hiermit werden die Begriffsbestimmungen gemäß Art. 4 Abs. 1 Z 1 bis 3 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Unter Z 2 lit. c fällt auch der Handel mit Kunden, sofern dieser für eigene Rechnung erfolgt. Zu Z 4 bis 5: Diese Bestimmungen setzen Art. 4 Abs. 1 Z 18 und 19 der Richtlinie 2004/39/ EG um. Zu Z 6: Hiermit wird Art. 4 Abs. 1 Z 17 in Verbindung mit Anhang I Abschnitt C der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu den in lit. j genannten zusätzlichen Derivatekontrakte fallen vorbehaltlich der übrigen in Art. 39 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Anforderungen jene Derivatekontrakte, die auf den folgenden Basiswerten aufbauen: a) Telekommunikations-Bandbreite; b) Lagerkapazität für Waren;
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c) Übertragungs- oder Transportkapazität in Bezug auf Waren, sei es nun über Kabel, Rohrleitung oder auf sonstigem Wege; d) eine Erlaubnis, ein Kredit, eine Zulassung, ein Recht oder ein ähnlicher Vermögenswert, der bzw. die direkt mit der Lieferung, der Verteilung oder dem Verbrauch von Energie in Verbindung stehen, die aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen wird; e) eine geologische, eine umweltbedingte oder eine sonstige physikalische Variable; f) ein sonstiger Vermögenswert oder ein sonstiges Recht fungibler Natur, bei dem es sich nicht um ein Recht auf Dienstleistung handelt, der bzw. das übertragbar ist; g) ein Index oder ein Maßstab, der mit dem Preis, dem Wert oder dem Volumen von Geschäften mit einem Vermögenswert, einem Recht, einer Dienstleistung oder einer Verpflichtung in Verbindung steht. Zu Z 7: Lit. a setzt Art. 19 Abs. 6 erster Gedankenstrich der Richtlinie 2004/39/EG um. In lit. b wird Art. 38 der Richtlinie 2006/73/EG umgesetzt. Damit soll eine einheitliche Definition der nicht komplexen Finanzinstrumente geschaffen werden. Zu Z 12: Z 12 setzt Art. 4 Abs. 1 Z 10 der Richtlinie 2004/39/EG um. Es erfolgte eine Integration jener Personen in die Definition, gegenüber denen den Rechtsträger vorvertragliche Pflichten treffen. Dies ist erforderlich, da in der Umsetzung die von der Richtlinie verwendete Phrase ‚Kunden und potentielle Kunden‘ durch den Begriff ‚Kunden‘ ersetzt wurde, sofern sowohl jene Kunden angesprochen werden sollen, gegenüber denen der Rechtsträger eine solche Verpflichtung hat, als auch jene, gegenüber denen bereits ein Vertragsverhältnis besteht. In jenen Fällen, in denen die nicht näher umschriebene Öffentlichkeit mit dem Begriff ‚potentielle Kunden‘ erfasst werden soll, wurde der Begriff ‚die Öffentlichkeit‘ verwendet. Diese Maßnahme dient der Verbesserung der Lesbarkeit des Gesetzestextes und soll keine materielle Änderung der Pflichten im Verhältnis zu den Richtlinien bewirken. Zu Z 14: Hiermit wird Art. 4 Abs. 1 Z 12 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Der von der Richtlinie verwendete Begriff des Kleinanlegers ist keine zutreffende Bezeichnung, da darunter auch Kunden fallen, die größere Volumina veranlagen. Die Verwendung des Begriffs ‚Privatkunde‘ ist daher passender. Dies entspricht zudem auch der Regelung in Deutschland. Zu Z 20: Diese Bestimmung setzt Art. 4 Abs. 1 Z 25 der Richtlinie 2004/39/EG um. Die Rechtsfigur des vertraglich gebundenen Vermittlers soll nicht bewirken, dass dieser arbeitsrechtlich wie ein Angestellter behandelt wird. Für Versicherungsunternehmen besteht kein Bedarf, vertraglich gebundene Vermittler heranzuziehen, da diese Funktion von den Versicherungsvermittlern gemäß §§ 137 bis 138 GewO wahrgenommen wird. Zu Z 26: Entspricht Art. 4 Z 30 und 31 lit. b der Richtlinie 2004/39/EG.
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Zu Z 27: Unter dem Begriff Anleger ist der Kunde zu verstehen. Die Begrifflichkeit wurde mit dem Börsegesetz 1989 abgestimmt. Ratschläge in Bezug auf Finanzinstrumente, die in einer Zeitung, einer Zeitschrift, einem Magazin oder einer anderen an das breite Publikum gerichteten Veröffentlichung (einschließlich Internet), im Fernsehen oder im Radio erteilt werden, sollten nicht als persönliche Empfehlung im Sinne der Definition von ‚Anlageberatung‘ angesehen werden (vgl. Erwägungsgrund 79 der Richtlinie 2006/73/EG). Zu Z 28 bis 33: Diese Begriffsbestimmungen setzen die Definitionen in Art. 2 Z 1 bis 6 und 9 und die Definition der persönlichen Empfehlung in Art. 52 der Richtlinie 2006/ 73/EG um. Die übrigen Bestimmungen sind bereits in anderen Bestimmungen umgesetzt worden bzw. befinden sich teilweise bereits in der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006. So z. B. befindet sich die Definition ‚Person, zu der eine relevante Person eine familiäre Bindung hat‘ in § 23. Zu Z 28: Bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen kann das Medium auch eine Website sein. § 16 enthält Bedingungen für die Bereitstellung von Informationen auf einem dauerhaften Datenträger. Zu Z 29: In die Definition wurde der in der Richtlinie so genannte ‚Direktor‘ nicht aufgenommen. Sofern es sich bei einem Direktor um ein Mitglied der Geschäftsleitung handelt, wird er ohnehin von der lit. a erfasst, handelt es sich bei ihm um einen leitenden Angestellten, ist dieser bereits von lit. c erfasst. Der Gesellschafter wird gemäß englischer Fassung der Richtlinie 2006/73/EG in Art. 2 Z 3 als ‚partner‘ bezeichnet, worunter man im englischen Gesellschaftsrecht insbesondere den Gesellschafter einer Personengesellschaft versteht. Zu Z 30: Hiermit wird Art. 2 Z 4 der Richtlinie 2006/73/EG umgesetzt. Aus dem Zusammenhang mit den anderen Bestimmungen über den Finanzanalysten bzw. die Finanzanalyse (§ 37) ergibt sich, dass der in der Richtliniendefinition des Finanzanalysten verwendete Begriff der relevanten Person nicht mit der relevanten Person gemäß Art. 2 Z 3 der Richtlinie 2006/73/EG gleichzusetzen ist. Eher ist davon auszugehen, dass es sich bei Finanzanalysten um die ‚relevanten Personen‘ gemäß § 48 f Abs. 1 Z 5 BörseG handelt, d. h. um natürliche und juristische Personen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es sowohl gemäß BörseG als auch gemäß der Richtlinie selbst (vgl. § 37 Abs. 3, der auf Art. 25 Abs. 3 der Richtlinie 2006/ 73/EG beruht) unabhängige Finanzanalysten gibt, die nicht in einer Beziehung als relevante Person im Sinne von Z 29 zur Wertpapierfirma stehen. Daher war der Zusatz ‚relevante‘ in der Definition des Finanzanalysten zu streichen. Zu Z 32: Hiermit wird Art. 2 Z 5 der Richtlinie 2006/73/EG umgesetzt. Zum Zwecke der leichteren Lesbarkeit wird in lit. b der Verweis auf Unternehmen, die in der in Art. 12 Abs. 1 der Siebenten Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Art. 54 Abs. 3 Buchstabe g des Vertrags über den konsolidierten Abschluss bezeichneten Beziehung zueinander stehen, aufgelöst bzw. die in der letztgenannten Richtlinie angeführte Definition übernommen.“
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Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 1 Z 22): „Setzt Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum Art. 4 Abs. 1 Z 27 der Richtlinie 2004/39/EG insofern ändert, als der Verweis auf den nunmehr obsoleten Art. 92 der Richtlinie 2001/34/EG durch den Verweis auf die Art. 9 und 10 und Art. 12 Abs. 4 und 5 der Richtlinie 2004/109/EG ersetzt wird. Weiters enthält der durch die Richtlinie 2007/44/EG neu gefasste Art. 10 Abs. 3 letzter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG eine weitere Ausnahme vom Zusammenrechnungsgebot, die nicht in der Richtlinie 2004/109/EG enthalten ist. Aus Gründen der Konsistenz wurde daher diese weitere Ausnahme auch direkt in die Definition des WAG aufgenommen.“
Übersicht I. II. A. B. C. D. E. F.
Gesetzestechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Begriffsbestimmungen des § 1 im Detail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wertpapierfirma (§ 1 Z 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten (§ 1 Z 2) . . Wertpapiernebendienstleistungen (§ 1 Z 3). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzinstrumente (§ 1 Z 4 bis 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsplätze und Marktakteure (§ 1 Z 8 bis 14) . . . . . . . . . . . . . . . Für die Inanspruchnahme von Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit relevante Begriffe (§ 1 Z 16 bis 19 sowie Z 21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Unternehmensverbindungen (§ 1 Z 22 bis 26 sowie Z 31 und 32). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Besondere Personen (§ 1 Z 20, Z 29 und 30 sowie Z 33) . . . . . . . . I. Sonstige Begriffsbestimmungen (§ 1 Z 15, Z 27 sowie Z 28) . . . III. Nicht umgesetzte europarechtliche Definitionen . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–37 2 3–7 8–10 11–16 17–22 23–25 26–28 29–34 35–37 38
I. Gesetzestechnik 1 Entgegen diesbezüglich im Gesetzgebungsverfahren angestellten Über-
legungen kommt § 1 nicht zuletzt aus europarechtlichen, wohl aber auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ein eigenständiger normativer Charakter zu. Das Verhältnis zu Begriffsdefinitionen anderer Vorschriften regelt § 1 letzter Satz als allgemeine, nicht bloß auf Z 33 bezogene Regelung selbst, indem unter bestimmten Voraussetzungen die Begriffsbestimmungen des BWG, des BörseG und der DVO für anwendbar erklärt werden. Auf Grund von § 1 letzter Satz ergibt sich folgende Reihenfolge zur Ermittlung des Inhalts eines im WAG verwendeten Begriffs: Zuerst sind die Definitionen des § 1 und die sonstigen Regelungen des WAG heranzuziehen. Soweit das WAG nicht explizit oder implizit eine abweichende Regelung trifft, sind in weiterer Folge die Begriffsdefinitionen des BWG und des BörseG einschlägig. 18
Begriffsbestimmungen
§1
Nicht bereits auf den ersten Blick erschließt sich dagegen die Bedeutung des in § 1 letzter Satz angeordneten Rückgriffs auf die Begriffsbestimmungen der DVO. An sich ist diese schließlich auf Grund ihrer Rechtsnatur als europarechtliche Verordnung in allen ihren Teilen verbindlich und gilt allgemein und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat, sodass sie allenfalls entgegenstehendem nationalen Recht jedenfalls vorgeht. Normative Bedeutung kann § 1 letzter Satz insoweit daher nur dann aufweisen, wenn der Verweis auf die DVO so verstanden wird, dass die Begriffsbestimmungen des Art 2 DVO für Zwecke des WAG auch außerhalb des eigentlichen Anwendungsbereichs der DVO relevant sein sollen. Während somit die Begriffsbestimmungen der DVO im Hinblick auf die ausdrückliche Anordnung des § 1 letzter Satz für die Auslegung des WAG relevant werden, ohne dass es noch einer weiteren Berufung auf die verschiedenen juristischen Auslegungsmethoden bedarf, ergibt sich die Heranziehbarkeit der Begriffsdefinitionen von MiFID und MiFID-DRL insb im Rahmen der Interpretation des § 1 aus dem Grundsatz der europarechtskonformen Auslegung nationalen Rechts. Die Begriffsdefinitionen sind überdies eigenständig, also grundsätzlich losgelöst von zivilrechtlichen Begriffen, unter Berücksichtigung der speziellen Regelungsziele des WAG auszulegen (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 5).
II. Die Begriffsbestimmungen des § 1 im Detail A. Wertpapierfirma (§ 1 Z 1) Durch die Begriffsbestimmung der Wertpapierfirma in § 1 Z 1 wird 2 Art 4 Abs 1 Z 1 MiFID umgesetzt (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 1 bis 3]). Dabei wird zum einen auf die Definition des § 3 verwiesen; vgl dazu § 3 insb Rz 1 f. Zum anderen werden zu den Wertpapierfirmen natürliche und juristische Personen gezählt, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten iS von Art 4 Abs 1 Z 1 MiFID zugelassen sind. Diese Alternative bezieht sich somit auf ausländische natürliche und juristische Personen, die im Wege einer Inanspruchnahme der Niederlassungs- oder der Dienstleistungsfreiheit in Österreich tätig werden und trägt dem diesbezüglichen Mitgliedstaatenwahlrecht des Art 4 Abs 1 Z 1 Unterabsatz 1 MiFID Rechnung. Der Begriff des Herkunftsmitgliedstaates wird in Z 16 definiert (vgl Rz 23), jener der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten in Z 2 (vgl sogleich Rz 3 ff). 19
§1
Saria
B. Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten (§ 1 Z 2) 3 Die Definition von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkei-
ten in § 1 Z 2 setzt Art 4 Abs 1 Z 2 MiFID (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 1 bis 3]), aber – entgegen dem in den Erl RV erweckten Eindruck (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 1 bis 3]) – auch andere Begriffsdefinitionen des Art 4 Abs 1 MiFID um und besteht aus einer acht Punkte umfassenden, offenkundig taxativen Liste von Tätigkeiten. Dabei wird der Unterschied zwischen dem Vorliegen von Wertpapierdienstleistungen einerseits und Anlagetätigkeiten andererseits nach § 1 Z 2 letzter Satz nicht durch die Art der Tätigkeit als solche begründet. Vielmehr ist entscheidend, ob die in Z 2 angeführten Tätigkeiten für Dritte erbracht werden. Ist dies der Fall, so liegen Wertpapierdienstleistungen vor. Andernfalls werden die Tätigkeiten als Anlagetätigkeiten qualifiziert. Nach Erwägungsgrund 82 MiFID-DRL stellen Schritte, mit denen eine Wertpapierfirma die Erbringung einer Wertpapierdienstleistung oder die Ausführung einer Anlagetätigkeit vorbereitet, einen integralen Bestandteil der betreffenden Dienstleistung oder Tätigkeit dar. Dazu zählt etwa die allgemeine Beratung von Kunden oder von potentiellen Kunden vor oder im Zuge einer Anlageberatung oder einer anderen Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit. 4 Die Beschreibung der einzelnen als Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten einzustufenden Tätigkeiten in § 1 Z 2 lit a bis h folgt der Reihenfolge der Aufzählung von Anhang I Abschnitt A MiFID. Während aber in § 1 Z 2 lit a in fast wortwörtlicher Wiedergabe von Anhang I Abschnitt A Punkt 1. MiFID die Annahme und Übermittlung von Aufträgen in Bezug auf – die in Z 6 (vgl dazu Rz 11 ff) definierten – Finanzinstrumente als Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten eingestuft werden, wobei nach Erwägungsgrund 20 MiFID die Tätigkeit der Annahme und Übermittlung von Aufträgen auch die Zusammenführung von zwei oder mehr Anlegern umfasst, durch die ein Geschäftsabschluss zwischen diesen Anlegern ermöglicht wird, weicht die von § 1 Z 2 lit b erfasste Ausführung von Aufträgen für Rechnung von Kunden von der Beschreibung des Anhang I Abschnitt A Punkt 2. MiFID sowie der Begriffsdefinition nach Art 4 Abs 1 Z 5 MiFID ab: Zum einen wird in § 1 Z 2 lit b auf eine Ausführung für Rechnung von Kunden abgestellt. In Anhang I Abschnitt A Punkt 2. MiFID und in Art 4 Abs 1 Z 5 MiFID wird dagegen an einer Ausführung von Aufträgen im Namen von Kunden angeknüpft. Zum anderen definiert § 1 Z 2 lit b die Wendung von der „Ausführung von Aufträgen für Rechnung von Kunden“ näher als Tätigkeit zum Abschluss von Vereinbarungen, Finanzinstrumente auf Rechnung von Kunden zu kaufen oder verkaufen, und gibt damit 20
Begriffsbestimmungen
§1
inhaltlich sowie grundsätzlich auch sprachlich die Legaldefinition des Art 4 Abs 1 Z 5 MiFID wieder. Für die Zwecke der §§ 38 bis 61 wird jedoch eine von § 1 Z 2 lit b abweichende Definition ohne entsprechende europarechtliche Vorgabe in Art 4 Abs 1 Z 5 MiFID gewählt. § 1 Z 2 lit c definiert den Handel für eigene Rechnung und folgt dabei 5 grundsätzlich der Begriffsbestimmung des Art 4 Abs 1 Z 6 MiFID. Nach den Erl RV zu § 1 (Zu Z 1 bis 3) liegt ein Handel für eigene Rechnung auch dann vor, wenn der Handel mit Kunden erfolgt, sofern dieser nur für eigene Rechnung – des Erbringers der Dienstleistung – vorgenommen wird (vgl idS auch Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 74). Das in § 1 Z 2 lit c angeführte und auf Art 4 Abs 1 Z 6 zurückgehende Kriterium des Handels „unter Einsatz eigenen Kapitals“ erscheint zumindest missverständlich, als die Formulierung nahelegt, dass eine Finanzierung mit Eigenkapital vorzunehmen ist. Erfasst muss aber auch fremdfinanzierter Handel werden. Diese Wendung ist somit dahingehend zu verstehen, dass eine Finanzierung des Handels nicht aus Mitteln eines Kunden erfolgen darf. Die in § 1 Z 2 lit c ebenfalls vorgesehene, aber nicht in Art 4 Abs 1 Z 6 MiFID enthaltene Einschränkung, dass der Handel nicht für das Privatvermögen erfolgen darf, ist – zumindest auf den ersten Blick – in jenen Fällen bedeutungslos, in denen – wie bei der AG oder der GmbH – der relevante Rechtsträger kein Privatvermögen aufweist. Allerdings wird in diesen Fällen die Wendung so zu verstehen sein, dass die bloße Veranlagung eigenen Gesellschaftsvermögens nicht als Handel für eigene Rechnung anzusehen ist. Das gilt umso mehr, als in § 3 Abs 2 und § 4 Abs 1 auf eine gewerbliche Erbringung abgestellt wird und die in einer Veranlagung eigenen Gesellschaftsvermögens bestehende Verwaltung eigenen Vermögens grundsätzlich keine gewerbsmäßige Tätigkeit ist (vgl idS nunmehr auch UVS Wien 20. 3. 2009, UVS-06/FM/40/1435/2008-5). Zur Auslegung der in § 1 Z 2 lit d nach dem Vorbild von Art 4 Abs 1 6 Z 9 MiFID vorgenommenen Definition der Portfolioverwaltung ist ein Rückgriff auf Art 2 Z 6 DVO dienlich. Aus dieser Begriffsbestimmung geht zumindest hervor, dass als Portfolio eine Zusammenfassung mehrerer Wertpapiere anzusehen ist. Im Hinblick auf die Begriffsbestimmung des § 1 Z 2 lit d ist der Ausdruck Wertpapiere weit als Anlageinstrumente zu verstehen, von denen zumindest eines ein Finanzinstrument nach Z 6 sein muss. Zentraler Gesichtspunkt ist, dass es sich um eine Verwaltung fremden (arg: „Kundenportfolio“), zumindest auch in Finanzinstrumenten angelegten oder erst in Finanzinstrumenten anzulegenden (so Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 102) Vermögens handelt. Die Verwaltung hat nach § 1 Z 2 lit d im Rahmen einer Vollmacht des Kunden zu erfolgen. Damit ist gemeint, dass die Verwaltung 21
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auf einer Vollmacht des Kunden zu beruhen hat. Ob die Verwaltung des Portfolios tatsächlich in den Grenzen der konkreten Vollmacht erfolgt, ist dagegen irrelevant. Das Wesen der Portfolioverwaltung besteht vielmehr im Verzicht des Kunden auf Dispositionsbefugnisse und Übertragung der Durchführung des Handels sowie der Abrechnung der Verwaltung auf den entsprechend bevollmächtigten Dienstleister (vgl Spindler/Kasten, WM 2006, 1799). Der Verwalter hat somit einen Entscheidungsspielraum (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 102). Durch das gesetzliche Abstellen auf eine Verwaltung auf Einzelkundenbasis wird eine Abgrenzung der diskretionären Portfolioverwaltung iSd § 1 Z 2 lit d zur Verwaltung kollektiver Vermögen erreicht (Macher in Macher/Buchberger/Kalss/Oppitz, InvFG Vor § 1 Rz 119 ff). Die in § 1 Z 2 lit e vorgenommene Definition der Anlageberatung gibt, wenn auch mit verändertem Wortlaut, Art 4 Abs 1 Z 4 MiFID wieder und konkretisiert im Gegensatz zu dieser Vorschrift den Begriff der persönlichen Empfehlung durch einen Verweis auf § 1 Z 27 (vgl dazu Rz 36). Klargestellt wird durch § 1 Z 2 lit e im Anschluss an Art 4 Abs 1 Z 4 MiFID, dass die Ursache für die Abgabe einer persönlichen Empfehlung sowohl in einem entsprechenden Verhalten des Kunden als auch in einer diesbezüglichen Willensbildung des Erbringers der Dienstleistung liegen kann. Allgemeine Ratschläge zu einer Art von Finanzinstrument stellen nach Erwägungsgrund 81 MiFID-DRL grundsätzlich keine Anlageberatung dar, weil als Anlageberatung nur die Beratung in Bezug auf bestimmte Finanzinstrumente anzusehen ist (vgl CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665, Pkt 31 ff). Unerheblich ist, ob der Empfehlung gefolgt wird (CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665, Pkt 12; idS auch Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 113). 7 Die Tätigkeitsbeschreibung einer Übernahme der Emission von Fi-
nanzinstrumenten oder einer Platzierung von Finanzinstrumenten mit fester Übernahmeverpflichtung in § 1 Z 2 lit f weicht von jener des Anhang I Abschnitt A Punkt 6. MiFID nur darin ab, dass in der Definition der MiFID die beiden Tätigkeiten mit der Wendung „und/ oder“ aneinandergereiht werden. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist auch eindeutig, dass das Wort „oder“ in § 1 Z 2 lit f keine ausschließende Bedeutung hat. Eine Platzierung ist dabei ein Verkauf von Finanzinstrumenten iSd § 1 Z 6 auch nur an einen begrenzten Kreis von Personen im Rahmen einer Platzierungsabrede, also mit dem Ziel eines planmäßigen Absatzes der Finanzinstrumente. Nicht erfasst werden ein bloß gelegentlicher Verkauf sowie der Eigenhandel (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 97). Auf Grund der festen Über22
Begriffsbestimmungen
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nahmeverpflichtung wird die Emission oder Platzierung für eigenes Risiko des Wertpapierdienstleisters übernommen. Ein Halten für sich oder andere ist dementsprechend keine Platzierung (vgl idS Assmann/ Schneider, WpHG5 § 2 Rz 87). § 1 Z 2 lit g wiederholt Anhang I Abschnitt A Punkt 7. MiFID wörtlich. Im Unterschied zu § 1 Z 2 lit f trifft beim Platzierungsgeschäft nach § 1 Z 2 lit g den Wertpapierdienstleister auf Grund des Fehlens einer festen Übernahmeverpflichtung kein Absatzrisiko. Auch § 1 Z 2 lit h wiederholt Anhang I Abschnitt A Punkt 8. MiFID wörtlich. Hinsichtlich des in § 1 Z 2 lit h verwendeten Begriffs des multilateralen Handelssystems erfolgt eine Legaldefinition in § 1 Z 9 (vgl dazu noch Rz 18 f).
C. Wertpapiernebendienstleistungen (§ 1 Z 3) Aus den Mat (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 1 bis 3]) geht hervor, dass die 8 Aufzählung des § 1 Z 3 die Umsetzung von Art 4 Abs 1 Z 3 MiFID bildet. Die in § 1 Z 3 lit a bis g normierten Tätigkeitsbeschreibungen stimmen bis auf sprachliche Adaptierungen mit denen von Anhang I Abschnitt B MiFID überein. So entspricht § 1 Z 3 lit a grundsätzlich wortwörtlich Anhang I Abschnitt B Punkt 1. MiFID. Die in dieser Vorschrift ausdrücklich angesprochene Depotverwahrung ist in Österreich primär durch das DepG geregelt. Eine Verwahrung und Verwaltung eigener Finanzinstrumente ist ausweislich des Abstellens auf eine Tätigkeit „für Rechnung von Kunden“ keine Wertpapiernebendienstleistung iSd § 1 Z 3 lit a. Der Begriff der Verwahrung umfasst sämtliche Formen der Verwahrung von Finanzinstrumenten. Eine Verwaltung von Finanzinstrumenten bezieht sich auf den Fall, dass neben der Verwahrung auch eine vertraglich vereinbarte Pflicht zur Wahrnehmung der Rechte aus den verwahrten Finanzinstrumenten und zur Vornahme aller damit zusammenhängender Handlungen besteht (idS Assmann/ Schneider, WpHG5 § 2 Rz 125). Die aus Anhang I Abschnitt B Punkt 2. MiFID übernommene Definition des § 1 Z 3 lit b setzt eine Beteiligung des kredit- oder darlehensgewährenden Unternehmens an der Durchführung der finanzierten Geschäfte mit einem oder mehreren Finanzinstrumenten voraus. Daraus folgt eindeutig, dass die bloße Kreditvergabe keine Wertpapiernebendienstleistung ist. Ebenso ist davon auszugehen, dass hinsichtlich von Produkten, deren integrierter Bestandteil eine derartige Finanzierungsdienstleistung ist, die Kredit- oder Darlehensgewähr als Wertpapiernebendienstleistung iSd § 1 Z 3 lit b anzusehen ist. Ob in den zwischen diesen beiden Extremen liegenden Konstellationen eine nach § 1 Z 3 lit b relevante Beteiligung vorliegt, wird im konkreten Einzelfall insb danach zu beurteilen sein, inwieweit derartige Finanzierungsdienstleistungen in organisierter Form mit der 23
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Durchführung von Geschäften mit Finanzinstrumenten verbunden sind. Nicht als Kredit- oder Darlehensgewähr iSd § 1 Z 3 lit b ist die Gewähr von Sachdarlehen anzusehen (idS Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 127). Die in § 1 Z 3 lit c auf der Grundlage von Anhang I Abschnitt B Punkt 3. MiFID geregelten Beratungsleistungen umfassen nach ihrem Wortlaut auch Tätigkeiten, die in das Berufsbild anderer wirtschaftsberatender Berufe fallen. Zu denken ist dabei insb an Rechtsanwälte, Notare sowie Steuerberater. Soweit allein für derartige Berufsgruppen reservierte Tätigkeiten existieren, schafft § 1 Z 3 lit c keine Ausnahme von derartigen Tätigkeitsmonopolen. Zur Abgrenzung dieser Dienstleistungen von der Anlageberatung iSd § 1 Z 2 lit e vgl CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665, Pkt 69 ff. 9 § 1 Z 3 lit d ist wörtlich aus Anhang I Abschnitt B Punkt 4. MiFID
übernommen. Zur Auslegung des Begriffs „Devisengeschäfte“ kann auf § 1 Abs 1 Z 7 lit a BWG und das DevG zurückgegriffen werden. Auch hier wird ein sachlicher, nicht bloß zeitlicher (idS Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 121) Zusammenhang der Devisengeschäfte mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen verlangt. Werden daher Devisengeschäfte um ihrer selbst Willen erbracht, liegt keine Wertpapiernebendienstleistung, sondern ein Bankgeschäft nach § 1 BWG vor. In § 1 Z 3 lit e wird Anhang I Abschnitt B Punkt 5. MiFID umgesetzt und die dortige Definition mit der Wendung „Erstellung, Verbreitung oder Weitergabe“ konkretisiert. Es handelt sich dabei allerdings nur um eine sprachliche Klarstellung, um nicht jede Form der Kommunikation einer Anlageempfehlung zu einer Wertpapiernebendienstleistung zu machen (idS Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 135). Entgegen dem insoweit missverständlichen Wortlaut von § 1 Z 3 lit e und Anhang I Abschnitt B Punkt 5. MiFID liegt eine Wertpapier- oder Finanzanalyse nicht erst dann vor, wenn die jeweilige Analyse allgemeine Empfehlungen enthält. Die Aufnahme „sonstiger Formen allgemeiner Empfehlungen, die Geschäfte mit Finanzinstrumenten betreffen“, in § 1 Z 3 lit e soll nämlich offenkundig insb einen Auffangtatbestand zur Erstellung, Verbreitung und Weitergabe von Wertpapier- oder Finanzanalysen bilden und diesbezügliche Umgehungsversuche von vornherein zum Scheitern verurteilen. Dabei ist unter einer allgemeinen Empfehlung jede Empfehlung zu verstehen, die für Informationsverbreitungskanäle oder die Öffentlichkeit bestimmt ist (Erwägungsgrund 83 MiFID-DRL; vgl dazu und zur Abgrenzung zur persönlichen Empfehlung Rz 36). § 1 Z 3 lit f ergänzt die Definition des Anhang I Abschnitt B Punkt 6. MiFID um die Worte „für Dritte“, was sich – arg § 1 Z 2 letzter Satz – aber schon aus dem Begriff der Dienstleistung ergibt.
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Begriffsbestimmungen
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§ 1 Z 3 lit g beruht auf Anhang I Abschnitt B Punkt 7. MiFID, der 10 seinerseits wieder auf Anhang I Abschnitt A, B sowie auf Abschnitt C Punkte 5. bis 7. und 10. MiFID verweist. Ausweislich von Anhang I Abschnitt B Punkt 7. MiFID sollen in § 1 Z 3 lit g Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten sowie Nebendienstleistungen – der in § 1 Z 2 und 3 definierten Art – als Wertpapiernebendienstleistungen erfasst werden, soweit diese Tätigkeiten die Unterlegung der – in § 1 Z 6 lit e bis g und j genannten – Derivate betreffen. Zudem ist erforderlich, dass diese Derivate mit der Erbringung der Wertpapierdienstleistung, Anlagetätigkeit oder der Wertpapiernebendienstleistung in Zusammenhang stehen.
D. Finanzinstrumente (§ 1 Z 4 bis 7) Zentrale Vorschrift der vom Gesetzgeber vorgenommenen Definitio- 11 nen der unterschiedlichen Finanzinstrumente ist § 1 Z 6. Diese Vorschrift setzt Art 4 Abs 1 Z 17 MiFID um, der seinerseits bloß auf Anhang I Abschnitt C MiFID verweist. Die in § 1 Z 6 lit a im Einklang mit Anhang I Abschnitt C Punkt 1. MiFID als Finanzinstrumente angeführten übertragbaren Wertpapiere werden durch einen Verweis auf § 1 Z 4 näher definiert. § 1 Z 4 wiederum beruht auf Art 4 Abs 1 Z 18 MiFID, der sprachlich verbessert wiedergegeben wird. So kommt etwa der demonstrative Charakter der Aufzählung der lit a bis c durch das Wort „insbesondere“ in § 1 Z 4 in einer im Vergleich zu Art 4 Abs 1 Z 18 MiFID eindeutigeren Weise zum Ausdruck. Der Ausdruck der übertragbaren Wertpapiere knüpft nicht – wie auf den ersten Blick gemeint werden könnte – an der Übertragbarkeit als rechtlicher Eigenschaft eines Wertpapiers, sondern an der Handelbarkeit auf dem Kapitalmarkt als solches an. Umstritten ist, ob sich der Begriff der Handelbarkeit mit dem in Art 35 DVO verwendeten Begriff der Handelbarkeit deckt (so Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 7 mwN auch zur Gegenansicht). Als übertragbare Wertpapiere iSd § 1 Z 4 kommen nur gattungsmäßig ausgestaltete Wertpapiere in Betracht (so Assmann/ Schneider, WpHG5 § 2 Rz 7 unter Berufung auf Art 4 Abs 1 Z 18 MiFID). Der Begriff der nicht als übertragbare Wertpapiere einzustufenden „Zahlungsmittel“ beschränkt sich nicht nur auf Geld, sondern umfasst – arg Art 4 Abs 1 Z 18 MiFID: „Zahlungsinstrumenten“ – auch andere liquide Mittel mit Zahlungsfunktion. Nicht als Zahlungsinstrumente anzusehen sind Wechsel (Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 12). Unter den in § 1 Z 4 lit c angeführten „solchen Wertpapieren“ sind nicht allein die in § 1 Z 4 lit a und b angeführten, sondern alle Arten von übertragbaren Wertpapieren zu verstehen, zumal andernfalls der demonstrative Charakter der Aufzählung seinen Sinn verlieren würde. Der Begriff der Aktien bestimmt sich nach gesellschaftsrecht25
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lichen Maßstäben (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 14). Aktien vergleichbare Anteile iSd § 1 Z 4 lit a können angesichts der diesbezüglich weiten Legaldefinition an allen Arten von Unternehmen unabhängig von deren Rechtsform bestehen, sofern sie nur die allgemeinen Kriterien eines übertragbaren Wertpapiers erfüllen. Zum Begriff des Aktienzertifikats vgl Kalss, ÖBA 2009, 339 ff, insb 340 f; ferner UVS Wien 22. 1. 2009, UVS-06/FM/47/2195/2008, ZFR 2010, 40 f. Schuldverschreibungen und Schuldtitel iSd § 1 Z 4 müssen ausweislich des Wortlauts von § 1 Z 4 lit b verbrieft sein und sich auf schuldrechtliche Ansprüche vermögensrechtlichen Inhalts beziehen. 12 Durch § 1 Z 6 lit b werden Geldmarktinstrumente gemäß § 1 Z 5 zu
Finanzinstrumenten erklärt. Die in § 1 Z 5 vorgenommene Legaldefinition der Geldmarktinstrumente gibt Art 4 Abs 1 Z 19 mit der Ausnahme wörtlich wieder, dass der österreichische Gesetzgeber nicht den Begriff des Zahlungsinstruments, sondern jenen des Zahlungsmittels verwendet (zu diesem Begriff vgl bereits Rz 11). Durch den Verweis auf die „üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelten Gattungen von Instrumenten“ werden die auf dem Geldmarkt herrschenden Übungen für relevant erklärt, wodurch die Legaldefinition des § 1 Z 5 ausdrücklich für eine Berücksichtigung zukünftiger Entwicklungen geöffnet wird. Darüber hinaus wird nicht zuletzt durch diese Wendung klargestellt, dass die in § 1 Z 5 vorgenommene Aufzählung an Instrumenten demonstrativen Charakter hat. Ferner lässt sich dieser Umschreibung entnehmen, dass der Begriff der Geldmarktinstrumente nur gattungsmäßig ausgestaltete Instrumente mit Handelbarkeit umfasst. Aus dem Abstellen auf üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelte Gattungen von Instrumenten wird gefolgert, dass für diese Instrumente ein Markt bereits bestehen muss (so Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 36). Überschneidungen insb zwischen Wertpapieren iSd § 1 Z 4 lit b sowie den Geldmarktinstrumenten nach § 1 Z 5 sind nicht auszuschließen. 13 Die in § 1 Z 6 lit c vorgenommene Aufzählung beruht auf Anhang I
Abschnitt C Punkt 3. MiFID, wo allerdings nur von „Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen“ gesprochen wird. Der österreichische Gesetzgeber hat diese Wendung konkretisiert. Entscheidend bleibt jedoch der europarechtliche Begriff der Organismen für gemeinsame Anlagen (idS nunmehr auch Bergmann/Habsburg-Lothringen, ZFR 2010, 18; zur Auslegung dieses Begriffs vgl dies, ZFR 2010, 18 ff; krit Kreisl, ZFR 2010, 22 ff; dagegen aber Bergmann/Habsburg-Lothringen, ZFR 2010, 68 ff). Das gilt selbst nach der Reform der für Organismen für gemeinsame Anlagen einschlägigen europarechtlichen Rechtsgrundlagen (vgl RL 2009/65/EG, in deren Erwägungsgrund 7
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etwa explizit festgehalten wird, dass Anteile von OGAW als Finanzinstrumente iSd MiFID anzusehen sind). Möglicherweise auf den ersten Blick entstehende Widersprüche zur Begriffsbestimmung des § 1 Z 6 lit c sind dadurch aufzulösen, dass im Wege der richtlinienkonformen Interpretation der in § 1 Z 6 lit c verwendete Begriff der „ähnlichen Einrichtungen“ entsprechend ausgelegt wird (zum Inhalt dieser Wendung vgl Bergmann/Habsburg-Lothringen, ZFR 2010, 20 f). Die Definitionen der in § 1 Z 6 lit d bis g und j behandelten Derivat- 14 kontrakte gehen auf Anhang I Abschnitt C Punkt 4. bis 7. sowie 10. MiFID zurück. Die vom österreichischen Gesetzgeber dabei vorgenommenen Präzisierungen hinsichtlich der Bezeichnungen der einzelnen Derivatkontrakte sind schon deshalb unschädlich, weil sich sowohl die gesetzlichen Formulierungen als auch die europarechtlichen Vorgaben letztlich auch auf „alle anderen Derivatkontrakte“ beziehen. Ob daher durch die in § 1 Z 6 lit d bis g und j erfolgten Konkretisierungen Abweichungen von den europarechtlichen Begriffsbestimmungen des Anhang I Abschnitt C Punkt 4. bis 7. sowie 10. MiFID entstehen, ist insofern ohne Relevanz. Optionen sind dadurch gekennzeichnet, dass eine der Vertragsparteien das Recht, aber keine Pflicht hat, zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum und gegen eine vorausbestimmte Gegenleistung, den Basispreis, vom anderen Vertragspartner die Erfüllung der vereinbarten Leistung zu verlangen. Futures und Forwards sind Festgeschäfte, bei denen die Parteien zur Erfüllung der vereinbarten Leistung zu einem späteren Zeitpunkt zu einem im Voraus bestimmten Preis verpflichtet werden. Bei Swaps wird eine Vereinbarung über einen in Zukunft vorzunehmenden Tausch von Zahlungsströmen über einen bestimmten Zeitraum zu bestimmten Zeitpunkten getroffen. Zur Auslegung des in § 1 Z 6 lit e, f und g verwendeten Warenbegriffs kann auf die Begriffsbestimmung des Art 2 Z 1 DVO zurückgegriffen werden (vgl auch Erwägungsgrund 24 DVO), wonach Waren Güter fungibler Art sind, die geliefert werden können. Dazu zählen „auch“ Metalle sowie ihre Erze und Legierungen, landwirtschaftliche Produkte und Energien wie Strom (zur aufsichtsrechtlichen Behandlung von Energiederivaten vgl Granzow, Die Aufsicht über den Handel mit Energiederivaten nach dem Gesetz über das Kreditwesen [2007] insb 168 ff). Keine Waren sind dagegen nach Erwägungsgrund 26 DVO Dienstleistungen und Faktoren, die keine Güter sind, wie etwa Währungen, Immobilienrechte und vollständig immaterielle Werte. Die in § 1 Z 6 lit g vorgenommene Konkretisierung des Warenbegriffs durch Verweis auf Art 38 DVO entspricht dem Konzept des Europarechts, wird doch durch Art 38 DVO die Bestimmung des Anhang I Abschnitt C Punkt 7. MiFID konkretisiert. Vergleichbares 27
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gilt für den Verweis auf Art 39 DVO in § 1 Z 6 lit j. Da jedoch Art 39 DVO die Regel des Anhang I Abschnitt C Punkt 10. MiFID im Grunde nur durch eine Aufzählung weiterer relevanter Basiswerte ergänzt (diese werden in den Erl RV zu § 1 [Zu Z 6] wiedergegeben), konnte allein mit einem Verweis auf Art 39 DVO in § 1 Z 6 lit j nicht das Auslangen gefunden werden. Die Wendung „Derivatkontrakte in Bezug auf“ ist so zu verstehen, dass eine direkte Verbindung zwischen dem Kontrakt und dem relevanten zugrunde liegenden Faktor bestehen muss. Dementsprechend ist ein Derivatkontrakt auf den Preis einer Ware im Gegensatz zu einem solchen auf die Transportkosten für die Ware als ein Derivatkontrakt in Bezug auf eine Ware anzusehen. Ein Derivat, welches sich seinerseits auf ein Warenderivat bezieht, ist eine indirekte Anlage in Waren und als Warenderivat anzusehen (Erwägungsgrund 25 DVO). Zu Wetterderivaten vgl Rinker, Wetterderivate (2008); zu Emissionszertifikaten Hartmann, ZFR 2008, 133 f, 212 ff. Das in § 1 Z 6 lit f verwendete „oder“ hat – wie Anhang I Abschnitt C Punkt 6. MiFID zeigt – keinen ausschließenden Charakter, sodass derartige Instrumente auch gleichzeitig an einem geregelten Markt oder über ein MTF gehandelt werden können. 15 Durch die in § 1 Z 6 lit h und i verwendeten Begriffsbestimmungen
werden Anhang I Abschnitt C Punkt 8. und 9. MiFID wortwörtlich übernommen. Kreditderivate iSd § 1 Z 6 lit h transferieren Kreditrisiken derart, dass das Risiko des Gläubigers einer Leistung in Bezug auf die Erfüllung derselben durch den Schuldner isoliert und ganz oder teilweise auf den Vertragspartner des Kreditderivats übertragen wird; es ist ein Transfer sämtlicher Kreditrisiken möglich (vgl Assmann/ Schneider, WpHG5 § 2 Rz 54, zu den einzelnen Arten auch Rz 55). § 1 Z 6 lit i erfasst CFD, bei denen Geschäfte mit unbegrenzter Laufzeit über die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Verkaufspreis eines Referenzwertes eingegangen werden (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 53). Nicht in den Anwendungsbereich der MiFID fallen dagegen strukturierte Termineinlagen (Mitteilung der Kommission – Anlageprodukte für Kleinanleger, S. 9). 16 Die Definition der nicht komplexen Finanzinstrumente in § 1 Z 7
beruht nach den Erl RV zu § 1 (Zu Z 7) hinsichtlich von § 1 Z 7 lit a auf Art 19 Abs 6 erster Gedankenstrich MiFID. § 1 Z 7 lit b setzt dagegen Art 38 MiFID-DRL um. Durch § 1 Z 7 soll nach den Mat eine einheitliche Definition der nicht komplexen Finanzinstrumente geschaffen werden (Erl RV zu § 1 [Zu Z 7]). Diese Aussage beschreibt allerdings das Verhältnis der europarechtlichen Vorschriften zueinander nur ungenau. Art 19 Abs 6 erster Gedankenstrich MiFID, der sich in § 1 Z 7 lit a mit sprachlichen Veränderungen wiederfindet, gebraucht 28
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nämlich den Begriff der nicht komplexen Finanzinstrumente, die in weiterer Folge durch Art 38 MiFID-DRL näher definiert werden. Insofern bildet § 1 Z 7 keine – neu geschaffene – einheitliche Definition der nicht komplexen Finanzinstrumente, sondern fasst bloß die an unterschiedlichen Orten normierten, aber trotzdem aufeinander abgestimmten europarechtlichen Regelungen in einer Vorschrift zusammen.
E. Handelsplätze und Marktakteure (§ 1 Z 8 bis 14) In § 1 Z 8 wird der geregelte Markt durch einen Verweis auf die 17 Definition des ebenfalls mit BGBl I 2007/60 neu gefassten § 1 Abs 2 BörseG definiert. Die Regelung des § 1 Abs 2 BörseG entspricht dabei bis auf sprachliche Adaptierungen Art 4 Abs 1 Z 14 MiFID. § 1 Z 8 setzt somit Art 4 Abs 1 Z 14 MiFID um, der allerdings im Gegensatz zu § 1 Z 8 nicht bloß einen Verweis, sondern eine eigenständige Definition des geregelten Marktes enthält und auf Grund der in dieser europarechtlichen Vorschrift erfolgenden Bezugnahme auf den Marktbetreiber gemeinsam mit Art 4 Abs 1 Z 13 MiFID zu lesen ist. Angesichts des Umstandes, dass durch § 1 letzter Satz ohnedies die Begriffsbestimmungen nicht zuletzt des BörseG für maßgeblich erklärt werden, erscheint § 1 Z 8 insoweit entbehrlich. Die Aufnahme dieser Begriffsdefinition in den Katalog des § 1 erklärt sich wohl primär mit dem Versuch, zum einen das Entstehen allfälliger Zweifel am Inhalt des Ausdrucks „geregelter Markt“ von vornherein zu verhindern. Zum anderen dient § 1 Z 8 offenkundig nicht zuletzt der Sicherstellung der – auch formalen – Richtlinienkonformität des WAG. Vgl zum Begriff des geregelten Marktes auch Rz 19. Die Begriffsbestimmung des multilateralen Handelssystems erfolgt 18 durch § 1 Z 9, der grundsätzlich Art 4 Abs 1 Z 15 MiFID entspricht. Ein Handelssystem ist eine Einrichtung, die geeignet ist, die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten zusammenzubringen. Dabei ist der in § 1 Z 9 verwendete und auf Art 4 Abs 1 Z 15 MiFID zurückgehende Ausdruck des Marktbetreibers mangels einer entsprechenden Definition in § 1 WAG unter Rückgriff auf Art 4 Abs 1 Z 13 MiFID zu interpretieren. Nach Art 4 Abs 1 Z 13 MiFID ist Marktbetreiber „eine Person oder Personen, die das Geschäft eines geregelten Marktes verwaltet/verwalten und/oder betreibt/betreiben. Marktbetreiber kann der geregelte Markt selbst sein.“ Die Wendung „Interesse am Kauf und Verkauf“ ist weit zu verstehen und schließt Aufträge, Kursofferten und Interessenbekundungen ein (Erwägungsgrund 6 MiFID). Die Anforderung, wonach die Interessen innerhalb des Systems und nach den nichtdiskretionären, vom Betreiber des Systems festgelegten Regeln zusammengeführt wer29
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den müssen, bedeutet, dass die Zusammenführung nach den Regeln des Systems oder mit Hilfe der Protokolle oder internen Betriebsverfahren des Systems einschließlich der in Computersoftware enthaltenen Verfahren erfolgt. Der Begriff „nichtdiskretionär“ bedeutet, dass diese Regeln der Wertpapierfirma, die ein multilaterales Handelssystem betreibt, keinerlei Ermessensspielraum im Hinblick auf die möglichen Wechselwirkungen zwischen den Interessen einräumen. Die Interessen müssen daher in einer Weise zusammengeführt werden, die zu einem Vertrag führt, dh die Ausführung erfolgt nach den Regeln des Systems oder über dessen Protokolle oder interne Betriebsverfahren (Erwägungsgrund 6 MiFID). Durch die Bezugnahme in § 1 Z 9 auf den Titel II der MiFID wird auf jene Vorschriften der Richtlinie verwiesen, welche die Zulassung von Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit regeln. Im Gegensatz zu Art 4 Abs 1 Z 15 MiFID wird durch § 1 Z 9 ferner ausdrücklich klargestellt, dass ein geregelter Markt nicht gleichzeitig als multilaterales Handelssystem angesehen werden kann. 19 Weder geregelte Märkte noch multilaterale Handelssysteme liegen
bei bilateralen Systemen vor, bei denen eine Wertpapierfirma jedes Geschäft für eigene Rechnung abschließt und nicht als risikolose Gegenpartei zwischen Käufer und Verkäufer steht (Erwägungsgrund 6 MiFID). Geregelte Märkte und multilaterale Handelssysteme müssen keine „technischen“ Systeme für das Zusammenführen von Aufträgen betreiben. Ein Markt, der nur aus einem Regelwerk besteht, das Fragen bezüglich Mitgliedschaft, Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel, den Handel zwischen Mitgliedern, die Meldung von Geschäften und gegebenenfalls die Transparenzpflichten regelt, ist ein geregelter Markt oder ein multilaterales Handelssystem (Erwägungsgrund 6 MiFID; vgl dazu auch § 12 Rz 11). Bilaterale Handelssysteme können bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen jedoch als systematische Internalisierer anzusehen sein. 20 Der in § 1 Z 10 definierte Begriff des systematischen Internalisierers
beruht auf der Begriffsbestimmung des Art 4 Abs 1 Z 7 MiFID und berücksichtigt die durch Art 21 DVO vorgenommenen Präzisierungen. Nach Art 21 DVO ist eine Wertpapierfirma dann als systematischer Internalisierer anzusehen, wenn ihre Handelsaktivitäten im Geschäftsmodell der Wertpapierfirma eine wesentliche kommerzielle Rolle spielen und gemäß nichtdiskretionärer Regeln und Verfahren ausgeübt werden (Art 21 Abs 1 lit a DVO; zum Begriff nichtdiskretionär vgl schon Rz 18). Die Tätigkeit muss durch Personal oder mittels eines automatisierten technischen Systems ausgeführt werden, welches zu diesem Zweck vorgesehen ist. Nicht erforderlich ist eine ausschließliche Wid30
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mung des Personals zu diesem Zweck oder eine ausschließliche Abstimmung des Systems auf diesen Zweck (Art 21 Abs 1 lit b DVO). Schließlich muss die Tätigkeit dem Kunden auf regelmäßiger oder kontinuierlicher Basis zur Verfügung stehen (Art 21 Abs 1 lit c DVO). Art 21 Abs 3 DVO stellt wiederum Kriterien auf, bei deren Vorliegen eine Wertpapierfirma nicht als systematischer Internalisierer anzusehen ist. Ferner dürfen systematische Internalisierer nach § 1 Z 10 nur Kreditinstitute oder über eine Zweigstelle im Inland tätige Wertpapierfirmen gemäß § 12 sein, wodurch der Kreis potentieller systematischer Internalisierer enger als europarechtlich eigentlich vorgegeben gezogen wird. Die Begriffsbestimmung des Market Maker in § 1 Z 11 setzt Art 4 21 Abs 1 Z 8 MiFID um, weicht aber sprachlich von den europarechtlichen Vorgaben in einigen Punkten ab. Während in der Fassung des Art 4 Abs 1 Z 8 MiFID die Bereitschaft zu entsprechenden Handelsaktivitäten betont wird, steht nach § 1 Z 11 das kontinuierliche Stellen entsprechender Angebote zum An- und Verkauf sowie das Betreiben eines entsprechenden Handels im Vordergrund. Die Definition des Kunden in § 1 Z 12 wird durch jene des professio- 22 nellen Kunden nach § 1 Z 13 sowie durch die des Privatkunden nach § 1 Z 14 ergänzt. Dabei folgt § 1 Z 12 grundsätzlich der Begriffsbestimmung des Art 4 Abs 1 Z 10 MiFID, ergänzt diese jedoch um die Erfassung auch jener Personen, denen gegenüber den jeweiligen Rechtsträger vorvertragliche Pflichten treffen. Die Erl RV zu § 1 (Zu Z 12) rechtfertigen dies letztlich mit terminologischen Besonderheiten der Umsetzung der MiFID in das österreichische Recht. Aus Art 4 Abs 1 Z 10 MiFID geht jedenfalls eindeutig hervor, dass die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen sowie von Nebendienstleistungen – nahe liegenderweise – auch kumulativ erfolgen kann, damit ein Kunde iSd § 1 Z 12 vorliegt. Der professionelle Kunde wird in § 1 Z 13 durch einen Verweis auf § 58 Abs 1 definiert. Der Privatkunde wird in § 1 Z 14 negativ als ein solcher Kunde umschrieben, der kein professioneller Kunde ist. Regelungstechnik und Inhalt folgen damit den Definitionen des professionellen Kunden und des Kleinanlegers in Art 4 Abs 1 Z 11 und 12 MiFID. Die Ersetzung des europarechtlichen Begriffs des Kleinanlegers durch den vom österreichischen Gesetzgeber verwendeten Ausdruck des Privatkunden wird durch die Erl RV zu § 1 (Zu Z 14) – abgesehen von einem Verweis auf die entsprechende Regelung in Deutschland – damit begründet, dass die Bezeichnung als Kleinanleger nicht zutreffend sei, weil auch derartige Kunden größere Volumina veranlagen würden (dies als richtlinienkonform ansehend Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/N. Raschauer [Hrsg], Von der MiFID zum WAG 2007 [2008] 94). 31
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F. Für die Inanspruchnahme von Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit relevante Begriffe (§ 1 Z 16 bis 19 sowie Z 21) 23 Gemeinsame Klammer der in diesem Abschnitt zu behandelnden
Begriffe ist ihre besondere Relevanz für die Inanspruchnahme der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Der in § 1 Z 16 angeführte Herkunftsmitgliedstaat einer Wertpapierfirma wird durch einen Verweis auf § 2 Z 6 lit b BWG definiert. Nach dieser Vorschrift wird als Herkunftsmitgliedstaat einer Wertpapierfirma in Form einer natürlichen Person jener Mitgliedstaat angesehen, in dem sich die Hauptverwaltung der Wertpapierfirma befindet. Für Wertpapierfirmen in der Form einer juristischen Person ist jener Mitgliedstaat entscheidend, in dem sie ihren satzungsmäßigen Sitz haben. Sofern eine Wertpapierfirma nach dem für sie maßgeblichen nationalen Recht keinen solchen Sitz aufweist, ist jener Mitgliedstaat relevant, in dem sich die Hauptverwaltung der Wertpapierfirma befindet. § 1 Z 16 setzt somit Art 4 Abs 1 Z 20 lit a MiFID um. Die Regelung des Art 4 Abs 1 Z 20 lit b MiFID findet sich dagegen in der Definition des Herkunftsmitgliedstaats eines geregelten Marktes in § 1 Z 17 wieder. Während der Unionsgesetzgeber dabei auf die Registrierung des geregelten Marktes abstellt, verwendet das österreichische Recht den Begriff der Zulassung des geregelten Marktes. 24 Der Begriff des Aufnahmemitgliedstaats in § 1 Z 18 ist nach dem
Vorbild des Art 4 Abs 1 Z 21 MiFID gestaltet worden. Im Gegensatz zur Definition des Herkunftsmitgliedstaates wird dabei keine systematische Trennung zwischen dem Aufnahmemitgliedstaat einer Wertpapierfirma und dem eines geregelten Marktes vorgenommen. Die Begriffsbestimmung der zuständigen Behörde in § 1 Z 19 folgt – wenn auch in sprachlich abgewandelter Form – jener des Art 4 Abs 1 Z 22 MiFID. Auf die Umsetzung der Wendung „sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt“ in Art 4 Abs 1 Z 22 MiFID wurde nahe liegenderweise verzichtet. 25 Kernstück der Begriffsdefinition der Zweigstelle in § 1 Z 21 ist der
Verweis auf § 2 Z 16 BWG. Nach dieser Vorschrift ist – soweit hier von Interesse – unter einer Zweigstelle eine Betriebsstelle zu verstehen, die einen unselbständigen Teil einer Wertpapierfirma bildet und unmittelbar sämtliche Geschäfte oder einen Teil der Geschäfte betreibt, die mit der Tätigkeit der jeweiligen Wertpapierfirma verbunden sind. Entsprechend den Vorgaben des Art 4 Abs 1 Z 26 MiFID wird dieser Verweis ergänzt um das Kriterium, dass die Zweigstelle Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten erbringt oder ausübt, wobei Nebendienstleistungen zusätzlich, jedoch nicht ausschließlich ausgeübt
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werden können. Das explizite Verbot einer ausschließlichen Ausübung von Nebendienstleistungen, das sich aus Art 4 Abs 1 Z 26 MiFID nicht in dieser Deutlichkeit ergibt, erklärt sich damit, dass andernfalls im Gewand der Zweigstelle einer Wertpapierfirma an sich anderen Berufsgruppen vorbehaltene Tätigkeiten ausgeübt werden könnten und es auf diese Art möglich wäre, die einschlägigen berufsrechtlichen Vorschriften zu umgehen. Die in § 2 Z 16 BWG verwendete und daher auch für § 1 Z 21 relevante Wendung vom Betreiben von Geschäften, die mit der Tätigkeit der jeweiligen Wertpapierfirma verbunden sind, ist – wie Art 4 Abs 1 Z 26 MiFID zeigt – so zu verstehen, dass der Wertpapierfirma für die in Frage kommenden Tätigkeiten eine Zulassung, also eine entsprechende Konzession, erteilt worden sein muss. Zur Abgrenzung zwischen den Tätigkeiten einer Zweigstelle und einer Repräsentanz vgl § 12 Rz 9; zum Begriff der Zweigstelle vgl ferner § 14 Rz 8 f.
G. Unternehmensverbindungen (§ 1 Z 22 bis 26 sowie Z 31 und 32) Die im vorliegenden Abschnitt behandelten Begriffsbestimmungen 26 zeichnen sich durch ihre Bedeutung für die verschiedenen Formen von Unternehmensverbindungen sowie durch die häufige Verwendung von Verweisen aus. So wird im Hinblick auf die in Umsetzung des durch Art 3 Abs 1 RL 2007/44/EG modifizierten Art 4 Abs 1 Z 27 MiFID erfolgende Definition der qualifizierten Beteiligung in § 1 Z 22 auf § 2 Z 3 BWG verwiesen, und für die Feststellung der Stimmrechte werden verschiedene Vorschriften des BörseG für relevant erklärt. Darüber hinaus sieht § 1 Z 22 nunmehr eine weitere Ausnahme vom Zusammenrechnungsgebot vor, die zum einen eine Veräußerung innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb und zum anderen einen Verzicht auf die Ausübung der entsprechenden Rechte voraussetzt. Die auf Art 4 Abs 1 Z 28 und Z 29 MiFID zurückgehenden § 1 Z 23 und § 1 Z 24 definieren die Ausdrücke Mutterunternehmen sowie Tochterunternehmen bloß durch entsprechende Bezugnahmen auf § 2 Z 11 und 12 BWG. Der Kontrollbegriff des § 1 Z 26 tritt in zwei Spielarten auf: Zum 27 einen wird von Kontrolle bei Vorliegen eines Verhältnisses zwischen einem Mutter- und einem Tochterunternehmen iSv § 244 Abs 1 und 2 UGB ausgegangen. Zum anderen wird durch § 1 Z 26 auf ein ähnliches Verhältnis zwischen einer natürlichen oder juristischen Person und einem Unternehmen abgestellt. Durch § 1 Z 26 werden Art 4 Abs 1 Z 30 MiFID sowie Art 4 Abs 1 Z 31 lit b – und nicht wie Erl RV zu § 1 (Zu Z 26) offenbar auf Grund eines Redaktionsversehens fälschlicherweise anführen – die im Übrigen nicht existierenden Art 4 Z 30 MiFID und Art 4 Z 31 lit b MiFID umgesetzt. Auf dem Kontroll33
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begriff des § 1 Z 26 baut die Definition der engen Verbindung in § 1 Z 25 auf. Diese Vorschrift verweist zuerst auf die Legaldefinition der engen Verbindung in § 2 Z 28 lit a und b BWG und erklärt dann, dass ein Verhältnis im Fall des § 2 Z 28 lit b BWG auch durch Kontrolle iSd § 1 Z 26 hergestellt werden kann. Auf diese nicht gerade einfache Art soll Art 4 Abs 1 Z 31 MiFID umgesetzt werden. 28 In sachlichem Zusammenhang mit den in diesem Abschnitt behandelten Begriffsdefinitionen stehen schließlich noch die Begriffsbestimmungen der Auslagerung in § 1 Z 31 und der Gruppe in § 1 Z 32. Dabei folgt die Definition der Auslagerung in § 1 Z 31 der Begriffsbestimmung des Art 2 Z 6 MiFID-DRL. Aus den europarechtlichen Vorgaben geht hervor, dass es auf die Art der Vereinbarung über die Auslagerung nicht ankommt. Vertragsparteien sind einerseits die Wertpapierfirma oder das Kreditinstitut und andererseits der die ausgelagerten Tätigkeiten durchführende Dienstleister. Mit der Formulierung „anstatt der Wertpapierfirma oder des Kreditinstituts“ ist ausweislich des Art 2 Z 6 MiFID-DRL gemeint, dass ohne Auslagerung die Wertpapierfirma die ausgelagerten Tätigkeiten selbst durchführen würde. Zur Bedeutung der Dauer der Auslagerung vgl § 25 Rz 3. Der Begriff der Gruppe in § 1 Z 32 dient der Umsetzung der Begriffsbestimmung des Art 2 Z 5 MiFID-DRL in einer gegenüber den europarechtlichen Vorgaben lesbareren Form (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 32]). Im Hinblick auf § 1 Z 32 lit a ist darauf hinzuweisen, dass das Vorliegen einer qualifizierten Beteiligung nicht verlangt wird.
H. Besondere Personen (§ 1 Z 20, Z 29 und 30 sowie Z 33) 29 Die Definition des vertraglich gebundenen Vermittlers in § 1 Z 20
beruht auf Art 4 Abs 1 Z 25 MiFID. Durch diese europarechtliche Bestimmung wird unter anderem vorgeschrieben, dass der vertraglich gebundene Vermittler unter unbeschränkter und vorbehaltloser Haftung einer einzigen Wertpapierfirma handeln muss. Die österreichische Regelung des § 1 Z 20 weicht von dieser Formulierung in mehrfacher Hinsicht ab: Zum einen wird der Einsatz vertraglich gebundener Vermittler nicht nur Wertpapierfirmen, sondern darüber hinaus ausdrücklich auch Kreditinstituten ermöglicht. Die nahe liegende Frage nach dem Einsatz vertraglich gebundener Vermittler durch Versicherungsunternehmen wird von den Mat dahingehend beantwortet, dass dafür kein Bedarf bestehe, weil diese Funktion von den Versicherungsvermittlern nach den §§ 137 bis 138 GewO wahrgenommen werde (Erl RV zu § 1 [Zu Z 20]). Dessen ungeachtet geht die FMA ohne weiteres von der Zulässigkeit eines Einsatzes von vertraglich gebundenen Vermittlern durch Versicherungsunternehmen aus (vgl FMA, RS 34
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Erbringung von Wertpapierdienstleistungen S 2). Aus versicherungsaufsichtsrechtlichen Gründen scheidet jedoch nach Ansicht der FMA eine Tätigkeit eines Versicherungsunternehmens als vertraglich gebundener Vermittler aus (vgl FMA, RS VU als VGV Punkt 4.). Der vertraglich gebundene Vermittler darf nur für eine einzige Wertpapierfirma tätig werden. Gleichzeitige Tätigkeit für mehrere Wertpapierfirmen macht eine Person bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu einer Wertpapierfirma (vgl Erwägungsgrund 36 MiFID). Der vertraglich gebundene Vermittler darf jedoch unter andere Richtlinien fallende Tätigkeiten und verbundene Tätigkeiten in Bezug auf Finanzdienstleistungen oder -produkte, die nicht in den Anwendungsbereich der MiFID fallen, ausüben, selbst wenn dies im Namen von Teilen derselben Finanzgruppe geschieht (vgl Erwägungsgrund 37 MiFID). Zum anderen ist von all den übrigen Unterschieden zwischen den 30 europarechtlichen Vorgaben und der österreichischen Umsetzung von Interesse, dass vom österreichischen Gesetzgeber als Fall einer unbeschränkten und vorbehaltlosen Haftung einer Wertpapierfirma iSd Art 4 Abs 1 Z 25 MiFID ausdrücklich die Stellung des vertraglich gebundenen Vermittlers als Erfüllungsgehilfe der Wertpapierfirma erwähnt wird. Erst in weiterer Folge wird auf jene Fälle Bezug genommen, in denen der vertraglich gebundene Vermittler „sonst unter vollständiger und unbedingter Haftung“ tätig wird. Diesem Regelungsansatz ist auf der einen Seite zu entnehmen, dass nach Ansicht des Gesetzgebers jedenfalls die Erfüllungsgehilfenhaftung nach § 1313 a ABGB eine unbeschränkte und vorbehaltlose Haftung gemäß Art 4 Abs 1 Z 25 MiFID darstellt. Auf der anderen Seite wird dadurch klargestellt, dass beim vertraglich gebundenen Vermittler nicht nur – arg vertraglich gebunden – ein Vertragsverhältnis zwischen dem Vermittler und einer – einzigen – Wertpapierfirma besteht, sondern dass darüber hinaus zumindest nach den Vorstellungen des Gesetzgebers in aller Regel bei den in § 1 Z 20 angeführten Tätigkeiten auch entsprechende vertragliche Beziehungen zwischen der Wertpapierfirma und dem Kunden vorhanden sind. Diese rechtsgeschäftlichen Beziehungen müssen zu einer vollständigen und unbedingten Haftung der Wertpapierfirma gegenüber dem Kunden für den vertraglich gebundenen Vermittler entweder unmittelbar auf Grund dieser vertraglichen Grundlage oder – wie der Blick auf die Bezugnahme auf die Rechtsfigur des Erfüllungsgehilfen in § 1 Z 20 zeigt – auf Basis weiterer gesetzlicher Regelungen führen. Nicht ausgeschlossen ist ferner, dass das durch das österreichische Recht sowie die MiFID geforderte Einstehen der Wertpapierfirma für den vertraglich gebundenen Vermittler mittels eines Vertrags zwischen dem Vermittler und der Wertpapierfirma mit Schutz35
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wirkungen zugunsten des Kunden als Dritten erreicht wird. Die Erl RV zu § 1 (Zu Z 20) halten im Hinblick auf das zwischen dem Vermittler und der Wertpapierfirma bestehende Rechtsverhältnis fest, dass die Rechtsfigur des vertraglich gebundenen Vermittlers nicht die Behandlung des Vermittlers im Arbeitsrecht als Angestellter nach sich ziehen soll. Im WAG fand diese Absicht in § 28 Abs 8 ihren Niederschlag. 31 Der österreichische Gesetzgeber hat unmittelbar in § 1 Z 20 klar-
gestellt, dass ein vertraglich gebundener Vermittler keine Wertpapierfirma ist. Daraus folgt, dass allein für die Tätigkeit als vertraglich gebundener Vermittler keine diesbezügliche Konzession erforderlich ist. Ein vertraglich gebundener Vermittler darf sich daher selbst – arg „Wertpapierfirma“ – keiner vertraglich gebundenen Vermittler iSd § 1 Z 20 oder eines „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ nach § 2 Abs 2 Z 15 bedienen (krit M. Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 [2009] 22; iSd hier vertretenen Ansicht aber auch FMA, RS Erbringung von Wertpapierdienstleistungen S 4). Möglich bleibt jedoch der schon bisher gebräuchliche Weg, derartige Personen unmittelbar an die Wertpapierfirma selbst anzubinden und die Provisionsabrechnung für solche Personen über eine Kapitalgesellschaft vorzunehmen. In diesem Fall werden die Rechtsbeziehungen durch drei Verträge gestaltet. Einerseits besteht ein Vertragsverhältnis zwischen der Wertpapierfirma und dem vertraglich gebundenen Vermittler, wonach dieser als solcher für die Wertpapierfirma eingesetzt wird und alle einschlägigen Vorschriften einzuhalten hat. Andererseits müssen vertragliche Beziehungen zwischen der Wertpapierfirma und der Kapitalgesellschaft des Inhalts vorliegen, dass die aus der Arbeit des vertraglich gebundenen Vermittlers resultierenden Provisionen an die Kapitalgesellschaft bezahlt werden. Dieses Geflecht wird schließlich durch eine Vereinbarung zwischen dem vertraglich gebundenen Vermittler und der Kapitalgesellschaft ergänzt, durch die der Anteil des Vermittlers an den von der Wertpapierfirma an die Kapitalgesellschaft gezahlten Provisionen festgelegt wird. Zum Einsatz von Wertpapierdienstleistungsunternehmen als vertraglich gebundene Vermittler vgl FMA, RS Erbringung von Wertpapierdienstleistungen S 4 f. 32 § 1 Z 29 definiert die relevante Person im Anschluss an Art 2 Z 3
MiFID-DRL. Der in § 1 Z 29 lit a erwähnte vertraglich gebundene Vermittler ist jener des § 1 Z 20 (dazu gerade Rz 29 ff). Der Begriff der Geschäftsleitung wird in § 1 Z 33 definiert (vgl Rz 34). Die fehlende Erwähnung des in Art 2 Z 3 MiFID-DRL noch explizit angeführten Direktors wird vom Gesetzgeber damit gerechtfertigt, dass der Direktor entweder Mitglied der Geschäftsleitung oder leitender Angestellter 36
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sei. Im ersten Fall werde er von § 1 Z 29 lit a, im zweiten Fall von § 1 Z 29 lit c erfasst (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 29]). Zum Gesellschafterbegriff führen die Erl RV aus, dass der in der englischen Fassung des Art 2 Z 3 MiFID-DRL für den Gesellschafter gebrauchte Begriff des „partner“ im englischen Gesellschaftsrecht insb den Gesellschafter einer Personengesellschaft meint. Unklar bleibt, ob nach Ansicht des Gesetzgebers deshalb vor allem Aktionäre angesichts ihrer im Vergleich zum Gesellschafter einer Personengesellschaft unterschiedlichen Rechtsstellung uU nicht als relevante Personen eingestuft werden sollen (so etwa § 23 Rz 4). Auf die fehlende Erwähnung der mit einem Gesellschafter vergleichbaren Person, die von Art 2 Z 3 MiFID-DRL als weitere relevante Person angeführt wird, gehen die Erl RV nicht ein. Im Wege richtlinienkonformer Interpretation ist daher der Begriff des Gesellschafters entsprechend weit zu verstehen und bei Vergleichbarkeit auch auf Personen zu erstrecken, denen eine Gesellschafterstellung im Rechtssinn nicht zukommt. Unter dem in § 1 Z 29 lit c angeführten Angestellten wird angesichts des Normzwecks des § 1 Z 29 und des Art 2 Z 3 MiFID-DRL nicht bloß ein solcher iSd Arbeitsrechts, sondern jeder Arbeitnehmer zu verstehen sein. Ein Finanzdienstleistungsassistent soll nicht unter § 1 Z 29 lit c zu subsumieren sein, ohne dass deshalb eine analoge Anwendung der für relevante Personen einschlägigen Vorschriften ausscheiden würde (vgl M. Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 [2009] 24; zur arbeitsrechtlichen Stellung des Finanzdienstleistungsassistenten vgl auch § 2 Rz 15). Die Begriffsbestimmung des Finanzanalysten in § 1 Z 30 als Person, 33 die einen wesentlichen Teil einer Finanzanalyse erstellt, setzt Art 2 Z 4 MiFID-DRL um, der allerdings von einer relevanten Person spricht, die einen Teil einer Finanzanalyse erstellt. Der österreichische Gesetzgeber rechtfertigt den Verzicht auf die Aufnahme des Wortes „relevante“ in die Definition des § 1 Z 30 nicht zuletzt unter Berufung auf die Bestimmungen der MiFID-DRL damit, dass der in der Richtliniendefinition des Finanzanalysten verwendete Begriff der relevanten Person nicht mit jenem der relevanten Person iSd Art 2 Z 3 MiFID-DRL gleichzusetzen sei. Von zentraler Bedeutung für die Auslegung des § 1 Z 30 ist der in § 36 definierte Begriff der Finanzanalyse; dazu vgl § 36 Rz 1 ff. Der Begriff der Geschäftsleitung wird in § 1 Z 33 nach dem Vorbild 34 des Art 2 Z 9 MiFID-DRL definiert. Der in Art 2 Z 9 MiFID-DRL vorgenommene Verweis auf Art 9 Abs 1 MiFID hat keinen besonderen Erkenntniswert und konnte daher im Rahmen des § 1 Z 33 unterbleiben. Entscheidend für die Einordnung als Geschäftsleitung ist die tatsächliche Leitung, sodass es auf eine allfällige gesellschaftsrechtliche 37
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Leitungsfunktion allein nicht ankommt. Es wird vertreten, dass mit der Definition des § 1 Z 33 keine Änderung gegenüber der bisher geltenden Rechtslage verbunden ist (vgl dazu § 10 Rz 1).
I. Sonstige Begriffsbestimmungen (§ 1 Z 15, Z 27 sowie Z 28) 35 Die in § 1 Z 15 vorgenommene Definition des Limitauftrags ent-
spricht bis auf einige sprachliche Abweichungen der des Art 4 Abs 1 Z 16 MiFID. Damit ein Limitauftrag vorliegt, müssen nach dem Wortlaut beider Bestimmungen die beiden Voraussetzungen – Auftrag zu einem festgelegten Kurslimit oder besser einerseits sowie Auftrag in einem festgelegten Umfang andererseits – kumulativ vorliegen. 36 Die Wendung von der persönlichen Empfehlung wird in § 1 Z 27 definiert. Diese Formulierung ist einer der zentralen Begriffe im Rahmen der Definition der Anlageberatung nach § 1 Z 2 lit e. Europarechtlich wird der Inhalt einer persönlichen Empfehlung durch Art 52 MiFIDDRL und Erwägungsgrund 79 MiFID-DRL bestimmt. Dabei werden durch § 1 Z 27 lit a die europarechtlichen Vorgaben des Art 52 Abs 1 MiFID-DRL sowie durch § 1 Z 27 lit b jene des Art 52 Abs 2 MiFIDDRL umgesetzt. Eine Empfehlung ist eine Erklärung, die ein bestimmtes Verhalten als für den Adressaten vorteilhaft oder in seinem Interesse liegend darstellt (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 113). Art 52 Abs 3 MiFID-DRL stellt klar, dass eine Empfehlung keine persönliche Empfehlung bildet, wenn sie ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle – zu diesem Begriff vgl die Begriffsbestimmung des Art 2 Z 1 MiFID-DRL – oder für die Öffentlichkeit gegeben wird. Diese Vorschrift fand Aufnahme im Einleitungssatz des § 1 Z 27. Erwägungsgrund 79 der MiFID-DRL führt zum Begriff der persönlichen Empfehlung aus, dass Ratschläge in Bezug auf Finanzinstrumente, die in einer Zeitung, einer Zeitschrift, einem Magazin oder einer anderen an das breite Publikum gerichteten Veröffentlichung einschließlich des Internet, im Fernsehen oder im Radio erteilt werden, nicht als persönliche Empfehlung anzusehen sind. Zwar haben diese Ausführungen keinen unmittelbaren Niederschlag im Wortlaut des § 1 Z 27 gefunden. Da jedoch die Mat (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 27]) insoweit Erwägungsgrund 79 MiFID-DRL wiedergeben, sind diese sich aus dem gerade zit Erwägungsgrund ergebenden Klarstellungen auch im Rahmen der Auslegung des § 1 Z 27 zu beachten. Aus den Erl RV zu § 1 (Zu Z 32) geht ferner hervor, dass der in § 1 Z 27 verwendete Begriff des Anlegers zur Abstimmung mit dem BörseG gewählt wurde und als Kunde – offenkundig iSd § 1 Z 12 – zu verstehen ist. Zum Begriff des Beauftragten vgl CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665, Pkt 78 ff; dieser deckt sich nicht mit dem zivilrechtlichen Begriff und umfasst auch 38
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Stellvertreter. Eine Prüfung der Verhältnisse der betreffenden Person iSd § 1 Z 27 lit b umfasst jeden Vorgang, in dem eine Prüfung von durch den Anleger erteilten Informationen betreffend seine finanziellen Verhältnisse erfolgt und auf Grund dieser Prüfung Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten empfohlen werden (vgl CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665, Pkt 48 ff; Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 115). Eine Empfehlung ist dann als für den Anleger geeignet dargestellt, wenn sie nach dem beim Anleger erweckten Eindruck auf einer Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse beruht. Dementsprechend sind unaufgefordert übermittelte bloße Anlagetipps selbst bei individueller Übermittlung keine persönliche Empfehlung (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 Rz 115 f; CESR, Understanding the definition of advice under MiFID – Consultation Paper, CESR/09–665, Pkt 43 ff). Die Begriffsbestimmung des dauerhaften Datenträgers in § 1 Z 28 37 erfolgt in Umsetzung von Art 2 Z 2 MiFID-DRL, der auch wörtlich wiedergegeben wird. Allerdings ist diese Definition im Zusammenhang mit Art 3 MiFID-DRL sowie den diesen umsetzenden § 16 zu lesen (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 28]). Danach hat bei einer vom WAG angeordneten Bereitstellung von Informationen auf einem dauerhaften Datenträger diese grundsätzlich auf Papier zu erfolgen (dazu vgl § 16 insb Rz 1). Bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen kann jedoch grundsätzlich auch eine Website ein dauerhafter Datenträger iSd § 1 Z 28 sein (vgl Erl RV zu § 1 [Zu Z 28]). Die von § 1 Z 28 von einem dauerhaften Datenträger verlangte Möglichkeit einer Speicherung persönlich an den Kunden gerichteter Informationen „für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer“ trägt nicht zuletzt dem Umstand Rechnung, dass Speichermedien – nicht zuletzt angesichts des technischen Fortschritts auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie – regelmäßig keine mit Papier vergleichbare Lesbarkeit gewährleisten. Für die Bestimmung der im Einzelfall angemessenen Dauer lässt sich auf gesetzlich vorgeschriebene Aufbewahrungsfristen zurückgreifen, sofern die Informationen insoweit relevant sein können. Die in § 1 Z 28 verlangte Möglichkeit einer unveränderten Wiedergabe der gespeicherten Informationen ist nur für jenen Zeitraum zu gewährleisten, während dem die Informationen einsehbar sein müssen.
III. Nicht umgesetzte europarechtliche Definitionen Der österreichische Gesetzgeber hat eine Reihe von europarechtlich 38 vorgegebenen Begriffsdefinitionen nicht ausdrücklich im Katalog des § 1 umgesetzt. Es handelt sich dabei einerseits um Art 4 Abs 1 Z 23 und 39
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24 MiFID. Andererseits zählen dazu Art 2 Z 1, 7 und 8 MiFID-DRL. Dass eine Umsetzung der Begriffsdefinitionen von Art 2 DVO nicht zu erfolgen hat, wurde bereits in Rz 1 dargetan. Hinsichtlich der Nichtumsetzung der in Art 2 Z 7 und 8 MiFID-DRL vorgenommenen Begriffsbestimmungen wird in den Erl RV zu § 1 (Zu Z 28 bis 33) ausgeführt, dass sie bereits in anderen Bestimmungen umgesetzt wurden und sich teilweise in der DVO befinden. Das gilt nun eindeutig für die Definition des Wertpapierfinanzierungsgeschäfts in Art 2 Z 8 MiFIDDRL, für das es eine Legaldefinition in Art 2 Z 10 DVO gibt. Ebenso klar ist es in dem von den Erl RV zu § 1 (Zu Z 28 bis 33) erwähnten Fall des Art 2 Z 7 MiFID-DRL mit der Begriffsbestimmung der „Person, zu der eine relevante Person eine familiäre Bindung hat“, die durch § 23 umgesetzt wird. Weniger eindeutig ist dies für die Definition der Informationsverbreitungskanäle in Art 2 Z 1 MiFID-DRL. Aus den Erl RV zu § 1 (Zu Z 28 bis 33) ergibt sich, dass Art 2 Z 1 MiFID-DRL im Rahmen von § 1 Z 28 bis 33 umgesetzt worden sein soll. Eine diesbezügliche explizite Begriffsbestimmung der Informationsverbreitungskanäle fehlt jedoch im Rahmen dieser Definitionen. Allein in § 1 Z 27, also außerhalb der vom Gesetzgeber in den Mat diesbezüglich als relevant angeführten Vorschriften, werden die Informationsverbreitungskanäle durch Verweis auf § 48 f Abs 1 Z 7 BörseG näher definiert. Im Hinblick auf die Nichtumsetzung von Art 4 Abs 1 Z 23 und 24 MiFID fehlt in den Mat jeder Hinweis auf die Gründe für diese Vorgangsweise. Da es sich dabei um die Begriffsbestimmungen betreffend Kreditinstitute sowie OGAW-Verwaltungsgesellschaften handelt, wird davon auszugehen sein, dass der Gesetzgeber angesichts des Verweises auf die Begriffsbestimmungen insb des BWG und des BörseG in § 1 letzter Satz keinen diesbezüglichen Umsetzungsbedarf gesehen hat.
Ausnahmen § 2. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes finden keine Anwendung auf: 1. Versicherungsunternehmen gemäß §§ 1 und 1 a Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG, BGBl. Nr. 569/1978, nach Maßgabe von Abs. 2; 2. Personen, die Wertpapierdienstleistungen ausschließlich für ihr Mutterunternehmen, ihre Tochterunternehmen oder andere Tochterunternehmen ihres Mutterunternehmens erbringen; 3. Personen, deren Wertpapierdienstleistungen ausschließlich in der Verwaltung von Systemen der Arbeitnehmerbeteiligung bestehen; 40
Ausnahmen
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4. Personen, die ausschließlich gemäß Z 2 und 3 Wertpapierdienstleistungen erbringen; 5. Personen, die nur gelegentlich Wertpapierdienstleistungen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit erbringen, wenn diese Tätigkeit durch Gesetze oder Standesregeln geregelt ist, die die Erbringung dieser Dienstleistung nicht ausschließen; 6. Personen, deren Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit nur im Handel für eigene Rechnung besteht, sofern sie keine Market Maker sind oder in organisierter und systematischer Weise häufig für eigene Rechnung außerhalb eines geregelten Marktes oder eines multilateralen Handelssystems Handel treiben, indem sie ein für Dritte zugängliches System anbieten, um mit ihnen Geschäfte durchzuführen; 7. die Oesterreichische Nationalbank, ausgenommen ihre Meldepflicht gemäß § 64 Abs. 1, sowie andere Mitglieder des Europäischen Systems der Zentralbanken; 8. die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur; 9. Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 Abs. 1 Investmentfondsgesetz – InvFG 1993, BGBl. Nr. 532/1993, vorbehaltlich des Abs. 3 sowie Kapitalanlagegesellschaften für Immobilien gemäß § 2 Abs. 1 Immobilien-Investmentfondsgesetz – ImmoInvFG, BGBl. I Nr. 80/2003; 10. Pensionskassen nach dem Pensionskassengesetz – PKG, BGBl. Nr. 281/1990, sowie Mitarbeitervorsorgekassen gemäß Betriebliches Mitarbeitervorsorgegesetz – BMVG, BGBl. I Nr. 100/2002; 11. Personen, die für eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handeln oder Wertpapierdienstleistungen in Bezug auf Derivatkontrakte gemäß § 1 Z 6 lit. e bis g und j für die Kunden ihrer Haupttätigkeit erbringen, sofern dies a) auf Ebene der Unternehmensgruppe eine Nebentätigkeit zu ihrer Haupttätigkeit darstellt und b) diese Haupttätigkeit weder in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 1 Z 2 noch von Bankgeschäften gemäß § 1 Abs. 1 BWG besteht. Die für Kunden der Haupttätigkeit zu erbringenden Wertpapierdienstleistungen in Bezug auf Derivatkontrakte gemäß § 1 Z 6 lit. e bis g und j haben in einem sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit zu stehen. 12. Personen, die im Rahmen einer anderen beruflichen Tätigkeit die Anlageberatung betreiben, die als solche nicht gesondert vergütet wird; 13. Personen, deren Haupttätigkeit im Handel für eigene Rechnung mit Waren oder Warenderivaten gemäß § 1 Z 6 lit. e bis g 41
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besteht, und die nicht Teil einer Unternehmensgruppe sind, deren Haupttätigkeit in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 1 Z 2 oder von Bankgeschäften gemäß § 1 Abs. 1 BWG besteht; 14. Unternehmen, die ausschließlich eine oder mehrere der nachstehenden Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten erbringen, sofern Clearingmitglieder der in lit. a genannten Märkte oder Handelssysteme für die Erfüllung der von solchen Unternehmen an diesen Märkten oder in diesen Handelssystemen abgeschlossenen Geschäfte haften: a) der Handel für eigene Rechnung an geregelten Märkten oder in multilateralen Handelssystemen, an oder in denen Derivate gehandelt werden (Derivatmärkte), und auf Kassamärkten nur zur Absicherung von Positionen auf den genannten Derivatemärkten; b) der Handel für Rechnung anderer Mitglieder dieser Märkte; c) die Stellung von An- und Verkaufsangeboten als Market Maker für Rechnung anderer Mitglieder dieser Märkte (Lokale Firmen); 15. Natürliche Personen, die wenngleich selbständig, eine oder mehrere Dienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 und 3 ausschließlich bezüglich Finanzinstrumenten gemäß § 1 Z 6 lit. a und c im Namen und auf Rechnung einer Wertpapierfirma gemäß § 3, eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, eines österreichischen Kreditinstituts oder eines österreichischen Versicherungsunternehmens nach Maßgabe von Abs. 2 im Inland erbringen, brauchen keine Konzession gemäß den §§ 3 oder 4. Das Unternehmen haftet für das Verschulden der Personen, deren es sich bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen bedient, gemäß § 1313 a ABGB. In Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der übrigen für Wertpapierdienstleistungen geltenden Gesetze und Verordnungen ist das Verhalten der selbständigen Vertreter jedenfalls nur dem Unternehmen selbst zuzurechnen. (2) Auf Versicherungsunternehmen, die die Vermittlung von Investmentfondsanteilen gemäß § 3 Abs. 3 VAG durchführen, finden hinsichtlich dieser Tätigkeit die Bestimmungen der §§ 16 bis 25, 28, 34, 35, 38 bis 43, 46 und 48 bis 49, 91, 92 Abs. 9 und 10 und der §§ 94 bis 96 Anwendung; sofern diese Versicherungsunternehmen gemäß den Vorschriften des VAG über eine hinreichend unabhängige Risiko-Management-Funktion und eine interne Revision verfügen, können die in §§ 18 bis 20 genannten Aufgaben von der betreffenden 42
Ausnahmen
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Organisationseinheit ausgeübt werden. Diese Gesellschaften sind dem Subrechnungskreis Wertpapierdienstleistungen zuzurechnende Kostenpflichtige im Sinne des § 90 Abs. 1 und bei der Erlassung der Verordnung nach § 90 Abs. 2 zu 67 vH zu berücksichtigen. Die auf sie entfallenden Beträge sind mit Bescheid vorzuschreiben. (3) Auf Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 Abs. 1 InvFG 1993, die Dienstleistungen nach § 3 Abs. 2 Z 1 und 2 erbringen, finden hinsichtlich dieser Tätigkeiten die Bestimmungen der §§ 15 Abs. 3, 16 bis 26, 29 bis 51, 52 Abs. 1 bis 4, 53, 54 Abs. 1, 91, 92 Abs. 9 und 10 und der §§ 94 bis 96 Anwendung. Diese Gesellschaften sind dem Subrechnungskreis Wertpapierdienstleistungen zuzurechnende Kostenpflichtige im Sinne des § 90 Abs. 1 und bei der Erlassung der Verordnung nach § 90 Abs. 2 zu 67 vH zu berücksichtigen. Die auf sie entfallenden Beträge sind mit Bescheid vorzuschreiben. Schrifttum: FMA, Rundschreiben in Hinblick auf die Vermittlung von Investmentfondsanteilen durch Versicherungsunternehmen gemäß § 3 Abs. 3 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) (an alle inländischen Versicherungsunternehmen) vom 18. Mai 2004; FMA, Rundschreiben betreffend die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen bei Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch vertraglich gebundene Vermittler und Finanzdienstleistungsassistenten nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG 2007) (an alle Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Versicherungsunternehmen im Hinblick auf § 3 Abs. 3 VAG) vom 31. Oktober 2007; FMA, Rundschreiben der FMA betreffend die Tätigkeit von Versicherungsunternehmen als vertraglich gebundene Vermittler gemäß § 28 WAG 2007 vom 27. Juni 2008; Granzow, Die Aufsicht über den Handel mit Energiederivaten nach dem Gesetz über das Kreditwesen (2007). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 2): „Zu § 2 Abs. 1: Zu Z 1: Hiermit wird Art. 2 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Die Ausnahme für Versicherungsunternehmen vom Anwendungsbereich entspricht auch der bisher geltenden Rechtlage. Zu Z 2: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2004/39/EG um. Unter Personen sind sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen zu verstehen. Zu Z 3: Hiermit wird Art. 2 Abs. 1 lit. e der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Unter Personen sind sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen zu verstehen. Zu Z 4: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. f der Richtlinie 2004/39/EG um. Diese Ausnahmebestimmung ist dann anwendbar, wenn ausschließlich beide der in den
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Z 2 und 3 genannten Tätigkeiten ausgeübt werden. Unter Personen sind sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen zu verstehen. Zu Z 5: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2004/39/EG um und entspricht der schon bisher bestehenden Regelung. Zu Z 6: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. d der Richtlinie 2004/39/EG um und entspricht der schon bisher bestehenden Regelung. Zu Z 7 und 8: Diese Bestimmungen setzen Art. 2 Abs. 1 lit. g der Richtlinie 2004/39/EG um. Die teilweise Ausnahme der Oesterreichischen Nationalbank sowie die Ausnahme der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur entspricht der bisher geltenden Rechtslage. Zu Z 9 und 10: Hiermit wird Art. 2 Abs. 1 lit. h der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu Z 11: Diese Bestimmung setzt die Ausnahmebestimmung in Art. 2 Abs. 1 lit. i der Richtlinie 2004/39/EG um und ist auf Unternehmen anzuwenden, die als Nebengeschäft zu ihrer Haupttätigkeit Handel auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten tätigen oder Wertpapierdienstleistungen in Bezug auf Warenderivate gemäß Anhang I Abschnitt C Z 5 bis 7 der Richtlinie 2004/39/EG sowie Derivate gemäß Anhang I Abschnitt C Z 10 der Richtlinie 2004/39/EG erbringen, sofern diese Unternehmen nicht einer Unternehmensgruppe angehören, deren Haupttätigkeit die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Bankgeschäfte betrifft. Da diese Unternehmen weder dem WAG 2007 noch dem BWG unterliegen, gelten für sie die Eigenmittelvorschriften des BWG nicht. Die Ausnahmebestimmung können nur die Personen in Anspruch nehmen, die die Voraussetzungen für diese Ausnahme auf Dauer erfüllen. Auf Personen, deren Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind und bei denen es sich dabei auf Ebene der Unternehmensgruppe um Nebentätigkeiten zu ihrer Haupttätigkeit handelt, ist die Ausnahmeregelung für Nebentätigkeiten dann nicht mehr anwendbar, wenn die betreffenden Dienstleistungen oder Tätigkeiten beim Unternehmen selbst oder auf Ebene der Unternehmensgruppe nicht mehr bloß eine Nebentätigkeit zu ihrer Haupttätigkeit darstellen (vgl. Erwägungsgrund 16 der Richtlinie 2004/39/EG). Die den Energieversorgungsunternehmen eigentümlichen Tätigkeiten, wie die Energieerzeugung und Energieversorgung, sind als Haupttätigkeit dieser Unternehmen anzusehen. Mit dieser Haupttätigkeit stehen insbesondere auch die Beschaffung und Veräußerung von Energie, die Verwaltung von Energieportfolios sowie die Absicherung des Preisniveaus durch Finanzinstrumente in einem sachlichen Zusammenhang. Sofern derartige Dienstleistungen für die Kunden der Haupttätigkeit erbracht werden, unterliegen diese Dienstleistungen der Ausnahmebestimmung. Unternehmen, die selbst oder auf Ebene der Unternehmensgruppe einer Haupttätigkeit als Warenproduzent oder -händler nachgehen und diese Geschäftsrisiken durch Eigengeschäfte absichern wollen, unterliegen somit der Ausnahmeregelung. Weiters können Unternehmen außerhalb des Anwendungsbereichs des WAG 2007 Wertpapierdienstleistungen im Rahmen einer
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Nebentätigkeit zur Absicherung der Geschäfte der Kunden ihrer eigenen Haupttätigkeit erbringen, sofern die Nebentätigkeit im Sachzusammenhang mit ihrer Haupttätigkeit steht. Zu Z 12: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. j der Richtlinie 2004/39/EG um. Die gewerbliche Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente im Rahmen einer anderen beruflichen Tätigkeit darf nicht ohne Konzession der FMA erbracht werden. Zu Z 13: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. k der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Z 14: Diese Bestimmung setzt Art. 2 Abs. 1 lit. l der Richtlinie 2004/39/EG um und stellt zugleich eine Definition der sog. ‚Lokalen Firmen‘ dar. Nach Ansicht der Europäischen Kommission enthält diese Ausnahmebestimmung zwar eine Art des Market Makings, jedoch unterliegen Fälle, in denen die Unternehmen (Lokale Firmen) nur für andere Mitglieder der genannten Märkte An- und Verkaufsangebote stellen, dieser Ausnahmebestimmung. Ist die Tätigkeit der Unternehmen (Lokalen Firmen) nicht nur auf diese anderen Marktmitglieder beschränkt, sondern richtet sie sich z. B. an eine breite Öffentlichkeit, dann gelten diese Unternehmen als ‚Market Maker‘ und bedürfen einer Konzession für ihre Tätigkeit. Zu Z 15: In dieser Ziffer wird der bisher in § 19 Abs. 2 a geregelte ‚Finanzdienstleistungsassistent‘ übernommen, der auch nach neuer Rechtslage keine WAG-Konzession benötigt und im Gegensatz zum ‚vertraglich gebundenen Vermittler‘ gemäß § 1 Z 20 für mehrere Unternehmen tätig sein kann. Sein Wirkungsbereich ist allerdings auf das Inland und auf die Vermittlung übertragbarer Wertpapiere und Organismen für gemeinsame Anlagen gemäß § 1 Z 6 lit. a und c beschränkt. Zu § 2 Abs. 3: Diese Bestimmung entspricht der Vorgängerbestimmung in § 9 WAG (aF) und setzt Art. 66 der Richtlinie 2004/39/EG um.“
Übersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die von § 2 normierten Ausnahmen im Detail . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Finanzdienstleistungsassistenten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Allgemeines Im Gegensatz zur Überschrift des § 2 beinhaltet diese Vorschrift neben 1 Ausnahmebestimmungen auch inhaltliche Regelungen. Zwar fehlt dem WAG eine Art 1 MiFID vergleichbare explizite positive Regelung des Anwendungsbereichs des WAG, doch auch durch Schaffung von Ausnahmeregelungen ist es unzweifelhaft möglich, den Anwendungsbereich 45
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des WAG zu beschreiben. Insofern bildet § 2 die einzige generelle Festlegung des Anwendungsbereichs des WAG, die um einzelne inhaltliche Aussagen ergänzt wird. Während § 2 Abs 1 bestimmte Personen und Unternehmen vom personellen Anwendungsbereich des WAG ausnimmt, werden in § 2 Abs 2 und 3 Sonderregeln für Versicherungsunternehmen und Kapitalanlagegesellschaften normiert. Die Ausnahmebestimmungen des § 2 Abs 1 sind insb damit zu rechtfertigen, dass eine Einbeziehung dieses Personenkreises in den Anwendungsbereich des WAG im Hinblick auf den Anlegerschutz nicht erforderlich erscheint (idS auch Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 1). Das gilt zum einen, weil die in § 2 Abs 1 angeführten Personen und Unternehmen ohnehin anderen aufsichtsrechtlichen Regimen unterstehen. Zum anderen sind auf Grund der Natur der Tätigkeiten dieses Personenkreises keine oder allenfalls vernachlässigbare Gefahren für Anleger zu erwarten. Die einzelnen, in § 2 verwendeten Begriffe sind grundsätzlich iSd Begriffsdefinitionen des § 1 zu verstehen. § 2 Abs 1 folgt grundsätzlich dem Katalog des Art 2 Abs 1 lit a bis l MiFID. Die Nichtberücksichtigung der beiden Ausnahmebestimmungen des Art 2 Abs 1 lit m und n MiFID erklärt sich daraus, dass es sich dabei um für Österreich nicht einschlägige Ausnahmen für bestimmte Länder handelt.
II. Die von § 2 normierten Ausnahmen im Detail 2 Die Ausnahme für Versicherungsunternehmen gemäß § 2 Abs 1 Z 1
beruht auf Art 2 Abs 1 lit a MiFID (vgl auch Erwägungsgrund 10 MiFID) und ist – wie schon der Gesetzestext selbst normiert – iZm § 2 Abs 2 zu lesen. § 2 Abs 2 ordnet in Satz 1 zum einen nämlich eine Teilanwendung bestimmter, taxativ aufgezählter Vorschriften des WAG auf Versicherungsunternehmen an, welche die Vermittlung von Investmentfondsanteilen nach § 3 Abs 3 VAG durchführen (vgl dazu auch das an sich überholte, in seiner wesentlichen Aussage betreffend die Verpflichtung zur Einhaltung der einschlägigen Vorschriften des WAG aber immer noch aktuelle FMA, Rundschreiben in Hinblick auf die Vermittlung von Investmentfondsanteilen durch Versicherungsunternehmen gemäß § 3 Abs. 3 Versicherungsaufsichtsgesetz [VAG] [an alle inländischen Versicherungsunternehmen] vom 18. Mai 2004). Bei diesen Bestimmungen des WAG handelt es sich um organisatorische Vorschriften (§§ 16–24), Vorschriften betreffend Auslagerungen (§ 25) sowie vertraglich gebundene Vermittler (§ 28), Regelungen bezüglich Interessenkonflikte (§§ 34 f), Bestimmungen zur Wahrung von Kundeninteressen (§§ 38–43, 46, 48 f), Verfahrensvorschriften (§§ 91 sowie 92 Abs 9 und 46
Ausnahmen
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10) sowie Strafbestimmungen (§§ 94–96). Andere, von § 3 Abs 3 VAG an sich erfasste Tätigkeiten führen nach dem insoweit klaren Gesetzeswortlaut des § 2 Abs 2 grundsätzlich zu keiner Teilanwendung des WAG. Ebenso wenig bedeutet die Regelung des § 2 Abs 2, dass die sich aus dem VAG ergebenden Grenzen für die Tätigkeiten von Versicherungsunternehmen insoweit modifiziert wären (vgl idS nunmehr auch FMA, RS VU als VGV Punkt 3.; § 15 Rz 4). Vielmehr beschränkt sich der Regelungsgehalt des § 2 Abs 2 allein auf Aspekte der Wertpapieraufsicht. Die durch § 2 Abs 2 angeordnete Teilanwendung des WAG wird insofern abgeschwächt, dass der Gesetzgeber die Ausübung der in den §§ 18 bis 20 genannten Aufgaben durch eine hinreichend unabhängige Risiko-Management-Funktion und eine interne Revision zulässt, sofern diese Einrichtungen gemäß den Vorschriften des VAG bestehen. Nach den Erl RV zu § 2 (Zu Z 1) entspricht die Ausnahme für Versicherungsunternehmen der bisher geltenden Rechtslage. Zum anderen wird in § 2 Abs 2 Satz 2 und 3 eine Regelung betreffend die Tragung der Kosten der FMA normiert. Vgl zu dem in diesem Zusammenhang verwendeten Begriff des Subrechnungskreises § 90 Rz 3. Zur Berücksichtigung innerhalb des Subrechnungskreises mit 67 % vgl § 90 Rz 7. Die in § 2 Abs 2 Satz 3 angeordnete Vorschreibung der Kostenbeiträge mittels Bescheids entspricht § 90 Abs 2 (vgl dazu § 90 Rz 6). Die Ausnahmen nach § 2 Abs 1 Z 2, 3 und 4 entsprechen Art 2 Abs 1 3 lit b, e und f MiFID. Die Erl RV zu § 2 (Zu Z 2, Zu Z 3 sowie Zu Z 4) halten fest, dass unter Personen sowohl natürliche als auch juristische Personen zu verstehen sind (vgl Erwägungsgrund 9 MiFID). Offenkundiger Zweck dieser Ausnahmen ist, Tätigkeiten ohne Teilnahme am Markt für Finanzdienstleistungen für fremde Rechnung im weiteren Sinn vom Anwendungsbereich des WAG mangels eines diesbezüglichen Schutzbedürfnisses auszunehmen (vgl Erwägungsgrund 8 und 11 MiFID). Besonders deutlich wird dies bei § 2 Abs 1 Z 2, der auf eine ausschließliche Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für das Mutterunternehmen, eigene Tochterunternehmen oder andere Tochterunternehmen des Mutterunternehmens abstellt und damit „konzerninterne“ Tätigkeiten im Auge hat. Da nur eine ausschließliche Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Konzern freigestellt ist, scheidet eine Inanspruchnahme dieser Vorschrift aus, sofern zusätzlich zu konzerninternen Tätigkeiten Wertpapierdienstleistungen außerhalb des in § 2 Abs 1 Z 2 definierten Konzernverhältnisses erbracht werden. Die Begriffe des Mutter- und des Tochterunternehmens sind iSd § 1 Z 23 und 24 zu verstehen. Das zeigt sich nicht zuletzt in der gesetzlichen Umschreibung von Schwesterunternehmen als „andere Tochterunternehmen ihres Mutterunternehmens“, liegt doch der Sinn 47
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einer derart komplizierten, wenn auch nach dem Vorbild des Art 2 Abs 1 lit b MiFID erfolgten Umschreibung unzweifelhaft auch in einem Anknüpfen an den in § 1 vorgenommenen Begriffsdefinitionen. § 2 Abs 1 Z 3 nimmt ausschließlich in der Verwaltung von Systemen der Arbeitnehmerbeteiligung bestehende Wertpapierdienstleistungen vom Anwendungsbereich des WAG aus. Gerechtfertigt wird dies mit der dabei fehlenden Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für Dritte (vgl Erwägungsgrund 13 MiFID). Die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 1 Z 4 wiederum erfasst Tätigkeiten, die – wie die Erl RV zu § 2 (Zu Z 4) sowie Art 2 Abs 1 lit f MiFID zeigen – in der ausschließlichen und kumulativen Ausübung der in § 2 Abs 1 Z 2 und 3 umschriebenen Aktivitäten bestehen. 4 § 2 Abs 1 Z 5 setzt Art 2 Abs 1 lit c MiFID um und entspricht dem
bisherigen § 9 Z 3 WAG aF (idS schon Erl RV zu § 2 [Zu Z 5]). Der Zweck dieser Ausnahme besteht darin, dass vom Anwendungsbereich des WAG nur jene Unternehmen erfasst werden sollen, die im Rahmen der üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit Wertpapierdienstleistungen erbringen oder Anlagetätigkeiten ausüben (Erwägungsgrund 7 MiFID). Auf Grund der vom Gesetz verlangten gelegentlichen Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit darf die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen weder regel- oder planmäßig noch ohne Zusammenhang mit der eigentlichen beruflichen Tätigkeit erfolgen. Entscheidend ist, dass die Erbringung der Wertpapierdienstleistungen so erfolgt, wie es die Berufsausübung gerade mit sich bringt (Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 30). Als Bsp für die hier einschlägigen Berufe werden Rechtsanwälte und Notare angeführt (vgl Winternitz, WAG § 9 Rz 6). Sowohl aus § 2 Abs 1 Z 5 als auch aus Art 2 Abs 1 lit c MiFID sowie aus Erwägungsgrund 12 MiFID geht hervor, dass auf Grund der Wendung von den durch Gesetze oder Standesregeln geregelten Tätigkeiten die berufliche Tätigkeit der einschlägigen Personen als solche geregelt sein muss, ohne dass es auf eine explizite Regelung der gelegentlichen Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch die einschlägigen berufsrechtlichen Vorschriften ankommen würde. Schließlich wird nur verlangt, dass durch das Berufsrecht die Erbringung derartiger Dienstleistungen nicht ausgeschlossen ist. 5 Wie schon bei den Ausnahmen nach § 2 Abs 1 Z 2, 3 und 4 zielt auch
die Vorschrift des § 2 Abs 1 Z 6 darauf ab, Tätigkeiten ohne Teilnahme am Markt für fremde Rechnung angesichts eines diesbezüglich fehlenden Schutzbedürfnisses vom Anwendungsbereich des WAG auszunehmen. Die in § 2 Abs 1 Z 6 normierte Ausnahme für den Handel auf eigene Rechnung setzt Art 2 Abs 1 lit d MiFID grundsätzlich wort48
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wörtlich um und entspricht der bisherigen Rechtslage (Erl RV zu § 2 [Zu Z 6]). Entsprechend dem Normzweck kennt § 2 Abs 1 Z 6 zwei Gegenausnahmen, in denen der Handel zwar an sich auf eigene Rechnung erfolgt, aber dennoch im Ergebnis zu einem andere berührenden Auftreten am Markt führt. Zum einen handelt es sich bei den Gegenausnahmen um ein Handeln auf eigene Rechnung als Market Maker (vgl Erwägungsgrund 8 MiFID). Der Begriff des Market Maker ist dabei in § 1 Z 11 definiert (vgl dazu § 1 Rz 21). Zum anderen wird ein Handeln für eigene Rechnung vom Anwendungsbereich des WAG erfasst, sofern dies in organisierter und systematischer Weise außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF geschieht. Zusätzlich ist diesfalls noch erforderlich, dass dieser Handel durch Anbieten eines für Dritte zugänglichen Systems erfolgt, um mit den Dritten Geschäfte durchzuführen (vgl Erwägungsgrund 8 MiFID). Die Ausnahmen nach § 2 Abs 1 Z 7 und 8 beruhen auf Art 2 Abs 1 6 lit g MiFID und entsprechen der bisherigen Rechtslage (Erl RV zu § 2 [Zu Z 7 und 8]), und zwar § 9 Z 2 und 4 WAG aF. Dabei wird die in § 2 Abs 1 Z 7 für die Oesterreichische Nationalbank normierte Ausnahme vom Anwendungsbereich insoweit durchbrochen, als die Meldepflicht nach § 64 Abs 1 aufrecht bleibt (vgl dazu § 64 Rz 10). Gänzlich ausgenommen vom Anwendungsbereich des WAG bleiben nach § 2 Abs 1 Z 7 die anderen Mitglieder des Europäischen Systems der Zentralbanken. Die Ausnahme der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur nach § 2 Abs 1 Z 8 beruht auf Art 2 Abs 1 lit g zweite Alternative MiFID („andere staatliche Stellen, die für die staatliche Schuldenverwaltung zuständig oder daran beteiligt sind“). Auf Grund der ausdrücklichen Aufzählung der ausgenommenen Institutionen in § 2 Abs 1 Z 7 und 8 stellt sich die Frage nach der unmittelbaren Nichterfassung anderer derartiger Einrichtungen vom Anwendungsbereich des WAG derzeit nicht. Allerdings wird in Erwägungsgrund 14 MiFID diesbezüglich darauf hingewiesen, dass Stellen mit öffentlicher Kapitalbeteiligung, deren Aufgabe gewerblicher Art ist oder mit der Übernahme von Beteiligungen zusammenhängt, vom Anwendungsbereich der MiFID und daher auch des WAG nicht auszunehmen sind. § 2 Abs 1 Z 9 beruht auf Art 2 Abs 1 lit h MiFID und nimmt Kapital- 7 anlagegesellschaften nach § 2 Abs 1 InvFG sowie solche nach § 2 Abs 1 ImmoInvFG vom Anwendungsbereich des WAG aus. Allerdings ist hinsichtlich der Kapitalanlagegesellschaften nach § 2 Abs 1 InvFG nicht zuletzt auf Grund entsprechender Anordnung in § 2 Abs 1 Z 9 auch § 2 Abs 3 zu beachten. Ausweislich der Mat (Erl RV zu § 2 [Zu § 2 Abs. 3]) entspricht § 2 Abs 3 der Vorgängerbestimmung in § 9 WAG aF und setzt Art 66 MiFID um. § 2 Abs 3 bestimmt für 49
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Kapitalanlagegesellschaften nach § 2 Abs 1 InvFG eine Teilanwendung des WAG, sofern und soweit diese Dienstleistungen nach § 3 Abs 2 Z 1 und 2, also die Anlageberatung betreffend Finanzinstrumente sowie die in § 3 Abs 2 Z 2 näher umschriebene Portfolioverwaltung, erbringen. Die taxativ aufgezählten Vorschriften umfassen organisatorische Bestimmungen (§§ 15 Abs 3, 16–24), Regelungen betreffend Auslagerungen (§§ 25 f), Vorschriften bezüglich des Schutzes von Kundeninteressen (§§ 29–51, 52 Abs 1 bis 4, 53, 54 Abs 1), Verfahrensvorschriften (§§ 91 sowie 92 Abs 9 und 10) sowie Strafbestimmungen (§§ 94–96). Die in § 2 Abs 3 zweiter und dritter Satz normierten Regelungen betreffend die Kostentragung entsprechen wortwörtlich denen des § 2 Abs 2. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in Rz 2 kann daher verwiesen werden. Zum Normzweck dieser Vorschrift vgl im Anschluss Rz 8. 8 Die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs 1 Z 10 für Pensionskassen und
Mitarbeitervorsorgekassen wird ebenfalls auf Art 2 Abs 1 lit h MiFID gestützt und ist grundsätzlich selbsterklärend. Der Normzweck dieser Ausnahme liegt wohl nicht zuletzt darin, dass in diesen Fällen in einer mit einem Handeln auf eigene Rechnung vergleichbaren Art am Markt teilgenommen wird. Erwägungsgrund 15 MiFID rechtfertigt diese Ausnahme damit, dass für derartige Einrichtungen besondere, unmittelbar auf ihre Tätigkeit zugeschnittene Regeln gelten. Nicht erforderlich ist dagegen – wie nicht zuletzt Art 2 Abs 1 lit h MiFID zeigt –, dass derartige Einrichtungen anderen europarechtlichen Vorschriften als jenen der MiFID unterstellt sind; ausreichend sind entsprechende nationale Vorschriften. 9 Der auf Art 2 Abs 1 lit i MiFID beruhende § 2 Abs 1 Z 11 nimmt
einerseits Personen – die Erl RV zu § 2 (Zu Z 11) sprechen diesbezüglich von Unternehmen – vom Anwendungsbereich des WAG aus, falls sie für eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handeln. Andererseits wird von dieser Ausnahmevorschrift die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen betreffend Derivatkontrakte gemäß § 1 Z 6 lit e bis g und j für Kunden ihrer Haupttätigkeit erfasst, sofern diese Wertpapierdienstleistungen in einem sachlichen Zusammenhang zur Haupttätigkeit stehen. Erforderlich ist ferner, dass die ausgenommenen Aktivitäten auf Ebene der Unternehmensgruppe eine Nebentätigkeit zur Haupttätigkeit darstellen und die Haupttätigkeit der Unternehmensgruppe weder in einer Erbringung von Wertpapierdienstleistungen iSd § 1 Z 2 noch in der von Bankgeschäften nach § 1 Abs 1 BWG besteht. Die Erl RV zu § 2 (Zu Z 11) weisen darauf hin, dass damit Unternehmen, die selbst oder auf Ebene der Unternehmensgruppe einer Haupttätigkeit als Warenproduzent oder -händler nachgehen und diese
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Geschäftsrisiken durch Eigengeschäfte absichern wollen, der Ausnahmeregelung des § 2 Abs 1 Z 11 unterliegen (vgl idS auch Assmann/ Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 41). Ebenso werden von der Ausnahmeregelung des § 2 Abs 1 Z 11 nach den Mat Unternehmen erfasst, die im Rahmen einer Nebentätigkeit zur Absicherung der Geschäfte der Kunden ihrer eigenen Haupttätigkeit Wertpapierdienstleistungen erbringen, sofern die Nebentätigkeit in einem Sachzusammenhang mit ihrer Haupttätigkeit steht. Der Begriff der Unternehmensgruppe findet sich sowohl in § 2 Abs 1 10 Z 11 als auch in § 2 Abs 1 Z 13 und beruht auf der Verwendung der Begriffe „Unternehmensgruppe“ und „Gruppe“ in Art 2 Abs 1 lit i und lit k MiFID. In der englischen Sprachfassung der MiFID findet sich dagegen in beiden Bestimmungen übereinstimmend das Wort „group“. Zur Auslegung der Wendung „Unternehmensgruppe“ empfiehlt sich daher ein Rückgriff auf die Legaldefinition des § 1 Z 32, beruht diese doch auf jener des Art 2 Z 5 MiFID-DRL von „group“ bzw „Gruppe“ (aA Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 45). Als Bsp für den Anwendungsbereich des § 2 Z 11 führen die Erl RV zu § 2 (Zu Z 11) den Fall eines Energieversorgungsunternehmens an. Dessen eigentümliche Tätigkeiten, wie die Energieerzeugung und Energieversorgung, sind die Haupttätigkeiten eines solchen Unternehmens. In einem sachlichen Zusammenhang mit diesen Haupttätigkeiten stehen insb die Beschaffung und Veräußerung von Energie, die Verwaltung von Energieportfolios sowie die Absicherung des Preisniveaus durch Finanzinstrumente. Sofern derartige Dienstleistungen für Kunden der Haupttätigkeit erbracht werden, unterliegen diese Dienstleistungen der Ausnahmebestimmung. Ferner weisen die Erl RV zu § 2 (Zu Z 11) darauf hin, dass solche Unternehmen weder dem WAG noch dem BWG unterliegen und daher die Eigenmittelvorschriften des BWG für sie nicht einschlägig sind. Sie betonen unter Berufung auf Erwägungsgrund 16 MiFID überdies, dass die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs 1 Z 11 nur bei dauerhafter Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen in Anspruch genommen werden könne. Daran fehlt es nach Ansicht des Gesetzgebers dann, wenn die betreffenden Dienstleistungen oder Tätigkeiten beim Unternehmen selbst oder auf der Ebene der Unternehmensgruppe nicht mehr bloß eine Nebentätigkeit zu ihrer Haupttätigkeit darstellen. Die Ausnahmevorschrift nach § 2 Abs 1 Z 12 geht auf Art 2 Abs 1 lit j 11 MiFID zurück. Die von § 2 Abs 1 Z 12 erfasste Anlageberatung darf – arg „im Rahmen einer anderen beruflichen Tätigkeit“ – berufsrechtlich nicht unzulässig sein. Dabei ist eine andere Tätigkeit, wie nicht zuletzt Art 2 Abs 1 lit j MiFID zeigt, eine nicht der MiFID und dem WAG unterliegende Tätigkeit. Entscheidend ist nach § 2 Abs 1 Z 12, dass die 51
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Anlageberatung nicht zum Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit werden darf. Dementsprechend darf die Anlageberatung nicht als solche gesondert vergütet werden. Zulässig bleibt jedoch eine Vergütung für die andere berufliche Tätigkeit. Im Zuge der Berechnung dieser Vergütung wird eine Berücksichtigung der anlageberatenden Tätigkeiten möglich sein. Das gilt umso mehr, als die Mat (Erl RV zu § 2 [Zu Z 12]) betonen, dass die „gewerbliche“ Anlageberatung bezüglich Finanzinstrumente im Rahmen einer anderen beruflichen Tätigkeit nicht ohne Konzession der FMA erbracht werden dürfe. Diese Aussage macht deutlich, dass es dem Gesetzgeber bei § 2 Abs 1 Z 12 nicht um die Verhinderung jeglicher, auch mittelbarer Vergütungen für anlageberatende Tätigkeiten gegangen ist, sondern nur darum, gewerbliche Tätigkeiten dem Regime des WAG zu unterwerfen. Insofern bildet das Kriterium der gesonderten Vergütung bloß ein Indiz für das Vorliegen einer vom Gesetzgeber dem Anwendungsbereich des WAG unterstellten „gewerblichen“ Tätigkeit. Mit § 2 Abs 1 Z 5 hat § 2 Abs 1 Z 12 somit den Normzweck gemeinsam, Personen vom Anwendungsbereich des WAG auszusparen, die eine andere berufliche Tätigkeit ausüben (vgl Erwägungsgrund 7 MiFID). Die wohl wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden Vorschriften bestehen zum einen darin, dass § 2 Abs 1 Z 12 nur die Anlageberatung erfasst, während § 2 Abs 1 Z 5 allgemein Wertpapierdienstleistungen zum Gegenstand hat. Der Kreis der vom Anwendungsbereich des WAG ausgenommenen Tätigkeiten wird zum anderen unterschiedlich bestimmt: Nach § 2 Abs 1 Z 5 kommt es auf eine bloß gelegentliche Tätigkeit an. Dagegen stellt § 2 Abs 1 Z 12 das Kriterium der gesonderten Vergütung in den Mittelpunkt der Regelung. Dessen ungeachtet wird insb im Hinblick auf die sonst bestehende Umgehungsgefahr zu fordern sein, dass – arg „im Rahmen einer anderen beruflichen Tätigkeit“ – ein Zusammenhang zwischen der Anlageberatung und der anderen beruflichen Tätigkeit besteht und die Anlageberatung gegenüber der anderen beruflichen Tätigkeit bloß eine untergeordnete Nebendienstleistung bildet (idS Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 54). 12 Durch § 2 Abs 1 Z 13 wird Art 2 Abs 1 lit k MiFID umgesetzt und
der als Haupttätigkeit von einer Person betriebene Handel für eigene Rechnung mit Waren oder Warenderivaten nach § 1 Z 6 lit e bis g vom Anwendungsbereich des WAG ausgenommen. Voraussetzung ist jedoch, dass derartige Personen nicht Teil einer Unternehmensgruppe (dazu vgl schon Rz 10) sind, deren Haupttätigkeit in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen iSd § 1 Z 2 oder von Bankgeschäften nach § 1 Abs 1 BWG besteht. Es handelt sich dabei um eine Ausnahme für spezialisierte Waren- und Warenderivathändler, hinsichtlich derer Uneinigkeit über eine angemessene Regulierung bestanden hat (Ass52
Ausnahmen
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mann/Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 57; insb zur Bedeutung dieser Regelung für den Handel mit Energiederivaten vgl Granzow, Die Aufsicht über den Handel mit Energiederivaten nach dem Gesetz über das Kreditwesen [2007] insb 168 ff). Die in § 2 Abs 1 Z 14 vorgesehene Ausnahmeregelung für Lokale 13 Firmen beruht auf Art 2 Abs 1 lit l MiFID und setzt einerseits voraus, dass vom jeweiligen Unternehmen ausschließlich eine oder mehrere der in § 2 Abs 1 Z 14 lit a bis c normierten Tätigkeiten erbracht werden. Andererseits wird eine Haftung von Clearingmitgliedern für die Erfüllung der von Lokalen Firmen abgeschlossenen Geschäfte verlangt. Es handelt sich somit um eine Ausnahme für die ausschließliche Erbringung bestimmter Wertpapierdienstleistungen iZm Derivatmärkten. Unter einem Handel für eigene Rechnung sind Geschäfte des Unternehmens zu verstehen, denen kein entsprechender Kundenauftrag zugrunde liegt (Assmann/Schneider, WpHG5 § 2 a Rz 40). Die Erl RV zu § 2 (Zu Z 14) weisen darauf hin, dass die in § 2 Abs 1 Z 14 lit c vorgesehene Tätigkeit als Market Maker nur unter den in dieser Vorschrift angeführten Voraussetzungen vom Anwendungsbereich des WAG ausgenommen ist. Beschränkt sich die Tätigkeit der Lokalen Firmen nicht auf andere Marktmitglieder, so benötigen diese Unternehmen eine entsprechende Konzession.
III. Finanzdienstleistungsassistenten Die Regelung des § 2 Abs 1 Z 15 übernimmt den bisher in § 19 Abs 2 a 14 WAG aF geregelten Finanzdienstleistungsassistenten in das neue Recht (Erl RV zu § 2 [Zu Z 15]). Die Aufnahme dieser Vorschrift in den Katalog des § 2 Abs 1 rechtfertigt sich damit, dass dieser „Finanzdienstleistungsassistent neu“ nach § 2 Abs 1 Z 15 erster Satz von der Konzessionspflicht nach den §§ 3 und 4 ausgenommen wird. Der Tätigkeitsbereich des „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ ist sachlich auf eine oder mehrere Dienstleistungen gemäß § 3 Abs 2 Z 1 und 3 ausschließlich bezüglich Finanzinstrumenten nach § 1 Z 6 lit a und c beschränkt. Örtlich hat der „Finanzdienstleistungsassistent neu“ im Inland tätig zu werden. Schließlich muss er im Namen und auf Rechnung einer Wertpapierfirma gemäß § 3, eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, eines österreichischen Kreditinstituts oder eines österreichischen Versicherungsunternehmens iSd § 2 Abs 2 tätig werden. Ein Tätigwerden für mehrere derartige Unternehmen ist dem „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ im Gegensatz zum vertraglich gebundenen Vermittler möglich (Erl RV zu § 2 [Zu Z 15]; zur Frage, 53
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ob ein vertraglich gebundener Vermittler gleichzeitig auch Finanzdienstleistungsassistent sein kann vgl auch § 28 Rz 17). Der Einsatz von Finanzdienstleistungsassistenten ist ferner dadurch beschränkt, dass er nur innerhalb der diesbezüglich sich aus Gesetz und Konzession ergebenden Befugnisse des Geschäftsherrn eingesetzt werden kann (vgl FMA, RS Erbringung von Wertpapierdienstleistungen S 1). 15 Ausdrücklich wird in § 2 Abs 1 Z 15 klargestellt, dass das Unterneh-
men für das Verschulden der von ihm eingesetzten „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ nach § 1313 a ABGB einzustehen hat, und dass das Verhalten selbständiger „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ bezüglich der Einhaltung der Bestimmungen des WAG sowie der übrigen für Wertpapierdienstleistungen relevanten Gesetze und Verordnungen nur dem Unternehmen selbst zuzurechnen ist. Problematisch ist, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Stellung des „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ keine mit § 28 Abs 8 WAG vergleichbare Bestimmung geschaffen hat. Allerdings geht schon der Gesetzgeber – arg „selbständig“ – davon aus, dass der „Finanzdienstleistungsassistent neu“ nicht zwingend in einem Arbeitsverhältnis zu den in § 2 Abs 1 Z 15 angeführten Rechtsträgern steht. Eine generelle Ausnahme des „Finanzdienstleistungsassistenten neu“ nach dem Vorbild des § 28 Abs 8 WAG durch analoge Anwendung dieser Vorschrift könnte sich immerhin darauf stützen, dass schon die Tätigkeit des einem strengeren Regime unterliegenden und insb ex lege nur für ein einziges Unternehmen tätig werdenden vertraglich gebundenen Vermittlers ausdrücklich nicht als eine zu einem Arbeitsverhältnis im arbeits-, sozial- oder steuerrechtlichen Sinn führende Tätigkeit eingestuft wird (ohne nähere Begründung idS auch Winternitz/Aigner, WAG 8; referierend nunmehr iSd auch M. Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 [2009] 24).
16 Voraussichtlich wird es zu einer tiefgreifenden Reform des Rechts der
Finanzdienstleistungsassistenten kommen (krit dazu Bohrn/Winternitz, Reformstau beim WAG 2007, ZFR 2009, 204 f [204]), ohne dass zum jetzigen Zeitpunkt auf Grund der politischen Sensibilität dieses Themas bereits Details mit hinreichender Klarheit absehbar wären.
Wertpapierfirmen § 3. (1) Eine Wertpapierfirma ist eine juristische Person, die ihren Sitz und ihre Hauptverwaltung in Österreich hat und auf Grund dieses Bundesgesetzes berechtigt ist, Wertpapierdienstleistungen 54
Wertpapierfirmen
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und Anlagetätigkeiten zu erbringen. Natürliche und juristische Personen, deren Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten sich auf § 4, das BWG oder das BörseG gründet, sind keine Wertpapierfirmen. (2) Die gewerbliche Erbringung folgender Wertpapierdienstleistungen bedarf einer Konzession der FMA: 1. Die Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente; 2. die Portfolioverwaltung durch Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis mit einem Ermessensspielraum im Rahmen einer Vollmacht des Kunden, sofern das Kundenportfolio ein oder mehrere Finanzinstrumente enthält; 3. Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben; 4. der Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF). (3) Österreichische Kreditinstitute und Wertpapierfirmen sind auch zur Wertpapier- und Finanzanalyse und sonstigen allgemeinen Empfehlungen zu Geschäften mit Finanzinstrumenten berechtigt. (4) Die Berechtigung zur Erbringung anderer als der in Abs. 2 und 3 genannten Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen durch Unternehmen mit Sitz im Inland richtet sich nach dem BWG. (5) Die Konzession ist zu erteilen, wenn: 1. Das Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft geführt werden soll; 2. das Eigenkapital mindestens die in Abs. 6 genannte Höhe beträgt und den Geschäftsleitern unbeschränkt und ohne Belastung in den Mitgliedstaaten zur freien Verfügung steht; 3. die Geschäftsleiter gemäß § 10 auf Grund ihrer Vorbildung fachlich geeignet sind und die für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen haben; 4. das Unternehmen keine Dienstleistungen erbringt, die das Halten von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Instrumenten von Kunden umfassen, so dass das Unternehmen diesbezüglich zu keiner Zeit Schuldner seiner Kunden werden kann; 5. für den Betrieb eines MTF die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Regeln und Verfahren den Anforderungen des § 67 entsprechen; 6. die Voraussetzungen gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 bis 4, 6, 7 und 9 bis 14 BWG vorliegen. 55
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Bei einem Kreditinstitut ist für die Erteilung einer Konzession zum Betrieb eines MTF Z 4 nicht anzuwenden. (6) Das Anfangskapital einer Wertpapierfirma hat mindestens zu betragen: 1. 50 000 Euro, sofern der Geschäftsgegenstand ausschließlich a) die Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente oder b) die Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben, oder c) beide Geschäfte gemäß lit. a und b umfasst; 2. 125 000 Euro, sofern der Geschäftsgegenstand die Portfolioverwaltung gemäß Abs. 2 Z 2 umfasst; 3. 730 000 Euro, sofern der Geschäftsgegenstand den Betrieb eines MTF umfasst. (7) Wertpapierfirmen, die Dienstleistungen auf die in § 2 Abs. 1 Z 15 genannte Weise erbringen möchten, haben dies mit dem Antrag auf Erteilung oder Erweiterung der Konzession ausdrücklich zu beantragen. Im Bescheid, mit dem die Konzession erteilt wird, ist über die Zulässigkeit der Dienstleistungserbringung gemäß § 2 Abs. 1 Z 15 gesondert abzusprechen. (8) Die Konzession ist bei sonstiger Nichtigkeit schriftlich zu erteilen; sie kann mit entsprechenden Bedingungen und Auflagen versehen werden, auch nur auf einzelne oder mehrere Geschäfte gemäß Abs. 2 lauten und Teile von einzelnen Dienstleistungen aus dem Konzessionsumfang ausnehmen. Hinsichtlich des Antrags auf Erteilung einer Konzession ist § 4 Abs. 3 und 5 BWG anzuwenden. (9) Vor Erteilung einer Konzession ist die Entschädigungseinrichtung anzuhören. IdF BGBl I 22/2009. Schrifttum: Benke/Brandl, Die „erforderlichen Erfahrungen“ des Geschäftsleiters eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, ÖBA 2007, 303; Brandl/ Kalss, Die „erforderlichen Eigenschaften“ von Geschäftsleitern eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, ÖBA 2000, 943; Burkowski, Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich des WAG 2007, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009) 1; Holoubek/Kalss/Kwapil/N. Raschauer, Der „qualifizierte Konkurs“ im Finanzdienstleistungsbereich, ÖBA 2005, 192; Kreisl/N. Raschauer, Der erlaubte Geschäftsbereich einer KAG für Immobilien im Lichte des europäischen Kapitalmarktrechts, wbl 2009, 313; Kreisl/N. Raschauer, Strafrechtsakzessorische Ausschlussgründe des österreichischen Kapitalmarktrechts, ÖJZ 2005, 99; Neumayer/Samhaber/Bohrn/Margetich/Leustek, Praxishandbuch WAG 2007 und MiFID – Das neue Berufsrecht für Finanz- und Wertpapierdienstleistung in Österreich (Loseblatt ab 2007);
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Ruhm, Hedge Fonds – Struktur, Risiko und Anlegerschutz in Österreich, ZFR 2008, 21; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiIFID (2008); Winternitz/Steinmair, Vertriebsstrukturen nach WAG 2007, ZFR 2008, 164. Erl RV GP XXIII RV 143: „Allgemeiner Teil: Eine wesentliche Neuerung des WAG 2007 ist die Einführung der „österreichischen“ Wertpapierfirma. Diese Wertpapierfirma entspricht im Wesentlichen den bisherigen „großen“ Wertpapierdienstleistungsunternehmen, wobei das Tätigkeitsfeld um den Betrieb des multilateralen Handelssystems erweitert wurde. Der bisherigen Regelung folgend, wird auch in diesem Entwurf von der fakultativen Ausnahmeregelung in der Richtlinie Gebrauch gemacht, die es ermöglicht, kleinere Unternehmen im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit von bestimmten Konzessionsvoraussetzungen und anderen Anforderungen auszunehmen. Diese Unternehmen entsprechen jenen Unternehmen, die bisher als „kleine“ Wertpapierdienstleistungsunternehmen bezeichnet wurden und eine Konzession für das Finanzdienstleistungsgeschäft in eingeschränkter Form besitzen.“ „Zu § 3: Abs. 1 setzt Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Weiters wird die österreichische Wertpapierfirma von Rechtsträgern abgegrenzt, die auf Basis anderer Berechtigungen Wertpapierdienstleistungen erbringen (BWG-Konzession, Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, Konzession für Wertpapierdienstleistungsunternehmen). Der Bezug auf das BörseG dient der Klarstellung, dass Betreiber geregelter Märkte, die auch ein MTF betreiben, keine Wertpapierfirmen sind. Abs. 2 setzt Art. 5 Abs. 1 sowie Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/ 39/EG hinsichtlich des Konzessionserfordernisses um. Abs. 2 Z 1 bis 3 enthalten die bisherigen Konzessionstatbestände gemäß § 1 Abs. 1 Z 19 BWG. Dabei entspricht die Annahme und Übermittlung von Aufträgen der Abschlussvermittlung. Abs. 2 Z 4 enthält den neuen Konzessionstatbestand „Betrieb eines multilateralen Handelssystems“. Die genaue Umschreibung der Konzessionstatbestände ist den Begriffsbestimmungen zu entnehmen. Abs. 3 setzt Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG hinsichtlich der in Anhang I Abschnitt B Z 5 genannten Nebendienstleistungen um, für diese ist eine gesonderte Konzession nicht erforderlich. Abs. 4 behält die bisherige Abgrenzung zwischen BWG- und WAG-Berechtigungen bei. Abs. 5 stellt entsprechend der bisherigen Systematik eine Auflistung der Konzessionsvoraussetzungen dar und enthält die Umsetzung folgender Bestimmungen der Richtlinie 2004/39/EG. Z 1: Art. 4 Z 1 1. Unterabsatz hinsichtlich der Rechtsform (juristische Person). Z 2: Art. 12 hinsichtlich des Anfangskapitals. Z 3: Art. 9 Abs. 1 und 3 hinsichtlich der Geschäftsleiterqualifikation. Z 4: Wie bisher umfasst die WAG-Konzession nicht das Halten von Geldern und Instrumenten von Kunden. Z 6: Durch Verweis auf § 5 Abs. 1 BWG werden folgende Richtlinienbestimmungen umgesetzt:
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Art. 7 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 4 durch § 5 Abs. 1 Z 2 BWG; Art. 10 Abs. 1 durch § 5 Abs. 1 Z 3 BWG; Art. 10 Abs. 2 durch § 5 Abs. 1 Z 4 und 4 a BWG; Art. 9 Abs. 1 und 3 durch § 5 Abs. 1 Z 6, 7 und 9 BWG; Art. 9 Abs. 4 durch § 5 Abs. 1 Z 12 BWG; Art. 5 Abs. 4 durch § 5 Abs. 1 Z 14 BWG. Abs. 6 setzt das Anfangskapitalerfordernis gemäß Art. 12 der Richtlinie 2004/39/ EG um, hinsichtlich Z 1 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2006/49/ EG, hinsichtlich Z 2 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2006/49/EG und hinsichtlich Z 3 in Verbindung mit Art. 9 der Richtlinie 2006/49/EG um. Abs. 7 stellt die dem bisherigen § 19 Abs. 2 b entsprechende Übernahme des Erfordernisses der Beantragung des Einsatzes von Finanzdienstleistungsassistenten durch eine Wertpapierfirma dar. Abs. 8 und 9 entsprechen dem bisherigen § 19 Abs. 3 und 4 WAG.“ Erl RV GP XXIV RV 45 (Zu § 3 Abs. 6 Z 2, § 41 Abs. 3 und § 42 Abs. 2): „Redaktionelle Berichtigungen bzw. Anpassung von Verweisen.“
Übersicht I. II. III. A. B. C. D. E. F.
Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konzessionspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konzessionsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenkapital. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an die Geschäftsleiter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an die Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an qualifiziert Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbot des Haltens von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Instrumenten für Kunden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Besondere Voraussetzungen bei Betrieb eines MTF . . . . . . . . . . . . IV. Konzessionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Überleitung von Konzessionen nach dem WAG 1997 . . . . . . . . . .
1–2 3 4–14 4 5 6–10 11 12 13 14 15–17 18
I. Begriff 1 Der Begriff der Wertpapierfirma stammt aus der dt Fassung des Art 4
Abs 1 Z 1 MiFID und ist eine sprachlich wenig geglückte Übersetzung des englischen Terminus „investment firm“ (französisch „entreprise d’investissement“). „Firma“ bedeutet in der österreichischen Rechtssprache den Namen eines Unternehmers, unter dem er seine Geschäfte betreibt und seine Unterschrift abgibt (vgl § 17 Abs 1 UGB). Die Bezeichnung Wertpapierfirma bezieht sich aber nicht primär auf den Namen des Unternehmens, sondern auf das Unternehmen an sich. Korrekt müsste das Gesetz daher – wie zuvor das WAG 1997 – von 58
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„Wertpapier(dienstleistungs)unternehmen“ sprechen; dieser Begriff wird allerdings von § 4 in Abgrenzung von den Wertpapierfirmen des § 3 gebraucht. Dass bereits die ISD den Begriff der Wertpapierfirma gekannt hat, ändert in der Sache nichts daran, dass es sich dabei aus Sicht der österreichischen Rechtssprache um eine wenig geglückte Textierung handelt (die Kritik von Wasserer, Neuordnung 162 an der Voraufl geht daher inhaltlich ins Leere). Es geht dabei auch nicht um „sprachliche Befindlichkeiten“ (so ausdrücklich Wasserer, Neuordnung 162), sondern um die Exaktheit juristischer Fachtermini. Auch wenn in der Alltagssprache die Begriffe „Firma“ und „Unternehmen“ insb von Nichtjuristen häufig gleich gesetzt werden, wäre für die rechtlichen Belange eine technisch exakte Ausdrucksweise wünschenswert. § 3 Abs 1 definiert die Wertpapierfirma als juristische Person, die ihren 2 Sitz und ihre Hauptverwaltung in Österreich hat und auf Grund des WAG berechtigt ist, Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu erbringen. Ausgenommen sind vom Begriff der Wertpapierfirma natürliche und juristische Personen, deren Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten sich auf § 4, das BWG oder das BörseG gründet. Damit wird die Wertpapierfirma des § 3 WAG von anderen Rechtsträgern abgegrenzt, die ihre Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen auf andere Rechtsgrundlagen stützen, wie etwa auf eine Bankkonzession nach § 4 BWG, eine Konzession für Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 4 WAG oder die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit (Erl RV 9). Der Hinweis auf das BörseG stellt klar, dass Betreiber geregelter Märkte, die auch ein MTF betreiben, keine Wertpapierfirmen sind (Erl RV 9).
II. Konzessionspflicht Die Erbringung der in Abs 2 genannten Wertpapierdienstleistungen ist 3 konzessionspflichtig; die Z 1 bis 4 entsprechen dabei den bisherigen Konzessionstatbeständen des § 1 Abs 1 Z 19 BWG, wobei die Annahme und Übermittlung von Aufträgen der Abschlussvermittlung entspricht (Erl RV 9; siehe im Übrigen § 1 Rz 4). Eine Konzessionspflicht besteht dabei nach Abs 2 Z 3 nur dann, wenn diese Tätigkeit ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand hat. Der Begriff des Finanzinstruments ergibt sich dabei aus § 1 Z 7, siehe dazu im Detail bei § 1 Rz 11 ff. § 1 Z 2 lit d versteht unter Portfolioverwaltung die Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis mit einem Ermessensspielraum im Rahmen einer Vollmacht des Kunden, sofern das Kundenportfolio ein oder mehrere Finanzinstrumente enthält (dazu näher 59
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§ 1 Rz 6). Anlageberatung ist nach § 1 Z 2 lit e die Abgabe persönlicher Empfehlungen gemäß Z 27 über Geschäfte mit Finanzinstrumenten an einen Kunden, sei es auf dessen Aufforderung oder auf Initiative des Erbringers der Dienstleistung (§ 1 Rz 6). Zum Begriff des multilateralen Handelssystems (MTF) siehe § 1 Rz 18. Die Konzession für andere Wertpapiergeschäfte richtet sich nach dem BWG; damit wird die schon nach bisherigem Recht bestehende Abgrenzung zwischen BWG- und WAG-Konzessionen beibehalten (Erl RV 9). Wertpapierfirmen sind insb nicht berechtigt, die Verwahrung und Verwaltung von Finanzinstrumenten für Rechnung ihrer Kunden durchzuführen (Depotgeschäft); diese Tätigkeit ist nach § 1 Abs 1 Z 5 BWG den Kreditinstituten vorbehalten (Burkowski in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 5). Gleiches gilt für das Effektengeschäft nach § 1 Abs 1 Z 7 lit e BWG und das Emissionsgeschäft nach § 1 Abs 1 Z 9 ff BWG.
III. Konzessionsvoraussetzungen A. Rechtsform 4 Nach Abs 5 Z 1 muss das Unternehmen in der Rechtsform einer
Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft geführt werden; praktisch bedeutsame Rechtsformen zum Betrieb einer Wertpapierfirma sind somit die GmbH und die AG. Zum Ausschluss anderer Rechtsformen siehe Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 2. Im Gegensatz dazu kann ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 4 Abs 1 von jeder natürlichen oder juristischen Person mit Sitz und Hauptverwaltung im Inland betrieben werden (siehe dazu bei § 4 Rz 5).
B. Anfangskapital 5 Das Anfangskapital muss unbeschränkt und ohne Belastung in den
Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen und die in Abs 6 genannten Mindestbeträge erreichen. Diese Beträge ergeben sich aus Art 12 MiFID, der seinerseits einen Verweis auf die (revidierte) RL 2006/49/EG über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten enthält. Die Vorgaben der RL sind insofern Mindeststandards, als nach Erwägungsgrund 8 die Mitgliedstaaten strengere Vorschriften als in der RL vorgesehen erlassen dürfen. Das Erfordernis, wonach das Anfangskapital den Geschäftsleitern unbeschränkt und ohne Belastung in den Mitgliedstaaten zur freien Verfügung stehen muss, bedingt, dass das Anfangskapital bis zu den Mindestbeträgen in voller 60
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Höhe einzuzahlen ist (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 6). Vorschriften für das Eigenkapital nach Aufnahme der Unternehmenstätigkeit enthält § 9.
C. Anforderungen an die Geschäftsleiter Das WAG 2007 regelt die konzessionsrelevanten Anforderungen an die Geschäftsleiter zum Teil autonom in Abs 5 Z 3, zum Teil mit Verweisen auf die entsprechenden Bestimmungen im BWG. Auf Grund dieser Regelungstechnik verbietet es sich, hinsichtlich der im WAG geregelten Erfordernisse auf Bestimmungen des BWG zurückzugreifen, sofern das WAG nicht selbst ausdrücklich auf das BWG verweist (Benke/ Brandl, ÖBA 2007, 303 ff). Die Wertpapierfirma muss mindestens zwei Geschäftsleiter haben. In der Satzung ist die Einzelvertretungsmacht, eine Einzelprokura oder eine Einzelhandlungsvollmacht für den gesamten Geschäftsbetrieb auszuschließen, bei Kreditgenossenschaften muss die Führung der Geschäfte auf die Geschäftsleiter eingeschränkt sein („Vier-Augen-Prinzip“, § 5 Abs 1 Z 12 BWG; näher dazu § 10 Rz 7 ff). Die Geschäftsleiter müssen auf Grund ihrer Vorbildung fachlich geeignet sein und die für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen aufweisen. Die fachliche Eignung und die erforderlichen Erfahrungen beziehen sich dabei auf die professionelle Expertise des Geschäftsleiters (Benke/ Brandl, ÖBA 2007, 315; näher dazu § 10 Rz 15 ff), die erforderlichen Eigenschaften auf die charakterliche Zuverlässigkeit des Geschäftsleiters (näher dazu § 10 Rz 13 ff). Durch Verweis auf § 5 Abs 1 Z 6 BWG darf bei keinem der Geschäftsleiter ein Ausschließungsgrund iSd § 13 Abs 1 bis 3, 5 und 6 GewO 1994, BGBl 1994/194 in der jeweils geltenden Fassung vorliegen (näher dazu § 10 Rz 28 ff). Weiters ist es für die Konzessionserteilung nach der genannten Bestimmung schädlich, wenn über das Vermögen eines der Geschäftsleiter beziehungsweise eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person, auf deren Geschäfte einem Geschäftsleiter maßgebender Einfluss zusteht oder zugestanden ist, der Konkurs eröffnet worden ist, es sei denn, im Rahmen des Konkursverfahrens ist es zum Abschluss eines Zwangsausgleiches gekommen, der erfüllt worden ist; dies gilt auch, wenn ein damit vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde (näher dazu, insb zur fehlenden Nachsichtsmöglichkeit, § 10 Rz 22 f). Überhaupt müssen die Geschäftsleiter über geordnete wirtschaftliche Verhältnisse verfügen, und es dürfen keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Zweifel an ihrer persönlichen, für 61
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den Betrieb der Geschäfte erforderlichen, Zuverlässigkeit ergeben; liegen derartige Tatsachen vor, dann darf die Konzession nur erteilt werden, wenn die Unbegründetheit der Zweifel bescheinigt worden ist (§ 5 Abs 1 Z 7 BWG; näher dazu § 10 Rz 24 ff). In Bezug auf einen Geschäftsleiter, der nicht österreichischer Staatsbürger ist, dürfen in dem Staat, dessen Staatsbürgerschaft er hat, keine derartigen Ausschließungsgründe vorliegen, was durch die Bankenaufsicht des Heimatlandes zu bestätigen ist. Kann jedoch eine solche Bestätigung nicht erlangt werden, so hat der betreffende Geschäftsleiter dies glaubhaft zu machen, das Fehlen der genannten Ausschließungsgründe zu bescheinigen und eine Erklärung abzugeben, ob die genannten Ausschließungsgründe vorliegen (§ 5 Abs 1 Z 9 BWG; näher dazu § 10 Rz 40 ff). 10 Mindestens ein Geschäftsleiter muss den Mittelpunkt seiner Lebens-
interessen in Österreich haben (§ 5 Abs 1 Z 10 BWG; näher dazu § 10 Rz 4 f); weiters muss mindestens ein Geschäftsleiter die dt Sprache beherrschen (§ 5 Abs 1 Z 11 BWG; näher dazu § 10 Rz 6). Keiner der Geschäftsleiter darf einen anderen Hauptberuf außerhalb des „Finanzwesens“ ausüben (§ 5 Abs 1 Z 13 BWG; näher dazu § 10 Rz 10 ff).
D. Anforderungen an die Satzung 11 Die Satzung darf keine Bestimmungen enthalten, welche die Sicherheit
der anvertrauten Vermögenswerte und die ordnungsgemäße Durchführung der Geschäfte nicht gewährleisten (Verweis auf § 5 Abs 1 Z 2 BWG). Die Bestimmung stellt erkennbar darauf ab, dass in der Satzung vorhandene Passagen zu beanstanden sind; das Fehlen von erwünschten Bestimmungen kann daher im Konzessionsverfahren nicht eingemahnt werden (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 2). Insgesamt ist § 5 Abs 1 Z 2 BWG für österreichische Wertpapierfirmen eher bedeutungslos, weil bereits das AktG bzw das GmbHG eine Organisationsstruktur gewährleisten, wie sie vom BWG gefordert wird (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/ O.Schütz, BWG3 § 5 Rz 2). Der Sitz und die Hauptverwaltung der Wertpapierfirma müssen im Inland liegen (Verweis auf § 5 Abs 1 Z 14 BWG). Entscheidend ist mithin nicht allein, dass sich der satzungsmäßige Sitz in Österreich befindet; es ist vielmehr auch gefordert, dass das tatsächliche Verwaltungszentrum in Österreich liegt (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/O.Schütz, BWG3 § 5 Rz 12). Fehlt es daher an der Parallele von Konzessionsansuchen, Sitz und Hauptverwaltung, so ist die Konzession zu versagen (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 74). 62
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E. Anforderungen an qualifiziert Beteiligte Personen, die eine qualifizierte Beteiligung an der Wertpapierfirma 12 halten, müssen qua Verweis auf § 5 Abs 1 Z 3 BWG den im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung des Kreditinstitutes zu stellenden Ansprüchen genügen, und es dürfen keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit dieser Personen ergeben. Liegen derartige Tatsachen vor, dann darf die Konzession nur erteilt werden, wenn die Unbegründetheit der Zweifel bescheinigt worden ist. Auch darf durch enge Verbindungen der Wertpapierfirma mit anderen natürlichen oder juristischen Personen die FMA an der Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht nicht gehindert werden (Verweis auf § 5 Abs 1 Z 4 BWG; näher dazu Brandl/Kalss, ÖBA 2000, 94).
F. Verbot des Haltens von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Instrumenten für Kunden Die WAG-Konzession umfasst wie bisher nicht das Halten von Geld 13 und Instrumenten von Kunden; die Bestimmung des § 20 Abs 1 Z 4 WAG aF wurde in das WAG 2007 übernommen. Der Sinn, dieses Verbot im Rahmen der Konzessionsvoraussetzungen zu wiederholen, liegt wohl darin, dass die Konzession zu versagen ist, wenn etwa auf Grund der Satzung nicht auszuschließen ist, dass der Konzessionswerber Geld, Wertpapiere oder sonstige Instrumente seiner Kunden zu halten gedenkt (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/ Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 10).
G. Besondere Voraussetzungen bei Betrieb eines MTF Beim Betrieb eines MTF müssen die Allgemeinen Geschäftsbedingun- 14 gen, Regeln und Verfahren den Anforderungen des § 67 entsprechen. Ist dies nicht der Fall, darf die Konzession nicht erteilt werden. Es wird damit im Endeffekt eine Vorabkontrolle dieser Texte durch die FMA im Rahmen des Konzessionsverfahrens statuiert. Näheres zu diesen Anforderungen bei § 67.
IV. Konzessionsverfahren Das Konzessionierungsverfahren richtet sich, sofern im WAG keine 15 besonderen Vorschriften aufgestellt werden, als Verwaltungsverfahren nach dem AVG. Ist der Einsatz selbständiger Vertreter iSd § 2 Abs 1 Z 15 beabsichtigt, so muss dies im Antrag auf Erteilung oder Erweite63
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rung der Konzession ausdrücklich angeführt werden, und es muss darüber im Bescheid gesondert abgesprochen werden. Für die Konzessionserteilung ist zwingend die Schriftlichkeit vorgesehen. Ausdrücklich zugelassen sind iZm der Konzessionserteilung Bedingungen und Auflagen. 16 Das Gesetz verweist iZm dem Konzessionierungsverfahren auf § 4
Abs 3 BWG. Der Antragsteller hat dem Antrag auf Erteilung einer Konzession demnach folgende Angaben und Unterlagen anzuschließen: 1. den Sitz und die Rechtsform; 2. die Satzung; 3. den Geschäftsplan, aus dem die Art der geplanten Geschäfte, der organisatorische Aufbau der Wertpapierfirma, die geplanten Strategien und Verfahren zur Überwachung, Steuerung und Begrenzung der geschäftlichen und betrieblichen Risiken hervorgehen; weiters hat der Geschäftsplan eine Budgetrechnung für die ersten drei Geschäftsjahre zu enthalten; 4. die Höhe des den Geschäftsleitern im Inland unbeschränkt und ohne Belastung zur freien Verfügung stehenden Anfangskapitals; 5. die Identität und die Höhe des Beteiligungsbetrages der Eigentümer, die eine qualifizierte Beteiligung an der Wertpapierfirma halten, sowie die Angabe der Konzernstruktur, sofern diese Eigentümer einem Konzern angehören, sowie die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit dieser Eigentümer, der gesetzlichen Vertreter und der allenfalls persönlich haftenden Gesellschafter dieser Eigentümer erforderlichen Angaben; 6. die Namen der vorgesehenen Geschäftsleiter und deren Qualifikation zum Betrieb des Unternehmens; 7. die Identität und Adresse oder Sitz aller jener natürlichen oder juristischen Personen, derer sich die Wertpapierfirma außerhalb ihres Sitzes bei der Durchführung des Finanztransfergeschäftes bedient (Agenten). 17 Vor Erteilung einer Konzession an eine Wertpapierfirma hat die FMA
nach § 4 Abs 5 BWG, auf den das Gesetz verweist, die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats über den Antrag zu informieren, wenn 1. ein Tochterunternehmen eines in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Kreditinstitutes iSv Art 4 Nummer 1 RL 2006/48/EG, einer Vermögensverwaltungsgesellschaft iSv Art 1a Nummer 2 RL 85/ 611/EWG idF der RL 2001/107/EG, einer Wertpapierfirma oder eines Versicherungsunternehmens den Antrag gestellt hat; 2. ein Tochterunternehmen eines Tochterunternehmens eines in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Kreditinstitutes iSv Art 4 Nummer 1 RL 2006/ 48/EG, einer Vermögensverwaltungsgesellschaft iSv Art 1a Nummer 2 RL 85/611/EWG idF der RL 2001/107/EG, einer Wertpapierfirma oder eines Versicherungsunternehmens den Antrag nach Abs 3 gestellt hat; 3. ein Kreditinstitut, das durch die selbe natürliche oder juristische Person wie ein in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenes Kredit64
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institut iSv Art 4 Nummer 1 RL 2006/48/EG, eine Vermögensverwaltungsgesellschaft iSv Art 1a Nummer 2 der RL 85/611/EWG idF der RL 2001/107/EG, eine Wertpapierfirma oder ein Versicherungsunternehmen kontrolliert wird, den Antrag nach Abs 3 gestellt hat. Die FMA hat gegebenenfalls die Stellungnahme der zuvor genannten Behörde einzuholen, wenn sie die Eignung der Personen, die eine qualifizierte Beteiligung halten, den Leumund und die Erfahrung der Geschäftsleiter eines anderen Unternehmens derselben Gruppe überprüft.
V. Überleitung von Konzessionen nach dem WAG 1997 Gem § 102 Abs 1 werden Rechtsträger mit „großer“ Konzession nach 18 WAG 1997 je nach Konzessionsumfang zu Wertpapierfirmen iSd Abs 2 Z 1 bis 3 übergeleitet. Der Umfang übergeleiteter Konzessionen bestimmt sich in der Folge nach dem WAG 2007; ein Weitergelten der Rechtslage nach dem WAG 1997 für übergeleitete Konzessionen entspräche nicht dem Gesetz, zumal dies die Rechtsänderung ausblenden und die Überleitung letztlich bedeutungslos machen würde. Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit „großer“ Konzession nach WAG 1997 zur Abschlussvermittlung ist daher nach WAG 2007 zur Annahme und Übermittlung von Aufträgen hinsichtlich der gesamten Bandbreite von Finanzinstrumenten des WAG 2007 berechtigt und nicht etwa auf die nach dem WAG 1997 vorgesehenen Instrumente beschränkt. AA offenbar die FMA, die für Beratung in Bezug auf und Vermittlung von Warenderivaten ein Verfahren zur Konzessionserweiterung als verpflichtend ansieht.
Wertpapierdienstleistungsunternehmen § 4. (1) Für die gewerbliche Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 und 3 brauchen natürliche oder juristische Personen mit Sitz und Hauptverwaltung im Inland, sofern diese im Rahmen der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG angeführten Schranken erfolgt, für die Erlangung der Konzession die in Abs. 2 genannten Voraussetzungen solange nicht erfüllen, als die Summe der jährlichen Umsatzerlöse des Unternehmens 730 000 Euro nicht übersteigt. Solche Unternehmen dürfen sich nicht als Wertpapierfirmen bezeichnen. Sie sind ausschließlich zur Erbringung von Dienstleistungen im Inland berechtigt. 65
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(2) Folgende Konzessionsvoraussetzungen und sonstige für Wertpapierfirmen geltende Anforderungen müssen von Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht erfüllt werden: 1. Die in § 5 Abs. 1 Z 12 und 13 BWG genannten Voraussetzungen für Geschäftsleiter; 2. die Voraussetzung nach § 3 Abs. 6, wenn das Unternehmen durch eine Berufshaftpflichtversicherung versichert ist; 3. die Verpflichtung gemäß § 9 Abs. 2. Auf die fehlende Voraussetzung nach § 5 Abs. 1 Z 12 BWG muss in den Geschäftspapieren in geeigneter Form hingewiesen werden. (3) Die Berufshaftpflichtversicherung gemäß Abs. 2 Z 2 muss bei einem im Inland zum Betrieb des Versicherungsgeschäftes berechtigten Versicherungsunternehmen abgeschlossen werden und muss das aus der Geschäftstätigkeit resultierende Risiko abdecken. Die Haftungssumme des Versicherungsvertrages muss mindestens eine Million Euro für jeden einzelnen Schadensfall und eine Gesamtsumme von mindestens 1,5 Millionen Euro für sämtliche Schadensfälle eines Kalenderjahres betragen. Der Versicherer hat ein allfälliges späteres Erlöschen des Versicherungsschutzes, bei sonstiger Schadenersatzpflicht, der FMA unverzüglich schriftlich bekannt zu geben. Im Versicherungsvertrag ist vorzusehen, dass 1. dem Kunden ein von der Innehabung des Versicherungsscheines unabhängiger, unmittelbarer Anspruch gegen den Versicherer zusteht, 2. § 158 c Abs. 1 und 2 Versicherungsvertragsgesetz 1958 – VersVG, BGBl. Nr. 2/1959, sinngemäß anzuwenden ist und 3. eine dreijährige Nachhaftung der Versicherung gilt. (4) Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die Dienstleistungen auf die in § 2 Abs. 1 Z 15 genannte Weise erbringen möchten, haben dies mit dem Antrag auf Erteilung oder Erweiterung der Konzession ausdrücklich zu beantragen. Im Bescheid, mit dem die Konzession erteilt wird, ist über die Zulässigkeit der Dienstleistungserbringung gemäß § 2 Abs. 1 Z 15 gesondert abzusprechen. Schrifttum: Burkowski, Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich des WAG 2007, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009) 1; Ertl, Versicherungspflicht light, ecolex 2007, 586; Fenyves, Versicherungsvertragsrechtliche Grundfragen der Pflichthaftpflichtversicherung, VR 2005, 70; Neumayer/Samhaber/Bohrn/Margetich/Leustek, Praxishandbuch WAG 2007 und MiFID – Das neue Berufsrecht für Finanz- und Wertpapierdienstleistung in Österreich (Loseblatt ab 2007); Rubin, Wertpapierdienstleistungsunternehmer und ihre Deckungsvorsorge im WAG 2007, ecolex 2008, 17;
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Schauer, Rechtsprobleme der Haftpflichtversicherungen im KMG, WAG und ÜbG, in FS Krejci II (2001) 1269; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008); Winternitz/Steinmair, Vertriebsstrukturen nach WAG 2007, ZFR 2008, 164. Erl RV GP XXIII RV 143 (Zu § 4): „§ 4 setzt Art. 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Von der in Art. 3 eingeräumten fakultativen Ausnahme wird im Wesentlichen im bisherigen Umfang Gebrauch gemacht (vgl. bisheriger § 20 Abs. 4 WAG). Die Ausnahme ist deshalb erforderlich, da das volle Ausmaß an Organisationserfordernissen der Richtlinie 2004/ 39/EG von Unternehmen, die nur einen eingeschränkten Tätigkeitsumfang ausüben und entweder Einzelunternehmen sind oder nur über wenige Mitarbeiter verfügen, nicht erfüllt werden kann. Diesem Umstand trägt auch die Richtlinie 2004/39/EG in Art. 3 Rechnung, wobei die Tätigkeit dieser Unternehmen nationalen Vorschriften unterliegen muss und die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht zusteht. Beide Voraussetzungen werden erfüllt. Auch den Erfordernissen des Anlegerschutzes wird entsprochen, da die kundenbezogenen Wohlverhaltensregeln auch für WPDLU weiterhin gelten sollen. Abs. 1 setzt Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 legt die organisatorischen Anforderungen fest, die von WPDLU nicht erfüllt werden müssen, sie entsprechen im Wesentlichen den im bisherigen § 20 Abs. 4 WAG genannten Ausnahmen. Abs. 3 setzt Art. 12 der Richtlinie 2004/39/EG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 lit. b iii und Art. 7 der Richtlinie 2006/49/EG hinsichtlich der Berufshaftpflichtversicherung um. Im Inland zum Betrieb von Versicherungsgeschäften berechtigte Unternehmen sind gemäß VAG neben österreichischen Versicherungsunternehmen auch Versicherungsunternehmen aus Mitgliedstaaten im Rahmen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, sowie konzessionierte Zweigstellen von Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittland. Abs. 4 stellt die dem § 3 Abs. 7 korrespondierende Bestimmung hinsichtlich der Heranziehung von Finanzdienstleistungsassistenten durch Wertpapierdienstleistungsunternehmen dar.“
Übersicht I. II.
Begriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Erleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Erleichterungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen. .
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I. Begriff Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind Unternehmen, auf welche 1 die nach § 3 bestehenden Voraussetzungen für Wertpapierfirmen zum Teil nicht anzuwenden sind. Die Möglichkeit, eine solche Ausnahme 67
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vorzusehen, ergibt sich aus Art 3 MiFID und wurde vom österreichischen Gesetzgeber mit der Einführung von § 4 genutzt. Inhaltlich handelt es sich dabei im Wesentlichen um die Fortschreibung von § 20 Abs 4 WAG aF. 2 Zweck dieser Ausnahme ist es, Unternehmen, die nur einen eingeschränkten Tätigkeitsumfang ausüben, nicht dem vollen Ausmaß an Organisationserfordernissen auszusetzen, zumal sie häufig Einzelunternehmer sind oder nur über wenige Mitarbeiter verfügen (Erl RV 10). Die Erleichterungen beziehen sich indes nur auf Organisationsvorschriften; die Wohlverhaltensregeln gelten aus Anlegerschutzüberlegungen uneingeschränkt auch für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (Erl RV 10).
II. Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Erleichterungen 3 Die Geschäftstätigkeit von Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf
sich nur auf Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente (§ 3 Abs 2 Z 1) sowie die Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben (§ 3 Abs 2 Z 3), beziehen. Sitz und Hauptverwaltung müssen sich im Inland befinden, wobei eine Inanspruchnahme der Regeln über die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nicht möglich ist. Aus dem Verweis auf Art 3 Abs 1 MiFID ergibt sich weiters, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen Aufträge nur an bestimmte Personen übermitteln dürfen. Im Detail sind dies: gemäß MiFID zugelassene Wertpapierfirmen; gemäß der RL 2000/12/EG zugelassene Kreditinstitute; in einem Drittland zugelassene Zweigniederlassungen von Wertpapierfirmen oder Kreditinstituten, die Aufsichtsbestimmungen unterliegen und einhalten, die nach Auffassung der zuständigen Behörden mindestens genauso streng wie diejenigen der vorliegenden Richtlinie sind, der RL 2000/12/ EG oder der RL 93/6/EWG; Organismen für gemeinsame Anlagen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats ihre Anteile öffentlich vertreiben dürfen, sowie die Leiter solcher Organismen; sowie Investmentgesellschaften mit festem Kapital iSd Art 15 Abs 4 der Zweiten Richtlinie 77/ 91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften iSd Art 58 Abs 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitels vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen 68
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gleichwertig zu gestalten, deren Wertpapiere an einem geregelten Markt in einem Mitgliedstaat notiert oder gehandelt werden, sofern die Tätigkeiten dieser Firmen auf nationaler Ebene geregelt sind. Die Summe der jährlichen Umsatzerlöse des Unternehmens darf 4 € 730.000,– nicht übersteigen. Diese Umsatzgrenze entspricht jener des § 20 Abs 4 WAG aF. Aus der Formulierung des Gesetzes kann man allerdings den Schluss ziehen, dass auch dann noch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen vorliegt, wenn die Umsätze € 730.000,– übersteigen. Das Gesetz statuiert nämlich, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen bis zum Überschreiten der Umsatzgrenze die in Abs 2 genannten Voraussetzungen nicht erfüllen müssen, nicht aber, dass sie bei Überschreiten der Umsatzgrenze von Gesetzes wegen zu Wertpapierfirmen werden (ebenso Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 165 FN 17; Neumayer/Samhaber/Bohrn/Margetich/Leustek, Praxishandbuch 27 f; aA Rubin, ecolex 2008, 17 FN 4). Diese Unternehmen können dann zwar die Erleichterungen des Abs 2 nicht mehr in Anspruch nehmen, sind aber dennoch dem Wortlaut nach zB von den in § 15 Abs 2 genannten Organisationsanforderungen befreit.
III. Erleichterungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen nicht – wie Wert- 5 papierfirmen – in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft betrieben werden, sondern können auch als Einzelunternehmen oder als Personengesellschaft geführt werden. Betreffend die Geschäftsleiter muss das „Vier-Augen-Prinzip“ (vgl § 3 Rz 7 und § 10 Rz 7 ff) nicht eingehalten werden, worauf in den Geschäftspapieren in geeigneter Form hinzuweisen ist. Darüber hinaus ist es im Gegensatz zu Wertpapierfirmen unschädlich, wenn der Geschäftsleiter einen anderen Hauptberuf außerhalb des „Finanzwesens“ ausübt (vgl § 3 Rz 10 und § 10 Rz 11 ff). Die Vorschriften über die Eigenkapitalausstattung des § 3 Abs 6 sind 6 auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht anzuwenden, wenn diese über eine Berufshaftpflichtversicherung verfügen, die den Erfordernissen des Abs 3 genügt. Entgegen dem Wortlaut von Abs 3 Z 2, der als Mindestinhalt des Versicherungsvertrags ua die Vereinbarung der sinngemäßen Anwendbarkeit von § 158 c Abs 1 und 2 VersVG vorschreibt, ist aus teleologischen Gesichtspunkten davon auszugehen, dass es sich bei der Berufshaftpflichtversicherung für Wertpapierdienstleis69
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tungsunternehmen – unabhängig von der Vereinbarung – überhaupt um eine Pflichtversicherung iSd §§ 158 b ff VersVG handelt (Schauer in FS Krejci II 1285 f; Rubin, ecolex 2008, 18). Den Umstand, dass der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung als Konzessionsvoraussetzung ausgestaltet ist, wird man dem Tatbestandsmerkmal in § 158 b VersVG, wonach zum Abschluss der Versicherung eine gesetzliche Pflicht besteht, gleichhalten müssen, zumal der erkennbare Wille des Gesetzgebers vorliegt, dass eine bestimmte Tätigkeit nur unter Schutz durch eine Haftpflichtversicherung ausgeübt werden darf (Rubin, ecolex 2008, 18). Es kommen daher schon von Gesetzes wegen alle Sondervorschriften für die Pflichthaftpflichtversicherung zur Anwendung, insbesondere die Leistungsverpflichtung gegenüber dem Dritten auch bei „krankem“ Versicherungsverhältnis (§ 158 c VersVG), die Anzeigepflicht des Dritten bei Geltendmachung des Anspruchs gegen den Versicherungsnehmer (§ 158 d Abs 1 und 2 VersVG), das Auskunftsrecht des Versicherers (§ 158 d Abs 3 VersVG), die Haftungsbeschränkung des Versicherers bei Verletzung von Verpflichtungen durch den Dritten (§ 158 e VersVG) sowie die Legalzession nach 158 f VersVG. Die Leistungsverpflichtung des Versicherers gegenüber dem Dritten nach § 158 c VersVG beinhaltet für sich noch kein direktes Klagerecht des Dritten gegenüber dem Versicherer (siehe aber unten Rz 8), der Dritte kann aber die Ansprüche des Versicherungsnehmers pfänden und sich überweisen lassen (Knappmann in Prölss/Martin, VersVG27 [2004] § 158 c Rz 3). 7 Zu den im Inland zum Betrieb von Versicherungsgeschäften berech-
tigten Unternehmen zählen nach VAG neben österreichischen Versicherungsunternehmen auch Versicherungsunternehmen aus Mitgliedstaaten im Rahmen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit sowie konzessionierte Zweigstellen von Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittsaat (EB RV 10). Die Versicherung muss insb die in Abs 3 genannte Mindesthaftungssumme von einer Million Euro für jeden einzelnen Schadensfall und eine Gesamtsumme von mindestens 1,5 Millionen Euro für sämtliche Schadensfälle eines Kalenderjahres erreichen. Außerdem muss sie das aus der Geschäftstätigkeit resultierende Risiko abdecken. Damit ist prinzipiell jenes Haftungsrisiko gemeint, das sich aus der Erbringung der konzessiongegenständlichen Wertpapierdienstleistungen ergeben kann (Rubin, ecolex 2008,18). Vertragliche Risikoauschlüsse und Risikobeschränkungen dürfen dabei den Schutz des Dritten nicht entscheidend untergraben (Fenyves, VR 2005, 74; diesem folgend OGH 17. 1. 2007, 7 Ob 152/06 p; vgl auch Ertl, ecolex 2007, 587 f). 8 Weiters sieht das Gesetz in Abs 3 letzter Satz gewisse Mindestinhalte
für den Versicherungsvertrag vor. So muss dem geschädigten Kunden 70
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nach dem Versicherungsvertrag ein von der Innehabung des Versicherungsscheines unabhängiger, unmittelbarer Anspruch gegen den Versicherer zustehen. Der geschädigte Kunde kann mithin den Versicherer nicht schon von Gesetzes wegen direkt belangen, wie dies etwa in § 26 KHVG ausdrücklich vorgesehen ist (aA offenbar OGH 17. 1. 2007, 7 Ob 152/06 p). Dieser Umstand muss vielmehr im Versicherungsvertrag vorgesehen sein (Schauer in FS Krejci II 1287; Rubin, ecolex 2008, 19; vgl auch die rechtspolitische Kritik bei Ertl, ecolex 2007, 587 und Fenyves, VR 2005, 78). Die ebenfalls geforderte Vereinbarung der sinngemäßen Anwendung von § 158 c Abs 1 und 2 VersVG ist an sich bedeutungslos, zumal diese Bestimmung – wie gezeigt – bereits direkt anwendbar ist (oben Rz 6). Der Grund für diese etwas unglückliche Regelung dürfte darin liegen, dass der Gesetzgeber die aufsichtsrechtliche Bestimmung nur unzureichend mit den allgemeinen Bestimmungen des Versicherungsvertragsrechts abgestimmt hat (Schauer in FS Krejci II 1285). Auch das Erfordernis der Vereinbarung einer dreijährigen Nachhaftung des Versicherers erweist sich bei genauerer Betrachtung als entbehrlich, zumal der Versicherer nach der Verstoßtheorie den Ersatzanspruch des Geschädigten ohnehin zu decken hat, sofern das schädigende Verhalten während der materiellen Versicherungsdauer gesetzt worden ist (Rubin, ecolex 2008, 19). Der Versicherer haftet daher schon nach allgemeinen Grundsätzen für ein während der Versicherungsdauer gesetztes schädigendes Verhalten, auch wenn der Versicherungsvertrag im Zeitpunkt der Anspruchstellung nicht mehr aufrecht ist. Aus der gesetzlichen Regelung kann freilich geschlossen werden, dass die Begrenzung der Nachdeckung auf drei Jahre auch dem Dritten gegenüber wirksam vereinbart werden kann (Fenyves, VR 2005, 76 f; Rubin, ecolex 2008, 19). Der vorletzte Satz des Abs 3 sieht eine unverzügliche Anzeigepflicht 9 des Versicherers über ein allfälliges späteres Erlöschen des Versicherungsschutzes vor. Damit ist gesetzlich klargestellt, dass die FMA als „zuständige Stelle“ iSd § 158 c Abs 2 VersVG anzusehen ist und daher mit Anzeige an die FMA die einmonatige Frist für die Nachdeckung des Versicherers zu laufen beginnt (Rubin, ecolex 2008, 19). Die Schadenersatzpflicht des Versicherers bei verspäteter Anzeige ist angesichts der nach VersVG für diesen Fall ohnehin bestehenden Nachdeckung des Versicherers in den meisten Fällen praktisch bedeutungslos (Rubin, ecolex 2008, 19). Im Übrigen könnte sich die Schadenersatzpflicht nur auf solche Nachteile beziehen, die bei unverzüglicher Anzeige nicht eingetreten wären (ausführlich Schauer in FS Krejci II 1289 f). Außerdem wäre die schadenersatzrechtliche Haftung des Versicherers auf jenen Zeitraum zu beschränken, in dem die FMA infolge verspäteter Anzeige 71
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am Einschreiten gehindert war (Schauer in FS Krejci II 1291). Außerdem müsste man die Schadenersatzpflicht des Versicherers auf die Mindestversicherungssumme beschränken (Schauer in FS Krejci II 1292). 10 Abs 2 Z 3 nimmt Wertpapierfirmen von der Eigenkapitalvorschrift des
§ 9 Abs 2 aus. Zur Frage, ob der Ausschluss auch § 9 Abs 2 Satz 2 unfasst, siehe § 9 Rz 18. Auch die Vorschriften über das Absinken des Eigenkapitals (§ 9 Abs 4) und über die Absicherung von Kreditrisiken bzw operationellen Risiken (§ 9 Abs 5 f) bestehen nur gegenüber Wertpapierfirmen, nicht aber gegenüber Wertpapierdienstleistungsunternehmen.
Rücknahme und Erlöschen der Konzession § 5. (1) Die FMA kann die Konzession zurücknehmen, wenn 1. der Geschäftsbetrieb, auf den sie sich bezieht, nicht binnen zwölf Monaten nach Erteilung der Konzession aufgenommen wurde oder 2. der Geschäftsbetrieb, auf den sie sich bezieht, mehr als sechs Monate lang nicht ausgeübt wurde. (2) Die FMA hat die Konzession zurückzunehmen, wenn 1. sie aufgrund falscher Erklärungen oder auf sonstige rechtswidrige Weise erhalten wurde; 2. die Konzessionsvoraussetzungen gemäß § 3 Abs. 5 nicht mehr erfüllt sind; 3. in schwerwiegender Weise systematisch gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 verstoßen wurde, die die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen regeln; 4. über das Vermögen der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens ein Konkursverfahren eröffnet wird. (3) Die Zurücklegung einer Konzession ist nur schriftlich möglich und nur dann, wenn zuvor sämtliche Wertpapierdienstleistungen abgewickelt worden sind. Das Erlöschen der Konzession ist von der FMA durch Bescheid festzustellen. § 6 Abs. 4 und 5 BWG ist anzuwenden. Erl RV GP XXIII RV 143 (Zu § 5): „Abs. 1 setzt Art. 8 lit. a 1. und 3. Fall der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt in den Z 1 bis 3 den Art. 8 lit. b bis d der Richtlinie 2004/39/EG um. Die Z 4 gründet sich auf Art. 8 lit. e der Richtlinie.
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Abs. 3 setzt Art. 8 lit. a 2. Fall der Richtlinie 2004/39/EG um. An sich ist diese Bestimmung geltendes Recht (§ 21 WAG (aF) iVm § 7 BWG). Die Abwicklung gemäß Abs. 3 kann auch durch Übertragung der Kundenbetreuung auf ein anderes konzessioniertes Unternehmen im Einvernehmen mit dem Kunden erfolgen.“
Übersicht I. Fakultative Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Obligatorische Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zurücklegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Fakultative Rücknahme Abs 1 enthält zwei Fälle, in denen die FMA eine bereits erteilte Kon- 1 zession wieder zurücknehmen kann. Der Gesetzgeber setzt damit Art 8 lit a erster und dritter Fall MiFID um (EB RV 10). Das WAG aF regelte die Rücknahme der Konzession durch einen Verweis auf § 6 BWG, mit dem bereits 1996 die europarechtlichen Vorgaben der RL 77/780/EWG für eine Konzessionsrücknahme umgesetzt wurden. Von dieser Verweistechnik wurde allerdings aus Gründen der besseren Überprüfbarkeit der richtlinienkonformen Umsetzung abgegangen. Telos dieser Bestimmungen ist die Überlegung, dass aus verwaltungsökonomischen Gründen von den Berechtigten nicht gebrauchte Konzessionen keinen Bestand haben sollen (vgl Laurer in Laurer/Borns/ Strobl/M.Schütz/O.Schütz, BWG3 § 6 Rz 2). Von einer Aufnahme des Geschäftsbetriebs iSd Z 1 kann gesprochen 2 werden, wenn sämtliche Vorbereitungshandlungen gesetzt worden sind und der Konzessionsinhaber dem Publikum gegenüber erkennbar zum Abschluss von konzessionsgegenständlichen Geschäften bereit ist (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 6 Rz 6; Pangl/Strau in Dellinger, BWG § 6 Rz 5). Entgegen der Meinung von Laurer (Laurer in Laurer/Borns/ Strobl/M.Schütz/O.Schütz, BWG3 § 6 Rz 2) muss aber nicht bereits ein tatsächlicher Geschäftsabschluss vorliegen. Eine Nichtausübung des Geschäftsbetriebs iSd Z 2 ist gegeben, wenn 3 der Geschäftsbetrieb einen bestimmten Mindestumfang nicht mehr erreicht (vgl VwGH 18. 9. 1992, 87/17/0147 zur Bankkonzession). Nach Ansicht des VwGH ist dieser Mindestumfang nach objektiven Beurteilungsmethoden auf der Grundlage vergleichbarer Unternehmen zu ermitteln. Der Rücknahmetatbestand der Z 2 ist etwa dann erfüllt, wenn der Konzessionsträger geschäftstypische Transaktionen unterlässt, obwohl Abschlussmöglichkeiten gegeben wären (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 6 Rz 9). Insgesamt indizieren das Fehlen von 73
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Werbung, die Weigerung zum Geschäftsabschluss, die Schließung oder überhaupt das Fehlen geeigneter Räumlichkeiten oder zuständiger Abteilungen sowie das Nichtanbot bestimmter Dienstleistungen eine Nichtausübung des Geschäftsbetriebs iSd Z 2 (Pangl/Strau in Dellinger, BWG § 6 Rz 9). 4 Das Gesetz räumt der FMA im Rahmen der fakultativen Rücknahme (Handlungs-)Ermessen ein. Dieses Ermessen hat die FMA iSd Gesetzes anzuwenden; dabei ist insb zu begründen, warum die Ermessensausübung nach Auffassung der Behörde gerade in dieser Weise geboten war (B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht3 Rz 573 ff). Die FMA hat bei der Ausübung dieses Handlungsermessens insb Bedacht auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionierenden Kapitalmarkt und auf die Interessen der Anleger gemäß § 91 Abs 1 WAG zu nehmen (vgl Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 6 Rz 4).
II. Obligatorische Rücknahme 5 Abs 2 enthält vier Fälle, in denen die FMA – ohne dass dabei ein
Ermessensspielraum besteht – eine erteilte Konzession zurückzunehmen hat. Damit wird Art 8 lit b bis d MiFID umgesetzt (EB RV 10). Nach Z 1 ist die Konzession zurückzunehmen, wenn sie auf Grund falscher Erklärungen oder auf sonstige rechtswidrige Weise erlangt worden ist. Z 1 entspricht somit § 6 Abs 2 Z 1 BWG. Darunter fallen insb unvollständige oder unrichtige Angaben im Konzessionsverfahren, mag dies auch bloß auf Fahrlässigkeit beruhen (vgl Diwok in Diwok/ Göth, BWG § 6 Rz 11; Pangl/Strau in Dellinger, BWG § 6 Rz 13). Auch das Unterlassen einer Erklärung im Rahmen des Konzessionsverfahrens fällt unter diese Bestimmung, wenn eine entsprechende Rechtspflicht zur Abgabe einer solchen Erklärung besteht (arg „auf sonstige rechtswidrige Weise“). 6 Nach Z 2 führt der nachträgliche Wegfall von Konzessionsvoraussetzungen zur Rücknahme der Konzession. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn das Unternehmen nicht mehr als Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft geführt wird, das Eigenkapital unter die Mindestsumme fällt oder keine fachlich geeigneten Geschäftsleiter mit den erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen mehr zur Verfügung stehen. Auch der Wegfall der Pflichthaftpflichtversicherung für Wertpapierdienstleistungsunternehmen wird zur Rücknahme der Konzession führen, ersetzt diese doch die nach § 3 Abs 5 Z 2 gebotene Eigenkapitalausstattung (Rubin, Wertpapierdienstleistungsunternehmen und ihre Deckungsvorsorge im WAG 2007, ecolex 2008, 17 [19 74
Rücknahme und Erlöschen der Konzession
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FN 23]). Die FMA darf die Konzession freilich nicht sofort entziehen, sondern muss eine angemessene Nachfrist setzen, um dem Konzessionsträger Gelegenheit zur Sanierung des Mangels zu geben. Dies folgt aus § 92 Abs 8 WAG iVm § 70 Abs 4 Z 1 BWG, wo in einem dreistufigen System zunächst der unter Androhung einer Zwangsstrafe erteilte Auftrag zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes vorgesehen ist (siehe dazu bei § 92 Rz 10). Nach Z 3 ist die Konzession im Fall von qualifizierten Verstößen 7 gegen das WAG bzw die Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 über die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit von Wertpapierfirmen zurückzunehmen. Nach dem Gesetz führt nicht jedweder Verstoß zur Rücknahme der Konzession, sondern nur Verstöße, die in schwerwiegender Weise und systematisch erfolgen. Diese unmittelbar aus Art 8 lit d MiFID übernommene Formulierung ist allerdings konkretisierungsbedürftig. Wie der Wortlaut der Bestimmung nahe legt, muss der Verstoß auf Grund seines Gewichts und seiner Auswirkungen als besonders gravierend erscheinen. Darüber hinaus muss auf Grund der geforderten Systematik ein gezielt geplantes Vorgehen hinzutreten. Da der Begriff des systematischen Verstoßes ein fortgesetztes Verhalten nahe legt, wird in einem einzelnen Verstoß kein Rücknahmegrund gesehen werden können, mag dieser einzelne Verstoß auch noch so gravierend sein. Der VwGH (3. 7. 2001, AW 2001/17/05) hat zB in einem Beschluss über die aufschiebende Wirkung einer Bescheidbeschwerde zur Aufhebung einer Konzession eines WPDLU nach § 6 Abs 2 Z 3 (Wegfall der Konzessionsvoraussetzungen) festgestellt, dass eine wiederholte Verletzung der Aufzeichnungspflichten, das Fehlen von Kundenidentitätsnachweisen und eine geringfügige Betätigung des Geschäftsleiters am Sitz des Unternehmens Mängel sind, die Anlegerinteressen gefährden. Aus diesem Grund und auch im Hinblick auf den Schutz der Interessen allfälliger zukünftiger Anleger wurde der Beschwerde gegen die Aufhebung der Konzession keine aufschiebende Wirkung zuerkannt. Aus dieser Begründung lässt sich bereits ein gutes Beispiel für einen systematischen und gravierenden Verstoß ableiten. Außerdem ist die Konzession bei Eröffnung eines Konkursverfahrens 8 über das Vermögen der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zurückzunehmen; dies ergibt sich aus Art 8 lit e MiFID, der mit § 5 Abs 2 Z 4 umgesetzt wird (EB RV 10). Die Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens über das Vermögen von Wertpapierfirmen bzw Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist nach § 80 Abs 1 unzulässig, weshalb § 5 Abs 2 Z 4 auch nur die Eröffnung des Konkursverfahrens erwähnt. Das Konkursverfahren ist mit der öffentlichen Bekanntmachung in der Insolvenzdatei nach § 74 KO eröffnet; nach Kon75
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kursaufhebung lebt die Konzession nicht wieder auf – anders allerdings bei erfolgreichem Rekurs gegen den Eröffnungsbeschluss, weil es in diesem Fall rechtlich nie zu einer Konkurseröffnung gekommen ist (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 6 Rz 22 f). Die Konzession ist in analoger Anwendung von § 5 Abs 2 Z 4 auch dann zurückzunehmen, wenn das Konkursverfahren nicht eröffnet wird, weil der Konkursantrag mangels Masse abgewiesen wird (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 6 Rz 24).
III. Zurücklegung 9 Eine freiwilliges Zurücklegen der Konzession durch den Konzessions-
inhaber ist nach Abs 3 nur dann möglich, wenn zuvor sämtliche Wertpapierdienstleistungen abgewickelt worden sind. Der Gesetzgeber setzt damit Art 8 lit a zweiter Fall MiFID um, wobei die Bestimmung inhaltlich bereits vor dem WAG 2007 über § 21 WAG aF iVm § 7 BWG geltendes Recht war (EB RV 10). Eine Abwicklung der Wertpapierdienstleistungen liegt vor, wenn die Ansprüche zwischen den Parteien nach bürgerlichem Recht durch ordnungsgemäße Erfüllung oder ihre Surrogate erloschen sind. Vor Erfüllung entfaltet die Zurücklegung der Konzession keine Erlöschenswirkung (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 7 Rz 5; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/O.Schütz, BWG3 § 7 Rz 2). 10 Im Begutachtungsverfahren wurde von mehreren Seiten kritisch angemerkt, bei Dauerrechtsverhältnissen wie der Vermögensverwaltung sei unklar, wann eine Abwicklung sämtlicher Wertpapiergeschäfte vorliegt. In den Erl hat der Gesetzgeber darauf reagiert und geäußert, dass eine solche Abwicklung auch durch die Übertragung der Kundenbetreuung auf ein anderes konzessioniertes Unternehmen im Einvernehmen mit dem Kunden erfolgen kann (EB RV 10). Eine vollständige Erfüllung kann somit auch durch eine ad-hoc-Vereinbarung mit dem Kunden herbeigeführt werden, wonach der Vermögensverwalter die Verwaltung mit schuldbefreiender Wirkung an einen Dritten überträgt. Ist bereits bei Vertragsabschluss beabsichtigt, dem Rechtsträger die Möglichkeit einzuräumen, den Vertrag mit schuldbefreiender Wirkung an einen Dritten zu überbinden, ist beim Verbrauchergeschäft § 6 Abs 2 Z 2 KSchG zu beachten. Nach dieser Bestimmung ist eine Vertragsbestimmung, in der dem Unternehmer das Recht eingeräumt wird, seine Pflichten oder den gesamten Vertrag mit schuldbefreiender Wirkung an einen im Vertrag nicht genannten Dritten zu überbinden, unwirksam, sofern der Unternehmer nicht beweist, dass sie im Einzelnen ausgehandelt worden ist. Im Einzelnen ausgehandelt sind Vertragsbestimmungen, auf die sich die Parteien im Zuge freier Vereinbarungen 76
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einigen, weshalb einseitig vorformulierte Texte (AGB, Vertragsformblätter) diesem Erfordernis idR nicht genügen, sofern der Verwender des vorformulierten Textes nicht erkennbar bereit ist, den Vertrag auch zu anderen Bedingungen zu schließen (Krejci in Rummel ABGB II/23 § 6 KSchG Rz 147 ff). Dies ist zB dann der Fall, wenn aus den AGB oder dem Vertragsformblatt erkennbar ist, dass der Verbraucher die entsprechende Klausel streichen kann. Die FMA erlässt auf Grund einer schriftlichen Eingabe einen Fest- 11 stellungsbescheid. Hinsichtlich der Folgen einer Zurücklegung verweist das WAG auf § 6 Abs 4 und 5 BWG. Ein solcher Bescheid wirkt demnach wie ein Auflösungsbeschluss, wenn nicht binnen dreier Monate nach Rechtskraft des Bescheides die Wertpapierdienstleistungen als Unternehmensgegenstand aufgegeben werden und die Firma nicht entsprechend geändert wird. Die FMA hat eine Ausfertigung dieses Bescheides dem Firmenbuchgericht und bei Zweigstellen ausländischer Unternehmen deren zuständiger Behörde zuzustellen; die Konzessionsrücknahme ist in das Firmenbuch einzutragen. Das Gericht hat auf Antrag der FMA Abwickler zu bestellen, wenn die sonst zur Abwicklung berufenen Personen keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Abwicklung bieten. Ist die FMA der Ansicht, dass die zur Abwicklung berufenen Personen keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Abwicklung bieten, so hat sie bei dem für den Unternehmenssitz zuständigen, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen erster Instanz berufenen Gerichtshof im Außerstreitverfahren die Bestellung geeigneter Abwickler zu beantragen.
Anwendung des BWG § 6. Folgende Bestimmungen des BWG für Kreditinstitute finden auch auf Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen Anwendung: § 21 Abs. 1 Z 1, 3 und 5 bis 7 und Abs. 2 und 3, §§ 39, 40, 40 a, 40 b, 40 d und 41, § 73 Abs. 1 Z 1 bis 8 und 11, § 78 Abs. 8 und 9 und § 96. IdF BGBl I 107/2007. Schrifttum: Bollenberger, Neue Rechtsvorschriften für Geldtransfers, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009) 63; Brandl/ Klausberger, Zur Kundenidentifizierung nach BWG und WAG, insbesondere durch Erfüllungsgehilfen, ZFR 2008, 96; Bozkurt/Grubhofer, Kredit- und Finanzinstitute, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, ÖBA 2006, 242; Benke/Brandl, Die „erforderlichen Erfahrungen“ des Geschäftsleiters eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, ÖBA 2007, 303; Brandl/Wolfbauer, Die BWG-Novellen des Juni 2003, ecolex 2003, 624; Kellermayr, Umsetzung der
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dritten Geldwäsche-Richtlinie im BWG – neue Anforderungen an Österreichs Banken, ZFR 2008, 14; Nussbaumer, Die Umsetzung der Geldwäscherichtlinie in Österreich (2004); Schopper, Kredit- und Finanzinstitute, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, RdW 2003, 421; Trenkwalder/Ettmayer, Geldwäschebekämpfung in Österreich, in Insam (Hrsg), Verdacht auf Geldwäsche (2006) 141; Wohlschlägl-Aschberger (Hrsg), Geldwäscheprävention – Praktische Maßnahmen für die Unternehmensorganisation (2009). Erl RV GP XXIII RV 143 (Zu § 6): „Die Bestimmung entspricht dem bisherigen § 21 Abs. 1 WAG.“ Erl RV GP XXIII RV 286 (Zu §§ 6, 12, 91 und 95): „Abgleichung mit den Geldwäschereibestimmungen des BWG. Außerdem soll eine Anpassung an die neue Systematik und an geänderte Begriffe des StPRG (§ 115 StPO) sowie eine Zitatanpassung erfolgen.“
Übersicht I. II. A. B. C. 1. 2. 3. 4. 5. D. E.
Gesetzestechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu den Verweisen im Detail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewilligungspflichtige Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Identitätsfeststellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten bei Ferngeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Meldepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisatorische Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bezeichnung als Nicht-Kooperationsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzeigepflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsstrafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–19 2–3 4–6 7–17 8–10 11–13 14–15 16 17 18 19
I. Gesetzestechnik 1 Das WAG 2007 regelt – wie schon die Vorgängerbestimmung des § 21
WAG aF – einzelne Bereiche des Wertpapieraufsichtsrechts nicht autonom, sondern durch Verweise auf verwandte Bestimmungen im BWG. Begründet wird dies einerseits mit legistischer Einfachheit, anderseits auch mit dem Anlegerschutz, der Wettbewerbsgleichheit von Banken und sonstigen Finanzdienstleistern erfordert, sowie mit dem Interesse an einem integren Finanzsektor (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 21 Rz 1; Winternitz, WAG § 21 Rz 1). Freilich ist hier anzumerken, dass bei aller Effizienz, welche die Verweispraxis mit sich bringt, zu beachten ist, dass die individuellen
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Eigenschaften von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei der Auslegung der Bestimmungen zu berücksichtigen sind (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 303). Außer Acht gelassen werden darf weiters nicht, dass eine Blanko-Verweistechnik stets das Problem mit sich bringt, dass sich bei Änderungen jener Gesetzesbestimmungen, auf die verwiesen wird, Reflexwirkungen auf die verweisende Gesetzesmaterie ergeben. Dies steht in engem Zusammenhang mit der Fragestellung, ob ein Verweis als dynamisch (Verweis auf die Bestimmung in der jeweils geltenden Fassung) oder statisch (Verweis auf die Bestimmung in der Fassung zum Zeitpunkt des In-KraftTretens der verweisenden Rechtsvorschrift) zu interpretieren ist. Die Antwort auf diese Frage kann – da der Wortlaut diesbezüglich zumeist keine Anhaltspunkte verleiht – stets nur unter Bedachtnahme auf die Systematik sowie auf Ziel und Zweck des Normengefüges erfolgen.
II. Zu den Verweisen im Detail A. Bewilligungspflichtige Maßnahmen Nach § 21 BWG ist für bestimmte Maßnahmen eine besondere Bewil- 2 ligung der FMA erforderlich. Bewilligungspflichtig sind – umgelegt auf Wertpapierfirmen bzw Wertpapierdienstleistungsunternehmen – folgende Maßnahmen: – Verschmelzungen, Vereinigungen und Spaltungen von Wertpapierfirmen oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen; – jede Änderung der Rechtsform einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens; – die Errichtung von Zweigstellen in einem Drittland; nach dem Wortlaut der Bestimmung wie auch nach der Verwaltungspraxis der FMA besteht eine diesbezügliche Bewilligungspflicht für die Errichtung der ersten wie auch weiterer Zweigstellen im selben Drittland; – die Verschmelzung oder Vereinigung einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit einer Nicht-Wertpapierfirmen oder einem Nicht-Wertpapierdienstleistungsunternehmen, ausgenommen mit Tochterunternehmen, sofern es sich bei diesen um nachgeordnete Institute handelt (vgl § 2 Z 23a BWG). Sind im Zusammenhang mit bewilligungspflichtigen Umgründungen 3 Firmenbucheintragungen vorzunehmen, so dürfen diese nur dann eingetragen werden, wenn die rechtskräftigen Bewilligungsbescheide in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift vorgelegt werden (§ 21 Abs 3 BWG). Ob bei Fehlen der behördlichen Genehmigung das Rechts79
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geschäft nach § 879 ABGB nichtig ist (so Laurer in Fremuth/Laurer/ Linc/Pötzelberger/Strobl [Hrsg], BWG2 § 21 Rz 4) oder es unter der aufschiebenden Bedingung der Bewilligung steht (so VwGH 22. 5. 1996, 96/16/0100), ist strittig. Jedenfalls für praktische Zwecke ist aber von der Lösung des VwGH auszugehen, zumal sie auch für die betroffenen Wertpapierdienstleistungsunternehmen günstiger ist.
B. Allgemeine Sorgfaltspflichten 4 Die Geschäftsleiter haben gemäß § 39 Abs 1 BWG bei ihrer Geschäfts-
führung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters iSd § 84 Abs 1 AktG anzuwenden. Die gebotene Sorgfalt ist im Einzelfall anhand der Übung des redlichen Verkehrs und den besonderen Verhältnissen des Unternehmens zu beurteilen; der Sorgfaltsmaßstab richtet sich dabei nach einem objektiven, durch die Verkehrsanschauung zu konkretisierenden Maßstab und nicht nach den individuellen Fähigkeiten des Geschäftsleiters (Strasser in Jabornegg/ Strasser, AktG4 §§ 77–84 Rz 95). Entspricht die Geschäftsführung nicht diesem Sorgfaltsstandard, so kommen Schadenersatzansprüche der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens gegen die Geschäftsleiter nach allgemeinem Zivilrecht in Betracht. 5 Darüber hinaus haben Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen für die Erfassung, Beurteilung, Steuerung und Überwachung der geschäftlichen und betrieblichen Risiken über Verwaltungs-, Rechnungs- und Kontrollverfahren zu verfügen, die der Art, dem Umfang und der Komplexität der betriebenen Geschäfte angemessen sind. Die Organisationsstruktur hat durch dem Geschäftsbetrieb angemessene aufbau- und ablauforganisatorische Abgrenzungen Interessens- und Kompetenzkonflikte zu vermeiden. Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen können sich für die Entwicklung und laufende Wartung von Rating-Verfahren gemeinsamer Risikoklassifizierungseinrichtungen als Dienstleister bedienen, wenn sie dies der FMA zuvor angezeigt haben. Bei neuartigen Geschäften, über deren Risikogehalt keine Erfahrungswerte vorliegen, ist insb auf die Sicherheit der einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen anvertrauten fremden Gelder und die Erhaltung der Eigenmittel Bedacht zu nehmen. 6 Frölichsthal (in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 21 Rz 6) meint, diese konkreten Sorgfaltsbestimmungen seien auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen zum Großteil nicht anwendbar, weil sie im Gegensatz zu Banken nicht Schuldner ihrer Kunden werden dürfen und diese Bestimmungen des BWG somit auf Grund 80
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des unterschiedlichen Ansatzes nicht unbedingt auf Wertpapierdienstleistungen passen. Dagegen spricht allerdings der formale Umstand, dass § 6 undifferenziert auf den gesamten § 39 BWG verweist, obwohl das WAG daneben auch Verweise auf einzelne Teile einer Bestimmung kennt. Darüber hinaus erlaubt jedenfalls die Formulierung des § 39 Abs 2 BWG, wonach die Verwaltungs-, Rechnungs- und Kontrollverfahren der Art, dem Umfang und der Komplexität der betriebenen Geschäfte angemessen sein müssen bzw die Organisationsstruktur durch dem Geschäftsbetrieb angemessene aufbau- und ablauforganisatorische Abgrenzungen Interessens- und Kompetenzkonflikte zu vermeiden hat, eine flexible, auf die Bedürfnisse der Branche zugeschnittene Beurteilung (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 303). Die Ausführungen Frölichsthals besitzen jedoch uneingeschränkte Berechtigung hinsichtlich der erst am 1. 1. 2007 in Kraft getretenen § 39 Abs 2 b und 2 c BWG, weil die darin angeführten Risken tatsächlich bei einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht bestehen.
C. Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung Das Gesetz unterwirft Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleis- 7 tungsunternehmen dem von den §§ 40, 40 a, 40 b, 40 d und 41 BWG etablierten Regime zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung (siehe dazu Bozkurt/Grubhofer, ÖBA 2006, 242; Trenkwalder/Ettmayer, Geldwäschebekämpfung in Österreich, in Insam [Hrsg], Verdacht auf Geldwäsche 152; zu den Neuerungen im Gefolge der Umsetzung der 3. Geldwäsche-RL Bollenberger in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 63; Kellermayr, ZFR 2008, 14). Die Rsp sieht den Zweck dieser Vorschriften ausschließlich in der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, nicht aber in der Verhinderung von Vermögensschäden, die aus betrügerischen Handlungen zum Nachteil eines Geschäftspartners resultieren (OGH 11. 9. 2007, 1 Ob 44/07 p, ÖBA 2008, 434; OGH 10. 7. 2008, 8 Ob 84/08 y, ecolex 2008, 1009 [Friedl] = ÖBA 2009, 152; vgl auch OGH 5. 8. 2009, 6 Ob 86/09 d).
1. Identitätsfeststellung Zu den die Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunterneh- 8 men in diesem Zusammenhang treffenden Pflichten zählen insb die Pflicht zur Identitätsfeststellung nach § 40 Abs 1 BWG. Diese hat vor Begründung einer dauernden Geschäftsbeziehung bzw bei allen nicht in den Rahmen einer dauernden Geschäftsbeziehung fallenden Transaktionen, deren Betrag sich auf mindestens € 15.000,– oder einen entsprechen81
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den Gegenwert bezieht, unabhängig von allfälligen Verdachtsmomenten zu erfolgen. Weiters hat eine Identitätsfeststellung zu erfolgen, wenn der Verdacht oder der berechtigte Grund zur Annahme besteht, dass der Kunde einer terroristischen Vereinigung iSd § 278 b StGB angehört, oder dass der Kunde objektiv an Transaktionen mitwirkt, die der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung dienen (dazu ausführlich Bozkurt/Grubhofer, ÖBA 2006, 244 ff). Aus § 40 Abs 2 BWG folgt die Pflicht, einen Kunden zur Bekanntgabe aufzufordern, ob er die Geschäftsbeziehung oder die gegenständliche Transaktion auf eigene oder auf fremde Rechnung betreiben will. Will der Kunde auf fremde Rechnung handeln, so hat er die Identität des Treugebers nachzuweisen. 9 Zu beachten ist, dass diese Identifizierungspflicht grundsätzlich das Kre-
ditinstitut, die Wertpapierfirma bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst trifft. Die Vornahme einer Identifizierung durch andere Personen ist nur in bestimmten Ausnahmefällen erlaubt (zB Rechtsanwälte bei Anderkonten gemäß § 9 a RAO). Das Erfüllen der unmittelbar das konzessionierte Unternehmen treffenden Identifizierungspflicht ist von Personen vorzunehmen, die dem Konzessionsträger zuzurechnen sind. Dabei ist es allerdings nach Ansicht der FMA unerheblich, ob sich der Konzessionsträger eigener Angestellter oder anderer Erfüllungsgehilfen (nicht konzessionierte Vertriebspartner) bedient, solange diese dem Konzessionsträger zuzurechnen sind und diese Erfüllungsgehilfen des Konzessionsträgers in die geeigneten Maßnahmen einbezogen sind. Dazu gehört insb, dass die Erfüllungsgehilfen in adäquater Form (etwa durch Schulungen oder regelmäßige Informationen) auf ihre Verpflichtungen in risikogerechter Form hingewiesen werden („FMARundschreiben zur Identitätsfeststellung vom 30. Jänner 2006“, 3). Ein Kreditinstitut, eine Wertpapierfirma oder ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf daher nur dann die gesetzlich vorgeschriebene Kundenidentifizierung durch Dritte vornehmen lassen, wenn diese Dritten dabei als „Erfüllungsgehilfen“ des Konzessionsträgers tätig werden (dazu Brandl/Klausberger, ZFR 2008, 97). Der Konzessionsträger muss daher mit seinen Vertriebspartnern eine entsprechende vertragliche Vereinbarung treffen, in der sich die Vertriebspartner bzw deren Mitarbeiter verpflichten, im Namen des Konzessionsträgers und somit diesem zurechenbar die Kundenidentifizierung vorzunehmen. Eine derartige Vereinbarung kann als gesonderter (schriftlicher oder mündlicher) Vertrag in Ergänzung des allenfalls bestehenden Vertriebs- und Vermittlungsvertrags (betreffend das Konto/Wertpapierdepot) vorgenommen oder gleich in den Vertriebsvertrag eingearbeitet werden. 10 Grundsätzlich besteht – mit Ausnahme von Ferngeschäften – keine
Pflicht zum Anfertigen und Aufbewahren von Ausweiskopien. Die 82
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FMA selbst spricht in ihrem „FMA-Rundschreiben zur Identitätsfeststellung vom 30. Jänner 2006“ nur davon, dass sich „in der Praxis […] die Aufbewahrung von Ausweiskopien sehr bewährt“ hat. Darin ist freilich bloß eine Empfehlung der Behörde zu erblicken, nicht aber eine Verpflichtung zur Herstellung solcher Kopien. Gem § 40 Abs 3 Z 1 BWG müssen jedenfalls Unterlagen, die zur Kundenidentifizierung dienen, bis mindestens fünf Jahre nach Beendigung der Geschäftsbeziehung mit diesem Kunden aufbewahrt werden. Werden keine Ausweiskopien angefertigt, ist daher auf andere Weise sicher zu stellen, dass diese Daten dem Unternehmen zur Verfügung stehen. Dies kann zB dadurch geschehen, dass anhand des vorgelegten Dokuments Name (eventuell Firma und Sitz) und Geburtsdatum des Kunden ebenso wie Art, Nummer, Ausstellungsdatum und ausstellende Behörde des Dokuments festgehalten werden (Brandl/Klausberger, ZFR 2008, 98).
2. Besonderheiten bei Ferngeschäften Verstärkte Sorgfaltspflichten gelten nach § 40 b Abs 1 Z 1 BWG für 11 den Fall, dass der Kunde oder sein Vertreter zur Feststellung der Identität nicht physisch anwesend ist und daher die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises nicht möglich ist (Ferngeschäfte). Physische Anwesenheit meint dabei, dass der Geschäftsabschluss mit dem Kunden im Rahmen eines persönlichen Kontakts mit dem Kunden vonstatten geht. Es liegt daher kein Ferngeschäft vor, wenn dieses durch einen Erfüllungsgehilfen außerhalb der Geschäftsräume geschieht, weil auch in diesem Fall ein persönlicher Kontakt zwischen dem Kunden und dem Erfüllungsgehilfen, der insofern dem Kreditinstitut zuzurechnen ist, gegeben ist (Brandl/Klausberger, ZFR 2008, 97; aA Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/O.Schütz, BWG3 § 40 b Rz 2, der freilich einräumt, dass die Identifizierungsgespräche auch außerhalb der Geschäftslokale möglich sind). Die rechtsgeschäftliche Erklärung des Kunden muss bei einem Ferngeschäft entweder elektronisch an Hand einer sicheren elektronischen Signatur gemäß § 2 Z 3 SignaturG erfolgen, oder es muss die rechtsgeschäftliche Erklärung des Kredit- oder Finanzinstitutes schriftlich mit eingeschriebener Postzustellung an jene Kundenadresse abgegeben werden, die als Wohnsitz oder Sitz des Kunden angegeben wird. Bei dieser Variante ist jedoch hervorzuheben, dass Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen häufig nur vermittelnd im Auftrag des Kunden außerhalb einer dauernden Geschäftsbeziehung tätig werden. Im Rahmen der bloßen Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten wird die Annahme des Vermittlungsauftrags idR dem Kunden gegenüber nicht ausdrücklich erklärt, sondern es wird der Auftrag des Kunden vielmehr bloß durch 83
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tatsächliches Entsprechen angenommen. Ein gesondertes „Annahmeschreiben“ oder eine andere rechtsgeschäftliche Erklärung, durch die ein Rechtsverhältnis zum Kunden entsteht, ergeht an den Kunden in der Praxis somit regelmäßig nicht. Gibt es eine solche Erklärung nach der Natur der jeweiligen Dienstleistung gar nicht, ist die Verpflichtung, einen eingeschriebenen Brief an den Kunden zu richten, obsolet und die Pflichten der Normadressaten iZm Ferngeschäften reduzieren sich auf die übrigen Verpflichtungen auf Grund der Geldwäschebestimmungen (siehe hierzu Brandl/Wolfbauer, ecolex 2003, 626 f). 12 Dem Kredit- oder Finanzinstitut müssen Name, Geburtsdatum und Adresse, bei juristischen Personen die Firma und der Sitz bekannt sein; bei juristischen Personen muss der Sitz zugleich der Sitz der zentralen Verwaltung sein, worüber der Kunde eine schriftliche Erklärung abzugeben hat. Weiters muss eine Kopie des amtlichen Lichtbildausweises des Kunden oder seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen des vertretungsbefugten Organs dem Kredit- oder Finanzinstitut vor dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegen, sofern nicht das Rechtsgeschäft elektronisch an Hand einer sicheren elektronischen Signatur abgeschlossen wird. 13 Liegt der Sitz oder Wohnsitz außerhalb des EWR, so ist eine schriftliche Bestätigung eines anderen Kreditinstitutes, mit dem der Kunde eine dauernde Geschäftsverbindung hat, darüber erforderlich, dass der Kunde iSd § 40 Abs 1, 2 und 2 a Z 1 und 2 bzw Art 8 Abs 1 lit a bis c der RL 2005/60/EG identifiziert wurde, und dass die dauernde Geschäftsverbindung aufrecht ist. Hat das bestätigende Kreditinstitut seinen Sitz in einem Drittland, so muss dieses Drittland den Anforderungen der vorgenannten Richtlinie gleichwertige Anforderungen stellen. An Stelle einer Identifizierung und Bestätigung durch ein Kreditinstitut ist auch eine Identifizierung und schriftliche Bestätigung durch die österreichische Vertretungsbehörde im betreffenden Drittland oder einer anerkannten Beglaubigungsstelle zulässig. Zudem darf kein begründeter Verdacht bestehen, dass der Kunde einer terroristischen Vereinigung angehört, oder dass der Kunde objektiv an Transaktionen mitwirkt, die der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung dienen.
3. Meldepflicht 14 Weiters statuiert § 41 Abs 1 BWG eine Meldepflicht hinsichtlich bereits
erfolgter, laufender oder bevorstehender Transaktionen, bei denen sich der Verdacht oder der berechtigte Grund zur Annahme ergibt, dass sie der Geldwäscherei iSd § 165 StGB oder der Terrorismusfinanzierung iSd § 278 d StGB dienen. Eine Meldepflicht besteht auch dann, wenn sich der 84
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Verdacht oder der berechtigte Grund zur Annahme ergibt, dass der Kunde der Verpflichtung zur Offenlegung von Treuhandbeziehungen zuwidergehandelt hat, oder dass der Kunde einer terroristischen Vereinigung iSd § 278 b StGB angehört (vgl dazu Apathy/Koch in Apathy/Iro/ Koziol, BVR I2 Rz 2/107 ff). Die Meldung hat an das BMI zu erfolgen (Verweis auf § 6 SPG); die zuständige Abteilung ist das BKA (Wohlschlägl-Aschberger in Wohlschlägl-Aschberger, Geldwäscheprävention 69 RN 234). Bis zur Klärung des Sachverhalts ist jede weitere Abwicklung der Transaktion zu unterlassen, außer es besteht die Gefahr, dass die Verzögerung der Transaktion die Ermittlung des Sachverhalts erschwert oder verhindert. Im Zweifel dürfen Aufträge über Geldeingänge durchgeführt werden und sind Aufträge über Geldausgänge zu unterlassen, was sich jedoch bei Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf die bloße Weiterleitung solcher Aufträge beschränkt. Auch Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind berechtigt, von der Behörde zu verlangen, dass diese entscheidet, ob gegen die unverzügliche Abwicklung einer Transaktion Bedenken bestehen; äußert sich die Behörde bis zum Ende des folgenden Bankarbeitstages nicht, so darf die Transaktion unverzüglich abgewickelt werden. Unklar ist, was man unter dem vom BWG wiederholt gebrauchten 15 Begriff Verdacht oder berechtigter Grund zur Annahme zu verstehen hat. Vor der Novellierung hat das Gesetz den ähnlich diffusen Begriff des „begründeten Verdachts“ gebraucht (dazu Voraufl Rz 15). Nach Laurer reicht für einen Verdacht schon die über die Möglichkeit hinausgehende Wahrscheinlichkeit aus, solange der Verdacht auch durch objektive Umstände nahe gelegt wird, weil ohne solches Tatsachensubstrat keine Wahrscheinlichkeit bestehen könne; die begründete Annahme verlange offenbar mehr, etwa das, was prozessual von einer Bescheinigung gefordert werde (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O.Schütz, BWG3 § 5). UE ist jedenfalls daran festzuhalten, dass der Verdacht bzw der berechtigte Grund zur Annahme zwingend auch objektive Umstände erfordert, die auf eine Verstrickung in Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung hindeuten. Der Umstand, dass die Herkunft des Geldes vom Kunden nicht offen gelegt wird, reicht dafür auch nach der neuen Rechtslage nicht aus (vgl aber VwGH 11. 6. 2002, 99/01/0437 zum „begründeten Verdacht“), zumal Bankkunden idR nicht verpflichtet sind, über die Herkunft ihrer Gelder Auskunft zu geben (Bozkurt/Grubhofer, ÖBA 2006, 249).
4. Organisatorische Anforderungen Auch Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsungernehmen 16 unterliegen durch Verweis auf § 41 Abs 4 BWG den dort aufgestellten 85
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organisatorischen Anforderungen. Sie haben daher angemessene und geeignete Strategien und Verfahren für die Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden, Verdachtsmeldungen, die Aufbewahrung von Aufzeichnungen, die interne Kontrolle, die Risikobewertung, das Risikomanagement, die Gewährleistung der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und die Kommunikation einzuführen, um Transaktionen, die mit Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung zusammenhängen, vorzubeugen und zu verhindern. Weiters müssen sie diese einschlägigen Strategien und Verfahren ihren Zweigstellen und Tochterunternehmen in Drittländern mitteilen. Darüber hinaus müssen sie durch geeignete Maßnahmen das mit der Abwicklung von Transaktionen befasste Personal mit den Bestimmungen, die der Verhinderung oder der Bekämpfung der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung dienen, vertraut machen; diese Maßnahmen haben ua die Teilnahme der zuständigen Angestellten an besonderen Fortbildungsprogrammen einzuschließen, damit diese lernen, möglicherweise mit Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung zusammenhängende Transaktionen zu erkennen und sich in solchen Fällen richtig zu verhalten. Außerdem müssen sie Systeme einrichten, die es ihnen ermöglichen, auf Anfragen des BKA oder der FMA, die diesen zur Verhinderung oder Verfolgung von Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung erforderlich erscheinen, vollständig und rasch darüber Auskunft zu geben, ob sie mit bestimmten natürlichen oder juristischen Personen eine Geschäftsbeziehung unterhalten oder während der letzten fünf Jahre unterhalten haben, sowie über die Art dieser Geschäftsbeziehung; der FMA ist jederzeit die Überprüfung der Wirksamkeit der Systeme zur Bekämpfung der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung zu ermöglichen. Schließlich müssen sie innerhalb ihres Unternehmens einen besonderen Beauftragten zur Sicherstellung der Einhaltung der §§ 40 ff zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung vorsehen. Die Kontrollsysteme müssen dem Umfang und der Art des Geschäfts entsprechen und sollten darüber hinaus für die FMA nachvollziehbar sein (Wohlschlägl-Aschberger in Wohlschlägl-Aschberger, Geldwäscheprävention 71).
5. Bezeichnung als Nicht-Kooperationsstaat 17 Weiters gelten die Sonderregeln des § 78 Abs 9 BWG iZm Nicht-Ko-
operationsstaaten auch für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen; die Bundesregierung hat im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates durch Verordnung jene Staaten als Nicht-Kooperationsstaaten zu bezeichnen, die auf ihrem Territorium oder in ihrem sonstigen Hoheitsbereich nicht die nach internationalen Standards erforderlichen Maßnahmen gegen Geldwäscherei ergreifen. 86
Verschwiegenheitspflicht
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D. Anzeigepflichten Durch Verweis werden einzelne die Kreditinstitute treffende Anzeige- 18 pflichten auf Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen erstreckt. Sie haben somit der FMA folgende Umstände unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern schriftlich anzuzeigen: Jede Satzungsänderung und den Beschluss auf Auflösung; jede Änderung der Voraussetzungen gemäß § 5 Abs 1 Z 6, 7, 10 und 13 BWG bei bestehenden Geschäftsleitern; jede Änderung in der Person der Geschäftsleiter sowie die Einhaltung von § 5 Abs 1 Z 6 bis 11 und 13 BWG; die Eröffnung, Verlegung, Schließung oder vorübergehende Einstellung des Geschäftsbetriebes der Hauptniederlassung oder von Zweigstellen; Umstände, die für einen ordentlichen Geschäftsleiter erkennen lassen, dass die Erfüllbarkeit der Verpflichtungen gefährdet ist; den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung; jede Erweiterung des Geschäftsgegenstandes; jede Herabsetzung des eingezahlten Kapitals und des Partizipationskapitals mit Dividendennachzahlungsverpflichtung; den oder die Verantwortlichen für die interne Revision sowie Änderungen in deren Person. Gegenstand der Anzeige ist allein ein rechtliches bzw wirtschaftliches Verhältnis, sodass der Anzeige keine konkreten Zahlenangaben beigefügt werden müssen (Laurer in Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl [Hrsg], BWG2 § 73 Rz 1).
E. Zwangsstrafen Bei der Vollstreckung hinsichtlich von Verpflichtungen zu einer Dul- 19 dung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, ordnet § 96 BWG in Abweichung von § 5 Abs 3 VVG an, dass diesbezügliche Zwangsstrafen bis zu € 30.000,– betragen können.
Verschwiegenheitspflicht § 7. (1) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen sowie die für sie tätigen Personen sind zur Verschwiegenheit über Geheimnisse verpflichtet, die sie ausschließlich aus Wertpapiergeschäften (§ 1 Abs. 1 Z 7 lit. b bis f BWG) oder Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 ihrer Kunden, die sie im Auftrag ihrer Kunden gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 vermitteln oder im Rahmen ihrer Vollmacht gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 für diese ausführen, erfahren haben, sofern dieser Verschwiegenheitspflicht keine gesetzliche Auskunftspflicht entgegensteht oder der Kunde der Offen87
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barung des Geheimnisses schriftlich zustimmt. Die Verschwiegenheitspflicht nach dem ersten Satz gilt weiters nicht, soweit die Offenbarung des Geheimnisses zur Klärung von Rechtsangelegenheiten aus dem Verhältnis zwischen Wertpapierfirmen oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Kunden erforderlich ist. (2) Abs. 1 gilt auch für Entschädigungseinrichtungen, ausgenommen die gemäß den §§ 75 bis 77 dieses Bundesgesetzes und den §§ 93 bis 93 b BWG erforderliche Zusammenarbeit mit anderen Sicherungssystemen. (3) Gegenüber den Abgabenbehörden besteht eine Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht nach Abs. 1 nur im Zusammenhang mit eingeleiteten Strafverfahren wegen Finanzvergehen sowie dann, wenn die Auskunft oder Offenlegung zur Feststellung der eigenen Abgabepflicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder jener des depotführenden Kreditinstituts erforderlich ist. Schrifttum: Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz (2001) 60 ff. Erl RV GP XXIII RV 143 (Zu § 7): „Diese Bestimmung entspricht dem bisherigen § 7 WAG. In Anbetracht der durch die Richtlinie 2004/39/EG erwachsenden Auslagerungsmöglichkeiten wird klargestellt, dass die Verschwiegenheitspflicht nicht nur für das Unternehmen selbst, sondern auch für Outsourcing-Dienstleister, vertraglich gebundene Vermittler und Finanzdienstleistungsassistenten gilt.“
Übersicht I. II. A. B. C. D. 1. 2. III.
Grundsätzliche Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliche Auskunftspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustimmung des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klärung von Rechtsangelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchbrechung gegenüber Abgabenbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . Eingeleitete Strafverfahren wegen Finanzvergehen . . . . . . . . . . . . Feststellung der Abgabepflicht des Finanzdienstleisters . . . . . . . . Folgen eines Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht . . .
1–7 8–14 8 9 10 11–14 11–13 14 15–17
I. Grundsätzliche Verschwiegenheitspflicht 1 § 7 WAG übernimmt nahezu wortgleich die Regelungen des § 21 a
WAG aF, der im Zuge des FinanzmarktaufsichtsG 2001 (BGBl I 2001/ 97) neu aufgenommen worden ist. Der Gesetzgeber hat damit ein in 88
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manchen Teilen dem Bankgeheimnis (§ 38 BWG) nachgebildetes Berufsgeheimnis für Wertpapierdienstleister geschaffen (Kalss/Oppitz/ Zollner, Kapitalmarktrecht I § 4 Rz 29). Adressat der Verschwiegenheitspflicht sind Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen sowie – nach § 7 Abs 2 – Entschädigungseinrichtungen mit Ausnahme der Zusammenarbeit mit den obligatorischen Anlegerentschädigungssystemen nach den §§ 75 bis 77 WAG und §§ 93 bis 93 b BWG. Gegenüber der Vorgängerregelung des § 21 a WAG aF wurde der persönliche Anwendungsbereich der Norm nicht erweitert. Dies gilt insb deshalb, weil nach dem BWG konzessionierte Kreditinstitute nach wie vor analog dem § 19 Abs 1 Z 2 WAG aF nunmehr auch gemäß § 3 Abs 1 nicht als Wertpapierfirmen definiert sind. Eine Normenkollision zwischen dem Berufsgeheimnis für Wertpapierdienstleister und dem Bankgeheimnis ist dadurch ausgeschlossen. § 7 WAG richtet sich allerdings im Gegensatz zur Vorgängerbestim- 2 mung (dazu Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 60 f) nicht nur an Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst, sondern ausdrücklich auch an die für sie tätig werdenden Personen. Nach den Erl soll damit angesichts der durch die MiFID erwachsenden Auslagerungsmöglichkeiten klargestellt werden, dass die Verschwiegenheitspflicht nicht nur für das Unternehmen selbst, sondern auch für Outsourcing-Dienstleister, vertraglich gebundene Vermittler und Finanzdienstleistungsassistenten gelten soll. Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht sind Geheimnisse, die Wert- 3 papierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen ausschließlich aus Wertpapiergeschäften iSd § 1 Abs 1 Z 7 lit b bis f BWG oder Wertpapierdienstleistungen iSd § 3 Abs 2 WAG ihrer Kunden erfahren haben. Nicht erfasst sind somit Geheimnisse, die das Unternehmen aus anderen als den angeführten Geschäften erfahren hat, oder die das Unternehmen auch infolge einer anderen Geschäftsbeziehung zum Kunden (zB auf Grund des Abschlusses einer Lebensversicherung) kennt; im letztgenannten Fall kennt das Unternehmen nämlich die Geheimnisse nicht mehr – wie vom Gesetz gefordert – ausschließlich auf Grund der angeführten Wertpapiergeschäfte bzw Wertpapierdienstleistungen (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 61 f). Das Berufsgeheimnis für Wertpapierdienstleister ist diesbezüglich im 4 sachlichen Anwendungsbereich enger gesteckt als das Bankgeheimnis, bei dem das Kreditinstitut im Wesentlichen Geheimnisse, die ihm „ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindung mit dem Kunden“ anvertraut oder zugänglich gemacht wurden, nicht offenbaren und verwerten darf. Während es beim Bankgeheimnis somit nicht darauf ankommt, ob bereits ein Vertrag abgeschlossen wurde bzw ein Ge89
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schäft zustande gekommen ist oder nicht, weil der Geheimnisschutz bereits bei der bloßen Anknüpfung des rechtsgeschäftlichen Kontakts mit dem Kreditinstitut beginnt (Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/48), stellt der Wortlaut des § 7 Abs 1 ausdrücklich darauf ab, dass die Wertpapierfirma bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen das Geheimnis ausschließlich im Rahmen der Vermittlung bzw Ausführung von Wertpapiergeschäften oder Wertpapierdienstleistungen erfahren hat. Angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber beim Schaffen des Berufsgeheimnisses der Wertpapierdienstleister das Vorbild des BWG im Auge hatte, sowie des Umstands, dass (zivilrechtlich) bereits im vorvertraglichen Bereich Schutz- und Sorgfaltspflichten zwischen den Parteien bestehen, ist anzunehmen, dass der Geheimnisschutz bereits, aber auch erst mit der Aufnahme des rechtsgeschäftlichen Kontakts einsetzt (vgl Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/48). 5 Die Verhaltenspflicht des § 7 Abs 1 beschränkt sich auf die Verschwie-
genheitspflicht der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, also auf das Verbot, Geheimnisse zu offenbaren oder an Dritte weiterzugeben. Das Geheimnis darf somit nicht einer Person mitgeteilt werden, die es bisher nicht gekannt hat, bzw der es nicht gesichert bekannt war. Wie auch beim Bankgeheimnis ist die Abgrenzung schwierig, ob und in welchem Ausmaß eine unternehmensinterne Weitergabe des Geheimnisses untersagt ist („interner Geheimnisschutz“). Hierbei wird eine Weitergabe jedenfalls an jene Personen zulässig sein, die mit der Abwicklung der Geschäftsbeziehung zum Kunden befasst sind oder befasst sein könnten, wobei bei einem lediglich internen Informationsfluss kein allzu strenger Maßstab anzulegen sein wird (vgl diesbezüglich zum Bankgeheimnis Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/54), sofern eine solche interne Informationsweitergabe dem Kundeninteresse dient oder dienen könnte. 6 Problematisch ist auch die Weitergabe von kundenbezogenen Geheim-
nissen durch Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen an bestimmte unternehmensexterne eigenständig tätige Personen, insoweit dies mit der Auslagerung von unternehmensinternen Funktionen (outsourcing) in Zusammenhang steht. Man denke hier etwa an die Auslagerung von bestimmten IT-Funktionen, die eine Weitergabe oder zumindest die Möglichkeit einer Einsichtnahme von Kundendaten erforderlich macht, oder die Weitergabe von kundenspezifischen Informationen an eine mit dem Versand eines Rundschreibens befasste Druckerei oder auch an die Offenbarung von Geheimnissen gegenüber dem Wirtschaftsprüfer, der im Auftrag des Unternehmens gesetzlich vorgeschriebene Prüfungshandlungen vorzunehmen hat. Der 90
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Gesetzgeber scheint davon auszugehen, dass eine Weitergabe von Geheimnissen an unternehmensexterne Personen im Rahmen zulässiger Outsourcing-Aktivitäten möglich sein soll, zumal er die Erweiterung des Geheimnisschutzes auf für eine Wertpapierfirma bzw ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätige Personen in den Erl damit rechtfertigt, dass dies auf Grund der durch die MiFID erwachsenden Auslagerungsmöglichkeiten nötig sei (siehe dazu Rz 2). Man wird daher die Verschwiegenheitspflicht der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens auch dann als gewahrt ansehen können, wenn unternehmensexterne Personen Kenntnis von Geheimnissen erlangen, diese Personen aber – weil sie für die Wertpapierfirma bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig sind – vertraglich zur Geheimhaltungspflicht verpflichtet sind. Nicht untersagt ist durch § 7 Abs 1 – im Gegensatz zu § 38 Abs 1 7 BWG – die Verwertung eines Geheimnisses durch eine Wertpapierfirma bzw ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, sofern mit der Verwertung keine unzulässige Weitergabe an Dritte verbunden ist. Zu dem scheinbar widersprechenden § 94 Abs 3 siehe unten Rz 17.
II. Ausnahmen A. Gesetzliche Auskunftspflicht Die Verschwiegenheitspflicht entfällt, wenn ihr eine gesetzliche Aus- 8 kunftspflicht entgegensteht. Da das Gesetz – anders als § 38 Abs 2 BWG – die Auskunftspflichten nicht taxativ aufzählt, ist davon auszugehen, dass jedwede gesetzliche Auskunftspflicht die Verschwiegenheitspflicht durchbricht (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 63).
B. Zustimmung des Kunden Die Verschwiegenheitspflicht ist ferner durchbrochen, wenn der Kunde 9 der Offenbarung des Geheimnisses zustimmt. Das WAG sieht nunmehr im Einklang mit dem BWG für eine solche Zustimmung die Schriftform vor; eine ausdrückliche Erklärung ist nach dem Wortlaut des WAG im Gegensatz zu § 38 Abs 2 Z 5 BWG weiterhin nicht erforderlich. Zur Wahrung der Schriftform muss der wesentliche Inhalt der Urkunde vom Kunden eigenhändig unterschrieben sein bzw ein elektronisches Dokument sicher elektronisch signiert sein (Apathy/ Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/70). 91
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C. Klärung von Rechtsangelegenheiten 10 Weiters muss in Anlehnung an § 38 Abs 2 Z 7 BWG die Verschwiegen-
heitspflicht nicht gewahrt werden, wenn die Offenbarung des Geheimnisses zur Klärung von Rechtsangelegenheiten aus dem Verhältnis zwischen Wertpapierfirmen oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Kunden erforderlich ist. Ob eine Offenbarung erforderlich ist, muss nach den dem Unternehmen im Zeitpunkt der Offenbarung bekannten Umständen aus objektiver Sicht beurteilt werden (Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/126). Nach dem klaren Wortlaut des § 7 ist die Verschwiegenheitspflicht auch dann zu wahren, wenn Geheimnisse zur Klärung oder Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen gegenüber anderen Personen als dem Kunden preisgegeben würden (vgl auch Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M.Schütz/O. Schütz, BWG3 § 38 Rz 20; aA Sommer/Hirsch in Dellinger, BWG § 38 Rz 284). So gilt der Durchbrechungstatbestand etwa nicht zum Zwecke der (gerichtlichen oder außergerichtlichen) Geltendmachung von Provisionsansprüchen des Wertpapierdienstleisters gegenüber einem Produktemittenten oder einem Kreditinstitut. Es empfiehlt sich somit in solchen Fällen, dass Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen bereits vorab bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung vom Kunden zu diesem Zweck eine Entbindung von der Verpflichtung zur Einhaltung des Wertpapierdienstleistergeheimnisses einholen.
D. Durchbrechung gegenüber Abgabenbehörden 1. Eingeleitete Strafverfahren wegen Finanzvergehen 11 Sonderbestimmungen greifen hinsichtlich der Durchbrechung der Ver-
schwiegenheitspflicht gegenüber den Abgabenbehörden. Hier besteht solch eine Durchbrechung nur iZm eingeleiteten Strafverfahren wegen Finanzvergehen sowie dann, wenn die Auskunft oder Offenlegung zur Feststellung der eigenen Abgabepflicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder jener des depotführenden Kreditinstituts erforderlich ist. Da der Gesetzestext auf eingeleitete Strafverfahren wegen Finanzvergehen Bezug nimmt, besteht im Gegensatz zum engeren § 38 Abs 2 Z 1 BWG die Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht auch in Bezug auf (nicht vorsätzliche) Finanzordnungswidrigkeiten und fahrlässige Finanzdelikte (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 64 FN 252). Es muss sich freilich um ein bei einem Strafgericht oder einer Finanzstrafbehörde bereits anhängiges Verfahren handeln, weil die Verschwiegenheitspflicht nicht zur Sammlung von Material vor Einleitung eines Strafverfahrens aufgehoben ist (Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/82). 92
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Ab welchem Zeitpunkt eine Verfahrensanhängigkeit angenommen 12 werden kann, war bislang iZm der Durchbrechung des Bankgeheimnisses im gerichtlichen Verfahren strittig. Teile der Lehre stellen auf die Einleitung von Voruntersuchungen ab. Nach anderen ist von Verfahrensanhängigkeit schon dann auszugehen, wenn irgendeine gerichtliche Maßnahme (auch gegen unbekannte Täter) getroffen wird, wobei eine Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht nur dann gerechtfertigt sei, wenn ein begründeter Verdacht für das Vorliegen einer strafbaren Handlung gegeben ist (vgl Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/83 mwN). Die für die Praxis letztlich maßgebliche Rsp des OGH sah eine Einleitung des Strafverfahrens bereits in irgendeiner strafgerichtlichen Maßnahme gegen einen bekannten oder auch gegen einen unbekannten Täter (OGH 18. 1. 1989, 14 Os 170–173/88, JBl 1989, 454 mit zust Anm Liebscher). Mit Inkrafttreten der StPOReform beginnt das Strafverfahren, sobald Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat gegen eine bekannte oder unbekannte Person ermitteln oder Zwang gegen eine verdächtige Person ausüben (§ 1 Abs 2 StPO idF BGBl I 2004/19; dazu Markel, WK-StPO2 § 1 Rz 25 ff) Nach der Rsp des VfGH ist in verwaltungsbehördlichen Finanzstraf- 13 verfahren aus grundsätzlichen rechtsstaatlichen Erwägungen auf den Formalakt der bescheidmäßigen Einleitung wegen einer bestimmten Handlung des Verfahrens abzustellen (VfGH 9. 6. 1988, B 92/88, VfGHSlg 11.680; dazu näher Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/86). Wie der VfGH erkennt auch der VwGH in stRsp, dass dem Verwaltungsakt der Einleitung des Finanzstrafverfahrens normativer Charakter mit der Anforderung zugemessen wird, wonach die Einleitung eines solchen Verfahrens mit (gesondert anfechtbarem) Bescheid zu ergehen hat, damit die Verpflichtung zum Geheimnisschutz durch das betroffene Institut durchbrochen wird (VwGH 5. 4. 1989, 88/13/0021, 23. 5. 1990, 89/13/0237, 14. 2. 1991, 90/16/0210, 16. 2. 1994, 91/13/0203 und zuletzt 26. 7. 2006, 2004/14/0022; krit zu dieser Rsp Leitner, Österreichisches Finanzstrafrecht2 370; zust jedoch Reger/Hacker/Kneidinger, Finanzstrafgesetz3 § 83 Rz 3 f). Nicht zuletzt auf Grund der Vorbildwirkung des § 38 BWG für die Bestimmung des § 7 WAG ist die von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts vorgegebene Linie auch im Hinblick auf die Durchbrechung des Wertpapierdienstleistergeheimnisses anwendbar.
2. Feststellung der Abgabepflicht des Finanzdienstleisters Die Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht zur Feststellung der 14 Abgabenpflicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder je93
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ner des depotführenden Kreditinstituts reicht nur so weit, als dies für die Feststellung der Abgabenpflicht erforderlich ist (Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/144). Haben die Organe der Finanzbehörde im Zuge dessen Einblick in der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen eines oder mehrerer Kunden erhalten, so dürfen sie diese Tatsachen als Amtsgeheimnis nicht preisgeben (Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/144).
III. Folgen eines Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht 15 Die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht kann nach allgemeinem
Zivilrecht Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz nach sich ziehen (dazu eingehend Schobel, ÖBA 2004, 8; Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/149 ff; Klein, Das Bankgeheimnis im österreichischen Privatrecht [2009] 195 ff). In diesem Zusammenhang ist strittig, ob durch einen Bruch der Verschwiegenheitspflicht verursachte Steuernachzahlungen im Schadenersatzwege ersatzfähig sind. Avancini (in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I1 Rz 2/145) bejaht dies unter Hinweis auf den Schutzzweck der Verschwiegenheitspflicht, zumal die Regelung deutlich zeige, dass die Interessen der Finanzbehörden in diesem Punkt hinter die Geheimhaltungsinteressen der Kunden zurückzutreten hätten. Diese Meinung hat die überwiegende Lehre (Krejci/Brandstetter, ecolex 2004, 520; Schauer, RdW 2004, 324; vgl auch Apathy/Koch in Apathy/Iro/Koziol, BVR I2 Rz 2/159) mit Recht kritisiert, denn es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er mit der Regelung der Verschwiegenheitspflicht auch Steuerhinterziehung ermöglichen wollte. 16 Anspruchsgegner ist in den genannten Fällen die Wertpapierfirma
bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das die Verschwiegenheitspflicht verletzt. Daneben kann aber auch weitgehend parallel gegen die für die Wertpapierfirma bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätigen Personen vorgegangen werden, zumal sie sich im Adressatenkreis des § 7 wiederfinden (siehe Rz 2). Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Verpflichtung dieser Personen zur Geheimhaltung nicht auf einer Vertragsbeziehung zum Kunden der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens beruht, sondern es sich um eine Haftung für Schutzgesetzverletzung handelt (Schobel, ÖBA 2004, 11 f). 94
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Nach § 94 Abs 3 WAG bildet das gegen § 7 WAG verstoßende Offen- 17 baren oder Verwerten vertraulicher Tatsachen, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder um einem anderen einen Nachteil zuzufügen, eine (lediglich mit Ermächtigung des in seinem Geheimhaltungsinteresse Verletzten zu verfolgende) gerichtlich strafbare Handlung, die mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen sanktioniert ist. An dieser Strafbestimmung irritiert jedoch, dass die Verpflichtung des § 7 Abs 1 WAG das Verwerten von Geheimnissen nicht verbietet (siehe dazu Rz 7). Die beiden Gesetzesbestimmungen sind daher ganz offensichtlich nicht aufeinander abgestimmt, vielmehr dürfte der Gesetzgeber § 94 Abs 3 WAG allein nach dem Vorbild des § 101 Abs 1 BWG gestaltet haben, ohne die Eigenständigkeit des § 94 Abs 3 WAG zu beachten. Da § 94 Abs 3 WAG nur Handlungsweisen unter Strafe stellt, die gegen § 7 WAG verstoßen (arg „entgegen § 7“), und letztgenannte Bestimmung das Verwerten nicht untersagt, bleibt das Verwerten straffrei.
Firmenbuch § 8. Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen dürfen nur dann in das Firmenbuch eingetragen werden, wenn die entsprechenden rechtskräftigen Bescheide in Urschrift oder beglaubigter Abschrift (Kopie) vorliegen. Die Vorlage der Bescheide entfällt, soweit die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen nach § 102 zulässig ist. Das zuständige Gericht hat Beschlüsse über solche Firmenbucheintragungen auch der FMA zuzustellen. Schrifttum: Leitzen, Öffentlich-rechtliche Genehmigungen in GmbH-Registerverfahren nach dem MoMiG, GmbHR 2009, 480. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 8): „Die Bestimmung entspricht dem bisherigen § 20 Abs. 3 WAG.“
Übersicht I. A. B. C. II. A. B.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte und Regelungsinhalt im Überblick . . . . Europarechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Normzweck des § 8 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bescheidvorlage als Eintragungsvoraussetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Rechtsnatur des § 8 Satz 1 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eintragung von Wertpapierdienstleistern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–4 1–2 3 4 5–11 5 6–8
95
§8 C. D. III. IV. V. VI.
Saria Vorlage des Bescheids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung auf Zweigniederlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine Bescheidvorlage bei übergeleiteten Berechtigungen . . . . . Verständigungspflicht des Firmenbuchgerichts. . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9–10 11 12 13 14 15
I. Allgemeines A. Entstehungsgeschichte und Regelungsinhalt im Überblick 1 § 8 WAG stimmt im Grunde wortwörtlich mit § 20 Abs 3 WAG aF
überein. Die Unterschiede zwischen den beiden Vorschriften sind letztlich allein redaktioneller Natur. Das gilt sowohl für die Anführung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen in § 8 WAG gegenüber der bisherigen Erwähnung allein von Wertpapierdienstleistungsunternehmen als auch im Hinblick auf die jeweils zitierten Bestimmungen. Abweichungen zwischen § 8 WAG und § 20 Abs 3 WAG aF können sich daher allenfalls aus dem unterschiedlichen Inhalt der verwiesenen Bestimmungen – § 102 WAG im Vergleich zu § 32 Z 3 WAG aF – ergeben. An der Textierung des § 8 WAG wurden im Gesetzgebungsverfahren seit den ersten Entwürfen grundsätzlich auch keine Änderungen vorgenommen. Funktional ist § 8 WAG nicht zuletzt mit § 5 Abs 2 BWG, § 21 Abs 3 BWG, § 42 PKG und § 4 Abs 9 VAG vergleichbar. Entstehungsgeschichte, Normkontinuität und Verwandtschaft der verschiedenen Vorschriften bedingen, dass im Zuge der Auslegung des § 8 WAG auf die bisher gemachten Ausführungen zu § 20 Abs 3 WAG aF sowie auf jene zu funktional vergleichbaren Bestimmungen anderer Gesetze zurückgegriffen werden kann. 2 § 8 Satz 1 normiert primär eine Verpflichtung der Firmenbuchgerich-
te, eine Eintragung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen nur bei Vorlage der entsprechenden rechtskräftigen Bescheide beim Firmenbuchgericht vorzunehmen (vgl Rz 9 f). § 8 Satz 2 sieht eine Ausnahme von dieser Vorlagepflicht vor. Schließlich begründet § 8 Satz 3 eine Informationspflicht des Firmenbuchgerichts gegenüber der FMA. § 8 korrespondiert somit mit gesellschaftsrechtlichen Pflichten der zur Vornahme der Anmeldung jeweils berufenen Personen zur Vorlage der notwendigen Genehmigungsurkunden beim Firmenbuchgericht (vgl § 29 Abs 2 Z 5 AktG; Wagner in Dellinger, BWG § 21 Rz 65). 96
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B. Europarechtliche Aspekte Aus der Entstehungsgeschichte des § 8 geht hervor, dass der Norm- 3 zweck des § 8 nicht in einer Umsetzung europarechtlicher Vorgaben der MiFID besteht. Daraus folgt aber, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des § 8 insoweit grundsätzlich keinen diesbezüglichen europarechtlichen Bindungen unterworfen ist. Auf Grund des Fehlens eines grenzüberschreitenden Sachverhalts bestehen bei Eintragungen von österreichischen Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen in das österreichische Firmenbuch überdies keine Berührungspunkte zur Niederlassungsfreiheit. Wird allerdings der Anwendungsbereich des § 8 auf österreichische Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Mitgliedstaaten der EU ausgedehnt, so stellt sich die Frage nach der europarechtlichen Zulässigkeit einer Versagung der Eintragung der Zweigniederlassung in das österreichische Firmenbuch unter Berufung auf die hier interessierenden aufsichtsrechtlichen Registersperren. Jedenfalls die österreichische Rsp sieht eine solche Verweigerung der Eintragung als europarechtlich unproblematisch an (OGH 8. 5. 2008, 6 Ob 232/07 x, Birnbauer/Saria, FBE V. = wbl 2008, 447 f = GesRZ 2008, 299 ff [Karollus]; krit dagegen Karollus, Anm zu OGH 6 Ob 232/07 x, GesRZ 2008, 301).
C. Der Normzweck des § 8 WAG Der ausschließlich national geprägte (vgl Rz 3) Normzweck des § 8 4 besteht primär darin, Täuschungen des Verkehrs über das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Befugnis zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und allenfalls Wertpapiernebendienstleistungen auf Grund einer mit gerichtlicher Autorität vorgenommenen Firmenbucheintragung hintanzuhalten (vgl idS Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 75; Chini/Frölichsthal, BWG2 § 5 Anm 34). Eine über die Verhinderung von Täuschungen hinausgehende Unterbindung jeglicher Geschäftstätigkeit ohne Vorliegen einer entsprechenden Befugnis mit Mitteln des Firmenbuchrechts (idS wohl noch Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2 § 9 Rz 1; ähnl, wenn auch weniger weitgehend nunmehr Laurer in Laurer/ Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13; Leitzen, GmbHR 2009, 481) wird dagegen durch § 8 nicht bezweckt. Ebenso wenig wird durch § 8 das Firmenbuchgericht zur Aufsicht über Wertpapierdienstleister berufen (ansatzweise idS wohl aber noch OGH 20. 4. 1991, 6 Ob 6/91). 97
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II. Bescheidvorlage als Eintragungsvoraussetzung A. Zur Rechtsnatur des § 8 Satz 1 WAG 5 § 8 Satz 1 ordnet die Vorlage der entsprechenden rechtskräftigen Be-
scheide als Voraussetzung der Eintragung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen in das Firmenbuch an. Er zeigt insoweit Anklänge an das Konzessionssystem als gesellschaftsrechtliches Gründungssystem (vgl Krejci, Gesellschaftsrecht I [2005] 53; weitergehend als Ausnahme vom Normativsystem auffassend dagegen Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht [2008] Rz 4/43 FN 1). § 8 begründet in dogmatischer Hinsicht eine Eintragungsvoraussetzung (vgl Kodek in Kodek/G. Nowotny/ Umfahrer, FBG § 18 FBG Rz 55, § 22 FBG Rz 4), deren Nichterfüllung eine ihrem Ursprung nach aufsichtsrechtliche Registersperre zur Folge hat. In der aufsichtsrechtlichen Lit wird im Anschluss an Laurer (Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2 § 9 Rz 6) regelmäßig betont, dass derartige Vorschriften eine Bindung des Firmenbuchgerichts an den Bescheid der Aufsichtsbehörde als Vorfrageentscheidung hinsichtlich der aufsichtsrechtlichen Zulässigkeit des unternehmensrechtlich Gewollten auslösen (idS Chini/Frölichsthal, BWG2 § 21 Anm 16; Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 12; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 77, § 21 Rz 47). Dagegen bleibe das Firmenbuchgericht in der Beurteilung sämtlicher anderer Fragen und insb des Vorliegens der unternehmensrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Eintragung frei (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/ Zeipelt, WAG § 20 Rz 12; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 21 Rz 47; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13). Allerdings ist Laurer selbst in dieser Frage nicht restlos eindeutig (vgl die auf ein Verständnis als Eintragungsvoraussetzung hindeutenden Ausführungen bei Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/ Ruess, KWG2 § 9 Rz 1; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/ O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13), und gibt es durchaus Stimmen in der aufsichtsrechtlichen Lit, die unter Berufung auf die fehlende Kompetenz des Firmenbuchgerichts zur Beurteilung der aufsichtsrechtlichen Fragestellungen – zutreffend – in derartigen Vorschriften ebenfalls Eintragungsvoraussetzungen sehen (vgl idS Wagner in Dellinger, BWG § 21 Rz 66). Jedenfalls der VwGH qualifiziert § 20 Abs 3 WAG aF und damit unzweifelhaft auch § 8 als Eintragungsvoraussetzung (VwGH 25. 2. 2002, 2002/17/0021). 98
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B. Eintragung von Wertpapierdienstleistern Der Aufbau von § 8 Satz 1 ist insofern missverständlich, als die Rechts- 6 folge – Zulässigkeit der Eintragung – vor den Tatbestand gesetzt wird. § 8 Satz 1 erfasst die Eintragung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Der Begriff der Wertpapierfirma ergibt sich dabei aus § 3, jener des Wertpapierdienstleistungsunternehmens aus § 4. Rsp und Lehre wenden § 8 und vergleichbare aufsichtsrechtliche Vorschriften darüber hinaus ohne weitere Diskussion auf österreichische Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Mitgliedstaaten an und verstehen insoweit wenigstens im Ergebnis die Wendung „Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen“ weit (vgl Kalss/Adensamer, § 20 Ausländische Gesellschaften in Österreich Rz 42, in Hirte/Bücker [Hrsg], Grenzüberschreitende Gesellschaften2 [2006] 660 ff; OGH 8. 5. 2008, 6 Ob 232/07 x, Birnbauer/ Saria, FBE V. = wbl 2008, 447 f = GesRZ 2008, 299 ff [Karollus]; OLG Wien 30. 11. 2004, 28 R 217/04 v, NZ 2006/62; vgl noch Rz 11). Nach § 8 Satz 1 wird grundsätzlich nur die Eintragung von Wert- 7 papierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen als solche erfasst. Unter anderem daraus wird iZm der Notwendigkeit zur Vorlage der entsprechenden Bescheide zum einen geschlossen, dass der Vorgesellschaft der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens – und nur dieser, nicht aber sonstigen Personen – im Konzessionsverfahren Parteistellung zukommt (VwGH 25. 2. 2002, 2002/17/0021; idS zum Bankaufsichtsrecht schon VwGH 23. 4. 1993, 92/17/0170). Zum anderen legt diese Formulierung nahe, dass § 8 Satz 1 abschließend zu verstehen ist und eine Registersperre für sonstige Firmenbucheintragungen nach § 8 Satz 1 nicht in Frage kommt (vgl implizit idS wohl Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 78 f, § 21 Rz 48; Wagner in Dellinger, BWG § 21 Rz 65; OGH 20. 4. 1991, 6 Ob 6/91). Für ein solches Verständnis könnte immerhin sprechen, dass § 6 die Anwendbarkeit ua des § 21 Abs 3 BWG normiert und insoweit keine Lücke vorzuliegen scheint. Allerdings bezieht sich § 6 iVm § 21 Abs 3 BWG auf die Notwendigkeit einer Vorlage von aufsichtsrechtlichen Bewilligungsbescheiden iZm der Eintragung von Umgründungen in das Firmenbuch (vgl dazu § 6 Rz 3). Dagegen verlangen der Normzweck des § 8, der Schutz vor Umgehungen und ein Größenschluss zu § 6 iVm § 21 Abs 3 BWG, dass auch bei Änderung des Unternehmensgegenstands derart, dass dadurch eine Konzessionspflicht ausgelöst wird, eine Vorlage eines diesbezüglichen Bescheids beim Firmenbuchgericht zu erfolgen hat (vgl Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/ O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13; § 4 Abs 9 VAG). Die Tatsache der Vorlage des Bescheids beim Firmenbuchgericht selbst bildet demgegenüber kei99
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ne eintragungspflichtige Tatsache (so auch Wagner in Dellinger, BWG § 21 Rz 66; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 21 Rz 47). 8 Eine Eintragung einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens iSd § 8 Satz 1 setzt – wie nicht zuletzt § 29 Abs 2 Z 5 AktG zeigt – grundsätzlich voraus, dass der Unternehmensgegenstand eine nach dem WAG konzessionspflichtige Tätigkeit umfasst. Dabei muss es angesichts des Normzwecks ausreichen, dass ein Teil des Unternehmensgegenstands konzessionspflichtig ist. Entscheidend ist die Beschreibung im Gesellschaftsvertrag, ohne dass es insoweit auf die konkret beabsichtigte Tätigkeit ankommt. Hinreichend ist eine deutliche Bezugnahme im Unternehmensgegenstand auf konzessionspflichtige Geschäfte (vgl idS Karollus, Anm zu OGH 6 Ob 232/07 x, GesRZ 2008, 301). Bei § 8 Satz 1 handelt es sich um eine Konkretisierung der amtswegigen Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts (vgl idS Leitzen, GmbHR 2009, 481). Dementsprechend hat etwa bei einem Unternehmensgegenstand „Finanz- und Versicherungsdienstleistung“ und bei Fehlen weiterer Angaben in der Anmeldung das Gericht von Amts wegen zu klären, ob die Gesellschaft konzessionspflichtige Tätigkeiten betreiben soll (OLG Wien 31. 3. 2005, 28 R 53/05 b, Birnbauer/Saria, FBE VI.). Bei einem bloß weiten und unbestimmten Unternehmensgegenstand werden jedoch keine weiteren Prüfungsschritte zu setzen sein, sofern sich nicht insb aus der Firma oder aus sonstigen Umständen Anhaltspunkte für die beabsichtigte Aufnahme konzessionspflichtiger Dienstleistungen ergeben. Ist bei pflichtgemäßer Prüfung durch das Firmenbuchgericht das Vorliegen einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens nicht erkennbar, so kann § 8 nicht eingreifen. Keinesfalls steht es dem Firmenbuchgericht zu, die Aufnahme einer Negativerklärung in den Unternehmensgegenstand des Inhalts zu verlangen, dass keine konzessionspflichtigen Geschäfte betrieben werden (so Karollus, Anm zu OGH 6 Ob 232/07 x, GesRZ 2008, 301).
C. Vorlage des Bescheids 9 § 8 Satz 1 spricht nur davon, dass der Bescheid „vorliegen“ muss.
Gemeint ist damit nicht die bloße Existenz der maßgeblichen Bescheide, sondern – wie schon § 8 Satz 2 zeigt – die Vorlage der einschlägigen Bescheide beim jeweils zuständigen Firmenbuchgericht. Die Vorlagepflicht gemäß § 8 trifft die zur Anmeldung Verpflichteten; das Firmenbuchgericht ist demgegenüber durch § 8 verpflichtet, eine Eintragung ohne Vorlage der erforderlichen Bescheide zu unterlassen. Aus dem Wesen des § 8 Satz 1 als Eintragungsvoraussetzung sowie aus dem Wortlaut des § 8 Satz 1 ist abzuleiten, dass die Vorlage des entspre100
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chenden Bescheids grundsätzlich im Zeitpunkt der Anmeldung zu erfolgen hat. Andernfalls ist nach allfälliger Durchführung eines Verbesserungsverfahrens das Eintragungsgesuch abzuweisen. Vorzulegen sind allein Bescheide. Schon deshalb ist – abgesehen von unternehmensrechtlichen Überlegungen (vgl dazu OGH 8. 5. 2008, 6 Ob 232/ 07 x, Birnbauer/Saria, FBE V. = wbl 2008, 447 f = GesRZ 2008, 299 ff [Karollus]; OLG Wien 30. 11. 2004, 28 R 217/04 v, NZ 2006/62) – die Vorlage einer eidesstättigen Erklärung der die Anmeldung vornehmenden Personen als nicht hinreichend anzusehen. Nicht zuletzt deshalb scheidet ferner die Annahme einer Pflicht zur Vorlage eines Negativattests der Aufsichtsbehörde, aus dem sich die Genehmigungsfreiheit des Unternehmensgegenstandes ergibt, insb auf Verlangen des Firmenbuchgerichts aus. Vor dem Hintergrund der dogmatischen Einordnung des § 8 Satz 1 als Eintragungsvoraussetzung kann sich überdies die Frage nach einer allfälligen Bindungswirkung solcher Bestätigungen für das Firmenbuchgericht nicht stellen. Vorzulegen sind die „entsprechenden“ Bescheide. Welche das sind, 10 bestimmt sich in Abhängigkeit von der begehrten Eintragung. Es sind jene Bescheide, die den unternehmensrechtlich im Wege der Eintragung durchzuführenden Vorgang aufsichtsrechtlich gestatten (vgl idS Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 76 f). Wird die erstmalige Eintragung begehrt, so handelt es sich um den Konzessionsbescheid. Der Bescheid muss rechtskräftig sein, was sich nach den verwaltungsrechtlichen Vorschriften bestimmt. Grundsätzlich ist dies der Zeitpunkt der Zustellung an den Adressaten (vgl Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/ O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13; krit bezüglich der gesetzlichen Terminologie Diwok in Diwok/Göth, BWG § 21 Rz 47). Aus dem Abstellen auf rechtskräftige Bescheide folgt außerdem, dass die Konzession an sich vor der firmenbuchrechtlichen Anmeldung erteilt worden sein muss. Die Vorlage des Bescheids hat in Urschrift oder in „beglaubigter Abschrift (Kopie)“ zu erfolgen. Vorlage in Urschrift bedeutet Vorlage des Originals der dem Antragsteller zugestellten Ausfertigung des Bescheids (vgl idS Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 76). Abschrift und Kopie sind Vervielfältigungen dieses Originals, die zudem – öffentlich (vgl § 4 Abs 9 VAG; zur Heranziehbarkeit dieser Vorschrift im Rahmen der Auslegung des § 8 vgl schon Rz 1) – beglaubigt sein müssen. Die Vorlage einer schlichten, unbeglaubigten Kopie ist demgegenüber nicht hinreichend (vgl idS Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 76).
D. Anwendung auf Zweigniederlassungen Hinsichtlich der Einbeziehung von österreichischen Zweigniederlas- 11 sungen von Wertpapierdienstleistern aus Mitgliedstaaten in den An101
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wendungsbereich des § 8 ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Frage der aufsichtsrechtlichen Zulässigkeit einer Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit im Wege der Errichtung von Zweigstellen von jener der Errichtung einer unternehmensrechtlichen Zweigniederlassung zu trennen ist. Ersteres ist Gegenstand der §§ 12 ff; letzteres wird nach Ansicht von Lehre und Rsp durch § 8 und andere nationale unternehmensrechtliche Bestimmungen geregelt. Zu der aus dieser Auffassung folgenden Erweiterung der Wendung „Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen“ vgl schon Rz 6. Nach der Rsp ist ein Antrag auf Eintragung einer in Österreich errichteten Zweigniederlassung abzuweisen, sofern der Unternehmensgegenstand eines in einem anderen Mitgliedstaat der EU rechtswirksam errichteten Rechtsträgers konzessionspflichtige Tätigkeiten umfasst und der Rechtsträger weder in Österreich noch in seinem Herkunftsstaat über eine entsprechende Konzession verfügt (vgl insb OGH 8. 5. 2008, 6 Ob 232/07 x, Birnbauer/Saria, FBE V. = wbl 2008, 447 f = GesRZ 2008, 299 ff [Karollus]; ferner OLG Wien 30. 11. 2004, 28 R 217/04 v, NZ 2006/62; einschränkend auf einen konzessionspflichtigen Tätigkeitsbereich der österreichischen Zweigniederlassung abstellend Karollus, Anm zu OGH 6 Ob 232/07 x, GesRZ 2008, 301; zur Unzulässigkeit eines Ersatzes der Vorlage eines entsprechenden Bescheids durch eine eidesstättige Erklärung vgl schon Rz 9). Allerdings bleibt eine derartige Ablehnung der Eintragung der Zweigniederlassung durch das Firmenbuchgericht grundsätzlich folgenlos (vgl Kalss/Adensamer, § 20 Ausländische Gesellschaften in Österreich Rz 42, in Hirte/Bücker [Hrsg], Grenzüberschreitende Gesellschaften2 [2006] 660 ff); erst § 94 kann bei Vorliegen der dort normierten Tatbestandsvoraussetzungen zu Sanktionen führen. Zur europarechtlichen Zulässigkeit dieser Vorgangsweise vgl schon Rz 3.
III. Keine Bescheidvorlage bei übergeleiteten Berechtigungen 12 Von einer Bescheidvorlage als Eintragungsvoraussetzung wird nach § 8
Satz 2 entsprechend dem Normzweck des § 8 insoweit abgesehen, als die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen nach § 102 zulässig ist. Der Inhalt der durch § 8 Satz 2 eröffneten Ausnahme bestimmt sich nach § 102; die sich aus dieser Vorschrift ergebenden persönlichen, sachlichen und zeitlichen Grenzen sind daher für den Anwendungsbereich des § 8 Satz 1 unmittelbar relevant. Soweit Berechtigungen nach § 102 Abs 2 nur zeitlich begrenzt übergeleitet werden, sind recht102
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zeitig entsprechende Konzessionsansuchen zu stellen (idS zur Vorgängerbestimmung schon Winternitz, WAG § 20 Rz 20). Die einzelnen in § 8 Satz 2 verwendeten Begriffe entsprechen denen des § 8 Satz 1, sodass insoweit auf die Kommentierung zu § 8 Satz 1 verwiesen werden kann.
IV. Verständigungspflicht des Firmenbuchgerichts § 8 Satz 3 begründet eine allgemeine und nicht bloß auf Fälle des § 8 13 Satz 2 bezogene Verständigungspflicht des zuständigen Gerichts gegenüber der FMA und bildet in gewisser Weise ein Gegenstück zu § 92 Abs 7 (vgl dazu § 92 Rz 14). Das „zuständige Gericht“ ist das im Einzelfall jeweils kompetente Firmenbuchgericht (vgl idS Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2 § 9 Rz 7; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13), wie sich nicht zuletzt aus der Bezugnahme auf Beschlüsse über Firmenbucheintragungen in § 8 Satz 3 ergibt. Das Wort „auch“ zeigt, dass zu den durch das Unternehmensrecht bestimmten Beschlussadressaten zusätzlich noch die FMA kommt. Der Verständigungspflicht hat das Gericht durch Zustellung der Beschlüsse über solche Firmenbucheintragungen an die FMA nachzukommen. Eine Verständigung der FMA vor Beschlussfassung ist daher nicht vorzunehmen (vgl Kodek in Kodek/G. Nowotny/Umfahrer, FBG § 18 FBG Rz 55, § 22 FBG Rz 4). Der Begriff der Beschlüsse wird weit verstanden und umfasst nicht nur bewilligende, ab- sowie zurückweisende Beschlüsse (vgl idS Diwok in Diwok/Göth, BWG § 21 Rz 49; Wagner in Dellinger, BWG § 21 Rz 69), sondern auch sonstige Verfügungen im Firmenbuchverfahren über die von § 8 erfassten Eintragungen (idS Laurer in Laurer/Borns/ Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13). Mit der Wendung „solche Firmenbucheintragungen“ sind die in den Anwendungsbereich des § 8 Satz 1 fallenden Eintragungen (vgl dazu Rz 7) gemeint. Die Verständigung nach § 8 Satz 3 dient nur der Information und begründet insb keine Parteistellung der FMA im Firmenbuchverfahren über die Eintragung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen (vgl Kodek in Kodek/G. Nowotny/Umfahrer, FBG § 18 FBG Rz 55, § 22 FBG Rz 4; Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 12; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 77; Wagner in Dellinger, BWG § 21 Rz 69; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 5 Rz 13; Chini/ Frölichsthal, BWG2 § 21 Anm 18; Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2 § 9 Rz 7). 103
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V. Sonstige Fragestellungen 14 Eine unter Verstoß gegen § 8 erfolgende Eintragung einer Wertpapier-
firma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens ändert nichts an der grundsätzlichen Wirksamkeit der Eintragung und führt zum Entstehen der Gesellschaft (vgl idS Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 21 Rz 9; Leitzen, GmbHR 2009, 481). Möglich bleibt aber eine amtswegige Löschung nach § 10 FBG (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 21 Rz 9). Ebenso wird ein nachträglicher Konzessionsentzug in letzter Konsequenz zu einer amtswegigen Löschung der Gesellschaft nach § 10 FBG führen. Zu den Folgen einer konzessionspflichtigen Änderung des Unternehmensgegenstands vgl bereits Rz 7. Die nachträgliche Aufnahme einer konzessionierten Tätigkeit ohne gleichzeitige Änderung des Unternehmensgegenstands macht grundsätzlich nur nach § 94 verantwortlich. Die spätere faktische Aufgabe der konzessionierten Tätigkeit ohne ordnungsgemäße Zurücklegung der Konzession nach § 5 Abs 3 (vgl dazu § 5 Rz 11) hat an sich ebenfalls keine firmenbuchrechtlichen Folgen.
VI. Reformbedarf 15 Im Hinblick auf die Streichung von § 8 funktional entsprechenden
dt gesellschaftsrechtlichen Vorschriften stellt sich die Frage nach einem allfälligen Reformbedarf auch für das österreichische Recht, zumal diese Vorgangsweise mit der dadurch bewirkten und auch in Österreich nicht negativ bewerteten Erleichterung der Gründung von Gesellschaften durch die Befreiung von bürokratischen Hemmnissen gerechtfertigt wurde (vgl idS Leitzen, GmbHR 2009, 481; ferner BTDrucks. 16/9737, S 51). Allerdings haben § 8 und andere aufsichtsrechtliche Registersperren einen im Vergleich zu den vom dt Gesetzgeber aufgehobenen Bestimmungen ohnehin weitaus eingeschränkteren Anwendungsbereich. Darüber hinaus wurden gerade die mit § 8 inhaltlich übereinstimmenden Regeln im dt Recht beibehalten (vgl Leitzen, GmbHR 2009, 481), sodass sich jedenfalls bei genauerer Betrachtung keine Notwendigkeit zu einer Reform des § 8 nach dt Vorbild zeigt.
Eigenkapital § 9. (1) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben jederzeit ausreichendes Eigenkapital zu halten. 104
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(2) Das Eigenkapital von Wertpapierfirmen hat zumindest 25 vH der fixen Gemeinkosten des letzten festgestellten Jahresabschlusses zu betragen; als fixe Gemeinkosten gelten die Betriebsaufwendungen (Anlage 2 zu § 43 BWG, Teil 2, Position III), die vom jeweiligen Beschäftigungsgrad der Wertpapierfirma unabhängig sind und die den einzelnen Kostenträgern (Produkten) nicht direkt zugerechnet werden können; für Wertpapierfirmen, die ihre Geschäftstätigkeit seit weniger als einem Jahr ausüben, sind die im Unternehmensplan vorgesehenen fixen Gemeinkosten heranzuziehen. Ungeachtet dieses Eigenkapitalerfordernisses haben Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen das bei Konzessionserteilung geforderte Anfangskapital als Mindestkapital zu halten oder die erforderliche Berufshaftpflichtversicherung aufrecht zu halten. (3) Das Eigenkapital besteht aus dem eingezahlten Kapital und den offenen Rücklagen. (4) Sinkt das Eigenkapital auf Grund einer Auszahlung von Entschädigungen gemäß § 76 unter das gemäß Abs. 2 erforderliche Ausmaß, so hat die Wertpapierfirma das erforderliche Ausmaß von 25 vH der fixen Gemeinkosten längstens innerhalb der folgenden drei Geschäftsjahre zu erreichen. (5) Wertpapierfirmen haben 1. zur Absicherung ihres Kreditrisikos gemäß § 22 Abs. 1 Z 1 BWG Eigenmittel im Ausmaß von 8 vH der gemäß § 22 a BWG ermittelten Bemessungsgrundlage zu halten und 2. sofern im vorangegangenen Geschäftsjahr die Anzahl der dem Unternehmen zurechenbaren Mitarbeiter und vertraglich gebundenen Vermittler im Jahresdurchschnitt mehr als 100 betragen hat, zur Absicherung ihres operationellen Risikos zusätzlich Eigenkapital in jenem Ausmaß zu halten, wie es gemäß dem BWG V. Abschnitt 3. Unterabschnitt erforderlich ist. (6) Andere als die in Abs. 5 Z 2 genannten Wertpapierfirmen haben zur Absicherung ihres operationellen Risikos zusätzlich Eigenkapital im Ausmaß von 12/88 von 25 vH der fixen Gemeinkosten zu halten. Schrifttum: Bohrn/Würth, Eigenkapital von Wertpapierfirmen – Verwirrung um Rundschreiben der Finanzmarktaufsicht – Versuch einer rechtlichen Klärung, ZFR 2009, 86; FMA, Rundschreiben der FMA zum Eigenkapital- und Eigenmittelerfordernis für Wertpapierfirmen gemäß Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG 2007) – Stand Februar 2009; FMA/OeNB, Leitfaden zur Gesamtbankrisikosteuerung – Internal Capital Adequacy Assessment Process (ICAAP)
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(2006); Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute Band I: Allgemeiner Teil, Einzelabschluß (1995); B. Jud/Mair, Eigenkapitalerfordernisse für Wertpapierfirmen nach § 9 WAG, ÖBA 2009, 442. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 9): „Die Bestimmung setzt Art. 12 der Richtlinie 2004/39/EG in Verbindung mit Art. 21 der Richtlinie 2006/49/EG um, sie entspricht dem bisherigen § 22 WAG. Abs. 5 und 6 setzen Art. 20 in Verbindung mit Art. 46 der Richtlinie 2006/49/ EG hinsichtlich der Kreditrisiken und operationellen Risiken gemäß Art. 75 lit. d der Richtlinie 2006/48/EG um. Abs. 5 Z 1 setzt Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2006/49/EG um. Es ist gemäß Art. 46 der Richtlinie 2006/49/EG nur für solche Wertpapierfirmen die Vollanwendung der BWG-Bestimmungen über das operationelle Risiko vorzusehen, die im Jahresdurchschnitt mehr als 100 Personen für die Erbringung ihrer Dienstleistungen beschäftigen. Da Art. 20 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 46 der Richtlinie 2006/49/EG eine Ausnahmemöglichkeit vorsieht, die auf das Nicht-Erreichen eines Schwellenwertes der Handelsbuchpositionen abstellt, aber auf Grund des gemäß § 3 möglichen Geschäftsgegenstandes Handelsbuchpositionen nicht entstehen können, muss nur auf die Anzahl der Arbeitnehmer abgestellt werden. Wertpapierfirmen unterhalb dieser Schwelle müssen bis auf weiteres gemäß Art. 46 2. Unterabsatz lit. b i der Richtlinie 2006/ 49/EG für das operationelle Risiko lediglich einen Zuschlag im Ausmaß von 12/ 88 von 25% der fixen Gemeinkosten halten. Allerdings ist das genannte Wahlrecht zeitlich befristet (31. 12. 2011), und es wird daher entsprechend rechtzeitig eine legistische Maßnahme zu treffen sein.“
Übersicht I. A. B. C. II. III. IV. A. 1. 2. 3. 4. 5. B. C.
106
Grundsätzliches zu § 9 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Regelungsinhalt im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Normzweck des § 9 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europarechtliche Fragestellungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Generalklausel des § 9 Abs 1 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Eigenkapital gemäß § 9 Abs 3 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Regeln zur Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses . . . Bedeckung allgemeiner Risiken gemäß § 9 Abs 2 und Abs 4 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der persönliche Anwendungsbereich von § 9 Abs 2 und Abs 4 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses nach den fixen Gemeinkosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses bei Geschäftstätigkeit kürzer als ein Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Anfangskapital als Mindestkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Ergänzung fehlenden Eigenkapitals nach § 9 Abs 4 WAG Bedeckung des Kreditrisikos gemäß § 9 Abs 5 Z 1 WAG . . . . . . Bedeckung des operationellen Risikos gemäß § 9 Abs 5 Z 2 und Abs 6 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–10 1–4 5–9 10 11–13 14–17 18–35 18–27 18 19–21 22 23–24 25–27 28–29 30–32
Eigenkapital D. Das Verhältnis der einzelnen Berechnungsregeln zueinander . V. Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§9 33–35 36–37 38
I. Grundsätzliches zu § 9 WAG A. Der Regelungsinhalt im Überblick Nach § 9 bestimmt sich nicht zuletzt angesichts der Überschrift zu 1 dieser Vorschrift das für das Betreiben von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen erforderliche Eigenkapital, ohne dass deshalb alle diesbezüglichen Aspekte allein von § 9 geregelt werden würden (vgl Rz 2 im Anschluss). Dementsprechend wird zuerst in § 9 Abs 1 der Grundsatz aufgestellt, dass Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen jederzeit ein ausreichendes Eigenkapital zu halten haben. § 9 Abs 2 bis 6 konkretisieren diese Anforderung durch Normierung von Berechnungsregeln zur Ermittlung des Eigenkapitalerfordernisses in § 9 Abs 2, 4, 5 und 6 einerseits sowie andererseits durch Festlegung jener Vermögensbestandteile in § 9 Abs 3, die zur Bedeckung des so bestimmten Kapitalerfordernisses verwendet werden dürfen. Ob das Eigenkapital einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens ausreichend iSd § 9 Abs 1 ist, ergibt sich aus einer Gegenüberstellung des sich auf Basis der gesetzlichen Vorgaben ergebenden Eigenkapitalerfordernisses mit den als Eigenkapital iSd § 9 anerkannten Mitteln. Andere Fragestellungen iZm dem Eigenkapital von Wertpapierfirmen 2 werden etwa durch die Festlegung eines Anfangskapitals in § 3 Abs 6 geregelt, dessen Vorhandensein nach § 3 Abs 5 Z 2 eine Voraussetzung für die Erteilung der Konzession ist (dazu auch § 3 Rz 5), und das nach § 4 Abs 2 Z 2 bei Fehlen einer Berufshaftpflichtversicherung auch von Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu erbringen ist (vgl § 4 Rz 6). Während § 3 somit Kapitalerfordernisse für die Aufnahme einer dem WAG unterstehenden Tätigkeit aufstellt, regelt § 9 die Eigenkapitalanforderungen für die laufende Unternehmenstätigkeit. An der Definition der fixen Gemeinkosten iSd § 9 Abs 2 knüpfen ferner § 76 Abs 1 b und 3 an. Dazu kommen noch Fälle, in denen zur Auslegung anderer Vorschriften auf § 9 zurückgegriffen wird (vgl etwa § 86 Rz 3). Zur Bedeutung des in § 4 Abs 2 Z 3 WAG vorgenommenen Ausschlusses der Anwendbarkeit von § 9 Abs 2 auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen vgl noch Rz 18. Ausweislich der Mat zu § 9 entspricht dieser dem bisherigen § 22 3 WAG aF. Abgesehen von terminologischen Anpassungen unterschei107
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det sich § 9 von seiner Vorgängerbestimmung jedoch insb durch die entsprechend dem Konzept des WAG notwendig gewordene Berücksichtigung der Existenz von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen als zwei voneinander verschiedene Kategorien von Wertpapierdienstleistern. Da überdies die durch § 9 neu eingefügten Abs 5 und 6 kein Pendant in § 22 WAG aF haben, kann sich die von den Mat zu § 9 behauptete Übereinstimmung des § 22 WAG aF mit der nunmehr geltenden Vorschrift nur auf § 9 Abs 1 bis 4 beziehen. Dementsprechend verbietet sich ein Rückgriff auf § 22 WAG aF in all jenen Fällen, in denen im Rahmen des § 9 WAG neue, nach der alten Rechtslage noch nicht relevante Fragestellungen auftreten. Das gilt insb im Hinblick auf das Verhältnis der Berechnungsregeln betreffend das Eigenkapitalerfordernis nach § 9 Abs 2 zu jenen gemäß § 9 Abs 5 und 6. 4 Im Einklang mit diesen Grundsätzen scheidet eine Bezugnahme auf Vorschriften des BWG und die dazu erzielten Auslegungsergebnisse im Zuge der Auseinandersetzung mit § 9 im Wesentlichen aus. Schließlich wird in den insoweit noch immer maßgeblichen Mat zu § 22 WAG aF (abgedruckt bei Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG 205; Winternitz, WAG 164) ausgeführt, dass bei einem reinen Dienstleistungsbetrieb – wie es die Wertpapierdienstleister sind – die damals grundsätzlich auf eine Unterlegung von Aktivposten und Eventualverbindlichkeiten abstellenden Eigenmittelvorschriften des BWG nicht adäquat seien und deshalb eigenständige aufsichtsrechtliche Normen betreffend die für Wertpapierdienstleister einschlägigen Eigenkapitalerfordernisse zu schaffen waren. Heranziehbar ist das BWG allerdings jedenfalls insofern, als sich § 9 ausdrücklich auf Vorschriften des BWG bezieht oder die Bestimmungen des § 9 und des BWG auf gemeinsamen europarechtlichen Vorgaben beruhen.
B. Der Normzweck des § 9 WAG 5 Der Normzweck des § 9 besteht zum einen in der Gewährleistung des
Vorhandenseins einer bestimmten Eigenkapitaldecke, um auf diese Weise die Risikotragfähigkeit der Wertpapierdienstleister in dem vom Gesetzgeber als notwendig erachteten Ausmaß sicherzustellen. Allenfalls sich aus den mit der Geschäftstätigkeit verbundenen Risiken ergebende Verluste sollen durch eine entsprechende Bedeckung mit Eigenkapital zu keinen unmittelbaren Gefährdungen der Existenz des Wertpapierdienstleisters führen. Während über diese schon im Unionsrecht grundgelegte (vgl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445 FN 25; ferner idS etwa Art 25 Abs 2 Unterabsatz 2 DVO – arg „Eigenkapital der Wert108
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papierfirma zur Abdeckung der Risiken dieses Abschlusstyps“) Funktion des § 9 weitgehend Einigkeit bestehen dürfte (vgl Bohrn/Würth, ZFR 2009, 88 f; B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445; FMA, RS Eigenkapitalund Eigenmittelerfordernis für Wertpapierfirmen S 2), wird an der Berechtigung des gesetzgeberischen Anliegens vielfach, wenn auch zumeist offenkundig aus standespolitischen Motiven Kritik geübt und die Tauglichkeit des § 9 sowie seiner Vorgängerbestimmung zur Neutralisierung der vom Gesetzgeber als maßgeblich erachteten Risiken bezweifelt (so etwa Winternitz/Aigner, WAG 14; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 87 ff; mit eingehender Begründung B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445). Derartige, sich in einigen Fällen in einer bloßen Behauptung des Gegenteils erschöpfenden (vgl etwa Winternitz, WAG § 22 Rz 4) Ausführungen übersehen aber, dass keine gesetzliche Regelung den vielfältigen, bei Betrieb eines Wertpapierdienstleisters auftretenden Risiken und der unterschiedlichen Risikostruktur der einzelnen Unternehmen gerecht werden kann und der Gesetzgeber insofern nur die Wahl zwischen verschiedenen mehr oder weniger gleich unbefriedigenden Lösungswegen hat. Insofern sind die vom Gesetzgeber im Zuge der konkreten Ausgestaltung getroffenen Entscheidungen insb im Hinblick auf die von ihm als maßgeblich erachteten Risiken zu akzeptieren. Dagegen erhobene Einwände sind dementsprechend höchstens von rechtspolitischer Bedeutung. Bereits unmittelbar aus dem Gesetzestext lassen sich als für den Ge- 6 setzgeber bei der Bemessung der Eigenkapitalerfordernisse relevante Risiken das in § 9 Abs 5 Z 1 ausdrücklich angeführte Kreditrisiko (dazu im Detail noch Rz 28) sowie das nach § 9 Abs 5 Z 2 und § 9 Abs 6 abzudeckende operationelle Risiko (dazu noch Rz 30) ermitteln. Zur Bestimmung der nach § 9 Abs 2 und dem darauf aufbauenden § 9 Abs 4 relevanten Risiken ist dagegen auf die Mat zu § 22 WAG aF zurückzugreifen, nach denen durch ein sich an den Betriebskosten orientierendes Eigenkapitalerfordernis nicht zuletzt die Deckung der Kosten des laufenden Betriebs sichergestellt werden soll. Die Eigenkapitalanforderungen gemäß § 9 Abs 2 sollen daher offenkundig den allgemein beim Betrieb des Wertpapierdienstleisters auftretenden Risiken Rechnung tragen (im Ergebnis idS auch FMA, RS Eigenkapital- und Eigenmittelerfordernis für Wertpapierfirmen S 2). Solche Risiken können etwa das Marktrisiko, das Reputationsrisiko sowie das strategische Risiko sein. Zum anderen wird mit § 9 ein gewisser Zwang zur Risikobegrenzung 7 durch den Wertpapierdienstleister selbst ausgeübt. Das ergibt sich einerseits daraus, dass mit der Aufstellung von Eigenkapitalerfordernissen im Finanzdienstleistungsbereich allgemein die Funktion einer 109
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Begrenzung des Geschäftsvolumens verfolgt wird (so Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 1). Eine derartige Beschränkung des Geschäftsumfangs führt aber unzweifelhaft auch zu einer Verringerung der im Geschäftsbetrieb auftretenden Risiken. Andererseits zwingt nach den Mat zu § 22 WAG aF das Eigenkapitalerfordernis nach dem damaligen § 22 Abs 2 WAG aF und nunmehrigen § 9 Abs 2 die Unternehmen zur Führung einer entsprechenden Kostenrechnung. Jede Kostenrechnung dient aber auch einer Selbstinformation und ermöglicht mittelbar eine nicht zuletzt der Risikobegrenzung dienende Selbstkontrolle des unternehmerischen Handelns. 8 Schließlich dient § 9 in einem gewissen Ausmaß dem Anlegerschutz.
Das ergibt sich aus § 9 Abs 2 Satz 2, wonach Wertpapierdienstleistungsunternehmen entweder das bei Konzessionserteilung geforderte Anfangskapital zu halten haben oder die erforderliche Berufshaftpflichtversicherung aufrecht erhalten müssen. Im zuletzt angeführten Fall wird somit durch eine Berufshaftpflichtversicherung zugunsten des Kunden das Mindestkapital ersetzt (vgl idS Winternitz/Aigner, WAG 14). Daraus folgt, dass das Eigenkapital ebenso wie eine Berufshaftpflichtversicherung zumindest auch der Absicherung von Kundenansprüchen gegen den Wertpapierdienstleister dient und dementsprechend mit § 9 Anlegerinteressen geschützt werden. Zum gleichen Ergebnis kommt man unter Beachtung des Umstandes, dass zum von § 9 jedenfalls abgedeckten operationellen Risiko das Risiko allfälliger Haftungen wegen Beratungsfehlern gezählt wird (dies gestehen auch die Kritiker des § 9 zu; vgl Bohrn/Würth, ZFR 2009, 89; Winternitz/ Aigner, WAG 14). § 9 sichert daher die im ureigenen Interesse der Anleger gelegene Risikotragfähigkeit der Wertpapierdienstleister im Hinblick auf deren Entschädigungsansprüche. Letzten Endes wird zu der zeitlich nach § 9 eingeführten Vorschrift des § 16 ZaDiG in den Mat ausgeführt, dass das dort vorgesehene Eigenkapitalerfordernis ua „dem Schutzbedürfnis der Verbraucher“ entspricht (Erl RV 207 GP XXIV „Zu § 16 Abs. 1 Z 1“). Auf Grund der mit § 9 vergleichbaren Funktion des § 16 ZaDiG wird diese Aussage auf § 9 ebenfalls übertragbar sein. 9 Dagegen lässt sich als weiterer Normzweck eine Berücksichtigung der
Bedürfnisse und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Branche höchstens eingeschränkt bejahen. Zwar wird in den Mat zu § 22 WAG aF im Hinblick auf die den gegenwärtigen § 9 Abs 1 bis 3 entsprechenden § 22 Abs 1 bis 3 ausgeführt, dass diese Regelung wirtschaftlich sinnvoll sei und keine unbillige Belastung selbst im Hinblick auf die Fortführung eingesessener Betriebe darstelle. Abgesehen von einer 110
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rechtspolitischen Rechtfertigung ist dieser Aussage immerhin zu entnehmen, dass wirtschaftliche Aspekte bei der konkreten Ausgestaltung der Eigenkapitalerfordernisse eine Rolle gespielt haben und daher bei der Auslegung der in § 9 Abs 1 bis 3 normierten Vorschriften ebenfalls nicht zu vernachlässigen sind. Allerdings kann sich ein solcher Grundsatz schon auf Grund der historischen Entwicklung nicht auf die mit § 9 Abs 5 und 6 zusammenhängenden Fragestellungen beziehen, zumal sich auch die in den Mat zu § 9 erwähnte Übereinstimmung zwischen § 9 und § 22 WAG aF nicht auf § 9 Abs 5 und 6 erstreckt (vgl schon Rz 3). Demgegenüber kommt in § 9 Abs 4 eine gewisse Rücksichtnahme auf wirtschaftliche Erfordernisse immerhin insoweit zum Ausdruck, als für die Wiederherstellung des notwendigen Eigenkapitals eine Frist von drei Geschäftsjahren eingeräumt wird. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kann somit grundsätzlich nur in jenen Fällen eine Rolle spielen, in denen dieser Aspekt unmittelbar im Gesetzestext einen Niederschlag gefunden hat.
C. Europarechtliche Fragestellungen Die Mat zu § 9 selbst nennen als primär für § 9 Abs 2 (B. Jud/Mair, 10 ÖBA 2009, 447) maßgebliche europarechtliche Bestimmungen Art 12 MiFID sowie Art 21 RL 2006/49/EG. Hinsichtlich von § 9 Abs 5 und 6 werden als weitere relevante europarechtliche Normen in den Mat zu § 9 überdies die Art 20 und Art 46 RL 2006/49/EG angeführt. In der Literatur wird diesbezüglich zum einen darauf hingewiesen, dass Art 46 RL 2006/49/EG angesichts der durch das WAG vorgegebenen Rahmenbedingungen auf österreichische Wertpapierfirmen nicht anwendbar ist und dem österreichischen Gesetzgeber eine Inanspruchnahme dieser Vorschrift verwehrt sei (so Bohrn/Würth, ZFR 2009, 89 f; B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 448; Winternitz/Aigner, WAG 14). Zum anderen wird in der Lehre die richtlinienkonforme Umsetzung der europarechtlichen Anforderungen durch § 9 Abs 6 bezweifelt und davon ausgegangen, dass das nach § 9 Abs 6 berechnete Eigenkapitalerfordernis hinter den europarechtlichen Mindestanforderungen zurückbleibt (B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 448). Zudem wird die richtlinienkonforme Umsetzung des Art 20 Abs 2 RL 2006/49/EG bezweifelt (B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 447 f). Ferner dürfte weitgehende Einigkeit darüber bestehen, dass sich die mit dem Handelsbuch verbundenen Risiken angesichts des eingeschränkten Tätigkeitsbereichs der österreichischen Wertpapierfirmen nicht verwirklichen können (so schon die Mat zu § 9) und daher eine Übernahme der diesbezüglichen europarechtlichen Regelungen zu Recht unterblieben ist (vgl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 447; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 90). Schließlich wird in der 111
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Literatur (vgl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 448 f; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 87 f) angesichts der insoweit eindeutigen europarechtlichen Vorgaben nicht in Frage gestellt, dass den sich aus der RL 2006/49/EG ergebenden Ansprüchen an die mitgliedstaatlichen Bestimmungen gemäß Art 1 Abs 2 RL 2006/49/EG Mindestnormcharakter zukommt und der nationale Gesetzgeber dementsprechend über den europarechtlichen Rahmen hinausgehende Anforderungen aufstellen darf.
II. Die Generalklausel des § 9 Abs 1 WAG 11 Die Generalklausel des § 9 Abs 1 WAG verpflichtet Wertpapierfirmen
und Wertpapierdienstleistungsunternehmen jederzeit ausreichendes Eigenkapital zu halten. Die Vorschrift weist allerdings primär programmatischen Charakter auf. Schließlich ergeben sich daraus keine über die Anwendung von § 9 Abs 2 bis 6 hinausgehenden Anforderungen an das Ausmaß des zu haltenden Eigenkapitals (implizit idS schon Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 3). Das zeigt nicht zuletzt der Umstand, dass die nach § 9 Abs 4 durchzuführende Wiederauffüllung auf das nach § 9 Abs 2 ermittelte Eigenkapitalerfordernis, nicht aber auf die in § 9 Abs 1 normierte Pflicht zum Halten ausreichenden Eigenkapitals Bezug nimmt. § 9 Abs 1 wird daher durch § 9 Abs 2 bis 6 konkretisiert, in dem das nach diesen Bestimmungen ermittelte Eigenkapitalerfordernis dem gemäß § 9 Abs 3 als nach dieser Vorschrift relevanten Eigenkapital gegenübergestellt wird. Ein ausreichendes Eigenkapital iSd § 9 Abs 1 liegt dann vor, wenn das Eigenkapital nach § 9 Abs 3 den auf Grundlage von § 9 Abs 2 bis 6 ermittelten Bedarf deckt oder übersteigt. Daraus folgt, dass Veränderungen sowohl auf Seiten des Eigenkapitals als auch auf Seiten des Eigenkapitalerfordernisses zu einem Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben und damit zu einem nicht ausreichenden Eigenkapital führen können. 12 Eigenständige normative Bedeutung kommt jedoch der Anforderung zu, „jederzeit“ ausreichendes Eigenkapital zu halten. Aus dem Umstand, dass jederzeit ausreichendes Eigenkapital zur Verfügung zu stehen hat und daher jedes Unterschreiten des erforderlichen Eigenkapitals an sich unzulässig ist, wird abgeleitet, dass in der Praxis schon zum Ausgleich von Schwankungen ein entsprechender Sicherheitspolster vorzusehen ist und allfällige Veränderungen des Eigenkapitals sorgfältig zu beobachten sind (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 3). Nichts anderes kann jedoch für mögliche Veränderungen, insb Erhöhungen, des Eigenkapitalerfordernisses gelten. 112
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§ 9 Abs 1 stellt klar, dass sich die Eigenkapitalanforderungen grund- 13 sätzlich an Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen iSd §§ 3 und 4 richten. In § 9 Abs 2 bis 6 werden jedoch noch jeweils nähere Regelungen betreffend den persönlichen Anwendungsbereich getroffen. Allein auf Wertpapierfirmen sind daher § 9 Abs 2 Satz 1 sowie § 9 Abs 4 bis 6 anwendbar. Für Wertpapierfirmen sowie für Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist ausweislich des Wortlauts § 9 Abs 2 Satz 2 einschlägig (vgl im Detail noch Rz 18). § 9 Abs 3 weist demgegenüber keine ausdrückliche Regelung zum Anwendungsbereich dieser Bestimmung auf, ist jedoch sowohl auf Wertpapierfirmen als auch grundsätzlich auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen anwendbar (vgl im Detail Rz 14).
III. Das Eigenkapital gemäß § 9 Abs 3 WAG § 9 Abs 3 definiert das Eigenkapital iS dieser Vorschrift und regelt somit 14 die Ermittlung der einen Vergleichszahl, aus der sich das Ausmaß der Bedeckung des auf Basis des § 9 bestimmten Eigenkapitalerfordernisses ergibt. Hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs dieser Vorschrift ist zuerst auf die insoweit durch § 9 Abs 3 mangels diesbezüglicher Festlegungen nicht derogierte Grundregel des § 9 Abs 1 zurückzugreifen, nach der Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein angemessenes Eigenkapital zu halten haben. Ebenso sieht § 4 Abs 2 Z 3 eine Ausnahme für Wertpapierdienstleistungsunternehmen allein bezüglich § 9 Abs 2, nicht aber im Hinblick auf § 9 Abs 3 vor, sodass auch insoweit nicht von einem auf Wertpapierfirmen eingeschränkten Anwendungsbereich des § 9 Abs 3 ausgegangen werden kann. Allerdings richten sich die das Eigenkapitalerfordernis regelnden Bestimmungen des § 9 Abs 2 Satz 1 sowie von § 9 Abs 4 bis 6 allein an Wertpapierfirmen, sodass als einzige für Wertpapierdienstleistungsunternehmen relevante Vorschrift § 9 Abs 2 Satz 2 in Betracht kommt (vgl Rz 18). Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen das bei Konzessionserteilung geforderte Anfangskapital als Mindestkapital zu halten haben oder die erforderliche Berufshaftpflichtversicherung aufrecht halten müssen. Soweit durch den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung schon nach dem gesetzlichen Konzept des § 9 Abs 2 Satz 2 das an sich notwendige Eigenkapital ersetzt wird (vgl schon Rz 8), scheidet eine Anwendung des § 9 Abs 3 auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit Berufshaftpflichtversicherung nicht zuletzt deshalb aus, weil das Unternehmen in einem solchen Fall zum Halten von Eigenkapital überhaupt nicht verpflichtet ist. Hat ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen dagegen von der 113
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Möglichkeit des § 4 Abs 2 Z 2 keinen Gebrauch gemacht, so bleibt seine Verpflichtung nach § 3 Abs 6 bestehen. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen hat daher ein entsprechendes Anfangskapital aufzubringen, das gemäß § 9 Abs 2 Satz 2 als Mindestkapital zu halten ist. In diesem Fall ist das Eigenkapital des Wertpapierdienstleistungsunternehmens grundsätzlich nach § 9 Abs 3 zu ermitteln. 15 Da nach § 9 Abs 3 das Eigenkapital – allein – aus dem „eingezahlten
Kapital“ und den „offenen Rücklagen“ besteht, spielen nach anderen Gesetzen für die dort jeweils vorgenommene Definition des Eigenkapitals allenfalls relevante weitere Positionen keine Rolle (vgl idS Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 4). Die Aufzählung der Eigenkapitalbestandteile des § 9 ist insoweit als taxativ anzusehen. Die Beurteilungsgrundlage sowohl für die abstrakte Bestimmung der als Eigenkapitalbestandteile in Frage kommenden Bilanzpositionen als auch für die Berechnung des Eigenkapitals im konkreten Einzelfall bildet der unter Berücksichtigung aufsichtsrechtlicher Vorgaben erstellte Jahresabschluss oder ein sonstiges derartiges Rechenwerk. Die Heranziehung des unter Beachtung aufsichtsrechtlicher Modifikationen erstellten Jahresabschlusses im Rahmen der Ermittlung der Eigenkapitalbestandteile nach § 9 Abs 3 erklärt sich daraus, dass es sich dabei um an die Besonderheiten der beaufsichtigten Unternehmen angepasste Rechenwerke handelt. Dementsprechend ist zum einen bei Wertpapierfirmen der gemäß § 73 Abs 1 WAG nach dem Gliederungsschema der Anlage 2 zu § 43 BWG zu erstellende Jahresabschluss für die Ermittlung des Eigenkapitals nach § 9 Abs 3 heranzuziehen. Für die in den Anwendungsbereich des § 9 Abs 3 fallenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind zum anderen nach § 74 hinsichtlich der nach UGB buchführungspflichtigen Wertpapierdienstleistungsunternehmen der Jahresabschluss gemäß der Gliederung der §§ 224 und 231 UGB sowie bei allen anderen Wertpapierdienstleistungsunternehmen an sich die Einnahmen-Ausgabenrechnung nach § 4 Abs 3 EStG (vgl dazu aber noch im Anschluss Rz 16) relevant. Mangels abweichender Regelungen in § 9 Abs 3 sind die jeweils einschlägigen Ansätze ungekürzt und ohne sonstige Korrekturen heranzuziehen. Zu den sich aus dem Begriff „jederzeit“ in § 9 Abs 1 ergebenden Folgerungen vgl schon Rz 12.
16 Das in § 9 Abs 3 erwähnte eingezahlte Kapital umfasst das nach
gesellschafts- oder unternehmensrechtlichen Regeln als eingezahlt anzusehende Kapital. Bei Wertpapierfirmen ist daher entsprechend dem Gliederungsschema der Anlage 2 zu § 43 BWG, Teil 1 der Betrag des Bilanzpostens 9 „Gezeichnetes Kapital“ auf der Passivseite der Bilanz maßgeblich, von dem in einem weiteren Schritt die Bilanzposten 11 „Eigene Aktien oder Anteile sowie Anteile an einer herrschenden oder 114
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an mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft“ sowie 13 „Gezeichnetes Kapital, das eingefordert, aber noch nicht eingezahlt ist“ der Aktivseite abzuziehen sind (vgl Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/ Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 4). Vom gezeichneten Kapital sind überdies die im Rahmen des gezeichneten Kapitals offen abzusetzenden (Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute I 490) noch nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen abzuziehen. Zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtete Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben das eingezahlte Kapital gemäß § 9 Abs 3 durch Abzug der noch nicht eingeforderten Einlagen, der eingeforderten, aber noch nicht eingezahlten Beiträge sowie der eigenen Aktien oder Anteile vom Bilanzposten I. Nennkapital auf der Passivseite zu ermitteln (vgl auch § 229 UGB). Gemäß § 74 nur zur Führung einer Einnahmen-Ausgabenrechnung verpflichtete Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben im Rechenwerk bloß die Betriebseinnahmen und -ausgaben, nicht aber das eingezahlte Kapital darzustellen. Der Nachweis des Vorhandenseins des Mindestkapitals in Höhe des Anfangskapitals hat somit in gleicher Weise wie im Rahmen der Konzessionierung zu erfolgen. Die gemäß § 9 Abs 3 relevanten offenen Rücklagen setzen sich aus 17 den Kapitalrücklagen, den Gewinnrücklagen und den unversteuerten Rücklagen zusammen (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 5). Bei Wertpapierfirmen umfassen diese nach dem Gliederungsschema der Anlage 2 zu § 43 BWG, Teil 1 die auf der Passivseite ausgewiesenen Bilanzposten 10 „Kapitalrücklagen“, 11 „Gewinnrücklagen“ und 14 „unversteuerte Rücklagen“. Bei den zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichteten Wertpapierdienstleistungsunternehmen handelt es sich um die Bilanzposten A.II. „Kapitalrücklagen“, A.III. „Gewinnrücklagen“ sowie B. „Unversteuerte Rücklagen“ der Passivseite.
IV. Die Regeln zur Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses A. Bedeckung allgemeiner Risiken gemäß § 9 Abs 2 und Abs 4 WAG 1. Der persönliche Anwendungsbereich von § 9 Abs 2 und Abs 4 WAG Während § 9 Abs 4 sowie § 9 Abs 2 Satz 1 schon auf Grund des 18 Wortlauts dieser Bestimmungen allein für Wertpapierfirmen maßgeb115
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lich sind, wirft die Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereichs von § 9 Abs 2 Satz 2 Schwierigkeiten auf. Nach seinem eindeutigen Wortlaut bezieht sich § 9 Abs 2 Satz 2 auf Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Dagegen nimmt § 4 Abs 2 Z 3 Wertpapierdienstleistungsunternehmen generell vom Anwendungsbereich des § 9 Abs 2 aus. Hinsichtlich des ohnehin nur auf Wertpapierfirmen anzuwendenden § 9 Abs 2 Satz 1 wird dadurch keine Änderung der Rechtslage bewirkt. Im Verhältnis zu § 9 Abs 2 Satz 2 wird jedoch ein Vorrang dieser Vorschrift als der spezielleren Norm vor der Regelung des § 4 Abs 2 Z 3 als genereller Norm anzunehmen sein, sodass § 4 Abs 2 Z 3 bloß klarstellenden, weil in seinem Anwendungsbereich auf § 9 Abs 2 Satz 1 beschränkten Charakter aufweist (vgl auch § 4 Rz 10; für einen gänzlichen, § 9 Abs 2 Satz 2 erfassenden Ausschluss nach § 4 Abs 2 Z 3 offenbar wohl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 443 FN 5; die diesbezüglich den Anwendungsbereich einschränkende Ansicht von Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/ Zeipelt, WAG § 22 Rz 4 dürfte insoweit überholt sein).
2. Die Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses nach den fixen Gemeinkosten 19 § 9 Abs 2 Satz 1 trifft nähere Regeln für die Berechnung des allgemei-
nen Eigenkapitalerfordernisses und dient nicht zuletzt ausweislich der Mat zu § 22 einer Vorsorge für die allgemein beim Betrieb des Wertpapierdienstleisters auftretenden Risiken (vgl Rz 6; allenfalls daran insb unter Berufung auf europarechtliche Vorgaben geäußerte Kritik, vgl etwa Winternitz, WAG § 22 Rz 5, verkennt die insoweit noch bestehenden Gestaltungsspielräume des nationalen Gesetzgebers). In § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 wird die Regel für die Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses normiert. Das Eigenkapitalerfordernis wird danach mit 25% der fixen Gemeinkosten des letzten festgestellten Jahresabschlusses festgelegt. Es handelt sich – arg „zumindest“ – um eine aufsichtsrechtliche Mindestanforderung, sodass den Planungen der Gesellschaftsorgane auch ein höherer Bedarf zugrunde gelegt werden kann. Die Basis der Bemessung bildet der letzte nach den gesellschaftsrechtlichen Regeln festgestellte Jahresabschluss. Dies muss nicht unbedingt der Jahresabschluss des letzten Geschäftsjahres sein. 20 Die nach § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 maßgeblichen fixen Gemeinkosten werden durch § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 näher definiert. Danach sind als fixe Gemeinkosten die Betriebsaufwendungen gemäß Anlage 2 zu § 43 BWG, Teil 2, Position III anzusehen, die vom jeweiligen Beschäftigungsgrad der Wertpapierfirma unabhängig sind und den einzelnen Kostenträgern, also Produkten, nicht direkt zugerechnet werden 116
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können. Der Gesetzgeber baut bei dieser Definition auf dem betriebswirtschaftlichen Verständnis der fixen Gemeinkosten auf (vgl idS Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 2), ohne dass es allerdings angesichts der Legaldefinition in § 9 Abs 1 Halbsatz 2 eines unmittelbaren Rückgriffs auf betriebswirtschaftliche Vorstellungen bedarf. Dazu kommt, dass der Gesetzgeber selbst nunmehr (vgl Erl RV 207 GP XXIV „Zu § 16 Abs. 1 Z 1“ ZaDiG) iZm einer vergleichbaren Rechtsmaterie als fixe Gemeinkosten all jene Aufwendungen versteht, die unter Zugrundelegung der „Going-Concern“Prämisse anfallen und für die Aufrechterhaltung der Leistungsbereitschaft erforderlich sind. Gebildet werden die fixen Gemeinkosten danach aus dem in Anbetracht der Definition des § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 grundsätzlich irrelevanten Personalaufwand, den Abschreibungen auf immaterielle Gegenstände des Anlagevermögens und auf Sachanlagen, den sonstigen sich aus dem Sachaufwand ergebenden Verwaltungsaufwendungen (vgl auch die nähere Aufgliederung dieser Position bei Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 2), den sonstigen betrieblichen Aufwendungen sowie den Zinsen für Fremdkapital. Jedenfalls zu den fixen Gemeinkosten sind alle Aufwendungen zu zählen, die iZm organisatorischen Maßnahmen auf Grund der erteilten Konzession erforderlich sind, wie für die Einrichtung und Aufrechterhaltung der Unternehmenssteuerung, der internen Kontrolle der Verwaltung und der Rechnungslegung. Diese auch für Zwecke der Wertpapieraufsicht taugliche und ver- 21 gleichsweise umfangreiche Definition der fixen Gemeinkosten ist nunmehr noch durch die in § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 vorgesehenen Einschränkungen für Zwecke des Wertpapieraufsichtsrechts zu präzisieren. Den Ausgangspunkt der Berechnungen bilden dabei die unter der Position III „Betriebsaufwendungen“ der Anlage 2 zu § 43 BWG, Teil 2 gesondert in der GuV ausgewiesenen fixen Gemeinkosten. Da diese schon an sich nach betriebswirtschaftlichem Verständnis keinen einzelnen Kostenträgern zugeordnet werden dürfen können, ist die diesbezügliche Klarstellung in § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 grundsätzlich als bloßer Hinweis auf die Auffassung des Gesetzgebers vom Wesen der Gemeinkosten zu verstehen. Die nach § 9 Abs 2 maßgeblichen fixen Gemeinkosten haben ferner vom jeweiligen Beschäftigungsgrad der Wertpapierfirma unabhängig zu sein, sodass diesbezüglich allenfalls eine Bereinigung der ausgewiesenen Kosten vorzunehmen ist. Vorgeschlagen wird in diesem Zusammenhang, dass der von den Geschäftsleitern verursachte Aufwand im Rahmen der fixen Gemeinkosten nach § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 dennoch berücksichtigt wird, weil deren Existenz auf Grund der gesetzlichen Verpflichtung zur 117
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Bestellung unabdingbar und insoweit unabhängig vom jeweiligen Beschäftigungsgrad sei (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/ Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 2). Diese Argumentation ist an sich überzeugend, doch sind im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben allenfalls angemessene Kosten anzusetzen. Sofern sich nicht aus den gesetzlichen Vorgaben Anpassungsnotwendigkeiten ergeben, sind die jeweiligen Ansätze ungekürzt aus dem Jahresabschluss zu übernehmen (vgl idS Erl RV 207 GP XXIV „Zu § 16 Abs. 1 Z 1“ ZaDiG; implizit idS auch Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 2). Ebenso wenig ist dementsprechend eine Kürzung der fixen Gemeinkosten als maßgeblicher Berechnungsgrundlage unter Berufung darauf möglich, dass eine Wertpapierfirma verschiedene Geschäftsfelder mit unterschiedlichen Kostenstellen aufweist. Sollte eine Wertpapierfirma darüber hinaus noch andere Dienstleistungen erbringen, für die besondere Eigenmittelanforderungen vorgesehen sind, so müssen diese zusätzlich erfüllt werden (vgl idS Erl RV 207 GP XXIV „Zu § 16 Abs. 1 Z 1“ ZaDiG), zumal nur auf diese Weise den vom Gesetzgeber als relevant erachteten, mit den unterschiedlichen Tätigkeiten verbundenen verschiedenartigen Risiken hinreichend Rechnung getragen werden kann. An diesen Überlegungen ändert die jüngste, den Ausweis der fixen Gemeinkosten betreffende Novellierung des § 73 Abs 1 nichts, weil dadurch keine inhaltliche Änderung der Rechtslage bezweckt war (vgl § 73 Rz 1) und jedenfalls die unmittelbar auf § 9 beruhenden Präzisierungen des Begriffs der fixen Gemeinkosten unberührt geblieben sind.
3. Die Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses bei Geschäftstätigkeit kürzer als ein Jahr 22 § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 3 trifft eine Regelung für den Fall, dass die
Wertpapierfirma ihre Geschäftstätigkeit weniger als ein Jahr ausübt. In diesem Fall sind die im Unternehmensplan vorgesehenen fixen Gemeinkosten als Grundlage für die Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses nach § 9 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 heranzuziehen. Mit „Unternehmensplan“ ist der nach § 3 Abs 8 WAG iVm § 4 Abs 3 BWG dem Antrag auf Konzessionserteilung anzuschließende Geschäftsplan gemeint (idS schon etwa Winternitz, WAG § 22 Rz 1; Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 2), der eine Budgetrechnung für die ersten drei Geschäftsjahre zu beinhalten hat (vgl § 3 Rz 16). Maßgebliche Berechnungsgrundlage sind die im Geschäftsplan enthaltenen geplanten fixen Gemeinkosten. Mit der Ausübung einer Geschäftstätigkeit von weniger als einem Jahr ist eine Geschäftstätigkeit von weniger als einem Geschäftsjahr unabhängig von dessen konkreter Länge gemeint. Die Regel des § 9 Abs 2 Satz 1 118
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Halbsatz 3 greift jedenfalls nicht mehr, sobald ein Jahresabschluss auch nur für ein Rumpfgeschäftsjahr festgestellt worden ist. Sinn und Zweck des § 92 Abs 2 Satz 1 gebieten es jedoch, bei Feststellung des Jahresabschlusses für ein Rumpfgeschäftsjahr die ermittelten fixen Gemeinkosten auf ein volles Geschäftsjahr umzulegen.
4. Das Anfangskapital als Mindestkapital § 9 Abs 2 Satz 2 verpflichtet Wertpapierfirmen und Wertpapierdienst- 23 leistungsunternehmen grundsätzlich, das bei Konzessionserteilung geforderte Anfangskapital als Mindestkapital zu halten. Es handelt sich dabei nicht um eine Pflicht zum Nachweis des geforderten Anfangskapitals bei Konzessionserteilung (so aber zumindest missverständlich noch Winternitz, WAG § 22 Rz 2), sondern um die Normierung eines fixen, am erforderlichen Anfangskapital nach § 3 Abs 6 anknüpfenden Eigenkapitalerfordernisses. Dieses tritt – arg „Ungeachtet“ und „Mindestkapital“ – neben das sich aus § 9 Abs 2 Satz 1 ergebende variable Eigenkapitalerfordernis. Maßgeblich ist dabei der jeweils höhere dieser Werte (vgl idS schon Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 22 Rz 3; ferner FMA, RS Eigenkapitalund Eigenmittelerfordernis für Wertpapierfirmen S 3; B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 443, 449 FN 46), sodass sich im Ergebnis das gemäß § 9 Abs 2 erforderliche Eigenkapitalerfordernis alternativ nach § 9 Abs 2 Satz 1 oder Satz 2 bestimmt. Dieses Eigenkapitalerfordernis kann – wie sich aus § 4 Abs 2 Z 2 ergibt 24 – allein für Wertpapierdienstleistungsunternehmen durch die Aufrechterhaltung einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung ersetzt werden (vgl schon Rz 8). Aus dem Zusammenspiel von Konzessionsvoraussetzungen und § 9 Abs 2 Satz 2 ergibt sich, dass die von der Erleichterung nach § 4 Abs 2 Z 2 Gebrauch machenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen immer eine „erforderliche“, nicht notwendig allerdings die bei Konzessionserteilung abgeschlossene Berufshaftpflichtversicherung aufzuweisen haben. Die Pflicht zur Aufrechterhaltung der Berufshaftpflichtversicherung bedeutet somit, dass es keine deckungsfreien Zeiträume geben darf; sie führt dementsprechend zu mit der Verpflichtung zum Halten des Anfangskapitals als Mindestkapital vergleichbaren Ergebnissen.
5. Die Ergänzung fehlenden Eigenkapitals nach § 9 Abs 4 WAG Zugunsten von Wertpapierfirmen sieht § 9 Abs 4 die Möglichkeit vor, 25 bei Vorliegen eines bestimmten gesetzlich umschriebenen Grundes ab119
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weichend von der nach § 9 Abs 1 an sich bestehenden Pflicht zum jederzeitigen Halten ausreichenden Eigenkapitals (vgl dazu schon Rz 12) die Wiederherstellung des auf Grund des Eigenkapitalerfordernisses nach § 9 Abs 2 eigentlich notwendigen Eigenkapitals längstens binnen drei Geschäftsjahren vorzunehmen. Die darin zum Ausdruck kommende Rücksichtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Wertpapierfirmen (vgl Rz 9) lässt sich damit rechtfertigen, dass die Minderung des notwendigen Eigenkapitals in dem von § 9 Abs 4 erfassten Fall nicht in der Verantwortung der Wertpapierfirma liegt und darüber hinaus noch einem berücksichtigungswürdigen Zweck dient. Die Inanspruchnahme des § 9 Abs 4 ist nämlich allein dann möglich, wenn eine Reduktion des Eigenkapitals „auf Grund einer Auszahlung von Entschädigungen gemäß § 76“ unter das nach § 9 Abs 2 erforderliche Ausmaß erfolgt. Eigentlich gemeint ist mit dieser Wendung eine Schmälerung des Eigenkapitals durch die Zahlung von „Sonderbeiträgen“ iSd § 76 Abs 1, 1 b und 3 an die Entschädigungseinrichtung (vgl dazu § 76 Rz 8 ff). 26 § 9 Abs 4 greift nur bei einem Absinken des Eigenkapitals „unter das
gemäß Abs. 2 erforderliche Ausmaß“ ein. Dies bedeutet zum einen, dass § 9 Abs 4 bei einem Absinken des Eigenkapitals unter die nach § 9 Abs 5 und 6 maßgeblichen Grenzen nicht anzuwenden ist. Zum anderen ist von den beiden in § 9 Abs 2 Satz 1 und Satz 2 normierten Berechnungsmethoden für das Eigenkapitalerfordernis im Rahmen des § 9 Abs 4 das sich aus der Normierung des Anfangskapitals als Mindestkapital ergebende Eigenkapitalerfordernis nicht maßgeblich. Das ergibt sich einerseits aus der Systematik des § 9 Abs 4, der im zweiten Halbsatz die Wendung „das erforderliche Ausmaß von 25 vH der fixen Gemeinkosten“ gebraucht und damit das nach Halbsatz 1 relevante, gemäß Abs 2 erforderliche Ausmaß präzisiert. Andererseits ist die dem Anfangskapital nach § 9 Abs 2 Satz 2 zukommende Funktion als Mindestkapital zu beachten, das dementsprechend keinesfalls, also selbst nicht durch Leistung von Sonderbeiträgen, unterschritten werden darf. § 9 Abs 4 regelt daher den Fall, dass das sich unter Zugrundelegung der fixen Gemeinkosten nach § 9 Abs 2 Satz 1 ergebende Eigenkapitalerfordernis infolge einer Leistung von Sonderbeiträgen gemäß § 76 Abs 1 nicht mehr durch Eigenkapital gedeckt werden kann. 27 Die Wiederherstellung des auf Grund des Eigenkapitalerfordernisses
nach § 9 Abs 2 Satz 1 eigentlich notwendigen Eigenkapitals hat „längstens innerhalb der folgenden drei Geschäftsjahre“ zu erfolgen. Es kommt somit auf die Geschäftsjahre unabhängig von ihrer konkreten Dauer und nicht auf von diesen abweichende Kalenderjahre an. Das dem Geschäftsjahr, in dem das Absinken des Eigenkapitals stattfand,
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folgende Geschäftsjahr ist dabei das erste der folgenden drei Geschäftsjahre iSd § 9 Abs 4. Diese Auslegung gebietet sich nicht nur auf Grund des Wortlauts – arg „folgenden“ –, sondern auch deshalb, um der Wertpapierfirma entsprechende Möglichkeiten zur Setzung zielgerichteter langfristiger Maßnahmen in Reaktion auf das regelmäßig nicht unmittelbar vorhersehbar eintretende Ereignis einer Inanspruchnahme zu geben. Erforderlich ist grundsätzlich eine Zufuhr von Eigenkapital iSd § 9 Abs 3 nach den jeweils einschlägigen unternehmens- und gesellschaftsrechtlichen Regeln. Nicht ausgeschlossen ist ferner eine Reduktion des Eigenkapitalbedarfs bis zum Ausmaß des noch vorhandenen Eigenkapitals durch entsprechende Verringerung der hier als Berechnungsbasis maßgeblichen fixen Gemeinkosten. Wird die durch § 9 Abs 4 eingeräumte Frist nicht genutzt, so führt dies zu den auch sonst maßgeblichen Konsequenzen (vgl Rz 36 f).
B. Bedeckung des Kreditrisikos gemäß § 9 Abs 5 Z 1 WAG § 9 Abs 5 Z 1 dient explizit zur Absicherung des Kreditrisikos von 28 Wertpapierfirmen. Allerdings wird das Bestehen eines derartigen Kreditrisikos bei Wertpapierfirmen in der Lehre bezweifelt und damit rechtspolitische Kritik an dieser Vorschrift geübt (vgl Winternitz/Aigner, WAG 14 FN 128; krit auch B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445; Isola/ Rapani, Vorauflage § 9 Rz 11; weniger weitgehend Bohrn/Würth, ZFR 2009, 86). Da jedoch der Gesetzgeber vom Vorliegen eines derartigen Risikos ausgegangen ist und diesbezüglich konkrete Regeln zur Ermittlung des Eigenmittelerfordernisses aufgestellt hat, verbietet sich insoweit eine Berücksichtigung derartiger faktischer Gesichtspunkte, zumal die tatsächliche Risikogeneigtheit der Tätigkeit nicht zuletzt wenigstens in einem gewissen Umfang in die durch § 9 Abs 5 Z 1 vorgeschriebene Berechnungsmethode eingeht. Unter dem Kreditrisiko iSd Vorschrift wird dabei aus europarechtlichen Gründen unter Berufung auf Art 75 lit a RL 2006/48/EG und auf § 2 Z 57 BWG jegliche Gefahr eines Ausfalls vereinbarter Zahlungen an sich verstanden (vgl detailliert B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445 ff; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 88 f; vgl ferner FMA/OeNB, ICAAP 41 ff). Das Eigenmittelerfordernis nach dieser Vorschrift bestimmt sich durch 29 verschiedene Verweise auf das BWG. Zum einen wird das Halten von Eigenmitteln gemäß § 22 Abs 1 Z 1 BWG verlangt. Zum anderen wird das Ausmaß dieser Verpflichtung zum Halten derartiger Eigenmittel mit 8% der gemäß § 22 a BWG ermittelten Bemessungsgrundlage festgelegt. Der in diesem Zusammenhang geäußerten Kritik, dass sich der Zeitpunkt der Bemessung des Kreditrisikos nicht hinreichend deutlich aus dem Gesetz ergebe (so Bohrn/Winternitz, Reformstau beim 121
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WAG 2007, ZFR 2009, 204 f [204 FN 14]), ist entgegenzuhalten, dass sich aus dem Gebot eines jederzeit ausreichenden Haltens von Eigenkapital (vgl Rz 12) ohnedies zumindest die Notwendigkeit ergibt, einen entsprechenden Sicherheitspolster zum Ausgleich von Schwankungen auch iZm dem Eigenkapitalerfordernis vorzusehen. Im Hinblick darauf sowie auf das von der Lehre behauptete geringe Ausmaß des Kreditrisikos bei Wertpapierfirmen sollte eine diesbezügliche Bestimmung des Eigenmittelerfordernisses keine großen Schwierigkeiten machen. Das gilt umso mehr, als das Erfordernis einer jederzeitigen Bedeckung des Eigenkapitalerfordernisses im Grunde eine laufende Ermittlung des diesbezüglichen Bedarfs nahelegen würde.
C. Bedeckung des operationellen Risikos gemäß § 9 Abs 5 Z 2 und Abs 6 WAG 30 Bereits den Mat zu § 9, aber auch der Lit lässt sich entnehmen, dass als
operationelle Risiken von Wertpapierfirmen jene nach Art 75 lit d RL 2006/48/EG iVm Art 4 Z 22 RL 2006/48/EG sowie nach § 2 Z 57 d BWG zu verstehen sind (B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445). Das operationelle Risiko wird dementsprechend als die Gefahr von Verlusten verstanden, die in Folge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder in Folge externer Ereignisse eintreten. Es umfasst Rechtsrisiken (Bohrn/Würth, ZFR 2009, 89; B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445; vgl auch FMA/OeNB, ICAAP 56 f), nicht aber strategische Risiken oder Reputationsrisiken. Das operationelle Risiko verwirklicht sich auch bei einer Inanspruchnahme wegen Beratungsfehlern (dies wird auch von den Kritikern des § 9 zugestanden; vgl Winternitz/Aigner, WAG 14; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 89) und ist – wie die Erfahrungen der Praxis zeigen – für Wertpapierfirmen als relevant und groß einzustufen (so Bohrn/Würth, ZFR 2009, 89; aA Winternitz/Aigner, WAG 14). Die Ermittlung des Eigenkapitalerfordernisses von Wertpapierfirmen wegen des operationellen Risikos wird in § 9 in Abhängigkeit von der Mitarbeiterzahl auf unterschiedliche Art in § 9 Abs 5 Z 2 einerseits sowie in § 9 Abs 6 andererseits geregelt. Die an dieser Systematik des Gesetzes geübte Kritik (B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 446 FN 27) ist unzweifelhaft berechtigt, doch lässt sich die Vorgangsweise immerhin mit der vom Gesetzgeber in den Mat zu § 9 angekündigten Setzung entsprechender, nur den Regelungsgehalt von § 9 Abs 6 betreffender legistischer Maßnahmen erklären. 31 Das für die Anwendbarkeit entweder des § 9 Abs 5 Z 2 oder des § 9 Abs 6 entscheidende Kriterium ist, ob im vorangegangenen Geschäftsjahr die Anzahl der dem Unternehmen zurechenbaren Mitarbeiter und vertraglich gebundenen Vermittler im Jahresdurchschnitt mehr als 100 122
Eigenkapital
§9
betragen hat. Das vorangegangene Geschäftsjahr ist jenes Geschäftsjahr, das vor dem Geschäftsjahr liegt, für welches das Eigenkapitalerfordernis ermittelt werden soll. Bei der Ermittlung des Jahresdurchschnitts ist auf den Durchschnitt der Anzahl von relevanten Personen des jeweils heranzuziehenden Geschäftsjahres abzustellen. Die einschlägige Personengruppe umfasst einerseits vertraglich gebundene Vermittler iSd § 1 Z 20 und andererseits andere dem Unternehmen zurechenbare Mitarbeiter. In diesen Begriff sollen zwar Finanzdienstleistungsassistenten nach § 2 Abs 1 Z 15, nicht aber mit der Wertpapierfirma kooperierende Wertpapierdienstleistungsunternehmen einbezogen werden (so ohne nähere Begründung Winternitz/Aigner, WAG 14 FN 125). Für diese Auffassung spricht immerhin, dass der Begriff des Mitarbeiters auf natürliche Personen abzustellen scheint. Das gilt umso mehr, als die in § 9 Abs 5 Z 2 ebenfalls erwähnten vertraglich gebundenen Vermittler auch juristische Personen sein können und sich ihre explizite Anführung schon aus diesem Grund gebietet. Das Wort „zurechenbaren“ soll vor diesem Hintergrund offenbar keine besondere aufsichtsoder haftungsrechtliche Zurechenbarkeit ausdrücken, sondern bloß zum Ausdruck bringen, dass Mitarbeiter unabhängig von der konkreten Rechtsnatur ihres Vertragsverhältnisses zur Wertpapierfirma bei der Ermittlung der maßgeblichen Anzahl zu berücksichtigen sind. Bei Überschreiten der relevanten Mitarbeiterzahl bestimmt sich das 32 Eigenkapitalerfordernis nach § 9 Abs 5 Z 1. Danach hat die Wertpapierfirma Eigenkapital „in jenem Ausmaß zu halten, wie es gemäß BWG V. Abschnitt 3. Unterabschnitt erforderlich ist.“ Es handelt sich dabei um die §§ 22 i bis 22 m BWG, die für den bankaufsichtsrechtlichen Bereich die Behandlung des operationellen Risikos regeln. Für jene Wertpapierfirmen, deren Mitarbeiterzahl bis zu 100 Personen umfasst, sieht § 9 Abs 6 alternativ dazu eine allerdings europarechtswidrige (vgl Rz 10) Berechnungsmethode zur Ermittlung des Eigenkapitalerfordernisses vor. Demnach ist Eigenkapital in Höhe von 12/88 von 25% der fixen Gemeinkosten iSd § 9 Abs 2 Satz 1 zur Bedeckung des operationellen Risikos notwendig.
D. Das Verhältnis der einzelnen Berechnungsregeln zueinander Zum Verhältnis der beiden alternativen Berechnungsregeln des § 9 33 Abs 2 vgl schon Rz 23, zu jenem der beiden Varianten zur Ermittlung des Eigenkapitalerfordernisses für das operationelle Risiko vgl gerade Rz 32. Einigkeit besteht ferner angesichts des diesbezüglichen Wortlauts darin, dass die sich für das Kreditrisiko nach § 9 Abs 5 Z 1 einerseits und für das operationelle Risiko gemäß § 9 Abs 5 Z 2 oder § 9 123
§9
Saria
Abs 6 andererseits jeweils ergebenden Eigenkapitalerfordernisse zu addieren sind (idS auch FMA, RS Eigenkapital- und Eigenmittelerfordernis für Wertpapierfirmen S 2; B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 443 f, 446; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 87, 90). Das dadurch gegenüber den europarechtlichen Vorgaben erhöhte Eigenkapitalerfordernis nach österreichischem Recht wird angesichts des in Art 1 Abs 2 RL 2006/49/EG verankerten Mindestnormprinzips zutreffend als europarechtlich unbedenklich angesehen (so auch von B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 448 f; Bohrn/Würth, ZFR 2009, 88 FN 11). 34 Umstritten ist aber das Verhältnis des sich auf der einen Seite aus § 9 Abs 2
sowie auf der anderen Seite aus § 9 Abs 5 und 6 ergebenden Eigenkapitalerfordernisses. Die FMA vertritt nämlich trotz aller Kritik der Lehre weiterhin (Bohrn/Winternitz, Reformstau beim WAG 2007, ZFR 2009, 204 f [204 ]) unter Berufung auf die Notwendigkeit einer entsprechenden Risikodeckung die Ansicht, dass die Eigenmittelerfordernisse nach § 9 Abs 5 und 6 zusätzlich zu den sich aus § 9 Abs 2 ergebenden Anforderungen zu erfüllen sind (FMA, RS Eigenkapital- und Eigenmittelerfordernis für Wertpapierfirmen S 2 f). Demgegenüber wird in der Lehre diese Auffassung einhellig abgelehnt und entweder vertreten, dass das höchste Eigenkapitalerfordernis maßgeblich sein soll, welches sich jeweils aus den Berechnungsmethoden nach § 9 Abs 2 Satz 1, § 9 Abs 2 Satz 2 sowie aus der Summe der Eigenkapitalerfordernisse zur Abdeckung des Kreditrisikos und des operationellen Risikos ergibt (Bohrn/ Würth, ZFR 2009, 90; diesen Ansatz jedoch als richtlinienwidrig abl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 446), oder dass zu dem sich zur Abdeckung des operationellen Risikos ergebenden Eigenkapitalerfordernis der höhere auf Basis der beiden Alternativen des § 9 Abs 2 sowie aus § 9 Abs 5 Z 1 ermittelte Betrag zu addieren ist, um das gesamte Eigenkapitalerfordernis zu berechnen (B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 446 f). Einschlägige Rsp in dieser Frage ist nicht ersichtlich. Der VwGH hat sich zwar bereits mit § 9 beschäftigt, musste in diesem Erkenntnis aber nicht auf die hier einschlägigen Rechtsfragen eingehen (vgl VwGH 20. 3. 2009, 2009/17/0033). 35 Die Kritik der Lehre an der von der FMA vertretenen Auffassung kon-
zentriert sich auf europarechtliche Aspekte. Die dazu insb von B. Jud/ Mair vorgebrachten Argumente sind durchaus nachvollziehbar, allerdings jedoch nicht unbedingt – wie schon die diesbezüglichen Divergenzen in der Lehre zeigen – zwingend. Für eine eigene Stellungnahme ist davon auszugehen, dass weder der Wortlaut des § 9 noch die Mat zu § 9 in dieser Frage hinreichende Klarheit zu schaffen vermögen (so auch Bohrn/Würth, ZFR 2009, 87 f; vgl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 444 ff). Darüber hinaus steht die von der FMA entwickelte Auslegung des § 9 nicht im Widerspruch zu den einschlägigen Richtlinienvorgaben. Da 124
Eigenkapital
§9
diesen nämlich Mindestnormcharakter zukommt (vgl schon Rz 10), ist das aus der Rechtsansicht der FMA folgende erhöhte Eigenkapitalerfordernis als solches nicht unter Hinweis auf eine dadurch bewirkte Richtlinienwidrigkeit zu beanstanden. Darüber hinaus besagt der den Mat zu § 9 zu entnehmende Wille des Gesetzgebers zu einer Umsetzung der relevanten europarechtlichen Bestimmungen noch nicht, dass er ein Überschreiten des richtlinienrechtlich vorgegebenen Mindestschutzniveaus jedenfalls vermeiden wollte. Die an einer Analyse der jeweils durch das Eigenkapitalerfordernis abgedeckten Risiken ansetzende Auseinandersetzung mit dem Normzweck (idS etwa B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 445) vernachlässigt schließlich, dass § 9 abgesehen von einer Sicherung der Risikotragfähigkeit im Hinblick auf bestimmte Risiken auch dem Anlegerschutz (vgl Rz 8) und der Risikobegrenzung durch die Wertpapierdienstleister selbst (so schon Rz 7) dient. Demgegenüber spielt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Wertpapierdienstleister gerade im Rahmen der mit § 9 Abs 5 und 6 zusammenhängenden Fragestellungen keine Rolle (so im Detail Rz 9). Auch vor dem Hintergrund des so verstandenen Normzwecks des § 9 erscheint der von der FMA verfolgte Ansatz daher nicht unvertretbar, zumal gerade das Ziel des Anlegerschutzes ein möglichst hohes Eigenkapital der Wertpapierfirmen erfordert.
V. Verantwortlichkeit Die Beachtung des § 9 wird im Rahmen von § 73 Abs 3 Z 2 und § 74 36 Abs 3 geprüft (vgl dazu § 73 Rz 11 und § 74 Rz 2). Eine Nichteinhaltung des § 9 ist an sich gemäß § 95 Abs 2 Z 2 mit Verwaltungsstrafe bis zu € 30.000,- zu bestrafen (vgl dazu auch § 95 Rz 10). Diese verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit trifft den Verantwortlichen iSd § 9 VStG (vgl § 95 Rz 4). Angesichts der bereits dargestellten Auslegungsprobleme insb im Hinblick auf das Verhältnis der einzelnen in § 9 normierten Berechnungsregeln zueinander (vgl Rz 33 ff) und der Geltung des Art 7 EMRK auch im Verwaltungsstrafverfahren bestehen nicht von der Hand zu weisende Zweifel, ob § 95 Abs 2 Z 2 insoweit den sich aus Art 7 EMRK ergebenden grund- und verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Ferner können Verstöße gegen § 9 nach § 92 Abs 8 iVm § 70 Abs 4 37 Z 1 bis 3 BWG sowie nach § 5 Abs 2 Z 2 iVm § 3 Abs 5 Z 2 letzten Endes zum Entzug der Konzession führen (vgl dazu § 92 Rz 10; § 5 Rz 6). Diese in der Praxis durchaus gebräuchliche (vgl VwGH 20. 3. 2009, 2009/17/0033) Vorgangsweise könnte jedoch im Hinblick auf den Maßnahmencharakter der Befugnisse wohl weniger Probleme im 125
§ 10
Kreisl
Hinblick auf Art 7 EMRK als vielmehr wegen der Mehrdeutigkeit und der fehlenden klaren Determinierung des § 9 (so die Beurteilung bei B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 450) bezüglich des Legalitätsprinzips aufwerfen. Dass der VwGH den Gesichtspunkt der Vereinbarkeit des § 9 sowie von wegen Verletzung ua dieser Vorschrift gesetzten Maßnahmen nach § 92 Abs 8 mit dem Legalitätsprinzip gemäß Art 18 Abs 1 B-VG bisher nicht aufgegriffen hat, beruht darauf, dass im konkreten Fall diese Frage nicht entscheidungsrelevant war (vgl VwGH 20. 3. 2009, 2009/ 17/0033), und spricht daher noch nicht eindeutig für eine Vereinbarkeit des § 9 mit dem Legalitätsprinzip.
VI. Reformbedarf 38 Zwar wird die Forderung nach einer Reform des § 9 mehr oder weniger
offenkundig nicht zuletzt deshalb erhoben, um für die Branche in wirtschaftlicher Hinsicht als unerträglich empfundene gesetzliche Vorgaben im Rahmen eines allfälligen Gesetzgebungsverfahrens entsprechend beeinflussen zu können (vgl insb Bohrn/Winternitz, Reformstau beim WAG 2007, ZFR 2009, 204 f [204]; idS auch Bohrn/Würth, ZFR 2009, 90). Abgesehen von diesen primär rechtspolitischen und daher keineswegs zwingenden Forderungen gibt es jedoch durchaus auch beachtliche rechtliche Gründe (vgl B. Jud/Mair, ÖBA 2009, 450; ferner Rz 33 ff), die für eine Vornahme diesbezüglicher Klarstellungen durch den Gesetzgeber sprechen. Die Gelegenheit dafür besteht spätestens zum 31. 12. 2011. Ausweislich der Mat zu § 9 sind nämlich selbst nach Auffassung des Gesetzgebers bis zu diesem Termin legistische Maßnahmen zur Anpassung des § 9 Abs 6 zu treffen, um dem zu diesem Zeitpunkt auf Grund Fristablaufs eintretenden Wegfall des für § 9 Abs 6 die maßgebliche Rechtsgrundlage bildenden Wahlrechts gemäß Art 46 RL 2006/49/EG Rechnung zu tragen. Aus Anlass der dann notwendigen Novellierung des § 9 sollte zumindest das Verhältnis der einzelnen Berechnungsregeln zueinander eindeutig geregelt werden.
Geschäftsleiter § 10. (1) Personen, die die Geschäfte von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen tatsächlich leiten, haben über die erforderliche Zuverlässigkeit und ausreichende Erfahrung zu verfügen, um die solide und umsichtige Führung der Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen sicherzustellen. 126
Geschäftsleiter
§ 10
(2) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben der FMA sämtliche Veränderungen in der Geschäftsleitung zusammen mit allen Informationen anzuzeigen, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob neue zur Leitung bestellte Personen über die erforderliche Zuverlässigkeit und ausreichende Erfahrung im Sinne von § 3 Abs. 5 Z 3 verfügen. (3) Die FMA hat die Konzession zurückzunehmen, wenn sie der Ansicht ist, dass die Personen, die die Geschäfte der Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen tatsächlich leiten werden, nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit oder ausreichende Erfahrung verfügen, oder wenn objektive und nachweisbare Gründe für die Vermutung vorliegen, dass die vorgeschlagenen Veränderungen in der Geschäftsleitung deren solide und umsichtige Führung gefährden. Schrifttum: Benke/Brandl, Die „erforderlichen Erfahrungen“ des Geschäftsleiters eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, ÖBA 2007, 303; Brandl/ Kalss, Die „erforderlichen Eigenschaften“ von Geschäftsleitern eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, ÖBA 2000, 943; Brandl/Wolfbauer, Die BWGNovellen des Juni 2003, ecolex 2003, 624; Holoubek/Kalss/Kwapil/N. Raschauer, Der „qualifizierte Konkurs“ im Finanzdienstleistungsbereich, ÖBA 2005, 192; Kinscher/Paliege-Barfuß, Die Gewerbeordnung – GewO (Loseblattausgabe, Stand 1. 5. 2009); Kreisl/N. Raschauer, Strafrechtsakzessorische Ausschlussgründe des österreichischen Kapitalmarktrechts, ÖJZ 2005, 99; N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung (2008), 291; Ruhm/Schopper, Gesetzliche Corporate Governance für Organe von Kreditinstituten – Neuerungen durch die Aufsichtsreform 2007, ZFR 2008, 44. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 10): „Abs. 1 setzt Art. 9 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 3 setzt Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Art. 9 Abs. 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG ist bereits im Konzessionstatbestand durch den Verweis auf die betreffenden BWG-Bestimmungen erfasst. Das in Art. 9 Abs. 4 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht wird im vorliegenden Gesetzentwurf nicht ausgeübt, da das aus derzeitiger Sicht nicht erforderlich ist.“
Übersicht I. II. A. B.
Geschäftsleiterdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . Beherrschung der deutschen Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4–12 4–5 6
127
§ 10 C. D. III. A. B. C. 1. 2. 3. D. 1. 2. 3. 4. IV. V. A. B. VI.
Kreisl Vier-Augen-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kein Hauptberuf außerhalb des „Finanzwesens“ . . . . . . . . . . . . . . . Erforderliche Zuverlässigkeit; ausreichende Erfahrung . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fachliche Eignung und erforderliche Erfahrungen. . . . . . . . . . . . . Erforderliche Eigenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönliche Zuverlässigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschlussgründe nach der GewO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strafrechtsakzessorische Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entzug einer Gewerbeberechtigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschäftsleiter ohne österreichische Staatsbürgerschaft . . . . . . . Anzeige- und Nachweispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Im Rahmen des Konzessionsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bei Änderungen in der Geschäftsleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsrechtliche Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7–9 10–12 13–39 13 14–17 18–27 19–20 21–23 24–27 28–39 28–29 30–37 38 39 40–42 43–44 43 44 45–47
I. Geschäftsleiterdefinition 1 § 1 Z 33 definiert den Begriff „Geschäftsleitung“ als „eine oder mehrere
Personen, die die Geschäfte einer Wertpapierfirma, eines Kreditinstituts oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens tatsächlich leiten“. Diese Wendung, die auch in § 10 Abs 1 übernommen wurde, legt auf den ersten Blick nahe, dass für die Qualifikation einer Person als Geschäftsleiter bereits jede faktische Führung von (nicht näher determinierten) Geschäften einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens ausreicht. Als Geschäftsleiter kämen damit auch Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte bzw allenfalls auch bloß faktische Geschäftsleiter (!) in Frage. Bei genauerer Betrachtung lässt sich jedoch keine Stütze dafür finden, dass der Gesetzgeber des WAG 2007 einen eigenständigen, noch dazu von anderen Materiengesetzen des Kapitalmarktrechts (vgl BWG, VAG, PKG) erheblich abweichenden Geschäftsleiterbegriff für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen schaffen wollte. Nur am Rande sei hier bemerkt, dass ein derartiger, ausschließlich für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen gültiger Geschäftsleiterbegriff auch mit erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken konfrontiert wäre (Sachlichkeit der Regelung). Hingegen ist eher anzunehmen, dass die gegenständlichen Wendungen in § 1 Z 33 und § 10 Abs 1 unreflektiert, wortgleich aus Art 9 Abs 1 (der dt Übersetzung) der MiFID übernom128
Geschäftsleiter
§ 10
men wurden, ohne eine materielle Änderung der bisher geltenden Rechtslage zu beabsichtigen. Im Übrigen sind diese Bestimmungen vor dem Hintergrund von § 1 letzter Satz zu interpretieren, wonach „… soweit in diesem Bundesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, die Begriffsbestimmungen des BWG, des Börsegesetzes und der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 der Kommission (gelten)“. Da der Gesetzgeber keine eigenständige Definition schaffen wollte, ist anzunehmen, dass für den Anwendungsbereich des WAG 2007 weiterhin (wie schon für das WAG) die Begriffsbestimmung des § 2 Z 1 BWG maßgeblich ist, wonach als Geschäftsleiter nur natürliche Personen in Betracht kommen, die sowohl zur Geschäftsführung als auch zur Vertretung nach außen berechtigt sein müssen (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 1, 7). Der Betrieb einer Wertpapierfirma ist nach § 3 Abs 5 Z 1 der Rechts- 2 form einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft vorbehalten. In entsprechender Anwendung des § 2 Z 1 lit a BWG kommen als Geschäftsleiter einer AG bzw GmbH diejenigen natürlichen Personen in Betracht, die nach dem Gesetz oder der Satzung zur Führung der Geschäfte und zur organschaftlichen Vertretung nach außen vorgesehen sind, somit die Mitglieder des Vorstands einer AG (§§ 70 ff AktG) und die Geschäftsführer einer GmbH (§§ 15 ff GmbHG). Darüber hinaus ist mit Diwok anzunehmen, dass auch die Europäische Aktiengesellschaft („Societas Europea“ bzw „SE“) als zulässige Rechtsform in Frage kommt (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 1, 6 mwN). Als Geschäftsleiter einer SE, die „dualistisch“ organisiert ist, werden die Mitglieder des Vorstands anzusehen sein (§§ 34 f Societas EuropeaGesetz, „SEG“). Im „monistischen System“ werden als Geschäftsleiter die Mitglieder des Verwaltungsrats bzw, falls diesen die Befugnis zur Geschäftsführung nach § 40 Abs 1 SEG übertragen wurde, die geschäftsführenden Direktoren anzusehen sein (§§ 40 und 43 SEG). Für die Rechtsform der Genossenschaft sind – unter Anwendung von § 2 Z 1 lit b BWG – diejenigen natürlichen Personen als Geschäftsleiter anzusehen, die vom Vorstand bzw dem Aufsichtsrat oder der Generalversammlung der Genossenschaft mit der Führung der Geschäfte betraut sowie als Geschäftsleiter namhaft gemacht wurden. Charakteristisch ist die Eintragung dieser Personen als Geschäftsleiter im Firmenbuch (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/ Zeipelt, WAG § 20 Rz 7). Der Betrieb eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens kann in je- 3 der zivilrechtlich zulässigen Rechtsform geführt werden (dies ist der Formulierung in § 4 Abs 1 „. . . natürliche oder juristische Personen . . .“ zu entnehmen, auch wenn ein Verweis in § 4 Abs 2 auf § 3 Abs 5 129
§ 10
Kreisl
Z 1 fehlt; siehe auch § 4 Rz 2). Geschäftsleiter einer Offenen Gesellschaft (OG) sind alle Gesellschafter, sofern sie nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Geschäftsführung (§ 114 UGB) oder der Vertretung der Gesellschaft (§ 125 UGB) ausgeschlossen sind. Geschäftsleiter einer Kommanditgesellschaft (KG) sind die persönlich haftenden Gesellschafter (vgl §§ 164 und 170 UGB), sofern sie nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Geschäftsführung (§ 114 UGB) oder der Vertretung der Gesellschaft (§ 125 UGB) ausgeschlossen sind. Der Einzelunternehmer ist Geschäftsleiter seines Unternehmens.
II. Allgemeine Voraussetzungen A. Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich 4 § 3 Abs 5 Z 6 iVm § 5 Abs 1 Z 10 BWG sieht vor, dass mindestens ein
Geschäftsleiter einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich haben muss. Diese Regelung soll nach den Erl RV zu § 5 (1130 BlgNR 18. GP) sicherstellen, dass „. . . zumindest ein Geschäftsleiter . . . für die Aufsicht greifbar . . . ist“. 5 „Mittelpunkt der Lebensinteressen“ muss nicht notwendigerweise der Hauptwohnsitz iSd § 1 Abs 7 MeldeG sein; eine Anknüpfung kann sich auch aus dem Aufenthaltsort der Familie ergeben (N. Raschauer/ Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/ Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 304; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG3 § 5 Rz 9). Nach Diwok ist aus europarechtlicher (Art 12 EGV [nunmehr Art 18 AEUV], Art 4 und 6 EWR-A) und verfassungsrechtlicher (Art 8 MRK) Sicht eine einschränkende Interpretation vorzunehmen, wonach dieses Kriterium erst dann nicht mehr erfüllt ist, wenn ein Geschäftsleiter „. . . so häufig oder so weit von Österreich abwesend ist, dass ihm die Möglichkeit zu ordnungsgemäßer Geschäftsführung . . . im Inland abgesprochen werden muss“, was aus dem Blickwinkel der Geschäftstätigkeit und des notwendigen Kontrollsystems des jeweiligen Unternehmens zu beurteilen ist (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 60).
B. Beherrschung der deutschen Sprache 6 Nach § 3 Abs 5 Z 6 iVm § 5 Abs 1 Z 11 BWG hat mindestens ein
Geschäftsleiter die dt Sprache zu beherrschen. Die dt Sprache ist, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesverfassungs130
Geschäftsleiter
§ 10
gesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik (Art 8 Abs 1 B-VG). Österreichische Behörden – insbesondere die FMA als Aufsichtsbehörde – haben sich der dt Sprache als Amtssprache zu bedienen. Aus teleologischen Erwägungen wird dann von hinreichenden Sprachkenntnissen auszugehen sein („Beherrschen der Sprache“), wenn diese einerseits für eine geordnete Leitung des Unternehmens ausreichen und andererseits eine effiziente Kommunikation mit den Behörden (sowohl im Rahmen des Konzessionsverfahrens als auch im Zuge der laufenden Beaufsichtigung) ermöglichen. Die FMA wird sich gegebenenfalls ein Bild von den Sprachfähigkeiten der Geschäftsleiter machen müssen (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 304). Die Vorschrift trifft keine Unterscheidung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, weshalb keine Bedenken hinsichtlich Art 12 EGV (nunmehr Art 18 AEUV) bestehen (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 61).
C. Vier-Augen-Prinzip § 3 Abs 5 Z 6 iVm § 5 Abs 1 Z 12 BWG sieht für Wertpapierfirmen 7 die Einhaltung des „Vier-Augen-Prinzips“ vor. Demnach haben Wertpapierfirmen über mindestens zwei Geschäftsleiter zu verfügen. Sowohl die organschaftliche als auch die gewillkürte Einzelvertretung („Einzelvertretungsmacht, Einzelprokura oder Einzelhandlungsvollmacht“) für den gesamten Geschäftsbereich einer Wertpapierfirma sind gesellschaftsvertraglich auszuschließen. Zulässig bleibt jedoch die Erteilung von Spezialvollmachten an Mitarbeiter einer Wertpapierfirma, die nicht den gesamten Geschäftsbetrieb umfassen. Das Vier-Augen-Prinzip schließt die Einzelvertretung wegen der damit verbundenen, erleichterten Möglichkeiten für einen Vollmachtsmissbrauch aus. Es beschränkt daher ausschließlich die aktive Vertretung einer Wertpapierfirma. Passiv ist weiterhin jeder Geschäftsleiter zur Entgegennahme von Erklärungen an das Unternehmen befugt (mit weiterführender Begründung Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 63). Art 9 Abs 4 zweiter Unterabsatz MiFID räumt den Mitgliedstaaten das 8 Wahlrecht ein, Ausnahmen vom Vier-Augen-Prinzip für Wertpapierfirmen festzusetzen, sofern „. . . alternative Regelungen bestehen, die die solide und umsichtige Führung solcher Wertpapierfirmen gewährleisten“. Dieses Wahlrecht wurde jedoch von Österreich nicht ausgeübt, „. . . da das aus derzeitiger Sicht nicht erforderlich ist.“ (Erl RV). 131
§ 10
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9 Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind nach § 4 Abs 2 Z 1
nicht zur Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips verpflichtet. Unternehmen, die dieses Prinzip nicht einhalten, haben jedoch auf diesen Umstand in ihren Geschäftspapieren in geeigneter Form hinzuweisen. Der Begriff „Geschäftspapiere“ wird durch das WAG 2007 nicht definiert. Sinn und Zweck der Hinweispflicht ist jedoch – analog zu § 14 UGB („Geschäftspapiere und Bestellscheine“; vgl Schenk in Straube [Hrsg], HGB I3 § 14 Rz 1) – die Vermittlung bedeutsamer Informationen an (potenzielle) Geschäftspartner des Unternehmens. Es liegt daher nahe, den Begriff „Geschäftspapiere“ analog zu „Geschäftsbriefe“ in § 14 UGB auszulegen. Demnach erfasst der Begriff Geschäftspapiere jede schriftliche, geschäftliche Mitteilung, auf Papier oder in sonstiger Weise, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet ist, wobei die äußere Form und die Art der Herstellung des Texts (Einzelbrief, Vervielfältigung etc) unerheblich ist (Schenk in Straube [Hrsg], HGB I3 § 14 Rz 11). Es ist daher (arg: „in sonstiger Weise“) nicht nur die Papierform, sondern auch der Einsatz moderner Kommunikationsmittel wie E-Mail, Telefax oä erfasst (Dehn in Krejci [Hrsg], ReformKommentar UGB § 14 Rz 10). Teleologische Erwägungen sprechen für eine analoge Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 14 Abs 4 UGB. Mitteilungen und Berichte, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden, in denen lediglich die im Einzelfall erforderlichen besonderen Angaben einzufügen sind (ausgenommen Bestellscheine), müssen daher keinen Hinweis auf die mangelnde Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips enthalten (vgl Dehn in Krejci [Hrsg], ReformKommentar UGB § 14 Rz 10).
D. Kein Hauptberuf außerhalb des „Finanzwesens“ 10 Durch das Verbot einen Hauptberuf außerhalb des Bankwesens,
außerhalb von Versicherungsunternehmen oder Pensionskassen auszuüben (§ 3 Abs 5 Z 6 iVm § 5 Abs 1 Z 13 BWG), soll vermieden werden, dass Geschäftsleiter durch andere Aufgaben zu sehr von der Leitung einer Wertpapierfirma abgelenkt werden. Die Ausnahme für Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Pensionskassen soll einen effizienten Einsatz von Ressourcen im Rahmen von – im Finanzwesen üblichen – „konzernmäßigen Verschachtelungen“ ermöglichen (vgl Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 8). 11 Nach hA liegt ein Hauptberuf dann vor, „. . . wenn der Zeitaufwand zumindest mehr als die Hälfte der üblichen Arbeitszeit ausmacht und wenn der Verdienst zur Deckung des normalen Lebensunterhalts aus132
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reicht“ (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 8; Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 5 Rz 30). Geschäftsleiter von Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind von 12 dieser Verpflichtung befreit (vgl § 4 Abs 2 Z 1). Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Grund der Umsatzgrenzen in § 4 Abs 1 prinzipiell als kleinere Unternehmen gelten, für deren Betrieb ein geringeres Maß an Zeitaufwand ausreichen wird.
III. Erforderliche Zuverlässigkeit; ausreichende Erfahrung A. Allgemeines Nach § 10 Abs 1 haben die Geschäftsleiter über die „erforderliche 13 Zuverlässigkeit und ausreichende Erfahrung zu verfügen, um die solide und umsichtige Führung der Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen sicherzustellen“. Diese Anordnung ist iZm § 3 Abs 5 Z 3 zu lesen, wonach die Geschäftsleiter einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens „auf Grund ihrer Vorbildung fachlich geeignet“ sein müssen und über die für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen „erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen“ verfügen müssen. Diese Anforderungen entsprechen der bereits von der ISD (vgl Art 3 Abs 2 zweiter Spiegelstrich) und in weiterer Folge auch von der MiFID (Art 9) geforderten Kriterien „fit“ („fachliche Eignung und erforderliche Erfahrungen“) und „proper“ („erforderliche Eigenschaften“). Eine Legaldefinition dieser Begriffe ist jedoch weder den europarechtlichen Rechtsquellen noch den österreichischen Materiengesetzen zu entnehmen. Nach Maßgabe von § 28 a BWG haben auch die Aufsichtsratsvorsitzen „großer“ Kreditinstitute (dh solcher, deren Bilanzsumme € 750 Mio übersteigt [§ 28 a Abs 5 BWG]) einen derartigen „Fit and Proper“-Test zu bestehen (siehe dazu Ruhm/Schopper, ZFR 2008, 45 ff).
B. Fachliche Eignung und erforderliche Erfahrungen Die Kriterien der fachlichen Eignung und erforderlichen Erfahrun- 14 gen sind nach der Art eines beweglichen Systems in einem Verhältnis gegenseitiger Ergänzung angelegt und konstituieren gemeinsam die „professionelle Expertise“ eines Geschäftsleiters (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 315). Das Fehlen eines Verweises auf § 5 Abs 1 Z 8 BWG ist planmäßig; die Begriffe „fachliche Eignung“ und „erforderliche Erfah133
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rungen“ sind daher autonom, dh ohne Bezugnahme auf das BWG auszulegen (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 315 mwN). Das in § 5 Abs 1 Z 8 BWG genannte Kriterium der „Leitungserfahrung“ kommt daher für den Bereich des WAG 2007 nicht zur Anwendung (aA Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 20 Rz 8; Winternitz, WAG § 20 Rz 6). Die Wendung „auf Grund ihrer Vorbildung“ (§ 3 Abs 5 Z 3) bezieht sich ausschließlich auf das Erfordernis der fachlichen Eignung der Geschäftsleiter, nicht auch auf die erforderlichen Erfahrungen bzw Eigenschaften (vgl VwGH 19. 3. 2001, 2000/17/0135 zu § 20 Abs 1 Z 3 WAG). 15 Die „fachliche Eignung“ umfasst va theoretische Fachkenntnisse. Re-
levante Vorbildung wird durch den erfolgreichen Abschluss eines einschlägigen, repräsentativen Bildungsganges erworben, für den formale Strukturierungen (Curriculum, Zeugnis etc) sowie ein (formaler) Beleg, der den Erwerb der angestrebten Expertise bestätigt, charakteristisch sind (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 206 f). 16 Mit der fachlichen Eignung korrelieren die „erforderlichen Erfahrun-
gen“, die sich auf die praktischen Berufserfahrungen des Geschäftsleiters als ein „geschäftspraktisches Können“ (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 307) beziehen. Sie ergeben sich aus der professionellen Wahrnehmung einschlägiger, dh im Wertpapierdienstleistungsbereich auftretender, Szenarien (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 307). Für das Vorliegen der erforderlichen Erfahrungen kommt es ausschließlich auf die Qualität der praktischen Berufserfahrung an und nicht auf den (formellen) Konzessionsumfang des Unternehmens, für das eine Tätigkeit ausgeübt wurde. So können hinreichende Erfahrungen sowohl durch die Tätigkeit in einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen als auch beispielsweise in der Wertpapierabteilung einer Bank erworben werden (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 307). Die erforderlichen Erfahrungen müssen sich auf wesentliche, keinesfalls jedoch auf sämtliche Geschäftsbereiche des betreffenden Unternehmens beziehen. Darüber hinaus verlangt der VwGH, dass „die vom vorgesehenen Geschäftsleiter gesammelten praktischen Erfahrungen aus einer gleichermaßen rezenten wie nachhaltig ausgeübten beruflichen Tätigkeit resultieren“ (VwGH 19. 3. 2001, 2000/17/0135). Da jedoch einmal erworbenes fachspezifisches Wissen und Können selbst in Anbetracht der Schnelllebigkeit der Finanzbranche nicht kurzfristig wieder verloren gehen wird (vgl die zutreffende Kritik von Benke/Brandl, ÖBA 2007, 314), werden an diese Voraussetzung keine überzogenen Ansprüche zu stellen sein. 17 Wann das gebotene Qualifikationsniveau erreicht ist, muss in gemein-
samer Würdigung der Qualität der Tätigkeiten und deren zeitlicher 134
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Dauer beurteilt werden (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 307). Eine sachgerechte Beurteilung hat unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls stattzufinden. Es wird stets ein Mindestmaß an jeweils fachlicher Vorbildung und praktischer Erfahrung zu verlangen sein. Das verstärkte Vorliegen eines Elements kann aber geeignet sein, das geringere Vorliegen des anderen zu kompensieren (Benke/Brandl, ÖBA 2007, 315). Im Übrigen sind die Anforderungen an die Geschäftsleiter in qualitativer und quantitativer Hinsicht vor dem Hintergrund des jeweiligen Geschäftsbetriebs zu bestimmen (vgl Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 5 Rz 22).
C. Erforderliche Eigenschaften Hinsichtlich der erforderlichen Eigenschaften ist der Verweis in § 3 18 Abs 5 Z 6 auf § 5 Abs 1 Z 6 und 7 BWG zu beachten. Demnach haben Geschäftsleiter einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens generell über die persönliche (charakterliche) Zuverlässigkeit zu verfügen, auf deren Grundlage die umsichtige Führung des Unternehmens zu erwarten ist (vgl VwGH 28. 6. 1994, 93/04/0034, wonach der Begriff der Zuverlässigkeit im Rahmen der GewO so auszulegen ist, dass darunter eine solche „Geisteshaltung und Sinnesart“ zu verstehen ist, die Gewähr dafür bietet, dass bei Ausübung des Gewerbes die dabei zu beachtenden öffentlichen Rücksichten gewahrt bleiben). Das Gesetz stellt damit auf die persönlich-professionelle Lauterkeit der Geschäftsleiter ab (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 45).
1. Persönliche Zuverlässigkeit Die Geschäftsleiter haben generell über die nötige persönliche Zuver- 19 lässigkeit für den Betrieb einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens zu verfügen („Generalklausel“). Sind keine Tatsachen erkennbar, welche die Unzuverlässigkeit begründen, so wird die Zuverlässigkeit einer Person zunächst unterstellt und ist daher nicht positiv nachzuweisen (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 301); liegen jedoch derartige Tatsachen vor, darf die Konzession nur erteilt werden, wenn die Unbegründetheit der Zweifel bescheinigt wurde (vgl § 5 Abs 1 Z 7 BWG). Die Zuverlässigkeit einer Person ist hingegen dann nicht mehr anzu- 20 nehmen, wenn sie nach ihrer gesamten Persönlichkeit nicht (länger) Gewähr dafür bietet, dass ihre Tätigkeit ordnungsgemäß (weiter) be135
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treiben wird (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 300 f).
2. Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse 21 Die persönliche Zuverlässigkeit umfasst insb die Pflicht, über „geord-
nete wirtschaftliche Verhältnisse“ zu verfügen (§ 5 Abs 1 Z 6 zweite Alternative und Z 7 erste Alternative BWG). Durch die Prüfung der privaten wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschäftsleiters soll sich die Behörde ein Bild über die Fähigkeit dieser Person zur umsichtigen Geschäftsführung machen; ergeben sich im Zuge der Prüfung Umstände, die darauf schließen lassen, dass der Geschäftsleiter privat nicht in der Lage ist, umsichtig zu wirtschaften, wird dies auch in der Funktion als Geschäftsleiter nicht zu erwarten sein und eine „persönliche wirtschaftliche Unzuverlässigkeit“ begründen (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 299 f). 22 Für die Beantwortung der Frage, wann wirtschaftliche Verhältnisse (noch) geordnet sind, ist § 5 Abs 1 Z 6 und 7 BWG heranzuziehen. Nach § 5 Abs 1 Z 6 zweite Alternative BWG ist eine Konzession dann nicht zu erteilen, wenn über das Vermögen eines Geschäftsleiters bzw das Vermögen eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person, auf dessen Geschäfte dem Geschäftsleiter maßgeblicher Einfluss zusteht oder zugestanden ist, der Konkurs eröffnet wurde (siehe dazu Holoubek/Kalss/Kwapil/N. Raschauer, ÖBA 2005, 192 ff), es sei denn, im Rahmen des Konkursverfahrens ist es zum Abschluss eines Zwangsausgleiches gekommen, der erfüllt wurde (dies gilt auch, wenn ein damit vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde). Die „Insolvenz“ des Geschäftsleiters ist daher nicht nur als Konzessionsverweigerungs- oder -entziehungstatbestand zu qualifizieren, sondern führt auch dazu, dass der Geschäftsleiter nicht über die erforderliche wirtschaftliche Zuverlässigkeit verfügt. § 5 Abs 1 Z 7 erste Alternative BWG erweitert den Ausschlussgrund der „wirtschaftlichen Unzuverlässigkeit“ um verwandte Anlassfälle: Demnach gilt ein Geschäftsleiter als wirtschaftlich (und damit als persönlich) unzuverlässig, wenn er über erhebliche Schulden verfügt, die noch nicht zum Eintritt der Insolvenz geführt haben, oder wegen einschlägiger Wirtschaftsstrafdelikte, die nicht schon durch § 5 Abs 1 Z 6 erste Alternative BWG erfasst wurden, rechtskräftig verurteilt wurde (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, 136
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InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 299 f). Das BWG enthält hinsichtlich des Ausschlussgrundes „Konkurs“ iSd 23 § 5 Abs 1 Z 6 zweite Alternative BWG keine Nachsichtsmöglichkeit (iSd § 26 GewO), was im Schrifttum zwar völlig zu Recht als unerträglicher Automatismus kritisch gewürdigt (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem FMAG (2002) 51 f; dies, ecolex 2003, 624; Holoubek/Kalss/Kwapil/N. Raschauer, ÖBA 2005, 192 ff; ähnl Kreisl/ N. Raschauer, ÖJZ 2005, 99 f), vom VfGH aber verfassungsrechtlich nicht weiter beanstandet wurde. Der VfGH lehnte die Behandlung einer diesbezüglichen Beschwerde mit dem lapidaren Hinweis auf die Wichtigkeit des Bank- und Börsewesens, in welchem dem Gesetzgeber ein erhöhter Gestaltungsspielraum eingeräumt sei, ohne weitere Begründung ab (VfGH 26. 9. 2005, B 1607/04; vgl auch VwGH 22. 2. 2006, 2006/17/0015).
3. Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit Nach § 5 Abs 1 Z 7 BWG können auch sonstige Tatsachen Zweifel an 24 der persönlichen Zuverlässigkeit des Geschäftsleiters begründen, die nicht schon anderen Ausschlussgründen des § 5 Abs 1 BWG zuzurechnen sind. Es handelt sich dabei um einen „Auffangtatbestand“ für alle jene Fälle, in denen zwar die Voraussetzungen der § 13 GewO und § 5 Abs 1 Z 6 und 7 erste Alternative BWG nicht erfüllt sind, aber dennoch Zweifel am Vorhandensein der erforderlichen Eigenschaften des Geschäftsleiters bestehen (Brandl/Kalss, ÖBA 2000, 944). Eine Beeinträchtigung der Zuverlässigkeit einer Person kann sich dem- 25 nach auch aus einer Übertretung von Justiz- und Verwaltungsstrafbestimmungen ergeben, die nicht in § 13 Abs 1 und 2 GewO genannt sind. Während besonders schwere, gerichtlich strafbare Delikte bereits von § 13 Abs 1 GewO abgedeckt sind, kommen hier insb einschlägige Justizstraftaten bzw Ordnungsverstöße, dh (wiederholte) Übertretungen einschlägiger Verwaltungsstrafbestimmungen der kapitalmarktrechtlichen Materiengesetze und ebenso Steuervergehen, in Frage (Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 102). Nach der Rsp des VwGH kann die Behörde bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit einer Person selbst bereits getilgte Verwaltungsstrafen heranziehen (Brandl/Kalss, ÖBA 2000, 945 mwN). Auch Verstöße gegen privatrechtliche Normen, dh gegen Vertrags- 26 bestimmungen oder privatrechtliche Sorgfaltsgebote können bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit eine Rolle spielen (Brandl/Kalss, ÖBA 2000, 945). Darüber hinaus können aber auch andere Umstände gegen 137
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die Zuverlässigkeit einer Person sprechen. Hierzu zählen insbesondere persönliche Schwächen, krankhafte Störungen oder sonstige Anhaltspunkte, die zur Unfähigkeit für die wirtschaftliche Geschäftsführung führen (Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 102 mwN). 27 Alle diese Umstände sind zur Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Geschäftsleiters von der Behörde im Rahmen einer Betrachtung des Gesamtbildes zu würdigen. Dabei ist nach hM auf das Persönlichkeitsbild des Geschäftsleiters und seine Charaktereigenschaften abzustellen (idS Brandl/Kalss, ÖBA 2000, 944; Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 5 Rz 20; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 5 Rz 47). Stets ist auf die Besonderheiten der Geschäfte des jeweiligen Unternehmens, insb auf die unterschiedlichen Anforderungen je nach Geschäftsart und Größe des jeweiligen Unternehmens, abzustellen (Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 102 mwN).
D. Ausschlussgründe nach der GewO 1. Allgemeines 28 Auf Grund eines dynamischen Verweises in § 3 Abs 5 Z 6 auf § 5
Abs 1 Z 6 BWG, der wiederum dynamisch auf § 13 Abs 1 bis 3, 5 und 6 GewO verweist, sind die Ausschlussgründe der GewO auch für den Anwendungsbereich des WAG 2007 relevant. Sie beziehen sich auf die Verwirklichung strafrechtlicher Tatbestände („strafrechtsakzessorische Ausschlussgründe“, § 13 Abs 1 und 2 GewO), die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (§ 13 Abs 5 GewO) sowie den Entzug einer Gewerbeberechtigung (§ 13 Abs 6 GewO). 29 Eine § 26 GewO vergleichbare Nachsichtsregelung ist im BWG (und somit auch im Anwendungsbereich des WAG 2007) nicht vorgesehen, was im Schrifttum kritisch gewürdigt wird (vgl Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 101); die Ausschlussgründe der GewO wirken daher unmittelbar und absolut (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 300); siehe auch Rz 23.
2. Strafrechtsakzessorische Ausschlussgründe 30 Nach § 13 Abs 1 GewO ist als Geschäftsleiter ausgeschlossen, wer
(lit a) wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153 d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153 e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Be138
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günstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) (rechtskräftig) verurteilt worden ist. Auf das Ausmaß der Strafe kommt es dabei nicht an (vgl dazu Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7 § 13 Anm 2 a und 3). Darüber hinaus ist ausgeschlossen, wer (lit b) wegen einer sonstigen Justizstraftat zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen (rechtskräftig) verurteilt worden ist (vgl dazu Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7 § 13 Anm 4 und 5). Beurteilungsmaßstab, ob ein Strafurteil zur Abberufung des Geschäftsleiters zu führen hat, ist jedenfalls nur die ausgesprochene Strafe; eine allfällige außerordentliche Strafmilderung oder der bedingte Ausspruch der Strafe (§§ 41, 43 StGB) sind nicht in die Betrachtung einzubeziehen (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 302). Keinen Ausschlussgrund bilden jedoch getilgte Verurteilungen (§ 13 Abs 1 Z 2 GewO; vgl § 1 Abs 1 TilgG) bzw solche, die der beschränkten Auskunft aus dem Strafregister unterliegen (§ 6 TilgG), sowie diversionelle Erledigungen einer Strafsache iSd §§ 198 ff StPO; vgl N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/ Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 302 f). Nach § 13 Abs 2 GewO ist als Geschäftsleiter ebenso ausgeschlossen, wer wegen der Finanzvergehen des Schmuggels, der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben, der Abgabenhehlerei (§ 37 Abs 1 lit a FinStrG), der Hinterziehung von Monopoleinnahmen, des vorsätzlichen Eingriffes in ein staatliches Monopolrecht oder der Monopolhehlerei (§ 46 Abs 1 lit a FinStrG) von einer Finanzstrafbehörde (rechtskräftig) bestraft worden ist, wenn über ihn wegen eines solchen Finanzvergehens eine Geldstrafe von mehr als € 726,– oder neben einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe verhängt wurde, und wenn seit der Bestrafung noch nicht fünf Jahre vergangen sind (vgl dazu Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7 § 13 Anm 14 ff). Spezifisch auf das Gastgewerbe zugeschnitten ist § 13 Abs 1 zweiter Unterabs GewO, wonach von der Ausübung eines Gastgewerbes natürliche Personen ausgeschlossen sind, wenn gegen sie eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen Übertretung der §§ 28 bis 31 a SMG vorliegt. Eine teleologische Interpretation führt zu einer Reduktion dieses Verweises, sodass dieser Ausschlussgrund auf Geschäftsleiter einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens keine Anwendung findet (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrecht139
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liche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 302). Eine allfällige Verurteilung nach den Bestimmungen des SMG ist jedoch jedenfalls bei der Beurteilung der persönlichen Zuverlässigkeit zu berücksichtigen (vgl Rz 24 ff). 35 Die Aufsichtsbehörde ist an das Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils gebunden (Tatbestandswirkung); eine Vorfrage iSd § 38 AVG liegt daher nicht vor (Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 102 f; aA Brandl/ Kalss, ÖBA 2001, 951). 36 Justiz- und verwaltungsstrafrechtliche Verurteilungen im Ausland stellen ebenso Ausschlussgründe dar, wenn eine Verurteilung auf vergleichbaren Tatbeständen beruht (§ 13 Abs 1 und 2 GewO; vgl dazu Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7 § 13 Anm 12 f). 37 Die strafrechtsakzessorischen Ausschlussgründe dienen lediglich der Verwirklichung der Schutzzwecke der kapitalmarktrechtlichen Materiengesetze, verfolgen aber keinen darüber hinausgehenden Strafzweck (Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 102; zur verfassungsrechtlichen Problematik siehe etwa Kreisl/N. Raschauer, ÖJZ 2005, 103 ff).
3. Insolvenz 38 Nach § 13 Abs 3 GewO sind Rechtsträger von der Gewerbeausübung
als Gewerbetreibende (§ 38 Abs 2 GewO) ausgeschlossen, wenn (Z 1) der Konkurs mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und (Z 2) der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist. Dies gilt auch, wenn ein mit dem angeführten Ausschlussgrund vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde. Eine natürliche Person ist nach § 13 Abs 5 GewO überdies von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen, wenn ihr ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht oder zugestanden ist, bei dem der Ausschluss von der Gewerbeausübung nach § 13 Abs 3 GewO eintritt oder eingetreten ist (vgl dazu Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7 § 13 Anm 30 ff).
4. Entzug einer Gewerbeberechtigung 39 Nach § 13 Abs 6 GewO ist eine natürliche Person, die durch das
Urteil eines Gerichts eines Gewerbes verlustig erklärt wurde, oder der 140
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eine Gewerbeberechtigung auf Grund des § 87 Abs 1 Z 3 oder 4 GewO entzogen worden ist, von der Ausübung eines anderen Gewerbes ebenso ausgeschlossen, wenn durch die Ausübung dieses Gewerbes der Zweck der mit dem Gerichtsurteil ausgesprochenen Verlustigerklärung des Gewerbes oder der Entziehung auf Grund § 87 Abs 1 Z 3 oder 4 GewO vereitelt werden könnte. Dies gilt auch für eine natürliche Person, die wegen Zutreffens der in § 87 Abs 1 Z 3 oder 4 GewO angeführten Entziehungsgründe Anlass zu behördlichen Maßnahmen gemäß § 91 Abs 1 oder 2 GewO gegeben hat (vgl dazu Kinscher/ Paliege-Barfuß, GewO7 § 13 Anm 41 f).
IV. Geschäftsleiter ohne österreichische Staatsbürgerschaft Nach § 3 Abs 5 Z 6 iVm § 5 Abs 1 Z 9 BWG haben Personen, die 40 nicht österreichische Staatsbürger sind, eine Bestätigung der Aufsichtsbehörde des Staats beizubringen, dessen Staatsbürger sie sind. Aus dieser Bestätigung soll sich ergeben, dass keine Ausschlussgründe „im Sinne des § 5 Abs 1 Z 6, 7, 8 oder 13“ BWG vorliegen. Nachdem auch für inländische Geschäftsleiter § 5 Abs 1 Z 8 BWG nicht gilt, ist auch dieser Verweis insoweit teleologisch zu reduzieren. Die Beurteilung, ob die im Ausland verwirklichten Sachverhaltskon- 41 stellationen nach österreichischem Recht einen Ausschlussgrund darstellen, ist ausschließlich von der FMA vorzunehmen. Die FMA hat dabei zu prüfen, ob zwischen dem im Ausland verwirklichten Tatbestand und der österreichischen Rechtslage „materielle Vergleichbarkeit“ besteht. Sie hat auf Grund des Antrags und der vorgelegten Bestätigung den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und eine entsprechende Beurteilung vorzunehmen (N. Raschauer/Kreisl, Aufsichtsrechtliche Pflichten des Geschäftsführers nach dem BWG, InvFG, ImmoInvFG und BMVG, in Ratka/Rauter, Handbuch Geschäftsführerhaftung 303 f). Kann eine solche Bestätigung nicht erlangt werden, etwa weil nach der 42 ausländischen Rechtsordnung kein Rechtsanspruch auf Ausstellung derselben besteht oder die ausländische Behörde aus sonstigen Gründen keine fristgerechte Bestätigung erteilt, so kann der betreffende Geschäftsleiter – soweit er diesen Umstand glaubhaft macht – das Fehlen von Ausschlussgründen auch durch sonstige Unterlagen bescheinigen. Er hat jedenfalls eine Erklärung abzugeben, dass keine einschlägigen Ausschlussgründe vorliegen. 141
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V. Anzeige- und Nachweispflicht A. Im Rahmen des Konzessionsverfahrens 43 Die sich aus § 5 Abs 1 Z 2 bis 4, 6, 7 und 9 bis 14 BWG ergebenden
Anforderungen an die Geschäftsleiter sind bereits als Konzessionsvoraussetzungen formuliert (vgl § 3 Abs 5 Z 6), weshalb Wertpapierfirmen (und Wertpapierdienstleistungsunternehmen, soweit diese nicht von einer solchen Voraussetzung ausgenommen sind) der FMA bereits im Rahmen der Konzessionierung sämtliche dazu erforderlichen Nachweise zu erbringen haben. In der Praxis verlangt die FMA insb die Vorlage von Lebensläufen, aktueller Strafregisterauszüge, Erklärungen der Geschäftsleiter hinsichtlich der Ausübung ihrer Tätigkeit als Hauptberuf sowie allenfalls Zeugnisse und Zertifikate über absolvierte Ausbildungen, Gewerbescheine oder Dienstzeugnisse. Diese Nachweise sind auch zu erbringen, wenn neue Geschäftsleiter bestellt werden sollen.
B. Bei Änderungen in der Geschäftsleitung 44 In diesem Zusammenhang ist der Verweis in § 6 auf § 73 Abs 1 Z 2
und 3 BWG relevant, wonach (Z 2) jede Änderung der Voraussetzungen gemäß § 5 Abs 1 Z 6, 7, 10 und 13 BWG bei bestehenden Geschäftsleitern und (Z 3) jede Änderung in der Person der Geschäftsleiter unverzüglich schriftlich anzuzeigen sowie die Einhaltung von § 5 Abs 1 Z 6 bis 11 und 13 BWG der FMA nachzuweisen sind. Auch dieser Verweis ist zu reduzieren, sodass Z 8 für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht anwendbar ist (vgl Rz 14). „Unverzüglich“ bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“ (vgl zB VwGH 29. 4. 1988, 87/17/0313; vgl auch UVS Wien 17. 11. 2003, Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz S15 f). Vgl dazu auch das Rundschreiben der FMA vom 17. 5. 2004 (abrufbar unter www.fma.gv.at), wonach „Anzeigen gemäß § 73 Abs 1 Z 1 bis 8 BWG […], die nicht binnen 14 Tagen ab dem meldepflichtigen Zeitpunkt bei der FMA einlangen, jedenfalls als nicht rechtzeitig angesehen werden“.
VI. Aufsichtsrechtliche Konsequenzen 45 Die in § 10 genannten Anforderungen an die Geschäftsleiter sind Kon-
zessionsvoraussetzungen (vgl § 3 Abs 5 Z 6); fehlen sie, ist eine Konzession erst gar nicht zu erteilen. Darüber hinaus bestimmt § 10 Abs 3, dass eine erteilte Konzession zurückzunehmen ist, wenn die FMA zur 142
Aktionäre mit qualifizierten Beteiligungen
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Ansicht gelangt, dass die Geschäftsleiter nicht (mehr) über die erforderlichen Eigenschaften verfügen, oder wenn objektive und nachweisbare Gründe für die Vermutung vorliegen, dass die vorgeschlagenen Veränderungen in der Geschäftsleitung deren solide und umsichtige Führung gefährden. Der Entzug einer Konzession ist – wegen ihrer Eingriffsintensität in 46 verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte (insb in die durch Art 6 StGG garantierte Erwerbsfreiheit) – stets „ultima ratio“; maW hat die FMA bei der Wahl ihrer Aufsichtsmittel nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip vorzugehen. Demnach sind zunächst die (milderen) Aufsichtsmittel nach § 91 f zu ergreifen (vgl § 92 Abs 8 iVm § 70 Abs 4 Z 3 BWG). Zu denken ist hierbei insb an die Nachforderung ausständiger bzw ergänzender Unterlagen (§ 91 Abs 3), die Androhung von Zwangsstrafen (§ 92 Abs 8 iVm § 70 Abs 4 Z 1 BWG) bzw die Untersagung der Führung des Unternehmens (§ 92 Abs 1 Z 3). Erst wenn mildere Mittel nicht zur Herstellung des rechtmäßigen Zustands ausreichen, darf eine Konzession entzogen werden. Die Einhaltung der Pflichten des § 10 ist darüber hinaus durch § 95 47 Abs 2 Z 2, die Einhaltung der Meldepflichten nach § 73 Abs 1 Z 2 und 3 BWG durch § 95 Abs 8 Z 2 verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert.
Aktionäre oder sonstige Gesellschafter mit qualifizierten Beteiligungen § 11. (1) Die FMA hat Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Konzession zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder zur Ausübung von Anlagetätigkeiten erst dann zu erteilen, wenn ihr die Namen der natürlichen oder juristischen Personen, die als Aktionäre oder sonstige Gesellschafter direkt oder indirekt qualifizierte Beteiligungen halten, sowie die Höhe der jeweiligen Beteiligungen angezeigt wurde. (2) Jeder, der beschlossen hat, eine qualifizierte Beteiligung an einer Wertpapierfirma oder einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen direkt oder indirekt zu erwerben oder eine derartige qualifizierte Beteiligung direkt oder indirekt zu erhöhen (interessierter Erwerber), mit der Folge, dass sein Anteil an den Stimmrechten oder am Kapital die Grenzen von 20 vH, 30 vH oder 50 vH erreichen oder überschreiten würde oder die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sein Tochterunternehmen würde, hat dies der FMA zuvor schriftlich unter Angabe des Umfangs der geplanten Beteiligung zusammen mit den Informationen gemäß § 11 b Abs. 3 anzuzeigen. Die Anzeigepflicht gilt auch für gemein143
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sam handelnde Personen, die zusammengenommen eine qualifizierte Beteiligung erwerben oder erreichen würden. Die Anzeige kann durch alle gemeinsam, mehrere oder jeden der gemeinsam handelnden Personen einzeln vorgenommen werden. (3) Die Anzeigepflicht gemäß Abs. 2 gilt in gleicher Weise für die beschlossene Aufgabe der direkt oder indirekt gehaltenen qualifizierten Beteiligung oder Unterschreitung der in Abs. 2 genannten Grenzen für Beteiligungen an einer Wertpapierfirma oder einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen. (4) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben 1. die FMA unverzüglich darüber zu informieren, wenn sie von einem Erwerb oder einer Abtretung von Beteiligungen an ihrem Kapital Kenntnis erhalten, auf Grund deren diese Beteiligungen einen der in Abs. 2 genannten Schwellenwerte über- oder unterschreiten; 2. der FMA mindestens einmal jährlich die Namen der Aktionäre oder sonstigen Gesellschafter, die qualifizierte Beteiligungen halten, sowie die jeweiligen Beteiligungsbeträge mitzuteilen, die zum Beispiel aus den Mitteilungen anlässlich der Jahreshauptversammlung der Aktionäre und Mitglieder oder aus den Pflichtmeldungen der Gesellschaften hervorgehen, deren übertragbare Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind. (5) Die FMA hat, falls der Einfluss der in Abs. 1 genannten Personen die umsichtige und solide Geschäftsführung der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens gefährden könnte, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Zustand zu beenden. Solche Maßnahmen sind insbesondere: 1. Anträge auf einstweilige Verfügungen; 2. Aufsichtsmaßnahmen gemäß § 92; 3. der Antrag, bei dem für den Sitz der Wertpapierfirmen oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zuständigen, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen erster Instanz zuständigen Gerichtshof auf Anordnung des Ruhens der Stimmrechte für jene Aktien oder sonstigen Anteile, die von den betreffenden Aktionären oder sonstigen Gesellschaftern gehalten werden, a) für die Dauer dieser Gefahr, wobei deren Ende vom Gerichtshof festzustellen ist, oder b) bis zum Kauf dieser Aktien oder sonstigen Anteile durch Dritte nach erfolgter Nichtuntersagung gemäß § 11 a Abs. 2; der Gerichtshof entscheidet im Verfahren außer Streitsachen. 144
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(6) Die FMA hat vergleichbare Maßnahmen in Bezug auf Personen zu ergreifen, die ihrer Pflicht zur vorherigen Information der FMA beim Erwerb oder der Erhöhung einer qualifizierten Beteiligung nicht nachkommen. Wird eine Beteiligung trotz Einspruchs der FMA erworben, so haben unbeschadet der zu verhängenden Sanktionen die Stimmrechte für jene Aktien oder sonstigen Anteile, die von den betreffenden Aktionären oder sonstigen Gesellschaftern gehalten werden, zu ruhen 1. bis zur Feststellung der FMA, dass der Erwerb der Beteiligung gemäß § 11 a Abs. 2 nicht untersagt worden wäre oder 2. bis zur Feststellung der FMA, dass der Grund für die erfolgte Untersagung nicht mehr besteht. (7) Verfügt ein Gerichtshof das Ruhen der Stimmrechte gemäß Abs. 5 Z 3, so hat der Gerichtshof gleichzeitig einen Treuhänder zu bestellen, der den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Z 3 BWG zu entsprechen hat, und ihm die Ausübung der Stimmrechte zu übertragen. Im Fall des Abs. 6 hat die FMA bei dem für den Sitz der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zuständigen, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen erster Instanz zuständigen Gerichtshof die Bestellung eines Treuhänders unverzüglich zu beantragen, wenn ihr bekannt wird, dass die Stimmrechte ruhen. Der Treuhänder hat Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen und auf Vergütung für seine Tätigkeit, deren Höhe vom Gericht festzusetzen ist. Die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen und die betreffenden Aktionäre und sonstigen Gesellschafter haften dafür zur ungeteilten Hand. Gegen Beschlüsse, womit die Höhe der Vergütung des Treuhänders und der ihm zu ersetzenden Auslagen bestimmt wird, steht den Verpflichteten der Rekurs offen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes findet ein weiterer Rechtszug nicht statt. IdF BGBl I 2009/22. Schrifttum: Burgstaller/Deixler-Hübner, Exekutionsordnung, Band 4 (7. Lieferung 2002); Fletzberger, Ministerialentwurf betreffend geänderte Vorschriften über Beteiligungserwerbe nach BWG, WAG 2007 und VAG, ZFR 2008, 156; Heidinger, Anmerkungen zum neuen Richtlinienvorschlag zur Aktionärskontrolle, ZFR 2007, 75; Schramm, Regierungsvorlage zur Umsetzung der RL über Beteiligungserwerbe im Finanzsektor, ZFR 2009, 37. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 11): „Abs. 1 setzt Art. 10 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 10 Abs. 3 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 3 setzt Art. 10 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2004/39/EG um.
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Abs. 4 setzt Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 5 setzt Art. 10 Abs. 5 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 6 setzt Art. 10 Abs. 6 Unterabsatz 1 und 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 7 setzt Art. 10 Abs. 6 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 8 entspricht der gleichlautenden Bestimmung des § 20 Abs. 7 a BWG. Art. 10 Abs. 1 Unterabsatz 2 und 3 sowie Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG werden nicht direkt umgesetzt, da sie bereits durch den Konzessionstatbestand erfasst sind. Wenn die Anforderungen in diesen Bestimmungen nicht erfüllt werden, kann die FMA die Konzession entziehen.“ Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 11): „Zu § 11: Die Struktur und Formulierungen des § 11 WAG wurden weitestgehend beibehalten; zudem soll größtmögliche Konsistenz mit der Parallelbestimmung in § 20 BWG erzielt werden. Wegen der in Art. 10 a Abs. 7 der Richtlinie 2004/39/EG in der Fassung der Richtlinie 2007/44/EG enthaltenen Vollharmonisierungsklausel hatte jedoch die im alten Abs. 2 enthaltene allgemeine Anzeigepflicht zu entfallen und es verbleibt daher lediglich eine Anzeigepflicht im Falle des qualifizierten Beteiligungserwerbs. Die Einzelheiten des Verfahrens, das nunmehr in der Richtlinie umfassender geregelt ist, wird zu Zwecken der Übersichtlichkeit in einem eigenen Paragraphen (§ 11 a) geregelt, ebenso wie die Beurteilungskriterien dafür (§ 11 b). Die Pflichten der Wertpapierfirma bzw. des Wertpapierdienstleistungsunternehmens für den Fall des Beteiligungserwerbs wurden ebenso in § 11 belassen wie das Verfahren bei Gefährdung der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens durch den Einfluss des qualifiziert beteiligten Eigentümers. Die Absätze wurden lediglich neu nummeriert. Die im bisherigen Abs. 4 enthaltene Pflicht zur Zusammenarbeit wurde durch die Richtlinie 2007/44/EG novelliert und entsprechend in § 11 a gesondert im Zusammenhang mit den Verfahrensbestimmungen geregelt. Zu § 11 Abs. 1: Bleibt unverändert. Zu § 11 Abs. 2: Setzt Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum Art. 10 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2004/39/EG neu fasst; im neuen Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG wird die Schwelle von 33 vH auf 30 vH geändert. Eine Nachmeldung bereits bestehender Beteiligungen zwischen 30% und 33% ist aber weder in der Richtlinie noch in diesem sie umsetzenden Gesetzentwurf vorgesehen. Es entstehen durch den Übergang zu dieser neuen Schwelle von 30% statt 33% daher keine wesentlichen Mehrkosten für die Industrie. Die Schwelle von 30% ist im Einklang mit der in § 91 BörseG vorgesehenen Schwelle und somit sind nun für börsenotierte und nicht börsenotierte Kreditinstitute einheitliche Schwellen vorgesehen. Die Schwelle von 33% war im bisherigen Rechtsbestand ein Fremdkörper, da sie keine gesellschaftsrechtliche Relevanz hat. Hinsichtlich der Form und Umfang der Anzeige wird in Art. 10 insoweit präzisiert, als auch gemeinsames Handeln juristisch selbständiger Personen tatbestandsmäßig sein kann. Auch gemeinsam handelnde Personen sind nunmehr ausdrücklich zur Anzeige verpflichtet. Dies wird insbesondere - aber nicht nur - bei Syndikats- oder Stimmrechtsbindungsverträgen von Relevanz
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sein. Es ist den gemeinsam handelnden Personen freigestellt, die Anzeige gemeinsam oder einzeln oder durch einen als Bevollmächtigten der übrigen zu machen. Art. 10 sieht nun auch ausdrücklich die Schriftform vor. In Bezug auf die österreichische Rechtslage bringt dies keine Änderung, da schon bisher Schriftlichkeit des Antrags vorgesehen war. Hinsichtlich des Umfanges der Anzeige wird in der Richtlinie auf einen weiteren Artikel (Art. 10 a der Richtlinie 2004/39/EG in der Fassung der Richtlinie 2007/44/EG) verwiesen. Die Umsetzung folgt dieser Systematik und enthält einen Verweis auf den eigens neu einzuführenden § 11 b, der die materiellen Beurteilungskriterien und beizubringenden Informationen regelt. Die sonstigen Abweichungen im Richtlinientext des Art. 10 im Vergleich zum Vortext sind rein sprachlicher Natur ohne inhaltliche Neuerung. Die Anzeige hat nach wie vor ex ante – also vor dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts - zu erfolgen. Mit dem Abstellen auf einen Beschluss zum Beteiligungserwerb („beschlossen hat“) soll dem Richtlinientext gefolgt und verdeutlicht werden, dass die Erwerbsabsicht zumindest im Bereich des Antragstellers einigermaßen substantiiert sein muss (z. B. Beschluss auf Exekutivebene der Gesellschaft). Bei bewilligungspflichtigen Geschäften gemäß § 95 AktG oder § 30 j GmbHG löst der Beschluss des Aufsichtsrates oder der Gesellschafterversammlung jedenfalls die Anzeigepflicht aus. In der Praxis wird man wohl Rechtsgeschäfte unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der FMA abschließen. Auch vor Ausübung von Bezugsrechten im Rahmen einer Kapitalerhöhung, die zu einer Verschiebung der Beteiligungsverhältnisse führt, besteht eine Anzeigepflicht, ebenso wie im Falle der bevorstehenden Einziehung verpfändeter Aktien. Zu § 11 Abs. 3: Setzt Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG neu fasst. Auch im Fall der Unterschreitung der Beteiligungsschwellen wird auf den entsprechenden Beschluss abgestellt. Auch in diesem Fall hat die Anzeige nach wie vor vor dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts zu erfolgen. Zu § 11 Abs. 4 bis 7: Setzt Art. 10 Abs. 5 und 6 der Richtlinie 2004/39/EG um und entspricht dem bisherigen § 11 Abs. 5 bis 8. Die enthaltenen Verweise waren entsprechend anzupassen.“
Übersicht I. II. III. IV. V. A. B. C. VI.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzeigepflicht im Konzessionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzeigepflicht des Erwerbers bzw Veräußerers . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzeigepflichten des betroffenen Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ruhen der Stimmrechte ex lege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Treuhänder für ruhende Stimmrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4 5–9 10–11 12–18 12–17 16 17 18
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I. Allgemeines 1 Anstatt auf die einschlägige Bestimmung des § 20 BWG zu verweisen
(wie noch das WAG 1996), enthielt bereits die Stammfassung des WAG 2007 in § 11 eine eigenständige Bestimmung zur Anzeige von (qualifizierten) Beteiligungen an einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen. § 11 in der Stammfassung diente der Umsetzung von Art 10 MiFID in der Fassung RL 2004/39/ EG; die Bestimmung wurde textlich (allerdings nicht wortidentisch) § 20 BWG in der Fassung BGBl 2006/141 nachgebildet. 2 Durch die RL 2007/44/EG betreffend Verfahrensregeln und Bewer-
tungskriterien für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Erwerbs und der Erhöhung von Beteiligungen im Finanzsektor („BeteiligungsRL“; siehe dazu Heidinger, ZFR 2007, 75 ff) wurden weitgehend gleich lautende Bestimmungen in die BankenaufsichtsRL 2006/48/EG, die LebensversicherungsRL 2002/83/EG, die NichtlebensversicherungsRL 92/49/EWG, die RückversicherungsRL 2005/68/EG und die MiFID 2004/39/EG eingefügt (Schramm, ZFR 2009, 37). Diese Änderungen sollen eine Vereinheitlichung der EU-weit (bislang) sehr unterschiedlichen und manchmal auch intransparenten Verfahren bewirken, die für grenzüberschreitende Beteiligungserwerbe im Finanzsektor hinderlich sind (Fletzberger, ZFR 2008, 156). Die Umsetzung dieser geänderten europarechtlichen Rahmenvorschriften erfolgte im Zuge der Novelle BGBl I 2009/22. Dazu wurde in Umsetzung von Art 10 MiFID idF RL 2007/44/EG § 11 geändert und die §§ 11 a und 11 b neu in das Gesetz eingefügt (vgl die korrespondierenden Regelungen für Kreditinstitute [§§ 20 bis 20 b BWG] und Versicherungsunternehmen [§§ 11 b bis 11 d VAG]). Konkretisiert werden die gesetzlichen Bestimmungen betreffend die Anzeige von Beteiligungen durch die Vorschriften der Eigentümerkontrollverordnung – EKV der FMA, BGBl II 2009/83. 3 Die Anzeigepflicht für den Erwerb bzw die Aufgabe von Beteiligungen
an einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist in den §§ 11 bis 11 b iVm den Vorschriften der EKV eigenständig und abschließend geregelt: Anders als noch das WAG 1996 verweist das WAG 2007 nicht länger auf die für Kreditinstitute maßgeblichen Vorschriften.
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II. Anzeigepflicht im Konzessionsverfahren Anzuzeigen ist nach Abs 1 das Vorliegen einer – direkten oder indi- 4 rekten – qualifizierten Beteiligung an einem konzessionswerbenden Unternehmen. Eine qualifizierte Beteiligung iSd § 1 Z 22 iVm § 2 Z 3 BWG liegt vor, wenn zumindest 10% des Kapitals oder der Stimmrechte eines Unternehmens gehalten werden oder die „Möglichkeit der Wahrnehmung eines maßgeblichen Einflusses auf seine Geschäftsführung“ besteht (vgl die Kommentierung zu § 1 Z 22). Erfasst sind sowohl direkt (unmittelbar) als auch indirekt (mittelbar, etwa durch mehrstufige Beteiligungen) gehaltene qualifizierte Beteiligungen. Da es sich um eine Konzessionsvoraussetzung handelt, ist als Adressat dieser Anzeigepflicht der Konzessionswerber anzusehen.
III. Anzeigepflicht des Erwerbers bzw Veräußerers Der Erwerb bzw die Veräußerung von qualifizierten Beteiligungen an 5 Wertpapierfirmen bzw Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist nach Maßgabe von Abs 2 und 3 anzeige-, jedoch nicht bewilligungspflichtig (im Unterschied zu § 21 Abs 1 Z 2 BWG). Anzeigepflichtig ist zunächst, wer beschlossen hat, eine (in)direkte qualifizierte Beteiligung an einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen (10% des Kapitals oder der Stimmrechte, siehe Rz 4) zu erwerben („interessierter Erwerber“); darüber hinaus, wer beschlossen hat eine solche Beteiligung zu erhöhen mit der Folge, dass die Schwellenwerte von 20%, 30% oder 50% der Stimmrechte oder des Kapitals erreicht oder überschritten werden. Die Anzeigepflicht für eine Veräußerung soll nach Abs 3 bei Aufgabe einer qualifizierten Beteiligung und bei Unterschreiten der Schwellenwerte des Abs 2 ausgelöst werden, nicht jedoch, wenn ein kritischer Schwellenwert für eine qualifizierte Beteiligung (genau) erreicht wird. Anzeigepflichtig ist demnach etwa die Aufstockung einer Beteiligung von 28% des Kapitals auf 30%, nicht jedoch die Reduktion des Kapitals von 32% auf 30%. Der Schwellenwert von vormals 33% wurde durch die Novelle BGBl I 2009/22 an den auch nach § 91 BörseG für eine Beteiligungsmeldung relevanten Wert von 30% angepasst (vgl im Übrigen Erl RV GP XXIV RV 45 [zu § 11 Abs 2]). Unabhängig vom Ausmaß der zu erwerbenden Beteiligung bzw 6 Stimmrechte ist weiters die Begründung bzw Beendigung eines Konzernverhältnisses anzeigepflichtig (vgl § 1 Z 24 [„Tochterunterneh149
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men“] iVm § 2 Z 12 BWG und § 244 UGB sowie die Kommentierung zu § 1 Z 24; siehe auch Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 35 f). 7 Die Anzeigepflicht gilt nach Abs 2 vorletzter Satz auch für gemein-
sam handelnde Personen, die zusammengenommen eine qualifizierte Beteiligung erwerben oder erreichen würden. Die Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 11 Abs 2) gehen von einem solchen gemeinsamen Handeln insb bei Vorliegen von diesbezüglichen „Syndikats- oder Stimmrechtsbindungsverträgen“ aus. Es sind damit Vereinbarungen angesprochen, die auf die gemeinsame Wahrnehmung von Gesellschafterrechten, insb des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung, abzielen. 8 Die Anzeige des Erwerbers (Abs 2) sowie des Veräußerers (Abs 3) hat
(nach wie vor wie vor der Novelle) vor dem Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts („ex ante“) zu erfolgen (siehe Erl RV GP XXIV RV 45 [zu § 11 Abs 2]). Dies soll der FMA ermöglichen, eine Beteiligung nach Maßgabe von § 11 a noch vor deren Durchführung zu untersagen. Während § 11 Abs 2 in der Stammfassung noch von „beabsichtigten Beteiligungen“ spricht, sollen nach § 11 Abs 2 und 3 in der geltenden Fassung der „beschlossene“ Erwerb bzw die „beschlossene“ Aufgabe von Beteiligungen die Anzeigepflicht auslösen. Mit dem Abstellen auf einen Beschluss zum Beteiligungserwerb bzw zur Beteiligungsveräußerung soll nach den Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 11 Abs 2) „… dem Richtlinientext gefolgt und verdeutlicht werden, dass die Erwerbsabsicht zumindest einigermaßen substantiiert sein muss“. Die Erl möchten damit das Entstehen einer Anzeigepflicht an das Vorliegen eines entsprechenden Organbeschlusses knüpfen. Nachdem derartige Beschlüsse üblicher Weise schriftlich protokolliert werden, spricht für eine derartige Regelung insb auch die Nachprüfbarkeit. Es stellt sich hier jedoch die Frage, wie konkret ein derartiger Beschluss sein muss. Hier legt die Wendung „interessierter Erwerber“ nahe, dass bereits eine wenig konkrete Erwerbs- bzw Veräußerungsabsicht („bloßes Interesse“) für das Entstehen einer Anzeigepflicht hinreichen soll. Dies hätte jedoch zur Folge, dass eine Anzeigepflicht bereits zu einem Zeitpunkt entstünde, zu dem idR noch offen ist, wer letztlich vom Verkäufer den Zuschlag erhalten wird (also mitunter noch bevor eine Due-Diligence durchgeführt werden konnte). In einem solchen Zeitpunkt ist jedoch noch keineswegs sicher, dass sich die Vertragsparteien überhaupt auf einen Erwerb einigen werden. Zudem hätte die FMA anstelle eines (konkret) beabsichtigten Erwerbs möglicherweise mehrere potenzielle Erwerbsvorgänge (bzw „interessierte Erwerber“) zu überprüfen, was zu einem erheblichen, zusätzlichen Verwaltungsaufwand führen würde (Fletzberger, ZFR 2008, 156). Die Prüfung rein hypothetischer Er150
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werbsvorgänge kann jedoch vernünftiger Weise nicht Aufgabe der FMA sein (Verwaltungsökonomie!). Darüber hinaus werden in einem so frühen Stadium dem interessierten Erwerber in der Regel noch nicht sämtliche, für die Anzeige erforderliche Unterlagen (etwa ein Geschäftsplan iSd § 14 EKV) vorliegen (Fletzberger, ZFR 2008, 156). Vor diesem Hintergrund werden bloße „Absichtserklärungen“ über möglicherweise in der Zukunft intendierte Erwerbsvorgänge noch keine Anzeigepflicht auslösen, bzw werden allgemein hinreichend konkrete Erwerbs- bzw Veräußerungsabsichten als Gegenstand einer Beschlussfassung zu verlangen sein. Der genaue Zeitpunkt des Entstehens einer Anzeigepflicht bleibt vor diesem Hintergrund jedoch unklar, weshalb eine behördliche Klarstellung im Interesse der Rechtssicherheit wünschenswert wäre. Anzuzeigen ist nicht nur der Erwerbsbeschluss, sondern auch der 9 Veräußerungsbeschluss. Steht im Rahmen einer geplanten Transaktion jeweils ein Veräußerer (nur) einem Erwerber gegenüber, so wird damit im Regelfall eine doppelte Anzeigepflicht ausgelöst. Bedenkt man die (ex-post) Anzeigepflicht der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens nach § 11 Abs 4 Z 1 (siehe Rz 10), kommt es sogar zu einer dreifachen Anzeigepflicht hinsichtlich ein und desselben Erwerbsvorgangs. Der Vorteil für die Aufsicht liegt darin, dass die Erfüllung zumindest einer Anzeigepflicht und damit die Kenntnisnahme vom Erwerbsvorgang mit größerer Wahrscheinlichkeit gewährleistet erscheint. Die verfahrensrechtlichen Vorschriften sowie die inhaltlichen Kriterien für die Beurteilung einer Beteiligungsmeldung finden sich nicht länger in § 11, sondern werden in den §§ 11 a und 11 b gesondert (detailliert) geregelt (siehe dazu im Einzelnen die Kommentierung der betreffenden Bestimmungen).
IV. Anzeigepflichten des betroffenen Unternehmens § 11 Abs 4 Z 1 normiert zur Kontrolle der Durchführung eines Betei- 10 ligungserwerbs nach Abs 2 eine (spiegelbildliche) Anzeigepflicht der betroffenen Wertpapierfirma bzw des betroffenen Wertpapierdienstleistungsunternehmens. Abweichend von der Anzeigepflicht des „interessierten Erwerbers“ nach Maßgabe von § 11 Abs 2 wird eine Anzeigepflicht des betroffenen Unternehmens nach dem Wortlaut des § 11 Abs 4 Z 1 jedoch nur dann ausgelöst, wenn die Schwellenwerte des Abs 2 überschritten werden, nicht jedoch, wenn diese (präzise) erreicht werden (vgl Rz 5). Die Anzeige ist unverzüglich nach Kenntnis des Erwerbs bzw der Abtretung einer solchen Beteiligung – dh „ex 151
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post“ – an die FMA zu übermitteln (zur „Unverzüglichkeit“ siehe § 10 Rz 44). Eine Nachforschungspflicht des Geschäftsleiters hinsichtlich der Änderung von Beteiligungsverhältnissen ist nicht anzunehmen (vgl Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 49). 11 Nach Maßgabe von § 11 Abs 4 Z 2 haben Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA überdies jährliche Beteiligungsmeldungen zu übermitteln.
V. Sanktionen A. Aufsichtsrechtliche Sanktionen 12 Nach § 11 Abs 5 erster Satz hat die FMA die „erforderlichen Maß-
nahmen“ zu ergreifen, falls die an einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen qualifiziert beteiligten Personen nicht bzw nicht mehr über die dazu erforderliche Zuverlässigkeit verfügen. Z 1 bis 3 enthält eine demonstrative Aufzählung dieser Maßnahmen. 13 Kopfzerbrechen bereitet die Aufzählung von „Anträgen auf einstweilige Verfügungen“ in Z 1. Dazu ist festzuhalten, dass das Rechtsinstitut der einstweiligen Verfügung nach §§ 378 ff EO prinzipiell der vorläufigen Sicherung ziviler Rechte dient (vgl etwa die Definition bei Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Vor § 378 Rz 4). Nachdem die FMA im Rahmen ihrer hoheitlichen Aufsichtstätigkeiten grundsätzlich keine „zivilrechtlichen Ansprüche“ auf Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften durch die Beaufsichtigten hat, wird Z 1 wohl ausschließlich auf Abs 5 Z 3 lit a zu beziehen sein. Demnach kann die FMA im Rahmen eines Verfahrens nach Abs 5 Z 3 lit a – soweit Sicherungsmaßnahmen nach § 79 AußStrG nicht zulässig sind – eine einstweilige Verfügung beantragen (vgl Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 62, 64). 14 Auf Grund des Verweises in Abs 5 Z 2 kann die FMA (auch) die in § 92 bezeichneten Aufsichtsmaßnahmen ergreifen. Da § 3 Abs 5 Z 6 iVm § 5 Abs 1 Z 3 BWG die Zuverlässigkeit (qualifiziert) Beteiligter als Konzessionsvoraussetzung festsetzt, sind Aufsichtsmaßnahmen bereits insb auf Grundlage von § 91 Abs 1 Z 1, 2 sowie Abs 3 Z 6 und 7 zu ergreifen; als ultima ratio ist die Konzession zu entziehen (vgl § 5 Rz 7). Bei der Wahl der konkreten Aufsichtsmaßnahmen ist die FMA zur Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips verpflichtet (vgl § 10 Rz 46). 152
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Nach § 11 Abs 5 Z 3 kann die FMA bei dem für die Wertpapierfirma 15 bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen erster Instanz zuständigen Gerichtshof das Ruhen der Stimmrechte für jene Aktien oder sonstigen Anteile, die von den betreffenden Beteiligten gehalten werden, beantragen. Die Entscheidung darüber obliegt dem Richter im Außerstreitverfahren. Gegen den Beschluss des Außerstreitgerichts kann Rekurs nach § 45 AußStrG bzw Revisionsrekurs nach § 62 f AußerStrG erhoben werden.
B. Ruhen der Stimmrechte ex lege § 11 Abs 6 zweiter Satz ordnet das Ruhen der Stimmrechte ex lege 16 für den Fall an, dass „trotz Einspruchs“ der FMA eine Beteiligung an einer Wertpapierfirma bzw einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen erworben wurde. Die Stimmrechte ruhen bis zur Feststellung der FMA, dass der Grund für die erfolgte Untersagung nicht mehr besteht (Z 2). Aus Z 1 iVm § 11 a Abs 2 geht hervor, dass ein Ruhen der Stimmrechte ex lege auch für den Fall eintreten soll, dass eine Anzeige erst gar nicht erstattet wurde. Die Stimmrechte ruhen in einem solchen Fall bis zur Feststellung der FMA, dass der Erwerb der Beteiligung nicht untersagt worden wäre. Es sprechen gute Gründe dafür, dass Feststellungen der FMA iSd Abs 6 Z 1 und 2 in Bescheidform zu erlassen sind (vgl Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 20 Rz 32; Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 70).
C. Verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen Wer gegen eine Anzeigepflicht iSd § 11 verstößt, begeht eine Verwal- 17 tungsübertretung nach § 95 Abs 2 Z 2. Der Strafrahmen beträgt bis zu € 30.000,–.
VI. Treuhänder für ruhende Stimmrechte Die Bestellung eines Treuhänders im Falle des Ruhens von Stimmrech- 18 ten auf Grund einer gerichtlichen Anordnung nach Abs 5 Z 3 bzw ex lege nach Abs 6 soll eine denkbare Entscheidungsunfähigkeit der Haupt- bzw Generalversammlung verhindern. Nach Abs 7 hat das Gericht bei einer Beschlussfassung nach Abs 5 Z 3 ex offo einen Treuhänder zu bestellen; im Falle des Ruhens ex lege nach Abs 6 ist ein betreffender Antrag der FMA erforderlich (vgl Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 73). 153
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Verfahren für die Beurteilung § 11 a. (1) Die FMA hat dem interessierten Erwerber umgehend, spätestens jedoch innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Erhalt der vollständigen Anzeige im Sinne des § 11 Abs. 2 sowie dem etwaigen anschließenden Erhalt der in Abs. 3 genannten Informationen schriftlich deren Eingang zu bestätigen und dem interessierten Erwerber unter einem das Datum des Endes des Beurteilungszeitraums mitzuteilen. Weist die FMA den interessierten Erwerber auf in der Anzeige offenkundig fehlende Unterlagen oder Informationen hin, so findet § 13 Abs. 3 letzter Satz AVG keine Anwendung. (2) Die FMA hat innerhalb von höchstens 60 Arbeitstagen ab dem Datum der schriftlichen Bestätigung des Eingangs der Anzeige und aller gemäß § 11 b Abs. 3 beizubringenden Unterlagen, den beabsichtigten Erwerb schriftlich zu untersagen, wenn es nach Prüfung der Beurteilungskriterien gemäß § 11 b vernünftige Gründe dafür gibt oder die vom interessierten Erwerber vorgelegten Informationen unvollständig sind. Der Untersagungsbescheid ist innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Entscheidung der FMA über die Untersagung zu versenden. Wird der Erwerb innerhalb des Beurteilungszeitraums von der FMA nicht schriftlich untersagt, so gilt er als genehmigt. Wird die Beteiligung nicht untersagt, so kann die FMA einen Termin vorschreiben, bis zu dem der in § 11 Abs. 2 genannte beabsichtigte Erwerb abgeschlossen sein muss. Diese Frist kann gegebenenfalls verlängert werden. Auf Antrag des interessierten Erwerbers hat die FMA auch im Falle der Nichtuntersagung einen Bescheid auszustellen. Die FMA hat in der Begründung jedes schriftlichen Untersagungs- oder Feststellungsbescheides alle Bemerkungen oder Vorbehalte der für den interessierten Erwerber zuständigen Behörde zu vermerken. Der Bescheid kann mit Bedingungen und Auflagen versehen werden, um die Erfüllung der Kriterien gemäß § 11 b sicherzustellen. Die FMA kann unter Beachtung der Anforderungen gemäß § 22 c Z 3 lit. a bis c FMABG den Bescheid samt Begründung auf Antrag des interessierten Erwerbers öffentlich bekannt machen. (3) Die FMA kann erforderlichenfalls bis spätestens zum 50. Arbeitstag des Beurteilungszeitraums (Abs. 2) schriftlich weitere Informationen anfordern, die für den Abschluss der Beurteilung notwendig sind. Dabei sind die zusätzlich benötigten Informationen anzugeben. Die Anforderung von Informationen hemmt den Fortlauf der Beurteilungsfrist für die Dauer vom Zeitpunkt der Anforderung von Informationen bis zum Eingang der Antwort des interessierten Erwerbers, jedoch höchstens für 20 Arbeitstage. Die FMA kann 154
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weitere Klarstellungen oder Ergänzungen zu den Informationen anfordern, dies führt jedoch nicht zu einer Hemmung der Beurteilungsfrist. (4) Die FMA kann die Unterbrechungsfrist von 20 Arbeitstagen auf maximal 30 Arbeitstage erstrecken, wenn der interessierte Erwerber 1. außerhalb des EWR ansässig ist oder außerhalb des EWR beaufsichtigt wird oder 2. nicht der Beaufsichtigung nach den Richtlinien 2006/48/EG, 85/ 611/EWG, 92/49/EWG, 2002/83/EG, 2004/39/EG oder 2005/68/ EG unterliegt. (5) Die FMA arbeitet bei der Beurteilung eines beabsichtigten Erwerbs oder einer Erhöhung einer Beteiligung gemäß §§ 11 bis 11 b eng mit zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaates oder einer anderen Branche zusammen und tauscht unverzüglich die Informationen aus, die für die Beurteilung wesentlich oder relevant sind, wenn der interessierte Erwerber 1. ein Kreditinstitut, ein Lebens-, Schaden-, Rückversicherungsunternehmen, eine Wertpapierfirma oder eine Verwaltungsgesellschaft im Sinne des Art. 1 a Nummer 2 der Richtlinie 85/611/ EWG ist, das oder die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einer anderen Branche als dem oder der, in dem oder der der Erwerb beabsichtigt wird, zugelassen ist; 2. ein Mutterunternehmen eines Kreditinstituts, eines Lebens-, Schaden-, Rückversicherungsunternehmens, einer Wertpapierfirma oder einer Verwaltungsgesellschaft im Sinne des Art. 1 a Nummer 2 der Richtlinie 85/611/EWG ist, das oder die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einer anderen Branche als dem oder der, in dem oder der der Erwerb beabsichtigt wird, zugelassen ist; 3. ein Kreditinstitut, ein Lebens-, Schaden-, Rückversicherungsunternehmen, eine Wertpapierfirma, oder eine Verwaltungsgesellschaft im Sinne des Art. 1 a Nummer 2 der Richtlinie 85/ 611/EWG kontrolliert, das oder die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einer anderen Branche als dem oder der, in dem oder der der Erwerb beabsichtigt wird, zugelassen ist. (6) Im Falle eines Verfahrens gemäß Abs. 5 hat die FMA auf Anfrage alle Informationen mitzuteilen und von sich aus die zuständigen Behörden über alle wesentlichen Informationen, insbesondere auch über die Beurteilung des Erwerbs und über eine allfällige Untersagung des Beteiligungserwerbs zu informieren. Die FMA hat insbesondere zu den Kriterien gemäß § 11 b Abs. 1 Z 1 bis 5 Stellungnahmen der zuständigen Behörden einzuholen. IdF BGBl I 2009/22.
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§ 11 a
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Schrifttum: Heidinger, Anmerkungen zum neuen Richtlinienvorschlag zur Aktionärskontrolle, ZFR 2007, 75. Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 11 a):
„Zu § 11 a: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Artikel 10 a in der Richtlinie 2004/39/EG einführt. § 11 a regelt konzentriert das anzuwendende Verfahren und folgt in der Systematik weitestgehend der Vorgängerbestimmung in § 11 Abs. 3 WAG, die ebenfalls die Möglichkeit der bloßen Verschweigung – anstelle einer positiven Erledigung – vorsah. Damit soll sichergestellt werden, dass sich kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand ergibt. Im Falle der Untersagung durch die FMA ergeht wie bisher eine ablehnender begründeter Bescheid; das von der FMA unbeeinspruchte Verstreichen des Beurteilungszeitraums gilt als Genehmigung des angezeigten Erwerbs. Der Ablauf des Verfahrens im einzelnen ist in Umsetzung der Richtlinie 2007/44/EG näher präzisiert. Neu ist die bereits in der Richtlinie vorgesehene eingehende inhaltliche Prüfung der Anzeige nach konkreten Kriterien (§ 11 b). Zu § 11 a Abs. 1: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 a in der Richtlinie 2004/39/EG einführt; hiemit wird der neue Art. 10 a Abs. 1 umgesetzt. Zur präzisen Festlegung des Beginns des Beurteilungszeitraums hat die FMA den Erhalt der Anzeige schriftlich zu bestätigen. Die Bestätigung der Anzeige, die aus den Informationen gemäß § 11 Abs. 2 zu bestehen hat, löst den Fristenlauf für das Verfahren aus. Vor Bestätigung des Eingangs der Anzeige hat die FMA eine formale Überprüfung der Anzeige auf Vollständigkeit durchzuführen. Insbesondere ist zu prüfen, ob die gemäß § 11 b Abs. 3 beizubringenden Informationen vorgelegt wurden. Sofern dies nicht gegeben ist, ist die Anzeige von der FMA dem Antragsteller zur Verbesserung zurückzustellen. Aus der Verwaltungspraxis ergibt sich bereits, dass von der FMA zur Vermeidung von Verzögerungen und Missverständnissen auf diesbezügliche offenkundige Mängel hingewiesen wird. Diesfalls kommt es noch nicht zu einem Beginn des Fristenlaufs gemäß § 11 a Abs. 2. Das Beurteilungsverfahren kann darüber hinaus eine inhaltliche Unvollständigkeit feststellen, die einen Ablehnungsgrund darstellt. Auch der anschließende Erhalt von Informationen sowie die durch diese Informationseinholung ausgelöste allfällige Verlängerung des Fristenlaufes ist von der FMA gemäß Abs. 1 schriftlich zu bestätigen, um dem interessierten Erwerber eine genaue Information über das Ende des Beurteilungszeitraumes gemäß Abs. 2, 3 oder 4 zu geben. Zu § 11 a Abs. 2: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 a einfügt; hiemit wird der neue Art. 10 a Abs. 1 2. Unterabsatz, Abs. 4, 5 und 6 sowie Art. 10 a Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Die in der Richtlinie enthaltene Pflicht zur Begründung des ablehnenden Bescheides ergibt sich schon aus § 58 Abs. 2 AVG, eine gesonderte Erwähnung an dieser Stelle wäre irreführend, da es den Rückschluss zuließe, dass sonst ablehnende Bescheide keiner Begründung bedürfen. Mit der Verpflichtung des Vermerks der Bemerkungen der für den Erwerber zuständigen Behörde in der Begründung wird
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Verfahren für die Beurteilung
§ 11 a
Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2007/44/EG umgesetzt, der wiederum Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG neu fasst. Weiters wird Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG umgesetzt, der einen neuen Art. 10 b in der Richtlinie 2004/39/EG einführt; mit der Voraussetzung der begründeten Ablehnung wird der neue Art. 10 b Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Die Formulierung ‚vernünftige Gründe‘ wurde aus der Richtlinie übernommen. Damit soll klargestellt sein, dass ein begründeter Verdacht bzw. begründete Zweifel bereits ausreichen. Eine rechtskräftige Verurteilung ist nicht erforderlich, umgekehrt wird aber das bloße Vorliegen einer Anzeige zu wenig sein. Der Bescheid hat jedenfalls immer innerhalb der Frist von 60 Arbeitstagen zu ergehen. Samstage zählen nicht als Arbeitstage. Die Frist für die Bescheidversendung von zwei Arbeitstagen ab Entscheidung der Behörde ergibt sich aus der Richtlinie und soll interne Abfertigungsverzögerungen verhindern, insbesondere dass im Fall von mehreren konkurrierenden Antragstellern, für die das Gleichbehandlungsgebot gilt, die Behörde willkürlich die Information über die Untersagung hinauszögert und somit dem interessierten Erwerber einen Nachteil verschafft. Anders als sonst üblich, ist in diesem Zusammenhang nicht auf die Zustellung abzustellen, da die Frist im Einflussbereich der Behörde liegt und nur das von der Behörde geforderte Verhalten geregelt wird; die FMA hat aber grundsätzlich keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Zustellung. Die von der FMA festlegbare Frist für den Abschluss des Erwerbs ist erstreckbar – dies folgt bereits aus § 33 Abs. 4 AVG (e contrario) – da aber in der Richtlinie explizit vorgesehen, wurde dies auch ausdrücklich in den Gesetzestext aufgenommen. Die Möglichkeit Auflagen und Bedingungen im positiven Bescheid vorzusehen, soll ein möglichst einzelfalladäquates Vorgehen ermöglichen (so auch Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2007/44/EG). Der Erwerb darf erst durchgeführt werden, wenn die 60-Tagefrist verstrichen ist oder die FMA einen positiven Bescheid ausstellt. Der Richtlinientext stellt nunmehr ausdrücklich klar, dass eine Verschweigung der Behörde als Genehmigung zu qualifizieren ist. Dies war schon bisher geltende Rechtslage und Rechtsauffassung, im Sinne der Konsistenz mit dem Richtlinientext wurde auch diese Klarstellung in den Text aufgenommen. Der Bescheid kann grundsätzlich mit den in § 22 c FMABG genannten Einschränkungen auch auf Antrag des interessierten Erwerbers von der FMA veröffentlicht werden. Zu § 11 a Abs 3: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 a der Richtlinie 2004/39/EG einführt; hiemit wird der neue Art. 10 a Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Die FMA kann hiebei Präzisierungen zu den bereits in Erfüllung der Informationspflicht gemäß der Liste nach § 11 b Abs. 3 mit der Anzeige beizubringenden Unterlagen verlangen. Gänzlich neue Informationen, die mit denen laut Liste gemäß § 11 b Abs. 3 nicht in Zusammenhang stehen, dürfen hiebei nicht nachgefragt werden. Zu § 11 a Abs 4: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 a der Richtlinie 2004/39/EG einführt; hiemit wird der neue Art. 10 a Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu § 11 a Abs 5: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 a Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG einführt. Der Richtlinientext ordnet
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eine Pflicht zur Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden anderer Branchen und anderer Mitgliedsstaaten an. In Österreich unterliegen grundsätzlich die in Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG genannten Institute der Aufsicht der FMA; sollte jedoch bei einem Mutterunternehmen oder aus sonst einem Grund die Zuständigkeit einer anderen Behörde vorliegen, so besteht diesbezüglich eine Pflicht zur Zusammenarbeit. Ebenso besteht implizit eine Pflicht zur Zusammenarbeit der verschiedenen Zuständigkeitsbereiche in der FMA. Zu § 11 a Abs 6: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG neu fasst. Die bereits in der Vorgängerbestimmung (§ 11 Abs. 4 WAG) enthaltene Pflicht zur Konsultation wird an dieser Stelle wiederholt; die Behördenzusammenarbeit erschöpft sich jedoch nicht in der Kontaktaufnahme in bestimmten Anlassfällen, dies kommt auch mit der Wortfolge ‚insbesondere […] auch‘ zum Ausdruck. Die Bestimmung soll Mindestanhaltspunkte festlegen, wo eine Kontaktaufnahme mit anderen Behörden jedenfalls geboten scheint; im übrigen gebietet der Wortlaut eine Kontaktaufnahme immer dann, wenn eine solche relevant ist.“
Übersicht I. II. III. IV. V.
Bestätigung der Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersagung einer Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nichtuntersagung bzw Genehmigung einer Beteiligung . . . . . . Begründung und Veröffentlichung von Bescheiden . . . . . . . . . . . . Internationale Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4–7 8–9 10–11 12
I. Bestätigung der Vollständigkeit 1
Die gegenständliche Bestimmung dient der Umsetzung von Art 3 Abs 3 der RL 2007/44/EG. Damit werden neue, detaillierte Verfahrensvorschriften für die aufsichtsbehördliche Beurteilung von Beteiligungsanzeigen festgesetzt. Ausgangspunkt dieses neuen Verfahrens ist die in § 11 a Abs 1 festgelegte Verpflichtung, den Eingang einer vollständigen Anzeige iSd § 11 Abs 2 binnen zwei Arbeitstagen nach deren Erhalt schriftlich zu bestätigen. Mit dieser Eingangsbestätigung beginnen auch die für das „Beurteilungsverfahren“ maßgeblichen Fristen zu laufen. Das Datum für das Ende des Beurteilungszeitraums (siehe § 11 a Abs 2) steht daher zu diesem Zeitpunkt bereits fest (vgl aber die Hemmung des Fristenlaufs nach Abs 3 und 4; siehe Rz 4 f) und ist daher dem „interessierten Erwerber“ bereits in der Eingangsbestätigung „unter einem“ bekannt zu geben. Fordert die FMA im Laufe des Beurteilungsverfahrens weitere Informationen nach § 11 a Abs 3 an, so ist auch die vollständige Übermittlung dieser Informationen zu bestätigen. 158
Verfahren für die Beurteilung
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Eine vollständige Anzeige liegt dann vor, wenn alle nach § 11 b 2 Abs 3 iVm der EKV erforderlichen Informationen vorgelegt wurden. Informationen nach § 11 a Abs 3 können erst im Laufe des Beurteilungsverfahrens (zusätzlich) angefordert werden und spielen daher bei der Frage nach der Vollständigkeit einer Anzeige keine Rolle. Nur eine vollständige Anzeige ist dazu geeignet, den Fristenlauf in Gang zu setzen (siehe Rz 1). Wurden die nach § 11 b Abs 3 iVm den Bestimmungen der EKV 3 bzw nach § 11 a Abs 3 vorzulegenden Informationen nicht vollständig übermittelt, so hat die FMA den interessierten Erwerber darüber in Kenntnis zu setzen und mit der Behebung des Mangels zu beauftragen (vgl § 13 Abs 3 AVG). Da jedoch nach § 11 a Abs 1 letzter Satz § 13 Abs 3 letzter Satz AVG nicht zur Anwendung kommt, führt die (rechtzeitige) Behebung des Mangels (Nachreichen der fehlenden Informationen) nicht dazu, dass das „Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht gilt“, was wiederum für den Fristenlauf von Bedeutung ist.
II. Untersagung einer Beteiligung Während die FMA nach § 11 Abs 3 in der Stammfassung eine beab- 4 sichtigte Beteiligung innerhalb von drei Monaten nach einer Anzeige untersagen konnte, sieht § 11 a Abs 2 idF BGBl I 2009/22 eine Frist von lediglich 60 Arbeitstagen für eine Untersagung vor. Diese Frist kann jedoch nach Maßgabe von § 11 a Abs 3 und 4 für maximal 30 Tage gehemmt sein, sodass es in einem solchen Fall bei dem bereits vor der Novelle vorgesehenem Beurteilungszeitraum bleibt (vgl Heidinger, ZFR 2007, 79). Nach Maßgabe von § 11 a Abs 3 kann die FMA bis zum 50. Tag des 5 Beurteilungsverfahrens weitere (dh: über § 11 b iVm den Bestimmungen der EKV hinausgehende) Informationen verlangen. „Die FMA kann hiebei Präzisierungen zu den bereits in Erfüllung der Informationspflicht gemäß der Liste nach § 11 b Abs 3 mit der Anzeige beizubringenden Unterlagen verlangen. Gänzlich neue Informationen, die mit denen laut Liste gemäß § 11 b Abs 3 nicht in Zusammenhang stehen, dürfen hiebei nicht nachgefragt werden“ (Erl RV GP XXIV RV 45 [zu § 11 a Abs 3]). Jedenfalls müssen diese zusätzlichen Informationen auch für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des konkreten Beteiligungserwerbs von Relevanz sein (vgl Art 10 b Abs 4 letzter Satz MifID in der Fassung RL 2007/47/EG). Die erstmalige Informationsanforderung hemmt die Beurteilungsfrist für höchstens 20 Tage. Weitere Informationsanforderungen sind möglich, haben jedoch keine 159
§ 11 a
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Auswirkung auf den Fristenlauf. Liegt eine der in § 11 a Abs 4 Z 1 und 2 genannten Voraussetzungen vor, so kann die FMA die Hemmung der Beurteilungsfrist nach § 11 a Abs 3 um maximal weitere 10 Tage auf insgesamt 30 Tage erstrecken. Die FMA hat einen Beteiligungserwerb nach Maßgabe von § 11 a 6 Abs 2 zunächst (aus formalen Gründen) dann zu untersagen, wenn die vom interessierten Erwerber vorgelegten Informationen unvollständig sind. Eine Untersagung ist jedoch erst dann möglich, wenn auch ein Verbesserungsauftrag (binnen offener Frist) ergebnislos geblieben ist (vgl § 11 a Abs 1 und § 13 Abs 3 AVG). Weiters hat die FMA (aus materiellen Gründen) einen Beteiligungserwerb zu untersagen, wenn „… es nach Prüfung der Beurteilungskriterien gemäß § 11 b vernünftige Gründe dafür gibt“ (Hervorhebungen durch den Verfasser). Damit soll nach den Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 11 a Abs 2) „… klargestellt sein, dass ein begründeter Verdacht bzw begründete Zweifel bereits ausreichen“. Diese „Klarstellung“ steht mE jedoch im Widerspruch zur Bedeutung, die der Wendung „vernünftige Gründe“ bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch beizulegen ist. Hier ist anzunehmen, dass das Adjektiv „vernünftig“ bezogen auf das Substantiv „Gründe“ jedenfalls einschränkend wirken soll, indem eben jene Gründe, die das „Kriterium der Vernünftigkeit“ nicht erfüllen („unvernünftige Gründe“) ausgeschlossen sein sollen. Der Sinn und Zweck dieser Anordnung erhellt mE wiederum vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips: Die behördliche Untersagung einer Beteiligung stellt einen gravierenden Eingriff in die Privatautonomie dar, der nicht leichtfertig ausgesprochen werden darf. Vor diesem Hintergrund soll daher gerade nicht „jeder begründete Verdacht bzw … Zweifel“ bereits für eine Untersagung hinreichen. Es kommen vielmehr nur jene Gründe in Frage, die eine Untersagung der Beteiligung in concreto auch als angemessen erscheinen lassen (vgl auch Rz 9). Der Untersagungsbescheid ist innerhalb von zwei Arbeitstagen 7 nach Entscheidung der FMA über die Untersagung zu versenden, was nach den Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 11 a Abs 2) „… interne Abfertigungsverzögerungen verhindern …[soll]“.
III. Nichtuntersagung bzw Genehmigung einer Beteiligung 8
Wird der geplante Erwerb einer Beteiligung von der FMA innerhalb des Beurteilungszeitraums nicht schriftlich untersagt, so gilt er als genehmigt („Nichtuntersagung“; vgl auch Diwok in Diwok/Göth, 160
Verfahren für die Beurteilung
§ 11 a
BWG § 20 Rz 38). Auf Antrag des interessierten Erwerbers hat die FMA jedoch auch im Falle der Nichtuntersagung einen Bescheid auszustellen (§ 11 a Abs 2 dritter und sechster Satz). In einem solchen Fall kann die FMA einen Termin vorschreiben, bis zu dem der beabsichtigte Erwerb abgeschlossen sein muss. Die Anordnung eines Durchführungstermins soll verhindern, dass eine Vielzahl denkbarer Erwerbsvorgänge („auf Vorrat“) angezeigt und durch das Verstreichen der Frist zulässig werden (Diwok in Diwok/Göth, BWG § 20 Rz 39). Eine Fristerstreckung wird durch § 11 a Abs 2 fünfter Satz ausdrücklich als zulässig erklärt. Die Möglichkeit der Genehmigung eines Beteiligungserwerbs unter 9 bestimmten „Bedingungen und Auflagen“ soll eine weitgehende Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände eines geplanten Beteiligungserwerbs ermöglichen. Vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist anzunehmen, dass die FMA eine Anordnung geeigneter Bedingungen bzw Auflagen (als gelinderes Mittel) einer gänzlichen Untersagung der Beteiligung jedenfalls vorzuziehen hat, insofern als diese dazu hinreichen, aufsichtsrechtliche Bedenken gegen einen Beteiligungserwerb zu beseitigen (siehe auch Rz 6).
IV. Begründung und Veröffentlichung von Bescheiden Nach § 11 a Abs 2 S 7 sind in der Begründung jedes schriftlichen 10 Untersagungs- oder Feststellungsbescheides alle Bemerkungen oder Vorbehalte der für den interessierten Erwerber zuständigen Behörde zu vermerken. Damit sind abweichend von § 58 Abs 2 AVG auch vollinhaltlich genehmigende Bescheide zu begründen. Ob damit auch hinsichtlich der Qualität einer Begründung vom allgemeinen Verfahrensrecht abweichende (allenfalls höhere) Anforderungen normiert werden, bleibt hingegen fraglich. Auf Antrag des interessierten Erwerbers kann die FMA nach § 11 a Abs 2 11 letzter Satz (sowohl genehmigende als auch untersagende) Bescheide öffentlich bekannt machen, sofern nicht (§ 22 c Z 3 lit a bis c FMABG) – die Erteilung der Auskunft oder die Veröffentlichung die Stabilität der Finanzmärkte ernsthaft gefährden würde, oder – die Erteilung der Auskunft oder die Veröffentlichung zu einem unverhältnismäßigen Schaden bei einem von der Auskunft oder der Veröffentlichung betroffenen Beteiligten führen würde, oder – durch die Erteilung der Auskunft die Durchführung eines Verfahrens oder Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse liegen, vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnten. 161
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V. Internationale Zusammenarbeit 12 Während die Vorgängerbestimmung des § 11 Abs 4 in der Stammfassung
noch auf das Konsultationsverfahren nach § 99 Abs 2 bis 4 verwiesen hat, setzen nunmehr § 11 a Abs 5 und 6 selbstständige Vorschriften für die internationale Zusammenarbeit bei grenzüberschreitenden Erwerbsvorgängen fest. Die Bestimmungen beabsichtigen eine möglichst weitgehende internationale Zusammenarbeit der betroffenen Aufsichtsbehörden (vgl die Erl RV GP XXIV RV 45 [zu § 11 a Abs 5 und 6]).
Kriterien für die Beurteilung § 11 b. (1) Bei der Beurteilung der Anzeige gemäß § 11 Abs. 2 hat die FMA im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, an der oder dem der Erwerb beabsichtigt wird, und unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Einflusses des interessierten Erwerbers auf die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Eignung des interessierten Erwerbers und die finanzielle Solidität des beabsichtigten Erwerbs im Hinblick auf sämtliche folgende Kriterien zu prüfen: 1. Die Zuverlässigkeit des interessierten Erwerbers; 2. die Zuverlässigkeit und Erfahrung jeder Person, die die Geschäfte der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens infolge des beabsichtigten Erwerbs leiten wird; 3. die finanzielle Solidität des interessierten Erwerbers, insbesondere in Bezug auf die Art der tatsächlichen und geplanten Geschäfte der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, an der oder dem der Erwerb beabsichtigt wird; 4. ob die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen in der Lage sein und bleiben wird, den Aufsichtsanforderungen aufgrund der Richtlinien 2002/87/EG, 2006/48/EG und 2006/49/EG zu genügen, und insbesondere, ob die Gruppe, zu der sie oder es gehören wird, über eine Struktur verfügt, die es ermöglicht, eine wirksame Beaufsichtigung auszuüben, einen wirksamen Austausch von Informationen zwischen den zuständigen Behörden durchzuführen und die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den zuständigen Behörden zu bestimmen (§ 5 Abs. 1 Z 4 und 4 a BWG); 5. ob ein hinreichender Verdacht besteht, dass im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Erwerb Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 2005/60/EG statt162
Kriterien für die Beurteilung
§ 11 b
finden, stattgefunden haben oder ob diese Straftaten versucht wurden oder ob der beabsichtigte Erwerb das Risiko eines solchen Verhaltens erhöhen könnte. (2) Bei der Beurteilung des beabsichtigten Erwerbs ist auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Marktes nicht abzustellen. (3) Die FMA hat in Entsprechung von Art. 10 b Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG in der Fassung der Richtlinie 2007/44/EG mittels Verordnung unter Berücksichtigung der europäischen Gepflogenheiten in diesem Bereich eine Liste von Informationen festzulegen, die der FMA vorzulegen sind. Diese Informationen müssen für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Vorliegens der Kriterien gemäß Abs. 1 Z 1 bis 5 geeignet und erforderlich sein. Der Umfang der beizubringenden Informationen hat der Art des interessierten Erwerbers und der Art des beabsichtigten Erwerbs angemessen und angepasst zu sein. Dabei sind Umfang und Art der Beteiligung sowie die Größe und die Geschäftsbereiche des interessierten Erwerbers und der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, an der oder dem der Erwerb beabsichtigt ist, zu berücksichtigen. In der Verordnung hat die FMA auch Art und Form der Übermittlung der Informationen näher zu regeln, um eine rasche und präzise Identifikation des Antragsinhaltes zu ermöglichen. (4) Werden der FMA zwei oder mehrere Vorhaben betreffend den Erwerb oder die Erhöhung von qualifizierten Beteiligungen an ein und derselben Wertpapierfirma oder an ein und demselben Wertpapierdienstleistungsunternehmen angezeigt, so hat die FMA alle interessierten Erwerber auf nicht diskriminierende Art und Weise zu behandeln. IdF BGBl I 2009/22. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 11 b): „Zu § 11 b: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 b in die Richtlinie 2004/39/EG einfügt; hiemit wird der neue Art. 10 b der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Während die frühere Rechtslage die Prüfung auf die Person des Erwerbers und die Möglichkeit der ordnungsgemäßen Beaufsichtigung beschränkte, soll nunmehr zum einen sichergestellt sein, dass die Umgehung der ursprünglichen Zulassungsbedingungen durch den Erwerb einer qualifizierten Beteiligung am Zielunternehmen nicht möglich ist und zum anderen die Prüfung durch die Aufsichtsbehörde auf klar festgelegte aufsichtsrechtliche Kriterien beschränkt ist (Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2007/44/EG). Die Kriterien werden umfassend und abschließend festgelegt und entsprechen in auf den Beteiligungserwerbsfall angepasster Weise den Kriterien für die Erstzulassung. Dieser Logik folgt auch die Umsetzung des Art. 10 b der Richtlinie
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§ 11 b
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2004/39/EG in der Fassung der Richtlinie 2007/44/EG. Der Kriterienkatalog der Richtlinie wurde dabei übernommen. Zu § 11 b Abs. 1: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 b in die Richtlinie 2004/39/EG einfügt; hiemit wird der neue Artikel 10 b Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Beim Kriterium der Zuverlässigkeit des interessierten Erwerbers muss geprüft werden, ob Zweifel hinsichtlich der Integrität und fachlichen Eignung des interessierten Erwerbers bestehen und ob diese Zweifel begründet sind. Die Zweifel können zum Beispiel auf ein Geschäftsgebaren in der Vergangenheit zurückgehen (so auch Erwägungsgrund 8 der Richtlinie 2007/44/EG). Zu § 11 b Abs. 2: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 b in die Richtlinie 2004/39/EG einfügt; hiemit wird der neue Art. 10 b Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Auch Vorbedingungen im Hinblick auf die Höhe der zu erwerbenden Beteiligung sind unzulässig. Zu § 11 b Abs. 3: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 b in die Richtlinie 2004/39/EG einfügt; hiemit wird der neue Art. 10 b Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Es sollen geeignete Informationen abgefragt werden, nur solche von aufsichtsrechtlicher Relevanz und in angemessener Weise. Die Art des Erwerbers (im Englischen ‚nature of the proposed acquirer‘) soll der Behörde vor allem eine Grundlage für umfassendere Informationsmöglichkeiten für den Fall eines nicht beaufsichtigten Erwerbers oder eines Erwerbers aus einem Drittstaat geben, so auch Erwägungsgrund 9 der Richtlinie 2007/44/EG. Die Verordnungsermächtigung ist notwendig, da sich Kommission und Mitgliedstaaten im Rahmen der Umsetzungsworkshops geeinigt haben, mit der Frage einer harmonisierten Vorgangsweise bezüglich der Erstellung der Listen den Ausschuss der Europäischen Bankaufsichtsbehörden (CEBS) zu befassen. Auf der Basis der Ergebnisse der Arbeitsgruppen der Europäischen Aufsichtsbehörden diesbezüglich soll die FMA die Verordnung erstellen. Dabei ist im Sinne der Reduktion der Verwaltungskosten darauf zu achten, dass Unterlagen, die der FMA bereits vorliegen, nicht nochmals angefordert werden. Mit der Anforderung der Angemessenheit sollen bewährte Prüfungspraktiken beibehalten werden können, insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb an Zentralinstituten. Die Größe und finanzielle Situation des Erwerbers sowie des zu erwerbenden Rechtsträgers spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Geschäftsbereiche; ebenso ist in Betracht zu ziehen, inwieweit der Erwerber der Aufsicht bereits aus ihrer Aufsichtstätigkeit bekannt ist. Die FMA hat in der VO auch die Art und Form der Übermittlung festzulegen, um eine rasche und präzise Identifikation des Antragsinhalts sicherzustellen. Dies ist im Interesse des Antragstellers, da die FMA mangels Übersichtlichkeit des Antrages diesen sonst innerhalb der kurzen Bearbeitungsfrist von 2 Tagen, die durch die Richtlinie vorgegeben ist, als unvollständig zur Verbesserung zurückstellen müsste. Außerdem soll damit auch eine effiziente Bearbeitung in der FMA sichergestellt werden. Insbesondere kann die FMA in diesem Rahmen gegeeinte [offenbar gemeint: ‚geeignete‘; Anmerkung des Verfassers] Formulare, die zu verwenden sind, vorsehen. Dies entspricht auch der Vorgangsweise in anderen Mitgliedstaaten, beispielsweise Deutschland.
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Kriterien für die Beurteilung
§ 11 b
Zu § 11 b Abs. 4: Setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2007/44/EG um, der wiederum einen neuen Art. 10 b in die Richtlinie 2004/39/EG einfügt; hiemit wird der neue Art. 10 b Abs. 5 der Richtlinie 2006/48/EG umgesetzt.“
Übersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einzelne Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–2 3–6 7
I. Allgemeines „Während die frühere Rechtslage die Prüfung auf die Person des Er- 1 werbers und die Möglichkeit der ordnungsgemäßen Beaufsichtigung beschränkte, soll durch den erweiterten Kriterienkatalog des § 11 b nunmehr zum einen sichergestellt sein, dass die Umgehung der ursprünglichen Zulassungsbedingungen durch den Erwerb einer qualifizierten Beteiligung am Zielunternehmen nicht möglich ist und zum anderen die Prüfung durch die Aufsichtsbehörde auf klar festgelegte aufsichtsrechtliche Kriterien beschränkt ist (Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2007/44/EG)“ (Erl RV GP XXIII RV 143 [zu § 11 b]; Hervorhebungen durch den Verfasser). Die Liste der Beurteilungskriterien in § 11 b Abs 1 ist somit taxativ. Bei der Anwendung der Kriterien des § 11 b Abs 1 dürfen wirtschaftli- 2 che Bedürfnisse des Marktes keine Rolle spielen (§ 11 b Abs 2). Die FMA hat alle interessierte Erwerber auf nicht diskriminierende Art und Weise zu behandeln (§ 11 b Abs 4; eine Anforderung, die sich wohl bereits aus dem Gleichheitssatz ergibt).
II. Einzelne Kriterien Nach § 11 Abs 3 in der Stammfassung konnte die FMA eine beab- 3 sichtigte Beteiligung untersagen, wenn sie der Ansicht war, dass die beabsichtigten Erwerber einer qualifizierten Beteiligung nicht geeignet sind, die erforderliche solide und umsichtige Führung der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zu gewährleisten. Dabei hatte die FMA zu prüfen, ob die Erwerbsinteressenten über die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs 1 Z 3 BWG verfügen bzw es auch ansonsten durch den Beteiligungserwerb es zu keiner Beeinträchtigung der Aufsichtspflichten iSd § 5 Abs 1 Z 4 BWG 165
§ 11 b
Kreisl
kommt (vgl dazu Kreisl in Brandl/Saria, WAG1 § 11 Rz 6 f). Diese Anforderungen finden nunmehr in den Kriterien der Zuverlässigkeit (§ 11 b Abs 1 Z 1) und finanziellen Solidität des interessierten Erwerbers (§ 11 b Abs 1 Z 3) ihre Entsprechung. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich die Behördenpraxis bei der Auslegung dieser Kriterien an den Meinungsstand zu § 11 Abs 3 in der Stammfassung orientieren bzw neue (allenfalls darüber hinausgehende) Standards festlegen wird. 4 Das Kriterium „Zuverlässigkeit und Erfahrung“ der (künftigen) Geschäftsleiter (§ 11 b Abs 1 Z 2) wird aus systematischer bzw teleologischer Sicht in Übereinstimmung mit § 10 zu beurteilen sein (siehe dazu die Kommentierung zu § 10). 5 Nach Maßgabe von § 11 b Abs 1 Z 4 ist sicherzustellen, dass (auch) nach einem geplanten Erwerb das Zielunternehmen (weiterhin) in der Lage sein wird, sämtliche Aufsichtsanforderungen auf Grund der Richtlinien 2002/87/EG („FinanzkonglomerateRL“), 2006/48/EG („Bankenaufsichtsrichtlinie“; da Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht als Kreditinstitute iSd Art 4 Z 1 Bankenaufsichtsrichtlinie gelten, bleibt jedoch die normative Bedeutung dieses Verweises fraglich) und 2006/49/EG („Kapitaladäquanz-Richtlinie“) zu erfüllen. In diesem Zusammenhang sind insb Implikationen neuer Beteiligungsstrukturen („Gruppenstruktur“) zu berücksichtigen. 6 Obschon offensichtlich bereits durch die Kriterien der Z 1 und 3 abgedeckt, ist nach Z 5 gesondert das Vorliegen von Geldwäsche- bzw Terrorismusfinanzierungsaktivitäten iZm einem geplanten Erwerb gesondert zu prüfen.
III. Verordnungsermächtigung 7 Vor dem Hintergrund von Art 10 b Abs 4 der MiFID in der Fassung der
RL 2007/44/EG räumt § 11 b Abs 3 der FMA die Ermächtigung ein, eine Liste der im Rahmen des Beurteilungsverfahrens konkret vorzulegenden Informationen durch VO festzusetzen sowie die Art und Form der Übermittlung dieser Informationen zu regeln. Diese Informationen müssen für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Vorliegens der Kriterien gemäß Abs 1 Z 1 bis 5 geeignet und erforderlich sein; ihr Umfang hat der Art des interessierten Erwerbers und der Art des beabsichtigten Erwerbs angemessen und angepasst zu sein. Generell sind „europäische Gepflogenheiten in diesem Bereich“ zu berücksichtigen. Die FMA hat von dieser VO-Ermächtigung Gebrauch gemacht und die Eigentümerkontrollverordnung – EKV (BGBl II 2009/83, zuletzt geändert durch BGBl II 2009/351) erlassen. 166
Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich
§ 12
2. Abschnitt Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich § 12. (1) Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten gemäß Art. 4 Abs. 1 Z 2 der Richtlinie 2004/39/EG sowie die in Anhang I Abschnitt B der Richtlinie 2004/39/EG angeführten Nebendienstleistungen können von einer Wertpapierfirma im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/EG, die in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist, nach Maßgabe der Richtlinie 2004/ 39/EG in Österreich über eine Zweigstelle erbracht oder ausgeübt oder im Wege der Dienstleistungsfreiheit erbracht werden, soweit ihre Zulassung sie dazu berechtigt. Nebendienstleistungen dürfen nur in Verbindung mit einer Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit erbracht werden. (2) Die Errichtung einer Zweigstelle in Österreich ist zulässig, wenn die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der FMA alle Angaben gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 3 übermittelt hat. (3) Nach Einlangen einer Mitteilung gemäß Abs. 2, spätestens jedoch nach zwei Monaten nach Weiterleitung der Mitteilung durch die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates, kann die Zweigstelle errichtet werden und ihre Tätigkeit aufnehmen. (4) Wertpapierfirmen, die Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben, haben die §§ 36, 38 bis 59, 61 bis 66 und 69 bis 71 dieses Bundesgesetzes und die §§ 33 bis 38, 40 „40 a,40 b,40 d“, 41 und § 93 Abs. 8 a BWG sowie die auf Grund dieser Bestimmungen erlassenen Verordnungen und Bescheide einzuhalten. (idF BGBl I 2007/107) (5) Die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaates einer Wertpapierfirma gemäß Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/EG können nach vorheriger Unterrichtung der FMA selbst in Wahrnehmung ihrer Pflichten bei der Zweigstelle vor Ort Ermittlungen in dieser Zweigstelle vornehmen. (6) Wertpapierfirmen und Marktbetreiber aus anderen Mitgliedstaaten, die ein MTF betreiben, können geeignete Systeme im Inland bereitstellen, um Fernnutzern oder -teilnehmern im Inland den Zugang zu ihren Systemen sowie deren Nutzung zu erleichtern. 167
§ 12
Muther-Pradler/Ortner
Schrifttum: Balzer, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neue Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2003, 177; CESR, Protocol on MiFID Passport Notifications May 2007, Ref: CESR/07–317; CESR, Protocol on MiFID Passport Notifications May 2007 (updated October 2009), Ref: CESR/07–317 b; CESR, The Passport under MiFID, Recommendations for the implementation of the Directive 2004/39/EG, and Statement on practical arrangements regarding the late transposition on MiFID, 22. 10. 2007, Ref: CESR/07–337 b; CESR, Protocol on the supervision of branches under MiFID October 2007 (updated October 2009), Ref: CESR /07–672 b; CESR, Multilateral Memorandum of Understanding on the Exchange of Information an Surveillance of Securities Activities, 26. 1. 1999, Ref: CESR/05–335; CESR, Protocol on Mediation Mechanism of the Committee of European Securities Regulators, August 2006, Ref: CESR/06–286 b; European Commission, Supervision of branches under MiFID, 18. 6. 2007, Markt/G/3/MV D (2007)/ 2386, http://ec.europa.eu/internal_market/securities/docs/isd/mifid-branches_en.pdf; alle abrufbar unter www.cesr.eu; Forstinger/Pradler, Der aktuelle Vorschlag für eine Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (ISD2) – Die Novellierung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 92/22/EWG (ISD), ÖBA 2004, 329; Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung – Teil 1, WM 2006, 1749. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 12): „Zu § 12: Die folgenden Bestimmungen regeln die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit jener Wertpapierfirmen gemäß Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/ EG, die in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen sind und in Österreich tätig werden. Zu Abs. 1: Hiermit werden die Art. 31 Abs. 1 und 32 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt, die im Wesentlichen dem bisherigen § 9 a Abs. 1 BWG entsprechen. Zu Abs. 2: Diese Bestimmung setzt Art. 32 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 3: Diese Bestimmung setzt Art. 32 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 4: Dieser Absatz setzt unter anderem Art. 32 Abs. 7 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG um und entspricht im Wesentlichen seiner Vorgängerbestimmung im § 9 a BWG. Die Anwendung der Bestimmungen über Cold Calling und Haustürgeschäfte (§§ 62 und 63) liegen gemäß Erwägungsgrund 38 der Richtlinie 2004/39/EG außerhalb des Anwendungsbereichs der MiFID, sodass diesbezüglich Wettbewerbsgleichheit zwischen in- und ausländischen Anbietern hergestellt werden kann. Zu Abs. 5: Diese Bestimmung setzt Art. 32 Abs. 8 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 6: Diese Bestimmung setzt Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2004/39/EG um.“
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Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich
§ 12
Übersicht I. II. III. A. B. C. D. IV. A. B. C.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinheitlichtes und effizientes Notifizierungsverfahren . . . . . Grundsätzliches zum Notifizierungsverfahren nach WAG. . . . Tätigwerden über eine Zweigstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tätigwerden im Wege der Dienstleistungsfreiheit. . . . . . . . . . . . . . . Betreiben eines MTF. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beaufsichtigung von Zweigstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzuhaltende gesetzliche Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermeidung der Doppelbeaufsichtigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vor-Ort-Ermittlungen durch die Behörde des Herkunftsmitgliedstaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–2 3–5 6–11 6–8 9 10 11 12–21 12–17 18–22 23
I. Allgemeines § 12 Abs 1 setzt die Art 31 Abs 1 und Art 32 Abs 1 MiFID um, die 1 im Wesentlichen dem bisherigen § 9 a Abs 1 BWG entsprechen. Die bis dato im BWG enthaltenen Vorschriften für Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten im Rahmen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit wurden in das WAG übernommen. Dies entspricht auch dem Bekenntnis des österreichischen Gesetzgebers zu einer klaren Gesetzessystematik, die einerseits durch den Ersatz der bisher durch Verweis auf das BWG geregelten Vorschriften durch ausdrückliche Regelungen im WAG und andererseits durch eine möglichst einheitliche bzw konsistente Terminologie angestrebt wird (vgl Erl RV Allgemeiner Teil). Die MiFID entwickelt das Prinzip des „single passport bzw single 2 licence“ (zum „single licence“-Prinzip vgl ua Diwok in Diwok/Göth, BWG § 9 a Rz 4) weiter. Nach Erwägungsgrund 17 MiFID sollen Unternehmen bzw Personen, die der MiFID unterliegende Wertpapierdienstleistungen vornehmen, „aus Gründen des Anlegerschutzes und der Stabilität des Finanzsystems“ durch die zuständige Behörde ihres Herkunftsmitgliedstaates zugelassen werden. Im Sinne einer EU-weiten gegenseitigen Anerkennung und der Kontrolle durch den Herkunftsmitgliedstaat ist allerdings bereits bei der Zulassung darauf zu achten, dass eine Wertpapierfirma nicht die Rechtsordnung eines Mitgliedstaats in der Absicht wählt, sich den strengeren Normen eines anderen Mitgliedstaates zu entziehen (vgl Erwägungsgrund 22 MiFID). Ist eine Wertpapierfirma einmal zugelassen, so ist diese berechtigt, in der gesamten EU Wertpapierdienstleistungen zu erbringen oder Anla169
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Muther-Pradler/Ortner
getätigkeiten auszuüben, „ohne eine gesonderte Zulassung der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates, in dem sie diese Leistungen zu erbringen oder Tätigkeiten auszuüben wünscht, einholen zu müssen“ (vgl Erwägungsgrund 23 MiFID). Die Mitgliedstaaten haben diesbezüglich sicherzustellen, dass Wertpapierfirmen, die in ihrem Hoheitsgebiet zugelassen sind, ungehindert Wertpapierdienstleistungen und/oder Anlagetätigkeiten sowie Nebendienstleistungen erbringen dürfen. Ergänzende Regelungen wurden im Rahmen des Europäischen Passes va auch iZm dem Betrieb eines MTF geschaffen (vgl Forstinger/ Pradler, ÖBA 2004, 335).
II. Anwendungsbereich 3 § 12 erfasst Wertpapierfirmen gemäß Art 4 Abs 1 Z 1 MiFID. Da-
runter fällt primär jede juristische Person, die im Rahmen ihrer üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gewerbsmäßig eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen für Dritte erbringt und/oder mehrere Anlagetätigkeiten ausübt. Nach Art 4 Abs 1 Z 1 lit a und b MiFID steht es den Mitgliedstaaten frei, auch Unternehmen, die keine juristische Personen sind, als Wertpapierfirma zu definieren, sofern ihre Rechtsform Dritten ein Schutzniveau bietet, das dem von juristischen Personen gebotenen Schutz gleichwertig ist und sie einer gleichwertigen und ihrer Rechtsform angemessenen Aufsicht unterliegen. Bei natürlichen Personen, die Wertpapiere und Gelder von Kunden halten, müssen iSd Art 4 Abs 1 Z 1 Unterabs 2 lit a bis d zusätzlich entsprechende Vorkehrungen zum Gläubigerschutz getroffen werden. Für ausländische Wertpapierfirmen ist demnach die Definition der MiFID bzw deren Umsetzung in das jeweilige nationale Recht ausschlaggebend. 4 § 12 bezieht sich auf Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten gemäß Art 4 Abs 1 Z 2 MiFID sowie die in Anhang I Abschnitt B MiFID angeführten Nebendienstleistungen. Im Gegensatz zur RL 93/22/EWG wurde der Katalog der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten um den Betrieb eines Multilateralen Handelssystems („MTF“) erweitert und die „Anlageberatung“ von einer Nebendienstleistung zu einer Hauptdienstleistung umgestuft (vgl Spindler/Kasten, WM 2006, 1752). Der Katalog der Nebendienstleistungen wurde um die Wertpapier- und Finanzanalyse erweitert. Weiters wurde der Katalog der Finanzinstrumente (Anhang I Abschnitt C MiFID) auf Warenderivate, finanzielle Differenzgeschäfte und Kreditderivate ausgedehnt. Daher besteht nach Umsetzung der MiFID die 170
Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich
§ 12
Möglichkeit, einen weiteren Katalog an Haupt- und Nebendienstleistungen in Bezug auf eine größere Anzahl von Finanzinstrumenten auf Grundlage des Europäischen Passes in anderen Mitgliedstaaten anzubieten (vgl Forstinger/Pradler, ÖBA 2004, 332 ff). Die Zulassung im Herkunftsmitgliedstaat der Wertpapierfirma darf 5 allerdings nach Art 6 MiFID keinesfalls nur für die Erbringung von Nebendienstleistungen erteilt werden. Wertpapiernebendienstleistungen können lediglich in Verbindung mit einer Hauptdienstleistung erbracht werden (vgl auch Diwok in Diwok/Göth, BWG § 9 a Rz 12).
III. Vereinheitlichtes und effizientes Notifizierungsverfahren A. Grundsätzliches zum Notifizierungsverfahren nach WAG Damit eine Wertpapierfirma, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zu- 6 gelassen ist, in Österreich über eine Zweigstelle oder im Wege der Dienstleistungsfreiheit tätig werden kann, sind der FMA vorab von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma bestimmte Informationen zur Wertpapierfirma und den geplanten Aktivitäten in Österreich anzuzeigen. Die Definition des Herkunftsmitgliedstaates einer Wertpapierfirma in § 1 Abs 1 Z 16 WAG (vgl § 1 Rz 23) verweist auf § 2 Z 6 lit b BWG. Demnach wird bei Wertpapierfirmen, bei denen es sich um natürliche Personen handelt, auf jenen Mitgliedstaat abgestellt, in dem sich ihre Hauptverwaltung befindet. Bei Wertpapierfirmen in Form von juristischen Personen wird hingegen auf den Mitgliedstaat, in dem sie ihren satzungsmäßigen Sitz haben, bzw sofern es diesen auf Grund einzelstaatlichen Rechts nicht gibt, auf den Mitgliedstaat, in welchem sich der Hauptverwaltungssitz befindet, abgestellt (zum Herkunftsmitgliedstaat vgl Diwok/Göth in Diwok/Göth, BWG § 2 Rz 27). Das CESR hat erstmals am 29. 5. 2007 ein „Protocol on MiFID Pass- 7 port Notifications“ (vgl CESR/07–317, abrufbar unter www.cesr.eu), das eine Level 3-Empfehlung der MiFID darstellt, veröffentlicht. Damit wird das existierende „Multilateral Memorandum of Understanding“ (vgl CESR/05–335; abrufbar unter www.cesr.eu) ergänzt und ein Rahmenregelwerk für eine effiziente Zusammenarbeit unter den CESR-Mitgliedern bei der Ausstellung des Europäischen Passes festgelegt. Durch Vorgabe eines einheitlichen Formulars bei der Notifizierung soll die Ausstellung des Europäischen Passes schneller und mit 171
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Muther-Pradler/Ortner
geringerem administrativem Aufwand EU-weit einheitlich erfolgen. Weiters wurden die jeweiligen Anlaufstellen in den Aufsichtsbehörden iZm Notifizierungen veröffentlicht. Die E-Mail-Adresse der FMA lautet: notifi
[email protected] (vgl Annex 3 zu CESR/07–317). IS einer schnelleren und praktikableren Abwicklung des Notifizierungsverfahrens wurde der Austausch von Notifizierungsanzeigen zwischen den Aufsichtsbehörden per e-mail ausdrücklich von allen CESRMitgliedern anerkannt. Zwischenzeitig erfolgte eine Überarbeitung des Protokolls bzw eine teilweise Adaptierung der Formulare für das Notifizierungsverfahren (vgl CESR/07–317 c; abrufbar unter www.cesr.eu). 8 Nach Maßgabe des § 92 Abs 11 letzter Satz in Umsetzung des Art 5 Abs 3 MiFID hat die FMA ein öffentlich zugängliches Verzeichnis der Wertpapierfirmen aus EU-Mitgliedstaaten zu führen, die berechtigt sind, Wertpapierdienstleistungen in Österreich über eine Zweigstelle oder im Wege der Dienstleistungsfreiheit anzubieten. Die FMA führt auf ihrer Homepage ein derartiges Register (abrufbar unter http:// www.fma.gv.at/cms/site/DE/abfragen_ewrwpf_konz.html), das öffentlich zugänglich ist (vgl dazu auch § 92 Rz 18).
B. Tätigwerden über eine Zweigstelle 9 Jede Wertpapierfirma, die beabsichtigt eine Zweigstelle (zur Definition
s § 1 Rz 25) in einem anderen Mitgliedstaat zu errichten, muss vorab der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates die in § 13 Abs 1 Z 1 bis 4 und Abs 3 genannten Informationen, bei denen es sich im Wesentlichen um den Geschäftsplan, die Kontaktdaten, die Zweigstellenleiter sowie um die Art der Vertriebstätigkeit handelt, übermitteln (vgl auch § 13 Rz 5 f). Zur Abgrenzung zwischen den Tätigkeiten einer Zweigstelle und einer Repräsentanz vgl CESR/07–337, abrufbar unter www.cesr.eu, Recommendation n° 13. Nach Eingang der über die geplante Errichtung der Zweigstelle erforderlichen Informationen bei der FMA, spätestens aber zwei Monate nach Weiterleitung der Informationen durch die zuständige Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates an die FMA, kann die Zweigstelle operativ tätig werden. Innerhalb der zwei Monate hat die FMA Zeit, die bei ihr eingelangten Informationen zu prüfen (vgl auch Diwok in Diwok/Göth, BWG § 9 a Rz 16) bzw die Daten der Zweigstelle in einem öffentlich zugänglichen Register (vgl § 92 Rz 18) zu erfassen.
C. Tätigwerden im Wege der Dienstleistungsfreiheit 10 Die Anforderungen an die Vorlagepflicht von Informationen gemäß
Art 32 Abs 2 MiFID wurden in § 12 Abs 2 lediglich für ausländische 172
Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich
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Wertpapierfirmen, die in Österreich über eine Zweigstelle tätig werden, umgesetzt (vgl § 12 Rz 9). § 12 sollte jedoch auch für Wertpapierfirmen, die in Österreich Wertpapierdienstleistungen und/ oder Anlagetätigkeiten bzw Nebendienstleistungen im Wege der Dienstleistungsfreiheit erbringen, anzuwenden sein. Gemäß Art 31 Abs 2 MiFID hat auch eine Wertpapierfirma, die im Wege der Dienstleistungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden möchte, Informationen über die geplanten Tätigkeiten an die Herkunftsmitgliedstaatsbehörde zu übermitteln, welche diese dann an die FMA weiterleitet. In § 12 fehlt jedoch eine derartige Regelung für oben beschriebene Wertpapierfirmen. Das WAG sieht eine Pflicht zur Informationsvorlage (an die FMA) lediglich für österreichische Wertpapierfirmen vor, die im Ausland im Wege der Dienstleistungsfreiheit tätig werden möchten (§ 13 Abs 5 und 6). Das Fehlen einer derartigen Regelung für den umgekehrten Fall (ausländische Wertpapierfirma, die in Österreich im Wege der Dienstleistungsfreiheit tätig wird) führt gemäß WAG dazu, dass ausländische Wertpapierfirmen geringere Vorlagepflichten zu erfüllen haben, als umgekehrt österreichische Wertpapierfirmen, die im Wege der Dienstleistungsfreiheit im Ausland tätig werden. Eine Ungleichbehandlung von Wertpapierfirmen aus anderen Mitgliedstaaten in Österreich und österreichischen Wertpapierfirmen in anderen Mitgliedstaaten, die im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs tätig werden, weicht von der Richtlinienvorgabe ab.
D. Betreiben eines MTF Zur Definition eines MTF siehe (§ 1 Rz 18). Im Rahmen der Dienst- 11 leistungsfreiheit können Wertpapierfirmen oder Marktbetreiber, welche ein MTF betreiben, zukünftig auf Grund des Europäischen Passes EU-weit Zugangsmöglichkeiten („geeignete Systeme“) für die Teilnahme am MTF schaffen. Dies ist in verschiedenster Form vorstellbar: In den meisten Fällen wird es sich um eine Handelsplattform handeln, die Fernmitgliedern und -nutzern zugänglich ist (vgl Balzer, ZBB 2003, 190). Nach Erwägungsgrund 6 MiFID muss es sich dabei jedoch nicht zwingend um „technische“ Systeme für das Zusammenführen von Aufträgen handeln. Als ein geregelter Markt oder ein MTF ist bereits ein Markt, der nur aus einem Regelwerk besteht, welches Fragen in Bezug auf die Mitgliedschaft, die Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel, den Handel zwischen Mitgliedern, die Meldung von Geschäften und gegebenenfalls die Transparenzpflichten regelt, anzusehen (vgl dazu ausführlich Spindler/Kasten, WM 2006, 1753 ff). Solche Regelwerke sind ebenfalls „geeignete“ Systeme (siehe dazu CESR/07–337, 173
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Rz 49). Die Übermittlung eines solchen Regelwerkes an inländische Fernmitglieder und -nutzer wird daher der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates anzuzeigen sein, welche die Informationen an die FMA weiterleitet. Darüber hinaus sind die auf Grund der oben angeführten Bestimmungen erlassenen Verordnungen der FMA (IIKV, WPMVO 2007, HTAusV) einzuhalten.
IV. Beaufsichtigung von Zweigstellen A. Einzuhaltende gesetzliche Bestimmungen 12 Den Erl RV folgend entspricht § 12 Abs 4 im Wesentlichen seiner
Vorgängerbestimmung, dem § 9 a BWG, und setzt Art 32 Abs 7 Unterabsatz 1 MiFID um. Damit wird das Herkunftsmitgliedstaatsprinzip in Bezug auf die Beaufsichtigung von Zweigstellen durchbrochen. Nach Erwägungsgrund 32 MiFID soll jene Behörde, die auf Grund der größeren Nähe zur Zweigstelle besser in der Lage ist, Verstöße gegen die Vorschriften für den Geschäftsbetrieb der Zweigstelle aufzudecken und zu ahnden, auch für die Beaufsichtigung der Zweigstelle im Hinblick auf die Einhaltung bestimmter Verpflichtungen in Bezug auf Geschäfte, die über diese Zweigstelle abgewickelt werden, verantwortlich sein. 13 Gemäß § 22 Abs 5 ist die FMA für die Kontrolle der Einhaltung der Aufzeichnungspflichten bezüglich aller von der Zweigstelle durchgeführten Dienstleistungen und Geschäfte mit Kunden iSd § 22 verantwortlich (vgl auch § 22 Rz 17). Um diese aufsichtsrechtliche Verpflichtung erfüllen zu können, kann die FMA von der Zweigstelle gemäß § 100 Abs 2 alle Angaben verlangen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der von den Zweigstellen anzuwendenden Normen zu kontrollieren (vgl auch § 100 Rz 1). Im Einzelnen handelt es sich bei den von Zweigstellen ausländischer Wertpapierfirmen zu beachtenden Normen um folgende Bestimmungen des WAG und des BWG: 14 WAG: – Finanzanalysen (§ 36); – Bestimmungen über das Handeln im besten Interesse des Kunden (§ 38 Allgemeine Pflichten; § 39 Gewährung und Annahme von Vorteilen); – Bestimmungen über die Informationserteilung gegenüber Kunden (§ 40 Angemessene Informationen; § 41 Bedingungen für redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationen; § 42 Zeitpunkt der Übermittlung der Informationen); 174
Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich
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– Bestimmungen über die Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen (§ 43 Allgemeine Bestimmungen; § 44 Eignung von Anlageberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen; § 45 Angemessenheit von sonstigen Wertpapapierdienstleistungen; § 46 Geschäfte, die nur in der Ausführung oder Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen bestehen; § 47 Dokumentation der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien); – Bestimmungen über die Berichtspflichten gegenüber den Kunden (§ 48 Berichtspflicht; § 49 Berichtspflichten bei der Ausführung von Aufträgen außerhalb der Portfolioverwaltung; § 50 Berichtspflichten bei der Portfolioverwaltung; § 51 Berichtspflichten für Rechtsträger, die Kundenfinanzinstrumente und Kundengelder halten); – Bestimmungen über die bestmögliche Durchführung von Dienstleistungen (§ 52 Bestmögliche Durchführung; § 53 Organisatorische Vorschriften über die Durchführungspolitik; § 54 Besondere Vorschriften für Privatkunden); – Bestimmungen über die Bearbeitung von Kundenaufträgen (§ 55 Allgemeine Bestimmungen; § 56 Zusammenlegung und Zuordnung von Aufträgen; § 57 Zusammenlegung und Zuordnung von Geschäften für eigene Rechnung); – Bestimmungen über Professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien (§§ 58 und 59 Professionelle Kunden; § 61 Informationen über die Kundeneinstufung); – Bestimmungen über unerbetene Nachrichten und Haustürgeschäfte (§ 62 Unerbetene Nachrichten; § 63 Haustürgeschäfte); – Bestimmungen über Melde- und Veröffentlichungspflichten (§ 64 Meldepflichten; § 65 Veröffentlichungen nach dem Handel; § 66 Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten); – Bestimmungen über Systematische Internalisierer (§ 69 VorhandelsTransparenzvorschriften; § 70 Ausführung von Kundenaufträgen; § 71 Allgemeine Geschäftsbedingungen). Gemäß Erwägungsgrund 38 MiFID sind Haustürgeschäfte nicht 15 von der RL erfasst (vgl Erl RV zu § 12 Abs 4, wonach die Bestimmungen des WAG über Cold Calling und Haustürgeschäfte [§§ 62 und 63] iSd oben angeführten Erwägungsgrundes außerhalb des Anwendungsbereichs der MiFID liegen, sodass diesbezüglich Wettbewerbsgleichheit zwischen in- und ausländischen Anbietern hergestellt werden kann). BWG: – Verbraucherbestimmungen des VIII. Abschnitts; – Bankgeheimnis gemäß § 38;
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– besondere Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung gemäß §§ 40 und 41; – Informationspflicht über die Zugehörigkeit zu einem Anlegerentschädigungssystem gemäß § 93 Abs 8 a. 17 Im Gegensatz zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten im Wege einer Zweigstelle geht die MiFID bei Tätigwerden im Wege der Dienstleistungsfreiheit strikt vom Herkunftsmitgliedstaatsprinzip aus. Das bedeutet, dass bei Tätigwerden im Wege der Dienstleistungsfreiheit immer die nationalen gesetzlichen Regelungen des Herkunftsmitgliedstaates, welche die Bestimmungen der MiFID samt Durchführungsmaßnahmen umsetzen, anzuwenden sind. Das heißt, dass von Wertpapierfirmen, die im Wege der Dienstleistungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden, in Bezug auf die Art 19, 21, 22, 25, 27 und 28 MiFID samt Durchführungsmaßnahmen die diese Bestimmungen umsetzenden nationalen gesetzlichen Bestimmungen des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma zu beachten und einzuhalten sind (nicht wie bei Tätigwerden über eine Zweigstelle die diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen des Aufnahmemitgliedstaates). Weiters ist auch die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma zuständig, die Einhaltung dieser Regelungen zu beaufsichtigen. Obwohl die MiFID eine maximal harmonisierte Umsetzung in den Mitgliedstaaten vorsieht, könnten daher dennoch unterschiedliche Regelungen – je nach nationaler Umsetzung der oben angeführten Bestimmungen der MiFID und Auslegung – anzuwenden sein. Insofern ist es möglich, dass der Anleger je nachdem, wie der grenzüberschreitende Rechtsträger organisiert ist – Wertpapierfirma im Wege der Dienstleistungsfreiheit oder im Wege über eine Zweigstelle –, mit einem anderen Wohlverhaltensregelregime konfrontiert ist. Dies kann in der Praxis insb dann problematisch sein, wenn im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung das österreichische Gericht ausländisches Recht anzuwenden hat und dadurch die Durchsetzung rechtlicher Ansprüche für den Anleger uU erschwert wird.
B. Vermeidung der Doppelbeaufsichtigung 18 Um bei allfälligen Kompetenzkonflikten zwischen der zuständigen
Behörde des Herkunftsmitgliedstaates und der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates (zur zuständigen Behörde s § 1 Rz 24; § 97 Rz 1) eine „Doppelbeaufsichtigung“ von Zweigstellen zu vermeiden und auch um rechtliche Sicherheit für die beaufsichtigten Zweigstellen zu schaffen, hat CESR zur Interpretation des Art 32 Abs 7 MiFID im Hinblick auf die aufsichtsrechtlichen Zuständigkeiten die 176
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Europäische Kommission um eine Interpretation gebeten. Die Antwort der Europäischen Kommission (vgl Markt/G/3/MV D (2007)/ 2386, abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/securities/ docs/isd/mifid-branches_en.pdf) lässt jedoch leider – gerade im Bereich von Zweifelsfällen der Aufsichtzuständigkeiten – nach wie vor viele Fragen offen. Für jene Fälle („grey area“), in denen der Kunde, der die Dienstleis- 19 tung in Anspruch nimmt, weder im Mitgliedstaat des Mutterunternehmens der Zweigstelle noch am Sitz der Zweigstelle ansässig ist bzw unter Umständen nicht klar definiert werden kann, wo der Ort der Dienstleistungserbringung ist (zB weil Teile der Dienstleistungserbringung ausgelagert wurden oder im elektronischen Wege erbracht werden), sollen laut Vorschlag der Europäischen Kommission die beteiligten Aufsichtbehörden den CESR Mediation Mechanismus (vgl CESR/06–286 b, abrufbar unter www.cesr.eu) in Anspruch nehmen. In Fällen, in denen sich keine der Aufsichtsbehörden für zuständig befindet, erklärt die Europäische Kommission automatisch die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma für zuständig. Als praktische Lösungsmöglichkeit schlägt die Europäische Kommission letztlich eine geteilte und kooperative Beaufsichtigung der Zweigstellen auf Basis eines Multilateralen Memorandum of Understanding (MoU), welches auch durch bilaterale MoU ergänzt werden kann, vor. Zu einer verstärkten Zusammenarbeit bei der Beaufsichtigung von Zweigstellen bekennt sich auch CESR (siehe CESR/07–337, abrufbar unter www.cesr.eu, Recommendation n° 5). Für anders gelagerte Fallkonstellationen, in welchen der Kunde entwe- 20 der am Ort der Zweigstelle bzw im Herkunftsmitgliedstaat der Wertpapierfirma ansässig ist, trifft die Europäische Kommission folgende Aussagen: Befinden sich die Zweigstelle und der Kunde, der die Dienstleistung der Zweigstelle in Anspruch nimmt, im selben Mitgliedstaat, ist die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaates (= Aufnahmemitgliedstaat) für die Beaufsichtigung der Einhaltung der „Wohlverhaltensregeln“ zuständig. Ist der Kunde jedoch im Herkunftsmitgliedstaat der Wertpapierfirma ansässig, ist die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma für die Beaufsichtigung verantwortlich. Das Protocol on the supervision of branches under MiFID vom Ok- 21 tober 2007 bzw die adaptierte Version vom Oktober 2009 (siehe CESR/07–672 b, abrufbar unter www.cesr.eu.) bekräftigte das Bekenntnis des CESR zur verstärkten Zusammenarbeit bei der Beaufsichtigung von Zweigstellen (siehe oben Rz 19). Das Protocol stellt ein Rahmenregelwerk dar, welches den Aufsichtsbehörden zwei Modelle 177
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zum Zwecke der Zusammenarbeit bei der Beaufsichtigung von Zweigstellen zur Auswahl anbietet. Die Zusammenarbeit kann in Form des „Common Oversight Request“, in Rahmen dessen Aufsichtsbehörden eine gemeinsame und koordinierte Beaufsichtigung anhand eines vereinbarten Aufsichtsprogrammes betreffend eines oder mehrerer definierter Zweigstellen von Wertpapierfirmen vereinbaren, erfolgen. Diese Art der Zusammenarbeit sieht beispielsweise vor, dass spezifische Aufsichtsschwerpunkte gemeinsam von den involvierten Aufsichtsbehörden festgelegt bzw eine Risikoevaluierung bei Zweigstellen in regelmäßigen Treffen zwischen den Aufsichtsbehörden stattfindet. Die andere Möglichkeit der Zusammenarbeit kann in Form eines „Standing Request for Assistance“ erfolgen, in Rahmen dessen eine Aufsichtsbehörde der anderen Unterstützung bei der Beaufsichtigung einer oder mehrerer definierter Zweigstellen von Wertpapierfirmen zusagt. Das Protocol sieht standardisierte Formulare vor, die zum Abschluss der genannten Vereinbarungen von den Aufsichtsbehörden zu verwenden sind. 22 Art 32 Abs 7 der MiFID sieht eine klare Trennung der Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörden (siehe Rz 12) bei Zweigstellen betreffend die zu beaufsichtigenden Themenstellungen vor. Es stellt sich daher die Frage, ob es in der Praxis durch den Abschluss von Agreements (vgl Rz 21) zur Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsbehörden zur Verschiebung von Verantwortlichkeiten oder Delegationen von behördlichen Tätigkeiten zwischen Aufsichtsbehörden kommen kann. Unter Beachtung jener Bestimmungen, die eine Zusammenarbeit der Behörden sowie einen gegenseitigen Informationsaustausch in der MiFID vorsehen (im Wesentlichen Art 56 bis 59 MiFID), sowie des in Art 32 Abs 7 der MiFID normierten Grundsatzes der „geteilten Aufsicht“ ist dies zu verneinen.
C. Vor-Ort-Ermittlungen durch die Behörde des Herkunftsmitgliedstaates 23 Gemäß Erl RV setzt § 12 Abs 5 den Art 32 Abs 8 MiFID um. Im
Wesentlichen entspricht die Bestimmung der bisher für Wertpapierfirmen anwendbaren Regelung des § 9 a Abs 2 BWG aF, welcher ua auf § 15 BWG verwies, womit die Möglichkeit der Vornahme von VorOrt-Prüfungen bei der Zweigstelle durch die Behörde des Herkunftsmitgliedstaates ermöglicht wurde. Die Unterrichtung einer Aufsichtsbehörde über die Vornahme einer Vor-Ort-Prüfung bei einer Zweigstelle wird allerdings im Kontext mit der oben angeführten Beantwortung der Kommission (siehe Rz 18 ff) und iZm den Bestimmungen über die behördliche Zusammenarbeit, ua § 98 (vgl § 98 178
Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten
§ 13
Rz 1), zu lesen sein (zu beachten wird weiters ein zwischen Aufsichtsbehörden vereinbartes Agreement in Form eines „Common Oversight Request“ oder eines „Standing Request for Assistance“ sein, vgl Rz 21).
Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten § 13. (1) Jede Wertpapierfirma gemäß § 3, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates eine Zweigstelle errichten möchte, hat dies zuvor der FMA schriftlich anzuzeigen und dabei die folgenden Angaben zu übermitteln: 1. den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Errichtung einer Zweigstelle geplant ist; 2. einen Geschäftsplan, in dem die Art der angebotenen Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten sowie Nebendienstleistungen sowie die Organisationsstruktur der Zweigstelle anzugeben sind; beabsichtigt die betreffende Wertpapierfirma, vertraglich gebundene Vermittler heranzuziehen, ist auch diese Absicht anzugeben; 3. die Anschrift, unter der im Aufnahmemitgliedstaat Unterlagen der Wertpapierfirma angefordert werden können; 4. die Namen der Geschäftsleiter der Zweigstelle. Ziehen Wertpapierfirmen einen vertraglich gebundenen Vermittler heran, der in einem anderen Mitgliedstaat als Österreich ansässig ist, so wird dieser vertraglich gebundene Vermittler der Zweigstelle gleichgestellt und unterliegt den für Zweigstellen geltenden Bestimmungen der Richtlinie 2004/39/EG. (2) Sofern die FMA in Anbetracht der geplanten Tätigkeiten der Wertpapierfirma keinen Grund hat, die Angemessenheit der Verwaltungsstrukturen oder der Finanzlage der Wertpapierfirma anzuzweifeln, hat sie die Angaben gemäß Abs. 1 innerhalb von drei Monaten nach Einlangen aller Angaben der gemäß Art. 56 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG als Kontaktstelle benannten zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates zu übermitteln; der Wertpapierfirma gegenüber hat die FMA darüber binnen der obigen Frist bescheidmäßig abzusprechen. (3) Zusätzlich zu den Angaben gemäß Abs. 1 hat die FMA der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates genaue Angaben zu dem anerkannten Anlegerentschädigungssystem, dem die Wertpapierfirma angeschlossen ist, zu übermitteln. 179
§ 13
Muther-Pradler/Ortner
(4) Nach Einlangen einer Mitteilung der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates oder bei deren Nichtäußerung spätestens nach zwei Monaten nach Weiterleitung der Mitteilung durch die FMA, kann die Zweigstelle errichtet werden und ihre Tätigkeit aufnehmen. (5) Wertpapierfirmen, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates im Wege der Dienstleistungsfreiheit erstmals Wertpapierdienstleistungen erbringen oder Anlagetätigkeiten ausüben oder die Arten ihrer dort angebotenen Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten ändern möchten, haben dies zuvor der FMA schriftlich anzuzeigen und dabei die folgenden Angaben zu übermitteln: 1. den Mitgliedstaat, in dem sie ihre Tätigkeit auszuüben beabsichtigen; 2. die in Abs. 1 Z 2 genannten Angaben. Auf Ersuchen der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates einer Wertpapierfirma, hat die FMA dieser Behörde innerhalb einer angemessenen Frist den oder die Namen der vertraglich gebundenen Vermittler zu übermitteln, die die Wertpapierfirma in jenem Mitgliedstaat heranzuziehen beabsichtigt. (6) Die FMA hat die Anzeige gemäß Abs. 5 innerhalb eines Monats nach Erhalt an die gemäß Art. 56 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG als Kontaktstelle benannte zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates weiterzuleiten. Die Wertpapierfirma kann dann im Aufnahmemitgliedstaat die betreffenden Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten im Wege der Dienstleistungsfreiheit erbringen. (7) Die Wertpapierfirma hat der FMA jede Änderung der nach Abs. 1 oder 5 übermittelten Angaben und, sofern es sich um eine Wertpapierfirma handelt, die über eine Zweigstelle in einem anderen Mitgliedstaat tätig ist, der Angaben nach Abs. 3 mindestens einen Monat vor deren Durchführung schriftlich mitzuteilen. Die FMA hat diese Angaben der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates unverzüglich zu übermitteln. (8) Die FMA kann die zuständige Behörde eines Herkunftsmitgliedstaates einer Wertpapierfirma ersuchen, ihr den oder die Namen der vertraglich gebundenen Vermittler zu übermitteln, die diese Wertpapierfirma im Inland heranzuziehen beabsichtigt. Die FMA kann die von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates erhaltenen Informationen veröffentlichen. (9) Eine Wertpapierfirma gemäß § 3, die ein MTF betreibt, hat der FMA anzuzeigen, in welchem anderen Mitgliedstaat sie ein MTF bereitzustellen beabsichtigt. Die FMA hat diese Angaben innerhalb 180
Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten
§ 13
eines Monats an den Mitgliedstaat, in dem die Wertpapierfirma ein MTF bereitstellen möchte, zu übermitteln. Weiters hat die FMA der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates des MTF auf deren Ersuchen innerhalb einer angemessenen Frist die Namen der Mitglieder oder Teilnehmer des in jenem Mitgliedstaat niedergelassenen MTF zu übermitteln. Schrifttum: CESR, The Passport under MiFID, Recommendations for the implementation of the Directive 2004/39/EG, 29. 5. 2007, Ref: CESR/07–337; CESR, Protocol on MiFID Passport Notifications May 2007, Ref: CESR/ 07–317; CESR, Protocol on MiFID Passport Notifications May 2007 (updated October 2009), Ref: CESR/07–317 b; CESR, The Passport under MiFID, Recommendations for the implementation of the Directive 2004/39/EG, and Statement on practical arrangements regarding the late transposition on MiFID, 22. 10. 2007, Ref: CESR/07–337 b; CESR, Protocol on the supervision of branches under MiFID, October 2007 (updated Octotber 2009), Ref: CESR/ 07–672 b; alle abrufbar unter www.cesr.eu. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 13): „Zu § 13: Die folgenden Bestimmungen regeln die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit der österreichischen Wertpapierfirmen, die grenzüberschreitend in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden. Zu Abs. 1 und 2: Diese Bestimmungen setzen Art. 32 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt mitunter auch Art. 32 Abs. 5 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 3: Hiermit wird Art. 32 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu Abs. 4: Diese Bestimmung setzt Art. 32 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 5: Diese Bestimmung setzt Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 6: Hiermit wird Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu Abs. 7: Diese Bestimmung setzt die Art. 31 Abs. 4, 32 Abs. 9 und 31 Abs. 4 letzter Satz der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu Abs. 9: Diese Bestimmung setzt Art. 31 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG hinsichtlich der Wertpapierfirmen um.“
Übersicht I. II.
Auflösung der Verweiskette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergangsbestimmung in Bezug auf bestehende Notifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–3 4
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IV. Notifizierungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. An die FMA zu übermittelnde Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden über vertraglich gebundene Vermittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Prüfung durch die FMA bei Zweigstellenerrichtung . . . . . . . . . . . D. Betreiben eines MTF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Tätigwerden im Aufnahmemitgliedstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Auflösung der Verweiskette 1 Den Erl RV folgend setzen § 13 Abs 1 und 2 den Art 32 Abs 2 und 3
MiFID um. § 13 Abs 2 setzt mitunter auch Art 32 Abs 5 MiFID um. Im Bereich der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit wurde die Verweiskette des § 21 WAG aF aufgelöst und die entsprechenden Bestimmungen direkt in das WAG übernommen. Mit einem Europäischen Pass kann jede österreichische Wertpapierfirma über eine Zweigstelle (zur Abgrenzung zwischen den Tätigkeiten einer Zweigstelle und einer Repräsentanz vgl CESR/07–337, Recommendation n° 13, abrufbar unter www.cesr.eu) oder im Wege der Dienstleistungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden (zu den diesbezüglichen Regeln des § 21 WAG aF vgl Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 21 Rz 3 ff).
II. Übergangsbestimmung in Bezug auf bestehende Notifikationen 2 Nach Maßgabe der Übergangsbestimmung in § 103 Z 1 WAG bedarf
es nach Inkrafttreten des WAG grundsätzlich keiner neuerlichen Notifikation an die FMA, sofern das Tätigwerden in einem anderen Mitgliedstaat von der Wertpapierfirma bereits nach § 21 WAG aF iVm § 10 BWG der FMA angezeigt wurde. Diese Regelung entspricht auch der Intention von CESR, das für eine pragmatische Überleitung der Europäischen Pässe unter der RL 93/22/EWG auf Europäische Pässe unter der MiFID eintritt. Eine neuerliche Notifikation gemäß WAG 2007 ist allerdings dann erforderlich, wenn abweichend zur bisherigen Tätigkeit zusätzliche, neu unter die MiFID fallende Haupt- oder Nebendienstleistungen bzw Dienstleistungen, die sich auf nunmehr neu unter den Finanzinstrumentebegriff gemäß Anhang I, Abschnitt C MiFID fallende Finanzinstrumente beziehen, beantragt werden (vgl CESR/07–337, Annex 1 – Mapping of ISD Service and Investment 182
Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten
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Activities to MiFID Investment Services and Activities, abrufbar unter www.cesr.eu). Jene Mitgliedstaaten, welche die MiFID nicht per 1. 11. 2007 umgesetzt 3 haben, gelangten in den Anwendungsbereich des „Statement on practical arrangements between CESR members regarding the late transposition of MiFID“ sowie des „Working document ESC/28/2007 der Europäischen Kommission, Markt/G/3/MV d (2007), beides enthalten in CESR, Ref: CESR/07–337 b. Darin wurde ua klargestellt, dass unter der ISD bestehende europäische Pässe trotz Inkrafttreten der MiFID aufrecht bleiben, eine Fortführung von Wertpapierdienstleistungen allerdings nur bei Einhaltung der MiFID Regelungen unter Heranziehung von CESR Standards möglich ist.
III. Anwendungsbereich Erfasst sind Wertpapierfirmen gemäß § 3 WAG (s § 3 Rz 1 f). Das 4 sind juristische Personen, die ihren Sitz und ihre Hauptverwaltung in Österreich haben und auf Grund des WAG berechtigt sind, Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu erbringen. Diese Definition entspricht jener des Wertpapierdienstleistungsunternehmens (zu den Konzessionsvoraussetzungen nach WAG aF ausführlich Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 4 Rz 17 ff), welches keinen Gebrauch von der Ausnahmebestimmung des § 20 Abs 4 WAG aF gemacht hat.
IV. Notifizierungsverfahren A. An die FMA zu übermittelnde Informationen Die Anforderungen betreffend die Informationsübermittlung entspre- 5 chen im Wesentlichen jenen des § 21 WAG aF, der ua wiederum auf § 10 BWG verwies. Bei Errichtung einer Zweigstelle in einem anderen Mitgliedstaat ist der FMA ua ein Geschäftsplan gemäß § 13 Abs 1 Z 2 zu übermitteln. Diesbezüglich empfiehlt CESR (vgl CESR/07–317, Pkt 2.2.2, abrufbar unter www.cesr.eu), dass der Geschäftsplan auch in der Sprache des Aufnahmemitgliedstaates oder in einer anderen, von den beteiligten Behörden akzeptierten Sprache zu erstellen ist, um das Notifizierungsprozedere zu vereinfachen (zum vereinheitlichten und effizienten Notifizierungsverfahren vgl § 12 Rz 7). Bezüglich der Vorlagepflicht an die FMA sind die Informationen über die Heranziehung 183
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Muther-Pradler/Ortner
vertraglich gebundener Vermittler neu hinzugekommen. Sind diese nicht in Österreich, sondern in einem anderen Mitgliedstaat, in dem die Wertpapierfirma noch keine Zweigstelle errichtet hat, ansässig, so werden sie wie eine Zweigstelle behandelt und der FMA sind sie demzufolge wie eine Zweigstelle anzuzeigen. Existiert bereits eine Zweigstelle der Wertpapierfirma in diesem Mitgliedstaat, ist der vertraglich gebundene Vermittler der Zweigstelle gleichgestellt und unterliegt den für Zweigniederlassungen geltenden Regelungen (vgl auch CESR/07–337, Rz 31, abrufbar unter www.cesr.eu). 6 Gemäß § 13 Abs 5 Z 2 iVm Abs 1 Z 2 hat eine Wertpapierfirma, die im Wege der Dienstleistungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat tätig wird, der FMA einen Geschäftsplan vorzulegen, der ua auch Angaben zur Organisationsstruktur zu enthalten hat. Die Verpflichtung zur Vorlage von Angaben zur Organisationsstruktur ist bei Errichtung einer Zweigstelle in einem anderen Mitgliedstaat gerechtfertigt, jedoch nicht bei Tätigwerden im Wege der Dienstleistungsfreiheit, da hier im Vergleich zur Zweigstellenerrichtung keine fixe Organisationsstruktur vorzuhalten ist. In der Praxis könnte sich daher der Geschäftsplan im Rahmen des Tätigwerdens im Wege der Dienstleistungsfreiheit neben den sonst geforderten Angaben zur beabsichtigten Wertpapierdienstleistung und/oder Anlagetätigkeit bzw Nebendienstleistung sowie allfälligen Heranziehung vertraglich gebundener Vermittler weiters beispielsweise auf die Art und Weise der geplanten Dienstleistungserbringung in einem anderen Mitgliedstaat beziehen. Diese Interpretation ist auch mit Art 31 Abs 2 lit b MiFID bzw mit dem Verständnis von CESR konform, wonach Angaben zur Organisationsstruktur nur im Rahmen des Notifizierungsverfahrens bei Zweigstellenerrichtung empfohlen werden (vgl CESR/07–317 b, Annex 2, abrufbar unter www.cesr.eu). 7 Die FMA informiert über die an die FMA zu übermittelnden Informationen auf ihrer Homepage (www.fma.gv.at), bzw ergeben sich die an die FMA zu übermittelnden Informationen aus dem „Fragebogen Notifikation für Wertpapierfirmen, die über eine Zweigstelle oder im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs im EWR tätig werden möchten“ (abrufbar unter http://www.fma.gv.at/cms/site/DE/detail. html?doc=CMS1200501623728&channel=CH0163).
B. Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden über vertraglich gebundene Vermittler 8 § 13 Abs 5 beinhaltet die Verpflichtung der FMA, auf Ersuchen der
ausländischen Aufsichtsbehörde die Namen der vertraglich gebunde184
Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten
§ 13
nen Vermittler, welche die Wertpapierfirma in einem anderen Mitgliedstaat heranzieht, mitzuteilen. § 13 Abs 8 regelt hingegen den umgekehrten Fall, nämlich dass die FMA die ausländische Aufsichtsbehörde um die Mitteilung der Namen jener vertraglich gebundenen Vermittler ersucht, die ein ausländisches Unternehmen in Österreich heranzieht. Entsprechend der Systematik des WAG, nach der die Bestimmungen für ausländische Wertpapierfirmen, die in Österreich tätig werden, in § 12 geregelt sind, müsste demzufolge auch die Bestimmung des § 13 Abs 8 in § 12 geregelt sein.
C. Prüfung durch die FMA bei Zweigstellenerrichtung § 13 Abs 2 entspricht im Wesentlichen § 21 WAG aF, der ua auf § 10 9 Abs 3 BWG verwies. Die FMA überprüft bei Wertpapierfirmen, die planen, eine Zweigstelle in einem anderen Mitgliedstaat zu errichten, die Angemessenheit der Verwaltungsstrukturen anhand der ihr vorgelegten Informationen zur Geschäftspolitik des Unternehmens (vgl Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 10 Rz 8). Vorstellbar ist hier zB die Prüfung der internen Kontrollverfahren in Bezug auf die Orderabwicklung oder das Vorhandensein sowie die Angemessenheit von Schulungsmaßnahmen für den Vertriebsapparat. Die Angemessenheit der Finanzlage kann sich ua aus dem Finanzplan sowie dem Jahresabschluss ergeben. Die FMA hat binnen drei Monaten bescheidmäßig darüber abzusprechen, ob sie bereit ist, auf Grund des Vorliegens oder des Fehlens der Angemessenheit der Verwaltungsstrukturen und der Finanzlage die Angaben der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates zu übermitteln (vgl Frölichsthal in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 10 Rz 10).
D. Betreiben eines MTF Das Bereitstellen einer Handelsplattform mit direktem Zugang 10 durch Benutzer bzw Mitglieder oder Teilnehmer des MTF unterliegt der Anzeigepflicht an die FMA. Dies umfasst beispielsweise das Aufstellen von Handelsbildschirmen durch das MTF in einem anderen Mitgliedstaat, die Bereitstellung oder Lieferung von Software zur Nutzung der Handelsplattform, die physische Präsenz von IT-Infrastruktur, aber je nach den Umständen im Einzelfall auch die bloße Erleichterung des direkten Zugangs zum MTF via Internet (vgl CESR/07–337, Recommendation n° 10 und Rz 52). Abgesehen von den oben angeführten Fällen ist auch das Zurverfügungstellen eines Regelwerkes, auf dessen Basis eine Mitgliedschaft bei dem MTF erworben werden kann bzw im Rahmen des MTF mit anderen Nutzern gehandelt werden 185
§ 14
Saria
kann, der FMA anzuzeigen (vgl CESR/07–337, Recommendation n ° 11 und Rz 54, abrufbar unter www.cesr.eu; vgl § 12 Rz 11).
V. Tätigwerden im Aufnahmemitgliedstaat 11 Der Aufnahmemitgliedstaat ist jener Mitgliedstaat, der nicht Her-
kunftsmitgliedstaat ist (zum Herkunftsmitgliedstaat vgl § 1 Rz 23), und in dem die Wertpapierfirma eine Zweigstelle errichten oder im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs tätig werden möchte bzw ein geregelter Markt Vorkehrungen anbietet, die den Fernmitgliedern oder -teilnehmern den Zugang zum Handel über sein System ermöglichen (vgl § 1 Rz 24). 12 CESR erachtet einen Zeitraum von zwei Monaten für die Eintragung der Wertpapierfirma in das öffentliche Register (siehe dazu § 12 Rz 8) durch die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates als ausreichend (vgl CESR/07–337, Recommendation n° 3, abrufbar unter www. cesr.eu). Nach Weiterleitung der Informationen durch die FMA an die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates kann die Wertpapierfirma operativ tätig werden. Ein Abwarten der Eintragung der übermittelten Informationen in das bei der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates geführte öffentliche Register ist nicht erforderlich. Es liegt jedoch uU aus Reputationsgründen im Hinblick auf Geschäftsabschlüsse mit potentiellen im Aufnahmemitgliedstaat ansässigen Kunden im Interesse der Wertpapierfirma selbst, die Eintragung im Register zu kontrollieren, bevor die Tätigkeit aufgenommen wird (vgl CESR/ 07–337, Rz 18, abrufbar unter www.cesr.eu). Weiters ist es uU empfehlenswert, sich parallel zur Anzeige an die FMA auf der Website der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates nach allfälligen nach Unternehmensrecht einzuhaltenden Vorschriften iZm der Errichtung einer Zweigstelle zu erkundigen (zB Registrierung im Firmenbuch).
Aufsicht im Rahmen der Niederlassungsfreiheit § 14. (1) Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 12 haben die Beachtung der §§ 36, 38 bis 59, 61 bis 66 und 69 bis 71 durch Abschlussprüfer prüfen zu lassen. Über das Ergebnis der Prüfung ist ein Prüfungsbericht zu erstellen und erforderlichenfalls zu erläutern. Dieser Bericht ist von den Zweigstellen von Wertpapierfirmen innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres der FMA zu übermitteln. 186
Aufsicht im Rahmen der Niederlassungsfreiheit
§ 14
(2) Der Prüfungsbericht ist so zeitgerecht zu erstellen und den Geschäftsleitern der Zweigstellen von Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich zu übermitteln, dass die in Abs. 1 genannte Vorlagefrist eingehalten werden kann. (3) Die Angaben gemäß Abs. 1 sind in deutscher Sprache zu erstellen. Schrifttum: Brandl/Saria, Zur Reichweite der Begrenzung der Haftung des Abschlussprüfers nach dem WAG 2007, ZFR 2008, 51; Erb, EHUG – Die neuen HGB-Offenlegungspflichten für Zweigniederlassungen ausländischer Banken in Deutschland ab 2007, WM 2007, 1012; Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute Band I: Allgemeiner Teil, Einzelabschluß (1995); IWP, Richtlinie des Instituts Österreichischer Wirtschaftsprüfer zur Berichterstattung über die Beachtung von Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG) gemäß § 73 Abs 4 WAG 2007 bzw. gemäß § 74 Abs 4 WAG 2007 (IWP BA 6) (Fassung November 2008); N. Raschauer, Überlegungen zur grenzüberschreitenden Rechtsaufsicht über EWR-Finanzdienstleistungsunternehmen nach MiFID und WAG 2007, ZFR 2009, 183. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 14): „Diese Bestimmungen entsprechen den §§ 44 Abs. 5 a und 6 sowie 63 Abs. 6 a und 7 BWG, die auf Grund der Regelung sämtlicher Bestimmungen über die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit von österreichischen Wertpapierfirmen bzw. Wertpapierfirmen gemäß der Richtlinie 2004/39/EG nunmehr auch in diesem Bundesgesetz geregelt werden.“ Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 44 Abs 5 a BWG): „Diese Bestimmung wird nunmehr im WAG 2007 geregelt.“ Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 63 BWG): „§ 63 Abs. 6 a entfällt im BWG, da die Zweigstellen von Wertpapierfirmen nunmehr im WAG 2007 geregelt werden. Daher war auch der Abs. 7 anzupassen.“
Übersicht I. A. B. II. A. B. C. III. A.
Grundsätzliches zum Regelungsgehalt des § 14 WAG . . . . . . . . . Dogmatische Grundlagen des § 14 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europarechtliche Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tatbestandselemente des § 14 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweigstelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zum Begriff des Abschlussprüfers gemäß § 14 WAG . . . . . . . . . . . Die Prüfung und der Prüfungsbericht gemäß § 14 WAG . . . . . . Die Bestellung des Prüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–6 1–4 5–6 7–11 7 8–9 10–11 12–20 12–13
187
§ 14 B. C. D. E. IV. A. B. C. V.
Saria Inhalt und Umfang der Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Prüfungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Übermittlungspflichten gemäß § 14 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . Fristgerechte Erstellung und Übermittlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verantwortlichkeit für die Einhaltung des § 14 WAG . . . . . . . . . Verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . Zivilrechtliche Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amtshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14–15 16–18 19 20 21-23 21 22 23 24
I. Grundsätzliches zum Regelungsgehalt des § 14 WAG A. Dogmatische Grundlagen des § 14 WAG 1 Schon die Überschrift zu § 14 zeigt, dass es sich bei § 14 um eine zentrale
Vorschrift betreffend die Beaufsichtigung der Aktivitäten von Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 12 in Österreich handelt. Die von Österreich als Tätigkeitsland auf Basis des § 14 ausgeübte Aufsicht beruht nach dem gesetzlichen Konzept auf einem Zusammenspiel von Zweigstelle, Prüfer und FMA. Dementsprechend statuiert § 14 Abs 1 vorrangig Pflichten der Zweigstelle zur Durchführung von Prüfungen unter Einsatz externer Prüfer betreffend die Einhaltung bestimmter Vorschriften des WAG durch die Zweigstelle und zur Übermittlung der auf Grundlage solcher Prüfungen erstellten Prüfungsberichte. § 14 Abs 2 wiederum richtet sich in einer nur schwer erkennbaren Weise primär an den Prüfer, normiert für dessen Prüfungstätigkeit eine Zeitvorgabe und ordnet eine Übermittlung des Prüfungsberichts durch diesen an die Zweigstelle an. Schließlich wird in § 14 Abs 3 ein hauptsächlich für den Prüfer bedeutsamer Aspekt der Gestaltung des Prüfungsberichts, nämlich die Sprachenfrage, gesetzlich explizit geregelt. 2 Der seit dem Erlass des WAG 2007 im Gegensatz zum funktional vergleichbaren § 73 (vgl dazu gleich im Anschluss Rz 3) bisher unverändert gebliebene § 14 entspricht ausweislich der Mat den §§ 44 Abs 5 a und Abs 6 sowie 63 Abs 6 a und Abs 7 BWG aF. Als Motiv für die Verlagerung der ursprünglich im BWG angesiedelten Bestimmungen in das WAG ist den Mat zu § 14 sowie jenen zu den maßgeblichen Vorschriften des BWG zu entnehmen, dass die Regelung sämtlicher Aspekte der dem Tätigkeitsland zukommenden Aufsicht über in Österreich im Wege der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit tätige mitgliedstaatliche Wertpapierfirmen im WAG konzentriert werden soll. Die Übernahme des Regelungsgehalts von zwei aufsichtsrechtlichen Vorschriften – § 44 Abs 5 a und Abs 6 BWG 188
Aufsicht im Rahmen der Niederlassungsfreiheit
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einerseits sowie § 63 Abs 6 a und Abs 7 BWG andererseits – in einer Vorschrift erklärt sich nun daraus, dass sich die in § 63 Abs 6 a BWG normierten Verpflichtungen an den Prüfer der Zweigstelle richteten und erst durch den nachträglich zur Schließung einer diesbezüglich möglicherweise bestehenden Gesetzeslücke eingeführten § 44 Abs 5 a BWG ausdrücklich korrespondierende Pflichten der Zweigstelle begründet wurden (vgl zu den Motiven für die Einführung des § 44 Abs 5 a BWG Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz 69 sowie die ua bei Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz 159 abgedruckten Mat zu § 44 Abs 5 a und 6 BWG idF des FMAG). Legistisch war es angesichts der vom Gesetzgeber beabsichtigten Konzentration aller einschlägigen Vorschriften im WAG mehr als nahe liegend, den Regelungsgehalt beider Bestimmungen im nunmehrigen § 14 zusammenzufassen. Dabei findet sich bei inhaltlichen Modifikationen im Detail der Regelungsgehalt des § 44 Abs 5 a BWG aF in § 14 Abs 1 (vgl idS Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 32), jener des § 63 Abs 6 a und Abs 7 BWG aF dagegen in § 14 Abs 2 wieder. § 14 Abs 3 beruht demgegenüber auf der ursprünglich in § 44 Abs 6 BWG aF für den Prüfungsbericht normierten Sprachregelung. Mit § 14 vergleichbare Vorschriften finden sich etwa mit § 44 insb Abs 4 und 6 sowie mit § 63 Abs 6 BWG im bankaufsichtsrechtlichen Bereich. § 14 ist unzweifelhaft Teil des im Übrigen durch § 33, § 73 Abs 4, § 74 3 Abs 4 sowie § 93 gebildeten Systems aufsichtsrechtlicher Informationspflichten (vgl auch § 73 Rz 2, § 93 Rz 1, 40), wobei § 14 als regelmäßige und insoweit „reguläre“ Prüf- und Berichtspflicht insb mit den §§ 33, 73 und 74 vergleichbar ist (vgl implizit idS schon Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz 69 ff, insb 69 f). Demgegenüber bestehen keine unmittelbaren dogmatischen Verbindungen zu § 93, der nur in bestimmten Fällen eintretende besondere Berichts- und Übermittlungspflichten normiert. Bestätigt wird dieses Verständnis dadurch, dass § 93 Abs 4 ausdrücklich den Anwendungsbereich von § 93 Abs 2 und 3 auf die Prüfer von Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 14 hinsichtlich der in dieser Vorschrift angeführten Bestimmungen erstreckt. Die damit im Ergebnis durch § 93 Abs 4 bewirkte Anordnung einer Sonderberichtspflicht der Prüfer einer Zweigstelle wäre entbehrlich, falls bereits der Regelungsgehalt des § 14 derartige Konstellationen erfassen würde. Die Ermittlung des Normzwecks des § 14 hat von dem Umstand 4 auszugehen, dass durch diese Vorschrift der Prüfer der Zweigstelle als Instrument der Aufsichtsbehörde durch die von ihm vorgenommene 189
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Prüfung und die darüber unter Einschaltung der Zweigstelle erfolgende Berichterstattung an die Aufsichtsbehörde erst die Voraussetzungen für eine wirksame Beaufsichtigung von Zweigstellen schafft. Offenkundiger Normzweck des § 14 ist dementsprechend die Ermöglichung einer wirksamen Tätigkeitslandaufsicht über Zweigstellen. Durch § 14 wird somit der Aufsichtsbehörde ein vertiefter Einblick in die Beachtung der relevanten aufsichtsrechtlichen Vorschriften durch die Zweigstelle eröffnet (vgl idS Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 33). Die Einschaltung eines an sich aufsichtsfremden Prüfers erklärt sich dabei aus der mit dieser Vorgangsweise verbundenen kostengünstigeren Beaufsichtigung. Ferner gewährleistet die Einbindung eines solchen Prüfers eine Selbstkontrolle der Zweigstelle im Hinblick auf die Einhaltung der relevanten aufsichtsrechtlichen Bestimmungen. Ohne Bedeutung für den vom Gesetzgeber vorgenommenen Rückgriff auf einen aufsichtsfremden Prüfer ist demgegenüber wohl der Umstand, dass angesichts des Prinzips der Heimatlandkontrolle die Intensität der Tätigkeitslandaufsicht herabgesetzt ist. Auch im Rahmen der §§ 73 f wird nämlich auf externe Prüfer zurückgegriffen, sodass es sich dabei um keine mit dem Wesen der Tätigkeitslandaufsicht verbundene Besonderheit handeln kann. Die Funktion des § 14 als zentrales Mittel der Tätigkeitslandaufsicht hat zur Folge, dass alle mit der Tätigkeitslandaufsicht allgemein verfolgten Zwecke im Rahmen des § 14 ebenfalls ihren Niederschlag finden. Allerdings hat der Gesetzgeber die durch § 14 vermittelten Aufsichtsinstrumente offenkundig auch deshalb unter Abstützung auf einen regelmäßigen, von einem aufsichtsfremden Prüfer erstellten Prüfungsbericht ausgestaltet, um dadurch eine Erleichterung der Tätigkeit der Aufsichtsbehörde sowie einen verbesserten Anlegerschutz zu bewirken (vgl idS die Mat zu § 63 Abs 6 BWG; abgedruckt bei Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 S 10).
B. Europarechtliche Fragestellungen 5 Die Mat führen keine konkrete Bestimmung des Unionsrechts als
Grundlage für den Erlass des § 14 ausdrücklich an. Dessen ungeachtet dürfte die Lehre, wenn auch ohne nähere Auseinandersetzung mit dieser Problematik, von der Vereinbarkeit des § 14 mit dem Unionsrecht ausgehen (vgl implizit idS N. Raschauer, ZFR 2009, 188). Für diese Ansicht spricht immerhin, dass schon Erwägungsgrund 32 MiFID der Tätigkeitslandbehörde eine – sachlich eingeschränkte und mit der größeren Nähe dieser Aufsichtsbehörde zur Zweigniederlassung gerechtfertigte – Verantwortung für das Aufdecken und Ahnden von Verstößen gegen aufsichtsrechtliche Vorgaben zuweist. Ferner wird 190
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durch Art 32 Abs 7 MiFID, der nach Art 32 Abs 1 Unterabsatz 2 MiFID die einzige Rechtsgrundlage für Aufsichtsmaßnahmen des Tätigkeitsstaates bildet, diesem in Unterabsatz 1 eine Pflicht zur Gewährleistung der Einhaltung bestimmter aufsichtsrechtlicher Vorschriften auferlegt. Art 32 Abs 7 Unterabsatz 2 MiFID begründet die Befugnis der Aufsichtsbehörde des Tätigkeitsstaates zur Überprüfung der von der Zweigstelle getroffenen diesbezüglichen Vorkehrungen. Abgesehen vom inhaltlich auf Grund seiner Beschränkung auf statistische Zwecke als Kompetenzgrundlage nicht in Frage kommenden Art 61 Abs 1 MiFID wird dem Tätigkeitsstaat durch Art 61 Abs 2 MiFID schließlich die Möglichkeit zugestanden, „in Ausübung der ihnen mit dieser Richtlinie übertragenen Befugnisse von den Zweigniederlassungen der Wertpapierfirmen die Angaben [zu] verlangen, die erforderlich sind, um in den Fällen des Artikels 32 Absatz 7 die Einhaltung der auf diese Firmen anwendbaren Normen der Aufnahmemitgliedstaaten durch diese Firmen zu kontrollieren.“ Da der österreichische Gesetzgeber einerseits hinter dieser Ermächtigung insoweit zurückbleibt, als er keine unmittelbare Übermittlung der notwendigen Angaben an die Aufsichtsbehörde, sondern nur eine Offenlegung gegenüber einem aufsichtsfremden Prüfer unter anschließender Übermittlung eines darüber erstellten Prüfungsberichts verlangt, und andererseits nicht über die Ermächtigung des Art 61 Abs 2 MiFID hinausgeht, weil er nicht mehr als die notwendigen Angaben prüfen lässt, ist die vom Gesetzgeber in § 14 gewählte Vorgangsweise tatsächlich als europarechtskonform anzusehen. Diese Schlussfolgerung wird dadurch bestätigt, dass schon Art 14 6 Abs 2 ISD den Mitgliedstaaten ua verboten hat, die Errichtung einer Zweigniederlassung von einer Zulassung oder einem Dotationskapital oder einer sonstigen Voraussetzung gleicher Wirkung abhängig zu machen und Art 19 Abs 2 ISD eine mit Art 61 Abs 2 MiFID vergleichbare Rechtsgrundlage für die Setzung von Aufsichtsmaßnahmen vorgesehen hat. Obwohl in Österreich die Prüfungspflicht als aufsichtsrechtlicher Ersatz für die europarechtlich nach Art 14 Abs 2 ISD verbotene Pflicht zur Dotierung der Zweigstelle angesehen wurde, sind selbst unter dem Gesichtspunkt des in Art 14 Abs 2 ISD ausgesprochenen Verbots sonstiger Voraussetzungen gleicher Wirkung keine europarechtlichen Zweifel an dieser Vorgangsweise des Gesetzgebers geäußert worden (vgl idS zu § 44 Abs 5 a BWG Diwok in Diwok/Göth, BWG § 9 a Rz 21). Bei einer im Wesentlichen durch die MiFID insoweit nicht veränderten Rechtslage auf Unionsebene muss diese Beurteilung auch im Anwendungsbereich der MiFID Bestand haben. 191
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II. Tatbestandselemente des § 14 WAG A. Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit 7 Obwohl die Mat zu § 14 als für diese Vorschrift maßgebliche Grund-
freiheiten nicht nur die Niederlassungs-, sondern auch die Dienstleistungsfreiheit erwähnen, zeigen sowohl die Überschrift des § 14 als auch das in dieser Norm erfolgende Abstellen auf die Existenz einer Zweigstelle, dass § 14 allein die Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit, nicht aber jene der Dienstleistungsfreiheit zum Gegenstand hat. Durch § 14 werden ferner nicht sämtliche mögliche Formen der Ausübung der Niederlassungsfreiheit, sondern allein solche Fälle erfasst, in denen die Niederlassungsfreiheit im Wege der Errichtung von Zweigstellen durch mitgliedstaatliche Wertpapierfirmen gemäß § 12 in Österreich in Anspruch genommen wird.
B. Zweigstelle 8 Zentrale Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 14 ist somit die
Existenz einer vom österreichischen Gesetzgeber als Zweigstelle bezeichneten sekundären Niederlassung. Dabei wird in § 14 Abs 1 sowohl von „Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 12“ als auch nur von „Zweigstellen von Wertpapierfirmen“ sowie – in § 14 Abs 2 – von „Zweigstellen von Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich“ gesprochen. Diese unterschiedlichen Präzisierungen indizieren jedoch keine inhaltlichen Unterschiede. § 14 knüpft nämlich am Zweigstellenbegriff des § 12 an. Dieser wiederum beruht auf der Legaldefinition des § 1 Z 21 (vgl dazu auch § 1 Rz 25; idS auch § 12 Rz 9). Der Begriff der Zweigstelle wurde in Abweichung von dem in der MiFID dafür verwendeten Begriff der Zweigniederlassung gewählt, ohne dass dadurch inhaltliche Abweichungen zwischen den europarechtlichen Vorgaben und der österreichischen Umsetzung beabsichtigt gewesen wären (idS wohl auch implizit N. Raschauer, ZFR 2009, 184 FN 23). Dieser terminologische Sonderweg des österreichischen Gesetzgebers dient offenbar der deutlichen Abgrenzung des aufsichtsrechtlichen vom unternehmensrechtlichen Begriff der Zweigniederlassung durch Verwendung eines eigenständigen Begriffs. Schließlich bestimmt sich der Zweigniederlassungsbegriff der MiFID autonom und insoweit entsprechend dem aufsichtsrechtlichen Zweck dieses Rechtsakts (vgl auch Schuster, § 15 Aufsichtsrechtliche Grenzen und kapitalmarktrechtliche Folgen grenzüberschreitender Sitzverlegungen Rz 18, in Hirte/Bücker [Hrsg], Grenzüberschreitende Gesellschaften2 [2006] 498 ff), sodass insoweit keine inhaltliche Deckung zwischen Aufsichts192
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und Unternehmensrecht besteht (vgl idS Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 2). Auf Grund des nicht zuletzt in der europarechtlichen Definition der 9 Zweigniederlassung – arg „eine Betriebsstelle, die nicht die Hauptverwaltung ist“, in Art 4 Abs 1 Z 26 MiFID – zum Ausdruck kommenden Prinzips der Sitzlandbindung der Hauptniederlassung ist es aufsichtsrechtlich ausgeschlossen, dass eine österreichische Zweigstelle faktisch die Hauptniederlassung einer mitgliedstaatlichen Wertpapierfirma bildet. Das aus dem Gesellschaftsrecht bekannte Phänomen der Scheinauslandsgesellschaften, also von Auslandsgesellschaften mit Hauptverwaltungssitz am Ort der inländischen Zweigniederlassung, kann daher im Aufsichtsrecht nicht auftreten. Eine Zweigstelle iSd § 14 liegt vielmehr nur dann vor, wenn die Wertpapierfirma neben der Zweigstelle in Österreich tatsächlich eine Hauptniederlassung im Herkunftsmitgliedstaat aufweist. Für die Anwendbarkeit des § 14 muss daher im Herkunftsmitgliedstaat der satzungsmäßige Sitz und die Hauptverwaltung der Wertpapierfirma bestehen sowie eine effektive Tätigkeit ausgeübt werden (vgl idS für den bankaufsichtsrechtlichen Bereich Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 9 Rz 3).
C. Zum Begriff des Abschlussprüfers gemäß § 14 WAG § 14 Abs 1 ordnet eine Prüfung „durch Abschlussprüfer“ an. Unklar 10 ist jedoch der Inhalt dieses Begriffs. Schließlich existiert nach nicht unbestrittener, aber zutreffender Auffassung an sich keine unternehmensrechtliche Pflicht von Zweigniederlassungen zur Rechnungslegung (vgl idS ua Kalss/Adensamer, § 20 Ausländische Gesellschaften in Österreich Rz 52 ff, insb 53, in Hirte/Bücker [Hrsg], Grenzüberschreitende Gesellschaften2 [2006] 660 ff; Ratka/Rauter, Ausgewählte Probleme der ausländischen Kapitalgesellschaft mit Inlandssitz, in Aicher/Fina [Hrsg], FS Straube [2009] 97 ff [107]; Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 80; implizit idS auch Laurer in Laurer/Borns/ Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 9; Erb, WM 2007, 1014 f; dagegen wohl eine offenbar unternehmensrechtliche Zweigstellenrechnung für den Bereich der Bankaufsicht auf Grund der rechtlichen Besonderheiten dieses Gebiets verlangend Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 23, 25, 28 f; aA noch Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute I 51 f). Ohne eine unternehmensrechtliche Rechnungslegungspflicht kann eine Pflicht zur Prüfung des Abschlusses der Zweigstelle durch einen Abschlussprüfer aber erst gar nicht entstehen. Ebenso wenig besteht jedenfalls im Anwendungsbereich des WAG angesichts des auf die Einhaltung bestimmter aufsichtsrechtlicher Vorschriften beschränkten Prüfungsumfangs nach § 14 eine aufsichtsrecht193
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liche Rechnungslegungspflicht. Auch insoweit ist somit der in § 14 verwendete Begriff des Abschlussprüfers als verfehlt anzusehen. Selbst der Gesetzgeber des WAG dürfte letzten Endes den Prüfer gemäß § 14 nicht als Abschlussprüfer im Rechtssinn verstanden haben, spricht er doch in § 93 Abs 4 nicht vom Abschlussprüfer, sondern bloß vom „Prüfer von Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 14“. 11 Soll der vom Gesetzgeber in § 14 gebrauchte Begriff des Abschluss-
prüfers nicht ohne jegliche Bedeutung sein, so wird er als – nicht besonders geglückter – Hinweis auf die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Qualifikation des Prüfers der Zweigstelle iSd § 14 zu verstehen sein (zu den diesbezüglichen Auswirkungen auf den ihn treffenden Sorgfaltsmaßstab vgl noch Rz 15; zu jenen auf die Haftung des Prüfers vgl Rz 22; vgl ferner Rz 23 betreffend amtshaftungsrechtliche Fragen). Der Prüfer gemäß § 14 muss dementsprechend nach den einschlägigen unternehmens- sowie berufsrechtlichen Vorschriften zur Durchführung einer Abschlussprüfung befähigt und berechtigt sein. Für ein derartiges Verständnis spricht überdies das Vorbild des Art 2 Abs 4 RL 89/117/ EWG, der in seinem letzten Unterabsatz für den Bereich der Bankaufsicht eine Prüfung der von der Zweigniederlassung nach dieser Bestimmung offengelegten Informationen durch Personen vorsieht, die nach dem Recht des Tätigkeitslandes der Zweigniederlassung zur Prüfung von Jahresabschlüssen zugelassen sind. Diese Vorschrift bildet ferner das wohl ausschlaggebende Indiz dafür, dass der Prüfer iSd § 14 grundsätzlich die notwendigen Qualifikationen auf Basis des österreichischen Rechts aufweisen wird müssen (idS Chini/Frölichsthal, BWG2 § 44 Anm 4; vgl idS implizit für den Bankprüfer Laurer in Laurer/Borns/ Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 9; Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 78 ff, 83). Mit Blick auf die in § 14 Abs 3 normierte Sprachenregelung und die weitgehende europarechtliche Angleichung sowohl des Rechnungslegungsrechts als auch der Qualifikationserfordernisse für Abschlussprüfer könnte zwar vertreten werden, dass möglicherweise auch ausländische Prüfer als Prüfer iSd § 14 zuzulassen sind. Allerdings spricht gegen ein solches Verständnis, dass § 14 Ausfluss der an sich der österreichischen Aufsichtsbehörde zustehenden Tätigkeitslandaufsicht ist, die bloß an einen aufsichtsfremden „österreichischen“ Prüfer „ausgelagert“ wird. Es wird daher in aller Regel nichts gegen die Annahme sprechen, dass – sofern nicht besondere Umstände vorliegen – der Prüfer gemäß § 14 die Befähigung zum Abschlussprüfer nach österreichischem Recht aufweisen muss. Das gilt umso mehr, als gerade Art 2 Abs 4 RL 89/117/EWG zeigt, dass dem Unionsgesetzgeber eine derartige Vorgangsweise nicht fremd ist. Konsequenz dieser Anforderungen an den Prüfer iSd § 14 ist, dass der Abschlussprüfer der
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Wertpapierfirma gemäß § 12 regelmäßig als Prüfer gemäß § 14 ausscheiden wird. Zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit der sachlichen Einschränkung des als Prüfer nach § 14 berechtigten Personenkreises auf zur Vornahme von Abschlussprüfungen qualifizierte Personen vgl § 73 Rz 8. Die diesbezüglich vorgetragenen Bedenken gegen ein derartiges Prüfungsmonopol sind iZm Prüfern gemäß § 14 umso berechtigter, als sich die Prüfung nach dieser Vorschrift auf die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Vorgaben beschränkt und keinen besonderen rechnungslegungsrechtlichen Sachverstand erfordert.
III. Die Prüfung und der Prüfungsbericht gemäß § 14 WAG A. Die Bestellung des Prüfers Zur Bestellung des Prüfers der Zweigstelle ist nach § 14 Abs 1 die 12 Zweigstelle verpflichtet. Damit ist klargestellt, dass der Prüfer grundsätzlich nicht durch die Aufsichtsbehörde, sondern von der Wertpapierfirma bestimmt wird. Allerdings löst das gesetzliche Abstellen auf die Zweigstelle wegen derer ex lege bestehender rechtlicher Unselbständigkeit iZm der Bestellung des Prüfers die durch den Gesetzgeber selbst nicht gelöste Frage nach der Kompetenz für die Bestellung des Prüfers gemäß § 14 aus. Als jedenfalls unproblematisch ist dabei eine Bestellung durch die zur Bestellung des Abschlussprüfers der mitgliedstaatlichen Wertpapierfirma nach den diesbezüglich relevanten Vorschriften des Herkunftsstaates berufenen Organe anzusehen (idS Chini/Frölichsthal, BWG2 § 44 Anm 4). Darüber hinaus wird eine Bestellung des Prüfers durch die Geschäftsleiter der Zweigstelle für grundsätzlich ausreichend erachtet (so Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 78; enger noch Chini/Frölichsthal, BWG2 § 44 Anm 4). Dieser Aussage ist an sich zuzustimmen. Auch durch unmittelbar der Zweigstelle zuzurechnende Personen mit hinreichender Vertretungsbefugnis kann eine Bestellung zum Prüfer gemäß § 14 vorgenommen werden. Das ergibt sich schon aus dem Umstand, dass nach § 14 kein Abschlussprüfer im Rechtssinn bestellt wird. Dementsprechend kann es nicht auf die Einhaltung des für die Bestellung zum Abschlussprüfer unternehmensrechtlich vorgeschriebenen Verfahrens ankommen. Allerdings wird es trotz der Bezugnahme auf die Geschäftsleiter der Zweigstelle in § 14 Abs 2 nicht auf die aufsichtsrechtliche Qualifizierung der handelnden Personen als Geschäftsleiter ankommen, sondern auf eine davon möglicherweise abweichende entspre195
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chende zivil- oder unternehmensrechtliche Vertretungsmacht der handelnden Personen (vgl noch Rz 13 im Anschluss). 13 Die Tätigkeit des Prüfers gemäß § 14 beruht auf einem entsprechenden Vertrag zwischen dem Prüfer und der Wertpapierfirma als Rechtsträger der inländischen Zweigstelle. Dagegen ist die Bestellung zum Prüfer iSd § 14 nicht als unternehmens- oder gesellschaftsrechtlicher Bestellungsakt zu bewerten. Ferner besteht kein Vertragsverhältnis unter unmittelbarer Beteiligung der Aufsichtsbehörde als Vertragspartei. Da die auf § 14 beruhenden Berichtspflichten durch den Prüfer nach dem gesetzlichen Konzept allein gegenüber den Geschäftsleitern der Zweigstelle der Wertpapierfirma zu erfüllen sind, wird der Vertrag zwischen Prüfer und Wertpapierfirma grundsätzlich weder als ein Vertrag zugunsten der Aufsichtsbehörde noch als ein Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten der Aufsichtsbehörde zu qualifizieren sein. Inhaltlich ist der Vertrag so zu gestalten, dass damit den sich aus § 14 ergebenden Anforderungen an die Berichterstattung entsprochen werden kann. Da die Prüfungstätigkeit auf einer entsprechenden Vertragsbeziehung zwischen Prüfer und Wertpapierfirma beruht, sind die Kosten der Prüfung gemäß § 14 unzweifelhaft von der Wertpapierfirma zu tragen. Zu den sich aus dieser Vertragsbeziehung ergebenden Haftungsfragen vgl noch Rz 22.
B. Inhalt und Umfang der Prüfung 14 Der Prüfer gemäß § 14 hat die Beachtung der §§ 36, 38 bis 59, 61 bis 66
und 69 bis 71 zu prüfen. Der Katalog der in § 14 Abs 1 aufgezählten Vorschriften ist grundsätzlich taxativ (vgl Diwok in Diwok/Göth, BWG § 9 Rz 37) und deckt sich mit jenen Normen des WAG, deren Einhaltung den in Österreich im Wege von Zweigstellen tätigen Wertpapierfirmen in § 12 Abs 4 vorgeschrieben wird. Im Gegensatz dazu werden die in § 12 Abs 4 ebenfalls angeführten Bestimmungen des BWG sowie die auf Grundlage der in § 12 Abs 4 zitierten Vorschriften erlassenen Verordnungen und Bescheide in § 14 nicht erwähnt. Die Einhaltung dieser, in § 14 Abs 1 nicht erwähnten Normen ist dementsprechend nicht zu überprüfen (vgl idS Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 85). Ebenso wenig erstreckt sich der Prüfungsumfang auf eine Prüfung des Jahresabschlusses der Wertpapierfirma gemäß § 12 (vgl idS Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 9) oder auf eine allfällige unternehmens- oder steuerrechtliche Buchführung und Rechnungslegung der Zweigstelle. Auch allenfalls von der Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaates in Ausübung der Herkunftslandaufsicht vorgeschriebene Prüfungen fallen nicht in den durch § 14 gesetzlich umschriebenen Prüfungsumfang (vgl 196
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idS Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 83). Weitere Einschränkungen des Prüfungsumfangs ergeben sich in der Sache darüber hinaus durch den Umfang der Zulassung, also der Berechtigung, der Wertpapierfirma nach dem jeweiligen Heimatrecht sowie nach der von der Zweigstelle tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. Die Prüfung gemäß § 14 ist Ausdruck der Tätigkeitsstaatsaufsicht über die Zweigstelle, sodass an sich keine Berichtspflichten des Prüfers betreffend die sonstigen, nicht von der Zweigstelle ausgehenden Aktivitäten der Wertpapierfirma bestehen. Das gilt jedoch dann nicht, wenn derartige Tätigkeiten die Einhaltung der in § 14 Abs 1 angeführten Bestimmungen des WAG durch die Zweigstelle beeinträchtigen könnten. Die Prüfung hat sich auf die Beachtung der taxativ in § 14 Abs 1 15 angeführten Vorschriften zu beziehen. An sich könnte eine Berichterstattung über die Beachtung von Normen die Feststellung von Verletzungen dieser Bestimmungen durch den Prüfer verlangen. Angesichts des Normzwecks des § 14 wird jedoch bereits der begründete Verdacht einer Verletzung der einschlägigen Normen zu einer entsprechenden Berichtspflicht des Prüfers führen. Bei der Prüfung hat der Prüfer angesichts der vom Gesetzgeber gewählten Terminologie den für einen Abschlussprüfer maßgeblichen Sorgfaltsmaßstab einzuhalten (§ 1299 ABGB; § 275 Abs 2 UGB), wobei er auch für die im Rahmen der Prüfung gemäß § 14 benötigten aufsichtsrechtlichen und sonstigen branchenspezifischen Kenntnisse einzustehen hat.
C. Der Prüfungsbericht Nach § 14 Abs 1 Satz 2 ist über das Ergebnis der Prüfung ein Prüfungs- 16 bericht zu erstellen und erforderlichenfalls zu erläutern. Aus dem Normzweck des § 14 sowie aus der Pflicht zur Erstellung eines allenfalls zu erläuternden Prüfungsberichts über das Prüfungsergebnis ist abzuleiten, dass diese Verpflichtung vom Prüfer gemäß § 14 und nicht von der Zweigstelle zu erfüllen ist. Im Prüfungsbericht ist somit jedenfalls das Ergebnis der aufsichtsrechtlichen Prüfung gemäß § 14 festzuhalten (vgl idS Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 32). Dies erfordert zumindest ein zusammenfassendes Prüfungsurteil sowie Angaben zu den vom Prüfer durchgeführten Prüfungsschritten. Darüber hinausgehende Erläuterungen verlangt das Gesetz nur „erforderlichenfalls“, also nicht in jedem Fall. Eine Notwendigkeit zu weiterführenden Erläuterungen wird insb dann bestehen, wenn vom Prüfer ein negatives Urteil über die Beachtung der in § 14 Abs 1 aufgezählten Vorschriften gefällt worden ist. Ferner werden sich Erläuterungen unzweifelhaft als notwendig erweisen, falls nach dem Empfängerhorizont, also zum einen nach dem bei den Geschäftsleitern der Zweigstelle vorauszusetzenden Ver197
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ständnis sowie zum anderen aus dem Blickwinkel der Aufsichtsbehörde, der Prüfungsbericht andernfalls unklar wäre. Der Prüfungsbericht ist allgemein so zu gestalten, dass die darin getroffenen Aussagen für die Berichtsempfänger klar nachvollziehbar sind. Der Aufbau des Prüfungsberichts gleicht grundsätzlich jenem des Prüfungsberichts nach § 73 Abs 4 und § 74 Abs 4 (vgl IWP BA 6 Punkt 3). Gewisse weitere Anhaltspunkte für die inhaltliche Gestaltung könnten sich trotz aller diesbezüglichen inhaltlichen Schwächen (vgl dazu Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 84) aus der für den Prüfungsbericht des Bankprüfers maßgeblichen AP-VO sowie aus dem diesbezüglichen Rundschreiben (Rundschreiben der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank zur AP-VO BGBl II 310/2008) ergeben. 17 Der Gesetzgeber trifft keine expliziten Anordnungen betreffend die Form des Berichts. Aus der Verwendung des Wortes „erstellen“ iZm dem Bericht in § 14 Abs 1, 2 und 3 sowie aus den Regelungen betreffend die Übermittlung des Berichts ist jedoch zu folgern, dass der Prüfungsbericht schriftlich abzufassen ist. Ferner wird grundsätzlich eine eigenhändige, firmenmäßige Unterfertigung des Berichts durch den Prüfer unter Angabe von Ort und Datum zu verlangen sein. Dagegen bedarf es angesichts des Fehlens einer diesbezüglichen gesetzlichen Anordnung keiner Beisetzung eines Prüfungs- oder Bestätigungsvermerks. 18 § 14 Abs 3 schreibt ausdrücklich die Verwendung der dt Sprache für die Erstellung der „Angaben gemäß Abs. 1“, also des Prüfungsberichts in seiner Gesamtheit, vor. Primär richtet sich diese Pflicht schon deshalb an den Prüfer gemäß § 14, weil dieser zur Erstellung des Prüfungsberichts verpflichtet ist (vgl schon Rz 16). Angesichts der Übernahme des Regelungsgehalts des grundsätzlich an die Zweigstelle gerichteten § 44 Abs 6 BWG in § 14 Abs 3 hat allerdings auch die Zweigstelle bei der Erteilung des Prüfungsauftrags dafür Sorge zu tragen, dass das Vertragsverhältnis zum Prüfer entsprechend gestaltet wird (vgl auch Rz 13). Da § 14 Abs 3 eine Erstellung in dt Sprache verlangt, wird eine bloße Übersetzung eines in einer anderen als der dt Sprache vom Prüfer erstellten Prüfungsberichts auf Veranlassung der Wertpapierfirma oder deren Zweigstelle grundsätzlich ausscheiden. Das gilt umso mehr, als nur auf diese Weise allfällige die Aufsicht beeinträchtigende Übersetzungsfehler und Manipulationen des Berichts von Seiten der Wertpapierfirma mit Sicherheit vermieden werden können.
D. Die Übermittlungspflichten gemäß § 14 WAG 19 Gegenstand der in § 14 vorgesehenen Übermittlungspflichten sind al-
lein Prüfungsberichte gemäß dieser Vorschrift. Andere, die Wert198
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papierfirma oder die Zweigstelle betreffende Berichte von Prüfern sind dagegen nicht zu übermitteln. Das gilt insb für die Prüfungsberichte betreffend die Jahresabschlüsse von Wertpapierfirmen, die in Ausnützung der Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit in Österreich tätig werden (vgl idS Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 4). Nach § 14 Abs 2 hat der Prüfer gemäß § 14 den Prüfungsbericht den aufsichtsrechtlichen Geschäftsleitern der Zweigstelle zu übermitteln. Der solcherart an die Zweigstelle übermittelte Bericht ist nach § 14 Abs 1 durch diese an die FMA, nicht mehr jedoch an die OeNB (dies betonend Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 44 Rz 6; Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 32) weiterzuleiten. Es handelt sich dabei um eine Konsequenz der zwischenzeitig erfolgten Neuordnung der Aufsichtskompetenzen. Eine Pflicht des Prüfers zur unmittelbaren Übermittlung des Prüfungsberichts an die FMA besteht dementsprechend nicht. Die Übermittlung wird regelmäßig durch Zustellung des Prüfungsberichts erfolgen, ohne dass deshalb andere verkehrsübliche, insb im AVG vorgesehene Übermittlungsarten von vornherein ausgeschlossen sind (enger offenbar Laurer in Laurer/ Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 9). Der Prüfungsbericht ist nur zu übermitteln. Eine Pflicht zur Offenlegung oder Veröffentlichung des Prüfungsberichts besteht demgegenüber nicht (vgl idS Weiß in Dellinger, BWG § 65 Rz 10).
E. Fristgerechte Erstellung und Übermittlung § 14 Abs 1 letzter Satz ordnet eine Übermittlung des Prüfungsberichts 20 innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres an die FMA an. Dabei stimmt die Frist von sechs Monaten gemäß § 14 Abs 1 mit den nach § 73 Abs 2 und nach § 74 Abs 2 maßgeblichen Vorlagefristen überein. Die Festlegung dieser Frist dient der Sicherstellung einer möglichst zeitnahen Aufsicht durch die FMA (Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 44 Rz 37). Entscheidend ist nicht der Abschluss des Kalenderjahres, sondern jener eines davon uU auch abweichenden unternehmensrechtlichen Geschäftsjahres der Wertpapierfirma. Mittelbar ergibt sich aus einem solchen Abstellen auf das Geschäftsjahr, dass bei Rumpfgeschäftsjahren dieses maßgeblich ist und daher Prüfungsberichte für kürzere Zeiträume als den eines Kalenderjahres zu erstellen sein können. Ferner hat die Vorlagefrist des § 14 Abs 1 zur Folge, dass die Prüfung der Beachtung der einschlägigen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen sowie die Abfassung des Prüfungsberichts durch den Prüfer regelmäßig jährlich vorzunehmen sind. An dieser sechsmonatigen Vorlagefrist des § 14 Abs 1 anknüpfend normiert § 14 Abs 2 die primär für den Prüfer relevante Verpflichtung zu 199
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einer so zeitgerechten Erstellung und Übermittlung des Prüfungsberichts an die Geschäftsleiter der Zweigstelle, dass diese Vorlagefrist durch die Zweigstelle eingehalten werden kann. Der Gesetzgeber sieht dafür keinen ziffernmäßig festgelegten Zeitraum vor, sondern betont vielmehr mit dem Wort „zeitgerecht“ die Verantwortung des Prüfers für eine rechtzeitige Durchführung des Prüfungs- und Übermittlungsvorgangs. Dieser hat den notwendigen Zeitbedarf nach seiner sachverständigen Beurteilung unter Berücksichtigung entsprechender Zeitreserven zu bestimmen. § 14 Abs 2 dient insoweit der Absicherung einer fristgerechten Übermittlung des Prüfungsberichtes durch die Zweigstelle an die FMA (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz 69).
IV. Verantwortlichkeit für die Einhaltung des § 14 WAG A. Verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit 21 § 14 Abs 1 normiert, dass die „Zweigstelle“ die Beachtung der dort
angeführten Vorschriften durch Abschlussprüfer prüfen zu lassen hat. Die Zweigstelle ist allerdings rechtlich unselbständig (vgl bereits Rz 12), hat also keine Rechtspersönlichkeit und kann schon deshalb als solche nicht Adressat von Rechten und Pflichten sein. Dementsprechend ordnet § 95 Abs 2 Z 1 die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Verantwortlichen iSd § 9 VStG (vgl § 95 Rz 4) für Verstöße gegen eine Verpflichtung ua gemäß § 14 an (vgl dazu auch § 95 Rz 6). Vorgesehen sind Geldstrafen bis zu € 50.000,–.
B. Zivilrechtliche Verantwortlichkeit 22 Im Übrigen besteht auf Grund der zwischen dem Prüfer und der Wert-
papierfirma als Rechtsträger der inländischen Zweigstelle bestehenden Vertragsbeziehungen eine entsprechende Haftung des Prüfers bei einer allfälligen Verletzung von Vertragspflichten. Angesichts der im WAG sonst getroffenen Regelungen, im Hinblick auf die zwar missverständliche, aber insoweit doch nicht bedeutungslose Bezeichnung des Prüfers durch den Gesetzgeber als Abschlussprüfer sowie in Anbetracht der historischen Entwicklung des § 14 ist § 275 UGB sinngemäß anzuwenden (vgl dazu im Detail auch Brandl/Saria, ZFR 2008, 54 f). 200
Aufsicht im Rahmen der Niederlassungsfreiheit
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C. Amtshaftung Zu Fragen der Amtshaftung vgl § 93 Rz 46. § 3 Abs 5 FMABG spricht 23 zwar von Abschlussprüfern sowie den Prüfungsorganen gesetzlich zuständiger Prüfungseinrichtungen und nimmt nur diese vom amtshaftungsrechtlichen Organbegriff grundsätzlich aus. Auf Grund der in § 14 gewählten Bezeichnung des Prüfers als Abschlussprüfer und im Hinblick auf die Teleologie des § 3 Abs 5 FMABG kann aber kein Zweifel bestehen, dass auch Prüfer gemäß § 14 zu diesem Personenkreis zählen und daher die zu § 93 gemachten Ausführungen betreffend allfällige amtshaftungsrechtliche Ansprüche Berechtigung auch für § 14 besitzen.
V. Reformbedarf Abgesehen von den sich aus der missverständlichen Bezeichnung des 24 Prüfers gemäß § 14 als „Abschlussprüfer“ ergebenden terminologischen Problemen (vgl ausführlich schon Rz 10 f) besteht kein unmittelbarer Reformbedarf.
201
2. Hauptstück Organisatorische Anforderungen 1. Abschnitt Organisation Rechtsträger § 15. (1) Rechtsträger im Sinne dieses Hauptstückes sind Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Versicherungsunternehmen nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 sowie Zweigstellen von Wertpapierfirmen nach Maßgabe von § 12 Abs. 4 und Kreditinstituten nach Maßgabe von § 9 Abs. 7 BWG aus Mitgliedstaaten. (2) Folgende Bestimmungen gelten nicht für Wertpapierdienstleistungsunternehmen: 1. Das Erfordernis einer unabhängigen Compliance-Funktion gemäß § 18 Abs. 3 und 4; 2. das Erfordernis einer unabhängigen Risiko-Management-Funktion gemäß § 19 Abs. 2; 3. das Erfordernis einer getrennten unabhängigen internen Revision gemäß § 20 und 4. § 28 dahin gehend, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen keine vertraglich gebundenen Vermittler heranziehen dürfen. (3) Bei Kreditinstituten, die gemäß der Vorschriften des BWG über eine hinreichend unabhängige Risiko-Management-Funktion und eine interne Revision verfügen, können die in §§ 18 bis 20 genannten Aufgaben von der betreffenden Organisationseinheit ausgeübt werden. 203
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Schrifttum: Europäische Kommission, Fragen und Antworten zur Richtlinie 2004/39/EC und Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission, Stand 31. 10. 2008, http://ec.europa.eu/internal_market/securities/docs/ isd/ questions/questions_en.pdf; European Commission, Background Note, Draft Commission Directive implementing the Markets in Financial Instruments Directive 2004/39/EC, 06. 02. 2006, http://ec.europa.eu/internal_market/securities/docs/isd/dir-2004–39-implement/dir-backgroundnote_en.pdf. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 15): „Zu § 15 Abs. 2 und 3: Mit der Ausnahmebestimmung in Abs. 2 soll auch klargestellt sein, dass die zum Schutz von Kunden dienenden Vorschriften von den Wertpapierdienstleistungsunternehmen einzuhalten sind, damit es zu keiner Schlechterstellung von Kunden kommt. Die organisatorischen Vorschriften, die nur von großen Unternehmen angewendet werden können, müssen nicht angewendet werden. Mit Abs. 2 wird auch von der Ausnahmeregelung gemäß Art. 3 der Richtlinie 2004/39/EG Gebrauch gemacht. Die organisatorischen Erleichterungen tragen der Geschäftsstruktur und der Größe von Wertpapierdienstleistungsunternehmen Rechnung. Die Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern würde dementsprechend eine für den Einsatz von solchen Vermittlern nötige Organisations- und Kontrollstruktur erfordern, die nicht vorausgesetzt werden kann. Mit der Regelung in Abs. 3 wird hinsichtlich der Kreditinstitute klargestellt, dass keine Doppelfunktionen hinsichtlich der genannten Bereiche bezweckt werden soll.“
Übersicht I. II. A. B. 1. 2. 3. 4. 5. 6. C.
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Begriff des Rechtsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationskonzept des WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisatorische Erleichterungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Compliance-Funktion des § 18 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiko-Management-Funktion gemäß § 19 WAG und Interne Revision gemäß § 20 WAG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationskonzept der MiFID samt Durchführungsmaßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beurteilung der Vorwegnahme der Verhältnismäßigkeit für Wertpapierdienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschluss der Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern für Wertpapierdienstleistungsunternehmen . . . . . . Heranziehen bestehender Funktionen bei Kreditinstituten. . . .
1–7 8–22 8 9–21 9–11 12–14 15 16–17 18–20 21 22
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I. Begriff des Rechtsträgers Der Begriff des Rechtsträgers wurde bereits im WAG aF verwendet 1 und beschreibt dort den Kreis jener Unternehmen bzw Personen, die beim Erbringen der in § 11 WAG aF definierten Dienstleistungen die Wohlverhaltensregeln des WAG aF einzuhalten haben (siehe auch Erl RV zu § 11 WAG aF). Die einzelnen Rechtsträger werden nicht dezidiert angeführt, sondern die Anwendbarkeit der Wohlverhaltensregeln knüpft daran an, ob ein Unternehmen zB ein Bankgeschäft erbringt, das einem Kreditinstitut gemäß § 1 Abs 1 BWG vorbehalten ist. Daraus sind Kreditinstitute als Adressaten zur Anwendung der Wohlverhaltensregeln des WAG abzuleiten (Näheres zum Anwendungsbereich der Wohlverhaltensregeln nach WAG aF in persönlicher und sachlicher Hinsicht vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 11 Rz 3). Die Systematik des WAG 2007 unterscheidet sich vom WAG aF dahingehend, dass der Begriff des Rechtsträgers eindeutig definiert wird und verschiedene ausdrücklich angeführte Unternehmensgruppen umfasst. Auch hier dient der Begriff der vereinfachten Lesbarkeit des Gesetzes, um nicht bei jeder relevanten Bestimmung sämtliche Unternehmensgruppen aufzählen zu müssen, welche unter den Anwendungsbereich der jeweiligen Bestimmung fallen. Die durchaus weite Definition des Rechtsträgers in § 15 Abs 1 muss durch Verweis auf die für spezielle Gruppen von Rechtsträgern geltenden Bestimmungen wiederum einschränkend gelesen werden: Kreditinstitute: Bei Kreditinstituten ist mangels eigener Definition im 2 WAG davon auszugehen, dass als Rechtsträger primär jene Kreditinstitute umfasst sind, welche gemäß § 1 Abs 1 BWG Bankgeschäfte betreiben. Nachdem Kreditinstitute gemäß § 1 Abs 3 dritter Satz BWG auch zur Durchführung der in § 3 Abs 2 Z 1 bis 3 WAG genannten Tätigkeiten (Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente, die Portfolioverwaltung, Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben) berechtigt sind, gelten Kreditinstitute im Rahmen der gewerblichen Erbringung dieser Wertpapierdienstleistungen als Rechtsträger iSd 2. Hauptstückes des WAG (§ 3 Rz 2). Als Kreditinstitute sind auch Kapitalanlagegesellschaften einzustufen, welche die Verwaltung von Kapitalanlagefonds nach dem InvFG 1993 gem § 1 Abs 1 Z 13 BWG als Bankgeschäft betreiben, und sind daher grundsätzlich als Rechtsträger anzusehen. Gemäß § 2 Abs 1 Z 9 sind sie jedoch generell von der Anwendung des WAG ausgenommen. Erst über § 2 Abs 3 werden für Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 Abs 1 InvFG 1993, die 205
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Dienstleistungen nach § 3 Abs 2 Z 1 und 2 erbringen, wiederum eine Reihe von Bestimmung des WAG anwendbar gemacht. Wertpapierfirmen iSd WAG werden in § 3 WAG abschließend definiert (§ 3 Rz 1 ff). Wertpapierdienstleistungsunternehmen werden in § 4 WAG definiert (§ 4 Rz 1). Versicherungsunternehmen gelten nur in eingeschränkter Weise als Rechtsträger des 2. Hauptstückes, und zwar nur dann, wenn diese nach Maßgabe des § 2 Abs 2 tätig werden. § 2 Abs 2 erklärt bei der Vermittlung von Investmentfondsanteilen gemäß § 3 Abs 3 VAG in taxativ aufgezählten Stellen des 2. Hauptstückes das WAG für anwendbar. Nur im Rahmen dieser Einschränkung gelten Versicherungsunternehmen als Rechtsträger des 2. Hauptstückes (§ 2 Rz 2). Zu berücksichtigen ist hiebei die Einschränkung des § 3 Abs 3 VAG, wonach nicht jedes Versicherungsunternehmen automatisch auch Investmentfondsanteile vermitteln kann, sondern nur dann, wenn diese Tätigkeit mit dem Versicherungsgeschäft in unmittelbaren Zusammenhang steht. Zweigstellen von Wertpapierfirmen fallen ebenfalls nach Maßgabe des § 12 Abs 4 unter den Begriff des Rechtsträgers. Hier wurde die gleiche Gesetzgebungstechnik wie bei den Versicherungsunternehmen angewendet. Im § 12 Abs 4 werden wiederum die §§ aufgezählt, nach denen eine Zweigstelle einer Wertpapierfirma tatsächlich als Rechtsträger des 2. Hauptstückes anzusehen ist (vgl § 12 Rz 12 ff). Zweigstellen von Kreditinstituten nach Maßgabe von § 9 Abs 7 BWG sind auch nur im Rahmen der dort angeführten Stellen des WAG als Rechtsträger des 2. Hauptstückes anzusehen. Wie oben angeführt soll der Begriff des Rechtsträgers der einfacheren Handhabung und der Lesbarkeit dienen. Die zuerst weite Definition, die dann für jede einzelne Unternehmensgruppe wieder einschränkend zu lesen ist, erfüllt diesen Zweck nur bedingt. Insb dort, wo nach österreichischer Rechtslage die Regelungen eindeutig nur für Kreditinstitute anwendbar sind, wäre eine entsprechende Klarstellung der Rechtssicherheit förderlich gewesen (zB § 29 ff WAG).
II. Organisationskonzept des WAG A. Organisatorische Erleichterungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen 8 Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind in der Erbringung ihrer
Dienstleistungen eingeschränkt; im Gegenzug dazu sind einzelne 206
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Konzessionsvoraussetzungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht anwendbar (§ 4 Rz 5 ff). Darüber hinaus hat sich der Gesetzgeber entschlossen, auch im Bereich der organisatorischen Anforderungen gemäß § 15 Abs 2 Erleichterungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen vorzusehen. Begründet wird dies laut Erl RV zu § 15 WAG damit, dass diese Ausnahmebestimmung klarstellt, dass zwar die zum Schutz von Kunden dienenden Vorschriften von Wertpapierdienstleistungsunternehmen einzuhalten sind, damit es zu keiner Schlechterstellung des Kunden kommt, jedoch die organisatorischen Vorschriften, die nur von großen Unternehmen angewendet werden können, dagegen nicht angewendet werden müssen. Darüber hinaus stellen die Erl RV klar, dass man sich im Falle der Wertpapierdienstleistungsunternehmen außerhalb des Anwendungsbereiches der MiFID befindet, weil ja Wertpapierdienstleistungsunternehmen ihre Tätigkeit nur im Rahmen der Schranken des Art 3 MiFID erbringen dürfen.
B. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 1. Allgemeines Die in § 15 Abs 2 vorweggenommenen organisatorischen Erleichterun- 9 gen bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen bewirken, dass in Zukunft im WAG für die einzelnen Rechtsträger unterschiedliche Abstufungen im Organisationskonzept möglich sind. Wertpapierdienstleistungsunternehmen in der ersten Abstufung sind generell von der Einrichtung einer unabhängigen Compliance-Funktion gemäß § 18 Abs 3 und 4, einer unabhängigen Risiko-Management-Funktion gemäß § 19 Abs 2 und einer getrennten unabhängigen internen Revision gemäß § 20 befreit. Die in den einzelnen Funktionen der §§ 18–20 WAG vorgesehene Verhältnismäßigkeit ist für die Wertpapierdienstleistungsunternehmen daher nicht relevant, da im § 15 Abs 2 eine Generalausnahme von diesen Anforderungen vorgesehen ist. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu berücksichtigen, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen aber sehr wohl die Anforderungen des § 18 Abs 1 und 2 sowie § 19 Abs 1 WAG zu erfüllen haben. Hinsichtlich der Befreiung der Einhaltung des § 20 sind diese zwar von der Einrichtung einer getrennten und unabhängigen internen Revision befreit, haben aber dennoch funktionierende interne Kontrollmechanismen gemäß § 17 einzurichten und auch laufend aufrecht zu erhalten (vgl § 17 WAG). Die zweite Abstufung umfasst Wertpapierfirmen und Kreditinstitu- 10 te, welche auf Grund der Art, des Umfangs und der Komplexität ihrer Geschäftstätigkeit und der Art und des Umfangs ihrer erbrachten 207
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Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten keine Erleichterungen in organisatorischer Hinsicht in Anspruch nehmen können. 11 Darüber hinaus besteht in der dritten Abstufung die Möglichkeit für Wertpapierfirmen und Kreditinstitute, sofern das durch die Art, des Umfangs und der Komplexität ihrer Geschäftstätigkeit und durch die Art und den Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten gerechtfertigt ist, Erleichterungen in organisatorischer Hinsicht in Anspruch zu nehmen. Diese Erleichterungen bzw der vorgesehene Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist im WAG nicht einheitlich vorgesehen, sondern muss für die einzelnen Funktionen der §§ 18–20 WAG differenziert betrachtet werden.
2. Compliance-Funktion des § 18 WAG 12 § 18 enthält zwar in Abs 2 den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, so-
dass sowohl bei der Ausgestaltung der Grundsätze und Verfahren, die zur Aufdeckung des Risikos der Missachtung des WAG und der damit verbundenen Risiken eingerichtet werden müssen, als auch bei der Ausgestaltung der Maßnahmen und Verfahren, die dieses Risiko auf ein Mindestmaß beschränken sollen, die Art, der Umfang und die Komplexität der Geschäftstätigkeit des Rechtsträgers sowie die Art und der Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistung und Anlagetätigkeit berücksichtigt werden können (vgl § 18 Rz 11 ff). 13 In § 18 Abs 3 wird zunächst davon ausgegangen, dass jeder Rechtsträger eine unabhängige Compliance-Funktion einzurichten hat. Dieser Grundsatz steht nicht unter dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. (vgl § 18 Rz 19, 36 ff). 14 § 18 Abs 4 definiert näher, was erforderlich ist, damit die ComplianceFunktion ihre Aufgaben ordnungsgemäß und unabhängig wahrnehmen kann. Als wichtiger Beitrag zur Unabhängigkeit wird in § 18 Abs 4 Z 3 WAG vorgesehen, dass relevante Personen, die in die ComplianceFunktion eingebunden sind, nicht in die Dienstleistungen oder Tätigkeiten eingebunden werden dürfen, die sie überwachen. § 18 Abs 4 Z 4 WAG legt darüber hinaus fest, dass das Verfahren, nach dem die Vergütung der in die Compliance-Funktion eingebundenen relevanten Personen bestimmt wird, weder die Objektivität tatsächlich beeinträchtigen noch zur Beeinträchtigung der Objektivität geeignet sein darf. Erst im Hinblick auf diese Anforderungen kommt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zum Tragen: Es darf von diesen beiden Anforderungen nur dann abgegangen werden, wenn der Rechtsträger nachweist, dass diese Anforderungen auf Grund der Art, des Umfangs und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und des Umfangs der 208
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erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten unverhältnismäßig sind und die Compliance-Funktion auch ohne Erfüllung dieser Anforderungen einwandfrei ihre Aufgaben erfüllt (vgl § 18 Rz 36 ff).
3. Risiko-Management-Funktion gemäß § 19 WAG und Interne Revision gemäß § 20 WAG Im Vergleich zur Compliance-Funktion gemäß § 18 WAG wird die 15 Einrichtung einer unabhängigen Risiko-Management-Funktion gemäß § 19 WAG (§ 19 Rz 14 ff, insb Rz 14) und einer von den übrigen Funktionen und Tätigkeiten getrennten und unabhängigen internen Revision gemäß § 20 WAG (vgl § 20 Rz 6) erst dann gefordert, wenn dies wiederum durch Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit sowie durch die Art und den Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten angemessen und verhältnismäßig ist (vgl Background Note, Figure 1, Punkt 3.4; Fragen und Antworten, Antwort zu Frage 77). Der Rechtsträger muss hier in umgekehrter Weise den Beweis erbringen, dass auf Grund seiner Geschäftstätigkeit die unabhängige bzw getrennte Einrichtung dieser Funktionen nicht erforderlich ist. Auch wenn dem Rechtsträger der Beweis gelingt, muss er dennoch über die allgemeinen organisatorischen Anforderungen gemäß § 17 WAG sowie die internen Kontrollmechanismen, die effizienten Verfahren zur Risikobewertung sowie über wirksame Kontroll- und Sicherheitsmechanismen für Datenverarbeitungssysteme gemäß § 19 Abs 1 erster Satz verfügen (vgl § 17 Rz 1 ff und § 19 insb Rz 1 f).
4. Organisationskonzept der MiFID samt Durchführungsmaßnahmen Die MiFID selbst sieht in Art 4 die Möglichkeit vor, dass die Mitglied- 16 staaten unter gewissen Voraussetzungen auch Unternehmen, die keine juristischen Personen sind, sowie natürliche Personen als Wertpapierfirmen definieren können. Die organisatorischen Anforderungen der MiFID können daher für ein weites Spektrum an Anbietern von Wertpapierdienstleistungen gelten bzw müssen für diese erfüllbar sein. Diesem Umstand wurde dahingehend Rechnung getragen, dass insb in den organisatorischen Anforderungen (insb in der MiFID-DRL – RL 2006/73/EG) die Abstufung der Anwendbarkeit der Normen von Art, Umfang und der Komplexität der Geschäfte einer Wertpapierfirma sowie von der Art und dem Umfang der im Zuge dieser Geschäfte 209
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erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten abhängt (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz). 17 Anerkannt wird von der MiFID-DRL auch, dass eine Wertpapierfirma unter Umständen zu klein ist, dass für jede einzelne Aufgabe im Bereich von Compliance, Risikomanagement und interne Revision eine eigene Organisationseinheit eingerichtet werden kann. Es müssen jedoch die verschiedenen Aufgaben dieser Funktionen erfüllt werden. Daher sieht auch die MiFID-DRL nicht die Einrichtung von Organisationseinheiten bzw eigenen Abteilungen vor, sondern verlangt die Implementierung von Funktionen, welche die Aufgaben Compliance, Risikomanagement und interne Kontrolle möglichst unabhängig erfüllen sollen. In der „Background Note, Draft Commission Directive implementing the Markets in Financial Instruments Directive 2004/39/ EC“ wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die oben angeführten drei Funktionen in unterschiedlicher Weise in die Organisation einer Wertpapierfirma eingebettet werden können. Diese Unterschiede reflektieren die abgestufte Art dieser Funktionen sowie das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit (Background Note, Draft Commission Directive implementing the Markets in Financial Instruments Directive 2004/39/EC, 06. 02. 2006, Punkt 3.2, abrufbar unter http://ec.europa. eu/internal_market/securities/docs/isd/dir-2004–39-implement/dir-back groundnote_en.pdf).
5. Beurteilung der Vorwegnahme der Verhältnismäßigkeit für Wertpapierdienstleistungsunternehmen 18 Die für Wertpapierdienstleistungsunternehmen im § 15 Abs 2 WAG
definierten organisatorischen Erleichterungen scheinen vom Gesamtkonzept der MiFID, welches im WAG umgesetzt wird, abzuweichen. In den Erl RV werden als Kriterien, anhand derer diese Erleichterungen festgelegt werden, die Größe eines Unternehmens und dessen Geschäftstätigkeit angeführt. Durch die Vorwegnahme im WAG, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen keine unabhängige Compliance-Funktion, Risiko-Management-Funktion und von den anderen Funktionen getrennte interne Revision benötigen, unterstellt das Gesetz Wertpapierdienstleistungsunternehmen, dass sie generell über eine nicht komplexe Geschäftstätigkeit und per se über eine Geschäftsstruktur und eine Größe verfügen, die Erleichterungen in der Organisationsstruktur rechtfertigen. 19 Dies erscheint bei Einzelunternehmern, die nur standardisierte Produkte beraten und vermitteln und generell nicht in der Lage sind, die geforderten Organisationsstrukturen vorzuhalten, nachvollziehbar. Bei 210
Rechtsträger
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Wertpapierdienstleistungsunternehmen, welche in Form einer Kapitalgesellschaft organisiert sind und nicht nur in standardisierten Produkten beraten und vermitteln, wäre eine differenziertere Betrachtungsweise im Hinblick auf die organisatorischen Vorgaben der §§ 18–20 WAG wünschenswert gewesen. Dies gilt deshalb, weil einerseits die Umsatzerlösgrenze von € 730.000,– als sehr hoch anzusehen ist, und andererseits weil der in der MiFID samt Durchführungsmaßnahmen vorgesehene Verhältnismäßigkeitsgrundsatz diesen Spielraum ohnehin vorgesehen hätte. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass mit der Definierung von 20 Erleichterungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen zwar generell eine richtlinienkonforme Umsetzung der MiFID samt Durchführungsmaßnahmen erreicht wurde, weil man die Ausnahmemöglichkeit des Art 3 MiFID vom Anwendungsbereich in Anspruch genommen hat. Dennoch hat man dadurch für eine sehr große Palette an unterschiedlich organisierten Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die in unterschiedlichen Produktbereichen tätig sind, eine Generalausnahme von den organisatorischen Anforderungen geschaffen, die nicht für die gesamte Gruppe der Wertpapierdienstleistungsunternehmen gerechtfertigt erscheint.
6. Ausschluss der Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern für Wertpapierdienstleistungsunternehmen Im Gegenzug zu den für Wertpapierdienstleistungsunternehmen fest- 21 gelegten Erleichterungen bei den Konzessionsvoraussetzungen und den organisatorischen Anforderungen dürfen diese keine vertraglich gebundenen Vermittler beschäftigen (zur Definition des vertraglich gebundenen Vermittlers siehe § 1 Rz 29). In den Erl RV zu § 15 Abs 2 Z 4 wird dazu festgehalten, dass das Heranziehen von vertraglich gebundenen Vermittlern eine für den Einsatz von solchen Vermittlern nötige Organisations- und Kontrollstruktur erfordert, die nicht vorausgesetzt werden kann. Dies ergibt sich insb auch aus den Erleichterungen in organisatorischer Hinsicht für Wertpapierdienstleistungsunternehmen im § 15 Abs 2. Diese auf den ersten Blick strenge Einschränkung ist jedoch durch die auf nationaler Ebene weiterhin bestehende Möglichkeit der Beschäftigung von natürlichen Personen gemäß § 2 Abs 1 Z 15 (Finanzdienstleistungsassistenten) wieder wettgemacht und ist keine Änderung zur früheren Rechtslage nach § 19 Abs 2 a WAG aF (vgl § 2 Rz 4 f). 211
§ 16
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C. Heranziehen bestehender Funktionen bei Kreditinstituten 22 § 15 Abs 3 WAG stellt klar, dass Kreditinstitute, die nach BWG über
eine hinreichend unabhängige Risiko-Management-Funktion bzw interne Revision verfügen, nicht verpflichtet sind, nach WAG diese Funktionen nochmals einzurichten. Vielmehr können diese Aufgaben von den bestehenden Funktionen übernommen werden. Die Erl RV zu § 15 Abs 3 legen auch eindeutig dar, dass mit dieser Regelung hinsichtlich Kreditinstituten klargestellt wird, dass keine Doppelfunktionen hinsichtlich der genannten Bereiche bezweckt werden sollen. § 15 Abs 3 enthält jedoch einen Verweis auf § 18 (Compliance), § 19 (Risikomanagement) und § 20 (Interne Revision). In Zusammenhang mit der Risiko-Management-Funktion bzw internen Revision ist dieser Verweis auch nachvollziehbar. Hinsichtlich der Compliance-Funktion, welche vom Verweis umfasst ist, und deren Einrichtung im BWG bis dato nicht verankert war, sondern auf der Grundlage des BörseG, des WAG aF und auch des SCC basiert, ist der Regelungsinhalt nicht klar verständlich. Kreditinstitute müssen auch ihre Funktionen nach der Art, dem Umfang und der Komplexität ihrer Geschäftstätigkeit und Art und Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten ausrichten, sodass der Verweis auf die §§ 18 bis 20 als zu weitreichend erscheint. § 15 Abs 3 kann daher nicht so verstanden werden, dass bei Kreditinstituten die Compliance-Funktion in jedem Fall entweder von der nach BWG eingerichteten unabhängigen RisikoManagement-Funktion bzw internen Revision übernommen werden kann. Zur Problematik der Selbstkontrolle bzw zur Möglichkeit der Zusammenlegung von Funktionen siehe § 20 Rz 12 f.
Bedingungen für die Bereitstellung von Informationen § 16. (1) Schreibt dieses Bundesgesetz die Bereitstellung von Informationen auf einem dauerhaften Datenträger vor, so ist die Verwendung eines anderen dauerhaften Datenträgers als Papier nur zulässig, wenn 1. die Bereitstellung dieser Informationen über dieses Medium den Rahmenbedingungen, unter denen das Geschäft zwischen einem Rechtsträger und dem Kunden ausgeführt wird oder werden soll, angemessen ist und 2. dem Kunden die Wahlmöglichkeit mitgeteilt wird, diese Informationen auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger zu erhalten, und dieser sich ausdrücklich für Letzteres entscheidet. 212
Bedingungen für die Bereitstellung von Informationen
§ 16
(2) Stellt ein Rechtsträger einem Kunden gemäß § 40, § 42 und § 54 Abs. 2 Informationen, die nicht an ihn persönlich gerichtet sind, über eine Website zur Verfügung, so sind folgende Bedingungen einzuhalten: 1. Die Bereitstellung dieser Informationen über dieses Medium ist den Rahmenbedingungen, unter denen das Geschäft zwischen einem Rechtsträger und dem Kunden ausgeführt wird oder werden soll, angemessen; 2. der Kunde muss der Bereitstellung dieser Informationen in dieser Form ausdrücklich zustimmen; 3. die Adresse der Website und die Stelle, an der die Informationen auf dieser Website zu finden sind, müssen dem Kunden auf elektronischem Wege mitgeteilt werden; 4. die Informationen müssen aktuell sein und über diese Website laufend abgefragt werden können und zwar so lange, wie sie für den Kunden nach vernünftigem Ermessen einsehbar sein müssen. (3) Die Bereitstellung von Informationen auf elektronischem Wege gilt als angemessen im Sinne des Abs. 1 Z 1 und des Abs. 2 Z 1, wenn der Kunde nachweislich über einen regelmäßigen Zugang zum Internet verfügt. Dies gilt als nachgewiesen, wenn der Kunde für die Ausführung dieses Geschäfts eine E-Mail Adresse angegeben hat. Schrifttum: Gruber, Form und Zeitpunkt der Informationen nach dem WAG 2007, RdW 2008, 69; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltenregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; MiFID Supervisory Briefing, Information on reporting to clients, 9. 7. 2009, Ref CESR 09–590; Seyfried, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) – Neuordnung der Wohlverhaltensregeln, WM 2006, 1375. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 16): „§ 16 setzt Art. 3 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. In Abs. 2 wurde § 40 in den Anwendungsbereich als Ganzer übernommen. Dies ist aus systematischen Gründen erforderlich, da § 40 neben Art. 29 der Richtlinie 2006/73/EG auch Art. 19 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG umsetzt, der wiederum die Level 1 Grundlage für die Art. 28 bis 34 der Richtlinie 2006/73/EG darstellt.“
Den Erl RV folgend setzt § 16 den Art 3 Abs 1 bis 3 MiFID-DRL um. 1 Das Bereitstellen von Informationen an den Kunden soll nach der Intention der oben angeführten RL grundsätzlich auf einem dauerhaften Datenträger in Form von Papier erfolgen. Aus der Definition des dauerhaften Datenträgers gemäß § 1 Z 28 (zur Definition siehe auch § 1 Rz 37) ergibt sich, dass es sich dabei um an den Kunden 213
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persönlich gerichtete Informationen handelt (vgl Harrer, ÖBA 2007, 102; Seyfried, WM 2006, 1380). Die Informationsübermittlung auf einem dauerhaften Datenträger schreibt zB § 49 Abs 1 Z 1 in Bezug auf die Information über die Auftragsausführung und § 61 in Bezug auf die Kundeneinstufung vor (vgl Harrer, ÖBA 2007, 102). Das Übermitteln von Informationen auf andere Weise zB auf elektronischem Weg (per E-Mail) ist nur dann zulässig, wenn der Kunde vor die Wahl gestellt wird und sich ausdrücklich für dieses Medium entscheidet. Die Angemessenheit der Informationsübermittlung auf elektronischem Weg ist dann gegeben, wenn der Kunde nachweislich über einen Zugang zum Internet verfügt. Dieser Nachweis gilt als erbracht, wenn der Kunde iZm der Durchführung eines konkreten Geschäfts eine E-MailAdresse bekannt gibt (vgl dazu auch Harrer, ÖBA 2007, 102; Seyfried, WM 2006, 1380). 2 Informationen, die im Gegensatz zu den Informationen in Rz 1 nicht
an den Kunden persönlich gerichtet sind (zB Informationen über den Rechtsträger und seine Dienstleistungen, über Finanzinstrumente, über den Schutz von Kundenfinanzinstrumenten und Kundengeldern, über die Bedingungen des Vertrags, AGB und die Durchführungspolitik) können dem Kunden über eine Website zur Verfügung gestellt werden, wenn er dieser Form der Informationsübermittlung ausdrücklich zugestimmt hat. Hinsichtlich der Angemessenheit der Informationsübermittlung über eine Website gilt das oben Gesagte (vgl Rz 1). Dem Kunden ist darüber hinaus die Adresse der Website (der entsprechende „link“ bzw URL) elektronisch mitzuteilen, und er muss darüber informiert werden, wo die entsprechenden Informationen zu finden sind bzw abgerufen werden können. Der Rechtsträger hat weiters die Aktualität und die laufende Abfragemöglichkeit der Informationen sicherzustellen (vgl Harrer, ÖBA 2007, 102). Es besteht nach Auffassung von Gruber ein Unterschied in der Diktion „Bereitstellen von Informationen“ und der „Übermittlung“ von Informationen (Gruber, RdW 2008, 69). Im Ergebnis ist der in § 42 Abs 3 vorgesehene Gegensatz zwischen „übermitteln“ und „zur Verfügung stellen“ ungeachtet von Übersetzungsunschärfen im Sekundärrecht zu lösen, indem die Informationen jedenfalls an den Privatkunden zu übermitteln iS von übersenden sind, sofern sie nicht zulässigerweise auf einer Website zur Verfügung gestellt werden (Gruber, RdW 2008, 71). 3 Im Rahmen des „MiFID supervisory briefings“, welches eine einheitli-
che Vorgehensweise der Aufsichtsbehörden und eine einheitliche Beaufsichtigung von ausgewählten MiFID-Regelungen sicherstellen soll, hat CESR Fragestellungen im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Informationsbereitstellung formuliert. Diese sollen für die Aufsichts214
Allgemeine organisatorische Anforderungen
§ 17
behörden eine Hilfestellung für die Beaufsichtigung und Vollziehung in der Praxis bieten. Im Dokument befindet sich ein Raster, der einen Überblick über jene Medien enthält, die gemäß MiFID-Reglement für die Bereitstellung von Informationen zu verwenden sind (siehe MiFID supervisory briefing, Information on reporting to clients, CESR 09–590). Da der Inhalt der „MiFID supervisory briefings“ rechtlich nicht bindend ist und wie CESR festhält „[…] The briefings do not promote any particular supervisory approach and are desigend to be used in the way that best fits with a supervisor´s own methodology… […]“ kann das „MiFID supervisory briefing“ nur eingeschränkt zur Aufsichtskonvergenz in den Mitgliedstaaten in der Praxis beitragen.
Allgemeine organisatorische Anforderungen § 17. (1) Ein Rechtsträger hat 1. Entscheidungsprozesse und eine Organisationsstruktur, durch die Berichtspflichten und zugewiesene Funktionen und Aufgaben klar dokumentiert sind, einzurichten und laufend anzuwenden; 2. dafür zu sorgen, dass alle relevanten Personen die Verfahren, die für eine ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben einzuhalten sind, kennen; 3. angemessene interne Kontrollmechanismen, die die Einhaltung von Beschlüssen und Verfahren auf allen Ebenen sicherstellen, einzurichten und laufend aufrecht zu erhalten; 4. dafür zu sorgen, dass die Aufgaben von Mitarbeitern erfüllt werden, die über die notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen verfügen; 5. auf allen maßgeblichen Ebenen eine reibungslos funktionierende interne Berichterstattung und Weitergabe von Informationen einzurichten und laufend sicherzustellen; 6. angemessene und systematische Aufzeichnungen über seine Geschäftstätigkeit und interne Organisation zu führen und 7. dafür zu sorgen, dass die ordentliche, redliche und professionelle Erfüllung der einzelnen Funktionen auch dann gewährleistet ist, wenn relevante Personen mehrere Funktionen ausüben. Dabei ist der Art, dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit des Rechtsträgers sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten Rechnung zu tragen. (2) Ein Rechtsträger hat weiters angemessene Systeme und Verfahren zum Schutz von Sicherheit, Integrität und Vertraulichkeit 215
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von Informationen einzurichten und laufend anzuwenden und dabei der Art dieser Informationen Rechnung zu tragen. (3) Ein Rechtsträger hat angemessene Vorkehrungen zu treffen, um die Kontinuität und Regelmäßigkeit der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu gewährleisten. Zu diesem Zweck hat er geeignete und angemessene Systeme, Ressourcen und Verfahren einzurichten und sonstige angemessene Vorkehrungen zu treffen, die bei einer Unterbrechung seiner Systeme und Verfahren gewährleisten, dass wesentliche Daten und Funktionen erhalten bleiben und Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten fortgeführt werden können. Sollte dies nicht möglich sein, müssen diese Daten und Funktionen rechtzeitig zurück gewonnen werden können, damit die Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten rechtzeitig wieder aufgenommen werden können. (4) Die Angemessenheit und Wirksamkeit der nach Abs. 1 und 2 geschaffenen Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen sind zu überwachen, regelmäßig zu bewerten und die zur Behebung etwaiger Mängel erforderlichen Maßnahmen sind zu ergreifen. (5) Ein Rechtsträger hat wirksame und transparente Verfahren für die angemessene und unverzügliche Bearbeitung von Beschwerden von Privatkunden einzurichten und laufend anzuwenden. Jede Beschwerde sowie die Aufzeichnung der zu ihrer Erledigung getroffenen Maßnahmen sind aufzubewahren. Schrifttum: FMA, Leitfaden zur Anwendung der Wohlverhaltensregeln, Aus der Sicht der FMA notwendiger Anpassungsbedarf aus der Umsetzung der CESR-Wohlverhaltensregeln, Februar 2004; FMA, Pflichtenheft für Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA (Juli 2006); FMA/OeNB, Leitfaden, Management des operationellen Risikos, November 2005; FMA, Rundschreiben betreffend die organisatorischen Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 im Hinblick auf Compliance, Risikomanagement und interne Revision (FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007); FMA-Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten gem § 22 Abs 4 WAG; Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft, Stand 28. 12. 2007 – (SCC 2008). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 17): „Abs. 1 setzt Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Eine Übernahme des Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 2006/73/EG in das WAG 2007 ist nicht erforderlich, da die Einhaltung dieser Richtlinienbestimmung durch das UGB und die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung jedenfalls gewährleistet ist.
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Abs. 3 setzt Art. 13 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 4 setzt Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 5 setzt Art. 10 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. A. B. C. D. E.
Allgemeine organisatorische Anforderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu § 19 Abs 1 erster Satz WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswahl, Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern. . . . . . . . . . . Organisatorische Sicherstellung der Berichtspflichten nach §§ 18–20 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Steuerung des Informationsflusses im Unternehmen. . . . . . . . . . . III. Notfallplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beschwerdewesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–13 1 2–3 4–6 7 8–10 11–13 14–15 16 17–20
I. Allgemeine organisatorische Anforderungen A. Allgemeines Gemäß Erl RV setzt § 17 Abs 1 den Art 5 Abs 1 MiFID-DRL um. 1 Allgemeine Vorgaben für die interne Organisation waren bereits im § 16 Z 1 WAG aF enthalten, der vorsah, dass Anbieter von Wertpapierdienstleistungen über die für eine ordnungsgemäße Durchführung dieser Dienstleistungen notwendigen Mittel und Verfahren zu verfügen und diese wirksam einzusetzen haben. Bereits nach § 16 Z 1 WAG aF hat man es als Verpflichtung des jeweiligen Anbieters von Wertpapierdienstleistungen gesehen, die persönlichen und sachlichen Mittel einzusetzen, welche die richtige Ordnung des Geschäftsbetriebes schaffen bzw aufrechterhalten, um dem Kunden gegenüber eine fachgerechte Dienstleistung zu erbringen. Als Beispiele für den Einsatz der notwendigen Mittel und Verfahren nach § 16 Z 1 WAG aF zählt das Pflichtenheft der FMA den Einsatz von Mitarbeitern, die über die erforderlichen Sachkenntnisse und Fähigkeiten zur Erbringung von Finanzdienstleistungen verfügen, laufende Schulungen dieser Mitarbeiter, die Einrichtung einer unabhängigen Stelle zur Behandlung von Kundenbeschwerden, die fachgerechte Kontrolle und Abwicklung von Aufträgen sowie eine ordnungsgemäße Buchhaltung auf (vgl FMA, Pflichtenheft für Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA 14 f). § 17 WAG ist nunmehr als Weiterentwicklung der Grundsätze des § 16 217
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WAG aF zu sehen, weil in Auslegung des § 16 Z 1 WAG aF einige Anforderungen, die nunmehr in § 17 WAG dezidiert festgelegt sind, bereits bisher gefordert waren.
B. Organisationsstruktur 2 § 17 Abs 1 ist als eine allgemeine Organisationsnorm einzustufen,
wonach generell klare Entscheidungsprozesse im Unternehmen definiert werden sollen. Dies spiegelt sich in einer klaren und transparenten Zuständigkeits- bzw Kompetenzverteilung, schriftlichen Organigrammen, Bereichs- und Stellenbeschreibungen wider. Es soll sichergestellt sein, dass die Aufgaben auf die einzelnen Funktionen verteilt und im Rahmen der internen Organisationsanweisungen entsprechend dokumentiert werden. Es muss systematisch dokumentiert werden und zu jeder Zeit nachvollziehbar sein, wen im Unternehmen welche Zuständigkeiten treffen, und welche Berichtslinien innerhalb des Unternehmens eingerichtet sind. Es sollten dabei informelle Zuständigkeiten auf Grund gelebter Praxis vermieden werden und Anpassungen im Rahmen von Organisationsumstrukturierungen zeitnah erfolgen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 3). Nach Winternitz hat das Unternehmen für seine Mitarbeiter Verhaltensregeln schriftlich abzufassen, den Mitarbeitern zu Kenntnis zu bringen und diese dazu zu verpflichten, bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen die Verhaltensregeln ausnahmslos einzuhalten (vgl Winternitz, WAG § 16 Rz 4). 3 Der tatsächliche Organisationsgrad, der erforderlich ist, blieb bis dato nach § 16 Z 1 WAG aF offen. Nach Hausmaninger ist ein individueller Maßstab iSd Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzulegen, der auf die eigentümlichen Organisationsstrukturen des jeweiligen Unternehmens Rücksicht nimmt (vgl Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 4). Diese Aussage lässt sich auch auf § 17 anwenden, der gleichfalls eine individuelle Betrachtung nach Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit in Bezug auf innerorganisatorische Einrichtungen vorsieht (vgl Rz 11).
C. Verhältnis zu § 19 Abs 1 erster Satz WAG 4 Die Verpflichtung zur Implementierung von angemessenen internen
Kontrollmechanismen ist in Zusammenschau mit § 19 Abs 1 erster Satz zu lesen, der ebenfalls die Einrichtung von internen Kontrollmechanismen vorschreibt. Nachdem laut Erl RV mit § 19 Abs 1 erster Satz nur der Art 13 Abs 5 zweiter Unterabsatz MiFID, somit Level 1, umgesetzt wird, ist § 19 Abs 1 erster Satz als die Generalnorm für die 218
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Einrichtung interner Kontrollmechanismen zu verstehen (vgl dazu § 19 Rz 1 f). Die Einrichtung interner Kontrollverfahren, die geeignet sind, Verstöße 5 gegen Verpflichtungen nach dem WAG aF entgegenzuwirken, war bereits nach § 16 Z 3 WAG aF gefordert. Durch diese Verfahren soll nicht nur der Verletzung der Organisationspflichten vorgebeugt, sondern va auch die Einhaltung der zentralen Bestimmungen der Wohlverhaltensregeln sichergestellt werden (so Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 85). Dies kann unter anderem durch die durchgängige Einrichtung von Genehmigungs- und Berechtigungssystemen (insbesondere das Vier-Augen-Prinzip), Pouvoirregelungen, Aufgabenund Funktionstrennungen sowie von physischen Zugangsbeschränkungen erreicht werden (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 4). In Bezug auf Kontrollverfahren iSd § 16 Z 3 WAG aF kann bei Kreditinstituten über weite Strecken die verpflichtend einzurichtende interne Revision tätig werden. Dies ist auch im Hinblick auf die internen Kontrollmechanismen des § 19 Abs 1 erster Satz sowie § 17 Abs 1 Z 3 weiterhin aufrecht (vgl auch Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 86). Bei Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die 6 über keine eigene interne Revision gemäß § 20 WAG verfügen, ist besonderes Augenmerk auf die Ausgestaltung dieser internen Kontrollmechanismen zu legen. Diese können wie bereits im Pflichtenheft der FMA niedergeschrieben zB in Form einer adäquaten Kontrolle der Kundenaufträge hinsichtlich Vollständigkeit und Richtigkeit und der Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips vorgesehen werden (vgl FMA, Pflichtenheft für Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA 15). Die Ausgestaltung der bestehenden internen Kontrollmechanismen wird jedoch an die konkreten Anforderungen des WAG angepasst werden müssen, wobei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 17 Abs 1 letzter Satz anzuwenden ist. Dabei kann die allgemein gültige Aussage getroffen werden, dass je komplexer und umfangreicher die Geschäftstätigkeit eines Rechtsträgers ausgestaltet ist, desto intensiver und häufiger die internen Kontrollmechanismen zum Tragen kommen müssen.
D. Auswahl, Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern Gemäß § 17 Abs 1 Z 4 sollen die Aufgaben nach WAG nur von 7 solchen Mitarbeitern erfüllt werden, die über die notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen verfügen. Die laufende Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter ist dabei sicherzustellen. Dies kann 219
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beispielsweise in Form einer jährlichen Ausbildungsplanung auf Grund einer Bedarfserhebung im Rahmen von Mitarbeitergesprächen erfolgen. Ebenso denkbar sind Ausbildungen bzw Schulungen in Form von „webbased“-Trainings bzw Informations- und Erfahrungsaustausch in regelmäßig stattfindenden Besprechungen. In Betracht kommt auch die Einschulung durch erfahrene Mitarbeiter, Job-Rotation Programme und Mentoring. Insb sollte schon in der RecruitingPhase besonderes Augenmerk auf die Auswahl der Mitarbeiter gelegt werden (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 4). In spezifischen Themenbereichen (zB Compliance) sind verpflichtende Schulungen vorzusehen. In regelmäßigen Schulungen (einmal jährlich bzw immer dann, wenn es Regeländerungen gibt) ist der Wissensstand der Mitarbeiter zu überprüfen und zu verbessern (vgl auch Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 10).
E. Organisatorische Sicherstellung der Berichtspflichten nach §§ 18–20 WAG 8 § 17 Abs 1 Z 5 ist ua in Zusammenschau mit der in § 21 Abs 2 WAG
festgeschriebenen Berichtspflicht der Funktionen gemäß §§ 18–20 WAG zu sehen (vgl § 21 Rz 6). Die Sicherstellung einer reibungslosen funktionierenden internen Berichterstattung und Informationsweitergabe erfordert eine aktive Steuerung des Informationsflusses im Unternehmen. Dabei sind einerseits formelle Berichtslinien nach oben zum Geschäftsleiter, aber auch die Versorgung der Mitarbeiter mit ausreichend Information zur Erfüllung ihrer Aufgaben sicherzustellen. Dies erfordert genaue Ablaufbeschreibungen und bspw Protokolle von wichtigen Besprechungen/Sitzungen, welche für mehrere Mitarbeiter relevant sind (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 4). 9 § 17 Abs 1 Z 6 schreibt dem Rechtsträger vor, angemessene und systematische Aufzeichnungen über seine Geschäftstätigkeit und interne Organisation zu führen. Dies setzt voraus, dass die Aufzeichnungen in einer logischen, einheitlich strukturierten Art und Weise geführt und dokumentiert werden, sodass sie im Anlassfall in einem angemessenen Zeitrahmen zur Verfügung gestellt werden können. In Betracht kommen das durchgängige Führen von Protokollen (chronologischen Nummerierungen), Rule-Books, Stellenbeschreibungen, Darstellung der Orderausführungswege, Asset Allocations etc (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 4). Zur näheren Konkretisierung der Aufzeichnungspflichten vgl § 22 WAG und das in Ausführung des § 22 Abs 4 WAG erstellte FMA-Verzeichnis der 220
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Mindestaufzeichnungspflichten gem § 22 Abs 4 WAG (vgl § 22 Rz 18 f). § 17 Abs 1 Z 7 kommt dann zum Tragen, wenn eine Mischverwen- 10 dung von Mitarbeitern für die verschiedenen Funktionen nach WAG vorgesehen ist. Da bei Ausführen von verschiedenen Funktionen durch einen Mitarbeiter für diesen uU ein Spannungsverhältnis entstehen kann, ist die Tätigkeit des jeweiligen Mitarbeiters für die verschiedenen Funktionen schriftlich zu definieren und festzulegen. Durch entsprechende organisatorische Vorkehrungen ist dieses mögliche Spannungsverhältnis weitgehend aufzulösen und insb die in § 21 Abs 2 WAG geforderte direkte Berichterstattung an die Geschäftsleitung sicherzustellen. Zur Vereinbarkeit der internen Revision mit den Funktionen des Geldwäschebeauftragten und des Compliance-Verantwortlichen bzw zur Problematik der Selbstprüfung vgl § 20 Rz 12. Hinsichtlich der Zusammenlegung der Compliance-Funktion mit der Risikomanagementfunktion vgl § 18 Rz 41.
F. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Die Anwendung bzw die Ausgestaltung der organisatorischen Vor- 11 schriften des WAG und insb des § 17 WAG hängt von Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit sowie Art und Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten des Rechtsträgers ab. Dabei geht das Konzept des WAG davon aus, dass ein Rechtsträger prinzipiell alle organisatorischen Anforderungen erfüllen muss, diese jedoch ganz individuell auf sein Geschäftsmodell ausrichten kann. Das heißt, je komplexer und umfangreicher, aber auch je risikoreicher das Geschäftsmodell des Rechtsträgers ausgestaltet ist, desto umfangreicher muss auch das Organisationskonzept zur Sicherstellung der Einhaltung und Umsetzung des WAG im Unternehmen eingerichtet sein. Das WAG legt die Verantwortung für die konkrete Ausgestaltung der Organisation in die Hände der Unternehmen selbst, welche jedoch gefordert sind, das eigene Geschäftsmodell zu evaluieren und zu dokumentieren, warum allfällige Erleichterungen in der Organisation gerechtfertigt erscheinen. Bei der Evaluierung der Beurteilung der Art, des Umfangs und Kom- 12 plexität der Geschäftstätigkeit können beispielhaft nachfolgende Kriterien bzw Fragestellungen eine Hilfestellung bieten: Welche Geschäftstätigkeiten werden insgesamt (auch außerhalb der Wertpapierdienstleistungen) ausgeübt – dabei sollten die Unternehmensziele und -strategien, Wechselwirkungen zwischen dem Wertpapiergeschäft und anderen Geschäftstätigkeiten des Rechtsträgers Be221
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rücksichtigung finden. In die Evaluierung sind auch Bilanz- bzw Ertragskennzahlen insb die Höhe der Bilanzsumme, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und das Provisionsergebnis des Rechtsträgers miteinzubeziehen. Ebenso lassen sich von der Beschaffenheit des Vertriebsmodells insb der Anzahl der angestellten Vertriebsmitarbeiter, der Anzahl der vertraglich gebundenen Vermittler sowie der Anzahl der Finanzdienstleistungsassistenten Rückschlüsse auf die Art, den Umfang und die Komplexität der Geschäftstätigkeit ziehen. Wesentlich für die Bestandsaufnahme ist darüber hinaus die Beschaffenheit des Produktportfolios, insbesondere welche Produkte vertrieben werden (hauptsächlich standardisierte oder strukturierte bzw risikoreiche Produkte wie zB derivative Produkte, Produkte mit Marginverpflichtungen, Nachschusserfordernissen etc). Die Kundenstruktur (Privatkunden, professionelle Kunden, geeignete Gegenparteien oder börsenotierte Kunden) sowie der Organisationsgrad der IT (inwieweit erfolgt die Abbildung der gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich Informationseinholung und -weitergabe in der EDV, EDV-unterstützte Beratungsprozesse bzw Kontrollfunktionen, etc) sind ebenso in die Evaluierung miteinzubeziehen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 2). 13 Hinsichtlich der Art und Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten können bspw folgende Fragestellungen bzw Kriterien zur richtigen Einschätzung der eigenen Geschäftstätigkeit herangezogen werden: Welche konkreten Wertpapierdienstleistungen und/oder Anlagetätigkeiten werden erbracht (lediglich Vermittlung und/oder auch Beratung und Portfolioverwaltung)? In welchem Umfang werden die einzelnen Wertpapierdienstleistungen und/oder Anlagetätigkeiten erbracht (absolut und im Verhältnis zu den übrigen Geschäftsaktivitäten)? In welchem Verhältnis stehen diese Tätigkeiten in Bezug auf das Volumen und den Ertrag? (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 2 f). Als Grundsatz kann hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit festgehalten werden, dass je komplexer und umfangreicher, aber auch je risikoreicher die Geschäftstätigkeit des Rechtsträgers ausgestaltet ist, umso weniger können organisatorische Erleichterungen in Anspruch genommen werden (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 2).
II. Steuerung des Informationsflusses im Unternehmen 14 Den Erl RV folgend setzt § 17 Abs 2 den Art 5 Abs 2 MiFID-DRL
um. Die internen Kontrollverfahren gemäß § 16 Z 3 WAG aF mussten 222
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auch schon nach alter Rechtslage die organisatorischen Maßnahmen zur Verhinderung der missbräuchlichen Verwendung oder Weitergabe von Insiderinformationen sicherstellen bzw kontrollieren. § 16 Z 3 WAG aF war hier im Hinblick auf § 82 Abs 5 BörseG die allgemeinere Norm, die insiderrelevante Bezüge miteinschließt, während sich § 82 Abs 5 BörseG ausschließlich mit der Insiderprävention durch Information, interne Richtlinien und organisatorische Maßnahmen befasst (so Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 85). Die Compliance-Anforderungen haben die Zielrichtung, den innerbetrieblichen Informationsfluss durch flankierende organisatorische Vorgaben („Chinese Walls“) so zu steuern, dass ein unkontrolliertes „Diffundieren“ sensibler Informationen durch mehrere bzw sämtliche Geschäftsbereiche hintangehalten wird (so Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 86). Als eine organisatorische Maßnahme zur Sicherstellung der Vertrau- 15 lichkeit hat sich im Bereich der Insiderprävention die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen etabliert. Diese stellen solche Einheiten von Kreditinstituten dar, die von anderen Einheiten durch organisatorische Maßnahmen hinsichtlich des Informationsaustausches abzugrenzen sind, weil dort ständig oder anlassbezogen Insiderinformationen anfallen können (vgl SCC 2008 „Insiderrecht und Marktmanipulation“, 3). Die Vertraulichkeitsbereiche können aber auch zur Sicherstellung der Anforderungen des § 17 Abs 2 genutzt werden. Wesentlich ist, dass die Informationen nicht verloren gehen, richtig und vollständig und in einer angemessenen Zeit reproduzierbar sind, nur einem ihrer jeweiligen Vertraulichkeit angemessenen Personenkreis zugänglich und vor Zugriff unberechtigter Dritter geschützt sind (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 5).
III. Notfallplanung Gemäß Erl RV zu § 17 Abs 3 setzt dieser Art 13 Abs 4 MiFID und 16 Art 5 Abs 3 MiFID-DRL um. Abs 3 spricht die Notfallplanung an, welche beispielsweise in Bezug auf die IT-Systeme von großer Bedeutung ist. Bei Ausfall des IT-Systems sind Systeme, Ressourcen und Verfahren einzurichten und Vorkehrungen zu treffen, sodass dennoch die Wertpapierdienstleistungen erbracht werden können (zB durch Weiterleitung von Wertpapierorders per Fax). Daneben sind auch für die Datensicherung entsprechende Vorkehrungen zu treffen, sodass bei einem Systemabsturz die Daten wiederhergestellt werden können. Anleitungen für eine Notfallplanung finden sich im „Leitfaden der FMA/ 223
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OeNB“ (FMA/OeNB, Leitfaden, Management des operationellen Risikos, November 2005, Punkt 3, Spezielle Maßnahmen im Management des operationellen Risikos, 65 f).
IV. Beschwerdewesen 17 Laut Erl RV setzt § 17 Abs 5 den Art 10 MiFID-DRL um. Mit § 17
Abs 5 wurde nun erstmals die Einrichtung eines Beschwerdemanagements statuiert, das in den diversen Kommentaren zum WAG aF bereits bisher in Auslegung von § 16 Z 1 WAG aF als notwendiges Mittel und Verfahren zur Durchführung von Wertpapierdienstleistungen angesehen wurde. Gleiches findet sich auch im Leitfaden zur Anwendung der Wohlverhaltensregeln, lediglich das „Wie“ bleibt dem Institut überlassen (vgl Schreiben der WKÖ vom März 2004 „Aus der Sicht der FMA notwendiger Anpassungsbedarf aus der Umsetzung der CESR-Wohlverhaltensregeln“, Weitere Maßnahmen, Punkt 16). 18 Aufgabe der Compliance-Organisation ist ua, das ordnungsgemäße Verhalten der Mitarbeiter zu überwachen, allfällige Regelverstöße festzustellen und Abhilfe zu schaffen (vgl SCC 2008, „Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance“, 2). Beschwerden können Indikatoren für ein allfälliges nichtregelkonformes Verhalten des Rechtsträgers bzw der Mitarbeiter sein (vgl § 18 Rz 20). Daher ist der Compliance-Officer neben der Einbindung in möglichst viele Informations- und Berichtsprozesse, aber auch in das Beschwerdewesen des Rechtsträgers zumindest passiv einzubinden (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 6). Werden Beschwerden dem Compliance Officer vorgelegt, so hat dieser dem Kunden das Einlangen der Beschwerde zu bestätigen und eine Beantwortung in Aussicht zu stellen. Der Compliance Officer hat vom zuständigen Mitarbeiter umgehend eine Stellungnahme anzufordern und bei Vorliegen sämtlicher Unterlagen den Beschwerdefall direkt zu beantworten (vgl Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 170 ff). Um eine angemessene und unverzügliche Bearbeitung der Beschwer19 den von Privatkunden sicherzustellen, müssen gemäß § 17 Abs 5 wirksamen und transparente Verfahren eingerichtet sein. Transparent kann ein Verfahren nur dann sein, wenn es allen Betroffenen bekannt ist. Die schriftliche Abfassung des Verfahrens zum Umgang mit Privatkundenbeschwerden im Rahmen einer internen Richtlinie bzw Dienstanweisung und entsprechende Information an die Mitarbeiter scheint unerlässlich. Darin sollte definiert sein, ab wann von einer Kundenbeschwerde auszugehen ist, und diese von einer Reklamation abzugrenzen. Wünschenswert wäre es, eine zentrale Stelle für die Bearbeitung bzw Koordination 224
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
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der eingehenden Beschwerden einzurichten, damit zentral abrufbar ist, welche Beschwerden eingegangen sind, und welche Schritte zur Bearbeitung gesetzt wurden. Um die Wirksamkeit des Beschwerdewesens sicherzustellen, ist die Geschäftsleitung über die eingelangten und bearbeiteten Beschwerden regelmäßig zu informieren. Nach Eingang der Beschwerde bzw nachdem entsprechende Maßnah- 20 men getroffen wurden, sind die Beschwerde eines Privatkunden und die in diesem Zusammenhang getroffenen Maßnahmen aufzuzeichnen und gemäß § 22 Abs 2 grundsätzlich zumindest fünf Jahre aufzubewahren (vgl FMA-Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten gem § 22 Abs 4 WAG, Pkt 3).
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“) § 18. (1) Ein Rechtsträger hat durch Festlegung angemessener Strategien und Verfahren dafür zu sorgen, dass er selbst, seine Geschäftsleitung, Beschäftigten und vertraglich gebundenen Vermittler den Verpflichtungen dieses Bundesgesetzes sowie den Vorkehrungen für persönliche Geschäfte gemäß § 24 dieser Personen nachkommen. (2) Der Rechtsträger hat angemessene Grundsätze und Verfahren festzulegen und laufend einzuhalten, die darauf ausgelegt sind, jedes Risiko einer etwaigen Missachtung der in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten sowie die damit verbundenen Risiken aufzudecken. Durch angemessene Maßnahmen und Verfahren sind diese Risiken auf ein Mindestmaß zu beschränken. Hierbei ist zu gewährleisten, dass der FMA alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, sodass sie ihre Befugnisse wirksam ausüben kann. Der Art, dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit des Rechtsträgers sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten ist Rechnung tragen. (3) Ein Rechtsträger hat eine unabhängige Compliance-Funktion dauerhaft einzurichten, die folgende Aufgaben hat: 1. Die Überwachung und regelmäßige Bewertung der Angemessenheit und Wirksamkeit der Verfahren gemäß Abs. 1, sowie der Maßnahmen, die zur Behebung etwaiger Mängel unternommen wurden; 2. die Beratung und Unterstützung der für Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zuständigen relevanten Personen im Hinblick auf die Einhaltung der in diesem Hauptstück für den Rechtsträger festgelegten Pflichten. 225
§ 18
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(4) Damit die Compliance-Funktion ihre Aufgaben ordnungsgemäß und unabhängig wahrnehmen kann, hat der Rechtsträger Folgendes zu gewährleisten: 1. Die mit der Funktion betrauten Personen müssen über die notwendigen Befugnisse, Ressourcen und Fachkenntnisse verfügen und zu allen für sie relevanten Informationen Zugang haben; 2. es ist ein Compliance-Beauftragter zu benennen, der für die Compliance-Funktion und die Erstellung eines Tätigkeitsberichts verantwortlich ist; 3. relevante Personen, die in diese Funktion eingebunden sind, dürfen nicht in die Dienstleistungen oder Tätigkeiten eingebunden werden, die sie überwachen; 4. das Verfahren, nach dem die Vergütung der in diese Funktion eingebundenen relevanten Personen bestimmt wird, darf weder deren Objektivität beeinträchtigen noch dazu geeignet sein. Die unter Z 3 und 4 genannten Anforderungen müssen nicht erfüllt werden, wenn der Rechtsträger nachweist, dass diese aufgrund der Art, dem Umfang und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten unverhältnismäßig sind und die Compliance-Funktion auch ohne Erfüllung dieser Anforderungen einwandfrei ihre Aufgabe erfüllt. Schrifttum: Bauer/Brinkmann/Meierhöfer/Schäfer, Finanz Colloquium Heidelberg 2004, Compliance in der Kreditwirtschaft; CESR, CESR s technical advice to the European Commission on the first set of mandates under the Directive on Markets in Financial Instruments (MiFID), 03. 02. 2005, Ref CESR 05/-024 c; Europäische Kommission, Fragen und Antworten zur Richtlinie 2004/39/ EC und Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission, Stand 31. 10. 2008; European Commission, Background Note, Draft Commission Directive implementing the Markets in Financial Instruments Directive 2004/39/ EC, 06. 02. 2006; FMA, FMA-Mindeststandards für die Interne Revision von Kreditinstituten, 18. 02. 2005 („FMA-MS-IR“); FMA, Rundschreiben betreffend die organisatorischen Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 im Hinblick auf Compliance, Risikomanagement und interne Revision (FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007); Gapp, Internal Governance für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, Organisationsvorschriften nach Basel II, ÖBA 2007, 169; Giesen, Die Haftung des Compliance-Officers gegenüber seinem Arbeitgeber – Haftungsprivilegierung bei innerbetrieblichem Schadensausgleich, CCZ 2009, 102; Hense/Renz, Die Wandlung der Compliance-Funktion im Wertpapierdienstleistungsunternehmen unter besonderer Beachtung der neuen Berichtspflicht an das Senior-Management CCZ 2008, 181; Illing/Umnuß, Die arbeitsrechtliche Stellung des Compliance Managers – insbesondere Weisungsunterworfenheit und Reportingpflichten, CCZ 2009, 1; Kraft/Winkler, Zur Garantenstellung des Compliance-Officers – Unterlassungsstrafbarkeit durch
226
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
Organisationsmangel, CCZ 2009, 29; Lösler, Zur Rolle und Stellung des Compliance-Beauftragten, WM 2008, 1098; Lösler, Spannungen zwischen der Effizienz der internen Compliance und möglichen Reporting-Pflichten des Compliance Officers, WM 2007, 676; Lösler, Das moderne Verständnis von Compliance im Finanzmarktrecht, NZG 2005, 104; Lucius, Der Standard Compliance Code des österreichischen Bankwesens, ÖBA 1994, 148; Lucius, Der Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft, CCZ 2008, 186; Lucius/ Pichler/Rudorfer, Compliance in Banken. Eine zusammenfassende Darstellung aller Compliance-Vorschriften im Kapitalmarktbereich (2000); Lucius/Resch, Die Umsetzung von Analysestandards in Österreich – Ein Regelungsmodell für Europa?, ÖBA 2005, 587; Mengl/Pradler, Aktuelle internationale Trends im Compliance-Bereich unter Berücksichtigung der Neuregelungen durch die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente, ZFR 2006, 30; Röh, Compliance nach der MiFID – zwischen höherer Effizienz und mehr Bürokratie, BB 2008, 398; Sandmann, Der Compliance-Bericht im Wertpapierdienstleistungsunternehmen, CCZ 2008, 104; Schlicht, Compliance nach der Umsetzung der MiFIDRichtlinie, BKR, 2006, 469; Spindler, Compliance in der multinationalen Bankengruppe, WM 2008, 905; Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft, Stand 28. 12. 2007 – (SCC 2008); Standard Compliance Code der österreichischen Pensionskassen gemäß § 48 s in Verbindung mit § 82 (5) Börsegesetz; Standard Compliance Code der österreichischen Versicherungswirtschaft (Version 4.0 vom 08. 10. 2009); Wieland, Unternehmensethik und Compliance, CCZ 2009, 15. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 18): „Abs. 1 setzt Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Die in der Richtlinie vorgesehene (dauerhafte) ‚Unterhaltung‘ wurde nicht übernommen, da sich aus dem Zweck der Bestimmung ergibt, dass eine Funktion, die einzurichten ist, auch beibehalten und entsprechend unterstützt werden muss. Die in Abs. 1 und Abs. 2 verwendete Phrase ‚in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten‘ umfasst jedenfalls auch sämtliche durch Verordnung der FMA erfolgte Konkretisierungen dieser Pflichten. Abs. 4 setzt Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II. III. A. B. C. 1. 2.
Ausgangslage im Compliance-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Compliance-Verständnis nach WAG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Compliance-Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Compliance-Policy sowie Maßnahmen und Verfahren zur Risikominimierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Compliance-Funktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben der Compliance-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4–6 7–43 7–9 10–17 18–43 18 19–22
227
§ 18 3.
4. 5.
Muther-Pradler/Ortner Voraussetzungen für die Unabhängigkeit der ComplianceFunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Befugnisse, Ressourcen und Fähigkeiten der ComplianceFunktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Compliance-Beauftragter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verbot der Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vergütungsstruktur der Compliance-Funktion. . . . . . . . . . . . . Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die Compliance-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auslagerung von Compliance-Agenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23–35 23–25 26–33 34 35 36–42 43
I. Ausgangslage im Compliance-Bereich 1 Compliance war bis dato nur sehr eingeschränkt gesetzlich ver-
ankert. In § 16 Z 3 WAG aF war die Verpflichtung statuiert, über angemessene interne Kontrollverfahren zu verfügen, die geeignet sind, Verstößen gegen Verpflichtungen des WAG aF entgegenzuwirken. § 16 Z 3 WAG aF hat bereits Hausmanniger (Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 14) als Compliance-Vorschrift, dh als eine innerbetriebliche Vorschrift, welche die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen gewährleisten soll, identifiziert. Ergänzt wird diese Bestimmung durch die seit Inkrafttreten der BörseGNov 1993 in § 82 Abs 5 BörseG statuierte Verpflichtung, Insidergeschäfte hintanzuhalten, Dienstnehmer und sonst für das Unternehmen tätige Personen über das Verbot von Insidermissbrauch zu unterrichten, interne Richtlinien für die Informationsweitergabe im Unternehmen zu erlassen und deren Einhaltung zu überwachen sowie geeignete organisatorische Maßnahmen zur Verhinderung einer missbräuchlichen Verwendung oder Weitergabe von Insiderinformationen zu treffen. Diese Verpflichtung trifft neben Emittenten des amtlichen und geregelten Freiverkehrs auch sämtliche Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Pensionskassen vgl § 48 s iVm § 82 Abs 5 BörseG. 2 Wie Kalss/Oppitz/Zollner feststellen, ist die Rechtslage im Compliance Bereich zersplittert und Compliance nicht einheitlich geregelt (Kalss/ Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 22 Rz 3). So enthält nämlich § 82 Abs 6 BörseG (Abs 5 a wurde nach Umsetzung der Transparenzrichtlinie – RL 2004/109/EG – im BörseG gestrichen) eine Verordnungsermächtigung für die FMA dahingehend, die Grundsätze für die Informationsweitergabe im Unternehmen sowie die organisatorischen Maßnahmen des § 82 Abs 6 BörseG zu determinieren. Die FMA hat ihre Verordnungsermächtigung lediglich im Bereich der Emittenten 228
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
ausgenutzt (Emittenten Compliance Verordnung 2007 – ECV 2007). Mit der ECV 2007 werden alle Emittenten von Aktien und aktienähnlichen Wertpapieren, die an einem inländischen geregelten Markt zugelassen sind, angehalten ua ständige bzw anlassbezogene Vertraulichkeitsbereiche einzurichten, eine Compliance Richtlinie festzuschreiben sowie der FMA einmal jährlich einen Tätigkeitsbericht vorzulegen. Als weitere organisatorische Maßnahmen sieht die ECV 2007 insb das Festsetzen von Sperrfristen bzw Handelsverboten, das Führen eines Insiderverzeichnisses sowie die Bestellung eines direkt der Geschäftsleitung unterstehenden Compliance-Verantwortlichen (sofern es Größe und Struktur des Unternehmens erfordert) vor. Mit der im Jahre 2002 erstmals veröffentlichten ECV wurde in Österreich zumindest im Bereich der Emittenten bereits eine Verrechtlichung der ComplianceStruktur angestrebt. Im Bereich der Kreditinstitute, der Versicherungsunternehmen und Pensionskassen hat sich die Festlegung der Inhalte der oben angeführten Verordnung in Form von Selbstregulierungswerken durchgesetzt (vgl Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft – SCC 2008 [Stand 28. 12. 2007]; Standard Compliance Code der österreichischen Versicherungswirtschaft [Version 4.0 vom 08. 10. 2009]; Standard Compliance Code der österreichischen Pensionskassen gemäß § 48 s in Verbindung mit § 82 [5] Börsegesetz). Auf Grund seiner langen Tradition (der SCC geht auf eine Initiative der Arbeitsgruppe „Initiative Kapitalmarkt Österreich“ unter der Leitung der Österreichischen Bankwissenschaftlichen Gesellschaft Ende 1992 zurück und wurde 1994 erstmals in Kraft gesetzt) (vgl Lucius, CCZ, 2008, 188) und der umfassenden Akzeptanz durch die Marktteilnehmer wurde bis dato von der Erlassung einer Verordnung durch die FMA abgesehen. Mit dem neuen SCC 2008 wurde im Vergleich zu den Vorversionen, 3 die zumeist lediglich die Anpassung an neue gesetzliche Rahmenbedingungen beinhalteten, ein völlig neues Konzept des SCC vorgestellt. Der SCC 2008 besteht nunmehr aus insgesamt 7 Modulen, wobei das Modul 1 – die „Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance“ – eine übergeordnete Regelung darstellen soll (vgl Lucius, CCZ 2008, 189). Die weiteren Module regeln jeweils spezielle Themenbereiche, welche auch unabhängig von Modul 1 in der Praxis zur Auslegung herangezogen werden können. Die Aufteilung der einzelnen Regelungen in Module soll die Übersichtlichkeit gewährleisten, aber auch eine rasche Überarbeitung ermöglichen, zudem soll die Lesbarkeit verbessert und vereinfacht werden (vgl Lucius, CCZ 2008, 189). Das Modul 2 befasst sich mit organisatorischen und sonstigen Maßnahmen iZm Marktmissbrauch (Insiderhandel und Marktmanipulation) und spezifiziert die 229
§ 18
Muther-Pradler/Ortner
einzusetzenden Compliance Werkzeuge – ua die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen sowie das Führen von Beobachtungs- und Sperrliste (vgl auch § 35 Rz 15 ff). Das Modul 3 beinhaltet die „Richtlinie für Geschäfte von Mitarbeitern in Kreditinstituten und liefert für die Anwendung der §§ 23 f WAG wichtige Anhaltspunkte. Modul 4 befasst sich mit dem Themenbereich der „Interessenkonflikte und Vorteile“ und gibt wichtige Hinweise hinsichtlich der Einrichtung organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten, aber auch den angemessenen Umgang mit solchen (ua Einrichtung eines Konfliktregisters oder Konfliktbeobachtungsliste) (vgl § 35 Rz 10 f). Modul 5 widmet sich dem Thema der „Orderdurchführung“ und enthält praxisrelevante Auslegungen hinsichtlich der Execution Policy (vgl § 52 Rz 1 ff). Die bereits bestehenden „Österreichischen Analysegrundsätze“ aus dem Jahre 2005, welche die „Grundsätze ordnungsgemäßer Finanzanalyse“ sowie die „Mindeststandards für Finanzanalysen“ umfassen, bilden das Modul 6. Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 InvFG und § 2 ImmoInvFG unterliegen in ihrer Eigenschaft als Kreditinstitute grundsätzlich dem SCC 2008. Ihre eingeschränkte Geschäftstätigkeit macht es jedoch erforderlich für diese Sonderregeln vorzusehen, welche in Modul 7 niedergeschrieben sind. Die Module 1 bis 3 gelten in Form des Moduls 7 für alle Kapitalanlagegesellschaften. Die Module 4 und 5 sind nur auf jene Kapitalanlagegesellschaften anwendbar, die über die Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Sinne des § 3 Abs 2 Z 1 und 2 verfügen. Auf Grund der umfassenden Darstellung wichtiger Themenbereiche aus dem WAG im Rahmen des SCC 2008, ist dieser nun nicht mehr als reines Selbstbindungswerk zu verstehen, da er mitunter auch die gesetzlich festgeschriebenen Anforderungen des WAG wiederholt. Er geht aber weit darüber hinaus und liefert für die tägliche Anwendung wichtige Auslegungshinweise und praxisrelevante Beispiele.
II. Compliance-Verständnis nach WAG 4 Mit der Übernahme von ausdrücklichen Anforderungen im Complian-
ce-Bereich in das WAG liegen nunmehr neben den börsegesetzlichen Vorgaben des § 82 Abs 5 und der ECV 2007 auch allgemeine Compliance-Anforderungen unabhängig von den Vorgaben in Bezug auf die Insiderprävention in gesetzlicher Form vor. Die erweiterte Aufgabenzuweisung sowie ein schärferes Anforderungsprofil an Compliance tragen dazu bei, den Stellenwert von Compliance zu erhöhen (vgl 230
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
Röh, BB 2008, 410). Zudem wird sich die Compliance Funktion infolge der MiFID durch den verstärkten Focus ebenso wie die gesetzliche Benennung von bisherigen aus der „Best Practice“ bekannter Aufgaben weiter professionalisieren (vgl Hense/Renz, CCZ 2008, 182). Die weitere Verrechtlichung von Compliance wird dazu führen, dass die Selbstregulierungswerke etwas in den Hintergrund rücken. Es ist aber davon auszugehen, dass der neue SCC 2008 in Fortführung des SCC 1994 ebenso als Handelsbrauch gelten wird. Dies wird durch die Tatsache unterstrichen, dass sich alle Kreditinstitutssektoren schriftlich zur Einhaltung der Bestimmungen des SCC 2008 verpflichtet haben (vgl Lucius, CCZ 2008, 190). Der SCC 2008 sowie die Selbstregulierungswerke der anderen Unternehmensgruppen werden aber auf Grund ihrer praxisrelevanten Ausführungen auch nach Umsetzung des WAG ihre volle Berechtigung haben. Ausführlich zur Rechtsnatur und den Vor- und Nachteilen der Selbstregulierung am Beispiel des SCC vgl Lucius/Resch, ÖBA 2005, 590 sowie Lucius, CCZ 2008, 187. Der Trend, Compliance sehr weit zu verstehen, hat sich nunmehr 5 durch die Regelung der MiFID-DRL endgültig im europäischen Regelungskontext verankert. Compliance beschränkt sich nun nicht mehr nur auf die Organisation in Bezug auf die Vermeidung von Insiderhandel, Kontrolle der Mitarbeitergeschäfte und Interessenkonfliktmanagement. Die allgemeine Risikovermeidung in Hinblick auf die Nichteinhaltung des WAG stellt nunmehr einen wichtigen Bestandteil der Tätigkeit des Compliance-Beauftragten bzw der ComplianceFunktion dar. Kreditinstitute, welche sich mit dem SCC 2008 ein sehr detailliertes Regelwerk als Grundlage für die Abdeckung der Compliance-Anforderungen auferlegt haben, werden ihre Compliance-Funktionen auf das nunmehr weitere Verständnis von Compliance anpassen müssen. In die gleiche Richtung geht schon Lösler, NZG 2005, 104. Mengl/Pradler, ZFR 2006, 30 beschreiben die internationalen Trends im Compliance Bereich, ua das Papier des Basel Committee on Banking Supervision, Compliance and the compliance functions in banks, April 2005 sowie den „Final Report Compliance function at market intermediaries“, A report of the technical committee of the international organisation of securities commissions, March 2006. Weiters zeigen Mengl/Pradler den Trend von der Wertpapier-Compliance zur Unternehmens-Compliance auf (vgl Mengl/Pradler, ZFR 2006, 34). Gapp geht davon aus, dass die Aufgaben von Compliance im weiten Sinn in Österreich bei Kreditinstituten weitgehend von der nach § 42 BWG einzurichtenden internen Revision übernommen werden (vgl Gapp, ÖBA 2007, 173). Eine Neuorientierung der Aufteilung der Aufgaben der einzelnen Funktionen wird nach Umsetzung des 231
§ 18
Muther-Pradler/Ortner
WAG in jedem Fall erforderlich sein. Die Compliance-Funktion kann auch koordinierend für die anderen Funktionen des Unternehmens tätig werden, ohne selbst alle ihr übertragenen Aufgaben wahrzunehmen. 6 Für Wertpapierfirmen bringt die gesetzliche Vorschrift, eine Compliance-Funktion einzurichten, gravierende Herausforderungen mit sich. Da generell eine unabhängige Compliance-Funktion gefordert ist, von deren Unabhängigkeit nur im Einzelfall abgewichen werden kann, sind insb große Wertpapierfirmen mit komplexer Geschäftstätigkeit nun erstmals gefordert, in ihrer internen Organisationsstruktur eine unabhängige Compliance-Funktion zu etablieren (vgl Rz 19; 36 ff).
III. Compliance-Grundsätze A. Allgemeines 7 Laut Erl RV wird in § 18 Abs 1 der Art 13 Abs 2 MiFID umgesetzt.
Die textlichen Abweichungen in Hinblick auf die in Art 13 Abs 2 MiFID vorgesehenen einschlägigen Vorschriften für die persönlichen Geschäfte und die in § 18 Abs 1 festgelegten Vorkehrungen für persönliche Geschäfte ergeben sich aus der Anpassung der Level 1 Regelungen der MiFID an die Anforderungen der Level 2 MiFID-DRL (Art 11 und 12). Zur möglichen generellen Abweichung der englischen Version von der dt Fassung siehe Mengl/Pradler, ZFR 2006, 33 FN 25. 8 § 18 Abs 1 richtet sich an den Rechtsträger und benennt darüber hinaus den Rechtsträger selbst, seine Geschäftsleitung, Beschäftigten und vertraglich gebundene Vermittler als Adressaten für die Festlegung der angemessenen Strategien und Verfahren. Nicht dezidiert in diese Aufzählung aufgenommen sind die in § 2 Abs 1 Z 15 natürlichen Personen, die, wenngleich selbstständig, eine oder mehrere Dienstleistungen gemäß § 3 Abs 2 Z 1 und 3 ausschließlich bezüglich Finanzinstrumenten gemäß § 1 Z 6 lit a und c im Namen und auf Rechnung einer Wertpapierfirma gemäß § 3, eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, eines österreichischen Kreditinstituts oder eines österreichischen Versicherungsunternehmens erbringen (sog Finanzdienstleistungsassistenten). Dennoch hat der Rechtsträger auch für Finanzdienstleistungsassistenten für die Einhaltung der Verpflichtung im Sinne des § 18 Abs 1 und 2 zu sorgen, da der Rechtsträger gemäß § 2 Abs 1 Z 15 für das Verschulden der Personen, derer er sich bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen bedient, gemäß § 1313 ABGB haftet und das Verhalten der selbstständigen Vertreter jedenfalls nur dem Unter232
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
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nehmen selbst zuzurechnen ist (Näheres zum Thema Finanzdienstleistungsassistenten vgl § 2 Rz 14 ff). Nachdem die Regelungen des Art 13 Abs 2 MiFID in der MiFID- 9 DRL umfassend näher determiniert wurden, ist jedoch § 18 Abs 1 primär als programmatischer Satz zu verstehen, dessen detailliertere Anforderungen sich in den § 18 Abs 2 bis 4 sowie in den §§ 24 und 25 WAG wiederfinden.
B. Compliance-Policy sowie Maßnahmen und Verfahren zur Risikominimierung § 18 Abs 2 setzt gemäß Erl RV Art 6 Abs 1 MiFID-DRL um. Wie zu 10 § 15 WAG (vgl § 15 Rz 12) ausgeführt, sind die in § 18 Abs 2 geforderten Grundsätze und Verfahren sowie die Maßnahmen und Verfahren anhand der Art, des Umfangs und der Komplexität der Geschäftstätigkeit des Rechtsträgers sowie der Art und des Umfangs der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten auszurichten. Die Ausgestaltung der Compliance-Policy sowie der Maßnahmen zur Risikominimierung richtet sich daher nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl § 17 Rz 11 f). Dies ist durchaus nachvollziehbar, da ein Unternehmen das zB lediglich standardisierte Produkte vermittelt, seine Risiken leichter als ein Unternehmen begrenzen kann, das eine größere und risikoreichere Produktpalette (zB derivative Produkte) vermittelt. Ein solches Unternehmen hat insgesamt mehrere und komplexere gesetzliche Anforderungen zu erfüllen, daher ist das Risiko der Nichteinhaltung des WAG größer und muss durch konkreter ausgestaltete Grundsätze und Verfahren gesteuert werden. Ebenso muss der Rechtsträger seine Maßnahmen und Verfahren zur Risikobeschränkung seinem komplexen Geschäftsbereich anpassen. Jedes Unternehmen hat daher eine Bestandsaufnahme seiner Ge- 11 schäftstätigkeit vorzunehmen und insb dahingehend zu prüfen, wo das Schwergewicht des Geschäftes und daraus folgend mögliche Risiken der Nichteinhaltung des WAG liegen. Brinkmann spricht von einer sog Selbsteinstufung in Hinblick auf Art und Umfang der zu treffenden organisatorischen Maßnahmen (vgl Brinkmann in Bauer/ Brinkmann/ Meierhöfer/Schäfer, Finanz Colloquium Heidelberg [2004] 71). Bei der Risikobewertung sind auch die potentiellen (finanziellen) Auswirkungen eines Verstoßes gegen zivil- und/oder verwaltungsrechtliche Bestimmungen einzubeziehen, aber auch die Gefahr eines Abweichens von anerkannten Selbstbindungsstandards wie bspw dem SCC 2008 (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 6). 233
§ 18
Muther-Pradler/Ortner
12 Der Rechtsträger ist darüber hinaus auch gefordert, mögliche neuauf-
tretende Gefährdungspotentiale laufend mitzuberücksichtigen. Neue Risikopotentiale können bspw durch die Neuaufnahme eines Geschäftsfeldes, die wesentliche Verstärkung von Aktivitäten innerhalb eines Geschäftsfeldes oder die Aufnahme neuer Produkte in seine Produktpalette, aber auch durch die Änderungen in (Unterstützungs-) Prozessen, beispielsweise durch Wechsel des IT-Anbieters auftreten (vgl Haußwald in Compliance-Konsequenzen aus der MiFID, Rz 32). 13 Gebauer/Niermann sehen es als fortlaufende Aufgabe für die Compli-
ance-Abteilung an, die Analyse des Compliance-Risikos vorzunehmen, dabei ist ein vierstufiger Prozess zu durchlaufen. Auf Stufe eins ist die Erhebung der Affinität eines Analysegegenstandes für die Verwirklichung von Compliance-Risiken vorzunehmen, auf Stufe zwei erfolgt die Ermittlung von Eintrittswahrscheinlichkeiten und möglichen Schadenshöhen. Auf Stufe drei sind in Abhängigkeit von der Risikobewertung zur Steuerung von Compliance-Risiken, risikoreduzierende Maßnahmen zu erarbeiten. Im Einzelfall kann auf Stufe vier eine Überwachung der ergriffenen Maßnahmen erforderlich sein. Als Analysegegenstand kommen einzelne Gesetze, einzelne Geschäftsbereiche, einzelne Filialen oder einzelnen Produkte in Betracht. Für die Risikobewertung kann die Compliance-Abteilung ua auf ihre technisch unterstützten Monitoring-Systeme zurückgreifen. Indikationen können darüber hinaus ansteigende Kundenbeschwerden oder irreguläre Handels- oder Zahlungsaktivitäten sein (vgl Gebauer/Niermann, in Hauschka [Hrsg], Corporate Compliance2 § 36 Rz 39). 14 Eine Aufzählung praxisrelevanter Fragestellungen liefert Schlicht,
die iZm der Bewertung der Angemessenheit der oben angeführten Grundsätze und Verfahren, die Verfahren zur Bewertung des Ordervolumens, die Aktivitäten des Eigenhandels sowie die Vertriebsstruktur, die Insider- und Interessenkonfliktpotentiale, die Betreuungsverhältnisse, die Anzahl der Mandatsträger und die Tätigkeitsfelder wie zum Beispiel IPO-Begleitungen, Vermögensverwaltung und Analysetätigkeiten einer Risikobewertung unterzieht (Schlicht, BKR 2006, 470). 15 Nach der in Rz 11 beschriebenen Bestandsaufnahme sind die Grund-
sätze und Verfahren in einer Compliance-Policy (Compliance-Richtlinie, Compliance-Handbuch) niederzuschreiben. Marbeiter empfiehlt eine Zweiteilung in eine Compliance-Policy, in welcher die Delegation der Pflichten vom Vorstand auf eine Compliance-Abteilung, die Rolle von Compliance im Unternehmen definiert und Compliance mit den notwendigen Befugnissen ausgestattet wird. Im Gegensatz dazu soll das Compliance-Handbuch dazu dienen, die Mitarbeiter im Unternehmen über die konkreten Verhaltensweisen und -regeln zu informieren 234
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
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(vgl Marbeiter, in Compliance – Konsequenzen aus der MiFID, Rz 58). Weiters sind die Maßnahmen zu definieren, also jene Abläufe und 16 Kontrollschritte zu installieren bzw zu steuern (zB durch entsprechende Richtlinien und Dienstanweisungen), die das Risiko der Verletzung des WAG auf ein Mindestmaß beschränken. Vgl auch die Begründung zu § 13 Abs 2 WpDVerVO des dt Bundesministeriums der Finanzen, wo festgehalten ist, dass zur Minimierung der Risiken die Verfahren und Maßnahmen an die Mitarbeiter zu kommunizieren und diese diesbezüglich zu schulen sind. Das betrifft bspw die internen Grundsätze zum Interessenkonfliktmanagement und Leitlinien und Maßnahmen in Bezug auf Mitarbeitergeschäfte. Wesentlich ist, dass das Unternehmen den Entscheidungsprozess beim 17 Festlegen der Grundsätze und Verfahren, um Risiken der Nichteinhaltung des WAG zu erkennen und zu minimieren, entsprechend dokumentiert. Der Aufsicht muss plausibel gemacht werden können, warum die Grundsätze und die Verfahren bzw die Maßnahmen und die Verfahren nach den oben festgehaltenen Kriterien angemessen und ausreichend sind, um Risiken gegen Verstöße gegen das WAG aufzudecken und zu minimieren. In Abs 2 vorletzter Satz ist daher auch festgeschrieben, dass der Rechtsträger beim Definieren der Grundsätze und Verfahren sowie der Maßnahmen zu gewährleisten hat, dass der FMA alle erforderlichen Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung gestellt werden können, sodass diese ihre Befugnisse ausüben kann.
C. Compliance-Funktion 1. Allgemeines Den Erl RV folgend setzt § 18 Abs 3 den Art 6 Abs 2 MiFID-DRL 18 um. Erklärend wird in den Erl RV darüber hinaus festgehalten, dass die in der RL vorgesehene (dauerhafte) „Unterhaltung“ nicht übernommen wurde, da sich aus dem Zweck der Bestimmung ergibt, dass eine Funktion, die einzurichten ist, auch beibehalten und entsprechend unterstützt werden muss. Die in § 18 Abs 1 und Abs 2 verwendete Phrase „in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten“ umfasst jedenfalls auch sämtliche durch Verordnung der FMA erfolgten Konkretisierungen dieser Pflichten.
2. Aufgaben der Compliance-Funktion Gemäß Abs 3 Z 1 hat der Rechtsträger eine unabhängige Compliance- 19 Funktion dauerhaft einzurichten und weist ihr die Überwachung und 235
§ 18
Muther-Pradler/Ortner
regelmäßige Bewertung der Angemessenheit und Wirksamkeit der Verfahren des Abs 1 und der Maßnahmen, die zur Behebung dieser Mängel unternommen wurden, als eine ihrer Aufgaben zu. Abs 3 steht nicht unter dem Vorbehalt des Verhältnismäßigkeitsprinzip, sodass jeder Rechtsträger grundsätzlich gefordert ist, eine unabhängige Compliance-Funktion einzurichten (vgl FMA, FMA-Rundschreiben Organisation WAG 2007, 7; Resch/Dämon, in Braumüller/Ennöckl/ Gruber/Raschauer [Hrsg], Überblick über organisatorische Anforderungen an Rechtsträger im Hinblick auf das WAG 2007, 174). 20 Die Tätigkeit der Compliance-Funktion wird als laufender dyna-
mischer Prozess beschrieben. Sobald Missstände oder Mängel im Unternehmen auftreten, die dazu führen könnten, dass der Rechtsträger nicht mehr im Einklang mit dem Gesetz tätig werden kann, hat die Compliance-Funktion gegenzusteuern. Die Aufgabenstellung ist aber nicht damit beendet, reaktiv aktuelle Mängel zu beheben. Vielmehr hat die Compliance-Funktion proaktiv an der laufenden Verbesserung und Optimierung der internen Abläufe und Kontrollschritte mitzuarbeiten. Daher sollte der Compliance-Beauftragte in möglichst viele Informations- und Berichtsprozesse, aber auch in das Beschwerdewesen des Rechtsträgers zumindest passiv eingebunden sein. Darüber hinaus kann es möglich bzw sogar erforderlich sein, dass die Compliance-Funktion auch bspw in die Überprüfung von Marketingmitteilungen, in Produkteinführungsprozesse sowie Anlageberatungs-/Portfolioverwaltungs- und ähnliche Prozesse eingebunden ist, damit ihr möglichst viele Informationen zur Beurteilung von Compliance-Risiken zur Verfügung stehen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 6). Für eine effektive Wahrnehmung der Informations- und Beratungsfunktion von Compliance ist es notwendig, Compliance fest in den internen Geschäftsbereichen zu verankern. Eine möglichst frühe Einbindung von Compliance in die Entwicklung neuer Finanzprodukte und Vertriebsideen ist daher notwendig (vgl Lösler, NZG 2005, 105). Das Compliance-Management kann nur dann, wenn es auf allen relevanten Entscheidungsebenen und frühzeitig in allen relevanten Entscheidungsphasen „mit am Tisch sitzt“ seiner präventiven Aufgabenbestimmung nachkommen (vgl Wieland, CCZ 2008, 16). Durch die frühzeitige Einbindung von Compliance bei Fragen des Wertpapierhandels wird die präventiv wirkende Funktion von Compliance unterstrichen, dadurch können Gefahrenherde frühzeitig erkannt und Maßnahmen sowie Entscheidungen entsprechend ausgerichtet werden (vgl Schäfer in Compliance – Konsequenzen aus der MiFID, Rz 676). Feststellungen, dass Verfahren und Maßnahmen nicht angemessen sind, sollten dazu führen, dass es beispielsweise zu einer Änderung der 236
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
Ablauforganisation, zur Adaptierung von Richtlinien (insb der Compliance-Policy) oder zu einer nachhaltigen Schulung und Aufklärung der Mitarbeiter kommt. In § 18 Abs 3 Z 2 kommt der Compliance-Funktion eine Beratung 21 und Unterstützung der für Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zuständigen Personen im Hinblick auf die Einhaltung der im 2. Hauptstück festgelegten Pflichten zu. Die Beratungstätigkeit von Compliance wurde auch jetzt schon immer als eine wichtige Aufgabe der Compliance-Funktion angesehen und hat in Österreich auch im SCC 2008 (siehe „Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance“ Pkt 8.2.) seinen Niederschlag gefunden. Auf Grund des WAG wird sich die Beratungsfunktion von Compliance nun nicht mehr nur auf den Vorstand reduzieren, sondern die Compliance-Funktion soll für alle relevanten Personen als Hilfestellung zur Verfügung stehen (was aber auch jetzt schon gelebte Praxis in den meisten Kreditinstituten ist) (vgl zur dt Entwicklung Lösler, NZG 2005, 105, der es auch als Teil der Beratungs- und Informationsfunktion von Compliance ansieht, das Bewusstsein der Mitarbeiter für aus ihren Tätigkeiten folgende Risiken zu schärfen). Die Beratung muss sich dabei nicht auf eine reine Rechtsberatung 22 beschränken, sondern können bei Compliance auch geschäftspolitische Bereiche und Reputationsaspekte eine wichtige Rolle in der Beratung spielen. Beratungsfelder für Compliance liegen demnach in Bereichen, in denen auch das EDV-gestützte Monitoring durchgeführt wird, bei der Beurteilung von Kunden und Transaktionen. Daneben stellt auch die Beratung im Bereich der Organisation von Vertraulichkeitsbereichen (Chinese Walls; vgl dazu § 35 Rz 15 ff) einen Beratungsschwerpunkt von Compliance dar (vgl Gebauer/Niermann, in Hauschka [Hrsg], Corporate Compliance2 § 36 Rz 49). Hier wird noch einmal die proaktive Rolle der Compliance-Funktion umschrieben, denn die Beratung durch die Compliance-Funktion soll Hilfestellung bei Unklarheiten bei der Anwendung des WAG bei den Mitarbeitern, aber auch bei den Geschäftsleitern bieten.
3. Voraussetzungen für die Unabhängigkeit der ComplianceFunktion a) Befugnisse, Ressourcen und Fähigkeiten der Compliance-Funktion
Entsprechende Befugnisse werden der Compliance-Funktion für Kre- 23 ditinstitute auch im SCC 2008 eingeräumt. Dort ist ein uneingeschränktes Einsichts-, Zugangs- und Auskunftsrecht hinsichtlich aller einschlägigen Unterlagen, Bücher, Aufzeichnungen, Personaldaten 237
§ 18
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sowie vorliegender Tonbandaufzeichnungen vorgesehen. Erläuternd hält der SCC 2008 zudem fest, dass kein Mitarbeiter die Herausgabe von Unterlagen oder die Erteilung von compliancerelevanten Auskünften verweigern darf. Eine Zuwiderhandlung wird sogar als ein schweres disziplinarrechtliches Vergehen eingestuft (vgl SCC 2008, Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance, Pkt 6). Die Einsichtsrechte müssen so ausgestaltet sein, dass die Compliance-Funktion einen unmittelbaren Zugriff auf entsprechende Informations- und EDV-Systeme hat, ohne dass vorher Vorgesetzte oder andere Stellen darüber informiert werden müssen. Die Compliance-Funktion muss auch die nötigen Weisungsrechte besitzen, um Unterlagen oder Informationen abzurufen (vgl Spindler WM 2008, 911). 24 Die Compliance-Funktion ist mit den notwendigen Ressourcen in
Form von Personal- und Sachmitteln und mit den erforderlichen Kompetenzen innerhalb des Unternehmens zu versehen, um ihre Aufgaben ordnungsgemäß und unabhängig wahrnehmen zu können (vgl Begründung zu § 13 Abs 4 WpDVerVO des dt Bundesministeriums der Finanzen). Schlicht versteht unter den sachlichen Ressourcen die Zugriffsmöglichkeiten auf Wertpapierinformationssysteme. Die zeitlichen Ressourcen sieht sie kritisch unter dem Aspekt der Mischverwendung von Mitarbeitern der Compliance-Funktion insb im Hinblick auf die gleichzeitige Bestellung als Geldwäschebeauftragter, welchem immer mehr Aufgabenfelder zugewiesen werden, was zu Lasten der Ressourcen für die Compliance-Funktion geht (vgl Schlicht, BKR 2006, 471) (vgl Rz 41). 25 In § 18 Abs 4 Z 1 sind die Fachkenntnisse, über welche die mit der
Erfüllung der Compliance-Funktion betrauten Personen verfügen müssen, angesprochen. Ein klassischer Ausbildungsweg ist nicht vordefiniert. Allerdings ist klar, dass es gerade für die in Rz 11 angeführte unternehmensinterne Bestandsaufnahme allfälliger Compliance-Risiken des jeweiligen Rechtsträgers erforderlich ist, dass der Compliance-Beauftragte über die Geschäftsabläufe und das Tätigkeitsspektrum im Unternehmen genau Bescheid weiß, um die dort auftretenden Risiken und die Maßnahmen, die diesen Risiken entgegenwirken können, auch entsprechend beurteilen zu können. Daher verfügen Compliance-Beauftragte in größeren Unternehmen zumeist über einschlägige berufliche Vorerfahrung als Mitarbeiter in einer Handels- bzw Treasuryabteilung. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, eigene Mitarbeiter zu Compliance-Experten aufzubauen. Dazu wird es erforderlich sein, diesen Personen neben der theoretischen Ausbildung mittels Schulungen bzw Ausbildungslehrgängen im Compliance-Bereich auch praktische Ausbildungen in Form von Jobrotations und Praxisworkshops 238
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
anzubieten. Nur so kann der Compliance-Beauftragte den erforderlichen Einblick in die Geschäftsprozesse und die dort angesiedelten Compliance-Risiken erlangen (vgl dazu auch FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 9). b) Compliance-Beauftragter
Die Verpflichtung des § 18 Abs 4 Z 2 zur ausdrücklichen Benennung eines Compliance-Verantwortlichen ergibt sich für Kreditinstitute bereits aus dem SCC 2008, wonach jedes Kreditunternehmen einen Compliance-Officer zu bestellen hat, der für die Umsetzung und Überwachung der Einhaltung des SCC 2008 und des hausinternen Compliance-Regelwerks verantwortlich ist (vgl SCC 2008, Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance, Pkt 7). Für Wertpapierfirmen stellt diese Verpflichtung jedoch weitgehend eine wesentliche Neuerung dar und haben diese nunmehr auch flächendeckend Compliance-Beauftragte zu bestellen. Erforderlich ist darüber hinaus, dass für die Wahrnehmung der Compliance-Funktion die Einrichtung einer dauernden und effektiven Stellvertretung des Compliance-Beauftragten vorgesehen wird, um insb in urlaubs- und krankheitsbedingten Abwesenheiten die Agenden des Compliance-Beauftragten lückenlos wahrzunehmen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 9; Schäfer in Compliance – Konsequenzen aus der MiFID Rz 707 f). Damit die Compliance-Funktion, die Mitarbeiter der ComplianceFunktion und insb der Compliance-Beauftragte, ihre Aufgaben ordnungsgemäß und unabhängig erfüllen kann, sind neben den in Abs 4 Z 1 geforderten notwendigen Ressourcen, Befugnisse und Fachkenntnisse, noch weitere Voraussetzungen erforderlich. Der ComplianceOfficer und das Compliance-Office sind im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung unabhängig und weisungsfrei zu stellen. Zur Absicherung seiner Person und zur Wahrung seiner Unabhängigkeit sowie zur Aufrechterhaltung der nötigen Kontinuität und Erfahrung ist der Compliance-Officer für einen Mindestzeitraum von zwei Jahren schriftlich vom Gesamtvorstand zu bestellen. Darüber hinaus ist der ComplianceOfficer und die Compliance-Abteilung unmittelbar dem Gesamtvorstand zu unterstellen (vgl SCC 2008, Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance, Pkt 5 und 6). In welchem Sinn die Weisungsfreiheit des Compliance-Officers zu verstehen ist, lässt der SCC 2008 offen. In der Lit haben sich in jüngster Vergangenheit va in Dtld hier kontroversielle Meinungen herausgebildet. Laut Lösler liegt die Letztentscheidungsbefugnis in allen Compli239
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§ 18
Muther-Pradler/Ortner
ance-Fragen bei der primär verantwortlichen Geschäftsleitung. Diese hat insofern ein Kassationsrecht, dh, diese kann die Wahrnehmung der Compliance-Verantwortung jederzeit (wieder) an sich ziehen und ist damit gegenüber dem Compliance-Beauftragten bzw dessen Mitarbeitern weisungsbefugt (vgl Lösler, WM 2007, 679; WM 2008, 1103 ff; zustimmend Hense/Renz, CCZ 2008, 185). Giesen geht ebenfalls davon aus, dass der Vorstand dem Compliance-Beauftragten mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung Weisungen erteilen kann (vgl Giesen, CCZ 2009, 104). AA ist dagegen Veil, dem es vorzugswürdig erscheint, dem Vorstand eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens das Recht abzusprechen, dem Compliance-Beauftragten Vorgaben bezüglich der Beseitigung von Unzulänglichkeiten im Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu machen. Er geht somit von einer Weisungsfreiheit der mit der Compliance-Funktion betrauten Personen, insb des Compliance-Beauftragten aus, soweit sie ihre Aufgaben erfüllen (vgl Veil, WM 2008, 1097). In eine ähnliche Richtung gehen Illing/ Umnuss, die es iS einer effektiven Compliance-Organisation als notwendig ansehen dem Compliance-Beauftragten zumindest fachliche (im Gegensatz zu disziplinären) Weisungsfreiheit zuzubilligen (vgl Illing/Umnuss, CCZ 2009, 4). Dieser Meinung hat sich auch die FMA angeschlossen, die keinen Widerspruch darin sieht, dass der Compliance-Beauftragten im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung unabhängig und weisungsfrei agieren kann und im Rahmen der Überwachungsrechte des Vorstandes (diese manifestieren sich bspw in dem Erfordernis der mindestens einmal im Jahr zu erfolgenden Übermittlung eines Tätigkeitsberichtes) wiederum durch diesen kontrolliert wird (Vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 9), 30 Im Hinblick auf die dem Compliance-Beauftragten wiederum selbst
zustehenden Weisungsbefugnisse sprechen sich sowohl Kraft/Winkler als auch Giesen dafür aus, dass dem Compliance-Beauftragten selbst keine relevante Weisungbefugnis und Anordnungskompetenz zusteht. Dies gelte insb für die Ahndung von Mitarbeitern bei Verstößen gegen unternehmensinterne Vorgaben in disziplinarrechtlicher Art oder für die Entscheidung, ob und wie die Kenntniserlangung von Straftaten innerhalb des Unternehmens gegenüber der Ermittlungsbehörden kommuniziert werde (vgl Kraft/Winkler, CCZ 2009, 31; Giesen, CCZ 2009, 105). Illing/Umnuss gehen ebenso von einem unabhängigen Aufklärungs-, Verfolgungs-, Bearbeitungs-, und Entscheidungsrecht des Compliance-Beauftragten aus, welches jedoch nicht das Recht zur Anordnung von Abhilfemaßnahmen umfasst. Sie schlagen vor, eine genaue Abgrenzung vorzunehmen, welche Maßnahmen noch der Prävention oder Aufklärung dienen, und welche bereits Abhilfemaßnahmen dar240
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
stellen. Abhilfemaßnahme werden von der Geschäftsleitung ergriffen, ihre Wirksamkeit wiederum vom Compliance-Beauftragten überwacht (vgl Illing/Umnuss, CCZ 2009, 4). Lösler streicht in diesem Zusammenhang hervor, dass die wesentliche Kompetenz des Compliance-Beauftragten das Eskalationsrecht darstellt und den Kern der Unabhängigkeit bzw deren Absicherung bildet. Als Eskalationsrecht definiert er die Adressierung von Compliance-Risiken, potentiellen und tatsächlichen Regelverstößen sowie sonstigen Konflikten und Auffälligkeiten an die zuständige Managementebene bis hin zur Geschäftsleitung. Die Eskalation festgestellter Mängel oder Verfehlungen muss dabei im Gegensatz zur regelmäßigen Berichterstattung unverzüglich erfolgen, um der Geschäftsleitung zu ermöglichen, entsprechende Abhilfemaßnahmen zu setzen (vgl Lösler, WM 2008, 1104). Der Compliance-Beauftragte ist dafür verantwortlich, die Compliance- 31 Funktion auszuüben und einen Tätigkeitsbericht zu erstellen. In Zusammenschau mit § 21 Abs 2 (§ 21 Rz 6) schreibt das WAG vor, dass dieser Bericht schriftlich und regelmäßig, zumindest einmal jährlich, zu erstatten ist. In der Praxis wird ein einziger jährlicher Bericht die Ausnahme, eine höhere Frequenz der Berichterstattung die Regel sein. Die Häufigkeit der Berichterstattung bemisst sich am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl Sandmann, CCZ 2008, 107). Der Bericht an die Geschäftsleitung (Vorstand) ermöglicht dieser, ihre Steuerungsfunktion wahrzunehmen. Falls in dem Bericht die Angemessenheit der Grundsätze und Verfahren sowie der Maßnahmen und Verfahren in Frage gestellt wird, hat die Geschäftsleitung entsprechende gegensteuernde Maßnahmen vorzunehmen. Generell ist die Abhaltung von Jour fixes für einen regelmäßigen Informationsaustausch zwischen Vorstand und Compliance-Beauftragten zielführend (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 9). Eine zeitnahe Kommunikation ermöglicht dem Vorstand eine rasche Reaktion zur Beseitigung von allfälligen Missständen. Neu und bis dato nicht festgelegt war die Verpflichtung, den Bericht 32 auch dem Aufsichtsorgan (Aufsichtsrat) vorzulegen, sofern der Rechtsträger über ein solches verfügt. Der SCC 2008 überlässt es dem Kreditinstitut selbst, ob es dem Compliance-Beauftragten aufträgt, direkt an den Aufsichtsrat zu berichten (vgl SCC 2008, „Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance“, Pkt 6). Ähnlich die FMA, nach der es der jeweiligen Unternehmensorganisation obliegt, ob der ComplianceBericht vom Vorstand an das Aufsichtsorgan weitergeleitet wird, oder ob dies durch den Compliance-Beauftragten erfolgt (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 9). Spindler hingegen weist darauf hin, dass es nicht Aufgabe des Compliance-Beauftragten sei, auf eigene 241
§ 18
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Initiative direkt an den Aufsichtsrat zu berichten, indem er den Jahresbericht diesem zuleite. Dies wäre vielmehr eine originäre Aufgabe der Geschäftsleitung. (vgl Spindler, WM 2008, 913). Ähnlich Hense/Renz, welche die Informationsverantwortung bei der Geschäftsleitung sehen und eine verantwortliche Berichterstattung durch den Compliance-Beauftragten an das Aufsichtsorgan der gesetzlichen Systematik (in Hinblick auf das Gesellschaftsrecht) grundlos widersprechen würde (vgl Hense/Renz, CCZ 2008, 184). 33 Der Tätigkeitsbericht ist primär eine Darstellung, wie sich das Risiko von Verstößen entwickelt hat, und welche Maßnahmen zur Minderung des Risikos getroffen wurden. Treiber dieser Risikoentwicklung können Veränderungen im Aufsichtsrecht, im Marktumfeld oder im Unternehmen selbst sein. Der Bericht hat eher weniger den Charakter eines retrospektiven Rechenschaftsberichtes über die von Compliance ausgeübten Tätigkeiten, er ist vorrangig als auf die Zukunft gerichtet Analyse der Risikolage des Unternehmens zu verstehen. Gravierende Verstöße sollen jedoch dargestellt werden, geringfügige Verstöße können in aggregierter Form dargestellt werden. Wichtig ist dabei die aus den Verstößen gezogene Schlüsse und Folgen („Lessons Learned“) darzustellen, va wie einer Wiederholung derartiger Verstöße entgegengewirkt wird (vgl Sandmann CCZ 2008, 107). Als Anleitung für das Erstellen des Tätigkeitsberichts kann der in der Emittenten-Compliance Verordnung gemäß § 13 Abs 3 Z 3 ECV festgeschriebene Mindestinhalt herangezogen werden. Anders als der Tätigkeitsbericht nach der ECV ist der gemäß § 18 Abs 4 Z 2 zu erstellende Tätigkeitsbericht nicht der Aufsichtsbehörde (FMA) vorzulegen. Allerdings wird diese im Rahmen von Vorortprüfungen, oder wenn Anzeichen vorliegen, welche an der Angemessenheit der Grundsätze und Verfahren sowie der Maßnahmen und Verfahren zweifeln lassen, Einsicht in den Tätigkeitsbericht nehmen bzw sich diesen vorlegen lassen. c) Verbot der Selbstüberprüfung 34 § 18 Abs 4 Z 3 manifestiert, dass die relevanten Personen, die mit der
Compliance-Funktion betraut sind, grundsätzlich nicht in Dienstleistungen und Tätigkeiten eingebunden werden dürfen, die sie überwachen. Dies soll diese Personen von vornherein aus Interessenkonflikten ausschließen, die sich aus der Selbstüberprüfung zwangsläufig ergeben würden. Grundsätzlich haben sich Mitarbeiter in der ComplianceFunktion ausschließlich Compliance-Agenden zu widmen und dürfen keine anderen Tätigkeiten (zB Kundenberatung, Revisionsagenden etc) übernehmen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 7). 242
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
§ 18
d) Vergütungsstruktur der Compliance-Funktion
Zu denken ist gemäß § 18 Abs 4 Z 4 beispielsweise an eine Vergütung, 35 die sich nicht ausschließlich an Hand von quantitativen (umsatzabhängigen), sondern auch an Hand von qualitativen Kriterien bemisst. Möglich wäre auch, wie Schlicht vorschlägt, generell von Prämienzahlungen für Compliance-Mitarbeiter abzusehen und dafür eher eine „Standardprämie“ in Form eines höheren Gehalts zu zahlen (vgl Schlicht, BKR 2006, 470). Die Vergütungsstruktur hat so beschaffen zu sein, dass sich das Gehalt der Compliance-Mitarbeiter nicht am Ergebnis einzelner Unternehmensbereiche bemisst, die von der Compliance-Funktion überwacht werden, weil ansonsten die Compliance-Agenden auf Grund der wirtschaftlichen Anreize uU nicht mehr unabhängig und objektiv ausgeführt werden können (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 7). Eine Entlohnung der Compliance-Mitarbeiter anhand von längerfristigen Durchschnittswerten für Boni-Vergütungen, welche die Anreize von kurzfristigen Effekten entkoppeln, wäre begrüßenswert (vgl Spindler, WM 2008, 910).
4. Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die Compliance-Funktion In § 18 Abs 3 wird zunächst davon ausgegangen, dass jeder Rechts- 36 träger eine unabhängige Compliance-Funktion einzurichten hat. Dieser Grundsatz steht nicht unter dem Verhältnismäßigkeitsprinzip (vgl Rz 19). § 18 Abs 4 konkretisiert dann näher, was erforderlich ist, damit die 37 Compliance-Funktion ihre Aufgaben ordnungsgemäß und unabhängig wahrnehmen kann und sieht zwei spezifische Ausprägungen des Unabhängigkeitskriteriums vor. Als wichtiger Beitrag zur Unabhängigkeit wird in § 18 Abs 4 Z 3 WAG vorgesehen, dass relevante Personen, die in die Compliance-Funktion eingebunden sind, nicht in die Dienstleistungen oder Tätigkeiten eingebunden werden dürfen, die sie überwachen. § 18 Abs 4 Z 4 WAG legt darüber hinaus fest, dass das Verfahren, nach dem die Vergütung der in die Compliance-Funktion eingebundenen relevanten Personen bestimmt wird, weder die Objektivität tatsächlich beeinträchtigen noch zur Beeinträchtigung der Objektivität geeignet sein darf. Erst im Hinblick auf diese beiden Anforderungen kommt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zum Tragen: Es darf von diesen beiden Anforderungen nur dann abgegangen werden, wenn der Rechtsträger nachweist, dass diese Anforderungen auf Grund der Art, des Umfangs und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und des Umfangs der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und 243
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Anlagetätigkeiten unverhältnismäßig sind und die Compliance-Funktion auch ohne Erfüllung dieser Anforderungen einwandfrei ihre Aufgaben erfüllt. Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind jedoch – wie unter § 15 Rz 9 erwähnt – von den Anforderungen des § 18 Abs 3 und 4 generell ausgenommen. 38 Zur Verhältnismäßigkeit in Hinblick auf die Unabhängigkeit der Com-
pliance-Funktion nimmt auch die Europäische Kommission in den „Fragen und Antworten zur Richtlinie 2004/39/EC und Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission“ Stellung und verweist darauf, dass nur im jeweiligen Einzelfall entschieden werden kann, ob es gerechtfertigt ist, dass eine Wertpapierfirma Erleichterungen im Hinblick auf die Compliance-Funktion in Anspruch nehmen kann, wobei eine Befreiung von der unabhängigen Einrichtung nicht vorgesehen ist, sondern lediglich von den die Unabhängigkeit definierenden Kriterien der Selbstüberwachung bzw der objektiven Vergütung. Sie statuiert jedoch, dass in sehr kleinen Firmen mit begrenzter Mitarbeiteranzahl die vollständige Trennung der Funktionen nicht realistisch ist (vgl Frage 63). In Frage 77 wird auch die Möglichkeit vorgesehen, dass die Überwachung der Grundsätze und Verfahren in Bezug auf das Risikomanagement auch vom Compliance Officer oder vom Innenrevisor erfolgen kann (vgl Europäische Kommission, Fragen und Antworten zur Richtlinie 2004/39/EC und Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission, Stand 31. 10. 2008, abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_market/securities/docs/ isd/questions/questions_en.pdf). 39 CESR hatte in seinen Empfehlungen zur Umsetzung von Level 2 (vgl
CESR, CESR s technical advice to the European Commission on the first set of mandates under the Directive on Markets in Financial Instruments (MiFID), Ref: CESR 05/– 024 c, Section II, Intermediaries, Compliance and personal Transactions [Art 13 (2)], Explanatory Text) vorgesehen, dass der Nachweis der Funktionsfähigkeit der Compliance-Funktion dann gelingen kann, wenn die Compliance-Funktion Gegenstand regelmäßiger und angemessener externer Kontrolle ist, oder wenn die Personen, die für die Compliance-Funktion verantwortlich sind, persönlich von der Aufsichtsbehörde zugelassen werden (wie zB in Großbritannien üblich). 40 Die dt Umsetzung statuiert in der Begründung zum neuen § 33
WpHG, dass es bei kleinen Wertpapierdienstleistungsunternehmen uU auch dann möglich ist, einem Mitarbeiter oder dem Geschäftsleiter die Compliance-Funktion zu übertragen, wenn diese in die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen eingebunden sind. Das Unternehmen hat in diesem Fall der Aufsichtsbehörde 244
Einhaltung der Vorschriften („Compliance“)
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nachzuweisen, dass die Funktion dennoch ordnungsgemäß ihre Aufgabe erfüllt. In der WpDVerVO wird in der Begründung zu § 13 Abs 5 die Möglichkeit der Inanspruchnahme der erleichterten Anforderungen in Bezug auf eine unabhängige Compliance-Funktion nochmals dahingehend konkretisiert, dass diese Erleichterung insb bei Einmann-Unternehmen oder sehr kleinen Wertpapierdienstleistungsunternehmen in Betracht kommt, bei denen auch eine Auslagerung der ComplianceFunktion auf Dritte zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen würde. In Frage kommt die Möglichkeit der Zusammenlegung von verschie- 41 denen Funktionen, die der Rechtsträger zu erfüllen hat. Hinsichtlich der Möglichkeit der Zusammenlegung der Compliance-Funktion und Risiko-Management-Funktion vgl § 20 Rz 12 f und den dort wiedergegebenen Erwägungsgrund 15 MiFID-DRL. In Hinblick auf die Zusammenlegung dieser beiden Funktionen ist aber nicht nur zu prüfen, ob die Unabhängigkeit der Compliance-Funktion gewährleistet ist, sondern auch ob die Anforderungen des § 19 WAG (vgl § 19 Rz 10 ff) erfüllt sind. Es ist generell darauf zu achten, dass das Interessenkonfliktpotential zwischen den ausgeübten Funktionen möglichst gering ist. Eine Betrauung von Mitarbeitern aus Profit-Centern mit der Compliance-Funktion entspricht nicht den Intentionen des Gesetzgebers. Als generell unvereinbar sieht die FMA die gleichzeitige Ausübung von Compliance- und Kundenberatungsagenden an. Hingegen sieht sie auf Grund des Verständnisses von Compliance als Bestandteil eines integrierten Risikomanagementsystems in der Lit eine Mischverwendung von Compliance-Agenden mit Risikomanagement-Agenden bzw auch mit Tätigkeiten in einer Rechtsabteilung als vereinbar an. Weiters wird es als notwendig erachtet, sich mit anderen Organisationseinheiten abzustimmen (zB interne Revision, Risikomanagement, Rechtsabteilung) und Arbeitsergebnisse (zB Prüfergebnisse) auszutauschen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 7 f). Zur Synergiehebung betreffend Prüftätigkeiten von Compliance und der internen Revision siehe § 20 Rz 15. Die durchgreifende Trennung der Compliance-Funktion von anderen Funktionen wäre allerdings zumindest für Wertpapierfirmen überschießend, sodass sowohl Compliance als auch die interne Revision in der Rechtsabteilung situiert werden könnten. Wesentlich ist, dass die jeweilige Funktion eingerichtet und mit eigenständigen Prüfkompetenzen ausgestattet ist (vgl Winternitz/Aigner, WAG 2007, 49). In § 20 Rz 12 f wird die besondere Stellung der internen Revision thematisiert. Wie auch von der Europäischen Kommission statuiert, wird es nur 42 einzelfallbezogen möglich sein, darüber zu entscheiden, ob die Inan245
§ 19
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spruchnahme der Erleichterungen beim konkreten Unternehmen gerechtfertigt ist und die Compliance-Funktion dennoch in ausreichendem Maße funktioniert. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang zum einen die Dokumentation der Gründe für die Inanspruchnahme von Erleichterungen in organisatorischer Hinsicht (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 7). Zum anderen ist es erforderlich, dennoch klare Vorgaben für mit der Compliance-Funktion betrauten Mitarbeiter (zB im Rahmen der Compliance-Policy) zu schaffen, damit diese auch im Falle, dass sie mehrere Funktionen im Unternehmen zu erfüllen haben, weitgehend unabhängig und konfliktfrei agieren können (§ 17 Rz 10).
5. Auslagerung von Compliance-Agenden 43 Grundsätzlich gilt für die Auslagerung von Compliance-Agenden, dass
diese nicht zu einer Delegation der ursprünglichen Verantwortlichkeit der Geschäftsleitung des auslagernden Instituts für Compliance führen darf und den Anforderungen des § 25 WAG (vgl § 25 Rz 21) entsprechen muss. In Frage kommt insofern die Auslagerung von gewissen Kontrolltätigkeiten (wie die Kontrolle der persönlichen Geschäfte relevanter Personen), das Führen von Beobachtungs- und Sperrliste sowie die Führung des Konfliktregisters (vgl § 35 Rz 10 f). In Betracht kommt auch das zentrale Erarbeiten von compliancerelevanten Dienstanweisungen, die bspw vom Mutterunternehmen gleichsam als Vorlage für kleinere Institute der gleichen Gruppe ausgegeben wird. Wesentlich ist dennoch beim auslagernden Unternehmen einen Ansprechpartnern für Compliance Fragestellungen zu installieren (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 10 f). In die gleiche Richtung geht Spindler, der festhält, dass zwar ein Compliance-Beauftragter nach wie vor im Unternehmen unterhalb des Vorstandes anzusiedeln ist, alle anderen Aufgaben sieht er als auf einen Dritten auslagerbar an, sofern gemäß den Auslagerungsbedingungen die nötigen Leitungs-, Eingriffs- und Kontrollrechte gewahrt bleiben. Notwendig sei dabei, dem Dritten alle notwendigen Kompetenzen gegenüber den Mitarbeitern des auslagernden Unternehmens zuzugestehen, insb unmittelbare Einsichts- und Kontrollrechte (vgl Spindler, WM 2008, 913).
Risikomanagement § 19. (1) Ein Rechtsträger hat über eine ordnungsgemäße Verwaltung und Buchhaltung, interne Kontrollmechanismen, effiziente Verfahren zur Risikobewertung sowie wirksame Kontroll- und Si246
Risikomanagement
§ 19
cherheitsmechanismen für Datenverarbeitungssysteme zu verfügen und hat insbesondere 1. angemessene Leitlinien und Verfahren für sein Risikomanagement festzulegen, die die mit seinen Geschäften, Abläufen und Systemen verbundenen Risiken erfassen; diese Leitlinien und Verfahren sind laufend anzuwenden; 2. zur Steuerung der mit seinen Geschäften, Abläufen und Systemen verbundenen Risiken wirksame Vorkehrungen zu treffen und wirksame Abläufe und Mechanismen festzulegen; dabei hat der Rechtsträger eine Risikotoleranzschwelle für die Abläufe und Mechanismen festzulegen; 3. Folgendes zu überwachen: a) Die Angemessenheit und Wirksamkeit der von dem Rechtsträger für das Risikomanagement festgelegten Leitlinien und Verfahren; b) die Einhaltung der nach Z 2 festgelegten Vorkehrungen, Abläufe und Mechanismen durch den Rechtsträger und seine relevanten Personen; c) die Angemessenheit und Wirksamkeit der Maßnahmen, mit denen etwaige Unzulänglichkeiten dieser Leitlinien, Verfahren, Vorkehrungen, Abläufe und Mechanismen, einschließlich ihrer Missachtung durch die relevanten Personen, behoben werden sollen. (2) Ein Rechtsträger hat eine unabhängige RisikomanagementFunktion dauerhaft einzurichten, soweit dies angesichts der Art, dem Umfang und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten angemessen und verhältnismäßig ist. Diese hat folgende Aufgaben: 1. Die Anwendung der in Abs. 1 genannten Leitlinien und Verfahren und 2. die Berichterstattung an die Geschäftsleitung gemäß § 21 Abs. 2 und deren Beratung. (3) Ist ein Rechtsträger nicht zur Einrichtung einer unabhängigen Risikomanagement-Funktion gemäß Abs. 2 verpflichtet, muss er dennoch nachweisen können, dass die von ihm gemäß Abs. 1 festgelegten Leitlinien und Verfahren den dort festgelegten Anforderungen entsprechen und uneingeschränkt wirksam sind. Schrifttum: Europäische Kommission, Fragen und Antworten zur Richtlinie 2004/39/EC und Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission, Stand 31. 10. 2008; FMA Rundschreiben betreffend die organisatorischen
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Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 im Hinblick auf Compliance, Risikomanagement und interne Revision (FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007); Gapp, Internal Governance für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, Organisationsvorschriften nach Basel II, ÖBA 2007, 169; Guidelines on the Application of the Supervisory Review Process under Pillar 2 (CP03 revised), 25. 01. 2006; Kalss, Das Interne Kontrollsystem (IKS) als Angelpunkt der Corporate Governance in Kapitalgesellschaften, in FS Krejci (2001) 699; Spindler/ Kasten, Organisationspflichten nach der MiFID und ihre Umsetzung, AG 2006, 785. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 19): „Hiermit wird Art. 13 Abs. 5 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 7 der Richtlinie 2006/73/EG umgesetzt. Unter Leitlinien und Verfahren sind allgemeine interne Regelungen im Sinne von Zielvorgaben, Aufbau- und Ablauforganisation zu verstehen, die per se, im Gegensatz zu Strategien, für eine Kontrolle geeignet sind. Maßnahmen zielen auf die Behebung konkreter Missstände ab. Die in der Richtlinie vorgesehene (dauerhafte) „Unterhaltung“ wurde nicht in den Abs. 2 übernommen, da sich aus dem Zweck der Bestimmung ergibt, dass eine Funktion, die einzurichten ist, auch beibehalten und entsprechend unterstützt werden muss. Unter dem Richtlinienbegriff „Risikotoleranzschwelle“ ist unter Zugrundelegung des englischen Textes „level of risk tolerated by the firm“ keine Risikotoleranzschwelle im Sinne eines Prozentsatzes zu verstehen. Vielmehr bedeutet Art. 7 Abs. 1 lit. a und b der Richtlinie 2006/73/EG, dass der Rechtsträger, soweit dies angemessen ist, geringe Risiken tolerieren kann, bevor er Maßnahmen im Sinne der lit. b setzt.“
Übersicht I. A. B. C. II. A. B. C.
Umsetzungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Verhältnis von § 19 zu § 17 WAG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterentwicklung von § 16 und § 18 WAG aF . . . . . . . . . . . . . . . . Rückgriff auf bestehende Funktionen (§ 39 BWG) . . . . . . . . . . . . . Risikomanagement-Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risikomanagement-Policy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiko-Management-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichterstattung an Geschäftsleitung und Aufsichtsorgan. . .
1–9 1–2 3–6 7–9 10–17 10–13 14–16 17
I. Umsetzungssystematik A. Das Verhältnis von § 19 zu § 17 WAG 1 Gemäß Erl RV wird mit § 19 Abs 1 erster Satz WAG der Art 13
Abs 5 zweiter Unterabsatz MiFID und der Art 7 MiFID-DRL umge248
Risikomanagement
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setzt. In Art 13 Abs 5 zweiter Unterabsatz MiFID wird aber weit mehr als die Anforderungen an das Risikomanagement geregelt. Darüber hinausgehende Anforderungen sind die Einrichtung einer ordnungsgemäßen Verwaltung und Buchhaltung, interner Kontrollmechanismen und wirksamer Kontroll- und Sicherheitsmechanismen für Datenverarbeitungssysteme. Diese Anforderungen haben keinen direkten Zusammenhang mit dem in § 19 WAG näher determinierten Risikomanagement, sondern sind selbstständige Anforderungen, die unabhängig vom Risikomanagement zu erfüllen sind. Dies ergibt sich auch aus dem Gemeinschaftsrecht, weil mit den Vorgaben des Risikomanagements in Art 7 MiFID-DRL lediglich Art 13 Abs 5 zweiter Unterabsatz MiFID im Hinblick auf das Risikomanagement als umgesetzt angesehen wird. Demgegenüber legt Art 5 der MiFID-DRL die Bestimmungen von Art 13 Abs 2 bis 8 MiFID aus, sodass die nähere Ausgestaltung des Art 13 Abs 5 zweiter Unterabsatz MiFID für die über das Risikomanagement hinausgehenden Anforderungen dort seine Auslegung findet. Daher hätten die Anforderungen an die ordnungsgemäße Verwaltung und Buchhaltung, die internen Kontrollmechanismen und die wirksamen Kontroll- und Sicherheitsmechanismen für Datenverarbeitungssysteme mit § 17 WAG, der eine nahezu wortwörtliche Umsetzung des Art 5 MiFID-DRL darstellt, einen kompakteren Anknüpfungspunkt für die Umsetzung gehabt. Verstärkt wird dies auch durch die Regelung des § 17 Abs 4 WAG, der den Rechtsträger dazu verpflichtet, die Angemessenheit und Wirksamkeit der nach Abs 1 und Abs 2 des § 17 geschaffenen Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen zu überwachen, regelmäßig zu bewerten und die zur Behebung etwaiger Mängel erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Die korrespondierende Verpflichtung im Hinblick auf das Risikomanagement findet sich in § 19 Abs 1 Z 3 WAG, wonach jedoch nur die Angemessenheit und Wirksamkeit der für das Risikomanagement festgelegten Leitlinien und Verfahren sowie jene der Vorkehrungen, Abläufe und Mechanismen nach § 19 Abs 1 Z 2 WAG zu überwachen sind. Die in Abs 1 erster Satz vorgesehene ordnungsgemäße Verwaltung und 2 Buchhaltung, die internen Kontrollmechanismen sowie wirksamen Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen für die Datenverarbeitungssysteme unterliegen nach § 19 Abs 1 Z 3 WAG keiner laufenden Überwachungspflicht. Daher muss § 19 Abs 1 erster Satz WAG hier wohl richtlinienkonform ausgelegt werden, sodass auch die Anforderungen des § 19 Abs 1 erster Satz einer laufenden Überwachungspflicht gemäß § 17 WAG unterliegen, weil die Bestimmungen des § 17 WAG teilweise Konkretisierungen des § 19 Abs 1 erster Satz WAG bilden. 249
§ 19
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B. Weiterentwicklung von § 16 und § 18 WAG aF 3 Art 13 Abs 5 zweiter Unterabsatz MiFID, der in § 19 Abs 1 erster Satz
umgesetzt wird, hat an sich eine lange Tradition, weil die dort festgelegten Anforderung bereits fast wortgleich in Art 10 Abs 1 erster Gedankenstrich RL 93/22/EG (ISD) enthalten waren. Insb die englische Sprachfassung des Art 13 Abs 5 zweiter Unterabsatz ist nahezu wortgleich mit Art 10 ISD. In der dt Sprachfassung wird nunmehr anstelle des Begriffes des Verfahrens jeweils der Begriff Mechanismus verwendet, was folglich keine inhaltliche Abänderung der Regelung mit sich bringt. Das allgemeine interne Kontrollverfahren (IKS) hat primär den Zweck, das Unternehmen vor Gesetzesverletzungen, Fehlern sowie dolosen Handlungen von Mitarbeitern zu schützen, wo hingegen die internen Kontrollmechanismen, welche bereits § 16 Z 3 WAG aF vorsah, den Schutz der Anleger vor Augen hatte (vgl Kalss, Das Interne Kontrollsystem (IKS) als Angelpunkt der Corporate Governance in Kapitalgesellschaften, in FS Krejci (2001) 718 f). 4 Art 10 Abs 1 erster Gedankenstrich ISD wurde im WAG aF in den
§ 16 Z 3 bzw § 18 umgesetzt (vgl Winternitz, WAG § 16 Rz 1; Kalss/ Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 85; Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 3). Im Rahmen der Umsetzung der ISD im WAG aF wurde darauf verzichtet, das Führen einer ordnungsgemäßen Verwaltung und Buchhaltung vorzuschreiben, weil sich diese Anforderungen ohnehin aus den handels- bzw gesellschaftsrechtlichen Grundnormen ableiten lassen. IdS hält Hausmaninger fest, dass sich für die Normadressaten der §§ 189 ff HGB die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Buchhaltung aus diesen Vorschriften ergibt. Mit dem Inkrafttreten des UGB sind nunmehr die §§ 189 ff UGB für die Buchführungspflichten relevant. Demnach hängt die gesetzliche Buchführungspflicht von der Rechtsform eines Unternehmens ab. Traf die handelsrechtliche Verpflichtung zur Buchführung früher nur den Kaufmann nach HGB, so trifft diese Pflicht nunmehr nach UGB grundsätzlich im Firmenbuch eingetragene Kapitalgesellschaften (GmbH, AG), unternehmerisch tätige Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt haftet (also „QuasiKapitalgesellschaften“), zB alle GmbH & Co KG und alle übrigen Unternehmer – mit Ausnahme der Land- und Forstwirte und der Freiberufler –, wenn ihre Umsätze mehr als € 400.000,– pro Jahr betragen (bei Über- bzw Unterschreiten in zwei aufeinander folgenden Jahren). 5 Das WAG ist daher primär für jene Gewerbetreibenden als Spezial-
norm anzusehen, die nach den neuen UGB-Vorgaben nicht zur Buch250
Risikomanagement
§ 19
führung bzw Buchhaltung verpflichtet sind. Für diese Gruppe der Gewerbetreibenden besteht nach WAG nunmehr die spezialgesetzliche Verpflichtung eine ordnungsgemäße Verwaltung und Buchhaltung einzurichten. In Bezug auf die Richtlinienanforderungen hinsichtlich der Rech- 6 nungslegungsgrundsätze und -methoden des Art 5 Abs 4 MiFIDDRL wird im Gegensatz zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Buchhaltung auf eine Übernahme dieser Regelung in das WAG verzichtet, da laut Erl RV zu § 17 WAG die Einhaltung dieser Richtlinienbestimmung durch das UGB und die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung jedenfalls gewährleistet ist.
C. Rückgriff auf bestehende Funktionen (§ 39 BWG) In Kreditinstituten, die über eine hinreichende unabhängige Risiko- 7 Management-Funktion verfügen, können die Aufgaben des § 19 von der betreffenden Organisationseinheit übernommen werden (§ 15 Rz 22). Daraus ergibt sich auch, dass für Kreditinstitute § 39 BWG, der die Anforderungen für das Risikomanagement im Rahmen der RL 2006/49/EG (Basel II) umsetzt, den primären Anknüpfungspunkt für das Risikomanagement darstellt. Die Geschäftsleiter von Kreditinstituten haben bereits nach § 39 8 Abs 1 BWG die Verpflichtung, sich über die bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken zu informieren, diese durch angemessene Strategien und Verfahren zu steuern, zu überwachen und zu begrenzen sowie über Pläne und Verfahren gemäß § 39 a BWG (Kreditinstitutseigene Verfahren zur Bewertung der Eigenkapitalausstattung) zu verfügen. Dabei haben Kreditinstitute über Verwaltungs-, Rechnungsund Kontrollverfahren für die Erfassung, Steuerung und Überwachung von bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken zu verfügen, die der Art, dem Umfang und der Komplexität der betriebenen Bankgeschäfte angemessen sind. Dabei ist die Einrichtung von speziellen Einheiten oder die Betrauung von Mitarbeitern mit Funktionen der Risikoerfassung, -überwachung und -steuerung in jedem Kreditinstitut oder in Form der Auslagerung dieser Funktionen erforderlich (vgl Höllerer/Puhm in Dellinger, BWG3 § 39 Rz 58). Die Anforderungen aus dem WAG sind in das bestehende Risikomanagement mit einzubeziehen, soweit dies nicht ohnehin schon erfolgt ist. Auf Grund der sich aus dem WAG ergebenden zahlreichen Anforderungen an die Unternehmensorganisation, insb an die internen Systeme und Prozesse, handelt es sich bei den aus dem WAG potentiell entstehenden Risiken 251
§ 19
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hauptsächlich um operationelle Risiken (zum operationellen Risiko vgl ua Höllerer/Puhm in Dellinger, BWG3 § 39 Rz 76 f). 9 Für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen ergibt sich die Anwendbarkeit des § 39 BWG aus dem Verweis des § 6 WAG (vgl § 6 Rz 4 ff).
II. Risikomanagement-Grundsätze A. Risikomanagement-Policy 10 Laut Erl RV zu § 19 Abs 1 sind unter Leitlinien und Verfahren all-
gemeine interne Regelungen iS von Zielvorgaben, Aufbau- und Ablauforganisation zu verstehen, die per se, im Gegensatz zu Strategien, für eine Kontrolle geeignet sind. Maßnahmen zielen auf die Behebung konkreter Missstände ab. 11 Für die Errichtung von effizienten Verfahren zur Risikobewertung iSd § 19 Abs 1 erster Satz hat der Rechtsträger gemäß § 19 Abs 1 Z 1 angemessene Leitlinien und Verfahren für sein Risikomanagement (Risikomanagement-Policy) festzulegen und laufend anzuwenden. Auch hier ist eine Bestandsaufnahme im Unternehmen erforderlich, die den einzelnen Geschäften, Abläufen und Systemen immanenten Risiken zu identifizieren und den Umgang bzw die Handhabung dieser Risiken in den Leitlinien und Verfahren zu umschreiben und zu definieren. Es ist eine den Risiken entsprechende Aufbau- und Ablauforganisation festzulegen. 12 Gemäß Erwägungsgrund 14 MiFID-DRL sollen – soweit Wertpapierfirmen verpflichtet sind, angemessene Grundsätze für ihr Risikomanagement festzulegen und kontinuierlich umzusetzen, – die mit der Tätigkeit, den Verfahren und Systemen dieser Firma verbundenen Risiken auch jene Risiken umfassen, die mit der Auslagerung von kritischen oder wesentlichen Funktionen oder von Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten verbunden sind. Dazu zählen laut oben angeführtem Erwägungsgrund jene Risiken, die sich aus der Beziehung der Wertpapierfirma zu dem betreffenden Dienstleistungserbringer ergeben, sowie die potenziellen Risiken, die entstehen, wenn die ausgelagerten Tätigkeiten mehrerer Wertpapierfirmen oder anderer beaufsichtigter Unternehmen in der Hand einiger weniger Dienstleistungserbringer konzentriert sind. 13 § 19 Abs 1 Z 2 beschreibt die zur Steuerung der Risiken erforderlichen Vorkehrungen und Abläufe und Mechanismen. Unter dem Richtlinienbegriff Risikotoleranzschwelle ist laut Erl RV zu § 19 unter Zu252
Risikomanagement
§ 19
grundelegung des englischen Textes „level of risk tolerated by the firm“ keine Risikotoleranzschwelle iS eines Prozentsatzes zu verstehen. Vielmehr bedeutet Art 7 Abs 1 lit a und b MiFID-DRL, dass der Rechtsträger, soweit dies angemessen ist, geringe Risiken tolerieren kann, bevor er Maßnahmen iSd lit b setzt. Wer die Risikotoleranzschwelle festzulegen hat, lässt die Bestimmung des § 19 offen. In Zusammenschau mit § 39 BWG ist wohl davon auszugehen, dass dies in die Verantwortung der Geschäftsleitung fällt, die diese Verpflichtung uU an den Risikomanager delegieren kann (so auch Spindler/Kasten, AG 2006, 786).
B. Risiko-Management-Funktion Im Gegensatz zur Compliance-Funktion, die immer in unabhängiger 14 Form einzurichten ist (vgl § 15 Rz 13), ist die Einrichtung einer unabhängigen Risiko-Management-Funktion erst dann dauerhaft einzurichten, sobald dies iSd Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen und erforderlich ist. Hier muss folglich der Beweis gelingen, dass auf Grund der konkreten Risikosituation des Unternehmens gemessen an dessen Geschäftstätigkeit die Einrichtung einer solchen Funktion unangemessen und nicht erforderlich ist. Es wird daher va bei Kreditinstituten (vgl Rz 7) und größeren Wertpapierfirmen eine unabhängige Risikomanagementfunktion einzurichten sein (siehe FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 12 f). Für den Fall, dass eine unabhängige Risikomanagementfunktion auf Grund der Kriterien Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit sowie Art und Umfang der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten unverhältnismäßig wäre und daher nicht eingerichtet wurde, sieht § 19 Abs 3 Folgendes vor: Es ist notwendig, dass die in Abs 1 Z 1 beschriebenen Leitlinien und Verfahren den dort festgelegten Anforderungen entsprechen und uneingeschränkt wirksam sind. In diesem Fall können die Aufgaben zum Beispiel direkt vom Finanzvorstand oder von den anderen Funktionen des Rechtsträgers unter der Aufsicht der Geschäftsleitung oder eines Audit Committees durchgeführt werden (so die Europäische Kommission, Fragen und Antworten zur Richtlinie 2004/39/EC und Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission, Stand 31. 10. 2008, Antwort zu Frage 77). Darüber hinaus sind die allgemeinen organisatorischen Anforderungen des § 17 Abs 1 Z 7 im Hinblick auf die Mischverwendung von relevanten Personen für mehrere Funktionen zu berücksichtigen (vgl dazu § 17 Rz 10). Gemäß Erl RV zu § 19 Abs 2 wurde die in der MiFID-DRL vorgese- 15 hene (dauerhafte) „Unterhaltung“ nicht in den § 19 Abs 2 übernommen, weil sich aus dem Zweck der Bestimmung ergibt, dass eine Funk253
§ 20
Muther-Pradler/Ortner
tion, die einzurichten ist, auch beibehalten und entsprechend unterstützt werden muss. 16 Zur Möglichkeit der Mischverwendung bzw Zusammenlegung der
einzelnen Funktionen siehe auch § 18 Rz 41 f, insb Rz 41; § 20 Rz 12 f. Im Hinblick auf die Verpflichtung zur Einrichtung einer unabhängigen Risiko-Management-Funktion siehe § 15 Rz 15.
C. Berichterstattung an Geschäftsleitung und Aufsichtsorgan 17 Auch im Hinblick auf das Risikomanagement ist eine Berichterstat-
tung gemäß § 21 Abs 2 WAG an die Geschäftsleitung und an ein allenfalls vorhandenes Aufsichtsorgan (zB Aufsichtsrat) vorgesehen. Inhalt des Berichts ist gemäß § 21 Abs 2 WAG die Zusammenfassung der Tätigkeit in Hinblick auf das Risikomanagement sowie, ob zur Behebung etwaiger Mängel geeignete Maßnahmen getroffen wurden (vgl § 21 Rz 6). Die jährliche Berichtspflicht an die Geschäftsleitung und das Aufsichtsorgan gemäß § 19 Abs 2 Z 2 iVm 21 Abs 2 kann nach Ansicht der FMA bei Kreditinstituten von der Risikomanagementeinheit gemäß § 39 BWG übernommen werden (FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 13).
Interne Revision § 20. Ein Rechtsträger hat eine von seinen übrigen Funktionen und Tätigkeiten getrennte und unabhängige interne Revision dauerhaft einzurichten, soweit dies angesichts der Art, dem Umfang und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten angemessen und verhältnismäßig ist. Diese hat folgende Aufgaben: 1. Die Erstellung und dauerhafte Umsetzung eines Revisionsprogramms mit dem Ziel, die Angemessenheit und Wirksamkeit der Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen des Rechtsträgers zu prüfen und zu bewerten; 2. die Ausgabe von Empfehlungen auf der Grundlage der Ergebnisse der gemäß Z 1 ausgeführten Aufgaben; 3. die Überprüfung der Einhaltung dieser Empfehlungen und 4. die Erstellung von Tätigkeitsberichten gemäß § 21 Abs. 2. Bei einem Kreditinstitut können diese Aufgaben von der gemäß § 42 BWG eingerichteten internen Revision wahrgenommen werden. 254
Interne Revision
§ 20
Schrifttum: BaFin, Rundschreiben 15/2009 (BA) Mindestanforderungen an das Risikomanagement vom 14. 08. 2009 – MaRisk; Fachverband Finanzdienstleister, Newsletter – interne Revision zum WAG 2007, April 2009; FMA, Rundschreiben der FMA betreffend die Vereinbarkeit interne Revision/Geldwäschebeauftragter/ Compliance-Verantwortlicher vom 30. 03. 2004; FMA, FMA-Mindeststandards für die Interne Revision von Kreditinstituten, 18. 02. 2005 („FMA-MS-IR“); FMA, Rundschreiben der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom 11. 04. 2006, Neuerungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WPDLU) – Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 2005, Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz 2005 und Handelsrechtsänderungsgesetz 2005; FMA, Rundschreiben betreffend die organisatorischen Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 im Hinblick auf Compliance, Risikomanagement und interne Revision (FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007); Fischer/Petri/Steidle, Outsorcing im Bankenbereich, WM 2007, 2313; Gapp, Internal Governance für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, Organisationsvorschriften nach Basel II, ÖBA 2007, 169; Hanten/Görke, Outsourcing-Regelungen unter Geltung des § 25 a Abs 2 KWG idF FRUG, BKR 2007, 489; Kalss, Das interne Kontrollsystem (IKS) als Angelpunkt der Corporate Governance in Kapitalgesellschaften, in FS Krejci (2001) 699; Kaetzler/Weirauch, Bankenaufsichtsrechtliche Aspekte von Outsourcingverhältnissen – Neue Anforderungen an die Auslagerungspraxis durch die Neufassung des KWG und der MaRisk, BKR 2008, 265; Keinert, Berichtspflichten der internen Revision an den Aufsichtsrat (§ 42 Abs 3 BWG), ÖBA 2003, 516; Lucius, Der Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft, CCZ 2008, 186; Mühlbert, Bankenaufsicht und Corporate Governance – Neue Organisationsanforderungen im Finanzdienstleistungsbereich, BKR 2006, 349; Siegl, FMAMindeststandards für die interne Revision („FMA-MS-IR“), ÖBA 2005, 742; Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft, Stand 28. 12. 2007 (SCC 2008). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 20): „Diese Bestimmung setzt Art. 8 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II. A. B. 1. 2. a) b) c) d) e)
f)
Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen nach WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines zur Einrichtung einer internen Revision . . . . . . . . . . Anforderungen an die Interne Revision (Funktion) . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückgriff auf bestehende Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Größenkriterien des § 42 Abs 6 BWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 20 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenlegung von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rundschreiben der FMA betreffend die organisatorischen Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 im Hinblick auf Compliance, Risikomanagement und interne Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auslagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–5 6–31 6 7–20 7 8–15 8 9–10 11 12–14
15–16 17
255
§ 20 3. 4. 5. C. D. E. F. G.
Muther-Pradler/Ortner Wertpapierfirmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wertpapierdienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versicherungsunternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Revisionsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben der internen Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmen der internen Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmenkontrolle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichterstattung an den Vorstand bzw das Aufsichtsorgan. .
18–20 21 22 23–25 26–28 29 30 31–34
I. Ausgangslage 1 Das WAG aF hat sich bis dato nur in ausgewählten Bereichen mit der
internen Revision beschäftigt. § 16 Z 3 WAG aF schrieb den Rechtsunterworfenen vor, interne Kontrollverfahren einzurichten, die geeignet sind, Verstößen gegen das WAG entgegenzuwirken. Ziel dieser Kontrollverfahren ist es, Verletzungen von Organisationsvorschriften und der Wohlverhaltensregeln entgegenzuwirken (siehe auch Kalss/ Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 85). Gemäß „Pflichtenheft für Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA“, Stand Juli 2006, (FMA, Pflichtenheft für Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA) werden als angemessene interne Kontrollverfahren zB die Anzeigepflichten gegenüber der FMA, eine adäquate Kontrolle der Kundenaufträge hinsichtlich Vollständigkeit und Richtigkeit, die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips und das regelmäßige Durchführen der internen Revision angesehen (§ 17 Rz 5 ff). Die interne Revision nach WAG aF hatte gemäß § 18 WAG aF einmal jährlich die Zweckmäßigkeit und die Anwendung der Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen für die EDV sowie die Regeln für persönliche Transaktionen der Angestellten zu überprüfen. Eine jährliche Überprüfungspflicht der internen Kontrollverfahren zur Hintanhaltung von Insidergeschäften – die Compliance-Organisation – war in Zusammenschau mit den börsegesetzlichen Bestimmungen (§ 82 Abs 5 BörseG), dem § 16 WAG und dem für Kreditinstitute relevanten SCC ebenso gegeben (siehe auch Pkt 37 lit d der FMA-MS-IR samt dazugehöriger Erläuterungen). 2 Mit dem FMA-ÄG 2005, welches am 31. 03. 2006 in Kraft getreten ist,
wurde für Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 21 Abs 1 WAG aF iVm § 73 Abs 1 Z 11 BWG die schriftliche Anzeigepflicht des Verantwortlichen für die Interne Revision sowie Änderungen in dessen Person neu eingeführt. Diese Anzeigeverpflichtung ist auch nach Inkrafttreten des WAG sowohl für Kreditinstitute, Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen weiter aufrecht (§ 6 WAG ver256
Interne Revision
§ 20
weist auf § 73 Abs 1 Z 11 BWG und ist daher auch für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen anwendbar; vgl § 6 Rz 18). Mit dem Inkrafttreten des GesRÄG 2005 wurden für Abschlussprüfer 3 von Wertpapierdienstleistungsunternehmen allgemeine Ausschlussgründe vorgesehen, die im Vergleich zur bisherigen Rechtslage Verschärfungen im Bereich der Kontrolle eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens mit sich gebracht haben. Insb war es gemäß § 23 und § 23 a WAG aF iVm § 271 Abs 2 Z 4 b HGB (nunmehr UGB) nun nicht mehr möglich, dass Personen, die bei der Internen Revision mitgewirkt haben, die Abschlussprüfung einer zu prüfenden Gesellschaft durchführen bzw den gesonderten Aufsichtsbericht gemäß §§ 23 bzw 23 a WAG aF erstellen (vgl FMA, Rundschreiben der Finanzmarktaufsichtsbehörde [FMA] vom 11. 04. 2006, Neuerungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen [WPDLU] – Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 2005, Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz 2005 und Handelsrechtsänderungsgesetz 2005). Die Einrichtung einer eigenen internen Organisationseinheit war bis 4 dato weder für Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Rahmen der Einschränkung des § 20 Abs 4 WAG aF noch für Wertpapierdienstleistungsunternehmen ohne Inanspruchnahme des § 20 Abs 4 WAG aF dezidiert gefordert. Das Unternehmen hatte jedoch unabhängig davon dafür Sorge zu tragen, dass die der internen Revision per Gesetz aufgetragenen Anforderungen auch erfüllt wurden. Gemäß Pflichtenheft der FMA ist, sofern die Geschäftstätigkeit und Größe des Unternehmens es erforderlich erscheinen lassen, die interne Revision nach § 18 WAG aF extern zu vergeben (vgl FMA, Pflichtenheft für Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA 15). Für Kreditinstitute wurden die Aufgaben der internen Revision nach 5 § 18 WAG aF bzw die Durchführung der internen Kontrollverfahren gemäß § 16 Z 3 WAG aF weitgehend von der nach § 42 BWG einzurichtenden internen Revision erfüllt (so auch Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 86).
II. Anforderungen nach WAG A. Allgemeines zur Einrichtung einer internen Revision Im Rahmen der Umsetzung des WAG wird gemäß § 20 nunmehr für 6 alle Rechtsträger die Einrichtung einer internen Revision gefordert. Für die interne Revision sind von der organisatorischen Seite her die höchsten Anforderungen zu erfüllen. Gemäß § 20 hat die interne Revision 257
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Muther-Pradler/Ortner
nicht nur unabhängig zu agieren, sondern auch von den anderen Funktionen des Rechtsträgers, iSd WAG von der Compliance-Funktion und der Risiko-Management-Funktion, getrennt zu sein. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Einrichtung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes siehe § 15 Rz 15.
B. Anforderungen an die Interne Revision (Funktion) 1. Allgemeines 7 Die Pflicht, eine unabhängige, von den übrigen Funktionen und Tätig-
keiten getrennte interne Revision einzurichten, ist auf Grund der Historie und auf Grund der unterschiedlichen Struktur der einzelnen Rechtsträger für diese differenziert zu beurteilen.
2. Kreditinstitute a) Rückgriff auf bestehende Funktionen 8 Die im § 15 Abs 3 WAG für Kreditinstitute, die gemäß den Vorschrif-
ten des BWG über eine hinreichend unabhängige Risiko-ManagementFunktion und eine interne Revision verfügen, vorgesehene Möglichkeit, dass die in den §§ 18 bis 20 genannten Aufgaben von der betreffenden Organisationseinheit ausgeübt werden können, wird in § 20 WAG in Bezug auf die interne Revision noch einmal wiederholt. Daher kann auch § 42 BWG für Kreditinstitute als primäre Rechtsquelle, ab wann eine interne Revision, bzw ab welchen Kriterien diese als eigene Organisationseinheit einzurichten ist, herangezogen werden. b) Größenkriterien des § 42 Abs 6 BWG 9 In § 42 Abs 6 BWG ist festgehalten, dass mit den Aufgaben der inter-
nen Revision eine eigene Organisationseinheit im Kreditinstitut zu betrauen ist. Die Einrichtung einer eigenen Organisationseinheit gilt jedoch nicht für Kreditinstitute, deren Bilanzsumme € 150 Millionen oder deren Mitarbeiterstand im Jahresdurchschnitt 30 vollbeschäftigte Mitarbeiter oder deren Bilanzsumme eine Milliarde Euro nicht übersteigt, und die einem Zentralinstitut angeschlossen sind oder einer Kreditinstitutsgruppe angehören, wenn im Rahmen des Sektorverbundes oder der Gruppe eine eigene Organisationseinheit für die interne Revision besteht. 10 Hinsichtlich der internen Revision hat die FMA im Februar 2005 Mindeststandards erlassen, welche von den Kreditinstituten ab 01. 09. 2005 zu beachten waren (FMA, FMA-Mindeststandards für die 258
Interne Revision
§ 20
Interne Revision von Kreditinstituten, 18. 02. 2005 [„FMA-MS-IR“]) und nach wie vor ihre volle Gültigkeit haben. In Pkt 23 FMA-MS-IR wird unter einer eigenen Organisationseinheit eine unmittelbar den Geschäftsleitern unterstehende Stelle, die mit zumindest einem ausschließlich für die interne Revision tätigen Mitarbeiter ausgestattet ist, verstanden. Chini/Frölichsthal erläutern die Organisationseinheit dahingehend, dass ab einer vom Gesetz definierten Betriebsgröße das Unternehmen im Organisationsplan eine Stelle vorzusehen hat, die sich ausschließlich mit den Aufgaben der internen Revision zu beschäftigen hat (vgl Chini in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 42 Rz 15). Damit sind im § 42 BWG für Kreditinstitute Größenkriterien im Hinblick auf die Bilanzsumme und den Mitarbeiterstand und Bilanzsumme in Kombination mit sektorinterner Lösung festgelegt, bei deren Unterschreiten keine eigene Organisationseinheit für die interne Revision vorzusehen ist. c) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 20 WAG
Der in § 20 WAG festgelegte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kommt 11 daher primär für Kreditinstitute in Betracht, welche die Größenkriterien des § 42 Abs 6 BWG nicht erfüllen. Nachdem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des WAG aber nicht allein auf Größenkriterien, sondern vielmehr auf Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit sowie Art und Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten abstellt, kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass bei Unterschreiten der Größenkriterien nach BWG auch automatisch keine getrennte und von den anderen Funktionen unabhängige interne Revision nach WAG erforderlich ist. Kreditinstitute, welche gemäß § 42 Abs 6 BWG nicht gefordert sind, eine eigene Organisationseinheit einzurichten, haben daher anhand der Art, des Umfangs und der Komplexität ihrer Geschäftstätigkeit sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu beurteilen, ob die dauerhafte Einrichtung einer von ihren übrigen Funktionen und Tätigkeiten getrennten und unabhängigen internen Revision iSd WAG angemessen und verhältnismäßig ist. Die Beurteilung und Prüfung der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit obliegt dem Kreditinstitut selbst, welches entsprechend zu begründen und zu dokumentieren hat, warum es für seine Geschäftstätigkeit im Bereich der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten der Ansicht ist, dass von der Einrichtung einer dauerhaften und unabhängigen internen Revision abgesehen werden kann. Das WAG regelt die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten, sodass insb diejenigen Kreditinstitute angesprochen 259
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sind und die Einrichtung einer unabhängigen internen Revision iSd § 20 zu prüfen haben, welche den Schwerpunkt ihrer Geschäftstätigkeit in diesem Bereich haben, aber die Größenkriterien des § 42 Abs 6 BWG nicht erfüllen (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 15). Bei Spezialbanken im Wertpapierbereich wird dabei ein höherer Maßstab als bei einer kleinen Regionalbank anzulegen sein, die primär im Kreditbereich tätig ist, und deren Wertpapiergeschäft eine untergeordnete Rolle spielt. d) Zusammenlegung von Funktionen 12 Daran anschließend ist zu beurteilen, ob Personen, die Aufgaben der
internen Revision erfüllen, auch noch andere Funktionen erfüllen können. Der Erwägungsgrund 15 MiFID-DRL statuiert, dass zumindest in den Bereichen Risikomanagement und Compliance, sofern diese Funktionen in der Hand einer einzigen Person liegen, dies nicht zwangsläufig die Unabhängigkeit der einzelnen Funktionen gefährdet. Hinsichtlich der internen Revision ergibt sich das Sonderproblem, dass das die Stelle ist, welche die Angemessenheit und Wirksamkeit der Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen des Rechtsträgers zu prüfen und zu bewerten hat, wozu zwangsläufig auch die Vorkehrungen im Bereich der Risiko-Management-Funktion und der Compliance-Funktion zählen (Problem der Selbstkontrolle). 13 Auch Laurer (Laurer in Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl [Hrsg], BWG2 § 42 Rz 2) setzt sich mit der Zulässigkeit der Mischverwendung von Bediensteten der internen Revision auseinander: Ist auf Grund der geringen Größe des Betriebs eines Kreditinstituts ein vollständig mit Revisionsagenden beschäftigter Mitarbeiter nicht erforderlich, soll nach Laurer dennoch verhindert werden, dass die im Rahmen der Revisionsfunktion geleistete Tätigkeit des Mitarbeiters durch die Weisungshierarchie für andere Tätigkeitsbereiche des Mitarbeiters gefährdet bzw die Unterstellung des Mitarbeiters bezüglich der Tätigkeiten in der internen Revision unmittelbar unter die Geschäftsleiter beeinträchtigt (direkte Berichtspflicht an den Geschäftsleiter) wird. Er sieht diese Mischverwendung jedoch als bedenklich an, weil die Revisionsaufgaben dann wohl auch die Prüfung der eigenen Tätigkeit außerhalb der Revision mitumfassen müsste. Die eigene Einrichtung einer internen Revision hält er für sinnlos, wenn Kontrollierte und Kontrollierende identisch sind. Als Ausweg schlägt er zwei Mitarbeiter für die interne Revision vor, welche nur teilbeschäftigt sind und sich gegenseitig kontrollieren können (vgl Laurer in Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl [Hrsg], BWG2 § 42 Rz 2). Auch in den FMA-MS-IR wird konkretisierend festgelegt (Pkt 15), dass die Mitarbeiter der inter260
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§ 20
nen Revision im zu prüfenden Kreditinstitut grundsätzlich nur für die interne Revision tätig sein und mit deren Aufgaben betraut werden dürfen (Pkt 17), und dass sie keinesfalls Bereiche prüfen dürfen, in denen sie selbst tätig sind (Verbot der Selbstprüfung) (Pkt 18). Etwas weniger streng sieht dies Kessler, der davon ausgeht, dass Mitarbeiter in der internen Revision grundsätzlich auch andere Aufgaben übernehmen können, wenn sichergestellt ist, dass es zu keiner Selbstprüfung kommt (Kessler in Dellinger, BWG3 § 42 Rz 76). Eine Mischverwendung von Mitarbeitern der internen Revision mit 14 anderen Tätigkeiten oder eine Zusammenlegung von Tätigkeiten kommt nach Ansicht der FMA nur bei Kreditinstituten in Frage, die kumulativ folgende Bedingungen einhalten: Das Kreditinstitut erfüllt die Größenkriterien des § 42 Abs 6 BWG nicht, und der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit liegt nicht im Wertpapierbereich. Das Kreditinstitut hat eine Mischverwendung jedenfalls zu begründen und zu dokumentieren (siehe dazu FMA, Rundschreiben Organisation WAG 2007, 15). e) Rundschreiben der FMA betreffend die organisatorischen Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 im Hinblick auf Compliance, Risikomanagement und interne Revision
Bereits in ihrem Rundschreiben in Bezug auf die Vereinbarkeit der 15 internen Revision mit den Funktionen des Geldwäschebeauftragten und des Compliance-Verantwortlichen (FMA, Rundschreiben der FMA betreffend die Vereinbarkeit interne Revision/Geldwäschebeauftragter/Compliance-Verantwortlicher vom 30. 03. 2004), hat sich die FMA dahingehend geäußert, dass infolge des Selbstprüfungsverbotes grundsätzlich eine Funktionstrennung zwischen der internen Revision einerseits und den Aufgaben des Geldwäschereibeauftragten und des Compliance-Verantwortlichen andererseits vorzusehen ist. Darüber hinaus betonte die FMA in diesem Rundschreiben, dass es im Einzelfall zulässig sein kann, die verschiedenen Funktionen zusammenzulegen, wobei insb das Geschäftsfeld des Kreditinstitutes, die Bilanzsumme, die Mitarbeiteranzahl, der Umfang und die Komplexität der geldwäschebzw compliancerelevanten Geschäfte, die Zugehörigkeit zu einer Unternehmensgruppe sowie die internen Strukturen und die Organisation entscheidungsrelevante Kriterien waren. Die Parameter für das Errichten einer unabhängigen Organisationseinheit bzw für die Beurteilung welche Funktionen neben der Revisionstätigkeit wahrgenommen werden können, haben sich durch das WAG 2007 geändert. Ob es erforderlich ist, eine getrennte und unabhängige interne Revision einzurichten, richtet sich nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es wird 261
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nicht mehr nur auf die Größe des Instituts und die Mitarbeiteranzahl abgestellt werden können, sondern es sind Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit sowie Art und Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu berücksichtigen (zu den Kriterien siehe § 17 Rz 11). Die FMA geht daher grundsätzlich davon aus, dass ein Rechtsträger eine von anderen Bereichen und Aufgaben getrennte und unabhängige Revisions-Funktion einrichtet. Auch iZm den Anforderungen an eine unabhängige Compliance-Funktion und der proaktiven Begleitung von Prozessen durch Compliance sind insbesondere die Funktionen interne Revision und Compliance voneinander unabhängig zu installieren, da gerade hier die Gefahr einer Selbstüberprüfung besteht. Trotz des Erfordernisses der Einrichtung einer unabhängigen internen Revision wird es aber im Hinblick auf die Synergiehebung bei der Prüftätigkeit sinnvoll sein, dass sich die interne Revision mit Compliance hinsichtlich der vorzunehmenden Prüfgebiete und Prüfhandlungen abstimmt (vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 8; weiters § 18 Rz 41) (zur internen Revision vgl FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 14 ff). 16 Kann das organisatorische Zusammenlegen von Funktionen und Tätigkeiten durch Heranziehen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausreichend begründet werden, sind entsprechende organisatorische Vorkehrungen zu treffen. Um Selbstüberprüfungen zu vermeiden, sind die vom internen Revisor zusätzlich übernommenen Aufgaben (zB Geldwäsche/Compliance) von einem externen Dritten bzw einem entsprechend fachlich geschulten Mitarbeiter des Kreditinstitutes (zB ein weiterer Mitarbeiter der internen Revision) zu überprüfen. In sämtlichen Fällen ist dieser Dritte hinsichtlich der Erfüllung seiner Prüfaufgaben direkt der Geschäftsleitung zu unterstellen und von sämtlichen Weisungen anderer Vorgesetzter freizustellen. Er ist für diese spezifischen Prüfaufgaben gesondert von der Geschäftsleitung zu beauftragen. Zudem ist eine direkte Berichtspflicht an die Geschäftsleitung vorzusehen. f) Auslagerung 17 Neben der Zusammenlegung von Funktionen kommt auch die Aus-
lagerung der internen Revision in Betracht. Chini/Fröhlichsthal gehen davon aus, dass bei Kreditinstituten, bei denen weder die Bilanzsumme noch der Mitarbeiterstand erreicht wird, die interne Revision auch teilweise durch externe Personen durchgeführt werden kann (vgl Chini in Chini/Frölichsthal, BWG2 § 42 Rz 6). Auch die FMA-MS-IR sehen unter Pkt 24 vor, dass beim Überschreiten der Kriterien gemäß § 42 Abs 6 BWG die Aufgaben der internen Revision gänzlich ausgelagert werden können. Auch die BaFin billigt in ihren MaRisk eine gänzliche 262
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Auslagerung der internen Revision, wobei sie voraussetzt, dass ein Revisionsbeauftragter zu benennen ist (vgl MaRisk, AT 9.8.; darauf eingehend Kaetzler/Weirauch, BKR 2008, 268, Fischer/Petri/Steidle, WM 2007, 2318; Hanten/Görke, Outsourcing-Regelungen unter Geltung des § 25 a Abs. 2 KWG in der Fassung des FRUG, BKR 2007, 493). In ihrem Rundschreiben schlägt die FMA als möglichen Lösungsweg ebenso die gänzliche Auslagerung der Revisionstätigkeit an externe Stellen wie zB Wirtschaftstreuhänder oder Rechtsanwälte vor, um eine Selbstüberprüfung zu vermeiden (FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 15). Die Forderung der BaFin bei gänzlicher Auslagerung einen internen Revisionsbeauftragten zu bestellen, welcher ua intern prüft, ob festgestellte Mängel beseitigt wurden, ist iS eines umfassenden Risikomanagements sicherlich zielführend (vgl dazu auch Kaetzler/ Weirauch, Bankenaufsichtsrechtliche Aspekte von Outsourcingverhältnissen – Neue Anforderungen an die Auslagerungspraxis durch die Neufassung des KWG und der MaRisk, BKR 2008, 268).
3. Wertpapierfirmen Für Wertpapierfirmen gilt in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit das 18 Gleiche wie unter Rz 11 für Kreditinstitute Gesagte, welche nicht gemäß § 42 Abs 6 BWG gefordert sind, eine eigene Organisationseinheit einzurichten. Bei Wertpapierfirmen muss etwa darauf abgestellt werden, ob sie zur Portfolioverwaltung berechtigt sind, ob sie Dienstleistungen im In- und Ausland tätigen, in welchem Produktsegment die Hauptgeschäftstätigkeit liegt, und insb wie der Vertriebsapparat ausgestaltet ist (Anzahl der Angestellten, der vertraglich gebundenen Vermittler gemäß § 1 Z 20 bzw Finanzdienstleistungsassistenten gemäß § 2 Abs 1 Z 15, die im Namen der Wertpapierfirma auftreten etc). Weitere beispielhaft angeführte Kriterien (ua Kundenstruktur, Art und Risikograd der angebotenen Finanzinstrumente etc) um die Inanspruchnahme des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beurteilen, finden sich im Newsletter – interne Revision (vgl Newsletter zum WAG 2007 – April 2009 des Fachverbandes Finanzdienstleister). Auch die dt Umsetzung der Anforderungen des Art 8 MiFID-DRL 19 (Innenrevisionsfunktion) in § 25 a KWG, der gemäß § 33 WpHG auch für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (nach dt Diktion) anzuwenden ist, trägt dem Umstand der Verhältnismäßigkeit Rechnung. So geht § 25 a KWG davon aus, dass die Funktion der internen Revision bei kleinen Wertpapierhandelsunternehmen auch gänzlich entfallen kann, wenn diese Anforderungen angesichts der Art, des Umfanges und der Komplexität ihres Geschäfts sowie der Art und des Spektrums ihrer Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten unverhältnismäßig 263
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wären und eine periodische Überprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer erfolgt. 20 Ebenso in Betracht kommt die Auslagerung der internen Revision. Einschränkungen ergeben sich in Hinblick auf die Auslagerung an den Abschlussprüfer aus dem UGB (§ 271 Abs 1 Z 4 b UGB).
4. Wertpapierdienstleistungsunternehmen 21 Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind gemäß § 15 Abs 2 Z 3
vom Erfordernis der getrennten unabhängigen internen Revision befreit (§ 15 Rz 9). Zur verpflichtenden Einrichtung der allgemeinen organisatorischen Anforderungen und der internen Kontrollmechanismen siehe § 15 Rz 15, § 17 Rz 4 ff und § 19 Rz 10 ff. Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben daher gemäß § 17 Abs 1 Z 3 jedenfalls angemessene interne Kontrollmechanismen, welche die Einhaltung von Beschlüssen und Verfahren auf allen Ebenen sicherstellen, einzurichten und laufend aufrecht zu erhalten. Weiters müssen sie diese gemäß § 17 Abs 4 überwachen, regelmäßig bewerten und die zur Behebung etwaiger Mängel erforderlichen Maßnahmen ergreifen (vgl auch FMA Rundschreiben Organisation WAG 2007, 16).
5. Versicherungsunternehmen 22 Für Versicherungsunternehmen ist im Bereich der Vermittlung von
Investmentfondsanteilen gemäß § 3 Abs 3 VAG ua auch die Bestimmung des § 20 WAG anzuwenden. Gemäß § 2 Abs 2 können bei Versicherungsunternehmen, die gemäß den Vorschriften des VAG über eine hinreichend unabhängige Risiko-Management-Funktion und eine interne Revision verfügen, die in §§ 18 bis 20 genannten Aufgaben von der betreffenden Organisationseinheit ausgeübt werden.
C. Revisionsplanung 23 § 20 Z 1 fordert die Erstellung und dauerhafte Umsetzung eines Revi-
sionsprogramms. Auch daraus ist abzuleiten, dass es sich bei der Revision nicht um eine stichtagsbezogene Überprüfung handelt, sondern dass die Revision dauerhaft an der Umsetzung dieses Revisionsprogrammes arbeitet. 24 Für Kreditinstitute ergibt sich die Verpflichtung, einen jährlichen Revisionsplan zu erstellen, bereits aus § 42 Abs 5 BWG. Die näheren Rahmenbedingungen für die Planung werden darüber hinaus in den FMA-MS-IR im Punkt 6.1. Revisionsplanung noch konkretisiert. Für Kreditinstitute ist daher relevant, dass die durch das WAG nunmehr 264
Interne Revision
§ 20
neu aufgetragenen Revisionsanforderungen auch in die Revisionsplanung aufzunehmen sind, sofern dies bis dato noch nicht erfolgt ist. Für Wertpapierfirmen wird die Anforderung an die Revisionsplanung 25 stark davon abhängen, in welcher Art die interne Revision im Unternehmen organisiert ist (als eigene Organisationseinheit, in der Form, dass eine Person für mehrere Funktionen verantwortlich ist, oder ob die Revision ausgelagert wird). Wesentlich ist dabei, dass im Unternehmen entsprechend festgelegt werden muss, wer mit der Revisionsplanung betraut wird, um auch vorausschauend ein Revisionsprogramm aufzustellen. Insb im Falle der Auslagerung ist ein entsprechender Auftrag an den externen Dienstleister zu erteilen und der Umfang der Revisionstätigkeit genau festzulegen, worunter auch die zukünftige Revisionsplanung zu subsumieren sein wird.
D. Aufgaben der internen Revision Gemäß § 20 Z 1 ist die Ausgestaltung des Revisionsprogrammes mit 26 einer entsprechenden Zielsetzung versehen. Die Erstellung und dauerhafte Umsetzung des Revisionsprogrammes soll insb die Angemessenheit und Wirksamkeit der Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen des Rechtsträgers prüfen und bewerten (vgl für Kreditinstitute auch Kessler in Dellinger, BWG3 § 42, Rz 62). Diese auf den ersten Blick recht allgemeine formulierte Verpflichtung ist auf den zweiten Blick jedoch mit einem sehr weiten Kreis an zu überprüfenden Bereichen verbunden. Begibt man sich im WAG auf die Suche nach den angesprochen Systemen, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen stößt man auf einen weiten Bereich an Anforderungen, welche von der internen Revision hinsichtlich Angemessenheit und Wirksamkeit zu prüfen und zu bewerten sind. Die nachfolgende Aufzählung gibt einen Einblick darüber, wie weitrei- 27 chend einerseits die organisatorischen Anforderungen im WAG definiert sind, und andererseits, dass im Rahmen der Implementierung des WAG insb die interne Revision eine zentrale Rolle einnimmt: – Angemessenheit und Wirksamkeit der allgemeinen organisatorischen Anforderungen nach § 17 WAG: Die Verpflichtung der Überwachung und regelmäßigen Bewertung der Angemessenheit und Wirksamkeit der nach Abs 1 und Abs 2 geschaffenen Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen sowie das Ergreifen erforderlicher Maßnahmen zur Behebung etwaiger Mängel ist in § 17 Abs 4 WAG auch noch einmal dezidiert gefordert. – Angemessenheit und Wirksamkeit der Compliance-Funktion gemäß § 18 WAG; 265
§ 20
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– Angemessenheit und Wirksamkeit der in § 19 WAG geforderten internen Kontrollmechanismen, Verfahren zur Risikobewertung sowie der Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen für Datenverarbeitungssysteme; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Vorkehrungen iZm den persönlichen Geschäften von relevanten Personen gemäß § 24 WAG; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Vorkehrungen iZm der Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben an Dienstleister gemäß § 25 WAG in Zusammenhang mit Anlage 1; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Vorkehrungen iZm dem Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden gemäß § 29 WAG. Gemäß § 33 WAG hat der Rechtsträger dafür zu sorgen, dass der Abschlussprüfer oder der Prüfer gemäß § 74 Abs 3 mindestens einmal jährlich einen Bericht über die Angemessenheit der Vorkehrungen, welche gemäß §§ 29 bis 32 getroffen wurden, erstattet und der FMA übermittelt. Der Bericht wird auch für die interne Revision eine wichtige Grundlage für die Prüfungstätigkeit in diesem Bereich darstellen; – Angemessenheit und Wirksamkeit der in § 32 Abs 2 Z 2 geforderten Systeme und Kontrollen, die gewährleisten, dass nur Finanzinstrumente von Kunden, die ihre ausdrückliche Zustimmung erteilt haben, zusammen auf einem Sammelkonto geführt werden; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Vorkehrungen in Bezug auf für den Kunden potentiell nachteilige Interessenkonflikte gemäß § 34 WAG; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Vorkehrungen gemäß § 37 WAG, die bei der Erstellung von Finanzanalysen zu beachten sind; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Vorkehrungen iZm der bestmöglichen Ausführung von Aufträgen gemäß § 52 WAG sowie der Vorkehrungen iZm den organisatorischen Vorschriften über die Durchführungspolitik gemäß § 53 WAG; – Angemessenheit und Wirksamkeit der Verfahren und Systeme iZm der Bearbeitung von Kundenaufträgen (§ 55 WAG). 28 Wenn man sich die Vielzahl an zu prüfenden und zu bewertenden Bereichen ansieht, werden wohl nur mehr wenige Unternehmen verbleiben, die über keine eigene Organisationseinheit für die interne Revision bzw über keine unabhängige von den übrigen Funktion getrennte interne Revisionsfunktion zu verfügen haben.
E. Maßnahmen der internen Revision 29 Nach Maßgabe des § 20 Z 2 hat die interne Revision Empfehlungen auf
Grund der Ergebnisse der gemäß Z 1 ausgeführten Aufgaben auszuge266
Interne Revision
§ 20
ben. Für Kreditinstitute ist die Berichtspflicht der internen Revision in Punkt 6.5. FMA-MS-IR näher konkretisiert. Gemäß Pkt 52 enthält der Revisionsbericht zumindest den Prüfbereich und die Prüfungsfeststellungen (insb festgestellte Mängel und die getroffenen, erforderlichen und empfohlenen Maßnahmen samt angemessener Frist zu deren Beseitigung oder Umsetzung) unter Hervorhebung der wesentlichen Mängel, Gefahren und Risiken. Die FMA-MS-IR sind etwas strenger formuliert, als dies im WAG vorgesehen ist. Im Ergebnis erwachsen jedoch aus beiden Grundlagen die gleichen Anforderungen, nämlich dass, sobald die Revision in ihrem Ergebnis der Prüfung Verbesserungsbedarf sieht (sie stellt einen Mangel fest), sie Empfehlungen ausspricht (sie empfiehlt Maßnahmen).
F. Maßnahmenkontrolle § 20 Z 3 WAG legt die Überprüfung der Einhaltung der Empfehlungen 30 fest. Gemeint ist wohl die Überprüfung der Umsetzung der Empfehlungen. Auch hier legen die FMA-MS-IR Ähnliches unter Punkt 6.6 „Reaktion auf festgestellte Mängel“ fest, nämlich dass die interne Revision die fristgerechte Beseitigung der festgestellten Mängel sowie die fristgerechte Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen überprüft und allenfalls erforderliche Nachschauprüfungen durchführt.
G. Berichterstattung an den Vorstand bzw das Aufsichtsorgan Für Kreditinstitute ergibt sich schon aus § 42 Abs 3 BWG die Pflicht 31 zur Berichterstattung an alle Geschäftsleiter und zu einer differenzierteren Berichterstattung an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats oder des sonst nach dem Gesetz oder Satzung zuständigen Aufsichtsorgans bei wesentlichen Prüfungsfeststellungen. § 20 iVm § 21 Abs 2 WAG konkretisiert die Berichterstattungspflicht dahingehend, dass der zumindest jährlich zu erstattende schriftliche Bericht eine Tätigkeitsbeschreibung und eine Mängelanalyse zu beinhalten hat. Eine Vorlagepflicht an den Aufsichtsrat ist in jedem Fall und nicht nur bei wesentlichen Prüfungsfeststellungen vorgesehen. Es ist zudem strittig, ab wann von einer wesentlichen Prüfungsfeststellung iSd § 42 Abs 3 BWG auszugehen ist und daher eine Berichtspflicht an den Aufsichtsrat zu erfolgen hat. Die FMA-MS-IR führen diesbezüglich lediglich aus (Erläuterungen zu Pkt 49), dass die Berichtspflicht an das Aufsichtsorgan auch bei Nichtvorliegen wesentlicher Prüfungsfeststellungen gegeben ist. In diesem Fall ist zumindest darüber eine Aussage zu treffen („Nullmeldung“). Der Begriff „wesentlich“ ist beim Wort zu nehmen; 267
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es geht nur um Prüfungsfeststellungen der internen Revision, die tatsächlich das Wesen, also den Kern (die Substanz), des betreffenden Gegenstandes berühren. Sie müssen somit essentiell und nicht bloß erheblich sein (vgl Keinert, ÖBA 2003, 523). 32 Nachdem das WAG eine Berichterstattung an den Aufsichtsrat in
jedem Fall vorsieht, zumindest was die WAG relevanten Feststellungen betrifft, wird sich wohl die Praxis dahingehend ändern müssen (vgl § 21 Rz 6). 33 Die Berichterstattungspflicht obliegt direkt der internen Revision.
Es ist nicht wie in der dt Sprachfassung des Art 6 Abs 3 lit b MiFIDDRL vorgesehen, dass der Compliance-Beauftragte für die Vorlage seines Tätigkeitsberichts, aber auch des Berichts der Risiko-Management-Funktion sowie der internen Revision verantwortlich ist. Die englische Version beschränkt die Berichterstattung des ComplianceBeauftragten auf die Tätigkeit seiner eigenen Funktion, sodass die Umsetzung im Einklang mit der Richtlinienvorgabe erfolgte. 34 Bei Kreditinstituten erscheint es zweckmäßig, dass die jährliche Be-
richterstattung gemäß § 21 Abs 2 iVm § 20 gemeinsam mit einem Bericht der internen Revision gemäß § 42 Abs 3 BWG erfolgt (hinsichtlich Berichte des Risikomanagements vgl § 19 Rz 17).
Zuständigkeiten der Geschäftsleitung § 21. (1) Für die Erfüllung der in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten ist die Geschäftsleitung verantwortlich. Die Geschäftsleitung ist insbesondere verpflichtet, die Wirksamkeit der zur Einhaltung der in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten, vom Rechtsträger festgelegten Leitlinien, Vorkehrungen und Verfahren zu bewerten und regelmäßig zu überprüfen und angemessene Maßnahmen zur Behebung etwaiger Mängel zu ergreifen. Hat der Rechtsträger ein Aufsichtsorgan, so hat dieses im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Vorschriften die Geschäftsleitung in Bezug auf die Einhaltung ihrer Pflichten zu überwachen. (2) Soweit in den §§ 18 bis 20 die Erstellung von Berichten vorgesehen ist, sind diese schriftlich und regelmäßig, zumindest einmal jährlich zu erstatten. Diese haben eine Zusammenfassung der Tätigkeit der jeweiligen Funktion zu enthalten und es ist insbesondere anzugeben, ob zur Behebung etwaiger Mängel geeignete Maßnahmen getroffen wurden. Sofern ein Rechtsträger über ein Aufsichtsorgan verfügt, sind diese Berichte auch an dieses weiterzuleiten. 268
Zuständigkeiten der Geschäftsleitung
§ 21
Schrifttum: Gruber, Organaußenhaftung für Kapitalmarktinformationen, wbl 2006, 445; Kalss, Die Eigenständigkeit der Veranlagungsentscheidungen von Kapitalanlagegesellschaften, ÖBA 1995, 583; Schütz/Waldherr, Die Auslagerung bankgeschäftlicher Tätigkeiten aus bankaufsichtsrechtlicher Sicht, ÖBA 2007, 138. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 21): „Diese Bestimmung setzt Art. 9 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 1 setzt eine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung um und berührt nicht die in den einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften vorgenommene Verteilung der Aufgaben zwischen der Geschäftsleitung und dem Aufsichtsorgan. Die in diesem Bundesgesetz verwendete Phrase „der in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten“ umfasst jedenfalls auch die durch Verordnung der FMA vorgenommenen Konkretisierungen dieser Pflichten.“
Übersicht I. II. III. IV.
Zuständigkeiten und Pflichten der Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . Zivilrechtliche Verantwortlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Zuständigkeiten und Pflichten der Geschäftsleitung § 21 Abs 1 erster Satz bezieht sich auf die bereits gesellschafts- und 1 unternehmensrechtlich zwingende Letztverantwortung der Geschäftsleiter einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens für die Einhaltung der in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten, womit auch die durch Verordnung (so die Erl RV) oder Bescheide der FMA vorgenommenen Konkretisierungen dieser Pflichten gemeint sind. Diese Letztverantwortung ist die Kehrseite des originären und nicht delegierbaren Leitungs- und Entscheidungsrechts der Geschäftsleiter (vgl § 25 Abs 3 Z 1: „Die Auslagerung darf nicht zu einer Delegation der Aufgaben der Geschäftsleitung führen“; siehe dazu § 25 Rz 15). Die Bestimmung ist im Zusammenhang mit § 39 BWG zu sehen, auf den durch § 6 verwiesen wird. Sie dient der Umsetzung von Art 9 Abs 1 bis 3 MiFID-DRL (Erl RV). § 21 Abs 1 zweiter Satz und § 6 iVm § 39 Abs 1 und 2 BWG verpflich- 2 ten die Geschäftsleiter im Rahmen ihrer originären Leitungsbefugnisse insb zur Einrichtung angemessener Verwaltungs-, Kontroll- und Rechnungsverfahren zur Begrenzung der betrieblichen Risiken (Zu 269
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den Kontrollpflichten der Geschäftsleitung bei Beauftragung eines Rechtsanwalts vgl UVS Wien 26. 08. 2003, 06/46/5003/2002, ZFR 2007, 159 [N. Raschauer]). Dabei ist auf die Art, den Umfang und die Komplexität der jeweils betriebenen Geschäfte abzustellen. In die Letztverantwortung der Geschäftsleiter fällt damit auch die Einrichtung und die laufende Durchführung einer ordnungsgemäßen internen Revision (siehe dazu § 20 insb Rz 6 ff). Die Einrichtung dieser Verfahren soll eine entsprechende Organisation zur ordnungsgemäßen Abwicklung der geschäftlichen Tätigkeiten unter Einhaltung der maßgeblichen Rechtsvorschriften gewährleisten (vgl Schütz/Waldherr, ÖBA 2007, 140).
II. Zivilrechtliche Verantwortlichkeit 3 Im Wege der Verweiskette von § 6 auf § 39 Abs 1 BWG und § 84
Abs 1 AktG kommt der allgemeine Sorgfaltsmaßstab des Vorstands einer AG – über die jeweils maßgeblichen Sorgfaltspflichten des Gesellschaftsrechts hinaus – auch für den Geschäftsleiter einer Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens zur Anwendung. Sie sind demnach verpflichtet, die Sorgfalt „eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters in einem Unternehmen von der Art und dem Umfang, wie es dem konkreten (Schadens)fall zu Grunde liegt“, einzuhalten (Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG4 §§ 77–84 Rz 95). Dieser Sorgfaltsmaßstab wird durch die sondergesetzlichen Bestimmungen des WAG 2007 dem Grunde nach nicht verändert, sondern bloß inhaltlich konkretisiert. 4 In Ermangelung einer Vertragsbeziehung trifft die Geschäftsleiter einer
Wertpapierfirma bzw eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens den Anlegern gegenüber regelmäßig keine unmittelbare, vertragliche Schadenersatzpflicht (vgl dazu Gruber, wbl 2006, 447 ff). Eine unmittelbare Haftung den Anlegern gegenüber kommt jedoch als deliktische Haftung wegen einer Verletzung von Schutzgesetzen (§ 1311 ABGB) in Betracht. Als solche Schutzgesetze sind insb die verwaltungsstrafrechtlichen Haftungsnormen nach §§ 94 f anzusehen. Die Geschäftsleiter haften im Übrigen der Gesellschaft gegenüber nach allgemeinem Schadenersatzrecht für Sorgfaltspflichtverletzungen, insb auch für die Auswahl von Personen, die Hilfstätigkeiten ausführen (culpa in eligendo), sowie für die Einhaltung der notwendigen Kontroll- und Informationstätigkeiten (vgl Kalss, ÖBA 1995, 599 f). Trifft die Wertpapierfirma bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Anlegern ge270
Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen
§ 22
genüber eine vertragliche Schadenersatzpflicht, so kann sie bzw es sich allenfalls bei den Geschäftsleitern regressieren.
III. Verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit Die Geschäftsleiter sind der Aufsichtsbehörde für die Geschäftstätigkeit 5 des Unternehmens und für die Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen (sowie darauf gestützter VO und Bescheide), soweit keine verantwortlichen Beauftragten bestellt sind (§ 9 Abs 2 VStG), persönlich verantwortlich; im Fall kollegialer Vertretungsbefugnis trifft diese Verantwortung grundsätzlich (Verschulden vorausgesetzt; zur Verantwortung des Geschäftsleiters für rechtswidriges Verhalten, das noch vor seinem Amtsantritt eingeleitet wurde, vgl UVS Wien 03. 12. 007, 06/FM/46/5490/2007, ZFR 2008, 108 [Brandl]) alle Mitglieder des Geschäftsleitergremiums (vgl zB N. Raschauer/Wessely, VStG AT 113). Vgl auch die Kommentierung zu § 95.
IV. Berichtspflichten § 21 Abs 2 sieht vor, dass die Tätigkeitsberichte des Compliance-Be- 6 auftragten (§ 18), der Risikomanagement-Funktion (§ 19) und der internen Revision (§ 20) mindestens einmal jährlich zu erstatten und an das Aufsichtsorgan (dh insb auch den Aufsichtsrat) weiterzuleiten sind (vgl Art 9 Abs 2 und 3 MiFID-DRL). Im Übrigen bleibt die in den einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften vorgenommene Verteilung der Aufgaben zwischen Geschäftsleiter und Aufsichtsorgan unberührt (Erl RV).
Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen § 22. (1) Ein Rechtsträger hat Aufzeichnungen über alle seine Dienstleistungen und Geschäfte zu führen, aufgrund der die FMA die Einhaltung der Anforderungen dieses Bundesgesetzes überprüfen und sich vor allem vergewissern kann, ob der Rechtsträger sämtliche Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden eingehalten hat. Der Rechtsträger hat hierbei Art. 7 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 zu beachten. 271
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(2) Ein Rechtsträger hat alle nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Aufzeichnungen mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren, sofern nicht einer der folgenden Fälle vorliegt: 1. Die Aufzeichnungen, in denen die Rechte und Pflichten des Rechtsträgers gegenüber seinen Kunden im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags oder die Bedingungen, unter denen der Rechtsträger Dienstleistungen für den Kunden erbringt, festgehalten sind, sind mindestens für die Dauer der Geschäftsbeziehung aufzubewahren; 2. bei Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen kann die FMA verlangen, dass ein Rechtsträger einzelne oder alle derartigen Aufzeichnungen während eines längeren, durch die Art des Instruments oder Geschäfts gerechtfertigten Zeitraums aufbewahrt, sofern dies notwendig ist, damit die FMA ihre Aufsichtsfunktion nach diesem Bundesgesetz ausüben kann. Die FMA kann in dem Bescheid, mit dem über die Rücknahme oder das Erlöschen der Konzession abgesprochen wird, anordnen, dass die Aufzeichnungen bis zum Ablauf eines höchstens fünfjährigen Zeitraums aufzubewahren sind. (3) Die Aufzeichnungen sind auf einem Datenträger aufzubewahren, damit diese der FMA auch in Zukunft zugänglich gemacht werden können. Zusätzlich müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: 1. Die Aufzeichnungen müssen der FMA unverzüglich zugänglich gemacht werden können und jede wichtige Phase der Bearbeitung sämtlicher Geschäfte muss rekonstruierbar sein; 2. jegliche Korrekturen oder sonstige Änderungen sowie der Inhalt der Aufzeichnungen vor diesen Korrekturen oder Änderungen müssen leicht feststellbar sein und 3. die Aufzeichnungen müssen ausreichend gegen Manipulationen oder sonstige unbefugte Veränderungen geschützt sein. (4) Die FMA hat ein Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten, die Rechtsträger nach diesem Bundesgesetz erfüllen müssen, zu führen und auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. (5) Die FMA ist für die Kontrolle der Einhaltung von Abs. 1 bis 3 in Bezug auf die von Zweigstellen von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten mit Sitz in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland getätigten Geschäfte verantwortlich. Davon unbeschadet bleibt die direkte Zugriffsmöglichkeit der zuständigen Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates des Rechtsträgers auf diese Aufzeichnungen. 272
Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen
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Schrifttum: Buhl/Kaiser, Herausforderungen und Gestaltungschancen aufgrund von MiFID in der Kundenberatung, ZBB 2008, 43; CESR, CESR Level 3 Recommendations on the List of minimum records in article 51 (3) of the MiFID implementing Directive, February 2007, Ref: CESR/06–552 c; FMA, Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten gem § 22 Abs 4 WAG 2007; Spindler/Kasten, Organisationspflichten nach der MiFID und ihre Umsetzung, AG 2006, 785; Teuber, Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung im Überblick, BKR 2006, 429. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 22): „Abs. 1 setzt Art. 13 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Aus Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG ergibt sich, dass Papier ein dauerhafter Datenträger ist und daher schriftliche Unterlagen jedenfalls für die Erfüllung der Anforderungen des Abs. 3 geeignet sind. Abs. 4 setzt Art. 51 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Diese Bestimmung schafft keine neuen Aufzeichnungspflichten, sondern soll die FMA verpflichten, eine Dokumentation der auf Grund anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder einer auf Grundlage dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen bestehenden Aufzeichnungspflichten zu erstellen. Die Mindestaufzeichnungen entsprechen im Wesentlichen den auf Level 3 von CESR erstellten „Empfehlungen für eine Liste von Mindestaufzeichnungen gemäß Art. 51 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG“. Abs. 5 setzt Art. 13 Abs. 9 der Richtlinie 2004/39/EG um.“
Übersicht I.
Zielrichtung der Aufzeichnungs- bzw Aufbewahrungspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aufzeichnungspflichten in anderen Rechtsmaterien . . . . . . . . . . . III. Konkretisierung der Aufzeichnungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Generalklausel für die Aufzeichnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Aufzeichnungspflichten im Rahmen der Erteilung von Kundenaufträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Aufzeichnungspflichten nach Ausführung des Kundenauftrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Aufbewahrungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Medium der Aufzeichnung bzw Aufbewahrung . . . . . . . . . . . . . . . . F. Liste der Mindestaufzeichnungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufsichtsbefugnisse im Zusammenhang mit Zweigstellen gemäß § 12 Abs 4 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Zielrichtung der Aufzeichnungs- bzw Aufbewahrungspflichten 1 Bereits die Vorgängerbestimmung des § 17 WAG aF hat in Grundzügen
Aufzeichnungspflichten hinsichtlich der Kundenaufträge, der Anweisungen des Kunden, der handelnden Personen sowie des Anlegerprofils gemäß § 13 Z 3 WAG aF vorgesehen (vgl Winternitz, WAG § 17 Rz 1). 2 Die Aufzeichnungspflichten sind ausschließlich im Interesse der Kontrolle oder strafbehördlichen Verfolgung durch die FMA bzw durch sonstige Aufsichts- oder Verwaltungsstrafbehörden, die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und durch die Strafgerichte normiert (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 17 Rz 1). Laut Kalss/Oppitz/Zollner lassen sich aus einer Verletzung der Aufzeichnungspflichten gemäß § 17 WAG aF keine Schadenersatzansprüche durch Kunden ableiten (vgl Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 92). Diese aufsichtsrechtliche Zielrichtung wird im Vergleich zu § 17 WAG aF in § 22 Abs 1 WAG nunmehr auch dezidiert ausgesprochen. Die Aufzeichnungen sollen es der FMA ermöglichen, die Einhaltung der Anforderungen des WAG zu überprüfen und sich va zu vergewissern, ob der Rechtsträger sämtliche Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden eingehalten hat. Es ist jedoch auch damit zu rechnen, dass Kunden versuchen werden, die Vorlage dieser Unterlagen auch in Zivilprozessen zu verlangen, um auf diesem Weg Schadenersatzansprüche begründende Pflichtverletzungen zu beweisen (Teuber, BKR 2006, 436).
II. Aufzeichnungspflichten in anderen Rechtsmaterien 3 Konkrete Aufzeichnungspflichten ergeben sich bereits aus der allge-
meinen zivilrechtlichen Rechnungslegungspflicht in Auftragsverhältnissen gemäß § 1012 ABGB (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 17 Rz 2; Winternitz, WAG § 17 Rz 3), wonach bei der gewerblichen Erbringung von Dienstleistungen jeder einzelne Auftrag, hiezu erteilte Anweisungen des Kunden und die Auftragsausführung aufzuzeichnen sind. 4 Besonderheiten der Aufzeichnungspflicht ergeben sich aus der Sonderstellung des Kommissionsgeschäfts iSd § 384 Abs 2 UGB, das die Grundlage für das Ausführungsgeschäft darstellt. Dem Kunden sind die erforderlichen Nachrichten zu übermitteln, insb ist von der Aus274
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führung der Kommission unverzüglich Anzeige zu machen und über das Geschäft Rechenschaft abzulegen. Eine eingeschränkte Rechenschaftspflicht gegenüber dem Kunden kommt nur im Falle des Selbsteintrittes durch den Kommissionär iSd § 400 Abs 2 UGB in Betracht (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 17 Rz 2). Die Pflicht des ausführenden Instituts (Kommissionärs) beschränkt sich darauf, Rechenschaft über den Abschluss des Kaufes oder Verkaufs abzulegen, und auf den Nachweis, dass bei dem berechneten Preis der zum Zeitpunkt der Ausführung der Kommission bestehende Börsen- oder Marktpreis eingehalten wurde.
III. Konkretisierung der Aufzeichnungspflichten A. Generalklausel für die Aufzeichnung § 22 Abs 1 setzt Art 13 Abs 6 MiFID um. § 22 Abs 1 stellt die Gene- 5 ralklausel für die Aufzeichnungspflichten eines Rechtsträgers dar, welche in den Abs 2 bis 4 näher konkretisiert werden. Spindler/Kasten sehen Art 13 Abs 6 im Rahmen der Organisationsverpflichtungen als eine Art Auffangtatbestand für Dokumentationspflichten einer Wertpapierfirma (Spindler/Kasten, AG 2006, 788). In § 22 Abs 1 wird auf Art 7 und 8 DVO verwiesen, die das Führen von Aufzeichnungen in Bezug auf Kundenaufträge und Handelsentscheidungen spezifizieren.
B. Aufzeichnungspflichten im Rahmen der Erteilung von Kundenaufträgen Gemäß Art 7 DVO hat eine Wertpapierfirma zu jedem von einem 6 Kunden eingegangenen Auftrag und für jede Handelsentscheidung betreffend die Erbringung einer Portfolioverwaltungsdienstleistung unverzüglich den Namen oder sonstige Bezeichnung des Kunden, den Namen oder sonstige Bezeichnung jeder relevanten Person, die im Auftrag des Kunden handelt, den Kauf-/Verkaufsindikator, die Identifikation des Instruments, den Stückpreis, die Währung der Notierung, die (Nominale) Menge, die Art der Mengenangabe, den Auftragstyp, sonstige Details, Bedingungen oder spezifische Anweisungen des Kunden betreffend Art und Weise der Ausführung des Kundenauftrages sowie das Datum sowie den genauen Zeitpunkt des Eingangs des Kundenauftrages bei der Wertpapierfirma bzw der Entscheidung über den Handel mit diesem Kundenauftrag aufzuzeichnen. Unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes sind nach Ansicht von 7 Buhl/Kaiser die Aufzeichnungspflichten, die im Zusammenhang mit 275
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dem Kundenkontakt bestehen, problematisch, da die zu dokumentierenden Informationen personenbezogene Kundendaten enthalten (Buhl/Kaiser, ZBB 2008, 45). Es ist bedenklich, dass die Dokumentation nicht vom Kunden unterschrieben und an diesen ausgehändigt werden muss, sondern lediglich der Überprüfung der Aufzeichnungspflicht durch die zuständige Behörde dient. Nach Auffassung von Buhl/Kaiser stellt dies eine datenschutzrechtlich eigentlich problematische Weitergabe an Dritte dar (Buhl/Kaiser, ZBB 2008, 46).
C. Aufzeichnungspflichten nach Ausführung des Kundenauftrages 8 Art 8 DVO ist die korrespondierende Bestimmung hinsichtlich der
Aufzeichnungspflichten nach Ausführung des Kundenauftrages bzw der Handelsentscheidung. Demgemäß sind unverzüglich nach Ausführung eines Kundenauftrages oder im Falle von Wertpapierfirmen, die Aufträge an eine andere Person zwecks Ausführung weiterleiten, unverzüglich nach Erhalt der Bestätigung des ausgeführten Auftrages der Name oder sonstige Bezeichnung des Kunden, der Handelstag, die Handelszeit, der Kauf-/Verkaufsindikator, die Identifikation des Instruments, der Stückpreis, die Währung der Notierung, die (Nominale) Menge, die Art der Mengenangabe, die Gegenpartei, die Identifikation des Handelsplatzes, das Gesamtentgelt, welches das Produkt aus Stückpreis und Quantität ist, die Art des Geschäfts, falls es sich nicht um einen Kauf-/Verkaufsauftrag handelt, und die natürliche Person, die das Geschäft ausgeführt hat bzw für die Ausführung zuständig ist, aufzuzeichnen. Bei der Übermittlung eines Auftrags zur Ausführung durch eine Wertpapierfirma an eine andere Person zeichnet die Wertpapierfirma unverzüglich nach der Übermittlung den Namen oder sonstige Bezeichnung des Kunden, dessen Auftrag übermittelt wurde, Name oder sonstige Bezeichnung der Person, an die der Auftrag übermittelt wurde, die Bedingungen des übermittelten Auftrags, das Datum und den genauen Zeitpunkt der Übermittlung auf. 9 Gemäß Erwägungsgrund 6 DVO sollte eine Bezugnahme auf den Typ des Auftrages als Bezugnahme auf den Status des Auftrags als Limitauftrag, Auftrag zum Marktpreis oder eine bestimmte andere Art von Auftrag verstanden werden. Eine Bezugnahme auf die Art des Auftrags oder des Geschäfts sollte als Bezugnahme auf Aufträge zur Zeichnung von Wertpapieren oder auf die Zeichnung von Wertpapieren bzw als Bezugnahme auf Aufträge zur Ausübung einer Option oder die Ausübung einer Option oder als Bezugnahme auf vergleichbare Kundenaufträge oder -geschäfte verstanden werden. 276
Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen
§ 22
D. Aufbewahrungsdauer Gemäß Erl RV setzt § 22 Abs 2 den Art 51 Abs 1 MiFID-DRL um. 10 Im Unterschied zu der bisherigen Aufzeichnungsdauer von sechs Jahren (vgl § 17 Abs 2 WAG aF) ist nunmehr eine Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren vorgesehen. Diesbezüglich wurde insb ein Gleichklang mit den Aufzeichnungspflichten in Bezug auf die Legitimierungsdaten bzw Transaktionsbelege gemäß § 40 Abs 3 BWG hergestellt. Abweichungen ergeben sich aus den handelsrechtlichen Vorschriften zur Aufbewahrungspflicht/Aufbewahrungsfrist gemäß § 212 UGB, wonach ein Unternehmer seine Bücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse samt den Lageberichten, Konzernabschlüsse samt den Konzernlageberichten, empfangene Geschäftsbriefe, Abschriften der abgesendeten Geschäftsbriefe und Belege für Buchungen in den von ihm gemäß § 189 Abs 1 UGB zu führenden Büchern (Buchungsbelege) sieben Jahre lang geordnet aufzubewahren hat (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 17 Rz 4). Der Fristenlauf zur Aufbewahrungspflicht ist je nach Wertpapier- 11 dienstleistung unterschiedlich zu betrachten. Handelt es sich um eine einmalige Annahme und Übermittlung von Aufträgen, ohne dass ein sich über einen längeren Zeitraum erstreckendes Beratungs- bzw sonstiges Betreuungsverhältnis zugrunde liegt, beginnt die Frist grundsätzlich mit dem letzten schriftlichen Kontakt mit dem Kunden, im Normalfall mit der Zusendung der Abrechnung des Wertpapierauftrages, zu laufen. Bei länger andauernden Schuldverhältnissen zum Kunden, insb bei einem nicht auf einen konkreten Geschäftsfall geschlossenen Beratungs- und Vermögensverwaltungsvertrages, kann sich insgesamt eine über den Zeitraum von fünf Jahren zeitlich hinausgehende Aufbewahrungspflicht aus dem an das Ende der Geschäftsbeziehung anknüpfenden Beginn der Aufbewahrungsfrist ergeben. Gewisse Unterlagen, wie zB mit dem Kunden abgeschlossene Verträge 12 (Konto- und Depoteröffnungsverträge, Vermögensverwaltungsverträge) oder Vertragsbedingungen, sind nach der neuen Rechtslage immer zumindest für die Dauer der Geschäftsbeziehung aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren kann in außergewöhnlichen 13 Fällen von der FMA für einzelne oder alle derartige Aufzeichnungen ausgedehnt werden. Im Hinblick auf die Regelung des § 212 UGB, der dann eine längere Aufbewahrungspflicht vorsieht, solange wie die Aufzeichnungen für ein anhängiges gerichtliches oder behördliches Verfahren, in dem der Unternehmer Parteistellung hat, von Bedeutung sind, geht die Regelung des § 22 Abs 2 Z 2 WAG wohl in die gleiche Richtung. Im Rahmen einer Untersuchung könnte sich für die FMA 277
§ 22
Sedlak
ergeben, dass als Untersuchungszeitraum ein Zeitraum zu definieren ist, der länger als fünf Jahre zurückliegt. Die Betonung auf den Ausnahmefall erfordert wohl eine entsprechende Begründung seitens der FMA, warum ein längerer Zeitraum für die Aufbewahrung erforderlich ist. 14 Z 2 letzter Satz sieht für die FMA die Möglichkeit vor, dass diese bei Rücknahme oder Erlöschen der Konzession anordnen kann, dass die Aufzeichnungen bis zum Ablauf eines höchstens fünfjährigen Zeitraums aufzubewahren sind. Eine solche Anordnung kann insb dann erforderlich sein, um nachzuvollziehen, ob die in § 5 Abs 3 WAG vorgesehene Bedingung für die Zurücklegung der Konzession, nämlich dass sämtliche Wertpapierdienstleistungen abgewickelt worden sind, auch eingehalten wurde (vgl dazu § 5 Rz 9 f).
E. Medium der Aufzeichnung bzw Aufbewahrung 15 § 22 Abs 3 setzt Art 51 Abs 2 MiFID-DRL um. Die Klarstellung der
Erl RV, wonach sich aus Art 3 Abs 1 MiFID-DRL ergibt, dass Papier ein dauerhafter Datenträger ist und daher schriftliche Unterlagen jedenfalls für die Erfüllung der Anforderungen des § 22 Abs 3 geeignet sind, ist wohl auf Grund der Verwendung des Begriffs Datenträger im Zusammenhang mit den Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten notwendig. Die eigentliche Umsetzung des Art 3 erfolgt aber in § 16 WAG (vgl § 16 Rz 1). Eine direkte Anknüpfung an den Begriff des „dauerhaften Datenträgers“ war nicht möglich, da der Begriff in § 1 Z 28 WAG als Medium definiert wird, das es dem Kunden gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen zu speichern, einzusehen und wiederzugeben (vgl § 1 Rz 37). Diese Bestimmung des § 1 Z 28 iVm mit § 16 WAG hat klar den Anlegerschutz zum Ziel. § 22 WAG hat hingegen – wie oben unter Rz 2 angeführt – die Überprüfungsmöglichkeit durch die FMA als Vorgabe. Spindler/Kasten konkretisieren, dass die Aufsichtsbehörde in der Lage sein muss, die wesentlichen Vorgänge der Transaktionen nachvollziehen zu können, wobei besonderer Wert auf die Fälschungssicherheit und die Datensicherheit gelegt wird. Im Hinblick auf die Datensicherheit wird auf den Stand der Technik abzustellen sein (Spindler/Kasten, AG 2006, 789). 16 Als Datenträger kommt auch die elektronische Aufbewahrung in Betracht, sofern die Anforderungen der Rekonstruierbarkeit, Fälschungs- und Manipulationssicherheit erfüllt sind. Brandl/Saria weisen auf den Verlust des Beweismittels „Originalurkunde“ hin, weil zB durch die ausschließliche elektronische Sicherung des Anlegerprofils und die Vernichtung des Originals nicht mehr festgestellt werden kann, 278
Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen
§ 22
ob die Unterschrift tatsächlich vom Anleger geleistet wurde (vgl Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 104). Die Aufzeichnungen müssen der FMA unverzüglich dh unter Berück- 17 sichtigung einer angemessenen Zeitdauer für die Reproduktion/Beschaffung der Unterlagen zugänglich gemacht werden können. In jedem Fall muss gewährleistet sein, dass jede wichtige Phase der Bearbeitung sämtlicher Geschäfte rekonstruierbar ist und die Modifikation sowie der Inhalt der Aufzeichnungen vor diesen Korrekturen und Änderungen leicht feststellbar sind (FMA, Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten, www.fma.gv.at). Darüber hinaus trifft den Rechtsträger die Pflicht, die Aufzeichnungen ausreichend gegen missbräuchliche Zugriffe und Manipulationen zu schützen.
F. Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten Abs 4 setzt Art 51 Abs 3 MiFID-DRL um. Bereits die Erl RV stellen 18 klar, dass mit dieser Bestimmung keine neuen Aufzeichnungspflichten geschaffen werden, sondern die FMA verpflichtet werden soll, eine Dokumentation der auf Grund anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder einer auf Grundlage dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung bestehenden Aufzeichnungspflichten zu erstellen. Die Mindestaufzeichnungen entsprechen im Wesentlichen den auf Level 3 von CESR erstellten „Empfehlungen für eine Liste von Mindestaufzeichnungen gemäß Art 51 Abs 3 der Richtlinie 2006/73/EG“. Auch in den CESR Empfehlungen (CESR, CESR Level 3 Recommendations on the List of minimum records in article 51 [3] of the MiFID implementing Directive, February 2007, Ref: CESR/06–552 c, 2) wird statuiert, dass hier keine über die MiFID samt Durchführungsmaßnahmen hinausgehenden zusätzlichen Verpflichtungen geschaffen werden sollen. Die nationalen Aufsichtsbehörden haben jedoch die Möglichkeit, in den jeweiligen nationalen Listen allfällige sich zusätzliche oder sonst aus nationalen Gesetzesbestimmungen ergebende Aufzeichnungspflichten hinzuzufügen. Gemäß den CESR-Empfehlungen sind ua die Identität und die Kategorisierung des Kunden, die Kundenvereinbarung sowie die Kundenangaben nach Art 19 Abs 4 und 5 MiFID (umgesetzt in §§ 44 f WAG) aufzuzeichnen. Die FMA veröffentlichte auf ihrer Homepage ein Verzeichnis der 19 Mindestaufzeichnungspflichten gemäß § 22 Abs 4 (abrufbar unter www.fma.gv.at). Dieses Verzeichnis listet in Form eines Rasters die Mindestaufzeichnungspflichten auf, wobei es zwischen organisatorischen Aufzeichnungspflichten, Aufzeichnungspflichten iZm Marketingunterlagen/Finanzanalysen, Aufzeichnungspflichten iZm dem 279
§ 23
Kreisl
Kundenkontakt, Aufzeichnungspflichten im Rahmen der Orderausführung, Aufzeichnungspflichten iZm dem Halten von Kundengeldern/ Kundenfinanzinstrumenten und Aufzeichnungspflichten meldepflichtiger Institute unterscheidet. In jeder Kategorie nennt das Verzeichnis in jeweils einer Spalte Art, Inhalt und Zeitpunkt der Aufzeichnung. Dieses Verzeichnis konkretisiert die im WAG 2007 enthaltenen Aufzeichnungspflichten und stellt für die Adressaten (Rechtsträger iSd § 15) eine Anleitung dar. Rechtsträger können darüber hinaus auch umfangreichere und detaillierte Aufzeichnungen führen.
IV. Aufsichtsbefugnisse im Zusammenhang mit Zweigstellen gemäß § 12 Abs 4 WAG 20 Abs 5 setzt Art 13 Abs 9 MiFID um. Abs 5 ist in Zusammenschau mit
§ 12 Abs 4 WAG der Teile des WAG für Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich, die Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben, anwendbar macht (vgl § 12 Rz 12 ff). Die Aufsicht diesbezüglich obliegt der FMA (vgl § 14 Rz 1 f).
Persönliches Geschäft § 23. Für die Zwecke der §§ 24 und 37 ist ein „persönliches Geschäft“ ein Geschäft mit einem Finanzinstrument, das von einer relevanten Person für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter getätigt wird und 1. die relevante Person außerhalb ihres Aufgabenbereichs handelt, für den sie bei dem Rechtsträger zuständig ist oder 2. das Geschäft für Rechnung einer der folgenden Personen erfolgt: a) der relevanten Person, b) einer Person, zu der sie eine familiäre Bindung im Sinne des § 48 a Abs. 1 Z 9 lit. a bis c BörseG oder eine enge Verbindung hat, c) einer Person, deren Verhältnis zur relevanten Person so beschaffen ist, dass Letztere ein direktes oder indirektes wesentliches Interesse am Ausgang des Geschäfts hat; dies gilt nicht, wenn das Interesse ausschließlich in einer Gebühr oder Provision für die Abwicklung des Geschäfts besteht. Schrifttum: Schlicht, Compliance nach Umsetzung der MiFID-Richtlinien, BKR 2006, 469.
280
Persönliches Geschäft
§ 23
Erl RV GP XXIII RV (zu § 23): „Diese Bestimmung setzt Art. 11 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II. III. IV.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Relevante Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handel für Rechnung bestimmter anderer Personen . . . . . . . . . . . Handel außerhalb des Aufgabenbereichs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4–6 7–9 10
I. Allgemeines Die in § 23 enthaltene Definition des Begriffs „persönliches Geschäft“ 1 übernimmt den Wortlaut von Art 11 MiFID-DRL fast wortidentisch. Aus systematischer Sicht wäre eine solche Definition wohl bereits in § 1 aufzunehmen gewesen. Zur Definition des Begriffs „Finanzinstrument“ vgl § 1 Z 6 (§ 1 Rz 11 ff). Nach § 23 liegt ein persönliches Geschäft vor, wenn einerseits das 2 Geschäft von einer relevanten Person für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter getätigt und andererseits eine der in Z 1 oder Z 2 genannten Bedingungen erfüllt wird. Die Textierung des § 23 wurde wortgleich der dt Fassung von Art 11 MiFID-DRL nachgebildet. Die englische Fassung dieser Passage lautet hingegen: „. . . a trade in a financial instrument effected by or on behalf of a relevant person . . .“. Die Wendung „von einer relevanten Person für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter“ ist vor diesem Hintergrund weit zu interpretieren, sodass sowohl Geschäfte die unmittelbar durch die relevante Person für eigene Rechung oder Rechnung Dritter getätigt werden, als auch im Namen der relevanten Person getätigte Geschäfte erfasst sind. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass eine solche Interpretation insb auch erforderlich ist, um der Bestimmung über die Ausnahme für Geschäfte, die im Rahmen einer diskretionären Portfolioverwaltung „im Namen einer relevanten Person“ getätigt werden (§ 24 Abs 3 Z 1; vgl § 24 Rz 31), nicht ihres Anwendungsbereichs zu berauben. Darüber hinaus ist erforderlich dass entweder (Z 1) die relevante Per- 3 son außerhalb ihres Aufgabenbereichs handelt, für den sie bei dem Rechtsträger zuständig ist, oder (Z 2) das Geschäft für Rechnung der relevanten Person (lit a) oder bestimmter in lit b und c genannter Personen abgeschlossen wird, die zu der relevanten Person in einem besonderen Naheverhältnis stehen. 281
§ 23
Kreisl
II. Relevante Person 4 Der Begriff „relevante Person“ wird in § 1 Z 29 definiert (vgl Art 2
Abs 3 MiFID-DRL und § 1 Rz 32). § 1 Z 29 lit a nennt „Gesellschafter oder ein Mitglied der Geschäftsleitung oder ein vertraglich gebundener Vermittler“. Der Begriff „Gesellschafter“ ist vor dem Hintergrund der englischen Fassung von Art 2 Abs 3 lit a MiFID-DRL („a director, partner or equivalent, manager or tied agent of the firm“) teleologisch zu reduzieren auf „persönlich haftende Gesellschafter“, soweit diese zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft befugt sind (etwa die Komplementäre einer OG bzw einer KG; eine vergleichbare Einschränkung auf „persönlich haftende(n) Gesellschafter und vergleichbare Personen“ wird durch die korrespondierende Vorschrift des § 33 b Abs 1 Z 1 dWpHG ausdrücklich angeordnet; vgl dazu Assmann/Schneider, WpHG5 § 22 b Rz 2, wonach eine „restriktive Interpretation“ – vor dem Hintergrund der europarechtlichen Vorgaben – als „sachgerecht“ anzusehen ist). Es wäre jedenfalls überschießend, (anonyme) Gesellschafter und Aktionäre, denen vergleichbare Rechte nicht zustehen, in die Organisationspflichten nach § 24 mit einzubeziehen, zumal nicht zu erwarten wäre, dass die effektive Eingliederung dieser Personen in das unternehmensinterne ComplianceRegime (Meldepflichten, Sperr- und Beobachtungslisten etc) effektiv zu bewerkstelligen wäre. Diese Interpretation ist auch für die in § 1 Z 29 lit b genannten Personen maßgeblich. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzueisen, dass als vertraglich gebundene Vermittler („tied agents“) sowohl natürliche als auch juristische Personen in Frage kommen (vgl § 1 Z 20 und die Erl RV zu § 28; ferner § 28 Rz 3).
5 Weitere relevante Personen sind nach § 1 Z 29 lit c die Mitarbeiter des
Unternehmens („Angestellte“) bzw des vertraglich gebundenen Vermittlers, der für ein Unternehmen tätig wird, sowie darüber hinaus natürliche Personen, die von diesen außerhalb eines Dienstvertrages beschäftigt werden (etwa auf Basis eines Ausbildungsverhältnisses, als Leiharbeiter oder als „freie Mitarbeiter“ zur Verfügung stehen; vgl die Begründung zu § 33 b Abs 1 dWpHG). Bloße „Lieferanten“, die für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erforderliche Materialien verkaufen bzw Dienstleistungen erbringen, unterliegen jedoch § 3 f grundsätzlich nicht (vgl Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 b Rz 2). Werden jedoch Aufgaben nach Maßgabe von §§ 25 f delegiert, so ist zu bedenken, dass nach § 1 Z 29 lit d ebenso natürliche Personen als „relevante Personen“ gelten, die im Rahmen einer Auslagerung unmittelbar an der Erbringung von Dienstleistungen beteiligt sind, welche die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten 282
Persönliches Geschäft
§ 23
ermöglichen (s § 1 Rz 32). Im Übrigen ist auf die in § 24 Abs 2 Z 2 letzter Satz enthaltene „Sonderregel“ für Delegationen zu verweisen (siehe § 24 Rz 23). Im Vergleich zu § 18 WAG aF, der nur die persönlichen Transaktionen 6 der „Angestellten“ eines Unternehmens erfasste, umfasst die Definition von „persönlichen Geschäften“ nach § 23 somit auch Personen, die keine Mitarbeiter des Unternehmens sind, sondern bloß (mittelbar) für das Unternehmen tätig werden (vgl Schlicht, BKR 2006, 474).
III. Handel für Rechnung bestimmter anderer Personen § 23 erfasst nicht nur Geschäfte für Rechnung einer relevanten Per- 7 son, sondern auch für Rechnung von Personen, die zur relevanten Person in einem bestimmten Naheverhältnis stehen. Nach § 23 Z 2 lit b gelten als solche, der relevanten Person nahe 8 stehende Personen Ehegatten oder (gleichgestellte) Lebensgefährten (§ 48 a Abs 1 Z 9 lit a BörseG), unterhaltsberechtigte Kinder (§ 48 a Abs 1 Z 9 lit b BörseG) oder sonstige Familienmitglieder, die vor dem betreffenden Geschäft für die Dauer von mindestens einem Jahr mit der relevanten Person in einem Haushalt gelebt haben (§ 48 a Abs 1 Z 9 lit c BörseG). Die Generalklausel in § 23 Z 2 lit c soll darüber hinaus sämtliche sons- 9 tige Geschäfte für Rechnung Dritter erfassen, sofern die relevante Person ein direktes oder indirektes wesentliches Interesse am Ausgang des Geschäfts hat. Ausgenommen davon sind jedoch Geschäfte, bei denen das Interesse der relevanten Person ausschließlich in der (üblichen) Gebühr oder Provision für die Abwicklung des Geschäfts besteht.
IV. Handel außerhalb des Aufgabenbereichs Darüber hinaus werden nach § 23 Z 1 sämtliche Geschäfte in Finanz- 10 instrumente erfasst, die von einer relevanten Person außerhalb ihres Aufgabenbereichs getätigt werden, für die sie bei dem Rechtsträger zuständig ist, ohne weiter darauf Bedacht zu nehmen, für wessen Rechnung ein solches Geschäft getätigt wird. Solche Geschäfte unterliegen somit auch dann §§ 23 f, wenn sie auf Rechnung von Personen getätigt werden, die zu der relevanten Person in keinem qualifizierten Naheverhältnis stehen (vgl auch Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 b Rz 3). 283
§ 24
Kreisl
Arten der persönlichen Geschäfte § 24. (1) Ein Rechtsträger hat angemessene Vorkehrungen zu treffen und dauernd einzuhalten, um relevante Personen, deren Tätigkeiten zu einem Interessenkonflikt Anlass geben könnten, oder die aufgrund von Tätigkeiten, die sie im Namen des Rechtsträgers ausüben, Zugang zu Insider-Informationen im Sinne von § 48 a Abs. 1 Z 1 BörseG oder zu anderen vertraulichen Informationen über Kunden oder über Geschäfte haben, die mit oder für Kunden getätigt werden, daran zu hindern, 1. ein persönliches Geschäft zu tätigen, bei dem zumindest eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: a) die Person darf das Geschäft gemäß den §§ 48 b bis 48 d BörseG oder einer in einem anderen Mitgliedstaat auf Grund der Richtlinie 2003/6/EG erlassenen Vorschriften nicht tätigen; b) das Geschäft geht mit dem Missbrauch oder der vorschriftswidrigen Weitergabe der vertraulichen Informationen einher; c) das Geschäft verstößt gegen eine Pflicht des Rechtsträgers nach diesem Bundesgesetz oder es besteht Grund zur Annahme, dass es gegen eine solche verstoßen könnte; 2. außerhalb ihres regulären Beschäftigungsverhältnisses oder Dienstleistungsvertrags einer anderen Person ein Geschäft mit Finanzinstrumenten zu empfehlen, das, wenn es sich um ein persönliches Geschäft der relevanten Person handeln würde, unter Z 1, § 37 Abs. 2 Z 1 oder 2 oder § 55 Abs. 4 fallen würde, oder die andere Person zu einem solchen Geschäft zu veranlassen; 3. außerhalb ihres regulären Beschäftigungsverhältnisses oder Dienstleistungsvertrags Informationen oder Meinungen an eine andere Person weiterzugeben, wenn die relevante Person weiß oder nach vernünftigem Ermessen wissen müsste, dass diese Weitergabe die andere Person dazu veranlasst oder veranlassen kann, a) ein Geschäft mit Finanzinstrumenten zu tätigen, das, wenn es sich um ein persönliches Geschäft der relevanten Person handeln würde, unter Z 1, § 37 Abs. 2 Z 1 oder 2 oder § 55 Abs. 4 fallen würde, oder b) einer anderen Person ein solches Geschäft zu empfehlen oder eine andere Person zu einem solchen Geschäft zu veranlassen. (2) Die in Abs. 1 vorgeschriebenen Vorkehrungen müssen insbesondere Folgendes gewährleisten: 1. Jede unter Abs. 1 fallende relevante Person hat die Beschränkungen bei persönlichen Geschäften und die Maßnahmen, die der 284
Arten der persönlichen Geschäfte
2.
3.
1.
2.
§ 24
Rechtsträger im Hinblick auf persönliche Geschäfte und Informationsweitergabe gemäß Abs. 1 getroffen hat, zu kennen. Der Rechtsträger ist unverzüglich über jedes persönliche Geschäft einer unter Abs. 1 fallenden relevanten Person zu unterrichten. Dies kann entweder durch Meldung des Geschäfts oder durch andere Verfahren, die dem Rechträger die Feststellung solcher Geschäfte ermöglichen, erfolgen. Wenn der Rechtsträger Aufgaben ausgelagert hat, hat er sicherzustellen, dass der Dienstleister persönliche Geschäfte aller relevanten Personen festhält und dem Rechtsträger auf Verlangen unverzüglich mitteilt. Ein dem Rechtsträger gemeldetes oder von ihm festgestelltes persönliches Geschäft sowie jede Erlaubnis und jedes Verbot im Zusammenhang mit einem solchen Geschäft ist festzuhalten. (3) Von Abs. 1 und 2 sind ausgenommen: persönliche Geschäfte, die im Rahmen eines Vertrags über die Portfolioverwaltung mit Entscheidungsspielraum getätigt werden, sofern vor Abschluss des Geschäfts keine diesbezüglichen Kontakte zwischen dem Portfolioverwalter und der relevanten Person oder der Person, für deren Rechnung das Geschäft getätigt wird, stattfinden; persönliche Geschäfte mit Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen gemäß § 2 Z 35 lit. a und b BWG; dies gilt auch für Anteile an sonstigen Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates einem gleich hohen Maß an Risikostreuung unterliegen und diesbezüglich beaufsichtigt werden; die relevante Person und jede andere Person, für deren Rechnung die Geschäfte getätigt werden, dürfen nicht an der Geschäftsleitung des betreffenden Organismus beteiligt sein.
Schrifttum: Schlicht, Compliance nach Umsetzung der MiFID-Richtlinien, BKR 2006, 469. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 24): „Diese Bestimmung setzt Art. 12 der Richtlinie 2006/73/EG um. Das Verletzen von Rechtsvorschriften anderer Mitgliedstaaten, die auf der MarktmissbrauchsRichtlinie beruhen, müssen auch erfasst werden.“
285
§ 24
Kreisl
Übersicht I. II. III. A. 1. 2. 3. B. IV. A. B. 1. 2. 3. 4. 5. V. A. B.
Organisationsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu erfassender Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweck der einzurichtenden Vorkehrungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhinderung bestimmter persönlicher Geschäfte. . . . . . . . . . . . . . Insiderinformationen bzw Marktmanipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . Missbräuchliche Verwendung vertraulicher Informationen. . . Verstoß gegen Pflichten des Rechtsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhinderung von Empfehlungen; Informationsweitergabe . . Umfang und Inhalt der einzurichtenden Vorkehrungen . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konkrete Maßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Meldung von persönlichen Geschäften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentation von persönlichen Geschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beobachtungs- und Sperrlisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bekanntmachung der getroffenen Vorkehrungen. . . . . . . . . . . . . . Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diskretionäre Portfolioverwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönliche Geschäfte mit Fondsanteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–4 5–8 9–16 9–15 9–13 14 15 16 17–30 17–18 19–30 19–23 24 25–28 29 30 31–33 31 32–33
I. Organisationsvorschriften 1 Entgegen der irreführenden Überschrift enthält § 24 keine Darstellung
bestimmter „Arten persönlicher Geschäfte“, sondern verpflichtet Rechtsträger iSd § 15 Abs 1, mit Ausnahme von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten aus Mitgliedstaaten, die ihre Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben (dies ergibt sich aus § 12 Abs 4 WAG und § 9 Abs 7 BWG), zur institutionalisierten Kontrolle von „persönlichen Geschäften“ iSd § 23 und zur Beschränkung der Weitergabe bestimmter Informationen bzw der Abgabe von Empfehlungen an Dritte. Die Beschränkung des „Informationsflusses“ an Außenstehende soll verhindern, dass „unternehmensfremden“ Personen die Vornahme verpönter Geschäfte ermöglicht wird. 2 Für einen Rechtsträger tätige Personen haben aus ihrer beruflichen Tätigkeit oftmals Zugang zu Insiderinformationen und sonstigen vertraulichen Informationen. Es besteht daher das Potential, dass solche Personen diesen „Informationsvorsprung“ – auf Kosten der Kunden des Unternehmens bzw der sonstigen Marktteilnehmer – selbst ausnützen oder dies dritten Personen durch die Weitergabe von Informationen ermöglichen (insb „Insiderhandel“ bzw „Markmanipulation“). § 24 verpflichtet Rechtsträger, zur Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der persönlichen Geschäfte relevanter Personen und der Weitergabe von 286
Arten der persönlichen Geschäfte
§ 24
„sensiblen“ Informationen „angemessene Vorkehrungen zu treffen und dauernd einzuhalten“. Die nach § 24 einzurichtenden Vorkehrungen bilden einen Teilbereich 3 der Compliance-Organisation eines Rechtsträgers iSd § 18. Sie dienen vor allem auch der Bewältigung von Interessenkonflikten, die bei Vornahme persönlicher Geschäfte zwischen den relevanten Personen und den Kunden bzw der relevanten Personen und dem Rechtsträger entstehen können (vgl Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 138; siehe auch Punkt 2 des SCC, Modul 3 – Richtlinie für Geschäfte von Mitarbeitern in Kreditinstituten: „Mitarbeitergeschäfte dürfen nicht gegen die Interessen der Kunden oder des Kreditinstituts abgeschlossen werden“; zum SCC siehe Rz 18), und sind damit gleichzeitig auch Vorkehrungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten iSd § 34. Darüber hinaus stellen sie wichtige Maßnahmen zur Prävention von Insiderhandel und Marktmanipulation dar. § 24 dient der Umsetzung von Art 12 MiFID-DRL. Die bislang in § 18 4 WAG („Regeln für persönliche Geschäfte“ bzw „Mitarbeitergeschäfte“) nur rudimentär vorhandenen (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 18 Rz 2) gesetzlichen Vorschriften werden damit wesentlich verdichtet.
II. Zu erfassender Personenkreis Verpflichtend von „angemessenen Vorkehrungen“ zur Verhinderung 5 (verbotener) persönlicher Geschäfte bzw der (verbotenen) Weitergabe vertraulicher Informationen zu erfassen sind nach § 24 Abs 1 nur relevante Personen, deren Tätigkeiten zu einem Interessenkonflikt Anlass geben könnten, oder die auf Grund von Tätigkeiten, die sie im Namen des Rechtsträgers ausüben, Zugang zu Insider-Informationen im Sinne von § 48 a Abs 1 Z 1 BörseG oder zu anderen vertraulichen Informationen über Kunden oder über Geschäfte haben. Die erste Alternative erfasst somit nicht sämtliche Interessenkonflikte, 6 die aus persönlichen Geschäften entstehen können, sondern nur solche, die sich aus der Tätigkeit der relevanten Person für den Rechtsträger ergeben (vgl Art 12 MiFID-DRL [englische Fassung]: „any relevant person who is involved in activities that may give rise to a conflict of interest“). Derartige Interessenkonflikte werden insb in Bezug auf jene Personen entstehen, die mit dem Handel von Wertpapieren für einen Rechtsträger betraut sind. 287
§ 24
Kreisl
7 Die zweite Alternative erfasst neben Insiderinformationen iSd § 48 a
Abs 1 Z 1 BörseG auch „andere vertrauliche Informationen“, die den Kunden selbst oder dessen Transaktionen betreffen. Davon umfasst sind „… sensible Informationen, die Insiderinformationen vergleichbar sind“ (Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 b Rz 4). Typischerweise sind damit Personen betroffen, die enge Kundenkontakte pflegen (etwa Vertriebsmitarbeiter oder die Geschäftsleiter). 8 Es kann aus § 24 demnach keine allgemeine gesetzliche Verpflichtung abgeleitet werden, sämtliche „Mitarbeiter“ eines Rechtsträgers von den in § 24 genannten Verfahren zu erfassen (vgl auch § 24 Abs 2 Z 1 und 2: „unter Abs 1 fallende relevante Person“). Zu bedenken bleibt jedoch, dass der Zugang zu Insiderinformationen iSd § 48 a Abs 1 Z 1 BörseG bzw sonstigen vertraulichen Informationen nicht nur aus einem unmittelbaren Kontakt mit unternehmensexternen Personen erlangt werden kann, sondern auch (mittelbar) durch Kontakte mit Personen (insb Mitarbeitern), die wiederum über solche Kontakte verfügen. Es ist daher anzunehmen, dass – um überhaupt (relevante) Personen aus der Anwendung der Vorkehrungen nach § 24 ausnehmen zu können – jedenfalls hinreichende Verfahren implementiert sein müssen, die eine unternehmensinterne Weitergabe von Insiderinformationen und sonstigen vertraulichen Informationen verhindern, wie etwa die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen und deren Absicherung durch „Chinese Walls“ (siehe § 35 Rz 16 ff).
III. Zweck der einzurichtenden Vorkehrungen A. Verhinderung bestimmter persönlicher Geschäfte 1. Insiderinformationen bzw Marktmanipulation 9 § 24 Abs 1 Z 1 lit a nennt Geschäfte, die gemäß den §§ 48 b bis 48 d
BörseG nicht getätigt werden dürfen. Damit gemeint sind die börserechtlichen Vorschriften zur Verhinderung des Missbrauchs von Insiderinformationen (§ 48 b BörseG) bzw der Marktmanipulation (§ 48 c BörseG) (vgl dazu etwa Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 20 Rz 1 ff, § 21 Rz 1 ff). Die genannten Bestimmungen wurden in Umsetzung der MarktmissbrauchsRL (RL 2003/6/EG) durch BGBl I 127/2004 in das BörseG eingefügt. Darüber hinaus sollen auch Verstöße gegen vergleichbare Vorschriften, die der Umsetzung der MarktmissbrauchsRL in anderen Mitgliedstaaten dienen, verhindert werden. 288
Arten der persönlichen Geschäfte
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Der Insider-Tatbestand des § 48 b BörseG erfasst einerseits (Abs 1) 10 Personen, die als Insider (siehe § 48 b Abs 4 BörseG) eine InsiderInformation mit dem Vorsatz ausnützen, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, indem sie (Z 1) davon betroffene Finanzinstrumente kaufen, verkaufen oder einem Dritten zum Kauf oder Verkauf anbieten, empfehlen oder (Z 2) diese Information, ohne dazu verhalten zu sein, einem Dritten zugänglich machen („Primärinsider“); andererseits (Abs 2) auch Personen die ohne Insider zu sein („Sekundärinsider“) eine Insider-Information, die ihnen mitgeteilt wurde oder sonst bekannt geworden ist, auf die in Abs 1 bezeichnete Weise mit dem Vorsatz ausnützen, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Darüber hinaus macht sich strafbar (Abs 3), wer eine Information in Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis davon, dass es sich um eine Insider-Information handelt, auf die in Abs 1 bezeichnete Weise, jedoch ohne den Vorsatz, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, verwendet. Kernstück des Tatbestands ist die Definition des Begriffs „Insider- 11 information“ in § 48 a Abs 1 Z 1 BörseG (vgl dazu ausführlich Kalss/ Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 20 Rz 13 ff). Auch Marktinformationen, wie die Kenntnis der Orderlage in Bezug auf ein Finanzinstrument, zählen zu den Insiderinformationen (zutreffend Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 20 Rz 13 ff). Relevante Personen, die ihre Kenntnis von der Erteilung einer Kurs beeinflussenden Großorder ausnützen, indem sie unmittelbar vorab („Vorlaufen“ bzw „front running“) oder zugleich („Parallellaufen“ bzw „parallel running“) selbst Wertpapiergeschäfte tätigen, um von der nachfolgenden Kursentwicklung zu profitieren, verwirklichen damit regelmäßig ein Insiderdelikt (vgl Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 20 Rz 17 ff; Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 80 ff). Dies trifft ebenso auf relevante Personen zu, die in Kenntnis der Orderlage unterschiedliche Kundenlimits durch Gegenorders gezielt abschöpfen („Gegenlaufen“ bzw „counter running“, siehe auch Assmann/ Schneider, WpHG5 § 31 Rz 9, § 33 Rz 15). Der Marktmanipulationstatbestand des § 48 c BörseG gliedert sich in 12 drei Tatbestandsvarianten (vgl dazu ausführlich Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 21 Rz 3 ff). Die erste Variante (§ 48 a Abs 1 Z 2 lit a BörseG) erfasst Geschäfte oder Kauf- bzw Verkaufsaufträge, die (lit aa) falsche oder irreführende Signale für das Angebot von Finanzinstrumenten, die Nachfrage danach oder ihren Kurs geben oder geben könnten, oder (lit ab) den Kurs eines oder mehrerer Finanzinstrumente durch eine Person oder mehrere, in Absprache handelnde Personen in 289
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der Weise beeinflussen, dass ein anormales oder künstliches Kursniveau erzielt wird, es sei denn, dass die Person, welche die Geschäfte abgeschlossen oder die Aufträge erteilt hat, legitime Gründe dafür hatte, und dass diese Geschäfte oder Aufträge nicht gegen die zulässige Marktpraxis auf dem betreffenden geregelten Markt verstoßen. Die zweite Variante (§ 48 Abs 1 Z 2 lit b BörseG) bezieht sich auf Geschäfte oder Kauf- bzw Verkaufsaufträge unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder unter Verwendung sonstiger Täuschungshandlungen. Die dritte Variante (§ 48 Abs 1 Z 2 lit c BörseG) bezieht sich auf die Verbreitung von Informationen über die Medien einschließlich Internet oder auf anderem Wege, die falsche oder irreführende Signale in Bezug auf Finanzinstrumente geben oder geben könnten, ua durch Verbreitung von Gerüchten sowie falscher oder irreführender Nachrichten, wenn die Person, die diese Informationen verbreitet hat, wusste oder wissen hätte müssen, dass sie falsch oder irreführend waren. 13 Prinzipiell vom Tatbestand der Marktmanipulation umfasst ist somit das „Skalpieren“ bzw „scalping“: Dabei wird durch die öffentlichkeitswirksame Kauf- bzw Verkaufsempfehlung insb durch „Börsengurus“ (siehe Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 20 Rz 28 ff) der Kurs eines Finanzinstruments gezielt beeinflusst, um den Wert der Eigenbestände zu erhöhen bzw den Wert von Finanzinstrumenten – zur „Vorbereitung“ eines Erwerbs für den Eigenbestand – in den Keller zu treiben (siehe auch Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 79).
2. Missbräuchliche Verwendung vertraulicher Informationen 14 Nach § 24 Abs 1 Z 1 lit b sollen persönliche Geschäfte verhindert
werden, die mit dem Missbrauch oder der vorschriftswidrigen Weitergabe vertraulicher Informationen einhergehen. Damit wird insb die Einhaltung des Bankgeheimnisses (§ 38 BWG) bzw der Vorschriften des DatenschutzG abgesichert (zu den bereits aus dem Bankgeheimnis abzuleitenden Organisationspflichten siehe Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz R21 ff). Soweit sich die vertraulichen Informationen auf die Orderlage beziehen wird uU bereits § 24 Abs 1 Z 1 lit a erfüllt sein (vgl auch § 55 Abs 4; vgl dazu § 55 Rz 13).
3. Verstoß gegen Pflichten des Rechtsträgers 15 § 24 Abs 1 Z 1 lit c sieht als Generalklausel vor, dass sämtliche per-
sönliche Geschäfte hintan zu halten sind, die gegen eine Pflicht des Rechtsträgers nach dem WAG 2007 verstoßen, bzw für die Grund zur Annahme besteht, dass gegen solche Pflichten verstoßen werden könnte. Damit sollen offenbar auch persönliche Geschäfte einge290
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schränkt werden, die – obgleich sie nicht formell rechtswidrig sind – doch den Anschein der Rechtswidrigkeit erwecken und dadurch dem Ansehen des Rechtsträgers abträglich sind. In diesem Zusammenhang hält der SCC, Modul 3, Punkt 3 folgendes fest: „Mitarbeiter sollen Transaktionen unterlassen, die dazu dienen, durch häufigen Abschluss von Geschäften und Gegengeschäften Vorteile aus sich sehr kurzfristig ergebenden Kurs-/ Preisunterschieden zu erzielen. […] Mitarbeiter sollen ferner Geschäfte unterlassen, die betragsmäßig in einem Missverhältnis zu ihrem Einkommen und Vermögen stehen“ (zum SCC siehe Rz 18).
B. Verhinderung von Empfehlungen; Informationsweitergabe Nach § 24 Abs 1 Z 2 ist zu verhindern, dass relevante Personen außer- 16 halb ihres regulären Beschäftigungsverhältnisses oder Dienstleistungsvertrags einer anderen Person bestimmte Geschäfte mit Finanzinstrumenten empfehlen bzw zu solchen Geschäften veranlassen. Dem stellt Z 3 die Weitergabe von Informationen gleich, wenn die relevante Person weiß oder nach „vernünftigem Ermessen“ wissen musste, dass diese Informationsweitergabe die andere Person zu einem solchen Geschäft veranlasst oder veranlassen kann. § 24 Abs 1 Z 2 und 3 beziehen sich auf jene Geschäfte, die unter Z 1 (siehe Rz 9 ff), § 37 Abs 2 Z 1 oder 2 (besondere Handelseinschränkungen für Finanzanalysten, vgl dazu § 37 Rz 3 ff) oder § 55 Abs 4 (Missbrauch von vertraulichen Informationen; vgl dazu § 55 Rz 13) fallen würden, wenn es sich um ein persönliches Geschäft der relevanten Person handeln würde. Es handelt sich somit um Geschäfte, die, wenn sie die relevante Person selbst tätigen würde, gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen würden. Es sollen damit Fälle erfasst werden, in denen zwar die relevante Person kein verpöntes Geschäft tätigt, jedoch einer dritten Person (die selbst keine relevante Person ist) eine Empfehlung erteilt oder auch nur hinreichende Informationen weitergibt, die es ihr ermöglichen, eine solche Transaktion zu tätigen.
IV. Umfang und Inhalt der einzurichtenden Vorkehrungen A. Allgemeines Welche Vorkehrungen angemessen iSd § 24 Abs 1 sind, kann nur 17 individuell für das jeweilige Unternehmen bestimmt werden. Es kann 291
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dabei auf die in § 35 Abs 1 festgesetzten Kriterien zurückgegriffen werden. Demnach haben auch die nach § 24 Abs 1 zu implementierenden Verfahren insb der Größe des jeweiligen Unternehmens (dh insb auch der Zahl der Mitarbeiter) und der jeweiligen Unternehmensorganisation sowie der Art, dem Umfang und der Komplexität der betriebenen Geschäfte Rechnung zu tragen (vgl § 35 Rz 4). Zu beachten ist jedoch die (demonstrative) Aufzählung von Mindestanforderungen (arg: „müssen insbesondere“) in § 24 Abs 2 Z 1 bis 3. 18 Darüber hinaus kann zur Beantwortung der Frage, welche Vorkehrungen als angemessen zu betrachten sind, auf den Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft (SCC) zurückgegriffen werden, der detaillierte Vorschriften für Maßnahmen in Bezug auf die Zulässigkeit und Kontrolle von persönlichen Geschäften enthält (Stand 28. 12. 2007; verfügbar unter www.fma.gv.at). Auch wenn es sich um keine formelle Rechtsquelle handelt, kommt den Bestimmungen des SCC eine besondere Bedeutung zu, da er einen Branchenstandard für österreichische Kreditinstitute iSd „best practice“ vorgibt („Selbstregulierung“; zum Rechtscharakter des SCC siehe VwGH 11. 05. 2003, 2003/17/0212). Für börsennotierte Rechtsträger sind darüber hinaus insb auch § 82 Abs 5 BörseG (vgl dazu Hausmaninger in Frölichsthal/ Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 16 ff) und die einschlägigen Vorschriften der auf Grundlage von §§ 48 d Abs 11 und 82 Abs 6 BörseG erlassenen Emittenten-Compliance-Verordnung 2007 der FMA, BGBl II 2007/213 relevant.
B. Konkrete Maßnahmen 1. Meldung von persönlichen Geschäften 19 Die Möglichkeit der Kontrolle von persönlichen Geschäften hängt
grundlegend von deren Kenntnis ab. Daher verpflichtet § 24 Abs 2 Z 2 Rechtsträger dazu, Verfahren einzuführen, die gewährleisten, dass sie über jedes persönliche Geschäft einer unter Abs 1 fallenden, relevanten Person unterrichtet werden. Eine solche Unterrichtung kann entweder durch Meldung des Geschäfts erfolgen oder durch andere Verfahren, die dem Rechträger die Feststellung solcher Geschäfte ermöglichen. 20 Nach Punkt 6 des SCC, Modul 3, haben sämtliche Mitarbeiter auf Verlangen des KI vollständige Auskunft über sämtliche Mitarbeitergeschäfte inkl Depotüberträge zu geben. Soweit erforderlich haben sämtliche Mitarbeiter das konto- bzw depotführende Kreditinstitut gegenüber dem Compliance-Verantwortlichen (bzw „Compliance-Officer“) vom Bankgeheimnis zu entbinden und sämtliche datenschutzrechtlich relevante Zustimmungen zu geben (Punkt 6 SCC, Modul 3). Sämtlichen 292
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Mitarbeitern ist die Abwicklung von „Tafelgeschäften“ in Finanzinstrumenten (Erwerb bzw Veräußerung von Finanzinstrumenten über den Bankschalter [„über die Tafel“] ohne Verwendung eines Verrechnungskontos bzw eines Depots) untersagt (Punkt 5 SCC, Modul 3). Mitarbeiter, die in Vertraulichkeitsbereichen arbeiten, haben darüber 21 hinaus eigene Depots und damit zusammenhängende Konten (Verrechnungskonten) grundsätzlich beim eigenen Kreditinstitut zu führen (vgl Punkt 5 SCC, Modul 3.). Eigene Depots und die damit zusammenhängenden Konten können ausnahmsweise und auf Grund einer Genehmigung der Geschäftsleitung auch bei einem anderen Kreditinstitut geführt werden. Voraussetzung dafür ist die Entbindung des fremden Kreditinstituts vom Bankgeheimnis und die Abgabe sämtlicher datenschutzrelevanter Zustimmungserklärungen. Die betreffenden Depots und Konten sind darüber hinaus dem Compliance-Verantwortlichen zu melden (Punkt 5 SCC, Modul 3). Weiters haben Mitarbeiter in Vertraulichkeitsbereichen Meldungen von 22 persönlichen Geschäften („Mitarbeitergeschäften“) an den Compliance-Verantwortlichen zu richten, der auch die Verantwortung zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit der persönlichen Geschäfte bzw der Geheimhaltung von damit iZ stehenden vertraulichen Informationen trägt. Diese Meldepflicht kann jedoch entfallen, falls für den Compliance-Verantwortlichen eine „unmittelbare Abfragemöglichkeit“ hinsichtlich dieser Depots bzw Verrechnungskonten besteht (vgl Punkte 5 und 6 SCC, Modul 3; dies wird jedoch regelmäßig nur hinsichtlich jener Depots bzw Konten der Fall sein, die beim „eigenen Kreditinstitut“ geführt werden). Werden Dienstleistungen durch Dritte im Rahmen einer Auslagerung 23 erbracht (vgl §§ 25 f), so ist vertraglich sicherzustellen, dass der Delegationspartner persönliche Geschäfte aller relevanten Personen festhält und dem Rechtsträger auf Verlangen unverzüglich mitteilt (§ 24 Abs 2 Z 2 letzter Satz). Diese Dokumentation muss dem auslagernden Rechtsträger auf Verlangen vorgelegt werden können, was durch eine entsprechende Vertragsgestaltung sicherzustellen ist (Schlicht, BKR 2006, 474; Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 b Rz 5; vgl § 25 Rz 26).
2. Dokumentation von persönlichen Geschäften Es ist jedes persönliche Geschäft verpflichtend zu dokumentieren, das 24 dem Rechtsträger gemeldet wurde, bzw von dem er sonst Kenntnis erlangt hat, ebenso jede Erlaubnis und jedes Verbot im Zusammenhang mit einem solchen Geschäft (§ 24 Abs 2 Z 3). Nach Maßgabe von Punkt 11 SCC, Modul 3, hat der Compliance-Verantwortliche auch sämtliche Verstöße gegen diese Richtlinie zu dokumentieren. 293
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3. Beobachtungs- und Sperrlisten 25 Zur Kontrolle von Mitarbeitergeschäften sieht der SCC darüber hinaus
die Führung und laufende Aktualisierung von Beobachtungs- bzw Sperrlisten durch den Compliance-Verantwortlichen vor. 26 In die Beobachtungsliste (siehe SCC, Modul 2 – Insiderrecht &
Marktmanipulation, Punkt 5.2.1.) sind jene Finanzinstrumente aufzunehmen, zu denen nicht öffentlich zugängliche anlage- und preisrelevante Informationen vorliegen. Es handelt sich um eine in ihrer Gesamtheit nur dem Compliance-Verantwortlichen zugängliche Liste, welche die Beobachtung von Eigenhandelsgeschäften oder persönlichen Geschäften ermöglichen soll. Die Abteilungen bzw Mitarbeiter sind dazu verpflichtet, compliance-relevante Informationen an den Compliance-Verantwortlichen weiterzuleiten und betroffene Finanzinstrumente zur Aufnahme in die Beobachtungsliste zu melden. Mit der Eintragung eines Finanzinstruments in diese Liste sind vorerst keine (unmittelbaren) rechtlichen Folgen verbunden; va gibt es keine Handels- bzw Beratungsbeschränkungen für diese Finanzinstrumente (vgl SCC, Modul 2, Punkt 5.2.1.2.). 27 Verdichten sich Informationen über Unternehmen, deren Finanzinstru-
mente auf der Beobachtungsliste stehen, oder gibt es neue Informationen, auf Grund derer sofortige wesentliche Kursänderungen zu erwarten sind, sind diese Finanzinstrumente unverzüglich in der Sperrliste zu führen (SCC, Modul 2, Punkt 5.2.1.3.). Die Sperrliste (siehe SCC, Modul 2, Punkt 5.2.2. ff) ist grundsätzlich unternehmensweit bekannt zu machen („unternehmensweite Sperrliste“; dieser stellt der SCC eine „selektive Sperrliste“ gegenüber, die nur für bestimmte Unternehmensteile oder Personen gilt; siehe SCC, Modul 2, Punkt 5.2.2.2.), nicht jedoch der Grund für die Aufnahme der Finanzinstrumente in die Sperrliste. Die Sperrliste unterliegt im Übrigen dem Bankgeheimnis nach § 38 BWG. Persönliche Geschäfte in Finanzinstrumente, die in der Sperrliste geführt werden, dürfen nicht getätigt werden. Der Erwerb durch den Rechtsträger im Rahmen des Eigenhandels ist eingeschränkt möglich (vgl SCC, Modul 2 Insiderrecht & Marktmanipulation, Punkt 6; siehe auch § 35 Rz 19). 28 Der SCC sieht auch die Möglichkeit für den Rechtsträger vor, persön-
liche Geschäfte in Finanzinstrumente der Beobachtungs- bzw der Sperrliste ex post zu stornieren. (SCC, Modul 3 RL für Mitarbeitergeschäfte, Punkt 7.; vgl im Übrigen die detaillierte Darstellung bei Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 22 Rz 22 ff). Zu Einzelfragen im Zusammenhang mit der Einrichtung von „Beobachtungsund Verbotslisten“ siehe Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 Rz 11. 294
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4. Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen Eine weitere Maßnahme sowohl zur Hintanhaltung verbotener persön- 29 licher Geschäfte iSd § 24 als auch zur Vermeidung von Interessenkonflikten iSd §§ 34 f ist die Kontrolle des unternehmensinternen Informationsflusses durch die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen (zu den inhaltlichen Anforderungen an Vertraulichkeitsbereiche vgl § 35 Rz 15 ff, insb Rz 16).
5. Bekanntmachung der getroffenen Vorkehrungen Die in § 24 Abs 2 Z 1 verpflichtend vorgesehene Bekanntmachung der 30 nach § 24 Abs 1 implementierten Maßnahmen soll es den Betroffenen ermöglichen, ihr Verhalten entsprechend den Anweisungen des Rechtsträgers auszurichten. Die Bekanntmachung der Vorschriften für persönliche Geschäfte liegt daher nicht nur im Interesse ihrer effektiven Implementierung, sondern auch im Interesse der relevanten Personen, indem durch klare Handlungsanordnungen für Rechtssicherheit gesorgt wird.
V. Ausnahmen A. Diskretionäre Portfolioverwaltung § 24 Abs 3 Z 1 nimmt persönliche Geschäfte, die im Rahmen einer 31 diskretionären Portfolioverwaltung getätigt werden, vom Anwendungsbereich der Abs 1 und 2 aus (vgl § 23 Rz 2). Voraussetzung dafür ist jedoch, dass vor Abschluss des Geschäfts „keine diesbezüglichen Kontakte“ zwischen der relevanten Person bzw der Person, für deren Rechnung ein solches Geschäft getätigt wird, und dem Verwalter bestehen. Damit dürfte wohl das Management eines Portfolios nach (allgemeinen) Richtlinien ohne Intervention des Kunden hinsichtlich einzelner Geschäfte gemeint sein (vgl auch Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 b Rz 6). Eine missbräuchliche Verwendung von Insiderinformationen bzw sonstigen vertraulichen Informationen wird in einem solchen Fall kaum zu befürchten sein.
B. Persönliche Geschäfte mit Fondsanteilen § 24 Abs 3 Z 2 nimmt persönliche Geschäfte mit Anteilen an einem 32 Kapitalanlagefonds einer inländischen Kapitalanlagegesellschaft gemäß § 1 Abs 1 InvFG (§ 2 Z 35 lit a BWG, „erster Ausnahmetatbestand“) und Anteilen an einem Investmentfonds, der den Vorschrif295
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ten der RL 85/611/EWG unterliegt („OGAW“, § 2 Z 35 lit b BWG, „zweiter Ausnahmetatbestand“), von den nach Abs 1 und 2 zu implementierenden Verfahren ausdrücklich aus. Der dritte Ausnahmetatbestand („für Anteile an sonstigen Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen“) bezieht sich nach der Wendung „nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates“ offenbar nur auf Fonds, die von einer Verwaltungsgesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat aufgelegt wurden. Der genaue Inhalt der weiteren Voraussetzungen („Maß an Risikostreuung“, „Beaufsichtigung“) bleibt jedoch unklar, sodass es derzeit (vorbehaltlich einer Klärung durch die FMA) praktisch nicht empfehlenswert ist, sich auf diese Ausnahme zu stützen. 33 § 24 Abs 3 Z 2 letzter Satz enthält eine Einschränkung, wonach die relevante Person und andere Personen, für deren Rechnung die Geschäfte getätigt werden, nicht „an der Geschäftsleitung“ des betreffenden Organismus beteiligt sein dürfen. Nach der englischen Fassung von Art 12 Abs 3 lit b MiFID-DRL soll diese Ausnahme in Fällen gelten „. . . where the relevant person and any other person for whose account the transactions are effected are not involved in the management of that undertaking“. Damit dürften aber nicht die Geschäftsleiter gemeint sein (vgl Art 9 MiFID-DRL: „persons who effectively direct the business“), sondern jene Personen, die mit dem Management des Fondsvermögens betraut sind. Dies werden auch jene Personen sein, die über kursrelevante Informationen in Bezug auf den Fonds (bzw dessen Vermögenswerte) verfügen.
2. Abschnitt Auslagerung und Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben an Dienstleister § 25. (1) Ein Rechtsträger hat sicherzustellen, dass beim Rückgriff auf Dritte (Dienstleister) zur Wahrnehmung betrieblicher Aufgaben, die für die kontinuierliche und zufrieden stellende Erbringung von Dienstleistungen für Kunden und Ausübung von Anlagetätigkeiten wesentlich sind, angemessene Vorkehrungen gemäß Anlage 1 zu § 25 getroffen werden, um unnötige zusätzliche Geschäftsrisiken zu vermeiden. Die Auslagerung wesentlicher betrieblicher Aufgaben an Dienstleister darf jedenfalls nicht so erfolgen, dass die Qualität der internen Kontrolle oder die Möglichkeit der FMA zu überprüfen, ob 296
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das Unternehmen sämtlichen Anforderungen genügt, wesentlich beeinträchtigt werden. Bei Abschluss, Durchführung oder Kündigung einer Vereinbarung über die Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben, Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten an einen Dienstleister ist mit der gebotenen Professionalität und Sorgfalt zu verfahren. Insbesondere ist eine klare Aufteilung der Rechte und Pflichten zwischen dem Rechtsträger und dem Dienstleister in Form einer schriftlichen Vereinbarung vorzunehmen. (2) Eine betriebliche Aufgabe ist wesentlich im Sinne von Abs. 1, wenn deren unzureichende oder unterlassene Wahrnehmung die jederzeitige Einhaltung der Konzessionsvoraussetzungen oder der anderen Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Rechtsträgers oder die Solidität oder Kontinuität der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten wesentlich beeinträchtigen würde. Folgende Aufgaben werden jedenfalls nicht als wesentlich betrachtet: 1. Für einen Rechtsträger erbrachte Beratungs- und andere Dienstleistungen, die nicht Teil seines Anlagegeschäfts sind, insbesondere die Beratung in Rechtsfragen, Mitarbeiterschulungen, die Buchhaltung und die Bewachung von Gebäuden und Schutz von Mitarbeitern; 2. der Erwerb standardisierter Dienstleistungen, wie insbesondere Marktinformationsdienste und Preisdaten. (3) Ein Rechtsträger, der wesentliche betriebliche Aufgaben oder Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten auslagert, ist für die Erfüllung aller seiner Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz verantwortlich und hat insbesondere Folgendes zu gewährleisten: 1. Die Auslagerung darf nicht zu einer Delegation der Aufgaben der Geschäftsleitung führen; 2. das Verhältnis und die Pflichten des Rechtsträgers gegenüber seinen Kunden müssen unverändert bleiben; 3. die Voraussetzungen für eine Konzession nach § 3 oder § 4 BWG müssen weiterhin erfüllt sein. Sofern der Rechtsträger und der Dienstleister ein und derselben Gruppe angehören, kann berücksichtigt werden, in welchem Umfang er den Dienstleister kontrolliert oder sein Handeln beeinflussen kann. (4) Auf deren Verlangen hat der Rechtsträger der FMA alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind, um zu überwachen, ob die Anforderungen dieses Bundesgesetzes betreffend die Auslagerung von Aufgaben eingehalten werden. 297
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Schrifttum: Bröker, Vertraglich gebundene Vermittler – eine grenzüberschreitende Betrachtung, ZFR 2008, 91; Fischer/Petri/Steidle, Outsourcing im Bankbereich – neue aufsichtsrechtliche Anforderungen nach § 25 a KWG und MaRisk, WM 2007, 2313; Harrer, Auslagerung bei Kreditinstituten und Wertpapierdienstleistungsunternehmen – Aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen für Outsourcing, ZFR 2007, 62; Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur – ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/ Kaindl (Hrsg), Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009), 15; Iro, Drittverwahrung von Wertpapieren: Regelungskonflikt zwischen §§ 29 ff WAG und DepG?, ÖBA 2009, 253; Kaetzler/Weirauch, Bankenaufsichtsrechtliche Aspekte von Outsourcingverhältnissen – Neue Anforderungen an die Auslagerungspraxis durch die Neufassung des KWG und der MaRisk, BKR 2008, 265; Knyrim. Datenschutzrechts-Compliance in der Bank, ÖBA 2007, 476; St. Korinek, Ausgliederung bei Versicherungen und Pensionskassen – Aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen für Outsourcing, ZFR 2007, 39; Kreisl, Der erlaubte Geschäftsbereich einer Kapitalanlagegesellschaft und die Grenzen der Aufgabendelegation, ÖBA 2005, 391; Kreisl/N. Raschauer, Der erlaubte Geschäftsbereich einer KAG für Immobilien im Lichte des europäischen Kapitalmarktrechts, wbl 2009, 313; Macher/Buchberger/Kalss/Oppitz (Hrsg), Investmentfondsgesetz (2008); N. Raschauer, Überlegungen zur grenzüberschreitenden Rechtsaufsicht über EWR-Finanzdienstleistungsunternehmen nach MiFID und WAG 2007, RdW 2009, 183; ders, Aktuelle Strukturprobleme des europäischen und österreichischen Bankenaufsichtsrechts (2009); Schütz/Waldherr, Die Auslagerung bankgeschäftlicher Tätigkeiten aus bankaufsichtsrechtlicher Sicht (Outsourcing), ÖBA 2007, 138; Spindler/Kasten, Organisationsverpflichtungen nach der MiFID und ihre Umsetzung, AG 2006, 785; Volk, Outsourcing der Ratingerstellung im Lichte des deutschen Datenschutzes und Bankgeheimnisses, ÖBA 2009, 372; Zahradnik/Schopper, Privat- und aufsichtsrechtliche Aspekte grenzüberschreitender Bankgeschäfte im Internet, ÖBA 2003, 21. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 25): „Abs. 1 setzt Art. 13 Abs. 5 erster Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 14 Abs. 2 erster Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 13 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 14 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2006/73/EG um. Z 4 setzt Art. 14 Abs. 1 lit. c und d um. Die FMA hat bei der Überprüfung der Gesetzmäßigkeit von Auslagerungen zu berücksichtigen, in welchem Umfang der in § 15 genannte Rechtsträger den Dienstleister kontrolliert oder sein Handeln beeinflussen kann. Dadurch ist das in Art. 14 Abs. 4 der Richtlinie 2006/73/EG ausdrücklich erwähnte Kriterium für die Ausübung des Ermessens der FMA bei der Beurteilung der Angemessenheit von Auslagerungsvereinbarungen umgesetzt. Jedoch hat die FMA auf Grund des AVG-Prinzips der Amtswegigkeit des Verfahrens (§ 39 Abs. 2 AVG) und der allgemeinen Grundsätze über den Beweis (§§ 45 und 46 AVG) den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen und als Beweis alles heranzuziehen, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts geeignet und nach
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Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Daher wird bei der Ermessensausübung ein umfassend aufsichtlicher Maßstab anzulegen sein. Daraus kann sich einerseits ergeben, dass eine berücksichtigungswürdige Einflussnahme auch in Fällen vorliegen kann, in denen die Gruppendefinition im engeren Sinn zwar nicht erfüllt ist, jedoch z. B. bei Vorliegen von Beteiligungen gemäß § 2 Z 2 BWG auslagernde Rechtsträger einzeln oder gemeinsam dartun können, dass die Möglichkeit, das Handeln des Dienstleisters wie in der Richtlinie gefordert beeinflussen zu können, nachweislich gegeben ist. Andererseits wird der umfassend aufsichtliche Prüfungsmaßstab für die Angemessenheit auch zu beinhalten haben, dass nicht eventuell andere Aufgaben des Dienstleisters dieser Einflussnahme durch den Rechtsträger entgegenstehen oder bei der Ausübung dieser anderen Aufgaben Nachteile oder Unvereinbarkeiten entstehen können; dies wäre beispielsweise anzunehmen, wenn der Dienstleister Aufgaben der Bankprüfung wahrnimmt, ohne ausreichende organisatorische Vorkehrungen getroffen zu haben, weil dies sowohl der Einflussnahme durch den Rechtsträger entgegenwirkt als auch Unvereinbarkeiten in Bezug auf die Bankprüferfunktion entstünden. Abs. 4 setzt Art. 14 Abs. 5 der Richtlinie 2006/73/EG um.“ Erl RV GP XXIII AB 182 (zu § 25 Abs. 1): „Redaktionelle Berichtigung.“ Erl RV GP XXIII AB 182 (zu den Anlagen zu §§ 25, 49 und 50): „Die Änderungen der bisherigen Anlagenbezeichnungen (Anlagennummerierung) sind durch die Einfügung der Anlagen zu § 40 notwendig. Eine redaktionelle Korrektur wird zudem in der Anlage 1 zu § 49 (vormals Anlage 2 zu § 49) vorgenommen.“
Übersicht I. II. III. IV. A. B. C. D.
Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wesentliche betriebliche Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angemessene Vorkehrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an die Delegationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . Auswahl eines geeigneten Dienstleisters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Effektive Überwachung und Steuerung des Dienstleisters . . . . . Vertraulichkeit und Datensicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Außerordentliche) Beendigung des Delegationsvertrags . . . . . .
1–9 10–12 13–20 21–29 22 23–26 27–28 29
I. Anwendungsbereich Mit In-Kraft-Treten der §§ 25 f, die der Umsetzung von Art 13 Abs 5 1 erster Unterabsatz MiFID und Art 14 f MiFID-DRL dienen, wird (soweit es den Anwendungsbereich des WAG 2007 betrifft) in Öster299
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reich erstmals ein allgemeines Regelwerk für die Funktionsauslagerung durch Kreditinstitute (siehe aber Rz 2) und Wertpapierfirmen bzw Wertpapierdienstleistungsunternehmen eingeführt (hier wie für § 26: Rechtsträger iSd § 15 Abs 1; jedoch sind § 12 Abs 4 und § 9 Abs 7 BWG zu beachten, wonach Wertpapierfirmen und Kreditinstitute aus Mitgliedstaaten, die ihre Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben, diese Bestimmungen nicht einhalten müssen). Die Umsetzung in Deutschland erfolgte durch das Finanzmarktrichtlinienumsetzungsgesetz – FRUG, womit die für das Outsourcing maßgeblichen § 25 a Abs 2 dKWG bzw § 33 Abs 2 dWpHG neu gefasst wurden. In diesem Zusammenhang wurden von der BaFin outsourcingrelevante Tatbestände in den Regelungstext der MaRisk eingearbeitet (vgl dazu etwa Kaetzler/Weirauch, BKR 2008, 265 ff). §§ 25 f sollen va „… sicherstellen, dass die Ordnungsmäßigkeit der Durchführung, die Minimierung der Interessenkonflikte und die Schlagkraft des internen Kontrollverfahrens nicht durch die Auslagerung von Unternehmensfunktionen und -prozessen […] beeinträchtigt werden“ (Assmann/ Schneider, WpHG5 § 33 Rz 21). Darüber hinaus ist bei einer Aufgabendelegation auch die Sorgfaltspflicht nach § 39 BWG einzuhalten (siehe Schütz/Waldherr, ÖBA 2007, 129 f; Höllerer/Puhm in Dellinger, BWG § 39 Rz 84 ff). Zu beachtende Sondervorschriften außerhalb des WAG 2007 finden sich insb in § 42 Abs 6 BWG (im Hinblick auf die Auslagerung der internen Revision von Kreditinstituten; vgl dazu die FMA-Mindeststandards für die interne Revision vom 18. 02. 2005, verfügbar unter www.fma.gv.at), in § 2 PSK-G (siehe Harrer, ZFR 2007, 2) und in § 40 Abs 8 BWG (Heranziehung Dritter zur Erfüllung von Identifikationspflichten im Rahmen der Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung). 2 Nicht vom Anwendungsbereich der MiFID erfasst sind nach Maßgabe
von Art 2 Abs 1 lit h MiFID „Organismen für gemeinsame Anlagen und Pensionsfonds, unabhängig davon, ob sie auf Gemeinschaftsebene koordiniert werden, sowie die Verwahrer und Verwalter solcher Organismen“. KAG iSd § 2 Abs 1 InvFG sind daher im Rahmen Ihrer Konzession nach § 1 Abs 1 Z 13 BWG vom Anwendungsbereich der MiFID bzw des WAG 2007 (vgl § 2 Abs 1 Z 9) ausgenommen (dies dürfte auch für Depotbanken bei der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben nach Maßgabe von § 23 InvFG gelten: Kreisl in Macher ua (Hrsg), InvFG § 23 Rz 32). In Umsetzung der OGAW-RL wurden für KAG in § 3 Abs 3 InvFG eigene (von § 25 f inhaltlich abweichende) Delegationsvorschriften festgesetzt (vgl dazu Kreisl, ÖBA 2005, 391). Diese Vorschriften wurden in § 3 Abs 3 ImmoInvFG auch für ImmoKAG, die ebenso nach Maßgabe von § 2 Abs 1 Z 9 vom Anwendungs-
300
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bereich des WAG 2007 ausgenommen sind, (inhaltlich) übernommen (siehe Kreisl/N. Raschauer, wbl 2009, 318 FN 44). Somit unterliegen die von der österreichischen Rechtsordnung als Spezial-Kreditinstitute ausgestalteten KAG nach § 1 Abs 1 Z 13 BWG und ImmoKAG nach § 1 Abs 1 Z 13 a BWG nicht den Delegationsvorschriften des WAG 2007. Für KAG normiert jedoch § 2 Abs 3 eine Gegenausnahme, soweit diese Wertpapierdienstleistungen (auf Grund einer Konzession zur Wertpapierberatung nach § 3 Abs 2 Z 1 bzw zur Portfolioverwaltung nach § 3 Abs 2 Z 2) erbringen. Da die Delegationsregime der MiFID bzw des WAG 2007 inhaltlich von jenen der OGAW-RL bzw des InvFG abweichen, können hier uU erhebliche rechtliche Abgrenzungsprobleme entstehen. Es ist jedoch – auf Grund des oben angeführten „Regel-Ausnahme-Prinzips“ – anzunehmen, dass im Rahmen des Anwendungsbereichs der Delegationsbestimmungen des WAG 2007 ausschließlich diese und nicht auch jene des InvFG anzuwenden sind. Vom Regime der MiFID abweichende Vorschriften zur Aufgabende- 3 legation bestehen ebenso für Versicherungen (§ 17 a VAG, „Ausgliederungsverträge“, siehe dazu St. Korinek, ZFR 2007, 41 ff). Nach Maßgabe von § 2 Abs 2 findet jedoch auf Versicherungsunternehmen, welche die Vermittlung von Investmentfondsanteilen gemäß § 3 Abs 3 VAG durchführen, hinsichtlich dieser Tätigkeit insb § 25 Anwendung. Innerhalb des 2. Abschnitts bilden zunächst § 25 (iVm der Anlage I), 4 der den „Grundtatbestand“ enthält, und § 26 (iVm den Bestimmungen der AusV) als Sondervorschrift für die Delegation der Verwaltung von Privatkundenportfolios eine Einheit. Der Einsatz von vertraglich gebundenen Vermittlern nach § 28 ist zwar grundsätzlich als ein Fall der Auslagerung iSd § 1 Z 31 anzusehen, da „… Teilbereiche der Erbringung von Finanzdienstleistungen – insbesondere der Vertrieb – auf unternehmensexterne Personen bzw Unternehmen, also auf Dritte übertragen [werden]“ (Bröker, ZFR 2008, 95). § 25 findet jedoch nur auf die Delegation „wesentlicher betrieblicher Aufgaben“ Anwendung (siehe Rz 5); eine solche kann aber mE bei einer Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern nicht schlechthin angenommen werden (siehe Rz 12). Die Regelungen des § 27 setzen keine Delegation iSd § 25 voraus, können aber gleichwohl auch in Situationen, in denen eine Delegation vorliegt, zur Anwendung kommen (siehe § 27 Rz 1). Kommt § 27 zur Anwendung, so gestaltet er auch die Aufteilung von Verantwortungsbereichen im Delegationsverhältnis, weshalb insofern von einer lex specialis zu § 25 gesprochen werden kann (siehe Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 27). 301
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5 Der Anwendungsbereich des § 25 (und darauf aufbauend auch des
§ 26) ist auf die Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben beschränkt. Dies geht unmissverständlich aus der Überschrift zu § 25 sowie aus § 25 Abs 1 erster Satz hervor (arg: „betrieblicher Aufgaben, die für die . . . Erbringung von Dienstleistungen für Kunden und Ausübung von Anlagetätigkeiten wesentlich sind“). Diese Einschränkung des Anwendungsbereichs der Auslagerungsbestimmungen steht im Einklang mit dem zweigliedrigen Ansatz der MiFID, wonach an die Auslagerung wichtiger betrieblicher Aufgaben konkrete Anforderungen gestellt werden, während die Auslagerung von untergeordneten Bereichen ohne Auflagen möglich sein soll (Spindler/Kasten, AG 2006, 787). So bezieht sich Art 13 Abs 5 erster Satz MiFID englische Fassung auf die Auslagerung „kritischer Funktionen“ („functions which are critical for the provision of continuous and satisfactory service“). Darauf basierend enthält Art 13 Abs 1 MiFID-DRL eine Definition jener Aufgaben, die als „kritisch oder wesentlich“ gelten sollen; sonstige (betriebliche) Aufgaben werden explizit ausgenommen. Auf Grundlage der europarechtlichen Vorgaben ist daher nur die Auslagerung besonders wichtiger Aufgaben, dh solcher Aufgaben, die als kritisch oder (sonst) wesentlich für die Dienstleistungserbringung anzusehen sind, einem Sonderregime zu unterstellen, während die Auslagerung sonstiger betrieblicher Aufgaben ohne Auflagen zulässig bleibt („untergeordnete Bereiche“, vgl Spindler/Kasten, AG 2006, 787; aA Harrer, ZFR, 2007, 66 f). 6 Die Definition der Auslagerung in Art 2 Z 6 DRL bzw § 1 Z 31
spricht von der Beauftragung von Dienstleistern mit Tätigkeiten, „die die Wertpapierfirma ansonsten selbst übernähme“ (vgl Iro, ÖBA 2009, 257). In Umsetzung dieser Bestimmung setzt die in § 1 Z 31 enthaltene Definition des Begriffs „Auslagerung“ voraus, dass Tätigkeiten „anstatt einer Wertpapierfirma oder einem Kreditinstitut“ erbracht werden. Damit ist gemeint, dass ohne Auslagerung das auslagernde Unternehmen die ausgelagerten Tätigkeiten selbst durchführen würde (siehe § 1 Rz 28); es ist hingegen nicht erforderlich, dass das auslagernde Unternehmen eine solche Tätigkeit tatsächlich bereits durchgeführt hat (siehe dazu auch die Auslagerungsdefinition der BaFin, MaRisk, AT 9–1). Vor diesem Hintergrund liegt keine „Wahrnehmung betrieblicher Aufgaben“ (iSd § 25 iVm § 1 Z 31) und demnach keine Delegation vor, wenn Leistungen bezogen werden, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen weder zum Zeitpunkt des Fremdbezugs noch in der Zukunft vom Institut erbracht werden können (Fischer/Petri/Steidle, WM 2007, 2316). Nach Ansicht der BaFin sind dies insb „die Nutzung von Zentralbankfunktionen innerhalb von Finanzverbünden, die Nut-
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zung von Clearingstellen im Rahmen des Zahlungsverkehrs und der Wertpapierabwicklung, die Einschaltung von Korrespondenzbanken oder die Verwahrung von Vermögensgegenständen von Kunden nach dem Depotgesetz“ (AT 9–1 „Sonstiger Fremdbezug von Leistungen“ Erläuterungen zu den MaRisk in der Fassung vom 30. 10. 2007; vgl dazu auch Iro, ÖBA 2009, 257). Keine Delegation iSd § 25 liegt jedenfalls dann vor, wenn Tätigkeiten 7 von Dritten erbracht werden, die nicht vom erlaubten Geschäftsbereich eines auslagernden Unternehmen umfasst sind; aus rechtlichen Gründen („unerlaubter Geschäftsbetrieb“) können solche Tätigkeiten vom auslagernden Unternehmen nicht (selbst) erbracht werden. Bedient sich daher etwa eine Wertpapierfirma, zur Auflage eines Investmentfonds einer „Master KAG“ (siehe dazu Kreisl, ÖBA 2005, 397 f) so liegt keine Delegation von Aufgaben der Wertpapierfirma an die KAG vor. In gleicher Weise kann nicht von einer Delegation gesprochen werden, wenn eine Wertpapierfirma mit Banken kooperiert, welche die Führung von Konten bzw Depots für diese Kunden übernehmen. Gesagtes gilt auch für die gebräuchliche Girosammelverwahrung, die nach Maßgabe von § 1 Abs 3 DepG bestimmten Institutionen vorbehalten ist (Iro, ÖBA 2009, 257). Auch wenn die Dauer der Delegation für die Definition des Begriffs 8 „Auslagerung“ in § 1 Z 31 (bzw Art 2 Z 6 MiFID-DRL) kein Kriterium ist, folgt aus § 25 Abs 1, dass die Bestimmungen zur Aufgabendelegation nur auf Auslagerungen von bestimmter Dauer anwendbar sind (arg: „für die kontinuierliche . . . Erbringung von Dienstleistungen“ bzw Art 13 Abs 5 MiFID: „provision of continuous . . . service“). Die Lösung von einzelnen Aufgabenstellungen bzw Einzelfallproblemen fällt daher nicht in den Anwendungsbereich der Delegationsbestimmungen (zust Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 26, die bereits ihre diesbezüglichen Ausführungen in ZFR 2007, 66 [„Bemerkenswert ist, dass diese Definition {Anm des Verfassers: nämlich jene des Art 2 Z 6 MiFID-DRL} in keiner Weise auf die Dauer der Auslagerungsmaßnahme abstellt. Konsequenz daraus wäre, dass auch die Lösung einer einzelnen Aufgabenstellung oder eines Einzelfallproblems durch einen externen Dritten grundsätzlich den Auslagerungstatbestand erfüllt. Ob das tatsächlich die Intention des Richtliniengebers war, erscheint mE zweifelhaft“] idS verstanden wissen möchte). Der „einmalige oder gelegentliche Fremdbezug von Gütern oder Dienstleistungen“ stellt daher keine Auslagerung iSd § 25 dar (vgl auch Fischer/Petri/Steidle, WM 2007, 2316). Vom Anwendungsbereich erfasst werden auch Delegationen innerhalb 9 einer Konzernstruktur (Spindler/Kasten, AG 2006, 787; vgl Rz 18, 23). 303
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II. Wesentliche betriebliche Aufgaben 10 Die in § 1 Z 31 enthaltene, überaus weite Definition wird durch § 25
Abs 1 insofern eingeschränkt als nur jene Tätigkeiten von den Delegationsbestimmungen erfasst sein sollen, die „für die kontinuierliche und zufrieden stellende Erbringung von Dienstleistungen für Kunden“ und für die „… Ausübung von Anlagetätigkeiten wesentlich sind“ (vgl Art 15 Abs 5 erster Unterabs MiFID-DRL [engl Fassung]: „for the performance of operational functions which are critical for the provision of continuous and satisfactory service to clients and the performance of investment activities“). Wesentlich für die kontinuierliche und zufrieden stellende Erbringung von Dienstleistungen für Kunden und die Ausübung von Anlagetätigkeiten sind jene Aufgaben, deren unzureichende oder unterlassene Wahrnehmung die jederzeitige Einhaltung der Konzessionsvoraussetzungen oder anderer Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Rechtsträgers oder die Solidität oder Kontinuität der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten wesentlich beeinträchtigen würde („wesentliche betriebliche Aufgaben“, Abs 2 iVm Abs 1 erster Satz). Kennzeichnend für die Wesentlichkeit einer Aufgabe sind somit va aufsichtsrechtliche Gesichtspunkte. Als wesentliche betriebliche Aufgaben werden daher primär Wertpapierdienstleistungen iSd § 1 Z 2 anzusehen sein. 11 Darüber hinaus enthält Abs 2 eine negative Abgrenzung. Keine wesentlichen betrieblichen Aufgaben sind demnach – Beratungs- und andere Dienstleistungen, die nicht Teil des Anlagegeschäfts eines Rechtsträgers sind, insb die Beratung in Rechtsfragen, Mitarbeiterschulungen, die Buchhaltung, die Bewachung von Gebäuden und der Schutz von Mitarbeitern (Z 1) sowie – der Erwerb standardisierter Dienstleistungen, wie insb Marktinformationsdienste und Preisdaten (Z 2). Die Aufzählung in Abs 2 ist demonstrativ (arg: „jedenfalls nicht“). Die Frage nach der Wesentlichkeit einer Delegation liegt im Übrigen in der Verantwortung der Geschäftsleiter, die eine diesbezügliche Beurteilung auf Basis einer umfassenden Risikoanalyse vorzunehmen haben (vgl Kaetzler/Weirauch, BKR 2008, 268). Werden Tätigkeiten innerhalb einer Unternehmensgruppe delegiert, so können sich effiziente Compliancestrukturen auf Gruppenebene sowie Durchgriffsrechte im Rahmen einer solchen Risikoanalyse risikomindernd auswirken, sodass bestimmte gruppeninterne Auslagerungen nicht mehr als wesentlich eingestuft werden müssen (so Kaetzler/Weirauch, BKR 2008, 269). Durch diesen „risikoorientierten Ansatz“ wird die Eigenverantwort304
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lichkeit der Rechtsträger betont (Volk, ÖBA 2009, 376). Wann eine betriebliche Aufgabe als wesentlich anzusehen ist, bleibt jedoch wenig konkret. Im Interesse der Rechtssicherheit erscheint daher eine weitere aufsichtsbehördliche Konkretisierung wünschenswert (vgl Harrer, ZFR 2007, 67). Fraglich erscheint vor diesem Hintergrund, inwiefern es bei der 12 Heranziehung Dritter zur Förderung des Vertriebs von Produkten bzw Dienstleistungen eines Rechtsträgers zu einer Delegation wesentlicher betrieblicher Aufgaben iSd § 25 kommt. Hier ist mE zwischen der (bloßen) Neukundenakquisition und der Pflege laufender Kundenbeziehungen zu unterscheiden. Der Neukundenakquisition kommt unbestritten aus wirtschaftlicher Sicht eminente Bedeutung zu: Um Wertpapierdienstleistungen überhaupt am Markt erbringen zu können, müssen zunächst Kunden geworben werden. Die bloße Vertriebstätigkeit, die mit erfolgter Vermittlung der Dienstleistung (bzw des Dienstleisters) oder des Produkts (bzw des Produzenten) endet, hat aber keinen unmittelbaren Einfluss auf „die kontinuierliche und zufrieden stellende Erbringung von Dienstleistungen für Kunden und Ausübung von Anlagetätigkeiten“, sondern ist diesen Tätigkeiten lediglich vorgelagert. Aus diesem Grund liegt mE in einem solchen Fall keine Delegation wesentlicher betrieblicher Aufgaben iSd § 25 vor. Der Abschluss einer Vertriebsvereinbarung, die den Absatz von Produkten bzw Dienstleistungen eines Rechtsträgers zum Inhalt hat, führt damit per se noch zu keiner Delegation iSd § 25. Dies gilt in gleicher Weise auch für die Heranziehung vertraglich gebundener Vermittler zu derartigen Tätigkeiten nach Maßgabe von § 28. Anders verhält es sich, falls (auch) die Pflege laufender Kundenbeziehungen an Dritte übertragen wird. Hier kann es zu Beratungsleistungen kommen, die sehr wohl als wesentlich iSd § 25 zu beurteilen sind.
III. Angemessene Vorkehrungen Rechtsträger, die wesentliche betriebliche Aufgaben delegieren, haben 13 nach Abs 1 angemessene Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass durch eine solche Auslagerung die Qualität der internen Kontrolle bzw die aufsichtsrechtlichen Möglichkeiten der FMA wesentlich beeinträchtigt werden (der umständlich formulierte Gesetzestext spricht in diesem Zusammenhang auch von der „Verhinderung unnötiger zusätzlicher Geschäftsrisiken“). Diese Vorkehrungen haben jedenfalls zu gewährleisten, dass 305
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– die Auslagerung nicht zu einer Delegation der Aufgaben der Geschäftsleitung führt (Abs 3 Z 1; vgl § 21 Rz 1; vgl dazu Schütz/ Waldherr, ÖBA 2007, 139 f; Harrer, ZFR, 2007, 65); – das Verhältnis und die Pflichten des Rechtsträgers gegenüber seinen Kunden unverändert bleiben (Abs 3 Z 2) sowie – die Voraussetzungen für eine Konzession nach § 3 oder § 4 WAG 2007 (der Verweis auf das BWG stellt ein Redaktionsversehen dar) weiterhin erfüllt sind (Abs 3 Z 3). Die zu treffenden Vorkehrungen werden in Anlage 1 zu § 25 („Auslagerungsbedingungen“) spezifiziert. Diese werden iZm den Anforderungen an die Delegationsvereinbarung (Rz 21 ff) behandelt. Nach § 25 können grundsätzlich sämtliche Aktivitäten bzw Prozesse eines Rechtsträgers delegiert werden, solange es zu keiner Delegation der Aufgaben der Geschäftsleitung kommt (vgl BaFin, MaRisk, AT 9–4). Zu den nicht auslagerbaren Leitungsaufgaben werden aber die „Unternehmensplanung, -koordination, und -kontrolle, sowie die Besetzung von Führungskräften“ zu zählen sein (Kaetzler/ Weirauch, BKR 2008, 268; siehe dazu auch Höllerer/Puhm in Dellinger, BWG § 39 Rz 92). Die Leztverantwortung auch für delegierte Tätigkeiten verbleibt nach Maßgabe von § 21 stets bei der Geschäftsleitung. Prinzipiell auslagerungsfähig sind nach §§ 25 f auch Compliance-Agenden (§ 18) bzw Aufgaben der internen Revision (§ 20 und § 42 Abs 6 BWG); siehe dazu auch § 20 Rz 9 ff, 17. Es ist in diesem Zusammenhang aber zu bedenken, dass die Einhaltung der Rechtsvorschriften des WAG 2007 und damit der Aufbau und die permanente Einrichtung einer effektiven Compliance- und Revisionsfunktion in der nicht delegierbaren Letztverantwortung der Geschäftsleiter liegen (vgl § 25 Abs 3 Z 1). Die FMA hat bei der Überprüfung der Gesetzmäßigkeit einer Auslagerung zu berücksichtigen, in welchem Umfang der Rechtsträger den Dienstleister kontrollieren bzw sein Handeln beeinflussen kann (siehe Erl RV; vgl dazu insb Z 2, 3, 6, 8 und 9 der Auslagerungsbedingungen in Anlage 1 zu § 25). Die Erl RV halten in diesem Zusammenhang fest, dass durch das Gesetz der FMA behördliches Ermessen eingeräumt werde, bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Auslagerung das Beteiligungsverhältnis zwischen Rechtsträger und Dienstleister zu berücksichtigen. Diese Ansicht ist jedoch abzulehnen: Auch wenn Abs 3 letzter Satz sich der Wendung „kann berücksichtigt werden“ bedient, wird der FMA keineswegs ein Ermessen eingeräumt. Die Behörde hat vielmehr bei der Beantwortung der Frage, ob eine hinreichende Kontrolle des Dienstleisters durch den Rechtsträger in 306
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concreto sichergestellt ist, sämtliche relevante Umstände von Amts wegen nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs 2 AVG) zu berücksichtigen (vgl etwa B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht2 299 ff). Solche Kontroll- und Einflussnahmerechte ergeben sich insb aus dem Gesellschaftsrecht, weshalb auch das Vorliegen von Beteiligungsverhältnissen idS als relevanter Umstand zu gelten hat. Werden Tätigkeiten innerhalb einer Unternehmensgruppe delegiert, so 18 ist dies auch für die Beurteilung des Kontrollzusammenhangs relevant (§ 25 Abs 3 zweiter Unterabs). Hier ist zunächst an gesellschafts- bzw dienstrechtliche Weisungszusammenhänge zu denken. Zur Berücksichtigung von Gruppenverhältnissen im Rahmen einer risikoorientierten Beurteilung der Wesentlichkeit einer Delegation s Rz 11. Eine mit § 3 Abs 3 Z 11 InvFG vergleichbare Bestimmung, wonach 19 der Umfang einer Übertragung von Aufgaben nicht dazu führen darf, dass aus der übertragenden Gesellschaft ein „Briefkastenunternehmen“ wird (vgl dazu Harrer, ZFR 2007, 68; Kreisl, ÖBA 2005, 397 f), wurde nicht explizit in das WAG 2007 aufgenommen. Eine solche Anforderung folgt mit Harrer (in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 27 f) jedoch aus § 25 Abs 3 Z 3 unter Bezugnahme auf Erwägungsgrund 19 DRL („… sollte eine Auslagerung, bei der so viele Aufgaben delegiert werden, dass aus der Firma eine Briefkastenfirma wird, als unvereinbar mit den Bedingungen betrachtet werden, die eine Wertpapierfirma erfüllen muss, um ihre Zulassung gemäß Artikel 5 der Richtlinie 2004/39/EG zu erhalten oder zu behalten“). Nach Schütz/Waldherr verstößt eine derartig weitgehende Auslagerung, die dazu führt, dass bloß ein „gesellschaftsrechtlicher Mantel verbleibt“ (auch) gegen § 39 BWG (ÖBA 2007, 139). Darüber hinaus ist auf die Rücknahme einer Konzession nach Maßgabe von § 5 Abs 1 Z 2 bzw § 6 Abs 1 Z 2 BWG zu verweisen, falls eine Übertragung dazu geführt hat, dass ein Rechtsträger den Geschäftsbetrieb, auf den sich die Konzession bezieht, sechs Monate lang nicht mehr ausgeübt hat. Ungleich der Delegationsbestimmungen der OGAW-RL (vgl Art 5 g 20 Abs 1 lit a OGAW-RL) sehen die Bestimmungen der MiFID und in deren Umsetzung auch das WAG 2007 keine generelle Verpflichtung zur Anzeige einer Delegation bzw der Delegationsvereinbarung (vgl Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 28; siehe aber § 26 Abs 2) an die FMA vor. Abs 4 ordnet lediglich an, dass Rechtsträger der FMA auf Verlangen alle Informationen zur Verfügung zu stellen haben, die notwendig sind, um die Einhaltung der Bestimmungen des WAG 2007 zu überwachen. 307
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IV. Anforderungen an die Delegationsvereinbarung 21 Von zentraler Bedeutung für die Einhaltung der Pflichten iZm der
Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben ist die Ausgestaltung der Delegationsvereinbarung (vgl nur Abs 1 vorletzter Satz). Diese ist nach Abs 1 letzter Satz schriftlich zu vereinbaren und hat insb eine klare Aufteilung der Rechte und Pflichten zwischen dem Rechtsträger und dem Delegationspartner zu enthalten. Durch eine exakte Verteilung von Aufgaben und Verantwortungsbereiche sollen operationelle Risiken weitgehend minimiert werden. In der Praxis hat sich bei komplexeren Dienstleistungen die Vereinbarung von Service Level Agreements bewährt, in denen Leistungseigenschaften, wie Reaktionszeit, Umfang und Schnelligkeit der Bearbeitung, genau beschrieben (s http://de.wikipedia.org/wiki/Service_Level_Agreement) und die jeweiligen Ansprechpartner sowie Stellvertreter mit deren Kontaktdaten benannt werden (Harrer, ZFR 2007, 64 mwN). Ungeachtet derartiger vertraglicher Regelungen bleibt der Rechtsträger für die Erfüllung aller (ihn originär treffenden) Verpflichtungen nach dem WAG 2007 weiterhin verantwortlich (Abs 3). Weitere Anforderungen an den Inhalt der Delegationsvereinbarung ergeben sich insb aus den Auslagerungsbedingungen (Anlage 1 zu § 25). Nach der Übergangsbestimmung des § 103 Z 2 waren bestehende Vertragswerke bis 01. 10. 2008 an die neuen Vorschriften anzupassen.
A. Auswahl eines geeigneten Dienstleisters 22 Nach Z 1 der Auslagerungsbedingungen dürfen nur Dienstleister als
Delegationspartner herangezogen werden, die über die Eignung, die Kapazität sowie alle gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungen verfügen, um die ausgelagerten Dienstleistungen zuverlässig und professionell auszuführen. Über das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat sich der Rechtsträger bereits bei der Auswahl des Dienstleisters (dh noch vor Abschluss eines Delegationsvertrags) zu vergewissern. Dem Rechtsträger ist jede Entwicklung zur Kenntnis zu bringen, die seine Fähigkeit, die ausgelagerten Aufgaben wirkungsvoll und unter Einhaltung aller geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auszuführen, wesentlich beeinträchtigen könnte (Z 6 der Auslagerungsbedingungen). Es ist daher für den Rechtsträger empfehlenswert, den Dienstleister zur Einhaltung dieser Voraussetzungen während der gesamten Laufzeit des Vertrags vertraglich zu verpflichten und (gegebenenfalls) ein entsprechendes Kündigungsrecht ausdrücklich vorzusehen. 308
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B. Effektive Überwachung und Steuerung des Dienstleisters Während der aufrechten Auslagerung ist durch angemessene Vorkeh- 23 rungen eine effektive Überwachung und Steuerung des Delegationspartners sicherzustellen (Z 2 und 3 der Auslagerungsbedingungen). Zu diesem Zweck muss der Rechtsträger weiterhin über die notwendigen Fachkenntnisse verfügen (Z 5 der Auslagerungsbedingungen; zur Problematik dieser Anforderung vgl Harrer, ZFR 2007, 67). Das Erfordernis, den Delegationspartner hinreichend zu überwachen bzw zu steuern, legt die Vereinbarung umfassender Informations-, Einsichts- und Weisungsrechte nahe. Die zu vereinbarenden Informationspflichten sollten insb auch alle Entwicklungen abdecken, die eine ordnungsgemäße Erledigung von delegierten Tätigkeiten beeinträchtigen können (Kaetzler/ Weirauch, BKR 2008, 269; wie etwa der Abgang von „key people“, die Veräußerung von Unternehmensteilen etc). Im Konzernverhältnis mag eine hinreichende Kontrolle bzw Steuerung bereits über gesellschaftsrechtliche Möglichkeiten der Einflussnahme (insb über den Aufsichtsrat, die Gesellschafterversammlung oder persönliche Weisungsverhältnisse) hergestellt sein, sodass die Aufnahme dieser Punkte in die Delegationsvereinbarung nicht weiter erforderlich sein mag (vgl Rz 18). Von entscheidender Bedeutung für die Vertragsgestaltung ist weiters 24 Z 9 der Auslagerungsbedingungen, wonach der Rechtsträger, seine Abschlussprüfer und die FMA tatsächlich Zugang zu den mit den ausgelagerten Tätigkeiten zusammenhängenden Daten und zu den Geschäftsräumen des Dienstleisters haben müssen. Generell haben Dienstleister in Bezug auf alle ausgelagerten Tätigkeiten mit der FMA zusammenzuarbeiten (Z 8 der Auslagerungsbedingungen). Die vertragliche Vereinbarung dieser Informations- und Zugangsrechte zugunsten der FMA wird insoweit entfallen können, als Aufgaben an Dienstleister übertragen werden, die bereits unmittelbar der Beaufsichtigung durch die FMA unterliegen. Werden Aufgaben an Dritte mit Sitz im (nicht europäischen) Ausland delegiert, werden die öffentlich-rechtlichen Aufsichtsbefugnisse der FMA mitunter an ihre Grenzen stoßen (siehe zur „internationalen Zuständigkeit“ der FMA etwa Zahradnik/Schopper, ÖBA 2003, 25 ff; zur Herkunfts- bzw Aufnahmestaatsaufsicht nach der MiFID vgl N. Raschauer, RdW 2009, 183; zum „transnationalen Verwaltungsakt“ ausführlich N. Raschauer, Strukturprobleme 359 ff). Weiterverlagerungen („Sub-Delegationen“) werden durch §§ 25 f bzw 25 die Anlage I nicht explizit angesprochen. Es ist jedoch anzunehmen, dass auch in einem solchen Fall sichergestellt werden muss, dass die für Delegationen geltenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen weiterhin eingehalten werden, weil ansonsten die §§ 25 f leicht ausgehebelt wer309
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den könnten. Es sind daher im Delegationsvertrag auch entsprechende Vorkehrungen für Sub-Delegationen zu treffen (siehe dazu Kaetzler/ Weirauch, BKR 2008, 270). 26 Darüber hinaus hat der Rechtsträger nach § 24 Abs 2 Z 2 letzter Satz insb vertraglich sicherzustellen, dass der Delegationspartner persönliche Geschäfte aller relevanten Personen festhält und dem Rechtsträger auf Verlangen unverzüglich mitteilt (vgl § 24 Rz 23).
C. Vertraulichkeit und Datensicherheit 27 Nach Z 10 der Auslagerungsbedingungen haben Dienstleister alle ver-
traulichen Informationen, die den Rechtsträger und seine Kunden betreffen, zu schützen. Dadurch sollen insb das Bankgeheimnis (§ 38 BWG) und die Bestimmungen des DatenschutzG (siehe dazu Knyrim, ÖBÄ 2007, 482) abgesichert werden. Erhält der Dienstleister im Rahmen der Delegation Zugang zu solchen Daten, so ist eine Geheimhaltungsvereinbarung in den Vertrag aufzunehmen. Soll es im Rahmen einer Delegation zur Weitergabe von Kundendaten (iSd § 38 Abs 1 BWG) kommen, so bedarf dies darüber hinaus einer (vorangehenden) schriftlichen Zustimmungserklärung des Kunden nach § 38 Abs 2 Z 5 BWG („Entbindung vom Bankgeheimnis“; vgl auch Volk, ÖBA 2008, 380 ff). 28 Sollte dies angesichts der ausgelagerten Funktionen erforderlich sein, so haben der Rechtsträger und der Dienstleister auch einen (verbindlichen) Notfallplan festzulegen, der bei einem Systemausfall die Speicherung von Daten gewährleistet und regelmäßige Tests der Backup-Systeme vorsieht (Z 11 der Auslagerungsbedingungen).
D. (Außerordentliche) Beendigung des Delegationsvertrags 29 Bestehen Zweifel daran, dass der Delegationspartner seine Aufgaben
wirkungsvoll und unter Einhaltung aller geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften ausführt, hat der Rechtsträger angemessene Schritte einzuleiten (Z 4 der Auslagerungsbedingungen). In diesem Zusammenhang ist insb sicherzustellen, dass dem Rechtsträger die Möglichkeit offen steht, eine Auslagerungsvereinbarung auch kündigen zu können, ohne dass dies die Kontinuität und Qualität der für seine Kunden erbrachten Dienstleistungen beeinträchtigt (Z 7 der Auslagerungsbedingungen). Um dies zu ermöglichen, sind im jeweiligen Vertragsverhältnis angemessene Kündigungstermine und -fristen zu vereinbaren; der generelle Verzicht auf ein außerordentliches Kündigungsrecht durch den Rechtsträger erscheint vor diesem Hintergrund jedenfalls bedenklich. 310
Auslagerung von Privatkundenportfolios an Dienstleister im Drittland § 26
Auslagerung von Privatkundenportfolios an Dienstleister im Drittland § 26. (1) Die Verwaltung von Privatkundenportfolios darf nur dann an einen Dienstleister mit Sitz in einem Drittland ausgelagert werden, wenn zusätzlich zu den Anforderungen gemäß § 25 die folgenden Bedingungen eingehalten werden: 1. Der Dienstleister muss in seinem Herkunftsland für die Erbringung dieser Dienstleistung zugelassen oder registriert sein und einer behördlichen Beaufsichtigung hinsichtlich seiner Dienstleistungen unterliegen und 2. zwischen der FMA und der Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes des Dienstleisters muss eine angemessene Kooperationsvereinbarung bestehen. (2) Ist eine der in Abs. 1 genannten Bedingungen nicht erfüllt, darf die Verwaltung von Privatkundenportfolios nur dann an einen Drittlandsdienstleister ausgelagert werden, wenn der FMA der Inhalt der Auslagerungsvereinbarung mitgeteilt wurde und diese innerhalb von drei Monaten nach Erhalt der Meldung keine Einwände gegen die Auslagerung erhoben hat. (3) Die FMA hat mit Verordnung Grundsätze für die unter Abs. 2 fallende Auslagerung der Verwaltung von Privatkundenportfolios an Drittlandsdienstleister zu erlassen und auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Diese Verordnung hat Beispiele für Fälle zu enthalten, in denen die FMA für den Fall, dass eine der in Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Bedingungen nicht erfüllt ist, unter gewöhnlichen Umständen keine Einwände gegen eine Auslagerung gemäß Abs. 2 erheben würde. Die FMA hat in der Veröffentlichung zu begründen, warum eine Auslagerung in diesen Fällen nach Auffassung der FMA einen Rechtsträger nicht in seiner Fähigkeit einschränkt, die in § 25 festgelegten Pflichten zu erfüllen. (4) Die FMA hat ein Verzeichnis der Aufsichtsbehörden aus Drittländern, mit denen Kooperationsvereinbarungen geschlossen wurden, die für die Zwecke des Abs. 1 Z 2 als angemessen zu betrachten sind, auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Schrifttum: N. Raschauer, Strukturprobleme des europäischen und österreichischen Bankenaufsichtsrechts (2009); Ortner/Dämon, Aktuelles/Wertpapieraufsichtsrecht: Auslagerungsverordnung – AusV (BGBl II 2007/215), ZFR 2007, 231. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 26): „Abs. 1 setzt Art. 15 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2006/73/EG um.
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Abs. 2 setzt Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. In der Umsetzung wurde nicht auf Wertpapierdienstleistungen, sondern auf die Auslagerung der Verwaltung von Kleinlegerportfolios abgestellt, da die Ausnahme des Abs. 2 keinesfalls eine weitere Reichweite als der Grundtatbestand des Abs. 1 haben kann. Abs. 3 setzt Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Diese besondere Vorschrift ist nur auf die Auslagerung der Verwaltung von Privatkundenportfolios an einen Drittlandsanbieter anzuwenden. In diesem Fall sind aber die allgemeinen Anforderungen des § 26 jedenfalls zusätzlich anzuwenden. Daraus ergibt sich, dass alle anderen Tätigkeiten an einen Drittlandsanbieter ausgelagert werden dürfen, sofern die Voraussetzungen dieses Bundesgesetzes, insbesondere des § 26, eingehalten werden. Davon unberührt bleibt § 3 Abs. 4 DepG, der für die Verwahrung von Wertpapieren im Ausland eine ausdrückliche schriftliche Ermächtigung des Hinterlegers erfordert, sofern es sich nicht um im Ausland ausgestellte Wertpapiere handelt. Abs. 4 setzt Art. 15 Abs. 5 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetzliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anforderungen der AusV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Anwendungsbereich 1 In Umsetzung von Art 15 MiFID-DRL sieht § 26 besondere Vor-
schriften für die Auslagerung der Verwaltung von Privatkundenportfolios an Drittlandsanbieter vor. § 26 ist somit nur auf die Delegation der Portfolioverwaltung iSd § 3 Abs 2 Z 2 an ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittland iSd § 2 Z 8 BWG („jeder Staat, der nicht dem Europäischen Wirtschaftsraum angehört“) anzuwenden, die das Vermögen von Privatkunden iSd § 1 Z 14 (siehe § 1 Rz 22) zum Gegenstand hat. Es geht somit um Fälle, in denen die Anlageentscheidung im Rahmen der diskretionären Portfolioverwaltung nicht vom Vermögensverwalter selbst getroffen, sondern „ausgelagert“ werden sollen (Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 Rz 23). Im Übrigen sind auch die allgemeinen Bestimmungen des § 25 weiterhin einzuhalten. Unberührt von § 26 bleibt § 3 Abs 4 DepG, wonach die Verwahrung von Wertpapieren im Ausland der ausdrücklichen schriftlichen Ermächtigung des Hinterlegers bedarf, soweit es sich nicht um im Ausland ausgestellte Wertpapiere handelt (Erl RV).
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Auslagerung von Privatkundenportfolios an Dienstleister im Drittland § 26
II. Gesetzliche Anforderungen Nach Maßgabe von § 26 Abs 1 ist eine Delegation nur statthaft, wenn 2 – der Drittlandsdienstleister in seinem Herkunftsland einer behördlichen Aufsicht unterliegt und über eine Berechtigung zur Erbringung dieser Dienstleistungen verfügt (Z 1) und – zwischen der FMA und der Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes des Dienstleisters eine angemessene Kooperationsvereinbarung besteht (Z 2). Abs 4 verpflichtet die FMA, auf ihrer Homepage ein Verzeichnis der Aufsichtsbehörden aus Drittländern zu veröffentlichen, mit denen angemessene Kooperationsvereinbarungen geschlossen wurden. Bislang bestehen jedoch (auskunftsgemäß) keine derartigen Kooperationsvereinbarungen, weshalb keine Veröffentlichung stattgefunden hat. Werden die in Abs 1 Z 1 und 2 genannten Voraussetzungen nicht 3 beide erfüllt, kann eine Auslagerung dennoch erfolgen, wenn der Rechtsträger der FMA den „Inhalt der Auslagerungsvereinbarung“ mitteilt und diese innerhalb von drei Monaten nach Erhalt der Meldung (vgl Art 15 Abs 2 letzter Satz MiFID-DRL „angemessener Zeitraum“ bzw „reasonable time“) keine Einwände gegen die Auslagerung erhebt (Abs 2). In Anbetracht der Notwendigkeit der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes wird die „Erhebung von Einwänden“ in Bescheidform zu erfolgen haben. Da derzeit angemessene Kooperationsvereinbarungen iSd § 26 Abs 1 4 Z 2 nicht bestehen, ist das Procedere des Abs 2 iVm den Bestimmungen der Auslagerungsverordnung – AusV (BGBl II 2007/215) jedenfalls einzuhalten. Dazu reicht es nach dem Wortlaut des § 26 Abs 2 offenbar hin, wenn die FMA über den (beabsichtigten) Abschluss einer Delegationsvereinbarung informiert (vgl Art 15 Abs 3 MiFID-DRL „gives prior notification . . . about the outsourcing arrangement“) und die Identität des (potenziellen) Delegationspartners bekannt gegeben wird; nicht erforderlich erscheint hingegen die Übermittlung des Delegationsvertrags bzw eines Vertragsentwurfs. Hingegen sehen § 4 Abs 3 („Auslagerung an nicht behördlich beaufsichtigte Dienstleister“) und § 5 Abs 2 AusV („Keine Kooperationsvereinbarung mit Herkunftslandaufsichtsbehörde des Dienstleisters“) vor, dass „zusammen mit der Auslagerungsvereinbarung alle für eine Beurteilung der Gleichwertigkeit […] notwendigen Informationen vorzulegen und schriftlich zu erläutern [sind]“. Die Gesetzmäßigkeit der genannten Bestimmungen ist mE zweifelhaft, da die Verordnungsermächtigung des Abs 3 (s Rz 6) der FMA keine ausdrückliche Kompetenz überträgt, (abweichend von 313
§ 26
Kreisl
Abs 2) eine solche generelle Verpflichtung zur Vorlage der Delegationsvereinbarung durch Verordnung festzusetzen (Zumal vor dem Hintergrund der Judikatur des VfGH [Erk 16.995/2003, „E-Control-Erkenntnis“] anzunehmen ist, dass die FMA nicht zur Erlassung von Durchführungsverordnungen nach Art 18 Abs 2 B-VG ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung berechtigt ist; dazu krit N. Raschauer, Strukturprobleme 70 ff). 5 § 26 Abs 2 verkürzt die verwaltungsbehördliche Entscheidungsfrist nach § 73 AVG, von sechs auf drei Monate. Das Schweigen der FMA ist als Zustimmung zu werten. § 26 trifft keine Regelung für die Erteilung einer ausdrücklichen Zustimmung durch die FMA während der Dreimonatsfrist. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass die Festsetzung einer starren Dreimonatsfrist eine sachgerechte Behandlung von Delegationen im Einzelfall gewährleisten kann. Abzuwarten bleibt die Handhabung dieser Frist in der Aufsichtspraxis.
III. Anforderungen der AusV 6 Zur Erhöhung der Rechtssicherheit ermächtigt und verpflichtet Abs 3
die FMA, Grundsätze für die Auslagerungen nach Abs 2 an Drittlandsdienstleister mit Verordnung zu erlassen und auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Diese Verordnung hat Bsp für Fälle zu enthalten, in denen die FMA für gewöhnlich keine Einwände gegen eine Auslagerung erheben wird. Die entsprechende Verordnung der FMA, die AusV, setzt Art 15 Abs 1 und 2 MiFID-DRL um. Die Vorschriften der AusV sollen sicherstellen, dass Anleger im Falle einer solchen Delegation „ein dem EU Niveau gleichwertiges Schutzniveau genießen“ (vgl Ortner/Dämon, ZFR 2007, 231). 7 §§ 3 und 4 AusV enthalten jene Bedingungen, nach denen eine Auslagerung an einen nicht behördlich konzessionierten (§ 3) bzw nicht beaufsichtigten Dienstleister (§ 4) erfolgen kann. Die in § 5 AusV genannten (rigiden) Anforderungen sind zu erfüllen, falls zwischen der Herkunftslandsaufsichtsbehörde und der FMA keine angemessene Kooperationsvereinbarung iSd § 26 Abs 1 Z 2 besteht. In der Praxis werden hier va die nach § 5 Abs 1 Z 1 und 2 AusV geforderten schriftlichen Bestätigungen der Herkunftslandaufsichtsbehörden nur schwer beizubringen sein. Die genannten Bestimmungen der AusV sollen gewährleisten, dass sowohl die Vorschriften, nach denen der Dienstleister seine Tätigkeiten erbringt, wie auch die Aufsichtsstandards jenen der MiFID bzw des WAG 2007 entsprechen. 314
Erbringung von Dienstleistungen über einen anderen Rechtsträger
§ 27
Die strengen Anforderungen der §§ 3 bis 5 AusV müssen jedoch nach 8 Maßgabe von § 6 Abs 1 und 2 AusV nicht erfüllt werden, wenn das dienstleistungsgegenständliche Verrechnungs- und Wertpapierkonto von einem Kreditinstitut nach § 1 Abs 1 BWG geführt wird. Darüber hinaus hat „… der Rechtsträger mit dem Dienstleister eine Auslagerungsvereinbarung und sonstige Vorkehrungen [zu treffen], die sicherstellen, dass die Auslagerungsbedingungen gemäß § 25 WAG 2007 in Verbindung mit Anlage 1 zu § 25 WAG 2007 erfüllt sind“ (§ 6 Abs 1 zweiter Satz AusV). Die FMA geht offenbar in einem solchen Fall davon aus, dass Anlegerinteressen hinreichend vor Beeinträchtigungen geschützt werden. Europarechtlich bedenklich erscheint, dass sich § 6 Abs 1 AusV nur auf österreichische Kreditinstitute nach § 1 Abs 1 BWG bezieht, europäische Institute nach der Bankenaufsichts-RL (RL 2006/48/EG, ABl 2006 L 77/1 idF RL 2008/24/EG, ABl 2008 L 81/38) hingegen ausklammert.
Erbringung von Dienstleistungen über einen anderen Rechtsträger § 27. (1) Ein Rechtsträger, der von einem anderen Rechtsträger den Auftrag erhält, Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen im Namen eines Kunden zu erbringen, darf sich auf Kundeninformationen stützen, die von dem anderen Rechtsträger weitergeleitet wurden. Die Verantwortung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der weitergeleiteten Kundeninformation trägt der Rechtsträger, der den Auftrag erteilt hat. (2) Der Rechtsträger, der einen Auftrag gemäß Abs. 1 erhält, darf sich auch auf Empfehlungen in Bezug auf die Dienstleistung oder das Geschäft verlassen, die dem Kunden von dem anderen Rechtsträger gegeben wurden. Die Verantwortung für die Eignung der Empfehlungen oder der Beratung für den Kunden trägt der Rechtsträger, der den Auftrag erteilt hat. (3) Die Verantwortung für die Erbringung der Dienstleistung oder den Abschluss des Geschäfts auf der Grundlage solcher Angaben oder Empfehlungen nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes trägt der Rechtsträger, der den Auftrag erhalten hat. Schrifttum: Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur – ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/Kaindl (Hrsg), Jahrbuch Bankund Kapitalmarktrecht 2008 (2009). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 27): „Hiermit wird Art. 20 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt.“
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§ 27
Kreisl
1 § 27 dient der Umsetzung von Art 20 MiFID, einer Bestimmung des
Abschnitts 2 der MiFID betreffend den „Anlegerschutz“. Die Umsetzung dieser Vorschrift im zweiten Abschnitt des WAG 2007 erfolgte insofern an falscher Stelle, als sie weder spezifische Vorschriften für die Aufgabendelegation noch für die Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern enthält. Vielmehr dient § 27 einer (klarstellenden) Abgrenzung von Verantwortlichkeiten für den Fall, dass es im Rahmen der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen im Namen eines Kunden zu einer Erteilung von Aufträgen (insb Weiterleitung von Orders) durch einen Rechtsträger an einen anderen Rechtsträger kommt (vgl Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 24 ff). Wertpapierfirmen und Kreditinstitute aus Mitgliedstaaten, die ihre Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigniederlassung ausüben, sind nicht zur Einhaltung dieser Bestimmung verpflichtet (vgl § 12 Abs 4 WAG 2007 und § 9 Abs 7 BWG).
2 Leitet ein Rechtsträger einen Auftrag zur Erbringung von Wertpapier-
dienstleistungen iSd § 1 Z 2 oder Nebendienstleistungen iSd § 1 Z 3 im Namen eines Kunden an einen anderen Rechtsträger weiter, so darf der Letztere (grundsätzlich) darauf vertrauen, dass der Erstere die betreffenden Kundeninformationen im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen erhoben sowie korrekt und vollständig weitergeleitet hat (Abs 1). Der eine Order empfangende Rechtsträger darf sich weiters darauf verlassen, dass Empfehlungen oder Beratungsleistungen von dem die Order weiterleitenden Rechtsträger im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen erbracht wurden (Abs 2). Damit trägt der kundennähere Rechtsträger die Verantwortung für die eingeholten Kundeninformationen und für die abgegebenen Empfehlungen und Beratungen (Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 25). Im Gegenzug hält Abs 3 fest, dass die Verantwortung für die Erbringung der Dienstleistung oder den Abschluss des Geschäfts auf der Grundlage solcher Angaben oder Empfehlungen allein der Rechtsträger trägt, der den Auftrag erhalten hat (vgl Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 25). 3 Durch eine klare Zuordnung von Verantwortungen und der Nor-
mierung eines „Vertrauensgrundsatzes“ sollen Doppelgleisigkeiten bei der Erhebung von Kundeninformationen und der Erteilung von Empfehlungen und Beratungsleistungen vermieden werden, mit denen eine Störung der effizienten Abwicklung von Kundenaufträgen verbunden wäre (vgl auch Assmann/Schneider, WpHG5 § 31e Rz 3, wonach – unter Bezugnahme auf Erwägungsgrund 75 DRL – „Doppelarbeit“ vermieden werden soll). Anderes muss jedoch in Fällen gelten, in denen ein Rechtsträger konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der
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Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 28
einen Kundenauftrag weiterleitende Rechtsträger seinen diesbezüglichen Pflichten nicht hinreichend nachgekommen ist. In einem solchen Fall ist anzunehmen, dass der Rechtsträger, an den eine Kundenorder weitergeleitet wird, bereits nach Maßgabe der allgemeinen Sorgfaltspflichten des § 39 BWG eine solche Order nicht vorbehaltlos ausführen darf, sondern dass ihn eine Pflicht zu Nachforschungen trifft (zust Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 25).
Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern § 28. (1) Ein Rechtsträger kann vertraglich gebundene Vermittler für die Förderung seines Dienstleistungsgeschäfts, die Akquisition neuer Geschäfte oder die Annahme von Kundenaufträgen sowie für die Übermittlung dieser Aufträge, das Platzieren von Finanzinstrumenten und für die Anlageberatung hinsichtlich der Finanzinstrumente und Dienstleistungen, die vom Rechtsträger angeboten werden, heranziehen. (2) Ein Rechtsträger, der einen vertraglich gebundenen Vermittler heranzieht, haftet gemäß § 1313 a ABGB für jede Handlung oder Unterlassung des vertraglich gebundenen Vermittlers, wenn dieser im Namen des Rechtsträgers tätig ist. (3) Ein Rechtsträger hat die Tätigkeiten der vertraglich gebundenen Vermittler zu überwachen, die über ihn tätig werden. Er hat sicherzustellen, dass ein vertraglich gebundener Vermittler dem Kunden, wenn er Kontakt aufnimmt oder bevor er mit den Kunden Geschäfte abschließt, mitteilt, in welcher Eigenschaft er handelt und welchen Rechtsträger er vertritt. (4) Ein Rechtsträger darf nur vertraglich gebundene Vermittler heranziehen, die in ein öffentliches Register des Mitgliedstaates eingetragen sind, in dem sie niedergelassen sind. (5) In Österreich tätige vertraglich gebundene Vermittler haben über eine gewerbliche Berechtigung gemäß § 136 a Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, zu verfügen. Sie dürfen nur dann in das öffentliche Register eingetragen werden, wenn feststeht, dass sie über die erforderliche Zuverlässigkeit und über entsprechende allgemeine, kaufmännische und berufliche Kenntnisse verfügen, um alle relevanten Informationen über die angebotene Dienstleistung korrekt an den Kunden weiterleiten zu können. Der vertraglich gebundene Vermittler hat dem Rechtsträger auf sein Verlangen alle Nachweise zu erbringen, die zur Überprüfung der Voraussetzungen erforderlich sind. 317
§ 28
Kreisl
(6) Das öffentliche Register ist bei der FMA zu führen. Das Register ist laufend zu aktualisieren. Die Kreditinstitute und Wertpapierfirmen haben die Eintragung der vertraglich gebundenen Vermittler unverzüglich vorzunehmen und sind für die ordnungsgemäße Überprüfung verantwortlich. (7) Ein Rechtsträger, der vertraglich gebundene Vermittler heranzieht, hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Tätigkeiten des vertraglich gebundenen Vermittlers, die keiner Konzession zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen bedürfen, keine nachteiligen Auswirkungen auf die Tätigkeiten haben, die er im Namen des Rechtsträgers ausübt. (8) Die Tätigkeit als vertraglich gebundener Vermittler begründet kein Arbeitsverhältnis im Sinne bundesgesetzlicher arbeits-, sozialoder steuerrechtlicher Bestimmungen. Schrifttum: Balzer, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neue Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2003, 177; Baran, Das Versicherungsaufsichtsgesetz3 (2000); Brand, Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Namen und auf Rechnung von Wertpapierdienstleistern und Versicherungen, ecolex 2001, 597; Brandl/Klausberger, Verwirrung durch MiFID – Keine Personengesellschaften als vertraglich gebundene Vermittler?, ZFR 2008, 19; Bröker, Vertraglich gebundene Vermittler – eine grenzüberschreitende Betrachtung, ZFR 2008, 91; Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur – ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/Kaindl (Hrsg), Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009); B. Raschauer, Zum Verhältnis von GewO, BWG und WAG, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/N. Raschauer (Hrsg), ZFR spezial, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008), 181; Winternitz/ Steinmair, Vertriebsstrukturen nach WAG 2007, ZFR 2008, 164; Winternitz/ Steinmair, Finanzdienstleistungsassistent – deleted or reloaded?, ZFR 2009, 8. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 28): „Abs. 1 setzt Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Das in Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht wird im vorliegenden Gesetzentwurf ausgeübt. Abs. 2 setzt Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 3 setzt Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 1 und 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Das in Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht hinsichtlich des Haltens von Kundengeldern wird im vorliegenden Gesetzentwurf nicht ausgeübt. Abs. 4 setzt Art. 23 Abs. 3 Unterabsatz 1 und Abs. 5 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 5 setzt Art. 23 Abs. 3 Unterabsatz 3 und 4 der Richtlinie 2004/39/EG um. Das in Art. 23 Abs. 3 Unterabsatz 4 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht wird im vorliegenden Gesetzentwurf ausgeübt. Die FMA hat bereits jetzt ein Register für freie Mitarbeiter eingerichtet. Die Eintragung des freien Mitarbeiters
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Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 28
erfolgt durch den Rechtsträger selbst. Kriterien für die Eintragung werden in den Bescheidauflagen dem Rechtsträger mitgeteilt. Diese Vorgehensweise hat sich bewährt und sollte auch auf vertraglich gebundene Vermittler angewendet werden. Im Übrigen dürfen nur Personen, die über eine gewerbliche Berechtigung als „Gewerblicher Vermögensberater“ gemäß § 136 a GewO verfügen, in Österreich als vertraglich gebundene Vermittler fungieren. Damit soll sichergestellt werden, dass nur ausreichend qualifizierte Personen in diesem Bereich tätig werden. Abs. 6 setzt Art. 23 Abs. 3 Unterabsatz 1 und 5 sowie Art. 23 Abs. 4 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Das in Art. 23 Abs. 4 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht wird im vorliegenden Gesetzentwurf ausgeübt. Die FMA stellt das Register zur Verfügung, die Rechtsträger sind für die ordnungsgemäße Überprüfung und Eintragung der freien Mitarbeiter bzw. vertraglichen gebundenen Vermittler verantwortlich. Das Führen des Registers liegt bei der FMA. Die Aufgabenteilung hat sich bewährt und sollte beibehalten werden. Abs. 7 setzt Art. 23 Abs. 4 Unterabsatz 1der Richtlinie 2004/39/EG um. Das in Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht wird im vorliegenden Gesetzentwurf nicht ausgeübt, da aus derzeitiger Sicht keine strengeren Anforderungen als jene der Richtlinie erforderlich sind. Abs. 8: Sowohl natürliche als auch juristische Personen dürfen als vertraglich gebundene Vermittler tätig sein. Daher sind funktionell die natürlichen mit den juristischen Personen gleichzustellen. Da gemäß der Richtlinie 2004/39/EG die vertraglich gebundenen Vermittler nur für eine Wertpapierfirma oder ein Kreditinstitut tätig sein können, stellt diese Bestimmung klar, dass allein auf Grund dieses Vertragsverhältnisses kein Arbeitsverhältnis begründet wird. Dies deckt sich auch mit Aufsichtskompetenzen gemäß der Richtlinie, da ein vertraglich gebundener Vermittler mit Sitz im Inland, der für eine Wertpapierfirma mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat tätig ist, aufsichtsrechtlich wie eine Zweigstelle zu behandeln ist (Art. 32 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/ EG). Ein gesetzlicher Zwang zur Begründung von Arbeitsverhältnissen wäre daher nicht richtlinienkonform.“
Übersicht I. II. III. IV.
Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertraglich gebundene Vermittler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewerberechtliche Voraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exklusivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–2 3–10 11–15 16–19
I. Anwendungsbereich Bereits § 19 Abs 2 a WAG aF erlaubte Wertpapierdienstleistungsunter- 1 nehmen zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen natürliche Personen heranzuziehen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit im Namen und auf Rechnung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens keine 319
§ 28
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Wertpapierdienstleistungskonzession benötigten („Finanzdienstleistungsassistenten“). Das WAG 2007 setzt diese Regelungstradition einerseits durch die in § 2 Abs 1 Z 15 enthaltene Ausnahme („Finanzdienstleistungsassistent neu“, siehe § 2 Rz 14 ff) fort. Andererseits nimmt der Gesetzgeber das in Art 23 Abs 1 MiFID eingeräumte Wahlrecht wahr (siehe Erl RV) und erlaubt Kreditinstituten, Wertpapierfirmen und ebenso Versicherungsunternehmen (hinsichtlich der Vermittlung von Investmentfondsanteilen), nicht jedoch Wertpapierdienstleistungsunternehmen (siehe § 15 Abs 2 Z 4), nach Maßgabe von § 28 die Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern („tied agents“). Dass sich auch Versicherungsunternehmen in ihrem dem WAG unterliegenden Tätigkeitsbereich vertraglich gebundener Vermittler bedienen dürfen, geht aus der Rechtsträgerdefinition in § 15 Abs 1 iVm § 2 Abs 2 hervor (siehe Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 166 Fn 6; idS offenbar auch das Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007 betreffend die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen bei Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch vertraglich gebundene Vermittler und Finanzdienstleistungsassistenten 2 f). Die fehlende Nennung von Versicherungen in der Definition des § 1 Z 20 dürfte hingegen – ebenso wie in Abs 6 (s Rz 10) – auf ein legistisches Versehen zurückzuführen sein (vgl dazu die Erl RV zu § 1 Z 20: „Für Versicherungsunternehmen besteht kein Bedarf, vertraglich gebundene Vermittler heranzuziehen, da diese Funktion von den Versicherungsvermittlern gemäß §§ 137 bis 138 GewO wahrgenommen wird“; siehe dazu Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 21). Zu beachten sind ferner § 12 Abs 4 und § 9 Abs 7 BWG, wonach Wertpapierfirmen und Kreditinstitute aus Mitgliedstaaten, die ihre Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigniederlassung ausüben, § 28 nicht einhalten müssen. 2 Die Heranziehung vertraglich gebundener Vermittler nach § 28 führt nicht per se zu einer Delegation wesentlicher betrieblicher Aufgaben iSd § 25. Werden jedoch wesentliche betriebliche Tätigkeiten iSd § 25 Abs 1 an vertraglich gebundene Vermittler delegiert, kommen die §§ 25 und 28 kumulativ zur Anwendung (siehe § 25 Rz 4, 12).
II. Vertraglich gebundene Vermittler 3 Als vertraglich gebundene Vermittler kommen definitionsgemäß (vgl
§ 1 Z 20, womit Art 4 Abs 1 Z 25 MiFID umgesetzt wird) sowohl natürliche als auch juristische Personen in Betracht. Personengesellschaften, werden zwar vom österreichischen Gesetzgeber nicht ausdrücklich als juristische Personen genannt. Dennoch kommt ihnen 320
Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 28
(abgesehen von der mangelnden, alleinigen „passiven Vermögensfähigkeit“) die Fähigkeit zu, Rechte und Pflichten zu begründen (vgl dazu Krejci in Krejci (Hrsg), UGB § 105 Rz 1 ff). Nach zuzustimmender Ansicht kommen sie daher ebenso als vertraglich gebundene Vermittler in Betracht (dazu eingehend Brandl/Klausberger, ZFR 2008, 19; zust Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 18 und Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 168; dazu treffend auch Bröker, ZFR 2008, 96: „Dabei ist die Organisationsform des gebundenen Vermittlers grundsätzlich diesem zu Recht selbst überlassen, sodass der gebundene Vermittler die für ihn selbst beste Rechtsform, sei es als einzelkaufmännisches Gewerbe, als Personengesellschaft oder als juristische Person, frei wählen kann“). Vertraglich gebundene Vermittler können nach Maßgabe von § 28 4 Abs 1 iVm § 1 Z 20 zur Förderung sämtlicher Wertpapierdienstleistungen iSd § 1 Z 2 und Nebendienstleistungen iSd § 1 Z 3 herangezogen werden, die vom Konzessionsumfang eines Unternehmens gedeckt sind (vgl auch Art 23 Abs 1 MiFID englische Fassung: „promoting the services of the investment firm“). Das zulässige Tätigkeitsspektrum eines vertraglich gebundenen Vermittlers umfasst damit die Förderung des Dienstleistungsgeschäfts, die Akquisition neuer Geschäfte, die Annahme bzw Übermittlung von Aufträgen und die Anlageberatung (siehe das Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 3). Die Berechtigung von vertraglich gebundenen Vermittlern umfasst somit die Akquisition von Kunden für sämtliche Wertpapier (neben)dienstleistungen, zu denen das vertretene Unternehmen berechtigt ist (vgl Balzer, ZBB 2003, 188); dies trifft insb auch auf die Annahme und Übermittlung von Aufträgen zur Portfolioverwaltung (Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 3; Harrer in Dullinger/ Kaindl, Jahrbuch 20), bzw die Vermittlung von Kunden für die Portfolioverwaltung zu. Die unmittelbare Portfolioverwaltung ist hingegen dem vertraglich gebundenen Vermittler nicht erlaubt (dies geht aus § 28 Abs 1 hervor: Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 20; Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 3; siehe aber Rz 18). Nicht umgesetzt wurde das durch Art 23 Abs 2 zweiter Unterabsatz 5 MiFID eingeräumte Wahlrecht, weshalb vertraglich gebundenen Vermittlern das „Halten von Kundengeldern“ („handle clients’ money“) nicht erlaubt ist (Erl RV). Nach Abs 2 wird der vertraglich gebundene Vermittler als Erfüllungs- 6 gehilfe nach § 1313 a ABGB im Namen und auf Rechnung des vertretenen Unternehmens tätig (vgl Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 166). Von der FMA wurde in diesem Zusammenhang bereits für den Einsatz von „freien Mitarbeitern“ nach § 19 Abs 2 a WAG verlangt, dass dieser Umstand bereits im Vertrag zwischen dem freien Mitarbei321
§ 28
Kreisl
ter und dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Text hervorgehoben dokumentiert wird (siehe Rundschreiben der FMA vom 17. Mai 2004; verfügbar unter www.fma.gv.at). Darüber hinaus sollte nach Maßgabe dieses Rundschreibens das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den „freien Vermittler“ mit einer Vollmacht oder einem Ausweis sowie mit Geschäftsunterlagen versehen, aus der für Dritte hervorgeht, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen Vertragspartner des Kunden wird und für seine Dienstleistung einsteht. Der freie Mitarbeiter hatte im Gegenzug die Vollmacht bzw den Ausweis dem Kunden unaufgefordert vorzulegen. Auch diese Pflichten waren im Vertragswerk ausdrücklich und textlich hervorgehoben zu vereinbaren (siehe Rundschreiben der FMA vom 17. Mai 2004). Die analoge Implementierung dieser für freie Mitarbeiter nach § 19 Abs 2 a WAG entwickelten Aufsichtsstandards für vertraglich gebundene Vermittler iSd § 1 Z 20 erscheint bereits wegen der eminenten haftungsrechtlichen Bedeutung dieser Offenlegungspflichten angezeigt: So haftet für Fehlleistungen des vertraglich gebundenen Vermittlers (etwa Beratungsfehler) dem Kunden gegenüber (ex contractu) grundsätzlich nur das Unternehmen, in dessen Namen und auf dessen Rechnung dieser tätig geworden ist. Der vertraglich gebundene Vermittler haftet seinerseits dem Unternehmen als Erfüllungsgehilfe nach Maßgabe von § 1313 a ABGB (Abs 2; auch dieser Umstand war nach dem Rundschreiben der FMA vom 17. Mai 2004 im Vertragswerk hervorgehoben festzuhalten). Gibt der vertraglich gebundene Vermittler jedoch dem Kunden nicht unmissverständlich zu verstehen, dass er als Vertreter eines Unternehmens handelt, so ist eine direkte Haftung dem Kunden gegenüber aus einem Auskunftsvertrag möglich (Brand, ecolex 2001, 597; Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 63; weiters vgl zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen ohne Konzession durch die Beratung von Kunden über Veranlagungsmöglichkeiten in Wertpapieren, UVS Wien 20. 8. 2007, 06/FM/46/2370/2007, ZFR 2008, 63 [G. Schmied]). 7 Unternehmen, die sich vertraglich gebundener Vermittler bedienen,
bleiben für die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften iZm deren Tätigkeiten vollinhaltlich verantwortlich. Sie haben daher geeignete Maßnahmen zu implementieren, die eine rechtskonforme Tätigkeit der vertraglich gebundenen Vermittler sicherstellen und insb Beeinträchtigungen von Kundeninteressen hintanhalten (Abs 7; vgl Art 23 Abs 2 dritter Unterabsatz MiFID). Dies bedingt zunächst eine sorgfältige Auswahl sowie Aus- und Weiterbildung der jeweils handelnden Personen (eine solche Verpflichtung hat die FMA – gestützt auf § 16 WAG aF – bereits für die im Namen und auf Rechnung eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens tätigen „freien Mitarbeiter“ ange322
Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 28
nommen; vgl Rundschreiben vom 17. Mai 2004). Darüber hinaus sind diese von den Compliance-Vorschriften (§ 18) eines Unternehmens zu erfassen. Nach § 1 Z 29 gelten vertraglich gebundene Vermittler (lit a) bzw deren persönlich haftende, geschäftsführungsbefugte Gesellschafter (vgl § 23 Rz 4) bzw Geschäftsleiter (lit b), Angestellte oder sonstige „Mitarbeiter“ (lit c) bzw im Rahmen einer Auslagerung beteiligte natürliche Personen (lit d) als „relevante Personen“, weshalb insb auch die Regelungen für persönliche Geschäfte (§§ 23 f), Interessenkonflikte und Finanzanalysen (§§ 34 ff) zu beachten sind. Die Prüfungsaktivitäten der internen Revision haben sich auch auf die Tätigkeiten vertraglich gebundener Vermittler zu erstrecken. Generell trifft den Rechtsträger nach § 28 Abs 3 die Verpflichtung, vertraglich gebundene Vermittler bei Erbringung ihrer Tätigkeiten zu überwachen (vgl Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 23). Vertraglich gebundene Vermittler sind keine Rechtsträger iSd § 15 8 Abs 1 und dürfen sich daher keiner weiteren vertraglich gebundenen Vermittler bzw Finanzdienstleistungsassistenten bedienen (Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 4; Harrer in Dullinger/ Kaindl, Jahrbuch 22; Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 168; dies dürfte [hinsichtlich Finanzdienstleistungsassistenten] auch für den Fall gelten, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen als vertraglich gebundene Vermittler auftreten [so das Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 4; siehe dazu auch Rz 15], weil diese „funktional“ nicht als Rechtsträger, sondern eben als vertraglich gebundene Vermittler tätig werden). Nach Rechtsansicht der FMA müssen darüber hinaus Hilfspersonen eines vertraglich gebundenen Vermittlers zu diesem stets in einem arbeitsrechtlichen Dienstverhältnis stehen (Rundschreiben der FMA vom 31, Oktober 2007, 4; aA Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 168, die eine solche Sichtweise weder durch das Gesetz noch durch den Normzweck gedeckt sehen). Während Finanzdienstleistungsassistenten ausschließlich im Inland tä- 9 tig werden dürfen, können vertraglich gebundene Vermittler grenzüberschreitend im Wege der Dienstleistungs- bzw Niederlassungsfreiheit tätig werden (Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 5). In Österreich ansässige vertraglich gebundene Vermittler, welche die Anforderungen des § 28 erfüllen (insb Gewerbeberechtigung nach § 136 a GewO und Registereintragung nach § 28 Abs 4) können im Wege der Dienstleistungsfreiheit Wertpapierdienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat erbringen (Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 5). Ziehen österreichische Wertpapierfirmen einen vertraglich gebundenen Vermittler heran, der in einem anderen Mitgliedstaat als in Österreich ansässig ist, so wird dieser vertraglich ge323
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bundene Vermittler der Zweigstelle gleichgestellt und unterliegt den für Zweigstellen geltenden Bestimmungen (§ 13 Abs 1 letzter Satz). Der im anderen Mitgliedstaat ansässige vertraglich gebundene Vermittler muss darüber hinaus in das Register für vertraglich gebundene Vermittler des Aufnahmemitgliedstaates eingetragen sein (§ 28 Abs 4; vgl Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 5). 10 Nach Abs 4 dürfen nur vertraglich gebundene Vermittler herangezogen werden, die in ein öffentliches Register (dh ein Register, das der Öffentlichkeit zur Einsicht offen steht; vgl Art 23 Abs 3 fünfter Unterabsatz MiFID) jenes Mitgliedstaates eingetragen sind, in dem sie niedergelassen sind. In Österreich ist die FMA zur Einrichtung eines solchen Registers verpflichtet (Abs 6). Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Eintragung und laufende Überprüfung bzw Aktualisierung des Registers trifft jedoch die Unternehmen, die sich vertraglich gebundener Vermittler bedienen (die fehlende Nennung von Versicherungen in Abs 6 dürfte auf ein Redaktionsversehen zurückzuführen sein). In diesem Zusammenhang enthält Abs 6 die Verpflichtungen vertraglich gebundene Vermittler unverzüglich (dh ohne schuldhaftes Zögern) der FMA anzuzeigen (vgl Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 19). In Abs 6 werden lediglich Kreditinstitute und Wertpapierfirmen genannt, nicht jedoch auch Versicherungen. Vor dem Hintergrund von § 15 Abs 1 WAG 2007 iVm § 2 Abs 2 WAG 2007 dürfte jedoch die fehlende Nennung von Versicherungen in Abs 6 als legistisches Versehen anzusehen sein. Die Anzeigebestimmung des Abs 6 gilt daher auch für Versicherungen (hinsichtlich der Vermittlung von Investmentfondsanteilen; vgl auch das Rundschreiben der FMA vom 31, Oktober 2007, 7; siehe im Übrigen Rz 1). Das in Art 23 Abs 4 zweiter Unterabsatz MiFID eingeräumte Wahlrecht wurde damit ausgeübt (Erl RV). Die Erl RV betonen in diesem Zusammenhang, dass sich eine solche Vorgehensweise in Bezug auf freie Mitarbeiter nach § 19 Abs 2 a WAG aF bewährt hat und deshalb beibehalten werden soll.
III. Gewerberechtliche Voraussetzungen 11 Vertraglich gebundene Vermittler erbringen ihre Dienstleistungen „un-
ter der Konzession“ des vertretenen Unternehmens, unterliegen aber selbst keiner Konzessionspflicht nach den Bestimmungen des WAG 2007 (Abs 7). 12 In Umsetzung von Art 23 Abs 3 dritter und vierter Unterabsatz MiFID bestimmt Abs 5, dass vertraglich gebundene Vermittler über eine Konzession für das reglementierte Gewerbe des „Gewerblichen Ver324
Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 28
mögensberaters“ nach § 136 a GewO verfügen müssen (§ 94 Z 75 GewO). In diesem Zusammenhang hält auch § 136 a Abs 3 GewO fest, dass ausschließlich gewerbliche Vermögensberater Tätigkeiten nach § 1 Z 20 WAG 2007 durchführen dürfen (zum Umfang der Berechtigung vgl insb Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 7 Rz 22 ff). Gewerbliche Vermögensberater haben über die erforderliche fachliche Befähigung nach § 18 GewO iVm der VO des BMWA über die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Vermögensberatung, BGBl II 2003/95, zu verfügen (vgl Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 22 FN 49). Abs 5 zweiter Satz enthält weiters die Voraussetzung, dass vertraglich 13 gebundene Vermittler nur in das öffentliche Register eingetragen werden dürfen, wenn feststeht, dass sie über die „erforderliche Zuverlässigkeit“ und über entsprechende allgemeine, kaufmännische und berufliche Kenntnisse verfügen, um alle relevanten Informationen über die angebotene Dienstleistung korrekt an den Kunden weiterleiten zu können (vgl Art 23 Abs 3 vierter Unterabsatz MiFID). Dazu ist festzuhalten, dass es sich bei der gewerblichen Vermögensberatung nach § 136 a GewO um ein Zuverlässigkeitsgewerbe iSd § 95 GewO handelt. Demnach hat die Gewerbebehörde zu überprüfen, ob der Bewerber bzw, falls es sich um eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft handelt, die in § 13 Abs 7 GewO genannten Personen über die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit verfügen (§ 87 Abs 1 Z 3 GewO spricht in diesem Zusammenhang von schwerwiegenden Verstöße gegen die iZm dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen insb auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes). Es ist daher anzunehmen, dass die FMA bei Vorliegen einer aufrechten Berechtigung nach § 136 a GewO keine eigenständige Prüfung der Zuverlässigkeit nach Abs 5 vorzunehmen hat, sondern diese – soweit der Behörde keine weiteren Umstände bekannt sind, die daran zweifeln ließen, – (widerleglich) vermutet wird. Die Zuverlässigkeitsprüfung verbleibt damit bei der Gewerbebehörde (vgl B. Raschauer, ZFR spezial, 186 f, der in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass nach Abs 5 vertraglich gebundene Vermittler nicht in ein „von“ der FMA, sondern „bei“ der FMA zu führendes Register einzutragen sind). Dass Abs 5 Qualifikationen erfordert, die über jene für die Erteilung einer Gewerbeberechtigung nach § 136 a GewO hinausgehen (idS aber Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 167 f), ist daher nicht anzunehmen: Nach Maßgabe der gegenständlichen Regelungstechnik wären weder die FMA noch die Gewerbebehörde dazu berufen, das Vorliegen dieser zusätzlichen Qualifikationen (vor Eintragung in das öffentliche Register) zu überprüfen. 325
§ 28
Kreisl
14 Die durch den vertraglich gebundenen Vermittler auf Grundlage seiner
Berechtigung nach § 136 a GewO erbrachten Dienstleistungen unterliegen dem Gewerberecht und sohin der Gewerbeaufsicht (Winternitz/ Steinmair, ZFR 2008, 169). Darüber hinaus beaufsichtigt auch die FMA diese Tätigkeit (mittelbar) im Rahmen der Aufsicht über den Rechtsträger, für den diese Tätigkeiten erbracht werden (vgl Winternitz/Steinmair, ZFR 2009, 9). 15 Nach Ansicht der FMA „kann [auch] ein Wertpapapierdienstleistungsunternehmen bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen als vertraglich gebundener Vermittler für eine Wertpapierfirma oder ein Kreditinstitut bzw ein Versicherungsunternehmen gem § 2 Abs 2 WAG 2007 tätig sein und exklusiv für den Vertragspartner die einem vertraglich gebundenen Vermittler möglichen Dienstleistungen im Namen des Vertragspartners erbringen“ (Rundschreiben der FMA vom 31. Oktober 2007, 4; Hervorhebungen durch den Verfasser). Das Rundschreiben lässt dabei offen, ob ein solches Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch über eine Berechtigung nach § 136 a GewO verfügen muss, wie dies der Wortlaut des Abs 5 auf den ersten Blick nahe legt (arg: „… haben … zu verfügen“). Da jedoch anzunehmen ist, dass Abs 5 lediglich ein bestimmtes Qualifikationsniveau sicherstellen will, dass jedenfalls bei Vorliegen einer Berechtigung nach § 4 erfüllt sein wird, ist jedoch aus teleologischer Sicht anzunehmen, dass in einem solchen Fall keine zusätzliche Berechtigung nach § 136 a GewO erforderlich sein wird. Versicherungsunternehmen ist eine Tätigkeit als vertraglich gebundener Vermittler iSd § 28 vor dem Hintergrund des § 3 Abs 3 VAG („Verbot versicherungsfremder Geschäfte“; siehe dazu Baran, VAG § 3 Rz 6) nicht gestattet (Rundschreiben der FMA betreffend die Tätigkeit von Versicherungsunternehmen als vertraglich gebundene Vermittler gemäß § 28 WAG 2007 vom 27. Juni 2008; verfügbar unter: www.fma.gv.at).
IV. Exklusivität 16 Vertraglich gebundene Vermittler dürfen nach § 1 Z 20 nur im Namen
und im Auftrag eines einzigen Unternehmens tätig sein. Diese Beschränkung soll dazu dienen, den Adressaten einer allfälligen Haftung eindeutig bestimmen zu können (Balzer, ZBB 2003, 189). Diesem Zweck dient auch die in Abs 3 zweiter Satz normierte Verpflichtung des Unternehmens, wonach sicherzustellen ist, dass ein vertraglich gebundener Vermittler dem Kunden jedenfalls vor Geschäftsabschluss mitteilt, in welcher Eigenschaft er handelt, und welches Unternehmen er vertritt (siehe Art 23 Abs 2 erster Unterabsatz MiFID). 326
Heranziehung von vertraglich gebundenen Vermittlern
§ 28
Die Frage, ob ein vertraglich gebundener Vermittler gleichzeitig 17 auch als Finanzdienstleistungsassistent eines anderen Unternehmens tätig sein kann, wird von der FMA mit Bezugnahme auf den Exklusivitätsgrundsatz des § 1 Z 20 offenbar verneint (Rundschreiben der FMA vom 31, Oktober 2007, 6: „Im Übrigen kann ein Vertragspartner einer Wertpapierfirma nur entweder Finanzdienstleistungsassistent oder vertraglich gebundener Vermittler sein“; zust Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 166). In der Tat scheint sich dies bereits unmittelbar aus der Definition des vertraglich gebundenen Vermittlers zu ergeben: Für diesen ist schließlich charakteristisch, dass er die in § 1 Z 20 genannten Tätigkeiten nur für einen „einzigen“ Dritten erbringt. Werden solche Tätigkeiten für einen weiteren Dritten erbracht, so ist auf den ersten Blick die Definition des § 1 Z 20 nicht länger erfüllt; es liegt dann aber auch kein vertraglich gebundener Vermittler vor, der für einen Rechtsträger nach § 28 tätig werden könnte. Das Tätigkeitsspektrum eines Finanzdienstleistungsassistenten (s § 2 Rz 14 ff) umfasst inhaltlich Teile jener Tätigkeiten, zu denen ein vertraglich gebundener Vermittler berechtigt ist. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass ein vertraglich gebundener Vermittler eben nicht als Finanzdiestleistungsassistent für ein anderes Unternehmen tätig sein kann, ohne seinen „Status“ als vertraglich gebundener Vermittler zu verlieren. Für diese Ansicht spricht nach Harrer insb auch Erwägungsgrund 37 der MiFID („Von dieser Richtlinie unberührt bleiben sollte das Recht von vertraglich gebundenen Vermittlern, unter andere Richtlinien fallende Tätigkeiten und verbundene Tätigkeiten in Bezug auf Finanzdienstleistungen oder -produkte, die nicht unter diese Richtlinie fallen, auszuüben“), die „ohnedies als Subvermittler nur den vertraglich gebundenen Vermittler kennt“ (so Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 21). Gegen diese Ansicht spricht jedoch die Systematik des Gesetzes: Das WAG 2007 führt in § 2 Abs 1 Z 15 den Typus des Finanzdienstleistungsassistenten ein (ohne den Begriff „Finanzdienstleistungsassistent“ zu verwenden; dieser wird jedoch in § 2 Abs 1 Z 14 GewO als Rechtsbegriff eingeführt [vgl Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 165 Fn 26]), nimmt diesen jedoch gleichzeitig – offenbar unter Anwendung der Bereichsausnahme des Art 3 MiFID (vgl Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 17 FN 21) – vom Anwendungsbereich des WAG 2007 aus (zur Interpretation dieser grammatikalisch verunglückten Bestimmung [„Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes finden keine Anwendung auf: […] Natürliche Personen, die […] im Inland erbringen, brauchen keine Konzession gemäß den §§ 3 oder 4“] siehe im Übrigen § 2 Rz 14 ff). Der Finanzdienstleistungsassistent bildet somit keine „Unterart“ des vertraglich gebundenen Vermittlers, sondern stellt eine Alternative zu diesem dar (vgl Winternitz/Steinmair, ZFR 327
§ 28
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2009, 9). Auf den Typus des Finanzdienstleistungsassistenten sind § 1 Z 20 und (folglich) auch § 28 nicht anwendbar; er steht somit „außerhalb der Systems“ der §§ 1 Z 20 und 28. Eine (allfällige) Tätigkeit als Finanzdienstleistungsassistent kann sich daher auch nicht schädlich auf die Erfüllung der Kriterien des § 1 Z 20 auswirken. In diesem Zusammenhang ist auch § 136 a Abs 3 GewO von Interesse, der feststellt, dass gewerbliche Vermögensberater (§ 94 Z 75 GewO) bei Einhaltung der Bedingungen des § 2 Abs 1 Z 15 WAG auch zu Tätigkeiten im Sinne dieser Bestimmungen berechtigt sind. Der Gesetzgeber geht damit wohl davon aus, dass ein gewerblicher Vermögensberater zwar nur hinsichtlich eines einzigen Unternehmens als vertraglich gebundener Vermittler fungieren kann, darüber hinaus jedoch eine Tätigkeit als „Finanzdienstleistungsassistent“ iSd § 2 Abs 1 Z 15 für (mehrere) weitere Unternehmen nicht ausgeschlossen ist (aA offenbar Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 21 f). Ob damit im Hinblick auf die von der MiFID geforderte Exklusivität des vertraglich gebundenen Vermittlers als „Subvermittler“ eine europarechtskonforme Umsetzung des in Art 23 MiFID eingeräumten Wahlrechts gelungen ist, bleibt jedoch zweifelhaft (vgl insb die Erwägungsgründe der MiFID 36 und 37). 18 Die Portfolioverwaltung steht vertraglich gebundenen Vermittlern nicht offen (siehe Rz 4). Es erscheint jedoch nicht ausgeschlossen, dass eine natürliche Person die als vertraglich gebundener Vermittler mit Tätigkeiten iSd § 1 Z 20 betraut wurde, auf Grundlage eines Dienstvertrags auch mit Agenden des Fondsmanagements betraut wird. Der angestellte Portfolioverwalter handelt schließlich nicht selbstständig unter dem „Konzessionsdach“ eines Rechtsträgers, sondern es handelt der Rechtsträger unmittelbar durch seinen Dienstnehmer. Weder § 1 Z 20 noch § 28 ist jedoch ein Verbot zu entnehmen, (gleichzeitig auch) als Dienstnehmer eines Rechtsträgers iSd § 15 tätig zu sein. 19 Abs 8 bestimmt, dass die Rechtsfigur des vertraglich gebundenen Vermittlers nicht bewirken soll, dass dieser arbeitsrechtlich wie ein Angestellter behandelt wird (vgl Erl RV zu § 1 Z 20). Eine solche Klarstellung ist deshalb notwendig geworden, weil vertraglich gebundene Vermittler definitionsgemäß nur für ein einziges Unternehmen tätig werden dürfen. Die Erl RV zu § 28 halten ergänzend fest, dass ein vertraglich gebundener Vermittler mit Sitz im Inland, der für eine Wertpapierfirma mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat tätig ist, aufsichtsrechtlich wie eine Zweigstelle zu behandeln ist (Art 32 Abs 2 letzter Unterabsatz MiFID) und daher ein gesetzlicher Zwang zur Begründung von Arbeitsverhältnissen nicht RL-konform wäre (siehe dazu Winternitz/Steinmair, ZFR 2008, 166 f). 328
Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden
§ 29
3. Abschnitt Schutz des Kundenvermögens Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden § 29. (1) Ein Rechtsträger, der Kunden gehörende Finanzinstrumente hält, hat geeignete Vorkehrungen zu treffen, insbesondere für den Fall der Insolvenz, um deren Eigentumsrechte an diesen Instrumenten zu schützen und zu verhindern, dass die Finanzinstrumente eines Kunden ohne dessen ausdrückliche Zustimmung für eigene Rechnung verwendet werden. (2) Ein Rechtsträger, der Kunden gehörende Gelder hält, hat geeignete Vorkehrungen zu treffen, um die Rechte der Kunden zu schützen und, außer im Fall von Kreditinstituten, zu verhindern, dass die Gelder der Kunden für eigene Rechnung verwendet werden. (3) Um die Rechte der Kunden an ihren Finanzinstrumenten und Geldern zu schützen, hat ein Rechtsträger 1. die erforderlichen Aufzeichnungen und Konten zu führen, die es ihm jederzeit ermöglichen, die für die einzelnen Kunden gehaltenen Vermögensgegenstände unverzüglich sowohl voneinander als auch von seinen eigenen Vermögensgegenständen zu unterscheiden; 2. seine Aufzeichnungen und Konten so zu führen, dass diese stets korrekt sind und insbesondere mit den für Kunden gehaltenen Finanzinstrumenten und Geldern in Einklang stehen; 3. seine internen Konten und Aufzeichnungen regelmäßig mit denen aller Dritten, die diese Vermögensgegenstände halten, abzustimmen; 4. die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um zu gewährleisten, dass alle gemäß § 30 bei einem Dritten hinterlegten Kundenfinanzinstrumente durch unterschiedliche Benennung der in den Büchern des Dritten geführten Konten oder vergleichbare Maßnahmen, die ein gleich hohes Maß an Schutz gewährleisten, von den Finanzinstrumenten des Rechtsträgers und den Finanzinstrumenten dieses Dritten unterschieden werden können; 5. die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um zu gewährleisten, dass Kundengelder, die bei einer Stelle gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 bis 4 hinterlegt werden, auf einem oder mehreren separaten Konten 329
§ 29
Brandl/Klausberger
geführt werden, die von allen anderen Konten, auf denen Gelder des Rechtsträgers geführt werden, getrennt sind, und 6. angemessene organisatorische Vorkehrungen zu treffen, um das Risiko, dass die Vermögenswerte des Kunden oder die damit verbundenen Rechte aufgrund einer missbräuchlichen Verwendung der Vermögenswerte oder aufgrund von Betrug, schlechter Verwaltung, unzureichender Aufzeichnungen oder Fahrlässigkeit verloren gehen oder geschmälert werden, so gering wie möglich zu halten. (4) Die FMA ist ermächtigt, durch Verordnungen die nähere Ausgestaltung der in Abs. 3 Z 1 bis 6 genannten Maßnahmen und Vorkehrungen festzulegen, soweit das für den Schutz des Kundenvermögens erforderlich ist. Schrifttum: Iro, Drittverwahrung von Wertpapieren: Regelungskonflikt zwischen §§ 29 ff WAG und DepG?, ÖBA 2009, 253. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 29): „Abs. 1 setzt Art. 13 Abs. 7 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 13 Abs. 8 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 3 setzt Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 4 setzt Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um und enthält eine Verordnungsermächtigung der FMA.“
Übersicht I. A. B. C. II. III. A. B. C. D. IV. V. A. B. C.
330
Allgemeines zu den §§ 29 ff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwenden für eigene Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelne Verpflichtungen zum Schutz des Kundenvermögens Aufzeichnungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterscheidungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abstimmungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen eines Verstoßes gegen die Schutzvorschriften . . . . . . . . . . Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–5 1 2 3–5 6 7–10 7 8 9 10 11 12–15 12–13 14 15
Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden
§ 29
I. Allgemeines zu den §§ 29 ff A. Entstehungsgeschichte Die ISD verpflichtete in Art 10 Abs 1 GS 2 die Mitgliedstaaten, geeig- 1 nete Vorkehrungen für die den Anlegern gehörenden Wertpapiere zu treffen, um deren Eigentumsrechte insb für den Fall der Insolvenz zu schützen und zu verhindern, dass die Wertpapierfirma die Wertpapiere der Anleger ohne deren ausdrückliche Zustimmung für eigene Rechnung verwendet. Darüber hinaus forderte die ISD in Art 10 Abs 1 GS 3 auch, geeignete Vorkehrungen für die den Anlegern gehörenden Gelder zu treffen, um deren Rechte zu schützen und zu verhindern, dass die Gelder der Anleger von der Wertpapierfirma – außer wenn es sich um ein Kreditinstitut handelt – für eigene Rechnung verwendet werden. Die MiFID übernimmt in Art 13 Abs 7 und 8 das Schutzkonzept des Art 10 Abs 1 GS 2 und 3 ISD, intensiviert aber gleichzeitig auf Ebene der DRL in Art 16 die Detailtiefe der Regelung (vgl auch Möllers in Kölner Kommentar § 34 a WpHG Rz 10).
B. Regelungstechnik Die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben ins österreichische 2 Recht orientiert sich stark an Wortlaut und Systematik der MiFID bzw ihrer DRL. Die Bestimmung des § 29 verpflichtet Rechtsträger iSd § 15, die einem Kunden gehörende Gelder oder Finanzinstrumente halten, geeignete Vorkehrungen zum Schutz dieser Gelder oder Finanzinstrumente zu treffen. Diese Verpflichtung ergibt sich allgemein aus Art 13 Abs 7 und 8 MiFID und wird durch Art 16 MiFID-DRL weiter konkretisiert. Dieser vom Europarecht gewählten Regelungsstruktur ist der Gesetzgeber dabei insofern gefolgt, als die Abs 1 und 2 die involvierten Rechtsträger relativ abstrakt dazu verpflichten, geeignete Vorkehrungen zum Schutz der Rechte der Kunden zu treffen, und die zu treffenden Vorkehrungen durch Abs 3, allfällige Verordnungen nach Abs 4 sowie die folgenden §§ über Hinterlegung und Verwendung von Finanzinstrumenten bzw Gelder der Kunden weiter konkretisiert werden.
C. Normzweck und leitende Grundsätze Wie aus Abs 1 hervorgeht, hat das Gesetz hinsichtlich des Schutzes 3 von dem Kunden gehörenden Finanzinstrumenten insb den Insolvenzfall vor Augen. Es soll verhindert werden, dass Gläubiger des Rechtsträgers (bzw eines Drittverwahrers) auf die Vermögenswerte des Kun331
§ 29
Brandl/Klausberger
den zugreifen können, um Befriedigung zu erlangen (vgl Iro, ÖBA 2009, 263 f). Die Gefahr, dass der Rechtsträger Vermögenswerte der Kunden für vertragswidrige Zwecke verwendet, oder dass einzelnen Kunden zuzurechnende Verluste mit Positionen anderer Kunden verrechnet werden, scheint demgegenüber kein primäres Anliegen der Regelung zu sein (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 34 a Rz 1; anders Fuchs in Fuchs, WpHG § 34 a Rz 1; Möllers in Kölner Kommentar § 34 a WpHG Rz 2). Aus dem Zweck der Regelung sowie aus Erwägungsgrund 26 MiFID folgt, dass nicht nur die Position des Kunden als Eigentümer von Wertpapieren umfasst ist, sondern auch treuhändige Rechtspositionen unter diese Bestimmungen fallen (Iro, ÖBA 2009, 262 f). Dazu zählt vornehmlich die Gutschrift in Wertpapierrechnung: Der Käufer im Ausland anzuschaffender Wertpapiere, die auch dort verwahrt werden sollen, erlangt dabei nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Zwischenverwahrer auf Ausfolgung gleichartiger, nicht aber gleicher Wertpapiere; der Kunde erhält dann von seiner Inlandsbank für seine im Ausland erworbenen und dort verwahrten Wertpapiere eine Gutschrift in Wertpapierrechnung (dazu Iro in Apathy/Iro/Koziol, BVR II2 Rz 4/76 ff). Wird dem Kunden ein Anspruch auf Lieferung der Wertpapiere gutgeschrieben, so entspricht der Anspruch des Kunden gegen die Bank jenem Anteil, den diese auf Rechnung des Kunden am gesamten Deckungsbestand im Ausland entsprechend den jeweiligen Rechtsvorschriften und Usancen hält; die in Wertpapierrechnung gutgebrachten Wertpapiere derselben Art, welche die Bank für die Kunden hält, bilden zusammen mit den von ihr auf eigene Rechnung im Ausland gehaltenen Wertpapieren einen Deckungsbestand (Z 67 ABB; dazu Iro in Apathy/Iro/Koziol, BVR II2 Rz 4/77). Das Gesetz ist bestrebt, dass der Kunde im Konkurs des Rechtsträgers möglichst eine konkursfeste Position erlangen soll. Dies ist etwa dann gewährleistet, wenn eine regelmäßige Verwahrung nach dem DepG vorgenommen wird; in diesem Fall ist der Kunde auch gegen die Insolvenz der Depotbank über ein Aussonderungsrecht geschützt (Iro in Apathy/Iro/Koziol, BVR II2 Rz 4/139). Dazu reicht prinzipiell auch eine Sammelverwahrung aus, weil in diesem Fall der Kunde über seinen Miteigentumsanteil eine konkursfeste Stellung erwirbt (Iro, ÖBA 2009, 260 f). 4 In Bezug auf Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunter-
nehmen ist ferner zu beachten, dass diese Geld, Wertpapiere oder sonstige Instrumente von Kunden nicht halten dürfen, wenn sie dadurch zum Schuldner ihrer Kunden werden (vgl § 3 Abs 5 Z 4 WAG; zum WAG aF Zahradnik, Finanzdienstleistungen und Wertpapieraufsicht 14; siehe dazu nunmehr auch Rz 3). Die FMA ist in ihrer Stellung332
Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden
§ 29
nahme zu den §§ 29–33 daher davon ausgegangen, dass der Adressatenkreis der §§ 29–33 auf Kreditinstitute zu reduzieren sei, weil Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen ohnehin nicht zum Halten von Finanzinstrumenten und Geld des Kunden berechtigt seien (10/SN-45/ME [XXIII. GP] S 8). Insoweit das DepG für die Verwahrung von Wertpapieren besondere Regeln aufstellt, überschneidet sich der sachliche Anwendungsbereich des WAG mit jenem des DepG (ausführlich dazu Iro, ÖBA 2009, 255 ff). Den Wohlverhaltensregeln der §§ 38 ff ähnlich sind auch die Verpflich- 5 tungen aus den §§ 29 ff an der Schnittstelle von Aufsichts- und Zivilrecht angesiedelt. Siehe dazu bei § 38 Rz 7 ff.
II. Verwenden für eigene Rechnung Abs 1 verbietet, dass einem Kunden gehörende Finanzinstrumente 6 ohne dessen ausdrückliche Zustimmung für eigene Rechnung verwendet werden. Näheres regelt § 32. Mit Ausnahme der Kreditinstitute ist es Rechtsträgern nicht gestattet, Kundengelder für eigene Rechnung zu verwenden. Anhand dieser Ausnahme stellt sich erneut die Frage, ob Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen überhaupt zum Adressatenkreis der §§ 29–33 gehören (siehe dazu oben Rz 4). Gemäß § 3 Abs 5 dürfen Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen keine Finanzinstrumente und Gelder des Kunden halten, wenn sie dadurch Schuldner des Kunden werden. Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben daher – wenn überhaupt – nur die Möglichkeit, Kundengelder auf Treuhandkonten (Anderkonten) zu buchen und zu führen (Winternitz, WAG § 16 Rz 8; Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/ Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 8), was von der FMA allerdings nicht akzeptiert wird.
III. Einzelne Verpflichtungen zum Schutz des Kundenvermögens A. Aufzeichnungspflichten Den Rechtsträger treffen hinsichtlich des von ihm gehaltenen Kunden- 7 vermögens bestimmte Aufzeichnungspflichten (Abs 3 Z 1 und 2). Er hat die erforderlichen Aufzeichnungen stets korrekt zu führen, sodass 333
§ 29
Brandl/Klausberger
sie immer mit den für den Kunden gehaltenen Vermögensgegenständen in Einklang stehen. Es muss ihm zu jeder Zeit möglich sein, sowohl das Kundenvermögen vom eigenen Vermögen als auch die Vermögensteile der Kunden untereinander zu unterscheiden. In Österreich ist diese Anforderung bereits durch § 11 DepG (Verwahrungsbuch) abgedeckt (zust Iro, ÖBA 2009, 260).
B. Unterscheidungspflichten 8 Der Rechtsträger muss gewährleisten, dass die bei einem Dritten gemäß
§ 30 hinterlegten Finanzinstrumente von Kunden von den Finanzinstrumenten des Rechtsträgers sowie von den Finanzinstrumenten des Dritten unterschieden werden können (Abs 3 Z 4). Um diese Unterscheidbarkeit zu gewährleisten, führt das Gesetz die unterschiedliche Bezeichnung der in den Büchern des Dritten geführten Konten oder vergleichbare Maßnahmen mit einem gleich hohen Schutzniveau an. Der Rechtsträger kann daher die Finanzinstrumente auf einem oder mehreren Konten hinterlegen, die auf Grund ihrer Bezeichnung unzweifelhaft auf Kundenfinanzinstrumente hinweisen oder zumindest im Hinblick auf das Schutzniveau gleichwertige Maßnahmen ergreifen. Es wird aber auch zulässig sein, Kundenfinanzinstrumente auf einem Sammelkonto zu verwahren, sofern jederzeit feststellbar ist, wessen Wertpapiere auf dem Sammelkonto liegen, weil damit dem Zweck der Regelung, Zugriffe Dritter im Exekutions- oder Insolvenzverfahren zu verhindern, bereits entsprochen ist (Iro, ÖBA 2009, 265 f). Kundengelder, die bei einer Zentralbank, einem Kreditinstitut, einer in einem Drittstaat zugelassenen Bank oder einem qualifizierten Geldmarktfonds hinterlegt werden, müssen nach Abs 3 Z 5 jedenfalls auf einem oder mehreren separaten Konten geführt werden, damit die Kundengelder von den Geldern des Rechtsträgers getrennt bleiben.
C. Abstimmungspflichten 9 Der Rechtsträger muss seine internen Aufzeichnungen regelmäßig mit
jenen der Dritten, die diese Vermögensgegenstände halten, abstimmen (Abs 3 Z 3). Wie oft dies konkret zu geschehen hat, lässt das Gesetz offen. Aus der Formulierung regelmäßig kann jedenfalls geschlossen werden, dass dies routinemäßig in mehr oder minder gleichmäßigen Abständen erfolgen soll. Die Dauer der Abstände wird man dabei nicht generell festlegen können, sondern es ist eine auf den Geschäftsumfang, die Häufigkeit von Änderungen sowie die Anzahl potentieller Fehlerquellen abstellende differenzierende Betrachtung vorzunehmen. 334
Schutz der Finanzinstrumente und Gelder von Kunden
§ 29
D. Organisationspflichten Der Rechtsträger hat nach Abs 3 Z 6 angemessene Vorkehrungen zur 10 Verminderung des Risikos zu treffen, dass der Kunde auf Grund einer missbräuchlichen Verwendung seiner Vermögenswerte oder auf Grund von Betrug, schlechter Verwaltung, unzureichender Aufzeichnungen oder Fahrlässigkeit einen Vermögensschaden erleidet. Dem Rechtsträger wird damit nicht die – in der Praxis wohl letztlich unerfüllbare – Pflicht auferlegt, derartige Malversationen zu verhindern, sondern die Pflicht, durch entsprechende Organisation das Risiko so weit wie möglich zu minimieren.
IV. Verordnungsermächtigung Zur näheren Ausgestaltung der Verpflichtungen zum Schutz des Kun- 11 denvermögens nach Abs 3 ist die FMA auf Basis von Abs 4 zur Erlassung entsprechender Verordnungen ermächtigt. Bis dato hat die FMA davon noch keinen Gebrauch gemacht.
V. Folgen eines Verstoßes gegen die Schutzvorschriften A. Zivilrecht Verstößt ein Rechtsträger gegen die Vorschriften zum Schutz des Kun- 12 denvermögens, und erleidet der Kunde daraus einen Schaden, so kann der Kunde bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Schadenersatz verlangen. Zu den Haftungsgrundlagen siehe die Ausführungen bei § 38 Rz 35 ff. Darüber hinaus sind die Bestimmungen zum Schutz des Kundenver- 13 mögens als Schutzgesetze iSd § 1311 ABGB anzusehen. Die §§ 29 ff verbieten bestimmte, für das Kundenvermögen abstrakt gefährliche Handlungen und beziehen nach ihrer Teleologie auch den Kunden in den Schutzbereich mit ein (vgl Harrer in Schwimann VI3 § 1311 ABGB Rz 9; Karner in KBB², ABGB § 1311 Rz 3 ff; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2 102 f; Reischauer in Rummel II/13 § 1311 ABGB Rz 4 a). Als Besonderheit dieser Haftung muss sich das Verschulden des Schädigers bloß auf die Übertretung des Schutzgesetzes, nicht aber auf die konkrete Schadenszufügung beziehen; der Schädiger haftet 335
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demnach auch für nicht voraussehbare Schadenseintritte (vgl Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2 110 ff).
B. Aufsichtsrecht 14 Die Einhaltung der Vorschriften über den Schutz des Kundenver-
mögens ist gemäß § 91 von der FMA zu überwachen. Sind die Verstöße als schwerwiegend und systematisch einzustufen, so hat die FMA nach § 5 Abs 2 Z 3 WAG die Konzession zurückzunehmen.
C. Verwaltungsstrafrecht 15 Wer als Verantwortlicher eines Rechtsträgers iSd § 9 VStG gegen eine
Verpflichtung nach den §§ 29 ff WAG verstößt, begeht nach § 95 Abs 2 Z 1 WAG eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu € 50.000,– zu bestrafen.
Hinterlegung von Kundenfinanzinstrumenten § 30. (1) Ein Rechtsträger darf die für seine Kunden gehaltenen Finanzinstrumente auf einem oder mehreren bei einem Dritten eröffneten Konten hinterlegen, wenn er bei der Auswahl, Bestellung und regelmäßigen Überprüfung dieses Dritten sowie bei den für die Verwahrung dieser Finanzinstrumente getroffenen Vereinbarungen mit der gebotenen Professionalität und Sorgfalt verfährt. Insbesondere müssen die Sachkenntnis und die Reputation des Dritten auf dem Markt sowie alle rechtlichen Anforderungen oder Marktpraktiken, die mit der Verwahrung dieser Finanzinstrumente in Zusammenhang stehen und die Rechte von Kunden beeinträchtigen könnten, berücksichtigt werden. (2) Ein Rechtsträger hat für den Fall, dass die Verwahrung von Finanzinstrumenten für Rechnung einer anderen Person in dem Land, in dem er Finanzinstrumente von Kunden bei einem Dritten hinterlegen will, besonderen Vorschriften und einer besonderen Aufsicht unterliegt, zu beachten, dass diese Finanzinstrumente in diesem Land nicht bei einem Dritten hinterlegt werden, der von diesen Vorschriften und dieser Aufsicht nicht erfasst wird. (3) Ein Rechtsträger darf Finanzinstrumente, die er für Kunden hält, nur dann bei einem Dritten in einem Drittland hinterlegen, in dem die Verwahrung von Finanzinstrumenten für Rechnung einer anderen Person nicht geregelt ist, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: 336
Hinterlegung von Kundenfinanzinstrumenten
§ 30
1. Aufgrund der Art der Finanzinstrumente oder der mit diesen verbundenen Wertpapierdienstleistungen muss die Hinterlegung bei einem Dritten in diesem Drittland erfolgen; 2. die Finanzinstrumente werden im Namen eines professionellen Kunden verwahrt und dieser fordert den Rechtsträger schriftlich auf, sie bei einem Dritten in diesem Drittland zu hinterlegen. Schrifttum: Iro, Drittverwahrung von Wertpapieren: Regelungskonflikt zwischen §§ 29 ff WAG und DepG?, ÖBA 2009, 253. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 30): „Abs. 1 setzt Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Unter dem Begriff „Überprüfung“ gemäß der § 30 Abs. 1 und § 31 Abs. 5 ist eine Aktualisierung der Beurteilung oder Einschätzung des Vertragspartners zu verstehen. Abs. 2 setzt Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II.
Auswahl des Verwahrers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahrung der besonderen Vorschriften und der besonderen Aufsicht bezüglich die Verwahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4
I. Auswahl des Verwahrers § 30 führt den von § 29 geforderten Schutz der einem Kunden gehö- 1 renden Finanzinstrumente hinsichtlich deren Hinterlegung bei einem Dritten näher aus. Die Vorschriften ergehen in Umsetzung von Art 17 Abs 1 MiFID-DRL. Auch hier stellt sich wieder die Frage, wer überhaupt Adressat dieser Bestimmung sein kann (vgl dazu schon § 29 Rz 4). Im Zuge einer solchen Hinterlegung bei einem Dritten hat der hinterlegende Rechtsträger professionell und sorgfältig zu verfahren. Die entsprechenden Pflichten treffen ihn bei der Auswahl des Dritten, dessen Bestellung, bei der Vereinbarung der Verwahrungskonditionen sowie bei der regelmäßigen Überprüfung des Dritten. Unter dieser Überprüfung versteht der Gesetzgeber eine regelmäßig vorzunehmende Aktualisierung der Beurteilung oder Einschätzung des Dritten (Erl RV 15). Die Pflichten des Rechtsträgers reduzieren sich somit nicht auf die sorgfältige Auswahl des Dritten; vielmehr wird vom Gesetz auch die Wahrung der Interessen des Kunden im Rahmen der mit dem Dritten getroffenen Vereinbarungen sowie später durch eine regelmäßige Überprüfung des Dritten durch den Rechtsträger vorgeschrieben. 337
§ 30
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Für die Auswahl des Drittverwahrers ergibt sich dies schon aus § 3 Abs 3 DepG. Die Pflicht zur laufenden Überprüfung des Dritten durch den Zwischenverwahrer hat dagegen kein explizites Pendant im DepG, kann aber in richtlinienkonformer Interpretation des Begriffs der erforderlichen Sorgfalt auch dort begründet werden (dafür Iro, ÖBA 2009, 257). Hat der Kunde eine ausdrückliche Weisung erteilt, dass die Wertpapiere bei einem bestimmten Dritten verwahrt werden sollen, so entfällt nach § 3 Abs 3 Satz 2 die Haftung des Zwischenverwahrers für die Beobachtung der erforderlichen Sorgfalt bei der Auswahl des Drittverwahrers. Eine derartige Ausnahme ist in § 30 WAG nicht vorgesehen. Dennoch spricht vieles dafür, dass in diesem Fall auch nach WAG keine Verantwortlichkeit des Zwischenverwahrers besteht, zumal das Gesetz in § 52 Abs 4 erkennen lässt, dass eine ausdrückliche Weisung des Kunden den Rechtsträger in gewissen Grenzen von der Pflicht zur Wahrung der Kundeninteressen befreien kann (vgl Iro, ÖBA 2009, 257). 2 Als Kriterien für die Beurteilung der Eignung des Dritten nennt das
Gesetz insb die Sachkenntnis und die Reputation des Dritten auf dem Markt sowie alle rechtlichen Anforderungen oder Marktpraktiken, die mit der Verwahrung dieser Finanzinstrumente in Zusammenhang stehen, und die Rechte von Kunden beeinträchtigen könnten. Aus der Formulierung „insbesondere“ ist zu schließen, dass es sich um eine bloß demonstrative Aufzählung handelt, welche die wesentlichsten Kriterien zusammenfasst. Dementsprechend muss der Rechtsträger aber auch allenfalls vorliegende, darüber hinausgehende Informationen einbeziehen und würdigen. Ein objektives Kriterium zur Beurteilung des Dritten wäre daher zB auch das externe Rating des Dritten durch Ratingagenturen wie Moody’s, Standard & Poor’s oder Fitch. 3 Der Rechtsträger hat in Bezug auf den Verwahrer nach dem Gesetz mit
der gebotenen Professionalität und Sorgfalt zu handeln. Dabei ist in Anlehnung an § 1299 ABGB ein objektiver Maßstab anzulegen: Entscheidend ist nicht die von einem Durchschnittsmenschen angewendete Sorgfalt, sondern die im Verkehrskreis der Wertpapierdienstleister übliche Sorgfalt (Harrer in Schwimann VI³ § 1299 ABGB Rz 2; Karner in KBB², ABGB § 1299 Rz 1; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2 182; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 295 f; Reischauer in Rummel II/13 § 1299 Rz 2). Es wird im Zuge der Verschuldensprüfung nicht auf die konkreten subjektiven Fähigkeiten der handelnden Personen abgestellt, sondern die Frage nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt; wer im Bereich der Wertpapierdienstleistungen tätig ist, muss auch dafür einstehen, dass er die dafür notwendigen Fähigkeiten hat (Karner in KBB², ABGB § 1299 Rz 2; Koziol, Österreichisches Haft338
Hinterlegung von Kundenfinanzinstrumenten
§ 30
pflichtrecht II2 182 f; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 296; Reischauer in Rummel II/13 § 1299 Rz 5). Die Anforderungen an die Rechtsträger dürfen dabei freilich nicht unbillig überspannt werden; es kann in jedem Fall nur die zumutbare Sorgfalt erwartet werden. Ein Kunde kann zB vernünftigerweise nicht erwarten, dass der Rechtsträger den Verwahrer lückenlos überwacht, wenn der dafür notwendige Aufwand in keinem Verhältnis zum erwarteten Nutzen steht und damit dem Rechtsträger wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann.
II. Wahrung der besonderen Vorschriften und der besonderen Aufsicht bezüglich die Verwahrung Bestehen im Verwahrungsland besondere Vorschriften und eine beson- 4 dere Aufsicht über die Verwahrung von Finanzinstrumenten für Rechnung einer anderen Person, so hat der Rechtsträger in Umsetzung von Art 17 Abs 2 MiFID-DRL darauf zu achten, dass der von ihm ausgewählte Verwahrer auch tatsächlich diesen Vorschriften sowie dieser Aufsicht unterliegt. Rechtliche Rahmenbedingungen für den Schutz des Eigentums der Kunden an ihren Finanzinstrumenten im Staat des Drittverwahrers sind mithin Grundvoraussetzung für die Hinterlegung von Kundenfinanzinstrumenten bei einem Dritten (Iro in Apathy/Iro/ Koziol, BVR II2 Rz 4/66; ders, ÖBA 2009, 258). Dabei ist die Bank bei der Drittverwahrung im Ausland schon nach allgemeinen Grundsätzen zu prüfen verpflichtet, ob dadurch die insolvenzrechtliche Position des Kunden ausreichend gewahrt bleibt (Iro in Apathy/Iro/Koziol, BVR II2 Rz 4/73). In diesem Zusammenhang ist auch die Vorschrift des Abs 3 zu sehen, der in Umsetzung von Art 17 Abs 3 MiFID-DRL ergangen ist. Demnach darf die Verwahrung in einem Drittland, das für die Verwahrung von Finanzinstrumenten für Rechnung einer anderen Person keine derartigen Regelungen vorsieht, nur ausnahmsweise in zwei Fällen erfolgen: Erstens, wenn die Hinterlegung auf Grund der Art der Finanzinstrumente oder der damit verbundenen Nebendienstleistungen nur in diesem Drittland erfolgen muss. Die gesetzliche Formulierung „muss“ ist wohl so zu verstehen, dass damit die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit der Verwahrung in diesem Land gemeint ist (Iro, ÖBA 2009, 258). Zweitens ist dies zulässig, wenn die Finanzinstrumente im Namen eines professionellen Kunden (vgl § 1 Rz 22 und § 58 Rz 9 ff) verwahrt werden und der Rechtsträger von diesem schriftlich zur Hinterlegung in jenem Drittland aufgefordert wird. Schriftlich bedeutet im Lichte des § 886 ABGB die eigenhändige Unterfertigung durch den Kunden bzw mittels einer nach § 4 Abs 1 SigG der eigenhändigen Unterschrift 339
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gleichgestellten qualifizierten elektronischen Signatur; eine Aufforderung via E-Mail ohne eine solche Signatur reicht dagegen nicht aus. Das Gesetz bevorzugt somit die Hinterlegung in einem Land mit besonderen Aufsichtsvorschriften für die Verwahrung von Finanzinstrumenten für Rechnung einer anderen Person als Regelfall und lässt die Verwahrung in einem Land ohne solche Vorschriften allein in den beiden genannten Ausnahmefällen zu.
Hinterlegung von Kundengeldern § 31. (1) Ein Rechtsträger hat entgegengenommene Kundengelder unverzüglich auf einem oder mehreren Konten bei einer der folgenden Stellen zu hinterlegen: 1. einer Zentralbank, 2. einem Kreditinstitut, das gemäß der Richtlinie 2006/48/EG zugelassen ist, 3. einer in einem Drittland zugelassenen Bank oder 4. einem qualifizierten Geldmarktfonds (Abs. 3). (2) Abs. 1 gilt nicht für Kreditinstitute, die nach der Richtlinie 2006/48/EG für die Entgegennahme von Einlagen im Sinne der genannten Richtlinie zugelassen sind. (3) Ein qualifizierter Geldmarktfonds im Sinne des Abs. 1 Z 4 ist ein Organismus für gemeinsame Anlagen, der entweder nach der Richtlinie 85/611/EWG zugelassen ist oder einer Aufsicht unterliegt und gegebenenfalls von einer Behörde nach dem innerstaatlichem Recht eines Mitgliedstaates zugelassen wurde und die folgenden Voraussetzungen erfüllt: 1. Sein primäres Anlageziel besteht in der Erhaltung seines Nettoinventarwerts, und zwar entweder konstant zu pari (abzüglich der Erträge) oder zum Wert des Ausgangskapitals des Anlegers, plus Erträge; 2. zur Erreichung seines primären Anlageziels investiert er ausschließlich in erstklassige Geldmarktinstrumente mit einer Laufzeit oder Restlaufzeit von höchstens 397 Tagen oder regelmäßigen mit einer solchen Laufzeit in Einklang stehenden Renditeangleichungen und einer gewichteten durchschnittlichen Laufzeit von 60 Tagen; zur Erreichung dieses Ziels kann er ergänzend auch in Einlagen bei Kreditinstituten investieren; 3. durch taggleiche Abwicklung oder Regulierung am nächsten Tag ist Liquidität gewährleistet. 340
Hinterlegung von Kundengeldern
§ 31
(4) Ein Geldmarktinstrument im Sinne des Abs. 3 Z 2 ist als erstklassig anzusehen, wenn es von jeder kompetenten Rating-Agentur, die dieses Instrument bewertet hat, das höchste Rating erhalten hat. Eine Rating-Agentur ist als kompetent anzusehen, wenn sie auf gewerblicher Basis regelmäßig Ratings für Geldmarktfonds erstellt und eine anerkannte Rating-Agentur im Sinne von § 21 b BWG ist. Ein Instrument, das von keiner kompetenten Rating-Agentur bewertet wird, kann nicht als erstklassig angesehen werden. (5) Ein Rechtsträger hat, wenn er die Kundengelder nicht bei einer Zentralbank hinterlegt, bei der Auswahl, Bestellung und regelmäßigen Überprüfung des Kreditinstituts oder des Geldmarktfonds, bei dem die Gelder platziert werden, und bei den hinsichtlich der Verwahrung dieser Gelder getroffenen Vereinbarungen mit der gebotenen Professionalität und Sorgfalt zu verfahren. (6) Ein Rechtsträger hat zum Schutz der Rechte seiner Kunden die Sachkenntnis und den Ruf dieser Institute oder Geldmarktfonds auf dem Markt sowie alle rechtlichen Anforderungen oder Marktpraktiken, die mit der Verwahrung von Kundengeldern in Zusammenhang stehen und die Rechte von Kunden beeinträchtigen könnten, zu beachten. (7) Die Kunden haben das Recht, gegen die Anlage ihrer Gelder in einem qualifizierten Geldmarktfonds Einspruch zu erheben. Schrifttum: Wolf, Getrennte Verwahrung von Kundengeldern, BKR 2002, 892. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 31): „Abs. 1 setzt Art. 18 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 18 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 18 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 4 setzt Art. 18 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 5 setzt Art. 18 Abs. 3 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 6 setzt Art. 18 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 7 setzt Art. 18 Abs. 3 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
§ 31 konkretisiert die Vorschriften zum Schutz des Kundenvermögens 1 im Teilbereich der Hinterlegung von Kundengeldern. In Umsetzung von Art 18 Abs 1 MiFID-DRL muss ein Rechtsträger, der nicht als Kreditinstitut nach der Bankenrichtlinie (RL 2006/48/EG) zum Einlagengeschäft zugelassen ist (in Österreich nach § 1 Abs 1 Z 1 BWG), Kundengelder unverzüglich bei einer geeigneten Stelle hinterlegen. Im Hinblick auf das zu den §§ 29 und 30 Gesagte, würden hier als Norm341
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adressaten nur mehr Zweigstellen von Wertpapierfirmen nach Maßgabe von § 12 Abs 4 in Frage kommen (vgl dazu § 29 Rz 4), weil es österreichischen Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen untersagt ist, Kundengelder entgegen zu nehmen. „Unverzüglich“ wird man als ohne schuldhaftes Zögern zu verstehen haben. Prinzipiell sind zur Hinterlegung von Kundengeldern eine Zentralbank, ein nach der Bankenrichtlinie (RL 2006/48/EG) zugelassenes Kreditinstitut, eine in einem Drittland zugelassene Bank oder ein qualifizierter Geldmarktfonds geeignet. Das Gesetz sieht – im Gegensatz zu § 34 a WpHG in Deutschland (dazu Wolf, BKR 2002, 892) – nicht ausdrücklich vor, dass die Gelder eines Kunden auch getrennt von den Geldern anderer Kunden verwahrt werden müssen, sondern ermöglicht eine Verwahrung „auf einem oder mehreren Konten“. In diesem Zusammenhang muss freilich sichergestellt sein, dass die Unterscheidungspflicht nach § 29 Abs 3 Z 1 gewahrt bleibt: Der Rechtsträger hat zum Schutz der Kundengelder die erforderlichen Aufzeichnungen und Konten zu führen, die es ihm jederzeit ermöglichen, die für die einzelnen Kunden gehaltenen Vermögensgegenstände unverzüglich sowohl voneinander als auch von seinen eigenen Vermögensgegenständen zu unterscheiden. 2 Erfolgt die Hinterlegung der Kundengelder nicht bei einer Zentral-
bank, so treffen den hinterlegenden Rechtsträger nach den Abs 5 und 6 gesteigerte Pflichten in Bezug auf Auswahl, Bestellung und die regelmäßige Überprüfung in Anlehnung an die Vorschriften über die Hinterlegung der Kundenfinanzinstrumente (siehe dazu näher § 30 Rz 1 ff). 3 Nach Maßgabe der Abs 3 und 4 ist die Hinterlegung der Kundengelder
auch in einem qualifizierten Geldmarktfonds möglich. Diese Vorgaben entstammen zT wortwörtlich Art 18 Abs 2 MiFID-DRL. Unter einem qualifizierten Geldmarktfonds versteht der Gesetzgeber einen Organismus für gemeinsame Anlagen, der entweder nach der Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (RL 85/611/EWG) zugelassen ist, oder der – sollte dies nicht der Fall sein – einer (staatlichen) Aufsicht unterliegt und – sollte dies nach innerstaatlichem Recht vorgesehen sein – nach diesem Recht zugelassen ist. Darüber hinaus müssen die in Abs 3 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllt sein. Durch die Vorschriften, wonach das primäre Anlageziel des Fonds in der Erhaltung des Nettoinventars liegen soll, dass zur Erreichung dieses Ziels ausschließlich in erstklassige Geldmarktinstrumente iSd Abs 4 investiert werden darf, und dass durch taggleiche Abwicklung oder Regulierung am nächsten Tag Liquidität gewährleistet sein muss, trach342
Verwendung der Finanzinstrumente von Kunden
§ 32
tet das Gesetz danach, dass die solcherart hinterlegten Kundengelder einerseits mit möglichst geringem Risiko, andererseits aber auch möglichst gewinnbringend verwahrt werden. Nach Abs 7 haben Kunden das Recht, gegen die Anlage ihrer Gelder in 4 einem qualifizierten Geldmarktfonds Einspruch zu erheben. Solch ein Einspruch (nach österreichischer Rechtsterminologie eher ein Widerspruch) kann einerseits vom Kunden pauschal für sämtliche zukünftige Transaktionen erklärt werden. Denkbar ist freilich auch, dass sich der Kunde gegen einzelne Transaktionen ausspricht. In diesem Zusammenhang bedarf der Kunde freilich der Information von Seiten des Rechtsträgers über die geplante Hinterlegung seiner Gelder in einem qualifizierten Geldmarktfonds, um von seinem Widerspruchsrecht sinnvoll Gebrauch machen zu können. Eine explizite Informationspflicht ist allerdings auch in § 40 nicht vorgesehen.
Verwendung der Finanzinstrumente von Kunden § 32. (1) Ein Rechtsträger darf Vereinbarungen über Wertpapierfinanzierungsgeschäfte mit Finanzinstrumenten, die er für einen Kunden hält, oder die anderweitige Nutzung solcher Finanzinstrumente für eigene Rechnung oder für Rechnung eines anderen Kunden des Rechtsträgers nur abschließen, wenn dabei folgende Bedingungen erfüllt sind: 1. Der Kunde muss der Verwendung zu genau festgelegten Bedingungen zuvor ausdrücklich zugestimmt haben; dies ist im Falle eines Privatkunden durch dessen Unterschrift oder eine gleichwertige andere Weise zu belegen. 2. Die Verwendung der Finanzinstrumente dieses Kunden muss auf die genau festgelegten Bedingungen beschränkt sein, denen der Kunde zugestimmt hat. (2) Ein Rechtsträger darf Vereinbarungen über Wertpapierfinanzierungsgeschäfte mit Finanzinstrumenten, die im Namen eines Kunden auf einem von einem Dritten geführten Sammelkonto gehalten werden, oder die anderweitige Nutzung der auf einem solchen Konto geführten Finanzinstrumente für eigene Rechnung oder für Rechnung eines anderen Kunden nur abschließen, wenn neben den in Abs. 1 genannten Bedingungen mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: 1. Jeder Kunde, dessen Finanzinstrumente zusammen auf einem Sammelkonto geführt werden, hat dem gemäß Abs. 1 Z 1 zuvor ausdrücklich zugestimmt; 343
§ 32
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2. der Rechtsträger verfügt über Systeme und Kontrollen, die gewährleisten, dass nur Finanzinstrumente von Kunden, die gemäß Abs. 1 Z 1 zuvor ihre ausdrückliche Zustimmung erteilt haben, in dieser Weise verwendet werden. (3) Um eine korrekte Zuweisung etwaiger Verluste zu ermöglichen, enthalten die Aufzeichnungen des Rechtsträgers nähere Angaben zu dem Kunden, auf dessen Weisungen hin die Verwendung der Finanzinstrumente erfolgt ist, sowie über die Zahl der verwendeten Finanzinstrumente der einzelnen Kunden, die ihre Zustimmung erteilt haben. Schrifttum: Iro, Drittverwahrung von Wertpapieren: Regelungskonflikt zwischen §§ 29 ff WAG und DepG?, ÖBA 2009, 253. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 32): „Abs. 1 setzt Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Es besteht zwar kein direkter Verweis zwischen der Richtlinie 2006/73/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006, es wird aber davon auszugehen sein, dass unter Wertpapierfinanzierungsgeschäften die in Art. 2 Z 10 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Geschäfte zu verstehen sind. Eine elektronische Signatur ist einer Unterschrift jedenfalls gleichwertig. Abs. 2 setzt Art. 19 Abs. 2 Unterabsatz 1der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 19 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
1 Nach § 29 Abs 1 hat der Rechtsträger zu verhindern, dass einem Kun-
den gehörende Finanzinstrumente, die er hält, ohne ausdrückliche Zustimmung des Kunden für eigene Rechnung verwendet werden. § 32 führt in Umsetzung von Art 19 MiFID-DRL die konkreten Erfordernisse dieser Zustimmung näher aus. Darüber hinaus gilt dies auch für den Fall, dass einem Kunden gehörende Finanzinstrumente für Rechnung eines anderen Kunden des Rechtsträgers verwendet werden, sowie für Wertpapierfinanzierungsgeschäfte mit Finanzinstrumenten eines Kunden. Das von § 32 diesbezüglich etablierte Regime ist eine Umsetzung von Art 19 Abs 1 und 2 MiFID-DRL. Die Zustimmung muss bei Privatkunden iSd § 1 Z 12 WAG durch die Unterschrift des Kunden bzw auf gleichwertige andere Weise belegt werden. Eine mit der händischen Unterschrift gleichwertige Form der Beurkundung ist die elektronische Signatur nach § 4 SigG (Erl RV 15). Professionelle Kunden müssen der Verwendung zwar ebenfalls ausdrücklich zustimmen, in Ermangelung einer Formvorschrift kann dies auch auf anderem Weg, etwa per E-Mail oder mündlich, geschehen. 2 Hält der Rechtsträger die betreffenden Finanzinstrumente im Namen eines Kunden auf einem von einem Dritten geführten Sammelkonto, 344
Verwendung der Finanzinstrumente von Kunden
§ 32
so muss zur Zulässigkeit der Verwendung mindestens eine der in Abs 2 Z 1 und 2 genannten weiteren Voraussetzungen vorliegen. Damit soll sichergestellt werden, dass nur die Instrumente jener Kunden verwendet werden, die einer Verwendung ihrer Finanzinstrumente zuvor ausdrücklich zugestimmt haben. Ohne die in Abs 2 Z 2 angeführten Schutzmaßnahmen dürfen die auf einem Sammelkonto drittverwahrten Kundenfinanzinstrumente nur dann verwendet werden, wenn alle Kunden der Verwendung iSd Abs 2 Z 1 zugestimmt haben (Iro, ÖBA 2009, 267). Haben umgekehrt nicht alle Kunden zugestimmt, so ist die Verwendung nur zulässig, wenn der Rechtsträger über Systeme und Kontrollen iSd Abs 2 Z 2 verfügt. Das Gesetz fordert dabei nicht explizit die Verbuchung auf getrennten Konten, sondern scheint sich mit der angemessenen Berücksichtigung der besonderen Gefahren der Verwendung von Kundenfinanzinstrumenten iZm den organisatorischen Maßnahmen der §§ 17 ff zu begnügen (Iro, ÖBA 2009, 267 f). Nach Art 2 Z 8 MiFID-DRL ist der Begriff des Wertpapierfinanzie- 3 rungsgeschäfts iSd VO (EG) Nr 1287/2006 der Kommission zu verstehen (insofern unrichtig Erl RV 15). Art 2 Z 10 dieser Verordnung gibt freilich keine abschließende Definition des Begriffs Wertpapierfinanzierungsgeschäft, sondern legt fest, dass darunter „beispielsweise Leih- und Verleihgeschäfte in Aktien oder anderen Finanzinstrumenten, ein Repogeschäft oder umgekehrtes Repogeschäft oder ein Buysell back- bzw. ein Sell-buy back-Geschäft“ fallen. Aus dieser nicht abschließenden Aufzählung folgt, dass die genannten Geschäfte jedenfalls Wertpapierfinanzierungsgeschäfte sind, zudem aber auch andere, nicht genannte Geschäfte erfasst sind, wenn sie denselben oder einen ähnlichen Zweck erfüllen wie die angeführten. Um die Zuweisung etwaiger Verluste an einen konkreten Anleger zu 4 ermöglichen, hat der Rechtsträger nach Abs 3 besondere Aufzeichnungspflichten zu erfüllen. Dabei ist die aus Art 19 Abs 2 übernommene Formulierung betreffend die näheren Angaben zu dem Kunden, auf dessen Weisungen hin die Verwendung der Finanzinstrumente erfolgt ist, insofern unpräzise, als das Gesetz sonst nicht von der Weisung des Kunden, sondern von dessen Zustimmung spricht. Der Rechtsträger hat daher Aufzeichnungen zu führen, nach denen die Kunden, welche eine Zustimmung zur Verwendung ihrer Finanzinstrumente gegeben haben, zweifelsfrei identifiziert werden können, sowie darüber, wie viele Finanzinstrumente dieser Kunden tatsächlich verwendet worden sind. Sind die Aufzeichnungen mangelhaft, sodass ein Verlust nicht einzelnen Kunden zugeordnet werden kann, so hat der Rechtsträger diesen Verlust selbst zu tragen. 345
§ 33
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Berichte von Abschlussprüfern § 33. Ein Rechtsträger hat dafür zu sorgen, dass seine Abschlussprüfer oder Prüfer gemäß § 74 Abs. 3 mindestens einmal jährlich einen Bericht über die Angemessenheit der Vorkehrungen, welche gemäß den §§ 29 bis 32 getroffen wurden, erstatten. Der Rechtsträger hat den Bericht der FMA zu übermitteln. Die Vorschriften über die Haftung des Abschlussprüfers gemäß § 275 UGB sind sinngemäß anzuwenden. Schrifttum: Brandl/Saria, Zur Reichweite der Begrenzung der Haftung des Abschlussprüfers nach dem WAG 2007, ZFR 2008, 51. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 33): „§ 33 setzt Art. 20 der Richtlinie 2006/73/EG um. Es erscheint in zeitlicher Hinsicht zweckmäßig, diesen Bericht im Rahmen der Abschlussprüfung gemäß § 73 oder der Prüfung gemäß § 74 Abs. 3 zu erstellen.“
1 Die Vorschrift über die Berichtspflicht von Abschlussprüfern bzw
Prüfern nach § 74 Abs 3 über die Angemessenheit der Vorkehrungen zum Schutz des Kundenvermögens setzt Art 20 MiFID-DRL um. Die gesonderte Berichtspflicht mutet auf den ersten Blick seltsam an, weil die Prüfer nach § 74 Abs 3 insb auch die Einhaltung des 2. Hauptstücks (und damit der §§ 29 ff) zu überprüfen haben. Nach Auffassung des Gesetzgebers erscheint es auch „in zeitlicher Hinsicht zweckmäßig, diesen Bericht im Rahmen der Abschlussprüfung gemäß § 73 oder der Prüfung gemäß § 74 Abs 3 zu erstellen“ (Erl RV 15). Es ist somit davon auszugehen, dass die Prüfung nach § 33 auch von den Abschlussprüfern bzw den Prüfern gemäß § 74 Abs 3 im Zuge ihrer Prüfungstätigkeit durchgeführt werden kann. Die Ergebnisse der Prüfung sollten allerdings, um § 33 zu entsprechen, erkennbar als solche ausgewiesen werden. 2 Das Gesetz verweist hinsichtlich der Haftung der Prüfer nach § 33 sinngemäß auf die Abschlussprüferhaftung nach § 275 UGB. Der Prüfer ist demnach zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung verpflichtet. Verletzt er vorsätzlich oder fahrlässig diese Pflicht, so ist er der Gesellschaft und, wenn ein verbundenes Unternehmen geschädigt worden ist, auch diesem zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Mehrere Abschlussprüfer haften als Gesamtschuldner. Die Ersatzpflicht ist je nach Größe der geprüften Gesellschaft betragsmäßig beschränkt. Die Ersatzpflicht kann durch Vertrag weder ausgeschlossen noch beschränkt werden; Ansprüche verjähren in fünf Jahren. Die Beschränkung der Haftung des Abschlussprüfers ist nicht nur im Bereich des § 33 einschlägig; es handelt sich dabei vielmehr um einen 346
Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte
§ 34
allgemeinen Grundsatz, der auf jede vom WAG 2007 angeordnete Prüfungstätigkeit anzuwenden ist (Brandl/Saria, ZFR 2008, 55). Nach der Rsp besteht eine Haftung der Abschlussprüfer – entgegen 3 dem Wortlaut des § 275 UGB – nicht nur gegenüber der Gesellschaft bzw verbundenen Unternehmen, sondern uU auch gegenüber Dritten, die im Hinblick auf ein sich nachträglich als unrichtig herausstellendes Testat Vermögensdispositionen getätigt haben und dadurch geschädigt worden sind (grundlegend OGH 27. 11. 2001, 5 Ob 262/01 t, ÖBA 2002, 820 [W. Doralt]; dazu Walter Doralt, Haftung der Abschlussprüfer (2005); Harrer, wbl 2005, 108; Gruber, ÖJZ 2002, 879; Kalss, ÖBA 2002, 187; Artmann, JBl 2000, 623). Die Dritthaftung ist allerdings nicht auf den Prüfbericht nach § 33 auszuweiten, zumal das Gesetz eine Veröffentlichung der Prüfberichte nach § 33 nicht vorsieht und damit eine Vertrauensbasis, wie sie der veröffentlichungspflichtige Bestätigungsvermerk schafft, nicht auf der Hand liegt (vgl Stöger, SWK 2006, T 14). Folgerichtig lässt der OGH den Steuerberater, der einen Jahresabschluss erstellt hat, nur dann haften, wenn der geschädigte Dritte beweist, dass der Jahresabschluss auch an ihn gerichtet war und er in seinem Vertrauen auf die Richtigkeit einen Schaden erlitten hat; dabei reicht nicht aus, dass der Steuerberater damit rechnen muss, dass eine Bilanz auch Dritten vorgelegt wird (OGH 29. 11. 2001, 10 Ob 57/ 03 k, GesRZ 2006, 39 = JBl 2006, 526; dazu Stöger, SWK 2006, T 14). Diese Überlegungen schlagen uE auch auf § 33 durch: Die Vorschrift zielt primär auf eine Information der Aufsichtsbehörde, an welche die Prüfberichte zu übermitteln sind. Ein Schutz des Publikums ist damit allenfalls mittelbar gegeben, weil die Aufsichtsbehörde bei entsprechenden Hinweisen im Prüfbericht tätig werden muss.
4. Abschnitt Interessenkonflikte Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte § 34. (1) Ein Rechtsträger hat angemessene Vorkehrungen zu treffen, um Interessenkonflikte zwischen ihm selbst, relevanten Personen, vertraglich gebundenen Vermittlern oder anderen Personen, die mit ihm direkt oder indirekt durch Kontrolle verbunden sind, einerseits und seinen Kunden andererseits oder zwischen seinen Kunden untereinander zu erkennen, die bei der Erbringung von 347
§ 34
Kreisl
Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder einer Kombination derselben entstehen. (2) Hierbei hat ein Rechtsträger zur Feststellung von Interessenkonflikten im Sinne des Abs. 1, die den Interessen eines Kunden abträglich sein können, zumindest zu prüfen, ob einer der folgenden Sachverhalte vorliegt: 1. Es besteht die Gefahr, dass der Rechtsträger oder eine der in Abs. 1 genannten Personen zu Lasten des Kunden einen finanziellen Vorteil erzielt oder finanziellen Verlust vermeidet; 2. der Rechtsträger oder eine der in Abs. 1 genannten Personen hat am Ergebnis einer für den Kunden erbrachten Dienstleistung oder eines für den Kunden getätigten Geschäfts ein Interesse, das nicht mit dem Interesse des Kunden an diesem Ergebnis übereinstimmt; 3. für den Rechtsträger oder eine der in Abs. 1 genannten Personen gibt es einen finanziellen oder sonstigen Anreiz, die Interessen eines anderen Kunden oder einer anderen Gruppe von Kunden über die Interessen des Kunden zu stellen; 4. der Rechtsträger oder eine der in Abs. 1 genannten Personen übt die gleiche geschäftliche Tätigkeit aus wie der Kunde; 5. der Rechtsträger oder eine der in Abs. 1 genannten Personen erhält gegenwärtig oder künftig von einer vom Kunden verschiedenen Person in Bezug auf eine für den Kunden erbrachte Dienstleistung zusätzlich zu der für diese Dienstleistung üblichen Provision oder Gebühr einen Vorteil gemäß § 39. Schrifttum: Assmann, Interessenkonflikte und „Inducements“ im Lichte der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und der MiFID-Durchführungsrichtlinie, ÖBA 2007, 40; Enriques, Conflicts of Interest in Investment Services: The Price and Uncertain Impact of MiFID’s Regulatory Framework, in Ferrarini/Wymeersch (eds), Investor Protection in Europe – Regulatory Competition and Harmonization (2006) 321; Heybey, Die neuen Bestimmungen über Interessenkonflikte bei Wertpapiergeschäften, insbesondere über Zuwendungen unter Berücksichtigung von Provisionsvergütungen, BKR 2008, 335; Kornfeld, Interessenkonflikte bei Finanzdienstleistern, Offenlegungsverpflichtungen und betriebsinterne Richtlinien, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 210; Spindler/Kasten, Organisationsverpflichtungen nach der MiFID und ihre Umsetzung, AG 2006, 785. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 34): „Die folgenden Dienstleistungen werden in den Richtlinien unterschiedlich umschrieben: Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG: Wertpapier- und Nebendienstleistungen oder bei einer Kombination;
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Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte
§ 34
Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG: Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen; Art. 22 Abs. 4 der Richtlinie 2006/73/EG: Wertpapier- oder Nebendienstleistung; Art. 23 der Richtlinie 2006/73/EG: Wertpapier- oder Nebendienstleistungen bzw. Anlagetätigkeiten. Da diese Unterscheidung unbeabsichtigt ist und aus systematischen Überlegungen jedenfalls die gleichen Dienstleistungen erfasst werden sollten, wurde in der Umsetzung die Umschreibung ‚Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder eine Kombination derselben‘ gewählt. Abs. 1 setzt Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG um und soll festlegen, dass ein Rechtsträger angemessene Vorkehrungen zu treffen hat, um Interessenkonflikte zu erkennen. Die in der Richtlinie 2004/39/EG genannte Geschäftsleitung und die Beschäftigten des Rechtsträgers sind durch den Begriff der relevanten Person mit umfasst. Abs. 2 setzt Art. 21 der Richtlinie 2006/73/EG um und enthält eine Liste jener Interessenkonflikte, die potentiell geeignet sind, die Interessen der Kunden zu gefährden und zu deren Erkennung der Rechtsträger jedenfalls geeignete Maßnahmen zu setzen hat. Der Verweis auf den Abs. 1 stellt klar, dass der Adressatenkreis des Abs. 2 jenem des Abs. 1 entspricht. Der in Abs. 2 Z 2 verwendete Begriff ‚Anreiz‘ ist eine Übersetzung des Begriffs ‚incentive‘, der in der englischen Fassung verwendet wird. Der in Art. 26 der Richtlinie 2006/73/EG verwendete Begriff ‚inducements‘, der ebenfalls mit ‚Anreize‘ übersetzt wurde, wird in diesem Bundesgesetz durch den Begriff ‚Vorteile‘ in § 39 umgesetzt.“
Übersicht I. II.
Handeln im Interesse des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erfasste Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–5 6–11
I. Handeln im Interesse des Kunden Das Handeln der Rechtsträger im Interesse Ihrer Kunden ist im All- 1 gemeinen bereits durch deren Vertragsbeziehung vorgegeben. Im Rahmen der Portfolioverwaltung oder der Wertpapiervermittlung kommt es inhaltlich zur Besorgung fremder Geschäfte (dazu prägnant Heybey, BKR 2008, 354: „Nach der Principal-Agent-Theorie sind solche Geschäfte dadurch gekennzeichnet, dass der Geschäftsführer [Agent] insbesondere auf Grund von Informationsassymetrien die Möglichkeit hat, seinen eigenen Nutzen auf Kosten des Geschäftsherrn [Principle] zu vergrößern“); bei der Wertpapierberatung stellt der Rechtsträger sein Spezialwissen dem Kunden zur Verfügung. Wer auf diese Weise tätig wird, hat schon nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen im Interesse des Kunden (seines „Geschäftsherrn“) zu handeln und im Falle eines Konflikts mit eigenen Interessen den Inte349
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ressen des Kunden den Vorrang zu geben (Assmann, ÖBA 2007, 40 mwN; siehe auch Enriques, Conflicts of Interest in Investment Services 4, verfügbar unter http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=782828). 2 Die bloße Absicherung des Grundsatzes der Interessenwahrung durch
zivilrechtliche Instrumente (etwa das Schadenersatzrecht) wurde jedoch bereits durch die ISD für einen effektiven Anlegerschutz als nicht ausreichend erachtet. Folglich verpflichtete bereits Art 11 Abs 1 sechster Spiegelstrich ISD die Mitgliedstaaten dazu, Wohlverhaltensregeln zu erlassen, die insb sicherstellen, dass sich Wertpapierfirmen „ … um die Vermeidung von Interessenkonflikten bemühen, und, wenn sich diese nicht vermeiden lassen, dafür [zu] sorgen, dass ihre Kunden nach Recht und Billigkeit behandelt werden“. Nach Art 10 Abs 1 fünfter Spiegelstrich ISD waren Wertpapierfirmen verpflichtet „so aufgebaut und organisiert“ zu sein, „dass das Risiko von Interessenkonflikten zwischen der Firma und ihren Kunden“ bzw „zwischen verschiedenen Kunden der Firma, die den Interessen der Kunden schaden, möglichst gering ist“. Die Umsetzung im österreichischen Recht erfolgte durch die §§ 11 Abs 1, 13 Z 1 und 16 Z 2 WAG (vgl Assmann, ÖBA 2007, 41; Kornfeld, Interessenkonflikte bei Finanzdienstleistern, Offenlegungsverpflichtungen und betriebsinterne Richtlinien, in Brandl/Kalss/ Oppitz/Saria, Hdb KMR III 212 ff). 3 Die Sicherstellung des Handelns im Interesse des Kunden ist eine
zentrale Voraussetzung für einen effektiven Anlegerschutz (vgl nur Erwägungsgrund 31 MiFID) und liegt daher ebenso im Zentrum der Regelungen der MiFID (vgl nur Art 19 Abs 1 MiFID, wonach sicherzustellen ist, dass eine Wertpapierfirma „bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und/oder gegebenenfalls Nebendienstleistungen für ihre Kunden ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handelt“). In diesem Zusammenhang ist auch auf Erwägungsgrund 29 MiFID zu verweisen, der festhält, dass das „immer größere Spektrum von Tätigkeiten, die viele Wertpapierfirmen gleichzeitig ausführen, das Potenzial für Interessenkonflikte zwischen diesen verschiedenen Tätigkeiten und den Interessen der Kunden erhöht“. Art 13 Abs 3 und Art 18 MiFID sehen daher – im Vergleich zu den oben angeführten Regelungen der ISD – wesentlich detailliertere Regelungen für den Umgang mit Interessenkonflikten vor. Die zur Konkretisierung dieser Bestimmungen erlassenen Vorschriften der Art 21 ff MiFID-DRL beruhen zu wesentlichen Teilen auf den Ergebnissen der betreffenden Vorarbeiten von CESR (siehe CESR’s Technical Advice on Possible Implementing Measures of the Directive 2004/39/EC on Markets in Financial Instruments, CESR/ 350
Für Kunden potenziell nachteilige Interessenkonflikte
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05–024 c und CESR/05–290 b, verfügbar unter www.cesr-eu.org). Die §§ 34 f setzen diese europarechtlichen Vorschriften in das österreichische Recht um. Die Sondervorschriften für Interessenkonflikte iZm Finanzanalysen werden durch die §§ 36 f, jene iZm der Gewährung und Annahme von „Vorteilen“ durch § 39 umgesetzt. Darüber hinaus stellen auch die §§ 23 f betreffend die „persönlichen Geschäfte“ bestimmter, „relevanter Personen“ letzten Endes Vorschriften zur Bewältigung von Interessenkonflikten dar (vgl Heybey, BKR 2008, 354; siehe § 24 Rz 3). Die Vorschriften über das Management von Interessenkonflikten 4 (§§ 34 f), wozu auch die Sondervorschriften für Interessenkonflikte zählen, die iZm der Finanzanalyse (§§ 36 f), der Annahme und Gewährung von Vorteilen (§ 39) sowie „persönlichen Geschäften“ (§§ 23 f) auftreten, sollen die rechtmäßige Führung des Betriebs eines Rechtsträgers sicherstellen; es handelt sich daher um Compliance-Vorschriften iSd § 18. Die Implementierung der Vorkehrungen nach den §§ 34 f und ihre Einhaltung ist somit im Rahmen der Kontrollsysteme des Unternehmens zu überwachen, wobei die Letztverantwortung dafür bei der Geschäftsleitung des Rechtsträgers liegt; Verstöße sind effektiv zu sanktionieren. Die Überwachung der Einhaltung der §§ 34 f obliegt dem Complian- 5 ce-Verantwortlichen (Punkt 1.1. des Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft [SCC], Modul 4 – Interessenkonflikte und Vorteile). Nach Maßgabe von Punkt 1.6.1. SCC, Modul 4, sind Interessenkonflikte bzw der begründete Verdacht eines Interessenkonflikts ausnahmslos dem Compliance-Verantwortlichen zu melden.
II. Erfasste Interessenkonflikte Die §§ 34 f erfassen nur solche Interessenkonflikte, die bei Erbringung 6 von Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder einer Kombination derselben (vgl zu dieser etwas umständlichen Formulierung die Erl RV zu § 34; vgl auch Erwägungsgrund 25 MiFID-DRL) im Interesse des Kunden auftreten (vgl Rz 1; vgl CESR’s Technical Advise 05 024 c, 41: „It is not enought that the firm stands to make money or that the client stands to lose money, this must then involve a conflict with a duty the firm owes to the client“; vgl zur Begrifflichkeit des „Interessenkonflikts“ Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 6). Dabei kann es sich einerseits um Konflikte zwischen den Interessen des Rechtsträgers bzw relevanter 351
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Personen, vertraglich gebundener Vermittler oder anderer Personen, die mit ihm direkt oder indirekt durch Kontrolle verbunden sind, und einem Kunden („vertikaler Interessenkonflikt“; siehe dazu Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 7 ff) als auch um Konflikte zwischen Interessen verschiedener Kunden des Rechtsträgers („horizontaler Interessenkonflikt“, siehe Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 17; siehe zum Ganzen Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 13 Rz 13 f) handeln. 7 Nach Erwägungsgrund 24 MiFID-DRL „reicht es [für die Annahme
eines Interessenkonflikts] nicht aus, dass der Firma ein Vorteil entstehen kann; vielmehr muss gleichzeitig für den Kunden ein potenzieller Nachteil entstehen, oder es muss sich dem Kunden, dem gegenüber die Firma eine Verpflichtung hat, die Möglichkeit bieten, einen Gewinn zu erzielen oder einen Verlust zu vermeiden, ohne dass dabei einem anderen Kunden ein potenzieller Verlust in gleicher Höhe entsteht“. Ein Interessenkonflikt ist vor diesem Hintergrund erst bei einem Vorteil des Rechtsträgers bzw der in Abs 1 genannten Personen/des Kunden und einem gleichzeitigen Nachteil eines (anderen) Kunden gegeben (vgl Spindler/Kasten, AG 2006, 789; Assmann, ÖBA 2007, 43). 8 Für das Vorliegen eines Interessenkonflikts spielt es hingegen keine
Rolle, ob es sich bei dem Kunden, für den die Dienstleistung erbracht wird, um einen Privatkunden, einen professionellen Kunden oder eine geeignete Gegenpartei handelt (vgl Erwägungsgrund 25 MiFID-DRL; siehe auch Assmann, ÖBA 2007, 43). Zur Bedeutung der Qualifikation für die Offenlegung von Interessenkonflikten siehe § 35 Rz 30. 9 Abs 2 enthält eine demonstrative Aufzählung von Situationen, in
denen ein Interessenkonflikt vorliegt (vgl Background Note Draft Commission Directive implementing the Markets in Financial Instruments Directive 2004/39/EC, sec 6.1.; siehe auch Assmann, ÖBA 2007, 43), womit Art 21 MiFID-DRL umgesetzt wird (vgl auch die Erl RV zu § 34). Vier von fünf Konfliktsituationen beziehen sich auf Interessenkonflikte zwischen dem Rechtsträger und seinen Kunden: – Der Vorteil eines Rechtsträgers oder einer in Abs 1 genannten Person fällt mit dem Nachteil eines Kunden zusammen (Z 1). – Das Interesse des Rechtsträgers oder einer in Abs 1 genannten Person und das Interesse des Kunden stimmen nicht überein (Z 2). – Der Rechtsträger oder eine der in Abs 1 genannten Personen sind im gleichen Geschäftszweig tätig wie der Kunde (Z 4). – Der Rechtsträger oder eine der in Abs 1 genannten Personen erhält von einer vom Kunden verschiedenen Person Vorteile iSd § 39 (Z 5, vgl dazu § 35 Rz 24, § 39 insb Rz 1). 352
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten
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Als prominentes Beispiel für das Entstehen derartiger Interessenkonflikte nennt Knobl (Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 13 Rz 13) den Fall, dass ein Rechtsträger oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen ein besonderes Absatzinteresse an einem bestimmten Wertpapier hat. Abs 2 Z 3 nennt als einzigen Fall eines Interessenkonflikts zwischen 10 Kundeninteressen (vgl auch Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 13 Rz 15) jenen, dass es für den Rechtsträger oder eine der in Abs 1 genannten Personen einen finanziellen oder sonstigen Anreiz gibt, die Interessen eines bestimmten Kunden oder einer bestimmten Gruppe von Kunden über die Interessen anderer Kunden(gruppen) zu stellen. Ein solcher Fall eines Interessenkonflikts führt zwangsläufig auch zu einem Interessenkonflikt des Rechtsträgers bzw einer in Abs 1 genannten Person selbst (Assmann, ÖBA 2007, 43). Als Beispiel für einen solchen Konflikt könnte etwa der Fall dienen, dass ein Rechtsträger eine besonders attraktive „Performance Fee“ mit einem bestimmten Kunden vereinbart hat, die einen besonderen Anreiz schafft, diesen Kunden bei der Ausführung von Aufträgen, insb bei Angebotsknappheit (etwa einer überzeichneten Emission), gegenüber anderen Kunden zu bevorzugen (vgl auch Heybey, BKR 2008, 354 f). Wertpapierfirmen und Kreditinstitute aus Mitgliedstaaten, die ihre Tä- 11 tigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben, haben nach § 12 Abs 4 WAG und § 9 Abs 7 BWG von den Bestimmungen des vierten Abschnitts nur § 36 einzuhalten.
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten § 35. (1) Ein Rechtsträger hat in schriftlicher Form wirksame, seiner Größe und Organisation sowie der Art, des Umfangs und der Komplexität seiner Geschäfte angemessene Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen und laufend anzuwenden, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte den Kundeninteressen schaden. Ist der Rechtsträger Teil einer Gruppe, müssen diese Leitlinien darüber hinaus allen Umständen Rechnung tragen, von denen der Rechtsträger weiß oder wissen müsste und die aufgrund der Struktur und der Geschäftstätigkeiten anderer Gruppenmitglieder einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten. (2) In den Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten ist 1. im Hinblick auf die Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen oder einer Kombination dersel353
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ben, die vom Rechtsträger oder im Namen des Rechtsträgers erbracht werden, festzulegen, unter welchen Umständen ein Interessenkonflikt, der den Interessen eines oder mehrerer Kunden schaden könnte, vorliegt oder entstehen könnte, und 2. festzulegen, welche Verfahren einzuleiten und welche Maßnahmen zu treffen sind, um diese Interessenkonflikte zu bewältigen. (3) Diese Verfahren und Maßnahmen sind so zu gestalten, dass relevante Personen, die mit Tätigkeiten befasst sind, bei denen ein Interessenkonflikt im Sinne von Abs. 2 Z 1 besteht, diese Tätigkeiten mit einem Grad an Unabhängigkeit ausführen, der der Größe und dem Betätigungsfeld des Rechtsträgers und der Gruppe, der er angehört, sowie dem Risiko einer Schädigung von Kundeninteressen angemessen ist. (4) Die FMA hat durch Verordnung Standards festzulegen, denen die Verfahren und Maßnahmen nach Abs. 2 Z 2 entsprechen müssen. Die Verordnung hat Art. 22 Abs. 3 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG zu entsprechen. Sollten die getroffenen Maßnahmen oder Verfahren in der Praxis nicht ausreichen, um das erforderliche Maß an Unabhängigkeit zu gewährleisten, so hat der Rechtsträger alternative oder zusätzliche Maßnahmen oder Verfahren einzurichten. (5) Reichen die Verfahren und Maßnahmen nicht aus, um nach vernünftigem Ermessen zu gewährleisten, dass das Risiko der Beeinträchtigung von Kundeninteressen vermieden wird, so hat der Rechtsträger dem Kunden die Art und die Ursache von Interessenkonflikten offenzulegen, bevor er Geschäfte für den Kunden tätigt. Diese Information hat auf einem dauerhaften Datenträger zu erfolgen. Der Umfang hat sich an der Einstufung des Kunden zu orientieren, damit dieser seine Entscheidung über die Dienstleistung, in deren Zusammenhang der Interessenkonflikt auftritt, auf informierter Grundlage treffen kann. (6) Ein Rechtsträger hat alle Arten von Wertpapierdienstleistungen, Nebendienstleistungen und Anlagetätigkeiten, bei denen ein Interessenkonflikt einem oder mehreren Kunden erheblich geschadet hat oder bei denen ein Interessenkonflikt bei noch laufenden Dienstleistungen oder Tätigkeiten auftreten könnte, aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen laufend zu aktualisieren. Schrifttum: Assmann, Interessenkonflikte und „Inducements“ im Lichte der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und der MiFID-Durchführungsrichtlinie, ÖBA 2007, 40; Enriques, Conflicts of Interest in Investment
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Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten
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Services: The Price and Uncertain Impact of MiFID’s Regulatory Framework, in Ferrarini/Wymeersch (eds), Investor Protection in Europe – Regulatory Competition and Harmonization (2006) 321; FMA, Rundschreiben zur Interessenkonfliktproblematik bei bestimmten Vergütungssystemen vom 1. Dezember 2009; Heybey, Die neuen Bestimmungen über Interessenkonflikte bei Wertpapiergeschäften, insbesondere über Zuwendungen unter Berücksichtigung von Provisionsvergütungen, BKR 2008, 335; Kornfeld, Interessenkonflikte bei Finanzdienstleistern, Offenlegungsverpflichtungen und betriebsinterne Richtlinien, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 210; Kumpan/Hellgardt, Haftung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach der Umsetzung der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), DB 2006, 1714; Spindler/Kasten, Organisationsverpflichtungen nach der MiFID und ihre Umsetzung, AG 2006, 785. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 35): „Abs. 1 setzt Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG und Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 4 setzt Art. 22 Abs. 3 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG um. Die technischen Bestimmungen des Art. 22 Abs. 3 lit. a bis e sollen mit Verordnung der FMA umgesetzt werden. Dies ist notwendig um der in Art. 22 Abs. 3 letzter Unterabsatz normierten Verpflichtung zur Anpassung der Standards an die jeweiligen Bedürfnisse der Praxis nachzukommen. Abs. 5 setzt Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Art. 22 Abs. 4 der Richtlinie 2006/73/EG wird durch Abs. 5 letzter Satz umgesetzt. Die Offenlegung hat auf die allgemeine Weise zu erfolgen, da das Bankgeheimnis und die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 7 zu wahren sind. Abs. 6 setzt Art. 23 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. A. B. 1. 2. a. b. c. d. e. f. 3. II.
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorkehrungen für den Umgang mit Interessenkonflikten. . . . . Erkennen von Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermeiden von Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abstandnahme von einem Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisatorische Trennung im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontrolle von persönlichen Geschäften und dem Eigenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorrangregeln bei der Orderausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhinderung ungebührlicher Einflussnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . Offenlegen von Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–30 1–7 8–30 8–11 12–27 14 15–18 19–20 21–22 23–24 25–27 28–30 31
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I. Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten A. Grundsätze 1 In Umsetzung von Art 22 MiFID-DRL sieht § 35 Abs 1 vor, dass
Rechtsträger iSd § 15 Abs 1 (ausgenommen Wertpapierfirmen und Kreditinstitute aus Mitgliedstaaten, die ihre Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben; vgl § 34 Rz 11), in schriftlicher Form, wirksame Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen und laufend anzuwenden haben, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte den Kundeninteressen schaden („Conflicts of Interest Policy“). Die Leitlinien beziehen sind damit nicht auf sämtliche Formen des Umgangs mit Interessenkonflikten, sondern nur auf solche, die darauf gerichtet und geeignet sind, die Entstehung von Interessenkonflikten und deren Durchschlagen auf den Kunden zu vermeiden (Assmann, ÖBA 2007, 45). 2 Die Leitlinien haben „angemessene Vorkehrungen“ (vgl § 34 Abs 1) für das Management von Interessenkonflikten zu beinhalten, die systematisch in eine „dreistufige Ordnung“ gebracht werden können (so auch Punkt 1.1. des Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft [SCC], Modul 4 – Interessenkonflikte und Vorteile; vgl auch FMA, RS Interessenkonfliktproblematik 3). Es sind demnach angemessene Vorkehrungen zu treffen, die es ermöglichen, Interessenkonflikte zu erkennen (vgl §§ 34 Abs 1 und 35 Abs 2 Z 1), zu vermeiden (§ 35 Abs 1) sowie (unvermeidbare Interessenkonflikte) offenzulegen (§ 35 Abs 5; siehe Assmann, ÖBA 2007, 43). Dies betrifft sowohl die Aufbau- als auch die Ablauforganisation eines Rechtsträgers (Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 12; Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 129). 3 Sinn und Zweck dieser Vorkehrungen ist nicht etwa die Ausschaltung von Interessenkonflikten an sich; dies wäre auf Grund der Schnelllebigkeit der Branche und der Komplexität der angebotenen Dienstleistungen auch kaum realistisch (Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 12; vgl auch CESR’s Technical Advise 05 024 c, 41: „The obligation for the firm under Article 13 (3) of the directive is not to prevent conflicts of interest from arising, it is for the firm to take all reasonable steps to prevent conflicts adversely affecting the interest of its clients“; idS auch Punkt 1.1. SCC, Modul 4. Nach Koller besteht zwar eine Verpflichtung, sich um die Ausschaltung von Interessenkonflikten zu bemühen; diese Bemühungen müssen jedoch nicht immer zum Erfolg führen [Koller in Assmann/Schneider, 356
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten
§ 35
WpHG § 31 Rz 9]); vielmehr soll durch ein möglichst effizientes Management von Interessenkonflikten ein angemessenes Handeln im Interesse des Kunden auch in (potentiellen) Konfliktfällen gewährleistet bleiben. IdS ist auch die etwas kryptische Formulierung in § 35 Abs 3 zu verstehen, wonach die Verfahren und Maßnahmen so zu gestalten sind, dass relevante Personen im Falle eines Interessenkonflikts ihre Tätigkeiten „mit einem Grad an Unabhängigkeit ausführen [können], der der Größe und dem Betätigungsfeld des Rechtsträgers und der Gruppe, der er angehört, sowie dem Risiko einer Schädigung von Kundeninteressen angemessen ist“. Die Angemessenheit der festzusetzenden Vorkehrungen ist individuell 4 für das jeweilige Unternehmen zu bestimmen. IdS trifft § 35 Abs 1 die Anordnung, dass die Leitlinien (genauer: die in den Leitlinien vorzusehenden Vorkehrungen) der Größe und Organisation des konkreten Unternehmens sowie der Art, dem Umfang und der Komplexität der von ihm betriebenen Geschäfte entsprechen müssen (vgl Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 7 und § 31 Rz 9). Dadurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die vom Begriff „Rechtsträger“ umfassten Unternehmen nach ihrer Größe sowie nach Art und Umfang der jeweils betriebenen Geschäfte grundlegend von einander unterscheiden. Vorkehrungen, die für das Management von Interessenkonflikten beim Betrieb eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens ausreichen, werden für den Betrieb einer Universalbank keineswegs angemessen sein. Umgekehrt wäre die Einrichtung von Vorkehrungen, die für eine Universalbank als unumgänglich erscheinen, für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen weder sinnvoll noch wirtschaftlich machbar. Nach § 35 Abs 1 zweiter Satz haben die Leitlinien insb auch Umstände 5 zu berücksichtigen, die sich aus dem Beteiligungsverhältnis an einem Rechtsträger (der Zugehörigkeit zu einer „Gruppe“, vgl § 1 Z 32 und § 1 Rz 28) ergeben, soweit der Rechtträger diese Umstände kannte oder kennen musste (siehe auch Heybey, BKR 2008, 355). Von der „Wirksamkeit“ der Leitlinien wird dann auszugehen sein, 6 wenn diese sämtlichen Personen gegenüber, die für das Unternehmen relevante Tätigkeiten ausüben, als verbindliche Anweisungen bekannt gemacht wurden und ihre Einhaltung hinreichend überwacht wird. Darüber hinaus werden die von den Leitlinien betroffenen Personen nach Bedarf auch hinsichtlich der Vorschriften zur Vermeidung von Interessenkonflikten zu schulen sein (vgl Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 132). Verstöße gegen diese Leitlinien sind durch entsprechende dienstrechtliche Konsequenzen zu sanktionieren. 357
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7 § 35 Abs 4 enthält darüber hinaus eine Verordnungsermächtigung der
FMA, die nach den Erl RV „notwendig [ist], um der in Art 22 Abs 3 letzter Unterabsatz normierten Verpflichtung zur Anpassung der Standards an die jeweiligen Bedürfnisse der Praxis nachzukommen“. Die auf dieser Grundlage erlassene Verordnung der FMA, die „Interessenkonflikte- und Informationen für Kunden-Verordnung – IIKV“, übernimmt – im Wesentlichen weitgehend wortgleich – die in Art 22 Abs 3 zweiter Unterabsatz MiFID-DRL dargestellten Maßnahmen. Den Formulierungen dieser Vorkehrungen in der MiFIDDRL folgend, bleibt somit auch die IIKV auf einer „hohen Abstraktionsebene“ (vgl Assmann, ÖBA 2007, 45) und überlässt die Wahl der konkret zu implementierenden Maßnahmen (weitgehend) den betroffenen Unternehmen. § 35 Abs 4 letzter Satz stellt darüber hinaus klar, dass die IIKV keine abschließenden Regelungen enthält: Falls dies im konkreten Fall erforderlich ist, sind darüber hinaus zusätzliche Maßnahmen und Verfahren einzurichten (Kornfeld, Interessenkonflikte bei Finanzdienstleistern, Offenlegungsverpflichtungen und betriebsinterne Richtlinien, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 225 ff). Dies bedeutet jedoch auch, dass nicht schlechthin sämtliche in der IIKV genannten Vorkehrungen für jeden Rechtsträger verpflichtend zu implementieren sind, sondern nur wenn dies im konkreten Fall angemessen erscheint (vgl Art 22 Abs 3 zweiter Unterabs MiFID-DRL: „soweit dies zur Gewährleistung des geforderten Grades an Unabhängigkeit der Wertpapierfirma notwendig und angemessen ist“). Besondere Bedeutung für die Konkretisierung der zu implementierenden Verfahren wird vor diesem Hintergrund den Instrumenten der Selbstregulierung zukommen (insb dem SCC; vgl § 24 Rz 18).
B. Vorkehrungen für den Umgang mit Interessenkonflikten 1. Erkennen von Interessenkonflikten 8 Nach § 35 Abs 2 Z 1 haben die Rechtsträger in den Leitlinien für den
Umgang mit Interessenkonflikten insb festzulegen, unter welchen Umständen „ein Interessenkonflikt, der den Interessen eines oder mehrerer Kunden schaden könnte, vorliegt oder entstehen könnte“. Eine derartige Verpflichtung zur Einrichtung von Vorkehrungen zur Erkennung von Interessenkonflikten war der ISD unbekannt (Assmann, ÖBA 2007, 44). 9 Weder den europarechtlichen Vorgaben der MiFID und ihrer MiFIDDRL (siehe Assmann, ÖBA, 2007, 44) noch den Umsetzungsbestimmungen der §§ 34 f iVm der IIKV sind zwingende Vorgaben zu 358
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten
§ 35
entnehmen, welche Vorkehrungen dazu konkret zu implementieren sind. Als grundlegende Voraussetzung wird jedoch zu verlangen sein, dass Rechtsträger die mit ihrem Geschäft verbundenen Interessenkonfliktpotenziale fortlaufend analysieren und bewerten (vgl Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 8). Besondere Beachtung ist dabei den Geschäftsbereichen Anlageberatung, Eigenhandel, Portfolioverwaltung, Unternehmensfinanzierung, Emissionen, Finanzanalyse sowie Beratungsdienstleistungen bei Fusionen bzw Unternehmenskäufen zu schenken (Heybey, BKR 2008, 355; Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 8). Am oberen Ende der erwartbaren Vorkehrungen (für große Universal- 10 banken aber wohl unumgänglich) wird die Einrichtung eines vom Compliance-Verantwortlichen streng vertraulich geführten „Konfliktregisters“ stehen, das auf der Analyse der von einem Rechtsträger betriebenen Geschäfte bzw Geschäftsgebiete und der daraus (potenziell) resultierenden Interessenkonflikte beruht (siehe auch Punkt 1.6.2. SCC, Modul 4.). Bevor eine neue Geschäftsbeziehung angeknüpft werden kann, hat eine Überprüfung potenzieller Interessenkonflikte vor dem Hintergrund der Informationen des Konfliktregisters stattzufinden (vgl Assmann, ÖBA 2007, 44). Ergibt sich dabei ein (potenzieller) Interessenkonflikt, so muss dies nicht zwangsläufig mit der Ablehnung eines Geschäfts verbunden sein (vgl Rz 14); es ist in einem solchen Fall vielmehr nach den jeweiligen Maßnahmen zur Vermeidung bzw Offenlegung von Interessenkonflikten zu verfahren. Das Konfliktregister kann durch andere Informationssysteme, wie etwa Mandatsdatenbanken oder Insiderverzeichnisse, ergänzt werden (Punkt 1.6.2. SCC, Modul 4). In diesem Zusammenhang kommt der effektiven Befolgung von Meldepflichten an den Compliance-Verantwortlichen eine zentrale Rolle zu (siehe § 34 Rz 5). Punkt 1.6.5. SCC, Modul 4, sieht darüber hinaus die Einrichtung 11 einer sog Konfliktbeobachtungsliste vor. In diese sind Geschäfte aufzunehmen, aus denen zwischen dem Kreditinstitut bzw dessen Mitarbeitern einerseits und Kunden andererseits oder zwischen verschiedenen Kunden ein Interessenkonflikt resultiert. Der weitere Verlauf der Transaktionen ist durch den Compliance-Verantwortlichen zu überwachen.
2. Vermeiden von Interessenkonflikten In den Leitlinien ist nach § 35 Abs 2 Z 2 festzulegen, welche Verfahren 12 einzuleiten und welche Maßnahmen zu treffen sind, um aufgetretene Interessenkonflikte zu bewältigen. Es gilt dabei „zu verhindern, dass 359
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Interessenkonflikte den Kundeninteressen schaden“. Bereits nach alter, auf der ISD basierender Rechtslage hatten sich die regulierten Unternehmen „ … um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen“ (§ 13 Z 2 WAG aF) und so organisiert zu sein, dass Interessenkonflikte „möglichst gering“ sind (§ 16 Z 2 WAG aF). Auf den zur alten Rechtslage bestehenden Meinungsstand, der insb auch im SCC bzw einem Schreiben der WKO vom März 2004 (abgedruckt bei Brandl/Saria, Hdb KMR I 378 ff) seinen Niederschlag gefunden hat, kann insofern zurückgegriffen werden. Ob die Anforderungen der MiFID hier über jene der ISD hinausgehen, ist jedoch strittig (dafür Assmann, ÖBA 2007, 45; aA Kumpan/Hellgardt, DB 2006, 1716). 13 Zur Vermeidung von Interessenkonflikten haben Rechtsträger die jeweils angemessenen Vorkehrungen „nach Maßgabe ihrer personellen und organisatorischen Möglichkeiten“ zu treffen (siehe Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz S5, Anm zu VwGH 05. 11. 2003, 2003/17/0212). Die Rechtsträger haben somit zur Vermeidung von Interessenkonflikten alle „zumutbaren Kräfte“ einzusetzen (vgl Knobl in Frölichsthal/ Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 13 Rz 13; die finanzielle Leistungsfähigkeit stellt in diesem Zusammenhang jedoch kein Kriterium dar [Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 10]). Eine generelle Verpflichtung, bereits das Entstehen von Interessenkonflikten zu verhindern, ist dem Gebot zur Vermeidung von Interessenkonflikten hingegen nicht zu entnehmen (Assmann, ÖBA 2007, 45). a. Abstandnahme von einem Geschäft 14 Die einfachste, allerdings radikalste Möglichkeit der Bereinigung eines
Interessenkonflikts ist die Abstandnahme von einem der konfligierenden Geschäfte. Auch wenn den §§ 34 f iVm der IIKV keine diesbezügliche Verpflichtung zu entnehmen ist, kann eine derartige Vorgehensweise nach den konkreten Umständen des Einzelfalls dennoch als tunlich erscheinen (siehe dazu auch Punkt 1.5. SCC, Modul 4). Die Abstandnahme von einem Geschäft wird nur solange möglich sein, als noch keine entsprechende Ausführungsverpflichtung begründet wurde. Es ist dem Rechtsträger in einem solchen Fall jedoch grundsätzlich nicht verwehrt, sich für das lukrativere Geschäft zu entscheiden (Assmann, ÖBA 2007, 45). b. Organisatorische Trennung im Unternehmen 15 Nach § 2 Z 5 IIKV (vgl Art 22 Abs 3 zweiter Unterabsatz lit e Mi-
FID-DRL) sind Maßnahmen vorzusehen, welche die gleichzeitige oder unmittelbar nachfolgende Einbeziehung einer relevanten Person in ver360
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten
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schiedene Wertpapier- oder Nebendienstleistungen bzw Anlagetätigkeiten verhindern oder kontrollieren, wenn diese Einbeziehung ein ordnungsgemäßes Konfliktmanagement beeinträchtigen könnte. Weiters sieht § 2 Z 1 IIKV (vgl Art 22 Abs 3 zweiter Unterabsatz lit a MiFID-DRL) vor, dass wirksame Verfahren zu implementieren sind, die den Austausch von Informationen zwischen relevanten Personen, deren Tätigkeiten einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten, verhindern oder kontrollieren, wenn dieser Informationsaustausch den Interessen eines oder mehrerer Kunden abträglich sein könnte. Damit angesprochen ist die organisatorische Trennung von bestimmten Geschäftsbereichen sowie die Beschränkung und Kontrolle des Informationsflusses (Assmann, ÖBA 2007, 45). Die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen und die Einschrän- 16 kung bzw Überwachung des Informationsflusses („Chinese Walls“) zwischen den Vertraulichkeitsbereichen eines Unternehmens war bereits ein tragendes Prinzip der ursprünglichen Fassung des SCC, der noch auf dem WAG basierte (siehe Hausmaninger in Frölichsthal/ Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 16 Rz 12). Die dafür zu treffenden Maßnahmen können – je nach Größe des Kreditinstituts – bis zur räumlichen, persönlichen und organisatorischen Trennung von Einheiten gehen. Die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen wird va jene Geschäftsbereiche betreffen, die ein besonders hohes Interessenkonfliktpotenzial aufweisen (siehe Rz 9; siehe auch Kalss/ Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 22 Rz 14 ff. CESR’s Technical Advise 05 024 c, 43 hält in diesem Zusammenhang fest, dass die Geschäftsbereiche „proprietary trading“, „portfolio management“ und „corporate finance business, including underwriting and/or selling in an offering of securities and advising on mergers and acquisitions“ besonders zu beachten sind; zum Ganzen ausführlich Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 11). Ein besonderes Augenmerk wird auch auf eine hinreichende Trennung von Eigengeschäften des Rechtsträges (sofern solche überhaupt betrieben werden) und Kundengeschäften zu legen sein (siehe Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 130). Zum „Konzept der Vertraulichkeitsbereiche“ siehe auch Punkt 9 SCC, Modul 1 – Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance. Durch die Beschränkung des Informationsflusses im Unternehmen 17 wird bereits das Entstehen zahlreicher (potentieller) Interessenkonflikte verhindert, und damit ein entscheidender Beitrag dazu geleistet, dass es zu keiner Beeinträchtigung von Kundeninteressen kommen kann (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 22 Rz 17 f). Dabei ist in Kauf zu nehmen, dass sich diese Vorkehrungen nicht in jedem Einzelfall zum Vorteil eines Kunden auswirken müssen. Assmann skizziert 361
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dazu den Fall, dass auf Grund wirksamer Chinese Walls einem Kunden der Erwerb von Finanzinstrumenten eines Emittenten durch Berater eines Kreditinstituts zu einem Zeitpunkt empfohlen wird, zu dem – in der Kreditabteilung desselben Kreditinstituts – bereits handfeste Tatsachen für ein bevorstehendes Scheitern dieses Emittenten bekannt waren (Assmann, ÖBA 2007, 41 f). 18 Die Frage nach der erforderlichen Zahl und Größe der Vertraulichkeitsbereiche (bzw ob überhaupt Vertraulichkeitsbereiche festzulegen sind), lässt sich nicht abstrakt, sondern nur für ein konkretes Unternehmen (individuell) beantworten (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 11). „Vertraulichkeitsbereiche dürfen einerseits Synergievorteile von Universalbanken nicht weitgehend eliminieren und müssen andererseits so ausgeformt sein, dass die sensiblen Informationen nicht im Unternehmen vagabundieren“ (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 11). c. Kontrolle von persönlichen Geschäften und dem Eigenhandel 19 Nach § 2 Z 2 IIKV (vgl auch Art 22 Abs 3 zweiter Unterabsatz lit b
MiFID-DRL) beinhalten die zu implementierenden Vorkehrungen auch die gesonderte Überwachung relevanter Personen, deren Hauptaufgabe darin besteht, Tätigkeiten im Namen von Kunden auszuführen oder Dienstleistungen für Kunden zu erbringen, deren Interessen möglicherweise kollidieren, oder die in anderer Weise unterschiedliche Interessen vertreten (einschließlich jener der Wertpapierfirma), die kollidieren könnten. Damit sind einerseits die Vorkehrungen zur Kontrolle von persönlichen Geschäften angesprochen (vgl die Kommentierung zu den §§ 23 f). Andererseits sind auch der Eigenhandel des Unternehmens und die dafür zuständigen Personen zu überwachen („Nostro-Geschäfte“): In diesem Zusammenhang sieht Punkt 6.1. SCC, Modul 2 – Insiderrecht und Marktmanipulation, vor, dass Eigenhandelsgeschäfte in jenen Werten, die auf der Sperrliste (vgl § 24 Rz 25 ff) vermerkt sind, nicht getätigt werden dürfen, sofern sie über das durchschnittlich übliche Ausmaß für das jeweilige Kreditinstitut und den jeweiligen Titel hinausgehen. 20 Für bestimmte Geschäfte, bei denen Interessenkonflikte zu erwarten sind, kann auch eine interne Genehmigungspflicht vorgesehen werden (Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 132). d. Vergütungsregelungen 21 Das gesamte Provisions- und Entlohnungssystem eines Rechtsträgers
ist prinzipiell so auszugestalten, dass Konfliktpotenziale möglichst ge362
Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten
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ring gehalten werden (Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 134). Das Entlohnungssystem der Mitarbeiter darf nicht so strukturiert sein, dass Anreize zu einer illegitimen Weitergabe von Informationen entstehen (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 11). Es ist jedoch prinzipiell zulässig, die Vergütung eines Mitarbeiters (teilweise) am Erfolg der Unternehmensgruppe bzw des Unternehmens zu orientieren, bei dem der Mitarbeiter beschäftigt ist (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 12). Provisionsvereinbarungen sollen möglichst einheitlich gestaltet werden (Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 130). Besonderes Augenmerk ist darauf zu legen, dass es zu keiner Beeinträchtigung von Kundeninteressen durch „Spesenreiterei“ kommt. Zu verhindern sind insb Praktiken wie das „Churning“ bzw „Buttern“, bei dem durch (unnötiges) Drehen des Portfolios „Ticketfees“ zu Lasten des Kunden generiert werden (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 14 Rz 4; Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 31 Rz 9). Die FMA nimmt in einem Rundschreiben vom 01. 12. 2009 zu bestimmten, marktüblichen internen Vergütungssystemen und deren Interessenkonfliktpotential Stellung (FMA, RS Interessenkonfliktproblematik 4 ff). „Aus Sicht der FMA sind erfolgsabhängige Vergütungssysteme für Mitarbeiter, … auf Grund des mit ihnen verbundenen Interessenkonfliktpotenziales gemäß § 35 Abs 2 Z 1 WAG 2007 in die Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten („Interessenkonflikt-Policy“) aufzunehmen“ (FMA, RS Interessenkonfliktproblematik 5). § 2 Z 3 IIKV (vgl Art 22 Abs 3 zweiter Unterabsatz lit c MiFID-DRL) 22 verlangt weiters die Aufhebung jedes direkten Zusammenhangs zwischen der Vergütung relevanter Personen, die sich hauptsächlich mit einer Tätigkeit beschäftigen, einerseits und der Vergütung anderer relevanter Personen bzw den von diesen erzielten Einkünften, die sich hauptsächlich mit einer anderen Tätigkeit beschäftigen, andererseits, sofern diese beiden Tätigkeiten einen Interessenkonflikt auslösen könnten. Die Regelung zielt darauf ab, Interessenkonflikte durch Vergütungsanreize, die für die Interessen des Kunden schädlich sein können, zu verhindern. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Vergütung von Mitarbeitern im Analysebereich zu einem erheblichen Prozentsatz vom Erfolg der Emissionsabteilung abhängig gemacht würde. Generell bleibt festzuhalten, dass ein hoher Anteil an einem fixen Grundgehalt im Vergleich zu variablen Vergütungen tendenziell dazu geeignet sein wird, Interessenkonflikte zu vermindern (vgl auch Koller in Assmann/ Schneider, WpHG § 33 Rz 12).
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e. Vorrangregeln bei der Orderausführung 23 Während Interessenkonflikte zwischen dem Rechtsträger und Kun-
den stets zu Gunsten der Kunden aufzulösen sind (vgl nur Brandl/ Saria, Hdb KMR I Rz 131), gibt es für Interessenkonflikte zwischen Kunden keinen eindeutigen Grundsatz für Ihre Auflösung (Assmann, ÖBA 2007, 40 f; siehe auch Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 Rz 17). 24 Zur Lösung solcher Interessenkonflikte empfiehlt sich – auf Basis des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Kunden – die strikte Anwendung des Prioritätsprinzips bzw einer Aufteilung pro rata. Hier ist jedoch zu bedenken, dass iZm solchen Vorrangregeln allenfalls auch eine Offenlegungspflicht verbunden sein kann, insofern sie zur (völligen) Vermeidung eines Konflikts nicht hinreichen (Assmann, ÖBA 2007, 45 f mwN; siehe auch Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 13 Rz 26 ff). Das Prioritätsprinzip ist auch bei der Bearbeitung von Kundenaufträgen zu beachten (siehe dazu § 55 Rz 10 f). Unzulässig erscheint hingegen eine „ständige Zuordnung von Geschäftschancen per Los“: Der glücksspielartige Charakter einer derartigen „Zuteilungsmethode“ wäre letztendlich für das Ansehen eines Rechtsträgers nicht tragbar (idS Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 31 Rz 9). f. Verhinderung ungebührlicher Einflussnahmen 25 Nach § 2 Z 4 IIKV (vgl Art 22 Abs 3 zweiter Unterabsatz lit d Mi-
FID-DRL) sind Maßnahmen zu treffen, die jeden ungebührlichen Einfluss auf die Art und Weise, in der eine relevante Person Wertpapier- oder Nebendienstleistungen erbringt oder Anlagetätigkeiten ausführt, verhindern oder einschränken. Solche Einflüsse, die zu einem Interessenkonflikt führen, können sich etwa aus dem Beteiligungsbzw Konzernverhältnis ergeben. Darüber hinaus können sich auch Implikationen aus der Übernahme von Arbeitsverhältnissen, Beraterpositionen, gesellschaftsrechtlichen Mandaten oder ähnlichen Mitwirkungen eines Mitarbeiters bzw Geschäftsleiters eines Rechtsträgers ergeben (Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 133). „Die FMA geht davon aus, dass auch finanzielle Anreize in Form von Vergütungen an Mitarbeiter einen derart ungebührlichen Einfluss (Anm des Verfassers: iSd § 2 Z 4 IIKV) auslösen“ (FMA, RS Interessenkonfliktproblematik 6). Die Leitlinien haben – soweit dies im konkreten Fall angemessen erscheint – auch für solche Konfliktfälle Vorkehrungen zu treffen. 26 Dies trifft gleichermaßen auf das Annehmen von Begünstigungen oder Einladungen zu, die auf die Geschäftsbeziehung Einfluss haben 364
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können. Im Schreiben der WKO vom März 2004 wird dazu die Auffassung vertreten, dass derartige Begünstigungen und Einladungen grundsätzlich zu untersagen und entsprechende Ausnahmen zu dokumentieren sind (vgl Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 133). Eine solche Vorgehensweise ist aus rechtlicher Sicht keineswegs verpflichtend. Für den Rechtsträger wesentlich ist jedoch eine effektive Überwachung sämtlicher „geldwerter Zuwendungen“, die seinen Mitarbeitern von Dritten gewährt werden (sofern diese iZm ihrer beruflichen Tätigkeit stehen), weil aus diesen ein „unangemessener Einfluss von außen“ entstehen kann (siehe Punkt 1. 6. 10. SCC, Modul 4). Dazu hilfreich ist etwa die Führung eines „Geschenkebuchs“ durch den Compliance-Verantwortlichen, worin Mitarbeiter und Geschäftsleiter alle (erlaubten) Geschenke unter Angabe des (geschätzten) Werts und der Quelle der Zuwendung einzutragen haben, die ihnen iZm ihrer Funktion für den Rechtsträger zugewendet wurden. Zur Gewährung von Vorteilen an bzw der Annahme von Vorteilen durch einen Rechtsträger vgl die § 39 Rz 1 ff. Zu den strafrechtlichen Grenzen einer „Geschenkannahme durch Bedienstete oder Beauftragte“ siehe insb § 168 c StGB. Um ein effektives Management von Interessenkonflikten zu ermögli- 27 chen, sollte in den Leitlinien vorgesehen werden, dass (potenzielle) Interessenkonflikte umgehend an den Compliance-Verantwortlichen zu melden sind. Zweifelsfälle können unter Beiziehung des Compliance-Verantwortlichen abgeklärt werden (siehe dazu auch Punkt 1.6.1. SCC, Modul 4).
3. Offenlegen von Interessenkonflikten Können Interessenkonflikte auch unter Ausschöpfung der (zumut- 28 baren) personellen und organisatorischen Möglichkeiten eines Rechtsträgers nicht vermieden werden, so trifft den Rechtsträger nach § 35 Abs 5 die Pflicht zur Offenlegung des Konflikts. Die Offenlegung von Interessenkonflikten ist somit zwingende Folge der Grenzen einer Vermeidungspolitik und „ultima ratio“ im Umgang mit Interessenkonflikten (Assmann, ÖBA 2007, 46; vgl auch die „Background Note“ zur „Draft Commission Directive implementing Directive 2004/39/ EC“ 6.1 und Erwägungsgrund 27 MiFID-DRL). Die Offenlegung hat vor Ausführung des Geschäfts zu erfolgen. Dies 29 soll dem Kunden die Möglichkeit geben, in Kenntnis des Interessenkonflikts über die Durchführung des beabsichtigten Geschäfts zu entscheiden bzw seinen Auftrag allenfalls zu modifizieren (Assmann, ÖBA 2007, 46 mwN). Ob die Offenlegung tatsächlich eine Verhaltens365
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änderung bei den Kunden bewirkt, ist jedoch unerheblich (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 31 Rz 10). 30 Nach dem Wortlaut von § 35 Abs 5 sind dem Kunden die Art und die Ursache des Interessenkonflikts offenzulegen. Aus der wesentlichen Funktion der Offenlegung, die darin besteht, dem Kunden die Möglichkeit zu geben, über die Ausführung des Geschäfts zu disponieren (arg: „damit dieser seine Entscheidung über die Dienstleistung, in deren Zusammenhang der Interessenkonflikt auftritt, auf informierter Grundlage treffen kann“), ist anzunehmen, dass eine Offenlegung alle für eine solche Entscheidung wesentlichen Umstände enthalten muss. Der Umfang hat sich folgerichtig an der Einstufung des Kunden als Privatkunde (§ 1 Z 14), professioneller Kunde (§ 1 Z 16) bzw geeignete Gegenpartei (§ 60) zu orientieren. Der Kunde soll so – je nach seinem Status – in die Lage versetzt werden, seine Entscheidung über die Wertpapier(neben)dienstleistung auf informierter Grundlage zu treffen (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 31 Rz 10). Die notwendigen Informationen sind dem Kunden auf einem dauerhaften Datenträger (§ 1 Z 28) zu Verfügung zu stellen.
II. Dokumentationspflichten 31 Nach § 35 Abs 6 haben Rechtsträger Interessenkonflikte, die einem
Kunden erheblich geschadet haben, bzw solche, die bei noch laufenden Dienstleistungen oder Tätigkeiten auftreten könnten, aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen laufend zu aktualisieren. Durch die Erfüllung dieser Verpflichtung soll va der FMA die Überprüfung der Einhaltung der Pflichten betreffend das Management von Interessenkonflikten ermöglicht werden („Prüfbarkeitsfunktion“; Assmann, ÖBA 2007, 47).
Finanzanalysen § 36. (1) Finanzanalysen sind von einem Rechtsträger erstellte Informationen über ein oder mehrere Finanzinstrumente oder die Emittenten von Finanzinstrumenten, die direkt oder indirekt eine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie enthalten, einschließlich aller für Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bestimmte Stellungnahmen zum aktuellen oder künftigen Wert oder Preis dieser Instrumente, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind: 366
Finanzanalysen
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1. Sie werden als Finanzanalysen oder Ähnliches bezeichnet oder in einer Weise dargestellt, die den Eindruck einer Finanzanalyse erweckt oder sonst als objektive oder unabhängige Analyse dargestellt; 2. würde die betreffende Empfehlung von einem Rechtsträger an einen Kunden gegeben werden, so würde sie keine Anlageberatung im Sinne dieses Bundesgesetzes darstellen. (2) Alle anderen unter § 48 f Abs. 1 Z 3 BörseG fallenden Empfehlungen, die von einem Rechtsträger erstellt wurden, sich auf Finanzinstrumente beziehen und die in Abs. 1 genannten Bedingungen nicht erfüllen, werden für die Zwecke dieses Bundesgesetzes als Marketingmitteilung behandelt und sind eindeutig als Marketingmitteilung zu kennzeichnen. Darüber hinaus muss jede derartige Empfehlung, gleichgültig ob sie mündlich oder schriftlich erteilt wurde, einen klaren und deutlichen Hinweis darauf enthalten, dass sie nicht unter Einhaltung der Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen erstellt wurde und auch nicht dem Verbot des Handels im Anschluss an die Verbreitung von Finanzanalysen unterliegt. Schrifttum: Assmann, Interessenkonflikte und „Inducements“ im Lichte der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und der MiFID-Durchführungsrichtlinie, ÖBA 2007, 40; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/N. Raschauer (Hrsg), ZFR spezial, Von der MiFID zum WAG 2007, 83; Gruber, Marketingmitteilungen im WAG 2007, ZFR 2009, 42; Göres, MiFID – Neue (Organisations-) Pflichten für Ersteller von Finanzanalysen, BKR 2007, 85; Lucius/Resch, Die Umsetzung von Analysestandards in Österreich – Ein Regelungsmodell für Europa?, ÖBA 2005, 587; Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/ Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 234; Möllers/Lebherz, Fehlerhafte Finanzanalysen – Die Konkretisierung inhaltlicher Standards, BKR 2007, 349; Oppitz, Das Spannungsfeld Finanzanalysten – Medien im Lichte des Anlegerschutzes, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 267; Oppitz, Noch Journalist oder schon Analyst? Zu den Tücken einer „Empfehlung“ nach der Börsegesetznovelle 2004, ÖBA 2005, 459. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 36): „In § 36 wurde die Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament KOM 2006/789 endg. der Kommission der europäischen Gemeinschaften berücksichtigt, in der diese in Punkt 3.2.3. Folgendes klargestellt hat: Empfehlungen im Sinne der Richtlinie 2003/125/EG (Marktmissbrauchsrichtlinie), die von Wertpapierfirmen erstellt wurden und ein Finanzinstrument im Sinne der Richtlinie 2004/39/EG betreffen, sind für Zwecke der Richtlinie 2004/ 39/EG entweder Finanzanalysen oder Marketingmitteilungen. Abs. 1 setzt Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Der Begriff ‚Finanzanalyse‘ soll
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sich grundsätzlich mit dem in § 48 f Abs. 1 Z 3 BörseG decken. Die Formulierung in § 36 Abs. 1 folgt dem Vorschlag der Österreichischen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (ÖVFA). Abs. 2 setzt Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Unter den Begriff ‚Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen‘ fallen insbesondere der § 37, die relevanten Bestimmungen des BörseG und die Vorschriften eines anderen Staates, welche diesen Regelungsbereich betreffen.“
Übersicht I. Legaldefinition des Begriffs „Finanzanalyse“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Börserechtliche Vorschriften zur Finanzanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . III. Bedeutung und Risiken für den Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–6 7–12 13–15
I. Legaldefinition des Begriffs „Finanzanalyse“ 1 § 36 Abs 1 dient der Umsetzung von Art 24 Abs 1 MiFID-DRL (zur
Umsetzung in Dtld siehe Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 34 b Rz 1 ff). Die Systematik der darin enthaltenen (komplexen) Definition (vgl Gruber, ZFR 2009, 43) bedient sich eines relativ weiten Grundtatbestands, der in weiterer Folge eingeschränkt wird (siehe Assmann, ÖBA 2007, 47). Demnach kommen als Finanzanalyse zunächst von einem Rechtsträger erstellte Informationen über Finanzinstrumente iSd § 1 Z 6 oder die Emittenten von Finanzinstrumenten in Betracht, die direkt oder indirekt eine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie enthalten. Darunter sind insb auch bestimmte Stellungnahmen zum aktuellen oder künftigen Wert oder Preis dieser Instrumente für Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit zu verstehen. 2 Eine direkte Empfehlung enthält ein explizites Anlageurteil im Hinblick auf ein oder mehrere Finanzinstrumente bzw Emittenten von Finanzinstrumenten (Empfehlungen wie „Halten“, „Kaufen“ oder „Verkaufen“). Eine indirekte Empfehlung enthält kein explizites Anlageurteil; es ist einem verständigen Anleger jedoch möglich, für sich selbst eine Anlageempfehlung abzuleiten („die Aktie ist über- bzw unterbewertet“, „Outperformer“, „Bullische Aktie“ etc; vgl Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 240; Oppitz, ÖBA 2005, 461). 3 Voraussetzung ist jedoch stets die Abgabe einer Anlageempfehlung. Nicht als Finanzanalyse gelten daher insb Ratings, welche die Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines bestimmten Emittenten oder eines 368
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Finanzinstruments zu einem bestimmten Zeitpunkt enthalten (Kalss/ Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 8 Rz 10; vgl auch Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 34 b Rz 6). Eine Finanzanalyse liegt nach Abs 1 Z 1 nur dann vor, wenn eine 4 Empfehlung explizit als Finanzanalyse bezeichnet wird, bzw den Anschein einer Finanzanalyse oder sonst als objektive oder unabhängige Analyse erweckt. Damit sollte wohl nicht die Verkehrsauffassung über das Vorliegen einer Finanzanalyse zu einer weiteren Voraussetzung erhoben werden – was im Hinblick auf den Grundtatbestand auch zirkelhaft wäre –, sondern vielmehr der Anschein der Objektivität bzw der Unabhängigkeit der Empfehlung (vgl auch Assmann, ÖBA 2007, 47). Dieser Anschein wird (unwiderleglich) vermutet, wenn eine Empfehlung ausdrücklich als Finanzanalyse bezeichnet wird. Die Bestimmung bezweckt damit eine Abgrenzung der objektiven, dh unbeeinflussten Analysetätigkeit (vgl Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 237) von Werbe- und Marketingmitteilungen (zu Letzteren siehe Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/N. Raschauer (Hrsg), ZFR spezial, Von der MiFID zum WAG 2007, 83, [108 ff] und Gruber, ZFR 2009, 42 ff). E contrario folgt daraus, dass die Beifügung eines geeigneten „Disclaimers“, wonach eine Empfehlung nicht als Finanzanalyse zu verstehen ist (sondern allenfalls eine Werbeaussage vorliegt), die Anwendbarkeit von § 36 verhindert. Nach Abs 1 Z 2 sind vom Begriff der Finanzanalyse sämtliche Empfeh- 5 lungen ausgenommen, die als Anlageberatung iSd § 3 Abs 2 Z 1 zu qualifizieren sind (siehe Punkt 2.3. des Rundschreibens der FMA vom 4. Mai 2005). Das entscheidende Kriterium für eine Abgrenzung liegt darin, dass die Anlageberatung eine „persönliche Empfehlung“ beinhaltet, dh eine Bewertung der Eignung des betreffenden Finanzinstruments für einen bestimmten Kunden vornimmt (Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/ Oppitz/Saria, Hdb KMR III 241; Lucius/Resch, ÖBA 2005, 588). Der Systematik von § 36 Abs 1 Z 1 und 2 ist zu entnehmen, dass Empfehlungen, die gleichzeitig als Wertpapierberatung gelten, auch dann keine Finanzanalysen iSd § 36 sind, wenn sie fälschlich als solche bezeichnet werden bzw allenfalls den Eindruck einer Finanzanalyse erwecken. Nach § 1 Z 3 lit e sind die „Erstellung, Verbreitung oder Weitergabe 6 von Wertpapier- oder Finanzanalysen oder sonstiger Formen allgemeiner Empfehlungen, die Geschäfte mit Finanzinstrumenten betreffen“ als Wertpapiernebendienstleistung einzustufen (s § 1 Rz 8 ff; vgl Göres, BKR 2007, 85). 369
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II. Börserechtliche Vorschriften zur Finanzanalyse 7 Nicht nur die Vorschriften der MiFID bzw der MiFID-DRL, sondern
auch jene der Marktmissbrauchsrichtlinie bzw „MAD“ (RL 2003/6/ EG) und der darauf basierenden MAD-DRL RL 2003/125/EG enthalten Standards für die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten, die für Finanzanalysten von wesentlicher Bedeutung sind (Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/ Saria, Hdb KMR III 247 f). Die hier interessierenden Bestimmungen der MAD und der MAD-DRL RL 2003/125/EG wurden im Rahmen der Börsegesetznovelle BGBl I 2004/127 durch § 48 f BörseG in das österreichischen Recht umgesetzt (siehe dazu das Rundschreiben der FMA vom 4. Mai 2005 betreffend „Finanzanalyse im Zusammenhang mit der Auslegung von § 48 f BörseG“, abrufbar unter www.fma.gv.at; vgl zu den börserechtlichen Bestimmungen für Finanzanalysten ferner Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 8 Rz 8 ff).
8 § 48 f BörseG enthält spezifische Regelungen zur Abgabe einer
„Empfehlung“, worunter nach § 48 f Abs 1 Z 3 BörseG „eine Analyse oder sonstige für Informationsverbreitungskanäle oder die Öffentlichkeit bestimmte explizite oder implizite Information mit Empfehlungen oder Anregungen zu Anlagestrategien in Bezug auf ein oder mehrere Finanzinstrumente (iSd § 48 Abs 1 Z 3 BörseG) oder Emittenten von Finanzinstrumenten, einschließlich einer aktuellen oder künftigen Beurteilung des Wertes oder des Kurses solcher Instrumente“, zu verstehen ist. Anders als nach § 36 ist für die börserechtliche Definition weder eine bestimmte (explizite) Bezeichnung der Empfehlung (etwa als „Analyse“) erforderlich noch, dass die Empfehlung einen bestimmten Anschein der Objektivität bzw Unabhängigkeit erweckt.
9 Nach § 36 Abs 2 erster Satz, der Art 24 Abs 2 MiFID-DRL umsetzt,
sind Empfehlungen iSd § 48 f Abs 1 Z 3 BörseG, die sich auf Finanzinstrumente iSd § 1 Z 6 beziehen, aber die Kriterien des Abs 1 nicht erfüllen, für Zwecke des WAG 2007 als Marketingmitteilungen zu behandeln und eindeutig als Marketingmitteilung zu kennzeichnen. Damit wurde die Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament, KOM 2006/789 endg. der Kommission der europäischen Gemeinschaften berücksichtigt, in der diese in Punkt 3.2.3. klargestellt hat, dass Empfehlungen iSd Marktmissbrauchsrichtlinie, die von Wertpapierfirmen erstellt wurden und ein Finanzinstrument iSd RL 2004/ 39/EG betreffen, für Zwecke der MiFID entweder als Finanzanalysen oder Marketingmitteilungen gelten sollen (siehe Erl RV zu § 36). 370
Finanzanalysen
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Werden Empfehlungen erteilt, die nicht als Finanzanalysen iSd § 36 10 Abs 1, gleichwohl aber als Empfehlungen nach § 48 f BörseG gelten (klarstellend Gruber, ZFR 2009, 44), so ist nach Abs 2 zweiter Satz darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass eine solche Empfehlung nicht unter Einhaltung der Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen erstellt wurde und auch nicht dem Verbot des Handels im Anschluss an die Verbreitung von Finanzanalysen unterliegt (vgl im Übrigen die Erl RV zu § 36: „Unter den Begriff Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen fallen insbesondere der § 37, die relevanten Bestimmungen des BörseG und die Vorschriften eines anderen Staates, welche diesen Regelungsbereich betreffen“). Eine Derogation der im Zuge der Marktmissbrauchsrichtlinie umge- 11 setzten, börserechtlichen Bestimmungen durch die §§ 36 f WAG ist nicht eingetreten. In diesem Zusammenhang hält Erwägungsgrund 28 der MiFID-DRL folgendes fest: „Finanzanalysen sollten eine Unterkategorie der Informationen sein, die in der . . . [DRL 2003/125/EG] . . . als Empfehlung definiert sind, aber für Finanzinstrumente im Sinne der Richtlinie 2004/39/EG [MiFID] gelten. Empfehlungen der dort definierten Art, die keine Finanzanalysen im Sinne der vorliegenden Richtlinie sind, . . . unterliegen jedoch den Bestimmungen der Richtlinie 2003/125/ EG zur sachgerechten Darbietung von Anlageempfehlungen und zur Offenlegung von Interessenkonflikten“ (zustimmend Gruber, ZFR 2009, 44 Fn 29; gegen eine Derogation spricht weiters die ausdrückliche Bezugnahme auf § 48 f Abs 1 Z 3 BörseG in § 36 Abs 2 WAG 2007 und der unterschiedliche persönliche und sachliche Anwendungsbereich der beiden Bestimmungen [so Gruber, ZFR 2009, 44 FN 29]). Werden die Voraussetzungen des § 48 f BörseG und des § 36 Abs 1 12 gleichermaßen erfüllt, kommt es zur kumulativen Anwendung dieser Bestimmungen. Es ist daher insb auch die Offenlegungsverpflichtung nach § 48 f Abs 5 BörseG unabhängig von einer allenfalls (auch) nach § 35 Abs 5 bestehenden Pflicht zur Offenlegung einzuhalten (vgl KOM 2006/789 endg. Punkt 3.2.3.): Demnach haben relevante Personen iSd § 48 f Abs 1 Z 5 BörseG (das sind: natürliche oder juristische Personen, die bei der Ausübung ihres Berufs oder im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Empfehlungen erstellen oder weitergeben) in einer Empfehlung iSd § 48 f Abs 1 Z 3 BörseG alle Beziehungen und Umstände offenzulegen, bei denen damit gerechnet werden kann, dass sie die Objektivität der Empfehlung beeinträchtigen. § 48 f Abs 5 BörseG normiert eine unbedingte Offenlegungsverpflichtung und unterscheidet sich darin von der Offenlegungsverpflichtung nach § 35 Abs 5, die lediglich dann besteht, wenn Interessenkonflikte auch unter Ausschöpfung aller 371
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zumutbaren personellen und organisatorischen Möglichkeiten eines Rechtsträgers nicht vermieden werden können (siehe § 35 Rz 28 ff). Wie Lucius zeigt, liegt hier jedoch keineswegs ein Wertungswiderspruch vor (Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 255 f): § 48 f BörseG geht schließlich davon aus, dass sich eine Analyse an die Öffentlichkeit (und nicht an einen einzelnen Investor) richtet. Da somit das vis-avis nicht bekannt ist, kann auch die konkrete Möglichkeit eines Interessenkonflikts nicht im Voraus abgeschätzt werden. § 35 Abs 5 hingegen stellt jeweils auf den „konkreten Kunden“ ab, weshalb hier sehr wohl abgeschätzt werden kann, ob die Vorkehrungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten als ausreichend zu betrachten sind.
III. Bedeutung und Risiken für den Kapitalmarkt 13 Die zeitnahe Verfügbarkeit genauer und inhaltlich richtiger Informatio-
nen über Emittenten und deren Wertpapiere ist eine grundlegende Voraussetzung für einen effizienten Kapitalmarkt (vgl auch KOM 2006/789 endg. Punkt 2.1.). Liegen Informationen nicht (zeitgerecht) vor, bzw sind die vorliegenden Informationen unrichtig, kommt es zu Fehlbewertungen, die wiederum das Vertrauen der Marktteilnehmer in die Markteffizienz an sich erschüttern können. Die Fülle und Komplexität der auf modernen Kapitalmärkten verfügbaren Informationen sowie deren rascher Wandel stellt die Markteilnehmer vor besondere Anforderungen nicht nur hinsichtlich der Beschaffung von (aktuellen) Informationen, sondern auch hinsichtlich deren Verarbeitung (Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 238). Finanzanalysten sammeln diese Informationen, interpretieren sie und erstellen Prognosen zur Unternehmens- bzw Kursentwicklung, die in einer Empfehlung zum Kauf, Verkauf oder Halten eines Instruments münden können (vgl Lucius/Resch, ÖBA 2005, 587). Finanzanalysten spielen damit eine wichtige Rolle bei der Informationsbeschaffung und -verarbeitung auf den Kapitalmärkten; ihre Empfehlungen bilden vielfach eine wesentliche Grundlage für die Investitionsentscheidung von Investoren (siehe auch KOM 2006/789 endg. Punkt 2.1., wonach Finanzanalysten eine wichtige Rolle im „Ökosystem für Finanzinformationen“ spielen; siehe auch Möllers/Lebherz, BKR 2007, 350). 14 Das große Vertrauen, das Finanzanalysten entgegengebracht wird, ist mit einem hohem Maß an Verantwortung verbunden (Lucius/Resch, ÖBA 2005, 587; Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach 372
Finanzanalysen
§ 36
MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 241). Diesem Umstand tragen verschiedene internationale Regulierungsvorhaben Rechnung (siehe dazu Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 241 ff), von denen auf europarechtlicher Ebene jene der Marktmissbrauchsrichtlinie bzw der MiFID von Bedeutung sind. Entscheidendes Augenmerk liegt dabei auf der Sicherstellung der Objektivität und Unabhängigkeit von Finanzanalysten und der von ihnen erstellten Finanzanalysen. Zentrale Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Implementierung hinreichender Maßnahmen und Vorkehrungen zur Bewältigung potenzieller Interessenkonflikte zu, die aus der Erstellung und Weitergabe von Finanzanalysen entstehen können (siehe Erwägungsgrund 29 MiFID-DRL). So kann etwa eine Investmentbank ein Interesse daran haben, Aktien, an deren Erstemission sie mitgewirkt hat, in einem besonders vorteilhaften Licht erscheinen zu lassen (vgl Oppitz, Das Spannungsfeld Finanzanalysten – Medien im Lichte des Anlegerschutzes, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 268). Auch mag im Einzelfall eine besonders enge Beziehung des Analysten zu einem Unternehmen (etwa ein Beratervertrag) oder das Vorliegen beträchtlicher Eigenbestände an den analysierten Finanzinstrumenten zu einem Interessenkonflikt führen (vgl auch Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 8 Rz 6). Die Bedeutung der Finanzanalyse als Regelungsgegenstand des europäischen Richtliniengebers wird bereits dadurch dokumentiert, dass sich nicht weniger als elf Erwägungsgründe der MiFID-DRL, und zwar die Erwägungsgründe 28 bis 38, mit der Tätigkeit von Finanzanalysten und der Regelung von Interessenkonflikten beschäftigen (vgl Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 250). Für die Tätigkeit von Finanzanalysten in Österreich sind – neben den 15 „formellen Rechtsquellen“ – die Instrumente der Selbstregulierung von besonderer Bedeutung. Hier sind insb die „Österreichischen Analysestandards“ bestehend aus den „Grundsätzen ordnungsgemäßer Finanzanalyse“ sowie den „Mindeststandards für Finanzanalysen“ zu nennen, die vor dem Hintergrund der Vorschriften der Marktmissbrauchsrichtlinie durch die Österreichische Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (ÖVFA) in enger Zusammenarbeit mit der FMA erarbeitet wurden (vgl Lucius/Resch, ÖBA 2005, 589; Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 250; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 8 Rz 3; die genannten Dokumente sind verfügbar unter www.ovfa.at). Diese Dokumente wurden nunmehr in den SCC als Modul 6 – Österreichische Analysestandards aufgenommen. 373
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Zusätzliche organisatorische Anforderungen für die Erstellung von Finanzanalysen § 37. (1) Ein Rechtsträger, der im eigenen Namen oder im Namen eines Mitglieds seiner Gruppe Finanzanalysen erstellt oder erstellen lässt, die unter seinen Kunden oder in der Öffentlichkeit verbreitet werden sollen oder aller Wahrscheinlichkeit nach verbreitet werden, hat dafür zu sorgen, dass in Bezug auf die an der Erstellung dieser Analysen beteiligten Finanzanalysten sowie in Bezug auf andere relevante Personen, deren Aufgaben oder Geschäftsinteressen mit den Interessen der Personen, an die die Finanzanalysen weitergegeben werden, kollidieren könnten, allen aufgrund von § 35 Abs. 4 mittels Verordnung der FMA erlassenen Standards entsprochen wird. (2) Zusätzlich zu Abs. 1 hat der Rechtsträger, der im Sinne des Abs. 1 Finanzanalysen erstellt und verbreitet, Vorkehrungen zu treffen, die die Erfüllung der folgenden Bedingungen gewährleisten: 1. Finanzanalysten und andere relevante Personen, die den wahrscheinlichen Zeitplan oder Inhalt einer Finanzanalyse kennen, die für die Öffentlichkeit oder für Kunden nicht zugänglich ist und deren Inhalt aus den öffentlich verfügbaren Informationen nicht ohne Weiteres abgeleitet werden kann, dürfen persönliche oder im Namen einer anderen Person, einschließlich des Rechtsträgers, zu tätigende Geschäfte mit Finanzinstrumenten, auf die sich die Finanzanalyse bezieht, nur a) als Market Maker in gutem Glauben, b) im normalen Verlauf des Market Making oder c) in Ausführung eines unaufgeforderten Kundenauftrags tätigen; dies jeweils erst dann, wenn die Empfänger der Finanzanalyse ausreichend Gelegenheit hatten, auf diese zu reagieren; 2. in den von Z 1 nicht abgedeckten Fällen dürfen Finanzanalysten und alle anderen an der Erstellung von Finanzanalysen beteiligten relevanten Personen nur unter außergewöhnlichen Umständen und mit vorheriger Genehmigung jener Person, die mit der Ausübung der Compliance-Funktion des Rechtsträgers betraut ist, ein den aktuellen Empfehlungen zuwiderlaufendes persönliches Geschäft mit den Finanzinstrumenten, auf die sich die Finanzanalyse bezieht, tätigen; 3. der Rechtsträger, Finanzanalysten und andere an der Erstellung von Finanzanalysen beteiligte relevante Personen dürfen keine Vorteile gemäß § 39 von Personen annehmen, die ein wesentliches Interesse am Gegenstand der Finanzanalysen haben; 374
Zusätzl. organ. Anforderungen f. d. Erstellung v. Finanzanalysen
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4. der Rechtsträger, Finanzanalysten und andere an der Erstellung von Finanzanalysen beteiligte relevante Personen dürfen Emittenten keine für sie günstige Analyse versprechen; 5. der Entwurf einer Finanzanalyse darf nur von Finanzanalysten vor deren Weitergabe auf die Korrektheit der darin dargestellten Sachverhalte oder einen anderen Zweck hin überprüft werden, sofern der Entwurf eine Empfehlung oder einen Zielpreis enthält; davon ausgenommen ist die Kontrolle der Einhaltung der rechtlichen Pflichten durch den Rechtsträger. Die Z 1 bis 5 gelten auch für verbundene Finanzinstrumente. Darunter ist ein Finanzinstrument zu verstehen, dessen Preis stark durch Preisbewegungen bei einem anderen Finanzinstrument, das Gegenstand der Finanzanalyse ist, beeinflusst wird; dies umfasst auch ein Derivat dieses anderen Finanzinstruments. (3) Ein Rechtsträger, der von Dritten erstellte Finanzanalysen an die Öffentlichkeit oder seine Kunden weitergibt, ist von den Anforderungen des Abs. 1 ausgenommen, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: 1. Die Person, die die Finanzanalyse erstellt, gehört nicht derselben Gruppe an wie der Rechtsträger; 2. der Rechtsträger ändert die in der Finanzanalyse enthaltenen Empfehlungen nicht wesentlich ab; 3. der Rechtsträger stellt die Finanzanalyse nicht als von ihm erstellt dar und 4. der Rechtsträger vergewissert sich, dass für den Ersteller der Finanzanalyse Bestimmungen gelten, die den Anforderungen dieses Bundesgesetzes für die Erstellung von Finanzanalysen gleichwertig sind, oder dass der Ersteller interne Vorschriften festgelegt hat, die diesen Anforderungen entsprechen. Schrifttum: Assmann, Interessenkonflikte und „Inducements“ im Lichte der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und der MiFID-Durchführungsrichtlinie, ÖBA 2007, 40; Lucius/Resch, Die Umsetzung von Analysestandards in Österreich – Ein Regelungsmodell für Europa?, ÖBA 2005, 587; Lucius, Informationspflichten von Finanzanalysten nach MAD und MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 234; Oppitz, Das Spannungsfeld Finanzanalysten – Medien im Lichte des Anlegerschutzes, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 267; Oppitz, Noch Journalist oder schon Analyst? Zu den Tücken einer „Empfehlung“ nach der Börsegesetznovelle 2004, ÖBA 2005, 459; Schlicht, Compliance nach Umsetzung der MiFIDRichtlinien, BKR 2006, 469.
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Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 37): „Abs. 1 setzt Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 25 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Gemäß Z 2 ist jene Person für die Genehmigung zuständig, welche die Compliance-Funktion ausübt, gleichgültig ob eine eigene unabhängige Compliance-Funktion eingerichtet ist oder ob diese Funktion von der Rechtsabteilung wahrgenommen wird. Aus Z 5 ergibt sich, dass insbesondere Emittenten und relevante Personen den Entwurf einer Finanzanalyse im Sinne dieser Ziffer nicht überprüfen dürfen. Abs. 3 setzt Art. 25 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Grundsätzlich fallen Finanzanalysen, die ein in § 15 genannter Rechtsträger von einem Dritten erstellen lässt, der nicht zum ihm oder zur selben Gruppe gehört, unter Abs. 1. Bei Erfüllung der in Z 1 bis 4 genannten Bedingungen sind nur noch die Voraussetzungen des Abs. 2 und nicht mehr die Standards betreffend der Interessenkonflikten des Abs. 1 anwendbar.“
Übersicht I. A. B. C. D. E. II.
Management von Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbot der Annahme von Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbot des Versprechens einer günstigen Analyse. . . . . . . . . . . . . . Unternehmensinterne Überprüfung von Analyseentwürfen. . „Verbundene Finanzinstrumente“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Unveränderte) Weitergabe von Finanzanalysen . . . . . . . . . . . . . . .
1–11 3–7 8 9 10 11 12–14
I. Management von Interessenkonflikten 1 Die Erstellung, Verbreitung oder Weitergabe von Wertpapier- oder
Finanzanalysen ist eine Wertpapiernebendienstleistung iSd § 1 Abs 1 Z 3 lit e, weshalb Rechtsträger nach §§ 34 f (siehe insb § 34 Abs 1) angemessene Vorkehrungen zum Management von Interessenkonflikten zu treffen haben, die bei ihrer Erbringung entstehen können (vgl KOM 2006/789 endg., Punkt 3.2.2.). Der demonstrative Verweis in Art 37 Abs 1 auf die Verpflichtung zur Einhaltung der Vorschriften, der auf Grundlage von § 35 Abs 4 erlassenen DurchführungsVO der FMA, der IIKV, dient vor diesem Hintergrund lediglich der Klarstellung. 2 Die in Bezug auf die Erstellung von Finanzanalysen zu treffenden Maßnahmen und Vorkehrungen sollen generell für eine ausreichende Objektivität und Unabhängigkeit der Finanzanalysten sorgen (siehe Erwägungsgrund 29 MiFID-DRL; vgl auch Schlicht, BKR 2006, 473). Um dem besonderen Konfliktpotenzial, das der Erstellung und Weiterleitung von Finanzanalysen immanent ist (vgl Assmann, ÖBA 2007, 376
Zusätzl. organ. Anforderungen f. d. Erstellung v. Finanzanalysen
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47), zu begegnen, enthält Abs 2 über die allgemeinen Vorschriften hinaus folgende weitere Regelungen:
A. Handelsbeschränkungen Als leges speciales zu den §§ 23 f und 34 f sehen Abs 2 Z 1 und 2 3 bestimmte Handelsbeschränkungen iZm der Erstellung von Finanzanalysen vor. Der persönliche Anwendungsbereich bezieht sich auf Finanzanalysten, dh Personen, die den wesentlichen Teil einer Finanzanalyse erstellen (siehe § 1 Rz 33), sowie auf andere relevante Personen (iSd § 1 Z 29), die entweder Kenntnis vom wahrscheinlichen Zeitplan oder vom Inhalt einer Finanzanalyse haben. Für die Aktualisierung dieser Handelsbeschränkungen genügt somit, dass lediglich eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7). Die gegenständlichen Handelsbeschränkungen beziehen sich nicht nur auf Finanzinstrumente, „auf die sich die Finanzanalyse bezieht“, sondern nach Maßgabe von § 37 Abs 2 zweiter Unterabsatz auch auf „verbundene Finanzinstrumente“ (siehe Rz 11). Die erste Handelseinschränkung (§ 37 Abs 2 Z 1) untersagt den vom 4 persönlichen Anwendungsbereich erfassten Personen (siehe Rz 3) prinzipiell sämtliche Wertpapiertransaktionen in die von einer Finanzanalyse betroffenen Titel (dies ist die wesentliche normative Anordnung der sprachlich verunglückten Formulierung: „ … dürfen persönliche oder im Namen einer anderen Person, einschließlich des Rechtsträgers, zu tätigende Geschäfte mit Finanzinstrumenten, auf die sich die Finanzanalyse bezieht …“; vgl Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7). Bestehen keine hinreichenden unternehmensinternen Vorkehrungen, die eine Weitergabe des Inhalts von Finanzanalysen im Unternehmen verhindern, so ergibt sich damit auch ein generelles Handelsverbot des Rechtsträgers mit diesen Finanzinstrumenten (abgesehen von den in lit a bis c genannten Ausnahmen). Das „absolute Handelsverbot“ des § 37 Abs 2 Z 1 gilt jedoch nicht für 5 den Fall, dass die Empfehlungen einer Finanzanalyse keinen Neuigkeitswert besitzen. Es endet darüber hinaus nach Veröffentlichung der Finanzanalyse, und zwar mit jenem Zeitpunkt, in dem die Empfänger der Finanzanalyse ausreichend Gelegenheit hatten, darauf zu reagieren, dh ein Geschäft in den analysierten Finanzinstrumenten zu tätigen (siehe Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7; vgl Art 25 Abs 2 li a MiFID-DRL [engl Fassung]: „until the recipients of the investment research have had a reasonable opportunity to act on it“). Es ist zu befürchten, dass diese wenig präzise Definition erhebliche Rechtsunsicherheit in Bezug auf das Ende der Periode für diese Han377
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delseinschränkung schaffen wird (vgl Assmann, ÖBA 2007, 48). Eine weitere Konkretisierung im Rahmen von Instrumenten der Selbstregulierung erscheint daher wünschenswert. Die genannten Einschränkungen des Handelsverbots erscheinen gerechtfertigt, da unter den bezeichneten Umständen eine Beeinträchtigung von Anlegerinteressen nicht zu befürchten sein wird (Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7). 6 Darüber hinaus ordnen Abs 2 Z 1 lit a bis c (sprachlich verunglückt) zwei Ausnahmen vom Handelsverbot des § 37 Abs 2 Z 1 an. Die Erste (unsinniger Weise auf die lit a und b verteilte) Ausnahme bezieht sich auf Geschäfte, die in der Eigenschaft als Market-Maker (vgl § 1 Z 11) in gutem Glauben getätigt werden (lit a), sofern diese Geschäfte im „normalen Verlauf des Market Making“ stattfinden (lit b). Damit dürfte gemeint sein, dass es nicht auf die formale Deklaration eines Geschäfts ankommen soll, sondern nur solche Geschäfte erfasst sind, bei denen es sich auch materiell (zumindest für den gutgläubig Handelnden) um „Market-Making-Geschäfte“ handelt (vgl Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7). Die zweite Ausnahme (lit c) erfasst die „Ausführung eines unaufgeforderten Kundenauftrags“. Ein solcher wird dann vorliegen, wenn einer Kundenorder weder eine Empfehlung, noch eine sonstige Anregung seitens des Rechtsträgers vorangegangen ist (idS auch die – sprachlich weitaus gelungenere – Umsetzung im dt Recht: Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7). 7 Auch für den Fall, dass die oben angeführten Voraussetzungen für ein Handelsverbot nicht bestehen, dürfen Finanzanalysten und andere, an der Erstellung von Finanzanalysen beteiligte relevante Personen ein persönliches Geschäft, das den aktuellen Empfehlungen zuwiderläuft, in jenen Finanzinstrumenten, auf die sich die Finanzanalyse bezieht, nur unter außergewöhnlichen Umständen und mit vorheriger Genehmigung des Compliance-Verantwortlichen tätigen (zweite Handelseinschränkung: § 37 Abs 2 Z 2; siehe Assmann, ÖBA 2007, 48). Erwägungsgrund 31 MiFID-DRL hält dazu fest, dass solche außergewöhnlichen Umstände insb „auch persönliche finanzielle Härtefälle umfassen, in denen ein Finanzanalyst oder eine andere Person eine Position schließen muss.“
B. Verbot der Annahme von Zuwendungen 8 Abs 2 Z 3 verbietet Rechtsträgern, Finanzanalysten und anderen an
der Erstellung von Finanzanalysen beteiligten relevanten Personen Vorteile gemäß § 39 von Personen anzunehmen, die ein wesentliches Interesse am Gegenstand der Finanzanalyse haben. Damit wird ein 378
Zusätzl. organ. Anforderungen f. d. Erstellung v. Finanzanalysen
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„absolutes Verbot“ statuiert, das in einem gewissen Widerspruch zu Erwägungsgrund 32 MiFID-DRL gerät, der offenbar von der Zulässigkeit kleinerer Geschenke oder Einladungen ausgeht („Small gifts or minor hospitality below a level specified in the firm's conflicts of interest policy and mentioned in the summary description of that policy that is made available to clients should not be considered as inducements for the purposes of the provisions relating to investment research“). In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass auch die Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzanalyse, Punkt 4 offenbar von der Zulässigkeit der Annahme von Vorteilen „bis zu einem Gesamtwert von € 100,00 p.a.“ ausgehen.
C. Verbot des Versprechens einer günstigen Analyse Abs 2 Z 4 enthält ein generelles Verbot, einem Emittenten eine „güns- 9 tige Analyse“ zu versprechen. Es ist dem Wesen einer unabhängigen und objektiven Analyse immanent, dass über deren Ausgang vor Ihrer Durchführung (ex ante) eben keine Aussage getroffen werden kann.
D. Unternehmensinterne Überprüfung von Analyseentwürfen Der Entwurf einer Finanzanalyse darf nach Maßgabe von Abs 2 Z 5 10 vor der Veröffentlichung prinzipiell nur vom Finanzanalysten inhaltlich überprüft werden. Ausgenommen davon ist jedoch eine Prüfung nach rechtlichen Gesichtspunkten.
E. „Verbundene Finanzinstrumente“ Nach § 37 Abs 2 zweiter Unterabsatz sollen sich die Vorkehrungen 11 der Z 1 bis 5 auch auf „verbundene Finanzinstrumente“ beziehen, worunter Finanzinstrumente zu verstehen sind, deren Preis stark durch Preisbewegungen bei einem anderen Finanzinstrument, das Gegenstand einer Finanzanalyse ist, beeinflusst wird, wie insb bei Derivativen. Vgl dazu Art 25 Abs 2 lit a DRL („ … Geschäfte mit Finanzinstrumenten, auf die sich die Finanzanalyse bezieht, oder mit damit verbundenen Finanzinstrumenten … “) iVm Art 25 Abs 2 zweiter Unterabs DRL („ … bedeutet damit verbundenes Finanzinstrument ein Finanzinstrument, dessen Preis stark durch Preisbewegungen bei einem anderen Finanzinstrument, das Gegenstand der Finanzanalyse ist, beeinflusst wird; diese Bedeutung schließt ein Derivat dieses anderen Finanzinstruments ein“); siehe auch Koller in Assmann/Schneider, WpHG § 33 b Rz 7. Verlangt wird somit, dass die Preisbewegung eines Instruments 379
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unmittelbar (und kausal) von der Preisbewegung eines anderen Instruments abhängt, wie dies etwa bei Kauf- oder Verkaufsoptionen auf ein Instrument der Fall ist. Allein die Tatsache, dass Instrumente eine (allenfalls hohe) positive oder negative Korrelation miteinander aufweisen, wird vor diesem Hintergrund noch nicht zur Annahme eines verbundenen Instruments ausreichen.
II. (Unveränderte) Weitergabe von Finanzanalysen 12 Keine Verpflichtung zur Implementierung von besonderen Maßnahmen
und Verfahren zum Management von Interessenkonflikten besteht nach Abs 3 für die Weitergabe einer von Dritten erstellten Finanzanalyse, sofern sämtliche der nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt werden: – Der Finanzanalyst gehört nicht derselben Gruppe wie der Rechtsträger (Z 1) an; – der Rechtsträger ändert die in der Finanzanalyse enthaltenen Empfehlungen nicht wesentlich ab (Z 2) und – stellt die Finanzanalyse nicht als von ihm erstellt dar (Z 3) sowie – vergewissert sich, dass für den Ersteller der Finanzanalyse Bestimmungen gelten, die den Anforderungen dieses Bundesgesetzes für die Erstellung von Finanzanalysen gleichwertig sind, oder dass der Ersteller interne Vorschriften festgelegt hat, die diesen Anforderungen entsprechen (Z 4). 13 Als „wesentlich abgeändert“ wird eine Empfehlung dann gelten, wenn sie in ihr Gegenteil verkehrt wird (etwa „Kaufen“ in „Verkaufen“ oder „Halten“), dh die Veränderung einer neuen Erstellung gleichkommt (vgl Oppitz, ÖBA 2005, 463 f). 14 Der Rechtsträger hat sich nach Maßgabe von § 37 Abs 3 Z 4 zu vergewissern, dass die mit der Erstellung einer Finanzanalyse betrauten Personen Bestimmungen für die Erstellung von Finanzanalysen unterliegen, die jenen des WAG 2007 gleichwertig sind, bzw dass der Ersteller entsprechende interne Vorschriften festgelegt hat. Der Maßstab für eine Gleichwertigkeit solcher Vorschriften wird vom Gesetz nicht weiter konkretisiert. Es ist jedoch jedenfalls anzunehmen, dass europäische Wertpapierfirmen und Kreditinstitute gleichwertigen Bestimmungen unterliegen. Für inländische Anbieter von Finanzanalysen, die nicht den Bestimmungen des WAG 2007 unterliegen, dürfte die Implementierung der „Österreichischen Analysestandards“ (siehe dazu § 36 Rz 15) als eine Festlegung gleichwertiger interner Vorschriften anzusehen sein. Im Interesse der Rechtssicherheit wäre zu diesen Fragen eine Klarstellung durch die FMA jedenfalls wünschenswert. 380
Allgemeine Pflichten
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5. Abschnitt Verpflichtung zum Handeln im besten Interesse des Kunden Allgemeine Pflichten § 38. Ein Rechtsträger hat bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse seiner Kunden zu handeln und den §§ 36 bis 51 zu entsprechen; beim Handel sowie der Annahme und Übermittlung von Aufträgen im Zusammenhang mit Veranlagungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 Kapitalmarktgesetz – KMG, BGBl. Nr. 625/ 1991, ist insbesondere den §§ 39, 40, 41, 42, 47 und 48 zu entsprechen. Schrifttum: Balzer, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neue Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2003, 177; Brandl/Saria, Aufklärungspflichten – Organisationspflichten – Prospekthaftung; Band I von Brandl/Kalss/Lucius/Saria, Handbuch Kapitalmarktrecht (2005); Brandl/Klausberger, Ausstrahlungstheorie – Zum Verhältnis zwischen Aufsichtsrecht und Zivilrecht nach MiFID und WAG, in ZFR 2009, 131; P. Bydlinski, Aufklärungspflichten der Bank bei Geschäften mit Wertpapieren und Derivaten nach österreichischem Recht, RIW 1996, 290; P. Bydlinski, Die Beraterhaftung der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding (2004) 759; P. Bydlinski, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung: Schaden und Schadenersatz, ÖBA 2008, 159; Ferrarini, Contract Standards and the Markets in Financial Instruments Directive (MiFID): An Assessment of the Lamfalussy Regulatory Architecture, ERCL 2005, 19; Fleischer, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und das FinanzmarktRichtlinie-Umsetzungsgesetz; BKR 2006, 389; Forstinger/Pradler, Der aktuelle Vorschlag für eine Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (ISD2), ÖBA 2004, 329; Graf, Anlageberaterhaftung – quo vadis?, ZFR 2009, 82; Gruber, Rechtsfolgen der Verletzung von Wohlverhaltenspflichten im WAG 2007, ecolex 2008, 7; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/ Raschuer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Haghofer/Mayer, Die Wohlverhaltensregeln des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG) aus der Sicht des Konsumentenschutzes, ÖBA 1997, 583; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Honsell, Aufklärungsund Beratungspflichten der Banken bei der Vermögensanlage, ÖBA 1999, 593; Horn, Der Ausschluss von Aufklärung und Beratung im Anlegerschutzrecht, in FS Schimansky (1999) 653; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2006/379/); Karpf, Wertpapieraufsichtsgesetz und Verbraucherschutz (2000); Knobl, Wohlverhaltensregeln und Anlageberatung, ÖBA 1995, 741; Knobl, Die Wohlverhaltensregeln der §§ 11 bis 18 des österreichischen Wertpapieraufsichtsgesetzes, ÖBA
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§ 38
Brandl/Klausberger
1997, 3, 125; Knobl, Wieviel Beratung braucht der österreichische Wertpapierkunde?, ÖBA 1997, 783; Kumpan/Hellgardt, Haftung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach Umsetzung der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), DB 2006, 1714; Lang, Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen (2003); Möllers, Effizienz als Maßstab des Kapitalmarktrechts, AcP 2008, 1; Podewils/Reisich, Haftung für „Schrott“-Zertifikate? – Aufklärungs- und Beratungspflichten nach BGB und WpHG beim Erwerb von Zertifikaten, NJW 2009, 116; Reinelt, Haftung aus Prospekt und Anlageberatung bei Kapitalanlagefonds, NJW 2009, 1; Ruhm, Hedge Fonds – Struktur, Risiko und Anlegerschutz in Österreich, ZFR 2008, 21; Schenk/Linder, Anwendung der Wohlverhaltensregeln bei Veranlagungen, ecolex 2008, 4; Schopper, Informationspflichten der Bank bei Online – Brokerage, in FS Krejci (2001) 1295; Sethe, Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung (2005); Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Stackmann, Grundsatzprobleme im Anlegerschutzprozess, NJW 2008, 1345; Tutsch, Umfang der Aufklärungs- und Beratungspflicht, ecolex 1995, 84; Vogel, Vom Anlegerschutz zum Verbraucherschutz (2005); Vortmann, Anlegergerechte Beratung und Maßnahmen zur Reduzierung des Haftungsrisikos, ÖBA 1994, 579; Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken8 (2006); Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID – unter besonderer Berücksichtigung des WAG 2007 (2008); Welser, Rechtsgrundlagen des Anlegerschutzes; ecolex 1995, 79; Witte/Mehrbrey, Haftung für den Verkauf wertlos gewordener Zertifikate – der Fall Lehman Brothers, ZIP 2009, 744. Erl RV GP XXIII RV 143 (Allgemeiner Teil): „Ein erhöhter Kundenschutz soll durch detaillierte Wohlverhaltensregeln erreicht werden. Diese Regelungen sollen in erster Linie besondere Informationspflichten der Dienstleistungserbringer über die Art der zu erbringenden Dienstleistungen, die Finanzinstrumente sowie über anfallende Kosten und Nebenkosten beinhalten. Ein wesentlicher Punkt dabei werden auch besondere Prüfungen der Angemessenheit oder der Eignung bestimmter Wertpapierdienstleistungen durch die Dienstleistungserbringer sein. Diese Prüfungen können je nach Wertpapierdienstleistung einen unterschiedlichen Umfang haben und sich in ihrer Funktion und ihren Merkmalen unterscheiden. Wesentlich dabei soll sein, dass ein Geschäft im bestmöglichen Interesse des Kunden durchgeführt wird. Als eigene Dienstleistungsart wird es jedoch weiterhin das sogenannte ‚execution only‘ Service für nicht komplexe Finanzinstrumente geben, bei dem keine Beratung stattfindet. Österreich hat sich in den Richtlinienverhandlungen auf Ratsebene dafür eingesetzt, dass diese für Kunden kostengünstige Dienstleistung auf Basis reiner Auftragsausführung weiterhin möglich ist.“ Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 54): „Diese Bestimmung setzt Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Im Sinne des bisherigen § 11 Abs. 1 Z 3 lit. c WAG soll der Anlegerschutz im Bereich der sonstigen Veranlagungen gewährleistet bleiben. Aufgrund der erheblichen Spezifizierung der Wohlverhaltensregeln muss in der Anwendung differenziert werden.“
382
Allgemeine Pflichten
§ 38
Übersicht I. II. A. B. III. A. B. IV. A. B. C. V. A. B. 1. 2. C. D. E. VI. A. B. C. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Entstehungsgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schutzausrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsrecht und Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Generalklausel und Sonderbestimmungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur der Wohlverhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion der Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elemente der Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht über die einzelnen Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interessenwahrungspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Informationspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflicht zur Übermittlung von Information. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflicht zum Einholen von Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beratungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verschulden und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfang des Ersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitverschulden und Schadensminderungsobliegenheit . . . . . . . . Haftungsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–10 2–6 7–10 11–14 11–12 13–14 15–22 15–18 19 20–22 23–32 23 24–26 24–25 26 27–30 31 32 33–47 33 34 35–38 35–38 39 40–42 43–44 45–46 47
I. Entstehungsgeschichte § 38 verpflichtet Rechtsträger iZm dem Erbringen von Wertpapier- 1 dienstleistungen und Nebendienstleistungen, die Interessen des Kunden umfassend zu wahren; die Rechtsträger haben dabei ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden zu handeln. Die entsprechenden europarechtlichen Vorgaben dazu finden sich in Art 19 Abs 1 MiFID. In diese Richtung zielte bereits die Vorgängerbestimmung des § 11 Abs 1 WAG aF, der – zurückgehend auf Art 11 Abs 1 1. Spiegelstrich ISD – bei der Erbringung von gewerblichen Dienstleistungen, die mit Wertpapieren oder der sonstigen Veranlagung des Vermögens von Kunden im Zusammenhang stehen, ein bestmögliches Wahren der Kundeninteressen vorschrieb (vgl Harrer, 383
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ÖBA 2007, 99). Das WAG 2007 intensiviert den Kundenschutz durch detailliertere Wohlverhaltensregeln (Erl RV 6 f), die sich insb in den auf § 38 folgenden Bestimmungen über das Gewähren und die Annahme von Vorteilen (§ 39), die Information für Kunden (§§ 40 ff), die Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen (§§ 43 ff), die Berichtspflicht gegenüber den Kunden (§§ 48 ff) und die bestmögliche Durchführung von Dienstleistungen (§§ 52 ff) finden. IZm der Kategorisierung der Kunden in Privatkunden, professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien soll das Schutzniveau an die Bedürfnisse der jeweiligen Kundengruppe angepasst werden (Harrer, ÖBA 2007, 99 ff).
II. Normzweck und leitende Grundsätze A. Schutzausrichtung 2 Aus den Erl geht klar hervor, dass die Wohlverhaltensregeln dem
Kundenschutz dienen sollen (Erl RV 6 f). Der individuelle Anleger steht sowohl nach dem Wortlaut der einzelnen Bestimmungen als auch nach ihrem Zweck im Zentrum des Schutzkonzepts (Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 53; Möllers in Kölner Kommentar § 31 WpHG Rz 4). Sie legen fest, welches Verhalten ein auf dem Kapitalmarkt tätiger Rechtsträger seinen Kunden gegenüber redlicherweise an den Tag legen muss und setzen damit den Maßstab für das kapitalmarktrechtliche Wohlverhalten des Anbieters. 3 Strittig war bislang, ob die Wohlverhaltensregeln in Art 11 ISD auch einen Verbraucherschutz bezweckt haben (siehe Koller in Assmann/ Schneider, WpHG4 Vor § 31 Rz 12 ff). Gegen eine Verbraucherschutzorientierung wurde insb vorgebracht, das Schutzkonzept des EGRechts differenziere nicht zwischen Verbrauchern und Unternehmern, sondern stelle auf die jeweilige Professionalität des Anlegers ab, weshalb eine rein verbraucherschutzrechtlich orientierte Auslegung, die einen schematischen Schutz des Nichtunternehmers unabhängig von dessen individueller Schutzbedürftigkeit mit sich bringen würde, nicht anzunehmen sei (Knobl, ÖBA 1997, 7 f). Darüber hinaus gebe es für eine verbraucherschutzrechtlich orientierte Auslegung weder eine Stütze im Gesetz noch im Gemeinschaftsrecht (Winternitz, WAG Vor § 11 Rz 19 f). Dies trifft jedenfalls insofern zu, als in den Rechtstexten der Verbraucherschutz nicht eigens artikuliert ist. Darüber hinaus ist der von der Richtlinie etablierte Anlegerschutz nicht iS einer Bevormun384
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dung der betroffenen Anleger zu verstehen (Koller in Assmann/Schneider, WpHG4 Vor § 31 Rz 15). Es ist allerdings bemerkenswert, dass der Europäische Wirtschafts- und 4 Sozialausschuss sowie der Ausschuss für Recht und Bürgerrechte des Europäischen Parlaments die Wohlverhaltensregeln der ISD in den Kontext des Verbraucherschutzes gestellt haben (Koller in Assmann/ Schneider, WpHG4 Vor § 31 Rz 13 f). Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Instrumente, mit denen der Anlegerschutz im Bereich der Wertpapiergeschäfte bewerkstelligt wird, teils jenen Instrumenten gleichen, die uns im Verbraucherschutzrecht begegnen. Insb die Regeln über die Informationspflichten des WAG haben Parallelen im Verbraucherrecht (Karpf, Verbraucherschutz 131 f): Durch diese Informationspflichten wird angestrebt, das Anleger- bzw Verbraucherverhalten insofern zu rationalisieren, als ein möglicherweise bestehendes Informationsdefizit beseitigt wird (dazu Rösler, Europäisches Konsumentenvertragsrecht 142 ff; vgl auch Balzer, ZBB 2003, 186 f). Zudem besteht zwischen einem (weniger erfahrenen) Anleger und einem auf die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen spezialisierten Unternehmer oft eine situative Ungleichgewichtslage, die auch auf der vergleichsweise schwächeren Vertragsposition des Anlegers beruht (vgl Winternitz, WAG Vor § 11 Rz 15). Insofern verschwimmen die Grenzen zwischen Anleger- und Verbraucherschutz, wobei allerdings das System der MiFID mit ihrer Kundenklassifizierung vergleichsweise flexibler als das zuweilen starre, nur zwischen Verbrauchern und Unternehmern unterscheidende europäische Verbraucherrecht ist. Neben dieser auf Individualschutz ausgelegten Komponente bewirken 5 die Wohlverhaltensregeln auch einen Schutz der Wertpapiermärkte. Diese Schutzausrichtung steht freilich nicht isoliert neben dem Individualschutz, sondern es bestehen Zusammenhänge zwischen den beiden Bereichen (Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 54). Mit dem Schutz des Anlegerpublikums wird nämlich insofern auch das ordnungsgemäße Funktionieren der Wertpapiermärkte gewährleistet, als durch das Statuieren von Wohlverhaltensregeln das Vertrauen der Anleger in den Wertpapiermarkt an sich gestärkt wird (Winternitz, WAG Vor § 11 Rz 15). IdS benennt Erwägungsgrund 44 MiFID das zweifache Ziel, die Anleger zu schützen und gleichzeitig ein reibungsloses Funktionieren der Wertpapiermärkte zu gewährleisten. Der Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts hat dabei institu- 6 tionelle, operationale und allokative Gesichtspunkte: Es sollen zum einen jene Rahmenbedingungen geschaffen werden, die für die Kapitalbildung sorgen und verhindern, dass Einkommen nicht sofort in den Konsum fließt oder anderen Zwecken zugeführt wird (Koller in Ass385
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mann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 1). Dies wird insb durch die Stärkung des Vertrauens des Anlegerpublikums in Stabilität und Zuverlässigkeit der Märkte bewerkstelligt (Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 52). Andererseits gilt es, jene Kosten zu minimieren, die das Funktionieren der Kapitalmärkte hemmen, und die der Wettbewerbsfähigkeit des Gutes „Kapital“ abträglich sind (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 1). Darüber hinaus sollen mithilfe von Information und Markttransparenz Bedingungen geschaffen werden, die dazu führen, dass Kapital dorthin fließt, wo es gebraucht wird und für den Anleger die beste Rendite erzielt (Koller in Assmann/ Schneider, WpHG5 § 31 Rz 1; Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 52).
B. Aufsichtsrecht und Zivilrecht 7 Die Wohlverhaltensregeln sind an der Schnittstelle von Aufsichts-
und Zivilrecht angesiedelt (ausführlich Sethe, Anlegerschutz 747 ff); von der systematischen Verortung sind sie dem Aufsichtsrecht zuzuordnen, doch kommt es auf der Pflichtenebene insofern zu einem Ineinandergreifen von Zivil- und Aufsichtsrecht, als eine Verletzung der Wohlverhaltensregeln gegenüber einem Kunden den Dienstleistungserbringer schadenersatzpflichtig machen kann (Haghofer/Mayer, ÖBA 1997, 585). Kalss/Oppitz/Zollner sprechen illustrativ vom „janusköpfigen Charakter“ der Wohlverhaltensregeln (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 5). Dieser Umstand kommt auch darin zum Ausdruck, dass die §§ 38 bis 54 nach § 107 Z 2 vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz zu vollziehen sind. 8 Über die Natur der zivilrechtlichen Implikationen aufsichtsrechtlicher Pflichten herrscht indes Streit. Ein Teil der Lehre meint, die primär aufsichtsrechtlichen Wohlverhaltensregeln entfalten Ausstrahlungswirkungen auf das Zivilrecht (Fuchs in Fuchs Vor §§ 31 bis 37 a WpHG Rz 60 ff; Koller in Assmann/Schneider WpHG4 Vor § 31 Rz 17 ff und WpHG5 Vor § 31 Rz 3; Sethe, Anlegerschutz 749 ff). Aufsichtsrechtliche und zivilrechtliche Pflichten bleiben dabei grundsätzlich selbstständig, es kann aber über weite Strecken zu einem Gleichlauf der Pflichten kommen, was im Hinblick auf das Vertrauen der Kapitalanleger auch wünschenswert ist (Sethe, Anlegerschutz 749). Eine Gegenmeinung tritt dafür ein, dass die Wohlverhaltensregeln im vertraglichen Bereich unmittelbare Geltung erlangen und dabei insbesondere vorvertragliche Pflichten konkretisieren (Möllers in Kölner Kommentar § 31 WpHG Rz 6). Die Judikatur nahm zur aF des WAG den Standpunkt ein, § 13 Z 3 und 4 WAG aF schreibe die schon bisher 386
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von Rsp und Lehre zu Effektengeschäften insbesondere aus culpa in contrahendo, positiver Forderungsverletzung und dem Beratungsvertrag abgeleiteten Aufklärungspflichten und Beratungspflichten fest (OGH 20. 01. 2005, 2 Ob 236/04 a, ÖBA 2005, 635 [Oppitz]; OGH 20. 04. 2005, 7 Ob 64/04 v, ÖBA 2005/1304; OGH 04. 11. 2005, 5 Ob 106/05 g, ÖBA 2006/1343 ua). Die Differenzen zwischen diesen Standpunkten werden oft als unüberbrückbar angenommen (vgl Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 153). Es ist freilich weithin anerkannt, dass die Bestimmungen des WAG 9 auch für die zivilrechtliche Beurteilung eines Sachverhalts – in welcher Form auch immer – herangezogen werden müssen. Maßstab für die zivilrechtliche Beurteilung zB einer Anlageberatung ist die Figur des sorgfältigen und gewissenhaften Anlageberaters. Diese Maßfigur ist mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vertraut und befolgt sie ohne Einschränkung. Insofern spielen die aufsichtsrechtlichen Wohlverhaltensregeln in die zivilrechtliche Komponente der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen hinein (vgl Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 131 f). Damit reduziert sich der Streit allerdings auf die Frage, ob es zu einem zwingenden Gleichlauf von aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Pflichten oder zu einer bloßen Ausstrahlung ohne wechselseitige Bindung kommt. Gegen eine unmittelbare Wirkung der aufsichtsrechtlichen Pflichten auf das Zivilrecht als „Ausfüllungsnormen“ (so Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 153) spricht, dass ein Gericht formell nicht an die aufsichtsrechtliche Praxis der FMA gebunden sein kann, weil eine derartige Bindungswirkung der Verwaltungspraxis im Hinblick auf gerichtliche Entscheidungen unserem Rechtssystem fremd ist (vgl Sethe, Anlegerschutz 748). Dies folgt auch aus der systematischen Verortung im öffentlichen Wirtschaftsrecht, zumal das WAG primär das Verhältnis zwischen der Aufsichtsbehörde und den beaufsichtigten Rechtsträgern regelt (Brandl/ Klausberger, ZFR 2009, 131). Die Wohlverhaltensregeln sind daher insbesondere im Rahmen der Auslegung zivilrechtlicher Pflichten zur Konkretisierung heranzuziehen, wobei tunlichst ein Einklang aufsichtsrechtlicher und zivilrechtlicher Pflichten herzustellen ist (Brandl/ Klausberger, ZFR 2009, 132). Es kommt dann zu einem Gleichlauf der Pflichten, ohne dass eine Bindung der Gerichte an die Praxis der Aufsichtsbehörde oder umgekehrt besteht (Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 61; Sethe, Anlegerschutz 749). Die im Bereich des Aufsichtsrechts entwickelten Rechtsgedanken lassen 10 sich daher im Wege der Ausstrahlung auch auf die Beurteilung gleich gelagerter zivilrechtlicher Sachverhalte übertragen (vgl Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 Vor § 31 Rz 3 FN 5 mit Hinweis auf den 387
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Transfergedanken in der Rechtsvergleichung). Die Regelungen des Aufsichtsrechts können etwa zur Konkretisierung zivilrechtlicher Generalklauseln herangezogen werden (Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 60; vgl auch Ekkenga in MünKom HGB V² Effektengeschäft Rz 74). Zu einer „Ausstrahlung“ aufsichtsrechtlicher Pflichten kommt es insb dann, wenn das Aufsichtsrecht detailliertere Vorgaben als das Zivilrecht macht (Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 136; siehe dort auch zum umgekehrten Fall einer „Ausstrahlung“ des Zivilrechts auf das Aufsichtsrecht).
III. Anwendungsbereich A. Persönlicher Anwendungsbereich 11 Die Verhaltenspflichten treffen nach der gesetzlichen Anordnung den
bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen tätig werdenden Rechtsträger; dies sind nach § 15 WAG Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Versicherungsunternehmen nach Maßgabe von § 2 Abs 2 WAG sowie ferner Zweigstellen von Wertpapierfirmen bzw Kreditinstituten aus anderen Mitgliedstaaten nach Maßgabe von § 12 Abs 4 WAG bzw § 9 Abs 7 BWG. Für eine direkte Anwendung der Wohlverhaltensregeln auf Marktakteure, die nicht unter den Begriff des Rechtsträgers fallen, lässt das Gesetz keinen Raum. Nach § 11 Abs 1 Z 3 lit c iVm § 11 Abs 2 WAG 1997 waren auch natürliche und juristische Personen umfasst, die gewerblich Handel bzw Vermittlung von Veranlagungen iSd § 1 Abs 1 Z 3 KMG betrieben. Verglichen mit der alten Rechtslage wäre daher zB ein gewerblicher Vermögensberater nach § 136 a GewO bei der Vermittlung von Veranlagungen nicht mehr an die Wohlverhaltensregeln des WAG gebunden. Im Lichte des Zwecks der Verhaltenspflichten und der erklärten Absicht des Gesetzgebers, den Anlegerschutz bei Dienstleistungen iZm Veranlagungen aufrecht zu erhalten, scheint eine analoge Anwendung geboten (dafür Schenk/Linder, ecolex 2008, 5). 12 Nicht erfasst sind die für den jeweiligen Rechtsträger tätig werdende Personen, sofern sie nicht selbst gegenüber dem Kunden als Rechtsträger iSd § 15 WAG gelten. Angestellte oder Gehilfen des Rechtsträgers sind damit idR nicht in eigener Person zur Einhaltung der Wohlverhaltensregeln verpflichtet. Das bedeutet allerdings nicht, dass Verstöße gegen die Wohlverhaltensregeln, die von Angestellten oder Gehilfen des Rechtsträgers begangen werden, immer folgenlos bleiben. 388
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Auf zivilrechtlicher Ebene kann bei Vorliegen der Voraussetzungen der Gehilfenhaftung (§§ 1313 ff ABGB) deren Schaden stiftendes Verhalten dem Rechtsträger zugerechnet werden (Winternitz/Aigner, Haftung des Anlageberaters 22). Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Willen des Geschäftsherrn im Rahmen der Erfüllung von dessen Vertragspflichten gegenüber dem Geschädigten tätig wird und dabei die Interessen des Geschäftsherrn gegenüber dem (späteren) Geschädigten vertritt (OGH 14. 09. 1982, 4 Ob 578/81, SZ 55/123; OGH 03. 09. 1986, 1 Ob 23/86, JBl 1986, 789; siehe auch Reischauer in Rummel ABGB3 § 1313 a Rz 1, 8). Grundgedanke dieser Erfüllungsgehilfenhaftung ist der Umstand, dass ein Vertragspartner (zB ein geschädigter Kunde) nicht dadurch haftungsmäßig schlechter gestellt werden soll, dass sich der andere Vertragsteil zu seinem eigenen Nutzen eines Gehilfen bedient. Der Geschäftsherr zieht ja auch den Nutzen aus dem Verhalten des Gehilfen, weshalb ihm die Zurechnung auch des schädigenden Gehilfenverhaltens zugemutet werden kann (zB OGH 21. 03. 1985, 8 Ob 76/84, JBl 1985, 748 = SZ 58/47; OGH 28. 03. 1990, 3 Ob 614/89, SZ 63/50). Die Erfüllungsgehilfenhaftung ist unabhängig davon, ob es sich beim Gehilfen um eine natürliche oder eine juristische Person handelt; auch selbstständige Unternehmer können Erfüllungsgehilfen sein, wobei nach einem Teil der Lehre und Rsp nicht einmal eine Weisungsbefugnis des Geschäftsherren gegenüber dem Gehilfen bestehen muss, sondern es lediglich darauf ankommt, dass der Gehilfe vom Geschäftsherrn zur Erfüllung herangezogen wurde (siehe nur Karner in KBB, ABGB2 § 1313 a Rz 4 mwN). Ausschlaggebend ist, ob der Gehilfe vom Geschäftsherren in sein Interessenerfüllungsprogramm mit einbezogen worden ist und der Gehilfe dabei für den Geschäftsherrn tätig geworden ist (Reischauer in Rummel ABGB3 § 1313 a Rz 8). Umgekehrt haftet der Rechtsträger nicht gemäß § 1313 a für seinen Gehilfen, wenn der Gehilfe im eigenen Namen mit dem Kunden kontrahiert, weil in diesem Fall der Gehilfe nicht die Interessen des Rechtsträgers, sondern seine eigenen Interessen verfolgt und darüber hinaus auch keine Verbindlichkeit zwischen dem Rechtsträger und dem Kunden entsteht, an deren Erfüllung der Gehilfe mitwirkt.
B. Sachlicher Anwendungsbereich § 38 bezieht sich auf Wertpapierdienstleistungen und Nebendienst- 13 leistungen iSd § 1 Z 2 und 3. Die generelle Pflicht zum Handeln im besten Interesse des Kunden besteht somit unterschiedslos bei jedweder Dienstleistung, gleichgültig, ob es sich zB um Anlagevermittlung, Anlageberatung oder Vermögensverwaltung handelt (krit dazu Honsell, ÖBA 1997, 597 f). Einzelne Ausführungsbestimmungen wie jene über 389
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Eignung und Angemessenheit (§§ 43 ff) oder jene über die Berichtspflichten (§§ 48 ff) differenzieren allerdings nach Dienstleistungssparten. 14 Beim Handel sowie der Annahme und Übermittlung von Aufträgen im Zusammenhang mit Veranlagungen gemäß § 1 Abs 1 Z 3 KMG sieht das Gesetz ein eingeschränktes Pflichtenprofil vor, indem es hier nur die Vorschriften über Gewährung und Annahme von Vorteilen (§ 39), die Informationspflichten der §§ 40 bis 42 sowie die Dokumentationsund Berichtspflichten der §§ 47 und 48 nennt. Die gesetzliche Wendung „insbesondere“ bringt dabei deutlich die Regelungstechnik der Generalklausel mit Sonderbestimmungen zum Ausdruck (unten Rz 15 ff). Neben den explizit aufgeführten Bestimmungen besteht die allgemeine Verpflichtung, ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse des Kunden zu agieren. Eine (analoge) Anwendung von nicht aufgezählten Bestimmungen ist indes problematisch, weil damit die in der Aufzählung vom Gesetzgeber vorgenommene Einschränkung letztlich bedeutungslos würde (in diese Richtung aber Schenk/Linder, ecolex 2008, 5 f).
IV. Generalklausel und Sonderbestimmungen A. Struktur der Wohlverhaltenspflichten 15 Das Gesetz wählt – freilich zum Teil vom Europarecht vorbestimmt –
die auch in anderen Rechtsgebieten anzutreffende Regelungstechnik der Generalklausel mit diese weiter konkretisierenden Sondertatbeständen (so auch Arnold, GesRZ 2008, 256; Burkowski in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Kapitalmarktrecht 18 Ruhm, ZFR 2008, 24 f, Vogel, Anlegerschutz 180; Winternitz, ZFR 2008, 158; vgl auch Fuchs in Fuchs Vor §§ 31–37 a WpHG Rz 32 f; Koller in Assmann/Schneider WpHG5 § 31 Rz 3; Zuffer, ecolex 2008, 10; aA Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 98 f; Ilg, Wohlverhaltensregeln 53 ff; Wasserer, Neuordnung 94 f). Dafür sprechen insb Wortlaut und Systematik des Gesetzes: So knüpft etwa der unmittelbar nachfolgende § 39 an die Generalklausel an, indem dort festgehalten wird, dass ein Rechtsträger grundsätzlich dann nicht ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse seiner Kunden gemäß § 38 handelt, wenn er iZm der Erbringung von Wertpapier- oder Nebendienstleistungen einen Vorteil gewährt oder annimmt. Weiters führt § 38 demonstrativ eine Reihe von Bestimmungen an, denen ein Rechtsträger bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen nachzukommen hat. 390
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Einzelne Stimmen in der Lit sprechen sich indes gegen die Einordnung 16 dieser Norm als Generalklausel aus. Die Bestimmung normiere eine eigenständige Pflicht, die neben den Pflichten der §§ 39 ff stehe und daher nur solche Pflichten betreffe, die in den §§ 39 ff nicht explizit behandelt würden (Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 98 f; vgl auch Ilg, Wohlverhaltensregeln 53 ff). Darüber hinaus sei der eigenständige Normgehalt des § 38 insofern beschränkt, als ein Teil jenes Pflichteninhalts, der von den Generalklauseln der ISD umfasst war, nunmehr außerhalb des Kernbereichs der Wohlverhaltensregeln angesiedelt sei (Wasserer, Neuordnung 94 f). Auch spreche die Struktur der zugrunde liegenden Rechtstexte des Europarechts gegen die Annahme einer Generalklausel, weil die MiIFD als Rahmenrichtlinie durch eigene Durchführungsbestimmungen ausgeführt werden müsse (Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 98 f; Wasserer, Neuordnung 94 f). Wohl aber wird eingeräumt, dass § 38 „funktional doch […] einer Generalklausel ähnlich“ sei (Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 99), was der Unterscheidung viel von ihrer Schärfe nimmt. Die Einwände überzeugen freilich nicht. Dem Einwand, wonach § 38 18 keine Generalklausel sei, weil dort eine eigenständige Pflicht normiert werde, ist entgegenzuhalten, dass Generalklauseln anerkanntermaßen auch eigenständige Pflichten enthalten können (vgl Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 134 f). Die Struktur der europarechtlichen Vorgaben ist für dieses Problem irrelevant, zumal die MiFID als Richtlinie die Mitgliedstaaten nach Art 249 EGV nur in ihrem Ziel binden kann. Die Organisation des europäischen Rechtsetzungsprozesses auf mehreren Stufen beinhaltet aber gerade kein finales Element hinsichtlich der Umsetzung der Richtlinie. Dass die Vorgaben MiFID durch eine Durchführungsrichtlinie näher konkretisiert werden, sagt im Übrigen auch nichts darüber aus, ob eine bestimmte Vorschrift der MiFID (nämlich Art 19 Abs 1) als Generalklausel begriffen werden kann, zumal die Konkretisierung einer Generalklausel durch den Gesetzgeber selbst nichts Ungewöhnliches ist.
B. Funktion der Generalklausel Die Generalklausel des § 38 bildet damit die allgemeine Richtschnur 19 für das Verhalten des Rechtsträgers gegenüber seinen Kunden und dient bei Auslegungs- und Anwendungsproblemen als Entscheidungsmaßstab (Haghofer/Mayer, ÖBA 1997, 586). Sie markiert die Pflicht des Rechtsträgers, für seinen Kunden zu sorgen, also fremdnützig zu handeln; der Rechtsträger muss auch dann loyal sein, wenn ihm dadurch finanzielle Vorteile entgehen könnten (Koller in Assmann/ 391
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Schneider, WpHG4 § 31 Rz 6 f). Der Rechtsträger als besonders zur Interessenwahrung verpflichteter Unternehmer darf somit nicht wie ein Unternehmer handeln, der sich in einem natürlichen Interessenkonflikt zu seinem Gegenüber befindet und davon ausgehen kann, dass sein Gegenüber selbst für die Durchsetzung seiner Interessen sorgen wird (Koller in Assmann/Schneider, WpHG4 § 31 Rz 8).
C. Elemente der Generalklausel 20 Die Elemente ehrlich und redlich setzen einen Verhaltensmaßstab, der
den Rechtsträger dazu verpflichtet, sich dem Kunden gegenüber loyal und integer zu verhalten (vgl auch oben Rz 19). Der Rechtsträger muss dabei die Interessen den Kunden wahren und eigene Interessen den Kundeninteressen hintanstellen (Wasserer, Neuordnung 96). Damit geht das Verbot einher, den Kunden zu täuschen oder erkannte Schwächen des Kunden auszunützen (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 3). 21 Mit dem Attribut professionell wird zum einen die für die jeweilige Dienstleistung erforderliche Sachkenntnis, zum anderen der dabei anzuwendende Sorgfaltsmaßstab eingeführt (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 4; Wasserer, Neuordnung 97). Das Ausmaß an Sachkenntnis bestimmt sich nach dem normativen Maßstab eines ordentlichen Rechtsträgers im Hinblick auf die gebotene Wahrung der Kundeninteressen (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 23; vgl auch Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 4). Bei der anzuwendenden Sorgfalt ist somit iSd § 1299 ABGB auf jene Sorgfalt abzustellen, die von einem sorgfältigen Marktteilnehmer des jeweiligen Geschäftszweigs erwartet wird (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 4; Wasserer, Neuodnung 97 f). Die erforderliche Sorgfalt bemisst sich nicht anhand des ohnehin wohl kaum feststellbaren realen Durchschnitts der Marktteilnehmer, sondern nach objektiven Gesichtspunkten (Wasserer, Neuordnung 98). 22 Die Verpflichtung zum Handeln im bestmöglichen Interesse des Kunden statuiert eine umfassende Interessenwahrungspflicht (Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 102). Ausschlaggebend sind dabei die individuellen Interessen des konkreten Kunden und nicht etwa das objektivierte Interesse von Kundengruppen oder der Kundengesamtheit (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 35; Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 6). Dies bedeutet zB, dass ein Wertpapierdienstleister anhand der Angaben des Kunden diesem jene Instrumente empfehlen muss, die am besten den Interessen des Kunden entsprechen (Karpf, Verbraucherschutz 134). Damit vergleichbar ist die Interessenwahrungspflicht des Versicherungsmaklers, der neben umfas392
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senden Erkundigungs- und Beratungspflichten zur Vermittlung des nach den Umständen des Einzelfalls bestmöglichen Versicherungsschutzes verbunden ist (Haghofer/Mayer, ÖBA 1997, 586). Es ist allerdings zu betonen, dass es sich dabei nicht um den absolut besten Versicherungsschutz handeln muss, sondern bloß um jenen Versicherungsschutz, dessen Vermittlung mit einem zumutbaren Mitteleinsatz vernünftigerweise erwartet werden kann (Fenyves in Fenyves/Koban [Hrsg], Die Haftung des Versicherungsmaklers [1993] 17). Gesetzeskonforme Interessenwahrung wird daher nicht notwendigerweise zu einem „einzig richtigen“ Produkt führen. In diesem Zusammenhang ist ferner von Bedeutung, dass sich nach § 28 Z 3 MaklerG die Interessenwahrung aus sachlich gerechtfertigten Gründen auf bestimmte örtliche Märkte oder bestimmte Versicherungsprodukte beschränken kann, sofern der Versicherungsmakler dies dem Versicherungskunden ausdrücklich bekannt gibt. Die Möglichkeit einer vertraglichen Einschränkung der Interessenwahrung nach dem MaklerG (dazu Werber, VR 2003, 143) wird im Bereich der Wertpapierdienstleistungen umso mehr gegeben sein (aA Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 102). Immerhin handelt es sich bei den vom WAG betroffenen Produkten noch weniger als bei Versicherungsprodukten um solche, bei denen man nach objektiven Kriterien ex ante feststellen kann, welches von ihnen das für den Kunden beste Produkt ist. Darüber hinaus richtet sich das relevante Interesse nach den Bedürfnissen des konkreten Kunden und kann daher durch die Parteien im Einzelfall festgelegt werden (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 35). Der Wertpapierdienstleister kann daher dem Kunden bekannt geben, dass er sich bei den in Betracht kommenden Instrumenten auf einzelne Märkte, Anbieter oder Produktgruppen beschränken wird. Kontrahiert der Kunde dennoch mit dem Rechtsträger, so ist diese Erklärung dahingehend zu verstehen, dass eben vereinbart wurde, ein umfassender Marktvergleich sei nicht geschuldet (vgl auch Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 135). Insb ist auch die ausschließliche Vermittlung konzerneigener Produkte möglich; läuft der Dienstleister Gefahr, dadurch einem Interessenkonflikt ausgesetzt zu sein, so hat er die §§ 34 ff zu beachten.
V. Übersicht über die einzelnen Verpflichtungen A. Interessenwahrungspflichten Neben der allgemeinen Verpflichtung zur Interessenwahrung nach § 38 23 enthält das WAG auch Bestimmungen, die den Schutz der Kunden393
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interessen in besonderen Situationen im Auge haben. Dazu zählen die Vorschriften über die für Kunden potenziell nachteiligen Interessenkonflikte nach §§ 34 ff. Ein typischer Sonderfall des Interessenkonflikts besteht beim Gewähren und bei der Annahme von Vorteilen iZm der Erbringung von Dienstleistungen (vgl Kumpan/Hellgardt, DB 2006, 1718), worauf § 39 eingeht.
B. Informationspflichten 1. Pflicht zur Übermittlung von Information 24 Damit der Kunde seine Anlageentscheidung auf fundierter Basis tref-
fen kann, muss er ausreichend informiert sein. Da insb zwischen einem kommerziellen Dienstleistungsanbieter und einem Privatkunden typischerweise ein besonderes Informationsgefälle besteht, sieht das Gesetz eine in den §§ 40 ff näher ausgeführte Pflicht zur Informationsübermittlung vor. Zudem muss ein Rechtsträger seine Kunden gemäß § 53 Abs 1 in geeigneter Form über die Durchführungspolitik sowie nach § 61 über die Einstufung als Privatkunde, professioneller Kunde oder geeignete Gegenpartei informieren. Gehört eine Wertpapierfirma oder ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen keiner Entschädigungseinrichtung an, so müssen die Kunden nach § 75 Abs 5 spätestens bei Vertragsabschluss schriftlich darauf hingewiesen werden sowie gegebenenfalls durch Aushang in den Geschäftsräumen informiert werden. 25 Neben den gesetzlichen Pflichten können aber auch vertragliche Pflichten des Rechtsträgers gegenüber dem Kunden bestehen, die den Rechtsträger zu Aufklärung, Offenlegung und Information verhalten. Diese Pflichten ergeben sich aus dem (uU vorvertraglichen) Schuldverhältnis und zielen darauf ab, mögliche Wissensdefizite zu beseitigen (vgl P. Bydlinski, Die Beraterhaftung der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding 764). Der konkrete Inhalt und Umfang solcher Aufklärungspflichten richtet sich – wie die Rsp betont – nach der erkennbaren Aufklärungsnotwendigkeit im Einzelfall (P. Bydlinski, RIW 1996, 292; zur Übersicht über die Rsp siehe Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz A1 ff; Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten8 Rz 275 ff). Derartige Aufklärungspflichten dürfen allerdings – auch bei zu Spekulationsgeschäften entschlossenen Kunden – nicht überspannt werden (OGH 29. 01. 2003, 7 Ob 267/02 v, ÖBA 2003, 697). Einem versierten und schon aufgeklärten Bankkunden kann es nämlich zugemutet werden, seine wirtschaftlichen Interessen selbst ausreichend zu wahren. Die Bank ist nicht dazu verpflichtet, einen spekulierenden Kunden zu bevormunden. Insb bei risikoträchtigen Anlagen kann 394
Allgemeine Pflichten
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einem in Bankangelegenheiten erfahrenen Kunden daher selbst zugemutet werden, seine wirtschaftlichen Interessen als Anleger ausreichend zu wahren (OGH 22. 11. 2007, 8 Ob 104/07 p, ÖBA 2008/1487). Kaufte ein Bankkunde in wirtschaftlicher Eigenständigkeit Optionen beziehungsweise Optionsscheine an, und machte selbst er der Bank wegen der einzelnen Geschäfte keinen Vorwurf dahin, dass ihm von diesen hätte abgeraten werden müssen, ist die Bank ihrer Warnpflicht und Aufklärungspflicht schon dadurch nachgekommen, dass sie ganz allgemein auf die Risikoträchtigkeit von Optionsgeschäften hingewiesen und die Durchführung solcher Geschäfte in nur geringem Ausmaß empfohlen hat (OGH 23. 11. 1994, 1 Ob 632/94, ÖBA 1995, 317 = ecolex 1995, 171 = wbl 1995, 207; OGH 08. 11. 2000, 9 Ob 219/00 x; OGH 17. 03. 2004, 7 Ob 37/04 y, ÖBA 2004, 881 = ecolex 2004, 701); eine andere Vorgangsweise käme einer Bevormundung des spekulierenden Kunden gleich (OGH 17. 03. 1998, 10 Ob 54/97 g, ÖBA 1998, 720). In der jüngeren Rsp ist freilich die Tendenz erkennbar, durch eine im Einzelfall besonders strenge Auslegung der Informationspflichten das Spekulationsrisiko letztlich vom Anleger auf den Berater zu überwälzen (siehe dazu bei § 40 Rz 18); dies steht freilich in einem Spannungsverhältnis zum in der Rsp bislang anerkannten Grundsatz, wonach ein spekulierender Kunde nicht zu bevormunden sei, und ist daher abzulehnen.
2. Pflicht zum Einholen von Information Neben der Pflicht zur Übermittlung von Informationen an den Kun- 26 den kennt das Gesetz auch eine den Rechtsträger treffende Pflicht, vom Kunden bestimmte Informationen einzuholen. Diese Pflicht zur Informationseinholung soll es dem Rechtsträger ermöglichen, Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen nach den §§ 43 ff beurteilen zu können.
C. Beratungspflichten Unter Beratung ist im Rechtssinne die mit entsprechender Informati- 27 on einhergehende Verhaltensempfehlung (P. Bydlinski, Die Beraterhaftung der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding 764; siehe auch Lang, Informationspflichten § 3 Rz 1 ff) zu verstehen. Das WAG stellt keine expliziten Anforderungen an die Beratung des Kunden, zumal es den Terminus Beratung nicht idS gebraucht. Lediglich die Vorschriften über Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen (§§ 43 ff) sind in diesem Zusammenhang beachtlich, weil sie festschreiben, welche Verhaltensempfehlungen ein Rechtsträger 395
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Brandl/Klausberger
seinen Kunden geben darf. Ansonsten richtet sich in Ermangelung von Sondervorschriften die Beratungspflicht nach dem (vor)vertraglichen Verhältnis des Rechtsträgers zu seinem Kunden (vgl auch Welser, ecolex 1995, 79 ff). Die Beratung kann dabei bereits im Zuge der Anbahnung des Vertragsverhältnisses geschuldet sein; im Rahmen des Vertrages kann sie wiederum Haupt- oder Nebenpflicht sein (P. Bydlinski, Die Beraterhaftung der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding 768 ff). Der konkrete Umfang der Beratungspflicht wird von der Rsp eher kasuistisch festgelegt, weshalb Vieles eine Frage des Einzelfalls ist (Welser, ecolex 1995, 81; zur Übersicht über die Judikatur Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz K92 ff; Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten8 Rz 275 ff). 28 Für die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflichten nennt die
Jud als entscheidende Faktoren die Person des Kunden einerseits sowie das Anlageprojekt andererseits (OGH 26. 05. 2004, 3 Ob 13/04 i, ÖBA 2005, 57). Zu den für den Umfang der Beratungspflicht maßgebenden Faktoren zählen somit auch die Erfahrenheit oder Unerfahrenheit des konkreten Kunden, seine Sachkundigkeit und der konkrete Umfang der erteilten Information (OGH 14. 02. 2008, 4 Ob 2/08 k). Der Kunde muss so vollständig, richtig und rechtzeitig beraten werden, dass er in der Lage ist, die Auswirkungen seiner Anlageentscheidung zu erkennen (OGH 07. 11. 2007, 6 Ob 110/07 f, ÖBA 2008, 505). Wenn ein Kunde bei Anbahnung des Wertpapiergeschäfts schon entschlossen ist, das Geschäft zu tätigen, indem er einen bestimmten Auftrag erteilt, ist die Bank nur in beschränktem Umfang zur Aufklärung und Beratung verpflichtet. Die Bank treffen Aufklärungspflichten und Beratungspflichten, wenn aus den Umständen ein Mangel an einschlägigen Kenntnissen oder eine Fehlentscheidung offenkundig wird (OGH 23. 11. 2000, 6 Ob 268/00 f, ÖBA 2001, 723). 29 Ein Anlage- oder Vermögensberater ist zu bestmöglicher Beratung
verpflichtet (OGH 29. 04. 1997, 1 Ob 2389/96 x). Die Beratung muss besonders differenziert und fundiert sein, weil vom Berater häufig eine auf die persönlichen Verhältnisse des Anlageinteressenten zugeschnittene Bewertung und Beurteilung der Kapitalanlage erwartet wird und der Kunde ihm weitreichendes persönliches Vertrauen entgegenbringt (OGH 15. 07. 1997, 1 Ob 182/97 i, SZ 70/147 = ÖBA 1998, 230 = RdW 1997, 718). Die Richtigkeit des im Rahmen einer Anlageberatung erteilten Rats ermittelt man nach der Rsp auf Grund einer ex-anteBeurteilung von Tatsachen und der aus ihnen zu ziehenden Schlussfolgerungen; unrichtig ist ein Rat oder eine Empfehlung jedenfalls dann, wenn dabei unrichtige Tatsachen zugrunde gelegt worden sind oder nicht alle erforderlichen Tatsachen ermittelt oder mitgeteilt wor396
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den sind (OGH 08. 06. 1993, 4 Ob 516/93, ÖBA 1993, 987 = RdW 1993, 331 = ecolex 1993, 669). Der Vermögensverwalter muss allgemein über die Risken aufklären, zu einer Beratung über einzelne Anlagegeschäfte ist er idR nicht verpflichtet (OGH 25. 09. 1997, 6 Ob 272/97 m). Ein strenger Maßstab ist nach der Rsp an die Sorgfalt anzulegen, die eine Bank bei Effektengeschäften gegenüber ihrem Kunden anzuwenden hat, darf doch der Kunde darauf vertrauen, dass die Bank über spezifisches Fachwissen im Wertpapierhandel verfügt, aber auch darauf, dass sie ihn bei Abschluss und Durchführung solcher Geschäfte umfassend berät (OGH 15. 07. 1993, 7 Ob 575/93, ÖBA 1994,156 [Iro] = wbl 1994, 28 = ecolex 1994, 15; OGH 23. 11. 1994, 1 Ob 632/94, ÖBA 1995, 317 = RdW 1995, 217 = ecolex 1995, 171; OGH 28. 04. 1999, 7 Ob 177/98 z, ÖBA 1999, 900 = ecolex 1999, 617). Die Rsp nimmt zuweilen einen (stillschweigend geschlossenen) Aus- 30 kunfts- oder Beratungsvertrag als Grundlage einer Auskunfts- oder Beratungspflicht an (dazu Schobel, ÖBA 2001, 752 ff). Ein solcher Auskunfts- oder Beratungsvertrag erscheint allerdings gekünstelt, wenn er – wie in der Rsp häufig der Fall – als von den Parteien konkludent geschlossen angesehen wird. In aller Regel werden die Parteien von einem dementsprechenden Vertragsschluss nichts gewusst haben und auch nicht daran gedacht haben, einen derartigen Vertrag abzuschließen (Schobel, ÖBA 2001, 753; P. Bydlinski, Die Beraterhaftung der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding 769). Man sollte daher die Konstruktion stillschweigend geschlossener Auskunfts- und Beratungsverträge wieder aufgeben, zumal die Rechtsfigur der culpa in contrahendo für die Bewältigung dieser Sachprobleme ausreicht (Schobel, ÖBA 2001, 754; P. Bydlinski, Die Beraterhaftung der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding 769).
D. Berichtspflichten Nach den §§ 48 ff hat ein Rechtsträger seinem Kunden in geeigneter 31 Form über die für den Kunden erbrachten Dienstleistungen zu berichten. Das Gesetz differenziert in der Folge zwischen den Berichtspflichten im Rahmen der Portfolioverwaltung und jenen außerhalb der Portfolioverwaltung sowie den Berichtspflichten jener Rechtsträger, die Kundenfinanzinstrumente und Kundengelder halten.
E. Dokumentationspflichten Nach § 22 hat ein Rechtsträger Aufzeichnungen über alle seine Dienst- 32 leistungen und Geschäfte zu führen, damit die FMA die Einhaltung der Anforderungen des WAG überprüfen und sich vor allem vergewissern 397
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kann, ob der Rechtsträger sämtliche Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden eingehalten hat. Nach § 47 hat ein Rechtsträger zudem Aufzeichnungen in Bezug auf die Vereinbarungen zwischen dem Rechtsträger und seinem Kunden zu erstellen.
IV. Sanktionen A. Aufsichtsrecht 33 Aus der Verortung an der Schnittstelle von Aufsichts- und Zivilrecht
(vgl Rz 5) folgend können Verstöße gegen die Wohlverhaltensregeln sowohl aufsichtsrechtliche als auch zivilrechtliche Sanktionen auslösen. Auf der Ebene des Aufsichtsrechts sind die Wohlverhaltensregeln Gegenstand der Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des WAG durch die FMA nach § 91. Bei schwerwiegenden und systematischen Verstößen gegen die Wohlverhaltensregeln ist zudem der obligatorische Konzessionsrücknahmetatbestand des § 5 Abs 2 Z 3 erfüllt (siehe dazu § 5 Rz 7).
B. Verwaltungsstrafrecht 34 Wer als Verantwortlicher eines Rechtsträgers iSd § 9 VStG gegen eine
Verpflichtung gemäß §§ 28 bis 59 WAG (und damit gegen die Wohlverhaltenspflichten) verstößt, begeht nach § 95 Abs 2 Z 1 eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis € 50.000,– zu bestrafen.
C. Zivilrecht 1. Haftungsgrundlagen 35 Anders als § 15 WAG aF enthält das WAG 2007 keine Bestimmung,
wonach bei Verletzung der Wohlverhaltenspflichten Schadenersatz begehrt werden kann. § 62 enthielt ursprünglich eine Regelung, die einzelnen Paragraphen ausdrücklich den Charakter von Schutzgesetzen beigemessen hat; diese Bestimmung wurde indes fallengelassen, weil man mit dem allgemeinen Schadenersatzregime des ABGB das Auslangen finden kann und eine eigene Anordnung im WAG überflüssig wäre (vgl die Stellungnahme der WKÖ zum WAG-E 2007, 16/SN-45/ME [XXIII. GP]). Nach allgemeinem Schadenersatzrecht kann sowohl ein Verstoß gegen vertragliche als auch ein Verstoß gegen gesetzliche Pflichten eine Ersatzpflicht des Schädigers auslösen: Verstöße gegen allgemeine Verhaltensnormen, die jedermann unter gleichen Voraussetzungen treffen, werden zu den Delikten gezählt; zu den Schuldverletzungen 398
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gehören die Verletzung von Pflichten aus einer Sonderverbindung, somit neben der Vertragsverletzung insb auch Verstöße gegen vorvertragliche Pflichten (culpa in contrahendo; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 266 f). Zwischen den beiden Haftungssystemen bestehen Unterschiede vornehmlich im Bereich der Beweislast und der Zurechnung des Gehilfenverhaltens (Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 267). Die Einordnung der Wohlverhaltensregeln in dieses Haftungssystem 36 ist schwierig. In der Praxis wird die Haftung bei Verletzung der Wohlverhaltenspflichten über die Schuldverletzung (Vertragsverletzung bzw culpa in contrahendo) gestützt (Graf, ZFR 2009, 84; Gruber, ecolex 2008, 8; ders in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 153 f; Winternitz/Aigner, Haftung des Anlageberaters 11 f; vgl auch Fuchs in Fuchs Vor §§ 31–37 a WpHG Rz 77). Daneben ist es aber auch denkbar, einen Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflichten als Verstoß gegen deliktische Pflichten aufzufassen (Winternitz/Aigner, Haftung des Anlageberaters 11 f; anders offenbar Winternitz, WAG § 13 Rz 58, § 15 Rz 1 sowie Karpf, Verbraucherschutz 149; zum Meinungsstand in Dtld Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31–37 a Rz 78 ff; Koller in Assmann/Schneider, WpHG4 Vor § 31 Rz 17 und Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 Vor § 31 Rz 6). Insofern die Wohlverhaltenspflichten ein abstrakt gefährliches Verhalten verbieten und damit bezwecken, dass Einzelpersonen oder bestimmte Personenkreise vor der Verletzung ihrer Güter bewahrt werden (dazu Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2 102), erscheint eine Charakterisierung der Wohlverhaltenspflichten als Schutzgesetz zutreffend. Daraus ergeben sich einige Besonderheiten: Bei der Verletzung von Schutzgesetzen muss sich das Verschulden des Schädigers nur auf die Übertretung des Schutzgesetzes, nicht aber auch auf den Eintritt des Schadens beziehen; damit sind auch unvorhergesehene Schäden von der Ersatzpflicht umfasst (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2 103, 110). Ereignet sich der Schaden, den das Schutzgesetz gerade hintanhalten wollte, so kommt nach hL und der jüngeren Rsp dem Geschädigten ein primafacie-Beweis hinsichtlich der Kausalität zugute (dazu Karner in KBB, ABGB2 § 1311 Rz 6). Die Rsp und mit ihr ein Teil der Lehre wendet bei der Verletzung von Schutzgesetzen § 1298 ABGB mit der Konsequenz an, dass der Schädiger beweisen muss, dass ihn kein Verschulden trifft (zum Meinungsstand vgl Karner in KBB, ABGB2 § 1298 Rz 4). Dies trifft allerdings dann nicht zu, wenn zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten zum Zeitpunkt der Übertretung des Schutzgesetzes noch keine Sonderverbindung bestanden hat (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 16/40; siehe auch Reischauer in Rummel ABGB2 § 1311 Rz 17). 399
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37 Bei genauerer Betrachtung ergibt sich freilich, dass die Verletzung von
Wohlverhaltensregeln weder in die Kategorie der Vertragshaftung noch in die Kategorie des Delitktsrechts passt, sondern vielmehr einen „Zwischenbereich“ zwischen diesen beiden Haftungssystemen bildet. Zwischen dem Rechtsträger und dem Kunden mag bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen bzw -nebendienstleistungen ein Vertragsverhältnis bestehen; es ist aber nicht anzunehmen, dass die Einhaltung der Wohlverhaltensregeln dabei von den Parteien in die vertragliche Vereinbarung aufgenommen worden ist (vgl allgemein Canaris, Schutzgesetze – Verkehrspflichten – Schutzpflichten, in 2. FS Larenz [1983] 27 [34, 102 ff]; Picker, Vertragliche und deliktische Schadenshaftung, JZ 1987, 1041 [1044]; Koziol, Delikt, Verletzung von Schuldverhältnissen und Zwischenbereich, JBl 1994, 209 [217 f]). Die Anwendbarkeit der Wohlverhaltensregeln setzt freilich weder voraus, dass ein Vertrag zwischen den Parteien zustande kommt, noch, dass die Parteien die Geltung der Wohlverhaltensregeln im Einzelfall vereinbaren. Es handelt sich dabei vielmehr um Pflichten, die ähnlich der culpa in contrahendo die sorgfältige Erbringung der Wertpapierdienstleistung regeln. Im Rahmen der zivilrechtlichen Beachtlichkeit der Wohlverhaltensregeln (dazu oben Rz 7 ff) kann man diese daher als Schutzpflichten begreifen, die aus der Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr erwachsen und dogmatisch zwischen Vertrags- und Deliktshaftung angesiedelt sind (vgl dazu allgemein Canaris, Schutzgesetze – Verkehrspflichten – Schutzpflichten, in 2. FS Larenz [1983] 27 [34]; ders, Täterschaft und Teilnahme bei culpa in contrahendo, in FS Giger [1989] 91 [96 f]). 38 Mit der Qualifikation der Verletzung von Wohlverhaltensregeln als Schutzpflichtverletzung ist freilich noch nicht gesagt, dass der Geschädigte damit nicht in den Genuss der Vorzüge der Vertragshaftung kommen kann; es wird vielmehr auch für solch eine Schutzpflichtverletzung das Greifen der Regeln über die Vertragshaftung vertreten (Canaris, Schutzgesetze – Verkehrspflichten – Schutzpflichten, in 2. FS Larenz [1983] 27 [84 f]). Dies entspricht auch einer sachgerechten Kombination der beiden Normbereiche Vertrag und Delikt, die in diesem Fall herzustellen ist (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 17/10; vgl auch dens, Delikt, Verletzung von Schuldverhältnissen und Zwischenbereich, JBl 1994, 209). Der hier vorgestellte Ansatz unterscheidet sich daher von der Annahme einer reinen Vertragshaftung nur in der Begründung, nicht aber im Ergebnis.
2. Kausalität 39 Voraussetzung jeder Schadenshaftung ist ein ursächlicher Zusammen-
hang zwischen dem die Schadenersatzpflicht auslösenden Ereignis und 400
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dem Eintritt eines Schadens (Harrer in Schwimann ABGB VI3 § 1295 ABGB Rz 4 ff; Karner in KBB, ABGB² § 1295 Rz 3; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 3/1 ff; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 258 ff; Reischauer in Rummel ABGB3 § 1295 Rz 2). Dabei hat der Geschädigte nachzuweisen, dass die Verursachung durch den präsumtiven Schädiger überwiegend wahrscheinlich sei (Harrer in Schwimann VI3 § 1295 ABGB Rz 39; Karner in KBB, ABGB² § 1298 Rz 2; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 16/11; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 340 f; Reischauer in Rummel ABGB3 § 1298 Rz 3). Anders als bei ärztlichen Behandlungsfehlern sieht die Rsp indes bei der Verletzung von Aufklärungs- und Erkundigungspflichten keinen Grund, die Beweislast für die Kausalität zugunsten des Geschädigten zu verschieben (OGH 08. 11. 2000, 9 Ob 219/00 x; OGH 20. 10. 2004, 7 Ob 220/04 k; OGH 04. 11. 2005, 5 Ob 106/05 g; krit P. Bydlinski, ÖBA 2008, 167 f). Vom Geschädigten ist daher auch im Falle einer behaupteten Verletzung von Erkundigungs- und Aufklärungspflichten zu beweisen, dass der Schaden ohne den Verstoß nicht eingetreten wäre (vgl grundlegend OGH 18. 12. 1996, 6 Ob 2174/96 s, JBl 1997, 522). Diesen Gedanken wird man nicht auf die Verletzung von Aufklärungs- und Erkundigungspflichten beschränken, sondern für die Verletzung sämtlicher Wohlverhaltenspflichten verallgemeinern können.
3. Verschulden und Beweislast Eine Haftung besteht nach allgemeinen Regeln für jedes Verschulden 40 (Vorsatz oder Fahrlässigkeit). Vorsatz ist anzunehmen, wenn der Täter die Widerrechtlichkeit seiner Handlung erkannt, er den schädigenden Erfolg vorhergesehen und die Schädigung zumindest billigend in Kauf genommen hat (Karner in KBB, ABGB² § 1294 Rz 10; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 5/25 ff; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 294; Reischauer in Rummel ABGB3 § 1294 Rz 22). Fahrlässigkeit bedeutet dagegen das Außerachtlassen der gebotenen Sorgfalt (Karner in KBB, ABGB2 § 1294 Rz 11; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 5/33 ff; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 294 ff; anders Reischauer in Rummel ABGB3 § 1294 Rz 21: Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die objektiv gebotene Sorgfalt aus subjektiv zu vertretenden Gründen nicht eingehalten wird). Zum Sorgfaltsmaßstab siehe oben Rz 21. Im Rahmen einer Sonderverbindung muss der Schädiger nach § 1298 41 ABGB beweisen, dass ihn an der Schädigung kein Verschulden trifft, ansonsten hat der Geschädigte das Verschulden des Schädigers nach § 1296 ABGB zu beweisen. Die Umkehr der Beweislast betrifft nicht 401
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nur das Verschulden ieS, sondern auch die objektive Sorgfaltswidrigkeit (Reischauer, Der Entlastungsbeweis des Schuldners [1975] 116 ff; Karner in KBB, ABGB2 § 1298 Rz 2; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 16/28; aA Welser, Schadenersatz statt Gewährleistung [1994] 63 ff). 42 Strittig ist indes, ob die Beweislastumkehr neben der Verletzung von Leistungspflichten auch auf die Verletzung von Schutz-, Sorgfaltsund Aufklärungspflichten anwendbar ist (zum Meinungstand Karner in KBB, ABGB2 § 1298 Rz 3; Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 16/30 ff; Reischauer in Rummel ABGB3 § 1298 Rz 14 f mwN). Teilweise wird im Rahmen des § 1298 zwischen Erfolgs- und Sorgfaltsverbindlichkeiten mit der Konsequenz unterschieden, dass bei bloßen Sorgfaltsverbindlichkeiten der Geschädigte die Sorgfaltsverletzung zu beweisen habe (so insb Reischauer in Rummel ABGB3 § 1298 Rz 4 ff). UE ist die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB grundsätzlich auf alle Sonderverbindungen anzuwenden. Im Hinblick auf die Sorgfaltsverbindlichkeiten bedeutet dies, dass der Schädiger nach § 1298 ABGB zu beweisen hat, dass er das gehörige Maß an Sorgfalt aufgewendet hat (vgl Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 341 f). Für die eingangs angesprochenen Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten ist dies freilich dahingehend einzuschränken, dass die Beweislastumkehr in diesem Fall nur dann greift, wenn ein objektiver Mangel in der Sphäre des Schuldners vorliegt. Nur in diesem Fall belastet ein objektives Zurückbleiben des Geleisteten hinter dem Geschuldeten den Schuldner, was letztlich die Beweislastumkehr rechtfertigt (F. Bydlinski, Zur Haftung der Dienstleistungsberufe in Österreich und nach dem EGRichtlinienvorschlag, JBl 1992, 341 [347 ff]; zust Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 16/33). Liegt objektiv sorgfaltswidriges Verhalten des Rechtsträgers vor, oder lassen sich auf Seiten des Rechtsträgers objektiv mangelhafte Umstände festmachen (etwa fehlerhafte oder unzureichende Aufzeichnungen), so muss sich dieser gemäß § 1298 ABGB vom fehlenden Verschulden frei beweisen (vgl Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 16/33).
4. Umfang des Ersatzes 43 Aus § 1323 ABGB lässt sich ein Primat der Naturalherstellung in
dem Sinne ableiten, dass ein Schaden in erster Linie durch Rückversetzung in den vorigen Stand auszugleichen ist und Wertersatz nur dann stattfindet, wenn die Naturalherstellung unmöglich oder untunlich ist (Danzl in KBB, ABGB² § 1323 Rz 1 ff; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 9/1 ff; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 310 ff; Reischauer in Rummel ABGB3 § 1323 Rz 1 ff; Welser, Schaden402
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ersatz statt Gewährleistung [1994] 28 ff). IdS anerkennt die Rsp, dass ein unzureichend beratener Anleger vor Verkauf der erworbenen Wertpapiere auf Naturalrestitution bestehen kann; der Anleger hat dabei Anspruch auf Rückzahlung des Erwerbspreises abzüglich erhaltener Zinszahlungen Zug um Zug gegen Rückstellung der Wertpapiere (OGH 01. 10. 2008, 10 Ob 11/07 a, ÖBA 2008, 732; vgl auch P. Bydlinski, ÖBA 2008, 161 f). Ist Geldersatz zu leisten, so ist im Einzelfall zu beurteilen, ob das 44 negative Interesse (= Vertrauensschaden) oder das Erfüllungsinteresse (= Nichterfüllungsschaden) gebührt. Dabei kommt es primär auf die Art der verletzten Pflicht an: Handelt es sich um eine Leistungspflicht, so ist idR das Erfüllungsinteresse zu ersetzen, handelt es sich um Aufklärungs- und sonstige Sorgfaltspflichten, so ist dem Geschädigten lediglich der Vertrauensschaden, nicht aber das Erfüllungsinteresse zu ersetzen (Karner in KBB, ABGB2 § 1293 Rz 11; Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 2/80 ff; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 256 f; vgl auch Harrer in Schwimann VI3 § 1293 ABGB Rz 15 ff; Reischauer in Rummel ABGB3 § 1293 ABGB Rz 13 f). Der Vertrauensschaden gebührt jedenfalls nur bis zur Höhe des hypothetischen Erfüllungsinteresses (Karner in KBB, ABGB2 § 1293 Rz 11; Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 2/97). Auf die Verletzung der zwischen Vertrag und Delikt angesiedelten Wohlverhaltensregeln ist dieses aus der Vertragshaftung stammende Konzept nur mit Schwierigkeiten übertragbar. Die Nähe der Wohlverhaltensregeln zu den vertraglichen Sorgfaltspflichten würde eine Beschränkung auf den Vertrauensschaden nahelegen (so Voraufl Rz 28; zust für die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten Gruber, ecolex 2008, 9; ders in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 154). Manche dieser Pflichten sind indes mit äquivalenten Nebenpflichten aus Vertragsverhältnissen vergleichbar, was letztlich auf einen Ersatz des Erfüllungsinteresses hinauslaufen würde (so Gruber, ecolex 2008, 9 f; ders in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 154). Es ist daher jeweils im Einzelfall zu prüfen, für welchen Vermögensnachteil der Pflichtverstoß letztlich kausal war.
5. Mitverschulden und Schadensminderungsobliegenheit Ein Mitverschulden des Geschädigten iS einer Sorglosigkeit in eigenen 45 Angelegenheiten bewirkt nach § 1304 ABGB, dass der Geschädigte den auf eigener Sorglosigkeit beruhenden Schadensteil nicht ersetzt erhält (Harrer in Schwimann VI3 § 1304 ABGB Rz 8 ff; Karner in KBB, ABGB2 § 1304 Rz 1 ff; Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 12/1 ff; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 304 f; Reischauer in Rummel 403
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ABGB3 § 1304 Rz 1 ff). Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein fachkundiger Anleger eine Fehlinformation als solche erkennen hätte können oder bei Versprechen unverhältnismäßig hoher Renditen (Winternitz/Aigner, Haftung des Anlageberaters 18). 46 Zudem führt nicht nur die Nachlässigkeit im Zuge des Schaden stiften-
den Ereignisses selbst, sondern auch eine solche Nachlässigkeit nach Eintritt eines Schadens, die eine Vergrößerung des Schadens bewirkt, zu einer Minderung des Ersatzanspruches (Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT 308). Bei in Folge einer Fehlberatung eingetretenen Kursverlusten manifestiert sich diese Schadensminderungsobliegenheit allerdings weder in einer Obliegenheit zum Verkauf der Wertpapiere vor Ablauf der Behaltefrist, noch in einer Obliegenheit zum Halten der Wertpapiere bis zum Ende der Behaltefrist; der Anleger hat allerdings als zumutbare Maßnahme zur Minderung des Schadens den Finanzdienstleister von der Fehlberatung zu verständigen und seinen Ratschlag einzuholen (Brandl/Hohensinner, ÖBA 2004, 604 f; zust P. Bydlinski, ÖBA 2008, 171; vgl auch Kalss/Eckert in Brandl/Kalss/Oppitz/ Saria, HdB KMR III 98 f).
6. Haftungsausschluss 47 Das WAG aF enthielt in § 15 Abs 2 spezielle Anforderungen an Haf-
tungsausschlüsse gegenüber Verbrauchern iSd KSchG. Diese Vorschrift wurde indes nicht in das WAG 2007 übernommen, weshalb für Haftungsausschlüsse nunmehr die allgemeinen Regeln gelten (dazu Völkl/ Völkl, Beraterhaftung [2007] Rz 415 ff). Gegenüber Verbrauchern ist ein Haftungsausschluss für Personenschäden nach § 6 Abs 1 Z 9 KSchG überhaupt unzulässig, bei sonstigen Schäden ist der Ausschluss leichter Fahrlässigkeit zulässig. Außerhalb des Verbrauchergeschäfts ist auch der Ausschluss der Haftung – vorbehaltlich der allgemeinen Inhaltskontrolle nach § 879 ABGB – grundsätzlich zulässig, wobei die Rsp zuweilen zwischen schlicht grober Fahrlässigkeit und krass grober Fahrlässigkeit unterscheidet, wobei letztere nicht ausgeschlossen werden kann (siehe dazu Völkl/Völkl, Beraterhaftung [2007] Rz 422 ff).
Gewährung und Annahme von Vorteilen § 39. (1) Ein Rechtsträger handelt nicht ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse seiner Kunden gemäß § 38, wenn er im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapier- oder Nebendienstleistungen einen Vorteil gewährt oder annimmt. 404
Gewährung und Annahme von Vorteilen
§ 39
(2) Vorteile sind Gebühren, Provisionen, sonstige Geldleistungen oder nicht in Geldform angebotene Zuwendungen. (3) Die Gewährung oder Annahme von Vorteilen ist jedoch zulässig, wenn diese 1. dem Kunden oder einer in seinem Auftrag handelnden Person oder von einer dieser Personen gewährt werden oder 2. einem Dritten oder einer in seinem Auftrag handelnden Person oder von einer dieser Personen gewährt werden und a) die Existenz, die Art und der Betrag des Vorteiles dem Kunden vor Erbringung der betreffenden Wertpapier- oder Nebendienstleistung in umfassender, zutreffender und verständlicher Weise offen gelegt werden; ist die Höhe des Betrages nicht feststellbar, so ist die Art und Weise der Berechnung dem Kunden offen zu legen; und b) der Vorteil darauf ausgelegt ist, die Qualität der für die Kunden erbrachten Dienstleistungen zu verbessern, und der Vorteil den Rechtsträger nicht dabei beeinträchtigt, pflichtgemäß im besten Interesse des Kunden zu handeln, oder 3. die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen ermöglichen oder dafür erforderlich sind, wie Verwahrungsgebühren, Abwicklungs- und Handelsplatzgebühren, Verwaltungsgebühren oder gesetzliche Gebühren und die ihrer Natur nach keine Konflikte mit der Verpflichtung des Rechtsträgers hervorrufen können, im besten Interesse seiner Kunden zu handeln. (4) Die Offenlegung gemäß Abs. 3 Z 2 lit. a kann in Form einer Zusammenfassung der wesentlichen Bestandteile einer Vereinbarung über Vorteile erfolgen. Ein Rechtsträger hat jedoch auf Nachfrage dem Kunden weitere Einzelheiten offen zu legen. Schrifttum: Assmann, Interessenkonflikte und „Inducements“ im Lichte der Richtlinie über Märkte für Finanzdienstleistungsinstrumente (MiFID) und der MiFID-Durchführungsrichtlinie, ÖBA 2007, 40; Assmann, Interessenkonflikte aufgrund von Zuwendungen, ZBB 2008, 21; de Capitani, Retrozessionen an externe Vermögensverwalter, in FG Chapuis (1998) 25; Fleischer, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, BKR 2006, 389; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Heybey, Die neuen Bestimmungen über Interessenkonflikte bei Wertpapiergeschäften, insbesondere über Zuwendungen unter besonderer Berücksichtigung von Provisionsvergütungen, BKR 2008, 353; Kalss, Anreize – Inducements, in Kalss/Perschl/WohlschläglAschberger, MiFID – Loseblattsammlung zur neuen EU-Richtlinie (2007) 49; Kumpan/Hellgardt, Haftung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach Umsetzung der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID),
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DB 2006, 1714; Koch, Von Rücktritten und Retrozessionen – Zugleich eine Besprechung der Entscheidung des OGH 6 Ob 110/07 f, ÖBA 2008, 475; Koziol, Die Haftung der depotführenden Bank bei Provisionsvereinbarungen mit externen Vermögensverwaltern ihrer Kunden, ÖBA 2003, 483; Lang, Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen (2003); Mülbert, Auswirkungen der MiFID-Rechtsakte für Vertriebsvergütungen im Effektengeschäft der Kreditinstitute, ZHR 2008, 170; Mülbert, Behaltensklauseln für Vertriebsvergütungen in der institutsinternen Vermögensverwaltung, WM 2009, 481; Rößler, „Kick back“ – quo vadis?, NJW 2008, 554; Rozok, Tod der Vertriebsprovisionen oder alles wie gehabt?, BKR 2007, 217; Rozok, Zuwendungen im Vertrieb von Finanzinstrumenten: Die Neuregelungen über Zuwendungen bei der Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie, in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch (2007) 219; Sethe, Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung (2005); Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor, WM 2006, 1756, 1797; Wilhelm, Inducements nach Wertpapieraufsichtsgesetz neu, ecolex 2007, 653; Zahradnik/Gutmann, Inducements und best execution, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 155. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 39): „Abs. 1 setzt Art. 26 erster Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 26 der Richtlinie 2006/73/EG um. Der Begriff ‚Anreize‘ in der Richtlinie wird durch ‚Vorteile‘ ersetzt, da dieser Begriff in der österreichischen Rechtsordnung gebräuchlich ist. (Vgl. § 10 Abs. 1 und 2 UWG, § 27 Z 1 AngG, § 26 Z 1 GAngG, § 34 Abs. 2 lit. b VBG, § 65 Abs. 1 und 2 StGB, § 59 Abs. 1 BDG und § 18 Abs. 1 Bundesforste-Dienstordnung). Die von der Richtlinie verwendeten Begriffe ‚gewähren‘ sowie ‚zahlen‘ werden im Gesetzentwurf zu ‚gewähren‘ und die Begriffe ‚annehmen‘ sowie ‚erhalten‘ zu ‚annehmen‘ zusammengeführt. Es wird klargestellt, dass neben Geldleistungen auch sonstige geldwerte Vorteile wie zum Beispiel die Erbringung von Dienstleistungen, die Übermittlung von Finanzanalysen, das Überlassen von IT-Hardware oder Software oder die Durchführung von Schulungen als Vorteil anzusehen sind. Abs. 3 Z 1 bis 3 setzen Art. 26 lit. a bis c der Richtlinie 2006/73/EG um. Gemäß Erwägungsgrund 39 wird vermutet, dass die Annahme einer Geldleistung von Dritten durch das Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Zusammenhang mit der Erbringung von Anlageberatung oder mit allgemeinen Empfehlungen darauf ausgerichtet ist, eine qualitative Verbesserung dieser Dienstleistungen gegenüber dem Kunden zu bewirken, wenn die jeweilige Beratung oder Empfehlung trotz dieser Zuwendung unvoreingenommen erfolgt. Zu den allgemeinen Empfehlungen zählen beispielsweise Marketingmitteilungen oder Finanzanalysen, die sich an eine Vielzahl von Personen richten und sich in allgemeingültiger Form auf Geschäfte mit Finanzinstrumenten beziehen, ohne eine persönliche, auf den individuellen Kunden zugeschnittene Anlageempfehlung zu enthalten. Der Vorteil ist auch auf Qualitätsverbesserung der Dienstleistung gerichtet, wenn zum Beispiel der Anbieter der Produkte kostenlos Informationen und Schulungen gewährt. Abs. 4 setzt Art. 26 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG.“
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Übersicht I. Entstehungsgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Normzweck und leitende Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Grundsätzliches Verbot der Gewährung und Annahme von Vorteilen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gewährung an den Kunden oder an eine in seinem Auftrag handelnde Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gewährung durch den Kunden bzw durch eine in seinem Auftrag handelnde Person. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Gewährung von oder an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff des Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eignung zur Qualitätsverbesserung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Keine potentiellen Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Technische Vorteile im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Bagatellausnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Aufsichtsrecht und Verwaltungsstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Herausgabepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verstöße gegen § 39 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4–7 8 9–25 9–11 12–13 14–25 14 15–18 19–20 21–23 24 25 26–32 26 27–32 27–28 29–32
I. Entstehungsgeschichte Bis zur Ausarbeitung der MiFID hat sich das Aufsichtsrecht nicht 1 explizit zur Problematik von Zuwendungen geäußert. Die Verpflichtungen der ISD, dem Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen und sich um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen (Art 11 Abs 1 5. und 6. Spiegelstrich bzw § 13 Z 2 und 4 WAG 1997), konnten in die Richtung verstanden werden, dass dem Kunden auch Retrozessionsvereinbarungen offenzulegen sind (Knobl in Frölichsthal et al § 13 WAG Rz 14, 93; Koziol, ÖBA 2003, 485; Oppitz in Apathy/Iro/Koziol, BVR VI² Rz 2/78). Bis ins Jahr 2007 spielte dies freilich in der österr Judikatur keine Rolle (vgl auch Zahradnik/Gutmann in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 157); erst in seiner Leitentscheidung vom 07. 11. 2007, auf die allerdings noch die Rechtslage vor Inkrafttreten des WAG 2007 anwendbar war, ist der OGH dem erstmals gefolgt (OGH 7. 11. 2007, 6 Ob 110/ 07 f, ecolex 2008, 128 = ÖBA 2008, 505; zu dieser E Knobl/Janovsky, ZFR 2008, 68; Koch, ÖBA 2008, 475). 407
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2 Daneben bestand bereits nach allgemeinem Zivilrecht ein Verbot der
Annahme von Zuwendungen, die der Rechtsträger von Dritten erhält. Da der Kunde mit dem die Wertpapier- oder Nebendienstleistung durchführenden Rechtsträger in aller Regel in einem Geschäftsbesorgungsverhältnis nach den §§ 1002 ff ABGB steht, ist diesbezüglich auch § 1013 ABGB einschlägig. Diese Bestimmung verbietet es dem Beauftragten, ohne Einwilligung des Auftraggebers von einem Dritten Geschenke anzunehmen (vgl Koziol, ÖBA 2003, 484). Unter Geschenken wird dabei jede Art von vermögenswerten Zuwendungen verstanden (Strasser in Rummel ABGB3 § 1013 Rz 4). § 1013 zielt neben der Bestechung im eigentlichen Sinn auch auf Fälle, in denen der Beauftragte von einem Dritten Zuwendungen erhält, die seine Treue- und Interessenwahrungspflicht beeinträchtigen könnten; nur solche Vorteile, die mit dem Auftrag in keinem Zusammenhang stehen, sind von dem Verbot nicht umfasst (Schey, Obligationsverhältnisse I/3 533 f). Auch diese allgemein zivilrechtliche Verbotsnorm steht mit dem Gedanken in Verbindung, wonach der Beauftragte sich nicht dem Verdacht aussetzen soll, die Geschäftsführung nicht ausschließlich im Interesse des Auftraggebers zu bestreiten sowie Interessenkollisionen zu vermeiden hat (Schey, Obligationsverhältnisse I/3 536). Die Rechtswidrigkeit der Geschenkannahme entfällt allerdings, wenn sie mit Willen des Auftraggebers erfolgt ist, also seine (ausdrückliche oder konkludente) Zustimmung erfahren hat, die vor oder nach Annahme geschehen kann (Strasser in Rummel ABGB3 § 1013 Rz 9). Nach § 1013 ABGB sind die verbotswidrig erhaltenen Geschenke zur Armenkasse (heute: Fürsorgeverband) einzuziehen; dem geht allerdings die allgemeine Ablieferungspflicht des § 1009 ABGB vor, sodass der Beauftragte das Geschenk an den Auftraggeber herauszugeben hat, sofern es sich dabei um einen aus dem Auftragsverhältnis resultierenden Nutzen handelt (OGH 07. 11. 2007, 6 Ob 110/07 f = ecolex 2008, 128 = ÖBA 2008, 505; Schey, Obligationsverhältnisse I/3 534 f; Strasser in Rummel ABGB3 § 1013 Rz 10; teilweise aA P. Bydlinski in KBB, ABGB2 § 1013 Rz 2). 3 Im Rahmen des Lamfalussy-Verfahrens hat man auf Stufe 2 das Thema
„Zuwendungen“ explizit geregelt. Art 26 MiFID-DRL konkretisiert unter der Überschrift Anreize die Generalklausel des Art 19 Abs 1 MiFID und hält fest, dass Wertpapierfirmen nicht ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handeln, wenn sie iZm der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen für den Kunden eine Gebühr oder Provision zahlen oder erhalten, oder wenn sie eine nicht in Geldform angebotene Zuwendung gewähren oder annehmen (Fleischer, BKR 2006, 395). Die Pflicht zum Handeln im bestmöglichen Interesse des Kunden umfasst
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damit auch, das Anbieten oder Annehmen von Anreizversprechen zu unterlassen, wenn durch diese Anreizversprechen ein Nachteil für die Kunden entstehen kann (vgl Harrer, ÖBA 2007, 104). Der Gesetzgeber hat im Zuge der Umsetzung den Begriff des Anreizes durch den der österreichischen Rechtssprache eher geläufigen des Vorteils ersetzt (Erl RV 17); inhaltlich bedeutet dies aber wohl keine Abweichung.
II. Normzweck und leitende Grundsätze Zweck des Verbots ist es, ein mögliches Beeinflussen des im Bereich 4 der Wertpapier- oder Nebendienstleistungen tätig werdenden Rechtsträgers durch solche Vorteile hintan zu halten. Die Bestimmung des § 39 zielt mithin darauf ab, jeglichen Einfluss auf die Beratung oder Empfehlung durch Geldzahlungen oder sonstige geldwerte Leistungen zu verhindern (Fuchs in Fuchs § 31 d WpHG Rz 1; Oppitz in Apathy/Iro/Koziol, BVR VI² Rz 2/78; Spindler/Kasten, WM 2006, 1803; Zahradnik/Gutmann in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 156). Wie schon nach allgemeinem Zivilrecht (oben Rz 2) geht es dabei um die Gefahr der Beeinträchtigung von Treue- und Interessenwahrungspflichten, denen gerade im Bereich der Wertpapierdienstleistungen schon von Gesetzes wegen besondere Bedeutung zukommt (siehe dazu bei § 38 Rz 19 ff; vgl aber Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 d Rz 1, der diesbezüglich einen Wertungswiderspruch zwischen einer dem Warenhandel angenäherten Vertriebsstruktur und dem Modell der fremdnützigen Geschäftsbesorgung ausmacht). Die beim Gewähren oder der Annahme von Vorteilen regelmäßig 5 zugrunde liegende Situation bildet den besonderen Fall eines Interessenkonflikts (Assmann, ZBB 2008, 23; Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 1; Kumpan/Hellgardt, DB 2006, 1718; Wilhelm, ecolex 2007, 40; Zahradnik/Gutmann in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 156; abgeschwächt auch Winternitz/Aigner, WAG 19). Besteht ein Handlungs- oder Beurteilungsspielraum des Dienstleisters, so besteht die Gefahr, dass sich der Dienstleister angesichts von Anreizversprechen opportunistisch verhält und die eigenen Interessen über die Interessen des Kunden stellt (vgl Sethe, Anlegerschutz 896; Assmann, ÖBA 2007, 49). Dies ist in besonderem Maße bei der Vermögensverwaltung gegeben, weil hier das Korrektiv einer von Fall zu Fall getroffenen autonomen Entscheidung des Kunden fehlt (OGH 07. 11. 2007, 6 Ob 110/07 f, ecolex 2008, 128 = ÖBA 2008, 505). Auch bei der Anlageberatung besteht die Gefahr, dass sich der Berater mehr am eigenen Provisionsinteresse als am Interesse des Kunden orientiert (Fuchs in 409
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Fuchs WpHG § 31 d Rz 4; vgl auch Assmann, ÖBA 2007, 51; ders, ZBB 2008, 23 f). 6 Um solche Interessenkonflikte zu vermeiden, wurde von der MiFIDDRL und auf ihr basierend auch vom WAG freilich keine generelle Verbotslösung in dem Sinne gewählt, dass Zuwendungen von Dritten oder an Dritte ausnahmslos für unzulässig erklärt würden. Es besteht vielmehr ein grundsätzliches Verbot der Gewährung und der Annahme von Vorteilen, das aber durch eine Reihe von Ausnahmen wieder durchbrochen ist (krit dazu Assmann, ÖBA 2007, 49 f; ders, ZBB 2008, 23 f). Insgesamt bezweckt die Regelung, dass das Gewähren bestimmter Vorteile verboten wird, und dass der Kunde über das Gewähren von erlaubten Vorteilen entsprechend informiert wird (CESR/07–228 b, Pkt 11). 7 Die Vorschrift des § 39 ist primär dem Aufsichtsrecht zuzuordnen; dessen ungeachtet entfaltet sie auch Ausstrahlungswirkungen auf das allgemeine Zivilrecht (idR auch Spinder/Kasten, WM 2006, 1803; aA diesbezüglich Assman, ZBB 2008, 29 f; Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 6; zur Frage der Ausstrahlung siehe auch allgemein § 38 Rz 7 ff). Insb interessiert in diesem Zusammenhang das Verhältnis zwischen § 39 WAG und § 1013 ABGB. Die beiden Bestimmungen decken sich insofern, als sie ein grundsätzliches Verbot für die Annahme von Vorteilen statuieren. Als Ausnahme sieht § 1013 ABGB den Fall der Einwilligung des Geschäftsherrn vor; demgegenüber ist die Regelung des § 39 Abs 3 komplexer und vielschichtiger. Da allerdings davon auszugehen ist, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Vorteile nach Maßgabe des § 39 Abs 3 zulässig sein sollen, ist dies bei der Auslegung von § 1013 ABGB zu berücksichtigen, um Wertungswidersprüche in der Rechtsordnung zu vermeiden. Erfüllt ein Vorteil daher die Zulässigkeitskriterien nach § 39 Abs 3, so ist dies zivilrechtlich wie eine Einwilligung des Geschäftsherrn zu werten (idS auch Knobl/Janovsky, ZFR 2008, 71 unter Hinweis auf die lex-posterior-Regel). Dies ist auch insofern unproblematisch, als Abs 3 Z 2 lit a eine Offenlegung des Vorteils vorsieht; nimmt der Kunde trotz Offenlegung die Dienstleistung in Anspruch, so kann man davon ausgehen, dass er mit der Vorteilsgewährung einverstanden ist (näher dazu auch unten Rz 27 f).
III. Grundsätzliches Verbot der Gewährung und Annahme von Vorteilen 8 Das grundsätzliche Verbot der Gewährung bzw der Annahme von
Vorteilen enthält Abs 1 unter Bezugnahme auf die allgemeine Interes410
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senwahrungspflicht des § 38. Welche Vorteile vom Verbot erfasst sind, zählt Abs 2 auf. Es ist dabei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber von einem weiten Begriffsverständnis ausgegangen ist (Winternitz/Aigner, WAG 19 FN 177). Im Ergebnis sind damit Zuwendungen jeglicher Art umfasst, die ein Rechtsträger iZm der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen gewährt oder annimmt, abgesehen von den normalen Gebühren und Entgelten für diese Dienstleistung (Assmann, ÖBA 2007, 50; Harrer, ÖBA 2007, 104; Kumpan/Hellgardt, DB 2006, 1718). Dazu zählen sowohl geldwerte als auch immaterielle Vorteile (Assmann, ZBB 2008, 24; Heybey, BKR 2008, 356) wie die Bereitstellung von Software und Schulungen (Winternitz/Aigner, WAG 19 FN 177), den Zugang zu Informationsdiensten oder das Überlassen von Finanzanalysen (Heybey, BKR 2008, 356). Die Vorteilsgewährung kann auch mittelbar erfolgen, etwa wenn ein Rechtsträger die dem Kunden im vollen Umfang in Rechnung gestellten Posten nur zum Teil an einen anderen Rechtsträger weiter reichen muss und den bei ihm verbleibenden Teil behalten darf (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 8; Heybey, BKR 2008, 356; Koller in Assmann/ Schneider, WpHG5 § 31 d Rz 2).
IV. Ausnahmen A. Gewährung an den Kunden oder an eine in seinem Auftrag handelnde Person Nach Abs 3 Z 1 1. Alt besteht eine Ausnahme für Vorteile, die dem 9 Kunden selbst oder einer in seinem Auftrag handelnden Person gewährt werden. Dies ist wohl als reine Klarstellung zu sehen, weil aus der Begünstigung – bloß – des Kunden idR kein Interessenkonflikt des Rechtsträgers entstehen wird (Assmann, ÖBA 2007, 50; Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 21). Unproblematisch ist dabei der Fall, in dem der Vorteil direkt an den Kunden gelangt. Auslegungsbedürftig ist dagegen, unter welchen Umständen das Ge- 10 währen von Vorteilen an eine im Auftrag des Kunden handelnde Person vorliegt. So könnte man beispielsweise annehmen, dass im Falle kostenfreier Anlageberatung durch den Rechtsträger der Kunde diesen stillschweigend zu Entgegennahmen allfälliger Rückvergütungen bevollmächtige (vgl Rozok, BKR 2007, 220). Ob der Richtliniengeber und darauf basierend der Gesetzgeber des WAG dabei tatsächlich solche Fälle vor Augen hatte, ist fraglich. Zum einen ist zu betonen, dass bei der Annahme einer konkludenten Willenserklärung des Kun411
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den nach § 863 ABGB kein vernünftiger Grund zu zweifeln bleiben darf, dass auf Seiten des Kunden ein entsprechender Rechtsfolgewille vorliegt, darf man ihm doch nicht Äußerungen unterstellen, die nicht in seinem Sinn liegen (Rozok, BKR 2007, 220; so auch Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 21; Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 d Rz 6; Winternitz/Aigner, WAG 20). IdS verlangt auch das CESR in seinen Empfehlungen, dass sich der Kunde dessen bewusst sein muss, dass ein bestimmter Vorteil in seinem Auftrag gewährt oder angenommen worden ist (CESR, Inducements under MiFID, CESR/07–228 b, abrufbar unter www.cesr.eu, Pkt 8.). Im Lichte dessen wird man eine Genehmigung der Zuwendung von dritter Seite durch den Kunden allenfalls dann annehmen können, wenn der Kunde davon ausgehen muss, dass zB ein Vermögensverwalter das Entgelt von einem Dritten erhält und der Kunde dies ohne zu widersprechen zur Kenntnis nimmt (vgl Koziol, ÖBA 2003, 484); weiters wird der Kunde davon ausgehen müssen, dass der Dienstleister eine Zuwendung von einem Dritten erhält, wenn der Kunde kein Honorar an den Dienstleister bezahlt. Das Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen dem Rechtsträger und dem Kunden an sich wird allerdings nicht ausreichen, um eine Zahlung an den Geschäftsbesorger von dritter Seite generell unter diese Ausnahme zu subsumieren. Würde diese Ausnahme nämlich jede Zuwendung an einen Beauftragten des Kunden umfassen, so liefe das Verbot leer, weil der Rechtsträger ja gerade deshalb in einen Interessenkonflikt gerät, weil er Beauftragter des Kunden ist (Assmann, ÖBA 2007, 50). 11 Die Ausnahme der Vorteilsgewährung an eine im Auftrag des Kunden handelnde Person hat somit eher den Fall vor Augen, dass es nicht bloß rechtstechnisch, sondern auch materiell zu einer Leistung an den Kunden kommt (Assmann, ÖBA 2007, 50; Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 21 ff); dies folgt schon daraus, dass sie vom Gesetz als gleichwertige Alternative neben die unmittelbare Begünstigung des Kunden gestellt wird. Der Ausnahmetatbestand des Abs 3 Z 1 1. Alt bezieht sich daher vornehmlich auf Fälle, in dem die Vorteile im Auftrag des Kunden an eine vom Finanzdienstleister bzw seinen Erfüllungsgehilfen verschiedene Person gewährt werden (Zahradnik/Gutmann in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 158 f; implizit wohl auch Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 23).
B. Gewährung durch den Kunden bzw durch eine in seinem Auftrag handelnde Person 12 Abs 3 Z 1 2. Alt stellt weiters klar, dass vom Kunden selbst gewährte
Vorteile vom Regime des § 39 ausgenommen sind. Zu diesen vom Kunden gewährten Vorteilen zählen insb Ausgabeaufschläge bei In412
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vestmentfonds, die vom Kunden unmittelbar an die Kapitalanlagegesellschaft geleistet werden (zust Zahradnik/Gutmann in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 159). Es kommt dabei idR nicht zu einem Interessenkonflikt in der Sphäre des Rechtsträgers; ist die Beratung hinsichtlich des Ausgabeaufschlags fehlerhaft, so kann freilich eine diesbezügliche Haftung des Rechtsträgers entstehen (vgl Assmann, ÖBA 2007, 50). Davon sind jene Leistungen, die der Kunde an den Rechträger für die Durchführung der Wertpapierdienstleistung erbringt (zB Servicegebühren für die Abwicklung von Dauersparplänen), zu unterscheiden. Diese sind uneingeschränkt zulässig, weil es sich dabei schon begrifflich nicht um „Vorteile“ iSd § 39 handelt, sondern vielmehr um die von einer Vertragspartei gegenüber der anderen geschuldete Leistung (siehe dazu auch oben Rz 8). Ebenfalls unter die Ausnahme des Abs 3 Z 1 2. Alt zu subsumieren ist 13 der Fall, dass der Ausgabeaufschlag dem Rechtsträger bezahlt wird und die Kapitalanlagegesellschaft lediglich als Zahlstelle für den Rechtsträger auftritt, sofern dies dem Kunden gegenüber offen gelegt wird; in diesem Fall vereinnahmt die Kapitalanlagegesellschaft bloß ein an sich dem Rechtsträger zustehendes Entgelt und reicht es an ihn weiter. Diese Ausnahme gilt freilich nicht für etwaige Retrozessionen (Rückvergütungen, „Kick-backs“), die der Rechtsträger aus den vom Kunden an die Anlagegesellschaft selbst geleisteten Ausgabeaufschlägen oder als Managementgebühr von dieser erhält. Diese Retrozessionen sind nach Abs 3 Z 2 zu beurteilen (dazu sogleich unter Rz 14 ff).
C. Gewährung von oder an Dritte 1. Begriff des Dritten Werden Vorteile durch oder an Dritte gewährt, so sind diese nach 14 Abs 3 Z 2 zu beurteilen. Dritte iSd Bestimmung sind jene Personen, die außerhalb der Rechtsbeziehung zwischen dem Rechtsträger und seinen Kunden stehen (Assmann, ZBB 2008, 25; Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 19). In diese Gruppe fallen insb Retrozessionen (Rückvergütungen, „Kick-backs“) sowie Bestandsprovisionen. Nicht betroffen, weil überhaupt vom Begriff des Vorteils nicht erfasst, sind dagegen reine Innenprovisionen, bei denen institutsintern Provisionen aus Produktmargen zugewiesen werden (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 19). Auch Vorteile, die von oder an Erfüllungsgehilfen des Rechtsträgers gewährt werden, fallen nicht unter Abs 3 Z 2, weil es sich bei Erfüllungsgehilfen nicht um Dritte iSd Bestimmung handelt. Provisionen, die der Rechtsträger an seine Mitarbeiter, vertraglich gebundene Vermittler iSd § 1 Z 20 oder Finanzdienstleistungsassistenten iSd 413
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§ 2 Abs 1 Z 15 zahlt, sind nicht an den Voraussetzungen des Abs 3 Z 2 zu messen. Die Rechtsträger müssen freilich beim Gewähren von Vorteilen an solche Personen darauf achten, dass dadurch keine für den Kunden nachteiligen Interessenkonflikte auftreten (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 20).
2. Eignung zur Qualitätsverbesserung 15 Solche Vorteile müssen, um vom Verbot ausgenommen zu sein, nach
dem Wortlaut des Gesetzes darauf ausgelegt sein, die Qualität der für die Kunden erbrachten Dienstleistungen zu verbessern. Die Formulierung, wonach der Vorteil auf Qualitätsverbesserung ausgelegt sein muss, wurde erst im Zuge des Gesetzgebungsprozesses gewählt. Im ersten Entwurf hieß es noch, dass durch den Vorteil die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung verbessert wird. In der darauf folgenden RV wurde dies insofern abgeschwächt, dass der Vorteil zur Qualitätsverbesserung geeignet sein muss. Durch die nochmalige Umformulierung von „geeignet“ auf „darauf ausgelegt“ wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass es dabei um eine abstrakte Eignung zur Qualitätsverbesserung geht, die ex ante nach allgemeinen Maßstäben zu beurteilen ist. Es könne nicht verlangt werden, dass auch tatsächlich ein Erfolg eintreten muss; aus diesem Grund scheide auch eine ex-postBeurteilung aus (so die Begründung zum Abänderungsantrag AA-41 [23. GP]). 16 Die vom Gesetz geforderte Ausrichtung auf Qualitätsverbesserung wird daher etwa dann zu bejahen sein, wenn die Vorteile nach den Umständen für den Rechtsträger keinen ins Gewicht fallenden Anreiz schaffen, pflichtwidrig zu handeln; in diesem Fall ist zu vermuten, dass die Zuwendung – weil sie für eine Beeinflussung ungeeignet ist – zum Zwecke der Verbesserung der Dienstleistung gewährt wird (Assmann, ÖBA 2007, 52). Eine Ausrichtung auf Qualitätsverbesserung liegt zudem auch dann vor, wenn der Vorteil zur Errichtung oder Unterhaltung qualitativ hochwertiger Infrastrukturen für den Erwerb und die Veräußerung von Finanzinstrumenten verwendet wird (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 25; Rozok, BKR 2007, 221). Gleiches gilt für den Fall, dass der Anbieter der Produkte kostenlos Informationen und Schulungen gewährt (Erl RV 17). 17 Eine wichtige Ausnahme enthält in diesem Zusammenhang Erwägungsgrund 39 der MiFID-DRL. Demnach sollte davon ausgegangen werden, dass die Annahme einer Provision durch einen Rechtsträger iZm einer Anlageberatung oder mit allgemeinen Empfehlungen eine qualitative Verbesserung der Anlageberatung gegenüber dem Kunden 414
Gewährung und Annahme von Vorteilen
§ 39
bezweckt, sofern die Beratung bzw die Empfehlungen trotz der Annahme der Provision unvoreingenommen erfolgen. Damit wird de facto eine Bereichsausnahme für die Anlageberatung und die Abgabe allgemeiner Empfehlungen durch einen Rechtsträger geschaffen (krit dazu Assmann, ÖBA 2007, 51; ders, ZBB 2008, 23 f; vgl aber Winternitz/Aigner, WAG 22 FN 196, die dies in einem effizienten Markt grundsätzlich für gerechtfertigt halten, zumal davon auszugehen sei, dass nur für werthafte Leistungen gezahlt werde). Im Gegensatz zu § 31 d Abs 4 WpHG hat der österr Gesetzgeber auf eine unmittelbare Übernahme der Ausnahme in den Gesetzestext zwar verzichtet; sie wird allerdings im Wege der Interpretation zu berücksichtigen sein, zumal der Gesetzgeber sie in den Mat zitiert. Diese Ausnahme beschränkt sich freilich auf die Bereiche der Anlage- 18 beratung und die Abgabe allgemeiner Empfehlungen und kann daher nicht auf andere Dienstleistungen übertragen werden. Zu den allgemeinen Empfehlungen zählen nach Ansicht des Gesetzgebers beispielsweise Marketingmitteilungen oder Finanzanalysen, die sich an eine Vielzahl von Personen richten und sich in allgemeingültiger Form auf Geschäfte mit Finanzinstrumenten beziehen, ohne eine persönliche, auf den individuellen Kunden zugeschnittene Anlageempfehlung zu enthalten (Erl RV 17).
3. Keine potentiellen Interessenkonflikte Zudem darf der Vorteil den Rechtsträger nicht dabei beeinträchtigen, 19 pflichtgemäß im besten Interesse des Kunden zu handeln; es dürfen also iZm dem Vorteil keine potentiellen Interessenkonflikte entstehen (Assmann, ZBB 2008, 28; Rozok, BKR 2007, 223). Durch dieses zusätzliche Erfordernis wird klargestellt, dass nicht jede Eignung zur Qualitätsverbesserung schon zur Unbedenklichkeit des Vorteils im Hinblick auf die Wahrung der Kundeninteressen führt (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 32). Dabei ist dem Interessenkonfliktpotential primär über die Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten sowie der Erfüllung der entsprechenden materiellen Pflichten zu begegnen (Rozok, BKR 2007, 224; vgl auch CESR/07–228 b, Pkt 17). In diesem Zusammenhang ergibt sich freilich auch ein weiterer potentiel- 20 ler Interessenkonflikt: Partizipiert zB ein Vermögensverwalter entsprechend der Anzahl der getätigten Transaktionen, so kann der Vermögensverwalter seine Vergütung durch oftmaliges Umschichten erhöhen. Wird der Kunde durch derartige Spesenreiterei („churning“, „excessive trading“) geschädigt, so verstößt der Vermögensverwalter gegen die Interessenwahrungspflicht (dazu näher bei § 38 insb Rz 19 ff), und es 415
§ 39
Brandl/Klausberger
sind Schadenersatzansprüche des geschädigten Kunden denkbar (Lang, Informationspflichten § 24 Rz 54 ff; Sethe, Anlegerschutz 894 ff).
4. Offenlegung 21 Weitere Voraussetzung der Zulässigkeit ist nach Abs 3 Z 2 lit a die
Offenlegung der Vorteilsgewährung bzw -annahme gegenüber dem Kunden. Solche Offenlegungspflichten sind bereits aus der bisherigen Rsp bekannt (vgl Lang, Informationspflichten § 24 Rz 50 ff). Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass die Verpflichtung zur Offenlegung nicht bloß eine den Rechtsträger treffende Verhaltenspflicht bedeutet, sondern eine echte Zulässigkeitsvoraussetzung im Hinblick auf die Zuwendung ist (Rozok, BKR 2007, 224). Die Verpflichtung zur Offenlegung von Vorteilen ist letztlich Ausfluss des Informationsmodells, wonach dem Kunden jene Information zur Verfügung zu stellen ist, die er benötigt, um für sich eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung treffen zu können (vgl Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 35 ff; zum Informationsmodell im WAG siehe auch § 40 Rz 10 ff). Im Bereich der Vorteilsgewährung und -annahme ist diese Information unbedingt notwendig, um dem Kunden einen möglicherweise bestehenden Interessenkonflikt vor Augen zu führen (OGH 07. 11. 2007, 6 Ob 110/07 f, ecolex 2008, 128 = ÖBA 2008, 505). 22 Die Offenlegung muss nach dem Gesetz vor Erbringung der betreffenden Wertpapierdienstleistung erfolgen. Damit ist allerdings nicht unbedingt verbunden, dass die Offenlegung in einer dauernden Geschäftsbeziehung vor jeder individuellen Wertpapierdienstleistung zu wiederholen ist; es genügt grundsätzlich eine einmalige, im Fall einer sich ändernden Produktpalette allenfalls jährliche Offenlegung, die umfassend und zutreffend ist (Rozok, BKR 2007, 225). Erst wenn sich bezüglich der Zuwendungen Änderungen ergeben, ist dies dem Kunden vor der nächsten Wertpapierdienstleistung offen zu legen (Rozok, BKR 2007, 225). Dies geht auch aus Abs 4 hervor, wonach die Offenlegung auch in Form einer Zusammenfassung der wesentlichen Bestandteile einer Vereinbarung über Vorteile erfolgen kann, wobei auf Nachfrage dem Kunden weitere Einzelheiten offen zu legen sind. Eine solche Offenlegung muss freilich so viel an Informationsgehalt aufweisen, um dem Kunden eine entsprechend fundierte Entscheidung zu ermöglichen (CESR/07–228 b, Pkt 24). Dazu reichen allgemein gehaltene Offenlegungen, wonach der Rechtsträger möglicherweise Zuwendungen empfangen wird, nicht aus (CESR/07–228 b, Pkt 23; vgl auch OGH 07. 11. 2007, 6 Ob 110/07 f, ecolex 2008, 128 = ÖBA 2008, 505, wonach ein Hinweis auf „allfällige Retrozessionen“ keine ausreichende Aufklärung bewirke). 416
Gewährung und Annahme von Vorteilen
§ 39
Die Offenlegung muss umfassend, zutreffend und verständlich sein. 23 Damit ist gemeint, dass dem Kunden soviel an Information in die Hand gegeben werden soll, wie er braucht, um eine Entscheidung auf wohl informierter Grundlage treffen zu können; dazu gehört insb die Möglichkeit, Art, Ausmaß und Intensität des potentiellen Interessenkonflikts einschätzen zu können (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 38). Nach der zivilrechtlichen Jud muss die Offenlegung in einer für den Kunden verständlichen Form erfolgen, wobei auf persönliche Kenntnisse und Erfahrungen Rücksicht zu nehmen ist und man bei der Verwendung von Fachausdrücken Vorsicht walten lassen muss (OGH 07. 11. 2007, 6 Ob 110/07 f, ecolex 2008, 128 = ÖBA 2008, 505).
D. Technische Vorteile im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen Abs 3 Z 3 nimmt bestimmte, wesensbedingte Zahlungen aus dem 24 Vorteilsbegriff aus (Spindler/Kasten, WM 2006, 1803). Entscheidend ist dabei die Frage, ob die Zahlung notwendige Voraussetzung für die erbrachte Dienstleistung war und im Übrigen keinen Interessenkonflikt hervorrufen kann; aus diesem Grund können Gebühren und Entgelte, die vom Rechtsträger selbst eingehoben werden, nicht unter Abs 3 Z 3 subsumiert werden (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 13; Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 d Rz 5; Rozok, BKR 2007, 220; Winternitz/Aigner, WAG 22). Die vom Gesetzgeber aus Art 26 lit c MiFID-DRL übernommene Aufzählung von Verwahrungsgebühren, Abwicklungs- und Handelsplatzgebühren, Verwaltungsgebühren oder gesetzliche Gebühren ist nicht abschließend, sondern bloß demonstrativ zu verstehen (CESR/07–228 b, Pkt 10).
E. Bagatellausnahmen Weder die MiFID-DRL noch das WAG enthalten hinsichtlich der 25 Gewährung und Annahme von Vorteilen eine Bagatellausnahme. Lediglich iZm Finanzanalysen sieht Erwägungsgrund 32 der MiFIDDRL vor, dass kleinere Geschenke oder kleinere Einladungen, die nicht über das nach den Grundsätzen der Wertpapierfirma für Interessenkonflikte zulässige und in der für die Kunden bestimmten Kurzbeschreibung dieser Grundsätze dargelegte Maß hinausgehen, nicht als Anreize betrachtet werden sollten. Dies wird aber angesichts der Gleichheit der Interessenlage auch für Zuwendungen iSd § 39 zu gelten haben (so auch Winternitz/Aigner, WAG 20; Zahradnik/Gutmann in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 161 f); eine unbedenk417
§ 39
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liche Bagatellzuwendung kann demnach dann vorliegen, wenn es sich um nicht wiederkehrende Zuwendungen in einer Größenordnung handelt, die eine unvoreingenommene Erbringung der Dienstleistungen nicht behindert (Assmann, ÖBA 2007, 50).
V. Rechtsfolgen A. Aufsichtsrecht und Verwaltungsstrafrecht 26 Das Gewähren und die Annahme von Vorteilen entgegen den Vor-
schriften des § 39 ist als Verstoß gegen Wohlverhaltensregeln aufsichtsrechtlich und verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert. Siehe dazu § 38 Rz 33 f.
B. Zivilrecht 1. Herausgabe erlangter Vorteile 27 Zur Frage, wem gewährte Vorteile zustehen, trifft § 39 keine explizite
Aussage. Implizit scheint das WAG aber davon auszugehen, dass dem Rechtsträger die Vorteile gebühren, weil es letztlich keinen Interessenkonflikt gäbe, wenn die Vorteile dem Kunden zustünden (vgl auch Assmann, ZBB 2008, 31). Die Bestimmungen des Auftragsrechts sehen indes genau das Gegenteil vor: Hat der Rechtsträger Vorteile im Rahmen der Geschäftsbesorgung empfangen, so ordnet § 1009 ABGB an, dass der Geschäftsbesorger dem Geschäftsherrn alles aus der Geschäftsbesorgung Erlangte herausgeben muss. Solche Vorteile stehen nach § 1009 ABGB dem Kunden zu und sind an diesen herauszugeben, sofern zwischen dem Rechtsträger und dem Kunden keine abweichende Vereinbarung getroffen worden ist (Koziol, ÖBA 2003, 484; Lang, Informationspflichten § 24 Rz 50 ff; Sethe, Anlegerschutz 896 ff; siehe auch oben Rz 2). Eine abweichende Vereinbarung setzt freilich voraus, dass der Kunde vom Gewähren des Vorteils Kenntnis erlangt, weshalb die Offenlegung solcher Vorteile eine Voraussetzung für das Behaltendürfen bildet. Wurden die Vorteile nicht offengelegt, so ist die Herausgabepflicht zu bejahen (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 d Rz 55; aA Mülbert, ZHR 2008, 205 ff). 28 Wird der Vorteil dem Kunden offengelegt, so führt dies letztlich auch dazu, dass ihn der Rechtsträger behalten darf. Der Kunde muss nämlich in diesem Fall davon ausgehen, dass der Vorteil nicht für ihn, sondern für den Rechtsträger bestimmt ist (Assmann, ZBB 2008, 31). Nimmt er die betreffende Dienstleistung in Anspruch, so ist anzunehmen, dass er 418
Gewährung und Annahme von Vorteilen
§ 39
sich letzten Endes auch mit dem Verbleib des Vorteils beim Rechtsträger einverstanden zeigt (Koch, ÖBA 2008, 482).
2. Verstöße gegen § 39 Da § 39 ein – freilich durch Ausnahmen durchbrochenes – Verbot der 29 Annahme von Vorteilen statuiert, sind Abreden über die Gewährung und Annahme von Vorteilen, die nicht den diesbezüglichen Anforderungen entsprechen, nach § 879 Abs 1 ABGB nichtig, zumal dies der Verbotszweck erfordern wird (Assmann, ZBB 2008, 31; Knobl/Janovsky, ZFR 2008, 71; Koch, ÖBA 2008, 484; Mülbert, ZHR 2008, 201; Zahradnik/Gutmann in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 163; aA Fuchs in Fuchs § 31 d WpHG Rz 58). Da es sich dabei aber auch in aller Regel um eine nach § 1013 ABGB verbotene Geschenkannahme handeln wird, ist die Rückforderung durch den Zuwendenden ausgeschlossen, weil § 1013 ABGB einer Kondiktion entgegensteht (Apathy in Schwimann ABGB IV³ § 1013 Rz 6; P. Bydlinski in KBB² § 1013 ABGB Rz 2; Strasser in Rummel ABGB³ § 1013 Rz 11). Auch bei verbotswidriger Geschenkannahme bestehen nach hM und 30 der Rsp Herausgabeansprüche des Kunden (siehe oben Rz 2). Neben der Herausgabepflicht sind auch Schadenersatzansprüche des Kunden gegen den Rechtsträger (etwa aus culpa in contrahendo) denkbar (Lang, Informationspflichten § 24 Rz 52). Auf Grund der jüngeren dt Rsp (grundlegend BGH 19. 12. 2000, 31 XI ZR 349/99, BGHZ 146, 236 = NJW 2001, 962 = WM 2001, 297; dazu Koziol, ÖBA 2003, 483) kann es auch zu einer Haftung des Dritten gegenüber dem Kunden kommen. Dies geschieht über die Annahme einer Pflicht des Dritten, den Kunden darüber aufzuklären, dass jenem Rechtsträger, mit dem der Kunde in einem Vertragsverhältnis steht, Vorteile zugewendet werden. Zahlt zB eine Depot führende Bank Retrozessionen an einen unabhängigen Vermögensverwalter, so hat sie den Kunden darüber aufzuklären. Unterlässt sie dies, so kann sie aus dieser Pflichtverletzung dem Kunden gegenüber auch für solche Schäden ersatzpflichtig werden, die eigentlich der Vermögensverwalter verursachte (dazu Koziol, ÖBA 2003, 485 ff; Lang, Informationspflichten § 24 Rz 53 ff; vgl auch de Capitani, Retrozessionen an externe Vermögensverwalter, in FG Chapuis 36 f). Eine derartige Aufklärungspflicht sollte allerdings richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn die Bank auf Grund von Verdachtsmomenten davon ausgehen muss, dass der primär informationspflichtige Rechtsträger seinen dies419
§ 40
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bezüglichen Verpflichtungen nicht nachkommt (Koziol, ÖBA 2003, 486). 32 Bei Missachtung der Offenlegungspflicht kommt auch eine Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums nach § 871 Abs 2 ABGB in Betracht (Zahradnik/Gutmann in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 163). Ein Irrtum über einen Umstand, über den die andere Vertragspartei nach geltenden Rechtsvorschriften aufzuklären hätte, ist nach dieser Bestimmung immer als Geschäftsirrtum und nicht als bloßer Motivirrtum zu werten (dazu Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 151 f; Bollenberger in KBB² § 871 ABGB Rz 13; Rummel in Rummel ABGB³ § 871 ABGB Rz 14; Apathy/Riedler in Schwimann ABGB IV³ § 871 Rz 11). Bei der Offenlegungspflicht des Abs 3 Z 2 lit a handelt es sich um eine positiv-rechtliche Aufklärungspflicht iSd § 871 Abs 2 ABGB, weshalb die Irrtumsanfechtung bei deren Verletzung grundsätzlich offensteht. Da § 871 Abs 2 ABGB lediglich klarstellt, dass bei Verletzung gesetzlicher Aufklärungspflichten jedenfalls ein anfechtungsrelevanter Geschäftsirrtum vorliegt, nicht aber auch von den sonstigen Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung absieht, müssen die übrigen Voraussetzungen – insbesondere die Kausalität des Irrtums für den Geschäftsabschluss – im Detail geprüft werden (Rummel in Rummel ABGB³ § 871 Rz 14).
6. Abschnitt Information für Kunden Angemessene Informationen § 40. (1) Ein Rechtsträger hat seinen Kunden in verständlicher Form angemessene Informationen zur Verfügung zu stellen. Dadurch müssen seine Kunden nach vernünftigem Ermessen in die Lage versetzt werden, die genaue Art und die Risiken der Wertpapierdienstleistungen und des speziellen Typs von Finanzinstrument, der ihnen angeboten wird, zu verstehen, um so auf informierter Grundlage Anlageentscheidungen treffen zu können. Diese Verpflichtung umfasst zumindest Informationen über 1. den Rechtsträger und seine Dienstleistungen; bei der Portfolioverwaltung haben Rechtsträger auf der Grundlage der Anlageziele des Kunden und der Art der im Kundenportfolio enthaltenen Finanzinstrumente eine angemessene Bewertungs- und Vergleichsmethode, etwa eine aussagekräftige Vergleichsgröße, 420
Angemessene Informationen
2. 3. 4. 5. 6.
§ 40
festzulegen, damit der Kunde, für den die Dienstleistung erbracht wird, die Leistung des Rechtsträgers bewerten kann; einem Privatkunden sind die Informationen mit den in Anlage 1 und 2 zu § 40 genannten Angaben zu übermitteln; Finanzinstrumente gemäß Abs. 2; den Schutz von Kundenfinanzinstrumenten und Kundengeldern gemäß Abs. 3; Kosten und Nebenkosten; einem Privatkunden sind die Informationen mit den in Anlage 4 zu § 40 genannten Angaben zu übermitteln; vorgeschlagene Anlagestrategien; dies umfasst auch eine geeignete Beschreibung und Warnhinweise zu den mit diesen Anlagestrategien verbundenen Risiken; und Ausführungsplätze.
Diese Informationen können auch in standardisierter Form zur Verfügung gestellt werden. (2) Für die Zwecke von Abs. 1 Z 2 gelten folgende Informationspflichten: 1. Ein Rechtsträger hat seinen Kunden eine allgemeine Beschreibung der Art und der Risiken der Finanzinstrumente gemäß Anlage 3 zu § 40 zu übermitteln; diese Beschreibung hat insbesondere der Einstufung des Kunden als Privatkunde oder professioneller Kunde Rechnung zu tragen; weiters sind in dieser Beschreibung die Wesensmerkmale der betreffenden Art von Instrument sowie die damit verbundenen spezifischen Risiken ausreichend detailliert zu erläutern, damit der Kunde seine Anlageentscheidungen auf fundierter Grundlage treffen kann. 2. Übermittelt ein Rechtsträger einem Privatkunden Informationen über ein Finanzinstrument, das zu diesem Zeitpunkt öffentlich angeboten wird und zu dem in Zusammenhang mit diesem Angebot ein Prospekt gemäß den §§ 2 ff KMG oder den auf Grund der Richtlinie 2003/71/EG erlassenen Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates veröffentlicht worden ist, hat der Rechtsträger dem Kunden mitzuteilen, wo dieser Prospekt erhältlich ist. 3. Besteht die Wahrscheinlichkeit, dass die Risiken bei einem aus mindestens zwei verschiedenen Finanzinstrumenten oder Finanzdienstleistungen zusammengesetzten Finanzinstrument größer sind als die mit jedem der Bestandteile verbundenen Risiken, hat der Rechtsträger eine angemessene Beschreibung der Bestandteile des betreffenden Instruments und der Art und Weise, in der sich das Risiko durch die gegenseitige Beeinflussung dieser Bestandteile erhöht, zu übermitteln. 421
§ 40
Brandl/Klausberger
4. Im Falle von Finanzinstrumenten, die eine Garantie durch einen Dritten beinhalten, haben die Informationen über die Garantie ausreichende Details über den Garantiegeber und die Garantie zu umfassen, damit der Privatkunde die Garantie angemessen bewerten kann. (3) Für die Zwecke von Abs. 1 Z 3 hat ein Rechtsträger den Kunden 1. entsprechend zu informieren, wenn Konten mit Finanzinstrumenten oder Geldern des betreffenden Kunden unter die Rechtsvorschriften eines Drittlands fallen, und ihn darauf hinzuweisen, dass dies seine Rechte in Bezug auf die betreffenden Finanzinstrumente oder Gelder beeinflussen kann; 2. über die Existenz und die Bedingungen eines etwaigen Sicherungs- oder Pfandrechts oder eines Rechts auf Aufrechnung zu informieren, das er in Bezug auf die Finanzinstrumente oder Gelder des Kunden hat oder haben könnte; gegebenenfalls hat er den Kunden auch darüber zu informieren, dass eine Verwahrstelle ein Sicherungsrecht oder ein Pfandrecht oder ein Recht auf Aufrechnung in Bezug auf die betreffenden Instrumente oder Gelder haben könnte. (4) Ein Rechtsträger hat seinen Kunden alle wesentlichen Änderungen in Bezug auf die gemäß Abs. 1 Z 1 bis 6 übermittelten Informationen rechtzeitig mitzuteilen, die für eine Dienstleistung relevant sind, die er für den betreffenden Kunden erbringt. Diese Mitteilung ist auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln, wenn die Informationen, auf die sie sich bezieht, ebenfalls auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt wurden. (5) Bei Anteilen eines der Richtlinie 85/611/EWG unterliegenden Organismus für gemeinsame Anlagen gilt ein vereinfachter Prospekt gemäß Art. 28 dieser Richtlinie im Hinblick auf Abs. 1 Z 2 und 5 als angemessene Information. Bezüglich der Kosten und Nebenkosten, einschließlich Ausgabeauf- und Rücknahmeabschläge, gilt dieser Prospekt im Hinblick auf Abs. 1 Z 4 als angemessene Information. (6) Steht eine Wertpapierdienstleistung im Zusammenhang mit einem Verbraucherkreditvertrag, so ist auf die Informationen über den Verbraucherkredit das Verbraucherkreditgesetz – VkrG, BGBl. I Nr. 28/2010, anzuwenden. (7) Betreffend Marketingmitteilungen hat ein Rechtsträger folgende Anforderungen einzuhalten: 1. die in einer Marketingmitteilung enthaltenen Informationen müssen mit den anderen Informationen in Einklang stehen, die 422
Angemessene Informationen
§ 40
der Rechtsträger seinen Kunden im Rahmen der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen übermittelt; 2. eine Marketingmitteilung hat auch die in Abs. 1 Z 1 bis 6 genannten Informationen – soweit diese relevant sind – zu enthalten, sofern die Marketingmitteilung a) ein Angebot enthält, einen Vertrag über eine Wertpapierdienstleistung oder eine Nebendienstleistung abzuschließen, oder b) eine Aufforderung enthält, ein Angebot zum Abschluss eines Vertrags über eine Wertpapierdienstleistung oder eine Nebendienstleistung abzugeben, und die Art und Weise der Antwort vorgibt oder ein Antwortformular beinhaltet. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Marketingmitteilung nicht alle zur Annahme des Angebots oder zur Stellung eines Angebotes aufgrund der Aufforderung erforderlichen Informationen enthält und der Privatkunde hierfür noch ein oder mehrere andere Dokumente heranziehen müsste, die einzeln oder zusammen die betreffenden Informationen enthalten. Abs. 6 idF BGBl I 2010/28. Schrifttum: Balzer, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neue Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2003, 177; Balzer, Umsetzung der MiFID: Ein neuer Rechtsrahmen für die Anlageberatung, ZBB 2007, 333; Buchinger/ Zivny, Informationspflichten, Ausführung und Reporting bei der Vermögens-/ Portfolioverwaltung, ecolex 2008, 13; Einsele, Anlegerschutz durch Information und Beratung, JZ 2008, 477; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/ Ennöckl/Gruber/Raschuer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Gruber, Form und Zeitpunkt der Informationen nach dem WAG 2007, RdW 2008, 69; Gruber, Marketingmitteilungen im WAG 2007, ZFR 2009, 42; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur – ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Kapitalmarktrecht (2009) 15; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/ 39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2006/379/); Köhler, Was haben Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei der Werbung zu beachten?, WM 2009, 385; Koller, Die Abdingbarkeit des Anlegerschutzes durch Information im europäischen Kapitalmarktrecht, in FS Ulrich Huber (2006) 821; Koppensteiner, Ordnungszusammenhänge im Wirtschaftsrecht, JBl 2005, 137; Kumpan/Hellgardt, Haftung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach Umsetzung der EURichtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), DB 2006, 1714; Lange, Informationspflichten von Finanzdienstleistern (2000); Leisch, Informationspflichten nach § 31 WpHG (2004); Lurger, Vertragliche Solidarität (1998); Rehberg, Transparenz beim Vertrieb von Finanzprodukten, WM 2005, 1011; Rost,
423
§ 40
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Informationspflichten von Wertpapierdienstleistern ohne Beratungsangebot (Discount-Broker) gegenüber Privatkunden (2001); Schäfer/Lang, Für alle Wertpapierdienstleistungen relevante Informationen, in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch (2007) 63; Seyfried, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) – Neuordnung der Wohlverhaltensregeln, WM 2006, 1375; Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Veil, Anlageberatung im Zeitalter der MiFID – Inhalt und Konzeption der Pflichten und Grundlagen einer zivilrechtlichen Haftung, WM 2007, 1821; Vogel, Vom Anlegerschutz zum Verbraucherschutz – Informationspflichten im europäischen Kapitalmarkt-, Anlegerschutz- und Verbraucherschutzrecht (2005); Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID – unter besonderer Berücksichtigung des WAG 2007 (2008); Weichert/Wenninger, Die Neuregelung der Erkundigungs- und Aufklärungspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gem. Art. 19 RiL 2004/39/EG (MiFID) und Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, WM 2007, 627; Zeidler, Marketing nach MiFID, WM 2008, 238. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 40): „Abs. 1 setzt Art. 19 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG um und enthält in Z 1 bis 6 die allgemeinen Informationspflichten eines in § 15 genannten Rechtsträgers, die dieser gegenüber allen Kunden zu erfüllen hat. Diese Informationen sind zu einem solchen Zeitpunkt zu übermitteln, dass dem 2. Satz entsprochen wird, d. h. bevor der Kunde die entsprechende Anlageentscheidung trifft. Hinsichtlich bestimmter Informationspflichten, die Privatkunden betreffen, oder besonders sensibler Informationen wird der Zeitpunkt der Übermittlung der Information in § 42 Abs. 1 bis 3 näher definiert. Art. 32 Abs. 5 und 6 der Richtlinie 2006/73/EG wurden explizit in den allgemeinen Katalog in die Z 3 lit. a und b aufgenommen, da in Art. 29 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG (§ 42 Abs. 3) direkt auf diese verwiesen wird. Die nähere Konkretisierung dieser Bestimmung erfolgt durch Verordnung der FMA gemäß Abs. 2. Abs. 2 enthält die Ermächtigung der FMA mittels Verordnung die allgemeinen Informationspflichten des Abs. 1 weiter zu konkretisieren. Insbesondere soll entsprechend zu Art. 30 bis 33 der Richtlinie 2006/73/EG festgelegt werden, welche der in der Verordnung zu konkretisierenden, speziellen Informationspflichten gegenüber Privatkunden und welche gegenüber anderen Kunden bestehen. Nicht von der Verordnung umfasst sind Abs. 1 Z 5 und 6, welche Art. 19 Abs. 3 2. Gedankenstrich 2. Variante und 3. Gedankenstrich umsetzen. Eine Rahmenvereinbarung muss bei bestehenden Kundenverbindungen nicht nachgeholt werden. Als Vorbild für die spezifische[n] Informationen über bestimmte Finanzinstrumente können die derzeit im Umlauf befindlichen Risikohinweise, die auf dem ‚Leitfaden zur Anlageberatung‘ der WKÖ beruhen, dienen. Dadurch werden branchenweit dieselben Risikobeschreibungen verwendet und es ist eine flexible Anpassung der Risikohinweise an Produktinnovationen in diesem Bereich möglich. Abs. 3 setzt Art. 29 Abs. 6 der Richtlinie 2006/73/EG um.
424
Angemessene Informationen
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Abs. 4 setzt Art. 34 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Prospekte für Investmentfonds nach § 20 a InvFG, Immobilien-Investmentfonds gemäß ImmoInvFG und Pensionsinvestmentfonds gemäß InvFG, die den ‚OGAW-Standard‘ erfüllen, sind als angemessene Information im Sinne der Richtlinie 2004/ 39/EG zu sehen. Abs. 5 setzt Art. 19 Abs. 9 der Richtlinie 2004/39/EG um. Da § 33 BWG nur die kreditspezifischen Risiken im engeren Sinn umfasst, nicht jedoch Risiken, die sich aus dem spezifischen Zusammenhang zwischen Wertpapierdienstleistung und der Kreditfinanzierung als Nebendienstleistung gemäß Anhang I Abschnitt B Nummer 2 der Richtlinie 2004/39/EG ergeben, ist der Kunde diesbezüglich gemäß § 38 zu informieren. Abs. 6 setzt Art. 29 Abs. 7 und 8 der Richtlinie 2006/73/EG um. Die in der Richtlinie genannte Phrase ‚Vertrag über ein Finanzinstrument‘ ist redundant und wurde daher nicht in den Gesetzestext übernommen, da dieser Vertrag jedenfalls eine Wertpapierdienstleistung darstellt.“ Erl RV GP XXIV RV 650: „Anpassung der Verweise auf das BWG an den Entfall des § 33 BWG“.
Übersicht I. A. B. 1. 2. II. A. B. C. D. E. F. G. III. A. B. C. D. 1. 2. IV. A. B. C. D. E. F.
Entstehungsgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schutzausrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlegerschutz durch Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Informationspflicht und Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionieren des Kapitalmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzen des Informationsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systematische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Analoge Anwendung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu anderen Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innerhalb des WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Außerhalb des WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elemente des § 40 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsträger und Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angemessenheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verständliche Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Verfügung stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtzeitigkeit als Tatbestandselement? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–8 1–4 5–8 5–7 8 10–26 9 9–16 17–18 19–20 21–22 23 24–26 27–37 27 28–29 30–31 32–37 32–34 35–37 38–47 38 39–40 41–42 43–45 46 47
425
§ 40 V. A.
Brandl/Klausberger
Konkretisierung der Informationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Informationen über den Rechtsträger und seine Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusätzliche Informationen bei der Portfolioverwaltung . . . . . . . B. Informationen über die Finanzinstrumente sowie vorgeschlagene Anlagestrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Informationen über den Schutz von Kundenfinanzinstrumenten und Kundengeldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Informationen über Kosten und Nebenkosten sowie Ausführungsplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Marketingmitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Information in standardisierter Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Wesentliche Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Rechtsfolgen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48–62 48–53 48 49–50 51–53 54–58 59 60–62 63–67 63–65 66 67 68–70
I. Entstehungsgeschichte A. Europarechtliche Vorgaben 1 Die ISD sah in Art 11 Abs 1 5. Spiegelstrich vor, dass Wertpapierfir-
men bei den Verhandlungen mit ihren Kunden alle zweckdienlichen Informationen in geeigneter Form mitzuteilen haben; eine nähere Umschreibung der Informationspflichten enthielt die ISD nicht. Der Vorschlag der Kommission für eine Änderung der ISD (KOM[2002] 625 endg) enthält in Art 18 Abs 2 und 3 vergleichsweise detailliertere Anforderungen. Der Standpunkt des Parlaments in erster Lesung vom 25. 09. 2003 (ABl C 77 vom 26. 03. 2004, S 330) bringt erstmals die Möglichkeit, Informationen auch in standardisierter Form zu erteilen; damit wurde offensichtlich einer diesbezüglichen Forderung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses Rechnung getragen (siehe die Stellungnahme ABl C 220 vom 16. 09. 2003, S 1 [4]). Im gemeinsamen Standpunkt vom 09. 03. 2004 (ABl C 60 vom 09. 03. 2004, S 1) ist erstmals auch ein Katalog von Umständen enthalten, über die Informationen bereitzustellen sind. 2 Auf Stufe 1 sieht die MiFID – sowie der gemeinsame Standpunkt vom 09. 03. 2004 – in Art 19 Abs 3 die Pflicht vor, Kunden und potenzielle Kunden über die Wertpapierfirma und ihre Dienstleistungen, Finanzinstrumente und vorgeschlagene Anlagestrategien, Ausführungsplätze sowie Kosten und Nebenkosten zu informieren. Die Konkretisierung dieser Informationspflichten erfolgt auf Stufe 2 über die Art 30 ff Mi426
Angemessene Informationen
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FID-DRL, die – teils abgestuft nach Kundenkategorien – das Ausmaß der Information näher festlegen. Aus Erwägungsgrund 44 wird deutlich, dass mit dieser Regelungstechnik der Zweck verfolgt wird, durch angemessene und verhältnismäßige Informationsanforderungen dem Status eines Kunden als (in der Terminologie der MiFID) Kleinanleger oder professioneller Kunde Rechnung zu tragen (vgl auch Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID, 103). Die auf Stufe 3 vorgesehenen Empfehlungen des CESR sind noch ausständig; nach dem aktuellen Arbeitsplan (CESR/07–704 c) der Expertengruppe genießt dieses Thema indes mittlere Priorität, ein Datum für die geplante Fertigstellung wird allerdings nicht genannt. Die europarechtlichen Bestimmungen enthalten keine Definition des 3 Begriffs „Information“. Dieser ist zudem schwer zu bestimmen, zumal er im allgemeinen Sprachgebrauch in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet wird und mehrere Dimensionen aufweist (dazu Kloepfer, Informationsrecht [2002] Rz 53 ff). Fraglich ist daher, welcher Informationsbegriff der MiFID und ihren Durchführungsbestimmungen zugrunde liegt, was insb für die richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts von Bedeutung ist. Aus der europarechtlichen Zielsetzung der Informationspflichten, dem Kunden eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung auf entsprechend fundierter Basis zu ermöglichen, ist der Schluss zu ziehen, dass die Richtlinie unter Information die Mitteilung von Tatsachen und Umständen versteht, die der Kunde für seine Entscheidung benötigt. Eine Konkretisierungshilfe bieten außerdem die Art 30 ff DRL, die festlegen, über welche Tatsachen und Umstände Kunden zu informieren sind. Angesichts der in den Art 30 ff MiFID-DRL enthaltenen Kataloge von 4 Informationen, die abgestuft nach Kundengruppen zu übermitteln sind, muss man sich die Frage stellen, ob die in den Art 30 ff angeführten Tatsachen und Umstände abschließend gemeint sind, oder ob es sich dabei bloß um einen Mindeststandard an Information handelt und im Einzelfall daher auch zusätzliche Informationen zu übermitteln sind. Die sehr detaillierte Aufzählung der DRL spricht zunächst für eine taxative Aufzählung. Im Lichte des aus Art 19 Abs 3 MiFID ableitbaren Ziels, dem Anleger durch die Übermittlung von Informationen eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung auf fundierter Basis zu ermöglichen, kann man den Informationskatalog der DRL allerdings auch als Standardinformation werten, wobei die Übermittlung zusätzlicher Information im Einzelfall nicht ausgeschlossen ist, wenn der Kunde diese für eine fundierte Entscheidung benötigt (so Schäfer/Lang in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 115). 427
§ 40
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B. Umsetzung 1. Österreich 5 Die Umsetzung ins österreichische Recht sowohl der Vorgaben aus der
MiFID als auch aus der DRL ist auf Gesetzesebene erfolgt. Der Ministerialentwurf hat im damaligen Abs 2 eine Konkretisierung der Informationspflichten des Abs 1 Z 1 bis 4 durch VO der FMA vorgesehen. Im weiteren Gesetzgebungsprozess wurde von dieser Verordnungslösung allerdings wieder Abstand genommen und die entsprechenden Richtlinienbestimmungen unmittelbar auf Gesetzesebene in den Abs 1 bis 3 sowie in vier Anlagen zu § 40 umgesetzt (zu den Hintergründen siehe auch Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 110). Der Gesetzgeber wollte dabei – wie aus der Begründung des Abänderungsantrages hervorgeht – dem Bedürfnis nach frühestmöglicher Rechtssicherheit Rechnung tragen und die Vorbereitung auf die neue Rechtslage erleichtern. Aus rechtspolitischer Sicht ist dies zu begrüßen. Darüber hinaus wäre bei der Verordnungslösung zudem fraglich gewesen, inwieweit überhaupt ein Gestaltungsspielraum auf Verordnungsebene bestanden hätte, zumal die europarechtlichen Vorgaben die diesbezüglichen Erfordernisse detailliert behandeln (krit in diese Richtung auch die Stellungnahme der WKÖ zur RV, 16/SN-45/ME 23. GP S 2 f). 6 In der Umsetzung hat sich der Gesetzgeber weitgehend an den Wortlaut der europarechtlichen Vorgaben gehalten, weshalb die Auslegung von MiFID bzw der DRL und dem Gesetz im Großen und Ganzen parallel laufen. Die aus der RL übernommenen Rechtsbegriffe sind dabei auch im nationalen Recht autonom, also im Sinne ihres gemeinschaftsrechtlichen Bedeutungsgehalts auszulegen (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarkrtrecht I § 1 Rz 85). 7 Verglichen mit dem WAG aF (insb § 13 Z 4) bzw dem Pflichtenheft für WPDLU der FMA oder dem WAG-Leitfaden der Wirtschaftskammer bedeutet die Neuordnung der Informationspflichten eine spürbare Erweiterung bzw Vertiefung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Erbringen von Wertpapierdienstleistungen (Harrer, ÖBA 2007, 101). Die Regelung ist insgesamt detaillierter und differenzierter ausgefallen, was sich schon aus der umfänglichen Ausweitung des Normtextes ergibt. Literatur und Judikatur zum WAG aF sind daher nur mehr beschränkt als Interpretationshilfe verwertbar.
2. Deutschland 8 Bei der Umsetzung ins dt Recht hat man sich im Gegensatz zur
Umsetzung in Österreich dafür entschieden, die Informationspflichten 428
Angemessene Informationen
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zum Teil im WpHG, zum Teil in einer Verordnung umzusetzen. Die Vorgaben der MiFID wurden in § 31 Abs 3 WpHG berücksichtigt, die Bestimmungen der DRL sind in die §§ 4 und 5 der Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDVerOV) eingeflossen. Lit zum dt Recht kann daher in vergleichbaren Fallkonstellationen ergänzend herangezogen werden.
II. Normzweck und leitende Grundsätze A. Schutzausrichtung Die Gesetzesmat stellen die Informationspflichten explizit in den Kon- 9 text des Anlegerschutzes (Erl RV 4). Im Schutz des individuellen Anlegers wird man in der Tat auch eine wesentliche Ausrichtung der Informationspflichten erblicken können (Möllers in Kölner Kommentar § 31 WpHG Rz 221; siehe im Detail unten Rz 10 ff). Neben dem Schutz des individuellen Anlegers bewirken die Informationspflichten jedenfalls auch einen institutionellen Schutz des Kapitalmarkts (unten Rz 19 f). Aus den europarechtlichen Grundlagen wird deutlich, dass diese beiden Schutzziele gleichwertig nebeneinander stehen und nicht etwa das eine bloße Reflexwirkung des anderen ist, zumal in den Erwägungsgründen der MiFID beide Ziele genannt werden (siehe dazu auch § 38 Rz 5). Gerade an den Informationspflichten zeigt sich auch, dass individueller Anlegerschutz und institutioneller Kapitalmarktschutz nicht isoliert zu betrachten sind, sondern Wechselwirkungen zwischen den beiden Schutzbereichen ausgemacht werden können. So fördern Markt- und Statustransparenz insgesamt das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt, was wiederum eine Voraussetzung für das ordnungsgemäße Funktionieren des Kapitalmarkts bildet (Fuchs in Fuchs WpHG Vor §§ 31 bis 37 a Rz 54).
B. Anlegerschutz durch Information Die Anleger schützende Zielsetzung der Informationspflicht wird aus 10 Abs 1 zweiter Satz deutlich. Die Informationspflicht soll Kunden in die Lage versetzen, eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung zu treffen (Balzer, ZBB 2003, 186). Die Anlageentscheidung des Kunden wird dadurch zum Bezugspunkt des Anlegerschutzes erhoben (Kumpan/Hellgardt, DB 2006, 1714). Für eine Anlageentscheidung auf fundierter Basis muss der Kunde allerdings ausreichend informiert sein (Harrer, ÖBA 2007, 101 f). Über das Regime der verpflichtenden Infor429
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mation soll der Kunde nun in die Lage versetzt werden, Art und Risiko der ihm angebotenen Instrumente bzw Dienstleistungen zu verstehen, um letztlich eine Anlageentscheidung auf informierter Grundlage treffen zu können (Weichert/Wenninger, WM 2007, 633; Ekkenga in MünKom HGB V2 Effektengeschäft Rz 256). Insofern ist es zutreffend, die Informationspflichten der §§ 40 ff als eigentlichen Kern der Wohlverhaltensregeln aufzufassen (so Winternitz/Aigner, WAG 26 f). 11 Ein solches Informationsmodell ist aus dem Verbraucherschutzrecht
bekannt (dazu F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts 741 ff; Lurger/Augenhofer, Konsumentenschutzrecht 23; Lurger, Vertragliche Solidarität 14 ff; zum europäischen Recht Heiderhoff, Gemeinschaftsprivatrecht 198 ff; Riesenhuber, System und Prinzipien des Europäischen Vertragsrechts [2003] 292 ff) und begegnet dort in einer Reihe von nationalen und europäischen Regelungskomplexen, etwa bei der Neuregelung des Fernabsatzes von Finanzdienstleistungen (dazu St. Korinek, Informationspflichten bei Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, in Fletzberger/Schopper, Fernabsatz von Finanzdienstleistungen 70). Dabei wird ein Ausgleich eines bestehenden Erfahrungs- und Informationsdefizits bezweckt, um eine freie Entscheidung auf rationaler Grundlage zu ermöglichen (Lurger/Augenhofer, Konsumentenschutzrecht 23). So wird erreicht, dass der Verbraucher an seinem gegebenen Wort festgehalten werden kann, weil er über alle für seine Willensbildung notwendigen Informationen verfügt hat (F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts 741 f). Das Informationsmodell geht von einer gewissen Selbstverantwortung auf Verbraucherseite aus. Insb muss der Unternehmer nicht dafür sorgen, dass der Verbraucher die Information zur Kenntnis nimmt oder für seine Entscheidung nutzbar macht; die Verwertung der Information liegt vielmehr im eigenen Verantwortungsbereich des Verbrauchers (Koller in FS Huber 822 f). Damit bedeutet der Verbraucherschutz durch Information den gelindesten Eingriff in das Spiel der Marktkräfte (Lurger, Vertragliche Solidarität 14). 12 Dieses Modell wird durch die MiFID und in ihrem Gefolge durch das
WAG 2007 auch auf Rechtsgebiete außerhalb des Verbraucherrechts ausgedehnt, wo – wie gerade im Wertpapierbereich häufig der Fall – Verträge ohne berufliche Spezialkenntnisse abgeschlossen werden (vgl F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts 741 f, 746). Gerade im Bereich des Kapitalmarkts besteht typischerweise ein Informationsungleichgewicht zwischen Anbieter und Publikum (Kalss, Anlegerinteressen 161 ff; Weber, Kapitalmarktrecht 179; Winternitz/Aigner, WAG 27; Koller in FS Huber 828; Ekkenga in MünKom HGB V2 Effektengeschäft Rz 256); diesem Umstand tragen die einschlägigen Pflichten nach MiFID und DRL bzw WAG Rechnung. Wie die ver430
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gleichbaren Vorschriften im Verbraucherrecht beziehen sich die Informationspflichten des WAG auf einen eigenverantwortlichen Anleger, der in weiterer Folge auf Basis dieser Informationen seine wirtschaftliche Entscheidung privatautonom treffen kann (Koller in FS Huber 833; siehe auch die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses ABl C 220 vom 16. 09. 2003 S 4 [sub 4.10]). Mit dem angesprochenen Informationsgefälle befassen sich neben der 13 MiFID und dem WAG auch andere kapitalmarktrechtliche Regelungen. Zunächst ist auf die Prospektpflicht nach KMG bzw § 6 InvFG und § 7 ImmoInvFG hinzuweisen. Auch diese, in einem öffentlich zugänglichen Prospekt enthaltene Information dient dazu, den Anleger bei seiner Anlageentscheidung zu unterstützen und das Informationsgleichgewicht zwischen Emittenten und Konsumenten herzustellen (Weber, Kapitalmarktrecht 234). Darüber hinaus verfolgt die in § 48 d BörseG verankerte Pflicht zur Ad-hoc-Publizität ähnliche Ziele, indem sie dem informierten Anleger ermöglichen soll, rasch auf geänderte Verhältnisse reagieren zu können (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 14 Rz 2). Auch im verwandten Bereich des Versicherungsaufsichtsrechts beste- 14 hen vergleichbare Informationspflichten. So statuiert beispielsweise § 9 a VAG Informationspflichten bei Abschluss von Direktversicherungsverträgen über ein im Inland belegenes Risiko, § 75 Abs 2 VAG solche für die fondsgebundene Lebensversicherung. § 137 f GewO regelt daneben eigene Informationspflichten für Versicherungsvermittler. Die inhaltlichen Unterschiede zwischen den Regelungen im WAG und im Versicherungsrecht erklären sich kaum aus der Natur der Sache, vielmehr aber aus der größeren Marktmacht der Versicherer. So wurde das Vorhaben, die Informationspflichten des § 75 VAG nach Vorbild des WAG zu verdichten, nicht Gesetz (siehe 205/ME 23. GP und die ablehnenden Stellungnahmen des Verbands der Versicherungsunternehmen Österreichs [7/SN/ME] und der Wirtschaftskammer Österreich [25/SN-205/ME]; vgl auch die Kritik bei Winternitz, ZFR 2008/ 98, 157 [158 ff]). Insgesamt zeigt sich, dass neben dem Informationsgefälle auch andere 15 Gesichtspunkte für die Anordnung von Informationspflichten sprechen. Informationspflichten werden häufig eingesetzt, um den Kunden beim Eingehen von Verpflichtungen zu schützen, die besonders riskant sind oder weitreichende Konsequenzen für den Kunden haben können (Riesenhuber, System 299 f spricht von „gefährlichen“ Verpflichtungen; vgl auch Einsele, JZ 2008, 477). Außerdem werden Informationspflichten verstärkt bei unkörperlichen Produkten wie Versicherungen und eben Kapitalanlagen eingesetzt (dazu Kalss, Anlegerinteressen 41 f; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 7 Rz 37). 431
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Bei diesen Produkten ist es dem Kunden naturgemäß schwer möglich, den konkreten Leistungsumfang zu erfassen. 16 Darüber hinaus ist zu beobachten, dass in letzter Zeit gehäuft Informationspflichten über die Person des Dienstleistungserbringers normiert werden (so etwa die Informationspflichten über die Wertpapierfirma und ihre Dienstleistungen nach Art 19 Abs 3 1. GS MiFID bzw Art 30 DRL). Damit wird im Finanzdienstleistungsbereich neben der Markttransparenz auch eine gewisse Statustransparenz hergestellt: Der Kunde soll vorrangig auch über jene Person aufgeklärt werden, deren Dienstleistungen er in Anspruch zu nehmen gedenkt (Schäfer/Lang in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 117). Es liegt dann am Kunden, jenen Dienstleister auszuwählen, der seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechen wird (dazu Rehberg, WM 2005, 1012 f, 1017 f). Damit soll gewährleistet werden, dass sich der Kunde bei der Auswahl eines bestimmten Dienstleistungserbringers auch an der Vertrauenswürdigkeit der Anbieter orientieren kann.
C. Informationspflicht und Risikoverteilung 17 Die bisherige zivilrechtliche Judikatur zur Informationspflicht bei
Wertpapierdienstleistungen sieht den Zweck dieser Pflichten explizit in einer Risikoüberwälzung auf den zur Information Verpflichteten (OGH 30. 05. 2006, 3 Ob 289/05 d; OGH 22. 11. 2007, 8 Ob 104/07 p). Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass das Spekulationsrisiko auch bei Erfüllung dieser Pflichten übertragen wird. Der Inhalt und Umfang der nach dem WAG gebotenen Information werde von einer dosierten Interessenabwägung zwischen den Zielen des Kunden und einer maßvollen Risikoabschätzung bestimmt. Einem versierten und schon aufgeklärten Kunden könne es zugemutet werden, seine wirtschaftlichen Interessen selbst ausreichend zu wahren. Keinesfalls bestehe die Pflicht, einen spekulierenden Kunden zu bevormunden (siehe auch OGH 23. 11. 2000, 6 Ob 268/00 f). Insbesondere bei risikoträchtigen Anlagen könne einem in diesen Angelegenheiten erfahrenen Kunden demnach selbst zugemutet werden, seine wirtschaftlichen Interessen ausreichend zu wahren (OGH 30. 05. 2006, 3 Ob 289/05 d; OGH 22. 11. 2007, 8 Ob 104/07 p). Diese Grundsätze können auch für das novellierte WAG herangezogen werden, zumal auch verstärkt auf die Eigenverantwortung des Anlegers abgestellt wird (siehe auch oben Rz 10 f). 18 Die Risikoüberwälzung gilt freilich nur für den Fall, dass der Rechtsträger seiner Informationspflicht nicht korrekt nachgekommen ist. Umgekehrt bedeutet dies, dass der ordnungsgemäß informierte Kunde das Risiko für seine Anlageentscheidung selbst zu tragen hat (Ekkenga in 432
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MünKom HGB V2 Effektengeschäft Rz 256). Demgegenüber kann man in der jüngeren Rsp eine Tendenz ausmachen, durch eine besonders strenge Auslegung der Informationspflichten das Spekulationsrisiko letztlich vom Anleger auf den Berater zu überwälzen. Überspannt ist wohl die Ansicht des OLG Wien (OLG Wien 25. Mai 2009, 1 R 60/ 09 i), wonach selbst einem Unternehmer das ungelesene Unterfertigen von Schriftstücken, die Risikohinweise enthalten, nicht schadet. Eine Obliegenheit des Kunden, den Berater darauf aufmerksam zu machen, wenn er die Funktionsweise des Produkts nicht verstanden hat, zieht das Gericht überhaupt nicht in Erwägung. Damit trägt letztlich der Berater trotz ordnungsgemäßer Dokumentation der Aufklärung das Spekulationsrisiko des Anlegers. Dies ist mit der Grundwertung, wonach die Eigenverantwortung des Anlegers zentrales Element seiner Anlageentscheidung ist (oben Rz 10 f), nicht vereinbar und daher abzulehnen.
D. Funktionieren des Kapitalmarkts Ganz allgemein gilt, dass die Verfügbarkeit von Information für die 19 Beteiligten eine wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren von Markt und Wettbewerb ist (Koppensteiner, JBl 2005, 145). Im Bereich des Kapitalmarkts ist anerkannt, dass Anleger die besten Transaktionsentscheidungen treffen, wenn sie in voller Kenntnis der Sachlage handeln und die damit verbundenen Risiken richtig einschätzen (Weber, Kapitalmarktrecht 364 f). Die Informationspflichten sichern somit die Allokationseffizienz des Kapitalmarkts insofern ab, als sie dafür sorgen, dass die für eine rationale Entscheidung notwendigen Informationen die Marktteilnehmer auch erreichen (Möllers, AcP 208 [2008], 7; Ekkenga in MünKom HGB V2 Effektengeschäft Rz 257). Zum Zweck der Beförderung der Markteffizienz begegnen die Infor- 20 mationspflichten auch der am Kapitalmarkt vorherrschenden Informationskostenasymmetrie. Die Anleger sind idR wirtschaftlich nicht in der Lage, sich die relevanten Informationen selbst zu beschaffen (vgl Kalss, Anlegerinteressen 161 f). Das Festschreiben entsprechender Pflichten auf Anbieterseite führt dazu, dass die entscheidungsrelevante Information von jener Seite bereitgestellt werden muss, die dazu besser in der Lage ist. Insgesamt werden dadurch die Informations- bzw Transaktionskosten am Markt gesenkt (Koppensteiner, JBl 2005, 146).
E. Grenzen des Informationsmodells Das Informationsmodell stößt allerdings in der Praxis auf gewisse 21 Grenzen. Im Hinblick auf die Pflichtenintensität ist jedenfalls zu betonen, dass Informationspflichten nur in einem für den Verpflichte433
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ten zumutbaren Ausmaß anzunehmen sind: Würde man einen Geschäftspartner verpflichten, die Interessen des anderen stärker als seine eigenen Interessen zu berücksichtigen, so geriete diese übermäßige Aufklärungspflicht mit der Privatautonomie in Konflikt (F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts 747 f). 22 Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, dass ein Übermaß an Information den ursprünglichen Zweck der Informationspflicht ins Gegenteil verkehrt, wenn die angebotene Information die Aufnahmeschwelle übersteigt (vgl allgemein Heiderhoff, Gemeinschaftsprivatrecht 109 f). Eine Entscheidung auf informierter Basis ist nicht mehr möglich, wenn der Empfänger der Information diese auf Grund ihrer Fülle nicht mehr verarbeiten kann. Die richtige Balance zwischen zu wenig und zu viel Information wird man daher bei der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen – insbesondere über den Angemessenheitsvorbehalt (unten Rz 41 ff) – finden müssen (siehe dazu auch oben Rz 18).
F. Systematische Einordnung 23 Die Informationspflicht bildet einen Teil der Wohlverhaltensregeln.
Mit der Generalklausel des § 38 ist die vorliegende Bestimmung insofern verknüpft, als § 38 Rechtsträger bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen verpflichtet, insb auch § 40 zu entsprechen. Zum Verhältnis dieser Bestimmungen siehe Rz 32.
G. Normcharakter 24 Rechtsnatur: Als Teil der Wohlverhaltensregeln handelt es sich bei
§ 40 um eine primär aufsichtsrechtliche Norm, die allerdings Ausstrahlungswirkungen auf das Zivilrecht entfaltet; siehe bei § 38 Rz 7 ff. 25 Aus dem Zweck der Wohlverhaltensregeln, neben dem Anlegerschutz auch das Funktionieren der Wertpapiermärkte an sich zu gewährleisten (dazu bei § 38 Rz 5 f und oben Rz 19 f), folgt, dass es sich bei den Informationspflichten um zwingendes Recht handelt, weil sie letztlich auch überindividuellen Zwecken dienen. Ein Abbedingen einzelner oder aller Informationspflichten, sei es in AGB oder in einer individuellen Abrede, ist daher nicht zulässig. 26 Aus der Verwendung des Wortes „zumindest“ in Abs 1 folgt, dass der Gesetzgeber diesen Katalog an Informationspflichten im Sinne einer nicht abschließenden Aufzählung versteht (Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 110); es wird daher bloß ein Mindeststandard gesetzlich festgeschrieben. Auch in Dtld wird – obschon in 434
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der Aufzählung des § 31 Abs 3 WpHG das Wort „insbesondere“ fehlt – die Auffassung vertreten, dass es sich um Mindestvoraussetzungen handelt und daher im Einzelfall weitere Informationen geboten sein können, um dem Kunden eine fundierte Anlageentscheidung zu ermöglichen (Balzer, ZBB 2007, 338; Fuchs in Fuchs § 31 WpHG Rz 140).
III. Anwendungsbereich A. Persönlich Nach dem Wortlaut des Abs 1 müssen Rechtsträger die angeführten 27 Informationen allen Kunden übermitteln (siehe auch Einsele, JZ 2008, 478). Zum Begriff des Rechtsträgers siehe § 15 Rz 1 ff, zu jenem des Kunden § 1 Rz 22. Dies entspricht auch der in den Mat ausgedrückten Absicht des Gesetzgebers, die Informationspflichten des Abs 1 im Grundsatz für alle Kunden vorzusehen (Erl RV 17). Erst im Zuge der Konkretisierung der Informationspflichten in den folgenden Abs sowie den Anlagen wird auf die typischen Bedürfnisse einzelner Kundengruppen Bedacht genommen (unten Rz 48 ff).
B. Sachlich Weiters differenziert das Gesetz hinsichtlich der Informationspflicht 28 nicht zwischen den verschiedenen Wertpapierdienstleistungen; die Informationspflichten gelten daher lege non distinguente für alle Geschäftsfelder und somit auch für das execution-only-Geschäft (Weichert/Wenninger, WM 2007, 633; Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 33; krit Balzer, ZBB 2003, 186). Eine gewisse Anpassung an die jeweiligen Geschäftsfelder kann sich freilich über die Einschränkung auf die angemessene Information (siehe unten Rz 41 ff) ergeben; es handelt sich dabei nicht um das Abbedingen der Informationspflichten (dazu oben Rz 25), sondern um die Frage, wie weit die grundsätzlich bestehenden Informationspflichten im Einzelfall auszulegen ist. Durch den Verweis in § 38 ist die Bestimmung auch beim Handel 29 sowie der Annahme und Übermittlung von Aufträgen im Zusammenhang mit Veranlagungen gem § 1 Abs 1 Z 3 KMG anzuwenden. 435
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C. Analoge Anwendung 30 Fraglich könnte sein, ob die Informationspflichten des § 40 analog auch
auf vergleichbare Sachverhalte außerhalb des Gesetzes angewendet werden können. Die Rsp hat dies etwa in Bezug auf das Verhältnis zwischen Pensionskassen und Anwartschafts- bzw Leistungsberechtigten verneint, weil diesbezüglich keine Regelungslücke vorliege (OGH 07. 05. 2008, 9 ObA 86/07 y, ARD 5879/8/2008 = zuvo 2008/114, 167). Dem ist insofern beizupflichten, als im PKG eigene Informationspflichten (insb in § 19 PKG) vorgesehen sind, weshalb sich eine analoge Anwendung der Bestimmungen des WAG verbietet. 31 Allgemein ist fraglich, inwieweit eine analoge Anwendung der §§ 40 ff überhaupt zulässig ist. Einerseits verbietet sich eine analoge Anwendung in Ermangelung einer Regelungslücke dort, wo der Gesetzgeber ohnehin eigene Informationspflichten vorgesehen hat. Im Lichte dessen ist etwa die analoge Anwendung der Bestimmungen des WAG auf die fondsgebundene Lebensversicherung abzulehnen, weil in § 75 Abs 2 VAG dafür eigene Informationspflichten normiert sind (siehe auch oben Rz 14). Anderseits sind diese Bestimmungen auf das Verhältnis von Wertpapierdienstleistern zu ihren Kunden und dabei insb auf das Schutzbedürfnis von Kunden eines Wertpapierdienstleisters zugeschnitten, weshalb eine analoge Anwendung auf andere Kundenbeziehungen in der Regel nicht zulässig sein wird.
D. Verhältnis zu anderen Bestimmungen 1. Innerhalb des WAG 32 Zu § 38 WAG: § 38 WAG bestimmt allgemein iS einer Generalklausel,
dass Rechtsträger bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handeln müssen. Dabei verweist § 38 explizit auch auf § 40. Aus systematischer Sicht ist § 40 daher als Konkretisierung des § 38 aufzufassen. 33 Zu den §§ 41 und 42: Diese Bestimmungen stellen inhaltliche bzw formelle Anforderungen an die zu erteilende Information und dienen daher der näheren Ausformung der Informationspflicht des § 40. 34 Zu anderen Informationspflichten: Das Gesetz sieht auch an anderen Stellen Informationspflichten vor, so etwa in den §§ 35 Abs 5, 36 ff, 53 Abs 1, 54 Abs 2, 58 Abs 3, 61, 67, 68 Abs 4, und 75 Abs 5 ff. Bei diesen handelt es sich durchwegs um Sondertatbestände, die in ihrem Anwendungsbereich der allgemeinen Pflicht des § 40 vorgehen. 436
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2. Außerhalb des WAG Gesetzliche Informationspflichten stehen in engem Zusammenhang mit 35 der Frage, ob und in welchem Ausmaß Werbung für das jeweilige Produkt zulässig ist (Lurger, Vertragliche Solidarität 21 ff). Dies manifestiert sich insofern im WAG, als gem § 41 Abs 1 alle Informationen, die an Kunden bzw potentielle Kunden gerichtet sind, redlich, eindeutig und nicht irreführend sein müssen; zu den Informationen zählt die genannte Bestimmung ausdrücklich auch Marketingmitteilungen und damit die Werbung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Werbung waren bislang hauptsächlich im Lauterkeitsrecht angesiedelt. Indem das WAG nunmehr auch eigene Vorschriften für Marketingmitteilungen enthält, stellt sich die Frage nach deren Verhältnis zum Lauterkeitsrecht. In der Lit wird dazu vorgeschlagen, das UWG neben den auf der 36 MiFID bzw der DRL basierenden Vorschriften nur subsidiär anzuwenden (Köhler, WM 2009, 385 f). Begründet wird dies im Wesentlichen mit Erwägungsgrund 10 der RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, der festhält, diese Richtlinie gelte nur insoweit, als keine spezifischen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts vorliegen, die spezielle Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, wie etwa Informationsanforderungen oder Regeln darüber, wie dem Verbraucher Informationen zu vermitteln sind. Gegen eine Subsidiarität des UWG spricht allerdings, dass WAG und UWG teils unterschiedliche Ziele verfolgen und dazu auch unterschiedliche Instrumente einsetzen. Auch wenn im Lauterkeitsrecht neuerdings auch Aspekte des Verbraucherschutzes eine Rolle spielen und das WAG mittelbar auch die Mitbewerber schützt (so richtig Zeidler, WM 2008, 238), bleiben dennoch Unterschiede auf der Ebene der Rechtsfolgen. Verstöße gegen das WAG werden durch die Aufsichtsbehörde geahndet (siehe dazu im Einzelnen § 38 Rz 33), wohingegen bei Verstößen gegen das UWG Mitbewerber bzw die in § 14 UWG genannten Verbände auf Unterlassung, Mitbewerber zudem auf Schadenersatz klagen können. Angesichts der doch unterschiedlichen Schutzinstrumente würde daher die Annahme einer Subsidiarität ins Leere laufen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass WAG und UWG nebeneinander anwendbar sind (dafür auch Schäfer/ Lang in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 135; Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 106). ISd Ausnahmebestimmung des Art 19 Abs 9 MiFID ordnete § 40 37 Abs 6 in der Stammfassung den Vorrang von § 33 BWG betreffend Verbraucherkredite an, der in Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie (RL 87/102/EWG) ergangen ist. Mit Umsetzung der neuen Verbraucherkreditrichtlinie – 2008/48/EG durch das Verbraucherkredit437
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gesetz (VKrG) wurde auch der Verweis im WAG angepasst (vgl auch Erl RV 41). Damit wird eine doppelte Informationspflicht über den Verbraucherkredit nach BWG bzw VKrG und WAG vermieden, zumal dem Kunden mit einer „verdoppelten“ Informationspflicht auch nicht gedient wäre (siehe auch oben Rz 21 f). Da § 33 BWG allerdings nur die kreditspezifischen Risken, nicht jedoch jene Risken umfasste, die sich aus dem spezifischen Zusammenhang zwischen Wertpapierdienstleistung (bezogen auf den „Tilgungsträger“, also eines Instruments, das den Regeln des WAG unterworfen ist – meist Investmentfonds – und dazu dient, am Ende der Laufzeit des Kredits die Kreditvaluta zurück zu zahlen) und Kreditfinanzierung ergeben, sollte nach Auffassung des Gesetzgebers (Erl RV 18) der Rechtsträger dem Kunden gegenüber nach § 38 WAG zur Aufklärung über diese Risiken verpflichtet sein. Damit wollte man offenbar das Entstehen von Schutzlücken zwischen den Regelungsbereichen Verbraucherkredit und Wertpapierdienstleistungen verhindern. Angesichts der Tatsache, dass § 6 Abs 6 VKrG nunmehr eigene Informationspflichten bei Krediten mit Tilgungsträger vorsieht, wird man dies nicht mehr aufrechterhalten können, zumal auch die zugrunde liegende Verbraucherkreditrichtlinie eine Vollharmonisierung anstrebt.
IV. Elemente des § 40 A. Rechtsträger und Kunden 38 Die Informationspflicht trifft Rechtsträger iSd § 15 gegenüber ihren
Kunden. Dieser Formulierung ist zu entnehmen, dass eine Informationspflicht nur gegenüber eigenen Kunden, nicht aber auch gegenüber Kunden anderer Rechtsträger besteht (arg „ihre“). Indem § 1 Z 12 auch eine Person, der gegenüber den Rechtsträger vorvertragliche Pflichten treffen, zu den Kunden zählt, ist klargestellt, dass die Informationspflichten auch im vorvertraglichen Bereich gelten (siehe dazu § 1 Rz 22).
B. Informationen 39 Der Begriff der Information ist im Lichte der europarechtlichen Vor-
gaben (oben Rz 3) als Mitteilung von Tatsachen bzw Umständen, die für die Anlageentscheidung des Kunden benötigt werden, zu verstehen. Anstelle der Information wird häufig auch der synonyme Begriff der Aufklärung gebraucht. Dabei handelt es sich lediglich um eine terminologische, nicht aber um eine inhaltliche Abweichung, weil mit beiden Begriffen die Mitteilung von Tatsachen gemeint ist (Lang, Informati438
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onspflichten § 3 Rz 9); der eine Begriff betont dabei eher das Objekt, der andere den Vorgang der Mitteilung (Lange, Informationspflichten 23). Im Schrifttum (siehe die Nachweise bei Lang, Informationspflichten 40 § 3 Rz 3) und der Rsp (OGH 18. 03. 1986, 2 Ob 524/86, NZ 1987, 150) wird der Begriff der Information (Aufklärung) zuweilen mit dem Begriff der Beratung vermengt. Auch die DRL lässt in Erwägungsgrund 81 letzter Satz die Bereiche Information und Beratung ineinander verschwimmen. Zutreffend ist, dass Information und Beratung insofern ineinandergreifen, als die Beratung auf Informationen aufbaut, die dem Kunden zuvor oder gleichzeitig mitgeteilt worden sind (Lang, Informationspflichten § 3 Rz 10; P. Bydlinski, Die „Beraterhaftung“ der Banken im österreichischen Recht, in FS Hadding [2004] 764). Dennoch können Information und Beratung nicht synonym verstanden werden (Podewils/Reisich, NJW 2009, 117; Möllers in Kölner Kommentar § 31 WpHG Rz 225; Lange, Informationspflichten § 3 Rz 10; Lang, Informationspflichten 25 f; Leisch, Informationspflichten 130 f). Der Begriff der Beratung geht nämlich weiter als jener der bloßen Information, weil bei diesem neben der Tatsachenmitteilung auch eine Bewertung dieser Tatsachen bzw eine darauf basierende Empfehlung vor dem Hintergrund der persönlichen Verhältnisse und Ziele des Kunden erfolgt (siehe auch Möllers in Köln Kom § 31 WpHG Rz 231 ff; Lange, Informationspflichten § 3 Rz 10).
C. Angemessenheit Das Gesetz verlangt wie die MiFID nur, die angemessenen Informa- 41 tionen zur Verfügung zu stellen (zur Terminologie siehe Weichert/ Wenninger, WM 2007, 633 FN 77). Eine nähere Umschreibung der Angemessenheit bietet weder die RL noch das Gesetz. Zu beachten ist freilich die syntaktische Verknüpfung der Angemessenheit mit dem Ziel, wonach die Kunden durch die Information nach vernünftigem Ermessen in die Lage versetzt werden sollen, die genaue Art und die Risiken der Wertpapierdienstleistungen und des speziellen Typs von Finanzinstrument, der ihnen angeboten wird, zu verstehen, um so auf informierter Grundlage Anlageentscheidungen treffen zu können. Dieses Telos wird daher bei der Auslegung des Begriffs der Angemessenheit zu berücksichtigen sein. In der Beschränkung auf die angemessene Information ist jedenfalls 42 auch ein Hinweis darauf zu erblicken, dass ein Ausufern der Informationspflichten verhindert werden soll (dazu schon Rz 21 f). Insofern relativiert das Kriterium der Angemessenheit die notwendigen Infor439
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mationen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 140 mit Verweis auf Erwägungsgrund 44–46 der DRL). Darüber hinaus wird man bei der Beurteilung der Angemessenheit einer Informationserteilung auch die Einstufung des Kunden und seine Kenntnisse und Erfahrungen in Betracht ziehen müssen (Einsele, JZ 2008, 478). Ob zur Ermittlung der Angemessenheit der Erforderlichkeitsvorbehalt des alten Rechts in modifizierter Form herangezogen werden kann (in diese Richtung Weichert/Wenninger, WM 2007, 633), muss angesichts der Intensivierung der Pflichten (siehe Harrer, ÖBA 2007, 101 und bereits Rz 7) jeweils im Einzelfall überprüft werden.
D. Verständliche Form 43 Die geforderte Verständlichkeit bezieht sich nach dem Gesetzeswort-
laut auf die Form der Information. Daraus könnte man schließen, dass damit nur die äußere Gestalt der Information, nicht aber deren Inhalt gemeint ist; die inhaltlichen Anforderungen würden sich demnach aus § 41 ergeben. Form kann allerdings auch iS von Art und Weise verstanden werden, womit auch die inhaltliche Aufbereitung der Information umfasst wäre. Die MiFID verwendet in der dt Fassung ebenfalls den Begriff Form, die englische bzw französische Fassung das jeweilige Äquivalent („form“ bzw „forme“). Aus teleologischen Überlegungen wird man sich für das weiter gehende Verständnis entscheiden, weil ansonsten möglicherweise vom Gesetzgeber nicht gewollte Lücken über die inhaltliche Ausgestaltung der Information entstünden. Dies lässt sich auch aus der Natur der Sache begründen, zumal die beteiligten Verkehrskreise nicht nur eine verständliche Aufbereitung, sondern auch eine inhaltliche Verständlichkeit erwarten werden. 44 Zu klären ist, ob das Gesetz auf eine objektive Verständlichkeit abstellt, oder ob die Verständlichkeit subjektiv für den einzelnen Kunden gegeben sein muss. Angesichts des Umstandes, dass nach Abs 1 letzter Satz auch eine standardisierte Information zulässig ist, wird damit keine individuelle Verständlichkeit gemeint sein, weil eine standardisierte Information schwerlich auf einzelne Kunden zugeschnitten werden kann (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 WpHG Rz 31; vgl auch Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 126). Dies folgt auch aus dem Zweck der Bestimmung, nämlich dem Kunden eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung zu ermöglichen (oben Rz 10). Da die Entscheidung letztlich in den Verantwortungsbereich des Kunden fällt, ist dieser lediglich objektiv in die Lage zu versetzen, die Informationen auch zu erfassen. Ob der Kunde die Information tatsächlich (subjektiv) verstanden hat, ist unerheblich (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 129). 440
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Da die Informationen somit lediglich objektiv verständlich sein müssen, 45 ist noch zu untersuchen, nach welchem Maßstab dies zu beurteilen ist. In der Parallelbestimmung des § 41 Abs 2 wird als Bezugsperson ein durchschnittlicher Angehöriger des Personenkreises genannt, an den sich die Information richtet oder an den sie wahrscheinlich gelangt. Dieser Gedanke lässt sich auch auf die geforderte objektive Verständlichkeit der Information übertragen. Die Information muss somit für einen „Durchschnittsanleger“ iS eines typischen Anlegers des angesprochenen Kundenkreises verständlich sein (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 126; Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 31; unzutr Veil, WM 2007, 1823 f, der von einer Beurteilung im Einzelfall ausgeht). Da ein solcher Durchschnittsanleger typischerweise auch ein gewisses Maß an Sorgfalt an den Tag legt, zumal auch von rational agierenden Marktteilnehmern auszugehen ist, darf erwartet werden, dass die angebotenen Informationen angenommen und aufmerksam gelesen werden (siehe auch oben Rz 18). Verständlichkeit bedeutet somit nicht, dass schon eine flüchtige Lektüre zum gewünschten Verständnis führt und keine eigenen geistigen Leistungen auf Seiten des Anlegers vorausgesetzt werden dürfen (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 128).
E. Zur Verfügung stellen Indem das Gesetz vorsieht, dass Rechtsträger ihren Kunden Informa- 46 tionen zur Verfügung zu stellen haben, wird klargestellt, dass der Rechtsträger „Schuldner“ der Informationen ist. Auch lässt sich aus der Wendung „zur Verfügung stellen“ ableiten, dass es sich bei der Informationserteilung um einen grundsätzlich vom Rechtsträger ausgehenden Vorgang handeln muss. Nähere Ausführungen, wie die Information zur Verfügung zu stellen ist, enthält § 42 (siehe dort Rz 8 ff).
F. Rechtzeitigkeit als Tatbestandselement? Nach der in den Materialien zu Abs 1 niedergelegten Ansicht des 47 Gesetzgebers muss die Information zu einem Zeitpunkt erfolgen, der es dem Kunden noch ermöglicht, seine Anlageentscheidung in informierter Form zu treffen, dh noch bevor der Kunde die entsprechende Anlageentscheidung trifft (Erl RV 17). Die Annahme eines ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals der Rechtzeitigkeit ist freilich entbehrlich, zumal § 42 diesbezüglich genauere Vorgaben enthält. Der zit Satz in den Mat dürfte vielmehr eine bloß klarstellende Funktion erfüllen. 441
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V. Konkretisierung der Informationspflicht A. Informationen über den Rechtsträger und seine Dienstleistungen 1. Systematik 48 Das Gesetz unterscheidet entsprechend den Vorgaben der MiFID-
DRL allgemeine Informationen, die jedenfalls zu übermitteln sind (Art 30 Abs 1 MiFID-DRL), und solche, die bei der Erbringung von Portfolioverwaltungsdienstleistungen noch zusätzlich zu übermitteln sind (Art 30 Abs 2 und 3 MiFID-DRL). Neben der Unterscheidung nach der Art der Dienstleistung wird zusätzlich auch nach Kundenkategorien unterschieden.
2. Allgemeine Informationen 49 Den Umfang der einem Privatkunden zu übermittelnden allgemeinen
Informationen bestimmt Z 1 in Anlage 1 zu § 40. Dazu zählen Informationen, die die Kommunikation des Kunden mit dem Rechtsträger betreffen (lit a bis c), Informationen über den aufsichtsrechtlichen Status (lit d und e), Informationen über die Berichte nach § 48 (lit f), Informationen über die Maßnahmen zum Schutz des Kundenvermögens (lit g) sowie Informationen über den Umgang mit Interessenkonflikten (lit h und i). Diese allgemeinen Informationen nach der Anlage 1 müssen Privatkunden übermittelt werden, soweit diese relevant sind. Wonach sich die Relevanz der allgemeinen Informationen bestimmt, führen weder die RL noch das Gesetz aus (vgl Harrer, ÖBA 2007, 102; Wasserer, Neuordnung 136 FN 803). Aus der Zielsetzung der Informationsverpflichtung ist zu schließen, dass sich die Relevanz der Information auf die Anlageentscheidung des Kunden zu beziehen hat. Unter relevanten Informationen sind somit alle Informationen zu verstehen, die der Kunde in concreto für das Fällen einer eigenverantwortlichen Anlageentscheidung benötigt (vgl oben Rz 10 ff). 50 Zum Umfang der allgemeinen Informationen, die professionellen Kunden gegenüber erteilt werden müssen, trifft dass Gesetz keine Aussage. Angesichts des Umstandes, dass diese Kundengruppe regelmäßig in der Lage sein wird, sich relevante Informationen selbst zu verschaffen, wird man diesbezüglich eine geringere Detailtiefe fordern als bei Privatkunden. Benötigt der professionelle Kunde im Einzelfall bestimmte Informationen, die er sich nicht selbst beschaffen kann, so sind ihm diese Informationen zu erteilen. 442
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3. Zusätzliche Informationen bei der Portfolioverwaltung Bei der Erbringung von Portfolioverwaltungsdienstleistungen sieht 51 Abs 1 Z 1 sowie Z 2 in Anlage 1 zu § 40 zusätzliche Informationspflichten vor. Die nach Z 2 der Anlage 1 zu § 40 vorgeschriebenen zusätzlichen Informationen beschränken sich auf die Portfolioverwaltung für Privatkunden und sollen den Kunden in die Lage versetzen, sich vorweg ein Bild über das Leistungsspektrum des Verwalters zu machen (vgl Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 116). Die Informationen betreffen die Bewertung der Finanzinstrumente im Kundenportfolio (lit a), die Zulässigkeit der Delegation von Verwaltungsaufgaben (lit b), eine Vergleichsgröße, anhand derer die Wertentwicklung nachvollzogen werden kann (lit c; dazu unten Rz 52 f) sowie Anlagerichtlinien und Managementziele (lit d und e). Nach Abs 1 Z 1 ist eine angemessene Bewertungs- und Vergleichs- 52 methode vorzusehen. Da in diesem Zusammenhang nicht zwischen Kundenkategorien unterschieden wird, ist zu schließen, dass diese Pflicht gegenüber allen Kunden besteht. Eine Vergleichsgröße, anhand derer die Wertentwicklung des Kundenportfolios verglichen werden kann, ist zudem eine nach Z 2 lit c in Anlage 1 zu § 40 gegenüber Privatkunden erforderliche Information. Aus der Formulierung in Abs 1 Z 1 kann allerdings geschlossen werden, dass die dort geforderte angemessene Bewertungs- und Vergleichsmethode nicht unbedingt eine Vergleichsgröße sein muss (arg „etwa eine Vergleichsgröße“), sondern beispielsweise auch in einer absoluten Vorgabe (zB 5% Wertzuwachs pa) bestehen kann. Auch solche absolute Vorgaben ermöglichen es einem Kunden, die Leistung des Portfolioverwalters zu beurteilen. Der Gesetzgeber gebraucht den Begriff der Vergleichsgröße auch an 53 anderer Stelle, und zwar iZm den Berichtspflichten im Rahmen der Portfolioverwaltung (§ 50 Abs 1 mit Anlage 1). Auch dort scheint der Gesetzgeber davon auszugehen, dass die Vereinbarung einer Vergleichsgröße nicht zwingend vorgeschrieben ist, denn nach Anlage 1 zu § 50 ist einem Privatkunden ein Vergleich der Wertentwicklung während des Berichtszeitraums und der Vergleichsgröße nur für den Fall zu übermitteln, dass eine solche Vergleichsgröße zwischen Rechtsträger und Kunde vereinbart wurde (vgl dazu § 50 Rz 13). Bei genauerer Betrachtung erweist sich nicht nur das Gesetz, sondern auch die MiFID-DRL in diesem Punkt als widersprüchlich: Nach Art 30 Abs 3 lit c ist ein Kleinanleger über eine Vergleichsgröße zu informieren, anhand derer die Wertentwicklung des Kundenportfolios verglichen werden kann; in Art 41 Abs 2 lit e ist von einem Vergleich der Wertentwicklung während des Berichtszeitraums und der Vergleichsgröße 443
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die Rede, wobei hinsichtlich der Vergleichsgröße die Einschränkung erfolgt „falls eine solche zwischen Wertpapierfirma und Kunde vereinbart wurde“. Auch die englische Sprachfassung lautet in beiden genannten Richtlinienbestimmungen „Benchmark“. Dieser Widerspruch lässt sich uE am ehesten in der Richtung auflösen, dass man annimmt, mit der in Art 30 Abs 3 lit c bzw in Anlage 1 zu § 40 genannten Vergleichsgröße sei eigentlich die angemessene Bewertungs- und Vergleichsmethode gemeint, die zwar in einer echten Vergleichsgröße bestehen kann, aber wie gezeigt auch eine absolute Vorgabe iS eines bestimmten Betrags oder Prozentsatzes sein kann (zustimmend Buchinger/Zivny, ecolex 2008, 14).
B. Informationen über die Finanzinstrumente sowie vorgeschlagene Anlagestrategien 54 Art 19 Abs 3 zweiter Gedankenstrich MiFID sieht eine Information
über Finanzinstrumente und vorgeschlagene Anlagestrategien vor, wobei auch geeignete Leitlinien und Warnhinweise zu den mit einer Anlage in diese Finanzinstrumente oder mit diesen Anlagestrategien verbundenen Risiken umfasst sein sollten. Das WAG trennt die Information über die Finanzinstrumente (Abs 1 Z 2) und die vorgeschlagenen Anlagestrategien (Abs 1 Z 5). Auf Grund der europarechtlichen Wurzel der Informationspflicht und der Tatsache, dass in der Praxis die Information über die Anlagestrategie und die Information über die dabei in Betracht kommenden Finanzinstrumente wohl zu einem großen Teil deckungsgleich sein wird, ist dieser Trennung durch das WAG inhaltlich keine Bedeutung beizumessen. 55 Die Informationspflichten hinsichtlich der Finanzinstrumente nach Abs 1 Z 2 wird von Abs 2 näher ausgeführt, wobei sich die dort enthaltenen Regeln an Art 31 MiFID-DRL orientieren. Dabei wird zwischen Privatkunden und professionellen Kunden differenziert. Für alle Kundengruppen gilt dabei die Pflicht, über besondere Risken eines aus mindestens zwei verschiedenen Finanzinstrumenten oder Finanzdienstleistungen zusammengesetzten Finanzinstruments („compound product“) zu informieren (dazu Harrer, ÖBA 2007, 103; Seyfried, WM 2006, 1379). Explizit nur auf Privatkunden bezieht sich die Pflicht, im Falle von Finanzinstrumenten, die eine Garantie durch einen Dritten beinhalten, über diese Garantie zu informieren (dazu Harrer, ÖBA 2007, 103; Seyfried, WM 2006, 1379). Weiters besteht gegenüber einem Privatkunden die Verpflichtung, bei Finanzinstrumenten, die zu diesem Zeitpunkt öffentlich angeboten werden, und zu denen iZm diesem Angebot ein Prospekt gemäß den §§ 2 ff KMG oder den auf Grund der Prospektrichtlinie (RL 2003/71/EG) erlassenen 444
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Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates veröffentlicht worden ist, dem Privatkunden mitzuteilen, wo dieser Prospekt erhältlich ist. Übermittelt der Rechtsträger dem Kunden den Prospekt, so gilt dies nach Erwägungsgrund 52 MiFID-DRL nicht als Information des Rechtsträgers, es sei denn, dieser ist für den Prospektinhalt verantwortlich (Harrer, ÖBA 2007, 103 FN 57); nur im letztgenannten Fall können allfällige Fehler des Prospekts dem Rechtsträger auch als mangelhafte Information iSd WAG angelastet werden. Hinsichtlich der Risikohinweise differenziert der Gesetzgeber zwi- 56 schen den Kundenkategorien, indem er dem Rechtsträger vorgibt, bei der Beschreibung der Risken insb der Einstufung des Kunden als Privatkunde oder professioneller Kunde Rechnung zu tragen. In Bezug auf professionelle Kunden wird vertreten, dass eine Information über Art und Risiken der angebotenen Finanzinstrumente regelmäßig entbehrlich sei, zumal das Gesetz in anderem Zusammenhang die Vermutung aufstelle, dass professionelle Kunden über die zur Risikoeinschätzung erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 141). Dem kann mit der Maßgabe zugestimmt werden, dass es sich um Geschäfte handelt, hinsichtlich derer der Kunde als professioneller Kunde eingestuft ist. Anlage 3 konkretisiert die Anforderungen an Risikohinweise weiter. 57 Aus den europarechtlichen Vorgaben und deren Umsetzung geht hervor, dass lediglich eine anlageformbezogene Information, welche die Risiken des jeweiligen Typs von Finanzinstrument darstellen soll, geschuldet ist, nicht aber eine anlageobjektbezogene Information, welche auch die speziellen Risken des konkreten Anlageobjekts enthielte (Weichert/Wenninger, WM 2007, 634; Gruber in Braumüller/ Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 113 f; aA zur Rechtslage vor der MiFID Leisch, Informationspflichten 133 ff). Dies folgt aus der Formulierung der Z 1 von Anlage 1, wo auf die mit Finanzinstrumenten der betreffenden Art einhergehenden Risiken Bezug genommen wird (vgl auch Einsele, JZ 2008, 478). Etwa bei Aktien ist somit auf das allgemeine Kursrisiko hinzuweisen, nicht aber auf das individuelle Risiko einer bestimmten Aktie, das zB darin bestehen kann, dass es auf Grund wirtschaftlicher Probleme der Gesellschaft zu einem Kursrückgang kommen könnte (Ilg, Wohlverhaltensregeln 68). Eine Hinweispflicht auf derartige Umstände kann sich freilich aus dem Verhältnis des Kunden zum Rechtsträger, insbesondere aus einer entsprechenden Beratungspflicht, ergeben. Auf das Risiko einer schadenskausalen Veruntreuung des Geldes muss freilich in keinem Fall hingewiesen werden, zumal es sich dabei um ein letztlich jeder Fremdveranlagung immanentes Risiko handelt (OGH 29. 01. 2009, 2 Ob 189/08 w; OGH 445
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21. 02. 2008, 6 Ob 249/07 x, ZFR 2008/63, 115 = EvBl 2008/117, 597 = ecolex 2008/183, 528 = ÖBA 2008/1500, 665). Das Gleiche muss wohl auch für das Risiko der Insolvenz des Garanten (etwa einer Bank) gelten. Für derartige Risikohinweise können die derzeit im Umlauf befindlichen Risikohinweise, die auf dem „Leitfaden zur Anlageberatung“ der WKÖ beruhen, als Vorbild dienen (Erl RV 18). Diese Risikohinweise wurden durch die Bundessparte Bank und Versicherung und den Fachverband der Finanzdienstleister den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen angepasst und können über die Website der WKÖ (http://wko.at/finanzdienstleister) bzw der FMA (www.fma.gv.at) eingesehen werden. 58 Bei Anteilen an einem Organismus für gemeinsame Anlagen iSd OGAW-Richtlinie (RL 85/611/EWG) gilt bereits ein vereinfachter Prospekt gemäß Art 28 OGAW-Richtlinie nach § 40 Abs 5 WAG als angemessene Information (dazu Weichert/Wenninger, WM 2007, 634; Seyfried, WM 2006, 1379). Im Lichte dessen sind Prospekte für Investmentfonds nach § 20 a InvFG, Immobilien-Investmentfonds nach dem ImmoInvFG und Pensionsinvestmentfonds nach InvFG, die den OGAW-Standard erfüllen, als angemessene Information iSd RL wie des WAG zu sehen (Erl RV 18). Damit wird vermieden, dass hinsichtlich Informationen, die ohnehin im vereinfachten Prospekt enthalten sind, eine doppelte Informationspflicht besteht. Insofern berücksichtigt das Gesetz die Grenzen des Informationsmodells und trägt Sorge, dass Kunden nicht durch ein Übermaß an – im vorliegenden Fall sogar gleichläufiger – Information überfordert werden (siehe auch oben Rz 21 f).
C. Informationen über den Schutz von Kundenfinanzinstrumenten und Kundengeldern 59 Die Informationspflichten über den Schutz von Kundenfinanzinstru-
menten und Kundengeldern nach Abs 1 Z 3 werden in Abs 3 näher ausgeführt. Diese Ausführung orientiert sich an Art 32 Abs 5 und 6 MiFID-DRL und ist sowohl für Privatkunden als auch für professionelle Kunden relevant. Letzteres folgt aus dem Umstand, dass im Gesetzestext von „Kunden“ die Rede ist, was nach § 1 Z 12 alle Kundengruppen umfasst (siehe bei § 1 Rz 22).
D. Informationen über Kosten und Nebenkosten sowie Ausführungsplätze 60 Die einem Privatkunden zu übermittelnden Informationen über Kos-
ten und Nebenkosten werden in Anlage 4 konkretisiert. Diese trägt den Vorgaben des Art 33 MiFID-DRL Rechnung. 446
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Aus der Tatsache, dass sich die Informationspflichten nach Art 33 61 MiFID-DRL explizit nur an Privatkunden richten, wollen manche schließen, der europäische Gesetzgeber sei vom Fehlen eines entsprechenden Informationsbedürfnisses bei professionellen Kunden ausgegangen (Weichert/Wenninger, WM 2007, 634). Dieser Auffassung kann allerdings nicht gefolgt werden. Bei Art 33 MiFID-DRL handelt es sich um eine Konkretisierung von Art 19 Abs 3 4. GS MiFID. Da die Vorschrift der MiFID nicht nach Kundengruppen differenziert, ist die Bestimmung in der DRL so zu verstehen, dass sie den Informationsstandard für Privatkunden verbindlich festlegt. Es ist in Art 19 Abs 3 MiFID nämlich allgemein von der Information für „Kunden“ die Rede, was nach der Begrifflichkeit der MiFID alle Kundengruppen umfasst (siehe dazu auch bei § 1 Rz 22). Der DRL ist ferner nicht zu entnehmen, dass eine Information professioneller Kunden über Kosten und Nebenkosten unterbleiben könne, zumal dies im Grundsatz Art 19 Abs 3 4. GS MiFID widersprechen würde. Auch professionelle Kunden sind daher in angemessener und verständlicher Weise über die Kosten und Nebenkosten zu informieren (Harrer, ÖBA 2007, 103 FN 64; Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 116 FN 143). Dieser Systematik folgt auch das WAG, indem es in § 40 Abs 1 Z 4 eine Informationspflicht über Kosten und Nebenkosten grundsätzlich für alle Kundengruppen vorsieht und nur die konkretisierende Anlage 4 ausdrücklich auf die Information von Privatkunden beschränkt. Mit der Information über Kosten und Nebenkosten ist in gewisser Weise 62 auch die von Abs 1 Z 6 geforderte Information über die Ausführungsplätze verknüpft, denn bei der Information über die Ausführungsplätze wird den dort entstehenden Kosten eine zentrale Rolle zukommen, zumal sich nach § 54 Abs 1 das bestmögliche Ergebnis für Privatkunden nach dem Gesamtentgelt und damit auch nach den Kosten bestimmt. Eine Informationspflicht über unterschiedliche Kosten der jeweiligen Ausführungsplätze lässt sich freilich aus Abs 1 Z 6 nicht ableiten, dieser Umstand spielt allerdings im Rahmen der Durchführungspolitik eine Rolle (Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 118).
VI. Einzelfragen A. Marketingmitteilungen Weder die europarechtlichen Vorgaben noch das WAG enthalten eine 63 Begriffsdefinition der Marketingmitteilung (krit Ilg, Wohlverhaltensregeln 58; Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 447
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108; ders, ZFR 2009, 42). Nach allgemeinem Verständnis fallen darunter Äußerungen eines Rechtsträgers, die den Zweck verfolgen, den Absatz seiner Dienstleistungen zu fördern. Dies entspricht auch der Definition in anderen Rechtsakten des Gemeinschaftsrechts, die hier ergänzend zur Auslegung des Begriffs der Marketingmitteilung herangezogen werden kann (Köhler, WM 2009, 387 unter Hinweis auf Art 2 lit f der RL 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr; siehe aber auch Art 2 lit a der RL 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass es sich um eine öffentliche Äußerung handeln muss. Auch eine Mitteilung an einen einzelnen Kunden im Hinblick auf ein bestimmtes Wertpapier ist als Marketingmitteilung zu qualifizieren, wenn sie den Empfänger dazu veranlassen könnte, eine Wertpapierdienstleistung in Anspruch zu nehmen (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 107). In der Praxis werden daher die meisten Informationen, die von einem Rechtsträger ausgehen, auch als Marketingmitteilungen zu qualifizieren sein; lediglich Mitteilungen, die auch nicht mittelbar dazu dienen, einen Kaufanreiz zu schaffen, werden vom Begriff der Marketingmitteilung nicht erfasst (vgl Köhler, WM 2009, 387). 64 Das WAG statuiert inhaltliche Anforderungen für Marketingmittei-
lungen. Nach Abs 7 Z 1 müssen die darin enthaltenen Informationen mit anderen Informationen des Rechtsträgers im Einklang stehen. Dies ergibt sich freilich auch aus dem Gebot der redlichen, eindeutigen und nicht irreführenden Information in § 41 Abs 1, das ausdrücklich auch für Marketingmitteilungen gilt (s dort). Abs 7 Z 1 stellt somit nur klar, was nach allgemeinen Grundsätzen ohnehin gilt. Marketingmitteilungen haben jedenfalls die allgemeinen Anforderungen an die Kundeninformation, die sich aus Art 27 MiFID-DRL bzw § 41 WAG und der darauf basierenden VO ergeben, zu erfüllen (dazu Harrer, ÖBA 2007, 102, 104; Ekkenga in MünKom HGB V2 Effektengeschäft Rz 254 und § 41 Rz 14 ff.). 65 Fraglich ist, ob die Marketingmitteilungen in jedem Fall auch die
Informationen nach Art 30–33 MiFID-DRL bzw § 40 Abs 1 Z 1 bis 6 WAG enthalten müssen. Dagegen spricht insb Erwägungsgrund 46 MiFID-DRL, wonach es nicht angebracht wäre, derartige Bedingungen auf Marketingmitteilungen anzuwenden, die nur Name der Firma, Logo oder ein anderes mit der Firma zusammenhängendes Bild, Kontaktadresse, Angaben zur Art der von der Firma erbrachten Wertpapierdienstleistungen oder zu ihren Gebühren und Provisionen enthalten. Daraus ist zu schließen, dass nach Ansicht des Richtliniengebers die spezifischen Informationspflichten nur dann auf Marketingmitteilungen anzuwenden sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Kom448
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munikationsmittels angemessen und verhältnismäßig erscheint (Harrer, ÖBA 2007, 104). Marketingmitteilungen müssen daher uU die gemäß Art 30–33 MiFID-DRL bzw § 40 Abs 1 Z 1 bis 6 WAG erforderlichen Angaben nicht enthalten, sehr wohl aber dem Gebot der redlichen, eindeutigen und nicht irreführenden Information entsprechen. Die Ausnahmebestimmung ist nämlich so zu verstehen, dass sie mit Rücksicht auf das Medium von den umfangreichen Informationspflichten dispensiert, nicht aber von den allgemeinen Anforderungen an die Information. Sie beinhaltet somit keinen Freibrief zu einer Irreführung des Kunden durch die Werbung, sondern lediglich eine umfangmäßige Erleichterung für den Werbenden (vgl die Kritik an dieser Einschränkung von Zeidler, WM 2008, 239). Nach Art 29 Abs 8 haben allerdings bestimmte Marketingmitteilungen jedenfalls auch die Angaben der Art 30–33 MiFID-DRL zu enthalten; diese Fälle betrifft § 40 Abs 7 Z 2 in Umsetzung der genannten Richtlinienbestimmung. Der Gesetzgeber hat dabei die Formulierung der RL betreffend einen „Vertrag über ein Finanzinstrument“ nicht in den Gesetzestext übernommen, weil er ihn insofern mit Recht für redundant befand, als diese Verträge über ein Finanzinstrument im ohnehin enthaltenen Begriff der Wertpapierdienstleistung aufgingen (Erl RV 18).
B. Information in standardisierter Form Abs 1 letzter Satz ermöglicht ausdrücklich die Übermittlung der Infor- 66 mationen auch in standardisierter Form. Damit wird insb eine Information über eigene Informationsbroschüren zugelassen (Weichert/Wenninger, WM 2007, 633). Auch liegt es im Entscheidungsspielraum des Rechtsträgers, ob er die Information als Teil einer Marketingmitteilung oder durch Aufnahme in den Einzelvertrag übermittelt, solange dies rechtzeitig iSd Gesetzes geschieht (Harrer, ÖBA 2007, 102). Gleichzeitig ist damit aber festgelegt, dass keine auf den einzelnen Kunden bezogene individuelle Information geschuldet ist, weil sonst die Zulässigkeit einer standardisieren Information gegenstandslos wäre (Weichert/Wenninger, WM 2007, 633; ebenso Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 122). Wenn aber zuweilen daran Kritik geübt wird, dass es zulässig ist, Informationen in standardisierter Form zu übermitteln (zB Wasserer, Neuordnung 166 f), so ist nicht zu übersehen, dass eine individuelle Information aller Kunden bzw potenziellen Kunden in der Praxis kaum durchführbar wäre. Ein Rückgriff auf Informationsbroschüren ist va dann sinnvoll, wenn es sich um Informationen handelt, die für eine große Zahl an Kunden von Bedeutung sind. Es versteht sich von selbst, dass auch die standardisierte Information den Anforderungen des WAG zu genügen hat und daher 449
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gemäß § 41 redlich, eindeutig und nicht irreführend sein muss (die Kritik von Wasserer, Neuordnung 166 f geht daher ins Leere). Außerdem wird die standardisierte Information oftmals die Grundlage für weiterführende Informationen durch den Rechtsträger bilden, je nachdem, welches Rechtsverhältnis zwischen dem Kunden und dem Rechtsträger besteht (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 132).
C. wesentliche Änderungen 67 Die in Abs 4 enthaltene Verpflichtung zur rechtzeitigen Mitteilung
wesentlicher Änderungen folgt aus Art 29 Abs 6 MiFID-DRL. Für die Frage, wann eine solche Mitteilung als rechtzeitig gelten kann, wird man sich an Erwägungsgrund 48 der MiFID-DRL orientieren können (dafür auch Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 126; ders, RdW 2008, 73). Dieser bezieht sich zwar auf die Rechtzeitigkeit iSd § 42, passt allerdings wegen des sachlichen Zusammenhangs auch für die Auslegung der vorliegenden Bestimmung. Es ist kein Grund ersichtlich, warum in diesem Zusammenhang zwischen Erstinformation und Folgeinformationen zu differenzieren wäre. Dem Kunden muss somit wie nach § 42 (dazu dort Rz 8 ff) ausreichend Zeit verbleiben, um die geänderten Informationen zu verstehen und darauf zu reagieren (Ilg, Wohlverhaltensregeln 79). Zur Übermittlung auf einem dauerhaften Datenträger siehe § 42 Rz 12 ff.
VII. Rechtsfolgen eines Verstoßes 68 Ein Verstoß gegen § 40 kann Sanktionen im Aufsichtsrecht, Verwal-
tungsstrafrecht und Zivilrecht nach sich ziehen. Siehe dazu allgemein § 38 Rz 33 ff. 69 Im Zusammenhang mit den Informationspflichten ist außerdem § 871 Abs 2 ABGB von Bedeutung. Nach dieser Bestimmung gilt ein Irrtum über einen Umstand, über den die andere Vertragspartei nach geltenden Rechtsvorschriften aufzuklären hätte, immer als Geschäftsirrtum und nicht als bloßer Motivirrtum (dazu Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 151 f; Bollenberger in KBB² § 871 ABGB Rz 13; Rummel in Rummel I³ § 871 ABGB Rz 14; Apathy/Riedler in Schwimann IV³ § 871 ABGB Rz 11). Da es sich bei den Informationspflichten des § 40 um positiv-rechtliche Aufklärungspflichten iSd § 871 Abs 2 ABGB handelt, kommt bei einer mangelhaften Information auch die Irrtumsanfechtung in Betracht. Da § 871 Abs 2 ABGB lediglich klarstellt, dass bei Verletzung gesetzlicher Aufklärungspflichten jedenfalls ein anfech450
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tungsrelevanter Geschäftsirrtum vorliegt, nicht aber auch von den sonstigen Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung absieht, müssen diese – insb die Kausalität des Irrtums für den Geschäftsabschluss – im Detail geprüft werden (Rummel in Rummel ABGB³ § 871 Rz 14). Bei der Frage nach der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit für mangel- 70 hafte Information ergibt sich auch das Problem, wer die Beweislast für die Mangelhaftigkeit der Information trägt. Nach allgemeinen Regeln hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Normen zu beweisen, sofern keine gesetzlichen Spezialregeln vorgehen (Fasching, Zivilprozessrecht2 [1990] Rz 881 ff mwN). Im Bereich der Sonderverbindungen verlagert allerdings § 1298 ABGB die Beweislast: Der Schädiger muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft, was man richtigerweise auf die objektive Sorgfaltswidrigkeit ausdehnen kann (siehe dazu auch bei § 38 Rz 41 f). Inwieweit dies auch für die Verletzung von Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten gilt, ist umstritten (vgl Karner in KBB2 § 1298 ABGB Rz 4; Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 16/ 30 ff; Reischauer in Rummel ABGB3 § 1298 Rz 14 f mwN). Die Beweislastumkehr wird in diesem Fall nur dann greifen, wenn ein objektiver Mangel in der Sphäre des Schuldners vorliegt, weil nur in diesem Fall ein objektives Zurückbleiben des Geleisteten hinter dem Geschuldeten den Schuldner belastet (F. Bydlinski, Zur Haftung der Dienstleistungsberufe in Österreich und nach dem EG-Richtlinienvorschlag, JBl 1992, 341 [347 ff]; zust Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 16/33). Die Beweislastumkehr greift daher nicht ein, wenn die Dokumentation der Informationserteilung durch den Rechtsträger einwandfrei ist. Hat zB der Kunde den Erhalt bestimmter Informationen mit seiner Unterschrift quittiert, so wäre er für einen behaupteten Nichterhalt dieser Informationen beweispflichtig.
Bedingungen für redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationen § 41. (1) Alle Informationen, einschließlich Marketingmitteilungen, die ein Rechtsträger an Kunden richtet, müssen redlich und eindeutig sein und dürfen nicht irreführend sein. Zu diesen Informationen zählen auch der Name und die Firma des Rechtsträgers. Marketingmitteilungen müssen eindeutig als solche erkennbar sein. Alle Informationen, einschließlich Marketingmitteilungen, die ein Rechtsträger an Privatkunden richtet oder so verbreitet, dass diese Personen wahrscheinlich von ihnen Kenntnis erlangen, haben zusätzlich die in Abs. 2, 4 und 5 sowie in der aufgrund von Abs. 3 erlassenen Verordnung der FMA festgelegten Bedingungen zu erfüllen. 451
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(2) Die Informationen müssen zutreffend sein und dürfen insbesondere keine möglichen Vorteile einer Wertpapierdienstleistung oder eines Finanzinstruments hervorheben, ohne redlich und deutlich auf etwaige damit einhergehende Risiken hinzuweisen. Sie müssen ausreichend und in einer Art und Weise dargestellt sein, dass sie für einen durchschnittlichen Angehörigen des Personenkreises, an den sie gerichtet sind oder zu dem sie wahrscheinlich gelangen, verständlich sind. Wichtige Aussagen oder Warnungen dürfen nicht verschleiert, abgeschwächt oder missverständlich dargestellt werden. (3) Die FMA hat mittels Verordnung festzulegen, welche Anforderungen Informationen erfüllen müssen, die die nachfolgenden Angaben enthalten: 1. Einen Vergleich von Wertpapierdienstleistungen, Nebendienstleistungen, Finanzinstrumenten oder Personen, die Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen erbringen, 2. einen Hinweis auf die frühere Wertentwicklung eines Finanzinstruments, eines Finanzindexes oder einer Wertpapierdienstleistung, 3. eine Simulation einer früheren Wertentwicklung oder einen Verweis auf eine solche Simulation oder 4. eine künftige Wertentwicklung. Diese Anforderungen haben Art. 27 Abs. 3 bis 6 der Richtlinie 2006/ 73/EG zu entsprechen und müssen gewährleisten, dass diese Angaben redlich, eindeutig und nicht irreführend sind. (4) Beziehen sich die Informationen auf eine bestimmte steuerliche Behandlung, ist deutlich darauf hinzuweisen, dass diese von den persönlichen Verhältnissen des jeweiligen Kunden abhängt und künftigen Änderungen unterworfen sein kann. (5) In den Informationen darf der Name einer Aufsichtsbehörde nicht in einer Weise genannt werden, die andeutet oder nahe legt, dass die Produkte oder Dienstleistungen des Rechtsträgers von dieser Aufsichtsbehörde gebilligt oder genehmigt werden. IdF BGBl I 22/2009. Schrifttum: Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschuer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Gruber, Marketingmitteilungen im WAG 2007, ZFR 2009, 42; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006, zugänglich unter http://opus.bibliothek.uni-
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augsburg.de/volltexte/2006/379/); Köhler, Was haben Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei der Werbung zu beachten?, WM 2009, 385; Schäfer/Lang, Für alle Wertpapierdienstleistungen relevante Informationen, in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch (2007) 63; Seyfried, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) – Neuordnung der Wohlverhaltensregeln, WM 2006, 1375; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID – unter besonderer Berücksichtigung des WAG 2007 (2008); Zeidler, Marketing nach MiFID, WM 2008, 238. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 41): „Abs. 1 setzt Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Betreffend die Firma und den Namen des Rechtsträgers sind auch der Grundsatz der Firmenwahrheit und der Bezeichnungsschutz nach § 94 BWG zu beachten. Abs. 2 setzt Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 enthält eine Verordnungsermächtigung der FMA, durch die eine bessere Anpassung der allgemeinen Anforderungen der Richtlinie an die Besonderheiten des österreichischen Marktes gewährleistet werden soll. Abs. 4 und 5 setzen Art. 27 Abs. 7 und 8 der Richtlinie 2006/73/EG um.“ Erl RV GP XXIV RV 45 (Zu § 41 Abs. 3 und § 42 Abs. 2): „Es werden redaktionelle Klarstellungen gemacht.“
Übersicht I. A. B. II. III. A. B. C. IV. A. B. C. D. E. F. V. A. B. C. D. E. F.
Entstehungsgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . persönlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . sachlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu anderen Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tatbestandselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marketingmitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . redlich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eindeutig. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nicht irreführend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erkennbarkeit von Marketingmitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besondere Anforderungen bei Privatkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verständlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Proportionalität der Darstellung von Vorteilen und Risiken . . Vergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinweise auf frühere Wertentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–4 1 2–4 5–6 7–9 7 8 9 10–23 10–12 13 14–16 17–18 19–21 22–23 24–43 24 25 26–30 31–32 33–38 39
453
§ 41 G. H. V.
Brandl/Klausberger Künftige Wertentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40–41 42–43 44
I. Entstehungsgeschichte A. Europarechtliche Vorgaben 1 Die ISD sah in Art 11 Abs 1 zwar eine Verpflichtung zur Mitteilung
aller zweckdienlichen Informationen in geeigneter Form vor, stellte sonst aber keine näheren Anforderungen an die zu erteilende Information. Demgegenüber enthält Art 19 Abs 2 MiFID das Gebot, wonach Informationen, die eine Wertpapierfirma an Kunden oder potenzielle Kunden richtet, redlich und eindeutig sein müssen und nicht irreführend sein dürfen. Marketingmitteilungen werden der Information ausdrücklich gleichgestellt und darüber hinaus bestimmt, dass Marketingmitteilungen eindeutig als solche erkennbar sein müssen. Art 27 MiFID-DRL konkretisiert die Anforderungen des Art 19 Abs 2 MiFID weiter. Empfehlungen des CESR auf Stufe 3 sind indes noch ausständig (siehe auch § 40 Rz 2).
B. Umsetzung 2 Die Umsetzung in Österreich erfolgte in § 41 Abs 1 hinsichtlich der
allgemeinen Vorgaben des Art 19 Abs 2 MiFID; die folgenden Abs setzten die Vorgaben des Art 27 MiFID-DRL um. Auf Grund der in Abs 3 enthaltenen Ermächtigung hat die FMA die Verordnung über Standards für Verfahren und Maßnahmen zur Bewältigung von Interessenkonflikten und über Informationen für Kunden bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen (Interessenkonflikte- und Informationen für Kunden-Verordnung – IIKV; BGBl II 216/2007) erlassen. Da der Gestaltungsspielraum der FMA durch die relativ detaillierten Vorgaben des Art 27 Abs 3 bis 6 MiFID-DRL eingeschränkt war, gibt die Verordnung in §§ 3 bis 6 die entsprechenden Passagen der DRL wörtlich wieder (dazu im Detail unten Rz 31 ff). 3 Die Novelle BGBl I 22/2009 hat eine nicht Sinn störende Wortwiederholung in Abs 3 korrigiert. 4 Die Umsetzung in Deutschland erfolgte zum einen in § 31 Abs 2 WpHG hinsichtlich der aus Art 19 Abs 2 MiFID resultierenden Vorgaben. Die Vorgaben des Art 27 MiFID-DRL wurden in § 4 der Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen zur Konkretisierung 454
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der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen umgesetzt.
II. Normzweck und leitende Grundsätze § 41 führt die in § 40 eingeführte Verpflichtung zur angemessenen 5 Information näher aus, indem Bedingungen für redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationen aufgestellt werden. Das Gesetz trachtet danach, eine Irreführung des Kunden durch falsche oder missverständliche Information zu vermeiden. Dadurch, dass der Kunde nach dem Konzept des WAG eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung auf Basis der übermittelten Informationen treffen soll (siehe dazu § 40 Rz 9 ff), schlagen Inhalt und Qualität der Informationen unmittelbar auf die Anlageentscheidung durch. Die inhaltlichen Anforderungen an die Information dienen somit dazu, eine möglichst rationale Anlageentscheidung durch den Kunden sicherzustellen. Das Erfordernis einer redlichen, eindeutigen und nicht irreführenden 6 Information wird in Abs 1 Satz 1 relativ allgemein eingeführt. Da das Gesetz hier nicht differenziert, sondern allgemein von Kunden handelt, gilt dies sowohl für Privatkunden als auch für professionelle Kunden (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 13). Eine Differenzierung findet freilich insofern statt, als Abs 1 letzter Satz darüber hinaus Sondervorschriften für Privatkunden aufstellt. Dieser Gruppe gegenüber wird das Gebot der redlichen, eindeutigen und nicht irreführenden Information in der Folge durch die spezielleren Gebote bzw Verbote der Abs 2, 4 und 5 sowie der auf Basis des Abs 3 erlassenen IIKV näher konkretisiert.
III. Anwendungsbereich A. persönlich Siehe § 40 Rz 27.
7
B. sachlich Der sachliche Anwendungsbereich des Abs 1 ist weit gefasst. Wie 8 auch die RL (dazu Ilg, Wohlverhaltensregeln 56 f) stellt das Gesetz nicht darauf ab, ob der Rechtsträger zur Erteilung der Informationen verpflichtet ist oder nicht (Koller in Assmann/Schneider5 § 31 WpHG 455
§ 41
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Rz 11). Erfasst sind unterschiedslos alle Informationen, ohne dass es auf Grund oder Zweck der Informationsübermittlung ankäme. Dies folgt schon aus der Formulierung der RL wie des Gesetzes, worin ausdrücklich auf alle Informationen Bezug genommen wird, ohne dass weiter zwischen Pflichtinformationen und freiwilligen Informationen unterschieden wird. Darüber hinaus wäre eine solche Differenzierung im Lichte des Normzwecks bedenklich, weil falsche oder irreführende Informationen die freie Entscheidung des Anlegers negativ beeinflussen können, gleichgültig ob es sich dabei um verpflichtende oder freiwillig erteilte Informationen handelt. Diese Auffassung wurde auch vom CESR im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsverfahrens vertreten (consultation paper CESR/04–562 S 13) und vom dt Gesetzgeber in die Erläuterungen zum FRUG aufgenommen (Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks 16/ 4028, S 63 f).
C. Verhältnis zu anderen Bestimmungen 9 Nach § 41 Abs 1 zweiter Satz müssen auch Name und Firma des
Rechtsträgers den Anforderungen genügen. Fraglich ist daher das Verhältnis dieser Bestimmung zu firmenrechtlichen Vorschriften. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist zusätzlich auch der Grundsatz der Firmenwahrheit und der Bezeichnungsschutz nach § 94 BWG zu beachten (Erl RV 18). Gegen eine solche kumulative Anwendung der genannten Bestimmungen ist nichts einzuwenden, zumal sich die Rechtsfolgen nicht gegenseitig ausschließen und dies offenbar auch dem Willen des Gesetzgebers entspricht (vgl Larenz/Canaris, Methodenlehre³ 87 ff).
IV. Tatbestandselemente A. Informationen 10 Zum Informationsbegriff siehe allgemein § 40 Rz 39 f. 11 Die in Abs 1 festgelegten Anforderungen gelten für alle Informationen
einschließlich Marketingmitteilung, die ein Rechtsträger an seine Kunden richtet. Diese Formulierung stammt wörtlich aus Art 19 Abs 2 MiFID und könnte so verstanden werden, dass nur Informationen umfasst sind, die der Rechtsträger an bestimmte Kunden adressiert. Die dt Umsetzung bezieht sich dagegen in § 31 Abs 2 WpHG auf Informationen, die Wertpapierdienstleistungsunternehmen Kunden zugänglich machen. In diesen abweichenden Formulierungen wird man freilich 456
Bedingungen für Informationen
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keinen substanziellen Unterschied ausmachen können. Die Bestimmung der MiFID bzw des WAG wird man vielmehr so zu lesen haben, dass es keiner (persönlichen) Ansprache eines bestimmten Kunden bedarf, sondern auch Informationen umfasst sind, die sich an einen unbestimmten Adressatenkreis wenden; solche Informationen richten sich gleichsam an das Publikum. Dies folgt aus der Zielsetzung der RL, auch die Werbung der beteiligten Rechtsträger zu erfassen. Dem würde es zuwiderlaufen, wenn man ein persönliches Adressieren einzelner Kunden verlangte. Insofern drückt die dt Umsetzung nur klarer aus, was die RL ohnehin meint. Die zusätzlichen Anforderungen im Hinblick auf Privatkunden gelten 12 für jene Informationen, die der Rechtsträger an Privatkunden richtet oder so verbreitet, dass Privatkunden wahrscheinlich von ihnen Kenntnis erlangen. Diese Bestimmung mutet redundant an, was allerdings aus der wörtlichen Übernahme von Art 27 Abs 1 MiFID-DRL herrührt. Es ist fraglich, inwieweit ein Unterschied zwischen Informationen besteht, die ein Rechtsträger an Privatkunden richtet, und solchen, die er verbreitet, sodass Privatkunden wahrscheinlich von ihnen Kenntnis erlangen. Die Bestimmung wird man so lesen müssen, dass es bei der Ausrichtung einer Information an Privatkunden nicht darauf ankommt, ob der Rechtsträger dies tatsächlich bezweckt, sondern vielmehr darauf, ob die abstrakte Möglichkeit der Kenntnisnahme durch Privatkunden besteht. Die bloße Erklärung des Rechtsträgers, eine bestimmte Information richte sich nicht an Privatkunden, ist demnach unerheblich, wenn trotzdem die Möglichkeit besteht, dass Privatkunden von ihr Kenntnis erlangen (vgl Köhler, WM 2009, 387).
B. Marketingmitteilungen Zum Begriff der Marketingmitteilung siehe § 40 Rz 58.
13
C. Redlich Die Informationen müssen zunächst redlich sein. Unstrittig dürfte sein, 14 dass sich die Redlichkeit an einem objektiven Maßstab orientiert und keine sittlich-ethische Bewertung des Verhaltens eines Rechtsträgers bedeutet (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 97). Über die Details herrscht freilich Streit. In der Literatur wird etwa die Auffassung vertreten, eine Information sei dann redlich, wenn sie nicht unlauter iSd UWG ist (Zeidler, WM 2008, 240). Dagegen wird vorgebracht, dass es sich beim Erfordernis der Redlichkeit um einen eigenständigen Begriff handle, der in Art 27 MiFID-DRL und den Erwägungsgründen näher konkretisiert werde (Köhler, WM 2009, 386). Dieser Kritik ist beizupflichten, 457
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zumal eine pauschale Gleichsetzung von „redlich“ iSd WAG und dem Gegenteil von „unlauter“ iSd UWG wohl nicht zulässig ist, zumal es sich um unterschiedlich lautende Begriffe mit einer unterschiedlichen Genese handelt. Die dafür ins Treffen geführte Konkretisierung des Begriffs der Redlichkeit durch die DRL überzeugt allerdings auch nicht vollends. Art 27 DRL bezieht sich nur auf Privatkunden („Kleinanleger“ in der Diktion der RL), während die professionellen Kunden erteilte Information ebenfalls redlich sein muss. Die Erwägungsgründe bleiben überdies eher vage und Art 27 konkretisiert – wie aus der Überschrift hervorgeht – nicht nur das Erfordernis der Redlichkeit, sondern auch jenes der Eindeutigkeit und das Verbot der Irreführung. 15 In diesem Zusammenhang fällt auf, dass § 38 den Terminus der Redlichkeit ganz allgemein für jenes Verhalten gebraucht, zu dem ein Rechtsträger gegenüber den Kunden verpflichtet ist. Da nicht zu erkennen ist, dass der Gesetzgeber den Begriff in § 38 und § 41 in unterschiedlicher Weise gebraucht, ist davon auszugehen, dass mit dem Erfordernis einer redlichen Information in erster Linie das Wahren der Kundeninteressen gemeint ist (siehe auch bei § 38 Rz 20). Die Information ist dann redlich, wenn sich der Rechtsträger dem Kunden gegenüber bei ihrer Erteilung loyal und integer verhält. Dies ist insb dann der Fall, wenn der Rechtsträger nach vernünftigem Ermessen davon ausgehen kann, dass die Information inhaltlich richtig ist und überdies den bestehenden Vorschriften entspricht. 16 Die nachfolgenden Attribute „eindeutig“ und „nicht irreführend“ lassen sich oft schwer von der Redlichkeit abgrenzen, weil missverständliche oder irreführende Informationen zugleich auch als unredlich qualifiziert werden können. Auch wenn das Gesetz die Begriffe gleichrangig nebeneinander stellt, kommt der Redlichkeit auf Grund der weiteren Wortbedeutung gleichsam die Funktion eines Überbegriffs zu, wobei die Übergänge zur geforderten Eindeutigkeit und dem Verbot der Irreführung fließend sind.
D. Eindeutig 17 Das Gesetz fordert weiters, dass die Informationen eindeutig sein
müssen. Eindeutigkeit der Information ist dann gegeben, wenn den Aussagen des Rechtsträgers bei vernünftiger Betrachtung bloß eine bestimmte Bedeutung beigemessen werden kann. Mehrdeutige oder vage Informationen entsprechen daher nicht dem Gesetz. Bezugsperson für die Beurteilung der Eindeutigkeit ist das Verständnis eines durchschnittlichen Kunden; bei einem solchen darf die Information keine Missverständnisse auslösen (siehe auch OGH 07. 11. 2007, 6 Ob 458
Bedingungen für Informationen
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110/07 f, ecolex 2008, 128 = ÖBA 2008, 505, wo festgehalten wird, dass der Ausdruck „Retrozession“ dem durchschnittlichen Kunden nicht verständlich ist; Köhler, WM 2009, 386). In der Praxis empfiehlt es sich daher insb bei der Information für 18 Privatkunden, Fachausdrücke zu erklären und die Darstellung mit Bsp zu veranschaulichen. Anderseits ist aber auch die Praktikabilität im Auge zu behalten. Aus diesem Gesichtspunkt schadet es etwa der Verständlichkeit einer Information nicht, wenn man dieser über eine fern liegende, nur theoretisch denkbare Interpretation auch einen anderen Sinn beimessen könnte (so Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 97).
E. Nicht irreführend Die Information darf ferner nicht irreführend sein. Eine Information ist 19 dann irreführend, wenn die Information von einem durchschnittlichen Kunden nach ihrem Gesamteindruck in einer Weise verstanden werden kann, die nicht den Tatsachen entspricht (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 13, 26). Dabei ist die Information nicht isoliert, sondern vielmehr in ihrem Gesamtzusammenhang zu betrachten (Fuchs in Fuchs § 31 WpHG Rz 98). Irreführung liegt zB auch dann vor, wenn die Einzelinformationen zwar für sich allein zutreffend sind, insgesamt aber kein zutreffendes Bild abgeben, etwa weil wesentliche Informationen fehlen. IZm der Irreführung könnte fraglich sein, ob auf eine tatsächliche Irre- 20 führung der beteiligten Verkehrskreise abzustellen ist, oder ob dafür schon die objektive Eignung zur Irreführung genügt. Nach Ansicht des europäischen Gesetzgebers (Erwägungsgrund 47 MiFID-DRL) sollte eine Information schon dann als irreführend angesehen werden, wenn sie den Adressaten oder eine andere Person, die sie wahrscheinlich erhält, irreführen kann, unabhängig davon, ob die übermittelnde Person die Information für irreführend hält oder die Irreführung gar beabsichtigt (vgl Harrer, ÖBA 2007, 102 FN 45; Seyfried, WM 2006, 1378 FN 30; Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 13). Es wird damit bloß auf die (objektive) Irreführungseignung einer Information abgestellt, nicht aber auf das Vorliegen subjektiver Elemente auf Seiten des Irreführenden (ebenso Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 98; Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 104; Köhler, WM 2009, 386). Dies entspricht auch der Konzeption der RL 2006/ 114/EG über irreführende und vergleichende Werbung, die in Art 2 lit b auch bloß auf die Eignung zur Irreführung abstellt. Erwägungsgrund 47 MiFID-DRL bezieht sich ausdrücklich auch auf die Bestimmungen der MiFID; das Abstellen auf die Irreführungseignung gilt daher nicht 459
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nur im Rahmen des Art 27 MiFID-DRL gegenüber Privatkunden, sondern allgemein (missverständlich Gruber in Braumüller/Ennöckl/ Gruber/Raschauer, MiFID 104). 21 Als Maßstab für die Eignung zur Irreführung soll nach Art 27 Abs 2
MiFID-DRL (entspricht § 41 Abs 2 WAG) auf einen durchschnittlichen Angehörigen der Gruppe, an die sich die Information richtet, abzustellen sein (Köhler, WM 2009, 386). Dem scheint zunächst entgegenzustehen, dass sich Art 27 MiFID-DRL – wie aus Abs 1 der Bestimmung hervorgeht – nur auf Privatkunden („Kleinanleger“) bezieht. Der darin enthaltene Gedanke ist freilich verallgemeinerungsfähig, was sich nicht zuletzt auch aus einem Größenschluss ergibt; wenn sogar bei den besonders schutzbedürftigen Privatkunden auf einen Mittelwert abgestellt werden kann, so ist dies bei professionellen Kunden, die insgesamt erfahrener sind, umso mehr zulässig.
F. Erkennbarkeit von Marketingmitteilungen 22 Marketingmitteilungen müssen nach § 41 Abs 1 WAG auch eindeutig
als solche zu erkennen sein. In der Lit wird diesbezüglich empfohlen, Marketingmitteilungen explizit als solche zu bezeichnen (Schäfer/Lang in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 133; Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 108; für eine Kennzeichnungspflicht Ekkenga in MünKom HGB V2 Effektengeschäft Rz 254). Dies wird allerdings in vielen Fällen nicht erforderlich sein, wenn sich der Werbecharakter einer Mitteilung für einen durchschnittlichen Anleger unmittelbar aus den Umständen ergibt (Köhler, WM 2009, 387). Dies ist beispielsweise bei Werbebroschüren oder Fernseh- bzw Radiowerbespots anzunehmen. Hier bleibt für einen durchschnittlichen Betrachter kein anderer Schluss als dass der Rechtsträger damit eine Steigerung des Absatzes der darin beworbenen Produkte bezweckt. 23 Für diese Sichtweise spricht auch die Teleologie der Bestimmung. Die
geforderte Erkennbarkeit von Marketingmitteilungen zielt darauf ab, getarnte Werbung zu unterbinden. Auf die diesbezügliche Rechtsprechung zum UWG kann daher zum Zwecke der Konkretisierung zurückgegriffen werden (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 108). Die Judikatur versteht darunter Werbemaßnahmen, die für den Umworbenen nicht als solche erkennbar sind (OGH 21. 01. 2003, 4 Ob 284/02 x; OGH 31. 03. 1998, 4 Ob 86/98 w). Im Lichte dessen ist insb auf die Trennung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen zu achten; Publikationen wie Kundenzeitschriften, die eindeutig als Werbung aufzufassen sind, müssen dagegen nicht mit „Marketingmitteilung“ über460
Bedingungen für Informationen
§ 41
schrieben werden (Zeidler, WM 2008, 240; vorsichtiger Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 108).
V. Besondere Anforderungen bei Privatkunden A. Richtigkeit Indem Abs 2 erster Halbsatz fordert, dass die Informationen zutref- 24 fend sein müssen, stellt das Gesetz auf die inhaltliche Richtigkeit ab. Auch wenn dies explizit nur gegenüber Privatkunden gilt, wird man allerdings nicht den Umkehrschluss ziehen können, dass professionellen Kunden gegenüber auch unzutreffende Informationen erteilt werden dürfen. Die Richtigkeit der Information ist vielmehr ein Aspekt der Redlichkeit, die auch gegenüber professionellen Kunden geboten ist. Insofern führt Abs 2 nur konkretisierend aus, was schon nach Abs 1 allgemein gilt.
B. Verständlichkeit Abs 2 Satz 2 zielt auf die Verständlichkeit der Information ab. Die 25 Verständlichkeit der Information ist freilich – wie aus § 40 Abs 1 hervorgeht – ein allgemeines Erfordernis und nicht auf Privatkunden beschränkt. Die vorliegende Bestimmung dient daher vornehmlich der Konkretisierung dieses Erfordernisses für das Geschäft mit Privatkunden. Die Verständlichkeit der Information muss nach dem Gesetz nicht für den individuellen Kunden gegeben sein, sondern für einen typisierten Durchschnittskunden. Dabei ist nicht der durchschnittliche Privatkunde an sich heranzuziehen, sondern der durchschnittliche Angehörige jenes Kundenkreises, an den sich die Information richtet (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 14). Richtet sich eine bestimmte Information an versierte Privatkunden (etwa solche, die bereits wiederholt in Aktien investiert haben), so muss die Information nicht auch für Privatkunden verständlich sein, die nicht zu dieser Gruppe gehören.
C. Proportionalität der Darstellung von Vorteilen und Risiken Abs 2 zweiter Halbsatz bezieht sich auf die Proportionalität der Dar- 26 stellung von Vorteilen und Risiken: Es dürfen nicht Vorteile hervorgehoben werden, ohne redlich und deutlich auch auf damit etwa einhergehende Risiken hinzuweisen. Zu klären ist, was das Gesetz in diesem Zusammenhang unter einem Vorteil versteht. Es wird nicht 461
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jede Anpreisung einer Wertpapierdienstleistung oder eines Finanzinstruments unter die Bestimmung fallen. Ein Vorteil iSd Bestimmung ist nur dann gegeben, wenn ein konkreter Vorzug der Dienstleistung bzw des Finanzinstruments hervorgehoben wird (Köhler, WM 2009, 388). 27 Der Hinweis auf die Risiken muss redlich und deutlich erfolgen. Zur
Redlichkeit siehe oben Rz 14 ff. Der Hinweis ist dann deutlich, wenn ihn ein durchschnittlicher Kunde nicht missverstehen kann (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 16). 28 Anders als nach der dt Umsetzung in § 4 Abs 2 WpDVerOV (dazu
Köhler, WM 2009, 389) ist nicht ausdrücklich festgehalten, dass Information über die Risiken gleichzeitig mit der Darstellung der Vorteile erfolgen muss. Eine derartige Pflicht lässt sich auch nicht aus dem bezughabenden Art 27 Abs 2 MiFID-DRL ableiten. Es ist daher grundsätzlich möglich, die Risikoinformationen zu einem anderen Zeitpunkt oder über ein anderes Medium zu übermitteln. Es muss freilich bei dieser Vorgehensweise die Eindeutigkeit der Information gewahrt bleiben und darauf geachtet werden, dass die Risiken dadurch nicht verschleiert, abgeschwächt oder missverständlich dargestellt sind. In der Praxis empfiehlt sich daher auch nach österreichischem Recht eine gleichzeitige Information über dasselbe Medium. 29 Aus der vom Gesetz geforderten Proportionalität folgt, dass die Dar-
stellung der Risiken in der gleichen Weise zu erfolgen hat wie die Darstellung der Vorteile. Es ist daher nicht mehr zulässig, auf die Risiken im Kleingedruckten hinzuweisen, wenn die Vorteile plakativ aufbereitet sind (vgl Zeidler, WM 2008, 241). Die Intensität, mit der auf Risiken hingewiesen werden muss, steigert sich, je deutlicher die Vorteile herausgestrichen werden (Köhler, WM 2009, 288). Im Übrigen müssen die allgemeinen Anforderungen an die Information selbstverständlich auch bei den nach Abs 2 erforderlichen Risikohinweisen eingehalten werden. 30 Eine Proportionalität bei der Darstellung von Chancen und Risiken
einer Kapitalanlage fordert auch die Rechtsprechung zum UWG. Eine Werbung ist demnach irreführend iSd UWG, wenn einseitig die besonderen Chancen und die Sicherheit einer Anlage dargestellt werden, ohne mit ausreichender Deutlichkeit über die mit dieser Anlageform verbunden Risken zu informieren (OGH 20. 01. 2009, 4 Ob 188/08 p). Insofern überschneiden sich die Anwendungsbereiche des WAG und des UWG, weshalb ein Verstoß gegen die Pflicht zur ausgewogenen Darstellung von Chancen und Risiken sowohl Rechtsfolgen nach dem WAG als auch nach dem UWG zeitigen kann. 462
Bedingungen für Informationen
§ 41
D. Vergleiche § 3 IIKV stellt besondere Anforderungen an Informationen, die ein 31 Rechtsträger an Privatkunden richtet und die Angaben über einen Vergleich von Wertpapierdienstleistungen, Nebendienstleistungen, Finanzinstrumenten oder Personen, die Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen erbringen, enthalten. Das in § 3 Z 1 IIKV enthaltene Erfordernis, wonach der Vergleich aussagekräftig sein muss, ist dann erfüllt, wenn die verglichenen Produkte oder Dienstleistungen gleichartig sind. Gleichartigkeit liegt vor, wenn die verglichenen Produkte oder Dienstleistungen in den angesprochenen Kundenkreisen als austauschbar angesehen werden (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 18). Aus § 3 Z 2 und 3 IIKV folgt, dass der Vergleich ferner transparent sein 32 muss; die herangezogenen Informationsquellen sowie die wesentlichen Fakten und Hypothesen müssen angegeben werden. Durch die Offenlegung der Grundlagen für den Vergleich wird dieser für den Kunden nachvollziehbar (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 18).
E. Hinweise auf frühere Wertentwicklungen Besondere Vorgaben für Hinweise auf die frühere Wertentwicklung 33 eines Finanzinstruments, eines Finanzindexes oder einer Wertpapierdienstleistung finden sich in § 4 IIKV. Diese Vorschriften sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich Anleger häufig von solchen Hinweisen auf vergangene Wertentwicklungen leiten lassen, weil sie davon ausgehen, dass sich diese Entwicklung in der Zukunft fortsetzen wird (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 19). Einer irrationalen Beeinflussung des Anlegerverhaltens durch derartige 34 Hinweise wird dadurch entgegengewirkt, dass diese nicht im Vordergrund stehen dürfen und überdies eine deutliche Warnung enthalten müssen, dass die frühere Wertentwicklung kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse ist. Derartige Warnhinweise waren bislang schon üblich und sind nunmehr verpflichtend vorgesehen. Eine bislang übliche Formulierung lautete, dass die frühere Wertentwicklung keine Garantie für zukünftige Entwicklungen sei. Im Lichte des Verordnungstextes sollte in Hinkunft nicht von einer Garantie, sondern von einem „verlässlichen Indikator“ gesprochen werden, weil der Begriff der Garantie enger verstanden werden könnte als jener des verlässlichen Indikators (Zeidler, WM 2008, 242). Darüber hinaus bestehen inhaltliche Vorgaben an die Information. So 35 müssen geeignete Angaben zur Wertentwicklung enthalten sein, die 463
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sich auf die unmittelbar vorausgehenden fünf Jahre beziehen, in denen das Finanzinstrument angeboten, der Finanzindex festgestellt oder die Wertpapierdienstleistung erbracht wurde; im Falle eines Zeitraums von weniger als fünf Jahren müssen sich diese Angaben auf den gesamten Zeitraum beziehen, und bei einem längeren Zeitraum kann der Rechtsträger beschließen, über die fünf Jahre hinauszugehen, wobei diesen Angaben zur Wertentwicklung in jedem Falle vollständige Zwölfmonatszeiträume zugrunde zu legen sind. Angesichts dessen könnte fraglich sein, ob ein Hinweis auf die frühere Wertentwicklung bei Produkten, die weniger als zwölf Monate auf dem Markt sind, überhaupt zulässig ist. Stimmen im dt Schrifttum verneinen dies (Zeidler, WM 2008, 242; Köhler, WM 2009, 390; Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 19 [FN 5 auf S 1286]). Wertentwicklungsangaben seien nur dann aussagekräftig, wenn sie sich auf einen längeren Zeitraum beziehen; es liege daher im Ermessen des Gesetzgebers, einen Mindestzeitraum von zwölf Monaten festzusetzen (Köhler, WM 2009, 390). Demgegenüber hat die FMA anlässlich einer Anfrage festgehalten, dass sie auch bei weniger als zwölf Monate auf dem Markt befindlichen Finanzinstrumenten, Finanzindizes oder Wertpapierdienstleistungen Angaben zur Wertentwicklung seit Auflage des Produkts bzw seit Existenz der Dienstleistung für zulässig erachtet („WAG-Verordnung, Zweifelsfragen vom 13. 9. 2007“, abrufbar unter www.fma.gv.at). 36 Der Auffassung der FMA ist gegenüber dem dt Schrifttum der Vorzug
zu geben. Mit Recht hebt die Behörde hervor, dass Angaben über die bisherige Wertentwicklung auch bei Produkten oder Dienstleistungen mit kürzerer Historie als 12 Monaten dem Informationsbedürfnis der Kunden dienen. Die gegenteilige Sicht würde bedeuten, dass im ersten Jahr nach Auflage eines Produkts dem Kunden überhaupt keine Hinweise auf die bisherige Wertentwicklung gegeben werden dürften. Konsequenterweise müsste dies sogar dann gelten, wenn sich der Kunde selbst danach erkundigt. Damit würde freilich dem Kunden Information vorenthalten, die er für eine fundierte Anlageentscheidung benötigen könnte. Insofern spricht auch die Teleologie der §§ 40 ff (dazu bei § 40 Rz 9 ff) für die Sichtweise der FMA. Dem Umstand, dass solche Angaben geringere Aussagekraft haben, wird dadurch Rechnung zu tragen sein, dass der Kunde – wie von der FMA gefordert – ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass das betreffende Produkt bzw die betreffende Dienstleistung seit weniger als zwölf Monaten angeboten wird und die bisherige Wertentwicklung angesichts des kurzen Vergleichszeitraums kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse ist. Die FMA empfiehlt weiters, idR Vergleichsperioden von zumindest zwölf-Monatszeiträumen vorzusehen bzw auf solche 464
Bedingungen für Informationen
§ 41
umzustellen, sobald das Produkt oder die Dienstleistung länger als zwölf Monate am Markt ist. In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob neben den vorgeschriebenen 37 Fünfjahres-/Zwölfmonatszeiträumen auch die Wertentwicklung über andere Zeiträume dargestellt werden kann. Dies ist zu bejahen. Die Verordnung schreibt zur Information der Anleger bestimmte Zeiträume verpflichtend vor; es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dem Anleger zusätzliche Informationen zukommen zu lassen, sofern er auch die verpflichtend vorgesehenen Informationen erhält (ebenso Zeidler, WM 2009, 390). Bei der zusätzlichen Darstellung der Wertentwicklung über nicht in der Verordnung genannte Zeiträume ist jedoch auch das Gebot der redlichen, eindeutigen und nicht irreführenden Information zu beachten. Die neben den Pflichtangaben erteilten ergänzenden Informationen sollten daher nicht in den Vordergrund gestellt werden und dürfen beim Kunden keinen irrigen Eindruck hinterlassen. Im Verordnungstext wird zudem eine Angabe gefordert, „wie“ sich 38 Provisionen, Gebühren und andere Entgelte auswirken, wenn die Angabe auf einer Bruttowertentwicklung beruht. Es ist somit davon auszugehen, dass diesbezüglich konkrete Informationen erforderlich sind. Ein bloßer Hinweis, dass die Wertentwicklung auf Grund von Provisionen, Gebühren und anderen Entgelten niedriger ausfallen wird, reicht demnach nicht aus (so auch Zeidler, WM 2008, 242; Köhler, WM 2009, 391). Anderseits lässt sich die konkrete Auswirkung oft nicht genau beziffern, weil diese noch von anderen Faktoren wie der Behaltedauer abhängen. Der Informationspflicht ist in diesem Fall dann genüge getan, wenn dem Anleger ein aussagekräftiger Näherungswert, gegebenenfalls unter Angabe einer Bandbreite mitgeteilt wird. Darüber hinaus werden auch typisierte Angaben für ausgewählte Behaltezeiten bei durchschnittlichen Gebühren oder die Angabe einer mathematischen Formel zur Berechnung des Nettowerts für zulässig erachtet (Köhler, WM 2009, 391).
F. Simulationen § 5 IIKV enthält Vorgaben betreffend Informationen, die ein Rechts- 39 träger an Privatkunden richtet und die eine Simulation einer früheren Wertentwicklung oder einen Verweis auf eine solche Simulation enthalten. Eine solche Simulation ist – wie aus § 5 Z 1 IIKV hervorgeht – nur in Bezug auf Finanzinstrumente oder Finanzindizes zulässig. E contrario ist daher die Simulation von Wertpapierdienstleistungen (zB bei der Vermögensverwaltung) nicht zulässig (Zeidler, WM 2008, 243; Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 20). Die Simulation 465
§ 41
Brandl/Klausberger
muss dabei auf einer tatsächlichen früheren Wertentwicklung beruhen, die wiederum den Anforderungen des § 4 Z 1 bis 3 sowie 5 und 6 IIKV zu entsprechen hat (siehe im Detail oben Rz 33 ff). Zudem muss – wie bei Hinweisen auf frühere Wertentwicklungen – eine deutliche Warnung enthalten sein, dass sich die Zahlenangaben auf eine simulierte frühere Wertentwicklung beziehen und dass die frühere Wertentwicklung kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse ist (siehe auch oben Rz 34).
G. Künftige Wertentwicklungen 40 Angaben zur künftigen Wertentwicklung unterliegen den Bestimmun-
gen von § 6 IIKV. Derartige Prognosen sind naturgemäß mit einer gewissen Unsicherheit behaftet, zumal es sich um bloße Annahmen handelt (vgl Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 21). Sie sind nur dann zulässig, wenn sie angemessen sind und sich auf objektive Daten stützen können. Als Prognosebasis können sowohl mikroökonomische wie auch makroökonomische Daten herangezogen werden (Zeidler, WM 2008, 243). Eine Prognose ist dann angemessen, wenn sie stimmig ist und nur solche Erwartungen weckt, die im Prognosezeitpunkt realistisch erscheinen. Auf Grund des erhöhten Prognoserisikos dürfen die Angaben nicht auf einer früheren Wertentwicklung beruhen oder auf eine solche Simulation Bezug nehmen (vgl Koller in Assmann/ Schneider5 § 31 WpHG Rz 21). 41 Zur geforderten Angabe, wie sich Provisionen, Gebühren und andere Entgelte auswirken, siehe oben Rz 38. Zur Warnpflicht siehe oben Rz 34.
H. Weitere Anforderungen 42 Beziehen sich die Informationen auf eine bestimmte steuerliche Be-
handlung, ist deutlich anzugeben, dass diese von den persönlichen Verhältnissen des jeweiligen Kunden abhängt und künftig Änderungen unterworfen sein kann (Abs 4). Diese Vorschrift trägt ua dem Umstand Rechnung, dass Wertpapierdienstleister im Regelfall nicht zur Steuerberatung befugt sind. Hinweise, wie sie das Gesetz nun ausdrücklich vorsieht, liegen daher auch im Interesse der angesprochenen Rechtsträger, weil sie diese vor einer allfälligen Haftung bewahren können (vgl auch Zeidler, WM 2008, 243). 43 In den Informationen darf der Name einer zuständigen Behörde nicht in einer Weise genannt werden, die andeuten oder nahe legen würde, dass die betreffenden Produkte oder Dienstleistungen von der betreffenden Behörde gebilligt oder genehmigt werden (Abs 5); dies ist vor 466
Zeitpunkt der Übermittlung der Informationen
§ 42
dem Hintergrund zu sehen, dass der FMA gar keine Berechtigung zukommt, bestimmte Produkte oder Dienstleistungen vorab zu prüfen und in der Folge zu genehmigen. Der Hinweis, bestimmte Produkte oder Dienstleistungen seien „FMA-geprüft“ oder ähnliches, ist daher unzulässig. Zulässig und im Hinblick auf Z 1 lit d der Anlage 1 zu § 40 uU sogar erforderlich ist der bloße Hinweis auf die Konzession des Rechtsträgers mit der Angabe von Name und Adresse der Behörde, welche die Konzession erteilt hat.
VI. Rechtsfolgen eines Verstoßes Siehe § 38 Rz 33 ff.
44
Zeitpunkt der Übermittlung der Informationen § 42. (1) Privatkunden hat ein Rechtsträger rechtzeitig, somit 1. bevor der Privatkunde durch Abschluss eines Vertrags über die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen gebunden ist oder bevor die Dienstleistungen erbracht werden – je nachdem, welcher Zeitpunkt früher liegt –, a) die Bedingungen des Vertrags und b) die gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 über den Vertrag oder die Wertpapierdienstleistung oder Nebendienstleistung zu übermittelnden Informationen sowie 2. vor der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen die gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 bis 6 erforderlichen Informationen zu übermitteln. (2) Professionellen Kunden hat ein Rechtsträger die in § 40 Abs. 1 Z 3 genannten Informationen rechtzeitig, somit vor der Erbringung der Dienstleistung zu übermitteln. (3) Die in den Abs. 1 und 2 genannten Informationen sind auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln oder auf einer Website zur Verfügung zu stellen, sofern die in § 16 Abs. 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. (4) Abweichend von Abs. 1 kann der Rechtsträger einem Privatkunden die gemäß Abs. 1 Z 1 erforderlichen Informationen unmittelbar nach Abschluss eines Vertrages über die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen und die 467
§ 42
Brandl/Klausberger
gemäß Abs. 1 Z 2 erforderlichen Informationen unmittelbar nach Beginn der Erbringung der Dienstleistung übermitteln, wenn der Rechtsträger 1. die in Abs. 1 genannten Fristen nicht einhalten konnte, weil der Vertrag auf Wunsch des Kunden unter Verwendung eines Fernkommunikationsmittels gemäß § 3 Z 3 Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz – FernFinG, BGBl. I Nr. 62/2004, geschlossen wurde, sodass der Rechtsträger die Informationen nicht gemäß Abs. 1 Z 1 oder 2 übermitteln kann, und 2. den Informationspflichten gemäß den §§ 5 oder 6 FernFinG in Bezug auf den Privatkunden nachkommt, als ob dieser Kunde ein Verbraucher im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes – KSchG, BGBl. Nr. 140/1979, sei. IdF BGBl I 22/2009. Schrifttum: Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschuer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Gruber, Form und Zeitpunkt der Informationen nach dem WAG 2007, RdW 2008, 69; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006, zugänglich unter http://opus.bibliothek.uniaugsburg.de/volltexte/2006/379/); Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 42): „Abs. 1 Z 1 setzt Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 1 Z 2 setzt Art. 29 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 29 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. In diesem Artikel werden nur professionelle Kunden als Adressaten genannt. Abs. 3 setzt Art. 29 Abs. 4 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 4 setzt das Wahlrecht in Art. 29 Abs. 5 der Richtlinie 2006/73/EG um.“ Erl RV GP XXIV RV 45 (Zu § 41 Abs. 3 und § 42 Abs. 2): „Es werden redaktionelle Klarstellungen gemacht.“
Übersicht I. A. B. II. A. 1. 2. B. III.
468
Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtzeitigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Privatkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Professionelle Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–7 1–5 6–7 8–14 8–11 8–10 11 12–14 15
Zeitpunkt der Übermittlung der Informationen
§ 42
I. Entstehungsgeschichte A. Europarechtliche Vorgaben Die ISD sah in Art 11 Abs 1 5. Gedankenstrich lediglich vor, dass die Informationen dem Kunden in geeigneter Form mitzuteilen sind, stellte sonst jedoch keine näheren Anforderungen bezüglich Form und Zeitpunkt der Informationserteilung. Art 29 Abs 1 bis 5 MiFID-DRL enthält dagegen relativ detaillierte Bestimmungen, wann und in welcher Form die Information erfolgen soll. Im Hinblick auf den Zeitpunkt, zu dem die Informationen dem Kunden vorliegen müssen, differenziert die Richtlinie einerseits zwischen Kleinanlegern und professionellen Kunden sowie anderseits zwischen dem Gegenstand der Information. Art 29 Abs 1 und 2 bezieht sich dabei auf Kleinanleger, Abs 3 auf professionelle Kunden. In Bezug auf die Form der Bereitstellung sieht Art 29 Abs 4 DRL grundsätzlich die Übermittlung auf einem dauerhaften Datenträger iSd 3 Abs 1 DRL vor; nur ausnahmsweise bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art 3 Abs 2 DRL dürfen die Informationen auch über eine Website zur Verfügung gestellt werden. Damit stellt Art 29 Abs 4 DRL die Pflicht auf, die in Abs 1 bis 3 genannten Informationen in einer bestimmten Form zu übermitteln bzw zur Verfügung zu stellen (siehe dazu bei § 1 Rz 37 und § 16 Rz 1 ff). E contrario ist zu schließen, dass andere als die in Art 29 Abs 1 bis 3 DRL genannten Informationen auch formfrei übermittelt werden dürfen. Schon aus der Überschrift der Bestimmung (Allgemeine Anforderungen an Kundeninformationen) wird deutlich, dass die Verfasser der Richtlinie mit Art 29 Abs 4 ein Formerfordernis für bestimmte Informationen aufstellen wollten. Es trifft daher nicht zu, dass Art 29 MifID-DRL nur Informationen auf einem dauerhaften Datenträger im Auge hat (so aber Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 41). Die Bestimmung legt vielmehr umgekehrt fest, dass bestimmte Informationen auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden müssen (Wasserer, Neuordnung 143 f). Hintergrund der Bestimmungen in der DRL ist der Gedanke, dass die Übermittlung der entscheidungsrelevanten Informationen rechtzeitig zu erfolgen hat, um dem Kunden eine Anlageentscheidung auf wohl informierter Basis zu ermöglichen (vgl Art 19 Abs 3 MiFID). Dies folgt auch aus Erwägungsgrund 48 MiFID-DRL, wo festgehalten wird, dass die Rechtzeitigkeit der Information unter Berücksichtigung der Dringlichkeit und der Zeit, die der Kunde für die Aufnahme der betreffenden Information und die Reaktion darauf benötigt, dem Um469
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§ 42
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stand Rechnung tragen muss, dass der Kunde vor seiner Anlageentscheidung genügend Zeit benötigt, um die Information zu lesen und zu verstehen. Erwägungsgrund 48 legt ferner nahe, dass bei der Rechtzeitigkeit der Informationserteilung nach der Komplexität des Produkts und der Vertrautheit des Produkts für den Kunden differenziert werden kann.
B. Umsetzung 6 Der österreichische Gesetzgeber hat diese Vorgaben in § 42 WAG
nahezu wörtlich umgesetzt. 7 Die Umsetzung in Deutschland erfolgte nicht auf Gesetzesstufe, son-
dern auf Verordnungsebene in § 5 Abs 3 und 5 WpDVerOV.
II. Tatbestand A. Rechtzeitigkeit 1. Privatkunden 8 Im Hinblick auf die Information von Privatkunden differenziert das
Gesetz zwischen Informationen, die nach Abs 1 Z 1 vor Vertragsabschluss oder Erbringung der Dienstleistung zu erfolgen haben, und solchen, die unabhängig davon nach Abs 1 Z 2 vor Dienstleistungserbringung zu übermitteln sind. Zu den erstgenannten Informationen zählt das Gesetz die Bedingungen des Vertrages und die Informationen nach § 40 Abs 1 Z 1 WAG. Das Gesetz übernimmt dabei die sprachliche Unschärfe der DRL, indem es sich auf Informationen „über den Vertrag oder die Wertpapierdienstleistung oder Nebendienstleistung“ bezieht. Aus dem Gesamtzusammenhang der europarechtlichen Bestimmungen sowie deren Entstehungsgeschichte wird allerdings deutlich, dass mit dem Verweis die Informationen über den Rechtsträger und seine Dienstleistungen nach § 40 Abs 1 Z 1 WAG einschließlich Anlage 1 gemeint sind (Ilg, Wohlverhaltensregeln 73 ff; dieser folgend Gruber, RdW 2008, 71 f; ders in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschuer, MiFID 123 ff). 9 Erbringt ein Rechtsträger wiederholt Dienstleistungen für einen Privatkunden, so stellt sich die Frage, ob der Kunde stets von neuem zu informieren ist. Dabei ist zwischen den Informationen gemäß Abs 1 Z 1 lit a und b zu unterscheiden (Ilg, Wohlverhaltensregen 76 ff; dieser folgend Gruber, RdW 2008, 72; ders in Braumüller/Ennöckl/Gruber/ Raschuer, MiFID 125). Die Informationen des Abs 1 Z 1 lit a sind 470
Zeitpunkt der Übermittlung der Informationen
§ 42
vor Anknüpfung einer neuen vertraglichen Beziehung zu erteilen; daraus folgt, dass bei Abschluss eines Rahmenvertrages die einmalige Informationserteilung ausreicht (Ilg, Wohlverhaltensregeln 76 f). Die Informationen nach Abs 1 Z 1 lit b sind dagegen vor jeder Dienstleistungserbringung erneut zu erteilen, wobei nach Erwägungsgrund 50 MiFID-DRL Geschäfte mit ein und derselben Art von Finanzinstrument nicht jeweils als neue oder andere Dienstleistungen anzusehen sind. Ausnahmsweise kann aber nach Abs 4 die Informationserteilung auch 10 unmittelbar nach Abschluss des Vertrages erfolgen, nämlich dann, wenn der Vertrag auf Wunsch des Kunden mittels eines Fernkommunikationsmittels gemäß § 3 Z 3 Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz zustande kommt. Darunter ist jedes Kommunikationsmittel zu verstehen, das ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers für den Fernabsatz einer Dienstleistung zwischen den Parteien eingesetzt werden kann. Der Rechtsträger muss allerdings in diesem Fall gegenüber dem Privatkunden den Informationspflichten des Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetzes unabhängig davon entsprechen, ob dieser tatsächlich als Verbraucher zu qualifizieren wäre. Dem Privatkunden sind in entsprechender Anwendung von § 5 FernFinG rechtzeitig vor der Abgabe seiner Vertragserklärung (Anbot oder Annahme) die dort genannten Vertriebsinformationen, deren geschäftlicher Zweck unzweideutig erkennbar sein muss, in klarer und verständlicher, dem verwendeten Fernkommunikationsmittel angepasster Art und Weise zur Verfügung zu stellen. Die Information muss für den Kunden ohne Schwierigkeiten tatsächlich zugänglich sein; dies ist idR dann der Fall, wenn für die Informationserteilung das selbe Medium wie für die Kommunikation herangezogen wird (St. Korinek, Informationspflichten bei Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, in Fletzberger/Schopper, Fernabsatz von Finanzdienstleistungen 70 [77]; Graf in Schwimann ABGB V3 § 5 FernFinG Rz 5 f). Weiters sind nach § 6 Abs 1 FernFinG der Name oder die Firma des Unternehmers und der geschäftliche Zweck eines von diesem initiierten Anrufs zu Beginn eines jeden Gesprächs klar und verständlich offen zu legen. Bei Ferngesprächen müssen – wenn der Privatkunde dem ausdrücklich zugestimmt hat – nur die in § 6 Abs 2 FernFinG angeführten Informationen rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung übermittelt werden. Bei Ferngesprächen muss weiters darüber informiert werden, dass auf Wunsch weitere Informationen übermittelt werden können, und welcher Art diese Informationen sind. Äußert der Kunde den Wunsch nach zusätzlichen Informationen, so ist der Rechtsträger nach Maßgabe von § 5 FernFinG zur 471
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Übermittlung verpflichtet (Graf in Schwimann ABGB V3 § 6 FernFinG Rz 6).
2. Professionelle Kunden 11 Professionellen Kunden sind vor Erbringung der Dienstleistung die
Informationen nach § 40 Abs 1 Z 3 lit a und b zu übermitteln. Diese Informationen betreffen eine etwaige Anwendbarkeit von Rechtsvorschriften eines Drittlandes auf Konten mit Finanzinstrumenten oder Geldern des Kunden sowie etwaige Sicherungs- oder Pfandrechte oder Rechte auf Verrechnung des Rechtsträgers bzw einer Verwahrstelle, das an Kundenfinanzinstrumenten und Kundengeldern besteht oder bestehen könnte.
B. Formvorschriften 12 Anders als die Überschrift zu § 42 glauben macht, enthält die Bestim-
mung nicht nur Vorschriften über den Zeitpunkt, sondern auch über die Form der Informationserteilung. Die von § 42 erfassten Informationen sind grundsätzlich auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln. Zum Begriff des dauerhaften Datenträgers siehe § 16 Rz 1 ff. 13 Ausnahmsweise können sie aber auch über eine Website zur Verfügung gestellt werden, wenn dies angesichts der Rahmenbedingungen des Geschäfts angemessen ist, der Kunde dem ausdrücklich zustimmt, die Adresse der Website und die Stelle, an der die Informationen zu finden sind, dem Kunden auf elektronischem Weg mitgeteilt wird und die Informationen aktuell sind und so lange abgefragt werden können, wie sie für den Kunden nach vernünftigem Ermessen einsehbar sein müssen (§ 16 Abs 2 WAG; siehe dort Rz 2). 14 Das Gesetz verwendet für den Vorgang der Information über einen dauerhaften Datenträger den Terminus „übermitteln“, für die Information über eine Website die Wendung „zur Verfügung stellen“. Unter dem Begriff des „Übermittelns“ ist die Information durch aktive Mitteilung zu verstehen, während eine Information schon dann zur Verfügung gestellt ist, wenn sie für den Kunden abrufbar ist (ausführlich dazu Gruber, RdW 2008, 69 ff; ders in Braumüller/Ennöckl/Gruber/ Raschuer, MiFID 120 ff).
III. Rechtsfolgen eines Verstoßes 15 Siehe § 38 Rz 33 ff.
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Allgemeine Bestimmungen
§ 43
7. Abschnitt Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen Allgemeine Bestimmungen § 43. (1) Sofern in diesem Abschnitt Informationen über die Kenntnisse und Erfahrungen eines Kunden im Anlagebereich einzuholen sind, haben diese die nachfolgend genannten Punkte zu enthalten, soweit dies nach Art des Kunden, Art und Umfang der zu erbringenden Dienstleistung und Art des in Betracht gezogenen Produkts oder Geschäfts unter Berücksichtigung der damit jeweils verbundenen Komplexität und Risiken angemessen ist: 1. Die Art der Dienstleistungen, Geschäfte und Finanzinstrumente, mit denen der Kunde vertraut ist; 2. die Art, den Umfang und die Häufigkeit der Geschäfte des Kunden mit Finanzinstrumenten und den Zeitraum, in dem sie getätigt worden sind; 3. den Bildungsstand und den Beruf oder relevanten früheren Beruf des Kunden. (2) Ein Rechtsträger darf einen Kunden nicht dazu veranlassen, die Übermittlung der für diesen Abschnitt erforderlichen Informationen zu unterlassen. (3) Ein Rechtsträger darf sich auf die von seinen Kunden übermittelten Informationen verlassen, es sei denn, er weiß oder müsste wissen, dass die Informationen offensichtlich veraltet, unzutreffend oder unvollständig sind. Schrifttum: Balzer, Umsetzung der MiFID: Ein neuer Rechtsrahmen für die Anlageberatung, ZBB 2007, 333; Brandl/Klausberger, „Ausstrahlungstheorie“ – Zum Verhältnis zwischen Aufsichtsrecht und Zivilrecht nach MiFID und WAG, ZFR 2009, 131; Brandl/Saria, Aufklärungspflichten – Organisationspflichten – Prospekthaftung; Band I von Brandl/Kalss/Lucius/Saria, Handbuch Kapitalmarktrecht (2005); Buhl/Kaiser, Herausforderungen und Gestaltungschancen aufgrund von MiFID und EU-Vermittlerrichtlinie in der Kundenberatung, ZBB 2008, 43; Duve, Die neue Welt des Wertpapiergeschäfts, BB 2006, 2477; Einsele, Anlegerschutz durch Information und Beratung, JZ 2008, 477; Graf, Anlageberaterhaftung – quo vadis?, ZFR 2009, 82; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur –
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ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/Schneider, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009) 15; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/ 2006/379/); Kalss, Wie oft ist ein Wertpapierkunde nach seinen finanziellen Verhältnissen und Anlageinteressen zu fragen?, ecolex 2004, 572; Knopp, Vermögensverwaltung im zweiten Jahr der MiFID, AG 2009, 357; Lang, Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen (2003); Schäfer/Lang, Explorationspflichten und spezielle Informationspflichten bei der Anlageberatung, in Clouth/ Lang, MiFID-Praktikerhandbuch (2007) 75; Sethe, Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung (2005); Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Teuber, Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung im Überblick, BKR 2006, 429; Veil, Vermögensverwaltung und Anlageberatung im neuen Wertpapierhandelsrecht – eine behutsame Reform der Wohlverhaltensregeln?, ZBB 2008, 34; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008); Weichert/Wenninger, Die Neuregelung der Erkundigungs- und Aufklärungspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gem. Art. 19 RiL 2004/39/EG (MiFID) und Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, WM 2007, 627. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 43): „Abs. 1 setzt Art. 37 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 37 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 37 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II. III. IV. A. B. C. V.
Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systematischer Überblick über die §§ 43 ff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflicht zum Einholen von Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzuholende Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbehalt der Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben; Aktualisierung Rechtsfolgen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–4 5–6 7–15 7–10 11–12 13–15 16
I. Entstehungsgeschichte 1 Bereits das WAG 1997 verpflichtete Rechtsträger in § 13 Z 3, Angaben
der Kunden über ihre Erfahrungen oder Kenntnisse in Geschäften einzuholen, die Gegenstand der Wertpapierdienstleistungen sein sollen, sowie über ihre mit den Geschäften verfolgten Ziele und über ihre finanziellen Verhältnisse, soweit dies zur Wahrung der Interessen der 474
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Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist. Diese Vorschrift erging in Umsetzung der Vorgaben aus Art 11 vierter Gedankenstrich ISD. Die MiFID bringt auch in diesem Bereich eine merkbare Vertiefung der diesbezüglichen Pflichten durch wesentlich detailliertere Regeln. Die entsprechenden Regeln finden sich auf Stufe 1 des Lamfalussy-Verfahrens in Art 19 Abs 4 ff MiFID und werden auf Stufe 2 in Art 35 MiFID-DRL konkretisiert. Im Lichte dieser europarechtlichen Vorgaben hat der Gesetzgeber des WAG 2007 auch die Pflichten zur Informationseinholung neu geregelt.
II. Normzweck und leitende Grundsätze Die §§ 43 ff verpflichten Rechtsträger, Informationen von Kunden ein- 2 zuholen, um auf Basis dieser Informationen die Eignung bzw Angemessenheit einer beabsichtigten Wertpapierdienstleistung beurteilen zu können. Diese Pflichten stammen ursprünglich aus dem angelsächsischen Rechtskreis und sind dort unter dem Schlagwort „Know your customer“ bekannt (Kalss, ÖBA 2004, 572). Der Rechtsträger soll sich dabei ein Bild des Kunden verschaffen, um in weiterer Folge auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene Dienstleistungen erbringen zu können (Möllers in Kölner Kommentar § 31 WpHG Rz 153). Auch wenn dadurch dem Aspekt des Kundenschutzes Rechnung getragen wird, bedeutet dies freilich nicht, dass der Rechtsträger den Kunden in paternalistischer Weise bevormunden muss (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 189). Die Anlageentscheidung verbleibt nämlich im Verantwortungsbereich des Anlegers und soll durch die Übermittlung von Informationen auf eine rationale Grundlage gestellt werden (siehe dazu bei § 40 Rz 10 ff). Die Pflicht, Informationen über den Kunden einzuholen, dient somit dazu, jenes Maß an Information zu ermitteln, das der Kunde für eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung benötigt (Möllers in Kölner Kommentar § 31 WpHG Rz 154; Winternitz/Aigner, WAG 28). Die Pflicht zum Einholen von Informationen im jeweils vorgeschriebe- 3 nen Umfang ist grundsätzlich zwingendes Recht (zust Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 129). Dies unterstreicht auch Abs 2, wonach ein Rechtsträger seine Kunden nicht dazu veranlassen darf, die Übermittlung der erforderlichen Informationen zu unterlassen. Dies gilt selbstverständlich nicht für jene Bereiche, in denen das Gesetz selbst von der Verpflichtung zum Einholen von Informationen absieht (vgl § 46). Abgefedert werden die gesetzlichen Vorgaben somit allein durch den Angemessenheitsvorbehalt (dazu Rz 3). 475
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4 Schon auf Grund ihrer systematischen Verortung gehören die Vor-
schriften der §§ 43 ff primär dem Aufsichtsrecht an. Dennoch entfalten sie als Teil der Wohlverhaltensregeln Ausstrahlungswirkungen auf das allgemeine Zivilrecht (siehe auch bei § 38 Rz 7 ff). Insb für den Bereich der Anlageberatung ist die Judikatur bislang davon ausgegangen, dass die Festlegung der konkreten Pflichten eine Frage des Einzelfalls ist (siehe zB OGH 26. 05. 2004, 3 Ob 13/04 i, ÖBA 2005, 289). Die nunmehr aufsichtsrechtlich festgelegten Pflichten der §§ 43 ff sind freilich auch für die Anlageberatung bedeutsam, zumal sie festlegen, unter welchen Umständen ein Rechtsträger seinem Kunden eine individuelle Handlungsempfehlung geben darf (vgl auch bei § 38 Rz 27 ff). Konsequenterweise sind diese aufsichtsrechtlichen Pflichten auch als Richtschnur für die Ermittlung der zivilrechtlichen Pflichten heranzuziehen (vgl aber Graf, ZFR 2009, 88 ff), wobei die individuelle Vereinbarung weiter gehender zivilrechtlicher Pflichten nicht ausgeschlossen wird (Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 133 f).
III. Systematischer Überblick über die §§ 43 ff 5 § 43 enthält allgemeine Regeln zur Einholung von Information über
die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden; in den §§ 44 ff wird Umfang und Tiefe dieser Pflicht nach der jeweiligen Kategorie von Wertpapierdienstleistung differenziert ausgestaltet (vgl auch Weichert/Wenninger, WM 2007, 629). Mit der Verpflichtung, Eignung bzw Angemessenheit der Wertpapierdienstleistung oder des Finanzinstruments zu prüfen, schreibt die MiFID fest, dass der Rechtsträger den Kunden grundsätzlich anleger- und objektgerecht zu beraten hat. Von diesem Grundsatz kann freilich dann abgegangen werden, wenn der Rechtsträger von vornherein klar stellt, dass er keine Beratungsdienstleistung erbringen, sondern nur das „beratungsfreie“ Geschäft gemäß § 45 WAG anbieten will (vgl § 45 Rz 1); dies wird auch dann gegeben sein, wenn der Kunde auf eigene Verantwortung, sei es nun online oder per Telefon, komplexe (vgl § 1 Z 7 iVm § 46 WAG) Produkte kaufen will. Ein weiterer Fall des (zulässigerweise) beratungsfreien Geschäfts liegt dann vor, wenn der Kunde die zur Beratung notwendigen Angaben verweigert und trotzdem darauf besteht, dass die von ihm gewünschten Anlageinstrumente vom Rechtsträger vermittelt werden (aA offenbar Harrer, ÖBA 2007, 105, die von einer unabdingbaren Verpflichtung zur Beratung ausgeht). 6 Das Gesetz stellt somit basierend auf den europarechtlichen Vorgaben unterschiedliche Geschäftsmodelle zur Verfügung, die für sich jeweils 476
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ein unterschiedliches Ausmaß an Beratung vorsehen. Je nach Beratungsausmaß differieren auch die Erkundigungspflichten (Balzer, ZBB 2007, 337; Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 126 f; Möllers in Kölner Kommentar § 31 WpHG Rz 168; Wasserer, Neuordnung 68 ff). Der Kunde kann somit zwischen Geschäftsvarianten mit Beratung und einem reinen Ausführungsgeschäft wählen; dem mündigen Anleger wird – im Rahmen des § 45 freilich unter dem Vorbehalt der Angemessenheit – auch zugestanden, selbstständig zu entscheiden, ob er überhaupt beraten werden will, und welche Intensität die Beratung haben soll (Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 134).
IV. Pflicht zum Einholen von Information A. Einzuholende Informationen Abs 1 führt die Pflicht zum Einholen von Informationen über Kennt- 7 nisse und Erfahrungen des Kunden im Anlagebereich ein, auf die in der Folge § 44 Abs 1 und § 45 Abs 1 Bezug nehmen. Eine Pflicht zum Erheben von Informationen (dazu gehören insb finanzielle Verhältnisse, Erfahrungen oder Kenntnissen sowie Anlageziele), die als Grundlage der Beratung heranzuziehen sind, hat bereits nach der bisherigen Rechtslage bestanden und den konkreten Beratungsbedarf abgesteckt (dazu Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 47 ff; siehe auch oben Rz 1). Neu ist allerdings die explizite Vorgabe der zur Beurteilung der Kenntnisse und Erfahrungen heranzuziehenden Kriterien wie Vertrautheit mit bestimmten Dienstleistungen, Geschäften und Finanzinstrumenten, Art, Umfang und Häufigkeit der bisher getätigten Geschäfte sowie Bildungsstand und Beruf des Kunden. Schon aus der Formulierung insb von Abs 1 und 2 wird deutlich, dass 8 der Rechtsträger dabei konkrete Angaben einholen muss, weil dort jeweils auf die Vertrautheit mit bestimmten Dienstleistungen sowie auf Art, Umfang und Häufigkeit von bestimmten Transaktionen abgestellt wird. Es ist daher wohl nicht ausreichend, den Kunden pauschal danach zu befragen, ob und wie lange er sich schon mit bestimmten Dienstleistungen beschäftigt (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 221). Unklar ist freilich, wie sich Beruf und Bildungsstand des Kunden auf 9 die Beratung auswirken sollen. Nimmt man die Verpflichtung ernst, diese beiden Kriterien als Grundlagen gesetzeskonformer Beratung einfließen zu lassen, so muss das im Einzelfall dazu führen, Personen, deren Beruf und Bildungsstand auf ein geringeres intellektuelles Niveau schließen lässt, die Investition in bestimmte (komplexere) Produkte zu ver477
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Brandl/Klausberger
weigern. Teile des Schrifttums sehen auch im erlernten oder ausgeübten Beruf des Kunden einen besonderen Indikator, weil die berufliche Nähe oder Ferne zu Fragen der Vermögensanlage eine Rolle im Hinblick auf die damit zusammenhängenden Kenntnisse oder Erfahrungen spielen könne (so Schäfer/Lang in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 170). Die Befürworter dieser Position verkennen freilich, dass Beruf und Bildungsstand nur in wenigen Fällen auf die tatsächliche Auffassungsgabe in Finanzangelegenheiten schließen lässt (vgl auch Teuber, BKR 2006, 433). In Anbetracht der im österreichischen Schulsystem unzureichenden Erziehung in Finanzangelegenheiten wird daher idR (mit wenigen Ausnahmen wie bei beruflich einschlägig tätigen Personen) Beruf- und Bildungsstand bei der Beratung keine zusätzliche Entscheidungsgrundlage bieten können. Vielmehr wird man aus den Erfahrungen und Kenntnissen auf die erforderliche Beratungsintensität schließen und den Grundsatz befolgen müssen, dass, je weniger Erfahrungen beim Kunden vorliegen, umso intensivere Beratung notwendig ist (so auch Voraufl Rz 5 mit Hinweis auf den FMA-Leitfaden zur Anwendung der Wohlverhaltensregeln nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz [Juli 2007]). 10 Lediglich ein einschlägiger Beruf im Finanzsektor kann eine gewisse Indizwirkung im Hinblick auf Kenntnisse oder Erfahrungen entfalten (so Pkt 4.4.1 des WKO-Leitfadens zur Anwendung der Wohlverhaltensregeln nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, abrufbar unter http://wko.at/finanzdienstleister bzw www.fma.gv.at; vgl auch Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 129 FN 216). Dabei ist freilich jeweils im Einzelfall zu überprüfen, inwieweit der Beruf des Kunden Kenntnisse und Erfahrungen vermittelt, die für die angestrebten Geschäfte nutzbar gemacht werden können (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 222).
B. Vorbehalt der Angemessenheit 11 Die Pflicht zur Einholung von Informationen über Kenntnisse und
Erfahrungen des Kunden ist durch einen Angemessenheitsvorbehalt beschränkt (arg: „soweit dies nach Art des Kunden, Art und Umfang der zu erbringenden Dienstleistung und Art des in Betracht gezogenen Produkts oder Geschäfts unter Berücksichtigung der damit jeweils verbundenen Komplexität und Risiken angemessen ist“; Hervorhebung durch die Verfasser). Im Einzelfall stellt sich somit die Frage, welche Informationen noch als angemessen iSd § 43 Abs 1 angesehen werden können und damit vom Kunden zwingend einzuholen sind. § 13 Z 3 WAG aF sowie § 31 Abs 2 WpHG (vor Umsetzung der MiFID) haben vorgesehen, dass eine Verpflichtung zur Einholung von Informationen insoweit besteht, als dies zur Wahrung der Interessen 478
Allgemeine Bestimmungen
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des Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist. Inhaltlich wird allerdings der terminologische Wechsel von Erforderlichkeit zu Angemessenheit keine signifikante Änderung bedeuten, zumal die Schutzausrichtung sowohl der alten als auch der neuen Fassung gleich ist und zudem eine allzu paternalistische Rolle der Dienstleister gegenüber ihren Kunden vermieden werden soll (vgl zu letzterem Teuber, BKR 2006, 432). Im Lichte dessen hat der dt Gesetzgeber bei der Umsetzung der MiFID überhaupt am bisherigen Terminus der Erforderlichkeit festgehalten (dazu Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 190, 198 ff; Koller in Assmann/ Schneider, WpHG5 § 31 Rz 49). Angemessen iSd neuen Bestimmung sind somit all jene Angaben, 12 welche dem Rechtsträger die Beurteilung ermöglichen, ob die konkrete Anlage oder die Form der Vermögensverwaltung angesichts der Ziele und finanziellen Verhältnisse des Kunden dessen Interessen entspricht (Koller in Assmann/Schneider, WpHG4 § 31 Rz 98). Die Angemessenheit wird weiterhin auch entscheidend von der Professionalität des Kunden abhängen (dazu Lang, Informationspflichten § 9 Rz 16). Die vom Gesetz angeführten Elemente (Art des Kunden, Art und Umfang der zu erbringenden Dienstleistung und Art des in Betracht gezogenen Produkts oder Geschäfts unter Berücksichtigung der damit jeweils verbundenen Komplexität und Risiken) sind dabei als Abwägungskriterien zur Konkretisierung der Pflicht heranzuziehen. Angaben, die dem Rechtsträger bereits in aktueller Fassung vorliegen, müssen nicht nochmals erhoben werden; deren nochmalige Einholung wäre wohl nicht angemessen (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 49; Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 202).
C. Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben; Aktualisierung Der Rechtsträger darf sich nach Abs 3 auf die vom Kunden übermittel- 13 ten Informationen grundsätzlich verlassen, es sei denn, er weiß oder müsste wissen, dass die Informationen offensichtlich veraltet, unzutreffend oder unvollständig sind. Anders als nach § 19 Abs 6 WpHG schadet dem Rechtsträger damit bereits leicht fahrlässige Unkenntnis (Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 130). Dies entspricht im Wesentlichen auch der bisherigen Rechtslage, wonach sich ein Rechtsträger auf die Angaben des Kunden verlassen darf, sofern nicht evidente Unrichtigkeiten dargelegt werden (Kalss, ecolex 2004, 573). Unvollständige oder falsche Angaben des Kunden bewirken somit, dass die Möglichkeit einer anlegergerechten Beratung für den Rechtsträger nicht mehr gegeben ist und der Kunde – sofern dem 479
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Brandl/Klausberger
Rechtsträger die Unrichtigkeit bzw Unvollständigkeit nicht aufgefallen ist bzw auffallen hätte müssen – sich später nicht auf diesbezügliche Beratungsmängel berufen kann (Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 37 ff). 14 Damit steht auch die Frage nach der Aktualisierung der Angaben in
Zusammenhang. Der Bedarf nach Aktualisierung ergibt sich dabei schon aus dem Umstand, dass die Angaben des Kunden immer nur augenblicksbezogen sind und somit schnell ihre Aussagekraft verlieren können (Kalss, ecolex 2004, 573; nach der Art der Dienstleistung differenzierend Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 130). Strittig ist allerdings, in welchen Zeiträumen eine solche Aktualisierung vorzunehmen ist. Die FMA hat bis vor kurzem empfohlen, ein Anlegerprofil alle drei Jahre zu aktualisieren (siehe Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 31 und Voraufl Rz 7 mwN). Dieser Ansicht ist schon aus dem Grund nicht zu folgen, dass in den meisten Fällen der Anlagevermittlung die Vertragsparteien kein Dauerschuldverhältnis eingehen und den Dienstleister daher überhaupt keine Verpflichtung zur Kontaktaufnahme nach Vertragserfüllung trifft. Lediglich dann, wenn sich der Dienstleister ausdrücklich zur regelmäßigen Betreuung (Beratung oder Portfolioverwaltung) verpflichtet, steht eine Pflicht zur Aktualisierung des Anlegerprofils überhaupt zur Diskussion. Ausdrücklich anzumerken ist, dass die FMA ihre diesbezügliche Meinung nun offenbar aufgegeben hat. 15 Dabei ist gegen eine routinemäßige Überprüfung in regelmäßigen Ab-
ständen prinzipiell nichts einzuwenden; es muss allerdings zusätzlich zur periodenweisen Überprüfung eine weitere Erkundigung jedenfalls dann stattfinden, wenn beim Kunden eine dem Rechtsträger erkennbare Veränderung der Verhältnisse eintritt (Kalss, ecolex 2004, 574; Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 31). Dies lässt sich auch unmittelbar aus Abs 3 ableiten, der ein schutzwürdiges Vertrauen des Rechtsträgers auf offensichtlich veraltete Informationen ausschließt. Eine Aktualisierung sollte daher nicht bloß in bestimmten zeitlichen Abständen erfolgen, sondern es sollte schon bei erkennbaren Veränderungen der Verhältnisse des Kunden das Anlegerprofil aktualisiert werden, um die Beratung an die aktuelle Situation des Kunden anpassen zu können (vgl Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 34). Es ist somit ratsam, den Kunden bei jeder Folgeberatung zu fragen, ob sich seit der letzten Veranlagung etwas an seinem Anlegerprofil verändert hat und die Antwort auf diese Frage zu Beweiszwecken zu dokumentieren (Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 36; in diese Richtung auch Koller in Assmann/Schneider WpHG5 § 31 Rz 51). Ob die in Abs 3 vorgenommene Einschränkung auf offensichtlich veraltete Informationen eine gewisse Einschränkung der Aktualisierungspflicht beinhaltet (dieses Problem aufwerfend Gruber 480
Anlagenberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen
§ 44
in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 130), erscheint zweifelhaft. Eine Beschränkung auf bestimmte, qualifizierte Veränderungen entspricht wohl nicht dem im WAG inhärenten Zweck eines verstärkten Anlegerschutzes, zumal dies sogar iS eines Rückschritts hinter die zum WAG 1997 vertretene Rechtslage verstanden werden könnte. Außerdem will es schon nach der Natur der Sache nicht einleuchten, warum ein Rechtsträger das Anlegerprofil nicht aktualisieren müsste, wenn er „nicht offenkundige“ Veränderungen der Verhältnisse dennoch erkennt, weil der Rechtsträger dann im Ergebnis sanktionslos ein nicht mehr aktuelles Anlegerprofil der Beratung zugrunde legen dürfte.
V. Rechtsfolgen eines Verstoßes Ein Verstoß gegen die Pflichten nach § 43 wird auf dem Gebiet des 16 Aufsichtsrechts, des Verwaltungsstrafrechts und des Zivilrechts sanktioniert. Siehe dazu allgemein bei § 38 Rz 33 ff.
Eignung von Anlageberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen § 44. (1) Ein Rechtsträger, der Anlageberatungs- oder Portfolioverwaltungsdienstleistungen erbringt, hat Informationen über die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden im Anlagebereich in Bezug auf den speziellen Typ der Produkte oder Dienstleistungen, seine finanziellen Verhältnisse und seine Anlageziele einzuholen, damit er dem Kunden für ihn geeignete Wertpapierdienstleistungen und Finanzinstrumente empfehlen kann. (2) Diese Informationen müssen es dem Rechtsträger ermöglichen, die wesentlichen Fakten in Bezug auf den Kunden zu erfassen. Der Rechtsträger muss unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs der Dienstleistung nach vernünftigem Ermessen davon ausgehen können, dass das Geschäft, das im Rahmen der Anlageberatung dem Kunden empfohlen oder das im Rahmen einer Portfolioverwaltungsdienstleistung getätigt werden soll, die folgenden Anforderungen erfüllt: 1. Es entspricht den Anlagezielen des Kunden; 2. etwaige mit dem Geschäft einhergehende Anlagerisiken sind für den Kunden, seinen Anlagezielen entsprechend, finanziell tragbar und 481
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Brandl/Klausberger
3. der Kunde kann die mit dem Geschäft oder der Verwaltung seines Portfolios einhergehenden Risiken aufgrund seiner Kenntnisse und Erfahrungen verstehen. (3) Die Informationen über die finanziellen Verhältnisse des Kunden haben – soweit relevant – Informationen über Herkunft und Höhe seines regelmäßigen Einkommens, seine Vermögenswerte einschließlich der liquiden Vermögenswerte, Anlagen und Immobilienbesitz sowie seine regelmäßigen finanziellen Verpflichtungen zu umfassen. (4) Die Informationen über die Anlageziele des Kunden haben – soweit relevant – Informationen über den Zeitraum, in dem der Kunde die Anlage zu halten gedenkt, seine Präferenzen hinsichtlich des einzugehenden Risikos, sein Risikoprofil und den Zweck der Anlage zu umfassen. (5) Sofern ein Rechtsträger bei der Erbringung von Dienstleistungen in Form der Anlageberatung oder Portfolioverwaltung die gemäß Abs. 1 erforderlichen Informationen nicht erhält, darf er dem Kunden keine Wertpapierdienstleistungen oder Finanzinstrumente empfehlen. (6) Erbringt ein Rechtsträger für einen professionellen Kunden eine Dienstleistung gemäß Abs. 1, so ist er berechtigt, davon auszugehen, dass der Kunde in Bezug auf die Produkte, Geschäfte und Dienstleistungen, für die er als professioneller Kunde eingestuft ist, über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen im Sinne von Abs. 2 Z 3 verfügt. Besteht die Dienstleistung in einer Anlageberatung für einen professionellen Kunden gemäß § 58 Abs. 2, ist der Rechtsträger für die Zwecke von Abs. 2 Z 2 berechtigt, davon auszugehen, dass etwaige mit dem Vorgang einhergehende Anlagerisiken für den Kunden, seinen Anlagezielen entsprechend, finanziell tragbar sind. Schrifttum: Balzer, Umsetzung der MiFID: Ein neuer Rechtsrahmen für die Anlageberatung, ZBB 2007, 333; Brandl/Klausberger, „Ausstrahlungstheorie“ – Zum Verhältnis zwischen Aufsichtsrecht und Zivilrecht nach MiFID und WAG, ZFR 2009, 131; Brandl/Saria, Aufklärungspflichten – Organisationspflichten – Prospekthaftung; Band I von Brandl/Kalss/Lucius/Saria, Handbuch Kapitalmarktrecht (2005); Buhl/Kaiser, Herausforderungen und Gestaltungschancen aufgrund von MiFID und EU-Vermittlerrichtlinie in der Kundenberatung, ZBB 2008, 43; Duve, Die neue Welt des Wertpapiergeschäfts, BB 2006, 2477; Einsele, Anlegerschutz durch Information und Beratung, JZ 2008, 477; Graf, Anlageberaterhaftung – quo vadis?, ZFR 2009, 82; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln
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aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur – ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/Schneider, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009) 15; 572; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/ EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2006/379/); Knopp, Vermögensverwaltung im zweiten Jahr der MiFID, AG 2009, 357; Lang, Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen (2003); Schäfer/Lang, Explorationspflichten und spezielle Informationspflichten bei der Anlageberatung, in Clouth/Lang, MiFIDPraktikerhandbuch (2007) 75; Sethe, Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung (2005); Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Teuber, Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung im Überblick, BKR 2006, 429; Veil, Vermögensverwaltung und Anlageberatung im neuen Wertpapierhandelsrecht – eine behutsame Reform der Wohlverhaltensregeln?, ZBB 2008, 34; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008); Weichert/Wenninger, Die Neuregelung der Erkundigungs- und Aufklärungspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gem. Art. 19 RiL 2004/39/EG (MiFID) und Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, WM 2007, 627. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 44): „Abs. 1 setzt Art. 19 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 2 setzt Art. 35 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 35 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 4 setzt Art. 35 Abs. 4 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 5 setzt Art. 35 Abs. 5 der Richtlinie 2006/73/EG um. Stehen dem Rechtsträger die erforderlichen Informationen nicht zur Verfügung, darf er dem Kunden ein Finanzinstrument bzw. eine Wertpapierdienstleistung nicht empfehlen. Das Verbot einer Empfehlung ergibt sich aus Art. 35 Abs. 5 der Richtlinie 2006/ 73/EG. Erlangt der Rechtsträger die erforderlichen Informationen nicht, darf er daher keine Anlageberatung oder Portfolioverwaltung erbringen. Die Ausführung von Aufträgen ist vom Empfehlungsverbot nicht umfasst. Abs. 6 setzt Art. 35 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II. A. B. C. D. III.
Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einholen von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kenntnisse und Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzielle Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlageziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verweigern von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eignungsprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Anwendungsbereich 1 § 44 bezieht sich auf Anlageberatung und Portfolioverwaltung als
Wertpapierdienstleistungen iSd § 1 Z 2 lit d bzw e (zur Begriffsbestimmung siehe bei § 1 Rz 6). Obwohl sich für beide Dienstleistungen dieselben Rechtsfolgen ergeben, sind sie dennoch auf tatbestandlicher Ebene zu unterscheiden: Bei der Portfolioverwaltung verzichtet der Kunde auf Dispositionsbefugnisse und überträgt die Durchführung des Handels sowie die Abrechnung der Verwaltung auf den Dienstleister, der entsprechend bevollmächtigt ist (Spindler/Kasten, WM 2006, 1799). Die Anlageberatung beschränkt sich dagegen nach § 1 Z 2 lit e auf die Abgabe persönlicher Empfehlungen durch den Rechtsträger gegenüber dem Kunden (siehe dazu auch § 1 Rz 6, 36).
II. Einholen von Informationen A. Kenntnisse und Erfahrungen 2 Siehe dazu schon § 43 Rz 8 ff. Für professionelle Kunden enthält
Abs 6 die Vermutung, dass ein solcher Kunde in Bezug auf die Produkte, Geschäfte und Dienstleistungen, für die er als professioneller Kunde eingestuft ist, über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt. Fehlende Erfahrung kann im Zuge der Beratung uU durch umfassende und redliche Produktaufklärung wettgemacht werden (Schäfer/Lang in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 221; Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 136). Zur Frage, inwieweit Berufsstand und Bildung des Kunden in Bezug auf die Kenntnisse und Erfahrungen eine Rolle spielen, siehe § 43 Rz 9 f.
B. Finanzielle Verhältnisse 3 Zu den Erkundigungen über die finanziellen Verhältnisse des Kunden
zählt Abs 3 Informationen über Herkunft und Höhe seines regelmäßigen Einkommens, seine Vermögenswerte einschließlich der liquiden Vermögenswerte, Anlagen und Immobilienbesitz sowie seine regelmäßigen finanziellen Verpflichtungen; ein Abstellen alleine auf das Jahresnettoeinkommen des Kunden oder seine liquiden Vermögenswerte ist demnach nicht ausreichend (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 234; Schäfer/Lang in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 177; Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 135). Diese Erkundigung steht unter dem Vorbehalt der Relevanz für die auf
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Grund dieser Informationen vorzunehmende Eignungsprüfung. Durch diese Angaben soll der Rechtsträger in die Lage versetzt werden, nach Abs 2 Z 2 zu beurteilen, ob mit dem Geschäft einhergehende Anlagerisiken für den Kunden auch finanziell tragbar sind (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 231). Für professionelle Kunden gilt im Bereich der Anlageberatung nach Abs 6 die Vermutung der finanziellen Tragfähigkeit.
C. Anlageziele Die einzuholenden Informationen über die Anlageziele haben nach 4 Abs 4 Informationen über die beabsichtigte Haltedauer, die Präferenzen des Kunden in Bezug auf das einzugehende Risiko, das Risikoprofil des Kunden und den Zweck der Anlage zu umfassen. Diese Verpflichtung steht wiederum unter dem Vorbehalt der Relevanz für die darauf basierende Eignungsprüfung. Risikopräferenz und Risikoprofil scheinen sich in diesem Zusammenhang großteils zu überlappen, weshalb man davon ausgehen kann, dass generell die subjektive Risikobereitschaft des Kunden als Maßstab für die Eignungsprüfung heranzuziehen ist (Teuber, BKR 2006, 431; zust Gruber in Braumüller/Ennöckl/ Gruber/Raschauer, MiFID 134). Darüber hinaus sind Anlagezweck und Haltedauer oftmals miteinander verknüpft, weil viele Anlagezwecke (zB Altersvorsorge, Darlehenstilgung, Finanzierung eines Eigenheims) auch mit einer zeitlichen Komponente verbunden sind (Teuber, BKR 2006, 432) bzw die Investition in manche Anlageinstrumente (etwa besonders volatile Instrumente) nur dann sinnvoll ist, wenn der Kunde bereit ist, den investierten Betrag über einen längeren Zeitraum zu veranlagen. Angesichts der Tatsache, dass das Gesetz die Elemente subjektive Risi- 5 kobereitschaft, Anlagezweck und Haltedauer gleichwertig nebeneinander stellt, erscheint es verfehlt, einem Anlagezweck a priori eine Gruppe von Anlageobjekten, die auf Grund der Risikoklasse als dafür geeignet angesehen werden, zuzuordnen. Manche Stimmen in der Praxis vertreten nämlich iZm dem Ziel „Altersvorsorge“ die Meinung, dass eine Veranlagung zu diesem Zweck ausschließlich in konservative Produkte erfolgen dürfe. Folgte man dieser Ansicht, führte dies zur Entmündigung jener Kunden, die bereit sind, auch in Bezug auf die Altersvorsorge ein höheres Risiko einzugehen, obwohl sie sich des Verlustrisikos bewusst sind und sie wegen des längeren Zeitraums, in dem veranlagt werden soll, die Gelegenheit haben, Baisse-Phasen zu verkraften. Richtigerweise wird man daher die Struktur des Gesetzes ernst nehmen müssen und die subjektive Risikobereitschaft des Kunden bei der Auswahl der Veranlagung als wesentlichen Faktor einfließen 485
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Brandl/Klausberger
lassen. Das Anlageziel ist dabei insofern von Bedeutung, als es den benötigten Mitteleinsatz absteckt, um bei einer bestimmten Rendite den Zielbetrag zu erreichen, bzw festlegt, welche Rendite notwendig ist, um mit dem vorgesehenen Mitteleinsatz den Zielbetrag zu erreichen. Der Wertpapierdienstleister ist freilich im Rahmen der Beratung verpflichtet, den Kunden allenfalls auf Widersprüche zwischen seinen Zielvorstellungen und der Risikobereitschaft hinzuweisen (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 225).
D. Verweigern von Informationen 6 Verweigert der Kunde die Übermittlung der entsprechenden Informa-
tionen, so darf der Rechtsträger nach Abs 5 keine Anlageempfehlung abgeben, wenn die verweigerten Informationen notwendig wären, um die Eignung einer Wertpapierdienstleistung oder eines Finanzinstruments für den Kunden zu beurteilen (Weichert/Wenninger, WM 2007, 631). Das bloße Ausführen von Aufträgen ist nach Ansicht des Gesetzgebers vom Empfehlungsverbot nicht umfasst (Erl RV 19). Die praktischen Konsequenzen dieser Ansicht sind allerdings fraglich. Im Bereich der Angemessenheitskontrolle des § 45 sieht Abs 3 für den Fall, dass der Kunde die Informationen nicht erteilt oder unzureichende Informationen über seine Kenntnisse und Erfahrungen erteilt, eine Warnpflicht des Rechtsträgers mit dem Inhalt vor, dass der Rechtsträger ohne diese Informationen nicht beurteilen kann, ob die angebotenen oder gewünschten Produkte oder Dienstleistungen für den Kunden angemessen sind (vgl dazu § 45 Rz 2, 4). Folgt man der Logik des Gesetzes, müsste es auch eine Warnpflicht des Rechtsträgers für den Fall geben, dass der Rechtsträger die erforderlichen Informationen nicht erhält und daher keine Anlageberatung oder Portfolioverwaltung erbringen darf (zust Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 137; ebenso nunmehr auch Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 206). Besteht der Kunde dann trotzdem auf der Ausführung einzelner Geschäfte, ist eine Angemessenheitskontrolle nach § 45 vorzunehmen.
III. Eignungsprüfung 7 Nach § 44 hat der Rechtsträger auf Basis der ihm übermittelten Infor-
mationen die Eignung der angebotenen Anlageberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen zu überprüfen. Der Gesetzgeber hat sich dabei terminologisch an der englischen Fassung der RL orientiert, wo es „suitability“ heißt; die dt Fassung unterscheidet demgegenüber 486
Angemessenheit von sonstigen Wertpapierdienstleistungen
§ 45
nicht klar zwischen Eignung und Angemessenheit (Erl RV 18). Die Eignungsprüfung ist umfassender und kundenspezifischer als die Angemessenheitsprüfung nach § 45 und daher von dieser auch terminologisch zu unterscheiden (Erl RV 18). Die Eignungsprüfung bedingt somit eine auf den jeweiligen Kunden maßgeschneiderte Dienstleistungserbringung (Winternitz/Aigner, WAG 32); sie basiert dabei auf den Angaben des Kunden betreffend seine Kenntnisse und Erfahrungen im Anlagebereich, seine finanziellen Verhältnisse und seine Anlageziele und bezweckt, dass der Rechtsträger dem Kunden ein geeignetes Produkt empfiehlt (Erl RV 18). Im Endeffekt bedeutet dies, dass ein Rechtsträger dem Kunden nur ein auf die Verhältnisse des Kunden passendes Wertpapiergeschäft empfehlen darf und ungeeignete Empfehlungen zu unterlassen hat (Teuber, BKR 2007, 431). Damit bedeutet die Eignungsprüfung bei Anlageberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen im Ergebnis eine Pflicht zur anleger- und objektgerechten Beratung, wie sie schon bisher aufsichts- und zivilrechtlich gegolten hat (Teuber, BKR 2007, 431; Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 236; Winternitz/Aigner, WAG 32; vgl dazu auch Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 66 ff).
Angemessenheit von sonstigen Wertpapierdienstleistungen § 45. (1) Die Rechtsträger haben bei der Erbringung von anderen, als den in § 44 Abs. 1 genannten, Wertpapierdienstleistungen vom Kunden Informationen zu seinen Kenntnissen und Erfahrungen im Anlagebereich in Bezug auf den speziellen Typ der angebotenen oder vom Kunden gewünschten Produkte oder Dienstleistungen einzuholen, um beurteilen zu können, ob diese für den Kunden angemessen sind. Dabei hat der Rechtsträger zu berücksichtigen, ob der betreffende Kunde über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Risiken im Zusammenhang mit den angebotenen oder gewünschten Produkten oder Dienstleistungen zu verstehen. (2) Gelangt der Rechtsträger aufgrund der gemäß Abs. 1 erhaltenen Informationen zu der Auffassung, dass das betreffende Produkt oder die betreffende Dienstleistung für den Kunden nicht angemessen ist, so warnt er den Kunden. Diese Warnung kann in standardisierter Form erfolgen. (3) Falls der Kunde die in Abs. 1 genannten Informationen nicht erteilt oder unzureichende Informationen über seine Kenntnisse und Erfahrungen erteilt, hat der Rechtsträger den Kunden zu warnen, dass er ohne diese Informationen nicht beurteilen kann, ob die 487
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Brandl/Klausberger
angebotenen oder gewünschten Produkte oder Dienstleistungen für ihn angemessen sind. Diese Warnung kann in standardisierter Form erfolgen. (4) Erbringt ein Rechtsträger für einen professionellen Kunden eine Dienstleistung gemäß Abs. 1, so ist er berechtigt, davon auszugehen, dass dieser über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Risiken im Zusammenhang mit den Produkten, Geschäften und Dienstleistungen, für die er als professioneller Kunde eingestuft ist, zu erfassen. Schrifttum: Balzer, Umsetzung der MiFID: Ein neuer Rechtsrahmen für die Anlageberatung, ZBB 2007, 333; Brandl/Klausberger, „Ausstrahlungstheorie“ – Zum Verhältnis zwischen Aufsichtsrecht und Zivilrecht nach MiFID und WAG, ZFR 2009, 131; Brandl/Saria, Aufklärungspflichten – Organisationspflichten – Prospekthaftung; Band I von Brandl/Kalss/Lucius/Saria, Handbuch Kapitalmarktrecht (2005); Buhl/Kaiser, Herausforderungen und Gestaltungschancen aufgrund von MiFID und EU-Vermittlerrichtlinie in der Kundenberatung, ZBB 2008, 43; Duve, Die neue Welt des Wertpapiergeschäfts, BB 2006, 2477; Einsele, Anlegerschutz durch Information und Beratung, JZ 2008, 477; Graf, Anlageberaterhaftung – quo vadis?, ZFR 2009, 82; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur – ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/Schneider, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009) 15; 572; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2006/379/); Lang, Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen (2003); Oppitz, Das „Execution-only-Geschäft neu“, ÖBA 2007, 953; Schäfer/ Lang, Beratungsfreies Geschäft und reines Ausführungsgeschäft, in Clouth/ Lang, MiFID-Praktikerhandbuch (2007) 111; Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Teuber, Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung im Überblick, BKR 2006, 429; Veil, Vermögensverwaltung und Anlageberatung im neuen Wertpapierhandelsrecht – eine behutsame Reform der Wohlverhaltensregeln?, ZBB 2008, 34; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008); Weichert/Wenninger, Die Neuregelung der Erkundigungsund Aufklärungspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gem. Art. 19 RiL 2004/39/EG (MiFID) und Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, WM 2007, 627. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 45): „Abs. 1 setzt Art. 19 Abs. 5 erster Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 36 erster Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG um.
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Angemessenheit von sonstigen Wertpapierdienstleistungen
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Abs. 2 setzt Art. 19 Abs. 5 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 3 setzt Art. 19 Abs. 5 dritter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 4 setzt Art. 36 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einholen von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Angemessenheitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Anwendungsbereich § 45 regelt die Beurteilung der Angemessenheit von Wertpapierdienst- 1 leistungen, die nicht in einer Anlageberatung oder Portfolioverwaltung bestehen. Unter diese Vorschrift wird etwa das „execution-only“-Geschäft nach bisherigem Verständnis fallen, sofern es nicht im Einzelfall den besonderen Anforderungen des § 46 genügt und daher unter diese Bestimmung fällt (Harrer, ÖBA 2007, 106 FN 111). Dem Finanzdienstleister und seinem Kunden steht es daher frei, auch einen reinen Vermittlungsvertrag abzuschließen, ohne dass eine Eignungsprüfung gemäß § 44 zu erfolgen hat (zust Harrer in Dullinger/Schneider, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008, 39). Charakteristikum eines solchen Geschäfts ist das Fehlen einer konkreten Empfehlung des Dienstleisters (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 275). Ratsam ist freilich aus Gründen der Beweissicherung, dies schriftlich zu vereinbaren und darauf hinzuweisen, dass bei einem solchen Geschäft eine Beratung samt Eignungsprüfung nach WAG nicht geschuldet ist. Dabei sind die den Rechtsträger nach § 45 treffenden Pflichten gegenüber den bei Anlageberatung und Portfolioverwaltung bestehenden Pflichten herabgesetzt. Allerdings sieht § 45 auch bei beratungslosen Orderausführungen eine Pflicht zur Angemessenheitsprüfung vor; dabei handelt es sich um ein Novum gegenüber dem bisherigen Recht (Teuber, BKR 2006, 433).
II. Pflicht zum Einholen von Informationen Die Pflicht zum Einholen von Information beschränkt sich auf das 2 Vorliegen von Kenntnissen und Erfahrungen im Anlagebereich in Bezug auf den speziellen Typ der betreffenden Produkte oder Dienstleistungen; die Anlageziele und die finanzielle Risikofähigkeit können dabei im Gegensatz zur Eignungsprüfung nach § 44 außer Betracht 489
§ 45
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bleiben (Teuber, BKR 2006, 433). Verweigert der Kunde, dem Dienstleister die entsprechenden Informationen zu übermitteln, oder stellt er die Information nur unzureichend zur Verfügung, führt dies nicht etwa zu einem Verbot, das Geschäft durchzuführen, sondern zu einer Warnpflicht des Rechtsträgers. Der Rechtsträger hat den Kunden ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er ohne diese Informationen nicht beurteilen kann, ob die angebotenen oder gewünschten Produkte oder Dienstleistungen für den Kunden angemessen sind (Abs 3). Rechtsnachteile, die der Kunde dadurch erleidet, gehen dann jedenfalls zu seinen Lasten (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 289). Insb für Geschäfte im Internet bzw über Telefon ist von Bedeutung, dass diese Warnung auch in standardisierter Form geschehen kann. 3 Der Rechtsträger darf aber nach § 43 Abs 2 einen Kunden nicht dazu veranlassen, die Übermittlung der erforderlichen Informationen zu unterlassen (vgl auch Harrer, ÖBA 2007, 107 FN 116); um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, sollten sich Rechtsträger von ihren Kunden bestätigen lassen, dass sie der Rechtsträger nicht „veranlasst“ hat, die Abgabe der Informationen zu verweigern.
III. Angemessenheitsprüfung 4 Der Rechtsträger hat sodann eine Angemessenheitsprüfung durch-
zuführen. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob der Kunde die Risiken im Zusammenhang mit dem angebotenen Produkt oder der angebotenen Wertpapierdienstleistung erfassen kann, was nach Abs 4 bei professionellen Kunden vermutet wird (Harrer, ÖBA 2007, 106 f). UE bedeutet dies nichts anderes, als dass das vom Kunden gewählte Anlageinstrument von den Erfahrungen und Kenntnissen des Kunden umfasst ist. Kommt der Rechtsträger auf Grund der Informationen zum Ergebnis, dass das betreffende Produkt oder die betreffende Dienstleistung für den Kunden nicht angemessen ist, so sieht Abs 2 eine Warnpflicht vor, der ebenfalls in standardisierter Form nachgekommen werden kann. Will der Kunde trotz Warnung an der Order festhalten, darf der Rechtsträger den Auftrag ausführen (Teuber, BKR 2006, 434; Weichert/Wenninger, WM 2007, 631; Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 287). Gegenüber professionellen Kunden entfällt die Pflicht zur Angemessenheitsprüfung im Rahmen der gesetzlichen Vermutung des Abs 4 (Winternitz/Aigner, WAG 34): 5 Es ist somit keine umfassende, anlageobjektbezogene Eignungsprüfung durchzuführen, wie sie § 44 für Anlageberatung und Portfolioverwaltung vorsieht, sondern der Kunde ist gegebenenfalls darauf hinzuwei490
Geschäfte, die nur in der Ausführung bestehen
§ 46
sen, dass er mit dem Erwerb dieses Anlageobjekts Risiken eingeht, deren Ausmaß er nicht hinreichend abschätzen kann (Weichert/Wenninger, WM 2007, 631). Dies ist jedenfalls sachgerecht, weil es gerade die Entscheidung des Anlegers war, keine Anlageberatung oder Portfolioverwaltung in Anspruch zu nehmen; es kann nicht der Zweck des WAG sein, einen mündigen Anleger um jeden Preis vor einer ungeeigneten Anlageentscheidung zu bewahren (Teuber, BKR 2006, 433; Weichert/Wenninger, WM 2007, 631; siehe auch Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz K132–135). Für Altkunden sieht Erwägungsgrund 59 MiFID-DRL eine Sonder- 6 regel vor: Demnach sollte einem Kunden, der bereits vor der Anwendung der MiFID Geschäfte mit einer bestimmten Art von Produkten oder Dienstleistungen getätigt hat, unterstellt werden, dass er über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die mit dem betreffenden Produkt oder der betreffenden Wertpapierdienstleistung verbundenen Risiken zu erfassen (dazu auch Teuber, BKR 2006, 434 f). Eine weitere Sonderregel findet sich dort auch für jene Kunden, die nach Wirksamwerden der MiFID mehrere derartige Geschäfte mit einer Wertpapierfirma tätigen: Die Wertpapierfirma muss demnach nicht bei jedem einzelnen Geschäft eine erneute Beurteilung vornehmen, sondern sie kommt ihren Verpflichtungen auch dann nach, wenn sie die erforderliche Beurteilung der Angemessenheit vornimmt, bevor sie mit der Erbringung der Dienstleistung beginnt (vgl auch Harrer, ÖBA 2007, 107).
Geschäfte, die nur in der Ausführung oder Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen bestehen § 46. Ein Rechtsträger, dessen Wertpapierdienstleistungen lediglich in der Ausführung von Kundenaufträgen oder der Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen mit oder ohne Nebendienstleistungen bestehen, darf diese Wertpapierdienstleistungen für seine Kunden erbringen, ohne zuvor die Angaben gemäß § 45 Abs. 1 einzuholen oder bewerten zu müssen, wenn die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind: 1. Die Dienstleistungen beziehen sich auf nicht komplexe Finanzinstrumente gemäß § 1 Z 7; 2. die Dienstleistungen werden auf Veranlassung des Kunden erbracht; 3. der Kunde wurde eindeutig darüber informiert, dass der Rechtsträger bei der Erbringung dieser Dienstleistungen die Angemes491
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senheit der Instrumente oder Dienstleistungen, die erbracht oder angeboten werden, nicht gemäß § 45 prüfen muss und der Kunde daher nicht in den Genuss des Schutzes der einschlägigen Wohlverhaltensregeln kommt; diese Warnung kann in standardisierter Form erfolgen; 4. der Rechtsträger kommt seinen Pflichten gemäß den §§ 34 und 35 nach. Schrifttum: Balzer, Umsetzung der MiFID: Ein neuer Rechtsrahmen für die Anlageberatung, ZBB 2007, 333; Brandl/Klausberger, „Ausstrahlungstheorie“ – Zum Verhältnis zwischen Aufsichtsrecht und Zivilrecht nach MiFID und WAG, ZFR 2009, 131; Brandl/Saria, Aufklärungspflichten – Organisationspflichten – Prospekthaftung; Band I von Brandl/Kalss/Lucius/Saria, Handbuch Kapitalmarktrecht (2005); Buhl/Kaiser, Herausforderungen und Gestaltungschancen aufgrund von MiFID und EU-Vermittlerrichtlinie in der Kundenberatung, ZBB 2008, 43; Duve, Die neue Welt des Wertpapiergeschäfts, BB 2006, 2477; Einsele, Anlegerschutz durch Information und Beratung, JZ 2008, 477; Graf, Anlageberaterhaftung – quo vadis?, ZFR 2009, 82; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur – ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/Schneider, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009) 15; 572; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2006/379/); Lang, Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen (2003); Oppitz, Das „Execution-only-Geschäft neu“, ÖBA 2007, 953; Schäfer/Lang, Beratungsfreies Geschäft und reines Ausführungsgeschäft, in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch (2007) 111; Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Teuber, Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung im Überblick, BKR 2006, 429; Veil, Vermögensverwaltung und Anlageberatung im neuen Wertpapierhandelsrecht – eine behutsame Reform der Wohlverhaltensregeln?, ZBB 2008, 34; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008); Weichert/Wenninger, Die Neuregelung der Erkundigungs- und Aufklärungspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gem. Art. 19 RiL 2004/39/EG (MiFID) und Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, WM 2007, 627. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 46): „Diese Bestimmung setzt Art. 19 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG um. Dessen erster Spiegelstrich, der Teile der nicht komplexen Finanzinstrumente enthält, wurde in die Definition der nicht komplexen Finanzinstrumente in § 1 Z 7 lit. b aufgenommen.
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Geschäfte, die nur in der Ausführung bestehen
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Die in Art. 19 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG geregelten Warnpflichten beziehen sich im Sinne der Einschlägigkeit auf die Vorteile, die ansonsten der Kunde hätte, wenn die Vorschriften über Eignung und Angemessenheit der Dienstleistung zur Anwendung kommen würden (§§ 43 bis 45).“
Übersicht I. II.
Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulässigkeitsvoraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Anwendungsbereich § 46 führt bei bestimmten Geschäften, die nur in der Ausführung oder 1 Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen bestehen, insofern Erleichterungen ein, als bei Vorliegen der in Z 1 bis 4 genannten Voraussetzungen auf das Einholen von Informationen sowie auf eine Angemessenheitsprüfung gänzlich verzichtet werden kann. Für eine solche Angemessenheitsprüfung würde überdies das Substrat fehlen, weil dem Rechtsträger die erforderlichen Kenntnisse über den Kunden fehlen werden (Weichert/Wenninger, WM 2007, 632). Der Ausdruck „Rechtsträger, dessen Wertpapierdienstleistungen . . .“ scheint darauf hinzudeuten, dass nur solche Wertpapierfirmen erfasst sind, deren gesamtes Wertpapierdienstleistungsangebot lediglich ExecutionOnly-Dienstleistungen umfasst. Nicht erfasst zu sein scheinen Wertpapierfirmen, die in der jeweiligen Situation eine Exccution-OnlyDienstleistung erbringen, aber auch „normale“ Wertpierdienstleistungen offerieren. Ein Blick auf die englische Version des Art 19 Abs 6 MiFID legt jedoch ein anderes Verständnis nahe. Dort ist die Rede von „Investment firms when providing (execution-only) investment services“ (Hervorhebung nicht im Original), also von Wertpapierfirmen bei der Erbringung von Execution-Only-Dienstleistungen. Die englische Version stellt beim persönlichen Anwendungsbereich also darauf ab, ob die Wertpapierfirma in der jeweiligen Situation eine ExecutionOnly-Dienstleistung erbringt. Dieses Verständnis vom Anwendungsbereich des Art 19 Abs 6 MiFID stützt auch ein Blick auf Art 19 Abs 6 Spiegelstrich 3 MiFID, wonach der Kunde darüber zu informieren ist, dass „die Wertpapierfirma bei der Erbringung dieser Dienstleistung die Eignung (. . .) nicht prüfen muss“. Folgte man dem Wortlaut der dt Version und damit der Ansicht, dass nur reine Execution-Only-Firmen von Art 19 Abs 6 MiFID erfasst sind, so wäre die Formulierung bei der Erbringung dieser Dienstleistung in Art 19 Abs 6 Spiegelstrich 3 MiFID überflüssig. Es dürfen daher auch jene Unternehmen „executi493
§ 46
Brandl/Klausberger
on only“ vermitteln, welche auch andere Dienstleistungen erbringen (dazu ausführlich Oppitz, ÖBA 2007, 953; vgl auch Ilg, Wohlverhaltensregeln 109). 2 Weil der Gesetzgeber das Produktportfolio jener Unternehmen, die „execution only“-Dienstleistungen nach § 46 WAG erbringen wollen, erheblich einschränkt (dazu unten Rz 3), werden es etablierte Direktbanken mit großer Sicherheit vermeiden, unter diese Bestimmung zu fallen. Anbieter, die „execution-only“-Dienstleistungen nach dem Verständnis vor dem Inkrafttreten des WAG 2007 anbieten, werden daher mit ihren Kunden eher vereinbaren, dass sie Beratung nicht schulden und so ihre Dienstleistungen ausschließlich in einem „beratungsfreien Geschäft“ iSd § 45 WAG anbieten (siehe dazu auch § 45 Rz 1). Der Rechtsträger ist bei einem solchen „beratungsfreien Geschäft“ allerdings – im Gegensatz zu § 46 – von der Pflicht zur Durchführung einer Angemessenheitsprüfung (näher dazu bei § 45 Rz 4 ff) nicht entbunden. Erleichterungen ergeben sich allerdings aus der vom Gesetz eröffneten Möglichkeit, Warnpflichten auch in standardisierter Form nachzukommen. Überdies muss eine Wertpapierfirma, die mehrere Geschäfte mit einem Kunden tätigt, uU nicht bei jedem einzelnen Geschäft eine erneute Beurteilung der Angemessenheit vornehmen (siehe § 45 Rz 6).
II. Zulässigkeitsvoraussetzungen 3 Das reine Ausführungsgeschäft ohne gleichzeitige Eignungs- oder An-
gemessenheitsprüfung ist nur in den Schranken der Z 1 bis 4 zulässig. Diese Erleichterungen gelten nur für Dienstleistungen in Bezug auf nicht komplexe Finanzinstrumente wie insb Aktien, Anleihen und Anteile an OGAW-Fonds (siehe dazu bei § 1 Rz 16). Die Dienstleistungen müssen ferner auf Veranlassung des Kunden erbracht werden. Damit soll sichergestellt werden, das der Verzicht auf jegliche Beratung ausschließlich vom Kunden ausgeht (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 311). Es wäre daher unstatthaft, würde der Rechtsträger aktiv auf einen Verzicht auf Eignungs- oder Angemessenheitsprüfung hinwirken (Schäfer/Lang in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 253). Im Lichte von Erwägungsgrund 30 MiFID wird eine Dienstleistung dann nicht auf Veranlassung des Kunden erbracht, wenn der Rechtsträger ihn individuell kontaktiert und ein bestimmtes Angebot oder bestimmte Anregungen unterbreitet; antwortet der Kunde dagegen lediglich auf eine allgemein an das Publikum gerichtete Werbung, so hat er die nachfolgende Dienstleistungserbringung selbst veranlasst 494
Dokumentation der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
§ 47
(Koller in Assmann/Schneider WpHG5 § 31 Rz 62). Der Kunde muss eindeutig davor gewarnt werden, dass keine Angemessenheitsprüfung iSd § 45 stattfindet; diese Warnung kann auch in standardisierter Form geschehen, was etwa im Online-Handel von praktischer Bedeutung ist. Das Gesetz weist zudem darauf hin, dass der Rechtsträger den aus den Vorschriften über Interessenkonflikte nach den §§ 34 und 35 entspringenden Pflichten nachzukommen hat. Dies ist mehr als Klarstellung zu verstehen, zumal die §§ 34 f ohnehin auf sämtliche Rechtsträger Anwendung finden.
Dokumentation der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien § 47. (1) Ein Rechtsträger hat eine Aufzeichnung zu erstellen, die das Dokument oder die Dokumente mit den Vereinbarungen zwischen dem Rechtsträger und dem Kunden enthält, die die Rechte und Pflichten der Parteien sowie die sonstigen Bedingungen, zu denen der Rechtsträger Dienstleistungen für den Kunden erbringt, festlegt. (2) Ein Rechtsträger, der für einen Privatkunden erstmals eine Wertpapierdienstleistung erbringt, die keine Anlageberatung darstellt, hat mit diesem eine Rahmenvereinbarung abzuschließen und auf einem dauerhaften Datenträger festzuhalten. In dieser Rahmenvereinbarung sind die wesentlichen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien festzulegen. (3) Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien im Sinne des Abs. 1 und 2 können durch Verweis auf andere Dokumente oder Rechtstexte festgelegt werden. Schrifttum: Balzer, Umsetzung der MiFID: Ein neuer Rechtsrahmen für die Anlageberatung, ZBB 2007, 333; Brandl/Saria, Aufklärungspflichten – Organisationspflichten – Prospekthaftung; Band I von Brandl/Kalss/Lucius/Saria, Handbuch Kapitalmarktrecht (2005); Duve, Die neue Welt des Wertpapiergeschäfts, BB 2006, 2477; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/ Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur – ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/Schneider, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht 2008 (2009) 15; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2006/379/); Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Teuber, Finanzmarkt-
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§ 47
Brandl/Klausberger
Richtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung im Überblick, BKR 2006, 429; Veil, Vermögensverwaltung und Anlageberatung im neuen Wertpapierhandelsrecht – eine behutsame Reform der Wohlverhaltensregeln?, ZBB 2008, 34; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 47): „Abs. 1 setzt Art. 19 Abs. 7 der Richtlinie 2004/39/EG um. In der Regel wird diese Aufzeichnung in Form der Vertragsurkunde erstellt werden. Wenn kein schriftlicher Vertrag erstellt wurde, muss jedenfalls eine Aufzeichnung des Inhaltes erstellt werden. Abs. 2 setzt Art. 39 erster Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 39 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG um. Unter Rechtstexten sind jene standardisierten Texte zu verstehen, die Rechte und Pflichten bestimmen und nicht in die Vertragsurkunde aufgenommen wurden, wie beispielsweise AGB, Risikohinweise, der Leitfaden zur Anwendung der Wohlverhaltensregeln oder Gesetzestexte.“
1 § 47 verpflichtet den Rechtsträger zur Aufzeichnung der Verein-
barungen mit dem Kunden, welche die Rechte und Pflichten der Parteien sowie die sonstigen Bedingungen, zu denen der Rechtsträger Dienstleistungen für den Kunden erbringt, festlegen. Wird eine schriftliche Vertragsurkunde errichtet, so enthält diese regelmäßig die erforderlichen Angaben. Kommt es auf anderem Weg (etwa mündlich) zum Vertragsabschluss, muss jedenfalls der Inhalt der Vereinbarungen aufgezeichnet werden (Erl RV 19). 2 Erbringt ein Rechtsträger gegenüber einem Privatkunden erstmalig eine
Wertpapierdienstleistung, die nicht in einer Anlageberatung besteht, so muss eine Rahmenvereinbarung über die wesentlichen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien getroffen werden, die auf einem dauerhaften Datenträger festgehalten ist. Unter einem dauerhaften Datenträger versteht § 16 grundsätzlich die Bereitstellung auf Papier und lässt die Bereitstellung auf anderen Datenträgern nur in Ausnahmenfällen zu (s dazu § 16 Rz 2). Ob damit tatsächlich, wie etwa in Dtld diskutiert wird, über die Rahmenvereinbarung zumindest faktisch ein Schriftformerfordernis eingeführt wird (so Kühne, BKR 2006, 436), erscheint angesichts der von § 16 in gewissen Grenzen zugelassenen Dokumentation auf anderen Datenträgern als Papier (s dazu § 16 Rz 1) doch fraglich. So würde zB eine mündlich getroffene Rahmenvereinbarung, deren Inhalt in einem E-Mail wiedergegeben und bestätigt wird, ausreichen, wenn die Voraussetzungen des § 16 erfüllt sind. Aus Beweissicherungsüberlegungen sollte man freilich Rahmenvereinbarungen von beiden Seiten unterfertigen lassen. 496
Berichtspflicht
§ 48
Rechte und Pflichten der Vertragsparteien iS dieser Bestimmung kön- 3 nen gemäß Abs 3 auch durch Verweis auf andere Dokumente oder Rechtstexte festgelegt werden. Darunter versteht der Gesetzgeber jene standardisierten Texte, die Rechte und Pflichten bestimmen und nicht in die eigentliche Vertragsurkunde aufgenommen werden, wie etwa AGB, Risikohinweise, der Leitfaden zur Anwendung der Wohlverhaltensregeln oder Gesetzestexte (Erl RV 19). Aus dieser Vorschrift geht allerdings nicht hervor, ob die Rechtsträger 4 auch verpflichtet sind, ein Beratungsprotokoll zu führen und aufzubewahren. Es versteht sich allerdings von selbst, dass daneben bestehende Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten – insb jene nach § 22 WAG – gleichwohl zu beachten sind. Darüber hinaus wird – selbst dann, wenn keine explizite gesetzliche Verpflichtung besteht – das Erstellen eines Beratungsprotokolls schon aus Gründen der Beweissicherung dringend anzuraten sein. Kommt es etwa zu einem Rechtsstreit wegen fehlerhafter Anlageberatung, so ist es von entscheidender Bedeutung, den genauen Inhalt eines Beratungsgesprächs nachweisen zu können (Brandl/Saria, Hdb KMR I Rz 106). Die Rsp geht nunmehr freilich in die Richtung, sogar vom Kunden selbst unterfertigten Erklärungen die Beweiskraft gänzlich abzusprechen (vgl OLG Wien 25. 05. 2009, 1 R 60/09 i). Dem wird man aber in dieser Rigidität nicht folgen können, weil sonst mit der Bindung an das gegebene Wort ein Eckpfeiler der Vertragsrechtsordnung ausgehöhlt würde. Siehe dazu auch § 40 Rz 17 f.
8. Abschnitt Berichtspflichten gegenüber den Kunden Berichtspflicht § 48. Ein Rechtsträger hat seinen Kunden in geeigneter Form über die für ihn erbrachten Dienstleistungen zu berichten. Diese Berichte haben die Kosten zu enthalten, die mit den im Namen des Kunden durchgeführten Geschäften und den erbrachten Dienstleistungen verbunden sind. Schrifttum: Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Lang, Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen (2003); Spindler/Kasten,
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§ 48
Brandl/Klausberger
Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Teuber, Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung im Überblick, BKR 2006, 429. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 48): „Diese Bestimmung setzt Art. 19 Abs. 8 der Richtlinie 2004/39/EG um. Es ist nicht erforderlich, das in der Richtlinie vorgesehene Wort ‚gegebenenfalls‘ zu übernehmen, da naturgemäß nur über die Kosten zu informieren ist, die für den Kunden auch anfallen.“
Übersicht I. II. III. IV.
Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elemente des § 48. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–2 3–5 6–10 11
I. Entstehungsgeschichte 1 Die §§ 48 ff normieren Berichtspflichten des Rechtsträgers gegenüber
dem Kunden über die für diesen erbrachten Dienstleistungen. Solche Berichtspflichten waren bisher kein zentrales aufsichtsrechtliches Thema (zum Bereich der Vermögensverwaltung siehe aber § 50 Rz 1), sondern ergaben sich primär aus allgemeinem Zivilrecht. Danach folgt aus dem Auftragsverhältnis eine allgemeine Rechenschaftspflicht des Beauftragten; diese umfasst neben der ausdrücklich in § 1012 ABGB angeführten Pflicht zur Rechnungslegung auch die allgemeine Pflicht, dem Auftraggeber die notwendigen Informationen zukommen zu lassen und über die im Rahmen der Geschäftsbesorgung durchgeführten Verrichtungen Auskunft zu geben (Schey, Obligationsverhältnisse I/3 591). 2 Art 19 Abs 8 MiFID führt auf Ebene des Aufsichtsrechts eine solche Berichtspflicht ausdrücklich ein: Demnach muss die Wertpapierfirma dem Kunden in geeigneter Form über die für ihn erbrachten Dienstleistungen Bericht erstatten; diese europarechtliche Vorgabe wurde in § 48 umgesetzt. Diese Berichte sollen nach der MiFID gegebenenfalls auch die Kosten enthalten, die mit den im Namen des Kunden durchgeführten Geschäften und erbrachten Dienstleistungen verbunden sind. Im Zuge der Umsetzung hat sich der Gesetzgeber entschlossen, hinsichtlich der Kosten auf den Zusatz „gegebenenfalls“ zu verzichten, weil naturgemäß nur über jene Kosten informiert werden kann, die auch tatsächlich angefallen sind (Erl RV 19). 498
Berichtspflicht
§ 48
II. Normzweck und leitende Grundsätze Die Berichtspflicht dient der Information des Kunden. Dabei soll der 3 Kunde von bestimmten Umständen in Kenntnis gesetzt werden, damit diese in seine Entscheidung bzw weiteren Dispositionen einfließen können (vgl bei § 40 Rz 10 ff). Die aus den §§ 48 ff erwachsenden Berichtspflichten beziehen sich – im Gegensatz zu den Informationspflichten der §§ 40 ff, die im Vorfeld des Geschäftsabschlusses angesiedelt sind – auf Umstände, die während bzw nach der Geschäftsabwicklung hervorkommen (vgl auch Ekkenga in MünKom HGB V2 Effektengeschäft Rz 492). Oftmals wird der Bericht des Rechtsträgers für den Kunden die einzige Möglichkeit sein, sich zeitnah darüber in Kenntnis zu setzen, ob und zu welchen Bedingungen sein Auftrag ausgeführt worden ist (Winternitz/Aigner, WAG 40). Es geht daher nicht so sehr darum, den Kunden bei der Fällung einer eigenverantwortlichen Anlageentscheidung zu unterstützen, sondern vielmehr darum, diesem auch nach seiner Anlageentscheidung die Reaktion auf bestimmte Umstände zu ermöglichen. Nach dem Gesagten dient die Berichtspflicht ganz überwiegend dem 4 Schutz des Kunden. Dieser soll in die Lage versetzt werden, laufend überprüfen zu können, ob die Dienstleistungen des Rechtsträgers nach wie vor seinen Interessen entsprechen. Ein überindividueller Schutz der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte, wie ihn die vorvertraglichen Informationspflichten verfolgen (siehe dazu bei § 40 Rz 19 f), tritt dabei hinter den individuellen Kundenschutz zurück. Bezüglich der Rechtsnatur der Berichtspflicht gilt das allgemein zu 5 den Wohlverhaltensregeln Gesagte (siehe bei § 38 Rz 7 ff): Primär handelt es sich dabei um Aufsichtsrecht, das freilich auf die zivilrechtlichen Pflichten des Rechtsträgers gegenüber den Kunden ausstrahlt. Gerade dort, wo das Zivilrecht – wie etwa in § 1012 ABGB – relativ allgemein gehaltene Pflichten aufstellt, können die aufsichtsrechtlichen Standards zur Konkretisierung herangezogen werden (vgl dazu auch Brandl/Klausberger, „Ausstrahlungstheorie“ – Zum Verhältnis zwischen Aufsichtsrecht und Zivilrecht nach MiFID und WAG, ZFR 2009, 131 [136]). Auf Grund der prinzipiellen Selbstständigkeit aufsichtsrechtlicher und zivilrechtlicher Pflichten ist der Rechtsträger nicht gehindert, mit dem Kunden auf zivilrechtlicher Ebene im Einzelfall ein Abgehen vom Pflichtenprogramm des WAG zu vereinbaren (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 64). Überindividuelle Interessen, die solchen Abreden entgegenstehen würden, können im Bereich der Berichtspflichten nicht ausgemacht werden (siehe auch oben Rz 4). 499
§ 48
Brandl/Klausberger
III. Elemente des § 48 6 Die Berichtspflicht trifft nach dem Wortlaut der Bestimmung den
Rechtsträger gegenüber seinen Kunden. Der Begriff des Rechtsträgers erschließt sich aus § 15 (siehe dort Rz 1 ff), jener des Kunden aus § 1 Z 12 (siehe dort Rz 22). Aus der Formulierung des Gesetzes wird deutlich, dass die Berichtspflicht nur gegenüber jenen Kunden besteht, mit denen der Rechtsträger in einer Sonderverbindung steht (arg „seine“). Im Hinblick auf Kunden anderer Rechtsträger besteht somit keine gesetzliche Berichtspflicht. Nicht ausgeschlossen wird dadurch freilich die Variante, dass sich ein Rechtsträger zur Erfüllung seiner Berichtspflicht eines Dritten bedient. In diesem Fall wird der Bericht des Dritten dem an sich berichtspflichtigen Rechtsträger so zugerechnet, als würde dieser selbst den Bericht erstatten. Zivilrechtlich bedient sich der Rechtsträger des Dritten zur Erfüllung seiner Berichtspflicht, sodass auf Ebene der Haftung die Erfüllungsgehilfenhaftung des § 1313 a ABGB heranzuziehen ist. 7 Die Berichte müssen in geeigneter Form erfolgen. Zur Frage, welche
Form der Mitteilung als geeignet anzusehen ist, gibt die Bestimmung keine näheren Anhaltspunkte. Als Konkretisierung sind freilich die Vorgaben in den nachfolgenden §§ 49 ff beachtlich, die für unterschiedliche Dienstleistungen eigene Anforderungen an die Berichtspflicht stellen. Werden die dort aufgestellten Formvorschriften eingehalten, so ist dem allgemeinen Erfordernis eines Berichts in geeigneter Form, wie es § 48 aufstellt, in jedem Fall genüge getan. Sachlich bezieht sich die Berichtspflicht auf bereits erbrachte Dienstleistungen. Lege non distinguente sind davon sowohl Wertpapierdienstleistungen als auch Nebendienstleistungen erfasst (siehe auch Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 64). 8 Zum Inhalt der Berichte trifft das Gesetz nur die Aussage, dass diese
auch Angaben zu den Kosten enthalten müssen (zur geringfügigen textlichen Abweichung bei der Umsetzung siehe oben Rz 2). Ansonsten sehen die folgenden §§ 49 ff für bestimmte Dienstleistungen Mindestinhalte vor. 9 Über den Zeitpunkt des Berichts schweigt § 48 gänzlich. Aus dem
Zweck der Bestimmung, den Kunden zeitnah über die Ausführung seines Auftrages zu informieren (oben Rz 3), folgt indes, dass der Bericht grundsätzlich unmittelbar nach Dienstleistungserbringung erstattet werden muss. Die Bestimmungen der §§ 49 ff enthalten freilich eigene Anforderungen an den Zeitpunkt der Berichterstattung. 500
Berichtspflichten bei der Ausführung von Aufträgen
§ 49
Die Berichtspflicht ist bereits als erfüllt anzusehen, wenn der Rechts- 10 träger den Bericht ordnungsgemäß an den Kunden abgesendet hat oder – sofern zulässig – für ihn bereit hält (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 64; Winternitz/Aigner, WAG 40). Ob der Bericht den Kunden tatsächlich erreicht und von diesem zur Kenntnis genommen wird, fällt in die Risikosphäre des Empfängers.
IV. Rechtsfolgen eines Verstoßes Wie auch sonst beim Verstoß gegen Wohlverhaltensregeln kann der 11 Verstoß gegen die Berichtspflicht Sanktionen auf dem Gebiet des Aufsichtsrechts, des Verwaltungsstrafrechts und des Zivilrechts nach sich ziehen. Siehe dazu allgemein bei § 38 Rz 33 ff.
Berichtspflichten bei der Ausführung von Aufträgen außerhalb der Portfolioverwaltung § 49. (1) Ein Rechtsträger, der im Namen eines Kunden einen Auftrag außerhalb der Portfolioverwaltung ausgeführt hat, hat dem Kunden 1. unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger die wesentlichen Informationen über die Ausführung des Auftrags zu übermitteln und 2. sofern der Auftrag einen Privatkunden betrifft, diesem schnellstmöglich, spätestens aber am ersten Geschäftstag nach der Ausführung des Auftrags oder – sofern er die Bestätigung der Ausführung von einem Dritten erhält – spätestens am ersten Bankarbeitstag nach Eingang der Bestätigung des Dritten auf einem dauerhaften Datenträger eine Bestätigung der Auftragsausführung zu übermitteln. Diese Mitteilung hat die Angaben – soweit relevant – gemäß Anlage 1 zu § 49, gegebenenfalls unter Beachtung von Anhang I Tabelle 1 der Verordnung (EG) Nr. 1287/ 2006, zu enthalten. Der Rechtsträger kann dem Kunden die Angaben unter Verwendung von Standardcodes miteilen, wenn er eine Erläuterung der verwendeten Codes beifügt. Z 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Bestätigung die gleichen Informationen enthalten würde wie eine Bestätigung, die dem Privatkunden unverzüglich von einer anderen Person zuzusenden ist. Z 1 und Z 2 sind nicht anzuwenden, wenn sich Aufträge, die für Kunden ausgeführt werden, auf Anleihen zur Finanzierung von Hypothe501
§ 49
Brandl/Klausberger
karkreditverträgen mit diesen Kunden beziehen. In diesem Fall ist das Geschäft spätestens einen Monat nach Auftragsausführung zusammen mit den Gesamtbedingungen des Hypothekendarlehens zu melden. (2) Auf Anfrage sind dem Kunden über die Anforderungen gemäß Abs. 1 hinaus Informationen über den Stand seines Auftrags zu übermitteln. (3) Ein Rechtsträger hat bei regelmäßig ausgeführten Aufträgen von Privatkunden über Anteile an einem Organismus für gemeinsame Anlagen gemäß § 2 Z 35 lit. a und b BWG entweder gemäß Abs. 1 Z 2 zu verfahren oder dem Privatkunden mindestens alle sechs Monate die in der Anlage 1 zu § 49 genannten Informationen zu übermitteln. Schrifttum: Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Lang, Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen (2003); Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Teuber, Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung im Überblick, BKR 2006, 429. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 49): „Abs. 1 setzt Art. 40 Abs. 1 und 5 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 40 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 40 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II. A. B. III. A. B. C. D.
502
Normzweck und systematische Stellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachlich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die einzelnen Berichtstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wesentliche Informationen über die Auftragsausführung für professionelle Kunden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestätigung der Auftragsausführung für Privatkunden . . . . . . . Weitere Informationen auf Anfrage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4–7 4–6 7 8–16 8 9 10–15 16
Berichtspflichten bei der Ausführung von Aufträgen
§ 49
I. Normzweck und systematische Stellung Wie die allgemeine Berichtspflicht des § 48 dient auch die Berichts- 1 pflicht des § 49 primär dem Schutz des Anlegers (dazu im Einzelnen bei § 48 Rz 3 ff). Dieser soll in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Ausführung des Auftrages über die Eckdaten der Ausführung in Kenntnis gesetzt werden. § 49 enthält besondere Vorschriften für Kundenaufträge, die von einem 2 Rechtsträger im Namen eines Kunden außerhalb der Portfolioverwaltung ausgeführt worden sind und konkretisiert damit die in § 48 allgemein eingeführte Berichtspflicht hinsichtlich dieser Geschäfte. Die Systematik des Gesetzes, zunächst eine relativ allgemein gehaltene Berichtspflicht vorzusehen, die sodann in spezielleren Normen für einzelne Dienstleistungen konkretisiert wird, ist durch die Struktur der darin umgesetzten europarechtlichen Vorschriften bedingt. So führt Art 19 Abs 8 MiFID die Berichtspflicht allgemein ein; die Konkretisierung für Aufträge außerhalb der Portfolioverwaltung erfolgt auf Stufe 2 des Lamfalussy-Verfahrens in Art 40 DRL. Die Umsetzung trägt dem insofern Rechnung, als in § 48 die allgemeine Berichtspflicht der MiFID umgesetzt ist und daran anknüpfend in § 49 die Vorgaben der DRL berücksichtigt sind. § 49 stellt insgesamt nur einen Mindeststandard auf, weshalb nach 3 Abs 2 dem Kunden auf Anfrage zusätzliche Informationen zu übermitteln sind. Zum Verhältnis zwischen aufsichtsrechtlicher und zivilrechtlicher Berichtspflicht siehe § 48 Rz 5.
II. Anwendungsbereich A. Persönlich Die Bestimmung enthält in Abs 1 Z 1 und 2 zwei sich auf den ersten 4 Blick überschneidende Tatbestände: Abs 1 Z 1 stellt als Grundregel auf, dass unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger die wesentlichen Informationen über die Ausführung des Auftrags zu übermitteln sind. Dies gilt nach der Formulierung des Gesetzes unterschiedslos für alle Kundengruppen; lediglich der Teilbereich der geeigneten Gegenparteien ist nach Maßgabe von § 60 Abs 1 ausgenommen (siehe dazu bei § 60 Rz 5 ff). Neben die Pflicht zur Übermittlung der wesentlichen Informationen über die Ausführung des Auftrags nach Abs 1 Z 1 stellt das Gesetz in Abs 1 Z 2 eine explizit nur gegenüber Privatkunden 503
§ 49
Brandl/Klausberger
bestehende Pflicht zur Übermittlung einer Bestätigung der Auftragsdurchführung. 5 Es stellt sich daher die Frage nach dem Verhältnis dieser Pflichten
untereinander. Eine rein syntaktische Betrachtung legt nahe, dass es sich dabei um zwei eigenständig nebeneinander stehende Pflichten handelt. Bei inhaltlicher Auseinandersetzung gelangt man freilich zu dem Schluss, dass sich Z 1 und Z 2 überlagern, weil die Mitteilung der wesentlichen Informationen über die Auftragausführung zugleich auch Inhalt der Durchführungsbestätigung für Privatkunden ist. 6 Bei einer nicht so sehr an Wortlaut und Syntax, sondern an Sinn und
Zweck der Vorschrift orientierten Betrachtungsweise gelangt man daher zu dem Ergebnis, dass Abs 1 Z 2 eine Sonderregel für Privatkunden enthält, die eine Erweiterung und Vertiefung der nach Abs 1 Z 1 eingeführten Pflicht enthält. Da ein Nebeneinanderbestehen von zwei in ihrer Zielsetzung deckungsgleichen, sich nur in der Intensität unterscheidenden Pflichten für die Gruppe der Privatkunden weder dem europäischen noch dem nationalen Gesetzgeber vorgeschwebt sein dürfte, ist davon auszugehen, dass Abs 1 Z 1 im Endeffekt nur für professionelle Kunden gilt, zumal Abs 1 Z 2 spezielle Vorgaben für Berichte an Privatkunden enthält (anders im Ergebnis noch Voraufl Rz 3).
B. Sachlich 7 Die Bestimmung umfasst nach dem Wortlaut von Abs 1 die Aus-
führung von Aufträgen im Namen eines Kunden außerhalb der Portfolioverwaltung. Durch diese negative Abgrenzung von der Portfolioverwaltung, die in § 50 eigens geregelt ist, sind letztlich alle Ausführungsvarianten umfasst, die nicht zur Portfolioverwaltung zählen. Ausgenommen sind nach den letzten beiden Sätzen des Abs 1 Aufträge in Bezug auf Anleihen zur Finanzierung von Hypothekarkreditverträgen. In diesem Fall ist das Geschäft spätestens einen Monat nach Auftragsausführung zusammen mit den Gesamtbedingungen des Hypothekendarlehens zu melden, ohne dass Abs 1 Z 1 oder 2 anwendbar wäre. In diesem Fall kommt der Wertpapierdienstleistung kein eigenständiger wirtschaftlicher Zweck zu, sondern es steht vielmehr die Funktion als Tilgungsträger für ein Hypothekardarlehen im Vordergrund. Eine Verbindung der Berichtspflicht mit den Gesamtbedingungen des Hypothekardarlehens erscheint daher sachgerecht. 504
Berichtspflichten bei der Ausführung von Aufträgen
§ 49
III. Die einzelnen Berichtstatbestände A. Überblick Bezüglich der Berichtspflichten des § 49 sind zunächst jene Informatio- 8 nen, die jedenfalls übermittelt werden müssen (Abs 1 bzw 3) von solchen zu unterscheiden, die nur auf Nachfrage mitzuteilen sind (Abs 2; vgl auch Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 145). Bei den Pflichtinformationen ist wiederum nach dem persönlichen Geltungsbereich zu unterscheiden (dazu bereits oben Rz 4 ff): Professionellen Kunden müssen nach Abs 1 Z 1 die wesentlichen Informationen über die Auftragsausführung übermittelt werden, Privatkunden ist nach Abs 1 Z 2 eine Bestätigung der Auftragsausführung zu übermitteln.
B. Wesentliche Informationen über die Auftragsausführung für professionelle Kunden Die Information muss nach dem Wortlaut der Bestimmung unverzüg- 9 lich erfolgen; darunter wird gemeinhin ohne schuldhaftes Zögern verstanden. Als Form sieht das Gesetz die Bereitstellung auf einem dauerhaften Datenträger vor. Der Begriff des dauerhaften Datenträgers erschließt sich aus § 16 und meint grundsätzlich die Bereitstellung auf Papier. Die Verwendung eines anderen Datenträgers ist nur nach Maßgabe des § 16 Abs 1 zulässig (siehe dazu bei § 16 Rz 1). Mitzuteilen sind die wesentlichen Informationen über die Ausführung des Auftrags, was das Gesetz freilich nicht näher spezifiziert. Orientiert man sich dabei an der Natur der Sache, so wird man jedenfalls Ausführungszeit und -ort sowie das Entgelt zu den wesentlichen Informationen zählen müssen. Zur Frage der Empfangsbedürftigkeit der Berichte siehe bereits bei § 48 Rz 10.
C. Bestätigung der Auftragsausführung für Privatkunden Den Zeitpunkt der Berichterstattung regelt das Gesetz abweichend 10 von der Parallelvorschrift für professionelle Kunden: Die Bestätigung der Auftragsausführung ist schnellstmöglich (im Gegensatz zu „unverzüglich“ bei professionellen Kunden) zu übermitteln. In näherer Ausführung des Erfordernisses der schnellstmöglichen Übermittlung wird festgeschrieben, dass dies spätestens am nächsten Geschäftstag bzw, wenn der Rechtsträger seinerseits die Bestätigung der Ausführung von einem Dritten erhält, spätestens am ersten Bankarbeitstag nach Eingang der Bestätigung des Dritten erfolgen muss. Verglichen mit der korres505
§ 49
Brandl/Klausberger
pondierenden Anforderung bei professionellen Kunden ist das Erfordernis der schnellstmöglichen Übermittlung deutlich strenger (Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 145), zumal nicht auf die subjektive Möglichkeit zur Übermittlung, sondern auch auf fixe Fristen abgestellt wird. 11 Aus Sicht der Praxis ist anzumerken, dass ein solcher Bericht schneller
als am nächstfolgenden Geschäftstag ohnehin kaum möglich sein wird. Enthalten Geschäfte einen Fremdwährungsanteil, so kann die Berichtspflicht vernünftigerweise erst dann ausgelöst werden, wenn dem Rechtsträger auch die Informationen über den Fremdwährungsanteil vorliegen; da dies idR erst am der Ausführung folgenden Geschäftstag der Fall ist, muss die Bestätigung der Auftragsausführung spätestens am übernächsten Geschäftstag übermittelt werden. 12 Als Form der Übermittlung ist wie bei professionellen Kunden die
Bereitstellung auf einem dauerhaften Datenträger vorgesehen (dazu oben Rz 9 und § 16 Rz 1 ff). Zur Frage der Empfangsbedürftigkeit der Berichte siehe bei § 48 Rz 10. 13 Anlage 1 zu § 49 legt einen Mindestinhalt für die Bestätigung fest,
soweit die geforderten Angaben tatsächlich für das gegenständliche Geschäft relevant sind. Die einzelnen Begriffe sind kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung iSd in Anhang I Tabelle 1 MiFID-DVO eingeführten Definitionen zu verstehen. So meint Handelstag jenen Tag, an dem das Geschäft ausgeführt wurde, und Handelszeitpunkt jenen Zeitpunkt, zu dem das Geschäft ausgeführt wurde; anzugeben ist dabei die Ortszeit der zuständigen Behörde, der das Geschäft gemeldet wird, und zwar in Koordinierter Weltzeit („Coordinated Universal Time“/ UTC) +/- Stunden. Der Kauf- oder Verkauf-Indikator definiert, ob es sich bei dem Geschäft aus der Sicht des Kunden um ein Kauf- oder Verkaufsgeschäft handelt. Stückpreis bedeutet Preis per Wertpapier oder Derivatekontrakt ohne Provisionen und gegebenfalls Stückzinsen; im Falle eines Schuldtitels kann der Preis entweder in der jeweiligen Währung oder als Prozentsatz ausgedrückt werden. 14 Die Bestätigung der Auftragsausführung kann entfallen, wenn sie
die gleichen Informationen wie eine Bestätigung enthalten würde, die dem Privatkunden unverzüglich von einer anderen Person zuzusenden ist. Damit werden unnötige Doppelmeldungen, die für den Kunden einerseits keinen Informationsgewinn bringen und anderseits verwirrend sein können, vermieden (vgl auch Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 318). Zur Ausnahme des Ankaufs von Anleihen zur Finanzierung von Hypothekarkreditverträgen siehe bereits oben Rz 7. 506
Berichtspflichten bei der Portfolioverwaltung
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Führt ein Rechtsträger regelmäßig (zB im Rahmen eines Ansparplanes) 15 für Privatkunden Aufträge über Anteile an einem Organismus für gemeinsame Anlagen gemäß § 2 Z 35 lit a und b BWG durch, so steht dem Rechtsträger insofern ein Wahlrecht zu, als er entweder nach Abs 1 Z 2 schnellstmöglich berichtet oder die in Anlage 1 geforderten Angaben (dazu gerade Rz 13) statt der Einzelbestätigung alle sechs Monate übermittelt (Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 318).
D. Zusätzliche Informationen auf Anfrage Über die Anforderungen des Abs 1 hinausgehende Informationen sind 16 nach Abs 2 nur auf Anfrage des Kunden zu erteilen. Aus der Formulierung, wonach auf Anfrage „über den Stand des Auftrages“ zu berichten ist, ist zu schließen, dass eine solche Berichtspflicht auch vor der eigentlichen Durchführung des Auftrages (zB hinsichtlich des Bearbeitungsstandes) besteht.
Berichtspflichten bei der Portfolioverwaltung § 50. (1) Ein Rechtsträger, der Portfolioverwaltungsdienstleistungen für einen Kunden erbringt, hat dem Kunden auf einem dauerhaften Datenträger periodisch eine Aufstellung der in seinem Namen erbrachten Portfolioverwaltungsdienstleistungen zu übermitteln, sofern derartige Aufstellungen nicht von anderen Personen übermittelt werden. Eine periodische Aufstellung, die an Privatkunden übermittelt wird, hat – soweit relevant – die Angaben gemäß Anlage 1 zu § 50 zu enthalten. (2) Privatkunden hat der Rechtsträger die in Abs. 1 genannte periodische Aufstellung alle sechs Monate zu übermitteln. Dies gilt nicht, sofern einer der folgenden Fälle vorliegt: 1. Auf Verlangen ist einem Privatkunden die periodische Aufstellung alle drei Monate zu übermitteln; ein Rechtsträger hat einen Privatkunden auf dieses Recht hinzuweisen; 2. die periodische Aufstellung ist dem Privatkunden einmal alle zwölf Monate vorzulegen, wenn diesem gemäß Abs. 3 Z 2 über jedes ausgeführte Geschäft einzeln berichtet wird; 3. die periodische Aufstellung ist mindestens einmal monatlich zu übermitteln, sofern der Vertrag über die Portfolioverwaltung zwischen dem Rechtsträger und dem Privatkunden ein kreditfinanziertes Portfolio zulässt. Die Ausnahme gemäß Z 2 gilt nicht für Geschäfte mit Finanzinstrumenten, die unter § 1 Z 4 lit. c oder Z 6 lit. d bis j fallen. 507
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(3) Der Rechtsträger hat auf Verlangen des Kunden für jedes einzelne ausgeführte Geschäft 1. einem Kunden die wesentlichen Informationen über das betreffende Geschäft gemäß § 49 Abs. 1 Z 1 und 2. einem Privatkunden die Mitteilung zur Bestätigung der Auftragsausführung gemäß § 49 Abs. 1 Z 2 auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln. Z 2 gilt nicht, wenn die Bestätigung die gleichen Informationen enthalten würde wie eine Bestätigung, die dem Privatkunden unverzüglich von einer anderen Person zuzusenden ist. (4) Ein Rechtsträger hat bei der Ausführung von Geschäften im Rahmen der Portfolioverwaltung für Privatkunden und der Führung von Privatkundenkonten, die eine ungedeckte Position bei einem Geschäft mit Eventualverbindlichkeiten enthalten, dem Privatkunden auch Verluste mitzuteilen, die einen etwaigen, zuvor zwischen dem Rechtsträger und dem Privatkunden vereinbarten Schwellenwert übersteigen. Diese Mitteilung hat spätestens am Ende des Geschäftstags, an dem der Schwellenwert überschritten wird oder – falls der Schwellenwert an einem geschäftsfreien Tag überschritten wird – am Ende des folgenden Geschäftstags zu erfolgen. Schrifttum: Buchinger/Zivny, Informationspflichten, Ausführung und Reporting bei der Vermögens-/Portfolioverwaltung, ecolex 2008, 13; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Lang, Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen (2003); Schäfer, Vermögensverwaltung nach der MiFID, in Bankrechtstag 2006 – Vermögensverwaltung – Übernahmerecht im Gefolge der EU-Übernahmerichtlinie (2007) 31; Sethe, Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung (2005); Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Teuber, Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung im Überblick, BKR 2006, 429; Teuber/ Müller, Pflichten in der Vermögensverwaltung, in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch (2007) 123. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 50): „Abs. 1 setzt Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 41 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 41 Abs. 4 der Richtlinie 2006/73/EG um. Der Kunde kann nach dieser Bestimmung generell verlangen, dass ihm nach der Durchführung jedes Geschäftes über dieses Geschäft berichtet wird. In diesem Fall erhält er die
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periodische Aufstellung gemäß § 50 Abs. 2 Z 2 nur alle zwölf Monate. Durch den Verweis auf § 49 Abs. 1 Z 1 und 2 wird klargestellt, dass die an dieser Stelle getroffenen Regelungen über den Zeitpunkt der Übermittlung der Mitteilung sinngemäß anzuwenden sind. Abs. 4 setzt Art. 42 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II. III. IV. A. B. C. D.
Entstehungsgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die einzelnen Berichtstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übermittlung einer periodischen Aufstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelberichterstattung auf Verlangen des Kunden . . . . . . . . . . . . Vermeidung von Doppelberichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ad-hoc-Berichterstattung bei Verlusten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Entstehungsgeschichte Im Bereich der Vermögensverwaltung war eine aufsichtsrechtliche 1 Berichtspflicht schon bisher anerkannt. So wurde bereits zur Rechtslage nach WAG aF vertreten, die aufsichtsrechtliche Informationspflicht diene dazu, dass der Kunde jederzeit „Herr des Geschäfts“ bleibt, und dass somit mit den zivilrechtlichen Benachrichtigungs-, Rechnungslegungs- und Unterrichtungspflichten korrespondierende aufsichtsrechtliche Pflichten bestünden (Sethe, Anlegerschutz 913; zu den zivilrechtlichen Verpflichtungen Lang, Informationspflichten § 24 Rz 27 ff). § 50 schreibt diese aufsichtsrechtlichen Berichtspflichten nunmehr ausdrücklich und sehr detailliert fest. Den europarechtlichen Hintergrund für die Neuregelung bildet Art 41 2 MiFID-DRL, der für den Bereich der Portfolioverwaltung die in Art 19 Abs 8 allgemein eingeführte Berichtspflicht näher determiniert. Die Struktur der europarechtlichen Vorgaben wird insofern auch in der österreichischen Umsetzung erkennbar, als in § 48 die allgemeine Berichtspflicht der MiFID umgesetzt ist und in § 50 die Vorgaben der DRL aufgehen.
II. Normzweck und leitende Grundsätze Wie die Berichtspflicht im Allgemeinen (siehe dazu § 48 Rz 3 ff) dient 3 auch die in § 50 vorgesehene Berichtspflicht bei der Portfolioverwal509
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tung der Information und damit auch dem Schutz des individuellen Kunden. Dies ist gerade im Bereich der Portfolioverwaltung von besonderer Bedeutung, zumal bei dieser der Verwalter die Anlageentscheidungen selbst nach diskretionären Gesichtspunkten für den Kunden trifft und dem Kunden daher naturgemäß ein tieferer Einblick in die Tätigkeit des Rechtsträgers fehlt. Der Kunde ist daher auf regelmäßige Berichte des Verwalters angewiesen, um zu entscheiden, ob die Verwaltung des Vermögens seinen Interessen entspricht. Davon wird letztlich die Entscheidung des Kunden abhängen, ob er die Vermögensverwaltung fortsetzt (vgl Sethe, Anlegerschutz 913 f). 4 Da es sich bei den Pflichten des § 50 um Aufsichtsrecht handelt, sind diese grundsätzlich zwingendes Recht. Zum diesbezüglichen Verhältnis zwischen aufsichtsrechtlicher und zivilrechtlicher Berichtspflicht siehe § 48 Rz 5.
III. Anwendungsbereich 5 In persönlicher Hinsicht bezieht sich § 50 im Grundsatz sowohl auf
professionelle Kunden als auch auf Privatkunden; für letztere bestehen allerdings Sondervorschriften insb zu Inhalt und Häufigkeit der Berichte. Die Anwendbarkeit der Vorschrift beschränkt sich in sachlicher Hinsicht auf die Erbringung der Portfolioverwaltung als Wertpapierdienstleistung iSd § 1 Z 2 lit d (siehe dazu bei § 1 Rz 6).
IV. Die einzelnen Berichtstatbestände A. Übermittlung einer periodischen Aufstellung 6 Kernstück der Berichtspflicht ist gewissermaßen die periodisch zu
übermittelnde Aufstellung der im Namen des Kunden erbrachten Portfolioverwaltungsdienstleistungen. Die Häufigkeit der Übermittlung hängt zunächst davon ab, zu welcher Gruppe der Kunde gehört. Handelt es sich um einen professionellen Kunden, so enthält das Gesetz keine näheren Vorgaben, weshalb die Festlegung der Berichtsperiode der Vereinbarung der Parteien obliegt. 7 Bei Privatkunden sieht das Gesetz als Regelfall eine sechsmonatige Berichtsperiode vor (Abs 2 Satz 1). Diese Berichtsperiode verkürzt sich bei dementsprechendem Verlangen des Kunden auf drei Monate (Abs 2 Z 1) und verlängert sich gemäß Abs 2 Z 2 auf zwölf Monate, wenn der Kunde Einzelberichte nach Abs 3 wünscht und keine deriva510
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tiven Instrumente betroffen sind. Eine monatliche Berichtspflicht ist schließlich vorgesehen, wenn der Vermögensverwaltungsvertrag ein kreditfinanziertes Portfolio zulässt (Abs 2 Z 3). Ein kreditfinanziertes Portfolio wird immer dann vorliegen, wenn die Verwaltung nicht auf das vorhandene Vermögen beschränkt ist, sondern Wertpapiergeschäfte auch auf Kredit vorgenommen werden können (Schäfer in Bankrechtstag 2006, 51; Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 65). Leerverkäufe und den Einsatz von Finanzinstrumenten mit Hebelwirkung wird man indes schon aus sprachlichen Gründen nicht unter den Begriff des kreditfinanzierten Portfolios einordnen können (vgl aber Schäfer in Bankrechtstag 2006, 51; Teuber/Müller in Clouth/Lang, MiFIDPraktikerhandbuch Rz 339; für eine Einbeziehung von Finanzinstrumenten mit Hebelwirkung Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 319). Die Verkürzung der Berichtsperiode tritt indes nicht nur dann ein, wenn es tatsächlich zur Ausnützung des Kredits kommt, sonder schon dann, wenn dies dem Rechtsträger nach dem Vermögensverwaltungsvertrag gestattet wäre (arg sofern der Vertrag […] ein kreditfinanziertes Portfolio zulässt). Als Form sieht das Gesetz für alle Kundengruppen die Bereitstellung 8 auf einem dauerhaften Datenträger vor. Den Begriff des dauerhaften Datenträgers definiert § 16. Grundsätzlich bedeutet dies Bereitstellung auf Papier, die Verwendung eines anderen Datenträgers ist nur nach Maßgabe des § 16 Abs 1 zulässig (siehe dazu bei § 16 Rz 1). Der Mindestinhalt wird für Privatkunden durch Anlage 1 zu § 50 9 festgesetzt. Für professionelle Kunden bestehen indes keine Vorschriften über den Inhalt der Berichte; die Festlegung des Inhalts der Berichte ist in diesem Fall der Vereinbarung zwischen dem Verwalter und dem Kunden anheimgestellt (Teuber/Müller in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz Rz 332).
B. Einzelberichterstattung auf Verlangen des Kunden Auf Verlangen des Kunden hat der Rechtsträger zudem für jedes aus- 10 geführte Geschäft eine Einzelabrechnung zu übermitteln; diese muss bei Privatkunden den Anforderungen einer Auftragsbestätigung nach § 49 Abs 1 Z 2 entsprechen, bei professionellen Kunden muss sie die wesentlichen Angaben nach § 49 Abs 1 Z 1 enthalten (siehe dazu bei § 49 Rz 9 ff).
C. Vermeidung von Doppelberichten In Abs 1 erster und Abs 3 letzter Satz lässt das Gesetz die Absicht 11 erkennen, die Übermittlung inhaltsgleicher Berichte von verschiedenen 511
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Stellen zu vermeiden. Derartige Berichte bringen dem Kunden keinen informationellen Mehrwert und sind überdies geeignet, den Kunden unnötig zu verwirren. Übermittelt zB bei der externen Vermögensverwaltung die Depotbank Einzelabrechnungen, so geht der Vermögensverwalter von der Pflicht nach Abs 3 frei (Buchinger/Zivny, ecolex 2008, 16).
D. Ad-hoc-Berichtspflicht bei Verlusten 12 Abs 4 sieht in bestimmten Fällen gegenüber Privatkunden auch eine
Berichtspflicht bei Eintritt von Verlusten vor, wenn diese einen etwaigen, zuvor zwischen dem Rechtsträger und dem Privatkunden vereinbarten Schwellenwert übersteigen. Diese Vorschrift ergeht in Umsetzung von Art 42 MiFID-DRL; dort werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Wertpapierfirmen bei der Ausführung von Portfoliogeschäften für Kleinanleger und der Führung von Kleinanlegerkonten, die eine ungedeckte Position bei einem Geschäft mit Eventualverbindlichkeiten enthalten, dem Kleinanleger auch Verluste mitteilen. Ein Geschäft mit einer Eventualverbindlichkeit liegt nach Erwägungsgrund 63 MiFID-DRL dann vor, wenn das Geschäft für den Kunden mit einer tatsächlichen oder potenziellen Verbindlichkeit verbunden ist, die über den Kaufpreis des Instruments hinausgeht (zur Kritik aus rechtspolitischer Sicht siehe Schäfer in Bankrechtstag 2006, 52 ff; Teuber/Müller in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 342). 13 Aus der Formulierung „etwaiger Schwellenwert“, die das Gesetz unmittelbar aus der deutschen Sprachfassung von Art 42 MiFID-DRL übernommen hat, könnte man schließen, dass die Vereinbarung eines solchen Schwellenwerts auch unterbleiben kann, womit die Berichtspflicht entfiele. Diese Annahme wird allerdings durch den Vergleich mit der englischen („they also report to the retail client any losses exceeding any predetermined threshold“) bzw französischen („elles informent aussi le client de détail de toute perte excédant un seuil prédéterminé convenu avec lui“) Sprachfassung, die jeweils keine Einschränkung auf einen „etwaigen“ Schwellenwert erkennen lassen, nicht gestützt. 14 Für die Ad-hoc-Berichtspflicht sieht das Gesetz keine bestimmte Form vor. Diese können somit auch per E-Mail oder sogar mündlich erfolgen (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 65). 15 Bislang wurde in Lehre und Rsp eine ad-hoc-Benachrichtigungspflicht für den Fall angenommen, dass im verwalteten Vermögen ein erheblicher Verlust eingetreten ist (Lang, Informationspflichten § 24 512
Berichtspflichten für Rechtsträger
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Rz 30 ff; Sethe, Anlegerschutz 914 f), mit der auch eine entsprechende aufsichtsrechtliche Pflicht korrespondiert (Kalss, Anlegerinteressen: Der Anleger im Handlungsdreieck von Vertrag, Verband und Markt [2001] 257 f; Sethe, Anlegerschutz 915). Dabei blieb allerdings unklar, ab welchem Ausmaß ein Verlust als „erheblich“ gelten kann; insb wird das auch von der jeweiligen Anlagestrategie abhängen, womit die Bestimmung eines festen Werts ungeeignet erscheint (Sethe, Anlegerschutz 914 f; vgl zudem Lang, Informationspflichten § 24 Rz 30 ff). Diese Unsicherheit hat das neue Recht nun beseitigt, indem es die Vereinbarung eines solchen Schwellenwerts den Vertragsparteien überlässt. Damit wird zum einen die Rechtsunsicherheit beseitigt und zum anderen eine Flexibilisierung erreicht, die auch im Interesse des Kunden liegt: Der Kunde kann nun entsprechend seinen Vorstellungen die Berichtspflicht mit dem Rechtsträger vereinbaren; bei einer konservativen Strategie wird daher ein niedrigerer Schwellenwert als bei risikogeneigteren Anlagestrategien vereinbart werden (für ein Weiterbestehen der bisherigen Jud für den Fall, dass keine Schwellenwerte vereinbart sind Fuchs in Fuchs WpHG § 31 Rz 321; Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 Rz 65). Für professionelle Kunden ist eine derartige ad-hoc-Berichtspflicht 16 gesetzlich nicht vorgesehen. Sollte ein professioneller Kunde dies wünschen, müsste dies mit dem Verwalter vereinbart werden.
Berichtspflichten für Rechtsträger, die Kundenfinanzinstrumente und Kundengelder halten § 51. (1) Ein Rechtsträger hat jedem Kunden, für den er Finanzinstrumente oder Gelder hält oder verwaltet, mindestens einmal jährlich auf einem dauerhaften Datenträger eine Aufstellung der betreffenden Finanzinstrumente oder Gelder zu übermitteln, es sei denn, eine solche Aufstellung ist bereits in einer anderen periodischen Aufstellung dieses Rechtsträgers oder eines depotführenden Kreditinstituts übermittelt worden. Einlagen bei Kreditinstituten gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 BWG, die nicht im Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 Z 5 oder 7 BWG oder sonstigen Wertpapierdienstleistungen gemäß § 1 Z 2 stehen, sind nicht in die Aufstellung aufzunehmen. (2) Die in Abs. 1 genannte Aufstellung der Kundenvermögenswerte enthält folgende Informationen: 513
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1. Angaben zu allen Finanzinstrumenten und Geldern, die der Rechtsträger am Ende des von der Aufstellung erfassten Zeitraums für den betreffenden Kunden hält; 2. Angaben darüber, inwieweit Kundenfinanzinstrumente oder Kundengelder Gegenstand von Wertpapierfinanzierungsgeschäften gewesen sind und 3. Höhe und Grundlage etwaiger Erträge, die dem Kunden aus der Beteiligung an Wertpapierfinanzierungsgeschäften zugeflossen sind. Enthält das Portfolio eines Kunden Erlöse aus nicht abgerechneten Geschäften, kann für die unter Z 1 genannte Information entweder das Abschluss- oder das Abwicklungsdatum zugrunde gelegt werden. Dies hat für alle derartigen Informationen in der Aufstellung in der gleichen Weise zu erfolgen. (3) Die Aufstellung der Kundenvermögenswerte gemäß Abs. 1 kann in die periodische Aufstellung einbezogen werden, die dem Kunden gemäß § 50 Abs. 1 übermittelt wird. Schrifttum: Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Lang, Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen (2003); Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Teuber, Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID) – Auswirkungen auf Anlageberatung und Vermögensverwaltung im Überblick, BKR 2006, 429. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 51): „Diese Bestimmung setzt Art. 43 der Richtlinie 2006/73/EG um. Bei der Umsetzung dieses Artikels wurde vom Wortlaut der englischen und französischen Sprachfassung des zweiten Unterabsatzes ausgegangen. In diesen Sprachfassungen stellt der zweite Unterabsatz lediglich klar, dass Einlagen bei Kreditinstituten nicht Gegenstand der Depotaufstellung sind, während die deutsche Sprachfassung in Folge einer mangelhaften Übersetzung den Eindruck erweckt, dass Kreditinstitute als solche dem Kunden keine Depotaufstellung übermitteln müssen. § 51 stellt daher richtigerweise einerseits sicher, dass der Kunde jedenfalls einen Depotauszug erhält, wenn Verwahrung und Verwaltung nicht vom selben Institut erbracht werden und legt andererseits fest, dass keine doppelte Übermittlung an den Kunden erfolgen muss.“
1 Die Berichtspflichten des § 51 treffen Rechtsträger iSd § 15, die für
Kunden Finanzinstrumente oder Gelder halten oder verwalten. Da nach der österreichischen Rechtslage Wertpapierdienstleistern das Halten von Kundengeldern und Kundenfinanzinstrumenten untersagt ist 514
Berichtspflichten für Rechtsträger
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(siehe bei § 3 Rz 13), hat diese Vorschrift im Endeffekt nur für den Bankensektor praktische Relevanz (vgl auch Winternitz/Aigner, WAG 41 FN 384). Da das Gesetz nicht zwischen Kundengruppen unterscheidet, besteht diese Pflicht sowohl gegenüber professionellen Kunden als auch gegenüber Privatkunden. Als Formerfordernis sieht das Gesetz die Bereitstellung auf einem dauerhaften Datenträger vor; der Bericht muss daher grundsätzlich auf Papier erfolgen, die Verwendung eines anderen Datenträgers ist nur nach Maßgabe des § 16 Abs 1 zulässig (siehe dazu bei § 16 Rz 1). Die Berichte müssen mindestens jährlich erfolgen. Der Gesetzgeber fordert freilich keine doppelte Übermittlung an den Kunden (Erl RV 20). Der Berichtspflicht kann daher gemäß Abs 3 bei der Portfolioverwaltung auch im Rahmen der periodischen Aufstellung der im Namen des Kunden erbrachten Dienstleistungen nachgekommen werden. Die Übermittlung einer Depotaufstellung kann ferner unterbleiben, wenn eine solche Aufstellung bereits in einer anderen periodischen Aufstellung dieses Rechtsträgers oder eines Depot führenden Kreditinstituts übermittelt worden ist. Diese Ausnahme ist in Österreich bedeutungslos, weil Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Wertpapierfirmen keine Kundengelder halten dürfen. Den Mindestinhalt der Depotaufstellung legt Abs 2 fest. Die in Z 2 und 3 angesprochenen Wertpapierfinanzierungsgeschäfte bezeichnen nach Art 2 Z 10 MiFID-DVO beispielsweise Leih- und Verleihgeschäfte in Aktien oder anderen Finanzinstrumenten, ein Repogeschäft oder umgekehrtes Repogeschäft oder ein „Buy-sell back“- bzw ein „Sellbuy back“-Geschäft (vgl auch § 1 Rz 38). Einlagen bei Kreditinstituten, die nicht iZm Depotgeschäften, dem Handel mit Wertpapieren, Zahlungsmitteln, Optionen und Futures iSd § 1 Abs 1 Z 7 BWG oder sonstigen Wertpapierdienstleistungen gemäß § 1 Z 2 WAG stehen, sind von der Berichtspflicht ausgenommen. Der Gesetzgeber ist bei der Formulierung der Ausnahmen vom Wortlaut der englischen bzw französischen Übersetzung von Art 43 MiFIDDRL ausgegangen. Dort ist jeweils klargestellt, dass Einlagen bei Kreditinstituten nicht Gegenstand der Depotaufstellung sind, während nach der insofern fehlerhaften dt Sprachfassung der Eindruck entsteht, dass Kreditinstitute dem Kunden überhaupt keine Depotaufstellung übermitteln müssen (Erl RV 20).
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§ 52
Brandl/Klausberger
9. Abschnitt Bestmögliche Durchführung von Dienstleistungen Bestmögliche Durchführung § 52. (1) Ein Rechtsträger, der 1. Aufträge für den Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten für seine Kunden ausführt oder die Aufträge bei der Erbringung von Dienstleistungen gemäß Z 2 oder 3 selbst ausführt, 2. bei der Erbringung von Portfolioverwaltungsdienstleistungen andere Einrichtungen mit der Ausführung von Aufträgen beauftragt, denen Anlageentscheidungen des Rechtsträgers zugrunde liegen, für den Kunden mit Finanzinstrumenten zu handeln, oder 3. bei der Annahme und Übermittlung von Aufträgen seiner Kunden für den Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten Aufträge an andere Einrichtungen zur Ausführung weiterleitet, hat wirksame Vorkehrungen zu treffen, eine Durchführungspolitik festzulegen und sicherzustellen, dass die in Z 1 bis 3 genannten Dienstleistungen jeweils nach Maßgabe der Durchführungspolitik vorgenommen werden, um gleich bleibend das bestmögliche Ergebnis für seine Kunden zu erreichen. Die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen an inländischen Investmentfonds und ImmobilienInvestmentfonds sowie von Anteilen an ausländischen Kapitalanlagefonds, deren Vertrieb in Österreich zulässig ist, über eine Depotbank ist keine Ausführung von Kundenaufträgen im Sinne dieses Absatzes. (2) Bei der Erstellung der Durchführungspolitik sind alle zur Erzielung des bestmöglichen Ergebnisses relevanten Aspekte, insbesondere der Kurs, die Kosten, die Schnelligkeit, die Wahrscheinlichkeit der Ausführung und der Abwicklung des Umfangs sowie die Art des Auftrages, zu berücksichtigen. Diese Aspekte sind unter Berücksichtigung der folgenden Kriterien zu gewichten: 1. Merkmale des Kunden und dessen Einstufung als Privatkunde oder als professioneller Kunde, 2. Merkmale des Kundenauftrags, 3. Merkmale der Finanzinstrumente, die Gegenstand des betreffenden Auftrags sind und 4. Merkmale der Ausführungsplätze, an die der Auftrag weitergeleitet werden kann. 516
Bestmögliche Durchführung
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Für die Zwecke dieses Abschnitts ist unter „Ausführungsplatz“ ein geregelter Markt, ein multilaterales Handelssystem (MTF), ein systematischer Internalisierer, ein Market Maker, ein sonstiger Liquiditätsgeber oder eine Einrichtung zu verstehen, die in einem Drittland eine vergleichbare Funktion ausübt. (3) Die Durchführungspolitik hat jedenfalls auch die nachstehend angeführten Informationen zu enthalten: 1. hinsichtlich des Abs. 1 Z 1 für jede Gattung von Finanzinstrumenten Angaben zu den verschiedenen Ausführungsplätzen, an denen der Rechtsträger Aufträge seiner Kunden ausführt, und die Faktoren, die für die Wahl des Ausführungsplatzes ausschlaggebend sind. Es sind zumindest die Ausführungsplätze zu nennen, an denen der Rechtsträger gleich bleibend die bestmöglichen Ergebnisse bei der Ausführung von Kundenaufträgen erzielen kann; 2. hinsichtlich des Abs. 1 Z 2 und 3 für jede Gattung von Finanzinstrumenten die Einrichtungen, bei denen der Rechtsträger Aufträge platziert oder an die er Aufträge zur Ausführung übermittelt. Die von diesen Einrichtungen für die Auftragsausführung getroffenen Vorkehrungen müssen den Rechtsträger in die Lage versetzen, bei der Platzierung oder Übermittlung von Aufträgen an eine solche Einrichtung seinen in diesem Abschnitt festgelegten Pflichten nachzukommen. (4) Ein Rechtsträger erfüllt seine Verpflichtungen gemäß Abs. 1, alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, um gleich bleibend das bestmögliche Ergebnis für einen Kunden zu erreichen, wenn dieser im Fall des Abs. 1 Z 1 einen Auftrag oder einen bestimmten Teil desselben nach den ausdrücklichen Weisungen, die der Kunde in Bezug auf den Auftrag oder den bestimmten Teil desselben erteilt hat, ausführt oder im Fall des Abs. 1 Z 2 und 3 bei der Platzierung eines Auftrags bei einer anderen Einrichtung oder seiner Übermittlung an diese Einrichtung zur Ausführung speziellen Weisungen des Kunden folgt. (5) Betreffend die Ausführung von Aufträgen im Sinne des Abs. 1 Z 1 hat ein Rechtsträger außerdem Folgendes einzuhalten: 1. Sofern in der Durchführungspolitik vorgesehen ist, dass Aufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF ausgeführt werden dürfen, hat der Rechtsträger seine Kunden auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Bevor ein Rechtsträger Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF ausführt, hat er die vorherige ausdrückliche Zustimmung des Kunden einzuholen. 517
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Diese Zustimmung kann entweder in Form einer allgemeinen Vereinbarung oder zu jedem Geschäft einzeln eingeholt werden; 2. kann ein Auftrag zum Kauf eines Finanzinstruments an mehreren konkurrierenden Plätzen ausgeführt werden, so müssen – um die in der Durchführungspolitik des Rechtsträgers angeführten und zur Ausführung des Auftrags geeigneten Ausführungsplätze für den Kunden miteinander vergleichbar und bewertbar zu machen – die Provisionen des Rechtsträgers und die Kosten der Ausführung an den einzelnen in Frage kommenden Plätzen im Interesse einer bestmöglichen Ausführung in diese Bewertung einfließen; 3. die Provisionen dürfen nicht in einer Weise strukturiert oder in Rechnung gestellt werden, die eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Ausführungsplätze bewirkt. (6) Auf Anfrage eines Kunden hat der Rechtsträger nachzuweisen, dass er die Aufträge in Einklang mit seiner Durchführungspolitik durchgeführt hat. Schrifttum: Bauer/Irmen/Appel, Best Execution, in Clouth/Lang, MiFIDPraktikerhandbuch (2007) 309; Balzer, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neue Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2003, 177; Dierkes, Best Execution in der deutschen Börsenlandschaft, ZBB 2008, 11; Fleischer, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, BKR 2006, 389; Ferrarini, Contract Standards and the Markets in Financial Instruments Directive (MiFID): An Assessment of the Lamfalussy Regulatory Architecture, ERCL 2005, 19; Forstinger/Pradler, Der aktuelle Vorschlag für eine Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (ISD2), ÖBA 2004, 329; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http:// opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2006/379/); Kumpan/Hellgardt, Haftung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach Umsetzung der EURichtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), DB 2006, 1714; Perschl, Best Execution nach dem WAG 2007, in Kalss/Perschl/Wohlschlägl-Aschberger, MiFID – Loseblattsammlung zur neuen EU-Richtlinie (2007) 157; Spindler/ Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008); Zahradnik/ Gutmann, Inducements und best execution, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/ Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 155; Zingel, Die Verpflichtung zur bestmöglichen Ausführung von Kundenaufträgen nach dem Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, BKR 2007, 173; Zuffer, Best Execution Policy nach dem WAG 2007, ecolex 2008, 10.
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Bestmögliche Durchführung
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Erl RV GP XXIII RV 143 (Allgemeiner Teil): „Dienstleister sollen bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen künftig grundsätzlich dazu verpflichtet sein, im Einklang mit den Grundsätzen ihrer Auftragsausführung das bestmögliche Ergebnis für den Kunden zu erzielen. Diese Verpflichtung zur Erzielung des bestmöglichen Ergebnisses bei der Ausführung von Kundenaufträgen soll für alle Arten von Finanzinstrumenten gelten, jedoch ist die Ausgabe von Investmentfondsanteilen nicht als Ausführungsplatz anzusehen. In Anbetracht der unterschiedlichen Strukturen von Märkten und Finanzinstrumenten ist die Vorgabe einheitlicher Standards und Verfahren für die bestmögliche Ausführung, die bei allen Gattungen von Instrumenten gültig und wirksam wären, allerdings nicht möglich. Auch eine auf jeden Einzelauftrag bezogene Prüfung des besten aller denkmöglichen Ausführungswege wäre wirtschaftlich unrealistisch. Daher sollen die Verpflichtungen im Hinblick auf die bestmögliche Ausführung in einer Weise bestehen, die den unterschiedlichen Rahmenbedingungen bei der Ausführung von Aufträgen im Zusammenhang mit den einzelnen Arten von Finanzinstrumenten Rechnung trägt, wobei die von der Firma festgelegten Grundsätze der Auftragsausführung (‚execution policy‘) als Benchmark dienen.“ Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 52): „Abs. 1 Z 1 setzt Art. 21 Abs. 1 erster Satz Beginnteil der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 45 Abs. 7 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 1 Z 2 setzt Art. 45 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 1 Z 3 setzt Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 1 Schlussteil setzt Art. 21 Abs. 1 erster Satz Schlussteil und Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG sowie Art. 45 Abs. 4 erster Satz erster Satzteil und Abs. 5 erster Satz der Richtlinie 2006/73/EG um. Die Pflicht zur Erzielung des bestmöglichen Ergebnisses bedeutet nicht, dass bei jeder erbrachten Dienstleistung tatsächlich das bestmögliche Ergebnis erzielt werden muss. Die Pflicht besteht gemäß Abs. 1 entsprechend Erwägungsgrund 66 der Richtlinie 2006/73/EG vielmehr darin, alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, eine Durchführungspolitik festzulegen und sicherzustellen, dass bei der Erbringung einer Dienstleistung gemäß Abs. 1 nach der Durchführungspolitik verfahren wird. Der Begriff ‚gleich bleibend‘ stellt im Sinne dieses Erwägungsgrundes weiters klar, dass die bestmögliche Durchführung nicht auf Grund der Beurteilung eines Einzelfalls, sondern längerfristig im Sinne einer Durchschnittsbetrachtung zu verstehen ist. Liegen verbindliche Leistungsversprechen von Marktbetreibern z. B. zur Ausführungswahrscheinlichkeit oder Preisgarantien vor, kann das Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei der Aufstellung der Durchführungspolitik auf diese zurückgreifen. Der letzte Satz des Schlussteils stellt klar, dass der Primärmarkt kein Ausführungsplatz ist. Diese Regelung entspricht auch dem deutschen WpHG. Abs. 2 setzt Art. 21 Abs. 1 erster Satz Mittelteil der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 44 Abs. 1 und Art. 45 Abs. 4 erster Satz zweiter Satzteil der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 Z 1 setzt Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Z 2 setzt Art. 45 Abs. 5 zweiter Satz der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 4 setzt Art. 21 Abs. 1 letzter Satz der Richtlinie 2004/39/EG sowie Art. 44 Abs. 2 und Art. 45 Abs. 4 zweiter Satz der Richtlinie 2006/73/EG um.
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Brandl/Klausberger
Abs. 5 Z 1 setzt Art. 21 Abs. 3 dritter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 5 Z 2 setzt Art. 44 Abs. 3 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 5 Z 3 setzt Art. 44 Abs. 4 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 6 setzt Art. 21 Abs. 5 der Richtlinie 2004/39/EG um.“
Übersicht I. II. III. IV. V. A. B. VI.
Europarechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verpflichtung zum Erstellen einer Durchführungspolitik. . . . . Verpflichtungen bei der Ausführung von Aufträgen . . . . . . . . . . Weisungen und Aufträge des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtslage ohne Aufträge oder Weisungen des Kunden . . . . . . . Nachweispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–4 5–8 9–13 14–19 14–16 17–19 20
I. Europarechtliche Grundlagen 1 Die §§ 52 bis 54 fassen die von der MiFID bzw der MiFID-DRL
etablierten Regime für die bestmögliche Ausführung von Kundenaufträgen (Art 21 MiFID) sowie für die Kriterien zur bestmöglichen Auftragsausführung (Art 44 MiFID-DRL) und das Handeln im bestmöglichen Interesse bei der Erbringung von Portfolioverwaltungsdienstleistungen und bei der Annahme und Übermittlung von Aufträgen (Art 45 MiFID-DRL) zusammen. Der Gesetzgeber (Erl RV 20) erachtet dies für sinnvoll, weil die Verpflichtungen für die Rechtsträger in den genannten Fällen weitgehend denselben Regeln folgen. Die Zusammenfassung soll nach den Erl nicht zu einer materiellen Veränderung der Pflichten im Verhältnis zur Richtlinie führen, sondern dient lediglich der Verbesserung der Lesbarkeit und Anwendbarkeit der Bestimmungen, was zu begrüßen ist.
II. Normzweck und leitende Grundsätze 2 Die Pflicht zur kundengünstigsten Auftragsausführung ist zunächst
dem Kundenschutz verpflichtet und Ausfluss des Gebots einer umfassenden Wahrung der Kundeninteressen bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen (Winternitz/Aigner, WAG 35; Zahradnik/Gutmann in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 163). Sie wird als positive Ausformung interessenbezogener Pflichten der be520
Bestmögliche Durchführung
§ 52
teiligten Rechtsträger verstanden, wobei ihr die Pflicht zur Vermeidung von Nachteilen auf Grund von Interessenkonflikten gegenüber steht (Kumpan/Hellgardt, DB 2006, 1716 f). Es soll vermieden werden, dass durch das Aufsplittern des Handels auf verschiedene Handelsplätze dem Kunden Nachteile erwachsen (Spindler/Kasten, WM 2006, 1801; Zingel, BKR 2007, 173). Angesichts des fragmentierten Kapitalmarkts und der damit verbundenen Gefahr, dass die Anleger nicht die für sie bestmöglichen Transaktionsbedingungen erhalten, engt die Verpflichtung zur bestmöglichen Durchführung den Handlungsspielraum der beteiligten Rechtsträger ein und verpflichtet sie zur Ausführung nach den besten am Markt vorhandenen Transaktionsmöglichkeiten (Kumpan/Hellgardt, DB 2006, 1717). Neben dem Kundenschutz wird freilich auch die Effizienz der Kapi- 3 talmärkte insgesamt gestärkt, indem dafür gesorgt wird, dass die Liqudität letztlich an die wettbewerbsfähigsten Handelsplätze fließt (Bauer in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 710; vgl auch Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 a Rz 1). Dadurch wird der Wettbewerb auf Anbieterseite gefördert, was sich positiv auf die Markteffizienz auswirkt (Spindler/Kasten, WM 2006, 1801; Zingel, BKR 2007, 173). Die Pflicht zur bestmöglichen Durchführung bedeutet allerdings nicht, 4 dass bei jeder erbrachten Dienstleistung das bestmögliche Ergebnis erzielt werden muss (Bauer in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 709; Dierkes, ZBB 2008, 12; vgl auch Erl RV 20). Ob ein bestimmter Ausführungsplatz für den Kunden im Einzelfall günstiger gewesen wäre, lässt sich nämlich oft nur im Nachhinein feststellen (Winternitz/Aigner, WAG 36 FN 339). Die europarechtlichen Vorgaben sowie das in deren Ausführung ergangene Gesetz sehen daher eine Pflicht zur Festlegung und Einhaltung von Ausführungsgrundsätzen (Durchführungspolitik) vor, nicht aber eine Pflicht zur Sicherstellung der besten Ausführung im Einzelfall (Zingel, BKR 2007, 174). Die Zielvorgabe, gleich bleibend das bestmögliche Ergebnis für seine Kunden zu erreichen, ist mithin so formuliert, dass die bestmögliche Durchführung nicht nach der Beurteilung des Einzelfalls, sondern längerfristig iS einer Durchschnittsberechnung zu verstehen ist (Erl RV 20; Winternitz/Aigner, WAG 36; Zuffer, ecolex 2008, 10).
III. Anwendungsbereich Die von der Pflicht zur bestmöglichen Durchführung betroffenen 5 Dienstleistungen zählt Abs 1 Z 1 bis 3 auf. Dabei ist der Begriff des 521
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Rechtsträgers im Sinne der Legaldefinition des § 15 Abs 1 (dazu bei § 15 Rz 1 ff), jener des Finanzinstruments iSd Legaldefinition des § 1 Z 6 (dazu bei § 1 Rz 11 ff) zu verstehen. 6 Dazu zählen zunächst jene Rechtsträger, die Aufträge für den Kauf
oder Verkauf von Finanzinstrumenten ausführen, gleichgültig in wessen Namen und auf wessen Rechnung dies geschieht; weiters jene Rechtsträger, die bei der Erbringung von Portfolioverwaltungsdienstleistungen andere Einrichtungen mit der Ausführung von Aufträgen befassen, für den Kunden mit Finanzinstrumenten zu handeln, wobei diesen Aufträgen Anlageentscheidungen des Rechtsträgers zugrunde liegen. Schließlich sind auch jene Rechtsträger erfasst, die bei der Annahme und Übermittlung von Aufträgen ihrer Kunden für den Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten Aufträge an andere Einrichtungen zur Ausführung weiterleiten. Unter den anderen Einrichtungen versteht der Gesetzgeber jeweils Dritte, welche die Aufträge zum Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten ausführen (Erl RV 20). Damit fallen auch Rechtsträger, die Kundenorders nicht selbst, sondern zB durch einen Zwischenkommissionär ausführen, dennoch unter die §§ 52 ff (Zuffer, ecolex 2008, 10 f). Nach Abs 1 Z 1 letzter Satz sind ferner auch jene Rechtsträger umfasst, die bei der Portfolioverwaltung oder bei der Annahme und Übermittlung von Aufträgen die damit zusammenhängenden Aufträge nicht von anderen Rechtsträgern ausführen lassen, sondern dies selbst – etwa als Kommissionär im Wege des Selbsteintritts – besorgen. 7 Die Anordnung in Abs 1 letzter Satz, wonach die Ausgabe und Rück-
nahme von Anteilen an inländischen Investmentfonds und ImmobilienInvestmentfonds sowie von Anteilen an ausländischen Kapitalanlagefonds, deren Vertrieb in Österreich zulässig ist, über eine Depotbank nicht erfasst sein soll, ist dahingehend zu verstehen, dass der Gesetzgeber dadurch klar stellen wollte, dass der Primärmarkt – entsprechend der Rechtslage in Dtld – kein Ausführungsplatz ist (Erl RV 20; dies ist freilich in Dtld nicht unumstritten, vgl Zimmermann in Fuchs WpHG § 33 a Rz 10; Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 a Rz 4). 8 Die Pflicht zur bestmöglichen Durchführung von Dienstleistungen
richtet sich im Grundsatz an alle Kunden, wobei freilich Einschränkungen bzw Erweiterungen zu beachten sind. Gegenüber geeigneten Gegenparteien ist gemäß § 60 Abs 1 der Rechtsträger bei der Ausführung von Aufträgen, dem Handel für eigene Rechnung und der Annahme und Übermittlung von Aufträgen von der Anwendung der Wohlverhaltensregeln und damit von der Pflicht zur bestmöglichen Durchführung befreit; bei den dort nicht genannten Dienstleistungen – insb bei der Portfolioverwaltung – hat er sie freilich auch gegenüber der geeig522
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neten Gegenpartei einzuhalten (siehe dazu bei § 60 Rz 5 ff). Bei Geschäften mit Privatkunden sind die Sonderregeln des § 54 zu beachten.
IV. Verpflichtung zum Erstellen einer Durchführungspolitik Zentrales Instrument der Regelungen über die bestmögliche Durch- 9 führung von Dienstleistungen ist die von den betroffenen Rechtsträgern zu erstellende Durchführungspolitik. Bei der Durchführungspolitik handelt es sich um ein Dokument, in dem generalisierend festgehalten wird, wie ex ante betrachtet ein für den Kunden bestmögliches Ergebnis erreicht werden soll (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 a Rz 5). Diese Pflicht ist zwingendes Recht (Zimmermann in Fuchs WpHG § 33 a Rz 15); auch wenn ein Rechtsträger ausschließlich auf Grund von Kundenweisungen handeln will, kann er daher nicht auf die Erstellung einer Durchführungspolitik verzichten (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 a Rz 5). Da die Rechtsträger letztlich zur Erstellung einer eigenen Durchführungspolitik verpflichtet sind, reicht es nicht aus, wenn bloß auf die Durchführungspolitik eines anderen Rechtsträgers verwiesen wird (Zuffer, ecolex 2007, 11; aA Winternitz/Aigner, WAG 36). Inhaltlich hat die Durchführungspolitik alle zur Erzielung des best- 10 möglichen Ergebnisses relevanten Aspekte zu berücksichtigen und entsprechend den Kriterien des Abs 2 Z 1 bis 4 zu gewichten. Zudem muss die Durchführungspolitik die in Abs 3 Z 1 und 2 angeführten Informationen enthalten. Nach Ansicht des CESR muss die Durchführungspolitik zusätzlich die Strategie des Rechtsträgers, die wesentlichen Schritte, die der Rechtsträger setzt, um mit dem übergeordneten Regime der bestmöglichen Durchführung in Einklang zu stehen, sowie einen Hinweis, wie diese Schritte den Rechtsträger dazu bringen, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, enthalten (CESR, Best Execution under MiFID, CESR/07–320, abrufbar unter www.cesr.eu, Pkt 6.2.). Dabei ist eine Differenzierung in dem Ausmaß geboten, wie es erfor- 11 derlich ist, um dem Erfordernis der bestmöglichen Ausführung zu entsprechen (CESR/07–320, Pkt 7.1.). Es ist zwischen den vom Rechtsträger betreuten Kundenklassen, den angebotenen Finanzinstrumenten und den verfügbaren Ausführungsplätzen zu unterscheiden (CESR/ 07–320, Pkt 7.2). Die Durchführungspolitik muss sich daher mindestens auf die verschiedenen vom Rechtsträger angebotenen Instrumente beziehen und zwischen Privatkunden und professionellen Kunden in der Form unterscheiden, dass sie die beiden Gruppen jeweils unter523
§ 52
Brandl/Klausberger
schiedlich behandelt; daneben sind weitere Differenzierungen möglich (CESR/07–320, Pkt 7.3.). 12 Zu den für das Erzielen des bestmöglichen Ergebnisses relevanten Aspekten zählt das Gesetz insb den Kurs, die Kosten, die Schnelligkeit, die Wahrscheinlichkeit der Ausführung und der Abwicklung des Umfangs sowie die Art des Auftrages. Hinsichtlich der Kosten trachtet das Gesetz nach einer objektiven Beurteilung der einzelnen Ausführungsplätze (siehe dazu unten Rz 19). Bei den letztgenannten Kriterien wird die Liquidität am jeweiligen Ausführungsort eine zentrale Rolle einnehmen; die Liquidität kann einerseits auf die Schnelligkeit der Ausführung Einfluss nehmen, andererseits auch auf die Wahrscheinlichkeit der Ausführung, weil an Plätzen mit hoher Liquidität das Risiko, keine Gegenpartei zu finden, geringer als an Plätzen mit vergleichsweise niedrigerer Liquidität ist (Zingel, BKR 2007, 175). Bei Privatkunden ist nach § 54 Abs 1 das bestmögliche Ergebnis hinsichtlich des Gesamtentgelts zu bestimmen (vgl § 54 Rz 1). 13 Die Gewichtung der Aspekte hat nach Merkmalen des Kunden, des Kundenauftrags, der gegenständlichen Finanzinstrumente und der Ausführungsplätze zu erfolgen. Dabei sind die Rechtsträger insofern frei, als nach Erwägungsgrund 66 MiFID-DRL keine exakte Gewichtung (etwa in Prozentzahlen) gefordert ist (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 a Rz 5). Zu den Ausführungsplätzen ist anzumerken, dass nach Ansicht des CESR ein Rechtsträger nicht verpflichtet ist, mehrere Ausführungsplätze in seiner Durchführungspolitik zu berücksichtigen, solange er die Vorgaben des Abs 3 beachtet (vgl Zingel, BKR 2007, 176). Bei mehreren gleich geeigneten Ausführungsplätzen muss in der Durchführungspolitik keine allgemeine Bevorzugung eines Ausführungsplatzes stattfinden, sondern es reicht der Hinweis aus, dass die Ausführung an einem dieser Plätze erfolgen soll (Zingel, BKR 2007, 176). Auch kann in diesem Fall der Rechtsträger Differenzierungen nach der Art der Finanzinstrumente vornehmen (Koller in Assmann/ Schneider, WpHG5 § 33 a Rz 5).
V. Verpflichtungen bei der Ausführung von Aufträgen A. Weisungen und Aufträge des Kunden 14 Hat der Kunde dem Rechtsträger eine Weisung zur Ausführung an
einem bestimmten Ausführungsplatz erteilt, so geht jene Weisung in diesem Punkt der Durchführungspolitik vor; weisungsgebundene Auf524
Bestmögliche Durchführung
§ 52
träge müssen demnach auch dann der Weisung gemäß ausgeführt werden, wenn die Weisung der Durchführungspolitik widerspricht (Spindler/Kasten, WM 2006, 1802). Die Weisung kann generell für alle Geschäfte wie auch auf einen bestimmten Einzelfall bezogen sein (Zingel, BKR 2007, 177). Für sie ist vom Gesetz keine bestimmte Form vorgesehen, weshalb sie auch (fern-)mündlich, per E-Mail oder Telefax erfolgen kann (Zimmermann in Fuchs WpHG § 33 a Rz 32). Die Weisung muss nach dem Wortlaut des Abs 4 ausdrücklich erfolgen. Daraus ist abzuleiten, dass die Weisung einer individuellen Abrede zwischen dem Rechtsträger und dem Kunden bedarf (Bauer in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 733). Es wäre daher unzulässig, wenn der Rechtsträger in AGB oder ähnlichen vorformulierten Vertragstexten Weisungen einholt, weil sonst im Ergebnis die Durchführungspolitik ausgehöhlt werden könnte (Zimmermann in Fuchs § 33 a WpHG Rz 32). Zu beachten ist freilich, dass die Weisung die Durchführungspolitik 15 allenfalls nicht zur Gänze beseitigt: Nach Erwägungsgrund 68 der MiFID-DRL gilt bei Vorliegen einer Kundenweisung die Pflicht zur bestmöglichen Durchführung nur für den Aspekt als eingehalten, den die Weisung des Kunden unmittelbar betrifft (Kumpan/Hellgardt, DB 2006, 1717). Die Weisung entkräftet damit nur jenen Teil der Durchführungspolitik, der ihr widerspricht (Spindler/Kasten, WM 2006, 1802). Um Privatkunden vor den negativen Folgen einer möglicherweise 16 unvernünftigen Weisung zu schützen, muss der Rechtsträger nach § 54 Abs 2 Z 3 den Privatkunden rechtzeitig vor Erbringung der Dienstleistung klar und deutlich davor warnen (aus rechtspolitischer Sicht krit Bauer in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 736, weil die Information über den Vorrang der Weisung gegenüber der Durchführungspolitik den Kunden hinreichend warne und eine Kundenweisung nicht kategorisch zu schlechteren Ergebnissen führe als die Ausführung nach Maßgabe der Durchführungspolitik). Eine Aufnahme der Warnung in AGB oder ähnlichen vorformulierten Texten ist grundsätzlich problematisch, solange diese im Kleingedruckten versteckt ist und damit die vom Gesetz geforderte Deutlichkeit aufweist; bei einer entsprechend deutlichen graphischen Gestaltung werden freilich dagegen keine Einwände bestehen (für eine generelle Unzulässigkeit der Warnung via AGB Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 a Rz 12).
B. Rechtslage ohne Aufträge oder Weisungen des Kunden Liegt kein Auftrag bzw keine Weisung des Kunden vor, so hat der 17 Rechtsträger den Auftrag des Kunden nach der Durchführungspolitik 525
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Brandl/Klausberger
auszuführen (Spindler/Kasten, WM 2006, 1802). Mit der Einhaltung der Durchführungspolitik wird ein für den Kunden bestmögliches Ergebnis angestrebt (vgl oben Rz 4). Das Gesetz geht davon aus, dass in diesem Fall mit der Einhaltung der Durchführungspolitik den Interessen des Kunden am ehesten entsprochen wird. Fraglich ist, ob unter diesen Umständen auch objektiv unvernünftige Interessen des Kunden in die Beurteilung einfließen sollen; dafür könnte nach Stimmen in der Lit der Umstand sprechen, dass bestmöglich in Bezug auf den Kunden zu sehen ist und dafür die Interessen des Kunden maßgeblich sein sollen (Kumpan/Hellgardt, DB 2006, 1717). Dem steht allerdings das klare Regime der MiFID wie auch des Gesetzes entgegen, wonach nur bei Vorliegen einer Weisung von der Durchführungspolitik abgegangen werden darf. Will der Kunde somit seine objektiv unvernünftigen Interessen verfolgen, so muss er eine entsprechende Weisung erteilen. 18 Bei Ausführung von Aufträgen außerhalb eines geregelten Markts
oder eines MTF besteht nach Abs 5 Z 1 eine Hinweispflicht des Rechtsträgers. Außerdem bedarf diese Ausführung der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung des Kunden, wobei diese Zustimmung in einer allgemeinen Vereinbarung oder in Bezug auf ein bestimmtes Geschäft eingeholt werden kann. Das Gesetz verlangt eine ausdrückliche Zustimmung und stellt keine darüber hinausgehenden Formerfordernisse auf. Die Zustimmung kann somit mündlich wie schriftlich, auch per Telefon, Fax oder E-mail erfolgen (vgl CESR, Best Execution under MiFID, CESR/07–320, abrufbar unter www.cesr.eu, Pkt 21.). 19 Besteht die Möglichkeit, dass eine Transaktion an mehreren konkur-
rierenden Plätzen ausgeführt wird, so suchen die Vorschriften des Abs 5 Z 2 und 3 eine bestmögliche Ausführung sicherzustellen. Zur Vergleichbarkeit der Ausführungsplätze sind einerseits die Provisionen des Rechtsträgers und die Kosten der Ausführung an den einzelnen in Frage kommenden Plätzen in die Bewertung einzubeziehen; Art 44 Abs 3 MiFID-DRL statuiert diese Pflicht zwar nur zugunsten von Kleinanlegern, das WAG dehnt dies auf alle Anlegerkategorien aus. Andererseits soll verhindert werden, dass Rechtsträger über die Strukturierung von Provisionen und Margen indirekt Einfluss auf das für den Kunden günstigste Ergebnis nehmen. Daher ordnet Abs 5 Z 3 an, dass die Provisionen nicht in einer Weise strukturiert oder in Rechnung gestellt werden dürfen, die eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Ausführungsplätze bewirkt (vgl Spindler/Kasten, WM 2006, 1802; Zingel, BKR 2007, 175; Zimmermann in Fuchs WpHG § 33 a Rz 20). Ein Rechtsträger darf beispielsweise nicht je nach Ausführungsplatz unterschiedliche Provisionen in Rechnung stellen, wenn diese Unterschiede nicht den tatsächlichen Unterschieden an den Aus526
Organisatorische Vorschriften über die Durchführungspolitik
§ 53
führungsplätzen entsprechen (Harrer, ÖBA 2007, 108 FN 132). Gleiches gilt für die Weiterverrechnung fremder Spesen: Ein Rechtsträger darf nicht den Kunden willkürlich an einem Ausführungsplatz mit den dort anfallenden fremden Spesen belasten und an anderen nicht (Irmen in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 786). Es wird allerdings weder ein Vergleich mit den Kostenvarianten anderer Rechtsträger noch ein Vergleich der eigenen Provisionen bei unterschiedlichen Dienstleistungen gefordert (Harrer, ÖBA 2007, 108).
VI. Nachweispflicht Nach Abs 6 muss ein Rechtsträger dem Kunden auf Anfrage nachwei- 20 sen, dass er die Aufträge in Einklang mit seiner Durchführungspolitik durchgeführt hat, was insb auch mit den Dokumentationspflichten der Wertpapierdienstleister zusammenhängt (Spindler/Kasten, WM 2006, 1802). Damit ist auch festgehalten, dass den Rechtsträger die Beweislast für die Einhaltung der Durchführungspolitik trifft (zust Zahradnik/ Gutmann in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 166).
Organisatorische Vorschriften über die Durchführungspolitik § 53. (1) Ein Rechtsträger hat seine Kunden über seine Durchführungspolitik in geeigneter Form zu informieren. Der Rechtsträger hat die vorherige Zustimmung seiner Kunden zu seiner Durchführungspolitik einzuholen und hat seinen Kunden wesentliche Änderungen seiner Vorkehrungen und seiner Durchführungspolitik mitzuteilen. (2) Ein Rechtsträger hat die Effizienz und Wirksamkeit seiner Vorkehrungen und seiner Durchführungspolitik zu überwachen, um Mängel festzustellen und gegebenenfalls zu beheben. Hinsichtlich des § 52 Abs. 1 Z 1 hat der Rechtsträger insbesondere regelmäßig zu prüfen, ob die in der Durchführungspolitik genannten Ausführungsplätze gleich bleibend das bestmögliche Ergebnis für die Kunden erbringen oder ob die Vorkehrungen oder die Durchführungspolitik geändert werden müssen. Hinsichtlich des § 52 Abs. 1 Z 2 und 3 hat der Rechtsträger insbesondere die Qualität der Ausführung durch die in der Durchführungspolitik genannten Einrichtungen regelmäßig zu prüfen und bei Bedarf etwaige Mängel zu beheben. (3) Zusätzlich hat ein Rechtsträger seine Vorkehrungen und seine Durchführungspolitik einmal jährlich zu überprüfen. Eine derartige 527
§ 53
Brandl/Klausberger
Überprüfung ist auch immer dann vorzunehmen, wenn eine wesentliche Veränderung eintritt, die die Fähigkeit des Rechtsträgers beeinträchtigt, im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 bei der Ausführung seiner Kundenaufträge an den in der Durchführungspolitik genannten Plätzen weiterhin gleich bleibend das bestmögliche Ergebnis zu erzielen oder im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 2 und 3 für seine Kunden auch weiterhin gleich bleibend das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Schrifttum: Bauer/Irmen/Appel, Best Execution, in Clouth/Lang, MiFIDPraktikerhandbuch (2007) 309; Balzer, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neue Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2003, 177; Dierkes, Best Execution in der deutschen Börsenlandschaft, ZBB 2008, 11; Fleischer, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, BKR 2006, 389; Ferrarini, Contract Standards and the Markets in Financial Instruments Directive (MiFID): An Assessment of the Lamfalussy Regulatory Architecture, ERCL 2005, 19; Forstinger/Pradler, Der aktuelle Vorschlag für eine Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (ISD2), ÖBA 2004, 329; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http:// opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2006/379/); Kumpan/Hellgardt, Haftung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach Umsetzung der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), DB 2006, 1714; Perschl, Best Execution nach dem WAG 2007, in Kalss/Perschl/Wohlschlägl-Aschberger, MiFID – Loseblattsammlung zur neuen EU-Richtlinie (2007) 157; Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008); Zahradnik/Gutmann, Inducements und best execution, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 155 Zingel, Die Verpflichtung zur bestmöglichen Ausführung von Kundenaufträgen nach dem Finanzmarkt-RichtlinieUmsetzungsgesetz, BKR 2007, 173; Zuffer, Best Execution Policy nach dem WAG 2007, ecolex 2008, 10. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 53): „Abs. 1 setzt Art. 21 Abs. 3 zweiter Unterabsatz und Abs. 4 dritter Satz der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 45 Abs. 5 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG um. Eine vorherige Zustimmung des Kunden zu den vom Rechtsträger getroffenen Vorkehrungen ist nicht erforderlich. Wesentliche Änderungen der Vorkehrungen sind nur solche, die für den Kunden relevant sind, wie beispielsweise die Berechtigung zur Teilnahme an geregelten Märkten oder MTF und nicht interne organisatorische Maßnahmen. Abs. 2 setzt Art. 21 Abs. 4 erster und zweiter Satz der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 45 Abs. 6 erster Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 45 Abs. 6 zweiter Unterabsatz und Art. 46 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG.“
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Organisatorische Vorschriften über die Durchführungspolitik
§ 53
Übersicht I. A. B. C. II.
Informationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitpunkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wesentliche Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überwachungs- und Überprüfungspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Informationspflicht A. Zeitpunkt Nach Abs 1 hat der Rechtsträger seine Kunden über die Durchfüh- 1 rungspolitik in geeigneter Form zu informieren; dies folgt in Umsetzung von Art 21 Abs 3 MiFID sowie Art 45 Abs 5 MiFID-DRL. § 33 a Abs 6 Z 1 des dt WpHG konkretisiert dies insofern, als diese Information vor der erstmaligen Erbringung von Wertpapierdienstleistungen zu erfolgen hat (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 a Rz 12; Zingel, BKR 2007, 176). Obschon eine derartige Anordnung im Text des § 53 nicht ausdrücklich enthalten ist, wird man aber dennoch auf Grund des Zwecks der Vorschrift davon ausgehen müssen, dass die Information vor den ersten Transaktionen übermittelt werden muss. Dafür spricht auch, dass der Kunde der Durchführungspolitik des 2 Rechtsträgers zustimmen muss. Dieses Zustimmungserfordernis bezieht sich nur auf die Durchführungspolitik an sich, nicht aber auch auf die vom Rechtsträger getroffenen Vorkehrungen (Erl RV 21). Für die Zustimmung hat das Gesetz keine bestimmte Form vorgesehen, sodass dies auch in AGB geschehen kann (Irmen in Clouth/Lang, MiFIDPraktikerhandbuch Rz 781; Zahradnik/Gutmann in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 165; Zingel, BKR 2007, 176; Zimmermann in Fuchs WpHG § 33 a Rz 40).
B. Form Die Information hat nach dem Gesetzeswortlaut in geeigneter Weise 3 zu erfolgen. Das CESR versteht darunter eine angemessene Information in verständlicher Weise, die auch in einer Vertragsurkunde enthalten sein kann (CESR, Best Execution under MiFID, CESR/07–320, abrufbar unter www.cesr.eu, Pkt 19.). Bedeutsam ist dies insb für die Frage, wie detailliert diese Information ausfallen muss, um noch geeignet zu erscheinen; Mindestinhalte für solche Informationen an Privatkunden enthält § 54 Abs 2 WAG (vgl § 54 Rz 3 f); für professionelle Kunden existiert keine gesonderte Vorgabe. Nach Ansicht des CESR hat die 529
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Information für professionelle Kunden in angemessener Weise zu erfolgen, wobei Informationen auf Anfrage des Kunden zu übermitteln sind, wenn das Informationsverlangen vernünftig und verhältnismäßig erscheint. Dabei wird nach Ansicht des CESR auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen sein (CESR/07–320 Pkt 16.).
C. Wesentliche Änderungen 4 Der Rechtsträger muss wesentliche Änderungen seiner Vorkehrungen
und seiner Durchführungspolitik dem Kunden mitteilen. Wesentliche Änderungen der Vorkehrungen sind nach den Materialien (Erl RV 21) nur solche, die für den Kunden relevant sind, wie etwa die Berechtigung zur Teilnahme an geregelten Märkten oder MTF und nicht bloß interne organisatorische Maßnahmen. Nach Ansicht des CESR ist dabei zu differenzieren: Ein Rechtsträger, der Kundenaufträge ausführt, hat Änderungen mitzuteilen, die dem Kunden die Beurteilung ermöglichen, ob er weiterhin die Dienste dieses Rechtsträgers in Anspruch nehmen will. Für Rechtsträger, die Kundenaufträge bloß übermitteln oder platzieren, ohne diese selbst auszuführen, gibt es kein vergleichbares Erfordernis (CESR/07–320 Pkt 18.). Diese Änderungen sind dem Kunden jedenfalls bloß mitzuteilen, bedürfen aber nicht seiner Zustimmung (Zahradnik/Gutmann in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 166; Zingel, BKR 2007, 177; Zimmermann in Fuchs WpHG § 33 a Rz 43).
II. Überwachungs- und Überprüfungspflicht 5 Nach Abs 2 hat der Rechtsträger die Qualität der Ausführung durch
die in der Politik genannten Einrichtungen laufend zu überwachen und gegebenenfalls anzupassen. Dazu kommt nach Abs 3 eine zumindest einmal im Jahr vorzunehmende Überprüfung der Vorkehrungen und der Durchführungspolitik, die auch außerhalb des Jahresrhythmus bei Eintreten von wesentlichen Veränderungen Platz greifen soll. 6 Diese Pflichten dürfen allerdings nicht überspannt werden (Zingel, BKR 2007, 177). Angesichts der Tatsache, dass die Überwachungs- und Überprüfungspflicht der Sicherstellung eines für die bestmögliche Durchführung geeigneten Verfahrens und nicht der Sicherstellung der bestmöglichen Ausführung im Einzelfall dient, ist dabei eine grundsätzliche Bewertung und nicht etwa ein Abgleich jeder einzelnen Dienstleistung mit möglichen Alternativen geboten (Zingel, BKR 2007, 177; für eine stichprobenartige Überprüfung auch Zimmermann in Fuchs WpHG § 33 a Rz 37). 530
Besondere Vorschriften für Privatkunden
§ 54
Besondere Vorschriften für Privatkunden § 54. (1) Führt ein Rechtsträger eine Dienstleistung im Sinne des § 52 Abs. 1 für einen Privatkunden durch, so hat er das bestmögliche Ergebnis hinsichtlich des Gesamtentgelts zu bestimmen. Dieses umfasst den Preis für das Finanzinstrument und die mit der Auftragsausführung verbundenen Kosten. Diese Kosten umfassen alle dem Kunden entstehenden Auslagen, die unmittelbar mit der Ausführung des Auftrags zusammenhängen, einschließlich Ausführungsplatzgebühren, Clearing- und Abwicklungsgebühren sowie alle sonstigen Gebühren, die an Dritte gezahlt werden, die an der Ausführung des Auftrags beteiligt sind. (2) Ein Rechtsträger hat einem Privatkunden rechtzeitig vor Erbringung einer Dienstleistung im Sinne des § 52 Abs. 1 folgende Angaben zu seiner Durchführungspolitik zu übermitteln: 1. eine Darlegung der relativen Bedeutung, die der Rechtsträger den in § 52 Abs. 2 angeführten Aspekten und Kriterien beimisst, oder eine Darlegung der Art und Weise, in der der Rechtsträger die relative Bedeutung dieser Aspekte bestimmt; 2. ein Verzeichnis der Ausführungsplätze, auf die sich der Rechtsträger weitgehend stützt, damit er pflichtgemäß alle angemessenen Maßnahmen treffen kann, um bei der Ausführung von Kundenaufträgen gleich bleibend das bestmögliche Ergebnis zu erzielen; 3. eine klare und deutliche Warnung, dass eine Weisung des Privatkunden gemäß § 52 Abs. 4 den Rechtsträger davon abhalten kann, hinsichtlich der von der Weisung erfassten Elemente die Maßnahmen zu treffen, die dieser im Rahmen seiner Durchführungspolitik festgelegt und umgesetzt hat, um bei der Durchführung der Dienstleistungen im Sinne des § 52 Abs. 1 das bestmögliche Ergebnis zu erzielen; diese Warnung kann in standardisierter Form erfolgen. Die Informationen sind auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln oder auf einer Website bereitzustellen; ist die Website kein dauerhafter Datenträger, so sind die Bedingungen des § 16 Abs. 2 einzuhalten. Schrifttum: Bauer/Irmen/Appel, Best Execution, in Clouth/Lang, MiFIDPraktikerhandbuch (2007) 309; Balzer, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neue Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2003, 177; Dierkes, Best Execution in der deutschen Börsenlandschaft, ZBB 2008, 11; Fleischer, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und das Finanzmarkt-RichtlinieUmsetzungsgesetz, BKR 2006, 389; Ferrarini, Contract Standards and the
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§ 54
Brandl/Klausberger
Markets in Financial Instruments Directive (MiFID): An Assessment of the Lamfalussy Regulatory Architecture, ERCL 2005, 19; Forstinger/Pradler, Der aktuelle Vorschlag für eine Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (ISD2), ÖBA 2004, 329; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/ 2006/379/); Kumpan/Hellgardt, Haftung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach Umsetzung der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), DB 2006, 1714; Perschl, Best Execution nach dem WAG 2007, in Kalss/Perschl/Wohlschlägl-Aschberger, MiFID – Loseblattsammlung zur neuen EU-Richtlinie (2007) 157; Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1749, 1797; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008); Zahradnik/Gutmann, Inducements und best execution, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 155; Zingel, Die Verpflichtung zur bestmöglichen Ausführung von Kundenaufträgen nach dem Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, BKR 2007, 173; Zuffer, Best Execution Policy nach dem WAG 2007, ecolex 2008, 10. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 54): „Abs. 1 setzt Art. 44 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 46 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. II.
Ermittlung des bestmöglichen Ergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erforderliche Angaben zur Durchführungspolitik . . . . . . . . . . . . .
1–2 3–5
I. Ermittlung des bestmöglichen Ergebnisses 1 Nach Abs 1 ist bei Privatkunden das bestmögliche Ergebnis nach dem
Gesamtentgelt zu ermitteln. Zu berücksichtigen ist dabei der Preis, zu dem das betreffende Finanzinstrument am Ausführungsplatz erworben bzw veräußert werden kann, und welche Kosten in diesem Zusammenhang anfallen (Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 33 a Rz 6). Es mag rechtspolitisch fragwürdig erscheinen, warum offenbar davon ausgegangen worden ist, dass Privatkunden nur an einem bestmöglichen Gesamtentgelt und nicht auch an schneller Ausführung interessiert sind (Spindler/Kasten, WM 2006, 1802). Nach Erwägungsgrund 67 MiFIDDRL soll allerdings eine Wertpapierfirma bei Kleinanlegern alle Faktoren berücksichtigen, die es ihr ermöglichen, in Bezug auf das Gesamt532
Besondere Vorschriften für Privatkunden
§ 54
entgelt das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Die Schnelligkeit und Wahrscheinlichkeit der Ausführung und Abwicklung, der Umfang und die Art des Auftrags, Marktwirkungen und etwaige sonstige implizite Transaktionskosten bedingen demnach dann einen Vorrang gegenüber den unmittelbaren Preis- und Kostenerwägungen, wenn dies dazu beiträgt, für den Anleger in Bezug auf das Gesamtentgelt das bestmögliche Ergebnis zu erzielen (vgl Harrer, ÖBA 2007, 108). MaW muss der Rechtsträger diese Kriterien dann berücksichtigen, wenn sie Auswirkungen auf den Preis haben können (Dierkes, ZBB 2008, 14; Irmen in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 788). IZm der Beurteilung des Gesamtentgelts wird in der Praxis wohl den 2 mit der Auftragsausführung verbundenen Kosten stärkere Bedeutung zukommen, sofern ein entsprechender Wettbewerb zwischen den Ausführungsplätzen entsteht (Zingel, BKR 2007, 175). Zum Strukturieren von Provisionen und Margen siehe § 52 Rz 19.
II. Erforderliche Angaben zur Durchführungspolitik Abs 2 spezifiziert die allgemeine Informationspflicht über die Durch- 3 führungspolitik, die § 53 Abs 1 aufstellt, hinsichtlich der Privatkunden. Diese besonderen Informationspflichten für Privatkunden folgen den Vorgaben von Art 46 Abs 2 MiFID-DRL. Bei wörtlicher Auslegung von Abs 2 Z 1 könnte man zum Ergebnis kommen, dass bei jeder singulären Order eines Kunden einzeln über die Gewichtung der Aspekte und Kriterien zu informieren wäre (Spindler/Kasten, WM 2006, 1802). Dem ist allerdings nicht so. Angesichts der Tatsache, dass die RL erkennbar nur eine Darstellung der Merkmale in allgemeiner Form vorsieht sowie des Kostenaufwands und der – wohl kontraproduktiven – Informationsüberflutung der Privatkunden, welche die gegenteilige Ansicht mit sich brächte, ist davon auszugehen, dass eine derartige Informationspflicht vor jeder Einzeltransaktion nicht besteht (Spindler/Kasten, WM 2006, 1802). Nach Auffassung des CESR muss ein Rechtsträger einem Privatkunden 4 darüber hinaus weitere Informationen zukommen lassen, wenn dies der Privatkunde verlangt und dieses Verlangen vernünftig und verhältnismäßig ist. Dies folge aus der Verpflichtung, redlich und professionell zu agieren (Art 19 Abs 1 MiFID bzw § 38 WAG) und gelte insb dann, wenn der Kunde die Information benötigt, um eine wohlüberlegte Entscheidung zu treffen, ob er die Dienstleistungen des Rechtsträgers (weiter) in Anspruch nehmen soll (CESR, Best Execution under MiFID, CESR/07–320, abrufbar unter www.cesr.eu, Pkt 15.2.). Um eine 533
§ 55
Brandl/Klausberger
Haftung zu vermeiden, werden die Rechtsträger im Lichte dessen, soweit es ihnen möglich und zumutbar ist, auf solche Kundenanfragen hin zusätzliche Informationen an Privatkunden weiterleiten müssen. 5 Zur Warnpflicht nach § 54 Abs 2 Z 3 vgl schon § 52 Rz 16.
10. Abschnitt Bearbeitung von Kundenaufträgen Allgemeine Bestimmungen § 55. (1) Ein Rechtsträger hat bei der Bearbeitung von Kundenaufträgen 1. Verfahren und Systeme anzuwenden, welche die unverzügliche, redliche und rasche Abwicklung von Kundenaufträgen im Verhältnis zu anderen Kundenaufträgen oder den Handelsinteressen des Rechtsträgers gewährleisten; diese Verfahren oder Systeme ermöglichen es, dass ansonsten vergleichbare Kundenaufträge gemäß dem Zeitpunkt ihres Eingangs bei dem Rechtsträger ausgeführt werden; 2. sicherzustellen, dass die Kundenaufträge unverzüglich korrekt registriert und zugeordnet werden; 3. vergleichbare Kundenaufträge der Reihe nach und unverzüglich ausführen, es sei denn die Art des Auftrags oder die vorherrschenden Marktbedingungen machen das unmöglich oder im Interesse des Kunden ist anderweitig zu handeln, und 4. einen Privatkunden unverzüglich nach Kenntnis über alle wesentlichen Schwierigkeiten, die die korrekte Bearbeitung des Auftrags beeinträchtigen, zu informieren. (2) Wenn der Kunde nicht ausdrücklich eine anders lautende Anweisung gibt, haben Rechtsträger bei Kundenlimitaufträgen in Bezug auf Aktien, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, wenn die Aufträge zu den vorherrschenden Marktbedingungen nicht unverzüglich ausgeführt werden, Maßnahmen zu ergreifen, um die schnellstmögliche Ausführung dieser Aufträge dadurch zu erleichtern, dass sie diese unverzüglich und auf eine Art und Weise veröffentlichen, die für andere Marktteilnehmer leicht zugänglich ist. Ein Rechtsträger erfüllt diese Pflicht, wenn er die Kundenlimitaufträge an einen geregelten Markt oder ein MTF gemäß Art. 31 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 weiterleitet. Die FMA kann mit Verordnung von dieser Verpflichtung zur 534
Allgemeine Bestimmungen
§ 55
Bekanntmachung eines Limitauftrags absehen, wenn dieser Limitauftrag gemäß Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang sehr groß ist. (3) Ist ein Rechtsträger für die Überwachung oder Organisation der Abwicklung eines ausgeführten Auftrags verantwortlich, so trifft er alle angemessenen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass alle Kundenfinanzinstrumente oder Kundengelder, die zur Abwicklung des ausgeführten Auftrags eingegangen sind, unverzüglich und korrekt auf das Konto des jeweiligen Kunden gebucht werden. (4) Ein Rechtsträger darf Informationen im Zusammenhang mit laufenden Kundenaufträgen nicht missbrauchen und hat alle angemessenen Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs derartiger Informationen durch seine relevanten Personen zu treffen. Schrifttum: Haas, Lösungsansätze zur Transparenzverpflichtung für Wertpapierhäuser im Rahmen der MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 314; Kreisl/N. Raschauer, Markttransparenzpflichten nach der MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Handbuch des Kapitalmarktrechts III (2006) 286; Kumpan, Transparenz als Mittel der Kapitalmarktregulierung – Die neuen Transparenzvorschriften der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente, WM 2006, 797. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 55): „Abs. 1 setzt Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 47 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 1 Z 1 setzt Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Der Begriff ‚Ausführung‘ wird durch ‚Bearbeitung‘ ersetzt, da der Vergleich des englischen Textes mit dem deutschen Text ergeben hat, dass der englische Begriff ‚carrying out‘ irrtümlich falsch übersetzt wurde. Abs. 1 Z 2 setzt Art. 47 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 1 Z 3 setzt Art. 47 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 1 Z 4 setzt Art. 47 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG in Verbindung mit Art. 31 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 um. Das in Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG eingeräumte Wahlrecht wird im vorliegenden Gesetzentwurf ausgeübt. Die Bestimmung enthält zwei Spielräume. Die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, den Kreditinstituten die Erfüllung der Verpflichtung zur Bekanntmachung durch Übermittlung zu erlauben, entspricht der derzeitigen Marktpraxis und gewährleistet die beste Transparenz und Ausführungswahrscheinlichkeit der Orders. Die Möglichkeit der Ausnahme für Blockorders ist aus Sicht der FMA gleich wie bei den entsprechenden Regeln für MTF, geregelte Märkte und systematische Internalisierer zu behandeln. Abs. 3 setzt Art. 47 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 4 setzt Art. 47 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
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Übersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Veröffentlichung von „Kundenlimitaufträgen“ . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bearbeitung von Kundenaufträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–8 9–13
I. Allgemeines 1 Die Bestimmungen des 10. Abschnitts des WAG 2007 dienen einerseits
der Umsetzung der Richtlinienbestimmungen zur Bearbeitung von Kundenaufträgen nach Art 22 Abs 1 MiFID (Abs 1) und der darauf basierenden Vorschriften der Art 47 (Abs 1, 3 und 4), 48 (§ 56) und 49 (§ 57) MiFID-DRL und andererseits zur Veröffentlichung von (nicht unmittelbar ausführbaren) „Kundenlimitaufträgen“ nach Art 22 Abs 2 MiFID sowie der Art 31 und 32 DVO (Abs 2). Im Interesse einer kohärenten Kommentierung werden die letzteren Bestimmungen vorweg behandelt.
II. Veröffentlichung von „Kundenlimitaufträgen“ 2 Nach § 55 Abs 2 sind Rechtsträger verpflichtet, geeignete Maßnahmen
zu ergreifen, um die Transparenzpflichten iZm (nicht unmittelbar ausführbaren) „Kundenlimitaufträgen“ (dh Limitaufträge iSd § 1 Z 15) in Aktien, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind (vgl § 1 Z 8; § 1 Rz 35), zu erfüllen. Können solche Orders zu den vorherrschenden Marktbedingungen nicht unverzüglich ausgeführt werden, so sind sie unverzüglich und in einer für die anderen Marktteilnehmer leicht zugänglichen Art und Weise zu veröffentlichen. Damit soll einerseits für den einzelnen Kunden die best- und schnellstmögliche Ausführung seiner Order sichergestellt sowie andererseits die Liquidität und Effizienz des Marktes gefördert werden (siehe Kumpan, WM 2006, 803; vgl zu den Markttransparenzpflichten nach der MiFID allgemein Kreisl/N. Raschauer, Markttransparenzpflichten nach der MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 288 f). 3 Im Unterschied zu den Quotierungspflichten nach § 69, die sich ausschließlich an „systematische Internalisierer“ richten (vgl die Kommentierung zu § 69; vgl auch Art 27 Abs 1 erster Unterabsatz MiFID), sind die Pflichten zur Veröffentlichung und Zugänglichmachung von Kundenlimitaufträgen nach Maßgabe von Abs 2 grundsätzlich von allen Rechtsträgern iSd § 15 Abs 1, insb auch von Wertpapier536
Allgemeine Bestimmungen
§ 55
firmen und Kreditinstituten aus Mitgliedstaaten, die ihre Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben (nach Maßgabe von § 12 Abs 4 WAG und § 9 Abs 7 BWG), einzuhalten (vgl Haas, Lösungsansätze zur Transparenzverpflichtung für Wertpapierhäuser im Rahmen der MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 321 f; Kumpan, WM 2006, 803). Keine Veröffentlichung nach Abs 2 ist erforderlich, wenn der Rechts- 4 träger Kundenlimitaufträge an einen geregelten Markt oder ein MTF weiterleitet, der bzw das ein Orderbuchhandelssystem betreibt, bzw sicherstellt, dass diese Aufträge veröffentlicht werden und sie – sobald es die Marktbedingungen gestatten – leicht ausgeführt werden können (Art 31 DVO; zu den Vorkehrungen zur Veröffentlichung von Informationen vgl Art 32 DVO). Das in Art 22 Abs 2 MiFID eingeräumte Wahlrecht wird somit ausgeübt (siehe Erl RV). Die Erl RV halten in diesem Zusammenhang fest, dass die Erfüllung der Veröffentlichungspflichten durch eine solche Weiterleitung von Aufträgen der derzeitigen Marktpraxis entspricht und die „beste Transparenz und Ausführungswahrscheinlichkeit der Orders“ gewährleistet. Die Ausnahme bezieht sich somit auf geregelte Märkte bzw MTF, die 5 ein Orderbuchhandelssystem betreiben, nicht jedoch auf quotierungsgetriebene Handelssysteme. CESR hält dazu fest, dass als wesentliche Kriterien für die Erfüllung der Veröffentlichungspflichten für Kundenlimitorders zum einen deren „Sichtbarkeit“ („visibility test“) sowie zum anderen deren einfache Ausführbarkeit – sofern es eben die Marktbedingungen gestatten – anzusehen sind (05–290 b, 72 ff; verfügbar unter: www.cesr-eu.org). Zur Erfüllung des Kriteriums der „Sichtbarkeit“ ist die Veröffentlichung der (zumindest) fünf besten Geld- und Briefkurse (vgl Art 17 Z 2 DVO) nach CESR ausreichend (05–290 b, 72 ff). Auf dieser Grundlage werden auch sonstige Systeme nach Art 17 Abs 5 DVO (Mischsysteme bzw alternative Handelssysteme; siehe Kreisl/N. Raschauer, Markttransparenzpflichten nach der MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 295) als Orderbuchhandelssysteme iSd § 55 Abs 2 anzusehen sein, sofern die Charakteristika ihres Preisbildungsprozesses ebenso die Veröffentlichung der fünf besten Geld- und Briefkurse vorsehen. Eine Veröffentlichung durch den Rechtsträger kann auch unterbleiben, 6 wenn er (etwa durch sonstige Dienstleister) sicherstellt, dass diese Aufträge gesetzmäßig veröffentlicht werden und auch die Ausführbarkeit der Orders nach Marktlage gegeben ist (vgl CESR 05 290 b, BOX 23, 51). 537
§ 55
Kreisl
7 Der Rechtsträger kann auch durch eine ausdrückliche Anweisung des
Kunden von der Pflicht zur Veröffentlichung nach Abs 2 befreit werden. 8 Darüber hinaus kann nach Abs 2 letzter Satz die FMA mit Verordnung von der Verpflichtung zur Bekanntmachung eines Limitauftrags absehen, wenn dieser gemäß Art 20 DVO im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang sehr groß ist („Block-Trades“). Nach Maßgabe von Art 20 DVO ist ein Auftrag dann als im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang großer Auftrag anzusehen, wenn er der in Tabelle 2 von Anhang II DVO genannten Mindestauftragsgröße entspricht oder umfangreicher ist (siehe Kreisl/N. Raschauer, Markttransparenzpflichten nach der MiFID, in Brandl/Kalss/Oppitz/Saria, Hdb KMR III 297 f). Die FMA hat von dieser Verordnungskompetenz in § 1 HTAusV (BGBl 214/2007) Gebrauch gemacht.
III. Bearbeitung von Kundenaufträgen 9 Die nach Maßgabe von § 55 Abs 1, 3 und 4 festzusetzenden allgemei-
nen Verfahren zur Bearbeitung von Kundenaufträgen sollen die „unverzügliche, redliche und rasche“ Abwicklung von Kundenaufträgen gewährleisten (§ 55 Abs 1 Z 1). Der Sinn und Zweck dieser Verfahren und Systeme liegt somit letzten Endes darin, die bestmögliche Durchführung von Kundenaufträgen zu ermöglichen (vgl §§ 52 ff). Die allgemeinen Bestimmungen des § 55 werden dabei durch die besonderen Vorschriften der §§ 56 (Zusammenlegung und Zuordnung von Aufträgen) und 57 (Zusammenlegung und Zuordnung von Geschäften für eigene Rechnung) ergänzt. 10 Um eine bestmögliche Ausführung von Kundenaufträgen im Einzelfall sicherzustellen, ist die Lösung allfälliger Interessenkonflikte (bzw deren Offenlegung) erforderlich. In Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen für das Management von Interessenkonflikten ist nach Abs 1 Z 1 im Falle eines vertikalen Interessenkonflikts den Kundeninteressen gegenüber den Interessen des Rechtsträgers stets der Vorzug zu geben, während horizontale Interessenkonflikte (grundsätzlich) durch die Anwendung des Prioritätsprinzips bewältigt werden sollen (vgl § 35 Rz 23 f). 11 Um eine Bearbeitung von Kundenaufträgen nach Maßgabe der oben angeführten Grundsätze zu gewährleisten, ist zunächst sicherzustellen, dass Kundenaufträge unverzüglich korrekt registriert und zugeordnet werden (Abs 1 Z 2). Vergleichbare Kundenaufträge sind prinzipiell 538
Zusammenlegung und Zuordnung von Aufträgen
§ 56
der Reihe nach unverzüglich auszuführen, es sei denn, die Art des Auftrags oder die vorherrschenden Marktbedingungen machen das unmöglich, oder dass im Interesse des Kunden anderweitig zu handeln ist (Abs 1 Z 3). In solchen Situationen kann eine vom Prioritätsprinzip abweichende Vorgehensweise, etwa eine Aufteilung pro rata erforderlich sein (siehe § 35 Rz 24). Bereits nach den allgemeinen Vorschriften zum Management von Inte- 12 ressenkonflikten besteht eine Offenlegungspflicht den Kunden gegenüber für den Fall, dass deren vollständige Vermeidung nicht möglich ist. Diese Verpflichtung besteht dem Grunde nach gegenüber allen Kunden unabhängig von deren jeweiliger Qualifikation als Privatkunden, professionelle Kunden oder geeignete Gegenparteien (vgl § 35 Rz 28 ff). Darüber hinaus sind nach Abs 1 Z 4 Privatkunden über alle wesentlichen Schwierigkeiten, welche die korrekte Bearbeitung des Auftrags beeinträchtigen, unverzüglich zu informieren. Nach den flankierenden Vorschriften der Abs 3 und 4 sind einerseits 13 Maßnahmen zu implementieren, die eine unverzügliche Auftragsabwicklung und Verbuchung von Kundenaufträgen gewährleisten, andererseits angemessene Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs von Informationen iZm laufenden Kundenaufträgen durch relevante Personen zu treffen (vgl dazu insb § 24 Rz 17).
Zusammenlegung und Zuordnung von Aufträgen § 56. (1) Ein Rechtsträger darf einen Kundenauftrag oder ein Geschäft für eigene Rechnung mit einem anderen Kundenauftrag nur zusammen bearbeiten, wenn 1. es nicht zu erwarten ist, dass die Zusammenlegung der Aufträge und Geschäfte für jeden Kunden, dessen Auftrag mit anderen zusammengelegt wird, insgesamt nachteilig ist; 2. jedem Kunden, dessen Auftrag mit anderen Aufträgen und Geschäften zusammengelegt werden soll, mitgeteilt wird, dass eine derartige Zusammenlegung in Bezug auf einen bestimmten Auftrag nachteilig sein kann und 3. Leitlinien für die Zuordnung von Aufträgen festgelegt und wirksam umgesetzt werden, die die redliche Zuordnung zusammengelegter Aufträge und Geschäfte auch im Hinblick darauf regeln, wie das Volumen und der Preis von Aufträgen die Zuordnung und Teilbearbeitung von Aufträgen bestimmen. (2) Ein Rechtsträger, der einen Auftrag mit anderen Kundenaufträgen zusammenlegt und den zusammengelegten Auftrag teilweise 539
§ 56
Kreisl
ausführt, hat die verbundenen Geschäfte gemäß seinen Leitlinien für die Zuordnung von Aufträgen zu verteilen. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 56): „Abs. 1 setzt Art. 48 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 48 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
1 Nach § 56 Abs 1 dürfen Kundenaufträge grundsätzlich nur getrennt
voneinander und insb auch von Geschäften auf eigene Rechnung des Rechtsträgers (Nostro-Geschäften) abgewickelt werden. In Abweichung von diesem Grundsatz ist jedoch eine Zusammenlegung von Kundenorders bzw Kunden- und Nostro-Orders bei – kumulativem – Vorliegen der in Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen möglich. Werden Kunden- und Nostro-Orders zusammengelegt, sind darüber hinaus die besonderen Vorschriften des § 57 einzuhalten. 2 Als erste Voraussetzung sieht Abs 1 Z 1 vor, dass Aufträge nicht
zusammengelegt werden dürfen, wenn bereits vor ihrer Abwicklung (ex ante) zu erwarten ist, dass dies „unterm Strich“ für sämtliche betroffenen Kunden nachteilig sein wird. Eine Vorgehensweise, die aller Voraussicht nach zum Nachteil aller Kunden gereichen wird, verbietet sich jedoch bereits auf Grundlage der allgemeinen Pflicht zu Wahrung der Interessen des Kunden nach §§ 34 f (vgl § 34 Rz 1 ff, § 35 Rz 8 ff), weshalb die explizite Normierung dieser Voraussetzung in § 56 als überflüssig zu bezeichnen ist. Erwächst nur bestimmten Kunden ein Nachteil, so gilt dieses Verbot nicht (siehe dazu gleich Rz 3). 3 Abs 1 Z 2 konstituiert eine „Mitteilungspflicht“ für den Fall, dass eine
Zusammenlegung von Aufträgen für bestimmte Kunden nachteilig sein kann. Die Bestimmung bezieht sich offenbar auf den Fall, dass Interessen verschiedener Kunden miteinander in Widerspruch geraten („horizontaler Interessenkonflikt“; vgl § 34 Rz 6, § 35 Rz 23 f). Auch diese Vorschrift ist redundant, weil in einem solchen Fall bereits die allgemeine Bestimmung des § 35 (vgl § 35 Rz 28 ff) den Rechtsträger zu einer Offenlegung des Interessenkonflikts gegenüber den betroffenen Kunden verpflichtet.
4 Somit bleibt als eigentliche inhaltliche Voraussetzung des § 56 für die
Zusammenlegung von Aufträgen die in Abs 1 Z 3 normierte Verpflichtung, verbindliche Leitlinien für die Zuordnung von Aufträgen festzulegen. Diese Leitlinien haben insb Vorkehrungen für den Fall zu treffen, dass ein zusammengelegter Auftrag nur teilweise ausgeführt werden kann (Abs 2; vgl auch § 57 Abs 2 letzter Halbsatz). 540
Zusammenlegung u. Zuordnung v. Geschäften für eigene Rechnung
§ 57
Zusammenlegung und Zuordnung von Geschäften für eigene Rechnung § 57. (1) Die Rechtsträger, die mit Kundenaufträgen zusammengelegte Geschäfte für eigene Rechnung tätigen, dürfen bei der Zuordnung der verbundenen Abschlüsse nicht in einer für einen Kunden nachteiligen Weise verfahren. (2) Ein Rechtsträger, der einen Kundenauftrag mit einem Geschäft für eigene Rechnung zusammenlegt und den zusammengelegten Auftrag teilweise ausführt, hat bei der Zuordnung der verbundenen Geschäfte dem Kunden gegenüber seinen Eigengeschäften Vorrang einzuräumen. Kann der Rechtsträger jedoch schlüssig darlegen, dass er den Auftrag ohne die Zusammenlegung nicht zu gleichen günstigen Bedingungen oder überhaupt nicht hätte ausführen können, kann er das Geschäft für eigene Rechnung in Einklang mit seinen in § 56 Abs. 1 Z 3 genannten Leitlinien für die Zuordnung von Aufträgen anteilsmäßig verteilen. (3) Die Rechtsträger haben gemäß § 56 Abs. 1 Z 3 im Rahmen ihrer Leitlinien für die Zuordnung von Aufträgen Verfahren vorzusehen, die verhindern, dass die Neuzuordnung von Geschäften für eigene Rechnung, die zusammen mit Kundenaufträgen ausgeführt werden, für den Kunden nachteilig ist. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 57): „Abs. 1 setzt Art. 49 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 2 setzt Art. 49 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 setzt Art. 49 Abs. 3 der Richtlinie 2006/73/EG um.“
§ 57 enthält Sondervorschriften für die Zusammenlegung und Zuord- 1 nung von Kundengeschäften mit Nostro-Geschäften. Darüber hinaus sind insb die Vorschriften der Grundnorm des § 56 weiterhin einzuhalten. Auch der Anordnung in Abs 1 ist keine über §§ 34 f hinausgehende 2 Bedeutung zu entnehmen (vgl § 56 Rz 2 f). Da bei einem Konflikt zwischen den Interessen des Kunden und den 3 Interessen des Rechtsträgers prinzipiell den ersteren der Vorzug zu geben ist (vgl § 35 Rz 23 f), trifft Abs 2 erster Satz die Anordnung, dass im Falle einer nur teilweisen Orderausführung der Abwicklung von Kundenorders der Vorrang zu geben ist. Dazu sind nach Abs 3 gesonderte, verbindlich einzuhaltende Leitlinien festzusetzen. Für den Fall, dass der Auftrag gar nicht bzw nicht zu „gleichen günstigen Bedingungen“ hätte ausgeführt werden können, darf jedoch der Rechtsträger nach Maßgabe von Abs 2 zweiter Satz eine Zuordnung von Aufträgen 541
§ 58
Brandl/Klausberger
nach § 56 Abs 1 Z 3 treffen. Es können demnach in einem solchen Fall für Zwecke der Zuordnung von Aufträgen Nostro-Orders wie Kunden-Orders behandelt werden.
11. Abschnitt Professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien Professionelle Kunden § 58. (1) Ein professioneller Kunde ist ein Kunde, der über ausreichende Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand verfügt, um seine Anlageentscheidungen selbst treffen und die damit verbundenen Risiken angemessen beurteilen zu können. Als professionelle Kunden gelten die in Abs. 2 genannten Rechtspersönlichkeiten sowie jene Kunden, die gemäß § 59 auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden. (2) Professionelle Kunden in Bezug auf alle Wertpapierdienstleistungen und Finanzinstrumente sind jedenfalls: 1. die nachstehenden Rechtspersönlichkeiten, sofern sie im Inland, in einem Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat eine Zulassung erhalten haben oder beaufsichtigt werden, um auf Finanzmärkten tätig werden zu können: a) Kreditinstitute, b) Wertpapierfirmen, c) sonstige zugelassene oder beaufsichtigte Finanzinstitute, d) Versicherungsgesellschaften, e) Organismen für Veranlagungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KMG, in- oder ausländische Kapitalanlagefonds, in- oder ausländische Immobilienfonds oder ähnliche Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen, sowie ihre jeweiligen Verwaltungsgesellschaften, f) Pensionsfonds und ihre Verwaltungsgesellschaften, g) Warenhändler und Warenderivate-Händler, h) Lokale Firmen im Sinne von § 2 Z 14, i) sonstige institutionelle Anleger; 2. andere als in Z 1 genannte große Unternehmen, die auf Unternehmensebene mindestens zwei der nachfolgenden Eigenschaften aufweisen: a) eine Bilanzsumme in der Höhe von mindestens 20 Millionen Euro, 542
Professionelle Kunden
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b) einen Nettoumsatz in der Höhe von mindestens 40 Millionen Euro, c) Eigenmittel in der Höhe von mindestens 2 Millionen Euro; 3. Zentralstaaten gemäß § 2 Z 5 a BWG, Länder, Regionalregierungen der Mitgliedstaaten und Drittländer, sowie Stellen der staatlichen Schuldenverwaltung; 4. Zentralbanken gemäß § 2 Z 9 a BWG sowie internationale und supranationale Einrichtungen, wie insbesondere die Weltbank, der Internationale Währungsfonds, die Europäische Investitionsbank und andere vergleichbare internationale Organisationen; 5. andere institutionelle Anleger, deren Haupttätigkeit in der Anlage in Finanzinstrumenten besteht, einschließlich Einrichtungen, die die wertpapiermäßige Verbriefung von Verbindlichkeiten und andere Finanzierungsgeschäfte betreiben. (3) Der Rechtsträger hat vor Erbringung jeglicher Dienstleistungen gegenüber einem in Abs. 2 genannten Unternehmen darauf hinzuweisen, dass es aufgrund der vorliegenden Informationen als professioneller Kunde eingestuft und behandelt wird, sofern der Rechtsträger und das betreffende Unternehmen nichts Anderes vereinbaren. Weiters hat ein Rechtsträger professionelle Kunden über die Möglichkeit zur Änderung der Einstufung gemäß Abs. 4 zu informieren. (4) Ein Rechtsträger kann mit einem professionellen Kunden gemäß Abs. 2 auf dessen Wunsch vereinbaren, dass dieser als Privatkunde eingestuft wird. Die Vereinbarung zur Einstufung des professionellen Kunden als Privatkunde bedarf der Schriftform. In dieser Vereinbarung ist ausdrücklich festzulegen, für welche Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen oder Finanzinstrumente die Einstufung als Privatkunde gilt. Ein Rechtsträger ist berechtigt, auch ohne ausdrücklichen Wunsch des professionellen Kunden diesen als Privatkunden zu behandeln. Schrifttum: Bracht, Kommunen als geeignete Gegenparteien im Handel mit Derivaten nach dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, WM 2008, 1386; Clouth/Seyfried, Kundenkategorisierung: Ausgestaltung, Zielsetzung und Bedeutung für die Verhaltenspflichten, in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch (2007) 25; Duve, Lernen Sie Ihre Kunden kennen – Kundenklassifikation und -information, BB 2006, 2452; Gruber, Kunden, Wohlverhaltensregeln und geeignete Gegenparteien in MiFID und WAG 2007, ZFR 2007, 188; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Ilg, Die Neuregelung der
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Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2006/379/); Kasten, Das neue Kundenbild des § 31 a WpHG – Umsetzungsprobleme nach MiFID & FRUG, BKR 2007, 261; Lanzrath, MiFID – Harmonisierter Anlegerschutz?, RFG 2008, 45; Perschl, Klassifizierung von Kunden, in Kalss/Perschl/Wohlschlägl-Aschberger, MiFID – Loseblattsammlung zur neuen EU-Richtlinie (2007) 33; Seyfried, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) – Neuordnung der Wohlverhaltensregeln, WM 2006, 1375; Sindelar, Die neue Kundenklassifizierung nach der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), ÖBA 2007, 206; Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1756, 1797; Wasserer, Wohlverhaltensregeln, Kundenkategorien und Geschäftsvarianten des WAG 2007 kurz gefasst, JAP 2007/08, 233; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008); Zuffer, MiFID – Neuer Ordnungsrahmen für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen, ecolex 2007, 224. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 58): „Hiermit wird Abschnitt I von Anhang II der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Die Bestimmung definiert den professionellen Kunden. Grundsätzlich gelten die in Abs. 2 genannten Rechtsträger ex lege als professionelle Kunden. Hinsichtlich der Rechtspersönlichkeiten in Abs. 2 Z 1 ist es wesentlich, dass diese für die Tätigkeit an Finanzmärkten zugelassen sind oder beaufsichtigt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob Rechtpersönlichkeiten von einem Mitgliedstaat auf Grund von harmonisierten oder anderen Bestimmungen zugelassen sind bzw. beaufsichtigt werden oder ob sie in einem Drittland zugelassen oder beaufsichtigt werden. Zu Abs. 3: Einheiten, die keine Unternehmen sind, wie Zentralstaaten, Zentralbanken und Gebietskörperschaften, müssen nicht entsprechend hingewiesen werden. Abs. 4 setzt Art. 28 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2006/73/EG um.“
Übersicht I. A. B. C. II. A. B. C. III. A. B. C. D.
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Allgemeines zu den §§ 58 – 61 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europarechtliche Vorgaben und Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kundenbegriff und Kundenklassifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tatbestand des § 58 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systematischer Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umschreibung des professionellen Kunden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geborene professionelle Kunden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstufung als professioneller Kunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinweispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Möglichkeit einer Umstufung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausstrahlung auf zivilrechtliche Pflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–8 1–4 5 6–8 9–18 9 10–12 13–18 19–23 19 20 21–22 23
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I. Allgemeines zu den §§ 58 – 61 A. Europarechtliche Vorgaben und Umsetzung Die ISD kannte formal noch keine Einteilung in Kundenkategorien, 1 sondern ging zumindest terminologisch von einem einheitlichen Kundenbegriff aus. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass auch die ISD über ihre generalklauselartig weit formulierten Bestimmungen zu einer gewissen Differenzierung angehalten hat (Kasten, BKR 2007, 262 f; Clouth/Seyfried in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 53; vgl dazu auch Möllers, Europäische Methoden- und Gesetzgebungslehre im Kapitalmarktrecht, ZEuP 2008, 480). Nach Art 11 Abs 1 Satz 2 ISD war bei Anwendung der Wohlverhaltensregeln ausdrücklich auch der Professionalität jener Person Rechnung zu tragen, für welche die Dienstleistung erbracht werden sollte (dazu auch Wasserer, Neuordnung 57 f). Insofern musste bereits vor Inkrafttreten der MiFID bei der Ausgestaltung des konkreten Pflichtenprogramms nach der Schutzbedürftigkeit des Kunden unterschieden werden (Kasten, BKR 2007, 262 f). Die MiFID hat anstelle der flexiblen Regelung in der ISD den Ansatz 2 einer Differenzierung nach generell-abstrakt definierten Kundengruppen gewählt. Damit wird von einer einzelfallbezogenen Regelung zugunsten eines typisierenden Systems abgegangen (Clouth/Seyfried in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 54). Die RL unterscheidet zwischen professionellen Kunden nach Art 4 Abs 1 Z 11 und Kleinanlegern gemäß Art 4 Abs 1 Z 12. Geeignete Gegenparteien nach Art 24 bilden eine Untergruppe der professionellen Kunden, denen gegenüber in bestimmten Geschäftsfeldern ein verglichen mit professionellen Kunden vermindertes Schutzniveau etabliert wird (vgl auch Domke, BB 2006, 2428). Eine gewisse Flexibilität bringt die in der RL vorgesehene Möglichkeit einer Herauf- bzw Herabstufung (Wasserer, Neuordnung 57). Das WAG ist der Systematik der RL gefolgt, hat allerdings deren 3 Terminologie nicht zur Gänze übernommen und bezeichnet die in der RL vorgesehene Gruppe der „Kleinanleger“ als „Privatkunden“ (siehe dazu § 1 Rz 22). Dieser Wechsel in der Terminologie ist jedoch insofern sachgerecht, als es bei der Unterscheidung zwischen Privatkunden und professionellen Kunden gerade nicht auf das Vermögen des Kunden ankommt und es somit durchaus vorkommen kann, dass auch Privatkunden größere Geldbeträge veranlagen (Erl RV 6; Seyfried, WM 2006, 1376). 545
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4 Ansätze zu einer Klassifizierung der Kunden gab es im österreichischen
Recht auch schon vor Inkrafttreten des WAG 2007, indem entsprechend den Vorgaben der ISD neben der Art der Dienstleistung auch nach der Erfahrung des Kunden differenziert wurde (zur Rechtslage in Dtld siehe auch Kasten, BKR 2007, 262 f). Dies hat insb auch in der zivilrechtlichen Judikatur zur Beratungshaftung Niederschlag gefunden (vgl OGH 26. 05. 2004, 3 Ob 13/04 i, ÖBA 2005, 55).
B. Kundenbegriff und Kundenklassifizierung 5 Das WAG definiert den Kunden in § 1 Z 12 als jede natürliche oder
juristische Person, für die ein Rechtsträger Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen erbringt, bzw gegenüber der den Rechtsträger vorvertragliche Pflichten treffen. Damit wird vom Gesetzgeber klargestellt, dass auch im vorvertraglichen Stadium die Pflichten des WAG greifen sollen (Wasserer, Neuordnung 56 f; siehe dazu im Übrigen § 1 Rz 22). Die Begriffe Privatkunde und professioneller Kunde werden bereits in den Begriffsbestimmungen des § 1 Z 13 und 14 eingeführt, wobei § 1 Z 13 hinsichtlich des professionellen Kunden auf § 58 verweist (siehe dazu § 1 Rz 22). Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass der Privatkunde, der ja im Zentrum des von der MiFID etablierten Anlegerschutzes steht, von der Richtlinie wie auch vom WAG bloß negativ definiert wird: Privatkunde ist, wer kein professioneller Kunde ist (vgl Spindler/Kasten, WM 2006, 1798).
C. Normzweck und leitende Grundsätze 6 Die Kategorisierung der Kunden bringt eine abgestufte Anwendung
der Wohlverhaltensregeln mit sich (Harrer, ÖBA 2007, 99; Seyfried, WM 2006, 1375; Sindelar, ÖBA 2007, 207 f). Die MiFID trachtet danach, eine ausgewogene Balance zwischen Anlegerschutz und Offenlegungspflichten der Wertpapierfirmen herzustellen; daher erscheint es auch angebracht, für professionelle Kunden weniger strenge Pflichten als für Privatkunden vorzusehen. Beispielsweise muss der professionelle Kunde nicht so detailliert über den Rechtsträger und seine Dienstleistungen (vgl Anlage 1 zu § 40) und über die Kosten und Nebenkosten einer Dienstleistung bzw eines Finanzinstruments (vgl Anlage 4 zu § 40) informiert werden. Bei professionellen Kunden kann man in der Regel davon ausgehen, dass sie selbst wissen, welche Informationen sie für eine fundierte Entscheidung benötigen (Erwägungsgrund 44 MiFID-DRL). Von Gesetzes wegen ist freilich auch nichts dagegen einzuwenden, professionellen Kunden die umfangreicheren, für Privatkunden bestimmten Informationen zukommen zu lassen. Diese Vor546
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gehensweise wird man etwa dann wählen, wenn die Erstellung unterschiedlicher Informationsangebote für die beiden Kundengruppen zu aufwändig wäre. Grundgedanke dieser Kundenkategorisierung ist, dass iS eines effekti- 7 ven Anlegerschutzes nach der Schutzbedürftigkeit der jeweiligen Kundengruppe differenziert werden soll, um den Angehörigen der einzelnen Gruppen jenes Maß an Schutz zu gewähren, das sie nach ihren Kenntnissen und Erfahrungen benötigen (vgl Kasten, BKR 2007, 261 f; Seyfried, WM 2006, 1375 f; Sindelar, ÖBA 2007, 207 f). Indem das Gesetz das für die jeweilige Kundenkategorie typischerweise erforderliche Schutzniveau bereitstellt, wird eine Überregulierung vermieden und der Markt von Verpflichtungen entlastet, die für die Marktteilnehmer nicht relevant sind (vgl Winternitz/Aigner, WAG 23). Eine gewisse Entlastung der beteiligten Unternehmer bezweckt auch 8 die von der MiFID vorgenommene Typisierung. Diese schafft gegenüber den diffusen Regeln der ISD deutlichere Verhältnisse und bringt Rechtssicherheit anstelle von Einzelfallabwägung. Den Mitgliedern einer Kundengruppe wird von Gesetzes wegen unterstellt, dass sie ein bestimmtes Maß an Professionalität bzw Schutzbedürftigkeit aufweisen und darauf ein auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmtes gruppenspezifisches Schutzkonzept aufgebaut (Clouth/Seyfried in Clouth/ Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 55; Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 7).
II. Tatbestand des § 58 A. Systematischer Überblick § 58 bildet zusammen mit § 59 die Grundlage für die Einstufung der 9 professionellen Kunden. Abs 1 enthält im ersten Satz eine Umschreibung des professionellen Kunden, im zweiten Satz wird die Einteilung in jedenfalls professionelle Kunden („geborene professionelle Kunden“, Abs 2) und professionelle Kunden auf Antrag („gekorene professionelle Kunden“, § 59) eingeführt.
B. Umschreibung des professionellen Kunden Die Umschreibung des Abs 1 sieht als Elemente der Professionalität 10 eines Kunden ausreichende Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand vor. In finaler Hinsicht muss dies den Kunden in die Lage versetzen, seine Anlageentscheidungen selbst treffen und die damit 547
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verbundenen Risiken angemessen beurteilen zu können. Über den Ursprung einschlägiger Erfahrungen, Kenntnisse sowie des Sachverstandes stellt das Gesetz keine näheren Erfordernisse auf. Es ist daher davon auszugehen, dass nicht nur berufliche, sondern jedwede Kenntnisse zu berücksichtigen sind. 11 Die grundsätzliche Fähigkeit zur eigenständigen Anlageentscheidung auf Basis eigenverantwortlicher Risikoeinschätzung rechtfertigt letztlich die angemessene Reduktion der Wohlverhaltenspflichten gegenüber professionellen Kunden, wie sie in den besonderen Vorschriften begegnet (Clouth/Seyfried in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 61). Ein Beispiel dafür sind § 44 Abs 6 und § 45 Abs 4, wonach im Bereich der Eignungs- und Angemessenheitsprüfung der professionelle Kunde nicht zu seinen Kenntnissen und Erfahrungen befragt werden muss. 12 Bezüglich der praktischen Reichweite der Umschreibung und ihrer Elemente ist zu differenzieren: Geborene professionelle Kunden gelten – wie schon der Wortlaut von Abs 2 zeigt – jedenfalls als professionelle Kunden, auch wenn die Professionalität im Einzelfall nicht gegeben ist. Hier stellt das Gesetz also die unwiderlegliche Vermutung der Professionalität auf, die von Seiten des Kunden nur durch die Inanspruchnahme der Umstufung (dazu unten Rz 21) beseitigt werden kann (Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 8; vgl auch Koller in Assmann/ Schneider, WpHG5 § 31 a Rz 3; Ekkenga in MüKo-HGB V² Effektengeschäft Rz 132). Bei gekorenen professionellen Kunden ist dagegen – wie aus § 59 Abs 2 Z 4 hervorgeht – der Rechtsträger zur Überprüfung der Professionalität des Kunden anhand der genannten Kriterien verpflichtet. Der Rechtsträger muss daher bei diesen Kunden vor einer Einstufung das Vorliegen der Professionalität überprüfen (siehe dazu bei § 59 Rz 6 ff). Insofern handelt es sich nicht bloß um eine beschreibende Charakteristik des professionellen Kunden, sondern um echte Einstufungsvoraussetzungen.
C. Geborene professionelle Kunden 13 Abs 2 enthält eine Aufzählung von Rechtspersönlichkeiten, die jeden-
falls als professionelle Kunden gelten. Es handelt sich dabei um eine taxative Aufzählung (Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 19; Clouth/ Seyfried in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 62), weshalb eine analoge Erweiterung nur unter besonderen Umständen – etwa im Fall einer ursprünglichen Regelungslücke – zulässig ist. Dadurch, dass das Gesetz – wie auch die MiFID – bei den in § 58 Abs 2 genannten Kunden davon ausgeht, dass sie über die für eine Einstufung als pro548
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fessionelle Kunden notwendigen Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand verfügen, bedient es sich regelungstechnisch einer Fiktion: Bestimmte Funktionen oder sachliche Kriterien indizieren die Professionalität eines Kunden (Spindler/Kasten, WM 2006, 1798). Aus dieser Konstruktion folgt, dass die in § 58 Abs 2 genannten Kunden jedenfalls als professionelle Kunden eingestuft werden, und zwar auch dann, wenn sie im Einzelfall nicht über ausreichende Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand verfügen (siehe bereits oben Rz 8). Zu den jedenfalls professionellen Kunden zählen die in Abs 2 Z 1 14 genannten Rechtspersönlichkeiten, die auf den Finanzmärkten tätig werden, und die für die Ausübung ihrer Tätigkeit einer Konzession bedürfen bzw im Rahmen ihrer Tätigkeit einer Aufsicht unterliegen. Konzessionspflicht und Beaufsichtigung müssen nicht nebeneinander vorliegen, es reicht aus, wenn eines der beiden Erfordernisse erfüllt ist. Aus der Formulierung wird ferner deutlich, dass es keine Rolle spielt, ob diese Rechtspersönlichkeiten von einem Mitgliedstaat auf Grund von harmonisierten oder anderen Bestimmungen zugelassen sind bzw beaufsichtigt werden, oder ob sie in einem Drittland zugelassen sind oder beaufsichtigt werden (Erl RV 22). Große Unternehmen, die für ihre Geschäftstätigkeit keiner Konzessi- 15 on bedürfen und auch keiner Aufsicht unterliegen, sind nach Abs 2 Z 2 gleichermaßen als professionelle Kunden zu behandeln, wenn mindestens zwei der drei genannten Größenkriterien erfüllt sind. Da das Gesetz ausdrücklich auf das Unternehmen Bezug nimmt, ist hinsichtlich der Größenkriterien allein auf das jeweilige Unternehmen und nicht auf den Gesamtkonzern abzustellen (Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 21). Die Begriffe Bilanzsumme und Nettoumsatz sind im betriebswirtschaftlichen Sinn zu verstehen; Bilanzsumme bedeutet demnach die Addition aller Aktiv- oder Passivwerte einer Bilanz, Nettoumsatz den Umsatz vermindert um die Umsatzsteuer, Erlösschmälerungen und Nachlässe. Beim Begriff der Eigenmittel handelt es sich vorderhand um einen terminus technicus aus dem Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht, dessen Erwähnung in Z 2 insofern überflüssig wäre, als jene Rechtsträger, die von Gesetzes wegen über Eigenmittel verfügen müssen, ohnehin unter die Z 1 fallen. Die englische Sprachfassung der RL lautet diesbezüglich „own funds“, was sich auch mit Eigenkapital ins Deutsche übersetzen lässt. Da dieses Verständnis nach dem Kontext eher passt, wird man daher Eigenmittel im Sinne von Eigenkapital zu verstehen haben (in diese Richtung bereits Clouth/ Seyfried in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 67). Nach Abs 2 Z 3 sind bestimmte Gebietskörperschaften sowie Stellen 16 der staatlichen Schuldenverwaltung jedenfalls professionelle Kunden, 549
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gleichgültig, ob es sich um inländische oder ausländische Rechtspersönlichkeiten handelt. Der Begriff des Zentralstaates wird mit einem Verweis auf § 2 Z 5 a BWG definiert; demgemäß handelt es sich dabei um den Bund und die Zentralregierungen der EWR-Mitgliedsstaaten sowie der Drittländer (vgl Schütt in Dellinger, BWG § 2 Rz 56). Länder sind demgegenüber die im Bundesstaat organisierten Gliedstaaten, etwa die österreichischen Bundesländer, Regionalregierungen den österreichischen Bundesländern ähnliche Gebietskörperschaften (Schütt in Dellinger, BWG § 2 Rz 59). Gemeinden, Gemeindeverbände sowie Städte mit eigenem Statut sind mangels Erwähnung in Z 3 nicht als geborene professionelle Kunden anzusehen (aA zum dt Recht Koller in Assmann/Schneider, WpHG5 § 31 a Rz 3 unter Berufung auf die Gesetzesmat; krit allerdings Bracht, WM 2008, 1388 f; Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 22), können aber nach § 59 auf Antrag als professionelle Kunden eingestuft werden. Dies ergibt sich auch aus einem systematischen Vergleich der Z 3 mit § 2 Z 5 b BWG: Im BWG werden als regionale Gebietskörperschaften Länder, Gemeinden, Regionalregierungen und örtliche Gebietskörperschaften genannt, davon finden sich nur Länder und Regionalregierungen auch im WAG wieder. Daraus ist zu schließen, dass Gemeinden und örtliche Gebietskörperschaften von der Bestimmung im WAG nicht umfasst sind (so auch Bracht, WM 2008, 1389). Zu den Stellen der staatlichen Schuldenverwaltung zählt die österreichische Bundesfinanzierungsagentur nach § 2 Bundesfinanzierungsgesetz sowie damit vergleichbare ausländische Einrichtungen, wie etwa die als GmbH organisierte Finanzagentur der Bundesrepublik Deutschland. 17 Der Begriff der Zentralbank wird in Abs 2 Z 4 wiederum mit einem
Verweis auf die korrespondierende Definition in § 2 Z 9 a BWG eingeführt. Zentralbanken sind im Lichte dessen die Oesterreichische Nationalbank, die Europäische Zentralbank sowie die Zentralbanken der EWR-Mitgliedsstaaten bzw jene von Drittstaaten. Die Aufzählung internationaler wie supranationaler Einrichtungen ist ihrem Wortlaut nach bloß beispielhaft gemeint und umfasst daher auch nicht genannte Institutionen, die in vergleichbarer Weise auf den Finanzmärkten tätig sind (Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 23). 18 Die von Abs 2 Z 5 umfassten institutionellen Anleger müssen ihre
Haupttätigkeit in der Anlage in Finanzinstrumente haben, wobei die wertpapiermäßige Verbriefung von Verbindlichkeiten sowie andere Finanzierungsgeschäfte ausdrücklich eingeschlossen sind. Auch wenn dies im Gesetz nicht eigens ausgesprochen wird, ist davon auszugehen, dass bereits von Z 1 abgedeckte Rechtspersönlichkeiten von der Z 5 nicht umfasst sind (vgl Clouth/Seyfried in Clouth/Lang, MiFID-Prak550
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tikerhandbuch Rz 72; Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 24 zur diesbezüglich eindeutigen Regelung in § 31 a Abs 2 Z 5 WpGH). Im Ergebnis umfasst Abs 2 Z 5 daher nur jene institutionellen Anleger, die weder einer Konzessionspflicht unterliegen noch beaufsichtigt werden.
III. Rechtsfolgen A. Einstufung als professioneller Kunde Aus der Einstufung als professioneller Kunde folgt vornehmlich die 19 Anwendbarkeit der für diese Kundengruppe geltenden Sondervorschriften insb im Bereich der Wohlverhaltensregeln, was in Teilbereichen zu einer gewissen Reduktion des Schutzniveaus im Vergleich zu den Privatkunden führt. Eine wesentliche Erleichterung für Rechtsträger, die Dienstleistungen gegenüber professionellen Kunden erbringen, liegt wohl in den Vermutungsregeln bei der Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen (§ 44 Abs 6 bzw § 45 Abs 4). Bei professionellen Kunden geht das Gesetz davon aus, dass sie über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen iSd Bestimmungen verfügen (siehe dazu im Detail bei § 44 Rz 2 und § 45 Rz 4; vgl auch Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 46 a; zur RL Wasserer, Neuordnung 58). Daneben sind die Informationspflichten für professionelle Kunden in den §§ 40 ff weniger detailliert geregelt als für Privatkunden; Gleiches gilt mutatis mutandis auch für die Berichtspflichten der §§ 48 ff. Dabei ist freilich zu beachten, dass sich die diesbezüglichen Regelungen für Privatkunden und professionelle Kunden im Wesentlichen nur hinsichtlich der Detailtiefe unterscheiden, der Grundtatbestand aber für alle Gruppen gleichermaßen gilt (Clouth/Seyfried in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 103; Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 47). Aus dem Vergleich des für Privatkunden geltenden Pflichtenkatalogs mit jenem für professionelle Kunden lässt sich jedenfalls ablesen, in welchen Punkten der Gesetzgeber professionelle Kunden nicht oder nur eingeschränkt schutzwürdig erachtet (Clouth/ Seyfried in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 104). Diese grundlegende Wertungsentscheidung des Gesetzgebers ist uE zu respektieren, weshalb eine Übernahme der nur gegenüber Privatkunden bestehenden Pflichten – sei es im Wege der Analogie oder über die Auslegung des Grundtatbestandes – in das Pflichtenprogramm gegenüber professionellen Kunden ausscheidet (vorsichtiger Clouth/Seyfried 551
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in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 103 f; Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 47).
B. Hinweispflicht 20 Nach Abs 3 hat der Rechtsträger vor Erbringung jeglicher Dienstleis-
tungen geborene professionelle Kunden iSd Abs 2, die Unternehmer sind, auf ihre Einstufung als professioneller Kunde und die Möglichkeit einer Umstufung hinzuweisen. Durch die ausdrückliche Beschränkung auf unternehmerische Kunden gibt das Gesetz zu erkennen, dass etwa Zentralstaaten, Gebietskörperschaften sowie staatliche bzw internationale Einrichtungen nicht betroffen sind (so auch Erl RV 22). Diese Hinweispflicht folgt aus dem Umstand, dass die dort genannten Rechtspersonen jedenfalls als professionelle Kunden eingestuft werden, ohne dass es eines Antrages von Seiten des Kunden bedarf. Die Hinweispflicht dient somit dazu, dem Kunden vor Erbringung einer Dienstleistung Klarheit über seinen Kundenstatus und damit über sein Schutzniveau zu verschaffen. Aus dieser Zielsetzung folgt auch, dass die Hinweispflicht in gewissen Grenzen abdingbar ist, wenn der Kunde über seinen Status bereits Bescheid weiß. Insb bei wiederholter Dienstleistungserbringung muss der Kunde nicht vor jeder Einzeldienstleistung hingewiesen werden, sondern es reicht ein allgemeiner Hinweis vor der ersten Dienstleistungserbringung bzw bei Anknüpfung der Geschäftsbeziehung aus.
C. Möglichkeit einer Umstufung 21 Abs 4 eröffnet dem Kunden die Möglichkeit, mit dem Rechtsträger die
Umstufung zum Privatkunden zu vereinbaren. Aus dem Erfordernis einer Vereinbarung folgt, dass die Umstufung zum Privatkunden nicht gegen den Willen des Rechtsträgers erfolgen kann (vgl auch Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 29). Für diese Vereinbarung sieht das Gesetz Schriftform vor, was nach der Legaldefinition des § 886 ABGB die eigenhändige Unterfertigung durch die Parteien erfordert. Nach § 4 Abs 1 SigG erfüllt auch eine qualifizierte elektronische Signatur das Erfordernis der Schriftlichkeit; daraus folgt e contrario, dass eine Vereinbarung via E-Mail ohne eine solche Signatur nicht ausreicht. Die Vereinbarung muss beinhalten, in welchem Umfang die Einstufung als Privatkunde gelten soll. Möglich ist nach dem Gesetz eine Beschränkung auf bestimmte Dienstleistungen oder Finanzinstrumente, es wird aber auch eine generelle Einstufung als Privatkunde hinsichtlich aller Dienstleistungen und Finanzinstrumente zulässig sein. 552
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Das Gesetz eröffnet dem Rechtsträger auch die Möglichkeit, pro- 22 fessionelle Kunden einseitig als Privatkunden zu behandeln. Diese einseitige Herabstufung ist an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft, insb muss der betroffene Kunde weder angehört werden noch zustimmen (Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 29). Über die solcherart vorgenommene Einstufung als Privatkunde ist dieser gemäß § 61 zu informieren. Da § 61 keine bestimmte Form vorschreibt, kann dies auch formlos (zB in einem E-Mail) geschehen (siehe auch § 61 Rz 3).
D. Ausstrahlung auf zivilrechtliche Pflichten Obwohl es sich bei den Bestimmungen über die Kundenkategorisie- 23 rung primär um aufsichtsrechtliche Pflichten handelt, lässt sich auch hier eine gewisse Ausstrahlungswirkung auf das Zivilrecht feststellen (allgemein dazu bei § 38 Rz 7 ff). Nach der zivilrechtlichen Judikatur ist die Person des Kunden und damit auch seine Professionalität eine Determinante im Hinblick auf das konkrete Pflichtenausmaß (OGH 08. 07. 2002, 7 Ob 140/02 t, ÖBA 2003, 378; OGH 26. 05. 2004, 3 Ob 13/04 i, ÖBA 2005, 55; OGH 14. 02. 2008, 4 Ob 2/08 k, RdW 2008, 588 ua). Die Vermutung des WAG, dass bestimmte Rechtspersönlichkeiten über ausreichende Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand verfügen, um ihre Anlageentscheidungen selbst treffen und die damit verbundenen Risiken angemessen beurteilen zu können, beschränkt sich indes nicht auf das Aufsichtsrecht. Die grundlegende Wertentscheidung des Gesetzgebers, wonach bestimmte Rechtspersönlichkeiten bei Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen weniger schutzwürdig sind als andere Kundengruppen, hat vielmehr auch in die zivilrechtliche Beurteilung einzufließen, weil die gesetzliche Regelung inkonsequent wäre, würde sie sich bloß auf das WAG beschränken (vgl auch Brandl/Klausberger, Ausstrahlungstheorie – Zum Verhältnis zwischen Aufsichtsrecht und Zivilrecht nach MiFID und WAG, ZFR 2009, 131 ff).
§ 59. (1) Andere als die in § 58 genannten Kunden, einschließlich Körperschaften öffentlichen Rechts und Privatkunden, können bei dem Rechtsträger die Einstufung und Behandlung als professionelle Kunden im Sinne von § 58 Abs. 1 beantragen. Auf diese Kunden finden dann die für Privatkunden geltenden Schutzbestimmungen keine Anwendung mehr. 553
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(2) Die Einstufung und Behandlung eines Kunden im Sinne von Abs. 1 als professioneller Kunde ist nur zulässig, wenn 1. der Kunde dem Rechtsträger schriftlich mitteilt, dass er generell oder in Bezug auf eine bestimmte Wertpapierdienstleistung oder ein bestimmtes Wertpapiergeschäft oder in Bezug auf eine bestimmte Art von Geschäft oder Produkt als professioneller Kunde behandelt werden möchte; 2. der Rechtsträger den Kunden schriftlich klar darauf hinweist, welches Schutzniveau und welche Anlegerentschädigungsrechte er gegebenenfalls durch die Einstufung als professioneller Kunde verliert; 3. der Kunde schriftlich in einem vom jeweiligen Vertrag getrennten Dokument bestätigt, dass er sich der Folgen des Verlustes dieses Schutzniveaus bewusst ist; 4. der Rechtsträger sich durch eine angemessene Beurteilung des Sachverstands, der Erfahrungen und der Kenntnisse des Kunden davon vergewissert hat, dass dieser in Anbetracht der Art der geplanten Geschäfte oder Dienstleistungen nach vernünftigem Ermessen in der Lage ist, seine Anlageentscheidungen selbst zu treffen und die damit einhergehenden Risiken versteht, und 5. auf Grund der Beurteilung gemäß Z 4 mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt sind: a) Der Kunde hat an dem relevanten Markt innerhalb der letzten vier vorhergehenden Quartale durchschnittlich pro Quartal zehn Geschäfte von erheblichem Umfang getätigt, b) das Finanzinstrument-Portfolio des Kunden einschließlich seiner Bankguthaben übersteigt den Wert von 500 000 Euro, c) der Kunde ist oder war mindestens ein Jahr lang in einer beruflichen Position im Finanzsektor tätig, die Kenntnisse über die geplanten Geschäfte oder Dienstleistungen voraussetzt. (3) Der Rechtsträger hat zweckmäßige schriftliche Leitlinien festzulegen und Verfahren einzuführen, anhand deren die Kunden eingestuft werden. Der Rechtsträger hat durch angemessene Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein Kunde, der als professioneller Kunde behandelt werden möchte, die Kriterien gemäß Abs. 2 Z 4 und 5 erfüllt, bevor einem Antrag im Sinne von Abs. 1 stattgegeben wird; dabei darf nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Kunde über Marktkenntnisse und -erfahrungen verfügt, die denen der professionellen Kunden nach § 58 Abs. 2 vergleichbar sind. (4) Ein professioneller Kunde hat den Rechtsträger über alle Änderungen zu informieren, die seine Einstufung beeinflussen könn554
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ten. Der Rechtsträger hat geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn der Kunde nicht mehr die Voraussetzungen für die Einstufung als professioneller Kunde erfüllt. Schrifttum: Clouth/Seyfried, Kundenkategorisierung: Ausgestaltung, Zielsetzung und Bedeutung für die Verhaltenspflichten, in Clouth/Lang, MiFIDPraktikerhandbuch (2007) 25; Duve, Lernen Sie Ihre Kunden kennen – Kundenklassifikation und -information, BB 2006, 2452; Gruber, Kunden, Wohlverhaltensregeln und geeignete Gegenparteien in MiFID und WAG 2007, ZFR 2007, 188; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/ Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83; Harrer, Neufassung der Wohlverhaltensregeln aufgrund der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und ihrer Durchführungsbestimmungen, ÖBA 2007, 98; Ilg, Die Neuregelung der Wohlverhaltensregeln durch die Richtlinie 2004/39/ EG (iur Diss Universität Augsburg 2006; zugänglich unter http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2006/379/); Kasten, Das neue Kundenbild des § 31 a WpHG – Umsetzungsprobleme nach MiFID & FRUG, BKR 2007, 261; Lanzrath, MiFID – Harmonisierter Anlegerschutz?, RFG 2008, 45; Perschl, Klassifizierung von Kunden, in Kalss/Perschl/Wohlschlägl-Aschberger, MiFID – Loseblattsammlung zur neuen EU-Richtlinie (2007) 33; Seyfried, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) – Neuordnung der Wohlverhaltensregeln, WM 2006, 1375; Sindelar, Die neue Kundenklassifizierung nach der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), ÖBA 2007, 206; Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – die MiFID und ihre Umsetzung, WM 2006, 1756, 1797; Wasserer, Wohlverhaltensregeln, Kundenkategorien und Geschäftsvarianten des WAG 2007 kurz gefasst, JAP 2007/08, 233; Wasserer, Die Neuordnung des kapitalmarktrechtlichen Wohlverhaltens durch die MiFID (2008); Zuffer, MiFID – Neuer Ordnungsrahmen für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen, ecolex 2007, 224. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 59): „Hiermit wird Abschnitt II von Anhang II der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Diese Bestimmung legt die Einstufungskriterien bzw. das Einstufungsverfahren für Kunden fest, die auf Antrag als professionelle Kunden eingestuft und behandelt werden wollen. Die Einstufung als professioneller Kunde hat eine Senkung des normalerweise von den Wohlverhaltensregeln gebotenen Schutzniveaus zur Folge. Jene Kunden, die als professionelle Kunden eingestuft werden wollen, müssen über ausreichende Erfahrungen und Kenntnisse bzw. über Sachverstand verfügen, um insbesondere Anlageentscheidungen selbst treffen und die Risiken verstehen zu können. Als ein Beispiel für die Beurteilung des Sachverstands und der Kenntnisse könnte der Eignungstest angesehen werden, der auf Manager und Führungskräfte von Rechtspersönlichkeiten angewandt wird, die auf Grund von Finanzrichtlinien zugelassen sind. Es sollte die Person der oben genannten Beurteilung unterzogen werden, die berechtigt ist, Geschäfte im Namen von Kunden zu tätigen.“
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Übersicht I. II. A. B. III. A. B. C. D. IV. V.
Normzweck und systematische Stellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstufungsvoraussetzungen nach § 59 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinbarung mit dem Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstufung als professioneller Kunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Informationspflicht der Kunden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausstrahlung auf zivilrechtliche Pflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen einer unrichtigen Einstufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergangsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Normzweck und systematische Stellung 1 § 59 knüpft an die vorangehende Regelung des § 58 an und ermöglicht
auch Rechtspersönlichkeiten, die nicht zu den in § 58 Abs 2 aufgelisteten jedenfalls professionellen Kunden zählen, durch eine entsprechende Vereinbarung mit dem Rechtsträger ihre Behandlung als professionelle Kunden zu erreichen (sog „gekorene professionelle Kunden“, vgl auch § 58 Rz 9). Der Hintergrund dieser Regelung ist darin zu sehen, dass nicht nur die in § 58 Abs 2 genannten Rechtspersönlichkeiten qualifizierte Kenntnisse und Erfahrungen sowie besonderen Sachverstand aufweisen, sondern dies auch auf dort nicht genannte Rechtspersönlichkeiten zutreffen kann. Dazu kann der Kunde bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen und nach Beurteilung des Sachverstandes, der Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden mit dem Rechtsträger die Einstufung als professioneller Kunde vereinbaren (vgl auch Wasserer, Neuordnung 59).
II. Einstufungsvoraussetzungen nach § 59 A. Vereinbarung mit dem Kunden 2 Die Einstufung setzt zunächst einen schriftlichen Antrag des Kunden
voraus. Eine Hochstufung alleine durch den Rechtsträger ohne Einvernehmen mit dem Kunden ist demnach nicht möglich (Clouth/Seyfried in Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch Rz 88). Dem Erfordernis der Schriftlichkeit ist im Hinblick auf § 886 ABGB dann genüge getan, wenn der Kunde seine Erklärung eigenhändig unterfertigt bzw mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 4 Abs 1 SigG ver556
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sieht. Dieses Schriftformgebot soll den Kunden vor leichtfertigen Erklärungen abhalten und erfüllt somit einen gewissen Warnzweck. Damit scheiden mündlich gestellte Anträge ebenso aus wie Anträge, die ohne qualifizierte Signatur im elektronischen Weg gestellt werden. Dem Warnzweck wird allerdings uE entsprochen, wenn der Kunde die eigenhändig unterfertigte Urkunde per Telefax oder eingescannt als Anhang zu einem E-Mail übermittelt, weil das Original jedenfalls eigenhändig unterfertigt ist und der Wahl der Übermittlungsart des Dokuments keine signifikante Warnfunktion mehr zukommt (vgl aber den entgegengesetzten Standpunkt der Judikatur zur Telefaxbürgschaft und die krit Stimmen in der Lehre bei P. Bydlinski in KBB² § 1346 ABGB Rz 9; Gamerith in Rummel II³ § 1346 ABGB Rz 8; Harrer in Schwimann VI³ § 1346 ABGB Rz 11, jeweils mwN). Der Kunde muss vom Rechtsträger schriftlich und klar auf die Kon- 3 sequenzen der Einstufung im Hinblick auf das geänderte Schutzniveau und den Verlust von Anlegerentschädigungsrechten hingewiesen werden. Die gesetzliche Wendung betreffend den Verlust von Anlegerentschädigungsrechten ist so zu verstehen, dass es sich dabei um Schadenersatzansprüche gegen den Rechtsträger handelt, weil gemäß § 75 Anleger unabhängig von der betroffenen Kundengruppe zu entschädigen sind (Winternitz/Aigner, WAG 25 FN 227). In diesem Sinne kann auch die Bezug habende Wendung in Anhang II Pkt II.2 MiFID verstanden werden, wo es in der englischen Fassung „investor compensation rights“ heißt, was auch im Sinne von Schadenersatzansprüchen der Anleger übersetzt werden kann. Der Kunde muss in einem gesonderten Dokument schriftlich bestäti- 4 gen, dass er sich der Folgen des Verlustes im Hinblick auf das Schutzniveau bewusst ist. Zum Schriftformerfordernis siehe bereits oben Rz 2. Als weiteres Warnelement muss die Bestätigung des Kunden in einem vom jeweiligen Vertrag getrennten Dokument enthalten sein. Durch den Umstand, dass der Kunde zwei gesonderte Dokumente unterfertigen muss, wird diesem vor Augen geführt, dass es sich um eine Angelegenheit mit möglicherweise weit reichenden Konsequenzen handelt. Als ungeschriebene Voraussetzung muss der Rechtsträger der Einstu- 5 fung als professioneller Kunde zustimmen. Dies folgt schon aus dem Grundsatz, wonach eine Änderung der Kundeneinstufung in keinem Fall gegen den Willen des Rechtsträgers erfolgen darf (Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 29). Der Kunde hat somit keinen Anspruch auf Einstufung als professioneller Kunde, auch wenn er die diesbezüglichen Voraussetzungen an sich erfüllen würde (vgl Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 33). 557
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B. Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse 6 Der Rechtsträger muss sich vor der Einstufung ein Bild über Sach-
verstand, Erfahrungen und Kenntnisse des Kunden machen. Zu diesen Eigenschaften eines professionellen Kunden siehe bereits allgemein bei § 58 Rz 10 f. Diese müssen den Kunden in Anbetracht der Art der geplanten Geschäfte oder Dienstleistungen nach vernünftigem Ermessen in die Lage versetzen, seine Anlageentscheidung selbst zu treffen und die damit einhergehenden Risiken zu verstehen. Aus der Formulierung wird deutlich, dass die Prüfung ex ante vorzunehmen ist: Es kommt darauf an, ob der Rechtsträger im Zeitpunkt der Einstufung vernünftigerweise davon ausgehen konnte, dass der Kunde entsprechend verständig ist, nicht aber, ob er bei jedem der nachfolgenden Geschäfte tatsächlich zu einer eigenverantwortlichen Anlageentscheidung bzw Risikoabschätzung in der Lage war. Dass die diesbezüglichen Anforderungen an den Rechtsträger nicht überspannt werden dürfen, macht schon der Gesetzestext deutlich, der eine angemessene Beurteilung fordert und zudem auch auf das vernünftige Ermessen rekurriert. 7 Zur Beurteilung des Sachverstands sowie der einschlägigen Erfahrun-
gen und Kenntnisse kann nach Ansicht des Gesetzgebers auf Eignungstests zurückgegriffen werden, die auf Manager und Führungskräfte von Rechtspersönlichkeiten angewandt werden, die auf Grund von Finanzrichtlinien zugelassen sind (Erl RV 22; dieser Hinweis geht auf Anhang II Pkt II.1 MiFID zurück). 8 Da juristische Personen selbst nicht über Kenntnisse, Erfahrungen
oder Sachverstand verfügen, kann es bei der Beurteilung der Professionalität schon nach der Natur der Sache nur auf die Eigenschaften jener Personen ankommen, die letztlich für die juristische Person handeln. Nach Ansicht des Gesetzgebers sollte die Eignung jener Person beurteilt werden, die berechtigt ist, Geschäfte im Namen von Kunden zu tätigen (Erl RV 22). Ein Abstellen auf die für die juristische Person handelnden natürlichen Personen legt auch Pkt II.1 von Anhang II der MiFID nahe, wo dies ausdrücklich für „kleine Rechtspersönlichkeiten“ festgeschrieben ist. Die MiFID lässt dabei freilich im Dunkeln, wie die Professionalität bei anderen juristischen Personen beurteilt werden soll. Da letztlich keine Gründe ersichtlich sind, die in diesem Zusammenhang für eine Sonderbehandlung von „kleinen Rechtspersönlichkeiten“ sprechen, wird man diesen Gedanken – wie die Mat zum WAG auch nahe legen – auf alle juristischen Personen ausdehnen können. Es ist daher für alle juristischen Personen festzuhalten, dass die Erfordernisse bezüglich Kenntnisse, Erfahrungen oder Sachverstand dann gegeben 558
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sind, wenn sie in der Person eines der geschäftsführenden Organmitglieder vorliegen (Ekkenga in MüKo-HGB V² Effektengeschäft Rz 135). Wer für die juristische Person handeln darf, richtet sich nach der Satzung bzw dem Gesetz. Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind dabei insb die Vorschriften des Organisationsrechts, auf welche § 867 ABGB verweist, zu beachten (Bollenberger in KBB2 § 867 ABGB Rz 1; Rummel in Rummel I3 § 867 ABGB Rz 1; Apathy/ Riedler in Schwimann IV3 § 867 ABGB Rz 1). Nach der Rsp wirkt dabei eine etwaige Beschränkung der Vertretungsmacht der zur Vertretung berufenen Organe auch im Außenverhältnis, sodass zB ein Geschäftsabschluss ohne die von Gesetzes wegen erforderliche Zustimmung des Gemeinderats grundsätzlich nichtig ist (siehe zB OGH 01. 07. 2003, 1 Ob 137/03 h, JBl 2004, 243; zur Kritik in der Lehre Thurnhart, Eigenmächtige Vertragsabschlüsse des Bürgermeisters und die Notwendigkeit von Vertrauensschutz im Gemeinderecht, JBl 2001, 69 mwN), sofern nicht der Tatbestand der Anscheinsvollmacht erfüllt ist (OGH 30. 01. 1997, 6 Ob 2328/96 p, ecolex 1997, 494 [Wilhelm]; OGH 22. 02. 2001, 6 Ob 316/00 i, ecolex 2001/175 [Wilhelm]; vgl auch Wilhelm, Die Vertretung der Gebietskörperschaften im Privatrecht [1981] und Wilhelm, Die Vertretung der Gemeinden in der Sicht der Rechtsprechung, NZ 2001, 149). Müssen mehrere Organe an einem Vertragsabschluss mitwirken, so reicht es nach allgemeinen Regeln aus, wenn eines der Organe (zB der Bürgermeister) die Einstufungskriterien erfüllt (vgl Ekkenga in MüKo-HGB V² Effektengeschäft Rz 135). IZm der Beurteilung des Sachverstands bzw der Kenntnisse und Erfah- 9 rungen des Kunden bestimmt Abs 2 Z 5, dass dieser mindestens zwei der drei in lit a bis c genannten Kriterien erfüllen muss. Damit knüpft das Gesetz im Hinblick auf die Professionalität wiederum an objektivabstrakte Kriterien an (Ekkenga in MüKo-HGB V² Effektengeschäft Rz 134), mithilfe derer die in Abs 2 Z 4 relativ allgemein gehaltenen Erfordernisse konkretisiert werden. Insofern schränkt die Z 5 das Ermessen des Rechtsträgers bei der Einstufung wiederum ein, weil das Fehlen der erforderlichen Kriterien jedenfalls einer Einstufung als professioneller Kunde entgegensteht, auch wenn der betreffende Kunde im Einzelfall doch über ausreichenden Sachverstand verfügt (Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 35; Ekkenga in MüKo-HGB V² Effektengeschäft Rz 134). Die in der Vergangenheit geschlossenen Geschäfte nach lit a müssen 10 sich auf den relevanten Markt beziehen, das heißt jene Dienstleistungen oder Instrumente betreffen, für welche die Einstufung als professioneller Kunde gelten soll. Weiters müssen sie einen erheblichen Umfang aufweisen. Welche Kriterien zur Beurteilung des erheblichen Umfangs 559
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heranzuziehen sind, sagt das Gesetz nicht. Als Bezugsgröße bieten sich das Gesamtvermögen des Kunden, sein Anlagevermögen oder aber auch der Gesamtumsatz am betreffenden Markt an (Kasten, BKR 2007, 267). Angesichts des mit dieser Regelung offensichtlich verfolgten Zwecks, nämlich nur jene Geschäfte in die Beurteilung mit einzubeziehen, die entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen voraussetzen, wird man dabei sowohl auf das Anlagevermögen des Kunden als auch auf den Durchschnitt der am betreffenden Markt getätigten Umsätze abzustellen haben. Erheblicher Umfang liegt demnach vor, wenn das Transaktionsvolumen mit anderen vom betreffenden Kunden getätigten Transaktionen vergleichbar ist und auch im Hinblick auf die sonst am betreffenden Markt von anderen Marktteilnehmern getätigten Transaktionen als überdurchschnittlich einzustufen ist. Bei der Vermögensverwaltung ist die Voraussetzung der lit a schon dann erfüllt, wenn die Geschäfte in der erforderlichen Anzahl vor dem Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrages abgeschlossen worden sind, weil danach ja der Verwalter diskretionär, also nach eigenem Ermessen, für den Kunden handelt. Es ist daher nicht zu fordern, dass der Kunde trotz Vermögensverwaltungsvertrag selbst auch noch Geschäfte im relevanten Ausmaß abschließt, um den Status als professioneller Kunde zu behalten. 11 Die nach lit b erforderliche Mindestgröße des Portfolios einschließlich Bankguthaben beinhaltet zum einen ein Indiz für die Professionalität des Kunden. Darüber hinaus wird damit aber auch der Aspekt der finanziellen Tragbarkeit von Anlageentscheidungen eingeführt (dafür Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 37), wobei nicht übersehen werden darf, dass ein großes Portfolio nicht unbedingt bedeutet, dass der darin verkörperte Wert jederzeit flüssig gemacht werden kann. 12 Der berufliche Hintergrund des Kunden indiziert nach Maßgabe der lit c dessen Professionalität. Bei juristischen Personen kann dieses Erfordernis naturgemäß nicht unmittelbar von der juristischen Person selbst verwirklicht werden, wohl aber mittelbar über Personen, die der juristischen Person zugerechnet werden können. Siehe dazu oben Rz 8.
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III. Rechtsfolgen A. Einstufung als professioneller Kunde Die Behandlung der nach § 59 eingestuften Kunden als professionelle 13 Kunden folgt aus Abs 1 zweiter Satz, wo es heißt, dass auf diese Kunden die für Privatkunden geltenden Schutzbestimmungen keine Anwendung mehr finden. Das Gesetz differenziert bei der Anwendung der Wohlverhaltensregeln nicht weiter zwischen geborenen und gekorenen professionellen Kunden, sondern geht vielmehr von einer (abgesehen von der Untergruppe der geeigneten Gegenparteien) einheitlichen Gruppe der professionellen Kunden aus. Siehe im Übrigen § 58 Rz 19.
B. Informationspflicht der Kunden § 59 Abs 4 verpflichtet professionelle Kunden, den Rechtsträger über 14 alle Änderungen zu informieren, die seine Einstufung beeinflussen könnten. Erfüllt der Kunde nicht mehr die Voraussetzungen für die Einstufung als professioneller Kunde, so hat der Rechtsträger nach dem Gesetz geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Dies wird in aller Regel bedeuten, dass der Rechtsträger den betreffenden Kunden wieder als Privatkunden einzustufen hat (vgl Sindelar, ÖBA 2007, 210). Der Rechtsträger ist nicht verpflichtet, aktiv zu erforschen, ob sich während des aufrechten Vertragsverhältnisses Einstufungsvoraussetzungen geändert haben. Kommt der Kunde seiner Informationspflicht nicht nach, so hat dies zur Folge, dass der betreffende Kunde weiterhin dem für professionelle Kunden geltenden Regime unterliegt.
C. Ausstrahlung auf zivilrechtliche Pflichten Auch die Einstufung als gekorener professioneller Kunde strahlt auf 15 die zivilrechtlichen Pflichten aus (siehe dazu bei § 58 Rz 23).
D. Rechtsfolgen einer unrichtigen Einstufung Fraglich ist, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn sich die Einstufung 16 als gekorener professioneller Kunde später als unrichtig erweist, weil die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht (mehr) vorliegen. Hierbei ist zunächst zwischen anfänglicher und nachträglicher Unrichtigkeit zu differenzieren. 561
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17 Hat der Rechtsträger das von Abs 2 vorgegebene Verfahren eingehal-
ten, und hatte er nach vernünftigem Ermessen keinen Grund, an der Richtigkeit der vom Kunden gemachten Angaben zu zweifeln, so ist die anfänglich unrichtige Einstufung als professioneller Kunde aufsichtsrechtlich unbeachtlich (vgl Clouth/Seyfried in Clouth/Lang, MiFIDPraktikerhandbuch Rz 94 FN 100). Der Rechtsträger ist bloß verpflichtet, eine Umstufung in die Gruppe der Privatkunden vorzunehmen, wenn er von der Unrichtigkeit der Einstufung Kenntnis erlangt. Auch zivilrechtlich ist eine Fehleinstufung unbeachtlich, sofern der Rechtsträger in gutem Glauben dem Umstufungsantrag des Kunden entsprochen hat. Beantragt der Kunde zunächst die Behandlung als professioneller Kunde, und beruft er sich später auf mangelnde Professionalität, so wird man diesem venire contra factum proporium die Berechtigung absprechen müssen (Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 53). 18 Liegen die Einstufungsvoraussetzungen zwar anfänglich vor, fallen
aber später wieder weg, so erschließen sich die Folgen eines nachträglichen Unrichtigwerdens der Einstufung aus der Informationspflicht des Abs 3 (dazu oben Rz 14). Der Rechtsträger ist nämlich nach erfolgter Einstufung nicht zu einer kontinuierlichen Überwachung der Einstufungsvoraussetzungen verpflichtet (siehe oben Rz 14), sondern muss nur dann im Einzelfall tätig werden, wenn er vom Wegfall der Voraussetzungen Kenntnis erlangt (vgl auch Ekkenga in MüKo-HGB V² Effektengeschäft Rz 151). 19 Kommt es in beiden Fällen zu einer pflichtwidrigen Fehleinstufung, so
stellt sich die Frage der Verantwortlichkeit des Rechtsträgers. Aufsichtsrechtlich liegt ein Sachverhalt vor, der nach § 91 der Überwachung durch die FMA unterliegt und bei schwerwiegenden und systematischen Verstößen zur Rücknahme der Konzession nach § 5 Abs 2 Z 3 führen kann, verwaltungsstrafrechtlich ist der Tatbestand des § 95 Abs 2 Z 1 einschlägig. Auf zivilrechtlicher Ebene ist fraglich, ob schon aus der Fehleinstufung Ansprüche des Kunden gegen den Rechtsträger abgeleitet werden können. Dies wird man im Ergebnis zu verneinen haben, weil die Vorschriften über die Einstufung der Kunden für sich alleine noch nicht den Schutz des Kundenvermögens bezwecken. Bei einer pflichtwidrigen Fehleinstufung wird sich der Rechtsträger allerdings nicht mit Erfolg auf die Professionalität des Kunden berufen können, was zur Folge hat, dass zivilrechtlich nicht das für professionelle Kunden geltende Pflichtprogramm, sondern jenes für Privatkunden zur Anwendung gelangt (vgl Ekkenga in MüKo-HGB V² Effektengeschäft Rz 152). Entspricht das konkrete Verhalten des Rechtsträgers nicht diesem Pflichenprogramm, so kann bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Schadenersatz verlangt werden (vgl auch Winternitz/Aigner, WAG 25 f). 562
Geschäfte mit geeigneten Gegenparteien
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IV. Organisationspflichten § 59 Abs 3 verpflichtet den Rechtsträger, vor der tatsächlichen Einstu- 20 fung als professioneller Kunde durch angemessene Vorkehrungen sicherzustellen, dass der Kunde einerseits über den erforderlichen Sachverstand sowie Kenntnisse und Erfahrungen verfügt und andererseits mindestens zwei der Kriterien des § 59 Abs 2 Z 5 vorliegen. Das Gesetz stellt keine diesbezügliche Vermutung auf, sondern ordnet sogar umgekehrt an, dass nicht davon ausgegangen werden darf, dass der betreffende Kunde über Marktkenntnisse und -erfahrungen verfügt, die denen der professionellen Kunden nach § 58 Abs 2 vergleichbar sind.
V. Übergangsbestimmungen IZm der Einstufung als professioneller Kunde ist auf die Übergangs- 21 bestimmung des § 103 Z 2 und 3 zu verweisen; demnach ist bei bereits vor Inkrafttreten des WAG 2007 als professionell eingestuften Kunden idR keine Neueinstufung vonnöten. Hinsichtlich der Verfahren und Kriterien des § 59 Abs 2 Z 4 und 5 muss allerdings in Bezug auf die damalige Einstufung Vergleichbarkeit gegeben sein (vgl Kasten, BKR 2007, 265 ff). Der Rechtsträger hat diese bereits als professionell eingestuften Kunden allerdings über die Voraussetzungen des WAG 2007 betreffend die Kategorisierung von Kunden zu informieren.
Geschäfte mit geeigneten Gegenparteien § 60. (1) Rechtsträger, die zur Ausführung von Aufträgen für Kunden oder zum Handel für eigene Rechnung oder zur Annahme und Übermittlung von Aufträgen berechtigt sind, dürfen Geschäfte mit geeigneten Gegenparteien vermitteln oder abschließen, ohne die Bestimmungen der §§ 36 und 38 bis 57 auf diese Geschäfte oder auf Nebendienstleistungen in direktem Zusammenhang mit diesen Geschäften anwenden zu müssen. (2) Für die Zwecke dieses Paragrafen und § 61 sind die in § 58 Abs. 2 Z 1 bis 4 genannten Rechtspersönlichkeiten geeignete Gegenparteien. Die in § 58 Abs. 2 Z 1 lit. i genannten Rechtspersönlichkeiten haben einen Nettoumsatz in der Höhe von mindestens 40 Millionen Euro aufzuweisen. Sofern eine Rechtspersönlichkeit Rechtsordnungen von verschiedenen Mitgliedstaaten unterliegt, bestimmt sich die Einstufung dieser Rechtspersönlichkeit nach den 563
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Rechtsvorschriften jenes Mitgliedstaates, in dem diese Rechtspersönlichkeit ihren Sitz hat. (3) Eine als geeignete Gegenpartei gemäß Abs. 2 eingestufte Rechtspersönlichkeit kann entweder generell oder für jedes Geschäft einzeln den Ausschluss der Anwendung des Abs. 1 verlangen. Der Rechtsträger hat die betreffende geeignete Gegenpartei auf ihren Antrag als professionellen Kunden zu behandeln, sofern diese nicht ausdrücklich eine Behandlung als Privatkunde verlangt. Verlangt die betreffende geeignete Gegenpartei hingegen ausdrücklich, als Privatkunde behandelt zu werden, ist § 58 Abs. 3 und 4 sinngemäß anzuwenden. Der Rechtsträger darf eine als geeignete Gegenpartei gemäß Abs. 2 eingestufte Rechtspersönlichkeit auch von sich aus als professionellen Kunden oder als Privatkunden behandeln. (4) Für die Zwecke dieses Paragrafen und § 61 kann der Rechtsträger ein Unternehmen für diejenigen Dienstleistungen oder Geschäfte vom Rechtsträger als geeignete Gegenpartei einstufen, für die es als professioneller Kunde behandelt werden kann, sofern dieses Unternehmen die nachstehenden Bedingungen erfüllt: 1. Die Erfordernisse für eine Einstufung als professioneller Kunde gemäß § 59 müssen erfüllt sein und 2. das Unternehmen muss eine Einstufung als geeignete Gegenpartei bei dem Rechtsträger beantragen. Sofern das Unternehmen Rechtsordnungen von verschiedenen Mitgliedsstaaten unterliegt, bestimmt sich die Einstufung des Unternehmens nach den Rechtsvorschriften und Maßnahmen jenes Mitgliedstaates, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat. (5) Eine Rechtspersönlichkeit, die ihren Sitz in einem Drittland hat, ist eine geeignete Gegenpartei, sofern diese den in Abs. 2 genannten Rechtspersönlichkeiten gleichwertig ist oder die in Abs. 4 genannten Bedingungen erfüllt. IdF BGBl I 107/2007. Schrifttum: Bracht, Kommunen als geeignete Gegenparteien im Handel mit Derivaten nach dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, WM 2008, 1386; Brandl/Klausberger, Ausstrahlungstheorie – Zum Verhältnis zwischen Aufsichtsrecht und Zivilrecht nach MiFID und WAG, ZFR 2009, 131; Gruber, Kunden, Wohlverhaltensregeln und geeignete Gegenparteien in MiFID und WAG 2007, ZFR 2007, 188; Gruber, Die Wohlverhaltensregeln, in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, Von der MiFID zum WAG 2007 (2008) 83.
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Geschäfte mit geeigneten Gegenparteien
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Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 60): „Die Einstufung als geeignete Gegenpartei ist nicht für das gesamte WAG 2007 gültig, sondern hat zur Folge, dass das Schutzniveau durch den Ausschluss der in Abs. 1 zitierten Bestimmungen deutlich herabgesetzt wird, wodurch den besonderen Kenntnissen der geeigneten Gegenparteien im Finanzdienstleistungsbereich Rechnung getragen wird. Im WAG 2007 sind zwei Arten von geeigneten Gegenparteien vorgesehen: 1. Rechtspersönlichkeiten, die ex lege nach § 60 Abs. 2 geeignete Gegenparteien sind. Diese können eine Einstufung als professioneller Kunde oder Privatkunde beantragen. Der Rechtsträger hat diese auf Antrag oder von sich aus als professionellen Kunden oder als Privatkunden zu behandeln. 2. Unternehmen, die eine Behandlung als professionelle Kunden gemäß § 59 beantragen können, können gemäß § 60 Abs. 4 bei Erfüllung bestimmter Anforderungen und Schwellenwerte auf Antrag für diejenigen Dienstleistungen oder Geschäfte, für die sie auch als professioneller Kunde behandelt werden können, vom Rechtsträger als geeignete Gegenparteien eingestuft werden. Abs. 1 setzt Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG um. Der Zusammenhang von Nebendienstleistungen mit den Geschäften der Hauptdienstleistung ist typusmäßig zu verstehen. Das heisst, dass ein Drittverwahrer wie zB die Oesterreichische Kontrollbank nicht am individuellen Hauptgeschäft (Wertpapiergeschäft zwischen zwei Kreditinsituten) beteiligt sein muss (Drittverwahrer führt die Umbuchung im Rahmen der Nebentätigkeit als Depotbank durch). Die Eigenschaft „Gegenpartei“ setzt somit keine unmittelbare Beteiligung an einem individuellen Hauptgeschäft voraus. Abs. 2 setzt Art. 24 Abs. 2 erster Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG um. Überdies wird das in Art. 24 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG und in Art. 50 Abs. 1 erster Unterabsatz der Richtlinie 2006/73/EG enthaltene Wahlrecht zur Anerkennung von bestimmten Unternehmen als geeignete Gegenparteien ausgeübt. Abs. 3 setzt Art. 24 Abs. 2 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG und Art. 50 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG um. Abs. 3 vorletzter Satz setzt Art. 28 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2006/73/EG um. In Abs. 4 wird das in Art. 50 Abs. 1 zweiter Unterabsatz enthaltene Wahlrecht zur Anerkennung von weiteren Unternehmen als geeignete Gegenparteien ausgeübt. Art. 24 Abs. 3 zweiter Satz der Richtlinie 2004/39/EG wird im Schlussteil von Abs. 3 und 4 umgesetzt. In Abs. 5 wird das in Art. 24 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG enthaltene Wahlrecht ausgeübt.“ Erl RV GP XXIII RV 286 (zu § 60 Abs 2): „Es wird, klargestellt, dass Warenhändler und Warenderivate-Händler als auch lokale Firmen ex lege im Sinne von Anhang II der Richtlinie 2004/39/EU als geeignete Gegenparteien anzusehen sind. Der Verweis auf § 2 Abs. 1 Z 13 und 14 entfällt, da sowohl Warenhändler und Warenderivate-Händler als auch Lokale Firmen bereits im ersten Satz durch den Verweis auf § 58 Abs. 2 Z 1 erfasst sind.“
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Übersicht I. Normzweck und systematische Stellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Begriff der geeigneten Gegenpartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen der Einstufung als geeignete Gegenpartei. . . . . . . .
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I. Normzweck und systematische Stellung 1 Geeignete Gegenparteien bilden die am wenigsten schutzwürdige
Kundengruppe nach WAG bzw MiFID. Dies liegt daran, dass auf Grund ihrer Professionalität und Erfahrung davon ausgegangen werden kann, dass die Mitglieder dieser Gruppe ihre Interessen weitgehend selbst wahrnehmen können und daher die Verankerung von Wohlverhaltenspflichten ihnen gegenüber großteils entbehrlich ist (vgl Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 2).
II. Begriff der geeigneten Gegenpartei 2 Die in § 60 geregelte geeignete Gegenpartei wird weder in der MiFID
noch im WAG definiert. Sie ist eine Unterkategorie der professionellen Kunden, weil nur Rechtspersönlichkeiten, die als professionelle Kunden eingestuft werden können, auch geeignete Gegenparteien sein können (vgl Sindelar, ÖBA 2007, 210; Spindler/ Kasten, WM 2006, 1798). Auch bezüglich der geeigneten Gegenparteien ist zu unterscheiden, ob ihnen diese Eigenschaft ex lege zukommt (geborene geeignete Gegenpartei, Abs 2), oder ob ihnen diese Einstufung auf Antrag zuteil wird (gekorene geeignete Gegenpartei, Abs 4). 3 Die Gruppe der geborenen geeigneten Gegenparteien überschneidet sich großteils mit der Gruppe der geborenen professionellen Kunden. In diesem Fall gilt für diese Kunden nicht das Pflichtenprogramm für professionelle Kunden, sondern es greift die Sonderregel des Abs 1 ein, die zu einem weitgehenden Pflichtenausschluss führt (vgl auch Ekkenga in MüKO-HGB V² Effektengeschäft Rz 148: Bei Konkurrenz zweier Kundenklassen setzt sich die ranghöhere durch). Bei Rechtspersönlichkeiten, die dem Recht verschiedener Mitgliedsstaaten unterliegen, richtet sich die Einstufung gemäß Abs 2 letzter Satz nach dem Recht des Sitzstaates. 4 Die Einstufung als gekorene geeignete Gegenpartei steht nach Abs 4 nur Unternehmen offen. Sie setzt nach Abs 4 nur zweierlei voraus, nämlich dass die Einstufungsvoraussetzungen für professionelle Kunden nach § 59 erfüllt sind und die Einstufung als geeignete Gegenpartei 566
Geschäfte mit geeigneten Gegenparteien
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beantragt wird. Nähere Vorschriften über die Form des Antrags bestehen nicht, sodass dieser auch formlos gestellt werden kann. Umfangmäßig darf die Einstufung als geeignete Gegenpartei nur jene Dienstleistungen oder Geschäfte betreffen, für die der betreffende Kunde als professioneller Kunde eingestuft ist. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass die geeigneten Gegenparteien eine Untergruppe der professionellen Kunden bilden. Wie bei der Einstufung als professioneller Kunde auf Antrag setzt auch die Behandlung als geeignete Gegenpartei nach Abs 4 die Zustimmung des Rechtsträgers zum Antrag des Kunden voraus (arg: kann … einstufen); dies ist wiederum auf den Grundsatz zurückzuführen, dass eine Einstufungsänderung nicht gegen den Willen des Rechtsträgers erfolgen kann (Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 29). Bei Rechtspersönlichkeiten, die dem Recht verschiedener Mitgliedsstaaten unterliegen, richtet sich die Einstufung gemäß Abs 4 letzter Satz nach dem Recht des Sitzstaates.
III. Rechtsfolgen der Einstufung als geeignete Gegenpartei Die Einstufung als geeignete Gegenpartei hat zur Folge, dass ein 5 Rechtsträger, der zur Ausführung von Aufträgen für Kunden, den Handel für eigene Rechnung und zur Annahme und Übermittlung von Aufträgen berechtigt ist, gegenüber der geeigneten Gegenpartei die §§ 36 und 38 bis 57 auf diese Geschäfte oder auf Nebendienstleistungen, die in direktem Zusammenhang mit diesen Geschäften stehen, nicht anwenden muss. Der Zusammenhang zwischen Neben- und Hauptdienstleistungen ist nach Ansicht des Gesetzgebers typusmäßig zu verstehen (Erl RV 22); zu denken ist etwa an das Depotgeschäft, die Kreditgewährung für die Durchführung von Wertpapierdienstleistungen oder mit der Wertpapierdienstleistung in Zusammenhang stehende Devisengeschäfte (Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 c Rz 6). Die Einstufung als geeignete Gegenpartei setzt dabei keine unmittelbare Beteiligung an einem Hauptgeschäft voraus, sondern betrifft zB auch Drittverwahrer, die nicht am individuellen Hauptgeschäft beteiligt sind (der Drittverwahrer führt etwa die Umbuchung im Rahmen der Nebentätigkeit als Depotbank durch). Diese Befreiung gilt jedoch nur für die angeführten Dienstleistungen, 6 nicht aber für andere Dienstleistungen wie Anlageberatung oder Vermögensverwaltung; in diesen Bereichen ist die geeignete Gegenpartei wie ein professioneller Kunde zu behandeln (Sindelar, ÖBA 2007, 210; Seyfried, WM 2006, 1377). 567
§ 60
Brandl/Klausberger
7 Fraglich ist, wie sich der weitgehende Ausschluss der Wohlverhaltens-
regeln zu etwaigen, auf allgemeinem Zivilrecht beruhenden Pflichten verhält (zum Problem siehe Spindler/Kasten, WM 2006, 1798; Brandl/ Klausberger, ZFR 2009, 132 f). Das WAG trifft keine Aussage, ob es zB auch in einem Auftrags- oder Kommissionsverhältnis mit einer geeigneten Gegenpartei zu einer Minderung der daraus resultierenden Pflichten kommt. Daraus könnte man den Schluss zu ziehen, dass die Pflichten aus dem Vertragsverhältnis vom WAG grundsätzlich unberührt bleiben und es somit an den Parteien liegt, diese Pflichten – soweit sie dispositiv sind – vertraglich abzubedingen. 8 Diese Auffassung würde allerdings die Ausstrahlungswirkungen des
WAG auf das allgemeine Zivilrecht verkennen (dazu siehe § 38 Rz 7 ff; vgl Gruber in Braumüller/Ennöckl/Gruber/Raschauer, MiFID 95 ff [= ZFR 2007, 191], der im Anschluss an Mülbert eine Lösung über die Maximalharmonisierung der MiFID ins Auge fasst. Die Maximalharmonisierung wird allerdings bei diesem Problem nur von beschränktem Nutzen sein, weil die Kompetenzgrundlage der MiFID [Art 47 EGV] die Vereinheitlichung zivilrechtlicher Regelungen nicht tragen wird; siehe auch Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 132 f). ISd Einheit der Rechtsordnung ist nämlich davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit Erlass des WAG die Absicht verfolgt hat, das darin festgelegte Schutzniveau in der gesamten Rechtsordnung zu etablieren, zumal das WAG nach dem Willen des Gesetzgebers sedis materiae jener Normen sein soll, die sich auf den Schutz des Anlegers konzentrieren (Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 133). Der Ausschluss aufsichtsrechtlicher Pflichten durch Abs 1 beinhaltet demnach auch einen Ausschluss paralleler zivilrechtlicher Pflichten. Methodisch lässt sich dies mit einer teilweisen materiellen Derogation der betreffenden zivilrechtlichen Bestimmungen erklären. Obwohl der Gesetzgeber dies nicht ausdrücklich angeordnet hat, ergibt sich doch Derartiges aus der von ihm verfolgten Absicht, dass diese Pflichten auf die fraglichen Geschäfte insgesamt keine Anwendung finden sollen (Brandl/Klausberger, ZFR 2009, 133). 9 Folglich wird in Bezug auf die zivilrechtlichen Pflichten zu unterscheiden sein: Handelt es sich um Pflichten, denen eine korrespondierende Pflicht im WAG entspricht (zB Informations- und Beratungspflichten), so entfällt bei der geeigneten Gegenpartei mit der Pflicht des WAG auch die allgemein zivilrechtliche Verpflichtung. Handelt es sich dagegen um eine genuin zivilrechtliche Pflicht, die keine Entsprechung im WAG hat, so besteht sie auch gegenüber der geeigneten Gegenpartei. 10 Geborenen geeigneten Gegenparteien steht ferner die Möglichkeit einer
Umstufung nach Abs 3 offen. Im Zweifel ist ein solcher Umstufungsantrag iS einer Umstufung zum professionellen Kunden zu verstehen, 568
Information über die Kundeneinstufung
§ 61
die Umstufung zum Privatkunden müsste ausdrücklich verlangt werden. Im Falle einer Umstufung zum Privatkunden müssen die Voraussetzungen des § 58 Abs 3 und 4 über die Herabstufung eines professionellen Kunden zum Privatkunden erfüllt sein; insb muss dies in Schriftform geschehen (vgl § 58 Rz 21). Für die Herabstufung zum professionellen Kunden existieren demgegenüber keine Formvorschriften; dies kann somit auch formlos geschehen. Wie jede Umstufung auf Antrag des Kunden bedarf es ferner der Zustimmung des Rechtsträgers, weil eine Umstufung gegen dessen Willen nicht vorgesehen ist (Fuchs in Fuchs, WpHG § 31 a Rz 29). Abs 3 letzter Satz ermöglicht dem Rechtsträger – wie auch bei pro- 11 fessionellen Kunden – die einseitige Herabstufung geborener geeigneter Gegenparteien zum professionellen Kunden oder zum Privatkunden (vgl auch § 58 Rz 22).
Information über die Kundeneinstufung § 61. (1) Ein Rechtsträger hat seine Kunden über ihre Einstufung als Privatkunde, professioneller Kunde oder geeignete Gegenpartei zu unterrichten, sobald er aufgrund dieses Bundesgesetzes eine Einstufung vorgenommen hat. (2) Ein Rechtsträger hat seine Kunden auf einem dauerhaften Datenträger zu unterrichten, ob eine Möglichkeit, eine andere Einstufung zu verlangen, besteht, und über jegliche sich daraus ergebende Einschränkung des Kundenschutzniveaus zu informieren. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 61): „Abs. 1 setzt Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2006/73/EG um. Die Mitteilung der erfolgten Einstufung hat an Alt- und Neukunden bei der Ersteinstufung und jeder Neueinstufung zu ergehen. Kunden, die bereits als Privatkunden eingestuft sind und vom Rechtsträger weiterhin so eingestuft werden, müssen darüber nicht gesondert informiert werden. Abs. 2 setzt Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2006/73/EG und Anhang II Abschnitt 1 zweiter Unterabsatz letzter Satz der Richtlinie 2004/39/EG um.“
§ 61 statuiert eine Informationspflicht des Rechtsträgers gegenüber 1 seinen Kunden über eine vorgenommene Kundeneinstufung, die ihre europarechtliche Grundlage in Art 28 Abs 1 MiFID-DRL hat. Gegenstand der Informationspflicht ist nach Abs 1 die Einstufung als Privatkunde, professioneller Kunde oder geeignete Gegenpartei. In der DRL ist die Informationspflicht allerdings ausdrücklich für den Fall vorgesehen, dass ein Neu- oder Altkunde gemäß den Bestimmungen der RL neu als Privatkunde, professioneller Kunde oder geeignete Gegenpartei 569
§ 62
Brandl/Klausberger
eingestuft wird. Dies ist bei der Anwendung der Bestimmung des WAG in europarechtskonformer Auslegung entsprechend zu berücksichtigen. Die Mitteilung der erfolgten Einstufung hat somit an Altund Neukunden bei der Ersteinstufung und jeder Neueinstufung zu ergehen (so auch die Erl RV 23). Dies gilt nach Auffassung des Gesetzgebers, der zu folgen sein wird, nicht für den Fall, dass Kunden bereits als Privatkunden eingestuft sind und vom Rechtsträger weiterhin als solche behandelt werden (Erl RV 23). Solche Kunden müssen nicht gesondert informiert werden, weil bei ihnen begrifflich weder eine Ersteinstufung noch eine Neueinstufung vorliegt. 2 Der Informationszeitpunkt lässt sich aus dem Gesetzeswortlaut insofern ableiten, als die Information zu erteilen ist, sobald der Rechtsträger die Einstufung vorgenommen hat. Daraus folgt, dass die Information unmittelbar nach der Vornahme der Einstufung erfolgen muss. 3 Eine besondere Form für die Information über die Kundeneinstufung nach § 61 Abs 1 schreibt das Gesetz – im Gegensatz zu jener nach Abs 2 – nicht vor. 4 Ein Rechtsträger hat seine Kunden nach Abs 2 über Möglichkeiten einer Änderung der Einstufung zu unterrichten sowie auf die sich dabei allenfalls ergebenden Einschränkungen des Kundenschutzes hinzuweisen. Es sind somit Privatkunden darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit einer Einstufung als (gekorene) professionelle Kunden nach § 59 besteht; bei professionellen Kunden besteht die Möglichkeit einer Einstufung als Privatkunde (§ 58 Abs 3 und 4) oder geeignete Gegenpartei (§ 60 Abs 4); bei geeigneten Gegenparteien ist eine Einstufung als professioneller Kunde (§ 60 Abs 3) oder als Privatkunde (§ 60 Abs 3 iVm § 58 Abs 3 und 4) möglich. Zum Erfordernis der Bereitstellung auf einem dauerhaften Datenträger siehe § 16.
12. Abschnitt Unerbetene Nachrichten und Haustürgeschäfte Unerbetene Nachrichten § 62. Die Zulässigkeit der Zusendung unerbetener Nachrichten zur Werbung für eines der in § 1 Z 6 genannten Finanzinstrumente und für Veranlagungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 3 KMG richtet sich nach § 107 Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003, BGBl. I Nr. 70/2003. 570
Unerbetene Nachrichten
§ 62
Schrifttum: Brandl/Wolfbauer, Cold Calling für Finanzdienstleistungen – Reloaded, ecolex 2004, 222; Burgstaller, E-Mail-Werbung zu Zwecken der Direktwerbung – auch im B2B-Bereich vorherige Zustimmung notwendig?, ecolex 2004, 905; Feiel/Lehofer, Praxiskommentar zum TKG 2003 (2004); Karpf, Wertpapieraufsichtsgesetz und Verbraucherschutz (2000); Knobl, Werbebeschränkungen für Anbieter von Finanzdienstleistungen (innerhalb wie außerhalb des Fernabsatzes), in Fletzberger/Schopper (Hrsg), Fernabsatz von Finanzdienstleistungen (2004) 121; Knyrim, Nochmals § 107 TKG 2003: Papierwerbung benachteiligt?, ecolex 2005, 257; Kosesnik-Wehrle, Verbraucherschutzbestimmungen im WAG, ZFR 2007, 185: Kraft, Der neue § 107 TKG – verbesserter Schutz vor Massenmails?, ecolex 2006, 252; Lehofer, Spamverbot und kommunale Informationstätigkeit – Die rechtlichen Grenzen für Massen- und Werbemails, RFG 2006/14; Mosing/Otto, Spam: Neuerliche Irrfahrt? – Zur Zukunft der österreichischen Regelung für unerbetene elektronische Post, MR 2005, 359; Vartian, Telekommunikationsrecht (2004); Weiskopf, Die neue gesetzliche Regelung gegen unerwünschte E-Mails (§ 107 TKG), JAP 2004/05, 42; Zanger/Schöll, Telekommunikationsgesetz – Kommentar zum TKG 20032 (2004). Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 62): „Diese Bestimmung entspricht dem § 12 Abs. 3 des bisherigen WAG.“
Übersicht I. II. III. A. B. C. IV. A. B. C. D.
Entstehungsgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungstechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unerbetene Anrufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unerbetene elektronische Post . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lauterkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–2 3 4–9 4–5 6–7 8–9 10–17 10 11 12–15 16–17
I. Entstehungsgeschichte Das WAG hat in seiner Stammfassung die telefonische Werbung in § 12 1 Abs 3 aF autonom geregelt. Diese Regelung wurde mehrmals von den Entwicklungen des Telekommunikationsrechts überholt (dazu Brandl/ Wolfbauer, ecolex 2004, 22). Die Problematik solch einer autonomen Regelung in einem Spezialgesetz, die nicht zur Gänze auf die allgemeine Regelung im TKG abgestimmt ist, zeigt sich darin, dass der VfGH in seinem Erkenntnis vom 13. 12. 2007, G 16/07 Teile des § 12 Abs 3 WAG idF BGBl I 2001/97 als verfassungswidrig aufgehoben hat. Grund für die 571
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Aufhebung war, dass nach der verfahrensgegenständlichen Rechtslage die autonome Regelung des WAG eine niedrigere Höchststrafe vorsah als die Regelung des TKG, was nach Ansicht des VfGH nicht sachlich gerechtfertigt war. Mittlerweile sieht das WAG für derartige Verstöße in § 95 Abs 2 Z 1 eine Geldstrafe bis € 50.000,- vor, während die Strafhöhe nach § 109 Abs 3 Z 19 und 20 TKG bis zu € 37.000,- beträgt. 2 Seit dem FernFinG (BGBl I 2004/62) verweist das WAG aF hinsichtlich der Zulässigkeit von unerbetenen Nachrichten auf die materiellen Regeln des § 107 TKG, die Ahndung von Verstößen soll aber weiterhin der FMA obliegen (467 BlgNR 22. GP 17). Damit wollte der Gesetzgeber die zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Sonderbestimmungen im WAG (und auch im VAG) an die allgemeine Regelung des TKG anpassen (467 BlgNR 22. GP 6). Dieses Regelungsmodell hat das WAG 2007 aus dem früheren Recht übernommen (vgl auch Erl RV 23). Das TKG selbst differenziert seit der Novelle 2006 (BGBl I 2005/133) nicht mehr zwischen Verbrauchern und Unternehmern (dazu Kraft, ecolex 2006, 252).
II. Normzweck und leitende Grundsätze 3 Aus dem Umstand, dass im WAG keine autonomen Regelungen für
die Zulässigkeit von unerbetenen Nachrichten enthalten sind, sondern vielmehr auf die entsprechende Bestimmung im TKG verwiesen wird, kann geschlossen werden, dass der Gesetzgeber im WAG dieselben Zwecke verwirklicht sehen wollte wie im TKG. Der Zweck der Vorschrift liegt mithin primär im Schutz der Privatsphäre des Teilnehmers bzw desjenigen, den der Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt hat (vgl OGH 27. 04. 1999, 1 Ob 82/99 m; OGH 02. 08. 2005, 1 Ob 104/05 h). Ein Schutz Dritter ist nicht bezweckt (OGH 29. 04. 2003, 4 Ob 24/03 p).
III. Tatbestand A. Regelungstechnik 4 Nach dem Wortlaut der Vorschrift soll sich die Zulässigkeit der Zusen-
dung unerbetener Nachrichten zur Werbung für Finanzinstrumente oder Veranlagungen nach der einschlägigen Vorschrift des § 107 TKG richten. Damit bedient sich das Gesetz an dieser Stelle der Technik des Verweises, weil auf eine anderswo verortete Vorschrift verbindlich Bezug genommen wird. Da das TKG im Gesetzestext des WAG mit 572
Unerbetene Nachrichten
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seiner Stammfassung zitiert ist (BGBl. I Nr. 70/2003), wird in der Literatur thematisiert, ob es sich dabei um einen statischen Verweis handelt (so Winternitz/Aigner, WAG 45 f, die sich letztlich aus Gründen der verfassungs- und europarechtskonformen Interpretation für einen dynamischen Verweis aussprechen). Schon aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich freilich, dass sich der Verweis auf § 107 TKG auf die jeweils geltende Fassung bezieht (dynamischer Verweis), zumal der Gesetzgeber eine Harmonisierung der allgemeinen Norm im TKG mit den Spezialnormen im WAG und VAG bezweckt hat (vgl oben Rz 2). Dieser Harmonisierungsbestrebung würde ein bloß statischer Verweis nicht ausreichend Rechnung tragen. Der gesetzliche Verweis bezieht sich nach seinem Wortlaut auf die 5 Zulässigkeit der Zusendung unerbetener Nachrichten. In wörtlicher Auslegung könnte man den Schluss ziehen, dass Anrufe nicht vom Verweis umfasst sind. Dies hätte zur Konsequenz, dass für diese die allgemeine Regelung des TKG gelten würde und damit die Zuständigkeit der FMA nicht gegeben wäre. Die Absicht des Gesetzgebers bei Schaffung des Verweises (siehe oben Rz 2) lässt allerdings einen solchen Schluss nicht zu, ging es doch um eine Konzentration der diesbezüglichen Aufsichtskompetenzen bei der FMA. Der Verweis ist vielmehr so zu lesen, dass er sich auf die Überschrift des § 107 TKG (unerbetene Nachrichten) bezieht und damit auch das Tätigen von Anrufen erfasst (ebenso im Ergebnis Winternitz/Aigner, WAG 46).
B. Unerbetene Anrufe und Fernkopien Nach § 107 Abs 1 TKG sind Anrufe sowie das Senden von Fernkopien 6 (Telefax) zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers unzulässig. Einer Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; ein solcher Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit dem Adressaten der Einwilligung allerdings keinen Einfluss. Unter Werbung ist nach der Rsp jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel des Absatzes von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu verstehen; zu Werbezwecken erfolgt ein Anruf dann, wenn der Unternehmer damit den Absatz von Produkten oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen bezweckt (Zanger/Schöll, TKG2 § 107 Rz 53 f). Auf Grund des bezweckten Schutzes der Privatsphäre ist der Begriff der Werbung nicht sonderlich eng zu verstehen (Feiel/Lehofer, TKG 301; vgl auch OGH 02. 08. 2005, 1 Ob 104/05 h). 573
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7 Der Gesetzgeber verwendet die Begriffe „Einwilligung“ und „Zustim-
mung“ synonym (Vartian, TKG § 107 Anm 489). Zum Begriff der Einwilligung (Zustimmung) kann auf die entsprechende Definition des DSG zurückgegriffen werden. Demnach handelt es sich bei der Zustimmung um eine gültige, insb ohne Zwang abgegebene Willenserklärung des Betroffenen, dass er in Kenntnis der Sachlage für den konkreten Fall in die Kontaktaufnahme einwilligt (Zanger/Schöll, TKG2 § 107 Rz 98). Eine wirksame Zustimmung liegt nach der Rsp nur dann vor, wenn der Betroffene weiß, von welchem Unternehmen er im Wege bestimmt angeführter Kommunikationsmittel Werbung zu erwarten hat, und welche Produkte dabei beworben werden (OGH 20. 03. 2007, 4 Ob 221/06 p). Damit sind allzu weit und unbestimmt gehaltene Erklärungen bedenklich. Auch konkludente Zustimmungserklärungen sind möglich, doch darf nach § 863 ABGB kein vernünftiger Grund zu zweifeln bleiben, dass ein bestimmtes Verhalten als Zustimmung gelten soll; dabei kommt insb dem Schweigen grundsätzlich kein Erklärungswert zu (Karpf, Verbraucherschutz 95 f). Die Zulässigkeit der Einwilligung über AGB ist va eine Frage der Geltungsund Inhaltskontrolle (dazu Karpf, Verbraucherschutz 97 ff) und hängt damit von der konkreten Ausgestaltung der AGB ab. Eine Zustimmung in AGB wird jedenfalls dann anzuerkennen sein, wenn die entsprechende Klausel hervorgehoben, als Zustimmungsklausel ausgewiesen und verständlich formuliert ist; außerdem darf sich die Klausel nicht im Kleingedruckten befinden (Zanger/Schöll, TKG2 § 107 Rz 106; vgl auch Kosesnik-Wehrle, ZFR 2007, 187). Die Einwilligung muss vorliegen, bevor der Anruf getätigt wird (Feiel/Lehofer, TKG 303). Es ist ferner unzulässig, die Einwilligung zu einem Werbeanruf telefonisch einzuholen (Feiel/Lehofer, TKG 301), weil schon die telefonische Einholung der Zustimmung zu einem späteren Werbetelefonat nach der Rsp ein Anruf zu Werbezwecken iSd TKG ist (OGH 18. 5. 1999, 4 Ob 113/99 t; OGH 24. 10. 2000, 4 Ob 251/00 s; KosesnikWehrle, ZFR 2007, 187).
C. Unerbetene elektronische Post 8 Die Zusendung elektronischer Post (einschließlich SMS) ist nach § 107
Abs 2 TKG ohne vorherige Einwilligung des Empfängers (dazu gerade Rz 7) unzulässig, wenn die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder die Zusendung an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist. Der Gesetzgeber verwendet mit dem Begriff der Direktwerbung bei der Zusendung elektronischer Post somit eine andere Terminologie als in Abs 1 hinsichtlich unerbetener Anrufe, wo es schlicht „zu Werbezwecken“ heißt. In der Praxis dürfte dies allerdings keinen bedeutenden 574
Unerbetene Nachrichten
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Unterschied machen, zumal der Gesetzgeber beide Begriffe weit verstanden wissen will (Zanger/Schöll, TKG2 § 107 Rz 59). Eine vorherige Zustimmung für die Zusendung elektronischer Post 9 ist aber nach § 107 Abs 3 TKG nicht notwendig, wenn der Absender der elektronischen Post die Kontaktinformation für die Nachricht iZm dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat, sowie wenn kumulativ folgende Voraussetzungen gegeben sind: Die Nachricht erfolgt zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen; der Empfänger hat klar und deutlich die Möglichkeit erhalten, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen; der Empfänger hat die Zusendung nicht von vornherein, insb nicht durch Eintragung in die in § 7 Abs 2 E-Commerce-G genannte Liste, abgelehnt. Die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung ist nach § 107 Abs 5 TKG jedenfalls unzulässig, wenn die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird, oder bei der keine authentische Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten senden kann. Es handelt sich dabei um Fälle anonymer Nachrichten, bei denen der Empfänger keine tatsächliche Möglichkeit hat, den Absender zu kontaktieren, um die Einstellung solcher Nachrichten zu erwirken (Vartian, TKG § 107 Anm 500).
IV. Sanktionen A. Aufsichtsrecht Die Überwachung der Einhaltung des § 62 fällt nach § 91 WAG in die 10 Zuständigkeit der FMA. Schwerwiegende und systematische Verstöße führen nach § 5 Abs 2 Z 3 zum Entzug der Konzession (siehe bei § 5 Rz 7).
B. Verwaltungsstrafrecht Die verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen richten sich indes nicht 11 nach dem TKG, sondern nach dem WAG. Der Gesetzgeber wollte damit Vollzug und Ahndung von Verstößen gegen die für Finanzdienstleistungen geltenden Vorschriften bei der FMA konzentrieren (467 BlgNR 22. GP 17). Wer als Verantwortlicher eines Rechtsträgers iSd § 9 VStG gegen das in § 62 qua Verweis auf § 107 TKG aufgestellte Verbot verstößt, begeht nach § 95 Abs 2 Z 1 eine Verwaltungsüber575
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tretung und ist mit Geldstrafe bis zu € 50.000,– zu bestrafen. Wurden solche Verwaltungsübertretungen nicht im Inland begangen, gelten sie nach § 107 Abs 6 TKG als an jenem Ort begangen, an dem die unerbetene Nachricht den Anschluss des Teilnehmers erreicht. Damit ist klargestellt, dass die Fernmeldebüros wie die FMA ebenfalls für aus dem Ausland kommende unerbetene Nachrichten zuständig sind (Knobl, Werbebeschränkungen für Anbieter von Finanzdienstleistungen [innerhalb wie außerhalb des Fernabsatzes], in Fletzberger/Schopper, Fernabsatz von Finanzdienstleistungen 134).
C. Lauterkeitsrecht 12 Bereits vor Inkrafttreten des TKG wurde Telefonwerbung ohne Einwil-
ligung des Teilnehmers als sittenwidrig iSd § 1 UWG beurteilt (OGH 08. 11. 1983, 4 Ob 388/83, SZ 56/156 = ÖBl 1984, 13; Zanger/Schöll, TKG2 § 107 Rz 70). Diese wettbewerbsrechtliche Qualifikation ist nach Inkrafttreten des TKG insofern bekräftigt worden, als unerbetene Nachrichten iSd § 107 TKG wettbewerbsrechtlich nunmehr auch in die Fallgruppe des Rechtsbruchs eingeordnet werden können, wenn sich der Werbende dadurch einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern verschafft (Feiel/Lehofer, TKG 301). An der Einordnung derartiger Praktiken unter die Fallgruppe Rechtsbruch hat die UWGNovelle 2007 auch nichts geändert (vgl Wiebe, JBl 2007, 77; Schmid in Wiebe/Kodek, UWG [2009] § 1 Rz 756; zur Europarechtskonformität Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG27 [2009] § 4 Rz 11.6 a). 13 Neben der Fallgruppe des Rechtsbruchs konnte besonders belästigende Werbung vor Inkrafttreten der UWG-Novelle 2007 auch von der Fallgruppe des Kundenfangs bzw „Anreißens“ umfasst sein, wenn der freie Willensentschluss des Kunden durch diese Vertriebsmethode beeinträchtigt oder ausgeschlossen wird (Knobl, Werbebeschränkungen für Anbieter von Finanzdienstleistungen [innerhalb wie außerhalb des Fernabsatzes], in Fletzberger/Schopper, Fernabsatz von Finanzdienstleistungen 154; Schmid in Wiebe/Kodek, UWG [2009] § 1 Rz 754 f). Ob dies nach der UWG-Novelle 2007 noch aufrecht erhalten werden kann, ist strittig. Dafür spricht, dass nach Ansicht des Gesetzgebers die bisherige Rsp durch die Novelle nur unerheblich berührt werden soll und daher auch nach Inkrafttreten der UWG-Novelle fortgeschrieben werden kann (so die EB 144 BlgNR 23. GP 3; grundsätzlich zweifelnd Schuhmacher, Die UWG-Novelle 2007, wbl 2007, 557 [560 ff]). 14 Dagegen spricht allerdings, dass Art 8 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG) den Tatbestand der aggressiven Geschäftspraxis einführt. Darunter werden nur solche Geschäftsprakti576
Unerbetene Nachrichten
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ken verstanden, welche die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit des Durchschnittsverbrauchers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung einschließlich körperlicher Gewalt oder durch unzulässige Beeinflussung tatsächlich oder voraussichtlich erheblich beeinträchtigen. Die Umsetzung dieser Bestimmungen in das österreichische Recht erfolgte in § 1 a sowie in Z 26 der im Anhang zur UWG-Novelle angeführten aggressiven Geschäftspraktiken. Demnach liegt eine solche aggressive Geschäftspraktik insb dann vor, wenn die Anwerbung von Kunden durch hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen über Telefon, Fax, E-Mail oder sonstige für den Fernabsatz geeignete Medien erfolgt, außer in Fällen und in den Grenzen, in denen ein solches Verhalten gesetzlich gerechtfertigt ist, um eine vertragliche Verpflichtung durchzusetzen. Dies gilt nach Z 3 des Anhangs unbeschadet des Art 10 RL 97/7/EG sowie der RL 95/46/EG und RL 2002/58/EG. Die Einschränkung des Gesetzgebers auf hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen könnte man in die Richtung einer Lockerung des wettbewerbsrechtlichen Verbots verstehen (idS Handig, Sind unerbetene Werbeanrufe und E-Mails noch unlauter?, ÖBl 2008, 65, der eine einmalige E-Mail, SMS oder ein einmaliges Fax zu Werbezwecken nicht mehr als unlauter ansieht). Anderseits darf nicht übersehen werden, dass § 1 a UWG eine lex 15 specialis zur Generalklausel des § 1 UWG bildet und daher aus dem Umstand, dass der Tatbestand des § 1 a UWG im Einzelfall nicht verwirklicht ist, noch nicht geschlossen werden kann, dass die betreffende Geschäftspraktik wettbewerbsrechtlich zulässig ist, weil daneben auch noch die Anwendbarkeit der Generalklausel zu prüfen ist (Burgstaller in Wiebe/Kodek, UWG [2009] Anhang § 1 a Rz 57). Es kann sich daher auch in dem Fall, dass keine aggressive Geschäftspraktik vorliegt, immer noch eine wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit nach der Generalklausel, insb nach den Tatbeständen Rechtsbruch (siehe schon oben Rz 12) und Kundenfang ergeben (vgl dazu Burgstaller in Wiebe/Kodek, UWG [2009] § 1 Rz 911 ff).
D. Zivilrecht Neben den wettbewerbsrechtlichen Sanktionen können auch nach all- 16 gemeinem Zivilrecht Ansprüche gegen den Werbenden bestehen. Unerbetene Telefonwerbung bringt einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht auf Achtung der Privatsphäre mit sich; besteht Wiederholungsgefahr, so hat der Empfänger einen verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch sowie bei Verschulden des Unternehmers darüber hinaus auch Schadenersatzansprüche (Karpf, Verbraucherschutz 54 f, 108 f). 577
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17 Auf zivilrechtlicher Ebene kann ferner fraglich sein, ob Verträge, die
in einer § 63 WAG bzw 107 TKG verletzenden Weise angebahnt worden sind, dennoch Bestand haben. Dies wird man zu bejahen haben (aA Karpf, Verbraucherschutz 107 f). Bei Vorschriften, die lediglich Art, Ort oder Zeit des Geschäftsabschlusses regeln, ist das Geschäft bei einem Verstoß in der Regel dennoch gültig (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 175; Krejci in Rummel I3 § 879 ABGB Rz 35; vgl auch Bollenberger in KBB² § 879 ABGB Rz 3; Apathy/Riedler in Schwimann IV3 § 879 ABGB Rz 3). Verstöße gegen § 63 WAG bzw 107 TKG bewirken damit nicht automatisch die Nichtigkeit von Folgeverträgen (so für das TKG HG Wien 28. 4. 2009, 1 R 205/08 f). Kommt es zu einem Vertragsabschluss unter ausschließlicher Verwendung eines oder mehrer Fernkommunikationsmittel, so trägt darüber hinaus das FernFinG dem Verbraucherschutz hinreichend Rechnung, sodass es der Nichtigkeit derartiger Verträge aus Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes nicht bedarf (anders Karpf, Verbraucherschutz 107 f zur Rechtslage vor Inkrafttreten des FernFinG).
Haustürgeschäfte § 63. (1) Die in § 15 genannten Rechtsträger dürfen Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG zur Werbung für den Erwerb von einem der in § 1 Z 6 genannten Finanzinstrumente und von Veranlagungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 3 KMG nur auf Grund einer Einladung aufsuchen. (2) Ist die Vertragserklärung eines Verbrauchers auf den Erwerb 1. einer Veranlagung im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 3 KMG oder 2. von Anteilen an in- oder ausländischen Kapitalanlagefonds, inoder ausländischen Immobilienfonds oder ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen, gerichtet, kommt § 3 KSchG unbeschadet einer Anbahnung der geschäftlichen Verbindung zwecks Schließung dieses Vertrags durch den Verbraucher zur Anwendung. Schrifttum: Harrer, Mögliche Gestaltung der Vertriebsstruktur – ausgewählte Fragen der Wohlverhaltensregeln, in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch Bank- und Kapitalmarktrecht (2009) 15; Kalss/Lurger, Zu einer Systematik der Rücktrittsrechte, insbesondere im Verbraucherrecht, JBl 1998, 89, 153, 219; Kalss/Lurger, Rücktrittsrechte (2001); Karpf, Wertpapieraufsichtsgesetz und Verbraucherschutz (2000); Kosesnik-Wehrle, Verbraucherschutzbestimmungen im WAG, ZFR 2007, 185.
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Haustürgeschäfte
§ 63
Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 63): „Diese Bestimmung entspricht dem § 12 Abs. 1 und 2 des bisherigen WAG.“
Übersicht I. II. III. IV. A. B. V. A. B. C. D. E.
Entstehungsgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normzweck und leitende Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbrauchergeschäft als Anwendungsvoraussetzung . . . . . . . . . . Beschränkung der Haustürwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rücktrittsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haustürgeschäft im Sinn des § 3 KSchG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modifikation durch das WAG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausübung des Rücktrittsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen des Rücktritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtspolitische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–4 5–6 7–12 7–9 10–12 13–25 13–15 16–17 18–20 21 22–25
I. Entstehungsgeschichte Bereits das WAG 1997 enthielt in § 12 Abs 1 und 2 eine gleich gelager- 1 te Bestimmung, die wiederum für den Teilbereich des Vertriebs von Kapitalanlagefonds ihr einen Vorläufer in § 43 Abs 2 InvFG hatte. Die Regelung des § 12 Abs 1 und 2 WAG 1997 hat der Gesetzgeber ausweislich der Mat in das WAG 2007 übernommen (vgl Erl RV 23). Auch nach der MiFID ist eine autonome Normierung verbraucherrechtlicher Begleitvorschriften – bei Beachtung des verbraucherrechtlichen Acquis – europarechtlich zulässig, weil die RL dazu keine Vorgaben enthält. Für den Bereich der Haustürgeschäfte bekräftigt dies ausdrücklich Erwägungsgrund 38 MiFID, wonach die Bedingungen für die Ausübung von Tätigkeiten außerhalb der Geschäftsräume der Wertpapierfirma von der MiFID unberührt bleiben sollen.
II. Normzweck und leitende Grundsätze Das WAG enthält in § 63 eine Bestimmung, die sich ausdrücklich auf 2 das Verhältnis zwischen Verbrauchern und Unternehmern bezieht und damit materiell, nicht aber systematisch dem Verbraucherschutzrecht zuzurechnen ist. Der Gesetzgeber will offenbar hier bewusst entsprechende Akzente setzen, obwohl diese „konsumentenschutzrechtlichen 579
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Einsprengungen“ an und für sich systemwidrig sind (Kalss/Oppitz/ Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 56). 3 Als Motivation für die Vorschrift geben die EB zum WAG 1997 (369 BlgNR 20.GP 63) an, ein grundsätzliches, verwaltungsstrafrechtlich sanktioniertes Verbot für den Strukturvertrieb bestimmter Finanzprodukte im Wege des Haustürgeschäfts aufstellen zu wollen. Damit werden mehrere Zwecke verfolgt: Zum einen wird die Privatsphäre des Konsumenten vor der Belästigung durch ungebetene Hausbesuche geschützt (Winternitz, WAG § 12 Rz 10; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 58). Zum anderen wird der Verbraucher vor der Gefahr einer situationsbedingten Überrumpelung geschützt (vgl Winternitz, WAG § 12 Rz 10). Kommt es außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten des Unternehmers zu Anbahnung oder Abschluss von Verträgen, so ist der Verbraucher darauf oftmals nicht gefasst. Es besteht somit die Gefahr, dass der Verbraucher vom Unternehmer überrumpelt wird und einen Vertrag schließt, ohne dass er die Möglichkeit einer eingehenderen Überlegung hätte, ob das Geschäft für ihn sinnvoll ist (so schon die EBRV im Hinblick auf das „Haustürgeschäft“ im KSchG, 744 BlgNR 14. GP 17 f). Nicht zuletzt verhindert die Vorschrift auch das Entstehen fragwürdiger Geschäftspraktiken gerade im sensiblen Bereich der Finanzdienstleistungen und trägt dabei zur Stärkung des Vertrauens in die Finanzbranche bei, was wiederum das Funktionieren der Kapitalmärkte befördert (Winternitz/Aigner, WAG 42). 4 Die beiden Schutzziele finden sich auch in den Schutzinstrumenten wieder. Der situativen Unterlegenheit des Verbrauchers wird in § 3 KSchG und (modifiziert) § 63 Abs 2 WAG mit der Einräumung eines Rücktrittsrechts begegnet, wodurch sich der Verbraucher nach einer angemessenen Überlegungsfrist wieder vom Vertrag lösen kann (dazu Kalss/Lurger, Rücktrittsrechte 39 ff). Durch die Möglichkeit, eine in situativer Unterlegenheit getroffene Entscheidung nochmals unbeeinflusst zu überdenken, wird letztlich die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchersgewahrt (Riesenhuber, System 331, 343 ff). Primär dem Schutz der Privatsphäre des Verbrauchers ist das Verbot bestimmter Anbahnungspraktiken nach § 63 Abs 1 verschrieben.
III. Verbrauchergeschäft als Anwendungsvoraussetzung 5 § 63 bezieht sich auf Verbraucher iSd § 1 Abs 1 Z 2 KSchG. Unter-
nehmer ist nach dieser Gesetzesbestimmung jemand, für den das betreffende Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört. Ver580
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braucher ist dagegen jemand, für den dies nicht zutrifft (dazu Krejci in Krejci (Hrsg], Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz 209 ff). Der Verbraucher ist somit entweder überhaupt nicht Unternehmer, oder das in Frage stehende Geschäft gehört nicht zu seinem Unternehmen (Mayrhofer/Nemeth in Klang3 § 1 KSchG Rz 2). Auch eine an sich unternehmerisch tätige Person kann daher Verbraucher sein, wenn sie Geschäfte schließt, die nicht unternehmerischen, sondern privaten Zwecken dienen. Im Bereich der Finanzdienstleistungen wird man die Grenze danach ziehen, ob das betreffende Geschäft das Betriebsvermögen oder das Privatvermögen betrifft; im letztgenannten Fall handelt es sich dann um ein Verbrauchergeschäft (Kosesnik-Wehrle, ZFR 2007, 184). Das Gesetz geht bei Verbrauchergeschäften von einer typischerweise 6 vorhandenen Ungleichgewichtslage aus; auf eine tatsächliche Ungleichgewichtslage kommt es dagegen aus Gründen der Rechtsklarheit und der Einfachheit der Rechtsdurchsetzung nicht an (Krejci in Rummel ABGB II/43 § 1 KSchG Rz 1). Nach hM ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs um jene Fälle, in denen eine Ungleichgewichtslage tatsächlich nicht vorliegt, unzulässig, weil das KSchG zur Bewerkstelligung des Verbraucherschutzes „pragmatischer Rechtssicherheit den Vorrang gegenüber problematischer Einzelfallgerechtigkeit“ einräumt (Krejci in Rummel ABGB II/43 § 1 KSchG Rz 5; vgl auch Kathrein in KBB² § 3 KSchG Rz 1; Mayrhofer/Tangl in Klang³ § 3 KSchG Rz 4; Apathy in Schwimann V³ § 3 KSchG Rz 2). Dagegen will F. Bydlinski unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs um jene Fallgruppen vornehmen, die sich umschreiben lassen und außerhalb des Gesetzeszwecks liegen; dies sind seiner Ansicht nach zB qualifizierte Berufsausbildung, Berufserfahrung und Berufsstellung, die im Einzelfall den Verdacht situativer Unterlegenheit entkräften können (F. Bydlinski, AcP 2004, 385 ff [insb 387 f]; vgl auch F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts 729 ff). Das Abstellen auf den Verbraucher ist demnach iS einer starken gesetzlichen Vermutung zu verstehen, die aber im Wege der teleologischen Reduktion des Verbraucherbegriffs hinsichtlich eng gefasster, umschreibbarer Fallgruppen, in denen ein Schutzbedürfnis evidentermaßen nicht vorliegt, doch widerleglich ist (F. Bydlinski, AcP 2004, 389). Unabhängig von der Richtigkeit dieser Ansicht für das Verbraucherschutzrecht als solches spricht doch im Hinblick auf die besondere Interessenlage bei den von § 63 WAG erfassten Konstellationen einiges dafür, diesen Ansatz zumindest im Rahmen dieser Vorschrift zur Vermeidung allfälliger Härten im Einzelfall heranzuziehen. 581
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IV. Beschränkung der Haustürwerbung A. Tatbestand 7 § 63 Abs 1 beschränkt – wie bereits § 12 Abs 1 WAG aF – das per-
sönliche Aufsuchen von Anlegern mit Verbrauchereigenschaft zum Zwecke der Werbung für Finanzinstrumente und Veranlagungen („Haustürwerbung“; Karpf, Verbraucherschutz 47). Das Aufsuchen des Verbrauchers ist vom Gesetzeswortlaut her nicht auf die Wohnung des Verbrauchers beschränkt, sondern kann auch an anderen Stellen stattfinden, an denen der Verbraucher nicht damit rechnet. Der Verbraucher ist somit nicht nur zu Hause, sondern auch an anderen Orten, zB am Arbeitsplatz, geschützt (Karpf, Verbraucherschutz 47 FN 172). Der Begriff der Werbung für den Erwerb von Finanzinstrumenten oder Veranlagungen ist jedenfalls zur Hintanhaltung von Umgehungsmöglichkeiten weit auszulegen (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 61; Winternitz/Aigner, WAG 43). Darunter fällt jede an eine Person gerichtete geschäftliche Anpreisung von Waren oder Leistungen mit dem Ziel der Absatzförderung und der Leistungsverwertung durch Geschäftsabschlüsse mit Kunden (Karpf, Verbraucherschutz 52). Auch eine diesen Zwecken dienende Information erfüllt daher das Tatbestandselement der Werbung, wenn sie mittelbar oder unmittelbar dem Absatz der eigenen Waren oder Dienstleistungen förderlich ist (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 61). Damit fällt die Anbahnung eines Vermögensverwaltungsvertrages ebenso unter die Bestimmung, weil es nach Vertragsabschluss im Rahmen der Vermögensverwaltung regelmäßig zu einem Erwerb von Finanzinstrumenten kommt (Winternitz/Aigner, WAG 43). Keine Werbung für den Erwerb liegt indes vor, wenn – wie bei der „reinen Vermögensberatung“ – der Berater selbst kein Absatzinteresse an bestimmten Produkten oder Dienstleistungen hat (Karpf, Verbraucherschutz 52 f; Winternitz, WAG § 12 Rz 21; Winternitz/Aigner, WAG 43). 8 Für die Einladung sieht das Gesetz keine bestimmte Form vor, sodass diese auch mündlich, fernmündlich oder über elektronische Kommunikation erteilt werden kann (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 60). Auch im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung darf ein Besuch in Ermangelung einer entsprechenden Ausnahme nur nach vorheriger Einladung erfolgen (Karpf, Verbraucherschutz 53); aus diesem Grund ist zweifelhaft, ob Vorabzustimmungen zum Aufsuchen eines Kunden dem Erfordernis der Einladung genügen (Kalss/Oppitz/ Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 60). Auch konkludente Einladungen sind auf Grund der gesetzlichen Formfreiheit der Einladung denk582
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bar (Karpf, Verbraucherschutz 53; Winternitz, WAG § 12 Rz 23; Winternitz/Aigner, WAG 43), doch muss dazu ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers keinen vernünftigen Grund zu zweifeln übrig lassen, dass der Verbraucher einen Besuch des Unternehmers wünscht. Ein allgemeines Auskunftsverlangen wird demnach noch nicht als Einladung zu einem Hausbesuch zu werten sein. Gleiches gilt für die Anforderung von Informationsmaterial durch den Verbraucher, weil auch dieses Verlangen des Verbrauchers nicht unbedingt den Besuch des Unternehmers umfasst (vgl Winternitz, WAG § 12 Rz 24; Kosesnik-Wehrle, ZFR 2007, 185). Im Schrifttum wird zuweilen gefordert, dass sich die Einladung des 9 Verbrauchers bereits auf bestimmte Finanzinstrumente oder Veranlagungen beziehen muss, die in der Folge tatsächlich verkauft werden („kongruente Einladung“, Kosesnik-Wehrle, ZFR 2007, 185). Dem ist freilich nicht zu folgen. Der Gedanke einer kongruenten Anbahnung stammt aus der Dogmatik des Rücktrittsrechts nach § 3 KSchG und grenzt dort den Ausnahmetatbestand der Selbstanbahnung durch den Verbraucher ab. Das Rücktrittsrecht ist demnach nur dann ausgeschlossen, wenn der Verbraucher gegenüber dem späteren Vertragspartner zum Ausdruck bringt, in Verhandlungen über den Abschluss eines konkret bestimmten Rechtsgeschäfts treten zu wollen (OGH 16. 02. 2005, 3 Ob 112/04 y, ÖJZ 2005, 631; Welser, Anmerkungen zum Konsumentenschutzgesetz, JBl 1979, 449 [454]; Krejci in Rummel II/23 § 3 KSchG Rz 27; Apathy in Schwimann V3 § 3 KSchG Rz 12; Kathrein in KBB² § 3 KSchG Rz 5). Das Erfordernis einer kongruenten Anbahnung im KSchG folgt dem Gedanken, dass sich der Verbraucher eine etwaige nachteilige Beeinflussung bei seiner Entscheidung selbst zuzuschreiben hat, wenn die Initiative zu einem bestimmten Geschäftsabschluss von ihm selbst ausgegangen ist (vgl OGH 12. 02. 1998, 6 Ob 305/97 i, wobl 1999/66; OGH 16. 02. 2005, 3 Ob 112/04 y, ÖJZ 2005, 631). Im vorliegenden Fall geht es bei der Beschränkung der „Haustürwerbung“ freilich nicht so sehr um die Beeinflussung der Willensbildung des Verbrauchers, sondern um den Schutz seiner Privatsphäre. Vor einer allfälligen Überrumpelung wird der Verbraucher primär über das Rücktrittsrecht geschützt. Es ist daher für eine wirksame Einladung iSd Abs 1 allein entscheidend, ob der Verbraucher dem Besuch durch den Unternehmer zugestimmt hat oder nicht; das Inaussichtstellen eines bestimmten Geschäfts ist dabei nicht erforderlich.
B. Rechtsfolgen eines Verstoßes Wer als Verantwortlicher eines Rechtsträgers iSd § 9 VStG gegen das 10 Verbot der Haustürwerbung verstößt, begeht nach § 95 Abs 2 Z 1 eine 583
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Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis € 50.000,– zu bestrafen. Darüber hinaus erfüllen Verstöße gegen § 63 Abs 1 die Fallgruppe des Rechtsbruchs iSd § 1 UWG, wenn dies mit dem Zweck geschieht, durch den Rechtsbruch einen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern zu gewinnen (ausführlich dazu Karpf, Verbraucherschutz 61 ff). 11 Fraglich ist, ob die im Rahmen einer unzulässigen Haustürwerbung geschlossenen Verträge gültig sind. Nach einzelnen Stimmen in der Literatur sollen diese Verträge nach § 879 ABGB nichtig sein; dies erfordere der Zweck der Verbotsnorm, weil ansonsten ein Anreiz der Unternehmer zu den an sich verbotenen Werbeformen bestehen bliebe und der Verbraucher vor einer solchen Überrumpelung geschützt werden soll (Karpf, Verbraucherschutz 54, 107 f). Aus unserer Sicht ist freilich der Wettbewerb durch das Regime des UWG sowie der Verbraucher durch das Regime des KSchG (insb durch das Rücktrittsrecht des § 3) bzw durch das allgemeine Zivilrecht bei Vorliegen von Willensmängeln ausreichend geschützt, sodass es der Annahme einer Vertragsnichtigkeit nicht bedarf (ebenso Ruhm, Hedge Fonds – Struktur, Risiko und Anlegerschutz in Österreich, ZFR 2008, 21 [24]). Im Übrigen betrifft das Verbot lediglich Art, Ort bzw Zeit eines Geschäftsabschlusses, was nach allgemeinen Regeln für die Gültigkeit von entgegen dem Verbot geschlossenen Geschäften spricht (Winternitz, WAG § 12 Rz 27). 12 Ein Zuwiderhandeln gegen das Verbot kann ferner Ansprüche nach Lauterkeitsrecht sowie Unterlassungsansprüche nach allgemeinem Zivilrecht nach sich ziehen. Vgl dazu auch bei § 62 Rz 12 ff.
V. Rücktrittsrecht A. Haustürgeschäft im Sinn des § 3 KSchG 13 Ein Rücktrittsrecht steht einem Verbraucher nach § 3 KSchG dann zu,
wenn er seine Vertragserklärung weder in den vom Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke dauernd benützten Räumen noch bei einem von diesem dafür auf einer Messe oder einem Markt benützten Stand abgegeben hat (vgl dazu Schilcher in Krejci [Hrsg], Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz 271 ff; Schuhmacher, Verbraucherschutz 360 ff; Kalss/Lurger, Rücktrittsrechte 39 ff, 67 ff). Dem ist nach § 3 Abs 2 KSchG die Situation gleichzuhalten, in welcher der Unternehmer oder ein mit ihm zusammenwirkender Dritter den Verbraucher im Rahmen einer Werbefahrt, einer Ausflugsfahrt oder einer ähnlichen 584
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Veranstaltung oder durch persönliches, individuelles Ansprechen auf der Straße in die vom Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke benützten Räume gebracht hat. Das Gesetz will in diesem Fall mittels eines Situationsrücktritts einer in der Anbahnungs- bzw Abschlussphase drohenden Gefahr der Überrumpelung, Übereilung oder situativer Unterlegenheit des Verbrauchers begegnen (Kalss/Lurger, Rücktrittsrechte 39 ff). Eine Überrumpelung des Verbrauchers muss aber nach hM nicht tat- 14 sächlich vorgelegen sein. Wenn die im Tatbestand des § 3 KSchG typisierten Überrumpelungsmerkmale vorliegen, besteht nach hM auch dann ein Rücktrittsrecht des Verbrauchers, wenn der Unternehmer beweisen kann, dass der Verbraucher das Geschäft ausreichend überlegt geschlossen hat (Apathy in Schwimann ABGB VI3 § 3 KSchG Rz 2; Krejci in Rummel ABGB II/23 § 3 KSchG Rz 5; aA Schilcher in Krejci [Hrsg], Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz 295; darauf eingehend Schuhmacher, Verbraucherschutz 363 ff). Das Gesetz stellt somit nach der hM die unwiderlegliche Vermutung auf, dass ein Verbraucher bei einem Haustürgeschäft vom Unternehmer überrumpelt worden ist. Eine Mindermeinung, der die Rsp allerdings bis dato nicht gefolgt ist, gibt dem Unternehmer die Möglichkeit, das Nichtvorliegen einer Überrumpelung zu beweisen, was den Entfall des Rücktrittsrechts zur Folge hätte (so Schilcher in Krejci [Hrsg], Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz 295). Bei Ordererteilung unter Zuhilfenahme eines Fernkommunikati- 15 onsmittels (zB Post, Telefon, Telefax, E-Mail, Internet) greift das Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG regelmäßig nicht ein, weil der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs 3 Z 2 erfüllt ist, wenn der Ordererteilung keine Besprechungen zwischen den Beteiligten oder ihren Beauftragten vorausgehen (vgl auch Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 47). In diesem Fall ist der Verbraucher nicht den Überredungskünsten des Unternehmers ausgesetzt, und es besteht daher auch nicht die Gefahr einer Überrumpelung (Schopper, Zum Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG beim Vertragsabschluss per Fax, ÖBA 2005, 35 [38]). Nach der neueren Rsp besteht indes auch ein Rücktrittsrecht bei Vertragserklärungen, die der Verbraucher per Telefax übermittelt, sofern eine typische Überrumpelungssituation vorliegt (OGH 28. 07. 2004, 7 Ob 78/04 b, ÖBA 2005/1252, 60; anders noch OGH 10. 03. 1992, 5 Ob 509/92, JBl 1992, 796). In diesem Zusammenhang ist allerdings auch das auf einer vollharmonisierten RL beruhende FernFinG zu beachten. Insofern das FernFinG für bestimmte Konstellationen – etwa bei Folgeleistungen, die auf einer Grundvereinbarung basieren (§ 2 Abs 1 FernFinG), oder bei spekulativen Geschäften (§ 10 Z 1 FernFinG) – kein Rücktrittsrecht 585
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vorsieht, muss diese Ausnahme auch für ein eventuell bestehendes Rücktrittsrecht nach KSchG gelten, weil sonst die Vorgaben der RL über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher (2000/65/EG) nicht hinreichend umgesetzt wären (Schopper, Zum Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG beim Vertragsabschluss per Fax, ÖBA 2005, 35 [41]; Vonkilch, Rücktritt nach § 3 KSchG beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen?, RdW 2004, 710).
B. Modifikation durch das WAG 16 Hat der Kunde den Vertragsabschluss selbst angebahnt, so entfällt nach
§ 3 Abs 2 KSchG das Rücktrittsrecht (Krejci in Rummel II/23 § 3 KSchG Rz 22 ff). Unter Anbahnung durch den Verbraucher ist ein Verhalten zu verstehen, durch welches der Verbraucher gegenüber dem späteren Vertragspartner zum Ausdruck bringt, in Verhandlungen über den Abschluss eines konkret bestimmten Rechtsgeschäfts treten zu wollen (OGH 16. 02. 2005, 3 Ob 112/04 y, ÖJZ 2005, 631), wenn also aus dem Verhalten des Verbrauchers eindeutig der Schluss folgt, dass von ihm die Initiative zum Abschluss eines bestimmten Geschäfts ausgeht (OGH 24. 11. 1982, 3 Ob 669/82, JBl 1984, 44). IS einer kongruenten Anbahnung muss der Verbraucher gerade jenen Vertrag angebahnt haben, den er später auch geschlossen hat (Welser, Anmerkungen zum Konsumentenschutzgesetz, JBl 1979, 449 [454]; Krejci in Rummel II/23 § 3 KSchG Rz 27; Apathy in Schwimann V3 § 3 KSchG Rz 12; Kathrein in KBB² § 3 KSchG Rz 5; siehe auch oben Rz 9). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine Einladung zu einem Besuch von der Rsp nicht immer als Anbahnung durch den Verbraucher gewertet wird; will sich der Verbraucher nur allgemein informieren, und schließt er im Zuge dieser „Information“ einen Vertrag, so hat er diesen Vertrag nicht angebahnt (OGH 30. 06. 1982, 1 Ob 637/82, SZ 55/96; vgl auch OGH 08. 11. 1983, 2 Ob 546/82, EvBl 1984/98; OGH 13. 02. 2002, 2 Ob 11/02 k, RdW 2002/344, 337; Karpf, Verbraucherschutz 72). 17 Im Anwendungsbereich des WAG ordnet § 63 Abs 2 allerdings an, dass bei Erwerb einer Veranlagung iSd § 1 Abs 1 Z 3 KMG oder von Anteilen an einem in- oder ausländischen Kapitalanlagefonds oder ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen, dem Verbraucher das Rücktrittsrecht des § 3 KSchG auch dann zusteht, wenn die Anbahnung durch den Verbraucher selbst stattgefunden hat. Andere Wertpapiere werden von dieser Bestimmung nicht erfasst; für sie gelten die allgemeinen Regeln des § 3 KSchG und damit auch der Ausschluss des Rücktrittsrechts bei Selbstanbahnung (Kalss/Lurger, Rücktrittsrechte 42 FN 182). Damit sieht 586
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der Gesetzgeber im WAG allerdings von einem typischen Merkmal der Überrumpelung des Verbrauchers ab, wenn er den Rücktritt auch bei Anbahnung durch den Verbraucher zulässt (Kalss/Lurger, JBl 1998, 166 f; Kalss/Lurger, Rücktrittsrechte 70 f). Die Entscheidung des Gesetzgebers, das Rücktrittsrecht bei einzelnen Anlageprodukten zu erweitern, ist insofern inkonsequent, als die erfassten Produkte nicht unbedingt besonders risikoreich sein müssen (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 6 Rz 63; siehe auch Karpf, Verbraucherschutz 68).
C. Ausübung des Rücktrittsrechts Der Rücktritt bedarf nach § 3 Abs 4 KSchG der Schriftform; diese ist 18 nach dem Gesetz bereits dann gewahrt, wenn der Verbraucher ein Schriftstück, das seine Vertragserklärung oder die des Unternehmers enthält, dem Unternehmer oder dessen Beauftragten, der an den Vertragsverhandlungen mitgewirkt hat, mit einem Vermerk zurückstellt, der erkennen lässt, dass der Verbraucher das Zustandekommen oder die Aufrechterhaltung des Vertrages ablehnt. Das Rücktrittsrecht ist zudem zeitlich befristet: Der Rücktritt vom 19 Vertragsantrag bzw Vertrag kann nach § 3 Abs 1 KSchG bis zum Zustandekommen des Vertrags oder danach binnen einer Woche erklärt werden. Diese Frist beginnt mit der Ausfolgung einer Urkunde an den Verbraucher, die zumindest den Namen und die Anschrift des Unternehmers, die zur Identifizierung des Vertrags notwendigen Angaben sowie eine Belehrung über das Rücktrittsrecht enthalten muss. Sie beginnt frühestens jedoch mit dem Zustandekommen des Vertrags zu laufen. Es genügt nach § 3 Abs 4 KSchG, wenn die Erklärung innerhalb dieses Zeitraumes abgesendet wird. Die Belehrung über das Rücktrittsrecht ist dem Verbraucher anlässlich der Entgegennahme seiner Vertragserklärung auszufolgen. Wird der Verbraucher nicht belehrt, so kann er zeitlich unbefristet vom Vertrag zurücktreten (Kosesnik-Wehrle in Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer/Langer KSchG2 § 3 Rz 14). Durch das ZivRÄG 2004 wurde nämlich die ursprünglich enthaltene Regel, wonach das Rücktrittsrecht spätestens einen Monat nach vollständiger Erfüllung des Vertrages erlischt, im Lichte der Entscheidung des EuGH Heininger (Rs C-481/99, Slg 2001, I-9945) ersatzlos gestrichen (dazu Kosesnik-Wehrle in Kosesnik-Wehrle ua, KSchG² § 3 Rz 14; Mayrhofer/Tangl in Klang³ § 3 KSchG Rz 12, 76). Mittlerweile hat der EuGH seine Rsp zur Befristung des Rücktrittsrechts allerdings mit der E Hamilton (EuGH Rs C-412/06, ZFR 2008/ 79, 135 [Linder]) weiterentwickelt; eine Regelung, wonach das Rücktrittsrecht einen Monat nach vollständiger Durchführung des Vertrages 587
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erlischt, ist demnach mit der Haustürwiderrufs-RL vereinbar. Auch wenn die Motivation des Gesetzgebers dadurch im Nachhinein in einem anderen Licht erscheint, bleibt die durch das ZivRÄG 2004 hergestellte Rechtslage bis zu einer allfälligen Änderung aufrecht (ausführlich Vonkilch, EuGH: Befristung des Rücktrittsrechts beim Haustürgeschäft trotz unterbliebener Belehrung zulässig, RdW 2008, 760 [762 ff]). 20 Darüber hinaus ist zu fragen, inwieweit Bestimmungen aus dem Kapitalmarkt- bzw Gesellschaftsrecht einem Verbraucherrücktritt entgegenstehen können. Bei direktem Erwerb der Aktien von einer AG richtet sich das Rücktrittsrecht nach dem Zeitpunkt seiner Ausübung: Bis zur Eintragung kann der Anleger seine Aktienübernahmserklärungen auch nach zivilrechtlichen Grundsätzen noch lösen; ein Verbraucherrücktritt ist bis zu diesem Zeitpunkt (mit ex-tunc-Wirkung) noch möglich. Ab Eintragung der Durchführung kann der Anleger allerdings nicht mehr zurücktreten, sondern nur mit ex nuncWirkung austreten, weil ansonsten die Interessen der übrigen Anleger bzw der Gesellschaftsgläubiger gefährdet wären (Kalss/Lurger, Rücktrittsrechte 116 ff). Bei Erwerb der Aktien, die zuvor von einem Kreditinstitut oder sonstigen Finanzdienstleister fest übernommen worden sind, kann der Anleger nach den allgemeinen Regeln zurücktreten (Kalss/Lurger, Rücktrittsrechte 118); das gilt ebenso bei Beitritt zu einem Fonds (Kalss/Lurger, Rücktrittsrechte 120). Beim Handel mit sonstigen Wertpapieren kann grundsätzlich nach § 3 KSchG zurückgetreten werden; beim börslichen Handel ergeben sich daraus allerdings praktische Schwierigkeiten, weil die Wertpapiere nur dem ursprünglichen Vertragspartner rückübertragen werden dürfen (Kalss/ Lurger, Rücktrittsrechte 120 f). In dieser Variante stehen einem Rücktritt des Verbrauchers somit rechtliche wie faktische Gründe entgegen: Aus rechtlichen Gründen darf er bei Rücktritt die Aktien nur an seinen unmittelbaren Vormann rückübertragen, dieser Vormann ist aber beim Handel über die Börse oft schwer zu ermitteln.
D. Folgen des Rücktritts 21 Tritt der Verbraucher zurück, so ist das Geschäft zwischen dem Ver-
braucher und dem Verkäufer der Wertpapiere, der idR nicht mit dem Vermittler ident ist (!), rückabzuwickeln. Die Rückabwicklung des Vertrages folgt in Ermangelung einer Sonderregel nach § 4 KSchG. Der Unternehmer hat dem Verbraucher alle empfangenen Leistungen samt gesetzlichen Zinsen vom Empfangstag an zurückzuerstatten und den vom Verbraucher auf die Sache gemachten notwendigen und nützlichen Aufwand zu ersetzen. Der Verbraucher hat Zug um Zug die 588
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empfangenen Leistungen zurückzustellen und ein angemessenes Entgelt für die Benützung einschließlich einer Entschädigung für eine damit verbundene Minderung des gemeinen Werts der Leistung zu zahlen (§ 4 Abs 1 KSchG). Ist eine Rückstellung der vom Unternehmer bereits erbrachten Leistungen unmöglich oder untunlich, so hat der Verbraucher dem Unternehmer deren Wert nur insoweit zu vergüten, als sie ihm zum klaren und überwiegenden Vorteil gereichen (§ 4 Abs 2 KSchG). Nach dem Gesetz wirkt die Rückabwicklung ex tunc, also auf den Vertragsschlusszeitpunkt zurück (Kosesnik-Wehrle in KosesnikWehrle/Lehofer/Mayer/Langer KSchG2 § 4 Rz 5; Mayrhofer in Klang3 § 4 KSchG Rz 4 f).
E. Rechtspolitische Würdigung Ein Rücktrittsrecht des Verbrauchers bei spekulativen Geschäften 22 (Vonkilch, Das neue Rücktrittsrecht beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, in Fletzberger/Schopper, Fernabsatz von Finanzdienstleistungen 106) birgt die Gefahr, dass der Verbraucher damit auf Kosten des Anbieters der Finanzdienstleistung spekulieren könnte: Solange der Kunde noch zurücktreten kann, ergibt sich für ihn die Möglichkeit einer risikolosen Spekulation, weil er selbst bei mittlerweile eingetretenen Kursverlusten immer noch von der Veranlagung grundlos Abstand nehmen kann. Nach hM kann der zurücktretende Anleger dann die investierte Summe zur Gänze zurückverlangen, während er selbst bloß die wertgeminderten Anlageprodukte zurückstellen müsste (Kalss/Lurger, Rücktrittsrechte 111), weil das KSchG dem Unternehmer das Risiko des zufälligen Untergangs bzw der zufälligen Verschlechterung seiner Leistung während der Rücktrittsfrist überbürdet. Diese gesetzgeberische Wertung erfuhr schon im Begutachtungsverfahren Kritik (Doralt/Koziol, Stellungnahme 22), die kritischen Stimmen wurden aber in der endgültigen Formulierung ignoriert (vgl dazu Krejci in Rummel II/23 § 4 KSchG Rz 23 mwN). Die Möglichkeit, bei Eintritt eines Kursverlustes während der Rück- 23 trittsfrist auf Grund eines formal konzipierten Rücktrittsrechts vom Vertrag zurücktreten zu können und damit das Kursrisiko auf den Vertragspartner zu überwälzen, kann allerdings nicht generell mit dem Hinweis auf Verbraucherschutzgesichtspunkte gerechtfertigt werden (Vonkilch, Das neue Rücktrittsrecht beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, in Fletzberger/Schopper, Fernabsatz von Finanzdienstleistungen 106). In Teilbereichen hat der Gesetzgeber dieses Problem aufgegriffen und sich gegen einen Verbraucherrücktritt entschieden. So sieht § 10 FernFinG – freilich basierend auf Vorgaben einer voll harmonisierten Richtlinie (zu dieser Schütz in Fletzberger/ 589
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Brandl/Klausberger
Schopper, Fernabsatz von Finanzdienstleistungen 18) – Ausnahmen vom Rücktrittsrecht vor (zum Verhältnis von FernFinG und § 3 KSchG siehe Vonkilch, RdW 2004, 710). Bei Verträgen über Finanzdienstleistungen, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat, und die innerhalb der Rücktrittsfrist auftreten können, kann der Verbraucher nicht zurücktreten (Vonkilch, Das neue Rücktrittsrecht beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, in Fletzberger/Schopper, Fernabsatz von Finanzdienstleistungen 106 f). Die Erl führen dazu aus, der Verbraucher könne bei solchen Geschäften deshalb nicht vom Vertrag zurücktreten, weil die von ihm erworbenen Finanzwerte zwischen Vertragsabschluss und Ende der Rücktrittsfrist an Wert verlieren. Das Kurs- und Währungsrisiko solle – so die Erl – nicht auf den Anbieter verlagert werden, sondern beim Verbraucher verbleiben (467 Blg NR 22. GP 15). Dies entspreche den Vorgaben der – voll harmonisierten – Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen. Vonkilch hebt in diesem Zusammenhang mit Recht hervor, diese Ausnahme verhindere, dass der Verbraucher auf Kosten des Unternehmers spekuliert, denn das Verbraucherschutzrecht solle derartig opportunistischem Verhalten nicht Vorschub leisten (Vonkilch, Das neue Rücktrittsrecht beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, in Fletzberger/Schopper, Fernabsatz von Finanzdienstleistungen 106). 24 Das KSchG kennt im Gegensatz zum jüngeren FernFinG keinen Aus-
nahmetatbestand. Die Haustürwiderrufs-Richtlinie (RL 85/577/EWG), welche als Vorbild für die Regelung des KSchG gedient hat, sieht in Art 3 Abs 2 lit 3 eine Ausnahme für Verträge über Wertpapiere vor, die der österreichische Gesetzgeber allerdings nicht rezipiert hat (Kalss/ Lurger, Rücktrittsrechte 112). Art 20 Z 2 lit b des Vorschlags für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher (KOM[2008] 614 endg) beinhaltet einen Ausschluss des Rücktrittsrechts für Finanzdienstleistungen, deren Preise auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegen, auf die der Gewerbetreibende keinen Einfluss hat. Da der RL-Entwurf in Art 4 eine vollständige Harmonisierung anstrebt, wäre der Gesetzgeber zur Umsetzung dieser Ausnahme verpflichtet, sollte der Vorschlag in dieser Form verabschiedet werden. 25 In der Lit wurde de lege ferenda vertreten, dem Verbraucher zwar das
Rücktrittsrecht prinzipiell zuzugestehen, die Wirkungen aber bei spekulativen Geschäften nur ex nunc eintreten zu lassen. Damit wäre der Verbraucher vor Übereilung geschützt; er hätte aber nicht die Möglichkeit, das Spekulationsrisiko auf den Unternehmer zu überwälzen, weil Wertänderungen bis zur tatsächlichen Ausübung des Rücktrittsrechts beachtlich wären (Vonkilch, VR 2004, 10; idS auch Kalss/Lur590
Haustürgeschäfte
§ 63
ger, Rücktrittsrechte 114; krit Harrer in Dullinger/Kaindl, Jahrbuch 48). Es ist zu bedauern, dass der Gesetzgeber anlässlich des WAG 2007 auf die aktuelle Entwicklung sowie die kritischen Stimmen in der Lehre nicht reagiert hat. Damit wird jener Wertungswiderspruch prolongiert, dass der Verbraucher beim Fernabsatz von der Rechtsordnung weniger geschützt wird, obwohl er dort insofern schützenswerter ist, als – im Gegensatz zum Haustürgeschäft – überhaupt keine persönliche Beratung durch den Unternehmer bzw seine Repräsentanten stattfindet.
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3. Hauptstück
1. Abschnitt Melde- und Veröffentlichungspflichten Meldepflichten § 64. (1) Meldepflichtige Institute haben der FMA jedes Geschäft mit meldepflichtigen Instrumenten (Abs. 2) unverzüglich, spätestens an dem auf den Tag des Geschäftsabschlusses folgenden Bankarbeitstag gemäß Abs. 3 zu melden. Meldepflichtige Institute sind: 1. Kreditinstitute gemäß § 1 Abs. 1 BWG, 2. inländische Zweigstellen von Kreditinstituten und Finanzinstituten gemäß den §§ 9 ff BWG und inländische Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 12 Abs. 1, 3. die Oesterreichische Nationalbank und 4. anerkannte Wertpapierfirmen mit Sitz in einem Drittland (§ 15 Abs. 1 Z 3 BörseG) und Unternehmen mit Sitz in einem Drittland (§ 15 Abs. 1 Z 4 BörseG), die Mitglied einer Wertpapierbörse im Sinne des Börsegesetzes sind, sowie an einer Wertpapierbörse im Sinne des Börsegesetzes tätige Mitglieder einer Kooperationsbörse (§ 15 Abs. 5 BörseG). (2) Meldepflichtige Instrumente sind alle Finanzinstrumente gemäß § 1 Z 6, die zum Handel an einem geregelten Markt im Sinne von § 1 Abs. 2 BörseG zugelassen sind oder, sofern es sich nicht um Anteile an Kapitalanlagefonds handelt, für die ein Antrag auf Zulassung zum Handel auf einem geregelten Markt gestellt wurde, unabhängig davon, ob dieses Geschäft an einem geregelten Markt 593
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abgeschlossen oder abgewickelt wurde. Meldepflichtige Instrumente im Sinne dieser Bestimmung sind auch solche Instrumente, die nicht zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, wenn ihr Wert von einer Aktie oder von einem aktienähnlichen Wertpapier abhängt, sofern diese Aktie oder dieses aktienähnliche Wertpapier entweder zum Handel an einem inländischen geregelten Markt zugelassen ist oder für diese Aktie oder dieses aktienähnliche Wertpapier ein Antrag auf Zulassung zum Handel an einem inländischen geregelten Markt gestellt wurde, oder wenn ihr Wert von einem Derivat auf eine solche Aktie oder ein solches aktienähnliches Wertpapier abhängt. (3) Die Meldungen gemäß Abs. 1 haben die in Tabelle 1 des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Angaben in Bezug auf die jeweilige Kategorie des meldepflichtigen Instruments zu beinhalten und sind in elektronisch lesbarer Form unter Einhaltung der in Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1287/ 2006 genannten Kriterien zu übermitteln. Einzelne Meldeinhalte können ganz oder teilweise entfallen, wenn die FMA gegenüber dem meldepflichtigen Institut eine Erklärung gemäß Art. 13 Abs. 1 zweiter Satz der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 abgegeben hat. (4) Die FMA hat die gemäß Abs. 3 gemeldeten Angaben unter Einhaltung der in Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 vorgesehenen Bestimmungen an die in Art. 14 Abs. 1 lit. a bis c der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Stellen zu übermitteln und ihrerseits Vorkehrungen für den Austausch der Meldungen mit anderen zuständigen Behörden zu treffen. (5) Die FMA ist ermächtigt, Verordnungen über die Meldungen zu erlassen; bei der Erlassung dieser Verordnungen hat sie auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Wertpapierwesen Bedacht zu nehmen. In diesen Verordnungen können geregelt werden: 1. die Verwendung von Datenträgern zur Übermittlung von meldepflichtigen Daten, wenn die in Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Anforderungen erfüllt werden; 2. zusätzliche meldepflichtige Angaben hinsichtlich meldepflichtiger Instrumente, sofern die Voraussetzungen gemäß Art. 13 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 vorliegen; 3. Angaben, die gemäß Art. 13 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 der Identifizierung von Kunden dienen, für die das meldepflichtige Institut das Geschäft ausgeführt hat; 4. die Zulassung von Melde- oder Abwicklungssystemen, sofern diese Systeme die in Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 594
Meldepflichten
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vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen, die Meldungen innerhalb der gemäß Abs. 1 vorgeschriebenen Frist an die FMA weitergeleitet werden, die Wahrnehmung der Aufsichtstätigkeit hierdurch nicht beeinträchtigt wird und den Anforderungen der §§ 10 und 11 Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, entsprochen wird; 5. bei meldepflichtigen Instituten kann die Meldung auch durch einen geregelten Markt oder ein MTF, über deren Systeme die Geschäfte abgewickelt wurden, oder einen geeigneten Dritten erfolgen, bei Kreditinstituten, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, insbesondere durch das zuständige Zentralinstitut; Wird die Meldung über ein zugelassenes Meldesystem gemäß Z 4 oder durch einen geregelten Markt oder ein MTF, über deren Systeme die Geschäfte abgewickelt wurden, erstattet, gilt die Meldepflicht des meldepflichtigen Instituts als erfüllt; in diesem Fall haben die meldepflichtigen Institute der mit der Meldung betrauten Stelle alle zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen zu übermitteln; die Auskunftspflichten des meldepflichtigen Instituts gegenüber der FMA bleiben hiervon unberührt. (6) Ausgenommen von der Meldepflicht nach den vorstehenden Absätzen sind Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 des Investmentfondsgesetzes 1993, Kapitalanlagegesellschaften für Immobilien gemäß § 2 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes, Mitarbeitervorsorgekassen gemäß § 18 des betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes und die Oesterreichische Nationalbank hinsichtlich ihrer währungspolitischen Transaktionen. Unbeschadet dieser Ausnahmen sind Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 des Investmentfondsgesetzes 1993, Kapitalanlagegesellschaften für Immobilien gemäß § 2 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes, Mitarbeitervorsorgekassen gemäß § 18 des betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes sowie Wertpapierdienstleistungsunternehmen der FMA hinsichtlich aller von ihnen getätigten Wertpapierdienstleistungen auskunftspflichtig. Schrifttum: CESR, CESR and ERGEG advice to the European Commission, Ref CESR/08–998; CESR, CESR Annual Report for 2008, Ref CESR/09–744; CESR, Call for Evidence on the review of the scope of the MiFID transaction reporting obligation, November 2008, Ref CESR/08–873; CESR, CESR Members enhance supervisory co-operation for branch supervision, Ref CESR/ 08–675; CESR, Changes to the database of Shares admitted to trading on regulated markets, Ref CESR/08–141; CESR, Classification and identification of OTC derivative instruments for the purpose of the exchange of transaction reports amongst CESR Members, 22. Juli 2009, Ref CESR/09–618; CESR,
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Impact of MiFID on equity secondary markets functioning, 10. Juni 2009, Ref CESR/09–355; CESR, CESR Level 3 Guidelines on MiFID Transaction Reporting, Ref CESR/07–301; CESR, A way forward with instrument reference data, Ref CESR/07–413; CESR, MiFID complex and non-complex financial instruments for the purposes of the Directive´s appropriateness requirements, Ref CESR/09–295; CESR, New Arrangements for the reporting of derivatives trades in accordance with MiFID, Ref CESR/07–627 b; CESR, Protocol on the Operation of CESR MiFID Database, Ref CESR/08–144; CESR, Protocol on the Operation of CESR MiFID Database, Ref CESR/09–172; European Securities Commitee, ESC/21/2007 Working Document Mai 2007 Rev 1 Supervision of branches under MiFID; Commission of European Communities; Commission Staff Working Paper accompanying the Commission Communication, Ensuring efficient, safe and sound derivatives markets, SEC(2009) 905 final vom 3. Juli 2009; FMA, Rundschreiben der FMA zur Identitätsfeststellung vom 30. Jänner 2006; Fleischer, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, BKR 2006, 389; Raschauer, Überlegungen zur grenzüberschreitenden Rechtsaufsicht über EWR-Finanzdienstleistungsunternehmen nach MiFID und WAG 2007, RdW 2009, 183. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 64): „Zu § 64 Abs. 1 und 2: Abs. 1 und 2 setzen Art. 25 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG um und schreiben für die taxativ aufgezählten Institute bzw. Rechtsträger Meldepflichten hinsichtlich der von ihnen getätigten Geschäfte mit meldepflichtigen Instrumenten vor. Die im zweiten Satz des Abs. 2 vorgesehene Ausdehnung der Meldepflicht auf Finanzinstrumente, die nicht an einem geregelten Markt gehandelt werden, entspricht im Wesentlichen der bisherigen Regelung im Schlussteil von § 10 Abs. 2 WAG (aF) und ist auch vom Erwägungsgrund Nr. 45 der Richtlinie 2004/39/ EG abgedeckt. Zu § 64 Abs. 3: Abs. 3 setzt Art. 25 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG um und entspricht im Wesentlichen der Vorgängerbestimmung in § 10 Abs. 3 WAG (aF). Im Rahmen der Richtlinie 2004/39/EG werden die Meldeinhalte durch die unmittelbar anwendbare Durchführungsverordnung festgelegt. Der zweite Satz dieser Bestimmung nimmt auf die in Art. 13 Abs. 1 zweiter Satz der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 angeführte Erklärungspflicht Bezug. Die Informationen sind der FMA nur insoweit zu übermitteln, als diese der FMA nicht bereits anderweitig zur Verfügung stehen. Zu § 64 Abs. 4: Abs. 4 setzt Art. 25 Abs. 3 zweiter Unterabsatz sowie Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG um und schreibt eine Pflicht der FMA zur Übermittlung der Daten an jene Behörde vor, die für den Markt zuständig ist, der für das jeweilige Finanzinstrument als unter Liquiditätsaspekten wichtigster gilt. Der unter Liquiditätsaspekten wichtigste Markt bestimmt sich nach den in der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 festgelegten Kriterien. Meldungen, die die FMA von meldepflich-
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tigen Instituten, die in Österreich auf Grund der Niederlassungsfreiheit tätig sind, erhalten hat, sind ebenfalls an die zuständige Behörde im Herkunftsmitgliedstaat des jeweiligen Instituts zu übermitteln, sofern diese zuständige Behörde im Herkunftsmitgliedstaat nicht ausdrücklich auf die Übermittlung verzichtet hat. Die FMA hat die Meldungen auch anderen zuständigen Behörden in Mitgliedstaaten zu übermitteln, wenn diese die Meldungen anfordern und für die Aufsicht von Wertpapierfirmen gemäß Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/ EG benötigen. Zu § 64 Abs. 5: Abs. 5 sieht eine Verordnungsermächtigung der FMA vor, um insbesondere die sich aus Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 ergebenden Pflichten der FMA zur Festlegung von bestimmten Identifikationsmerkmalen zu erfassen. In den Z 2 und 3 wird die FMA zur Ausübung der in Art. 13 Abs. 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 vorgesehenen Wahlrechte und somit zur Festlegung weiterer meldepflichtiger Angaben, die in Ergänzung der Angaben gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 vorgesehen werden können, ermächtigt. Die Z 4 und 5 sowie der Schlussteil setzen Art. 25 Abs. 5 der Richtlinie 2004/ 39/EG um. Ähnlich wie nach bisheriger Rechtslage kann vorgesehen werden, dass die Meldungen über einen geregelten Markt oder ein MTF, über deren Systeme die Geschäfte abgewickelt wurden, oder über ein von der FMA zugelassenes System zur Abwicklung oder Meldung von Wertpapiergeschäften direkt an die FMA übermittelt werden. Da die Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 eine Zulassung von Meldesystemen durch die zuständige Behörde vorsieht, wurde in Z 4 eine ausdrückliche Ermächtigung der FMA geschaffen, die insbesondere auch die Anforderungen hinsichtlich der Einhaltung bestimmter Datenschutzbestimmungen einschließt. Die Meldepflicht gilt als erfüllt, sobald die Meldung über ein solches System erstattet wurde. Eine ähnliche Regelung war bisher auch im Rahmen von § 10 Abs. 4 Z 4 WAG (aF) vorgesehen und wurde in Umsetzung des in der Richtlinie vorgesehenen Wahlrechts übernommen. Grundsätzlich existiert in Österreich ein Direktmeldesystem, es soll jedoch auch die Möglichkeit vorgesehen werden, die Meldungen über einen geeigneten Dritten zu erstatten. Zu § 64 Abs. 6: Abs. 6 sieht eine Ausnahmebestimmung vor, die der Vorgängerbestimmung in § 10 Abs. 5 WAG (aF) entspricht. Es wird klargestellt, dass die nicht unmittelbar meldepflichtigen Institute im Sinne von Art. 50 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/ EG gegenüber der FMA auskunftspflichtig sind. Der auch bislang in dieser Bestimmung geregelte Ausschluss der Doppelmeldung soll hiermit übernommen werden.“
Übersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Meldepflichtige Institute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 64 A. Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zweigstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Oesterreichische Nationalbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Wertpapierfirmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Ausgenommene Institute. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Meldepflichtige Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Meldeverpflichtung und Überwachung von Märkten. . . . . . . . . . VI. Die Meldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundsätzliches zu Form und Inhalt der Meldung. . . . . . . . . . . . . B. Execution of a Transaction. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Meldekanäle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Meldefelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Implementierung des Alternative Instrument Identifier (AII) VII. Austausch von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Verordnungen der FMA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Revision des MiFID Transaction Reporting Regime . . . . . . . . . . .
Link 4 5–9 10 11–12 13 14–18 19–23 24–79 24–25 26–29 30–31 32–71 72–79 80–85 86–91 92–93
I. Allgemeines 1 Die Verpflichtung der meldepflichtigen Institute als Normadressaten,
die zuständigen Behörden mit den für ihre Aufsichtsagenden relevanten wertpapierbezogenen Daten zu versorgen, ist durch die MiFID weitreichend harmonisiert. Grundsätzlich haben die Meldeverpflichteten Geschäfte mit meldepflichtigen Instrumenten (vgl Rz 14 ff) an die für sie in ihrem Heimatland zuständige Aufsichtsbehörde zu melden („Prinzip des Herkunftslandes“). Dies bedeutet, dass seit Einführung der MiFID beispielsweise meldepflichtige Banken mit Sitz innerhalb der EU und Zulassung an der Börse Wien ihre Geschäfte an die Heimataufsichtsbehörde melden müssen und nicht mehr an die FMA als nationaler Wertpapieraufsichtsbehörde des Aufnahmelandes (vgl auch Rz 5 ff zu den speziellen Bestimmungen für Zweigstellen in Bezug auf die Meldung von Geschäften). In weiterer Folge hat jedoch die Aufsichtsbehörde des Heimatlandes die gemeldeten Daten an die Aufsichtsbehörde jenes Landes zu übermitteln, auf welchem sich der Markt mit der höchsten Liquidität hinsichtlich des gehandelten Finanzinstrumentes befindet (vgl Rz 81). 2 Mit der vorliegenden Bestimmung wird Art 25 MiFID umgesetzt. Nach § 64 Abs 1, welcher gemeinsam mit Abs 2 den Art 25 Abs 3 MiFID implementiert, sind meldepflichtige Institute verpflichtet, der zuständigen Behörde bestimmte Einzelheiten zu Geschäften, welche von ihnen mit zum Handel an einem geregelten Markt (vgl Rz 19 ff) zugelassenen Finanzinstrumenten getätigt wurden, so rasch als möglich bekannt zu geben. Die MiFID legt fest, dass die Geschäftsmeldung 598
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spätestens am Ende des folgenden Werktages zu erfolgen habe. In Österreich wird in § 64 Abs 1 diesbezüglich auf den Bankarbeitstag abgestellt. Der FMA ist als zuständiger Behörde jedes Geschäft mit meldepflichtigen Finanzinstrumenten spätestens am Bankarbeitstag, der auf den Tag des Geschäftsabschlusses folgt, zu melden. Bereits seit 1. 1. 1998 waren sämtliche Transaktionen in börsenotierten Wertpapieren - automatisiert und anonymisiert - der FMA zu melden.
II. Geschäfte Meldepflichtige Institute müssen Geschäfte mit zum Handel an einem 3 geregelten Markt zugelassenen Finanzinstrumenten unabhängig davon melden, ob solche Geschäfte über einen geregelten Markt (mit Stand März 2010 ist eine mit Anmerkungen versehene Übersicht über sämtliche geregelten Märkte – Anm: des EWR – auf der Homepage der FMA bzw im ABl 2009 C 158/3 abrufbar) ausgeführt wurden oder nicht. Gemeint sind mit Geschäft Kauf und Verkauf (vgl zB Art 25 Abs 3 MiFID). Ausgenommen sind nach Art 5 DVO hingegen ausdrücklich Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (zB Leih- und Verleihgeschäfte in Aktien oder anderen Finanzinstrumenten, Repos, umgekehrte Repos oder „Buy-sell back“ bzw „Sell-buy back“), die Ausübung von Optionen und Optionsscheinen sowie Primärmarktgeschäfte mit Finanzinstrumenten (maW deren erste Ausgabe an den Markt; Emission, Zuteilung oder Zeichnung; im Gegensatz dazu also der Sekundärmarkt als Platz für den Handel mit bereits im Umlauf befindlichen Finanzinstrumenten), die in den Anwendungsbereich von Art 4 Abs 1 Z 18 a und b MiFID fallen. „Feld 5 Handelseigenschaft“ der Liste der Felder zu Meldezwecken (Tabelle 1 von Anhang I DVO) spezifiziert, ob eine Wertpapierfirma das Geschäft für eigene Rechnung (entweder als Eigenhändler oder im Namen eines Kunden) oder für Rechnung und im Namen eines Kunden ausgeführt hat. Somit sind stets auch Geschäfte, die ein meldepflichtiges Institut auf eigene Rechnung abgeschlossen hat, iSd obigen Bestimmung meldepflichtig.
III. Meldepflichtige Institute A. Kreditinstitute § 64 Abs 1 zählt die meldepflichtigen Institute taxativ auf. Zu den 4 meldepflichtigen Instituten zählen – analog zur Vorgängerregelung des 599
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§ 10 WAG aF – insb Kreditinstitute gemäß § 1 Abs 1 BWG. Dem ursprünglichen Bestreben des Gesetzgebers, anstelle von Verweisen zB auf das BWG im WAG 2007 ausdrückliche Vorschriften vorzusehen, wurde an dieser Stelle also nicht Rechnung getragen. Außer Zweifel steht, dass unverändert sämtliche Banken mit Sitz in der EU oder im EWR (in concreto EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen) unter den Begriff der meldepflichtigen Institute subsumiert werden.
B. Zweigstellen 5 Der Meldepflicht unterliegen nach wie vor auch inländische Zweigstel-
len von Kreditinstituten, Finanzinstituten sowie Wertpapierfirmen. Während allerdings im WAG aF in Bezug auf diese Rechtsträger noch geschlossen auf die §§ 9 ff BWG abgestellt wurde, verweist § 64 Abs 1 nur mehr im Hinblick auf inländische Zweigstellen von Kredit- und Finanzinstituten auf diese Gesetzesstellen. Hinsichtlich inländischer Zweigstellen von Wertpapierfirmen wird im WAG 2007 auf § 12 Abs 1 abgestellt. Die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit von Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten in Österreich ist demzufolge nunmehr im WAG geregelt. Regelungen in Bezug auf die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit der österreichischen Wertpapierfirmen, die grenzüberschreitend in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden, wurden in § 13 WAG 2007 vorgenommen. 6 Die MiFID definiert den Begriff der „Zweigniederlassung“ als Betriebsstelle, die nicht die Hauptverwaltung ist, die einen rechtlich unselbstständigen Teil einer Wertpapierfirma bildet und Wertpapierdienstleistungen, gegebenenfalls auch Nebendienstleistungen, erbringt und/oder Anlagetätigkeiten ausübt, für die der Wertpapierfirma eine Zulassung erteilt wurde. Das WAG 2007 spezifiziert in § 1 Z 21 als „Zweigstelle“ die Zweigstelle einer Wertpapierfirma gemäß § 2 Z 16 BWG, welche Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten erbringt oder ausübt. Nebendienstleistungen hingegen können – in Übereinstimmung mit Art 32 Abs 1 der MiFID – von Zweigniederlassungen lediglich zusätzlich erbracht werden. Sämtliche Geschäftsstellen einer Wertpapierfirma in demselben Mitgliedstaat, deren Sitz oder Hauptverwaltung in einem anderen Mitgliedstaat liegen, haben zudem als eine einzige Zweigstelle zu gelten. 7 Art 32 Abs 7 MiFID enthält spezielle Vorschriften für die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem sich eine Zweigniederlassung befindet. Diese Aufsichtsbehörde hat zu gewährleisten, dass die Zweigstelle bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen im Hoheitsgebiet die600
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ses Staates den Verpflichtungen nach den Art 19, 21, 22, 25, 27 und 28 MiFID sowie den im Einklang damit erlassenen Maßnahmen nachkommt. Die Bestimmung des Art 32 Abs 7 MiFID kommt iVm Art 25 Abs 6 MiFID in Bezug auf die Meldeverpflichtung von Zweigstellen einer Durchbrechung des Prinzips des Herkunftsmitgliedstaates gleich (vgl auch Raschauer, RdW 2009, 183, der iZm Art 32 Abs 7 MiFID den Begriff „genuine Aufnahmestaatsaufsicht“ ins Treffen führt). Aus Art 32 Abs 7 MiFID lässt sich ableiten, dass eine Zweigstelle einerseits verpflichtet ist, Geschäfte im Aufnahmemitgliedstaat bzw „im Hoheitsgebiet“ desselben an diese Behörde zu melden. Bei der Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen außerhalb des Gebietes des Aufnahmemitgliedstaates muss sie andererseits an die Behörde ihres Herkunftsmitgliedstaates melden. Folglich hätte beispielsweise die unselbstständige Zweigstelle einer österreichischen Bank in Dtld – genauso wie die eigenständige Tochtergesellschaft einer Bank – ihre Meldungen an die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates, demnach an die BaFin, zu richten. Unselbstständige Zweigstellen einer österreichischen Bank in einem Drittland hätten hingegen ihre Meldungen an die Behörde ihres Herkunftsmitgliedstaates, somit an die FMA, zu erstatten. Das CESR erkannte die aus Art 32 Abs 7 MiFID resultierende Proble- 8 matik der Meldeverpflichtung einer Zweigstelle an zwei Aufsichtsbehörden. Folglich wurde versucht, eine adäquate, MiFID-konforme Lösung zu den Transaktionsmeldungen zu finden (vgl etwa Ref CESR/ 07–301, CESR Level 3 Guidelines on MiFID Transaction Reporting). Mit der Interpretation des Art 32 Abs 7 MiFID betreffend die Aufteilung von Verantwortlichkeiten der Behörden für die Beaufsichtigung von Zweigstellen („supervision of branches“) haben sich zudem ua die Europäische Kommission bzw das European Securities Committee (ESC) in entsprechenden Arbeitsdokumenten (siehe zB Working Document ESC/21/2007 Mai 2007 Rev 1 Supervision of branches under MiFID) befasst. Dieses zielt darauf ab, trotz des Faktums, dass im Falle von Zweigstellen die Beaufsichtigung sowohl durch die Behörde des Herkunfts- als auch durch die Behörde des Aufnahmemitgliedstaates Platz greifen kann, praktikable Lösungen zu entwickeln, um den Aufwand für die Wertpapierfirmen möglichst gering zu halten. Konsequenterweise haben Zweigstellen zufolge CESR Level 3 Guidelines on MiFID Transaction Reporting das Wahlrecht, sämtliche Geschäfte an die Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates zu melden. Unzulässig ist hingegen der umgekehrte Fall, dh es ist der Zweigstelle nicht gestattet, alle Meldungen an die Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes (der Hauptniederlassung) zu richten. 601
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9 Ist grundsätzlich unklar, ob eine Zuständigkeit an die Aufsichts-
behörde des Herkunftsstaates oder an jene des Aufnahmemitgliedstaates fällt, so soll nach Auffassung der Europäischen Kommission dieser Kompetenzkonflikt durch ein Mediationsverfahren vor dem CESR oder durch ein multilaterales Verwaltungsabkommen einer Klärung zugeführt werden (vgl Raschauer, RdW 2009, 185). Im Hinblick auf eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den Behörden bei der Beaufsichtigung von Zweigniederlassungen war mit In-Kraft-Treten der MiFID der Abschluss eines multilateralen Memorandum of Understanding geplant. Mit diesem Protokoll soll der Rahmen für bilaterale Vereinbarungen zwischen den Aufsichtsbehörden des Herkunfts- und Aufnahmemitgliedstaates über die Beaufsichtigung von EWR-Zweigniederlassungen geschaffen werden. Tatsächlich gibt es zwei Modelle einer diesbezüglichen Kooperation: Entweder in Form einer gemeinsamen und koordinierten Beaufsichtigung (über eine Art Aufsichtsprogramm) oder in Form der Leistung gegenseitiger Amtshilfe. Gültigkeit entfalten können diese Modelle entweder für eine einzelne Zweigstelle oder generell für sämtliche Zweigstellen. Im Herbst 2008 (vgl Ref CESR/08–675, CESR Members enhance supervisory co-operation for branch supervision) waren bereits 16 entsprechende Vereinbarungen zwischen CESR-Mitgliedern abgeschlossen worden, ua zwischen der FMA und der CBFA. Interessant ist abschließend auch die Betrachtung der Meldeverpflichtung einer – rechtlich unselbstständigen – Zweigstelle in einem Drittland: Unabhängig von etwaigen Meldeverpflichtungen an die Behörde im Drittland hat die Zweigniederlassung jedenfalls sämtliche ihrer meldepflichtigen Geschäfte an die Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes zu melden.
C. Die Oesterreichische Nationalbank 10 Meldepflichtige Institute müssen auch Geschäfte, die sie mit der Oes-
terreichischen Nationalbank getätigt haben, bekannt geben. Während jedoch nach § 12 Abs 1 und 2 der VO der FMA über die Meldung von Wertpapiergeschäften (Wertpapier-Meldeverordnung – WPMVO), BGBl II 2002/258 idF BGBl II 2007/177 – diese WPMVO trat mit Ablauf des 31. 10. 2007 außer Kraft und wurde durch die WPMV 2007 (BGBl II 2007/217) ersetzt –, noch explizit darauf Bezug genommen wurde, dass die Oesterreichische Nationalbank selbst der Meldepflicht lediglich für Kommissionsgeschäfte und in Bezug auf Verfügungen über Instrumente, die der Veranlagung der Pensionsreserve dienen (§ 69 Abs 1 Z 2 NationalbankG, BGBl 1984/50, zuletzt geändert durch das BG BGBl I 2002/55), unterliege, so findet sich ein 602
Meldepflichten
§ 64
derartiger Hinweis in der WPMV 2007 nicht mehr. In Bezug auf ihre währungspolitischen Transaktionen bestand für die Oesterreichische Nationalbank bereits bisher keine Meldeverpflichtung. Diese Ausnahme von der Meldepflicht spiegelt sich nunmehr in § 64 Abs 6 wider (vgl Rz 13).
D. Wertpapierfirmen Die MiFID gebraucht in Bezug auf den zur Meldung verpflichteten 11 Personenkreis den Terminus „Wertpapierfirma“. Nach Art 4 Abs 1 MiFID werden mit „Wertpapierfirmen“ juristische Personen bezeichnet, die im Rahmen ihrer üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gewerbsmäßig eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen für Dritte erbringen und/oder eine oder mehrere Anlagetätigkeiten ausüben. Unter gewissen Voraussetzungen können Mitgliedstaaten allerdings auch Unternehmen, die keine juristischen Personen sind, als Wertpapierfirmen definieren. Die „Wertpapierfirma“ nach dem WAG 2007 entspricht im Wesentlichen den bisherigen „großen“ Wertpapierdienstleistungsunternehmen, wobei das Tätigkeitsfeld um den Betrieb des multilateralen Handelssystems erweitert wurde (siehe dazu auch Erl RV). Nach § 1 Z 1 WAG wird in Bezug auf den Begriff „Wertpapierfirma“ auf § 3 verwiesen. Darüber hinaus werden jedoch auch natürliche und juristische Personen, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten als Wertpapierfirma gerade iS von Art 4 Abs 1 Z 1 MiFID zugelassen wurden, subsumiert. Daher kann auch der Betreiber einer multilateralen Handelsplattform (MTF) durchaus als Wertpapierfirma verstanden werden. § 3 Abs 1 WAG definiert eine Wertpapierfirma als juristische Person mit Sitz und Hauptverwaltung in Österreich, welche berechtigt ist, Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu erbringen. Klargestellt wird in § 3, dass es sich hingegen in jenen Fällen keinesfalls um eine Wertpapierfirma handelt, in denen sich die Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten auf § 4, auf das BWG oder auf das BörseG gründet. § 2 Z 30 des BWG wurde in Bezug auf die Begriffsbestimmung der „Wertpapierfirma“ wie folgt modifiziert: – eine Wertpapierfirma gemäß § 3 WAG; – eine anerkannte Wertpapierfirma; – ein Unternehmen mit Sitz im Ausland, das keine anerkannte Wertpapierfirma ist, und das Geschäfte iSd § 1 Abs 1 Z 7 lit b bis f, Z 11 oder § 3 Abs 2 Z 1 bis 3 WAG betreibt.
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12 Eine anerkannte Wertpapierfirma wiederum ist gemäß § 2 Z 31
BWG – ein Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, das Geschäfte iSd § 1 Abs 1 Z 7 lit b bis f oder Z 11 betreibt und den Vorschriften der MiFID unterliegt; – ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittland, das Geschäfte iSd § 1 Abs 1 Z 7 lit b bis f oder Z 11 betreibt; – in einem Drittland zugelassen ist, das im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht vertreten ist, und das Aufsichtsregeln einzuhalten hat, die den Mindeststandards der EU für Wertpapierfirmen zumindest gleichwertig sind.
E. Ausgenommene Institute 13 In Bezug auf die Ausnahmen von der Meldepflicht wurde mit § 64
Abs 6 exakt § 10 Abs 5 WAG aF übernommen. Demnach sind nicht meldepflichtig: Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 des Investmentfondsgesetzes 1993, Kapitalanlagegesellschaften für Immobilien gemäß § 2 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes, Mitarbeitervorsorgekassen gemäß § 18 des betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes sowie die Oesterreichische Nationalbank hinsichtlich ihrer währungspolitischen Transaktionen. Wenngleich diese Unternehmen nicht unmittelbar meldepflichtig sind, so besteht für sie dennoch Auskunftspflicht gegenüber der FMA hinsichtlich der von ihnen getätigten Wertpapierdienstleistungen. Auch diese Bestimmung entspricht der Vorgängerregelung in § 10 Abs 5 WAG aF und stellt zudem auf Art 50 Abs 2 MiFID ab, wonach der zuständigen Behörde ausdrücklich bestimmte Rechte eingeräumt werden. Darunter fallen etwa das Recht auf Einsichtnahme in Unterlagen aller Art, das Recht, Kopien dieser Unterlagen zu erhalten, von jeder Person Auskunft zu verlangen, Vor-OrtErmittlungen durchzuführen, bereits existierende Aufzeichnungen von Telefongesprächen anzufordern etc.
IV. Meldepflichtige Finanzinstrumente 14 Nach Art 11 DVO sind die Aufsichtsbehörden verpflichtet, eine Liste
der Finanzinstrumente, für die sie jeweils zuständig sind, zu erstellen und diese kontinuierlich zu aktualisieren. Die FMA hat diese Liste der Finanzinstrumente – wie gefordert – erstmalig am ersten Handelstag im Juni 2007 durch Veröffentlichung auf ihrer Website zur Verfügung gestellt und bis dato regelmäßig aktualisiert. Auf Grund von Anhang I 604
Meldepflichten
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Abschnitt C der MiFID erfährt der Begriff der Finanzinstrumente eine Erweiterung, die insb im Hinblick auf die Meldeverpflichtungen Auswirkungen zeitigt. Die meldepflichtigen Finanzinstrumente, die sich vor Implementierung des WAG 2007 aus einer Aufzählung in § 4 WPMVO aF iVm § 10 Abs 2 WAG aF ergeben haben, sind nun gemäß § 64 Abs 2 WAG definiert. Meldepflichtige Instrumente sind nach § 64 Abs 2, der wie Abs 1 Art 25 Abs 3 MiFID umsetzt, sämtliche Finanzinstrumente gemäß § 1 Z 6, welche zum Handel an einem geregelten Markt iSv § 1 Abs 2 BörseG zugelassen sind, oder für die – abgesehen von Anteilen an Kapitalanlagefonds – ein Antrag auf Zulassung zum Handel auf einem solchen Markt gestellt wurde. Die Aufzählung gemäß § 1 Z 6 WAG 2007 entspricht im Wesentlichen der Auflistung von „Finanzinstrumenten“ in Anhang I Abschnitt C MiFID. Die Legaldefinition des Begriffes „Finanzinstrument“ umfasst somit: 15 – übertragbare Wertpapiere gemäß Z 4; – Geldmarktinstrumente gemäß Z 5; – Anteile an in- oder ausländischen Kapitalanlagefonds, in- oder ausländischen Immobilienfonds oder ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen; – Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Wertpapiere, Währungen, Zinssätze oder -erträge oder andere Derivat-Instrumente, finanzielle Indizes oder Messgrößen, die effektiv geliefert oder bar abgerechnet werden können; – Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Waren, die bar abgerechnet werden müssen oder auf Wunsch einer der Parteien bar abgerechnet werden können und diese Barabrechnung nicht wegen eines vertraglich festgelegten Beendigungsgrunds erfolgt; – Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Waren, die effektiv geliefert werden können, wenn diese Instrumente an einem geregelten Markt oder über ein MTF gehandelt werden; – Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, Termingeschäfte (Forwards) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Waren gemäß Art 38 DVO; – derivative Instrumente für den Transfer von Kreditrisiken; – finanzielle Differenzgeschäfte;
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– Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Klimavariablen, Frachtsätze, Emissionsberechtigungen, Inflationsraten oder andere offizielle Wirtschaftsstatistiken, die bar abgerechnet werden müssen oder auf Wunsch einer der Parteien bar abgerechnet werden können und diese Barabrechnung nicht wegen eines vertraglich festgelegten Beendigungsgrunds erfolgt, sowie alle anderen Derivatkontrakte gemäß Art 39 DVO. Das sind sämtliche anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Vermögenswerte, Rechte, Obligationen, Indizes und Messwerte, die sonst nicht im Anhang I Abschnitt C MiFID genannt sind, und welche die Merkmale anderer derivativer Finanzinstrumente aufweisen, wobei ua berücksichtigt wird, ob sie auf einem geregelten Markt oder einem MTF gehandelt werden, ob Clearing und Abrechnung über anerkannte Clearingstellen erfolgen, oder ob eine Margin-Einschussforderung besteht. 16 Vom Anwendungsbereich der MiFID werden insb „übertragbare
Wertpapiere“ erfasst. Die MiFID nimmt Bezug auf jene Gattungen von Wertpapieren nach Art 4 Abs 1 Z 18, welche auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können, mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, mithin liquiden Mitteln wie Schecks oder Bargeld. Die Bezugnahme auf Wertpapiere, welche auf dem „Kapitalmarkt“ gehandelt werden, ist insofern von Bedeutung, als dies als Hinweis darauf gelten kann, dass das Finanzinstrument nicht nur auf einem geregelten, sondern auch auf einem ungeregelten Markt gehandelt werden kann. Im WAG 2007 wird in Bezug auf übertragbare Wertpapiere auf § 1 Z 4 verwiesen. Aufgelistet werden diesbezüglich einerseits Aktien und andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Aktienzertifikate. Andererseits zählen auch Schuldverschreibungen oder andere verbriefte Schuldtitel einschließlich Zertifikate (Hinterlegungsscheine) für solche Wertpapiere zu einer Wertpapiergattung, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden kann. Schließlich sind auch alle sonstigen Wertpapiere, die zum Kauf oder Verkauf solcher Wertpapiere berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die anhand von übertragbaren Wertpapieren, Währungen, Zinssätzen oder -erträgen, Waren (gem Art 2 der DVO „Güter fungibler Art“) oder anderen Indizes oder Messgrößen bestimmt wird, vom Begriff der übertragbaren Wertpapiere erfasst. 17 § 1 Z 6 WAG enthält hinsichtlich der Geldmarktinstrumente einen
Verweis auf Z 5. Geldmarktinstrumente sind – ebenfalls unter Ausnahme von Zahlungsmitteln – üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandel-
606
Meldepflichten
§ 64
te Gattungen von Finanzinstrumenten, folglich Commercial Papers, Kassenscheine der OeNB, Schatzanweisungen etc. Der MiFID zufolge sind auch Geschäfte mit Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen von der Meldepflicht erfasst. Hingegen wird in § 1 Z 6 der Begriff „Anteile an in- oder ausländischen Kapitalanlagefonds, in- oder ausländischen Immobilienfonds oder ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen“ verwendet. Als Finanzinstrumente iS des Abs 2 gelten zudem derivative Instrumente für den Transfer von Kreditrisiken sowie finanzielle Differenzgeschäfte. Zum Kreis der erfassten Finanzinstrumente gehören der MiFID zufol- 18 ge auch Optionen, Terminkontrakte, Swaps, Termingeschäfte, OTC/ außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) sowie sämtliche anderen Derivatkontrakte in Bezug auf beispielsweise Wertpapiere, Währungen, Emissionsberechtigungen etc. Diese sollen an dieser Stelle jedoch nicht näher spezifiziert werden. Hingegen ist zu bemerken, dass in Anhang I Abschnitt C MiFID unter den Nr 5 bis 7 bestimmte Warenderivate unter die Finanzinstrumente subsumiert werden. Dies ist auf eine Entscheidung der Europäischen Kommission zurückzuführen, wonach Warenderivate ua deshalb nicht länger ausgeschlossen werden sollten, weil spezialisierte Warenterminhändler von den Rechten und Pflichten der WertpapierdienstleistungsRL ausgenommen waren und Handelsplattformen, auf denen ein organisierter Handel mit Warenderivaten stattfand, sich für die Zulassung von Fernmitgliedern nicht auf die Bestimmung der WertpapierdienstleistungsRL stützen konnten etc (vgl Fleischer, BKR 2006, 392 f). Im zweiten Halbjahr 2009 unterzog die Europäische Kommission jene Bestimmungen der MiFID einer Revision, welche Ausnahmen für va Energieunternehmen im Hinblick auf deren Handelsgeschäfte mit Derivaten, insb Warenderivaten (Energiederivaten) etc, sowie hinsichtlich deren Überwachung seitens der Aufsichtsbehörden darstellen. Konkret handelt es sich hierbei zum einen um Art 2 Abs 1 lit i der MiFID, wonach Personen, die für eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handeln oder Wertpapierdienstleistungen in Bezug auf Warenderivate oder die in Anhang I Abschnitt C Nummer 10 der MiFID aufgeführten Derivatkontrakte für die Kunden ihrer Haupttätigkeit erbringen, ausgenommen sind, sofern dies auf Ebene der Unternehmensgruppe eine Nebentätigkeit zu ihrer Haupttätigkeit darstellt und diese Haupttätigkeit weder in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen iSd MiFID noch in der Erbringung von Bankdienstleistungen iSd RL 2000/12/EG besteht. Zum anderen sind zufolge Art 2 Abs 1 lit k auch jene Personen ausgenommen, deren Haupttätigkeit im Handel für eigene Rechnung mit Waren und/oder Warenderivaten besteht, sofern die Personen nicht 607
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einer Unternehmensgruppe angehören, deren Haupttätigkeit im Erbringen von Wertpapierdienstleistungen iSd MiFID oder Bankdienstleistungen iSd RL 2000/12/EG besteht.
V. Meldeverpflichtung und Überwachung von Märkten 19 In Österreich werden zwei geregelte Märkte iSd BörseG betrieben,
und zwar von der Wiener Börse AG. Es handelt sich hierbei einerseits um den Amtlichen Handel und andererseits um den Geregelten Freiverkehr (auch bezeichnet als Geregelter Sekundärmarkt oder als Halboffizieller Markt). Zuständige Behörde für Genehmigung sowie Beaufsichtigung dieser geregelten Märkte ist die FMA. Jedoch berücksichtigt der neu eingefügte § 48 Abs 1 a BörseG die erweiterte Begriffsbestimmung des vormaligen Abs 1 Z 4, indem für die Zwecke der §§ 48 a bis 48 c und 48 q unter einem geregelten Markt auch MTF – beispielsweise der bisherige Dritte Markt an der Wiener Börse – zu subsumieren sind. Die Bestimmungen hinsichtlich Marktmissbrauch, Insiderinformationen oder Marktmanipulation kommen somit im gleichen Umfang wie auch bisher in Bezug auf die MTF zur Anwendung. 20 In Art 25 Abs 3 MiFID wird in Bezug auf die Gültigkeit der Meldeverpflichtung ausdrücklich hervorgehoben, dass es irrelevant ist, ob die Geschäfte mit den zum Handel an einem geregelten Markt iS von § 1 Abs 2 BörseG zugelassenen Finanzinstrumenten über einen geregelten Markt ausgeführt oder abgewickelt werden. Aus dieser Bestimmung ergibt sich insb, dass Wertpapierfirmen die Meldeverpflichtung nicht dahingehend umgehen können, dass sie ihre Geschäfte über ungeregelte Märkte respektive über multilaterale Handelsplattformen ausführen. 21 Unabhängig davon, ob ein Geschäft an einem geregelten Markt abgeschlossen oder abgewickelt wurde, erstreckt sich die Meldepflicht gemäß § 64 darüber hinaus auf sämtliche in § 1 Z 6 angeführten Finanzinstrumente auch dann, wenn für sie erst der Antrag auf Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt gestellt wurde. Anteile an Kapitalanlagefonds sind von dieser Bestimmung jedoch explizit ausgenommen. Geschäfte mit Anteilen an Kapitalanlagefonds sind daher erst nach der Zulassung zum Handel auf einem geregelten Markt meldepflichtig. § 64 Abs 2 normiert, dass – in Abweichung von Art 25 Abs 3 MiFID – auch jene Geschäfte mit Finanzinstrumenten meldepflichtig sind, für die lediglich ein Antrag auf Zulassung an einem geregelten Markt gestellt wurde. 608
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Als meldepflichtige Instrumente iS dieser Bestimmung definiert § 64 22 Abs 2 darüber hinaus auch jene Instrumente, die nicht zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, wenn ihr Wert von einer Aktie oder von einem aktienähnlichen Wertpapier abhängt, sofern diese Aktie oder dieses aktienähnliche Wertpapier entweder zum Handel an einem inländischen geregelten Markt zugelassen ist oder für diese Aktie oder dieses aktienähnliche Wertpapier ein Antrag auf Zulassung zum Handel an einem inländischen geregelten Markt gestellt wurde, oder wenn ihr Wert von einem Derivat auf eine solche Aktie oder ein solches aktienähnliches Wertpapier abhängt. Im deutschen Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) ist an Stelle eines aktienähnlichen Wertpapiers im Übrigen von aktienvertretenden Wertpapieren die Rede. Bereits in der Vorgängerregelung des § 10 Abs 2 WAG aF war verankert, dass unter meldepflichtigen Instrumenten auch jene Finanzinstrumente zu subsumieren sind, die nicht zum Handel an einem österreichischen Markt oder an einem geregelten Markt iSd Art 1 Z 13 der – mittlerweile aufgehobenen – RL 93/22/EWG in einem Mitgliedstaat zugelassen sind; dies unter der Voraussetzung der Abhängigkeit des Wertes des jeweiligen Finanzinstruments von einer Aktie oder von einem aktienähnlichen Wertpapier, sofern ebendiese Aktie oder dieses aktienähnliche Wertpapier entweder zum Handel an einer österreichischen Börse zugelassen ist oder für diese Aktie oder dieses aktienähnliche Wertpapier ein Antrag auf Zulassung zum Handel an einer österreichischen Börse gestellt worden ist, oder wenn ihr Wert von einem Derivat auf eine solche Aktie oder ein solches aktienähnliches Wertpapier abhängt. Die FMA hat die Beibehaltung der bisherigen Rechtslage speziell unter 23 dem Gesichtspunkt der Überwachung in Bezug auf Insiderhandel und Marktmanipulation – das Meldewesen ist für eine effektive Marktüberwachung von erheblicher Bedeutung – befürwortet. Eine wesentliche Verschlechterung gegenüber der bisher geltenden Rechtslage ergibt sich allerdings dennoch in der Überwachung in Bezug auf Insiderhandel und Marktmanipulation. Denn für die Zwecke der §§ 48 a bis 48 c und 48 q BörseG sind durch entsprechende Berücksichtigung im Gesetzestext unter einem geregelten Markt zwar auch MTF – diese Handelsplattformen entsprechen dem bisherigen „ungeregelten Dritten Markt“ – zu verstehen, wodurch der Handel an diesen Märkten somit den Bestimmungen hinsichtlich Marktmissbrauch, Insiderinformationen oder Marktmanipulation sowie den entsprechenden Überwachungsbefugnissen seitens der FMA unterliegt. Zudem räumt die MiFID den Mitgliedstaaten im Erwägungsgrund 45 MiFID die Möglichkeit ein, die entsprechenden Meldeverpflichtungen für Geschäfte auch auf jene Finanzinstrumente auszudehnen, welche nicht zum 609
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Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind. Erwägungsgrund 4 MiFID betont indes die Zweckmäßigkeit, sogar Waren- und sonstige Derivate in die Liste der Finanzinstrumente aufzunehmen, wenn sie dergestalt konzipiert sind und gehandelt werden, dass sie in aufsichtsrechtlicher Hinsicht mit traditionellen Finanzinstrumenten vergleichbar sind. Dennoch wurde von der Möglichkeit der Erweiterung der Meldeverpflichtung nach Erwägungsgrund 45 MiFID auf nicht zum Handel an einem geregelten Markt zugelassene Finanzinstrumente in der nationalen Gesetzgebung nicht Gebrauch gemacht. Im Vergleich zur Regelung in § 10 WAG aF sind demnach Geschäfte in Finanzinstrumenten, die zum Handel im Multilateralen Handelssystem Dritter Markt der Wiener Börse zugelassen sind – dieser Handel erfolgt jedoch nicht auf Grund einer formellen Zulassung zum Börsehandel – seit der MiFID-Umsetzung also nicht mehr verpflichtend zu melden. Die Wiener Börse betreibt neben den beiden geregelten Märkten weiterhin auch den Dritten Markt unverändert als ungeregelten Markt sowie in Form eines MTF (vgl die Klarstellung in § 96 Z 19 BörseG). Zu erwarten ist zudem, dass hinkünftig weitere ungeregelte Märkte von anderen Betreibern in Form eines MTF errichtet werden. Festzuhalten ist abschließend, dass die Anforderungen des BörseG betreffend zum Handel an einem geregelten Markt zugelassene Finanzinstrumente, va die Emittentenpflichten, nicht für im Dritten Markt als MTF gehandelte Finanzinstrumente gelten.
VI. Die Meldung A. Grundsätzliches zu Form und Inhalt der Meldung 24 Art 25 Abs 4 MiFID schreibt in Bezug auf Form und Inhalt der gemel-
deten Geschäfte verhältnismäßig knapp vor, dass insb Bezeichnung und Zahl der erworbenen oder veräußerten Instrumente, Datum und Uhrzeit des Abschlusses, der Kurs und die Möglichkeit zur Feststellung der Wertpapierfirma anzugeben sind. In Art 25 Abs 7 MiFID wurde der Europäischen Kommission jedoch insb in Bezug auf Vorschriften inhaltlicher Natur zu Meldungen von Finanzgeschäften die Möglichkeit eröffnet, entsprechende Durchführungsmaßnahmen zu erlassen. Die Europäische Kommission machte schließlich va durch Erstellung von Tabelle 1 des Anhangs I DVO von dieser Konkretisierungsmöglichkeit Gebrauch. Art 25 Abs 4 MiFID gelangt im WAG 2007 durch § 64 Abs 3 zur Umsetzung, welcher im Wesentlichen § 10 Abs 3 WAG aF ersetzt. Der Mindestinhalt der Meldungen resultiert unmittelbar aus den 610
Meldepflichten
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in der DVO enthaltenen Anforderungen. Entsprechend erfolgt in Bezug auf den Meldeinhalt ein Verweis auf die Liste der Felder zu Meldezwecken gemäß Tabelle 1 des Anhangs I. Die Meldungen gemäß § 64 Abs 1 WAG 2007 haben demzufolge jene dort aufgezählten Angaben im Hinblick auf die jeweilige Kategorie des meldepflichtigen Finanzinstrumentes zu enthalten. Mit dem Verweis auf Tabelle 1 des Anhangs I DVO – somit auf die meldepflichtigen Angaben – wurde im Übrigen jene Bestimmung in § 1 Abs 1 WPMVO aF hinfällig, die Meldungen gemäß der dort genannten Anlage 1 zu gliedern. Andererseits ergibt sich aus § 1 der WPMV 2007, dass die Meldungen gemäß § 64 Abs 1 WAG 2007 ergänzend zu den in der DVO aufgezählten Abgaben die in §§ 2 bis 6 genannten Angaben zu enthalten haben, nämlich: Einheit der Effektennotiz, Open/Close-Kennzeichen, Market Maker-Kennzeichen, Gegenpartei sowie den Auftraggeber des gemeldeten Geschäfts. Die Meldungen über Geschäfte mit Finanzinstrumenten sind in elek- 25 tronisch lesbarer Form zu übermitteln, und zwar unter Einhaltung der in Art 12 Abs 1 DVO genannten Kriterien. Die Bestimmung, Meldungen in standardisierter elektronisch lesbarer Form zu übermitteln, war vor In-Kraft-Treten des WAG 2007 in § 1 Abs 2 der WPMVO aF verankert. Details waren den Wertpapier-MeldesystemVerordnungen, welche mit Ablauf des 31. 10. 2007 außer Kraft traten, zu entnehmen (siehe dazu auch Rz 86).
B. Execution of a Transaction Die Europäische Kommission unterstrich in der Vergangenheit immer 26 wieder die große Bedeutung einer harmonisierten Anwendung des Transaction Reporting Regimes und somit der Meldeverpflichtungen nach Art 25 MiFID bzw gemäß Art 13 DVO. Im Vorfeld des Inkrafttretens der MiFID ging jedoch bereits hinsichtlich einer einheitlichen Definition der „execution of a transaction“ bei den CESR-Mitgliedern das Verständnis lange Zeit sehr weit auseinander. Und dasselbe gilt grundsätzlich auch noch mit Stand März 2010. Allerdings wirkt sich gerade die Klärung dieser Frage nicht zuletzt darauf aus, inwiefern Wertpapierfirmen, Behörden usw ihre Informationssysteme, Meldesysteme etc neu aufbauen oder adaptieren müssen. Unzweifelhaft als von gegenständlicher Definition nicht erfasst zu sehen sind jedenfalls die Annahme, Übermittlung und Weiterleitung von Wertpapieraufträgen („Orders“). Die Definition der execution of a transaction iSv Transaktionsmeldun- 27 gen berührt insb auch den von der Arbeitsgruppe CESR-Tech entwickelten Austauschmechanismus TREM (Transaction Report Exchange 611
§ 64
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Mechanism; gem Art 58). Denn jede Behörde muss beispielsweise wissen, welche Daten aus einer Transaktion an andere Behörden zu senden sind. Berücksichtigt man, dass die Maßnahmen aus der DVO grundsätzlich auf vollkommene Harmonisierung abstellen, sollte es demzufolge auch in Bezug auf die von den Wertpapierfirmen zu sammelnden Daten nur minimale Abweichungen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten geben. Ausnahmen ergeben sich allerdings aus den Bestimmungen von Art 13 Abs 3 sowie Abs 4, die den Mitgliedstaaten ausdrücklich einen Ermessensspielraum in Bezug auf zusätzlich einzufordernde Angaben im Transaction Report einräumen. Dieses Faktum führt insb bei den meldepflichtigen Instituten, aber auch auf Seiten der Aufsichtsbehörden zweifellos zu einigen Herausforderungen. Außer Frage steht, dass mehr denn je eine weitere Harmonisierung im Meldewesen unbedingt anzustreben ist. Hinzuweisen ist außerdem darauf, dass mit einem gemeinsamen Verständnis der execution of a transaction letztlich sichergestellt werden sollte, dass die zuständigen Behörden alle benötigten Informationen im Hinblick auf eine effektive und effiziente Überwachung der Wertpapierfirmen sammeln dürfen. Dies gilt insb vor dem Hintergrund der Marktmissbrauchsrichtlinie und ihrer Durchführungsmaßnahmen. 28 Die CESR-Mitglieder waren vor Umsetzung der MiFID schließlich in
einer Zwischenlösung überein gekommen, sich zum Sammeln folgender Informationen in Bezug auf Transaktionen zu verpflichten (Ref CESR/ 07–301, CESR Level 3 Guidelines on MiFID Transaction Reporting): 1. Information iZm Transaktionen, welche von jener Wertpapierfirma durchgeführt wurden, die direkt mit dem Platz der Ausführung (definiert in Art 44 MiFID) das Geschäft tätigte („immediate market facing firm“); 2. Information iZm Transaktionen, in welchen die Wertpapierfirma die Transaktion auf eigene Rechnung unternimmt (unabhängig von der Ausführung der Transaktion über einen geregelten Markt, über ein MTF oder außerhalb der Börse); 3. Information, die notwendig ist, um den endgültigen Kunden zu identifizieren, auf dessen Rechnung/Namen die Transaktion ausgeführt wurde, oder die Information, die vonnöten ist, die Identität jener Wertpapierfirma festzustellen, welche mit dem endgültigen Kunden gehandelt hat, sofern die zuständige Behörde noch nicht im Besitz dieser Information ist, oder in jenen Fällen, in denen solche Informationen von der zuständigen Behörde nicht in zeitlich ausreichender Hinsicht erworben werden können. 29 Die Mitglieder des CESR tauschen die in den beiden ersten Punkten
angeführten Informationen aus und – sofern angefordert und verfügbar
612
Meldepflichten
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– die im dritten Punkt angeführten Informationen. Ein Jahr nach Implementierung begann das CESR das MiFID Transaction Reporting Regime einer Revision zu unterziehen, um letztlich größere Konvergenz unter den Mitgliedstaaten zu erzielen. In seinem Report vom Juni 2009, Ref CESR/09–355, Impact of MiFID on equity secondary markets functioning, betonte das CESR jedenfalls erneut, dass an der Definition der execution of a transaction gearbeitet werde. Nicht zuletzt ist eine finale Entscheidung diesbezüglich auch dafür relevant, welcher Marktteilnehmer iSd Transparenzerfordernisse welche Daten veröffentlicht. Mit Stand März 2010 plant das CESR die Ausgabe eines Konsultationspapiers sowie ggf adaptierte CESR Level 3 Guidelines on MiFID Transaction Reporting (Ref CESR/09–744, CESR Annual Report for 2008; 27. Juli 2009).
C. Meldekanäle Art 12 DVO – Meldekanäle – setzt Art 25 Abs 5 MiFID um und 30 schreibt vor, dass die Meldungen über Geschäfte mit Finanzinstrumenten bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände auf einem Datenträger gespeichert werden können. Dieser Datenträger hat die Speicherung der Informationen auf eine Art und Weise zu ermöglichen, die einen künftigen Zugriff der zuständigen Behörden in einer anderen als der elektronischen Form ermöglichen. Zudem müssen die Methoden, die bei den Meldungen zugrunde gelegt werden, gewisse Bedingungen erfüllen, etwa die Gewährleistung von Sicherheit und Vertraulichkeit der Meldedaten, den Einbezug von Mechanismen, denen zufolge Fehler bei der Meldung eines Geschäfts erkannt und berichtigt werden, bzw denen zufolge die Quelle der Meldung eindeutig identifiziert werden kann. Nach Art 25 Abs 5 MiFID schreiben die Mitgliedstaaten vor, dass die 31 Meldungen entweder von der Wertpapierfirma selbst, einem in ihrem Namen handelnden Dritten oder von einem durch die zuständige Behörde anerkannten System zur Abwicklung oder Meldung von Wertpapiergeschäften oder von dem geregelten Markt oder dem MTF, über deren Systeme das Geschäft abgewickelt wurde, an die zuständige Behörde zu senden sind. Aus Art 25 Abs 5 MiFID lässt sich zudem ableiten, dass von der Verpflichtung einer Wertpapierfirma gemäß Art 25 Abs 3 abgesehen werden kann, wenn Geschäfte der zuständigen Behörde von einem geregelten Markt, einem MTF oder einem von der zuständigen Behörde anerkannten System zur Abwicklung oder Meldung von Wertpapiergeschäften unmittelbar gemeldet werden. § 64 Abs 3 sieht den gänzlichen oder partiellen Entfall einzelner Meldeinhalte für jene Fälle vor, in denen die FMA gegenüber dem meldepflichtigen Institut eine Erklärung gemäß Art 13 Abs 1 zweiter Satz DVO abgegeben hat, 613
§ 64
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wonach sie als zuständige Behörde bereits im Besitz der relevanten Informationen ist bzw ihr diese anderweitig zur Verfügung stehen.
D. Meldefelder 32 Die Umsetzung der MiFID sowie ihrer Durchführungsmaßnahmen in
nationales Recht brachten in Bezug auf das Meldewesen („Transaction Reporting“) zum Teil erhebliche Änderungen mit sich. Diese Änderungen betreffen insb den nationalen Meldesatz und sind auch inhaltlicher Natur. Als Herausforderung erwies sich nicht nur die MiFIDKonformität des Meldesatzes an sich, sondern auch eine Übereinkunft sämtlicher Mitgliedstaaten betreffend den Aufbau desselben. Darüber hinaus ist die Umwandlung einzelner nationaler Felder in Felder nach dem IT-System TREM und vice versa im Rahmen des internationalen Datenaustausches zwischen einzelnen Aufsichtsbehörden von hoher Relevanz. Bis zur Einführung der MiFID unterschieden sich die Meldewesen-Regime der einzelnen Mitgliedstaaten in ihrer Systematik oftmals beträchtlich voneinander. 33 Hinsichtlich Auftraggeber etc können hierzulande grundsätzlich vier
verschiedene Geschäftsarten unterschieden werden (siehe Anleitung zur Meldung von Wertpapiergeschäften gemäß § 64 WAG): 1. Direkte Börsegeschäfte, bei denen der Auftrag eines Kunden ohne Eingriffe direkt an die Börse geleitet wird (Nettokurs und Spesen gesondert), mit den Varianten: a. Auftraggeber ist Nichtbank-Kunde b. Auftraggeber ist Bank/Wertpapierfirma 2. Kommissionsgeschäfte, bei denen der Meldepflichtige den Kundenauftrag an einen anderen Broker zur Ausführung weiterleitet, ohne aber in das Geschäft einzutreten, mit den Varianten: a. Auftraggeber ist Nichtbank-Kunde b. Auftraggeber ist Bank/Wertpapierfirma 3. Kommissionsgeschäfte mit Selbsteintritt, bei denen der Kundenauftrag aus dem Nostro des Meldepflichtigen bedient wird, oder bei denen dem Kunden ein Mischkurs verrechnet wird, mit den Varianten: a. Auftraggeber ist Nichtbank-Kunde b. Auftraggeber ist Bank/Wertpapierfirma 4. Echte Eigengeschäfte auf das Nostro des Meldepflichtigen a. Ausführung über Börse b. Ausführung über Broker Die Meldung der meldepflichtigen Wertpapierfirmen hat elektronisch an die FMA mittels EDIFACT-Adressierung zu erfolgen. Die FMA 614
Meldepflichten
§ 64
stellt eine Ausfüllhilfe mit exakten Anleitungen zum Ausfüllen der einzelnen Meldefelder bereit.
Feldbezeichnung
Inhalt
1
Art der Identi- B: Bankleitzahl fikation des S: Swift Meldepflichtigen
2
Identifikation des Meldepflichtigen
B: Bankleitzahl S: Swift
3
Art der Identifikation des Auftraggebers – Kunde
4
Identifikation des Auftraggebers – Kunde
B: Bankleitzahl S: Swift N: von der FMA vergebene interne Nummer, falls B oder S nicht möglich I: Vom Meldepflichtigen vergebene interne Kundennummer, falls B/S/ N nicht möglich B: Bankleitzahl S: Swift N: von der FMA vergebene interne Nummer, falls B oder S nicht möglich I: Vom Meldepflichtigen vergebene interne Kundennummer, falls B/S/ N nicht möglich
Format
Nationales Feld
Die Felder des Meldesatzes im Überblick:
A1
34
MiFID-Feld
MiFID-Bezeichnung
gehört zu MiFID-1
Identifikation der meldepflichtigen Wertpapierfirma N 5 MiFID-1 Identifikation A 8/ der meldeA 11 pflichtigen Wertpapierfirma A 1 Art 13 Abs 4 Art der DVO Identifikation des Auftraggebers – Kunde
N 5 Art 13 Abs 4 Art der A 8/ DVO Identifikation A 11 des AuftragA8A gebers – Kunde 16
615
5
6
7 8
9
10 11
12
13 14
616
Link
Feldbezeichnung
Art der Identifikation der Gegenpartei
Inhalt
B: Bankleitzahl S: Swift N: von der FMA vergebene interne Nummer, falls B oder S nicht möglich Identifikation B: Bankleitzahl der GegenS: Swift N: von der FMA partei vergebene interne Nummer, falls B oder S nicht möglich Geschäftsart B S Kalenderdatum JJJJMMTT des tatsächlichen Geschäftsabschlusses Uhrzeit des HHMMSS tatsächlichen Geschäftsabschlusses MEZ keine Befüllung erforderlich Kalenderdatum keine Befüllung des indirekten erforderlich Börsegeschäfts Uhrzeit des keine Befüllung indirekten erforderlich Börsengeschäfts MEZ keine Befüllung erforderlich Handelsplatz MIC
Format
Nationales Feld
§ 64
A1
MiFID-Feld
MiFID-Bezeichnung
gehört zu MiFID-20
Gegenpartei
N 5 MiFID-20 A 8/ A 11 A8
Gegenpartei
A1
MiFID-4
D8
MiFID-2
Kauf-/ Verkauf-Indikator Handelstag
T6
MiFID-3
Handelszeit
MiFID-21, 20
Identifikation des Handelsplatzes/Gegenpartei
A0 D0
T0
T0 A4
15 16 17 18 19
Feldbezeichnung
Kennzeichen börslich Stornodatum Kennzeichen Aktualisierung Kennzeichen Eigenbestand Kennzeichen der Nummernart
20
Identifikation des Finanzinstruments
21
Depotwährung/ Nominalwährung/ Notierungseinheit
22
Nominale
§ 64
Inhalt
J: börslich N: ausserbörslich JJJJMMTT keine Befüllung erforderlich J N S: ISIN O: ÖTOB A: Ausländische Derivatsnummer R: Rolfe & Nolan Nr I: Interne Nummer (nur zulässig, wenn OTC-Derivat und Underlying an einem geregeltem Markt notiert) S: ISIN O: ÖTOB A: Ausländische Derivatsnummer R: Rolfe & Nolan Nr I: Interne Nummer (nur zulässig, wenn OTC-Derivat und Underlying an einem geregeltem Markt notiert) zusätzlich: Optionsscheine: XXO, Zertifikate: XXZ
Nominale (Stück, Kontrakte)
Format
Nationales Feld
Meldepflichten
MiFID-Feld
MiFID-Bezeichnung
A1 D 8 MiFID-23 A 25
Stornohinweis
A1
MiFID-5
A1
MiFID-7
Handelseigenschaft Art der Identifizierung des Instruments
A 15 MiFID-6
Identifikation des Instruments
A3
gehört zu MiFID-17, 19, 10
N 15,4
MiFID-18
Währung der Notierung, Art der Mengenangabe, Art des Finanzinstruments (Nominale) Menge
617
Link
Feldbezeichnung
Inhalt
23
Einheit der Effektennotiz
24
Währung des Kurses Abschlusskurs/Preis Wertpapierkeine Befüllung bezeichnung erforderlich Wertpapierart keine Befüllung erforderlich
25 26 27
28
29
30
31
32
618
1: Stück-Notiz 2: ProzentNotiz 3: Promille Notiz 4: Punkte-Notiz Währung des Kurses Stückpreis
Format
Nationales Feld
§ 64
MiFID-Bezeichnung
N1
MiFID-19
Art der Mengenangabe
A3
MiFID-17
Währung der Notierung Stückpreis
N 7,4 MiFID-16 A0 A0
Kennzeichen Effektengeschäft
Kennzeichen, ob es A 1 sich um Eigengeschäft oder um ein Kundengeschäft handelt. E: Eigengeschäft K: Kundengeschäft A1 Art des Deri- C: Call vats/Options- P: Put scheins F: Future Kontraktgröße Stückzahl besagten Finanzinstruments, die in einer Handelseinheit enthalten sind Währung des keine Befüllung Basispreises erforderlich der Option Basispreis Option (sschein)
MiFID-Feld
MiFID-10
gehört zu MiFID-5
MiFID-13, 12
N 10, MiFID-15 3
Art des Finanzinstruments (abgedeckt durch nationales Feld 21) Handelseigenschaft
Verkaufs-/ Kauf-Option, Art des Derivates Kurs-/Preismultiplikator
N0
N 10, MiFID-14 6
Ausübungspreis
Feldbezeichnung
§ 64
Inhalt
Format
Nationales Feld
Meldepflichten
MiFID-Feld
33
Bezeichnung des Underlyings
S: ISIN T: Zulässig, wenn Underlying kein Finanzinstrument ist etc O: ÖTOB A: Ausländische Derivate
A 41 MiFID-8 bzw. MiFID-9 A1 UNDA 40
34
Notierung des Basispreises Ausübungspreis der Option Fälligkeit des Finanzinstrumentes
keine Befüllung erforderlich keine Befüllung erforderlich
N0
35
36
Open/Close Kennzeichen
38
Market Maker J: Market Maker Kennzeichen Kennzeichen N: Kein Market Maker Geschäft Meldenummer eindeutige interne Nummer
39
Identifikation des zugrundeliegenden Instruments, Art der Identifikation des zugrundeliegenden Instruments
N0
JJJJMMTT D8 bei unendlich laufenden Anleihen: 99991231 bei Floater: EndFälligkeit O: Open A1 C: Close
37
MiFID-Bezeichnung
MiFID-11
Fälligkeitstag
MiFID-Zusatz gemäß Art 13 Abs 3 lit a DVO A 1 MiFID-Zusatz gemäß Art 13 Abs 3 lit b DVO A 25 MiFID-22 Referenznummer des Geschäfts
Erklärungen in Bezug auf das Format: A 11 N5 N 15,4 D8 T6
alphanumerischer Text, maximale Länge 11 Zeichen Integerzahl, maximale Länge 5 Stellen Zahl mit maximal 15 Vorkomma – sowie maximal 4 Nachkommastellen Datumswert, 8 Stellen (JJJJMMTT) Zeitwert, 6 Stellen (HHMMSS)
619
§ 64
Link
Zu den Feldern im Einzelnen: 35 Feld 1 Art der Identifikation des Meldepflichtigen
Feld 2 Identifikation des Meldepflichtigen Die nationalen Felder 1 Art der Identifikation des Meldepflichtigen sowie 2 Identifikation des Meldepflichtigen waren – wie auch die nationalen Felder 3 bis 6 – bis zur Umsetzung der MiFID in § 10 Abs 3 Z 4 WAG aF in Verbindung mit den Bestimmungen der WPMVO aF geregelt. Jedenfalls gehören die nationalen Felder 1 und 2 thematisch zu MiFID-Feld 1 Identifikation der meldepflichtigen Wertpapierfirma. Gemäß § 2 WPMVO aF hatte sich das meldepflichtige Institut mit seiner Bankleitzahl (BLZ) oder – so das Institut über keine BLZ verfügt – mittels Bank Identifier Code (BIC, SWIFT-Adresse) zu identifizieren. Ist ein Institut kein User des SWIFT-Netzwerkes, jedoch im Besitz einer SWIFT-Adresse, so ist der BIC-Code der entsprechende Branchencode. Sofern weder BLZ noch BIC/SWIFT-Adresse vorhanden sind, hatte das meldepflichtige Institut bei der FMA um Vergabe einer Identifikationsnummer (FMA-ID) anzusuchen. Diese Option der FMA-ID für Meldepflichtige fand sich allerdings schon nicht mehr im Entwurf der WPMV 2007, nicht zuletzt wohl auf Grund der geringen Anzahl entsprechender Meldungen. Gemäß der WPMV 2007 kann die FMA-ID jedoch insb für die Identifikation des Auftraggebers – Kunde bzw für die Identifikation der Gegenpartei verwendet werden, falls weder BLZ noch SWIFT zur Verfügung stehen. 36 Die WPMVO aF enthielt gesonderte Bestimmungen zur Identifikation
des Meldepflichtigen (§ 2), zu beteiligten Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (§ 10) sowie zu den nicht meldepflichtigen Auftraggebern (§ 11). Die MiFID stellt demgegenüber grundsätzlich bloß auf die Identifikation der meldepflichtigen Wertpapierfirma ab, die das Geschäft ausgeführt hat (Feld 1 in Tabelle 1 des Anhangs I der DVO), und zwar mittels einheitlichen Codes. Nicht zuletzt aus diesem Grund stellt sich die WPMV 2007 im Vergleich zur WPMVO aF in stark reduziertem Umfang dar. Es war nahe liegend, in der WPMV 2007 entsprechende Bestimmungen analog Tabelle 1 des Anhangs I der DVO vorzusehen. Die WPMV 2007 zeigt einerseits Spezifikationen in Bezug auf den Auftraggeber des gemeldeten Geschäfts, andererseits in Bezug auf die in Feld 20 der Tabelle 1 des Anhangs I DVO bezeichnete Gegenpartei. 37 § 10 WPMVO aF hatte im Hinblick auf Beteiligte Kreditinstitute
und Wertpapierfirmen ua Folgendes vorgesehen: Das an der Ausführung des gemeldeten Geschäfts unmittelbar beteiligte Kreditinstitut (gemäß § 2 Z 20 und 21 BWG) bzw Wertpapierfirma (gemäß § 2 Z 30 620
Meldepflichten
§ 64
BWG, ausgenommen Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 19 WAG aF) war im Kontrahentenfeld mit seiner Bankleitzahl, ersatzweise mit dem BIC, schließlich mit der FMA-ID zu bezeichnen. Auf Anfrage eines meldepflichtigen Instituts gab die FMA bekannt, ob für ein Kreditinstitut (Wertpapierfirma) eine FMA-ID vergeben wurde. War keine dieser Nummern vorhanden, so war eine interne Identifikationsnummer (interne ID) zu verwenden. Im Fall eines vom Meldepflichtigen selbst abgeschlossenen direkten Börsegeschäfts gemäß § 6 Abs 2 WMPVO aF musste das Kontrahentenfeld leer bleiben. Zudem war die Bezeichnung auch im Auftraggeberfeld vorzunehmen, so es sich beim unmittelbaren Auftraggeber des Meldepflichtigen um ein Kreditinstitut (Wertpapierfirma) handelte. Im Falle von Eigengeschäften musste sich der Meldepflichtige im Auftraggeberfeld selbst mit derselben Identifikation bezeichnen, die zu seiner Identifikation als Meldepflichtiger verwendet wurde. Mit der WPMV 2007 wird hingegen auf den unmittelbaren Auftraggeber eines gemeldeten Geschäfts abgestellt. Dieser ist mit seiner österreichischen Bankleitzahl oder mit seinem SWIFT-Code zu bezeichnen. Handelt es sich beim unmittelbaren Auftraggeber des gemeldeten Geschäfts allerdings um eine Wertpapierfirma gemäß § 2 Z 30 BWG oder um ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 4 WAG, und ist kein SWIFT-Code vorhanden, so ist in diesem Falle das entsprechende Feld mit der auf Anfrage von der FMA bekannt gegebenen FMA-ID zu befüllen. Für jene Fälle, in denen es sich beim unmittelbaren Auftraggeber 38 weder um ein Kreditinstitut noch um eine Wertpapierfirma gemäß § 10 Abs 4 WAG aF handelt, sah die WPMVO aF in § 11 vor, den nicht meldepflichtigen Auftraggeber pro Depot mit einer vom Meldepflichtigen selbst vergebenen internen Identifikationsnummer (Kunden-ID) im Kundenfeld zu bezeichnen. Die vom Meldepflichtigen für einen bestimmten Kunden pro Depot vergebene Kunden-ID sollte zudem grundsätzlich für die Meldung aller Transaktionen eines Kunden auf einem bestimmten Depot verwendet werden und durfte nicht öfter als einmal jährlich geändert werden. Diese Inhalte finden sich auch in der WPMV 2007 wieder. Unter Beibehaltung der genannten Voraussetzungen ist der unmittelbare Auftraggeber des gemeldeten Geschäfts in dem dafür vorgesehenen Feld mit einer vom Meldepflichtigen selbst vergebenen internen Identifikationsnummer (Kunden-ID) zu bezeichnen, sollten weder Bankleitzahl noch SWIFT-Code oder FMA-ID verfügbar sein. Diese Bestimmung in § 6 Abs 3 WPMV gilt jedoch zufolge Abs 4 nicht für im Wege eines geregelten Marktes oder eines MTF gemäß § 7 WPMV erstattete Meldungen von Börsen621
§ 64
Link
mitgliedern mit Sitz in Drittländern, die der Meldepflicht gemäß § 64 Abs 1 Z 4 WAG unterliegen. 39 Feld 3 Art der Identifikation des Auftraggebers – Kunde
Feld 4 Identifikation des Auftraggebers – Kunde Die nationalen Felder 3 Art der Identifikation des Auftraggebers – Kunde und 4 Identifikation des Auftraggebers – Kunde werden nunmehr in bezug zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten gemäß Art 13 Abs 4 DVO gesetzt, wonach diese für die Meldung eines Geschäfts iS von Art 25 Abs 3 und 5 MiFID Angaben zur Identifikation des Kunden vorschreiben können, für den die Wertpapierfirma das Geschäft getätigt hat (vgl auch § 64 Abs 5 Z 3 WAG). Diese Bestimmung ist wiederum iZm der WPMV 2007 zu sehen, in der – wie beschrieben – nähere Bestimmungen in Bezug auf den unmittelbaren Auftraggeber eines gemeldeten Geschäfts getroffen werden. Gemäß der nationalen Felder 3 und 4 erfolgt die Identifikation des Auftraggebers – Kunde wie auch schon bisher durch – nachfolgende Aufzählung ist nach Priorität gereiht, beginnend mit höchster Priorität – Bankleitzahl, Swift-Code, von der FMA vergebener interner Nummer (FMA-ID) oder durch eine vom Meldepflichtigen vergebene interne Kundennummer. 40 Feld 5 Art der Identifikation der Gegenpartei
Feld 6 Identifikation der Gegenpartei Die nationalen Felder 5 Art der Identifikation der Gegenpartei und 6 Identifikation der Gegenpartei gehören mit MiFID-Umsetzung thematisch zum MiFID-Feld 20 Gegenpartei und unterliegen wie die nationalen Felder 1 und 2 einer inhaltlichen Änderung. Die Identifikation der Gegenpartei des Geschäfts hat der Tabelle 1 des Anhangs I DVO zufolge zu enthalten: – Für den Fall, dass es sich bei der Gegenpartei um eine Wertpapierfirma handelt, den einheitlichen, von der zuständigen Behörde, an welche die Meldung erfolgte, für diese Wertpapierfirma festgelegten Code. – Für den Fall, dass es sich bei der Gegenpartei um einen geregelten Markt oder ein MTF bzw eine Person handelt, die bzw der als zentrale Gegenpartei agiert, der einheitliche harmonisierte Identifikationscode für diesen Markt, dieses MTF oder die Person, die als zentrale Gegenpartei agiert. Der harmonisierte Identifikationscode – es handelt sich hierbei in praxi um den Market Identifier Code nach ISO 10383 (MIC Code) – ist dabei jener Liste zu entnehmen, die von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats dieser Person iS von Art 13 Abs 2 DVO veröffentlicht wird. Diesbezüglich muss 622
Meldepflichten
§ 64
allerdings beachtet werden, dass der MIC Code in das nationale Feld 14 Börsenplatz einzutragen ist. – Für den Fall, dass es sich bei der Gegenpartei nicht um eine Wertpapierfirma, einen geregelten Markt oder ein MTF respektive eine Person handelt, die bzw der als zentrale Gegenpartei agiert, sollte diese Gegenpartei als „Kunde“ der das Geschäft ausführenden Wertpapierfirma identifiziert werden. An dieser Stelle ist anzumerken, dass in praxi einige Rechtsträger mit Stand März 2010 nach wie vor auf die Zuteilung von MIC-Codes seitens des Unternehmens SWIFT warten oder noch keine endgültige diesbezügliche Entscheidung seitens des entsprechenden CESR-Mitgliedes getroffen wurde. Die Meldung der beteiligten Kreditinstitute und Wertpapierfirmen war 41 hierzulande bis zur Umsetzung der MiFID in § 10 WPMVO aF vorgesehen. Die aus Feld 20 der Tabelle 1 des Anhangs I DVO abzuleitende Verpflichtung der FMA zur Festlegung eines einheitlichen Codes zur Identifikation der Gegenpartei des Geschäfts wurde in der WPMV 2007 verankert. Die WPMV 2007 sieht vor, dass die Gegenpartei des gemeldeten Geschäfts in dem dafür vorgesehenen Feld mit ihrer österreichischen Bankleitzahl oder mit ihrem SWIFT-Code zu bezeichnen ist. Ist keines dieser Identifikationsmerkmale vorhanden, so ist die FMA-ID zu verwenden, die auf Anfrage eines meldepflichtigen Instituts von der FMA bekannt gegeben wird. In Abänderung der vorangegangenen Regelung darf eine allfällig vom Meldepflichtigen vergebene interne Identifikationsnummer (Kunden-ID) zur Identifikation der Gegenpartei hingegen nicht mehr zur Anwendung gelangen. Feld 7 Geschäftsart 42 In Bezug auf das nationale Feld Geschäftsart, welches dem MiFIDFeld 4 Kauf/Verkauf-Indikator entspricht, gibt es inhaltlich keine Änderung. Laut Tabelle 1 des Anhangs I DVO wird in diesem Feld definiert, ob es sich bei dem Geschäft um einen Kauf (B für Buy) oder um einen Verkauf (S für Sell) handelt, und zwar aus Sicht der meldepflichtigen Wertpapierfirma oder – im Falle der Benachrichtigung eines Kunden – aus der Sicht des Kunden. Der § 3 Geschäftsart der WPMVO aF, wonach ein gemeldetes Geschäft als Kauf oder Verkauf zu bezeichnen gewesen ist, und zwar auch im Falle eines unechten Pensionsgeschäftes (§ 50 Abs 3 BWG), ist in der WPMV 2007 kein Regelungsgegenstand mehr. Aus den Vorgaben der MiFID (vgl jedoch auch etwa Art 5 DVO) ergibt sich eindeutig, dass mit einem Geschäft ein Kauf oder ein Verkauf gemeint ist. Entsprechend kann auch eine Bezugnahme auf unechte Pensionsgeschäfte in einer WPMV 2007 keinen Platz mehr haben. 623
§ 64
Link
43 Feld 8 Kalenderdatum des tatsächlichen Geschäftsabschlusses
44
45
46
47
Feld 9 Uhrzeit des tatsächlichen Geschäftsabschlusses Feld 8 und 9 – Datum und Uhrzeit der Geschäftsausführung (börslich) bzw des Vertragsabschlusses (außerbörslich) – bleiben inhaltlich unverändert. Thematisch entsprechen diese nationalen Felder den MiFID-Feldern 2 Handelstag – laut Tabelle 1 des Anhangs I DVO der Tag, an dem das Geschäft ausgeführt wurde – sowie 3 Handelszeit. Mit Handelstag ist nach vorherrschender Praxis in der Industrie der Schlusstag gemeint. In der DVO ist mit Handelszeit jener Zeitpunkt angesprochen, zu dem das Geschäft ausgeführt wurde, unter Angabe der Ortszeit der zuständigen Behörde, der das Geschäft gemeldet wird, und zwar in Koordinierter Weltzeit (Coordinated Universal Time/UTC) +/- Stunden. Feld 10 MEZ Feld 11 Kalendertag des indirekten Börsegeschäfts Feld 12 Uhrzeit des indirekten Börsegeschäfts Feld 13 MEZ Zu inhaltlichen Änderungen kam es hingegen hinsichtlich der nationalen Felder 10, 11, 12 und 13, denn genannte Felder bedürfen keiner Befüllung mehr. Die Felder 10 und 13 blieben allerdings bereits vor Implementierung der MiFID stets leer. Feld 14 Handelsplatz Mit diesem nationalen Feld wurde gemäß § 10 Abs 3 Z 5 WAG aF auf den Markt abgestellt. Laut § 3 WPMVO aF war eine Unterscheidung zwischen börslichem und außerbörslichem Geschäft zu treffen. In Bezug auf die Bezeichnung des Marktes waren dreistellige Ziffernfolgen als Börseplatznummerierung (beispielsweise 931 für den Amtlichen Handel am Börseplatz Wien) zu verwenden. Systematisch gehört das Feld zu den MiFID-Feldern 20 Gegenpartei sowie 21 Identifikation des Handelsplatzes. Feld 21 hat gemäß Tabelle 1 des Anhangs I der DVO den für einen Handelsplatz einheitlichen harmonisierten Identifikationscode – somit den MIC-Code gemäß ISO Website – zu enthalten, ansonsten die Angabe OTC. Feld 15 Kennzeichen börslich Dieses Feld, welches entweder mit „J“ (börslich) oder mit „N“ (ausserbörslich) befüllt wird, blieb unverändert auch nach Inkrafttreten der durch die MiFID bedingten Neuregelungen bestehen. Feld 16 Stornodatum Dieses nationale Feld entspricht grundsätzlich dem MiFID-Feld 23 Stornohinweis. 624
Meldepflichten
§ 64
Feld 17 Kennzeichen Aktualisierung
48
In Bezug auf das Feld 17 kam es zu einer inhaltlichen Änderung. Dieses Feld war mit der Meldenummer des zugrundeliegenden Geschäfts befüllt worden; die Befüllung dieses Feldes entfällt gänzlich. Feld 18 Kennzeichen Eigenbestand
49
Das nationale Feld 18 sollte gemäß § 10 Abs 3 Z 7 WAG aF darüber Auskunft geben, ob es sich um ein Geschäft für eigene Rechnung – in diesem Fall ist das Kennzeichen „J“ zu setzen, andernfalls Kennzeichen „N“ – gehandelt hat (vgl zudem nationales Feld 28; dazu Rz 57). Sollten Geschäften auf eigene Rechnung in wirtschaftlicher Hinsicht andere Geschäfte zugrunde liegen, die als Kommission durch Selbsteintritt ausgeführt werden, ist die Kennzeichnung derart vorzunehmen, dass der Zusammenhang zu dem betreffenden Kommissionsgeschäft abgeleitet werden kann. Die häufige Ausführung auch von Kundengeschäften als Kommissionsgeschäft (Ausführung im eigenen Namen auf fremde Rechnung) gilt als österreichisches Spezifikum. Beim Kommissionsgeschäft erfolgt die Ausführung eines Auftrages entweder durch Selbsteintritt der Bank (gegen Nostro-Bestand), durch Weiterleitung an die Börse oder durch Ausgleich mit anderen Aufträgen. Daher ist die Unterscheidung in Eigen- und Kundengeschäft in Österreich als unklar zu bezeichnen (Zeipelt in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 10 Erl RV 96). Feld 18 entspricht dem MiFID-Feld Handelseigenschaft und legt fest, ob die Wertpapierfirma das Geschäft für eigene Rechnung (entweder als Eigenhändler oder im Namen eines Kunden) oder für Rechnung und im Namen eines Kunden ausgeführt hat. Feld 19 Kennzeichen der Nummernart
50
Feld 20 Identifikation des Finanzinstruments Mit diesen beiden nationalen Feldern, die inhaltlichen Änderungen unterworfen wurden, war gemäß § 10 Abs 3 Z 1 WAG aF auf die Bezeichnung des Instruments sowie auf die Wertpapierkennnummer abgestellt worden. Feld 19 entspricht dem MiFID-Feld 7 Art der Identifizierung des Instruments, Feld 20 dem MiFID-Feld 6 Identifikation des Instruments. Die Identifikation des dem Geschäft zugrunde liegenden Finanzinstruments muss gemäß Tabelle 1 des Anhangs I DVO einen einheitlichen Code enthalten, der von der zuständigen Behörde festzulegen ist, an welche die Meldung erfolgt. Sollte das besagte Finanzinstrument keinen einheitlichen Identifikationscode haben, muss die Meldung den Namen des Finanzinstruments enthalten oder im Falle eines Derivatkontrakts die Merkmale dieses Kontrakts. 625
§ 64
Link
51 Gemäß § 5 WPMVO aF waren meldepflichtige Wertpapiere mit ihrer
International Securities Identification Number (ISI-Nummer, ISIN) zu bezeichnen. Hatte das Wertpapier keine ISIN, oder war die ISIN im System des Meldepflichtigen nicht verfügbar, so war anstelle dessen die nationale Wertpapierkennnummer anzugeben. Fehlte auch diese, so musste das Wertpapier mit einer vom meldepflichtigen Institut zu vergebenden Nummer (hausinterne Kennnummer), welche nicht ohne zwingenden Grund und nur unter vorheriger Anzeige an die FMA geändert werden darf, bezeichnet werden. Die meldepflichtigen abgeleiteten Instrumente (Derivate) waren gemäß § 5 WPMVO aF mit ihrer ÖTOB-Nummer zu bezeichnen. Der auch vor MiFID-Umsetzung bereits verwendete ÖTOB-Code dient der eindeutigen Identifikation von Optionen und Futures und setzt sich aus folgenden Feldern zusammen: – ein beliebiges Kürzel (in Österreich wäre dies das OTOB Kürzel); – das zugrunde liegende Finanzinstrument (Underlying); – Art der Option; – Strike Price; – Börseplatz. Hat das Derivat keine ÖTOB-Nummer, so ist die entsprechende von der Heimatbörse vergebene Nummer anzugeben. Fehlt auch diese, so muss das Derivat mit einer vom meldepflichtigen Institut zu vergebenden Nummer (hausinterne Kennnummer) bezeichnet werden. 52 Priorität 1 zur Identifizierung des Finanzinstruments haben mit dem
WAG 2007 die ggf von der Österreichischen Kontrollbank (OeKB) vergebene, aus einem zwölfteiligen alphanumerischen Code bestehende ISIN (konkret: ISO 6166), die ÖTOB-Nummer sowie eine uU verfügbare ausländische Derivatsnummer. Als Priorität 2 kann nunmehr lediglich die Rolfe & Nolan Nr. herangezogen werden, nicht mehr jedoch die nationale Kennnummer oder die WM für internationale Nummer. Eine interne Nummer zur Identifikation des Instruments kann – als Priorität 3 – nach wie vor verwendet werden, allerdings ist diese nur mehr dann zulässig, wenn es sich um ein OTC-Derivat handelt sowie das Underlying an einem geregelten Markt notiert. Feld 26 und 27 müssen hingegen bei Verwendung einer internen Nummer nicht mehr befüllt werden. 53 Seit Inkrafttreten der MiFID zeigte sich, dass die Mehrzahl der geregel-
ten Märkte zur Identifizierung eines Finanzinstrumentes die ISIN verwenden. Doch liegen mit Stand März 2010 einige Derivatemärkte vor, welche demgegenüber den Alternative Instrument Identifier (AII) – auf welchen ausführlicher in einem anderen Zusammenhang einzugehen sein wird (vgl Rz 72 ff) - präferieren (vgl Ref CESR/09–618 Classi626
Meldepflichten
§ 64
fication and identification of OTC derivative instruments for the purpose of the exchange of transaction reports amongst CESR Members, Konsultationspapier datiert 22. Juli 2009, oder schon früher Ref CESR/07–627 b New Arrangements for the reporting of derivatives trades in accordance with MiFID). Feld 21 Depotwährung/Nominalwährung/Notierungseinheit Feld 21 hatte bis zur MiFID-Umsetzung lediglich die Bezeichnung Depotwährung. Thematisch wurde in Feld 21 das MiFID-Feld 17 Währung der Notierung (Währung, in der der Preis ausgedrückt wird; im Falle des als Prozentsatz ausgedrückten Preises eines verbrieften Schuldtitels dieser Prozentsatz), das MiFID-Feld 19 Art der Mengenangabe sowie das MiFID-Feld 10 Art des Finanzinstruments umgesetzt. Entsprechend musste der Inhalt des Feldes 21 dahingehend abgeändert werden, dass entsprechende Angaben auch für Optionsscheine (Buchstabenfolge XXO), Zertifikate (Buchstabenfolge XXZ) etc zu treffen waren. Feld 22 Nominale Feld 22 findet seine Entsprechung in MiFID-Feld 18 (Nominale) Menge, wonach die Anzahl der Finanzinstrumente, der Nennwert der Schuldverschreibungen oder die Zahl der in das Geschäft einbezogenen Derivatkontrakte gemeint ist. Feld 23 Einheit der Effektennotiz Feld 23 entspricht dem MiFID-Feld 19 Art der Mengenangabe, wonach es sich bei der Menge um die Zahl der Anzahl der Finanzinstrumente, um den Nominalwert der Schuldverschreibungen oder um die Zahl der Derivatkontrakte handelt. Die bereits in Anlage 5 der WPMVO aF vorgesehenen Notierungsarten Stück-Notiz, ProzentNotiz, Promille-Notiz sowie die Notierung in Punkten wurden beibehalten und finden sich folglich auch in der WPMV 2007 (§ 2) wieder. Feld 24 Währung des Kurses Das Feld 24 entsprechende MiFID-Feld 17 Währung der Notierung ist mit der Währung, in welcher der Preis ausgedrückt wird, zu befüllen. Wird der Preis im Falle einer Schuldverschreibung oder eines sonstigen verbrieften Schuldtitels als Prozentsatz ausgedrückt, so ist gemäß MiFID dieser Prozentsatz anzugeben. Tatsächlich bleibt das nationale Feld 24 im Falle einer Prozentnotiz, beispielsweise einer Anleihe, weiterhin leer. Feld 25 Abschlusskurs/Preis Das MiFID-Feld 16 entspricht dem nationalen Feld 25 und definiert Stückpreis als Preis per Wertpapier oder Derivatkontrakt ohne Pro627
54
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58
§ 64
Link
visionen und gegebenenfalls Stückzinsen. Im Falle eines Schuldtitels kann der Preis entweder in der jeweiligen Währung oder als Prozentsatz ausgedrückt werden. Bei Anleihen ist prinzipiell der Clean-Preis anzusetzen, bei Fonds der Nettopreis, dh ohne Spesen bzw Rücknahmepreis. 59 Feld 26 Wertpapierbezeichnung
Gemäß § 10 Abs 3 Z 1 WAG aF hatte eine Meldung auch die Bezeichnung des Instruments und die Wertpapierkennnummer zu umfassen. Die zwingende Befüllung des Feldes 26 bei Meldung einer internen Wertpapiernummer ist mit dem WAG 2007 nicht mehr gegeben und entfällt daher. 60 Feld 27 Wertpapierart
Feld 27 findet zwar seine Entsprechung in MiFID-Feld 10 Art des Finanzinstruments, muss jedoch nicht mehr befüllt werden, weil bereits durch das nationale Feld 21 abgedeckt. Als derartiger einheitlich international akzeptierter Standard für die Klassifizierung von Finanzinstrumenten kann grundsätzlich der – aus 6 Zeichen bestehende – CFI Code nach ISO 10962 (Classification of Financial Instruments) verstanden werden (siehe auch Erwägungsgrund 11 DVO). Vergeben wird der CFI-Code wie der ISIN-Code von den sog „National Numbering Agencies“, hierzulande ist dies die Oesterreichische Kontrollbank. Für die Zwecke von TREM gilt es zu beachten, dass bis dato lediglich die erste Stelle des CFI-Codes verpflichtend anzuführen ist. 61 Feld 28 Kennzeichen Effektengeschäft
Gemäß § 10 Abs 3 Z 7 WAG aF musste die Meldung eine Angabe darüber enthalten, ob es sich ua um ein Geschäft für eigene Rechnung gehandelt hat. Feld 28 entspricht grundsätzlich dem MiFID-Feld Handelseigenschaft, in welchem festgelegt wird, ob die Wertpapierfirma das Geschäft für eigene Rechnung (entweder als Eigenhändler oder im Namen eines Kunden), oder für Rechnung und im Namen eines Kunden ausgeführt hat. Es ist daher unverändert das Kennzeichen „E“ für Eigengeschäft bzw „K“ für Kundengeschäft im nationalen Feld 28 zu setzen. 62 Feld 29 Art des Derivats/Optionsscheins
Das gleich lautende MiFID-Feld 12 sieht eine harmonisierte Beschreibung der Art des Derivats vor. Die bisherige Kennzeichnung eines Derivats mit „C“ (Call), „P“ (Put) bzw „F“ (Future) wurde beibehalten. Die Kennzeichnung mit „C“ (Call) oder „P“ (Put) hat darüber hinaus jetzt auch für Optionsscheine zu erfolgen. Diesbezüglich besteht ein Konnex zu MiFID-Feld 13, wonach anzugeben ist, ob 628
Meldepflichten
§ 64
es sich bei der Option oder bei einem anderen Finanzinstrument um eine Verkaufsoption oder um eine Kaufoption handelt. Feld 30 Kontraktgröße Das nationale Feld 30 ist nach wie vor für Derivate zu befüllen. Das analoge MiFID-Feld 15 Kurs-/Preismultiplikator stellt auf die Stückzahl des Finanzinstruments, die in einer Handelseinheit enthalten ist, ab. Gemeint sind damit beispielsweise die Zahl der Derivate oder der Wertpapiere, die in einem Kontrakt enthalten sind. Feld 31 Währung des Basispreises der Option In Bezug auf das nationale Feld 31 kam es insofern zu einer inhaltlichen Änderung, als die verpflichtende Befüllung des Feldes bei einer Option mit einem Währungskürzel entfällt. Feld 32 Basispreises der Option/des Optionsscheins Feld 32 findet seine Entsprechung im MiFID-Feld 14 Ausübungspreis. Es ist somit der Ausübungspreis einer Option oder eines anderen Finanzinstruments gemeint. War das nationale Feld bis zum WAG 2007 lediglich im Falle einer Option zu befüllen, so gilt diese Bestimmung nun auch für Optionsscheine. Feld 33 Bezeichnung des Underlyings Das nationale Feld 33 heißt nicht mehr Bezeichnung des Basiswerts zum Derivat und nimmt zudem nach Umsetzung der MiFID auch Bezug auf Optionsscheine sowie Zertifikate. Feld 33 entspricht im Wesentlichen den MiFID-Feldern 8 Identifikation des zugrunde liegenden Instruments sowie 9 Art der Identifikation des zugrunde liegenden Instruments. Gemeint ist damit zum einen die Art des Codes, der zur Identifizierung des zugrunde liegenden Instruments verwendet wird. Zum anderen geht es um die Identifikation für jenes Wertpapier, das den Basiswert bei einem Derivatkontrakt oder für das übertragbare Wertpapier iS von Art 4 Abs 1 Z 18 lit c MiFID darstellt. Diese Stelle der MiFID erfasst sämtliche sonstigen Wertpapiere, die zum Kauf oder Verkauf solcher Wertpapiere berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die anhand von übertragbaren Wertpapieren, Währungen, Zinssätzen oder -erträgen, Waren oder anderen Indizes oder Messgrößen bestimmt wird. Um das Underlying zu bezeichnen, haben ISIN Code, ÖTOB-Nummer sowie ausländische Derivate-Nummer in der Verwendung Priorität 1. Zulässig ist darüber hinaus die textliche Bezeichnung, jedoch lediglich in jenen Fällen, in denen es sich in Bezug auf das Underlying um kein Finanzinstrument handelt. Für Commodities ist mit Einführung des WAG 2007 in diesem Fall Feld 33 mit TCOMMODITY zu befüllen, für Metals TMETAL, Baskets TBASKET, für Credit-Default-Swaps TINTEREST sowie für Währungen 629
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TCURRENCY. Nationale Wertpapierkennnummer, WM für internationale Wertpapiere sowie die Rolfe & Nolan Nr. sind nicht länger zulässig. 67 Feld 34 Notierung des Basispreises
In Bezug auf das nationale Feld 34 kam es insofern zu einer inhaltlichen Änderung, als die verpflichtende Befüllung dieses Feldes entfällt. 68 Feld 35 Ausübungspreis der Option Das nationale Feld 35 bleibt ebenfalls leer. Dies entspricht der bisherigen Bestimmung vor Inkrafttreten des WAG 2007. 69 Feld 36 Fälligkeit des Finanzinstruments
Das nationale Feld 36, welches dem MiFID-Feld 11 Fälligkeitstag entspricht, bezieht sich mit Umsetzung der MiFID auch auf Optionsscheine, Anleihen und Zertifikate. Folglich konnte die ursprüngliche Bezeichnung Fälligkeit des Derivats nicht beibehalten werden. In Feld 11 von Tabelle 1 des Anhangs I DVO wird ein Fälligkeitstag als Tag der Fälligkeit einer Schuldverschreibung oder eines sonstigen verbrieften Schuldtitels bzw als Ausübungstag oder Fälligkeitstag eines Derivatkontrakts beschrieben. Im Falle unendlich laufender Finanzinstrumente wird in Feld 36 die Zahlenfolge 99991231 angegeben, bei Floatern die Endfälligkeit. 70 Feld 37 Open/Close Kennzeichen
Feld 38 Market Maker Kennzeichen Die nationalen Felder 37 und 38 wurden in Bezug gesetzt zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten gemäß Art 13 Abs 3 DVO und in § 64 Abs 5 Z 2 WAG bzw in der WPMV 2007 spezifiziert. Demzufolge können die Mitgliedstaaten vorschreiben, dass die Meldungen über Geschäfte Angaben enthalten, die eine Ergänzung der Angaben in Tabelle 1 des Anhangs I DVO sind, sofern diese Angaben die zuständige Behörde in die Lage versetzen, die Tätigkeiten der Wertpapierfirmen zu überwachen, sodass sichergestellt wird, dass sie ehrlich, redlich, professionell und auf eine Art und Weise handeln, welche die Integrität des Marktes in der Gemeinschaft fördert, und sofern die nachfolgend genannten Kriterien erfüllt sind: 1. Das Finanzinstrument, das Gegenstand der Meldung ist, weist Merkmale auf, die für ein Finanzinstrument dieser Kategorie spezifisch sind, und die nicht von den Angaben in Tabelle 1 des Anhangs I DVO abgedeckt werden; 2. die Handelsmethoden, die für den Handelsplatz spezifisch sind, an dem das Geschäft stattfand, weisen Merkmale auf, die nicht von den Angaben in Tabelle 1 des Anhangs I DVO abgedeckt werden. 630
Meldepflichten
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Feld 37 stellt dabei hinsichtlich des Open/Close Kennzeichens auf Punkt 1 ab. Open ist mit „O“ zu kennzeichnen, Close mit „C“. Feld 38 Market Maker Kennzeichen – „J“ für den Fall eines Market Maker Geschäfts, andernfalls Kennzeichnung „N“ – stellt dagegen auf Punkt 2 ab. Feld 39 Meldenummer 71 Die Meldenummer eines Geschäfts diente gemäß § 10 Abs 3 Z 6 WAG aF als Kennzeichen zur Identifikation des Geschäfts. Feld 39 findet eine Entsprechung im MiFID-Feld 22 Referenznummer des Geschäfts, wonach die Wertpapierfirma oder ein Dritter, der die Meldung im Namen der Wertpapierfirma vornimmt, eine einheitliche Identifikationsnummer für das Geschäft zu vergeben hat.
E. Implementierung des Alternative Instrument Identifier (AII) Bereits im Vorfeld des In-Kraft-Tretens der MiFID war die Einführung 72 gesonderter ISIN Codes für derivative Finanzinstrumente insb auf internationaler Ebene äußerst strittig gewesen. In dem zwischen Behörden auszutauschenden Meldesatz war einzig und allein der ISIN Code als eindeutige Identifikation des Finanzinstruments zulässig. Im Zuge der Umsetzung der MiFID war grundsätzlich vorgesehen, für sämtliche Finanzinstrumente, für die kein ISIN Code vorhanden ist, von der ISIN Vergabestelle – auf Veranlassung der jeweils zuständigen Behörde – ebensolche generieren zu lassen. Stellungnahmen aus der Industrie führten in der Folge zur Annahme, dass ein Großteil der Meldepflichtigen nicht bereit wäre, der jeweils zuständigen Behörde einen ISIN Code für derivative Finanzinstrumente wie Optionen und Futures zu melden. Tatsächlich stellte sich auch als problematisch dar, dass einige Länder lediglich den ISIN Code als eindeutige Identifikation eines Finanzinstruments zulassen. Dadurch kann ein Transaction Report mit einem Finanzinstrument, das keinen ISIN Code zugewiesen hat, nicht an eine andere Behörde weitergeleitet werden. Meldungen über Geschäfte mit derivativen Finanzinstrumenten oder Commodities jedoch allein auf Grund des Fehlens eines ISIN Codes nicht zuzulassen, erschien hingegen keinesfalls MiFID-konform. Daher musste an einer Lösung gearbeitet werden, welche die Meldung sowie Weiterleitung sämtlicher derivativer Finanzinstrumente – auch wenn für diese kein ISIN Code verfügbar ist – ermöglicht. Als eine dieser Lösungen bzw Alternativen zu ISIN-Codes für Derivate war zunächst die Einführung eines dem ÖTOB-Code ähnlichen Codes, des nach der Federation of European Securities Exchanges (FESE) benannten FESE Codes, in Erwägung gezogen worden. Die Überlegungen gingen im Übrigen 631
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ursprünglich davon aus, dass für derivative Instrumente ein jeweils weltweit eindeutiger Code generiert werden kann (vgl CESR-Papier 07–413 A way forward with instrument reference data). Schließlich wurde der Alternative Instrument Identifier (AII) als alternative Methode zur Identifizierung von Wertpapier-Derivaten – gemäß den Erfordernissen und Schlussfolgerungen seitens des CESR – entwickelt (vgl insb CESR-Consultation Paper 09–618 Classification and identification of OTC derivative instruments for the purpose of the exchange of transaction reports amongst CESR Members). Für die Meldung von Geschäften in Derivaten, die kein Wertpapier als Underlying haben, kann somit neben der ISIN auch der AII herangezogen werden. Zusammengesetzt ist der AII, der grundsätzlich auch für OTC-Derivate gedacht ist, aus einer Reihe von sechs definierten, zum Teil Tabelle 1 des Anhangs I der DVO entnommenen Feldern: – Exchange Code (maximal vier Stellen; ISO 10383 Market Identifier Code, dh MIC-Code, Marktcode nach ISO 10383; Feld 21 gemäß Anhang I der DVO) – Exchange Product Code (stammt vom geregelten Markt, an dem das Derivat gehandelt wird; zwischen einer und zwölf Stellen; Felder 6 und 7 gemäß Anhang I der DVO) – Derivative Type (Option oder Future; Feld 12 gemäß Anhang I der DVO) – Put/Call Identifier (verpflichtend im Falle einer Option; Feld 13 gemäß Anhang I der DVO) – Expiry/Delivery/Prompt Date (YYYY-MM-DD; ISO 8601; Feld 11 gemäß Anhang I der DVO) – Strike Price (maximal 19 Stellen; verpflichtend im Falle einer Option; Feld 14 gemäß Anhang I der DVO) Der „Exchange Code“ identifiziert den geregelten Markt. Der „Product Code“ ist der für den geregelten Markt spezifische Code, welcher ein auf diesem Markt gehandeltes Produkt identifiziert. Die übrigen Felder werden benötigt, um ein Finanzinstrument von anderen, ähnlichen, auf demselben geregelten Markt mit demselben Product Code gehandelten Finanzinstrumenten zu unterscheiden. Wie immer sich Wertpapierfirmen in Bezug auf ihre Transaktionsmeldungen entscheiden, für ISIN oder für AII, sie sind jedenfalls angehalten, bei der Identifikation des Finanzinstruments in sämtlichen EWR-Ländern gleich vorzugehen. Die sog CESR MiFID Database (vgl auch Rz 81 f) weist mit Stand März 2010 den AII als „Instrument Identifier“ beispielsweise bei den geregelten Märkten „NYSE EURONEXT – MERCADO DE FUTU632
Meldepflichten
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ROS E OPCOES“ (MIC-Code MFOX) und „EUREX DEUTSCHLAND“ (MIC-Code XEUR) aus. Ist das Feld „Instrument Identifier“ auf der Database leer – wie etwa bei der englischen INTERCONTINENTAL EXCHANGE – ICE FUTURES EUROPE (MIC-Code ICEU) oder bei der dt EUROPEAN ENERGY EXCHANGE (MICCode XEEE) – , so bedeutet dies nichts anderes als die bloße Zulässigkeit der sog non-securities derivatives (Waren-Derivate mit eingeschlossen) zum Handel am geregelten Markt. Das CESR definiert in Ref CESR/07–627 b New Arrangements for the reporting of derivatives trades in accordance with MiFID die non-securities derivatives als jene Derivate, welche gerade nicht dadurch charakterisiert sind, dass sie Aktien, Anleihen oder ähnliche Wertpapiere als zugrunde liegendes Finanzinstrument (underlying) aufweisen. Gemeint sind nach hM damit Waren, Zinssätze, Wechselkurse und andere ökonomische (Mess-)Größen. Die Meldepflicht von Transaktionen mit Derivatkontrakten in Bezug auf diese non-securities obliegt im Übrigen nicht den Wertpapierfirmen selbst, sondern den geregelten Märkten, an welchen das Geschäft zustande gekommen ist. Ein Kompromiss zwischen EUWertpapieraufsichtsbehörden, der Europäischen Kommission etc führte hinsichtlich der Meldepflichten zum Ausschluss jener Transaktionen in Energie- und sonstigen Warenderivaten, welche nicht an einem geregelten Markt abgeschlossen worden sind (Ref CESR/08–998, CESR and ERGEG advice to the European Commission in the context of the Third Energy Package). Andererseits wurde jedoch eine CESR Tech-Arbeitsgruppe ins Le- 77 ben gerufen, deren Hintergrund gerade der – zunächst allerdings freiwillige und vermutlich erst ab 2010 wirksame – Austausch von Transaktionsmeldungen (via TREM) zwischen CESR-Mitgliedern iZm OTC-Derivaten sein soll. Indes erscheint dies durchaus sinnvoll, weil – zB zufolge Konsultationspapier Ref CESR/09–618 Classification and identification of OTC derivative instruments for the purpose of the exchange of transaction reports amongst CESR Members – seit der MiFID-Umsetzung zahlreiche Aufsichtsbehörden darauf aufmerksam gemacht haben, dass nicht gelistete OTC-Finanzinstrumente, welche zum Handel an einem geregelten Markt zugelassene Finanzinstrumente widerspiegeln, zu Marktmissbrauchszwecken verwendet werden können. Im November 2008 wurde seitens des CESR eine verbesserte Version des TREM präsentiert, welche als neues Feature va den Austausch von Reports bezüglich derivativer via AII identifizierter Instrumente ermöglicht. Zu den vom TREM zu erfassenden OTC-Derivaten zählen gemäß dem CESR insb Optionen, Futures, Optionsscheine, Contracts for Difference (finanzielle Differenzgeschäfte; CFD), Total 633
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Return Swaps (TRS), Spreadbets, Credit Default Swaps (CDS) und die sog „complex derivatives“. Letztere werden auf Grund der Allgemeinheit des Terminus bzw iS einer praxisrelevanten Klarstellung im Übrigen von CESR wohl noch exakt zu definieren sein (vgl hierzu auch das Transaction Reporting Forum der FSA vom 3. April 2009, in welchem genau darauf Bezug genommen und eine entsprechende Diskussion und Auseinandersetzung mit der Industrie angeregt wird). Es empfehlen sich wohl insgesamt begriffliche Schärfungen und auch Abgrenzungen zu Termini wie „exotische Optionen“ etc, wenngleich beispielsweise das Konsultationspapier Ref CESR/09–295 MiFID complex and non-complex financial instruments for the purposes of the Directive’s appropriateness requirements vom 14. Mai 2009 eine Hilfestellung zu geben vermag. 78 Die größere Herausforderung ist indes unstrittig darin zu sehen, dass
bis dato wohl weder ISIN noch AII in Bezug auf OTC-Derivate als geeignet angesehen werden können. Mit Stand März 2010 sollen gemäß Vorschlag des CESR (Ref CESR/09–618 Classification and identification of OTC derivative instruments for the purpose of the exchange of transaction reports amongst CESR Members) zusätzlich zu den in TREM ausgetauschten Feldern die folgenden Parameter einfließen: – Ultimate Underlying ISIN (ISIN der zugrunde liegenden Aktie oder Anleihe); – Underlying Instrument Type; – Derivative Type; – Put/Call Identifier; – Price Multiplier; – Strike Price; – Expiration Date. 79 Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass einige Mitgliedstaaten von
Erwägungsgrund 45 MiFID bereits Gebrauch gemacht haben (Ref CESR/09–074, Call for Evidence on the Technical Standards to Identify and Classify OTC Derivative Instruments for TREM, CESR's Transaction Reporting Exchange Mechanism). Erwägungsgrund 45 gesteht den Mitgliedstaaten zu, Meldeverpflichtungen auf nicht zum Handel an einem geregelten Markt zugelassene Finanzinstrumente auszudehnen. MaW: Dies ist zB für die OTC-Derivate keinesfalls obligatorisch – wenngleich offenbar immer stärker von den Mitgliedstaaten selbst gefordert und individuell verfolgt (vgl Papier der Commission of European Communities vom 3. Juli 2009; SEC(2009) 905 final Commission Staff Working Paper accompanying the Commission Communication, Ensuring efficient, safe and sound derivatives 634
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markets). So führte etwa die FSA – trotz Verschiebens der geplanten AII-Implementierung mit Stand März 2010 – noch im Herbst 2009 in Bezug auf derivative Instrumente gleich drei neue Klassifikationen ein: • „spread bet on an option on an equity“ (Wetten auf die Entwicklung einer Option auf eine Aktie bzw auf Kursdifferenzen), • „contract for difference (CFD) on an option on an equity“ (Vereinbarungen über einen Barausgleich aus der Differenz zwischen Kaufund Verkaufspreis eines Basiswertes, der selbst nicht erworben werden muss; hier bezugnehmend auf eine Option auf eine Aktie) sowie • „complex derivatives“.
VII. Austausch von Informationen Dem Erwägungsgrund 63 MiFID zufolge müssen die Bestimmungen 80 über den Austausch von Informationen zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie deren gegenseitige Verpflichtung zur Amtshilfe und Zusammenarbeit verstärkt werden. In Anbetracht zunehmender grenzüberschreitender Tätigkeiten sollten die zuständigen Behörden einander die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben zweckdienlichen Informationen übermitteln, um eine wirksame Anwendung dieser RL auch in Situationen zu gewährleisten, in denen Verstöße oder mutmaßliche Verstöße für die Behörden in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten von Bedeutung sein können. Durch die in der MiFID geregelten Meldepflichten bei Geschäften mit Finanzinstrumenten soll sichergestellt werden, dass die jeweils zuständigen Behörden angemessen über sämtliche ihrer Aufsicht unterliegende Geschäfte informiert werden (siehe auch Erwägungsgrund 4 DVO) und in weiterer Folge ihren Verpflichtungen gemäß der MiFID so rasch und so effizient wie möglich nachkommen. Besonders betont wird in dieser Hinsicht die Übermittlung einheitlicher „Pakete“ von Daten durch die Wertpapierfirmen. Art 56 und 58 MiFID enthalten Regelungen über den Austausch von 81 Meldedaten durch die Behörden. In bestimmten Fällen werden die relevanten Informationen von der Heimatlandbehörde an andere europäische Aufsichtsbehörden weitergeleitet. So ist etwa in Art 25 Abs 3 MiFID vorgesehen, dass die zuständigen Behörden notwendige Vorkehrungen treffen, um sicherzustellen, dass die Transaktionsinformationen auch der zuständigen Behörde des für die betreffenden Finanzinstrumente unter Liquiditätsaspekten wichtigsten Marktes (vgl Rz 82) – dies ist der „most relevant market in terms of liquidity“ und 635
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zwar zufolge der CESR MiFID Database – übermittelt werden. Auch die FMA musste demzufolge – in Einklang mit Art 58 MiFID sowie unter Einhaltung der Bestimmungen zum Austausch von Meldungen über Geschäfte (Art 14 DVO) – ua technische Vorkehrungen für den Austausch der Meldungen mit anderen zuständigen Behörden via TREM treffen, sodass Transaktionsmeldungen grenzüberschreitend an die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde übermittelt werden. Dies bedeutet, dass somit auch die FMA sämtliche Daten iZm Transaktionen ausländischer Marktteilnehmer auf dem Heimatmarkt erhält. Von ganz besonderer Relevanz ist freilich – nicht zuletzt im Hinblick auf eine effektive Marktüberwachung – die Qualität der ausgetauschten Daten. Insb um die Datenqualität einer eingehenden Analyse zu unterziehen bzw diese entsprechend dauerhaft sicherzustellen, implementierte die Arbeitsgruppe CESR-Tech im Jahre 2008 eine Untergruppe von TremUsern, die so genannte „TREM User Group“. Neben dem Ende des Jahres 2008 mit der neuen Funktion automatisierter Datenqualitätskontrollen adaptierten TREM forciert das CESR im Jahr 2009 das IRD-Projekt (Instrument Reference Data), welches durch die Verwendung von verfügbaren Referenzdaten (Liste der Märkte, Währungen und Handelsdaten etc) aller Aufsichtsbehörden für sämtliche zum Handel an einem geregelten Markt in Europa zugelassene Finanzinstrumente via zentralen CESR Datenpools insgesamt zur Verbesserung des Datenroutings beitragen soll. Gemäß Art 11 MiFID befüllen die CESR-Mitglieder diese Database auf täglicher Basis mit jenen Daten, welche sie von Seiten der europäischen Märkte bzw Börsen erhalten. Mit Stand März 2010 hat das IRD-System (IRDS), welches einen optimalen Transfer von Meldereports insb von Anleihen und derivativen Instrumenten an die jeweiligen zuständigen Aufsichtsbehörden ermöglichen soll, allerdings noch nicht den Status des Vollbetriebs erreicht. 82
Ein weiteres, vom CESR bereits vor der MiFID-Implementierung ins Leben gerufenes System, die MiFID Database, kann nicht nur für das transaction reporting durch Meldeverpflichtete an sich mitunter dienlich sein, sondern auch iZm dem Austausch von Meldedaten unter den Mitgliedstaaten. Dieser Datenpool enthält beispielsweise eine Aufstellung sämtlicher geregelter Märkte, MTFs, Central Counterparties (Zentrale Gegenparteien) und systematischen Internalisierer sowie den „most relevant market in terms of liquidity“ für sämtliche meldepflichtigen Wertpapiere. Für Aktien wird damit im Übrigen auf jenen Mitgliedstaat abgestellt, an dem die Erstzulassung der Aktie zum Handel an einem geregelten Markt erfolgt ist; wurde die Aktie zum Handel an mehreren geregelten Märkten gleichzeitig erstmalig zugelas636
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sen, so entscheidet der höchste Umsatz. Die DVO brachte das Erfordernis für die Aufsichtsbehörden mit sich – betreffend sämtliche an geregelten EU-Märkten zugelassenen Aktien – Daten wie den durchschnittlichen täglichen Umsatz, die tägliche Anzahl der Transaktionen etc zu errechnen sowie zu veröffentlichen. Beachtenswert ist, dass in den Datenpool nicht ausschließlich Aktien im klassischen Sinne, sondern auch sog „Austrian Depositary Certificates“ (ADC), welche an der Wiener Börse gelistet sind, Eingang gefunden haben. Ein ADC ermöglicht es, ausländische auf Namen lautende Wertpapiere – diese können an der Wiener Börse nicht abgewickelt werden – an dieser dennoch handelbar zu machen. Konkret verweist die Oesterreichische Kontrollbank AG (OeKB) in diesem Zusammenhang auf das Erfordernis des abwicklungstechnischen Zwischenschrittes eines ADCs in jenen Fällen, in welchen ein Emittent Namensaktien an der Wiener Börse handelbar machen möchte. Der Inhaber des Zertifikates kann im Ergebnis als Aktionär jener zugrunde liegenden, durch ebendieses Zertifikat vertretenen Aktien angesehen werden. Es wird mit dem ADC somit ein Inhaberwertpapier ausgestellt, welches die Rechte aus dem Namenswertpapier vermittelt. Jede Aufsichtsbehörde ist verantwortlich dafür, dass die entspre- 83 chenden Informationen auf der MiFID Database aktuell gehalten werden. Nicht zuletzt bietet der Informationspool den Marktteilnehmern Zahlen und Anhaltspunkte, die etwa in Bezug auf Handelstransparenzvorschriften von Relevanz sein können (zB verzögerte Nachhandelstransparenz). In den beiden Anleitungen Ref CESR/08–144 Protocol on the Operation of CESR MiFID Database (Februar 2008) sowie Ref CESR/09–172 (Februar 2009) sind die genauen Aufgaben und Verantwortlichkeiten der CESR-Mitglieder insb iZm den oben angeführten MiFID-Markttransparenz-Kalkulationen und deren Veröffentlichung spezifiziert. In Ref CESR/08–141 Changes to the database of Shares admitted to trading on regulated markets wird den Marktteilnehmern vor dem Hintergrund der Transparenzrichtlinie (2004/ 109/EG) und deren Informationserfordernissen zudem – via hyperlink – ein Zugriff auf die Website des sog OAM (Officially Appointed Mechanism) für sämtliche zum Handel an einem geregelten Markt zugelassene Aktien in Aussicht gestellt. Das CESR musste in seinem Report Ref CESR/09–355 Impact of MiFID on equity secondary markets functioning, 10. Juni 2009, auf Grund von Bedenken der Marktteilnehmer zur Datenqualität der MiFID Database folglich Verbesserungen in Aussicht stellen. Nach Art 14 DVO (hierzu auch Erwägungsgrund 9 DVO) bzw § 64 84 Abs 4 WAG soll in Umsetzung von Art 25 Abs 3 zweiter Unterabsatz 637
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und Abs 6 MiFID mit den Vorkehrungen sichergestellt werden, dass die erhaltenen Meldungen den nachfolgend genannten Stellen zur Verfügung gestellt werden: – der für das besagte Finanzinstrument jeweils zuständigen Behörde; – im Falle von Zweigniederlassungen der zuständigen Behörde, welche die die Meldungen übermittelnde Wertpapierfirma zugelassen hat, unbeschadet ihres Rechts, auf diese Meldungen gemäß Art 25 Abs 6 MiFID zu verzichten; – jeder anderen zuständigen Behörde, welche die Meldungen zur Erfüllung ihrer Aufsichtspflichten iS von Art 25 Abs 1 MiFID anfordert. 85 Aus Art 14 DVO, der Bezug auf Art 25 MiFID nimmt, ergibt sich für auf Grund der Niederlassungsfreiheit in Österreich tätige Zweigniederlassungen als meldepflichtige Institute, dass die FMA als Behörde des Aufnahmemitgliedstaates die gemäß Art 32 Abs 7 MiFID an sie gesandten Informationen der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates – konkret jener Behörde, welche die die Meldungen übermittelnde Wertpapierfirma zugelassen hat, – zur Verfügung zu stellen hat. Unberührt davon bleibt gemäß Art 25 Abs 6 MiFID das Recht auf einen Verzicht hinsichtlich der Übermittlung dieser Meldungen. Die von der FMA zu treffenden Vorkehrungen haben zudem sicherzustellen, dass die Meldungen auf Anforderung jeder anderen zuständigen Behörde zur Verfügung gestellt werden, wenn diese die Meldungen zur Erfüllung ihrer Aufsichtspflichten iS von Art 25 Abs 1 MiFID anfordert.
VIII. Verordnungen der FMA 86 Das WAG 2007 brachte das Erfordernis mit sich, neue Verordnungen
zu erlassen bzw bestehende Verordnungen der FMA anzupassen. Im Speziellen waren sämtliche Verweise auf das WAG aF sowie auf die ISD zu ändern. In Bezug auf Verordnungen betreffend Wertpapiermeldungen kam es mit Ablauf des 31. 10. 2007 zu folgenden Aufhebungen (vgl dazu auch § 8 WPMV): – Aufhebung der Melde-Befreiungsverordnung, BGBl II 2002/260; – Aufhebung der Wertpapier-Meldesystemverordnung, BGBl II 1997/ 421; – Aufhebung der Wertpapier-Meldesystemverordnung, BGBl II 2002/ 259. 87 Nach § 64 Abs 5 ist die FMA hinsichtlich der Meldungen von Geschäften mit Finanzinstrumenten zur Erlassung von Verordnungen ermäch638
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tigt. Regelungsgegenstände dieser neuen Verordnungen können sein: Einerseits geht es um die Verwendung von Datenträgern, um meldepflichtige Daten zu übermitteln; in diesem Fall muss allerdings den in Art 12 Abs 1 DVO aufgezählten Anforderungen in Bezug auf die Meldekanäle Genüge getan werden. Demzufolge müssen die Geschäfte in elektronischer Form gemeldet werden. Von dieser Bestimmung kann jedoch bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abgewichen werden (siehe dazu näher Rz 24). Sind die in Art 13 Abs 3 DVO genannten Voraussetzungen zum Inhalt 88 der Meldung eines Geschäfts erfüllt, so ist die FMA andererseits ermächtigt, Umsetzungsverordnungen zu erlassen, in denen zusätzliche meldepflichtige Angaben hinsichtlich meldepflichtiger Finanzinstrumente geregelt werden. Die FMA machte von dieser Ermächtigung in Form der neuen WPMV („WPMV 2007“) Gebrauch, und zwar in Bezug auf § 64 Abs 5 Z 2 und 3. Nach Art 13 Abs 3 und 4 DVO sind entsprechende Wahlrechte zur Festlegung weiterer meldepflichtiger Angaben, die eine Ergänzung der Angaben gemäß Tabelle 1 und 2 Anhang I DVO darstellen, vorgesehen. Art 13 Abs 3 DVO zufolge ist es den Mitgliedstaaten gestattet, in den Meldungen von Geschäften über die in Tabelle 1 des Anhangs I DVO hinausgehende Angaben vorzusehen, sofern zum einen das Finanzinstrument, welches Gegenstand der Meldung ist, oder die Handelsmethode Eigenschaften aufweisen, die nicht in Tabelle 1 des Anhangs I DVO enthalten sind sowie für ein Finanzinstrument dieser Kategorie bzw für den Handelsplatz, an welchem das Geschäft stattfand, als spezifisch zu charakterisieren sind. Zum anderen müssen diese zusätzlichen Angaben die zuständige Behörde in die Lage versetzen, die Tätigkeiten der Wertpapierfirmen dergestalt zu überwachen, dass damit deren ehrliche, redliche, professionelle Handelsweise sichergestellt wird, welche die Integrität des Marktes in der Gemeinschaft fördert. In einer von der FMA zu erlassenden Verordnung kann diese auch 89 Regelungen in Bezug auf zusätzliche meldepflichtige Angaben treffen, welche gemäß Art 13 Abs 4 DVO der Identifizierung von Kunden, für welche das meldepflichtige Institut das Geschäft getätigt hat, dienlich sind. Die Meldungen von Geschäften mit Finanzinstrumenten müssen 90 Art 25 Abs 5 MiFID zufolge entweder von der Wertpapierfirma selbst, einem in ihrem Namen handelnden Dritten oder von einem durch die zuständige Behörde anerkannten System zur Abwicklung oder Meldung von Wertpapiergeschäften oder von dem geregelten Markt oder dem MTF, über deren Systeme das Geschäft abgewickelt wurde, an die zuständige Behörde gesendet werden. Eine Wertpapierfirma ist in jenen 639
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Fällen von ihrer Meldeverpflichtung gemäß Art 25 Abs 3 MiFID befreit, wenn die Geschäfte der zuständigen Behörde von einem geregelten Markt, einem MTF oder einem von der zuständigen Behörde anerkannten System zur Abwicklung oder Meldung von Wertpapiergeschäften unmittelbar gemeldet werden. Die FMA ist ermächtigt, Verordnungen hinsichtlich der Zulassung von Melde- oder Abwicklungssystemen zu erlassen. Diesbezüglich haben erstens die entsprechenden Systeme die in Art 12 DVO vorgesehenen Voraussetzungen zu erfüllen (Meldungen grundsätzlich in elektronischer Form etc). Zweitens sind die Meldungen über Geschäfte mit meldepflichtigen Finanzinstrumenten der FMA gemäß § 64 Abs 1 unverzüglich, spätestens aber an dem auf den Tag des Geschäftsabschlusses folgenden Bankarbeitstag, zu melden. Drittens darf die Wahrnehmung der Aufsichtstätigkeit nicht beeinträchtigt werden, und viertens muss den Anforderungen der §§ 10 und 11 DatenschutzG 2000 entsprochen werden. Das angesprochene DatenschutzG regelt in Abschnitt 2 in § 10 die Zulässigkeit der Überlassung von Daten zur Erbringung von Dienstleistungen sowie in § 11 die Pflichten eines Dienstleisters. 91 Wie bereits angeführt, kann die Meldung bei meldepflichtigen Instituten auch über einen geregelten Markt oder ein MTF, über deren Systeme die Geschäfte abgewickelt wurden, oder über einen geeigneten Dritten erfolgen, bei Kreditinstituten, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, insb durch das zuständige Zentralinstitut. Diese Regelung in § 7 WPMV 2007 entspricht im Wesentlichen der Bestimmung in § 1 Abs 3 WPMVO aF. Der Meldepflicht hat ein meldepflichtiges Institut dann Genüge getan, wenn das Geschäft über ein zugelassenes Meldesystem gemäß § 64 Abs 5 Z 4 oder über einen geregelten Markt bzw über ein MTF, über deren Systeme die Geschäfte abgewickelt wurden, gemeldet wird und hierbei der meldenden Stelle sämtliche zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen übermittelt werden. Jedoch bleiben hiervon – wie bereits in § 10 Abs 4 Z 4 WAG aF geregelt – die Auskunftspflichten des meldepflichtigen Instituts der FMA gegenüber unberührt.
IX. Revision des MiFID Transaction Reporting Regime 92 Die Europäische Kommission fragte in einem Call for Evidence im Juli
2008 (MiFID Transposition Quality Check, Results of call for evidence from market participants, Summary of responses to DG Internal Market and Services questionnaire) bei 25 europäischen Vereinigungen von Wertpapierfirmen, Banken, geregelten Märkten und Investoren zur 640
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Umsetzung der MiFID ua dahingehend an, ob man bezüglich der Erfüllung der Meldeverpflichtungen auf Probleme gestoßen sei. Die Kommission gelangte zur Erkenntnis, dass infolge des breiten Spektrums an zusätzlichen, divergierenden Informationserfordernissen seitens der Aufsichtsbehörden offenbar immer noch zahlreiche Hindernisse für einen gemeinsamen, geeigneten, de facto konsistenten Ansatz iS eines EU-weiten Transaction Reporting-Regimes vorliegen. Die von der Europäischen Kommission auf ihrer Homepage zur Verfügung gestellte Übersicht von Fragen und Antworten zum Thema MiFID ist in diesem Zusammenhang nur eingeschränkt hilfreich, insb deshalb, da nach allgM daraus grundsätzlich keinerlei direkte rechtliche Wirkung abzuleiten ist. Als Konsequenz aus den immer noch offenen Fragen in Umsetzung 93 der MiFID entstehen neben signifikanten Kosten für die Industrie wohl durchaus auch potentielle regulatorische Risiken iS einer „regulatorischen Arbitrage“. Dadurch kann es seitens der Marktteilnehmer zur Ausnutzung von Inkongruenzen kommen, welche aus dem Vorhandensein unterschiedlich strenger aufsichtsrechtlicher Bestimmungen resultieren. Auch das CESR schickte einen Call for Evidence zur Revision des Regelungsbereiches der MiFID-Meldeverpflichtungen aus (CESR/08–873, Call for Evidence on the review of the scope of the MiFID transaction reporting obligation; Nov. 2008). Dennoch sind mit Stand März 2010 selbst Agenden wie die Meldeverpflichtungen von Seiten eines Portfolio oder Asset Managers oder der „Unique Client Identifier“ – von der FSA implementiert - EU-weit immer noch keiner eindeutigen, lückenlosen begrifflichen Bestimmung oder Entscheidung zugeführt worden. Zu unterstreichen ist – mehr als zwei Jahre nach InKraft-Treten der MiFID – wiederum die Notwendigkeit einer europaweit einheitlichen Definition des Begriffes „execution“. Das CESR selbst betonte in seinem Report Ref CESR/09–355 Impact of MiFID on equity secondary markets functioning (Juni 2009) einmal mehr, dass erneut an der Begriffsbestimmung „execution of a transaction“ gearbeitet werde (vgl Rz 26 ff). Nicht zuletzt ist eine finale und definitive Entscheidung diesbezüglich aber dahingehend relevant, welcher Marktteilnehmer (inklusive zB Broker und Asset Manager) iSd Transparenzerfordernisse welche Daten veröffentlicht. Darüber hinaus ist wohl nicht davon auszugehen – und auch nicht empfehlenswert –, dass jene Aufsichtsbehörden wie die FMA, welche die Informationen gemäß Punkt (c) der Level 3-Leitilinie (aus Ref CESR/07–301, CESR Level 3 Guidelines on MiFID Transaction Reporting) insb zur Aufdeckung marktmissbräuchlichen Verhaltens als mehr oder weniger unabdingbar erachten, diesbezüglich Abstriche machen werden. Eine weitere be641
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deutsame Komponente liegt in einer ausreichenden Qualität der Handelsdaten an sich; diesbezüglich ortete das CESR im oben angeführten Report jedenfalls sogar eine Verschlechterung seit Umsetzung der MiFID.
Veröffentlichungen nach dem Handel § 65. (1) Kreditinstitute, Zweigstellen von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten, sowie Zweigstellen von Kreditinstituten aus Drittländern, die für eigene Rechnung oder für Rechnung von Kunden Geschäfte mit Aktien, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen wurden, außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF tätigen, haben den Umfang der Geschäfte, den Kurs und den Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses sowie weitere Informationen gemäß Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 nach Maßgabe der Art. 29, 30 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 zu veröffentlichen. Diese Informationen sind so weit wie möglich in Echtzeit zu angemessenen kaufmännischen Bedingungen und in einer Weise zu veröffentlichen, die den anderen Marktteilnehmern einen leichten Zugang zu diesen Informationen ermöglicht. (2) Mit Bewilligung der FMA können einzelne Nachhandelsinformationen über abgeschlossene Geschäfte gemäß Abs. 1, die im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang bei der betreffenden Aktie oder Aktiengattung ein großes Volumen aufweisen, zeitlich verzögert veröffentlicht und die dafür notwendigen Vorkehrungen vorgenommen werden. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die in Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Kriterien erfüllt sind und die vorgeschlagenen Vorkehrungen eine diesen Kriterien entsprechende verzögerte Veröffentlichung erwarten lassen. Die getroffenen Vorkehrungen sind zu veröffentlichen. Eine Bewilligung im Einzelfall ist nicht erforderlich, soweit die FMA eine dem Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 entsprechende Verordnung erlassen hat. Eine solche Verordnung hat auch die entsprechenden notwendigen Vorkehrungen zu regeln. Schrifttum: CESR, CESR Annual Report 2008, Ref CESR/09–744; CESR, CESR recommends the Commission to introduce a mandatory trade transparency regime for non-equity market, Press Release, Ref CESR/09–682; CESR, CESR’s response to the commission on non-equities transparency, Juni 2007, Ref CESR/07–284 b; CESR, Impact of MiFID on equity secondary markets functioning, 10. Juni 2009, Ref CESR/09–355; CESR, Publication and Consolidation of MiFID Market Transparency Data, Level 3 CESR’s guidelines and
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recommendations for the consistent implementation of the Directive 2004/39/ EC and the European Commission’s Regulation nº 1287/2006, Februar 2007, Ref CESR/07–043; CESR, Transparency of corporate bond, structured finance product and credit derivatives markets, Ref CESR/09–348; Gapp/Gfall, Transparenzpflichten nach MiFID, ecolex 2007, 228; Kumpan, Transparenz als Mittel der Kapitalmarktregulierung – Die neuen Transparenzvorschriften der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente, WM 2006, 797. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 65): „Hiermit wird Art. 28 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Für die genannten Institute besteht eine Veröffentlichungspflicht von Nachhandelsinformationen über Geschäfte mit Aktien, die sie für eigene Rechnung oder im Namen von Kunden abgeschlossen haben, wenn die Aktien zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen wurden und die Geschäfte außerhalb eines geregelten Marktes oder eines multilateralen Handelssystems geschlossen wurden. Die FMA ist gemäß Art. 32 Abs. 7 der Richtlinie 2004/39/EG auch für inländische Zweigstellen verantwortlich.“
Übersicht I. II. A. B. C.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachhandelstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu veröffentlichende Nachhandelstransparenzdaten. . . . . . . . . . . Öffentliche Verfügbarkeit der Nachhandelstransparenzdaten Vorkehrungen zur Veröffentlichung der Nachhandelstransparenzdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Frist zur Veröffentlichung der Nachhandelstransparenzdaten E. Verzögerte Nachhandelstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Verantwortlichkeit für die Herstellung der . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachhandelstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verordnungsermächtigung der FMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vorbereitende Tätigkeit der Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . in bezug auf Nachhandelstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Revision der Transparenzvorschriften und mögliche. . . . . . . . . . . Ausdehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Allgemeines Erwägungsgrund 5 DVO führt aus, dass die Bestimmungen der 1 MiFID zur Handelstransparenz eine angemessene Information der Anleger über das tatsächliche Ausmaß der aktuellen und potenziellen Geschäfte mit zum Handel an einem geregelten Markt zugelassenen Aktien sicherstellen sollen. Dem Bestreben nach erhöhter Transparenz auf den Kapitalmärkten, welche nicht zuletzt den Wettbewerb fördern soll, wird insb durch die ausdrückliche Bezugnahme auch auf 643
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den OTC (over the counter) Handel Rechnung getragen, dh jenen Geschäften, welche außerhalb der Börse direkt zwischen den Handelspartnern abgeschlossen werden. In der MiFID selbst (vgl Erwägungsgrund 44 MiFID) wird ausdrücklich betont, dass im Hinblick auf den Anlegerschutz sowie im Hinblick auf ein reibungsloses Funktionieren der Wertpapiermärkte für die Transparenz der Geschäfte gesorgt werden muss. Bis zu einem gewissen Grad sollte ein Markt allerdings auch intransparent sein, zB weil ein Marktteilnehmer einem Market Maker bei dessen Gegengeschäften zuvorkommen und somit das Glattstellen der Positionen erschweren könnte, oder weil Marktteilnehmer, die nach Informationsvorsprüngen suchen, nur bei gewisser Marktintransparenz auf Grund ihrer Suche Gewinne erzielen können und somit einen Suchanreiz haben (Kumpan, WM 2006, 798 f). 2 Mit Umsetzung der MiFID sowie der DVO trat nicht nur eine neue Regelung der Anforderungen an die Markttransparenz im Vor- und Nachhandel für Handelsplätze bzw -systeme, geregelte Märkte, MTF und Systematische Internalisierer in Kraft. Neu sind auch die hohen Anforderungen zur Herstellung von Transparenz für – Kreditinstitute; – Zweigstellen von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten sowie für – Zweigstellen von Kreditinstituten aus Drittländern. Da gemäß Art 32 Abs 7 MiFID eine Aufsichtsbehörde zudem für die inländischen Zweigniederlassungen verantwortlich ist, hat die zuständige Behörde – in Österreich die FMA – folglich auch die Einhaltung der Veröffentlichungspflichten durch diese Geschäftsstellen zu überwachen. Der Terminologie der MiFID entsprechend wird im Folgenden von „Wertpapierfirma“ gesprochen. 3 Die umfassenden Transparenzregelungen beziehen sich im Übrigen auf sämtliche Aktiengeschäfte, unabhängig davon, ob die genannten Institute diese auf bilateraler Basis oder über geregelte Märkte oder multilaterale Handelsplattformen ausführen. Anleger und Marktteilnehmer sollen zu jeder Zeit die Konditionen eines von ihnen ins Auge gefassten Aktiengeschäfts beurteilen und die Bedingungen, zu denen es ausgeführt wurde, im Nachhinein überprüfen können. 4 Gemäß § 65 WAG, der Art 28 MiFID umsetzt und inhaltlich weitgehend den entsprechenden Bestimmungen für geregelte Märkte und MTF entspricht, besteht für die oben genannten Institute eine Veröffentlichungspflicht von Nachhandelsinformationen. Diese Verpflichtung gilt allerdings lediglich im Hinblick auf Geschäfte, die mit zum Handel an einem geregelten Markt zugelassenen Aktien abge644
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schlossen wurden sowie unter der Voraussetzung, dass die Geschäfte außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF getätigt wurden. Mit dem Terminus geregelter Markt sind wohl sämtliche organisierten Märkte des EWR gemeint. In Bezug auf die Bekanntgabe von Nachhandelsdaten gemäß § 65 5 wird somit erstens auf Geschäfte mit Aktien abgestellt. In Dtld (siehe etwa die Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse) wurde die Bestimmung zur öffentlichen Bekanntmachung neben Aktien auch ausdrücklich auf die börsenzugelassenen aktienvertretenden Zertifikate erstreckt. Auch hierzulande finden sich etwa in der Darstellung der OTC Transaktionsdaten auf der Homepage der Wiener Börse AG nicht ausschließlich Aktien im klassischen Sinne, sondern auch die sog „Austrian Depositary Certificates“ (ADC). ISd hier vorliegenden Bestimmung ist unter „Geschäft“ ein Kauf oder Verkauf zu verstehen. Folgt man Art 5 DVO, so sind von der Nachhandelstransparenzpflicht hingegen ausdrücklich ausgenommen: Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (zB Leih- und Verleihgeschäfte in Aktien oder anderen Finanzinstrumenten, Repos, umgekehrte Repos oder „Buy-sell back“ bzw „Sell-buy back“), die Ausübung von Optionen und Optionsscheinen sowie Primärmarktgeschäfte mit Finanzinstrumenten (so wie ihre Emission, Zuteilung oder Zeichnung), die in den Anwendungsbereich von Art 4 Abs 1 Z 18 lit a und b MiFID fallen. Jedenfalls sind von den Bestimmungen in § 65 sowohl Geschäfte für eigene Rechnung als auch für Rechnung von Kunden erfasst. Der österreichische Gesetzgeber erfasste im Unterschied zur Bestimmung in Art 28 MiFID Geschäfte „für Rechnung von Kunden“ mit, da andernfalls nicht der gesamte Fremdhandel erfasst wäre (Gapp/Gfall. ecolex 2007, 231). Zweitens besteht die Veröffentlichungsverpflichtung für Geschäfte mit 6 Aktien, die zum Handel an einem geregelten Markt – und zwar iSd Bestimmung an einem geregelten Markt in der EU – zugelassen sind. In Österreich sind derzeit der Amtliche Handel sowie der Geregelte Freiverkehr geregelte Märkte (vgl § 64 Rz 19). Drittens muss das Geschäft außerhalb eines geregelten Marktes oder 7 eines MTF – der bisherige Dritte Markt wird seit MiFID-Umsetzung als nicht geregelter Markt an der Wiener Börse in der Form eines MTF betrieben – getätigt worden sein.
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II. Nachhandelstransparenz A. Zu veröffentlichende Nachhandelstransparenzdaten 8 Die in Rz 2 genannten Wertpapierfirmen haben gemäß Art 27 DVO,
der unter Bezugnahme auf Art 28, 30 und 45 MiFID die NachhandelsTransparenzpflichten gemeinsam für geregelte Märkte, MTF und Wertpapierfirmen beschreibt, den Geschäftsumfang, den Kurs und den Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses sowie weitere Informationen zu veröffentlichen, und zwar nach Maßgabe der Art 29, 30 und 32 DVO. 9 Die zu veröffentlichenden Nachhandelsinformationen bzw Geschäftsdaten werden in Art 27 Abs 1 lit a iVm Tabelle 1 des Anhangs I DVO spezifiziert und haben demzufolge zu enthalten: Name des Feldes 2. Handelstag 3. Handelszeit
6. Identifikation des Instruments
16. Stückpreis 17. Währung der Notierung 18. (Nominale) Menge 19. Art der Mengenangabe 21. Identifikation des Handelsplatzes
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Beschreibung des Feldes Tag, an dem das Geschäft ausgeführt wurde Der Zeitpunkt, zu dem das Geschäft ausgeführt wurde. Anzugeben ist die Ortszeit der zuständigen Behörde, der das Geschäft gemeldet wird, und zwar in Koordinierter Weltzeit („Coordinated Universal Time“/UTC) +/– Stunden. Sie muss enthalten: – einen einheitlichen Code, der von der zuständigen Behörde (falls vorhanden) festzulegen ist, an die die Meldung erfolgt, um das dem Geschäft zugrunde liegende Finanzinstrument zu identifizieren. – Sollte das besagte Finanzinstrument keinen einheitlichen Identifikationscode haben, muss die Meldung den Namen des Finanzinstruments enthalten. Preis per Wertpapier ohne Provisionen Die Währung, in der der Preis ausgedrückt wird Anzahl der Aktien Stück Angabe „OTC“ (over the counter)
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Unterliegt ein Aktiengeschäft anderen Bedingungen als der aktuellen 10 Marktbewertung der Aktie, so normiert Art 27 Abs 1 lit b DVO die Bekanntgabe dieses Faktums. Wird diese Bestimmung iVm Art 3 DVO gelesen, so ergibt sich daraus, dass grundsätzlich Portfoliogeschäfte sowie volumengewichtete Durchschnittspreisgeschäfte (VWAP-Geschäfte) als derartige Geschäfte anzusehen sind. Unter Portfoliogeschäft ist ein Geschäft mit mehr als einem Wertpapier zu verstehen, wenn bei diesem Wertpapiere zusammengefasst sowie in ihrer Gesamtheit zu einem spezifischen Referenzpreis gehandelt werden (Art 2 Z 6 DVO). Zu den Nachhandelstransparenzpflichten nach Art 27 DVO und iSd 11 vorliegenden Bestimmung zählt gegebenenfalls die Bekanntgabe von Änderungen bzw Korrekturen an zuvor publizierten Informationen. Des Weiteren sind die zu veröffentlichenden Einzelheiten der Geschäfte entweder durch Verweis auf jedes Geschäft oder in einer Form zu veröffentlichen, die das Volumen und den Preis sämtlicher Geschäfte mit derselben Aktie zusammenfasst, die zum gleichen Preis und zur gleichen Zeit stattfinden (Art 27 Abs 1 DVO). Dazu spezifiziert Art 27 Abs 4 Unterabsatz 3 DVO näher, dass von den Geschäftsparteien sämtliche angemessenen Maßnahmen zu ergreifen sind, um sicherzustellen, dass das Geschäft als ein einziges Geschäft veröffentlicht wird. Zwei zusammengeführte Geschäftsabschlüsse, die zur gleichen Zeit und zum gleichen Preis mit einer einzigen zwischengeschalteten Partei getätigt werden, sind demnach als ein einziges Geschäft zu erachten.
B. Öffentliche Verfügbarkeit der Nachhandelstransparenzdaten Der Nachhandelstransparenzverpflichtung ist Genüge getan, wenn die 12 zu veröffentlichenden Informationen über bestimmte Kanäle den Anlegern zur Verfügung gestellt worden sind. Gemäß Art 30 DVO und iSd entsprechenden Transparenzbestimmungen der MiFID (vgl Art 28 MiFID) gelten Nachhandelsinformationen dann als veröffentlicht bzw als der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, wenn sie den Anlegern über die Systeme eines geregelten Marktes, eines MTF, über einen Dritten – vorstellbar sind unter „Dritter“ wohl zB Datenvendoren – oder mittels eigener Vorkehrungen übermittelt werden. In Bezug auf diese Wege zur Veröffentlichung werden keine Prioritäten normiert. Allerdings formulierte CESR dazu eine grobe Leitlinie (siehe CESR Papier ‚Publication and Consolidation of MiFID Market Transparency Data Level 3 CESR’s Guidelines and Recommendations‘ Ref CESR 07–043). Diese soll mit Stand März 2010 – wohl insb auf Grund der vom CESR identifizierten mangelnden Qualität der Handelsdaten seit MiFID-Umsetzung – einer Revision unterzogen werden. Denkbar ist hinsichtlich 647
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der Veröffentlichung der Nachhandelstransparenzinformationen jedenfalls auch die Inanspruchnahme von Services spezieller Agenturen wie Reuters oder eine Veröffentlichung via Website bzw Homepage einer Börse. Die Wiener Börse AG stellt auf ihrer Homepage unter der Bezeichnung „Transparenz über OTC-Transaktionsdaten“ Tradesund Limit-Orders des OTC-Handels sämtlicher Aktien, die an einem geregelten Markt in der EU gelistet sind, dar. Konkret werden die 50 aktuellsten OTC-Transaktionen in Echtzeit angezeigt. 13 Geregelte Märkte können Wertpapierfirmen, die gemäß Art 28 MiFID Einzelheiten ihrer Aktiengeschäfte veröffentlichen müssen, zu angemessenen kaufmännischen Bedingungen und in nichtdiskriminierender Weise Zugang zu jenen Systemen geben, die sie selbst für die Veröffentlichung der Informationen verwenden (Art 45 Abs 1 MiFID). 14 Unklar bleibt, wie lange die Nachhandelsinformationen dem Markt zur Verfügung zu stellen sind, oder ob diese ggf zu speichern und zu archivieren sind. Weder in der MiFID noch in der DVO als normativem Rahmen ist eine entsprechende Bestimmung zu finden. Obwohl der Gesetzgeber bzw die FMA hier uU gefordert sind, wurde national bis dato noch keine Regelung getroffen. Den Marktteilnehmern ist es somit etwa möglich, bereits mit Beginn des nächsten Handelstages die Nachhandelsinformationen zu löschen, sodass demnach jeweils nur die Daten eines einzigen Handelstages zur Verfügung stehen.
C. Vorkehrungen zur Veröffentlichung der Nachhandelstransparenzdaten 15 Art 32 DVO wiederum normiert, dass jede Vorkehrung zur Herstel-
lung von Transparenz iS von Art 30 bestimmte Bedingungen erfüllen muss. Eine Vorkehrung muss alle angemessenen Schritte umfassen, die erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass die zu veröffentlichenden Informationen verlässlich sind, kontinuierlich auf Fehler hin überwacht und sobald wie möglich bei Erkennen von Fehlern korrigiert werden. Des Weiteren muss eine Vorkehrung die Informationen dem Publikum auf nichtdiskriminierender kommerzieller Basis zu angemessenen Kosten zur Verfügung stellen sowie die Konsolidierung von Daten mit vergleichbaren Daten aus anderen Quellen erleichtern. Im Februar 2007 veröffentlichte CESR dazu das bereits genannte Papier ‚Publication and Consolidation of MiFID Market Transparency Data Level 3 CESR’s Guidelines and Recommendations‘ Ref CESR 07–043. Die darin enthaltenen zehn Leitlinien und drei Empfehlungen spiegeln das gemeinsame Verständnis bzw gemeinsame Auslegungen der CESRMitglieder in Bezug auf bestimmte Aspekte der Veröffentlichung von 648
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Vor- und Nachhandelstransparenzdaten gemäß MiFID wider. Es werden Bereiche wie Qualität der Daten, Veröffentlichungsvereinbarungen, Veröffentlichungsstandards, die Verfügbarkeit von Transparenzinformationen etc abgedeckt. Die Leitlinien werden von den CESRMitgliedern auf freiwilliger Basis in ihrer täglichen Aufsichtspraxis angewandt. Die Empfehlungen hingegen richten sich direkt an die Marktteilnehmer.
D. Frist zur Veröffentlichung der Nachhandelstransparenzdaten § 65 Abs 1 normiert, dass die Nachhandelsinformationen über außer- 16 halb eines geregelten Marktes oder MTF getätigte Aktiengeschäfte so weit wie möglich in Echtzeit zu angemessenen kaufmännischen Bedingungen und in einer Weise zu veröffentlichen sind, die den anderen Marktteilnehmern einen leichten Zugang zu diesen Informationen ermöglicht (siehe Art 28 Abs 1 MiFID). Dabei wird jedoch nicht spezifiziert, was unter zu angemessenen kaufmännischen Bedingungen oder unter leichter Zugang zu verstehen ist. Gemäß Erwägungsgrund 18 DVO sollten die zu veröffentlichenden Informationen so schnell wie technisch möglich und lediglich in jenen Ausnahmefällen, in denen die verfügbaren Systeme keine kurzfristigere Veröffentlichung gestatten, in enger Anlehnung an ein Drei-Minuten-Limit veröffentlicht werden. Art 29 Abs 5 DVO normiert für Geschäfte, die außerhalb eines Handelsplatzes getätigt werden, eine Veröffentlichung der Nachhandelsinformationen wie folgt: Findet das Geschäft während eines Handelstages an dem für die betreffende Aktie wichtigsten Markt oder während der üblichen Geschäftszeiten der Wertpapierfirma statt – soweit wie möglich in Echtzeit, dh jedenfalls innerhalb von drei Minuten nach dem betreffenden Geschäft. In sämtlichen anderen Fällen sind die Nachhandelsinformationen unmittelbar vor Beginn der üblichen Handelszeiten der Wertpapierfirma oder spätestens vor Beginn des nächsten Handelstages auf dem wichtigsten Markt dieser Aktie bekannt zu geben. Obwohl nicht explizit normiert, scheint eine unmittelbare Veröffentlichung der Nachhandelsinformationen jedoch ebenso möglich. Dabei sind gemäß Art 2 Z 5 DVO die üblichen Handelszeiten für eine Wertpapierfirma jene Geschäftzeiten, welche diese im Voraus festlegt und als ihre Handelszeiten veröffentlicht. Der unter Liquiditätsaspekten wichtigste Markt für eine Aktie, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen ist, ermittelt sich gemäß Art 9 Abs 1, 2 und 8 DVO. Demzufolge ist dies für eine Aktie grundsätzlich jener Mitgliedstaat, in dem die Aktie erstmalig zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen wurde. 649
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17 Das Erfordernis, die Daten so zeitnah wie möglich zu angemessenen
kaufmännischen Bedingungen und in einer Weise zu veröffentlichen, die sie den anderen Marktteilnehmern leicht zugänglich macht, stellte die Institute vor neue Herausforderungen, etwa in Bezug auf automatisierte Systeme. Wann die Drei-Minuten-Frist zu laufen beginnt, ist auch im WAG nicht näher spezifiziert. Somit bleibt unklar, ob die Frist etwa ab jenem Zeitpunkt startet, an dem die Parteien hinsichtlich der Geschäftskonditionen handelseins werden, oder ab dem Zeitpunkt der Ordereingabe in entsprechende Systeme etc (hierzu auch Gapp/ Gfall, ecolex 2007, 231, wonach zivilrechtlich das die Veröffentlichungspflicht auslösende Ereignis als wirksames Zustandekommen des Verpflichtungsgeschäfts zu sehen sein wird). Hilfreich kann indes eine entsprechende Leitlinie des CESR zur Markttransparenz im CESR Papier Ref CESR 07–043 sein. Dort wird ein Geschäft außerhalb geregelter Märkte oder MTF grundsätzlich dann als abgeschlossen bzw als ausgeführt erachtet, sobald Käufer und Verkäufer in die Bedingungen des Geschäfts in Bezug auf Preis und Volumen eingewilligt haben. Hinsichtlich der Qualität der MiFID Nachhandelstransparenzdaten konstatierte das CESR in seinem Report Ref CESR/ 09–355 Impact of MiFID on equity secondary markets functioning im Juni 2009, dass viele Wertpapierfirmen die volle Drei-Minuten-Periode für das Reporting eher als Regel, denn als Ausnahme in Anspruch nehmen, und erachtet hierin offenbar weitere Klarstellungen für erforderlich.
E. Verzögerte Nachhandelstransparenz 18 Erwägungsgrund 5 DVO betont nicht nur, dass die Anleger angemes-
sen über das tatsächliche Ausmaß der aktuellen und potenziellen Geschäfte mit Aktien informiert sein müssen, sondern stellt auch auf in der MiFID eingeräumte Umstände ab, welche den Aufschub von Nachhandels-Transparenzvorschriften nach sich ziehen können. Art 28 MiFID sieht ausdrücklich vor, dass die Möglichkeit einer späteren Meldung für bestimmte Kategorien von Aktiengeschäften auch für Geschäfte zu gelten hat, die außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF abgeschlossen werden. 19 Einzelne Nachhandelsinformationen über gemäß § 65 Abs 1 abgeschlossene Geschäfte können mit Bewilligung der FMA (vgl Rz 22) zeitlich verzögert veröffentlicht werden. Darüber hinaus können die für die zeitliche Verzögerung notwendigen Vorkehrungen vorgenommen werden. Diese Geschäftsabschlüsse haben im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang bei der betreffenden Aktie oder Aktiengattung ein großes Volumen aufzuweisen. Die Bewilligung zur 650
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zeitlichen Verzögerung ist von der FMA zu erteilen, wenn die in Art 28 DVO enthaltenen Kriterien erfüllt sind und die vorgeschlagenen, zu veröffentlichenden Vorkehrungen eine diesen Kriterien entsprechende verzögerte Veröffentlichung erwarten lassen. Der praktische Hintergrund für eine zeitliche Verzögerung von Nachhandelsinformationen ist wohl insb darin zu suchen, dass ein infolge großen Volumens eher unübliches Geschäft – wenngleich OTC – dennoch keine erratischen Bewegungen des Aktienkurses auslösen soll. Art 28 DVO, welcher auf die Art 28, 30 und 45 MiFID Bezug 20 nimmt, sieht für die Genehmigung verzögerter Veröffentlichung von Informationen über Geschäfte für jeden betreffenden Aktien- bzw Geschäftstyp folgende Kriterien vor: Zum einen muss das Geschäft zwischen einer für eigene Rechnung tätigen Wertpapierfirma und einem Kunden dieser Wertpapierfirma stattfinden. Zum anderen muss der Umfang dieses Geschäfts einer Mindestgröße entsprechen bzw über diese hinausgehen. Somit muss es sich um einen gemäß Art 20 DVO im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang großen Auftrag handeln. Die jeweiligen Mindestgrößen sind in Tabelle 4 von Anhang II DVO spezifiziert und bestimmen sich nach dem durchschnittlichen Tagesumsatz sämtlicher zum Handel an einem geregelten Markt zugelassenen Aktien. Neben den Mindestgrößen für verzögert zu veröffentlichende Geschäfte richten sich auch die jeweiligen Zeiträume für eine verzögerte Veröffentlichung – mit den jeweils zur Anwendung gelangenden Schwellenwerten und Fristen – nach dieser Tabelle.
F. Verantwortlichkeit für die Herstellung der Nachhandelstransparenz Art 27 Abs 4 DVO sieht für außerhalb der Vorschriften eines geregel- 21 ten Marktes oder eines MTF getätigte Geschäfte vor, dass die entsprechenden Informationen bei Fehlen einer bilateralen Vereinbarung zwischen den Geschäftsparteien nach einer bestimmten Reihenfolge zu veröffentlichen sind: – von der die betreffende Aktie veräußernden Wertpapierfirma; – von der Wertpapierfirma, die für den Verkäufer handelt oder das Geschäft in seinem Namen tätigt; – von der Wertpapierfirma, die für den Käufer handelt oder das Geschäft für ihn tätigt; – von der Wertpapierfirma, welche die betreffende Aktie kauft. 651
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III. Verordnungsermächtigung der FMA 22 Eine Bewilligung der FMA im Einzelfall in Bezug auf die zeitlich
verzögerte Veröffentlichung von Nachhandelsinformationen über außerhalb eines geregelten Marktes oder MTF abgeschlossene Geschäfte wäre insb mit hohem verwaltungstechnischen Aufwand verbunden und schon allein aus diesem Grunde nicht praktikabel. Die FMA hat daher von ihrer Verordnungsermächtigung gemäß § 65 Abs 2 Gebrauch gemacht und eine dem Art 28 DVO entsprechende Verordnung, die Handelstransparenzausnahmeverordnung – HTAusV, erlassen. Diese verweist zudem auf die von den Wertpapierfirmen zu treffenden notwendigen Vorkehrungen für eine verzögerte Veröffentlichung iSd Art 32 DVO. Der Verordnungstext orientiert sich eng an den europarechtlichen Vorgaben der MiFID und der DVO, insb deshalb, da der Bereich der Handelstransparenz in vielen Punkten durch die DVO bereits abschließend geregelt wird. Daher wurde es auch als nicht sinnvoll erachtet, einzelne Mindestvorkehrungen anzuführen, da die konkret zu treffenden Vorkehrungen im Einzelfall von den Systemen der in Rz 1 bzw in § 65 Abs 1 Genannten sowie von anderen Umständen abhängen.
IV. Vorbereitende Tätigkeit der Aufsichtsbehörden in Bezug auf Nachhandelstransparenz 23 Schon im Vorfeld der MiFID-Umsetzung mussten seitens der FMA
einige Vorbereitungen auch in Bezug auf die Nachhandelstransparenz, partiell in Zusammenarbeit mit anderen Aufsichtsbehörden, getroffen werden. Zu diesen Aufgaben gehörten etwa die Bestimmung des wichtigsten Marktes für jede Aktie oder Kalkulationen und Schätzungen für Aktien, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind (siehe zB Art 33 DVO). Um Aktien einer Aktienkategorie gemäß Tabelle 4 in Anhang II DVO zuweisen zu können, bzw um damit die jeweils geltenden Schwellenwerte für die verzögerte Nachhandelstransparenz eruieren zu können, muss beispielsweise der jeweilige durchschnittliche Tagesumsatz der Aktien berechnet werden (vgl hiezu auch die Anmerkungen zur „MiFID Database“ § 64 Rz 81 f).
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V. Revision der Transparenzvorschriften und mögliche Ausdehnung Vom Erwägungsgrund 46 der MiFID (siehe auch Art 65 MiFID), 24 wonach ein Mitgliedstaat beschließen kann, die Transparenzvorschriften für den Vor- und Nachhandel auf andere Finanzinstrumente als Aktien auszudehnen, haben mit Stand März 2010 bereits einige Länder explizit – nicht jedoch Österreich – Gebrauch gemacht, und zwar insb im Bereich der Anleihen. Zur schon vor Umsetzung der MiFID aktuellen Thematik Transparenz auf den Anleihemärkten hatte ursprünglich die Europäische Kommission einen ersten Fragebogen im Herbst 2006 an das CESR gesandt, kurze Zeit später gefolgt von einer spezifischeren Anfrage. Auf Basis der Antworten aus dem vom CESR selbst initiierten Call for Evidence im Februar 2007 wurde schließlich ein Konsultationspapier entworfen und im Mai 2007 nach einer Konsultationsperiode inklusive Public Hearing veröffentlicht, sodass im Juni 2007 das Dokument CESR´s response to the commission on nonequities transparency (Ref CESR/07–284 b Juni 2007) vorlag. Hinsichtlich der Thematik gab es kaum Kontroversen; vielmehr konnte gemäß dem CESR bis zur Implementierung der MiFID keinerlei evidentes Marktversagen auf Anleihemärkten festgestellt werden, welches obligatorische Transparenzvorschriften für diese Märkte gerechtfertigt hätte. Conclusio war jedoch, ggf hinkünftig – bevorzugt allerdings über Initiativen des Marktes selbst – Retail- bzw Privatkunden verstärkt insb mit Nachhandelstransparenzdaten zu versorgen. Längerfristige Erfahrungen in der MiFID-Umsetzung für Aktien sollten diesbezüglich mit der Zeit weitere Erkenntnisse erbringen. Die Europäische Kommission veröffentlichte im April 2008 einen Bericht, in welchem sie hinsichtlich der möglichen Erweiterung gesetzlicher Bestimmungen zur Vor- und Nachhandelstransparenz auf andere Finanzinstrumente als Aktien Stellung bezog. Die Kommission kam hierin zu einem Ergebnis, das jener ursprünglichen Stoßrichtung des CESR ähnelt, wonach anstelle regulatorischer Bestimmungen vielmehr eher Ansätze des Marktes selbst Platz greifen sollten. Indes: Wohl angesichts der sich im Jahr 2008 endgültig manifestieren- 25 den Krise an den internationalen Finanzmärkten empfahl das CESR mit Veröffentlichung seines Final Report Ref CESR/09–348 Transparency of corporate bond, structured finance product and credit derivatives markets der Kommission im Juli 2009 schließlich die Einführung eines obligatorischen Handelstransparenzregimes für die folgenden Nicht-Aktien-Märkte (Ref CESR/09–682 CESR recommends 653
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the Commission to introduce a mandatory trade transparency regime for non-equity market, Press Release): – Corporate Bond Markt; – Structured Finance Product Markt; – Credit Derivatives Markt. 26 Das CESR vertritt demnach die Ansicht, dass die Initiativen seitens des Marktes selbst kein ausreichendes Maß an Transparenz erbracht haben. Hinsichtlich des Structured Finance Product- sowie des Credit Derivatives-Marktes lautete die Kernfrage für das CESR, in welchem Ausmaß Nachhandelsinformationen eine Rolle insb in der Preisbildung und für Bewertungstechniken spielen („CESR Annual Report 2008“ Ref CESR 09–744). Des Weiteren bevorzugt das CESR in Bezug auf die Nachhandelstransparenz freilich einen harmonisierten Ansatz gegenüber nationalen Initiativen. Das geplante Nachhandelstransparenz-Regime soll zudem gemäß dem CESR jeglichen potentiellen Nachteil in Bezug auf Liquiditätsaspekte minimieren. Ob dergestalt das eigentliche Ziel va iS eines praktischen Mehrwertes für den Anlegerschutz erreicht werden kann, bleibt freilich offen. 27 Von eminenter Bedeutung in der Frage der möglichen Ausweitung der Transparenzvorschriften ist allerdings die Qualität der Nachhandelstranparenzdaten; dies va im Hinblick auf die Überwachung der Einhaltung der Transparenzvorschriften von Seiten der Aufsichtsbehörden auf Grundlage ebendieser Informationen. Denn wie in Ref CESR/ 09–355 Impact of MiFID on equity secondary markets functioning (CESR Report) zum Ausdruck gebracht wird, ist – insb angesichts der Tatsache, dass eine Vielzahl an Wertpapierfirmen hier in die Pflicht genommen wird, – va die Qualität und Konsolidierung der zersplitterten OTC Transaktionsdaten in Frage zu stellen. Letztlich ist es aber auch eine Frage der Kapazitäten, inwieweit Aufsichtsbehörden zukünftig die Kontrolle der vorhandenen Fülle von Nachhandelsinformationen überhaupt zu bewerkstelligen imstande sein können. Zu begrüßen ist, dass sich das CESR ggf auch der Akualisierung der Parameter der verzögerten Datenveröffentlichung annehmen wird, insb also den Schwellenwerten und Fristen.
Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten § 66. (1) Die meldepflichtigen Institute haben unbeschadet der Art. 7 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 sämtliche relevante Daten über die Geschäfte mit Finanzinstrumenten, die sie für eigene Rechnung oder für Kunden getätigt haben, aufzuzeichnen. Bei Geschäften, die auf Rechnung von Kunden getätigt wurden, 654
Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten
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müssen Aufzeichnungen die zur Identifikation von Kunden erforderlichen Angaben enthalten; diese Anforderung ist erfüllt, wenn die Aufbewahrung gemäß § 40 Abs. 3 BWG erfolgt und die Aufzeichnungen der FMA auf Anfrage jeder Zeit unverzüglich zur Verfügung gestellt werden können. (2) Die Aufzeichnungen gemäß Abs. 1 sind mindestens fünf Jahre aufzubewahren und der FMA bei Bedarf zur Verfügung zu stellen. Schrifttum: CESR, CESR Level 3 Recommendations on the List of minimum records in article 51 (3) of the MiFID implementing Directive, Ref CESR/ 06–552 c; FMA, Rundschreiben der FMA zur Identitätsfeststellung vom 30. Jänner 2006; FMA, Rundschreiben der FMA zur Feststellung und Überprüfung der Identität vom 3. Juli 2008; FMA, Verzeichnis der Mindestaufzeichnungspflichten gem § 22 Abs 4 WAG; SCC 2007 – Modul 5 Orderdurchführung Final 281207. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 66): „Diese Bestimmung setzt Art. 25 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Abs. 1 zielt unter anderem darauf ab, eine doppelte Evidenthaltung derselben Aufzeichnungen zu vermeiden. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass die Aufzeichnungen für die FMA im Rahmen der Wertpapieraufsicht leicht auffindbar sind und ihr zur Verfügung gestellt werden.“
Zieht man Überlegungen der Systematik heran, so sollte sich vorlie- 1 gende Bestimmung nicht im „Abschnitt Melde- und Veröffentlichungspflichten“ des WAG 2007 wiederfinden, sondern schlüssigerweise vielmehr in § 22 im Abschnitt „Organisation“, in welchem die Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen – noch dazu umfangreicher als in § 66 – für Rechtsträger normiert ist. Die MiFID selbst statuiert die Aufzeichnungspflichten von Wertpapierfirmen, welche Wertpapierdienstleistungen, Nebendienstleistungen sowie Anlagetätigkeiten auf professioneller Basis erbringen, jedenfalls als organisatorische Anforderung. Dass Bestimmungen zu Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten im Abschnitt „Melde- und Veröffentlichungspflichten“ verankert wurden, ist offensichtlich dem Umstand zuzuschreiben, dass in § 66 dezidiert auf meldepflichtige Institute abgestellt wird. § 22 stellt auf den Terminus Rechtsträger ab. Nach § 15 sind unter 2 einem „Rechtsträger“ Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen sowie Zweigstellen von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten zu verstehen. Unter Beachtung von Art 7 und 8 DVO hat demnach ein Rechtsträger Aufzeichnungen über sämtliche seiner Dienstleistungen und Geschäfte zu führen, auf Grund derer die FMA die Einhaltung der mit diesem Bundesgesetz verbundenen Anforderungen überprüfen und zweckmäßig 655
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kontrollieren bzw sich vergewissern kann, ob der Rechtsträger alle Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden eingehalten hat. Des Weiteren hat ein Rechtsträger sowohl nach § 22 als auch nach § 66 grundsätzlich sämtliche nach dem WAG 2007 erforderlichen Aufzeichnungen mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren. Anders hier der dt Gesetzgeber, der gemäß den in § 34 WpHG spezifizierten Pflichten zu Aufzeichnung und Aufbewahrung in Bezug auf letztere sechs Jahre ab Aufzeichnungszeitpunkt vorsieht. 3 Mit vorliegender Bestimmung setzt der Gesetzgeber Art 25 Abs 2
MiFID um, und zwar unbeschadet der Art 7 und 8 DVO, worin die Führung von Aufzeichnungen durch Wertpapierfirmen in Bezug auf Handelsentscheidungen sowie in Bezug auf Aufträge und Geschäfte mit Kunden geregelt sind und daher jene Aufzeichnungspflichten aufgezählt werden. Zu den an Wertpapierfirmen nach Art 25 Abs 2 MiFID gestellten organisatorischen Anforderungen zählt, einschlägige Daten über die Geschäfte mit Finanzinstrumenten mindestens fünf Jahre der zuständigen Aufsichtsbehörde, der FMA, zur Verfügung zu halten. Dabei wird ausdrücklich festgehalten, dass diese Anforderung unabhängig davon gilt, ob es sich um Eigengeschäfte handelt, oder ob die Geschäfte im Namen von Kunden getätigt wurden. Ebenso wie Art 7 spezifiziert Art 8 DVO detailliert den Umfang der Aufzeichnung von Geschäften und statuiert zudem, dass die Wertpapierfirmen die Aufzeichnung der geforderten Angaben zu den betreffenden Geschäften unverzüglich nach der Ausführung eines Kundenauftrags vorzunehmen haben. 4 Die Aufzeichnungspflicht nach § 66 betrifft die meldepflichtigen In-
stitute. Gemeint sind nach § 64 folglich Kreditinstitute gemäß § 1 Abs 1 BWG, inländische Zweigstellen von Kreditinstituten und Finanzinstituten gemäß den §§ 9 ff BWG, inländische Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 12 Abs 1 WAG, die Oesterreichische Nationalbank sowie anerkannte Wertpapierfirmen mit Sitz in einem Drittland (§ 15 Abs 1 Z 3 BörseG) und Unternehmen mit Sitz in einem Drittland (§ 15 Abs 1 Z 4 BörseG), die Mitglied einer Wertpapierbörse iSd BörseG sind, sowie an einer Wertpapierbörse iSd BörseG tätige Mitglieder einer Kooperationsbörse (§ 15 Abs 5 BörseG). Die meldepflichtigen Institute haben der FMA alle Geschäfte mit meldepflichtigen Instrumenten unverzüglich, spätestens aber an dem auf den Tag des Geschäftsabschlusses folgenden Bankarbeitstag zu melden. Die Aufzeichnungspflicht nach § 66 erstreckt sich allerdings nicht nur auf Geschäfte mit meldepflichtigen Instrumenten, sondern auf sämtliche Finanzinstrumente und hat alle maßgeblichen Informationen zu umfassen, unabhängig davon, ob die Geschäfte für eigene Rechnung oder 656
Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten
§ 66
für Kunden – gerade diesbezüglich können Aufzeichnungen seitens des meldepflichtigen Institutes im Übrigen einer ggf erforderlichen späteren Beweisführung zweckdienlich sein – getätigt wurden. Gemeint sind mit Geschäft Kauf und Verkauf (vgl ua Art 25 Abs 3 MiFID). Auch mit dem Verweis in § 66 Abs 1 auf § 40 BWG „Besondere 5 Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung“ – konkret wird auf Abs 3 verwiesen – wird in vorliegender Bestimmung auf die Aufbewahrungsverpflichtungen von Kredit- und Finanzinstituten abgestellt. Demzufolge ist hinsichtlich für auf Rechnung von Kunden getätigte Geschäfte ganz besonders zu beachten, dass die Aufzeichnungen all jene Angaben umfassen, welche der Kundenidentifikation dienlich sind. Dieser Bestimmung ist nach § 66 Abs 1 zum einen dann Genüge getan, wenn die Aufzeichnungen der FMA auf Anfrage jederzeit unverzüglich zur Verfügung gestellt werden können. Zum anderen muss die Aufbewahrung nach ganz bestimmten Vorschriften erfolgen. Ebenso schreibt Art 25 Abs 2 MiFID hinsichtlich der Ausführung von Geschäften im Namen von Kunden vor, dass die Aufzeichnungen nicht nur sämtliche Angaben zur Kundenidentität zu enthalten haben, sondern auch jene Angaben, welche zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche gefordert sind. Art 25 Abs 2 verweist diesbezüglich auf die RL 91/308/EWG. Nach § 40 Abs 3 BWG und dem FMARundschreiben zur Identitätsfeststellung vom 3. Juli 2008 sind von den beaufsichtigten Kredit- und Finanzinstituten zum einen Unterlagen zur Kundenidentifizierung nach § 40 Abs 1 und Abs 2 BWG aufzubewahren, und zwar bis mindestens fünf Jahre nach Beendigung der Geschäftsbeziehung mit diesem Kunden. Zum anderen haben Kreditund Finanzinstitute darüber hinaus Aufzeichnungen und Belege von allen Transaktionen aufzubewahren, und zwar bis mindestens fünf Jahre nach deren Durchführung. Im Rundschreiben der FMA zur Identitätsfeststellung vom 3. Jänner 2006 wurde in Bezug auf die Aufbewahrung betont, dass durch die entsprechenden Vorschriften die Nachvollziehbarkeit der Zahlungsströme sichergestellt werden soll. Im Rahmen des von der FMA erstellten Verzeichnisses der Mindest- 6 aufzeichnungspflichten gem § 22 Abs 4 WAG 2007 – welches als Anleitung für die betroffenen Rechtsträger grundsätzlich den auf Level 3 vom CESR erstellten „Empfehlungen für eine Liste von Mindestaufzeichnungspflichten gem Art 51 Abs 3 der DRL“ entspricht – findet auch § 66 Beachtung. Eine kurze Erwähnung des § 66 gibt es zunächst bei den „Aufzeichnungspflichten im Zusammenhang mit dem Kundenkontakt“ und zwar im Punkt „Identität und Kategorisierung jedes Kunden“. Hier wird hinsichtlich der Identität eines Kunden 657
§ 66
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neben § 6 (Anwendung des BWG) auch auf § 66 iVm § 40 BWG bezug genommen. Als Zeitpunkt der Aufzeichnung respektive als Anfang der Aufbewahrungsdauer sind „bei Beginn der Geschäftsbeziehung (Ersteinstufung) bzw nach jeder Neueinstufung“ angegeben. Eine explizitere, wenngleich recht verkürzte, zumindest jedoch eigenständige, Darstellung der Aufzeichnungen gem § 66 (bzw der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten für meldepflichtige Institute) als Aufzeichnungsart findet sich schließlich unter den „Aufzeichnungspflichten meldepflichtiger Institute“. Allerdings wird zum Inhalt der Aufzeichnung lediglich knapp auf die Angaben gemäß § 66 und somit quasi auf diese rückverwiesen. 7 Festzuhalten ist zudem, dass die in vorliegender Bestimmung normier-
ten Pflichten sich auch in der Anlage zum Prüfungsbericht (AP-VO) – Anlage zu BGBl. II Nr. 310/2008 finden, und zwar insofern, als ein eigener Punkt vorliegt, ob bzw inwieweit die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten der §§ 22 und 66 WAG 2007 beachtet werden. Mit BGBl II 310/2008 erfolgte die Kundmachung der Verordnung über die Anlage zum Prüfungsbericht (AP-VO) im Bundesgesetzblatt. In den seitens der FMA verfügbaren Informationen zum Standard Compliance Code wurde ein Dokument „Orderdurchführung“ – dieses trägt das Datum 28. Dezember 2007 – entwickelt, welches ebenfalls Verweise auf die Vorschriften des § 66 beinhaltet. Allerdings wird darin dezidiert lediglich auf Kreditinstitute abgestellt. So wird unter Hinweis auf § 66 Abs 1 festgelegt, dass bei jeder Ordererteilung vom Kreditinstitut die gemäß Art 7 DVO vorgesehenen Angaben sowie nach Ausführung jeder Order von diesem die in Art 8 DVO genannten Angaben aufzuzeichnen seien. Ein separater Punkt „Aufbewahrungspflicht“ nimmt bezug auf § 66 Abs 2, wonach „auftragsbezogene Aufzeichnungen (betreffend Orderannahme, Ausführung und Abwicklung) sowie Kundenbenachrichtigungen“ mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren seien. Des Weiteren wird recht konkret spezifiziert, dass die Daten auf einem Datenträger gespeichert werden, der folgenden Anforderungen genügt: • Zugriffsmöglichkeit durch die zuständige Aufsichtsbehörde; • Rekonstruierbarkeit jeder wichtigen Phase der Auftragsbearbeitung; • Erkennbarkeit etwaiger Korrekturen oder sonstiger Änderungen; • Die Aufzeichnungen dürfen nicht anderweitig manipuliert oder verändert werden können. 8 In Abweichung von der Aufbewahrungsfrist der Aufzeichnungen von
mindestens fünf Jahren zufolge gegenständlichem § 66 sind gemäß Dokument „Orderdurchführung“ die Aufzeichnungen des Kreditinstituts, welche die Geschäftsbeziehung als solche dokumentieren, jedoch 658
Handel und Abschluss von Geschäften über MTF
§ 67
mindestens für die Dauer derselben aufzubewahren. Unter die „die Geschäftsbeziehung als solche dokumentierenden Aufzeichnungen“ sind die Rechte und Pflichten des Kreditinstituts und des Kunden im Rahmen eines Dienstleistungsvertrages oder die Bedingungen, unter denen das Kreditinstitut Dienstleistungen für den Kunden erbringt, zu subsumieren. Telos von § 66 Abs 1 ist va auch die Vermeidung der doppelten 9 Evidenthaltung derselben Aufzeichnungen. Gerade der Anspruch auf einen entsprechend großen Umfang in Bezug auf die geforderten relevanten Daten von Geschäften mit Finanzinstrumenten dokumentiert dieses Bestreben. Dessen unbeschadet muss allerdings die leichte Auffindbarkeit und Verfügbarkeit der Aufzeichnungen für die FMA im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeiten sichergestellt sein.
2. Abschnitt Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF) Handel und Abschluss von Geschäften über MTF § 67. (1) Die Betreiber eines MTF haben transparente und nichtdiskretionäre Regeln und Verfahren für einen fairen und ordnungsgemäßen Handel sowie objektive Kriterien für die wirksame Ausführung von Aufträgen festzulegen. (2) Die Betreiber eines MTF haben insbesondere 1. über Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verfügen, in denen zumindest vorzusehen sind: a) Regeln, nach denen sich bestimmt, welche Finanzinstrumente innerhalb ihrer Systeme gehandelt werden können; b) Regeln über die Berechtigung zur Handelsteilnahme im MTF; diese Regeln haben sinngemäß zumindest den Anforderungen gemäß den §§ 14 und 15 BörseG zu entsprechen; 2. die Nutzer ihres Systems klar über ihre jeweilige Verantwortung für die Abrechnung der über das System abgewickelten Geschäfte zu informieren; 3. die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um die wirksame Abrechnung der innerhalb des MTF geschlossenen Geschäfte zu erleichtern; 4. für ihre Systeme auf Dauer wirksame Vorkehrungen und Verfahren festzulegen, um die Einhaltung der Regeln des MTF durch dessen Handelsteilnehmer regelmäßig zu überwachen; 659
§ 67
Sedlak
5. über Systeme zur Überwachung der von ihren Nutzern innerhalb ihrer Systeme abgeschlossenen Geschäfte zu verfügen, um Verstöße gegen diese Regeln, marktstörende Handelsbedingungen oder Verhaltensweisen, die auf Marktmissbrauch hindeuten könnten, zu erkennen. (3) Die Betreiber eines MTF haben gegebenenfalls ausreichende öffentlich zugängliche Informationen bereitzustellen oder den Zugang zu solchen Informationen zu ermöglichen, damit seine Nutzer sich ein Urteil sowohl über die Art der Nutzer als auch über die Art der gehandelten Instrumente bilden können. (4) Auf Geschäfte, die nach den Regeln des MTF zwischen dessen Handelsteilnehmern oder zwischen dem MTF und seinen Mitgliedern in Bezug auf die Nutzung des MTF geschlossen werden, finden die §§ 36 bis 57 keine Anwendung. Führen Handelsteilnehmer eines MTF Aufträge für Kunden innerhalb des MTF aus, sind die §§ 36 bis 57 anzuwenden. (5) Wird ein übertragbares Wertpapier, das zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen wurde, ohne Zustimmung des Emittenten über ein MTF gehandelt, ist der Emittent nicht verpflichtet, Informationen über das übertragbare Wertpapier für das MTF zu veröffentlichen. (6) Die Betreiber eines MTF haben der FMA Verstöße im Sinne vom Abs. 2 Z 5 unverzüglich zu melden und dabei die einschlägigen Informationen zu übermitteln. Weiters haben diese Betreiber die FMA bei Ermittlungen wegen Marktmissbrauchs innerhalb oder über ihre Systeme zu unterstützen. (7) Die Betreiber eines MTF haben unverzüglich jeder Anweisung der FMA nachzukommen, ein Finanzinstrument vom Handel auszuschließen oder den Handel damit auszusetzen. (8) Bei der Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten aus Geschäften, die über ein MTF abgeschlossen werden, ist der Einwand, dass dem Anspruch ein als Spiel oder Wette zu beurteilendes Differenzgeschäft zugrunde liegt, unstatthaft. (9) Die FMA kann, wenn dies für die Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Funktionierens eines MTF nötig ist, den Betreibern eines MTF die Nutzung einer zentralen Gegenpartei, einer Clearingstelle oder eines Abrechnungssystems in einem anderen Mitgliedstaat untersagen. Die Nutzung eines solchen Abrechnungssystems kann insbesondere untersagt werden, wenn 1. eine effiziente und wirtschaftliche Abrechnung des betreffenden Geschäfts nicht mehr gewährleistet ist; 660
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2. die technischen Voraussetzungen für die Abrechnung der über das MTF getätigten Geschäfte ein reibungsloses und ordnungsgemäßes Funktionieren der Finanzmärkte nicht ermöglichen. Schrifttum: Balzer, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neue Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2003, 177; CESR, Report of impact of MiFID on equity secondary markets functioning, Ref: CESR/09–355; Fleischer, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und das Finanzmarkt-RichtlinieUmsetzungsgesetz, BKR 2006, 389; Hirschberg, Ein neuer Rechtsrahmen für die Wertpapierhandelsplätze in Deutschland, AG 2006, 398; Holzborn/Israel, Die Neustrukturierung des Finanzmarktrechts durch das Finanzmarktrichtlinienumsetzungsgesetz (FRUG), NJW 2008, 791; Wiener Börse AG, Bedingungen für den Betrieb des Dritten Marktes abrufbar unter http://www.wienerborse.at/ static/cms/sites/wbag/media/de/pdf/agb/agb _1.pdf. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 67): „Zu § 67 Abs. 1: Hiermit wird Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu § 67 Abs. 2: Hiermit werden Art. 14 Abs. 2 1. Unterabsatz, Abs. 4 und 5 und Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Die Regelung der Zugangsbedingungen zum MTF soll nach den genannten Richtlinienbestimmungen im Wesentlichen denen für geregelte Märkte zu entsprechen, was durch den Verweis auf das BörseG nachvollzogen wird. Zu § 67 Abs. 3: Hiermit wird Art. 14 Abs. 2 2. Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu § 67 Abs. 4: Hiermit wird Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu § 67 Abs. 5: Hiermit wird Art. 14 Abs. 6 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu § 67 Abs. 6: Hiermit werden Art. 14 Abs. 7 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu § 67 Abs. 7: Hiermit wird Art. 14 Abs. 7 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu § 67 Abs. 8: Diese Bestimmung entspricht dem § 28 BörseG. Da die Tätigkeiten an einem geregelten Markt und einem MTF im Wesentlichen gleich sind, ist es tunlich, diese Klarstellung des § 28 BörseG auch auf den Handel über ein MTF zu beziehen. Zu § 67 Abs. 9: Hiermit wird Art. 35 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Die Bezeichnung ‚geregelter Markt‘ in der Richtlinie resultiert aus einer fehlerhaften Über-
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setzung der Bestimmung. Gemeint ist das Funktionieren des betreffenden MTF (vgl. englische Fassung der Richtlinie 2004/39/EG).“
Übersicht I. II. III. A. B. C. D. IV. V.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Anforderungen an Betreiber eines MTF. . . . . . . . . . . . Besondere Anforderungen für Betreiber eines MTF . . . . . . . . . . . . Allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abrechnung der Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überwachung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Informationsbereitstellung für Nutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichten des Emittenten bei Handel über MTF . . . . . . . . . . . . . . . . . Kompetenzen der FMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–4 5–11 12 13 14 15–16 17 18 19
I. Allgemeines 1 Zur Begriffsdefinition eines MTF vgl § 1 Rz 18. Der Betrieb eines
MTF ist als Erbringung einer Wertpapierdienstleistung zu qualifizieren (Erl RV 5). 2 Alternative börsenähnliche Handelssysteme verzeichneten in den vergangenen Jahren ein steigendes Interesse am Kapitalmarkt und haben wesentlich an Bedeutung gewonnen. Ihr Marktauftritt ist unter dem Aspekt der Wettbewerbs- und Innovationsförderung grundsätzlich positiv zu bewerten (Hirschberg, AG 2006, 401). Alternative Handelssysteme stehen aber in Konkurrenz zu den traditionellen Börsen, ohne bisher den gleichen rechtlichen Spielregeln zu unterliegen. Einheitliche Rahmenbedingungen für die verschiedenen Auftragsausführungssysteme wirken dieser Entwicklung entgegen und zielen im Wesentlichen auf gleiche Wettbewerbsbedingungen, Anlegerschutz und Transparenz sowie das Funktionieren des Finanzmarktes ab. Diese Ziele können nicht einzeln und getrennt voneinander verwirklicht werden; nur ein ausgewogenes Zusammenspiel bringt das gewünschte Ergebnis. Die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen („level playing field“) muss unter Bedachtnahme auf Markteffizienz und Anlegerschutz erfolgen. Bei einer Vielzahl von börsenähnlichen Handelssystemen kann es zu einer Fragmentierung der Liquidität und damit in verschiedener Hinsicht zu Marktineffizienz kommen. Es bedarf einer regulatorischen Balance zwischen den Wettbewerbern, um einer Marktfragmentierung vorzubeugen und damit einhergehende schlechte Preise zu verhindern (Balzer, ZBB 2003, 181; Hirschberg, AG 2006, 402). 662
Handel und Abschluss von Geschäften über MTF
§ 67
Um dieser neuen Generation von Systemen des organisierten Handels 3 neben den geregelten Märkten Rechnung zu tragen, werden diese gewissen Pflichten unterworfen, damit ein wirksames und ordnungsgemäßes Funktionieren der Finanzmärkte gewährleistet wird (Erl RV 5). Die umfassenden organisatorischen Vorgaben lehnen sich weitgehend an jene für geregelte Märkte an (siehe §§ 15 ff). Die Neuregelung der alternativen Handelssysteme wird sich auf deren Wettbewerbsfähigkeit in Europa positiv auswirken, zumal ihnen durch Mitgliedstaaten nach Art 31 Abs 2 zweiter Unterabsatz MiFID keine zusätzlichen (über die RL hinausgehenden) Anforderungen auferlegt werden dürfen. Folglich sind Verpflichtungen nationaler Gesetzgeber, die eine Auftragsausführung ausschließlich an einer Börse zulassen unzulässig (Hirschberg, AG 2006, 400). Zum Stichtag 10. 06. 2009 gab es in Europa insgesamt 24 MTF, die 4 Handel mit Aktien, die zum Handel an einem regulierten Markt zugelassen sind, anbieten. Davon werden neun MTF von deutschen regulierten Märkten betätigt (CESR, Report of Impact of MiFID on equity secondary markets functioning, CESR/09–355, Seite 11).
II. Allgemeine Anforderungen an Betreiber eines MTF Das Betreiben eines MTF bedarf im Fall einer gewerblichen Erbringung 5 dieser Wertpapierdienstleistung einer Konzession der FMA gemäß § 3 Abs 2 Z 4 (§ 3 Rz 3). Diese ist von der FMA zu erteilen, soweit das Anfangskapital € 730.000,– (§ 3 Abs 6 Z 3) beträgt und die AGB, Regeln und Verfahren entsprechend § 67 erfüllt sind. Es ist keine Beschränkung des Teilnehmerkreises am MTF vorgesehen. Daher dürfen nicht nur Börsemitglieder, sondern auch sonstige zugelassene Finanzintermediäre an einem MTF teilnehmen (darauf ausdrücklich hinweisend WKO, Stellungnahme zum Gesetzesentwurf vom 24. 04. 2007, 46). Mit Bewilligung der FMA kann ein zur Leitung und Verwaltung eines 6 geregelten Markts berechtigtes Börseunternehmen ein MTF betreiben, ohne dass es dafür einer Konzession nach § 3 bedarf (§ 2 Abs 2 a BörseG idF BGBl I 60/2007). Der (bis zum WAG 2007 ungeregelte) dritte Markt gemäß § 69 BörseG idF BGBl I 19/2007 ist seit dem 01. 11. 2007 ein MTF, das von der Wiener Börse AG als Börseunternehmen in Fortführung dieses ungeregelten dritten Marktes betrieben wird. Gemäß § 96 Z 19 BörseG war für die Fortführung keine eigene Bewilligung der FMA gemäß § 2 Abs 2 a BörseG erforderlich. Die Wiener Börse AG betreibt (bis dato) das einzige MTF in Österreich. 663
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Auf Grund der Übergangsbestimmung § 96 Z 21 BörseG konnten Finanzinstrumente, die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl I 2007/60 gemäß § 69 BörseG (idF BGBl I 2007/19) zum Handel am ungeregelten dritten Markt zugelassen waren, auch weiterhin in dem von der Wiener Börse AG als MTF betriebenen Dritten Markt gehandelt werden. Es bedurfte keiner neuerlichen Zulassung durch die Wiener Börse AG als Börseunternehmen. Seit dem 01. 11. 2007 erfolgt der Handel mit Finanzinstrumenten im MTF Dritter Markt nicht mehr auf Grund einer formellen Zulassung zum Börsehandel, sondern auf Grund einer Einbeziehung zum Handel in das MTF (siehe Bedingungen der Wiener Börse AG für den Betrieb des Dritten Marktes, abrufbar unter www.wienerborse.at). 7 In § 67 Abs 1 werden für das Betreiben eines MTF zwei allgemeine
Grundsätze festgehalten. Zum einen hat der Betreiber transparente und nicht-diskretionäre (ermessensunabhängige) Regeln und Verfahren festzulegen, die einen fairen und ordnungsgemäßen Handel sichern. Zum anderen werden objektive Kriterien für die wirksame Ausführung von Kundenaufträgen verlangt. Diese beiden Grundsätze sind sehr weit gefasst, wobei insb die Wendung von den „objektiven Kriterien“ für die wirksame Ausführung von Kundenaufträgen zu konkretisieren ist. Dessen ungeachtet gehen weder die RL noch die Erl RV auf den Inhalt des Ausdrucks „objektiven Kriterien“ ein. 8 Die Erl RV verweisen zur Auslegung lediglich auf die Umsetzung von
Art 14 Abs 1 MiFID, der mit Ausnahme eines Nebensatzes, wörtlich übernommen wurde. Dieser Nebensatz verlangt über die beiden genannten Grundsätze hinaus die Einhaltung der Anforderungen von Art 13 MiFID. Dessen organisatorische Anforderungen beziehen sich nicht nur auf Wertpapierfirmen, sondern verpflichtet durch Verweis in Art 14 auch Betreiber eines MTF (der eine Wertpapierfirma sein kann, aber nicht muss) zu deren Einhaltung. Die Umsetzung der organisatorischen Anforderungen des Art 13 MiFID erfolgte in anderen Bestimmungen. Dabei handelt es sich um Vorschriften zur Konzessionserteilung (§ 3 Abs 5 Z 6; dazu § 3 Rz 4 ff), allgemeine organisatorische Anforderungen (§ 17 Abs 3; dazu § 17 Rz 11), die Einhaltung von Compliance Vorschriften (§ 18 Abs 1; vgl § 18 Rz 6 ff), Risikomanagement (§ 19 Rz 10), die Verpflichtung zur Aufzeichnung (§ 22 Abs 1 und 5; dazu § 22 Rz 5, 17), Auslagerung wesentlicher betrieblicher Aufgaben an Dienstleister (§ 25 Abs 1 und 2; vgl dazu § 25 insb Rz 6 ff), Schutz der Finanzinstrumente und Kundengelder (§ 29 Abs 1 und 2; vgl dazu § 29 insb Rz 4 ff), Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten (§ 35 Abs 1; vgl dazu § 35 Rz 1 ff) sowie Meldepflichten (§ 64 Abs 3 und 5; vgl dazu § 64 insb Rz 23 ff, 73 ff). 664
Handel und Abschluss von Geschäften über MTF
§ 67
Stellt man die organisatorischen Verpflichtungen für Wertpapierfir- 9 men auf dem geregelten Markt den Vorschriften für Betreiber eines MTF gegenüber, so entsprechen diese im Ergebnis weitgehend einander. Dadurch wurde das erklärte Ziel des Gesetzgebers (basierend auf der RL, siehe Erwägungsgrund 6 MiFID) erreicht, gleiche organisatorische Rahmenbedingungen für verschiedene Ausführungssysteme von Kundenaufträgen zu schaffen. Gleiche Rahmenbedingungen schafft das Gesetz auch durch Abs 4, der für Handelsteilnehmer eines MTF das Einhalten der §§ 36 bis 57, sofern sie Aufträge für Kunden innerhalb des MTF ausführen, anordnet. Abs 4 normiert auch Ausnahmen für zwei Arten von Geschäften, die nicht den §§ 36 bis 57 unterliegen. Das sind zum einen Geschäfte, die zwischen den Handelsteilnehmern nach den Regeln des MTF abgeschlossen wurden. Zum anderen zählen dazu Geschäfte, die zwischen dem MTF und dessen Mitgliedern hinsichtlich dessen Nutzung zustande kommen. Damit wird Art 14 Abs 3 MiFID umgesetzt (Erl RV 24) und auch an dieser Stelle der Schutz des Kunden klar in den Vordergrund gerückt. Nur der Kunde als Vertragspartei kommt in den Genuss der §§ 36 bis 57. Der Gesetzgeber hat in Anlehnung an § 28 BörseG eine Klarstellung in 10 § 67 Abs 8 getroffen, die auf Entscheidungen von Rechtsstreitigkeiten aus Geschäften, die über ein MTF abgeschlossen wurden, Bezug nimmt. Demnach ist der Einwand, dass dem Anspruch ein Differenzgeschäft zugrunde liegt, das als Spiel oder Wette zu beurteilen ist, unstatthaft. Nach den Erl RV ist diese Klarstellung tunlich, da die Tätigkeiten an einem geregelten Markt im Wesentlichen gleich mit jenen eines MTF sind. Daher ist § 28 BörseG sinngemäß auch auf den Betrieb von MTF anzuwenden (Erl RV 24). Bereits aus zivilrechtlichen Bestimmungen (§§ 1271, 1432 ABGB) ergibt sich, dass eine Schuld aus Wette oder Spiel lediglich eine Naturalobligation ist und daher nicht eingeklagt werden kann. Daher könnte, auch wenn der Einwand, dass dem Anspruch ein Differenzgeschäft zugrunde liegt, das als Wette oder Spiel zu beurteilen ist, statthaft wäre, dies den Anspruch auf Grund der genannten zivilrechtlichen Regelungen nicht schmälern. Die Anforderungen des BörseG betreffend zum Handel an einem 11 geregelten Markt zugelassene Finanzinstrumente, insb die Emittentenpflichten, gelten nicht für im MTF Dritten Markt gehandelte Finanzinstrumente. Auf ein MTF und somit den Dritten Markt sind jedoch die Bestimmungen der §§ 48 a bis 48 c BörseG betreffend Marktmissbrauch, Missbrauch von Insiderinformationen und Marktmanipulation sowie die entsprechenden Überwachungsbefugnisse der FMA gemäß § 48 q BörseG anzuwenden. 665
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III. Besondere Anforderungen für Betreiber eines MTF 12 § 67 Abs 2 und Abs 3 ordnen für Betreiber eines MTF zusätzlich zu
den allgemeinen Pflichten des Abs 1 besondere Organisationspflichten an. Diese Pflichten können in vier Gruppen eingeteilt werden: Verwenden allgemeiner Geschäftsbedingungen, Information über und Vorkehrungen für die Abrechnung der Geschäfte innerhalb des Systems, Überwachung der Einhaltung der Regeln des MTF sowie Bereitstellen und öffentlicher Zugang von Informationen für die Nutzer.
A. Allgemeine Geschäftsbedingungen 13 Für Handel und Abschluss von Geschäften über MTF muss der Betrei-
ber AGB aufstellen. Die Wiener Börse AG als Betreiber des MTF Dritter Markt veröffentlichte am 25. 10. 2007 Bedingungen für dessen Betrieb (idF vom 15. 06. 2009, abrufbar unter http://www.wienerborse.at). § 67 Abs 2 Z 1 sieht einen gewissen Mindestinhalt vor, den die allgemeinen Geschäftsbedingungen zwingend aufweisen müssen: – Zum einen sollen die AGB regeln, welche Finanzinstrumente im System gehandelt werden können. Damit setzt der Gesetzgeber Art 14 Abs 2 erster Unterabsatz MiFID um (Erl RV 24). Beispielsweise können im MTF Dritter Markt alle Finanzinstrumente mit Ausnahme von Optionen und (Finanz-) Terminkontrakten gehandelt werden (§ 2 der Bedingungen der Wiener Börse AG). Diese Ausnahme dürfte historisch bedingt sein, weil das BörseG vor Umsetzung der MiFID einen Handel mit Derivaten nur im amtlichen Handel zuließ. Die nunmehr in den AGB enthaltene Ausnahme könnte auf geschäftspolitischen Erwägungen beruhen, weil es möglicherweise als nicht erwünscht bzw nicht erforderlich angesehen wurde, die ausgenommenen Finanzinstrumente im MTF Dritter Markt zu handeln. §§ 6 ff der AGB der Wiener Börse AG regeln die Voraussetzungen für die Einbeziehung von Finanzinstrumenten und Emissionsprogrammen. – Zum anderen wird von den AGB verlangt, dass sie Regeln über die Berechtigung zur Handelsteilnahme an MTF enthalten. Die Erl RV beziehen sich hier auf Art 14 Abs 4 MiFID (Erl RV 24). Dieser verlangt das Festlegen und Einhalten transparenter, auf objektiven Kriterien beruhender Regeln für den Zugang zum System. Dies bedeutet, dass für jeden potenziellen Teilnehmer der Handel im MTF ohne ungerechtfertigte Differenzierung möglich sein soll. Der Ge666
Handel und Abschluss von Geschäften über MTF
§ 67
setzgeber hat diesbezüglich in § 67 Abs 2 lit b einen Verweis auf die §§ 14 und 15 BörseG aufgenommen, deren Einhaltung das Mindestmaß für die geforderten Regelungen darstellen. § 14 BörseG normiert die Zulassung von Börsemitgliedern. § 15 BörseG bezieht sich auf die Mitgliedschaft an einer Wertpapierbörse und diesbezügliche Anforderungen an die Mitglieder. Diese Anforderungen sind sehr detailliert ausgestaltet. Hervorzuheben ist im vorliegenden Zusammenhang die Pflicht der Börsemitglieder, über geeignete technische Einrichtungen für die Teilnahme am Handels- oder Abwicklungssystem zu verfügen, die dieses Handels- oder Abwicklungssystem des betreffenden Marktes nicht behindern (§ 15 Abs 3 BörseG). Im Ergebnis erscheint die vorgenommene Umsetzung durch den Verweis auf das BörseG sachlich gerechtfertigt und erfüllt die Anforderung transparenter, objektiver Kriterien für den Zugang zum System. Auch die AGB der Wiener Börse AG enthalten bestimmte Regeln über die Berechtigung zur Handelsteilnahme am MTF Dritter Markt: Eine Voraussetzung ist die Mitgliedschaft an der Wiener Börse als Wertpapierbörse (§ 5 Abs 1 der Bedingungen für den Betrieb des Dritten Marktes). Weiters müssen Personen, die Geschäfte im MTF Dritter Markt abschließen, Börsebesucher iSd § 20 BörseG sein und über eine Börsevollmacht verfügen. Die Teilnehmer am Handel mit Finanzinstrumenten haben die in den Handelsregeln für das automatisierte Handelssystem XETRA (Exchange Electronic Trading) sowie die in den „Bestimmungen des Börseunternehmens Wiener Börse AG über technische Einrichtungen betreffend das elektronische Handelssystem XETRA geregelten Voraussetzungen und Bedingungen für die Teilnahme am Handel“ zu erfüllen.
B. Abrechnung der Geschäfte Für Betreiber eines MTF bestehen bei der Abrechnung von Geschäften, 14 die über ihr System abgewickelt werden, zwei Pflichten: Eine Informationspflicht gegenüber ihren Nutzern (Abs 2 Z 2). Der Wortlaut des Gesetzes verlangt eine klare Information der Nutzer über ihre jeweilige Verantwortung für die Abrechnung bezüglich ihrer Geschäfte. Darüber hinaus muss der Betreiber für die entsprechend erforderlichen Vorkehrungen sorgen, die eine Abrechnung der im System abgewickelten Geschäfte erleichtern (Abs 2 Z 3). Mit der Aufnahme dieser beiden Pflichten übernimmt der Gesetzgeber wörtlich die Vorgaben des Art 14 Abs 5 MiFID. In den Erl RV wird nur auf dessen Umsetzung verwiesen. Eine Konkretisierung der Informationspflicht im Hinblick auf Art und deren Umfang sowie der erforderlichen Vorkehrungen sucht man vergebens. 667
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C. Überwachung 15 Auf der Ebene der besonderen organisatorischen Pflichten werden
von Betreibern eines MTF zwei Arten der Überwachung verlangt. Einerseits müssen sie durch entsprechende Vorkehrungen und Verfahren die Einhaltung der Regeln des MTF durch dessen Handelsteilnehmer regelmäßig überwachen (Abs 2 Z 4). Andererseits sollen Überwachungssysteme die Geschäfte der Nutzer innerhalb des Systems kontrollieren, um zwei Ziele zu erreichen: Die Geschäfte sollen konform mit den Regeln des MTF erfolgen, und marktstörende Handelsbedingungen oder Verhaltensweisen, die auf Markmissbrauch hindeuten, sollen durch diese Systeme erkannt werden (Abs 2 Z 5). Beide gesetzlich verankerten Überwachungspflichten haben ihre Grundlage in Art 26 Abs 1 MiFID. Die Erl RV verweisen nur auf dessen Umsetzung (Erl RV 24), ohne weitere Konkretisierungen anzuführen. Ein offener Punkt ist der Begriff der regelmäßigen Überwachung. Die Frage ist, welcher Maßstab an die Regelmäßigkeit gelegt wird, und welche zeitlichen Intervalle verlangt werden, weil es für den Betreiber einen Unterschied macht, ob er gelegentliche Stichproben durchführt oder durchgehend, also permanent überwachen muss. Im Hinblick auf das gesamte Regelungskonzept der RL und den Zweck der Norm wird die Anforderung wohl grundsätzlich als eine durchgehende Überwachung auszulegen sein. Als eine mögliche Überwachungsmaßnahme kommen beispielsweise Meldepflichten des Handelsteilnehmers in Frage. So muss zB ein Börsemitglied über dessen Antrag ein Finanzinstrument im MTF Dritten Markt einbezogen wurde, während der gesamten Dauer der Einbeziehung der Wiener Börse AG als Betreiber des MTF alle wichtige Informationen über den Emittent und dessen Finanzinstrumente sowie wesentliche Änderungen unverzüglich bekannt geben (§ 8 Abs 1 der Bedingungen zum Betrieb des Dritten Marktes). Eine wichtige Information kann zB eine Änderung der Rechtsgrundlagen und des Firmenwortlaues des Emittenten sein. 16 Mit der Überwachungspflicht des Betreibers sind in § 67 Abs 6 und 7 geregelte Melde- und Unterstützungspflichten gegenüber der FMA verbunden. Sobald dem Betreiber Verstöße gegen Regeln des MTF oder ein auf Marktmissbrauch verdächtiges Verhalten bekannt sind, hat er diese der FMA unverzüglich zu melden und dabei die einschlägigen Informationen zu übermitteln. In den Erl RV wird fälschlicherweise auf die Umsetzung von Art 14 Abs 7 MiFID verwiesen (Erl RV 24). Mit § 67 Abs 6 setzt der Gesetzgeber jedoch Art 26 Abs 2 MiFID um. Zusätzlich ist der Betreiber verpflichtet, die Ermittlungen der FMA wegen Marktmissbrauchs innerhalb oder über ihre Systeme zu unter668
Handel und Abschluss von Geschäften über MTF
§ 67
stützen (Abs 6) und unverzüglich jeder Anweisung der FMA nachzukommen, die auf den Ausschluss oder das Aussetzen eines Finanzinstruments vom Handel abzielt (Abs 7). In Umsetzung von Art 14 Abs 7 MiFID (Erl RV 24) normiert hier das Gesetz einen tief greifenden Anspruch der FMA.
D. Informationsbereitstellung für Nutzer Betreiber eines MTF treffen nach Abs 3 zusätzlich besondere Infor- 17 mationspflichten: Sie müssen ausreichende öffentlich zugängliche Informationen bereitstellen oder den Zugang zu solchen Informationen ermöglichen. Damit soll ein gewisses Maß an Transparenz für die Nutzer gewährleistet werden. Diese sollen sich ein Urteil über die Art der Nutzer und über die Art der gehandelten Instrumente bilden können. Durch diese Bestimmung wird Art 14 Abs 2 zweiter Unterabsatz MiFID umgesetzt (Erl RV 24). Der Gesetzgeber unterlässt nähere Angaben zum Umfang der Informationen und der Art der öffentlichen Bekanntmachung. Eine Veröffentlichung auf der Homepage des Betreibers des MTF dürfte adäquat sein und dieser Pflicht genügen.
IV. Pflichten des Emittenten bei Handel über MTF Geregelter Markt und Handel über ein MTF unterscheiden sich be- 18 züglich der Pflichten von Emittenten bei übertragbaren Wertpapieren (Abs 5). Emittenten müssen bei einem öffentlichen Angebot eine Reihe von Pflichten befolgen (zB Prospektpflicht nach KMG). § 67 Abs 5 stellt klar, dass ein Emittent nur zur Veröffentlichung von Informationen über das übertragbare Wertpapier verpflichtet ist, wenn dieses mit seiner Zustimmung über ein MTF gehandelt wird. Daher entfällt bei Handel über ein MTF eine solche Verpflichtung für Emittenten, deren Zustimmung entweder verweigert oder erst gar nicht eingeholt wurde. In der Praxis dürften diese beiden Fälle eher selten vorkommen. Dennoch ist die Regelung des § 67 Abs 5 nicht überflüssig, weil sie die Veröffentlichungspflicht des Emittenten klarstellt. Andernfalls würde der Emittent – auch wenn seine Zustimmung nicht eingeholt wurde – gegen seine Veröffentlichungspflicht verstoßen, obwohl er in diesem Fall gar nicht wissen kann, dass ein Wertpapier im Rahmen des MTF gehandelt wird. § 67 Abs 5 setzt Art 14 Abs 6 MiFID um (Erl RV 24). 669
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V. Kompetenzen der FMA 19 In § 67 Abs 9 wird der FMA die Möglichkeit eingeräumt, wesentlich
auf die Geschäfte von MTF Einfluss zu nehmen. Unter der Voraussetzung, damit das ordnungsgemäße Funktionieren eines MTF aufrecht zu erhalten, ist die FMA grundsätzlich ermächtigt, in drei Fällen eine Unterlassung auszusprechen. Sie kann dem Betreiber eines MTF die Nutzung einer zentralen Gegenpartei, einer Clearingstelle oder ferner eines Abrechnungssystems in einem anderen Mitgliedstaat untersagen. Damit wurde Art 35 Abs 2 MiFID umgesetzt, der durch eine fehlerhafte Übersetzung die Bezeichnung geregelter Markt enthält (Erl RV 24). Durch Vergleich mit der englischen Fassung ist festzuhalten, dass hier das Funktionieren des betreffenden MTF gemeint ist. Die Möglichkeit zur Untersagung der Nutzung eines Abrechnungssystems in einem anderen Mitgliedstaat wird der FMA auf Grundlage von Art 34 Abs 2 MiFID für zwei spezielle Fälle ausdrücklich eingeräumt. Zum einen besteht diese Kompetenz für den Fall, dass dieses Abrechnungssystem keine effiziente und wirtschaftliche Abrechung der betreffenden Geschäfte gewährleistet. Zum anderen ist dies bei fehlenden technischen Voraussetzungen möglich, die kein reibungsloses und ordnungsgemäßes Funktionieren der Finanzmärkte mehr zulassen.
Vor- und Nachhandels-Transparenzvorschriften für MTF § 68. (1) Der Betreiber eines MTF hat für die in sein System einbezogenen Aktien, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, die aktuellen Geld- und Briefkurse und das jeweilige Handelsvolumen zu diesen Kursen zu angemessenen kaufmännischen Bedingungen und kontinuierlich während der üblichen Geschäftszeiten gemäß den Art. 17, 29, 30 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 zu veröffentlichen. (2) Der Betreiber eines MTF hat den Kurs, den Umfang und den Zeitpunkt der Geschäfte, die in Bezug auf Aktien gemäß Abs. 1 abgeschlossen wurden, zu angemessenen kaufmännischen Bedingungen und so weit wie möglich auf Echtzeitbasis und nach Maßgabe der Art. 27, 29, 30 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 zu veröffentlichen, sofern diese Nachhandelsinformationen bezüglich der abgeschlossenen Geschäfte nicht über die Systeme eines geregelten Markts veröffentlicht werden. (3) Die FMA ist ermächtigt, nach Maßgabe von Art. 17 bis 20 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 mit Verordnung Ausnahmen von 670
Vor- und Nachhandels-Transparenzvorschriften für MTF
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der Veröffentlichungspflicht gemäß Abs. 1, insbesondere hinsichtlich Geschäften, die im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang für die betreffende Aktie oder den betreffenden Aktientyp ein großes Volumen aufweisen, vorzusehen; bei der Erlassung der Verordnung hat die FMA auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Wertpapierwesen Bedacht zu nehmen. (4) Die Betreiber von MTF können mit Bewilligung der FMA einzelne Nachhandelsinformationen über abgeschlossene Geschäfte gemäß Abs. 2, die im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang bei der betreffenden Aktie oder Aktiengattung ein großes Volumen aufweisen, zeitlich verzögert veröffentlichen und die dafür notwendigen Vorkehrungen vornehmen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die in Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Kriterien erfüllt sind und die vorgeschlagenen Vorkehrungen eine diesen Kriterien entsprechende verzögerte Veröffentlichung erwarten lassen. Die Betreiber von MTF haben die Marktteilnehmer und das Anlegerpublikum über die getroffenen Vorkehrungen in geeigneter Weise zu informieren. Eine Bewilligung im Einzelfall ist nicht erforderlich, soweit die FMA eine dem Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 entsprechende Verordnung erlassen hat. Eine solche Verordnung hat auch die entsprechenden notwendigen Vorkehrungen zu regeln. Schrifttum: Balzer, Der Vorschlag der EG-Kommission für eine neue Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2003, 177; CESR, Standards for Alternative Trading Systems, Juli 2002, Ref: CESR/02–086 b; CESR, call for evidence on the impact of MiFID on secondary markets functioning, Ref: CESR/08–872; CESR, report on impact of MiFID on Equity secondary markets functioning, Ref: CESR/09–355; CESR, report on transparency of corporate bond, structured finance product and credit derivatives markets, Ref: CESR/09–348; Commission of the European Communities, Report on non-equities markets transparency pursuant to Article 65 (1) of MiFID; Duve/Keller, MiFID: Die neue Welt des Wertpapiergeschäfts, BB 2006, 2538; Fleischer, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, BKR 2006, 389; Forstinger/Pradler, Der aktuelle Vorschlag für eine Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (ISD2), ÖBA 2004, 329; Gapp/ Gfall, Transparenzpflichten nach MiFID, ecolex 2007, 228; Gomberg/Hirschberg, Ende oder Stärkung der konventionellen Börsen?, AG 2006, 777; Hirschberg, Ein neuer Rechtsrahmen für die Wertpapierhandelsplätze in Deutschland, AG 2006, 398; Kumpan, Transparenz als Mittel der Kapitalmarktregulierung, WM 2006, 797. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 68): „Zu 68 Abs. 1 Abs. 1 setzt Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG um und legt für Betreiber von multilateralen Handelssystemen die Pflicht zur Veröffentlichung bestimmter in der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 festgelegter Vorhandelsinformationen
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bezüglich der über dieses System gehandelten Aktien fest, sofern diese Aktien zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind. Zu § 68 Abs. 2: Abs. 2 setzt Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG um und regelt die Veröffentlichung der Nachhandelsinformationen bezüglich der über das multilaterale Handelssystem abgeschlossenen Geschäfte hinsichtlich der an einem geregelten Markt zugelassenen Aktien. Genaue Bestimmungen über die Veröffentlichung sind wiederum in der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 vorgesehen. Nachhandelsinformationen hinsichtlich der über multilaterale Handelssysteme abgeschlossenen Geschäfte sind nicht zu veröffentlichen, wenn diese Informationen über die Systeme eines geregelten Markts veröffentlicht werden. Die durch die Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 näher bestimmten und zu veröffentlichenden Informationen sollten so schnell wie technisch möglich veröffentlicht werden, wobei davon auszugehen ist, dass die betreffende Person angemessene Bemühungen auf dem Gebiet der kostenmäßigen Unterhaltung und der Effizienz ihrer Systeme unternimmt. Die Informationen sollten lediglich in Ausnahmefällen in enger Anlehnung an das Drei-Minuten-Limit veröffentlicht werden, in denen die verfügbaren Systeme keine kurzfristigere Veröffentlichung gestatten. Zu § 68 Abs. 3: Abs. 3 setzt Art. 29 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Die FMA hat die Möglichkeit, auf Grundlage der in der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 festgelegten Bestimmungen, Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht der Vorhandelsinformationen mit Verordnung festzulegen. Eine Ausnahme von den Vorhandels-Transparenzvorschriften sollte die Wertpapierfirmen nicht in die Lage versetzen, Verpflichtungen in Bezug auf Geschäfte mit liquiden Aktien zu umgehen, die sie auf bilateraler Basis gemäß den Regeln eines geregelten Marktes oder eines MTF abschließen, wenn bei einem Abschluss dieser Geschäfte außerhalb der Regeln des geregelten Marktes oder des MTF auf diese Geschäfte die für systematische Internalisierer geltenden Anforderungen bezüglich der Veröffentlichung von Kursofferten Anwendung finden würden (vgl. Erwägungsgrund Nr. 14 der Verordnung (EG) 1287/2006). Zu § 68 Abs. 4: Diese Bestimmung setzt Art. 30 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG um und sieht die Möglichkeit einer verzögerten Veröffentlichung von Nachhandelsinformationen bei Geschäften mit einem großen, von der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 festgelegten Handelsvolumen vor. Die Vornahme verzögerter Veröffentlichungen sowie die dafür vom Betreiber des multilateralen Handelssystems zu treffenden Vorkehrungen bedürfen der Bewilligung der FMA. Das Publikum ist vom Betreiber des multilateralen Handelssystems über die getroffenen Vorkehrungen zu informieren. Die Richtlinie gibt keine Regelungen über die Art der zu treffenden Vorkehrungen vor, strenge Formvorschriften sollen jedoch nicht aufgestellt werden. Für die Erfüllung dieser Informationspflicht ist die Verwendung der Homepage oder anderer Kanäle nicht ausgeschlossen. Auf Grund dieser Bewilligung können die Informationen gemäß den in Tabelle 4 von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 vorgesehenen Zeiträumen verzögert ver-
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öffentlicht werden. Die vom Betreiber des multilateralen Handelssystems vorgesehenen Vorkehrungen müssen sicherstellen, dass die verzögerten Veröffentlichungen in Einklang mit Tabelle 4 sind.“
Übersicht I. II. A. B. C. III. A. B. C.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorhandelstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Vorhandelstransparenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an die Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausnahmen von der Vorhandelstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachhandelstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Nachhandelstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an die Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausnahmen von der Nachhandelstransparenz. . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Allgemeines Die MiFID und ihre Durchführungsbestimmungen sehen sowohl für 1 börslichen als auch außerbörslichen Handel ein äußerst detailliertes und mit vielen Ausnahmen versehenes Transparenzregime vor. Die Regelungen für MTF sind inhaltlich auf jene für geregelte Märkte abgestimmt (Balzer, ZBB 2003, 182; Kumpan, WM 2006, 799) und können in zeitlicher Hinsicht in Vorhandels- und Nachhandelstransparenz eingeteilt werden. Die Transparenzvorschriften beziehen sich bisher nur auf Aktien, die zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen wurden (Art 29 und Art 30 MiFID). In ihrem Bericht vom 03. 04. 2008, dem ein umfangreiches Konsulationsverfahren verschiedener Institutionen (CESR, ESME) vorausging, hielt die Kommission fest, dass zu diesem Zeitpunkt kein Bedarf eines behördlichen Einschreitens auf Gemeinschaftsebene besteht, die laufenden Transparenzbestimmungen der MiFID auf andere Finanzinstrumente als Aktien auszuweiten (Commission of the European Communities, Report on non-equities markets transparency pursuant to Article 65 (1) of MiFID, abrufbar unter http://ec.europa.eu). Aus Sicht der Kommission funktionieren die nationalen Vorkehrungen ausreichend. Eine obligatorische Ausdehnung wurde auch von den Marktteilnehmern nicht befürwortet, sondern es wurden alternativ mögliche Maßnahmen zur Selbstverpflichtung vorgezogen und überprüft (Pressemitteilung International Capital Market Association zu ICMA/2007/08 vom 20. 02. 2007). CESR veröffentlichte im November 2008 ein Konsultationspapier, mit 2 dem unter anderem die Erfahrungen der Marktteilnehmer mit dem Tranparenzregime der MiFID erhoben wurden (CESR, call for evidence on 673
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the impact of MiFID on secondary markets functioning, Ref: CESR/ 08–872). Nach diesem Konsultationsverfahren publizierte CESR im Juni 2009 einen Bericht, der die Auswirkungen der MiFID im europäischen Equity Market festhält und Empfehlungen für weitere Arbeiten anführt (CESR, report on impact of MiFID on Equity secondary markets functioning, Ref: CESR/09–355). Im Hinblick auf Transparenzregime für Non-Equity Markets hat CESR im Juli 2009 seinen Bericht kundgemacht, in dem es verbindliche Handelstransparenzregelungen für diese fordert (CESR, report on transparency of corporate bond, structured finance product and credit derivatives markets, Ref: CESR/09–682). Nach CESRs Ansicht gewährleisten die bisherigen marktgesteuerten Initiativen nicht das erforderliche Maß an Transparenz. CESR erachtet ein höheres Maß an Transparenz als vorteilhaft für den Markt und bevorzugt insb bei der Nachhandelstransparenz einen harmonisierten Ansatz vor den nationalen Initiativen, die in diesem Bereich ergriffen wurden.
II. Vorhandelstransparenz 3 § 68 Abs 1 normiert in Umsetzung von Art 29 Abs 1 MiFID die Vor-
handelstransparenz. Vorhandelstransparenz beinhaltet für den Betreiber eines MTF die Pflicht, bestimmte Informationen bezüglich der über dieses System gehandelten Aktien vor dem Handel (pre-trade) zu veröffentlichen. Sie bestimmt demnach, „in welchem Umfang die Markteilnehmer Informationen über die aktuelle Auftragslage erhalten“ (Kumpan, WM 2006, 798). Der Inhalt der geforderten Informationen sowie das Vorgehen bei der Veröffentlichung sind den Art 17, 29, 30 und 32 DVO zu entnehmen. Der Gesetzgeber begnügt sich mit diesem Hinweis sowohl in § 68 Abs 1 als auch in den Erl RV (Erl RV 24).
A. Inhalt der Vorhandelstransparenz 4 § 68 Abs 1 spricht von der Veröffentlichung der aktuellen Geld- und
Briefkurse und dem jeweiligen Handelsvolumen zu diesen Kursen. Detailliert geregelt sind die inhaltlichen Anforderungen in Art 17 DVO, der abhängig von der Art des gewählten Systems verschiedene Informationen verlangt. Bei einem Orderbuchhandelssystem müssen für die fünf besten Geld- und Briefkurse die aggregierte Zahl der Aufträge und der Aktien, die auf jedem Kursniveau vertreten sind, veröffentlicht werden (Art 17 Abs 2). Bei einem quotierungsgetriebenen Handelssystem muss für jede Aktie der beste Geld- und Briefkurs eines jeden MarketMakers gemeinsam mit diesen Preisen einhergehenden Volumina ver674
Vor- und Nachhandels-Transparenzvorschriften für MTF
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öffentlich werden (Art 17 Abs 3). Die veröffentlichten Quotierungen müssen verbindliche Angebote für den Kauf oder Verkauf der Aktien sein sowie den Aktienkurs und das Aktienvolumen umfassen, das die registrierten Market-Maker bereit zu kaufen bzw zu verkaufen sind. Bei einem Handelssystem, das auf periodischen Auktionen beruht, ist der Preis zu veröffentlichen, zu dem dieses Handelssystem am besten seinem Handelsalgorithmus genügen würde, sowie das Volumen, das potenziell zu diesem Preis ausführbar wäre (Art 17 Abs 4). Für den Fall, dass sich ein Handelssystem nicht unter eines der drei vorgenannten Systeme einordnen lässt, enthält Art 17 Abs 5 einen Auffangtatbestand. Es ist dann jenes Maß an Vorhandelstransparenz zu wahren, um angemessene Information hinsichtlich des Auftragspreises oder der Kursofferte für jede Aktie und deren öffentliche Zugänglichkeit zu gewährleisten.
B. Anforderungen an die Veröffentlichung Bei der Veröffentlichung der geforderten Vorhandelsinformationen 5 spielt die zeitliche Komponente eine wesentliche Rolle. § 68 Abs 1 verlangt eine kontinuierliche Veröffentlichung während der üblichen Geschäftszeiten zu angemessenen kaufmännischen Bedingungen. Dadurch wird Art 29 Abs 1 MiFID umgesetzt, der durch Art 29 DVO konkretisiert wird. Eine kontinuierliche Veröffentlichung ist gewährleistet, wenn sie so rasch wie möglich erfolgt und darüber hinaus solange verfügbar bleibt, bis dass sie aktualisiert wird. Die Informationen sind während der üblichen Handelszeiten soweit möglich in Echtzeit zur Verfügung zu stellen (Art 29 Abs 2 DVO). Als öffentlich oder der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt gilt eine Information, wenn sie den Anlegern entweder über die Einrichtungen des MTF, einer dritten Person oder mittels eigener Vorkehrungen übermittelt wurden (Art 30 DVO). Die angeführten Modi sind alternativ (Gapp/Gfall, ecolex 2007, 231). Schließlich verweist § 68 Abs 1 auf Art 32 DVO, der gewisse Bedingungen an die Veröffentlichung knüpft. Diese umfassen die Verpflichtung, verlässliche Informationen zu veröffentlichen, sie auf Fehler hin zu überwachen und bei Erkennen von Fehlern diese alsbald zu korrigieren. Besonders hinzuweisen ist auf die Bedingung, Informationen dem Publikum auf nicht diskriminierender kommerzieller Basis zu angemessenen Kosten zur Verfügung zu stellen.
C. Ausnahmen von der Vorhandelstransparenz Die sehr weit gehenden Transparenzpflichten erscheinen dem Richt- 6 liniengeber nicht für alle Systeme angemessen. Es soll daher in bestimmten Fällen eine Ausnahme gemacht werden: Die FMA hat die 675
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Möglichkeit, Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht der Vorhandelsinformationen durch Erlassen einer Verordnung festzulegen (Erl RV 25). Rechtsgrundlage dafür ist Art 29 Abs 2 MiFID, der durch § 68 Abs 3 umgesetzt wird. Diese Verordnung muss in Einklang mit den Art 17 bis 20 DVO stehen. Demnach kann die FMA durch ihre Verordnung Ausnahmen auf Grundlage eines bestimmten Marktmodells und des Auftrags- bzw Geschäftstyps (Art 18 und 19 DVO) sowie bei Aufträgen mit großem Volumen (Art 20 DVO) vorsehen. Die Ausnahmemöglichkeit für bestimmte Marktmodelle soll sicherstellen, dass „neue technologische Entwicklungen in Bezug auf den Handelsablauf bzw die Marktstruktur nicht durch Transparenzvorschriften behindert oder beschränkt werden“ (Kumpan, WM 2006, 800). Es könnten beispielsweise für solche Handelssysteme Ausnahmen getroffen werden, die es ihren Kunden ermöglichen, ganze Orderprofile einzugeben. Ein Zwang zu einer umfassenden Vorhandelstransparenz würde dabei den Kunden verpflichten, seine gesamte Orderstrategie offen zu legen. Genau das möchte ein ökonomisch rationaler Anleger regelmäßig vermeiden, um keinen Nachteil gegenüber anderen Anlegern zu erleiden (Kumpan, WM 2006, 800). Im Ergebnis würde hier eine verpflichtende Vorhandelstransparenz die Stellung des Handelssystems erheblich beeinträchtigen. Daher ist davon Abstand zu nehmen. Insb preisimportierende Systeme könnten nach einer VO der FMA von der Vorhandelstransparenz ausgenommen werden, sofern der von ihnen importierte Preis breite Anerkennung als vertrauenswürdiger Referenzpreis genießt und weitflächig veröffentlich wird (Art 18 Abs 1 lit a DVO). Für diese Systeme ist eine Vorhandelstransparenz unpassend (CESR, CESR/ 02–086 b 2002, 10). Da der importierte Preis bereits bekannt ist, besteht kein Bedarf nach weiteren Veröffentlichungen, sofern es sich nicht um für den Markt relevante neue Informationen handelt (Kumpan, WM 2006, 800). 7 Die FMA machte von ihrer Verordnungsermächtigung gemäß § 68
Abs 3 Gebrauch und sieht in § 3 der Handelstransparenzausnahmeverordnung (HTAusV, BGBl II 214/2007) Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht der Vorhandelstransparenz bei MTF vor. Ausnahmen bestehen nach dieser Verordnung dann, wenn zumindest eine der Bedingungen in Art 18 DVO vorliegt (§ 3 Z 1 HTAusV), ein Auftrag ein großes Volumen gemäß Tabelle 2 von Anhang II der DVO hat (§ 3 Z 2 HTAusV, siehe dazu Rz 6), eine den in § 3 Z 3 angeführten Kriterien entsprechende sog „Iceberg“ Order eingegeben wurde (§ 3 Z 3 HTAusV) oder es den als unsichtbar festgelegten Teil eines tagesgültigen Limit-Auftrages betrifft (§ 3 Z 4 HTAusV). Die Ausnahme des § 3 Z 1 HTAusV greift gemäß der Begründung der HTAusV dann, wenn 676
Vor- und Nachhandels-Transparenzvorschriften für MTF
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sich das vom Börseunternehmen verwendete System auf eine Handelsmethode gemäß Art 18 Abs 1 lit a DVO gründet oder ausgehandelte Geschäfte gemäß Art 18 Abs 1 lit b DVO formalisiert. Bezüglich der erwähnten Handelsmethode verlangt Art 18 Abs 1 lit a DVO, dass dabei der Preis in Übereinstimmung mit einem von einem anderen System ermittelten Referenzpreis festgelegt wird, wobei der Referenzpreis eine breite Veröffentlichung erfährt und von den Marktteilnehmern idR als verlässlicher Referenzpreis angesehen wird. Die formalisierten (offiziell gemachten) Geschäfte gemäß Art 18 Abs 1 lit b DVO müssen eines der folgenden Kriterien erfüllen, damit die Ausnahme von der Veröffentlichungspflicht greift: Das Geschäft wird entweder zu oder innerhalb der aktuell gewichteten Spanne, so wie sie im Orderbuch wiedergegeben wird bzw zu den Kursofferten des MTF, das das System betreibt, bzw – sofern die Aktie nicht kontinuierlich gehandelt wird – innerhalb eines Prozentsatzes eines angemessenes Referenzpreises, der vorher vom Systembetreiber festgelegt wurde, abgeschlossen (Art 18 Abs 2 lit b i DVO), oder das Geschäft unterliegt anderen Bedingungen, als denjenigen, die für den aktuellen Marktpreis der Aktie greifen (Art 18 Abs 2 lit b ii DVO). Die Ausnahme gemäß § 3 Z 3 HTAusV bezieht sich auf einen Auftrag, 8 der von einem Betreiber eines MTF im betriebenen Auftragsverwaltungssystem getätigt wurde, und der erst nach Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten eines Preislimits als unlimitierter oder limitierter Auftrag ins Auftragbuch gestellt wird. Die Ausnahme von der Vorhandelstransparenz gilt, solange dieser Auftrag noch nicht in das Auftragsbuch gestellt wurde. Die letzte Ausnahme (§ 3 Z 4 HTAusV) gilt für den als unsichtbar 9 festgelegten Teil eines tagesgültigen Limit-Auftrages, der kumulativ die Voraussetzungen des § 3 Z 4 lit a bis e HTAusV erfüllen muss. Diese sehen vor, dass der Auftrag im Auftragsverwaltungssystem vom Betreiber des MTF getätigt werden muss (lit a), und dass nach Gesamtausführung des sichtbaren Teils des Auftrages ein neuer Teil des Gesamtauftrages im Auftragsbuch sichtbar gemacht wird (lit b). Weiters muss das Gesamtvolumen des Auftrages mindestens 1000 Stück und alle sichtbaren Teile des Auftrages mit Ausnahme des letzten sichtbaren Auftragsteiles mindestens ein Volumen von 100 Stück betragen (lit c). Außerdem ist eine Kombination des Auftrages mit Handels- oder Ausführungsbeschränkungen nicht möglich (lit d), und es muss in einer Auktion der gesamte Auftrag im Auftragsbuch angezeigt werden (lit e). Gemäß § 3 Z 2 HTAusV bedarf es keiner Veröffentlichung bei Ge- 10 schäften, die im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang für die betreffende Aktie oder Aktiengattung ein großes Volumen aufweisen. 677
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Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass „der Handel mit unterschiedlichen Ordervolumina auch unterschiedliche Anforderungen an die Handelsstruktur stellen kann“ (Kumpan, WM 2006, 801). Diese Ausnahme wird durch Art 20 DVO näher erläutert. Für die Definition eines großen Volumens wird auf eine grafische Darstellung in Form einer Tabelle in Anhang II verwiesen. Bei einem durchschnittlichen Tagesumsatz von beispielsweise mindestens € 500.000,– muss das Mindestvolumen der Aufträge € 50.000,– betragen. Dieses steigt bis auf € 500.000,– bei einem durchschnittlichen Tagesumsatz von größer gleich € 50.000.000,– an. Um zu ermitteln, ob ein Auftrag ein großes Volumen aufweist, werden alle zum Handel an einem geregelten Markt zugelassenen Aktien nach ihrem durchschnittlichen Tagesumsatz ermittelt (Art 20 DVO). Wertpapierfirmen dürfen durch diese Ausnahme jedoch nicht in die Lage versetzt werden, ihre Verpflichtungen in Bezug auf Geschäfte mit liquiden Aktien zu umgehen (Erl RV 25). Damit wird dem Erwägungsgrund 14 DVO Rechnung getragen. Es soll die Anwendung der Regeln des Art 27 MiFID zur Veröffentlichung von Kursofferten auch gewährleistet werden, wenn der Abschluss des Geschäfts außerhalb der Regeln des geregelten Marktes oder eines MTF erfolgt.
III. Nachhandelstransparenz 11 Betreiber eines MTF müssen nach Abschluss (post-trade) eines jeden
Geschäftes mit am geregelten Markt zugelassenen Aktien bestimmte Informationen veröffentlichen. Es geht also um die Verbreitung von Informationen über diese abgeschlossenen Transaktionen. Diese Anforderung ist in Art 30 Abs 1 MiFID normiert und wird durch § 68 Abs 2 in das nationale Recht umgesetzt. Gesetz und Erl RV verweisen bezüglich der Details der Veröffentlichung auf die Bestimmungen der DVO (Art 27, 29, 30 und 32).
A. Inhalt der Nachhandelstransparenz 12 Art 27 DVO enthält eine Aufzählung von Informationen, die nach
Abschluss des Geschäfts zu veröffentlichen sind. Art 27 Abs 1 lit a verweist auf die Angaben der Tabelle I in Anhang I. Von Betreibern eines MTF sind demnach folgende Informationen zu publizieren: der Handelstag, die Handelszeit, eine Identifikation des Instruments, der Stückpreis, die Währung der Notierung, die Nominale (Menge), die Art der Mengenangabe sowie eine Identifikation des Handelsplatzes. 678
Vor- und Nachhandels-Transparenzvorschriften für MTF
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Der Handelstag ist jener Tag, an dem das Geschäft ausgeführt wurde. Handelszeit bezeichnet jenen Zeitpunkt, zu dem das Geschäft ausgeführt wurde, wobei die Ortszeit der zuständigen Behörde (der das Geschäfte gemeldet wird) in koordinierter Weltzeit anzugeben ist. Für eine Identifikation des Instruments wird ein einheitlicher Code verlangt, der von der zuständigen Behörde festgelegt wird. Falls ein solcher Code nicht existiert, ist der Name des Finanzinstruments oder bei einem Derivatkontrakt dessen Merkmale an die Behörde zu melden. Der Stückpreis ist der Preis per Wertpapier oder Derivatkontrakt ohne Provisionen. Handelt es sich um einen Schuldtitel so kann der Preis entweder in der jeweiligen Währung oder als Prozentsatz ausgedrückt werden. Unter Währung der Notierung ist jene Währung zu verstehen, in welcher der Preis ausgedrückt wird. Die Nominale bezeichnet die Anzahl der Finanzinstrumente, des Nennwerts der Schuldverschreibungen oder der Zahl der in das Geschäft einbezogenen Derivatkontrakte. Bei der Art der Mengenangabe ist zu deklarieren, ob es sich bei der Menge um die Zahl der Anzahl der Finanzinstrumente, den Nominalwert der Schuldverschreibungen oder um die Zahl der Derivatkontrakte handelt. Um den Handelsplatz eindeutig zu identifizieren, ist im Falle eines Handelsplatzes sein einheitlich harmonisierter Identifikationscode, ansonsten „OTC“ (over the counter), anzugeben.
B. Anforderungen an die Veröffentlichung Grundsätzlich sind die zu veröffentlichenden Informationen so schnell 13 wie technisch möglich zu veröffentlichen, wobei davon auszugehen ist, dass der betreffende Betreiber angemessene Bemühungen auf dem Gebiet der kostenmäßigen Unterhaltung und der Effizienz seiner Systeme unternimmt (Erl RV 25). Art 29 Abs 2 DVO verlangt, wie bereits bei der Vorhandelstransparenz, eine Veröffentlichung in Echtzeit, soweit dies während der üblichen Handelszeiten möglich ist. Sofern dies die Komplexität der Transaktion oder die Struktur des Handelssystems nicht zulässt, können die Nachhandelsinformationen spätestens innerhalb von drei Minuten nach dem betreffenden Geschäft zur Verfügung gestellt werden. Diese strenge Vorgabe wird durch die Erl RV konkretisiert. Lediglich in Ausnahmefällen sollten die Informationen in enger Anlehnung an das Drei-Minuten-Limit veröffentlicht werden, wenn die verfügbaren Systeme keine kurzfristigere Veröffentlichung gestatten (Erl RV 25). Diese „Verschärfung“ ist in Erwägungsgrund 18 DVO enthalten. Als öffentlich oder der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt gilt eine 14 Information, wenn sie den Anlegern entweder über die Einrichtungen des MTF, einer dritten Person oder mittels eigener Vorkehrungen 679
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übermittelt wurden (Art 30 DVO). Für die Nachhandelstransparenz gelten auf Grundlage von Art 32 DVO die gleichen Bedingungen bezüglich der Veröffentlichung der Informationen wie für die Vorhandelstransparenz. Es sind verlässliche Informationen zu veröffentlichen, diese auf Fehler hin zu überwachen und bei Erkennen von Fehlern diese umgehend zu korrigieren. Besonders hinzuweisen ist auf die Bedingung, Informationen dem Publikum auf nicht diskriminierender kommerzieller Basis zu angemessenen Kosten zur Verfügung zu stellen.
C. Ausnahmen von der Nachhandelstransparenz 15 Die Ausnahmen der Nachhandelstransparenz können in drei Katego-
rien eingeteilt werden. Einerseits kann sie auf Grund unmittelbarer gesetzlicher Anordnung (§ 68 Abs 2) unterbleiben, wenn die Informationen bereits über die Systeme des geregelten Marktes veröffentlicht werden (Erl RV 25). Auf die beiden anderen Ausnahmen ist hier im Detail einzugehen. 16 Für den Betreiber eines MTF besteht die Möglichkeit die Nachhandelsinformationen verzögert zu veröffentlichen. Dies ist in Art 30 Abs 2 MiFID vorgesehen und wurde durch § 68 Abs 4 umgesetzt. Eine verzögerte Veröffentlichung sowie die dafür vom Betreiber des MTF zu treffenden Vorkehrungen bedürfen der Bewilligung der FMA (Erl RV 25) und sind nur bei bestimmten Geschäften zulässig. Diese Geschäfte werden in der DVO näher konkretisiert (Art 28). Dazu zählen jene Geschäfte, die zwischen einer auf eigene Rechnung handelnden Wertpapierfirma und deren Kunde getätigt werden. Zusätzlich muss der Umfang des Geschäfts eine gewisse Mindestgröße aufweisen, die näher in Tabelle 4 von Anhang II der DVO festgelegt wird. Nach dieser Darstellung bewegt sich die Dauer der Verzögerung – abhängig vom durchschnittlichen Tagesumsatz und dem entsprechenden Mindestvolumen des Geschäfts – zwischen sechzig Minuten und dem Ende des dritten Handelstages, der auf den Tag des Geschäftsabschlusses folgt. Beispielsweise darf bei einem durchschnittlichen Tagesumsatz bis € 100.000,– und einem Mindestvolumen des Geschäfts von € 10.000,– die Veröffentlichung bis zu sechzig Minuten später erfolgen. Zur Bestimmung der relevanten Mindestgröße werden alle an einem geregelten Markt zugelassenen Aktien gemäß ihrem durchschnittlichen Tagesumsatz eingestuft (Art 28 letzter Satz DVO). Falls diese Voraussetzungen für die verzögerte Veröffentlichung erfüllt sind, hat der Betreiber des MTF entsprechende Vorkehrungen zu treffen und dafür die Bewilligung der FMA einzuholen (Kumpan, WM 2006, 801). Diese Vorkehrungen sind dem Publikum zur Kenntnis zu bringen (Erl RV 25). Es 680
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finden sich keine Regelungen in der MiFID zu der Art der zu treffenden Vorkehrungen. Der Gesetzgeber hält in den Erl RV fest, dass keine zu strengen Formvorschriften vorgesehen sind. Wie die Vorkehrungen dem Publikum zu kommunizieren sind, bleibt somit offen. Das Verwenden der Homepage oder anderer Kanäle lässt der Gesetzgeber als geeignete Mittel zur Erfüllung der Informationspflicht gelten (Erl RV 25). Die dritte Ausnahme von der Veröffentlichung der Nachhandelstrans- 17 parenz hängt eng mit der eben skizzierten zweiten Ausnahme zusammen: Der Betreiber eines MTF benötigt für die verzögerte Veröffentlichung keine Bewilligung der FMA, sofern diese eine entsprechende Verordnung erlassen hat. Die Verordnungsermächtigung gründet auf § 68 Abs 4 letzter Satz. Die Verordnung muss den Bedingungen des Art 28 DVO entsprechen (vgl Rz 12) und hat die entsprechenden notwendigen Vorkehrungen zu enthalten. Die FMA hat von ihrem Recht zur Verordnungsermächtigung auch bezüglich der Nachhandelstransparenzregelung Gebrauch gemacht (HTAusV, BGBl II 2007/214), die in § 5 Abs 1 eine zeitlich verzögerte Veröffentlichung von über ein MTF abgeschlossene Geschäfte ermöglicht, die im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang bei der betreffenden Aktie oder Aktiengattung ein großes Volumen aufweisen, wenn die Kriterien des Art 28 DVO erfüllt sind (siehe dazu die Ausführungen bei Rz 12). Auch bei verzögerter Veröffentlichung von Nachhandelstransparenzinformationen müssen in qualitativer Hinsicht Vorkehrungen im Sinne des Art 32 DVO getroffen werden (§ 5 Abs 2 HTAusV). Die konkret zu treffenden Vorkehrungen hängen von den Systemen des MTF und anderen Umständen ab. Darüber hinaus muss der Betreiber des MTF die Marktteilnehmer und das Anlegerpublikum über die getroffenen Vorkehrungen auf geeignete Art informieren (§ 5 Abs 3 HTAusV). Aus der Begründung zur Verordnung geht hervor, dass eine elektronische Information auf der Internetseite des MTF als geeignet anzusehen ist, um die getroffenen Vorkehrungen zu veröffentlichen.
3. Abschnitt Systematische Internalisierer Vorhandels-Transparenzvorschriften § 69. (1) Systematische Internalisierer haben verbindliche Kursofferten für die an einem geregelten Markt gehandelten Aktien zu 681
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veröffentlichen, für die sie systematische Internalisierung betreiben und für die es einen liquiden Markt gemäß Art. 22 Abs. 1, 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 gibt; besteht kein liquider Markt, haben systematische Internalisierer ihren Kunden auf Anfrage Quotierungen anzubieten. (2) Systematische Internalisierer können die Größe festlegen, zu der sie Kursofferten angeben. Jedes Angebot für eine Aktie hat einen verbindlichen Geld- oder Briefkurs zu umfassen, wobei die Größe bis zur Standardmarktgröße für die Aktienklasse, der die Aktie angehört, festgelegt werden kann. Der Kurs hat die vorherrschenden Marktbedingungen für die betreffende Aktie gemäß Art. 24 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 widerzuspiegeln. (3) Die Standardmarktgröße für jede Aktienklasse ist gemäß Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 zu ermitteln. (4) Systematische Internalisierer haben ihre Kursangebote regelmäßig und kontinuierlich während der üblichen Handelszeiten gemäß den Art. 29, 30 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 zu veröffentlichen. Die Angebote können jederzeit aktualisiert werden und im Falle außergewöhnlicher Marktbedingungen zurückgezogen werden. Die Kursangebote sind den übrigen Marktteilnehmern zu angemessenen kaufmännischen Bedingungen in leicht zugänglicher Weise bekannt zu machen. (5) Die Abs. 1 bis 4 gelten nicht für systematische Internalisierer, die Aufträge in Aktien ausführen, die über der Standardmarktgröße liegen. (6) Die FMA hat als zuständige Behörde des unter Liquiditätsaspekten wichtigsten Marktes im Sinne von Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 1. einmal jährlich für jede Aktie auf der Grundlage des arithmetischen Durchschnittswertes der Aufträge, die im Markt für diese Aktie ausgeführt werden, die jeweilige Aktienklasse festzulegen und diese Informationen auf ihrer Homepage zu veröffentlichen; Art. 33 und 34 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 sind anzuwenden; 2. eine Liste sämtlicher liquider Aktien, für die sie zuständig ist, gemäß Art. 22 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 zu erstellen und zu veröffentlichen. (7) Ein Markt für jede Aktie besteht aus allen Aufträgen, die in der Europäischen Union im Hinblick auf diese Aktie ausgeführt werden, ausgenommen jene, die im Vergleich zur normalen Marktgröße für diese Aktie ein großes Volumen gemäß Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 aufweisen. 682
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Schrifttum: CESR MiFID Databases, http://mifiddatabase.cesr.eu; CESR, Report of Impact of MiFID on equity secondary market functioning, Ref: CESR/09–355; Duve/Keller, MiFID: Die neue Welt des Wertpapiergeschäfts, BB 2006, 2537; Forstinger/Pradler, Der aktuelle Vorschlag für eine Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (ISD2), ÖBA 2004, 329; Gapp/Gfall, Transparenzpflichten nach MiFID, ecolex 2007, 228; Hirschberg, Ein neuer Rechtsrahmen für die Wertpapierhandelsplätze in Deutschland, AG 2006, 398; Kumpan, Transparenz als Mittel der Kapitalmarktregulierung, WM 2006, 797; Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 69): „Zu § 69 Abs. 1: Hiermit wird Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Bei Aktien, die nicht täglich gehandelt werden, wird nicht davon ausgegangen, dass sie einen liquiden Markt im Sinne der Richtlinie 2004/39/EG haben. Sollte eine Aktie jedoch in Ausnahmefällen aus Gründen, die der Wahrung eines reibungslos funktionierenden Marktes dienen oder aus Gründen höherer Gewalt während einiger Handelstage ausgesetzt und nicht gehandelt werden, so sollte dies nicht bedeuten, dass die Aktie nicht als einen liquiden Markt habend angesehen werden kann (vgl. Erwägungsgrund Nr. 16 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006). Die Verpflichtung zur Kursangabe bezieht sich nur auf Aktien, selbst wenn eine Wertpapierfirma auch hinsichtlich anderer Finanzinstrumente als Aktien systematische Internalisierung betreibt (vgl. Erwägungsgrund Nr. 52 der Richtlinie 2004/39/EG). Zu § 69 Abs. 2: Diese Bestimmung setzt den dritten Unterabsatz von Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG um und regelt die Festlegung der Kursofferte durch den systematischen Internalisierer. Zu § 69 Abs. 3: Hiermit wird der vierte Unterabsatz von Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/ EG umgesetzt, der die Grundlage für die Berechnung der Standardmarktgröße darstellt. Aktien werden auf der Grundlage des arithmetischen Durchschnittswertes der Aufträge, die im Markt für diese Aktie ausgeführt werden, in Klassen zusammengefasst. Die Standardmarktgröße für jede Aktienklasse ist eine Größe, die repräsentativ für den arithmetischen Durchschnittswert der Aufträge ist, die an dem Markt für die Aktien der jeweiligen Aktienklasse ausgeführt werden. Die Standardmarktgröße für eine Klasse von Aktien darf in keinem signifikanten Missverhältnis zu einer in dieser Klasse enthaltenen Aktie stehen (Erwägungsgrund Nr. 54 der Richtlinie 2004/39/EG). § 69 Abs. 4: Durch diese Bestimmung wird Art. 27 Abs. 3, erster und zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Die näheren Bestimmungen bezüglich der Veröffentlichung von Informationen sind in der Verordnung (EG) Nr. 1287/ 2006 geregelt.
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Zu § 69 Abs. 5: Hiermit wird der zweite Unterabsatz von Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/ EG umgesetzt. Systematische Internalisierer sind nicht verpflichtet, verbindliche Kurse in Bezug auf Geschäfte zu veröffentlichen, die über die Standardmarktgröße hinausgehen (vgl. Erwägungsgrund Nr. 51 der Richtlinie 2004/39/EG). Zu § 69 Abs. 6: Diese Bestimmung setzt Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG um. Ist die FMA zuständige Behörde für den unter Liquiditätsaspekten wichtigsten Markt, so hat sie mindestens jährlich für die jeweiligen Aktien die Aktienklasse zu bestimmen. Die Anforderung der Richtlinie, diese Informationen allen Marktteilnehmern bekannt zu geben, wird dahingehend umgesetzt, dass die FMA die Informationen auf ihrer Homepage zu veröffentlichen hat. Dadurch wird der Zugang der Marktteilnehmer zu diesen Informationen sichergestellt. Zu § 69 Abs. 7: Diese Bestimmung setzt den fünften Unterabsatz von Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG um und definiert den Markt für eine Aktie. Die Definition der Aufträge, die ein großes Volumen aufweisen, findet sich in Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006.“
Übersicht I. II. A. 1. 2. 3. a. b. c. 4. 5. a. b. B. III. A. B.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechte und Pflichten systematischer Internalisierer. . . . . . . . . . . . Verbindliche Kursofferte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liquider Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an die Kursofferte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Größe der Kursofferte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Kursofferte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Art der Veröffentlichung der Kursofferte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderung und Rücknahme von Kursofferten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausnahmen von der Vorhandelstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Standardmarktgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quotierungen auf Anfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichten der FMA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Festlegen der Aktienklasse (§ 69 Abs 6 Z 1). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auflistung liquider Aktien (§ 69 Abs 6 Z 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–2 3–20 4–19 5 6–7 8–14 9 10 11–14 15 16–19 17–18 19 20 21–25 22–24 25
I. Allgemeines 1 Zur Begriffsdefinition eines systematischen Internalisierers vgl § 1
Z 10 (dazu § 1 Rz 20). 684
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Hintergrund für die Transparenzvorschriften der MiFID war die Be- 2 fürchtung potenzieller Interessenskonflikte, die bei systematischen Internalisierern auftreten könnten, wenn sie Kundenaufträge mit Eigenhandelspositionen zusammenführen. Mangels entsprechender Vorschriften ist für den Kunden der Preisbildungsprozess nicht nachvollziehbar. Durch die MiFID werden diesbezügliche Marktverzerrungen verhindert und wird zugleich gewährleistet, dass Anleger (insb Privatkunden) nicht durch fehlende Markttransparenz übervorteilt werden (Forstinger/Pradler, ÖBA 2004, 334). Heftige Kritik der Praxis an den Vorhandelstransparenzvorschriften gab es bereits unmittelbar nach Kundmachung der RL, weil hohe Kosten durch Anschaffung und Instandhaltung neuer IT-Systeme befürchtet wurden, ohne dass diese Vorschriften tatsächliche Effizienz für den Anleger bringen würden. CESR stellte nach einem Konsultationsverfahren fest, dass zum 10. 06. 2009 nur elf Wertpapierfirmen ihre Aufsichtsbehörden in den Herkunftsmitgliedstaaten informiert haben, dass sie systematische Internalisierung ausüben. Der überwiegende Teil der elf befindet sich in Großbritannien (CESR, Report of Impact of MiFID on equity secondary markets functioning, Ref: CESR/09–355, Seite 16).
II. Rechte und Pflichten systematischer Internalisierer Systematische Internalisierer treffen im Rahmen der Vorhandels-Trans- 3 parenzvorschriften zwei Pflichten. Sie müssen zum einen verbindliche Kursofferte für Aktien veröffentlichen, für die sie systematische Internalisierung betreiben, sofern diese auf einem geregelten Markt gehandelt werden und es für sie einen liquiden Markt gibt. Zum anderen verlangt das Gesetz bei fehlendem liquiden Markt, dass systematische Internalisierer ihren Kunden auf Anfrage Quotierungen anbieten (zum Begriff der Quotierung vgl Rz 20). Auf diese beiden Pflichten ist hier im Detail einzugehen.
A. Verbindliche Kursofferte Mit der Verpflichtung zur Veröffentlichung verbindlicher Kursofferte 4 in § 69 Abs 1 setzt der Gesetzgeber Art 27 Abs 1 MiFID um (Erl RV 25). Der Text wurde wortwörtlich aus der MiFID übernommen. Diese Verpflichtung soll der Kompensation des übrigen Marktes für die Entziehung von Liquidität dienen. Daher geht diese Verpflichtung über die Vorhandelstransparenzbestimmungen für geregelte Märkte 685
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und MTF hinaus. Letztere sind lediglich verpflichtet, Informationen über die Ausführungsmöglichkeiten von im System bereits vorhandenen Kundenorders zu veröffentlichen. Art 27 MiFID verpflichtet systematische Internalisierer zum Stellen von (neuen) Geld- und Briefkursen. Grundsätzlich sind drei Voraussetzungen zu erfüllen, um den Tatbestand des Abs 1 zu verwirklichen. Erstens muss es sich um Aktien handeln, für die es zweitens einen liquiden Markt gibt, und für die drittens auch tatsächlich systematische Internalisierung betrieben wird.
1. Aktien 5 Eine Kursveröffentlichungspflicht betrifft (bisher) nur Aktien. Grund-
sätzlich besteht die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, die Transparenzvorschriften auch auf andere Finanzinstrumente auszudehnen (Erwägungsgrund 46 MiFID). Der österreichische Gesetzgeber hat aber davon keinen Gebrauch gemacht. Er beschränkt sich bei der Verpflichtung zur Kursangabe auf Aktien, selbst wenn die Wertpapierfirma auch hinsichtlich anderer Finanzinstrumente systematische Internalisierung betreibt (Erl RV 25 unter Hinweis auf Erwägungsgrund 52 MiFID).
2. Liquider Markt 6 § 69 Abs 1 verweist bezüglich des Erfordernisses eines liquiden Mark-
tes für Aktien auf die DVO (Art 22 Abs 1, 4 und 5). Danach müssen folgende Kriterien für das Vorliegen eines liquiden Marktes erfüllt sein: Die Aktie muss täglich gehandelt werden und der Streubesitz mindestens € 500 Millionen betragen. Zusätzlich darf alternativ die Durchschnittszahl der Geschäfte mit dieser Aktie pro Tag nicht unter 500 oder das Durchschnittsvolumen in dieser Aktie pro Tag nicht unter € 2 Millionen liegen. Die beiden alternativen Voraussetzungen könnten von den Mitgliedstaaten kumulativ verlangt werden, wobei dies in einer Mitteilung zu spezifizieren und auch zu veröffentlichen ist (Art 22 Abs 1 DVO). Davon hat der österreichische Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht. 7 An zwei Stellen konkretisiert die DVO zu welchen Bedingungen kein liquider Markt vorliegt. Wird eine Aktie erstmals zum Handel am geregelten Markt zugelassen, so besteht für sie bis zu sechs Wochen danach kein liquider Markt, wenn ihre Gesamtmarktkapitalisierung zu Beginn des ersten Handelstages nach der Zulassung auf einen Wert von unter € 500 Millionen geschätzt wurde (Art 22 Abs 5 DVO). Die zweite Ausnahme bezieht sich auf den täglichen Handel einer Aktie, der 686
Vorhandels-Transparenzvorschriften
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für den liquiden Markt verlangt wird. Für den Fall, dass eine Aktie in Ausnahmefällen während einiger Handelstage ausgesetzt und nicht gehandelt wird, beseitigt dies noch nicht das Kriterium des liquiden Marktes. Davon sind Ausnahmefälle erfasst, die der Wahrung eines reibungslos funktionierenden Marktes dienen oder auf höherer Gewalt gründen (Erl RV 25 unter Hinweis auf Erwägungsgrund 16 DVO).
3. Anforderungen an die Kursofferte § 69 Abs 2 und 4 konkretisieren die inhaltlichen und formalen Anfor- 8 derungen an die zu veröffentlichenden Kursofferte. Der Gesetzgeber übernimmt dabei beinahe wörtlich Art 27 Abs 1 dritter Unterabsatz sowie Art 27 Abs 3 erster und zweiter Unterabsatz MiFID. Diese Anforderungen umfassen die Größe der Kursofferte, deren Inhalt sowie die Vorgabe, die vorherrschenden Marktbedingungen widerzuspiegeln, und schließlich, wie bei der Veröffentlichung vorzugehen ist. a. Größe der Kursofferte
Es liegt im Ermessen des systematischen Internalisierers, die Größe 9 festzulegen, zu der er Kursofferte anbieten möchte. Es ist kein bestimmtes Mindestvolumen vorgesehen. Einzig durch den Wortlaut der Richtlinie „bis zur standardmäßigen Marktgröße“ wird eine Obergrenze normiert (zur Standardmarktgröße vgl Rz 17 f). Problematisch ist das Fehlen einer eindeutigen Volumenangabe für die Kursofferte iZm der Möglichkeit des Internalisierers, die Anzahl der Transaktionen mit ein und demselben Kunden beschränken zu dürfen (vgl dazu § 71 Rz 6). Bei einem willkürlich niedrig gewählten Transaktionsvolumen durch den Internalisierer besteht bei Kundenordern die Gefahr mehrfacher Teilausführungen. Legt in diesem Fall der systematische Internalisierer zugleich eine niedrige Zahl von Transaktionen fest, so „könnte er sich der vollen Ausführung selbst solcher Kundenorders entziehen, die noch gar keine Standardmarktgröße erreichen“ (Kumpan, WM 2006, 804). b. Inhalt der Kursofferte
Für jede Aktie hat das Kursangebot einen verbindlichen Geld- oder 10 Briefkurs zu enthalten (§ 69 Abs 2). Bei der Umsetzung dieser Anforderung geht der Gesetzgeber vom Text der MiFID ab. Art 27 Abs 1 dritter Unterabsatz MiFID verlangt einen verbindlichen Geld- und/ oder Briefkurs. Der Gesetzestext des WAG 2007 beschränkt sich auf das „oder“. Ein solches Wahlrecht des systematischen Internalisierers widerspricht der Liquiditäts- und Transparenzfunktion von Art 27 687
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MiFID, der dahingehend auszulegen ist, dass bei Vorliegen von Geldund Briefkurs auch kumulativ beide zu veröffentlichen sind. Die Beschränkung auf eine Marktseite bei der Stellung von Kursofferten ist nicht richtlinienkonform (Kumpan, WM 2006, 804). Von den anzugebenden Kursen wird verlangt, dass sie die vorherrschenden Marktbedingungen widerspiegeln. § 69 Abs 2 verweist diesbezüglich auf Art 24 DVO, der zwei Anforderungen normiert, um der Wiedergabe der vorherrschenden Marktbedingungen gerecht zu werden. Die Kursofferte des systematischen Internalisierers muss dem Preis ähnlicher Kurse von Aktien an anderen Handelsplätzen entsprechen (Art 24 lit a). Es müssen Aufzeichnungen über die Kursofferten für mindestens zwölf Monate oder länger, falls angemessen, aufbewahrt werden (Art 24 lit b). c. Art der Veröffentlichung der Kursofferte 11 § 69 Abs 4 verlangt im ersten Teil eine regelmäßige und kontinuierli-
che Veröffentlichung der Kursofferte während der üblichen Handelszeiten. Diese Vorgabe enthält Art 27 Abs 3 erster Unterabsatz MiFID; sie wird vom Gesetzgeber ohne weitere Konkretisierungen übernommen (Erl RV 26). In den Erl RV verweist er lediglich, wie im Gesetzestext selbst, auf die DVO (Art 29, 30 und 32). 12 Um der Verpflichtung gerecht zu werden, sollten systematische Internalisierer während der gesamten Zeit, in der sie systematische Internalisierung anbieten, fortwährend Kursofferte anbieten (CESR´s Technical Advice on Possible Implementing Measures of the Directive 2004/39/EC, CESR/05–290 b, 2005, 51). Die Veröffentlichung sollte – soweit möglich – in Echtzeit erfolgen (Art 29 Abs 2 DVO) und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Letzteres ist erfüllt, wenn Anleger entweder über die Einrichtungen eines geregelten Marktes bzw MTF, dritter Personen oder mittels eigener Vorkehrungen davon Kenntnis erlangt haben (Art 30 DVO). Zusätzlich sind diesbezüglich die Bedingungen des Art 32 DVO einzuhalten. Dieser verlangt Verlässlichkeit der zu veröffentlichenden Informationen, deren Überprüfung auf Fehler sowie bei deren Erkennen eine Korrektur. Die Information muss dem Publikum auf nicht diskriminierender kommerzieller Basis zu angemessenen Kosten übermittelt werden. 13 In seinem zweiten Teil normiert § 69 Abs 4 die Veröffentlichung zu angemessenen kaufmännischen Bedingungen und das Kriterium leichter Zugänglichkeit (Umsetzung von Art 27 Abs 3 zweiter Unterabsatz MiFID). Was genau darunter zu verstehen ist, bleibt unklar. 688
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Betreffend der Zugänglichkeit mangelt es an solcher im Allgemeinen, wenn umfangreiche Recherchen auf der Website erforderlich sind (Gapp/Gfall, ecolex 2007, 231). Im Ergebnis sollte hier auf eine leichte Auffindbarkeit der Information abgestellt werden. Aus der MiFID geht nicht eindeutig hervor, ob Internalisierer bei 14 ihren Kursofferten zwischen Privatanlegern und professionellen Anlegern unterscheiden dürfen. Nur im Hinblick auf die Ausführung der Kundenaufträge ist eine Klarstellung getroffen (vgl dazu § 70 Rz 3 ff). Diese Regelung lässt jedoch die Frage offen, ob im vornhinein unterschiedliche Preise gestellt werden dürfen. Zwei Argumente sprechen für die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Behandlung im Vornhinein. Einerseits dürfen Internalisierer bei professionellen Anlegern nachträgliche Preisverbesserungen durchführen (vgl § 70 Rz 4 f). Andererseits lässt die MiFID Internalisierern die Entscheidungsfreiheit, ob sie nur Kleinanlegern, nur professionellen Kunden oder beiden Zugang zu ihren Kursofferten geben (Erwägungsgrund 50 MiFID). Innerhalb dieser Kategorien von Kunden sollten sie keine Unterschiede machen dürfen.
4. Änderung und Rücknahme von Kursofferten § 69 Abs 4 enthält für systematische Internalisierer die Möglichkeit, 15 jederzeit ihre Kursangebote zu aktualisieren und bei außergewöhnlichen Marktbedingungen Kursangebote auch zurückzuziehen. Beides sieht Art 27 Abs 3 erster Unterabsatz MiFID vor und findet wortwörtlich Eingang in das WAG 2007. In beiden Fällen handelt es sich um ein Recht der systematischen Internalisierer und keine Verpflichtung. Die veröffentlichten Kursofferte binden systematische Internalisierer demnach nicht unbegrenzt (Kumpan, WM 2006, 804). Der Terminus außergewöhnliche Marktbedingungen bedarf näherer Untersuchung. Diesbezüglich gab es auch Anstrengungen von Seite des CESR. Im Rahmen der Konsultation erwog CESR auf die Vergleichbarkeit mit der Unterbrechung des Handels an einem geregelten Markt abzustellen (CESR´s Draft Technical Advice on Possible Implementing Measures of the Directive 2004/39/EC on Marktet in Financial Instruments, Market Transparency, CESR/05–164, 2005, 56 Abs 99). Wegen der Schwierigkeit, alle in Frage kommenden Fälle außergewöhnlicher Marktbedingungen umfassend aufzulisten, sah CESR in seinen endgültigen Empfehlungen von entsprechenden Vorschlägen ab (CESR´s Technical Advice on Possible Implementing Measures of the Directive 2004/39/EC, CESR/05–290 b, 2005, 68). 689
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5. Ausnahmen von der Vorhandelstransparenz 16 Die Verpflichtung zur Veröffentlichung verbindlicher Kursofferte und
das Angebot für Quotierungen auf Anfrage entfallen für systematische Internalisierer bei Geschäften mit Aktien, deren Auftrag über der Standardmarktgröße liegt (§ 69 Abs 5). Damit entspricht der Gesetzgeber Art 27 Abs 1 zweiter Unterabsatz MiFID. Diese Ausnahme wird bereits in Erwägungsgrund 51 MiFID erwähnt. a. Standardmarktgröße 17 Der Begriff der Standardmarktgröße bedarf näherer Erläuterung.
Art 27 Abs 1 vierter Unterabsatz MiFID enthält eine Definition: Bei der standardmäßigen Marktgröße handelt es sich um eine repräsentative Größe für den arithmetischen Durchschnittswert der Aufträge, die an dem Markt für die Aktien der jeweiligen Aktiengattung ausgeführt werden. 18 Die Ermittlung der Standardmarktgröße ist sehr komplex geregelt. Das WAG 2007 verweist lediglich in § 69 Abs 3 auf die DVO (Art 23). In den Erl RV zu § 69 Abs 3 begnügt sich der Gesetzgeber mit dem Hinweis der Umsetzung von Art 27 Abs 1 vierter Unterabsatz MiFID und dessen wortwörtlicher Wiedergabe. Für die Bestimmung der Standardmarktgröße für liquide Aktien werden diese, je nach dem Durchschnittswert ihrer Aufträge, auf Grundlage einer Tabelle in unterschiedliche Kategorien zusammengefasst (Art 23 DVO). Es ist Tabelle 3 in Anhang II DVO anzuwenden. Demnach beträgt zB bei einem durchschnittlichen Wert der Geschäfte von unter € 10.000,– die Standardmarktgröße € 7.500,–. Bei entsprechender Erhöhung des Durchschnittswerts der Geschäfte steigt auch die Standardmarktgröße kontinuierlich an. Es darf die ermittelte Standardmarktgröße für eine Klasse von Aktien aber in keinem signifikanten Missverhältnis zu einer in dieser Klasse enthaltenen Aktien stehen (Erwägungsgrund 54 MiFID). Trotz der getroffenen Definition und Klarstellung verbleiben gewisse Unsicherheiten, die wohl erst durch die Rsp konkretisiert werden. Insb die in den Regelungen enthaltenen Grenzwerte könnten Anlass zu Streitfällen geben. Es gilt zu klären, ob diese Grenzwerte je nach Einzelfall vom Markt gerechtfertigt oder bloß willkürlich gewählt sind. b. Auswirkungen 19 Durch die geschaffene Ausnahme (Kriterium der Standardmarktgröße)
erlaubt das WAG 2007 systematischen Internalisierern eine gewisse Flexibilität. Sie können den Bereich der Aufträge wählen (unter oder 690
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oberhalb der Standardmarktgröße), und daher liegt es in ihrem Ermessen, ob sie sich den Vorhandelstransparenzvorschriften unterwerfen. Im Ergebnis wird es auch kleineren Anbietern möglich, in den Wettbewerb einzutreten (Seitz, AG 2004, 504).
B. Quotierungen auf Anfrage Wenn systematische Internalisierer Aufträge in Aktien durchführen, 20 für die es keinen liquiden Markt gibt, so müssen sie den Kunden auf Anfrage Quotierungen anbieten (§ 69 Abs 1). Damit entspricht der Gesetzgeber Art 27 Abs 1 erster Unterabsatz MiFID. Quotierungen sind Kursofferte, die aus Kauf- und Verkaufspreisen bestehen. Sie stellen ein verbindliches Angebot der Marktet Maker auf Abschluss eines bestimmten Aktienvolumens zu bestimmten Preisen dar. Es ist insgesamt positiv zu werten, dass die Transparenzvorschriften auch für illiquide Aktien gelten, weil gerade bei diesen die Publizität für eine effiziente Preisbildung eine wichtige Rolle spielt (Kumpan, WM 2006, 803). Systematische Internalisierer können durch entsprechend strategisches Verhalten Einfluss auf die Marktteilnehmer nehmen und sind umgekehrt derartigen Einflussnahmen durch andere Marktteilnehmer ausgesetzt. Mit der Verpflichtung, nur auf Anfrage Kursangebote zu veröffentlichen, wird dieses Risiko nicht gänzlich beseitigt. Schließlich besteht die Möglichkeit für alle Marktteilnehmer, beliebig oft diese Aufforderungen zu wiederholen (Kumpan, WM 2006, 804).
III. Pflichten der FMA Die FMA treffen unter der Voraussetzung, dass sie für die jeweilige 21 Aktie die zuständige Behörde des unter Liquiditätsaspekten wichtigsten Marktes ist, gewisse Festlegungs- und Veröffentlichungspflichten (§ 69 Abs 6). Der Gesetzgeber setzt damit Art 27 Abs 2 MiFID um (Erl RV 26). In § 69 Abs 6 verweist er auf Art 9 DVO. Dieser normiert die Voraussetzungen für die Bestimmung des nach Liquiditätsaspekten wichtigsten Marktes. Für Aktien ist der wichtigste Markt jener Mitgliedstaat, in dem sie zum ersten Mal zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen wurde (Art 9 Abs 2 DVO). Gemäß Art 34 Abs 3 DVO hat CESR auf seiner Website auf Grund- 22 lage der Daten, die ihm von den zuständigen Behörden übermittelt werden, eine konsolidierte und regelmäßig aktualisierte Liste jedes systematischen Internalisierers in Bezug auf eine zum Handel an einem geregelten Markt zugelassene Aktie zu veröffentlichen. Die von CESR 691
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publizierte Liste repräsentiert eine Konsolidierung der nationalen Listen, die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten an CESR kommuniziert wurden (siehe auch http://mifiddatabase.cesr.eu/).
A. Festlegen der Aktienklasse (§ 69 Abs 6 Z 1) 23 Die FMA hat für jede Aktie mindestens jährlich die jeweilige Aktien-
klasse festzulegen und diese Informationen zu veröffentlichen. Bei der Ermittlung der Aktienklasse hat sie die arithmetischen Grundsätze der Aufträge, die für diese Aktie am Markt ausgeführt wurden, heranzuziehen. Für die Ermittlung der Aktienklasse spielt der Markt für diese Aktie eine entscheidende Rolle. Diesbezüglich enthält § 69 Abs 7 eine Definition, die aus Art 27 Abs 1 fünfter Unterabsatz MiFID übernommen wurde (Erl RV 26). Der Markt für jede Aktie besteht aus allen Aufträgen, die in der EU im Hinblick auf diese Aktien ausgeführt werden. Ausgenommen sind jene Aufträge, die im Vergleich zur normalen Marktgröße für diese Aktie ein großes Volumen aufweisen. Ein Auftrag mit großem Volumen muss der Mindestauftragsgröße von Tabelle 2 in Anhang II DVO entsprechen oder darüber hinausgehen (Art 20 DVO). Bei einem durchschnittlichen Tagesumsatz von beispielsweise weniger als € 500.000,– muss das Mindestvolumen des Auftrags € 50.000,– betragen oder übersteigen, damit von einem Auftrag mit großem Volumen gesprochen werden kann. 24 Die MiFID verlangt eine Mitteilung der festgelegten Aktienklasse an alle Marktteilnehmer. Diese Anforderung wurde dahingehend umgesetzt, dass die FMA die Informationen auf ihrer Homepage veröffentlichen muss. So wird ein öffentlicher Zugang der Marktteilnehmer sichergestellt (Erl RV 26). 25 Der Gesetzgeber verweist bezüglich dieser Feststellungs- und Veröffentlichungspflicht auf Art 33 und Art 34 DVO, die diesbezüglich anzuwenden sind. Art 33 enthält ua eine Aufzählung von Berechnungen, die für jede Aktie unverzüglich nach Ende eines jeden Kalenderjahres von der zuständigen Behörde (hier der FMA) vorzunehmen sind. Dazu zählen der durchschnittliche Tagesumsatz, die Zahl der durchschnittlich pro Tag ausgeführten Geschäfte und der durchschnittliche Wert der ausgeführten Aufträge (sofern es sich um eine liquide Aktie handelt). Art 34 regelt die Pflicht zur Veröffentlichung der berechneten Informationen.
B. Auflistung liquider Aktien (§ 69 Abs 6 Z 2) 26 Die FMA trifft iZm den Vorhandels-Transparenzvorschriften für sys-
tematische Internalisierer die Pflicht, eine Liste sämtlicher liquider 692
Ausführung von Kundenaufträgen
§ 70
Aktien zu erstellen und zu veröffentlichen, sofern sie für diese Aktien zuständig ist. Bezüglich der Durchführung verweist das WAG 2007 auf die DVO. Diese legt in Art 22 Abs 6 die Verpflichtung fest, diese Liste zu aktualisieren, indem sie zumindest ein Mal pro Jahr überarbeitet werden muss. Darüber hinaus ist die Auflistung dem Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden zur Verfügung zu stellen und gilt als veröffentlicht, wenn dieser sie publiziert hat. Nähere Details, wo diese Auflistung von der FMA veröffentlicht werden soll, enthält weder das Gesetz noch die DVO. In Anlehnung an das Festlegen der Aktienklasse sollte die Veröffentlichung ebenfalls auf der Homepage der FMA erfolgen.
Ausführung von Kundenaufträgen § 70. (1) Systematische Internalisierer haben die Aufträge von Kunden in Bezug auf Aktien, für die sie systematische Internalisierung betreiben, zu den zum Zeitpunkt des Auftragseingangs gebotenen Kursen auszuführen. Bei Aufträgen von Privatkunden sind die §§ 52 bis 54 anzuwenden. (2) Systematische Internalisierer können Aufträge von professionellen Kunden 1. in begründeten Fällen zu besseren Kursen ausführen, sofern diese Kurse innerhalb einer veröffentlichten, marktnahen Bandbreite liegen und das Auftragsvolumen größer als das übliche Auftragsvolumen von Privatkunden gemäß Art. 26 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 ist; 2. zu anderen als den von ihnen angebotenen Kursen ausführen, ohne die Anforderungen gemäß Z 1 einhalten zu müssen, wenn die Voraussetzungen a) ein Portfoliogeschäft mit mindestens zehn Wertpapieren oder b) weder ein Auftrag zur Ausführung eines Aktiengeschäfts zum vorherrschenden Marktpreis noch ein Limitauftrag gemäß Art. 25 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 erfüllt sind. (3) Ein systematischer Internalisierer, der nur eine Kursofferte angibt oder dessen höchste Kursofferte unter der Standardmarktgröße liegt, kann bei einem Kundenauftrag, der über seiner Quotierungsgröße, jedoch unter der Standardmarktgröße liegt, den Teil des Auftrags ausführen, der seine Quotierungsgröße übersteigt, sofern die Ausführung zum quotierten Kurs erfolgt; dies gilt nicht für Fälle gemäß Abs. 2 Z 1 und 2. 693
§ 70
Sedlak
(4) Veröffentlicht ein systematischer Internalisierer Kursofferten in verschiedenen Größen und liegt ein Kundenauftrag zwischen diesen Größen, so ist der Auftrag gemäß den Bestimmungen der §§ 55 bis 57 zu einem der quotierten Kurse auszuführen; dies gilt nicht für Fälle gemäß Abs. 2 Z 1 und 2. (5) Die Abs. 1 bis 4 gelten nicht für systematische Internalisierer, die Aufträge in Aktien ausführen, die über der Standardmarktgröße liegen. Schrifttum: Duve/Keller, MiFID: Die neue Welt des Wertpapiergeschäfts, BB 2006, 2537; Kumpan, Transparenz als Mittel der Kapitalmarktregulierung, WM 2006, 804; Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 70): „Zu § 70 Abs. 1: Diese Bestimmung setzt den dritten Unterabsatz sowie den ersten Satz des vierten Unterabsatzes von Art. 27 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu § 70 Abs. 2: Z 1 setzt den zweiten Satz von Art. 27 Abs. 3 vierter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG um. Z 2 setzt Art. 27 Abs. 3 fünfter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG um und enthält aus Gründen der Einfachheit in den lit. a und b zugleich die Durchführungsbestimmung gemäß Art. 25 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1287/ 2006. Zu § 70 Abs. 3: Abs. 3 setzt den ersten Satz von Art. 27 Abs. 3 sechster Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG um. Zu § 70 Abs. 4: Hiermit wird der zweite Satz von Art. 27 Abs. 3 sechster Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Zu § 70 Abs. 5: Hiermit wird der zweite Satz von Art. 27 Abs. 1 zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt.“
Übersicht I. II. III. A. B. IV.
694
Grundsatz der Auftragsausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abweichungen bei Aufträgen professioneller Kunden . . . . . . . . . Ausführung zu besseren Kursen (§ 70 Abs 2 Z 1). . . . . . . . . . . . . . . Ausführung zu anderen Kursen (§ 70 Abs 2 Z 2) . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten bei der Auftragsausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 3–6 4–5 6 7–8
Ausführung von Kundenaufträgen
§ 70
I. Grundsatz der Auftragsausführung § 70 Abs 1 normiert einen Grundsatz für die Ausführung von Aufträ- 1 gen durch systematische Internalisierer. Sie müssen die Aufträge ihrer Kunden in Bezug auf Aktien zu jenen Kursen ausführen, die zum Zeitpunkt des Auftragseingangs vorgelegen haben. Dieser Grundsatz gilt sowohl für Privatkunden als auch für professionelle Kunden. Die Erl RV verweisen auf die Umsetzung von Art 27 Abs 3 dritter Unterabsatz sowie erster Satz des vierten Unterabsatzes MiFID (Erl RV 26). Die MiFID ordnet darüber hinaus die Anwendung von Art 21 für Aufträge von „Kleinanlegern“ an. Dieser Anforderung wird das WAG 2007 gerecht, indem in § 70 Abs 1 für Aufträge von Privatkunden auf die §§ 52–54 verwiesen wird. Diese Bestimmungen beinhalten die Verpflichtung zur bestmöglichen Durchführung von Kundenaufträgen sowie organisatorische Vorschriften über die Durchführungspolitik.
II. Ausnahme Systematische Internalisierer müssen den Grundsatz der Auftragsaus- 2 führung des § 70 Abs 1 nicht einhalten, wenn sie Kundenaufträge in Aktien durchführen, die über der Standardmarktgröße liegen. Diese Ausnahme fußt auf dem ersten Satz des Art 27 Abs 1 zweiter Unterabsatz MiFID, dem in § 70 Abs 5 entsprochen wurde (Erl RV 26). Zum Begriff der Standardmarktgröße siehe § 69 Rz 17 f.
III. Abweichungen bei Aufträgen professioneller Kunden Erhält ein systematischer Internalisierer von professionellen Kunden 3 einen Auftrag, so sieht das WAG 2007 zwei Fälle vor, in denen er vom oben angeführten Grundsatz der Kundenausführung abgehen darf. Es besteht die Möglichkeit unter gewissen Voraussetzungen den Auftrag entweder zu besseren oder zu anderen als den eigentlich angebotenen Kursen auszuführen.
A. Ausführung zu besseren Kursen (§ 70 Abs 2 Z 1) Der systematische Internalisierer darf in begründeten Fällen den Auf- 4 trag zu besseren Kursen ausführen. Diese verbesserte Ausführung der 695
§ 70
Sedlak
Kundenorder wird durch zwei Bedingungen eingeschränkt: Zum einen müssen sich diese Kurse innerhalb einer veröffentlichten, marktnahen Bandbreite bewegen. Zum anderen muss das Auftragsvolumen das eines üblichen Privatkunden übersteigen. Diese Ausnahme übernimmt der Gesetzgeber des WAG 2007 wortwörtlich aus Art 27 Abs 3 zweiter Satz des vierten Unterabsatzes MiFID (Erl RV 23). Nähere Erläuterungen zur Frage, wann ein begründeter Fall vorliegt, vermisst man in der MiFID, deren Durchführungsbestimmungen sowie im WAG 2007. Ebenso unklar ist der Rahmen der marktnahen Bandbreite. Diesbezüglich kann aber auf die Vorhandelstransparenz verwiesen werden, die von den Kursspannen verlangt, die vorherrschenden Marktbedingungen widerzuspiegeln (vgl § 69 Rz 10). Einzig zur Größe des Auftragsvolumens, das über dem üblichen Auftragsvolumen eines Privatkunden liegen muss, enthält Art 26 DVO eine Konkretisierung. Demnach muss sich der Auftrag auf über € 7.500,– belaufen, um das Auftragsvolumen eines Kleinanlegers zu übersteigen. 5 Für die Beschränkung der Kursverbesserungsmöglichkeit auf Aufträge professioneller Kunden gibt es zwei wesentliche Gründe: Manche Mitgliedstaaten befürchteten bei einer unbegrenzten nachträglichen Kursverbesserung eine vollständige Aushöhlung der Transparenz im Bereich der Internalisierung (Kumpan, WM 2006, 805). Das würde das Vertrauen der Investoren in den Markt schwer erschüttern. Darüber hinaus beeinflusst die nachträgliche Kursverbesserungsmöglichkeit auch den Aussagegehalt der Quotes für die Allgemeinheit (Seitz, AG 2004, 504). Es ist daher aus Sicht der Anleger die eingeschränkte Kursverbesserungsmöglichkeit zu begrüßen, weil in der Folge eine tatsächliche Aussagekraft der gezeigten Quotes gesichert ist. Positiv an der Beschränkung für professionelle Kunden ist, dass andere Anbieter gehindert werden, die Preisspannen eines systematischen Internalisierers zu übernehmen und zu günstigeren Bedingungen anzubieten (Kumpan, WM 2006, 805).
B. Ausführung zu anderen Kursen (§ 70 Abs 2 Z 2) 6 Eine Auftragsausführung eines professionellen Kunden kann in zwei
Fällen zu anderen als den angebotenen Kursen vom systematischen Internalisierer durchgeführt werden. Den ersten Fall formuliert das Gesetz positiv: Es muss sich um ein Portfoliogeschäft mit mindestens zehn Wertpapieren handeln. Den zweiten Fall umschreibt das WAG 2007 negativ: Es darf sich dabei weder um einen Auftrag zur Ausführung eines Aktiengeschäfts zum vorherrschenden Marktpreis noch um einen Limitauftrag gemäß Art 25 Abs 1 DVO handeln. Mit der Aufnahme dieser beiden Fälle setzt der Gesetzgeber Art 27 Abs 3 fünfter 696
Ausführung von Kundenaufträgen
§ 70
Unterabsatz MiFID um und führt aus Gründen der Einfachheit zugleich die Durchführungsbestimmungen des Art 25 Abs 1 DVO an (Erl RV 26). Im Vergleich zur Verbesserungsmöglichkeit der Kurse ist hier ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass deren Voraussetzungen (innerhalb veröffentlichter marktnaher Bandbreite und Übersteigen des üblichen Auftragsvolumens eines Privatkunden) für die Ausführung zu anderen Kursen nicht erfüllt sein müssen.
IV. Besonderheiten bei der Auftragsausführung Hier sind zwei Fälle der Auftragsausführung zu behandeln, die ge- 7 ringfügig von dem in § 70 Abs 1 verankerten Grundsatz abweichen. Dabei handelt es sich um die Teilausführung in Abs 3 und die Ausführung zu quotierten Kursen unter bestimmten Voraussetzungen nach Abs 4. Für beide Fälle ist vorweg festzuhalten, dass sie nur zur Anwendung kommen, wenn nicht ein Fall des § 70 Abs 2 Z 1 oder Z 2 vorliegt. Die Teilausführung nach Abs 3 entspricht wortwörtlich Art 27 Abs 3 erster Satz des sechsten Unterabsatz MiFID (Erl RV 26). Eine Teilausführung kann erfolgen, wenn vom systematischen Internalisierer entweder nur eine einzige Kursofferte vorliegt oder seine höchste Kursofferte unter der Standardmarktgröße liegt (zur Standardmarktgröße siehe § 69 Rz 17 f). Wenn dieser systematische Internalisierer einen Kundenauftrag erhält, der zwar über seiner Quotierungsgröße, aber unter der Standardmarktgröße liegt, kann er den Teil des Auftrags ausführen, der seine Quotierungsgröße übersteigt. Diese Teilausführung ist allerdings nur zum quotierten Kurs zulässig. Die zweite Besonderheit ist in § 70 Abs 4 enthalten. Bietet ein systema- 8 tischer Internalisierer Kursofferte in verschiedenen Größen an, und erhält er einen Kundenauftrag, der zwischen diesen Größen liegt, so darf er zu einem der quotierten Kurse ausführen. Mit dieser Regelung übernimmt der Gesetzgeber des WAG 2007 den zweiten Satz von Art 27 Abs 3 sechster Unterabsatz MiFID (Erl RV 26). Darin wird bezüglich der Ausführung zu einem der quotierten Kurse auf Art 22 MiFID verwiesen. Dieser normiert gewisse Anforderungen, die Wertpapierfirmen generell bei der Bearbeitung von Kundenaufträgen einzuhalten haben. Das WAG 2007 entspricht dieser Vorgabe, weil systematische Internalisier die Orderausführung nach § 70 Abs 4 unter Berücksichtigung der Bestimmungen der §§ 55–57 ausführen können. 697
§ 71
Sedlak
Allgemeine Geschäftsbedingungen § 71. (1) Systematische Internalisierer haben in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Regelungen über den Zugang zu ihren Kursofferten zu treffen. Ein Zugang zu ihren Kursofferten ist in objektiver und nicht diskriminierender Weise zu gewähren. Systematische Internalisierer können in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen insbesondere festlegen, dass 1. die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen abgelehnt werden kann oder Geschäftsbeziehungen beendet werden können, wenn dies aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen, insbesondere wegen der Bonität des Anlegers, des Gegenparteirisikos und der Abwicklung des Geschäfts, nötig erscheint; 2. die Zahl der Geschäfte, die sie zu den veröffentlichten Bedingungen mit demselben Kunden abzuschließen bereit sind, in nicht diskriminierender Weise beschränkt werden kann, um das Risiko aufgrund einer Häufung von Geschäften mit ein und demselben Kunden zu minimieren; 3. in nicht diskriminierender Weise und gemäß den Bestimmungen der §§ 55 bis 57 die Gesamtzahl der für verschiedene Kunden gleichzeitig ausgeführten Geschäfte beschränkt werden kann, sofern die Anzahl oder der Umfang der Kundenaufträge erheblich über der Norm gemäß Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 liegt. Hinsichtlich der Beschränkung von Geschäften gemäß Z 2 und 3 ist Art. 25 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 anzuwenden. (2) Abs. 1 gilt nicht für systematische Internalisierer, die Aufträge in Aktien ausführen, die über der Standardmarktgröße liegen. Schrifttum: Duve/Keller, MiFID: Die neue Welt des Wertpapiergeschäfts, BB 2006, 2537; Kumpan, Transparenz als Mittel der Kapitalmarktregulierung, WM 2006, 804; Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 71): „Zu § 71 Abs. 1 und 2: Diese Bestimmung setzt Art. 27 Abs. 5 und 6 der Richtlinie 2004/39/EG um. Für systematische Internalisierer soll es die Möglichkeit geben, die Anzahl der für Kunden auszuführenden Geschäfte einzuschränken, wenn dies aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich ist. Derartige Regelungen sind von systematischen Internalisierern in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorzusehen, wobei die in den Z 1 bis 3 vorgesehenen Anforderungen jedenfalls zu erfüllen sind.
698
Allgemeine Geschäftsbedingungen
§ 71
Die in den Z 2 und 3 bzw. im Schlussteil vorgesehenen Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 dienen der Klarstellung, wann die Anzahl oder der Umfang der Kundenaufträge erheblich über der Norm liegt. Weiters finden sich in der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 auch weitere Regelungen, die bei der Beschränkung von Geschäften zur Anwendung gelangen. Systematische Internalisierer können entscheiden, ob sie nur Privatkunden, nur professionellen Kunden oder beiden Zugang zu ihren Kursofferten geben. Innerhalb dieser Kategorien von Kunden sollten sie keine Unterschiede machen dürfen (siehe Erwägungsgrund Nr. 50 der Richtlinie 2004/39/EG). Abs. 2 setzt den zweiten Unterabsatz von Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/ EG um.“
Übersicht I. II. A. B. C.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die gesetzlichen Konkretisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufnahme und Beendigung von Geschäftsbeziehungen . . . . . . . Beschränkung der Zahl der Geschäfte mit demselben Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschränkung der Gesamtzahl der gleichzeitig ausgeführten Aufträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–2 3–8 3–5 6 7–8
I. Allgemeines Das WAG 2007 enthält in § 71 konkrete Vorschriften, wie der Zugang 1 zu den Kursofferten, die systematische Internalisierer auf Grund der Vorhandelstransparenzvorschriften (§ 69) zu stellen und zu veröffentlichen haben, ausgestaltet sein muss. Grundsätzlich können systematische Internalisierer frei entscheiden, ob sie nur Privatkunden, nur professionellen Kunden oder beiden Zugang zu ihren Kursofferten geben. Innerhalb dieser Kategorien ist eine Unterscheidung unzulässig (Erl RV 27). Diese Klarstellung in Erwägungsgrund 50 MiFID wirkt einer willkürlichen Ungleichbehandlung privater Kunden entgegen. Systematische Internalisierer müssen in ihren AGB Regelungen für den 2 Zugang vorsehen, wobei das Gesetz diesen auf objektive und in nicht diskriminierender Weise verlangt. Der Gesetzgeber setzt damit Art 27 Abs 5 der MiFID um (Erl RV 26). Ausgenommen von der Verpflichtung, den Zugang zu den Kursofferten zu regeln, sind jene systematischen Internalisierer, die nur Aufträge ausführen, die über der Standardmarktgröße liegen (Abs 2; zur Standardmarktgröße vgl § 69 Rz 17 f). Die Verpflichtung, den Zugang zu den Kursofferten in AGB zu regeln, wird in drei Fällen näher konkretisiert. Es handelt sich dabei 699
§ 71
Sedlak
erstens um die Aufnahme und Beendigung von Geschäftsbeziehungen zu Kunden, zweitens um die Zahl der Geschäfte, die mit demselben Kunden geschlossen werden, und drittens um die Gesamtzahl der Geschäfte, die für verschiedene Kunden ausgeführt werden. Auf diese drei Fälle ist nun näher einzugehen.
A. Aufnahme und Beendigung von Geschäftsbeziehungen 3 Systematische Internalisierer verfügen über einen Ermessensspielraum
hinsichtlich der Aufnahme oder Beendigung von Geschäftsbeziehungen zu ihren Kunden (§ 71 Abs 1 Z 1). Das Gesetz führt als Entscheidungsgrundlage wirtschaftliche Erwägungsgründe an, mit dem systematische Internalisierer ihr Verhalten rechtfertigen müssen. Der Gesetzgeber konkretisiert die wirtschaftlichen Erwägungen näher, wobei ausdrücklich die Bonität des Anlegers, das Gegenparteirisiko und die Abwicklung des Geschäfts genannt werden. Aus den Erl RV ist auf eine abschließende Aufzählung zu schließen. Diese sehen vor, dass die in Z 1 vorgesehenen Anforderungen jedenfalls zu erfüllen sind (Erl RV 26). 4 § 71 Abs 1 Z 1 setzt Art 27 Abs 5 MiFID um, wobei der Gesetzgeber in diesem Fall nicht den Text der dt Fassung wortwörtlich übernommen hat. Die dt Fassung der MiFID nennt als Bsp für die wirtschaftlichen Erwägungen die Kreditsituation des Anlegers, das Gegenparteirisiko und die Endabrechung des Geschäfts. Die Wortwahl „Bonität des Anlegers“ im WAG 2007 ist unproblematisch. Anders verhält es sich mit dem Terminus „Endabrechnung des Geschäfts“ (MiFID), der nicht gleichbedeutend mit der Wendung „Abwicklung des Geschäfts“ (WAG 2007) ist. Die englische Fassung des Richtlinientextes spricht in Art 27 Abs 5 MiFID von „final settlement of the transaction“. Die Übersetzung „final settlement“ als „Endabrechung“ im dt Richtlinientext ist zwar grundsätzlich richtig, iZm den anderen wirtschaftlichen Erwägungsgründen und dem Zweck der Norm allerdings nicht sehr gut gewählt. Eine „Endabrechnung“ rechtfertigt mE nach keinen wirtschaftlichen Erwägungsgrund für die Aufnahme oder Beendigung von Geschäftsbeziehungen. Passender ist, wie im WAG 2007 angeführt, „Abwicklung des Geschäfts“. 5 Die Beurteilung der Bonität, des Gegenparteirisikos und der Abwicklung des Geschäfts wird den systematischen Internalisierern überlassen, wobei sie diesbezüglich relativ frei sind. Es gibt lediglich die Einschränkung, den Zugang zu den Kursofferten in objektiver und nicht diskriminierender Weise zu gewähren. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sollten Aufnahme und Beendigung der Kundenbeziehung auf 700
Allgemeine Geschäftsbedingungen
§ 71
nachvollziehbaren Kriterien beruhen, die dem Kunden auch zu kommunizieren sind.
B. Beschränkung der Zahl der Geschäfte mit demselben Kunden Die Möglichkeit, die Zahl der Geschäfte mit demselben Kunden zu 6 beschränken, verfolgt das elementare Ziel, Interessenkonflikte auszuschalten. Es soll das Risiko einer Häufung von Geschäften mit ein und demselben Kunden verringern. Der Gesetzgeber entspricht mit dieser Vorgabe Art 27 Abs 6 MiFID (Erl RV 26). Zwei Einschränkungen führt der Gesetzgeber zu dieser Möglichkeit an: Einerseits muss es sich um Geschäfte handeln, die der systematische Internalisierer bereit ist, zu den veröffentlichten Bedingungen abzuschließen. Liegen seine Angebote über der Standardmarktgröße, dann muss er nicht veröffentlichen (§ 69 Abs 5). Die Begrenzung der Anzahl der Geschäfte darf andererseits keinesfalls diskriminierend sein. Folglich sind entsprechende Gründe vorzuweisen, warum gegenüber diesem Kunden eine Beschränkung erfolgt (siehe Rz 7).
C. Beschränkung der Gesamtzahl der gleichzeitig ausgeführten Aufträge Systematische Internalisierer haben auch die Möglichkeit, die Gesamt- 7 zahl der für verschiedene Kunden gleichzeitig ausgeführten Geschäfte zu beschränken. Diese Ermächtigung wird in drei Punkten eingegrenzt: Die Einschränkung darf nicht auf diskriminierende Weise erfolgen, und es sind die Grundsätze der §§ 55–57 (Bearbeitung von Kundenaufträgen) einzuhalten. Darüber hinaus muss die Anzahl oder der Umfang der Kundenaufträge erheblich über der Norm des Art 25 Abs 2 DVO liegen. Der Gesetzgeber nimmt keine Konkretisierung bezüglich „über der Norm“ vor, sondern verweist auf die DVO, um klar zu stellen, wann die Anzahl oder der Umfang der Kundenaufträge erheblich über der Norm liegt (Erl RV 27). Gemäß Art 25 Abs 2 DVO ist das der Fall, wenn der systematische Internalisierer die Aufträge nicht ausführen kann, ohne sich selbst einem unzumutbaren Risiko auszusetzen. Die Verordnung nennt keine Kriterien, wie das unzumutbare Risiko zu ermitteln ist, verlangt aber für dessen Bestimmung vom systematischen Internalisierer eine nicht diskriminierende Politik als Teil seiner Risikomanagementpolitik einzuführen (die Verordnung verweist auf Art 7 MiFID). Diese soll auf Dauer umgesetzt werden und Aspekten wie Umsatz, Eigenkapitel der Wertpapierfirma zur Abdeckung der Risiken und den vorherrschenden Marktbedingungen, unter denen die Wert701
§ 72
Sedlak
papierfirma tätig ist, Rechnung tragen (Art 25 Abs 2 zweiter Unterabsatz DVO). 8 Darüber hinaus ordnet der Gesetzgeber bei Beschränkungen hinsicht-
lich der Zahl der Geschäfte gemäß Z 2 und Z 3 die Anwendung von Art 25 Abs 3 DVO an. Um sicherzustellen, dass eine Beschränkung zu keiner diskriminierenden Behandlung des Kunden führt, verpflichtet Art 25 Abs 3 systematische Internalisierer, ihren Kunden und auch potenziellen Kunden eine schriftliche Vereinbarung über die Beschränkung zu übermitteln.
Aufsicht § 72. Die FMA hat die Kreditinstitute und Wertpapierfirmen gemäß § 12 Abs. 1, die in Österreich über eine Zweigstelle tätig werden, dahin gehend zu beaufsichtigen, dass diese 1. die Geld- oder Briefkurse, die sie gemäß § 69 veröffentlichen, regelmäßig aktualisieren und Kurse anbieten, die den allgemeinen Marktbedingungen entsprechen, und 2. die Bedingungen für die Kursverbesserungen gemäß § 70 Abs. 2 erfüllen. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 72): „Hiermit wird Art. 27 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt.“
1 § 72 verpflichtet die FMA als zuständige Behörde, Kreditinstitute und
Wertpapierfirmen gemäß § 12 Abs 1 zu beaufsichtigen. Bei Wertpapierfirmen gemäß § 12 Abs 1 handelt es sich um jene, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat über eine Zulassung verfügen und über eine österreichische Zweigstelle Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten erbringen. Der Gesetzgeber des WAG 2007 entspricht mit dieser Vorschrift Art 27 Abs 4 MiFID, den er wortgleich übernimmt (Erl RV 27). Die Aufsichtspflicht umfasst zwei Tatbestände, die sich zum einen auf § 69 und zum anderen auf § 70 beziehen. Bezüglich der Vorhandelstransparenzvorschriften des § 69 kontrolliert die FMA, ob die erforderlichen Geld- oder Briefkurse veröffentlicht werden, ob diese auch regelmäßig aktualisiert werden, und ob die angebotenen Kurse auch den allgemeinen Marktbedingungen entsprechen (siehe im Detail § 69 Rz 4 ff). Die FMA hat weiters die Pflicht zur Kontrolle der systematischen Internalisierer im Hinblick auf die Vorschriften für Kursverbesserungen für professionelle Kunden (siehe im Detail § 70 Rz 4 ff). Der Gesetzestext des § 72 spricht nur die Kursverbesserungen des § 70 Abs 2 an. Dieser enthält aber nicht nur 702
Aufsicht
§ 72
die Möglichkeit, die Ausführung der Kundenofferte des professionellen Anlegers zu besseren, sondern auch zu anderen Kursen vorzunehmen. Die Aufsicht der FMA bezieht sich sinngemäß auch auf das Einhalten der Vorschriften bei Orderausführung zu anderen als den angebotenen Kursen (immer unter dem Vorbehalt, dass es sich um einen professionellen Kunden handelt).
703
4. Hauptstück
1. Abschnitt Rechnungslegung und Jahresabschlussprüfung § 73. (1) Wertpapierfirmen haben ihren Jahresabschluss gemäß der Gliederung der Anlage 2 zu Artikel I § 43 BWG so rechtzeitig zu erstellen, dass die Frist des Abs. 2 eingehalten werden kann; Anlage 2 zu Artikel I § 43, Teil 2 BWG (Gliederung der Gewinnund Verlustrechnung) ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass unter der Position „III. Betriebsaufwendungen“ zusätzlich die Position „darunter: fixe Gemeinkosten“ auszuweisen ist; die §§ 43, 45 bis 59 a, 64 und 65 Abs. 1 und 2 BWG sind anzuwenden. Die Vorschriften gemäß § 275 UGB über die Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers sind anzuwenden. (2) Die gemäß Abs. 1 erstellten und gemäß Abs. 3 geprüften Jahresabschlüsse und die gemäß Abs. 4 erstellten Prüfungsberichte sind längstens innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres der FMA vorzulegen. Die FMA kann die Vorlage der Daten der Jahresabschlüsse auch mittels elektronischer Übermittlung oder elektronischer Datenträger in standardisierter Form verlangen. (3) Die Jahresabschlüsse sind von Abschlussprüfern, bei Genossenschaften von den Prüfungsorganen gesetzlich zuständiger Prüfungseinrichtungen zu prüfen. Der Abschlussprüfer hat die Gesetzmäßigkeit des Jahresabschlusses zu prüfen. Die Prüfung hat weiters zu umfassen: 705
§ 73
Saria
1. Die sachliche Richtigkeit der Bewertung einschließlich der Vornahme gebotener Abschreibungen, Wertberichtigungen und Rückstellungen sowie 2. die Beachtung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, insbesondere der §§ 6 und 9, des 2. Hauptstücks und der §§ 64 bis 68. (4) Das Ergebnis dieser Prüfung ist in einer Anlage zum Prüfungsbericht über den Jahresabschluss darzustellen. Dieser Bericht ist den Geschäftsleitern und den nach Gesetz oder Satzung bestehenden Aufsichtsorganen der Wertpapierfirmen so zeitgerecht zu übermitteln, dass die Vorlagefrist des Abs. 2 eingehalten werden kann. IdF BGBl I 2007/107 und BGBl I 2009/152. Schrifttum: Brandl/Saria, Zur Reichweite der Begrenzung der Haftung des Abschlussprüfers nach dem WAG 2007, ZFR 2008, 51; FMA, Rundschreiben der FMA betreffend die Vorlage des gesonderten Aufsichtsberichtes und des Jahresabschlusses vom 10. Februar 2004; FMA, Checkliste zum „Leitfaden für die Erstellung eines gesonderten Aufsichtsberichtes gemäß § 23 bzw. § 23 a Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG)“; Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute Band II: Konzernabschluß, Formelle Fragen (1996); Herbst, Organe der Bankaufsicht und Amtshaftung, ÖBA 1998, 278; IDW, IDW Prüfungsstandard: Die Prüfung des Wertpapierdienstleistungsgeschäfts nach § 36 Abs. 1 Satz 1 WpHG (IDW PS 521) (Stand 6. 3. 2009); IWP, Richtlinie des Instituts Österreichischer Wirtschaftsprüfer zur Berichterstattung über die Beachtung von Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG) gemäß § 73 Abs 4 WAG 2007 bzw. gemäß § 74 Abs 4 WAG 2007 (IWP BA 6) (Fassung November 2008); Knop, Vermögensverwaltung im zweiten Jahr der MiFID, AG 2009, 357; Krejci, Amtshaftung für Bankprüfer, ÖBA 1998, 16; Pejhovsky/Necas/Brandl, Neuerungen für die Prüfung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen, in IWP (Hrsg), Wirtschaftsprüfer Jahrbuch 2009 (2009) 227; B. Raschauer, Bankaufsicht, Amtshaftung und Beihilfenverbot, ÖJZ 2005, 1; Rebhahn, Amtshaftung für „Bankprüfer“ – Wohltat oder Irrweg?, ÖBA 2004, 267; Sinning/Walter/Wätke, Neuerungen bei der Prüfung des Wertpapierdienstleistungsgeschäfts nach § 36 Abs. 1 WpHG – unter besonderer Berücksichtigung der Neufassung der WpDPV sowie des IDW PS 521 n. F., WPg 2008, 600; Stanzel, Die Bankenaufsicht nach der KWG-Novelle 1986, in Hofinger/Brandner, Aspekte des Kreditwesengesetzes nach der Novelle 1986 (1987), 289; Vertneg, Die neuen Berichtspflichten des Bankprüfers und begleitende Änderungen im Bankprüfungsrecht, ZFR 2007, 84. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 73): „Diese Bestimmung entspricht dem § 23 des bisherigen WAG mit dem Unterschied, dass die Bezeichnung ,Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften‘ durch den allgemeineren Terminus ,Abschlussprüfer‘ (vgl. § 271 UGB) ersetzt wurde und der bisherige ,Aufsichtsbericht‘ nunmehr als ,Prüfungsbericht‘
706
Rechnungslegung und Jahresabschlussprüfung
§ 73
bezeichnet wird, um klar zu signalisieren, dass dieser nicht das Ergebnis einer aufsichtsrechtlichen Tätigkeit dokumentiert.“ Erl RV GP XXIII RV 286 (zu § 73 Abs 1): „Durch den im letzten Satz erfolgten Verweis auf die Vorschrift über die Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers gemäß § 275 UGB wird insbesondere klargestellt, dass die Haftungsgrenzen des § 275 Abs. 2 UGB auch für Abschlussprüfer einer Wertpapierfirma gelten. Dies könnte sonst auf Grund des Weiterverweises in § 43 BWG fraglich erscheinen.“ Erl RV GP XXIV RV 478 (zu § 73 Abs 1): „Die Beitragsverpflichtungen von Wertpapierfirmen zur Anlegerentschädigung sind anteilsmäßig nach dem Verhältnis der ,fixen Gemeinkosten‘ gemäß § 9 WAG 2007 vorzuschreiben, sie stellen weiters einen wesentlichen Parameter für die Eigenmittelbemessung dar. Es war und ist daher zweckmäßig, Wertpapierfirmen zu einer Offenlegung dieser Position im Jahresabschluss (Gewinn- und Verlustrechnung) zu verpflichten. Die Ausweisverpflichtung dieser Position wurde in das für Wertpapierfirmen anzuwendende Bilanzgliederungsschema des BWG aufgenommen. Da dies jedoch in der Folge zu Missverständnissen führte und die Ausweisung der Position bei Kreditinstituten nicht aus aufsichtlichen Gründen erforderlich ist, wird unter gleichzeitigen Entfall der in Anlage 2 zu Artikel I § 43, Teil 2 BWG unter der Position ,III. Betriebsaufwendungen‘ angeführten Position ,darunter: fixe Gemeinkosten‘, klargestellt, dass nicht Kreditinstitute, sondern ausschließlich Wertpapierfirmen zum Ausweis der Positio ‚fixe Gemeinkosten‘ in der Gewinn- und Verlustrechnung verpflichtet sind. Durch das In-Kraft-Treten mit 31. Dezember 2009 gilt die Änderung bereits für das Geschäftsjahr 2009.“
Übersicht I. A.
Grundsätzliches zum Regelungsgehalt des § 73 WAG . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte und Verhältnis zu anderen Vorschriften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Europarechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Besondere Vorschriften für die Erstellung des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Prüfung des Jahresabschlusses gemäß § 73 Abs 3 . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Abschlussprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die einzelnen Prüfungsgegenstände und die Durchführung der Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Berichterstattung über die Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Anlage zum Prüfungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Übermittlungs- und Vorlagepflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–4 1–2 3 4 5–7 8–13 8–9 10–13 14–18 14–15 16–18 19–21 22
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Saria
I. Grundsätzliches zum Regelungsgehalt des § 73 WAG A. Entstehungsgeschichte und Verhältnis zu anderen Vorschriften 1 § 73 entspricht ausweislich der Erl RV zu § 73 dem bisherigen § 23
WAG aF. Vorgenommen wurden nur terminologische Anpassungen: Zum einen wird der Ausdruck „Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften“ durch den Begriff „Abschlussprüfer“ ersetzt. Zum anderen wird der „Aufsichtsbericht“ zum „Prüfungsbericht“, „um klar zu signalisieren, dass dieser nicht das Ergebnis einer aufsichtsrechtlichen Tätigkeit dokumentiert“ (Erl RV zu § 73; zur Bedeutung dieser Wendung vgl noch Rz 21). An diesem Befund haben letzten Endes die bisherigen Novellierungen des § 73 nichts geändert. Durch die erste, mit BGBl I 2007/107 erfolgte Neufassung des § 73 Abs 1 wurde nämlich im Ergebnis bloß § 73 Abs 1 Satz 2 über die Anwendbarkeit des § 275 UGB betreffend die Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers eingefügt (zu den Hintergründen dieser Ergänzung vgl im Detail Brandl/Saria, ZFR 2008, 51 f). Die zweite Neuregelung des § 73 Abs 1 durch BGBl I 2009/152 brachte letzten Endes nicht mehr als eine auf Grund von Änderungen notwendige Anpassung der Verweisungen auf bankaufsichtsrechtliche Vorschriften in § 73 Abs 1 Satz 1. Zu beiden Novellierungen ist den einschlägigen Mat zu entnehmen, dass damit nur Klarstellungen erfolgen sollten und an der bisherigen Rechtslage nichts geändert werden sollte (zu den daraus ableitbaren Implikationen für „Altfälle“ vgl Brandl/Saria, ZFR 2008, 52). 2 Durch den allein auf Wertpapierfirmen iSd § 3 anwendbaren § 73 werden zum einen inhaltliche und zeitliche Vorgaben betreffend die Erstellung und Prüfung des Jahresabschlusses normiert. Zum anderen wird die Abfassung einer eigenen Anlage zum Prüfungsbericht über den Jahresabschluss vorgeschrieben. Schließlich werden durch § 73 entsprechende Vorlagepflichten gegenüber der FMA begründet. § 73 Abs 4 bildet gemeinsam mit den §§ 14, 33, 74 Abs 4 und 93 ein System aufsichtsrechtlicher Informationspflichten (vgl dazu auch § 14 Rz 3, § 93 Rz 1, 40; zum Verhältnis des § 73 zur Berichtspflicht nach § 33 vgl ferner § 33 insb Rz 1). § 73 für Wertpapierfirmen sowie § 74 für Wertpapierdienstleistungsunternehmen entsprechen – wie bereits den Mat zu § 23 WAG aF (abgedruckt ua bei Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/ Oppitz/Zeipelt, WAG 210) zu entnehmen ist – funktional den §§ 43 ff BWG, sodass die zu diesen Vorschriften entwickelten Ansichten sinn708
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gemäß zur Auslegung der §§ 73 f herangezogen werden können. Auf Grund der Entstehungsgeschichte und des darin zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willens sind ferner die Ausführungen zu § 23 WAG aF grundsätzlich auf die §§ 73 f übertragbar. § 73 ist als eine Sondervorschrift iSd § 189 Abs 3 UGB anzusehen. Dementsprechend gehen die in § 73 normierten Abweichungen den unternehmensrechtlichen Grundregeln vor. Insoweit in § 73 Abs 1 auf bankaufsichtsrechtliche Bestimmungen verwiesen wird, sind auch diese vor den einschlägigen Vorschriften des UGB anzuwenden (vgl idS Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 23 Rz 5). Sofern jedoch § 73 weder unmittelbar noch mittelbar vom Unternehmensrecht abweichende Regelungen trifft, bleiben die allgemeinen unternehmensrechtlichen Vorschriften uneingeschränkt anwendbar.
B. Normzweck Der Normzweck des § 73 besteht darin, den ohnehin Aufgaben der 3 unternehmensrechtlichen Prüfung wahrnehmenden Abschlussprüfer mit Funktionen der aufsichtsrechtlichen Überwachung zu betrauen (vgl idS Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute II 84; Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 55; idS schon die Mat zu § 23 WAG aF; vgl IWP BA 6 Punkt 3). Auf diese Weise wird sowohl die Aufsicht über die Wertpapierfirmen verstärkt als auch zu einer nicht zuletzt im Interesse der Beaufsichtigten liegenden kostengünstigen Aufsicht beigetragen (vgl idS OGH 25. 3. 2003, 1 Ob 188/02 g, ÖBA 2004, 304 ff; Stanzel in Hofinger/Brandner, Aspekte des Kreditwesengesetzes 293). Abgesehen von der durch die Einbindung des Abschlussprüfers in die Beaufsichtigung der Wertpapierfirma bewirkten Entlastung der Aufsichtsbehörde dient § 73 auf Grund der konkreten Ausgestaltung der Übermittlungs- und Vorlagepflichten auch der Selbstkontrolle der Wertpapierfirma, wird doch die das Prüfungsergebnis darstellende Anlage zum Prüfungsbericht nicht unmittelbar durch den Abschlussprüfer, sondern im Wege der Wertpapierfirma an die FMA übermittelt. Mit der in § 73 erfolgenden Bezugnahme auf bankaufsichtsrechtliche Vorschriften wird ausweislich der Mat zu § 23 WAG aF wiederum der Zweck einer für die Beaufsichtigung notwendigen Standardisierung der Jahresabschlüsse verfolgt.
C. Europarechtliche Grundlagen Die Mat geben keine Auskunft über mögliche europarechtliche Rechts- 4 grundlagen des § 73. Denkbar wäre zum einen eine Berufung auf Art 50 Abs 2 lit m MiFID, der das Recht der Aufsichtsbehörde vorsieht, 709
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„Überprüfungen oder Ermittlungen durch Wirtschaftsprüfer oder Sachverständige vornehmen zu lassen“. Darüber hinaus kommt zum anderen noch Art 50 Abs 2 lit h MiFID in Frage. Nach dieser Vorschrift hat die Aufsichtsbehörde das Recht, „von den Wirtschaftsprüfern zugelassener Wertpapierfirmen und geregelter Märkte die Erteilung von Auskünften zu verlangen“. Beide Vorschriften sind jedoch nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bereits im Rahmen des § 91 umgesetzt worden und sind – abgesehen vom nicht vollständig mit § 73 übereinstimmenden Inhalt der darin vorgesehenen Rechte – wohl auch deshalb nicht heranziehbar, weil sie eine unmittelbare Berichterstattung des Prüfers an die Aufsichtsbehörde zum Gegenstand haben. § 73 Abs 2 ordnet dagegen eine Vorlage der Unterlagen an die FMA durch die Wertpapierfirma an, die wiederum den Prüfungsbericht gemäß § 73 Abs 4 selbst vom Abschlussprüfer übermittelt erhält. Als weitere denkbare europarechtliche Rechtsgrundlage für § 73 könnte Art 20 MiFIDDRL herangezogen werden, der eigentlich durch § 33 umgesetzt worden ist. Allerdings scheitert eine Bezugnahme auf diese Vorschrift am Umstand, dass sich eine darauf beruhende Berichterstattungspflicht auf einen eingeschränkten Berichtsgegenstand, nämlich die Angemessenheit der unter anderem gemäß Art 13 Abs 7 und 8 MiFID getroffenen Vorkehrungen, zu beschränken hat. Auch der durch § 93 umgesetzte Art 55 MiFID ist inhaltlich nicht mit § 73 kompatibel. Eine taugliche europarechtliche Rechtsgrundlage für § 73 lässt sich daher erst im Wege eines Rückgriffs auf die allgemeine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur laufenden Überwachung der Wertpapierfirmen gemäß Art 17 Abs 1 MiFID begründen. Diesbezüglich verpflichtet Art 17 Abs 1 Satz 2 MiFID die Mitgliedstaaten ausdrücklich, geeignete Maßnahmen vorzusehen, „damit die zuständigen Behörden die notwendigen Informationen erhalten, um die Einhaltung dieser Bedingungen durch die Wertpapierfirmen zu prüfen.“ Da der Umschreibung der Art 17 Abs 1 MiFID konkretisierenden Befugnisse nach Art 50 Abs 2 MiFID Mindestnormcharakter zukommt, ist der nationale Gesetzgeber insoweit frei, ihm für einen Erwerb von Informationen gemäß Art 17 Abs 1 Satz 2 MiFID notwendig erscheinende Regelungen nach Art des § 73 zu erlassen.
II. Besondere Vorschriften für die Erstellung des Jahresabschlusses 5 § 73 Abs 1 Satz 1 normiert vom UGB abweichende Regeln betreffend
die Erstellung des Jahresabschlusses, deren Zweck in der Sicherstellung einer für die Beaufsichtigung notwendigen Standardisierung der Jahres710
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abschlüsse liegt (vgl dazu schon Rz 3). Der Gesetzgeber spricht hier, wie auch in den übrigen Absätzen des § 73, nur vom Jahresabschluss. Gemeint ist damit der unternehmensrechtliche Jahresabschluss (vgl idS Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 44 Rz 1). Ausweislich des Wortlauts bezieht sich § 73 grundsätzlich weder auf den keinen Bestandteil des Jahresabschlusses bildenden Lagebericht noch auf einen allfälligen Konzernabschluss. Das gilt allerdings gerade iZm § 73 Abs 1 Satz 1 nicht, gibt doch der Gesetzgeber durch den Verweis auf die §§ 59 und 59 a BWG zu erkennen, dass in diesem Zusammenhang der Begriff des Jahresabschlusses weiter, nämlich um den Konzernabschluss ergänzt, zu verstehen ist. Ferner wird in § 73 Abs 1 Satz 1 sowie in § 73 Abs 2 Satz 1 vom Erstellen des Jahresabschlusses gesprochen. Im Hinblick auf die in § 73 Abs 3 angeordnete und der Erstellung iSd § 73 offenkundig nachfolgende Prüfung des Jahresabschlusses durch den Abschlussprüfer wird dies als Aufstellen des Jahresabschlusses iSd unternehmensrechtlichen Terminologie zu verstehen sein. Durch § 73 Abs 1 Satz 1 wird für Wertpapierfirmen durch die Bezug- 6 nahme auf Anlage 2 zu Artikel I § 43 BWG einerseits eine bestimmte Form der Gliederung des Jahresabschlusses vorgeschrieben (vgl dazu allgemein etwa Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 43 Rz 7 ff). Der nunmehr in § 73 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 explizit vorgeschriebene Ausweis der fixen Gemeinkosten war von Wertpapierfirmen schon bisher vorzunehmen. Erst durch die Änderung der Anlage 2 zu Artikel I § 43 BWG war es notwendig, diese Regel explizit in § 73 zu normieren. Andererseits werden verschiedene weitere Vorschriften des BWG auf den Jahresabschluss der Wertpapierfirma für anwendbar erklärt. Es handelt sich dabei um allgemeine Bestimmungen betreffend die Rechnungslegung (§ 43 BWG), Ausweisvorschriften (§§ 45 bis 48 BWG sowie §§ 50 bis 54 BWG) und damit zusammenhängende Begriffsdefinitionen (§§ 49 bis 51 BWG), Bewertungsregeln (§§ 55 bis 58 BWG), Vorschriften zum Konzernabschluss (§§ 59 und 59 a BWG) und zum Anhang (§ 64 BWG) sowie zur Veröffentlichung (§ 65 Abs 1 und 2 BWG). Insb im Hinblick auf § 43 BWG wird der Verweis in § 73 Abs 1 Satz 1 jedoch einschränkend zu verstehen sein. Zur Anwendung kommen nur die für die eigentliche Aufstellung des Jahresabschlusses rechnungslegungsrechtlich relevanten Sonderbestimmungen. Das ergibt sich sowohl aus den diesbezüglichen Inhalten der übrigen durch § 73 Abs 1 Satz 1 für maßgeblich erklärten Vorschriften des BWG als auch aus dem bisherigen, in diese Richtung deutenden Verständnis des § 23 WAG aF (vgl implizit idS wohl Winternitz, WAG § 23 Rz 3; Frölichsthal in Frölichsthal/Haus711
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maninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 23 Rz 2 ff) und den Mat zu dieser Bestimmung sowie aus dem Normzweck des § 73 Abs 1 Satz 1 (vgl Rz 3), der eine weitergehende Anwendung bankaufsichtsrechtlicher Vorschriften nicht notwendig macht. 7 Aus diesem Grund, aber auch weil eine § 43 Abs 1 Satz 1 BWG vergleichbare explizite Regelung im Rahmen des § 73 fehlt, ist die für das BWG noch nicht völlig geklärte Frage nach der Verteilung der Kompetenzen von Geschäftsleitern einerseits und gesellschaftsrechtlichen Organen der Wertpapierfirma andererseits zur Aufstellung des Jahresabschlusses (von einer mit den gesellschaftsrechtlichen Pflichten vergleichbaren Verpflichtung des Geschäftsleiters zur Bewirkung der Aufstellung des Jahresabschlusses ausgehend Laurer in Laurer/Borns/ Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 44 Rz 1; ähnl schon Störck, Kommentar zum KWG [1988] Anm zu § 24 Abs 1; Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2 § 24 Rz 1) eindeutig dahingehend zu beantworten, dass die gesellschaftsrechtliche Zuständigkeitsverteilung in allen Fragen der Aufstellung des Jahresabschlusses grundsätzlich maßgeblich sein muss (vgl idS für das Bankaufsichtsrecht Perkounigg/Stecher in Dellinger, BWG § 43 Rz 4 ff).
III. Prüfung des Jahresabschlusses gemäß § 73 Abs 3 A. Der Abschlussprüfer 8 Im Gegensatz zu § 23 Abs 3 WAG aF spricht § 73 Abs 3 nicht „von zu
Abschlussprüfern bestellten Wirtschaftsprüfern (Wirtschaftsprüfungsgesellschaften)“, sondern allgemein von Abschlussprüfern. Damit wird auf den unternehmensrechtlichen Begriff des Abschlussprüfers abgestellt. Änderungen in diesem Bereich – wie im Zuge des URÄG 2008 – wirken sich unmittelbar auf den zur Prüfung gemäß § 73 berechtigten Personenkreis aus. Dieser umfasst nach § 268 Abs 4 UGB derzeit Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Da § 73 keine Sonderregelungen betreffend den Bestellungsvorgang vorsieht, sind insoweit ebenfalls die diesbezüglichen unternehmensrechtlichen Vorschriften unter Beachtung der berufsrechtlichen Vorgaben einschlägig (vgl idS Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 1). Die Bezugnahme auf die Prüfungsorgane gesetzlich zuständiger Prüfungseinrichtungen erklärt sich aus den Besonderheiten der genossenschaftsrechtlichen Revision, können doch nach § 3 Abs 1 GenRevG neben Revisoren auch Wirtschaftsprüfer als Prüfer von Genossenschaften bestellt werden. Gegen diese gesetzliche Einschränkung des als Prüfer gemäß §§ 73 f in Frage 712
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kommenden Personenkreises werden unter Berufung auf den Gleichheitssatz und das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht, weil insb bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Zuge der Prüfung gemäß § 74 kaum betriebswirtschaftliche, sondern von anderen verwandten Berufsgruppen zumindest ebenso zuverlässig zu behandelnde, meist juristische Fragestellungen im Vordergrund stehen würden (vgl Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz 70 f). Da im Rahmen des § 73 der Abschlussprüfer als solcher für die Auf- 9 sichtsbehörde tätig wird, bestimmen sich alle von § 73 nicht geregelten Fragen nach den einschlägigen unternehmensrechtlichen Vorschriften (vgl allgemein idS schon Rz 2; dies folgt auch aus der in Rz 12 noch näher dargestellten Einheit der aufsichtsrechtlichen Prüfung mit der Jahresabschlussprüfung). Das gilt zum einen mangels Einräumung besonderer Rechte für den Inhalt und den Umfang seiner Prüfungsbefugnisse. Das gilt zum anderen für das Vorliegen von Ausschluss- und Befangenheitsgründen (zum Ausschlussgrund nach § 271 Abs 2 Z 4 lit b UGB wegen Mitwirkung an der internen Revision vgl auch § 20 Rz 3 und 20). Ferner sind die unternehmensrechtlichen Bestimmungen für die nunmehr durch § 73 Abs 1 Satz 2 ohnedies in diesem Sinn explizit geregelte Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers einschlägig (vgl dazu noch Rz 1, 19). Schließlich gilt das auch für den bei der Prüfung vom Abschlussprüfer einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab (vgl § 1299 ABGB; § 275 Abs 2 UGB). § 73 verlangt im Unterschied zu den maßgeblichen bankaufsichtsrechtlichen Vorschriften explizit weder eine besondere fachliche Eignung noch entsprechende praktische Erfahrungen. Als Maßstab sind daher wiederum die sich aus den einschlägigen berufsrechtlichen und unternehmensrechtlichen Bestimmungen ergebenden Anforderungen unter Berücksichtigung der besonderen Art der Tätigkeit heranzuziehen. Eine Notwendigkeit zur Gewährleistung besonderer Sachkenntnis und Erfahrung kann sich daher allenfalls auf Grund der den Abschlussprüfer in concreto treffenden Sorgfaltsanforderungen ergeben. Auf Basis der hier angestellten Überlegungen ergibt sich, dass zwar ein auf allgemeinen zivil- und unternehmensrechtlichen Vorschriften beruhendes Vertragsverhältnis zwischen Abschlussprüfer und Wertpapierfirma besteht. Demgegenüber existieren keinerlei Vertragsbeziehungen unter unmittelbarer Beteiligung der Aufsichtsbehörde als Vertragspartei. Der Abschlussprüfer hat gegenüber der Aufsichtsbehörde bloß die Funktion eines sachverständigen Gutachters (Dellinger/ Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 55, zu den sich daraus ergebenden Folgerungen betreffend eine allfällige Bindung der Aufsichtsbehörde an die Feststellungen des Abschlussprüfers vgl noch Rz 15). 713
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B. Die einzelnen Prüfungsgegenstände und die Durchführung der Prüfung 10 § 73 Abs 3 normiert drei Prüfungsaufgaben. Zum einen wird in § 73
Abs 3 Satz 2 explizit angeordnet, dass der Abschlussprüfer die Gesetzmäßigkeit des Jahresabschlusses zu prüfen hat. Zum anderen werden in § 73 Abs 3 Z 1 und Z 2 taxativ (vgl idS Stanzel in Hofinger/Brandner, Aspekte des Kreditwesengesetzes 295 f) spezielle zusätzliche – arg „weiters“ – Prüfungsgegenstände festgelegt, die durch den besonderen Geschäftsgegenstand der Wertpapierfirma gerechtfertigt sind (vgl idS Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 55). Da die Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Jahresabschlusses der unternehmensrechtlichen Abschlussprüfung entspricht (idS schon Vorauflage § 73 Rz 5; so auch Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 58; offenbar weitergehend eine Prüfung der Einhaltung aller für das Unternehmen maßgeblichen Rechtsvorschriften verlangend dagegen Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 7), ist diese Vorschrift angesichts von § 269 Abs 1 Satz 2 UGB inhaltlich im Grunde entbehrlich. Bedeutung hätte sie nur in solchen Fällen, in denen Wertpapierfirmen nicht schon auf Grundlage des Unternehmensrechts prüfpflichtig sein sollten. Sie ist überdies missverständlich, weil sie im Umkehrschluss nahelegen könnte, dass die übrigen allgemeinen Anforderungen an Inhalt und Umfang der Jahresabschlussprüfung bei der Prüfung des Jahresabschlusses von Wertpapierfirmen nicht zu beachten sind. Ein solcher Umkehrschluss wäre allerdings schon deshalb verfehlt, weil der Gesetzgeber in § 73 Abs 3 Z 1 und Z 2 weitere Anforderungen an Inhalt und Umfang der Prüfung aufstellt und damit zum Ausdruck bringt, dass das Prüfungsniveau keinesfalls hinter den allgemeinen Anforderungen zurückbleiben darf. Immerhin ist daraus abzuleiten, dass der Prüfungszeitraum das Geschäftsjahr umfasst (im Ergebnis idS auch Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 70). 11 Die über die eigentliche Jahresabschlussprüfung hinausgehenden (vgl idS Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 23 Rz 11; Chini/Frölichsthal, BWG2 § 63 Anm 4, Anm 13; idS ferner schon Stanzel in Hofinger/Brandner, Aspekte des Kreditwesengesetzes 295 f; Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2 § 24 Rz 11) in § 73 Abs 3 zusätzlich angeführten Prüfungsgegenstände betreffen zum einen die sachliche Richtigkeit der Bewertung (§ 73 Abs 3 Z 1) sowie zum anderen die Einhaltung der Bestimmungen des WAG, von denen § 6 betreffend die Anwendung des BWG, § 9 hinsichtlich des Eigenkapitals, das zweite Hauptstück zu den organisatorischen Anforderungen sowie die sich auf die Melde- und Veröffentlichungspflichten und den Betrieb eines multilateralen Handelssystems 714
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beziehenden §§ 64 bis 68 besonders hervorgehoben werden (§ 73 Abs 3 Z 2). Hier sind vom Abschlussprüfer sowohl die Daten des Jahresabschlusses spezifisch auszuwerten als auch von der Jahresabschlussprüfung unabhängige Prüfungsaufgaben zu erfüllen (vgl idS Rebhahn, ÖBA 2004, 268). Bei der Prüfung der sachlichen Richtigkeit der Bewertung gemäß § 73 Abs 3 Z 1 ist von den jeweils anwendbaren bankaufsichts- oder unternehmensrechtlichen Bewertungsvorschriften auszugehen (idS Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 23 Rz 11). Hinsichtlich der von § 73 Abs 3 Z 2 ua geforderten Prüfung der Einhaltung des § 9 wird von der Praxis eine mit den sich aus § 9 ergebenden Anforderungen (vgl § 9 Rz 12) nicht unbedingt im Einklang stehende stichtagsbezogene Prüfung vorgenommen (IWP BA 6 Anlage 1, Anlage 2 und Checkliste Anlage 3). Die in § 73 Abs 3 angeordnete Prüfung durch den Abschlussprüfer 12 beruht somit auf einer gegenüber der Prüfung allein des Jahresabschlusses materiell erweiterten, zu einem formell eigenständigen Bericht führenden, aber einheitlichen Prüfungsaufgabe (Brandl/Saria, ZFR 2008, 53 f mwN auch zur Gegenansicht; vgl idS ferner Krejci, ÖBA 1998, 20; Herbst, ÖBA 1998, 282; Rebhahn, ÖBA 2004, 268 f; B. Raschauer, ÖJZ 2005, 8; Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz 70; IWP BA 6 Punkt 1; vgl auch Rz 19). Aus dieser Einheit der aufsichtsrechtlichen Prüfung mit der unternehmensrechtlichen Prüfung des Jahresabschlusses ergibt sich, dass die aufsichtsrechtlichen Prüfungshandlungen gleichzeitig mit der Jahresabschlussprüfung abzuschließen sind (im Ergebnis idS IWP BA 6 Punkt 3). Dessen ungeachtet ist zwischen den verschiedenen gesetzlich normierten Prüfungsgegenständen im Hinblick auf die Prüfungsintensität zu differenzieren. Zwar hat der Abschlussprüfer insb die Einhaltung des WAG durch die Wertpapierfirma generell zu prüfen, doch ist nach hA bei Prüfung der Beachtung der explizit hervorgehobenen Vorschriften, also der §§ 6 und 9, des 2. Hauptstücks sowie der §§ 64 bis 68, eine größere Prüfungsdichte als bei Prüfung des Vorliegens allfälliger Verstöße gegen allgemein einzuhaltende Vorschriften erforderlich (vgl idS Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 59, 61; Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute II 83; Laurer in Fremuth/ Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2 § 24 Rz 12). § 73 Abs 3 gibt keine Auskunft über die konkrete Durchführung der 13 Prüfungshandlungen. Diese sind daher entsprechend den Berufsstandards durchzuführen. Einigkeit besteht diesbezüglich in Lit und Praxis, dass der Abschlussprüfer nach pflichtgemäßem Ermessen Systemprüfungen und darauf aufbauend Stichproben vorzunehmen hat (Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute II 84; IDW PS 521 Rz 95). Auch ein 715
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Rückgriff auf die Arbeiten der internen Revision ist zulässig, sofern sich der Abschlussprüfer von deren ordnungsgemäßem Funktionieren überzeugt hat (Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 57, 59). Zu den inhaltlichen Schwerpunkten der Prüfungstätigkeit in der Praxis vgl IWP BA 6 Anlage 1; Pejhovsky/Necas/Brandl in IWP (Hrsg), Wirtschaftsprüfer Jahrbuch 2009, 232 ff. Schwerpunkte der Prüfungstätigkeit sind demnach ua die Einhaltung der organisationsrechtlichen Vorschriften des WAG, die vom Unternehmen erlassenen Dienstanweisungen, die Berichte der Compliance- bzw Risikomanagement-Beauftragten, die Schulungen der Mitarbeiter, die Führung des Beschwerderegisters sowie die Leitlinien zum Beschwerdemanagement, die Kontoauszüge der Betriebsmittelkonten des Finanzdienstleisters, die Einhaltung der Vorschriften betreffend Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, Auslagerungen, die Einhaltung der Informationspflichten, die Aufbewahrung von Kundenakten, die Führung von Produktlisten sowie die Dokumentation des Auswahlprozesses betreffend Produkte. Zur dt Praxis vgl Knop, AG 2009, 358 ff.
IV. Die Berichterstattung über die Prüfung A. Die Anlage zum Prüfungsbericht 14 § 73 Abs 4 normiert eine Berichtspflicht des Abschlussprüfers nach
dem Vorbild des § 23 Abs 4 WAG aF. Während aber diese Bestimmung noch einen „gesonderten Aufsichtsbericht“ vorgesehen hat, wird in § 73 Abs 4 von einer „Anlage zum Prüfungsbericht über den Jahresabschluss“ gesprochen. Demgegenüber wird in den Erl RV zu § 73 ausgeführt, dass „der bisherige Aufsichtsbericht nunmehr als Prüfungsbericht bezeichnet wird“. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass es nach der Vorstellung des Gesetzgebers nur zu einer terminologischen Änderung kommen soll und weiterhin insoweit ein gesonderter Bericht zu erstellen ist. Die Prüfung, deren Ergebnis dargestellt werden soll, ist jene nach § 73 Abs 3. Als Grundsatz für die Gestaltung der Anlage zum Prüfungsbericht gilt, dass sie klar, übersichtlich und vollständig zu sein hat (vgl Sinning/Walter/ Wätke, WPg 2008, 604). Dies ist aus der Sicht der Berichtsempfänger, also primär der Geschäftsleiter sowie der nach Gesetz oder Satzung bestehenden Aufsichtsorgane, aber auch der FMA, zu beurteilen. Über die gesetzlich explizit hervorgehobenen Prüfungsgegenstände ist in der Anlage gesondert zu berichten (Vertneg, ZFR 2007, 86). Die Vorlage eines lediglich zusammengefasst dargestellten oder ausschließlich in einer Checkliste dokumentierten Prüfungsergebnisses ist nicht hinreichend (FMA, Rundschreiben der FMA betreffend die Vorlage des gesonderten Auf716
Rechnungslegung und Jahresabschlussprüfung
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sichtsberichtes und des Jahresabschlusses vom 10. Februar 2004, S. 2). Der Bericht ist grundsätzlich – wie die in § 73 Abs 2 normierte Pflicht zur „Vorlage“ bei der FMA sowie die Bezeichnung als „Anlage“ zum als „Prüfungsbericht über den Jahresabschluss“ umschriebenen schriftlichen Prüfungsbericht nach § 273 UGB zeigen – schriftlich zu erstellen. Die Anlage ist vom Prüfer eigenhändig unter Angabe von Ort und Datum firmenmäßig zu unterzeichnen (vgl Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 70). Eines eigenen Bestätigungsvermerks bedarf die Anlage angesichts des diesbezüglichen Schweigens des Gesetzgebers nicht (vgl idS IWP BA 6 Anlage 1 und Anlage 2; vgl aber Stanzel in Hofinger/ Brandner, Aspekte des Kreditwesengesetzes 296). Auf den unternehmensrechtlichen Bestätigungsvermerk wirken sich bei der aufsichtsrechtlichen Prüfung gemachte Feststellungen nur aus, falls sie ebenfalls entsprechende unternehmensrechtliche Bedeutung haben. Zum Aufbau des Berichts vgl die mit der FMA abgestimmte (so jedenfalls IWP BA 6 Punkt 1) IWP BA 6 insb Punkt 3 sowie FMA, Checkliste zum „Leitfaden für die Erstellung eines gesonderten Aufsichtsberichtes gemäß § 23 bzw. § 23 a Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG)“. Zur Lösung von Zweifelsfragen kann ferner auf den IDW PS 521 zurückgegriffen werden. Die Erstellung der Anlage steht allein im pflichtgemäßen Ermessen 15 des Abschlussprüfers. Eine gesellschaftsrechtliche Feststellung der Anlage oder eine Einflussnahme auf die Erstellung der Anlage durch die Organe der Wertpapierfirma scheidet daher aus (vgl idS Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2 § 24 Rz 21). Aus der Funktion des Abschlussprüfers als sachverständigen Gutachters (vgl schon Rz 9), aus der im Normzweck des § 73 begründeten „dienenden“ Funktion des Abschlussprüfers sowie aus dem Fehlen einer diesbezüglichen gesetzlichen Anordnung folgt, dass die FMA als Aufsichtsbehörde an die Feststellungen des Abschlussprüfers in der Anlage nicht gebunden ist (vgl VwGH 21. 6. 1999, 94/17/0377). Die Berichterstattung des Abschlussprüfers kann, muss aber nicht zur Setzung aufsichtsbehördlicher Maßnahmen führen (vgl OGH 25. 3. 2003, 1 Ob 188/ 02 g, ÖBA 2004, 304 ff; dies geht schon aus den Mat zu § 23 WAG aF hervor). Winternitz, WAG § 23 Rz 5 leitet aus den weiteren Prüfungsgegenständen gemäß § 73 Abs 3 Z 1 und 2 überdies ab, dass die Wertpapierfirmen die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen zu treffen haben, um dem Abschlussprüfer die Prüfung der Einhaltung der in § 73 Abs 1 Z 1 und 2 aufgestellten Anforderungen mit vertretbaren Mitteln zu ermöglichen. Eine derartige Pflicht wird sich jedoch wohl weniger aus den aufsichtsrechtlichen Vorgaben des § 73 als vielmehr aus den zwischen Abschlussprüfer und Wertpapierfirma bestehenden Vertragsbeziehungen ergeben. 717
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Saria
B. Übermittlungs- und Vorlagepflichten 16 § 73 Abs 4 Satz 2 normiert eine Pflicht des Abschlussprüfers zur
Übermittlung der Anlage zum Prüfungsbericht über den Jahresabschluss an die Geschäftsleiter sowie die nach Gesetz oder Satzung bestehenden Aufsichtsorgane der Wertpapierfirma. Abgesehen von der damit vorgenommenen Festlegung der primären Berichtsempfänger und der impliziten Begründung einer Pflicht des Abschlussprüfers verpflichtet § 73 Abs 4 Satz 2 den Abschlussprüfer zu einer so zeitgerechten Übermittlung der Anlage, dass die Vorlagefrist des § 73 Abs 2 gewahrt werden kann. Maßgeblich für die zeitlichen Anforderungen auch nach § 73 Abs 4 Satz 2 bleibt somit § 73 Abs 2 (vgl dazu Rz 17 im Anschluss). 17 Die Vorlagepflicht nach § 73 Abs 2 trifft die Wertpapierfirma (vgl idS schon FMA, Rundschreiben der FMA betreffend die Vorlage des gesonderten Aufsichtsberichtes und des Jahresabschlusses vom 10. Februar 2004, S. 2; idS ferner Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 71). Die im Gesetz angeführten Unterlagen – der im Einklang mit § 73 erstellte und geprüfte Jahresabschluss sowie die in § 73 Abs 2 als „Prüfungsbericht“ bezeichnete Anlage zum Prüfungsbericht über den Jahresabschluss gemäß § 73 Abs 4 – sind der FMA vorzulegen. Möglich ist auch, dass die Wertpapierfirma den Abschlussprüfer vertraglich zur unmittelbaren Weiterleitung des Prüfungsberichts an die FMA verpflichtet (idS Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 71 FN 112). Die Wertpapierfirma wird dadurch allerdings nicht von ihrer aufsichtsrechtlichen Vorlagepflicht und der daraus resultierenden Verantwortung für die tatsächliche Übermittlung der notwendigen Unterlagen an die FMA befreit. Die Vorlage hat ferner innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres, nicht des Kalenderjahres zu erfolgen. Vor diesem Hintergrund sind die in § 73 Abs 1 für den Jahresabschluss sowie in § 73 Abs 4 Satz 2 für den Prüfungsbericht normierten Anordnungen, dass der Jahresabschluss so rechtzeitig zu erstellen oder der Prüfungsbericht so zeitgerecht zu übermitteln ist, „dass die Frist des Abs. 2 eingehalten werden kann“, im Grunde insoweit entbehrlich, als dadurch nur eine sich schon aus § 73 Abs 2 ergebende Konsequenz explizit klargestellt wird. Bis zum Ablauf der Frist des § 73 Abs 2 sind alle notwendigen gesellschaftsrechtlichen und rechnungslegungsrechtlichen Schritte zu setzen, um einen geprüften Jahresabschluss und den Prüfungsbericht nach § 73 Abs 4 vorlegen zu können, sodass jedenfalls im Ergebnis allenfalls längere gesellschaftsrechtliche und rechnungslegungsrechtliche Fristen entsprechend verkürzt werden. Darüber hinaus wird die Wertpapierfirma entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit dem Abschluss718
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prüfer zu treffen haben, um die zeitgerechte Erfüllung ihrer Vorlagepflicht gemäß § 73 Abs 2 sicherzustellen. § 73 Abs 2 Satz 2 ermöglicht der FMA, die Vorlage der Daten der 18 Jahresabschlüsse auch mittels elektronischer Übermittlung oder elektronischer Datenträger in standardisierter Form zu verlangen. Diese Vorschrift sollte vor dem Hintergrund, dass Jahresabschlüsse bereits nach § 277 Abs 6 UGB grundsätzlich in elektronischer Form einzureichen sind, keine besondere Erschwernis für die Wertpapierfirmen bilden. Die in § 73 Abs 2 Satz 2 der FMA eröffnete Möglichkeit zur Standardisierung der Form bezieht sich offenkundig nur auf das Dateiformat, wird doch die inhaltliche und formale Standardisierung bereits durch § 73 Abs 1 vorgenommen.
V. Verantwortlichkeit § 73 Abs 1 Satz 2 ordnet die Anwendbarkeit des § 275 UGB auf den 19 Abschlussprüfer iSd § 73 an. Diese ist nicht auf die eigentliche Jahresabschlussprüfung beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf Prüfungshandlungen nach § 73 Abs 3 sowie die Erstellung der Anlage zum Prüfungsbericht nach § 73 Abs 4 (vgl im Detail Brandl/Saria, ZFR 2008, 52 ff). § 73 Abs 1 Satz 2 hat primär klarstellenden Charakter (vgl Rz 1, 9; Brandl/Saria, ZFR 2008, 52) und ist auf Grund der Anordnung einer direkten und keiner sinngemäßen Anwendbarkeit des § 275 UGB ein Indiz dafür, dass der Gesetzgeber ebenfalls von einer Einheit von unternehmens- und aufsichtsrechtlicher Prüfung ausgeht (vgl dazu Rz 12). Bei Verletzung der Verpflichtungen nach § 73 ist der Verantwortliche 20 nach § 9 VStG mit Geldstrafe bis zu € 50.000,– zu bestrafen (§ 95 Abs 2 Z 1; vgl dazu § 95 Rz 6). Nach den Mat zu § 23 WAG aF erfüllt die Anlage zum Prüfungs- 21 bericht eine dem bankaufsichtlichen Prüfungsbericht entsprechende Funktion. Allein dies würde die Annahme von Amtshaftungsansprüchen bei Verletzungen des § 73 nahelegen. Allerdings scheiden derartige Ansprüche angesichts des § 3 Abs 5 FMABG, nicht aber wegen der vom Gesetzgeber zur Vermeidung von Amtshaftungsansprüchen gewählten Bezeichnung „Anlage zum Prüfungsbericht über den Jahresabschluss“ (vgl Brandl/Saria, ZFR 2008, 54; idS auch Dellinger/Puhm/ Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 72) grundsätzlich aus (vgl im Detail § 93 Rz 46). 719
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VI. Reformbedarf 22 Zwar wurde schon an der Vorgängerbestimmung des § 23 WAG aF
deshalb – rechtspolitische – Kritik geübt, weil diese Regelung überzogen, wenn auch unschädlich sei (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 23 Rz 1). Überdies werden verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit derartiger Vorschriften mit Art 4 Abs 2 EMRK sowie mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz geltend gemacht (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 61 Rz 1; zu weiteren verfassungsrechtlichen Bedenken vgl schon Rz 8). Dessen ungeachtet ist ein unmittelbarer Reformbedarf gegenwärtig weder ersichtlich, noch wird ein solcher in der Lit behauptet (vgl Bohrn/Winternitz, Reformstau beim WAG 2007, ZFR 2009, 204 f). § 74. (1) Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§ 4) haben, soweit sie gemäß § 189 Abs. 1 und 2 Unternehmensgesetzbuch – UGB, dRGBl. S 219/1897, zur Buchführung verpflichtet sind, einen Jahresabschluss gemäß der Gliederung der §§ 224 und 231 UGB, und soweit sie gemäß § 189 Abs. 4 UGB keine Buchführungspflicht trifft, eine Einnahmen-Ausgabenrechnung nach den Vorschriften des § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, zu erstellen. (2) Die gemäß Abs. 1 erstellten Jahresabschlüsse oder Einnahmen-Ausgabenrechnungen und die gemäß Abs. 4 erstellten Prüfungsberichte sind längstens innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres der FMA zu übermitteln. (3) Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben eine der in § 271 Abs. 1 UGB genannten Personen zur Prüfung der Beachtung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, insbesondere der §§ 6 und 9 und des 2. Hauptstücks zu bestellen; die Vorschriften über die Auswahl der Abschlussprüfer gemäß § 271 Abs. 2 UGB sind anzuwenden. Bei Genossenschaften ist die Prüfung der Beachtung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von den Prüfungsorganen gesetzlich zuständiger Prüfungseinrichtungen vorzunehmen. Die Vorschriften gemäß § 275 UGB über die Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers sind sinngemäß anzuwenden. (4) Das Ergebnis dieser Prüfung ist in einen gesonderten Prüfungsbericht aufzunehmen. Dieser Bericht ist den Geschäftsleitern der Wertpapierdienstleistungsunternehmen so zeitgerecht zu übermitteln, dass die Vorlagefrist des Abs. 2 eingehalten werden kann.
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Schrifttum: Brandl/Saria, Zur Reichweite der Begrenzung der Haftung des Abschlussprüfers nach dem WAG 2007, ZFR 2008, 51; FMA, Rundschreiben der FMA betreffend die Vorlage des gesonderten Aufsichtsberichtes und des Jahresabschlusses vom 10. Februar 2004; FMA, Checkliste zum „Leitfaden für die Erstellung eines gesonderten Aufsichtsberichtes gemäß § 23 bzw. § 23 a Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG)“; Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute Band II: Konzernabschluß, Formelle Fragen (1996); Herbst, Organe der Bankaufsicht und Amtshaftung, ÖBA 1998, 278; IDW, IDW Prüfungsstandard: Die Prüfung des Wertpapierdienstleistungsgeschäfts nach § 36 Abs. 1 Satz 1 WpHG (IDW PS 521) (Stand 6. 3. 2009); IWP, Richtlinie des Instituts Österreichischer Wirtschaftsprüfer zur Berichterstattung über die Beachtung von Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG) gemäß § 73 Abs 4 WAG 2007 bzw. gemäß § 74 Abs 4 WAG 2007 (IWP BA 6) (Fassung November 2008); Knop, Vermögensverwaltung im zweiten Jahr der MiFID, AG 2009, 357; Krejci, Amtshaftung für Bankprüfer, ÖBA 1998, 16; Pejhovsky/Necas/Brandl, Neuerungen für die Prüfung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen, in IWP (Hrsg), Wirtschaftsprüfer Jahrbuch 2009 (2009) 227; B. Raschauer, Bankaufsicht, Amtshaftung und Beihilfenverbot, ÖJZ 2005, 1; Rebhahn, Amtshaftung für „Bankprüfer“ – Wohltat oder Irrweg?, ÖBA 2004, 267; Sinning/Walter/Wätke, Neuerungen bei der Prüfung des Wertpapierdienstleistungsgeschäfts nach § 36 Abs. 1 WpHG – unter besonderer Berücksichtigung der Neufassung der WpDPV sowie des IDW PS 521 n. F., WPg 2008, 600; Stanzel, Die Bankenaufsicht nach der KWG-Novelle 1986, in Hofinger/Brandner, Aspekte des Kreditwesengesetzes nach der Novelle 1986 (1987), 289; Vertneg, Die neuen Berichtspflichten des Bankprüfers und begleitende Änderungen im Bankprüfungsrecht, ZFR 2007, 84. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 74): „Diese Bestimmung entspricht dem § 23 a des bisherigen WAG mit den in den Erläuterungen zu § 73 angeführten Unterschieden.“
Die Erl RV zu § 74 verweisen darauf, dass § 74 der Vorgängerbestim- 1 mung des § 23 a WAG aF mit den in den Erl RV zu § 73 angeführten Unterschieden entspreche. Der sich auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen beziehende § 74 trägt dem Umstand Rechnung, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Grund der Öffnung dieser Kategorie von Finanzdienstleistern über den für Wertpapierfirmen nach § 3 Abs 5 Z 1 zur Verfügung stehenden Kreis an Rechtsträgern hinaus auch in Rechtsformen am Markt auftreten können, die weder zur Aufstellung von Jahresabschlüssen nach den ergänzenden unternehmensrechtlichen Vorschriften für Kapitalgesellschaften noch überhaupt zur Buchführung nach unternehmensrechtlichen Bestimmungen verpflichtet sind. Im ersten Fall verpflichtet § 74 Abs 1 derartige Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Anwendung der an sich nur für Kapitalgesellschaften einschlägigen Gliederungsvorschriften nach den §§ 224 und 231 UGB. Im zweiten Fall ist zumindest eine EinnahmenAusgabenrechnung nach § 4 Abs 3 EStG zu erstellen. Ebenso wie bei 721
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§ 73 handelt es sich somit bei § 74 jedenfalls auch um eine rechnungslegungsrechtliche Sondervorschrift iSd § 189 Abs 3 UGB. Da § 74 im Grunde eine an die Besonderheiten der Wertpapierdienstleistungsunternehmen angepasste Fassung des § 73 bildet, kann im Wesentlichen auf die Kommentierung zu § 73 verwiesen werden. Das gilt insb für die dogmatischen Grundlagen (vgl § 73 Rz 2), den Normzweck (vgl § 73 Rz 3) und einen allfälligen Reformbedarf (dazu § 73 Rz 22; vgl auch hier Rz 3). Die Frage nach den europarechtlichen Grundlagen stellt sich für § 74 schon deshalb nicht, weil Wertpapierdienstleistungsunternehmen allein auf österreichischem Recht beruhen. 2 § 74 Abs 3 ordnet die Prüfung der Beachtung der Bestimmungen
des WAG an. Besonders hervorgehoben werden in diesem Zusammenhang – wie schon im Rahmen des § 73 Abs 3 Z 2 – die §§ 6 und 9 sowie das 2. Hauptstück. Das Fehlen der in § 73 Abs 3 Z 2 noch vorzufindenden Bezugnahme auf die §§ 64 bis 68 erklärt sich daraus, dass der Betrieb multilateraler Handelssysteme nach § 3 Abs 2 Z 4 Wertpapierfirmen vorbehalten ist. Ein Verweis auch auf die §§ 64 ff ist daher entbehrlich, weil diese Vorschriften für Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht einschlägig sein können. Im Übrigen entspricht der Prüfungsgegenstand im Grunde dem Tatbestand des § 73 Abs 3 Z 2; vgl daher § 73 insb Rz 11. Dass im Gegensatz zu § 73 im Rahmen des § 74 auf eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Jahresabschlusses sowie auf eine Prüfung der sachlichen Richtigkeit der Bewertung nach dem Vorbild des § 73 Abs 3 Z 1 verzichtet wird, erklärt sich mit dem Umstand, dass diese Tatbestände nicht für alle von § 74 erfassten Wertpapierdienstleistungsunternehmen einschlägig sind. 3 Hinsichtlich der Auswahl der Prüfer verweist § 74 Abs 3 auf § 271
Abs 1 UGB aF, der den Kreis der Abschlussprüfer positiv umschrieben hat. Diese Vorschrift ist zwischenzeitig in § 268 Abs 4 UGB aufgegangen, sodass der Verweis nunmehr in diesem Sinn zu verstehen ist. Dagegen ist die systematische Stellung der Normierung von Ausschlussgründen in § 271 Abs 2 UGB unverändert geblieben, sodass der diesbezügliche Verweis in § 73 Abs 3 nicht im Wege der Auslegung korrigiert werden muss. Von besonderer Bedeutung wird im vorliegenden Zusammenhang wohl der Ausschlussgrund nach § 271 Abs 2 Z 4 lit b UGB wegen Mitwirkung an der internen Revision sein; vgl dazu schon § 73 Rz 9, § 20 Rz 3 und Rz 20. Zu den genossenschaftlichen Prüfungsorganen gesetzlich zuständiger Prüfungseinrichtungen vgl § 73 Rz 8. 4 § 74 Abs 4 verlangt eine Berichterstattung über die Prüfung nach § 74
Abs 3 durch einen gesonderten Prüfungsbericht. Anders als bei § 73 gibt es hier keine Anlage zum Prüfungsbericht über den Jahresabschluss, weil nicht alle Wertpapierdienstleistungsunternehmen einen 722
Anlegerentschädigung
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Jahresabschluss „erstellen“. Zu Fragen von Inhalt, Form und Wirkungen der Berichterstattung vgl § 73 Rz 14 f; die diesbezüglichen Ausführungen sind – wie nicht zuletzt der Titel der IWP BA 6 zeigt – auf § 74 übertragbar. Wie schon im Rahmen des § 73 wird durch § 74 Abs 2 eine Pflicht zur Vorlage der nach § 74 Abs 1 erstellten Jahresabschlüsse, Einnahmen-Ausgabenrechnungen sowie der Prüfungsberichte nach § 74 Abs 4 bei der FMA innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres normiert. Damit korrespondiert eine Übermittlungspflicht des Prüfers an die Geschäftsleiter der Wertpapierdienstleistungsunternehmen. § 74 Abs 4 letzter Satz entspricht insoweit § 73 Abs 4 letzter Satz. Vgl zu den Vorlage- und Übermittlungspflichten daher § 73 Rz 16 f. Zuwiderhandeln gegen § 74 führt zur Verantwortlichkeit nach § 95 5 Abs 2 Z 1 (dazu § 95 Rz 6). Hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Prüfers ordnet § 74 Abs 3 letzter Satz explizit die sinngemäße Anwendung des § 275 UGB an. Die Normierung einer bloß sinngemäßen Anwendung des § 275 UGB beruht darauf, dass der Prüfer iSd § 74 Abs 3 kein Abschlussprüfer im unternehmensrechtlichen Sinn ist und § 275 UGB daher nicht unmittelbar anwendbar sein kann. Im Übrigen vgl zur Verantwortlichkeit auch § 73 Rz 19 ff, insb Rz 21 zu Fragen der Amtshaftung.
Anlegerentschädigung § 75. (1) Wertpapierfirmen, die eine oder beide der in § 3 Abs. 2 Z 2 und 3 genannten Dienstleistungen betreiben, haben einer Entschädigungseinrichtung anzugehören. Gehört eine solche Wertpapierfirma der Entschädigungseinrichtung nicht an, so erlischt die Berechtigung (Konzession) zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2; § 7 Abs. 2 BWG ist anzuwenden. (2) Die Entschädigungseinrichtung hat alle Wertpapierfirmen mit der Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 oder 3 als Mitglieder aufzunehmen. Die Entschädigungseinrichtung ist in der Form einer Treuhand-Haftungsgesellschaft als juristische Person zu betreiben. Die Entschädigungseinrichtung hat zu gewährleisten, dass, falls über ein Mitgliedsinstitut der Konkurs eröffnet wird oder eine Mitteilung der zuständigen Behörde gemäß Anhang II Buchstabe b der Richtlinie 97/9/EG erfolgt, Forderungen eines Anlegers aus Wertpapierdienstleistungen gemäß § 93 Abs. 2 a BWG bis zu einem Höchstbetrag von 20 000 Euro oder Gegenwert in fremder Währung pro Anleger auf dessen Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab 723
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dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt wurden, ausbezahlt werden. Die Bestimmungen des § 93 Abs. 3 BWG über anhängige Strafverfahren im Sinne des § 93 Abs. 5 Z 3 BWG sowie über Unterstützungs- und Informationspflichten gegenüber der Entschädigungseinrichtung sind anzuwenden. (3) Die Entschädigungseinrichtung hat nach Maßgabe der §§ 75 bis 78 und der anzuwendenden Bestimmungen des BWG Anleger für Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen zu entschädigen, die dadurch entstanden sind, dass eine Wertpapierfirma nicht in der Lage war, entsprechend den gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen 1. Gelder zurückzuzahlen, die Anlegern im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen geschuldet werden oder 2. den Anlegern Instrumente zurückzugeben, die diesen gehören und für deren Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften verwaltet werden. Von der Entschädigung ausgeschlossen sind Forderungen im Sinne von § 93 Abs. 5 Z 1 a bis 12 BWG sowie Bestandteile des Eigenkapitals der Wertpapierfirma. (4) Folgende Bestimmungen des BWG sind hinsichtlich der sicherungspflichtigen Wertpapierdienstleistungen anzuwenden: § 93 Abs. 4, 6, 8 a und 11; § 93 a Abs. 6 hinsichtlich der Möglichkeit, zur Sanierung von Mitgliedsinstituten beizutragen, sowie § 93 b Abs. 2 und 4. (5) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die nicht einer Entschädigungseinrichtung angehören müssen, haben ihre Kunden auf diesen Umstand spätestens bei Vertragsabschluß schriftlich hinzuweisen sowie gegebenenfalls durch Aushang in den Geschäftsräumen zu informieren. (6) Wertpapierfirmen haben ebenso ihre Privatkunden spätestens bei Vertragsabschluss auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, wenn sie in ihre Geschäftstätigkeit mit dem Kunden „Eigenprodukte“ einbeziehen; als Eigenprodukte gelten alle Finanzinstrumente, deren Vertrieb für die Wertpapierfirma, für ein mit dieser verbundenes Unternehmen oder für eine relevante Person dieser Wertpapierfirma einen über das Entgelt für die Wertpapierdienstleistung hinausgehenden direkten oder indirekten wirtschaftlichen Vorteil zur Folge hat. (7) Weiters haben Wertpapierfirmen die Privatkunden spätestens bei Vertragsabschluss auf einem dauerhaften Datenträger darauf hinzuweisen, dass sie bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen keine Kundengelder entgegen nehmen dürfen. 724
Anlegerentschädigung
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(8) Die Wertpapierfirmen haben die Kunden auf die Publikation der FMA über Bandbreiten für marktübliche Entgelte der Wertpapierfirmen hinzuweisen. Dazu hat die gesetzliche Interessenvertretung der Finanzdienstleister marktübliche Entgelte der Wertpapierfirmen regelmäßig zu erheben und diese der FMA bekanntzugeben; die FMA hat die Bandbreiten für marktübliche Entgelte auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. (9) Die Entschädigungseinrichtung hat die Aufgaben eines Früherkennungssystems für die Wertpapierfirmen wahrzunehmen; die Abschlussprüfer der Wertpapierfirmen haben mit der Entschädigungseinrichtung für Zwecke des Früherkennungssystems zusammenzuarbeiten. Die Mitgliedsinstitute haben der Entschädigungseinrichtung die für Zwecke des Früherkennungssystems erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen. Die Entschädigungseinrichtung ist hiebei Auftraggeber im Sinne des § 4 Z 4 DSG 2000. Die FMA ist ermächtigt, mit der Entschädigungseinrichtung für Zwecke des Früherkennungssystems zusammenzuarbeiten, insbesondere hinsichtlich des Abgleichs der gemeldeten Daten. IdF BGBl I 2009/39 Schrifttum: Gaggl, Anlegerentschädigung, wofür?, ecolex 2001, 946; Graf, Unter welchen Voraussetzungen trifft die Entschädigungseinrichtung gem § 23 b WAG 1997 eine Zahlungspflicht gegenüber geschädigten Anlegern?, ZFR 2008, 84; Hausmaninger, Zweite große WAG-Novelle: Klarstellungen, Erleichterungen und Anlegerentschädigung, ecolex 1999, 386; Kalss/Linder, Ausgewählte Fragen zur Anlegerentschädigung gemäß §§ 23 b ff WAG, ÖBA 2006, 824; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I (2005); Putzer, FinStaG IBSG – Finanzmarktstabilitätspaket (2009); Wilhelm, Zur Anlegerentschädigung nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz, ecolex 2007, 422; ders, AMIS und die Folgen, ecolex 2008, 105. ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 75) „Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen dem § 23 b des bisherigen WAG. Der Anwendungsbereich dieser Bestimmungen erfasst nach der neuen Systematik der Wertpapierdienstleistungen nunmehr jedoch auch Unternehmen, die über eine Konzession für die Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben (§ 3 Abs. 2 Z 3 WAG), verfügen.“ AA-85 GP XXIII RV 286 (Zu §§ 75 Abs 2, 76 Abs 6, 77 Abs 1 Z 1) „Begründung: Die Änderung über den Jahresabschluss der Entschädigungseinrichtung tragen der Tatsache Rechnung, dass diese stets als Kapitalsammelstelle mit Verrechnungsfunktion für die Anleger einerseits und für die Beitragleistenden andererseits gedacht war. Die Bilanzierung der Anlegeransprüche als eigene Verpflichtung der Entschädigungseinrichtung, bzw. der zu leistenden Beiträge
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Isola/Rapani
als Forderung, trägt wirtschaftlich nicht der eigentlichen treuhändigen Funktion der Entschädigungseinrichtung Rechnung. Dies wird durch die Änderung klargestellt. In der rechtlichen oder wirtschaftlichen Stellung der Anleger treten hierdurch keinerlei Änderungen ein. Inre Ansprüche sind wie bisher durch die gemäß § 76 Abs. 3 einzuhebenden Beträge und die in § 76 Abs. 4 genannte Höchstgrenze von 20 000 Euro bestimmt.“ ErlRV GP XXIV RV 48 „Zu § 75 Abs. 6: Eine ausdrückliche Informationspflicht gegenüber Kunden bei Vertrieb von Eigenprodukten soll vorgesehen werden. Die Veranlagung in (konzern)eigene Produkte von Wertpapierfirmen hat sich in der Praxis als Risikofaktor für Anlegerentschädigungsfälle erwiesen. Zum einen scheint schon die bestmögliche Wahrung der Kundeninteressen fraglich und müsste besonders nachgewiesen werden, zweitens wird die Abgrenzung von Ansprüchen des Anlegers im Verlustfall stark erschwert. Als Eigenprodukte sind Veranlagungen anzusehen, deren Vertrieb für die Wertpapierfirma (oder verbundenes Unternehmen oder relevante Person) einen über das Dienstleistungsentgelt hinausgehenden Vorteil bringt. In diesem Zusammenhang kann es auch zu indirekten Umgehungen des Verbots der Entgegennahme von Kundengeldern kommen.“ Zu § 75 Abs. 7: Eine ausdrückliche Informationspflicht gegenüber Kunden über das Verbot der Entgegennahme von Geldern im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen soll vorgesehen werden. Dass nämlich entgegen der WAG-Konzession dennoch Kundengelder entgegen genommen werden, wurde als wesentlicher Risikofaktor für Anlegerentschädigungsfälle identifiziert. Den Kunden sollte klar gemacht werden, dass eine Wertpapierfirma, die Gelder entgegen nimmt, sich außerhalb des Rechtsrahmens bewegt, was schon für sich genommen einen Risikofaktor darstellt. Darüber hinaus ist die Sicherheit der Kundengelder und Instrumente beeinträchtigt, wenn keine Veranlagung im Namen des Kunden erfolgt. Auch die Kontrolle von Verbleib und Verwendung bis hin zur Feststellbarkeit des individuellen Entschädigungsanspruchs werden durch dieses konzessionswidrige Verhalten erschwert. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die klare Abgrenzung am „point of sale“ zu Dienstleistungen, die zu begrenzten Zwecken die Entgegennahme von Kundengeldern erlauben (Tätigkeit als Versicherungsvermittler, Immobilienmakler). Zu § 75 Abs. 8: Marktunüblich überhöhte Provisionen haben sich in der Praxis als Risikofaktor für Anlegerentschädigungsfälle erwiesen. Wenngleich nunmehr durch das WAG 2007 eine zumindest pauschalierte Offenlegung von Provisionen vorgeschrieben ist, und so Vergleiche für die Kunden möglich werden, muss bedacht werden, dass nicht alle Kunden aktiv von der Vergleichsmöglichkeit ausreichend Gebrauch machen. Zur generellen Stärkung des Risikobewusstseins und insbesondere als Hilfestellung für weniger „informationsaktive“ Anleger sollen daher Veröffentlichungen der FMA auf Grund von Informationen des WKÖ-Fachverbandes über marktübliche Provisionen erfolgen. Die Publikation durch die FMA wurde aus kartellrechtlichen Gründen an Stelle der Veröffentlichung durch die Branche vorgesehen.
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Zu § 75 Abs. 9: Beim Aufbau des Früherkennungssystems wird auf das bewährte Früherkennungssystem bei den Einlagensicherungseinrichtungen der Kreditinstitute zurückgegriffen. Diese haben im Rahmen der Arbeitsgruppen erklärt, die Entschädigungseinrichtung bei der Einrichtung des Früherkennungssystems beraten und unterstützen zu wollen.“
Übersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entschädigungseinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Voraussetzungen einer Entschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Entschädigungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Anzuwendende Vorschriften des BWG im Überblick . . . . . . . . . . VII. Informations- und Hinweispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Früherkennungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 3–4 5–9 10–17 18–25 26–37 38–39
I. Allgemeines Der Ursprung dieser Bestimmung ist in der RL 97/9/EG zu sehen. Im 1 Zuge der Umsetzung dieser Richtlinie wurde § 23 b WAG aF eingeführt, der die Vorgängerbestimmung des heutigen § 75 WAG darstellt.
II. Anwendungsbereich § 75 WAG erfasst Wertpapierfirmen im Bereich der Portfolioverwal- 2 tung iSd § 3 Abs 2 Z 2 WAG und – im Gegensatz zu § 23 b WAG aF – auch der Abschlussvermittlung nach § 3 Abs 2 Z 3 WAG (143 Blg NR 23. GB 27 RV 27). Wertpapierfirmen, die über eine Konzession gemäß § 19 WAG, BGBl 1996/753 idF BGBl I 2006/141 verfügen, und die keiner Entschädigungseinrichtung angehören, hatten sich bei sonstigem Konzessionsverlust bis spätestens 30. 4. 2008 einer Entschädigungseinrichtung anzuschließen (siehe § 103 Z 8 WAG).
III. Entschädigungseinrichtung Im Jahr 2000 wurde die „Anlegerentschädigung für WPDLU (Wert- 3 papierdienstleistungsunternehmen) GmbH“ (AeW) mit Sitz in Wien gegründet, die nunmehr unter Anlegerentschädigung von WPF 727
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GmbH firmiert (vgl dazu Kalss/Linder, ÖBA 2006, 828; ferner unter www.aew.at). Die Entschädigungseinrichtung hat gemäß § 75 Abs 2 WAG eine Treuhand-Haftungsgesellschaft in Form einer juristischen Person zu sein. Im Unterschied zu den sektoralen Sicherungseinrichtungen im Bereich des BWG ist die AeW österreichweit die einzige Entschädigungseinrichtung iSd WAG. 4 Gemäß § 75 Abs 1 WAG haben alle Wertpapierfirmen, die gewerblich Wertpapierdienstleistungen iSd § 3 Abs 2 Z 2 und 3 WAG erbringen, Mitglieder der Entschädigungseinrichtung zu sein. Die Nichterfüllung dieser Verpflichtung führt zum Konzessionsverlust für Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs 2 WAG. Im Unterschied zu der Vorgängerbestimmung § 23 b WAG aF, die eine derartige Mitgliedschaft nur für Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit einer Konzession für die Vermögensverwaltung vorgeschrieben hat, ist diese nach der geltenden Rechtslage auch für Wertpapierfirmen, die eine Konzession für die Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeit ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand hat, gemäß § 3 Abs 2 Z 3 WAG Konzessionsvoraussetzung. Von einem Konzessionsverlust, der gemäß § 75 Abs 1 WAG iVm § 7 Abs 2 BWG mit Bescheid festzustellen ist, sind demnach beide genannten Tätigkeitsbereiche betroffen. Daneben bestehende Konzessionen iSd § 3 Abs 2 Z 1 und 4 WAG bestehen trotz Erlöschens der beiden anderen Konzessionen – nach § 3 Abs 2 Z 2 und 3 WAG – fort. Der Gesetzgeber statuiert in § 75 Abs 1 zweiter Satz WAG, dass bei einem Verstoß die Berechtigungen gemäß § 3 Abs 2 WAG erlöschen. Da aber die Mitgliedschaft bei einer Entschädigungseinrichtung nur Konzessionserfordernis für die Erbringung von Leistungen gemäß § 3 Abs 2 Z 2 und 3 WAG ist, können die Tätigkeitsbereiche gemäß § 3 Abs 2 Z 1 und 4 WAG von diesem Konzessionsverlust nicht erfasst sein (vgl zur alten Rechtslage Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 4 Rz 33). Für die Entschädigungseinrichtung besteht die Verpflichtung Wertpapierfirmen als Mitglieder aufzunehmen (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 4 Rz 30).
IV. Voraussetzungen einer Entschädigung 5 Eine Entschädigungsleistung setzt gemäß § 75 Abs 2 WAG voraus,
dass über eines der Mitglieder der Entschädigungseinrichtung der Konkurs eröffnet wird, oder dass eine Mitteilung der zuständigen Behörde iSd Anhang II lit b zur RL 97/9/EG erfolgt. Im letzten Fall teilt die zuständige Behörde eines Mitgliedstaates gemäß Anhang II lit b iVm 728
Anlegerentschädigung
§ 75
Art 2 Abs 2 RL 97/9/EG mit, dass aus Gründen im Bereich der Finanzlage einer Wertpapierfirma Anlegerforderungen gegenwärtig und voraussichtlich auch zukünftig nicht erfüllt werden können, oder dass ein Gericht das Ruhen dieser Forderungen bewirkt hat. Erfasst sind die Forderungen aus sicherungspflichtigen Wertpapierdienstleistungen gemäß § 93 Abs 2 a BWG. § 75 Abs 2 WAG nennt im Unterschied zu § 93 Abs 3 Z 2 BWG nicht den Fall der Verhängung der Geschäftsaufsicht über eines der Mitglieder der Entschädigungseinrichtung als Voraussetzung für die Leistungspflicht der Entschädigungseinrichtung. Dieser Unterschied verbessert allenfalls die Möglichkeiten einer unter Geschäftsaufsicht stehenden Wertpapierfirma erfolgreich einen Konkurs abzuwenden, weil nicht bereits mit der Verhängung der Geschäftsaufsicht sämtliche Forderungen der Anleger bei der Entschädigungseinrichtung angemeldet und abgewickelt werden können, was ja gravierende Auswirkungen auf die Vermögensstruktur der Wertpapierfirma hat. Es kommt nämlich zu einem Austausch der bisherigen Anleger gegen die Entschädigungseinrichtung als einzigem Gläubiger. Wenn auch ein Verweis auf § 93 Abs 3 BWG in diesem Zusammenhang fehlt, ergibt sich aus der Systematik des WAG, dass der Entschädigungseinrichtung in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschrift Rückgriffsansprüche gegen die betroffene Wertpapierfirma in Höhe der geleisteten Entschädigungsleistungen und der nachgewiesenen Kosten zustehen (vgl Wilhelm, ecolex 2007, 426). Die Regelung des WAG über die Aufrechnung gemäß § 76 Abs 4 WAG bestätigt diese Ansicht. Eine Pflicht zur Entschädigung besteht gemäß § 75 Abs 3 WAG nur 6 für Forderungen von Anlegern aus Wertpapierdienstleistungen, die daraus resultieren, dass eine Wertpapierfirma außer Stande war, Anlegern ihr iZm Wertpapierdienstleistungen geschuldetes Geld zurückzuzahlen, oder Anlegern ihre Instrumente, die auf deren Rechnung iZm Wertpapierdienstleistungen verwaltet wurden, zurückzustellen. Diese Vorschrift ist aus § 23 b Abs 3 WAG aF hervorgegangen, der § 93 Abs 3 b BWG nachgebildet war (1614 BlgNR 20. GP 28), welcher seinerseits wiederum auf § 93 Abs 2 a BWG verweisend den Entstehungsgrund entschädigungspflichtiger Forderungen definiert. § 93 Abs 2 a BWG verweist seit der Novellierung durch das BGBl I 2007/ 60 nicht mehr auf § 1 Abs 1 Z 19 BWG, der entfallen ist, sondern direkt auf § 2 Abs 2 Z 2 WAG. Unverständlich und systemwidrig erscheint, dass im Rahmen der sicherungspflichtigen Wertpapiergeschäfte nicht auch auf § 2 Abs 2 Z 3 WAG verwiesen wird. Mit „gesetzlichen Regelungen“ iSd § 75 Abs 3 WAG ist der allgemei- 7 ne Rückforderungsanspruch des Anlegers für sein Geld oder seine Instrumente gemeint, der sich aus dem Schadenersatz-, Bereicherungs729
§ 75
Isola/Rapani
oder Sachenrecht ergeben kann (Kalss/Linder, ÖBA 2006, 829). An derselben Stelle werden auch „vertragliche Regelungen“ genannt. Ein Rückforderungsanspruch auf Grund einer vertraglichen Regelung bleibt von dem gegebenenfalls konzessionswidrigen Verhalten grundsätzlich unberührt, weil die zugrunde liegende zivilrechtliche Vereinbarung gemäß § 92 Abs 4 WAG nicht zur Gänze unwirksam wird (Winternitz, WAG § 26 Rz 6). 8 Von der Anlegerentschädigung sind gemäß § 75 Abs 3 letzter Satz
WAG Forderungen iSd Ausnahmenkataloges des § 93 Abs 5 Z 1 a bis 12 BWG (ausführlich zu diesen Borns in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 93 Rz 5; Johler/Schroth in Dellinger [Hrsg], BWG III § 93 Rz 126 ff) und Bestandteile des Eigenkapitals der Wertpapierfirma ausgeschlossen. 9 Im Unterschied zum BWG erfasst der Regelungsbereich der Anleger-
entschädigung nach den §§ 75 ff WAG ausschließlich auf Grund konzessionswidrigen Verhaltens der Wertpapierfirma entstandene Anlegerforderungen. Handelt die Wertpapierfirma hingegen (bloß) rechtswidrig, indem sie zB entgegen der Weisungen ihres Anlegers Wertpapiergeschäfte vornimmt, ohne dabei Eigentum am Kundenvermögen zu begründen (vgl dazu § 3 Rz 13), löst dies lediglich eine Schadenersatzpflicht aus. Ein derartiges Verhalten stellt keinen Fall der Anlegerentschädigung dar (Kalss/Linder, ÖBA 2006, 828; ). Dieses Verständnis entspricht dem Willen des Gesetzgebers (1614 BlgNR 20. GP 28; krit Gaggl, ecolex 2001, 947, 949) und ist auch erforderlich, weil es anderenfalls keine unter das WAG subsumierbaren Sachverhalte der Anlegerentschädigung nach WAG gäbe (Kalss/Linder, ÖBA 2006, 828; OLG Wien 20. 4. 2007, 4 R 9/07 h, ÖBA 2008, 286). Wilhelm gelangt zu einem Regelungsinhalt, der ua auf Grund des im Erwägungsgrund 3 RL 97/9/EG genannten Normzweckes – des Schutzes vor „Betrügereien“ – nicht ausschließlich auf die Konzessionswidrigkeit der Handlung der Wertpapierfirma abstellt (ausführlich Wilhelm, ecolex 2007, 424 ff; ders, ecolex 2008, 105). Unstrittig ist, dass das unmittelbare konzessionswidrige Halten von Kundengeldern einen die Anlegerentschädigung begründenden Sachverhalt darstellt. Diesem ist das mittelbare Halten von Kundengeldern „durch einfache Konstruktionen der wirtschaftlichen Beherrschung oder Personenidentität der leitenden Organe verbundener Unternehmen“ gleichzuhalten (OLG Wien 20. 4. 2007, 4 R 9/07 h, ÖBA 2008, 286). Graf stellt zutreffend fest, dass es wohl nicht darauf ankommen kann, ob die Umgehungskonstruktion „einfach“ oder komplex gestaltet ist (Graf, ZFR 2008, 91). Die Abgrenzung inwieweit ein mittelbares Halten dem unmittelbaren Halten gleichgesetzt werden kann, bereitete nach der 730
Anlegerentschädigung
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bisherigen Rechtslage Schwierigkeiten (Kalss, ÖBA 2008, 290 f zu OLG Wien 20. 4. 2007, 4 R 9/07 h, Graf, ZFR 2008, 90). Einen wichtigen Beitrag zur Lösung dieses Abgrenzungsproblems liefert die durch das BGBl I 2009/39 in Absatz 6 statuierte Informationspflicht, die gerade darauf abzielt, indirekte Umgehungen des Verbotes der Entgegennhame von Kundengeldern zu verhindern (48 BlgNR 24.GP 3). Ein mittelbares Halten von Kundengeldern durch die dort genannten Vorteilsempfänger (siehe Rz 27) bzw diesen zurechenbare Rechtsträger (abgesehen von der Wertpapierfirma selbst, die ja unmittelbar halten würde) ist demnach jedenfalls vom Schutzbereich der Anlegerentschädigung erfasst. Dieses Verständnis fügt sich systematisch schlüssig in die Regelungssystematik der novellierten Anlegerentschädigung.
V. Entschädigungsleistung Die Entschädigungsleistung ist gemäß § 75 Abs 2 WAG pro Anleger 10 nach Legitimierung grundsätzlich mit € 20.000,– oder einem entsprechenden Betrag in fremder Währung begrenzt. § 75 Abs 2 WAG normiert, dass der Entschädigungsanspruch „pro Anleger“ besteht. Dieser Verweis im Text des WAG lässt den Schluss zu, dass die in § 93 Abs 3 BWG enthaltenen Regelungen zur Verhinderung von Mehrfachauszahlungen und die zu diesem Thema ergangene Judikatur (vgl OGH 10. 11. 1999, 7 Ob 246/99 y, ÖBA 2000, 536 f; mwN Borns in Laurer/ Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 93 Rz 7; Johler/ Schroth in Dellinger [Hrsg], BWG III § 93 Rz 89 ff) sinngemäß auf dem WAG unterliegende Sachverhalte Anwendung finden. Bezüglich dieses Höchstbetrages besteht für Forderungsberechtigte, die 11 iSd § 93 Abs 4 BWG – dieser ist auf Grund des Verweises in § 75 Abs 4 WAG anzuwenden – keine natürlichen Personen sind, die Einschränkung, dass ihre Entschädigungsansprüche nur bis zu einer Höhe von 90% der Forderung geltend gemacht werden können. Jedenfalls ist die Entschädigungsleistung in den zuletzt genannten Fällen mit € 18.000,– (= € 20.000,– minus 10%) begrenzt (Borns, Bankrecht2 383; aA Kalss/Linder, ÖBA 2006, 833). Gemäß § 75 Abs 2 WAG ist dem Anleger die Entschädigung längstens 12 drei Monate nach der Feststellung seiner Berechtigung und der Höhe seiner Forderung auszuzahlen. Zu der Divergenz der Fristen gemäß § 75 Abs 2 dritter Satz sowie § 76 Abs 4 WAG einerseits und § 76 Abs 3 WAG siehe § 76 Rz 29. 731
§ 75
Isola/Rapani
13 Der Anspruch des entschädigungsberechtigten Anlegers ist nach dem
Wortlaut des Gesetzes eine Holschuld (Kalss/Linder, ÖBA 2006, 832; Borns in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 93 Rz 17). 14 Die Entschädigungseinrichtung kann Forderungen der Wertpapierfir-
ma gegenüber ihrem entschädigungsberechtigten Anleger gemäß § 93 Abs 4 BWG (Verweis in § 75 Abs 4 WAG) und § 76 Abs 4 zweiter Satz WAG mit dessen Entschädigungsanspruch aufrechnen, wodurch der Entschädigungsanspruch geschmälert wird. Für diese Aufrechnung gilt § 19 Abs 2 KO. In jedem Fall ist der Entschädigungsanspruch des Anlegers mit dem Höchstbetrag begrenzt (Borns in Laurer/Borns/ Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 93 Rz 17; Johler/ Schroth in Dellinger [Hrsg], BWG III § 93 Rz 124 f). 15 Geht der Entschädigungsanspruch mit der Insolvenz der Wertpapier-
firma einher, bestehen für den Anleger zwei voneinander unabhängige Anspruchsgrundlagen (vgl OGH 17. 12. 2002, 5 Ob 281/02 p, ZIK 2003/181). Zum einen hat er einen Anspruch auf eine Entschädigungsleistung von der Entschädigungseinrichtung und zum anderen eine Konkursforderung gegen die insolvente Wertpapierfirma (Kalss/ Linder, ÖBA 2006, 833). Konkurs- und Entschädigungsforderung sind aber gegenseitig aufeinander anzurechen. Im Ergebnis darf diese wechselseitige Anrechnung unabhängig davon, welche Forderung zuerst geltend gemacht wurde, zu keinem unterschiedlichen Ergebnis führen (OGH 7. 8. 2002, 7 Ob 106/02 t).
16 Die nachstehenden Beispiele, bei denen von einer Forderung gegenüber
der Wertpapierfirma in Höhe von € 100.000,– und einer Konkursquote von 50% ausgegangen wird, sollen diese Aussage verdeutlichen:
Wird zuerst die Konkursquote in Höhe von € 50.000,– ausgeschüttet, kann der Forderungsberechtigte gegenüber der Entschädigungseinrichtung nur mehr eine Forderung in Höhe von 50% von € 20.000,–, also € 10.000,–, geltend machen, wodurch sich ein Gesamtbetrag von € 60.000,– ergibt. Wird hingegen zuerst die Entschädigungsleistung in Höhe von € 20.000,– ausgeschüttet, kann im Konkursverfahren nur eine Forderung von € 80.000,– (ursprüngliche Forderung gegenüber der Wertpapierfirma in Höhe von € 100.000,– abzüglich der bereits erbrachten Entschädigungsleistung in Höhe von € 20.000,–) angemeldet werden, was bei einer Quote von 50% einen Betrag von € 40.000,– ergibt. Addiert man zu diesem die Leistung der Entschädigungseinrichtung in Höhe von € 20.000,–, beläuft sich der dem Anleger zustehende Gesamtbetrag ebenfalls auf € 60.000,–. 732
Anlegerentschädigung
§ 75
§ 75 Abs 2 letzter Satz WAG normiert durch einen Verweis auf § 93 17 Abs 3 und Abs 5 Z 3 BWG die Auszahlungssperre der Entschädigungsleistung durch die Entschädigungseinrichtung – explizit nur – für den Fall anhängiger Strafverfahren wegen Geldwäscherei, die jedenfalls bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Strafsache bzw bis zur Erklärung der Behörde (§ 6 SPG), dass kein Grund für eine weitere Verfolgung besteht, aufrecht bleibt. Der Entschädigungseinrichtung sind derartige Erklärungen von den zuständigen Behörden (§ 6 SPG) unverzüglich zu übermitteln (Borns in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 93 Rz 17). § 75 Abs 2 WAG verweist nicht auf die ebenfalls in § 93 Abs 3 BWG genannte Verdachtsmeldung bei der zuständigen Behörde gemäß § 41 Abs 1 BWG (auf diese Vorschrift verweist das WAG in § 6; vgl dazu § 6 Rz 14), weshalb die im WAG geregelte Auszahlungssperre – anders als die Auszahlungssperre nach den Vorschriften des BWG – erst ab der Anhängigkeit eines Strafverfahrens und nicht bereits ab dem Vorliegen einer Anzeige iSd § 41 Abs 1 BWG eintritt (vgl Borns in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 93 Rz 17; Johler/Schroth in Dellinger [Hrsg], BWG III § 93 Rz 129).
VI. Anzuwendende Vorschriften des BWG im Überblick Der Gesetzgeber verweist in § 75 Abs 4 WAG auf Grund der annähernd gleichen Sachverhalte, für die das BWG bereits Regelungen vorsieht, auf die anzuwendenden (nachstehend in gebotener Kürze angeführten) Regelungen des BWG, bezüglich sicherungspflichtiger Wertpapierdienstleistungen, die auf dem WAG unterliegende Sachverhalte anzuwenden sind (vgl 1614 BlgNR 20. GP 28). Zu § 93 Abs 4 BWG vgl bereits Rz 11. § 93 Abs 6 BWG gilt für im Ausland erbrachte Wertpapierdienstleistungen. Sieht das dort geltende Anlegerentschädigungssystem höhere Entschädigungsbeträge als das österreichische vor, ist für die österreichische Entschädigungseinrichtung letzteres maßgeblich. § 93 Abs 8 a BWG definiert Informationspflichten der Wertpapierfirmen gegenüber ihren Kunden betreffend das anzuwendende inländische oder gegebenenfalls ausländische Entschädigungssystem. § 93 Abs 11 BWG normiert ein Werbeverbot, welches es untersagt, mit der Mitgliedschaft bei einer Entschädigungseinrichtung zu werben. Es ist einer Wertpapierfirma lediglich erlaubt, die Sicherungseinrichtung, der sie angehört, zu nennen. 733
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23 § 93 a Abs 6 BWG regelt die Möglichkeit der Entschädigungseinrich-
tung, über ihren gesetzlichen Auftrag der Zahlung der sicherungspflichtigen Forderungen hinaus in finanzielle Schwierigkeiten geratene Mitglieder mit Zustimmung der anderen Mitglieder bei der Sanierung zu unterstützen. 24 § 93 b Abs 2 BWG regelt die Bewertung der Forderungen entschädigungsberechtigter Anleger dahingehend, dass diese mit ihrem Marktwert im Zeitpunkt des Eintritts des Entschädigungsfalles anzusetzen sind. Zur Forderung gehören auch Zinsen und Dividenden, die zwischen dem Zeitpunkt des Eintritts des Entschädigungsfalles und der Auszahlung der Entschädigungsleistung angefallen sind. 25 § 93 b Abs 4 BWG regelt das Verhältnis der Beiträge der Mitglieder der Entschädigungseinrichtung in einem Entschädigungsfall (zur sinngemäßen Anwendung dieser Vorschrift siehe § 78 Rz 5).
VII. Informations- und Hinweispflicht 26 Eine Wertpapierfirma oder ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen,
das nicht Mitglied der Entschädigungseinrichtung sein muss, hat seine Kunden gemäß § 75 Abs 5 WAG spätestens bei Vertragsabschluss schriftlich oder durch einen entsprechenden Aushang im Geschäftslokal über diesen Umstand zu informieren. Im Zuge der jüngsten Novellierung des WAG 2007 (BGBl I 2009/39) hat der Gesetzgeber drei der Praxis entnommene Risikofaktoren für die Anlegerentschädigung identifiziert und drei weitere Informationspflichten für Wertpapierfirmen geschaffen (48 BlgNR 24.GP 3). 27 § 75 Abs 6 WAG statuiert, dass Wertpapierfirmen, sofern sie „Eigenprodukte“ in die Geschäftstätigkeit mit ihren Privatkunden (vgl § 1 Rz 22) einbeziehen, diese spätestens bei Vertragsabschluss auf einem dauerhaften Datenträger (vgl § 1 Rz 37) darüber zu informieren haben. § 75 Abs 6 WAG enthält eine eigene Legaldefinition des Begriffes „Eigenprodukte“. Darunter fallen sämtliche Finanzinstrumente, deren Vertrieb • für die Wertpapierfirma, • für ein mit ihr verbundenes Unternehmen oder • für eine relevante Person dieser Wertpapierfirma einen über das Entgelt (siehe zur Abgrenzung dieses Begriffes auch Rz 33) für die Wertpapierdienstleistung hinausgehenden direkten oder indirekten wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringt. 28 Das WAG enthält zwar zahlreiche Legaldefinitionen, die sich auf Unternehmensverbindungen beziehen (§ 1 Z 22 bis 26 sowie Z 31 und 32 734
Anlegerentschädigung
§ 75
WAG; vgl § 1 Rz 26 ff), jedoch keine eigene für den Begriff verbundene Unternehmen, weshalb davon auszugehen ist, dass es sich dabei um verbundene Unternehmen gemäß § 228 Abs 3 UGB handelt (vgl Putzer, Finanzmarktstabilitätspaket, WAG 2007 § 75 Anm 6). Gemäß den Erl zum RLG 1990 zu § 228 UGB sind die in § 272 dHGB und Artikel 41 der Konzernrichlinie genannten Unternehmen als „Verbundene Unternehmen“ anzusehen (1270 BlgNR 17. GP 56). Eine wörtliche Auslegung der dt Bestimmung führt jedoch zu keinem zufrieden stellenden Ergebnis (Adler/Düring/Schmalz, Rechnungslegung TB V6 § 271 Rz 52). Eine richtlinienkonforme Interpretation ergibt, dass „auch Tochterunternehmen eines gemeinsamen Mutterunternehmens verbundene Unternehmen sind, wie auch Enkelgesellschaften untereinander und zu jedem Unternehmen des Kreises“ (Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung TB V6 § 271 Rz 52; Nowotny in Straube, HGB II2 § 228 Rz 5). Wer als relevante Person – dieser Wertpapirfirma, also der Informationspflichtigen – anzusehen ist, ist in § 1 Z 29 WAG definiert (vgl § 1 Rz 32). Intendiertes Ziel der Bestimmung ist den Erl zu Folge die Wahrung der Privatkundeninteressen, also die Gewährleistung einer objektiven Beratung und die Möglichkeit der besseren Abgrenzbarkeit von Ansprüchen des Anlegers im Verlustfall (48 BlgNR 24.GP 3). Regelungssystematik und Aufbau des WAG betrachtend verwundert 29 es, diese Bestimmung gerade an dieser Stelle vorzufinden und nicht in § 35 WAG, der Bestimmungen über die Vorgehensweise bei Interessenskonflikten normiert (vgl 13/SN-10/ME 24. GP), oder in § 40 WAG, der die Information der Kunden konkretisiert (vgl 9/SN-10/ME 24. GP). Ein möglicher Grund für die gewählte Vorgehensweise könnte darin liegen, dass sich der Gesetzgeber – entgegen Stellungnahmen, die sich dafür ausgesprochen haben, diese Bestimmung auf alle Rechtsträger, die Wertpapierdienstleistungen erbringen, zu erstrecken (10/ SN-10/ME 24. GP; 13/SN-10/ME 24. GP) – offenbar bewusst dafür entschieden hat, diese Informationspflicht ausschließlich Wertpapierfirmen aufzuerlegen. In den Erl wird ausgeführt, dass es iZm dem Vertrieb von Eigenpro- 30 dukten zu einer indirekten Umgehung des Verbots der Entgegennahme von Kundengeldern kommen kann (48 BlgNR 24.GP 3). Die durch diese Informationspflicht geschaffene erhöhte Transparenz in diesem Bereich erscheint durchaus geeignet das konzessionswidrige (mittelbare) Halten von Kundengeldern (vgl Rz 9) zurückzudrängen (vgl Putzer, Finanzmarktstabilitätspaket, WAG 2007 § 75 Anm 7) und für den Kunden überhaupt erst erkennbar zu machen. 735
§ 75
Isola/Rapani
31 Der Gesetzgeber hat die konzessionswidrige Entgegennahme von Kun-
dengeldern (vgl § 3 Rz 13) als wesentlichen Risikofaktor für Anlegerentschädigungsfälle identifiziert. Durch die in § 75 Abs 7 WAG statuierte Informationspflicht soll den Kunden „klar gemacht werden, dass eine Wertpapierfirma, die Gelder entgegen nimmt, sich außerhalb des Rechtsrahmens bewegt“ (48 BlgNR 24.GP 3). Diese explizite Aufklärung dient wohl der zusätzlichen Sensibilisierung der Anleger. Es ist jedoch durchaus denkbar, dass sich Anleger die künftig einen Entschädigungsanspruch geltend machen, in Fällen, in denen ihr Anspruch im konzessionswidrigen (wohl auch mittelbaren) Halten von Kundengeldern begründet ist (vgl dazu Rz 9 und 27), auf Grund ihrer spätestens bei Vertragsabschluss erfolgten Aufklärung mit dem Vorwurf ihrer mangelnden Schutzwürdigkeit konfrontiert sehen (vgl Kalss, ÖBA 2008, 291 zu OLG Wien 20. 4. 2007, 4 R 9/07 h). 32 Die in § 75 Abs 8 WAG statuierte Informationspflicht besteht im ver-
pflichtenden Hinweis auf die Veröffentlichungen der FMA über Bandbreiten für marktübliche Entgelte der Wertpapierfirmen, die diese auf der Grundlage von Informationen des WKÖ-Fachverbandes erstellt. Der Ministerialentwurf (10/ME 24. GP) sah den Hinweis auf „die Publikation der gesetzlichen Interessensvertretung der Finanzdienstleister über marktübliche Provisionen und Entgelte der Wertpapierfirmen“ vor. In den Stellungnahmen wurde darauf hingewiesen, dass eine derartige Regelung ein kartellrechtlich verbotenes abgestimmtes Verhalten (§ 81 Abs 1 EGV, § 1 Abs 1 KartG 2005) darstellen könnte, wobei die gesetzliche Interessensvertretung als Unternehmensvereinigung iSd Kartellrechts zu werten sei (13/SN-10/ME 24. GP; 16/SN-10/ME 24. GP). Der Gesetzgeber hat auf diese berechtigten Einwände zum Teil reagiert und zum einen lediglich auf Bandbreiten von Entgelten abgestellt und zum anderen deren Publikation der FMA übertragen. Die Erhebung der zu veröffentlichenden Daten obliegt weiterhin der gesetzlichen Interessensvertretung. 33 Der Gesetzgeber stellt auf die Bandbreiten von Entgelten ab. Das
WAG enthält keine eigene Definition des Begriffes „Entgelt“. Eine Interpretationshilfe liefert Z 1 der Anlage 1 zu § 40 WAG. Dieser lässt sich entnehmen, dass sich der Gesamtpreis, den der Kunde iZm dem Finanzinstrument, der Wertpapierdienstleistung oder der Nebendienstleistung zu leisten hat, (zumindest) aus Gebühren, Provisionen, Entgelten, Auslagen und vom Rechtsträger zu entrichtenden Abgaben zusammensetzt. Daraus kann jedenfalls abgeleitet werden, dass Entgelte und Provisionen zwei voneinander unabhängige Größen darstellen. Dieses Verständnis findet auch Deckung in der Verwendung des Begriffes „Entgelt“ in Absatz 6.
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Anlegerentschädigung
§ 75
Ausweislich der Mat (48 BlgNR 24.GP 3) haben sich marktunüblich überhöhte Provisionen in der Praxis als Risikofaktor für Anlegerentschädigungsfälle herausgestellt. Unabhängig von bereits bestehenden Offenlegungspflichten, sollen die Veröffentlichungen von Bandbreiten üblicher Provisionen durch die FMA der Stärkung des Risikobewusstseins und als Hilfestellung für weniger informationsaktive Anleger dienen. Da die Veröffentlichung von Bandbreiten üblicher Entgelte jedoch keinerlei Rückschlüsse auf die Üblichkeit von Provisionshöhen zulässt, stehen die Materialen im Widerspruch zum Gesetzestext. Erläuternde Bemerkungen zu einem Gesetzesentwurf können aber nur dann herangezogen werden, wenn sie mit der Absicht des Gesetzgebers, wie sie sich aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt, in Einklang bringen lassen und überdies eine brauchbare Lösung ergeben (OGH 4. 9. 1957, 2 Ob 140/57, Arb 6696). Auch eine extensive Auslegung des Begriffes „Entgelt“ scheidet aus, da dadurch zum einen die Regelung des Abs 6 geschwächt und zum anderen ein Widerspruch zu Anlage 1 zu § 40 WAG geschaffen würde. Um der Intention des Gesetzgebers gerecht zu werden, ist es de lege ferenda zumindest erforderlich den Begriff „Entgelt“ durch „Provision“ zu ersetzen. Noch zielführender wäre es – wie es auch der Ministerialentwurf (10/ME 24. GP) vorsah – Bandbreiten von Entgelten und Provisionen zu veröffentlichen. Die Verletzung der in den Abs 5 bis 8 statuierten Informationspflichten stellt gemäß § 95 Abs 3 WAG eine mit Geldstrafe bis zu € 30.000,– bedrohte Verwaltungsübertretung dar (vgl Hausmaninger, ecolex 1999, 386). Rechtssubjekt dieser Strafbestimmung ist unabhängig von der Gesellschaftsform der Wertpapierfirma bzw des Wertpapierdienstleistungsunternehmens immer ein Verantwortlicher iSd § 9 VStG.
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VIII. Früherkennungssystem Im Zuge der weitreichenden Neugestaltung der Anlegerentschädigung 38 durch das BGBl I 2009/39 wurde in Abs 9 die Einführung eines Früherkennungssystems statuiert. Der Gesetzgeber greift dabei auf das bereits bewährte Früherkennungssystem bei den Einlagensicherungseinrichtungen der Banken zurück (48 BlgNR 24.GP 3). Der Verweis in den Mat bezieht sich auf das in § 61 Abs 1 Satz 2 bis 4 BWG determinierte Früherkennungssystem. Vergleichbar mit den Einlagensicherungseinrichtungen gemäß BWG hat die Entschädigungseinrichtung 737
§ 76
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die Aufgaben des Sicherungssystems wahrzunehmen. Wie auch die Bankprüfer haben die Abschlussprüfer der Wertpapierfirmen für Zwecke des Früherkennungssystems mit der Entschädigungseinrichtung zusammenzuarbeiten (zur Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht vgl Winternitz/Aigner, WAG 70 f). Die Mitgliedsinstitute haben der Entschädigungseinrichtung alle zum Zweck des Früherkennungssystems erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Abs 9 S 3 führt aus, dass die Entschädigungseinrichtung als Auftraggeber gemäß § 4 Z 4 DSG auftritt (Verarbeitung der überlassenen Daten, auf Grund von Rechtsvorschriften). Insb hinsichtlich des Abgleichs der gemeldeten Daten ist die FMA ermächtigt mit der Entschädigungseinrichtung für Zwecke des Früherkennungssystems zusammenzuarbeiten (vgl Anm zu § 91 Abs 4 Z 13). 39 Ausdrückliches Ziel des Gesetzgebers ist die Begrenzung des Risikos von Entschädigungsfällen (48 BlgNR 24.GP 1). Daraus ergibt sich, dass es das Ziel des Früherkennungssystems sein muss, potentielle Entschädigungsfälle so rechtzeitig zu erkennen, dass deren Eintritt nach Möglichkeit abgewendet werden kann. Anders als im Anwendungsbereich des BWG kommt es hier jedoch nicht auf das frühzeitige Erkennen einer wirtschaftlichen Schieflage, der entgegengesteuert werden soll an (vgl dazu mwN Dellinger/Steinböck in Dellinger [Hrsg], BWG III § 61 Rz 7, 93 Rz 187), weil ein Entschädigungsfall (losgelöst von der wirtschaftlichen Lage einer Wertpapierfirma) ausschließlich bei konzessionswidrigem Verhalten eintritt bzw vorliegt. Hauptaufgabe des Frühwarnsystems ist demzufolge frühzeitig einzelne Wertpapierfirmen bzw Strukturen zu identifizieren, die ein konzessionswidriges Verhalten ermöglichen, fördern oder bereits gesetzt haben. § 76. (1) Die Entschädigungseinrichtung hat ihre Mitgliedsinstitute zu verpflichten, jährliche Beiträge und zusätzlich für den Fall einer Auszahlung von Entschädigungen unverzüglich anteilsmäßige Beiträge zu leisten, um ihren Entschädigungsverpflichtungen nachzukommen. Die Mitgliedsinstitute haben der Entschädigungseinrichtung bis zum 30. Juni des Folgejahres die geprüften Jahresabschlüsse zu übermitteln sowie die sonstigen für die Beitragsleistung erforderlichen Daten, inbesondere auch Angaben zur Kundenzahl zu übermitteln. Die Entschädigungseinrichtung hat jene organisatorischen Vorkehrungen zu treffen, die die unverzügliche Bemessung und Auszahlung der gesicherten Forderungen ermöglichen. (1 a) Die jährlichen Beiträge betragen 1. bei Mitgliedsinstituten mit bis zu 100 Kunden1 vT 738
Anlegerentschädigung
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2. bei Mitgliedsinstituten mit bis zu 1000 Kunden2 vT 3. bei Mitgliedsinstituten mit ab 1001 Kunden3 vT Der Umsatzerlöse jedes Mitgliedsinstituts aus Wertpapierdienstleistungen aus dem jeweiligen Geschäftsjahr. Der so ermittelte Betrag ist vom jeweiligen Mitgliedsinstitut bis zum 30. Juni des Folgejahres an die Entschädigungseinrichtung zu leisten. (1 b) Zusätzliche Beiträge (Sonderbeiträge) für den Fall einer Auszahlung von Entschädigungen sind dann zu leisten, wenn die von der Entschädigungseinrichtung auf Grund der jährlichen Beitragsleistung vereinnahmten Beträge nicht ausreichen, um ihren Entschädigungsverpflichtungen nachzukommen. Die Beitragsverpflichtungen der Mitgliedsinstitute sind von der Entschädigungseinrichtung zu ermitteln und die errechneten Beiträge den Mitgliedsinstituten anteilsmäßig nach dem Verhältnis der fixen Gemeinkosten gemäß § 9 Abs. 2 jedes Mitgliedsinstitutes aus dem vorhergehenden Geschäftsjahr zu den fixen Gemeinkosten aller Mitgliedsinstitute aus dem vorhergehenden Geschäftsjahr vorzuschreiben. (1 c) Bis zum Erreichen eines Beitragsvermögens durch eingenommene jährliche Beiträge in Höhe von 5 vH der Umsatzerlöse aller Mitgliedsinstitute durch die Entschädigungseinrichtung hat die Entschädigungseinrichtung den Differenzbetrag auf das der Entschädigungseinrichtung durch bereits eingenommene jährliche Beiträge zur Verfügung stehende Beitragsvermögen durch Versicherungsdeckung oder Bankgarantien, jeweils unter Einschluss von Schäden aus strafbarem Verhalten, und zwar mittels eines Teils der jährlichen Beitragsleistung, maximal aber mit der Hälfte davon, auszugleichen. Dies gilt auch, wenn das Beitragsvermögen unter 5 vH der Umsatzerlöse absinkt. (1 d) Das Beitragsvermögen ist bis zur widmungsgemäßen Verwendung durch die Entschädigungseinrichtung mündelsicher zu veranlagen. Es bildet gemeinsam mit den allfälligen Ansprüchen gemäß Abs. 1 c ein Sondervermögen, das durch die Entschädigungseinrichtung treuhändig zu verwalten ist. Über das Sondervermögen ist durch die Entschädigungseinrichtung jährlich gleichzeitig mit dem Jahresabschluss der Entschädigungseinrichtung Rechnung zu legen. Die Kontrolle der ordnungsgemäßen Verwaltung des Sondervermögens hat durch die gesetzliche Interessenvertretung der Mitgliedsinstitute zu erfolgen. Wegen Forderungen gegen die Entschädigungseinrichtung, die nicht aus Gründen von Entschädigungsverpflichtungen entstanden sind, darf in das Sondervermögen nicht Exekution geführt werden. Dem Konkurs der Entschädigungseinrichtung ist das Sondervermögen entzogen. 739
§ 76
Isola/Rapani
(2) Forderungsberechtigte aus Wertpapierdienstleistungen können während eines Zeitraums von einem Jahr ab der Eröffnung des Konkurses oder der Mitteilung der zuständigen Behörde gemäß Anhang II Buchstabe b der Richtlinie 97/9/EG ihre Ansprüche bei der Entschädigungseinrichtung anmelden. § 93 Abs. 3 c letzter Satz BWG ist anzuwenden. (3) Die Entschädigungseinrichtung hat unverzüglich nach Ablauf des Anmeldungszeitraums Beiträge der Mitgliedsinstitute zur Deckung der Entschädigungsansprüche einzuheben. Die nach Abs. 1 b zu bemessenden Beiträge sind für das einzelne Mitgliedsinstitut dadurch begrenzt, dass es im Geschäftsjahr ohne Anrechnung der jährlichen Beiträge gemäß Abs. 1 a höchstens zu Beitragsleistungen im Ausmaß von 2,5% der fixen Gemeinkosten gemäß § 9 Abs. 2 aus dem vorhergehenden Geschäftsjahr verpflichtet ist. Die Mitgliedsinstitute können zur Leistung des Sonderbeitrages gemäß Abs. 1 b innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren nur zwei mal verhalten werden. Kann die Entschädigungseinrichtung die Auszahlung der gesicherten Ansprüche nicht voll leisten, so hat sie zur Erfüllung der restlichen Auszahlungsverpflichtungen Darlehen aufzunehmen oder Schuldverschreibungen auszugeben. Der Bundesminister für Finanzen kann nach Maßgabe besonderer gesetzlicher Ermächtigung die Bundeshaftung für diese Verpflichtungen übernehmen. Dem Bund steht bei Inanspruchnahme aus dieser Haftung ein Rückgriffsanspruch gegen die Entschädigungseinrichtung zu. Dieser ist auf einen Sonderbeitrag gemäß Abs. 1 b begrenzt. Die Laufzeiten der Darlehen oder Schuldverschreibungen sind fristenkongruent mit der Fälligkeit des zweitfälligen Sonderbeitrages zu vereinbaren. (4) Die Entschädigungseinrichtung hat zu gewährleisten, dass Forderungen eines Anlegers aus Wertpapierdienstleistungen gemäß § 75 Abs. 3 bis zu einem Höchstbetrag von 20 000 Euro oder Gegenwert in fremder Währung pro Anleger auf dessen Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt wurden, ausbezahlt werden. Die Entschädigungseinrichtung ist berechtigt, Entschädigungsforderungen mit Forderungen des Mitgliedsinstituts aufzurechnen. § 19 Abs. 2 KO ist anzuwenden. (5) Stehen der Feststellung der Forderungen oder der Aufbringung der Entschädigungswerte außergewöhnliche Hindernisse entgegen und kann auf Grund dessen die Frist gemäß Abs. 4 nicht eingehalten werden, so verlängert sich diese Frist um weitere drei Monate. Die FMA ist weiters auf Antrag der Entschädigungseinrichtung berechtigt, die Verlängerung der Frist um weitere drei Monate 740
Anlegerentschädigung
§ 76
zu bewilligen, wenn dies auf Grund besonderer Umstände zur Abwehr eines volkswirtschaftlichen Schadens, insbesondere durch die Gefährdung der Stabilität des Finanzsystems, erforderlich ist. (6) Die Entschädigungseinrichtung hat die Beitragseinhebung gemäß Abs. 3 und die Entschädigungsauszahlungen treuhändig abzuwickeln. Sie hat zu diesem Zweck jeweils ein Verzeichnis aller Anlegerforderungen (Abs. 4) und der zu leistenden Beiträge (Abs. 3) zu erstellen. Beiträge gemäß Abs. 3 und Forderungen gemäß Abs. 4 sind unter der Bilanz auszuweisen und hat die Entschädigungseinrichtung keine Rückstellungen gemäß § 198 Abs. 8 UGB zu bilden. Eine Aufstellung des Treuhandvermögens ist als Anhang zum Jahresabschluss auszuweisen. IdF BGBl I 2009/39 Schrifttum: Borns, Das österreichische Bankrecht2 (2006); F. Bydlinski, Mündelsichere Veranlagung in „industrielle“ oder „gewerbliche“ Liegenschaften, JBl 2004, 677; Kalss/Linder, Ausgewählte Fragen zur Anlegerentschädigung gemäß §§ 23 b ff WAG, ÖBA 2006, 824; Motter, Das neue Kindschaftsrecht und die neue Anlegung von Mündelgeld (1977); Putzer, FinStaG IBSG – Finanzmarktstabilitätspaket (2009); Raschauer, Die Pflichthaftpflichtversicherung aus verfassungsrechtlicher Sicht, VersR 2005, 35; Winternitz/Aigner, Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (2007). ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 76) „Diese Bestimmung entspricht dem § 23 c des bisherigen WAG.“ AA-85 GP XXIII RV 286 Zu 76 Abs 6 siehe die Wiedergabe der Mat bei § 75. ErlRV GP XXIV RV 48 „Zu § 76 Abs. 1 bis 3: Hiedurch wird eine jährlich wiederkehrende ex-ante-Finanzierung (jährliche Beiträge) aus dem Kreis der Konzessionsträger verfügt; eine solche Finanzierung mildert das Problem, dass eine relativ geringe Anzahl von Beitragspflichtigen mit geringen Eigenmitteln bei reiner anlassbezogener Finanzierung rasch überfordert ist; die ex-ante-Finanzierung ist weiters gerechter, da der zeitliche Zufall des Anlegerentschädigungsfalles entschärft wird; eine Berücksichtigung des Faktors Kundenanzahl und der Umsatzerlöse der einzelnen Mitgliedsinstitute erfolgt als risikoadäquate Komponente der Beitragsbemessung. Ein Teil der ex-ante-Beiträge soll in Prämien für eine Versicherung mit fixer Deckungssumme gehen, bis ein zur Entschädigungsleistung verfügbares Vermögen in attraktiver Höhe erreicht ist; der Vorteil dabei ist, dass von Anfang an eine namhafte Summe verfügbar ist, und das System auch im Wiederholungsfall funktioniert; so genannte ‚crime cover-Versicherungen‘ decken auch vorsätzlich verursachte Schäden ab; alternativ zur Versicherung könnte auch eine Bankgarantie zur Anwendung kommen.
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Zusätzlich, wenn Säule 1 und 2 (durch jährliche Beiträge aufgebrachtes Vermögen und Versicherungsdeckung/Bankgarantie) zur Aufbringung des Entschädigungsbetrags nicht ausreichen, können im Entschädigungsfall Beiträge (Sonderbeiträge) eingehoben werden, deren betragliche Begrenzung sich aber an den fixen Gemeinkosten (statt wie bisher an den Eigenmitteln) orientiert, da hier weniger Steuerungsmöglichkeit besteht und negative incentives bezüglich Eigenkapital vermieden werden; auch eine zeitliche Beitragsbegrenzung ist notwendig, da eine unbegrenzte Beitragspflicht prohibitiv wirkt. Das Risiko wiederholter Beitragsleistungen sowie die wiederholte Leistung im Fall von Großschäden wird durch eine zeitliche Regelung derart begrenzt, dass innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren gerechnet ab dem ersten Entschädigungsfall die Wertpapierfirmen nur zwei Mal zur Leistung eines Sonderbeitrags verpflichtet sind. Dies sichert nicht nur die wirtschaftliche Existenz der Wertpapierfirmen, sondern hält das Entschädigungsrisiko in einem für sie wirtschaftlich kalkulierbaren Rahmen. Die erforderliche bundeshaushaltsrechtliche Vorsorge (Ermächtigung) zur Haftungsübernahme gemäß dieser Bestimmung durch den Bund soll im Bundesfinanzgesetz 2009 mit Wirkung vom 1. Juni 2009, spätestens jedoch 1. Juli 2009 erfolgen.“
Übersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beitragspflicht der Mitglieder der Sicherungseinrichtung . . . . . III. Bemessung und Beschränkung der Beitragspflicht der Mitgliedsinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Jährliche Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sonderbeiträge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beitragsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Veranlagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Beitragsvermögen geringer als 5% der Umsatzerlöse . . . . . . . . . . D. Beitragsvermögen samt Sonderbeiträgen deckt Entschädigungsansprüche nicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Forderungsanmeldung durch Berechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Auszahlung der Forderungen von Anlegern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Fristerstreckung durch die FMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4–6 7–10 7 8–10 11–17 12–15 16 17 18–25 26 27–30 31–33 34–38
I. Allgemeines 1 § 76 WAG stellt die Nachfolgebestimmung des § 23 c WAG aF dar,
der seinen Ursprung in der RL 94/19/EG und der Umsetzung der RL 97/9/EG hat, die lediglich im Erwägungsgrund 23 ausführt, dass die Entschädigungssysteme durch die Wertpapierfirmen zu finanzieren sind. Dies jedoch mit den Maßgaben, dass die Finanzierungskapazität 742
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der Entschädigungssysteme verhältnismäßig zu den Verbindlichkeiten sein muss und die Stabilität des Finanzsystems erhalten bleibt. Der nationale Gesetzgeber hat im Rahmen der Umsetzung der euro- 2 parechtlichen Vorgaben ursprünglich ein Modell gewählt, das in Form einer Haftungsgesellschaft arbeitete, die erst im Entschädigungsfall die von ihr zu leistenden Zahlungen auf ihre Mitglieder umlegte, welche daher vor diesem Zeitpunkt keine gesetzlich vorgegebene Beitragspflicht traf (Kalss/Linder, ÖBA 2006, 833; vgl zur Zulässigkeit dieser Vorgehensweise Raschauer, VersR 2005, 40; vgl dazu den Zurückweisungsbeschluss – auf Grund der Unschlüssigkeit der Beschwerde – des VfGH vom 11. 03. 2009, A 17/08, ZFR 2009, 147; Abweisung Staatshaftungsklage wegen nicht ordnungsgemäßer Umsetzung der Anlegerentschädigungsrichtlinie VfGH 28. 09 2009, A 3/09, ZFR 210, 30) Durch die Novellierung der Anlegerentschädigung (BGBl I 2009/39) 3 wurden die gesetzlichen Vorgaben für die Funktionsweise der Entschädigungseinrichtung, insb hinsichtlich der Aufbringung der Entschädigungsmittel, grundlegend geändert. Die Stärkung der Entschädigungseinrichtung erfolgt durch ein Vier-Säulen-Modell (48 BlgNR 24.GP 2 f): • 1. Säule: • 2. Säule:
• 3. Säule: • 4. Säule:
Jährlich wiederkehrende ex-ante-Finanzierung durch Beiträge der Konzessionsträger Verwendung eines Teils der ex-ante-Beiträge für Versicherung/Bankgarantie, bis das Beitragsvermögen 5% der Umsatzerlöse erreicht, bzw sofern dieses auf Grund von Entschädigungsleistungen unter diesen Betrag absinkt Betraglich gedeckelte Sonderbeiträge (höchstens zweimal in fünf Jahren) Optionale Haftung des Bundes zur Abdeckung des Großschadensrisikos und in Fällen der wiederholten Inanspruchnahme verbunden mit einem begrenzten Regressanspruch
II. Beitragspflicht der Mitglieder der Sicherungseinrichtung Die Verpflichtung der Mitgliedsinstitute zur Beitragsleistung hat 4 gemäß § 76 Abs 1 WAG durch die Entschädigungseinrichtung zu erfolgen. Diese Verpflichtung besteht demzufolge im Innenverhältnis zwischen der Entschädigungseinrichtung und ihren Mitgliedern, wobei sich deren Ausgestaltung aus dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung 743
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der Entschädigungseinrichtung oder einer anderen internen vertraglichen Regelung ergeben muss (Borns in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/ O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 93 a Rz 1; Kalss/Linder, ÖBA 2006, 833; Putzer, Finanzmarktstabilitätspaket, WAG 2007 § 76 Anm 1). 5 Die Mitgliedsinstitute haben der Entschädigungseinrichtung für die Berechnung ihrer Beitragsleistungen bis zum 30. Juni des Folgejahres die geprüften Jahresabschlüsse sowie die sonstigen dafür erforderlichen Daten und insb Angaben zur Kundenzahl zu übermitteln. Die Entschädigungseinrichtung hat organisatorische Vorkehrungen zu treffen, die eine unverzügliche Bemessung und Auszahlung der gesicherten Forderungen der Anleger gewährleisten. 6 § 76 WAG statuiert für die Mitglieder der Entschädigungseinrichtung eine jährliche (ex-ante) Beitragspflicht und eine (unverzügliche) Sonderbeitragspflicht.
III. Bemessung und Beschränkung der Beitragspflicht der Mitgliedsinstitute A. Jährliche Beiträge 7
Die Bemessung der jährlichen (ex-ante) Beitragsleistung der Mitgliedsinstitute erfolgt gemäß Abs 1 a. Die Bemessungsgrundlage stellt der Umsatzerlös jedes Mitgliedsinstitutes aus Wertpapierdienstleistungen im jeweiligen Geschäftsjahr dar. Da die Entschädigungseinrichtung ausschließlich zur Absicherung von Risiken aus konzessionspflichtigen Wertpapierdienstleistungen dient, sind auch nur die Umsatzerlöse aus diesem Geschäftsfeld für die Beitragsermittlung heranzuziehen (so auch Putzer, Finanzmarktstabilitätspaket, WAG 2007 § 76 Anm 5). Abhängig von der Zahl der Kunden ist der zutreffende Promillesatz zu ermitteln. Gemäß der Legaldefinition in § 1 Z 12 WAG ist ein Kunde „jede natürliche oder juristische Person, für die ein Rechtsträger Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen erbringt und jede natürliche oder juristische Person gegenüber der den Rechtsträger vorvertragliche Pflichten treffen“. Der Kundenbegriff erfasst demzufolge sowohl professionelle Kunden gemäß § 1 Z 13 WAG als auch Privatkunden gemäß § 1 Z 14 WAG. Für die Bemessung der Kundenzahl ist iS einer risikoadäquaten Beitragsbemessung davon auszugehen, dass auf die durchschnittliche Kundenzahl im zu beurteilenden Beitragsjahr und nicht auf eine Stichtagsbetrachtung abzustellen ist (Putzer, Finanzmarktstabilitätspaket, WAG 2007 § 76 Anm 5). Die so ermittelten Beiträge sind bis zum 30. Juni des Folgejahres an die Entschädigungseinrichtung zu leisten. 744
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B. Sonderbeiträge Zusätzlich zur jährlichen (ex-ante) Beitragsleistung statuiert Abs 1 b, 8 für den Fall, dass das Beitragsvermögen (aus den jährlichen ex-ante Beitragsleistungen) nicht ausreicht, um den Entschädigungsverpflichtungen nachzukommen, die Verpflichtung zur Leistung von Sonderbeiträgen. Voraussetzung für die Leistung von Sonderbeiträgen ist eine Entschädigungsverpflichtung. Daraus folgt, dass Sonderbeiträge nicht dazu vorgesehen sind, dass Beitragsvermögen der Entschädigungseinrichtung nach einem Entschädigungsfall (wieder) aufzustocken (vgl Putzer, Finanzmarktstabilitätspaket, WAG 2007 § 76 Anm 8). Dieses Verständnis findet auch Deckung in der Regelung betreffend die Einhebung der Sonderbeiträge. Gemäß Absatz 3 Satz 1 hat die Entschädigungseinrichtung die Sonderbeiträge unmittelbar nach Ablauf des Anmeldungszeitraums gemäß Absatz 2 (siehe dazu Rz 27 ff) zur Deckung der Entschädigungsansprüche einzuheben (zur Verwendung von Sonderbeiträgen siehe auch Rz 18 ff). Die (erforderlichen) Sonderbeiträge sind von der Entschädigungsein- 9 richtung zu ermitteln und den Mitgliedsinstituten anteilsmäßig vorzuschreiben. Der „Verteilungsschlüssel“ ergibt sich aus dem Anteil der fixen Gemeinkosten gemäß § 9 Abs 2 WAG eines Mitgliedsinstitutes (ausführlich dazu § 9 Rz 20; siehe auch Putzer, Finanzmarktstabilitätspaket, WAG 2007 § 76 Anm 9 unter Verweis auf die Vorauflage) an der Summe der fixen Gemeinkosten gemäß § 9 Abs 2 WAG aller Mitgliedsinstitute im vorangegangenen Geschäftsjahr. Die Verpflichtung der Mitgliedsinstitute zur Leistung von Sonderbei- 10 trägen ist gemäß Abs 3 S 2 und 3 in zweierlei Hinsicht begrenzt: • Die Sonderbeitragsleistungen eines Mitgliedsinstitutes dürfen im Geschäftsjahr – ohne Anrechnung der jährlichen Beiträge gemäß Absatz 1 a – 2,5% der fixen Gemeinkosten gemäß § 9 Abs 2 WAG (ausführlich § 9 Rz 20) des vorhergehenden Geschäftsjahres nicht übersteigen. • Sonderbeiträge dürfen von den Mitgliedsinstituten innerhalb des Zeitraums von 5 Jahren (gerechnet ab dem ersten Entschädigungsfall – 48 BlgNR 24.GP 4) höchstens zweimal eingefordert werden.
IV. Beitragsvermögen Das Beitragsvermögen der Entschädigungseinrichtung stellt ein Son- 11 dervermögen dar. § 76 WAG statuiert für dieses Sondervermögen diverse Spezialregelungen in den Bereichen Verwaltung (Rz 12), Kon745
§ 76
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trolle (Rz 14), Exekution (Rz 15), Konkurs (Rz 15), Veranlagung (Rz 16) und Rechnungslegung (Rz 13, 34 ff).
A. Sondervermögen 12 Das Beitragsvermögen bildet gemäß Abs 1 d S 2 gemeinsam mit An-
sprüchen aus Abs 1 c (Ansprüche auf Versicherungsleistungen oder schlagend gewordene Bankgarantien) ein Sondervermögen, dass durch die Entschädigungseinrichtung treuhändig (vgl zur treuhänderischen Stellung der Entschädigungseinrichtung Rz 36 und § 75 Rz 3) zu verwalten ist. 13 Abs 1 d S 3 statuiert, dass über das Sondervermögen einmal jährlich gemeinsam mit dem Jahresabschluss der Entschädigungseinrichtung Rechnung zu legen ist (siehe dazu Rz 34 ff). 14 Die Kontrolle der Verwaltung des Sondervermögens hat gemäß Abs 1 d S 4 durch die gesetzliche Interessenvertretung der Mitgliedsinstitute – Fachverband der Finanzdienstleister der WKO (Sparte Information und Consulting) – zu erfolgen. 15 Das Sondervermögen genießt auch einen besonderen Schutz gegenüber den Gläubigern der Entschädigungseinrichtung. Zum einen kann in das Sondervermögen wegen Forderungen gegen die Entschädigungseinrichtung, die keine Entschädigungsleistungen darstellen, keine Exekution geführt werden (Abs 1 d S 5), und zum anderen ist das Sondervermögen dem Konkurs der Entschädigungseinrichtung entzogen (Abs 1 d S 6).
B. Veranlagung 16 Gemäß Abs 1 d S 1 hat die Entschädigungseinrichtung das Beitragsver-
mögen bis zur widmungsgemäßen Verwendung mündelsicher zu veranlagen. Bestimmungen für die Anlegung von Mündelgeld finden sich in den sinngemäß anzuwendenden §§ 230 a ff ABGB (siehe stellvertretend: Stabentheiner in Rummel [Hrsg], ABGB 1. Ergbd3 §§ 230 a ff; Weitzenböck in Schwimann [Hrsg], ABGB I3 §§ 230 a ff; Hopf in Koziol/Bydlinski/Bollenberger [Hrsg], ABGB2 §§ 230 a ff; Motter, Kindschaftsrecht [1977]; F. Bydlinski, JBl 2004, 677).
C. Beitragsvermögen geringer als 5% der Umsatzerlöse 17 Abs 1 c statuiert besondere Pflichten für die Entschädigungseinrichtung
wenn das Beitragsvermögen der Entschädigungseinrichtung die Höhe von 5% der Umsatzerlöse aus Wertpapierdienstleistungen eines Jahres nicht erreicht (Putzer, Finanzmarktstabilitätspaket, WAG 2007 § 76 746
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Anm 10 f). Der Gesetzgeber stellt dabei auf zwei Fälle ab: Zum einen auf den Fall, dass das zumindest geforderte Beitragsvermögen noch nicht erreicht ist, und zum anderen auf den Fall, dass dieses zu einem späteren Zeitpunkt unter diesen Wert absinkt. Tritt einer dieser Fälle ein, hat die Entschädigungseinrichtung den Differenzbetrag zwischen 5% der Umsatzerlöse und dem vorhandenen Beitragsvermögen durch Versicherungsdeckung oder Bankgarantien auszugleichen. Die zur Sicherung des Differenzbetrages gewählten Mittel müssen auch aus strafbarem Verhalten resultierende Schäden abdecken. Die Finanzierung dieser Versicherungslösung hat mit einem Teil der jährlichen Beitragsleistungen zu erfolgen, wobei höchstens die Hälfte der jährlichen Beitragsleistungen eines Jahres (und nicht des gesamten Beitragsvermögens aus jährlichen Beitragsleistungen) dafür aufgewendet werden darf (Putzer, Finanzmarktstabilitätspaket, WAG 2007 § 76 Anm 13).
D. Beitragsvermögen samt Sonderbeiträgen deckt Entschädigungsansprüche nicht Reicht das Beitragsvermögen samt den zur Verfügung stehenden Son- 18 derbeiträgen (wohl auch das Beitragsvermögen samt den Versicherungsleistungen und Leistungen aus Bankgarantien – vgl Rz 12 – und den zur Verfügung stehenden Sonderbeiträgen) zur Befriedigung der gesicherten Ansprüche nicht aus, sieht der Gesetzgeber in Abs 3 S 4 bis 8 ein (optional – siehe Rz 25) zweistufiges Instrumentarium vor, um die Befriedigung der Entschädigungsansprüche zu gewährleisten. Tritt ein Entschädigungsfall ein, und reicht das bestehende Beitrags- 19 vermögen, gegebenenfalls und/oder Versicherungssumme oder Bankgarantie, nicht aus, um sämtliche gesicherten Ansprüche zu befriedigen, werden den Mitgliedern der Entschädigungseinrichtung – soferne dies auf Grund der Beschränkungen des Abs 3 S 2 und 3 möglich ist – Sonderbeiträge vorgeschrieben. Reichen auch diese Mittel nicht aus, um der Verpflichtung zur Gänze nachzukommen, hat die Entschädigungseinrichtung Darlehen aufzunehmen oder Schuldverschreibungen zu begeben. Um die daraus resultierenden Forderungen aus Sonderbeiträgen gemäß 20 Abs 1 b finanzieren zu können, ist deren Laufzeit gemäß Abs 3 S 8 fristenkongruent mit der Fälligkeit des zweitfälligen Sonderbeitrages zu vereinbaren. Wie bereits ausgeführt, dürfen Sonderbeiträge nicht zur Aufstockung des Beitragsvermögens nach einem Entschädigungsfall, sondern ausschließlich zur Befriedigung von Entschädigungsansprüchen herangezogen werden (Rz 8). Da die Darlehen/Schuldverschreibungen zur Befriedigung von Entschädigungsansprüchen aufgenom747
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men/begeben wurden, ist auf Grund teleologischer Überlegungen davon auszugehen, dass deren Finanzierung über Sonderbeiträge keinen Widerspruch zum vorher Gesagten darstellt. Dasselbe gilt für den begrenzten Rückgriffsanspruch des Bundes gemäß Abs 3 S 7. 21 Der Begriff „zweitfällig“ ist in der österreichischen Gesetzgebung
soweit ersichtlich einzigartig und erscheint erklärungsbedürftig. Weder die Erl RV (48 BlgNR 24. GP) noch die Erläuterungen zum Ministerialentwurf (10/ME 24. GP) noch die Stellungnahmen zu Letzterem gehen auf diese Wortschöpfung ein. Zweitfällig bezieht sich prima facie auf den in Abs 3 S 3 genannten Zeitraum von fünf Jahren ab dem ersten Entschädigungsfall, in dem ein „erstfälliger“ und ein „zweitfälliger“ Sonderbeitrag eingehoben werden kann. Weitere Entschädigungsfälle in derselben Fünfjahresperiode können aber keine weitere Sonderbeitragsleistung auslösen. 22 Die Erläuterungen (48 BlgNR 24. GP) liefern keine eindeutige Lösung
für den Fall, dass weitere Entschädigungsfälle in einer Fünfjahresperiode eintreten. Die Zielvorgaben und Wertungen der Erläuterungen lassen jedoch Rückschlüsse zu. Zum einen dient die Begrenzung der Sonderbeiträge (Rz 8) der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Wertpapierfirmen und gewährleistet, dass das Entschädigungsrisiko für die Mitgliedsinstitute in einem wirtschaftlich kalkulierbaren Rahmen bleibt (48 BlgNR 24. GP 4). Zum anderen soll bei Großschäden und wiederholter Inanspruchnahme die Funktionstüchtigkeit der Entschädigungseinrichtung durch Finanzierungshilfen des Bundes gewährleistet werden (48 BlgNR 24. GP 2). Letztere dürfen jedoch keine haushaltsrechtliche Verpflichtung begründen und keine a priori Leistungsverpflichtung statuieren, die einen Anreiz zum moral hazard darstellen könnte (ausführlich Rz 25). 23 Vor diesem Hintergrund erscheint es unverständlich, dass nach der
Einhebung des zweiten Sonderbeitrages innerhalb einer Fünfjahresperiode jegliches subjektive Risiko für die Mitgliedsinstitute wegfällt (moral hazard). Soll das subjektive Risiko der Mitgliedsinstitute zumindest eingeschränkt aufrecht erhalten werden, kann dies nur durch ein Verständnis des Begriffes „zweitfällig“ erreicht werden, das es zulässt, „Altlasten“ aus einer Fühnfjahresperiode gemäß Absatz 3 Satz 3 in die nächste „mitzunehmen“. Zweitfällig ist demzufolge so zu verstehen, dass der nächstmöglich einhebbare Sonderbeitrag (und nur dieser und keine weiteren) zur Bedeckung der aus einem Entschädigungsfall resultierenden Verpflichtungen aus Darlehen oder Schuldverschreibungen verwendet werden darf. Dessen Fälligkeit kann auch erst im nächsten Fünfjahreszeitraum liegen. 748
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Dieses Verständnis stellt uE die Interpretation dar, die alle in den 24 Erläuterungen verankerten Motivationen und Ziele des Gesetzgebers berücksichtigt. Das Entschädigungsrisiko für die Mitgliedsinstitute bleibt kalkulierbar, weil sie pro Fünfjahresperiode jedenfalls nur zweimal zur Leistung von Sonderbeiträgen verhalten werden können. Die Finanzierungsverantwortung der Mitgliedsinstitute wird anders als beim ersten Interpretationsversuch nicht mit dem zweiten Sonderbeitrag einer Fünfjahresperiode endgültig beseitigt (moral hazard). Die bloß optionale Funktion der Bundeshaftung wird durch die verstärkte Finanzierungsverantwortung der Mitgliedsinstitute unterstrichen. Die zweite Stufe ist lediglich optional und stellt keine a priori Ver- 25 pflichtung des Bundes dar. Der Bundesminister für Finanzen kann – nach besonderer gesetzlicher Ermächtigung – die Haftung für die von der Entschädigungseinrichtung aufgenommenen Darlehen oder für die begebenen Schuldverschreibungen übernehmen. Diese Vorgehensweise wurde bewusst gewählt, um einerseits keinen Anreiz zu geben, mit dem Risiko eines Entschädigungsfalles leichtfertig umzugehen, und andererseits ein Signal für Anleger zu setzten, dass ihr Entschädigungsanspruch gesichert ist (48 BlgNR 24.GP 2). Inwieweit eine Regelung diese beiden Zielvorgaben zur Gänze in sich vereinen kann, erscheint zweifelhaft (so auch krit Putzer, Finanzmarktstabilitätspaket, WAG 2007 § 76 Anm 22). Wird der Bund aus dieser Haftung in Anspruch genommen, steht ihm ein Rückgriffsanspruch gegenüber der Entschädigungseinrichtung zu. Dieser ist auf einen Sonderbeitrag gemäß Absatz 1 b begrenzt. Diese Begrenzung des Regresses gewährleistet langfristig die Leistungsfähigkeit der Entschädigungseinrichtung. Ein derartiger staatlicher Eingriff kann jedoch geeignet sein, einen – im Einzelfall zu beurteilenden – Konflikt mit dem europäischen Beihilfenrecht darzustellen (6/SN-10/ME 24. GP; Putzer, Finanzmarktstabilitätspaket, WAG 2007 § 76 Anm 23 mwN).
V. Forderungsanmeldung durch Berechtigte Der Anleger hat seine Forderung gemäß § 76 Abs 2 WAG binnen 26 Jahresfrist ab der Konkurseröffnung oder der Mitteilung der zuständigen Behörde gemäß Anhang II lit b RL 97/9/EG anzumelden. Durch den Verweis auf § 93 Abs 3 c letzter Satz BWG wird Anlegern, die nicht in der Lage waren, ihre Forderung geltend zu machen, auch nach Ablauf der Frist von einem Jahr die Möglichkeit zur Geltendmachung gegeben (Borns, Bankrecht2 386). 749
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VI. Auszahlung der Forderungen von Anlegern 27 Die Auszahlung der Entschädigungsleistung an den Anleger hat gemäß
§§ 75 Abs 2 und 76 Abs 4 WAG innerhalb von drei Monaten ab Feststellung der Berechtigung und Höhe seiner Forderung sowie nach seiner Legitimierung zu erfolgen. 28 Durch die Neugestaltung der Anlegerentschädigung und insb der Aufbringung der Entschädigungsmittel (jährliche Beiträge) wurde das noch in der Vorauflage (siehe dort § 76 Rz 11) aufgezeigte Problem des Auseinanderfallens der Zahlung der Entschädigungsansprüche und der Einhebung der Mitgliedsbeiträge weitestgehend beseitigt. Es besteht jedoch weiterhin in Fällen, in denen die Einhebung von Sonderbeiträgen erforderlich ist. Diese sind gemäß Abs 3 S 1 (genauso wie die Beträge nach der alten Rechtslage) ein Jahr nach Ablauf des Anmeldungszeitraums einzuheben. 29 Aus der möglichen Divergenz der Frist gemäß § 75 Abs 2 WAG und § 76 Abs 4 WAG zu jener des § 76 Abs 3 WAG, der die Entschädigungseinrichtung zur Einhebung der Sonderbeiträge von ihren Mitgliedern erst nach Ablauf der einjährigen Anmeldefrist verpflichtet, kann sich die Situation ergeben, dass die Entschädigungseinrichtung anspruchsberechtigte Anleger auf Grund der noch nicht zu leistenden Sonderbeiträge nicht befriedigen kann. Diese Situation muss durch die Erfüllung der Verpflichtung der Entschädigungseinrichtung gemäß § 76 Abs 1 WAG, ihre Mitglieder zur unverzüglichen (Sonder)beitragsleistung für den Fall der Auszahlung von Entschädigungen zu verpflichten, abgefangen werden. Eine derartige Regelung muss sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung der AeW bzw aus einer anderen vertraglichen Regelung zwischen der AeW und ihren Mitgliedern ergeben (vgl Rz 4). Auf Grund der soeben angestellten Überlegungen ist der Ausdruck „unverzüglich nach Ablauf des Anmeldungszeitraums“ in § 76 Abs 3 WAG dahingehend zu verstehen, dass die Entschädigungseinrichtungseinrichtung, nur sofern es die Fälligkeit der Anlegerforderungen zulässt, spätestens zu diesem Zeitpunkt die (Sonder)beiträge von ihren Mitgliedern einzuheben hat. Seit der Novellierung der Anlegerentschädigung durch das BGBl I 2009/39 kann die Entschädigungseinrichtung das Auseinanderfallen der Auszahlungsfrist und der Einhebung von (Sonder)beiträgen durch die Aufnahme von Darlehen oder die Begebung von Schuldverschreibungen überbrücken. 30 Sollten Anlegerforderungen auf Grund einer die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllenden Regelung der (Sonder)beitragsleistungen im Innenverhältnis zwischen der Sicherungseinrichtung und ihren Mitgliedern 750
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(§ 76 Abs 1 WAG) erst nach bereits eingetretener Fälligkeit befriedigt werden, sind diese jedenfalls bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung zu verzinsen (vgl Kalss/Linder, ÖBA 2006, 833; vgl Winternitz/Aigner, WAG 61). Dasselbe gilt für den Fall, dass die Aufnahme von Darlehen oder die Begebung von Schuldverschreibungen nicht so rechtzeitig erfolgt, dass Anlegerentschädigungsansprüche fristgerecht erfüllt werden können.
VII. Fristerstreckung durch die FMA Auf Antrag der Entschädigungseinrichtung kann die FMA die Frist 31 nach § 75 Abs 4 WAG (dreimonatige Frist zur Auszahlung nach Feststellung der Höhe und Berechtigung der Forderung eines entschädigungsberechtigten Anlegers), wenn der Feststellung der Forderung oder der Aufbringung der Entschädigungssumme außergewöhnliche Hindernisse entgegenstehen, um drei Monate verlängern. Diese Frist kann auf Antrag der Entschädigungseinrichtung, wenn es 32 auf Grund besonderer Umstände zur Abwendung eines volkswirtschaftlichen Schadens, insb durch die Gefährdung der Stabilität des Finanzsystems, geboten ist, um weitere drei Monate verlängert werden. Sollte die Entschädigungseinrichtung ihrer gesetzlichen Verpflichtung 33 gemäß § 76 Abs 1 WAG, ihre Mitglieder für den Fall einer Entschädigungszahlung zur unverzüglichen (Sonder)beitragsleistung zu verpflichten, nicht entsprechend nachgekommen sein, wird diese Tatsache nicht als einer der vom Gesetz genannten Gründe für eine Fristerstreckung zu qualifizieren sein. Inwiefern eine erst zeitlich verzögert mögliche Aufnahme von Darlehen oder die Begebung von Schuldverschreibungen unter die von Abs 5 geforderten Tatbestandsvoraussetzungen für eine Fristerstreckung subsumiert werden kann, wird im Einzelfall zu beurteilen sein.
VIII. Rechnungslegung Vorab ist auszuführen, dass diese Bestimmung bereits durch das BGBl I 34 2007/107 geändert wurde. Zum damaligen Zeitpunkt gab es anders als nach der geltenden Rechtslage nur eine Art von Beiträgen der Mitgliedsinstitute; diese waren in Abs 3 geregelt und waren erst nach Ablauf des Anmeldungszeitraums von den Mitgliedsinstituten einzuheben (vgl Vorauflage § 76 Rz 4 ff). Nunmehr existieren zum einen jährliche Bei751
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trage, die gemäß Abs 1 a bis zum 30. Juni des Folgejahres zu leisten sind und Sonderbeiträge gemäß Abs 1 b, die gemäß Abs 3 S 1 unverzüglich nach Ablauf des Anmeldungszeitraums einzuheben sind. Kommt es zu einem Entschädigungsfall, und werden Anlegerforderungen angemeldet, und müssen Sonderbeiträge eingehoben werden, so sind diese Forderungen und Sonderbeiträge unter der Bilanz auszuweisen. Für die Anlegerforderungen gemäß Abs 4 sind keine Rückstellungen gemäß § 198 Abs 8 UGB zu bilden. Soweit ersichtlich wollte der Gesetzgeber für sämtliche Beiträge eine treuhändige Abwicklung vorsehen und diese nicht auf die Sonderbeiträge beschränken (vgl § 75 Abs 2 S 2; § 76 Abs 1 d S 2; AA-85 23. GP 2). Demzufolge sind sämtliche Beitragsleistungen sowie die Entschädigungsforderungen gemäß Abs 4 treuhändig abzuwickeln. Dafür spricht auch, dass das (gesamte) Treuhandvermögen als Anhang zum Jahresabschluss auszuweisen ist. Sowohl Beitragsleistungen als auch Entschädigungsforderungen von Anlegern sind in separaten Verzeichnissen zu erfassen. Wie die Mittel zu bilanzieren sind, wenn Anlegerforderungen aus Darlehen oder Schuldverschreibungen bedient werden, ist nicht explizit geregelt. § 77. (1) Die Entschädigungseinrichtung hat 1. ihre Jahresabschlüsse samt dem in § 76 Abs. 6 genannten Anhang längstens innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres der FMA vorzulegen und 2. der FMA das Ausscheiden eines Institutes aus der Sicherungseinrichtung unverzüglich zu melden. (2) Kreditinstitute, die im Rahmen von Bankgeschäften mit der Anschaffung, Veräußerung, Verwahrung oder Verwaltung von Geldern oder Instrumenten des Mitgliedsinstituts oder von dessen Kunden betraut sind, haben der Entschädigungseinrichtung die zur Feststellung der Forderungen erforderlichen Informationen zu erteilen. IdF BGBl I 2007/107 ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 77) „Diese Bestimmung entspricht dem § 23 d des bisherigen WAG.“ AA-85 GP XXIII RV 286 Zu 77 Abs 1 Z 1 siehe die Wiedergabe der Mat bei § 75.
1 § 77 Abs 1 Z 1 WAG ist an § 44 Abs 1 BWG angelehnt (Winternitz,
WAG § 23 Rz 1) und schreibt vor, dass der Jahresabschluss so rechtzeitig zu erstellen ist, dass die Frist von sechs Monaten zur Vorlage an 752
Anlegerentschädigung
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die FMA eingehalten werden kann. Zusätzlich zum Jahresabschluss ist der Anhang gemäß § 76 Abs 6 WAG zu erstellen (Siehe § 76 Rz 36). Zweck dieser Vorschrift ist die Verwirklichung und Möglichkeit einer zeitnahen Aufsicht seitens der FMA (vgl Perkounigg/Stecher in Dellinger [Hrsg], BWG II § 44 Rz 5). Die Verletzung der Verpflichtungen sowohl gemäß § 77 Abs 1 Z 1 2 WAG als auch gemäß § 77 Abs 1 Z 2 WAG stellen Verwaltungsübertretungen nach § 95 Abs 4 Z 1 bzw Z 2 WAG dar, die mit einer Geldstrafe in Höhe von bis zu € 10.000,– sanktioniert werden. Subjekt dieser Strafbestimmung ist unabhängig von der Gesellschaftsform der Entschädigungseinrichtung immer ein Verantwortlicher iSd § 9 VStG (143 BlgNR 23. GP 30). Da sich die von Wertpapierfirmen verwalteten Kundengelder und 3 -instrumente idR bei Kreditinstituten in (Depot-)Verwaltung befinden, ist deren Auskunft für die Entschädigungseinrichtung erforderlich, um die Forderungen entschädigungsberechtigter Anleger feststellen zu können (vgl 1614 BlgNR 20. GP 28). § 78. (1) Wertpapierfirmen gemäß § 12, die in Österreich Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 und 3 erbringen und diese Dienstleistungen das Halten von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Instrumenten nicht umfassen, so dass der Erbringer der Dienstleistungen diesbezüglich zu keiner Zeit Schuldner seiner Kunden werden kann, sind, sofern sie in ihrem Heimatland einem Anlegerentschädigungssystem im Sinne der Richtlinie 97/9/EG angehören, berechtigt, sich der Entschädigungseinrichtung ergänzend zum Anlegerentschädigungssystem ihres Herkunftsmitgliedstaates anzuschließen; als Sicherungsfall gilt diesfalls die Mitteilung der zuständigen Behörde gemäß Anhang II Buchstabe b der Richtlinie 97/9/ EG. Der ergänzende Anschluss gilt nur bezüglich der in Österreich erbrachten sicherungspflichtigen Wertpapierdienstleistungen und nur insoweit, als die §§ 75 und 76 eine höhere oder weitergehende Sicherung von Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen gewährleisten als das Anlegerentschädigungssystem des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma. Die Sicherungseinrichtung hat die freiwillig ergänzend angeschlossenen Wertpapierfirmen zu verpflichten, für den Fall einer Auszahlung gesicherter Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen unverzüglich anteilsmäßige Beiträge zu leisten. Bei der Festsetzung der anteilsmäßigen Beiträge ist § 93 b Abs. 2 und 4 BWG sinngemäß anzuwenden. Hierbei darf die freiwillig ergänzend angeschlossene Wertpapierfirma nicht schlechter gestellt werden als ein nach Institutstyp und Geschäftsgegen753
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stand vergleichbares österreichisches Kreditinstitut. Hat eine freiwillig ergänzend angeschlossene Wertpapierfirma mehrere Zweigstellen in Österreich, so sind diese bei der Berechnung der Forderungen und bei der Berechnung der Beitragsleistung gemäß § 93 b BWG als eine Zweigstelle zu betrachten. (2) Kommt die freiwillig ergänzend angeschlossene Wertpapierfirma ihren Verpflichtungen nicht nach, so hat die Entschädigungseinrichtung hievon die FMA unverzüglich zu verständigen. Diese hat die freiwillig ergänzend angeschlossene Wertpapierfirma unter gleichzeitiger Benachrichtigung der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der Wertpapierfirma aufzufordern, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Kommt die freiwillig ergänzend angeschlossene Wertpapierfirma trotz dieser Maßnahmen ihren Verpflichtungen nicht nach, so kann sie von der Entschädigungseinrichtung unter Setzung einer Kündigungsfrist von zwölf Monaten mit Zustimmung der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates ausgeschlossen werden. Vor dem Zeitpunkt des Ausschlusses erbrachte Wertpapierdienstleistungen verbleiben nach diesem Zeitpunkt in der Deckung der ergänzenden Anlegerentschädigung. Die Anleger sind von der Sicherungseinrichtung vom Wegfall der ergänzenden Deckung durch Verlautbarung im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ sowie in zumindest einer weiteren bundesweit erscheinenden Tageszeitung zu benachrichtigen. Die ausgeschlossene Wertpapierfirma hat den Umstand des Wegfalls der ergänzenden Deckung in den Geschäftsräumen auszuhängen sowie in ihrer Werbung und in den Vertragsurkunden deutlich erkennbar anzumerken. (3) Die Entschädigungseinrichtung hat mit den Anlegerentschädigungssystemen der Mitgliedstaaten gemäß Anhang II der Richtlinie 97/9/EG zusammenzuarbeiten. Wertpapierfirmen gemäß Abs. 1 haben der zuständigen Sicherungseinrichtung des Herkunftsmitgliedstaates alle Informationen zu erteilen, die diese benötigt, um sicherzustellen, dass die Anleger unverzüglich und ordnungsgemäß entschädigt werden. Im übrigen gelten für Wertpapierfirmen gemäß Abs. 1 die Bestimmungen der §§ 75 bis 77 und § 95 einschließlich der dort genannten Bestimmungen des BWG. (4) Wertpapierfirmen, die in einem anderen Mitgliedstaat im Wege der Niederlassungsfreiheit Zweigstellen errichten, sind bezüglich der in diesem Mitgliedstaat erbrachten Wertpapierdienstleistungen in gleicher Weise berechtigt, sich einem dortigen Anlegerentschädigungssystem ergänzend anzuschließen. Die FMA hat bei Konkurs der Wertpapierfirma gegenüber der zuständigen Behörde des Auf754
Anlegerentschädigung
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nahmemitgliedstaates die im Anhang II Buchstabe b der Richtlinie 97/9/EG vorgesehene Mitteilung abzugeben. Schrifttum: Gaggl, Anlegerentschädigung, wofür?, ecolex 2001, 946; Graf, Unter welchen Voraussetzungen trifft die Entschädigungseinrichtung gem § 23 b WAG 1997 eine Zahlungspflicht gegenüber geschädigten Anlegern?, ZFR 2008, 84; Hausmaninger, Zweite große WAG-Novelle: Klarstellungen, Erleichterungen und Anlegerentschädigung, ecolex 1999, 386; Kalss/Linder, Ausgewählte Fragen zur Anlegerentschädigung gemäß §§ 23 b ff WAG, ÖBA 2006, 824; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I (2005); Putzer, FinStaG IBSG – Finanzmarktstabilitätspaket (2009); Wilhelm, Zur Anlegerentschädigung nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz, ecolex 2007, 422; ders, AMIS und die Folgen, ecolex 2008, 105. ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 78) „Diese Bestimmung entspricht dem § 23 e des bisherigen WAG.“
Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten iSd § 12 WAG (vgl § 12 insb 1 Rz 3 ff), die in Österreich Wertpapierdienstleistungen nach § 3 Abs 2 Z 2 und 3 WAG erbringen und bei dieser Tätigkeit zu keiner Zeit Schuldner ihrer Kunden werden (vgl § 3 Rz 13), können sich unter der Voraussetzung, dass sie in ihrem Herkunftsmitgliedstaat einer Anlegerentschädigungseinrichtung iSd RL 97/9/EG angehören, ergänzend dazu der österreichischen Entschädigungseinrichtung anschließen. Hervorzuheben ist, dass auf Grund der Parallelität der Entschädigungs- 2 systeme im BWG und im WAG streng zu unterscheiden ist, ob ein Institut, das Wertpapierdienstleistungen iSd § 3 Abs 2 Z 2 und 3 WAG erbringt und sich freiwillig ergänzend einem Entschädigungssystem anschließen will, entweder dem Entschädigungssystem nach dem BWG für Kreditinstitute (§ 93 Abs 2 a BWG) oder dem Entschädigungssystem für Wertpapierfirmen iSd des WAG zuzuordnen ist (vgl 1614 BlgNR 20. GP 22 f). Ein Entschädigungsfall tritt mit der Mitteilung der zuständigen Be- 3 hörde gemäß Anhang II lit b RL 97/9/EG ein (vgl § 75 Rz 5). Der Gesetzgeber schränkt die Haftung der Entschädigungseinrich- 4 tung für freiwillig ergänzend angeschlossene Wertpapierfirmen dahingehend ein, dass diese nur für im Inland erbrachte Leistungen und nur für den Fall besteht, dass die §§ 75 und 76 WAG eine höhere oder umfangreichere Sicherung der Anlegerforderung als die des Herkunftsmitgliedstaates bieten (sogenanntes „topping up“; siehe dazu 1614 BlgNR 20. GP 17 sowie Borns in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 93 Rz 20; Johler/Schroth in Dellinger [Hrsg], BWG III § 93 Rz 139 ff). 755
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5 § 78 Abs 1 WAG schreibt der Entschädigungseinrichtung – wie auch
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§ 76 Abs 1 WAG für inländische Wertpapierfirmen – vor, die freiwillig ergänzend angeschlossenen Wertpapierfirmen zu verpflichten, im Auszahlungsfall unverzüglich anteilsmäßig ihre Beiträge zu entrichten. Die Beitragsberechnung erfolgt (nach wie vor) in sinngemäßer Anwendung des § 93 b Abs 2 und 4 BWG (vgl § 75 Rz 24, 25), wobei die freiwillig ergänzend angeschlossenen Wertpapierfirmen nicht schlechter als nach Institutstyp und Geschäftsgegenstand vergleichbare österreichische Kreditinstitute gestellt werden dürfen. Da § 76 Abs 1 a WAG für die Berechnung der jährlichen Beitragsleistungen auf Umsatzerlöse und Kundenanzahl abstellt und die Sonderbeiträge zum einen gemäß § 76 Abs 1 b WAG entsprechend dem Verhältnis der fixen Gemeinkosten auf die Mitgliedsinstitute umgelegt werden und zum anderen gemäß § 76 Abs 3 WAG durch einen Prozentsatz der fixen Gemeinkosten gedeckelt sind, sind die Provisionserträge gemäß § 93 b Abs 4 BWG als Bezugsgröße (vgl zur alten Rechtslage: Vorauflage § 76 Rz 5) für Mitgliedsbeiträge mit der Novellierung durch das BGBl I 2009/39 im WAG gänzlich entfallen. Im Zuge dieser Novellierung wurde Anlage 2 zu § 43 BWG Teil 2, auf die § 93 b Abs 4 BWG verweist, geändert. Die fixen Gemeinkosten wurden nach der Position III. Betriebsaufwendungen eingefügt. Die Ausweisverpflichtung der fixen Gemeinkosten ergänzt § 76 Abs 1 b WAG (dieser statuiert die Umlage der Sonderbeiträge auf die Mitgliedsinstitute anhand ihres Anteils an den fixen Gemeinkosten aller Mitgliedsinstitute; siehe § 76 Rz 9), weil die diesbezügliche Praxis bislang uneinheitlich war (48 BlgNR 24.GP 4). § 93 b Abs 4 BWG verweist (jedoch weiterhin) auf die Position 4. Provisionen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Verweis auf § 93 b Abs 4 BWG und in weiterer Folge auf die Provisionserträge, bei sinngemäßer Anwendung, richtigerweise als Verweis auf die in Anlage 2 zu § 43 BWG Teil 2 neu eingefügte Position „fixe Gemeinkosten“ zu verstehen ist. Ein anderes Verständnis hätte zur Folge, dass die Beitragsleistungen von Wertpapierfirmen iSd § 78 Abs 1 WAG ausgehend von einer anderen Bemessungsgrundlage als die von inländischen Wertpapierfirmen zu ermitteln wären. Eine derartige Regelung stünde jedoch im Widerspruch zu § 78 Abs 3 WAG, der die Anwendung der §§ 75 bis 77 WAG und jene Vorschriften des BWG, auf die dort verwiesen wird auf Wertpapierfirmen gemäß § 78 Abs 1 WAG statuiert. Mehrere im Inland befindliche Zweigstellen einer freiwillig ergänzend angeschlossenen Wertpapierfirma zählen bei der Forderungs- und Beitragsberechnung gemäß § 93 b BWG als eine Zweigstelle.
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Anlegerentschädigung
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Die Vorgehensweise und Folgen für den Fall, dass eine freiwillig ergän- 10 zend angeschlossene Wertpapierfirma ihren Verpflichtungen nicht nachkommt, sind in § 78 Abs 2 WAG geregelt und stellen sich wie folgt dar: Die Entschädigungseinrichtung hat unverzüglich die FMA zu informieren. Die FMA hat in der Folge die Wertpapierfirma aufzufordern, ihren Verpflichtungen nachzukommen und gleichzeitig die zuständige Behörde im Herkunftsmitgliedstaat zu informieren. Bleiben die Aufforderungen ergebnislos, besteht die Möglichkeit, die 11 Wertpapierfirma unter Setzung einer Frist von zwölf Monaten mit Zustimmung der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates aus der Entschädigungseinrichtung auszuschließen. Die Entschädigungseinrichtung ist gemäß § 78 Abs 2 WAG verpflich- 12 tet, den Wegfall der ergänzenden Anlegerentschädigung eines ihrer Mitglieder im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und einer weiteren bundesweit erscheinenden Tageszeitung kundzumachen. Daneben hat die von der Entschädigungseinrichtung ausgeschlossene Wertpapierfirma durch Aushang in ihren Geschäftsräumlichkeiten, in ihrer Werbung und in ihren Vertragsurkunden über den Umstand des Wegfalls der ergänzenden Anlegerentschädigung zu informieren. Die Entschädigungseinrichtung hat für den Fall des Ausschlusses einer 13 freiwillig ergänzend angeschlossenen Wertpapierfirma gegebenenfalls Entschädigungsleistungen für Anlegerforderungen, die aus Leistungen iSd § 3 Abs 2 Z 2 und 3 WAG während aufrechter Mitgliedschaft bei der Entschädigungseinrichtung resultieren, zu erbringen. Die Konsequenz daraus kann sein, dass die Entschädigungseinrichtung und mittelbar ihre Mitglieder Entschädigungsleistungen für ein Nicht (mehr)mitglied erbringen müssen. Für die Entschädigungseinrichtung sieht § 78 Abs 3 WAG die Ver- 14 pflichtung zur Zusammenarbeit mit den Entschädigungseinrichtungen der anderen Mitgliedstaaten gemäß Anhang II RL 97/9/EG vor. Daneben besteht für die Wertpapierfirmen selbst die Pflicht, die Entschädigungseinrichtung ihres Herkunftsmitgliedstaates derart zu informieren, dass die ordnungsgemäße und unverzügliche Befriedigung von Anlegeransprüchen gewährleistet ist. Darüber hinaus enthält § 78 Abs 3 WAG den Verweis, dass die §§ 75 bis 77 und 95 WAG und jene Vorschriften des BWG, auf die dort verwiesen wird, auf Wertpapierfirmen gemäß § 78 Abs 1 WAG anzuwenden sind (dazu vgl die Kommentierung dieser Vorschriften). § 78 Abs 4 erster Satz WAG kann als Pendant zu § 78 Abs 1 erster 15 Satz WAG gesehen werden, indem er die Möglichkeit österreichischer Wertpapierfirmen, in anderen Mitgliedstaaten ergänzend einer Anleger757
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entschädigungseinrichtung beizutreten, normiert. Diese bis zur Novellierung des WAG mit BGBl 1999/63 nur für Kreditinstitute bestehende Möglichkeit, besteht seitdem auch für Wertpapierfirmen (Borns in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 93 Rz 20; Johler/Schroth in Dellinger [Hrsg], BWG III § 93 Rz 159). 16 § 78 Abs 4 zweiter Satz WAG bildet das Gegenstück zu § 75 Abs 2 Satz 3 WAG und verpflichtet die FMA als zuständige Behörde (eines Mitgliedstaates) gegebenenfalls eine Meldung iSd Anhang II lit b RL 97/9/EG (vgl dazu § 75 Rz 5) abzugeben.
Geschäftsaufsicht und Insolvenzbestimmungen § 79. Die §§ 80 bis 89 sind nur auf Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft (§ 3 Abs. 5 Z 1) anzuwenden. Schrifttum: Schrifttum allgemein zur Geschäftsaufsicht bei Kreditinstituten: Bartsch/Heil, Grundriss des Insolvenzrechts, 4. Auflage (1983); Bartsch/Pollak, Konkurs-, Ausgleichs-, Anfechtungsordnung, Einführungsverordnung und Geschäftsaufsichtsgesetz I und II, 3. Auflage (1937); Buchegger, Österrechisches Insolvenzrecht, Erster Zusatzband (2009); Dellinger/Oberhammer, Insolvenzrecht, 2. Auflage (2004); Engelhart, Geschäftsaufsicht (2004); Fruhstorfer, Sanierung von Wertpapierdienstleistern – Das Geschäftsaufsichtsverfahren, ZIK 2008, 192; Heil, Insolvenzrecht (1989); Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht, Konkurs und Ausgleich, 5. Auflage (1995); Rechberger/Thurner, Insolvenzrecht, 2. Auflage (2004); Schumacher, Bankpleiten, Geschäftsaufsicht und Insolvenzgründe, in FS Sprung (2001) 343. ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 79) „Diese Bestimmung entspricht dem § 25 a des bisherigen WAG.“
1 Nur Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen,
von letzteren aber nur jene, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft betrieben werden, unterfallen den insolvenzrechtlichen Sonderbestimmungen des WAG. Da nur solche Unternehmen als Wertpapierfirma und Wertpapierdienstleistungsunternehmen gelten, die über eine Konzession nach dem WAG verfügen, sind die insolvenzrechtlichen Sonderbestimmungen auf (gänzlich) berechtigungslose Erbringer von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten nicht anwendbar. 2 Ist über das Vermögen einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens der Konkurs eröffnet, hat die FMA die Konzession nach § 5 Abs 2 Z 4 WAG zurückzunehmen. Ungeachtet dessen bleiben aber die sondergesetzlichen Bestimmungen, etwa über 758
Geschäftsaufsicht und Insolvenzbestimmungen
§ 80
die Unzulässigkeit des Zwangsausgleichs, natürlich (weiterhin) anwendbar. Entscheidend ist der rechtliche Status zum Stichtag der Verfahrenseröffnung. § 80. (1) Über das Vermögen einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens kann ein Ausgleichsverfahren nicht eröffnet werden. Im Konkurs einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens findet ein Zwangsausgleich nicht statt. (2) In Geschäftsaufsichts- und Konkursverfahren von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen steht der FMA Parteistellung zu. (3) Der Antrag auf Eröffnung des Konkurses einer Wertpapierfirma kann nur von der FMA, derjenige eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens kann auch von der FMA, während aufrechter Geschäftsaufsicht jedoch in beiden Fällen nur von der Aufsichtsperson gestellt werden. Ansonsten ist § 70 KO anzuwenden. (4) Als Aufsichtsperson kann auch eine juristische Person bestellt werden. (5) Das Gericht hat vor Bestellung und Abberufung einer Aufsichtsperson oder eines Masseverwalters die FMA anzuhören. (6) Das Gericht hat die FMA von der Anordnung der Geschäftsaufsicht durch Übersendung eines Edikts unverzüglich zu verständigen. Schrifttum: Engelhart, Geschäftsaufsicht (2004); Kotrschal, Änderung der Insolvenzgesetze (2005). ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 80) „Diese Bestimmung entspricht dem § 25 b des bisherigen WAG mit dem einzigen Unterschied, dass die FMA hinsichtlich der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht mehr die alleinige Kompetenz zur Stellung eines Konkursantrages besitzt (vgl. § 80 Abs. 3).“
Die insolvenzrechtlichen Sondernormen des WAG 2007 sind beinahe 1 vollständig an jene des BWG angelehnt. Sie waren seinerzeit mit dem FMA-ÄG 2005 in das WAG aF „in adaptierter Form übernommen“ worden (1279 BlgNR 22. GP zu §§ 25 a bis 25 k). Die mit Art I Z 9 IIRG (Bundesgesetz über das internationale Insolvenzrecht), BGBl I 2003/36 in Umsetzung der RL 2001/24/EG über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten betreffend grenzüberschreitende Sanierungs- und Insolvenzverfahren über Kreditinstitute in das BWG eingeführten Bestimmungen zum Internationalen Insolvenzrecht 759
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(§ 81 bis 81 m BWG) blieben sowohl bei der Novellierung des WAG aF als auch nunmehr beim WAG 2007 unberücksichtigt. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Auflage liegt eine Regierungsvorlage zum Insolvenzrechtsänderungsgesetz – IRÄG 2010 (612 Blg NR 24.GP) vor, mit dem – unter Aufhebung der Ausgleichsordnung – ein einheitliches Insolvenzverfahren, die Insolvenzordnung – IO, mit einheitlichen, zum überwiegenden Teil der Konkursordnung entnommenen Verfahrensregelungen geschaffen werden soll. Wesentlichste Neuerung soll die Zusammenlegung von Ausgleich und Zwangsausgleich zum „Sanierungsplan“ sein. An einem eigenen Begleitgesetz zur Anpassung etwa des WAG oder BWG wird derzeit gearbeitet. Genauso wie bisher der Ausgleich bzw der Zwangsausgleich Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen iSd § 79 WAG nicht offen stand, wird dies zukünftig, im Ergebnis unverändert, für den Sanierungsplan gelten. Da die IO auf dem Regelungsgerüst der KO aufbaut, sollte man, so es bei der vorliegenden Regierungsvorlage bleibt, die tieferstehend zitierten Bestimmungen der KO künftighin numerisch und inhaltlich unverändert in der IO wiederfinden. § 8 AO, der die Befugnisse des Ausgleichsschuldners regelt und für Befugnisse des Schuldners unter Geschäftsaufsicht maßgeblich ist, wird sich in § 171 IO wiederfinden, wo der Umfang der Eigenverwaltung bei einem Sanierungsverfahren geregelt ist. Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen iSd § 79 WAG stehen der Ausgleich oder das Unternehmensreorganisationsverfahren nicht offen. § 2 URG, der die Anwendbarkeit des URG auf konkrete Unternehmenstypen ausschließt, nennt zwar nur allgemein „Wertpapierunternehmen“, er erfasst aber damit zweifellos auch Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach der Definition des WAG. Im Konkursfall ist der Zwangsausgleich unzulässig (zu den Gründen dieser Ausnahmeregelungen vgl Engelhart, Geschäftsaufsicht 44 f). Maßgeblich ist der rechtliche Status zum Stichtag der Verfahrenseröffnung. Das einzig in Frage kommende Sanierungsinstrument für insolvente Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist das Geschäftsaufsichtsverfahren. Zuständiges Gericht ist das in Konkurssachen sachlich zuständige LG (in Wien das HG Wien). Der FMA steht im Geschäftsaufsichts- und Konkursverfahren Parteistellung zu, wobei sie sich gemäß § 21 Abs 5 FMAG von der Finanzprokuratur vertreten lassen kann. Sie allein ist bei einer Wertpapierfirma zum Konkursantrag legitimiert. Bei einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist sie auch (neben Gläubigern oder neben dem 760
Geschäftsaufsicht und Insolvenzbestimmungen
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Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst) zur Antragstellung berechtigt, hat also – im Unterschied zum bisherigen § 25 b WAG aF – keine Alleinkompetenz mehr. In den Erl RV der Stammfassung des WAG 2007 (143 BlgNR 23. GP 28) wird die Differenzierung nicht näher begründet. Sie dürfte aber auf die Stellungnahme der FMA zum Begutachtungsentwurf zurückzuführen sein. Die FMA hatte darauf hingewiesen, dass ihr – im Gegensatz zum Bankaufsichtsrecht – „kein quartalsweises Meldungswesen für Vermögens-, Erfolgs- und Risikodaten zur Verfügung steht“, was „eine zeitnahe Beurteilung, ob ein Konkursantrag von der Aufsicht zu stellen ist, in vielen denkbaren Fällen schwierig“ mache (10/SN-45/ME 23. GP 10). Der Einwand wurde allerdings nur für die Wertpapierdienstleistungsunternehmen berücksichtigt. Ist jedoch einmal die Geschäftsaufsicht verhängt, so kann nur – mehr – 6 die bestellte Aufsichtsperson Konkursantrag stellen. Zu den sonstigen Voraussetzungen für die Konkursantragstellung wird 7 auf § 70 KO verwiesen, der die Konkurseröffnung über Gläubigerantrag regelt. Die spezifisch gläubigerbezogenen Bestimmungen (wie etwa die sechsmonatige Sperrfrist des § 70 Abs 3 KO nach zurückgezogenem Antrag) sind im Falle einer Antragstellung durch die FMA schon nach dem Normzweck unanwendbar. Die amtswegige Prüfpflicht des Konkursgerichts nach § 70 Abs 4 KO wird auch dann bestehen, wenn die FMA (als „Nichtgläubiger“) den Konkursantrag zurückzieht. Aufsichtsperson kann eine natürliche oder juristische Person sein. Im 8 letzteren Fall hat diese anzugeben, wer sie bei Ausübung der Aufsicht vertritt (§ 80 Abs 5 KO). Für den Masseverwalter gilt dies unmittelbar auf Grund von § 80 Abs 5 KO. Bei Bestellung und Abberufung der Aufsichtsperson oder des Masseverwalters hat die FMA ein Anhörungsrecht. Die Enthebungsbefugnis des Gerichts ist in § 87 KO geregelt. § 81. (1) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die überschuldet oder zahlungsunfähig sind, können, wenn die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit voraussichtlich wieder behoben werden kann, bei dem für die Konkurseröffnung zuständigen Gericht die Anordnung der Geschäftsaufsicht beantragen. Diesen Antrag kann auch die FMA stellen. (2) Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben mit dem Antrag ein geordnetes Verzeichnis seiner For761
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derungen und Verbindlichkeiten sowie die Jahresabschlüsse samt Anhängen und die Lageberichte der letzten drei Jahre vorzulegen. (3) Das Gericht kann zur Vorbereitung seiner Entscheidung Auskunftspersonen und Sachverständige einvernehmen und andere Erhebungen pflegen. Schrifttum: Engelhart, Geschäftsaufsicht (2004); Schumacher, Bankpleiten, Geschäftsaufsicht und Insolvenzgründe, in FS Sprung (2001) 343; Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht II/2, 4. Auflage (2004). ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 81) „Diese Bestimmung entspricht dem § 25 c des bisherigen WAG.“
1 Die Bestimmung entspricht § 25 c WAG aF. Die vollständige Anleh-
nung an den Wortlaut ist wohl auch Ursache des Fehlers in Abs 2 („seiner“ statt „ihrer“). 2 Auch wenn das Geschäftsaufsichtsverfahren eine „Sanierungsmaß-
nahme“ iSd Art 2 RL 2001/24/EG über die Sanierung und Liquidation für Kreditinstitute darstellt, ist es (etwa im Unterschied zum Reorganisationsverfahren nach dem URG, das ja die Solvenz [nicht Insolvenz] des antragstellenden Unternehmens voraussetzt) ein Insolvenzverfahren. Es wird auch als Insolvenzverfahren nach der Legaldefinition des § 11 FinalitätsG bzw nach § 1 Abs 1 Z 2 IESG qualifiziert.
3 Voraussetzung für ein Geschäftsaufsichtsverfahren ist, dass die Wert-
papierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen überschuldet oder zahlungsunfähig iSd §§ 66 und 67 KO ist. Drohende Zahlungsunfähigkeit (bzw Überschuldung), die für die Einleitung eines Ausgleichsverfahrens genügt (§ 1 Abs 1 AO idF IRÄG 1997), reicht selbst für einen Eigenantrag auf Geschäftsaufsicht nicht hin (obwohl dies sachlich durchaus zu rechtfertigen wäre). 4 Die Bestimmungen der §§ 81 ff WAG enthalten kaum Verfahrensvor-
schriften. Es ist auf die einschlägigen Bestimmungen der KO und AO zurückzugreifen. § 172 Abs 1 KO (Zuständigkeit des Einzelrichters) ist ebenso wie § 173 KO analog anzuwenden. Für mündliche Verhandlungen gilt § 59 EO. 5 Antragslegitimiert ist neben der Wertpapierfirma oder dem Wertpa-
pierdienstleistungsunternehmen noch die FMA. Ein Gläubigerantrag wäre a limine zurückzuweisen. 6 Die FMA schöpft ihre Grundlagen zur Antragstellung primär aus
den ihr gegenüber bestehenden Berichtspflichten, etwa nach § 33 WAG oder nach § 93 WAG, und den gemäß § 6 WAG sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen über Meldepflichten nach § 73 Abs 1 762
Geschäftsaufsicht und Insolvenzbestimmungen
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Z 1 bis 8 und 11 BWG. So normiert § 73 Abs 1 Z 6 BWG eine ausdrückliche Pflicht, der FMA die materielle Insolvenz anzuzeigen. Es besteht aber weder für die FMA noch die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Antragspflicht zur Einleitung eines Geschäftsaufsichtsverfahrens. Ungeachtet dessen besteht für die FMA zwischen Konkursantrag und Antrag auf Geschäftsaufsicht jedoch kaum Ermessensspielraum (Schumacher, Bankpleiten, Geschäftsaufsicht und Insolvenzgründe, in FS Sprung 348); bei Vorliegen der Voraussetzungen ist die Geschäftsaufsicht zu beantragen. Während der (gerichtlich mit Beschluss angeordneten) Geschäftsaufsicht ruhen allfällige von der FMA (im Bescheidwege) zur Abwehr einer Gefahr für die finanziellen Belange der Kunden nach § 92 WAG angeordneten, auf längstens 18 Monate befristeten Maßnahmen (zB Bestellung eines Regierungskommissärs nach § 92 Abs 1 Z 2 WAG). Durch die gesetzlich angeordnete Stundung stellt die Geschäftsaufsicht (im Unterschied zum Reorganisationsverfahren) ein taugliches Sanierungsinstrument dar, zumal auch nach Verfahrensaufhebung die gesonderte Verwaltung der vor oder nach Verfahrenseröffnung gebildeten Sondermassen bestehen bleiben soll. Für die Praxis entscheidungswesentlich ist aber stets die Frage, ob das Wertpapierunternehmen, abgesehen von der nachhaltigen Beseitigung der materiellen Insolvenz, eine realistische Aussicht hat, das Kundenvertrauen wiederzugewinnen, weil es ansonsten letztlich, selbst nach erfolgreicher Beendigung der Geschäftsaufsicht, wohl immer zu einer (faktischen) Liquidation kommen wird. Die Geschäftsaufsicht ist von dem für eine allfällige Konkurseröffnung (Unternehmenskonkurs) zuständigen Gericht (§§ 63 f KO) zu bewilligen. Das Gericht entscheidet mit Beschluss. Parteien des Eröffnungsverfahrens sind die Wertpapierfirma (das Wertpapierdienstleistungsunternehmen) und die FMA (§ 80 Abs 5 WAG) und allenfalls auch die Aufsichtsperson. Verzögert sich die Verfahrenseröffnung, hat die FMA Maßnahmen nach § 92 WAG im Interesse der finanziellen Belange der Kunden anzuordnen (sofern sie nicht schon gesetzt wurden). Auch einstweilige Vorkehrungen nach § 73 KO oder nach § 3 Abs 2 AO wären denkbar, zumal dann, wenn die FMA untätig bleiben und keine Maßnahmen nach § 92 WAG setzen sollte; allerdings dienen die gerichtlichen Maßnahmen nicht vorrangig dem Kundeninteresse, sondern der Sicherung der Masse (KO) bzw des Schuldnervermögens und der Unternehmensfortführung (AO). Die Behebbarkeit der materiellen Insolvenz, und zwar noch während des anhängigen Verfahrens, ist vom Antragsteller zu behaupten und 763
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zu bescheinigen. Sie muss zumindest wahrscheinlich sein (vgl Engelhart, Geschäftsaufsicht 60). Zu prüfen ist die Überwindbarkeit des Insolvenzgrundes aus einer ex ante Sicht mit einfacher Wahrscheinlichkeit (zumindest 1 : 1) (Schumacher, Bankpleiten, Geschäftsaufsicht und Insolvenzgründe, in FS Sprung 343). 11 Zur Bestimmung der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit kann auf die Rsp zu den §§ 66, 67 KO verwiesen werden. Branchenspezifisch ist hervorzuheben, dass gerade Kreditinstitute, aber wohl zumindest in Einzelfällen auch Wertpapierfirmen oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen, auf Grund ihrer Vermögensstruktur (leichte Verwertbarkeit des Umlaufvermögens) idR, zumindest bis zum Einsetzen eines Run, vorerst liquide bleiben. Bei Kreditinstituten muss selbst eine tageweise Schalterschließung bloß eine (vorübergehende) Zahlungsstockung bedeuten (vgl Engelhart, Geschäftsaufsicht 54). Im Unterschied dazu kann die Klärung der Überschuldung mitunter mehr Zeit als bei Kapitalgesellschaften anderer Branchen erfordern. Gerade in diesem Fall erweisen sich Vorkehrungen der FMA oder des Gerichts (siehe Rz 9) geboten. Strittig ist, ob die Auszahlung eines Guthabens ein „Geschäft“ iSd § 92 Abs 1 Z 2 lit a WAG darstellt, oder ob derartige Vorgänge erst zu unterbleiben haben, wenn die Fortführung des Geschäftsbetriebes als solches untersagt wird. § 82. (1) Wird die Aufsicht angeordnet, so hat das Gericht eine physische oder juristische Person als Aufsichtsperson zu bestellen. Dieser obliegt es, die Geschäftsführung der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zu überwachen. Sie haftet allen Beteiligten für den Schaden, den sie durch pflichtwidrige Führung ihres Amtes verursacht. (2) Die Aufsichtsperson hat das Recht, in die Geschäftsunterlagen der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens Einsicht zu nehmen; sie ist zu den Sitzungen der Verwaltungs- und Aufsichtsorgane einzuladen und kann auch selbst solche Sitzungen einberufen. Die Aufsichtsperson ist berechtigt, die Durchführung von Beschlüssen der Organe der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zu untersagen. (3) Das Gericht kann die Bestellung der Aufsichtsperson jederzeit widerrufen. (4) Die Aufsichtsperson hat für Ihre Tätigkeit Anspruch auf Vergütung, deren Höhe vom Gericht zu bestimmen ist. (5) Die Anordnung der Geschäftsaufsicht und die Aufsichtsperson sind öffentlich bekannt zu machen. Das Gericht hat zu veranlassen, 764
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dass die Anordnung der Geschäftsaufsicht und die Aufsichtsperson im Firmenbuch eingetragen werden. Schrifttum: Bartsch/Pollak/ Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht II/2, 4. Auflage (2004); Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht III, 4. Auflage (2002); Engelhart, Geschäftsaufsicht (2004); Herbst, Organe der Bankaufsicht und Amtshaftung, ÖBA 1998, 278; Petsch/Hüppe, Zusatz-Entlohnung des Masseverwalters für Unternehmensfortführung, ZIK 1999, 109. ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 82) „Diese Bestimmung entspricht dem § 25 d des bisherigen WAG.“
Liegen die Voraussetzungen für die Anordnung der Geschäftsaufsicht 1 vor, hat das Gericht eine physische oder juristische Person mit Beschluss zur Aufsichtsperson zu bestellen. Anderenfalls ist der Antrag abzuweisen. Eine amtswegige Prüfung, ob ein (Anschluss-)Konkurs zu eröffnen ist (vgl § 3 Abs 3 AO), ist nicht vorgesehen. Eine solche Prüfpflicht wäre angesichts der Unzulässigkeit eines Eigenantrages auf Konkurseröffnung aber auch systemfremd. Bei widerstreitenden Anträgen hat das Gericht die Entscheidung über den Konkursantrag (etwa der FMA) auszusetzen und zuerst den Antrag der Wertpapierfirma (zB auf Anordnung der Geschäftsaufsicht) zu erledigen (vgl Engelhart, Geschäftsaufsicht 68). Zu den Kriterien für die Auswahl der zu bestellenden Aufsichtsperson 2 ist auf die §§ 80 f KO zurückzugreifen. Zweifelsfragen der Unabhängigkeit der zu bestellenden Aufsichtsperson (vgl § 80 b KO) können nach Engelhart, Geschäftsaufsicht 70 durch analoge Anwendung der für den Bankprüfer aufgestellten Ausschlusskriterien (§ 62 BWG) beantwortet werden. Auch ein schon vorangegangener Regierungskommissär kommt als Aufsichtsperson in Frage. Ein dem § 80 b KO für den Reorganisationsprüfer vergleichbarer Ausschlussgrund fehlt (auch wenn natürlich der Bund bzw die FMA für schuldhaftes Verhalten des Regierungskommissärs vom beaufsichtigten Rechtsträger in Anspruch genommen werden könnte, was im Wesentlichen auch einer Haftungsinanspruchnahme des Reorganisationsprüfers durch den Masseverwalter und damit in beiden Fällen einer zu vermeidenden Interessenskollision entspricht – vgl Chalupsky/Duursma-Kepplinger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht III4 § 80 KO Rz 7). Die Entscheidung wird letztlich von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Für die Praxis wird entscheidend sein, ob zwischen dem zu beaufsichtigenden Rechtsträger und der FMA (bereits) Einigkeit über die Person und den Mandatsumfang des Regierungskommissärs bestand oder bereits dies zu Kontroversen führte; auch der Verlauf der 765
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Amtsführung durch den Regierungskommissär und die Ursachen der finanziellen Krise werden maßgeblich sein. 3 Aus Zweckmäßigkeitsgründen empfiehlt es sich, gleichzeitig mit der
Aufsichtsperson einen Stellvertreter iSd § 85 KO zu bestellen. Der Stellvertreter ist an keine Anordnungen oder Weisungen der Aufsichtsperson gebunden und untersteht direkt dem Aufsichtsgericht (vgl Chalupsky/Duursma-Kepplinger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht III4 § 85 KO Rz 3 zum Masseverwalter; aA Engelhart, Geschäftsaufsicht 69 unter Hinweis auf Bartsch/Heil, Grundriss des Insolvenzrechts4 Rz 105). 4 Das Gericht kann die Bestellung zur Aufsichtsperson jederzeit wider-
rufen. Konkrete Gründe sind nicht erforderlich, allerdings muss die FMA gemäß § 80 Abs 5 WAG vom Gericht gehört werden (vgl § 80 Rz 7). Der Beschluss ist unanfechtbar. 5 Die Aufsichtsperson ist – im Unterschied zum Masseverwalter – nicht
gesetzlicher Vertreter der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens. Sie handelt auch nicht hoheitlich wie der Regierungskommissär (Herbst, ÖBA 1998, 278; VwGH 10. 6. 2002, 97/17/0012). Stellung, Rechte und Pflichten sind vielmehr mit jener bzw jenen des Ausgleichsverwalters vergleichbar. Die Haftung ist rein zivilrechtlich konstruiert und Ergebnis der durch die Funktionsübernahme geschaffenen Sonderbeziehung, die erhöhte Einflussmöglichkeiten auf die Sphäre anderer eröffnet (vgl für die Haftung des Masseverwalters Chalupsky/Duursma-Kepplinger in Bartsch/Pollak/ Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht III4 § 81 KO Rz 94 ff). Die Aufsichtsperson haftet für bloße Vermögensschäden. Leichte Fahrlässigkeit genügt (Sachverständigenhaftung). Es gelten die Regeln der Erfüllungsgehilfenhaftung (§ 1313 a ABGB) und die Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB. Der Haftungsumfang beschränkt sich allerdings auf die Beteiligten und auf die Vernachlässigung aufsichtsspezifischer Pflichten. Als Beteiligte kommen die Wertpapierfirma bzw das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die FMA, Alt- und Neugläubiger sowie Ab- und Aussonderungsgläubiger in Frage (vgl Engelhart, Geschäftsaufsicht 89 ff).
6 Gegenüber der Aufsichtsperson gilt die in § 7 WAG normierte Ver-
schwiegenheitspflicht nicht. Diese wird durch die „gesetzliche Auskunftspflicht“, die aus § 82 Abs 2 WAG abgeleitet werden kann, durchbrochen. Die Aufsichtsperson unterliegt natürlich ihrerseits der Verpflichtung zur Verschwiegenheit. Die Gläubigerverbände haben im Aufsichtsverfahren keine Parteistellung.
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Die Höhe der Vergütung (einschließlich der zu ersetzenden Barausla- 7 gen) bestimmt das Gericht mit exekutierbarem Beschluss. Zahlungspflichtig ist, wie bei allen anderen vergleichbaren Verfahren auch, das der Geschäftsaufsicht unterworfene Unternehmen. Nähere Angaben zur Höhe der Vergütung werden im Gesetz nicht gemacht. UE erscheint eine Verrechnung nach Zeitaufwand multipliziert mit einem Stundensatz adäquat. Die Höhe des Stundensatzes wird durch Zu- oder Abschläge zu bestimmen sein (vgl die bei Petsch/Hüppe, ZIK 1999, 109 angeführten, für die Überwachung der Unternehmensfortführung im Konkurs maßgeblichen Parameter). Soweit die Aufsichtsperson Dritte beizieht (wodurch Barauslagen entstehen), empfiehlt sich eine Antragstellung nach § 82 Abs 4 KO bzw § 33 Abs 3 AO. Gegen den Vergütungsbeschluss steht der Wertpapierfirma oder dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen der Rekurs an das OLG offen. Ein weiterer Rechtszug findet nicht statt. Auch die Aufsichtsperson muss, wenngleich dies in § 88 Abs 5 WAG nicht ausdrücklich erwähnt wird, schon aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen rekurslegitimiert sein (Engelhart, Geschäftsaufsicht 101). Vorschüsse sind analog den Bestimmungen der AO und KO zulässig (vgl auch die Regelung beim Regierungskommissär, der nach § 92 Abs 5 WAG zur quartalsweisen Abrechnung seiner Funktionsgebühr, allerdings gegenüber der FMA, berechtigt ist). Die Aufsichtsperson hat das Recht, in die Geschäftsunterlagen des 8 betroffenen Wertpapierunternehmens Einsicht zu nehmen. Sie ist zu den Sitzungen der Verwaltungs- und Aufsichtsorgane (etwa Sitzungen des Vorstandes oder des Aufsichtsrates, aber auch seiner Ausschüsse oder allfälliger Beiräte) einzuladen und kann auch solche einberufen. Die Teilnahme- und Einberufungsbefugnis erstreckt sich aber nicht auf die Generalversammlung einer GmbH oder die Hauptversammlung einer AG (vgl Engelhart, Geschäftsaufsicht 83 f). Die Aufsichtsperson ist berechtigt, die Ausführung jeglicher, wann 9 immer (sei es auch vor Anordnung der Geschäftsaufsicht) gefasster Beschlüsse der Organe (zu denen auch die Beschlüsse einer Generalversammlung oder Hauptversammlung, selbstverständlich auch jene der Geschäftsleiter gehören) zu untersagen. Die Beschlüsse werden durch diese Maßnahme nicht rechtsunwirksam, nur ihre Durchführung ist verboten. Für dennoch ausgeführte Beschlüsse gelten die Rechtsfolgen des § 85 Abs 2 WAG (siehe § 85 Rz 2 ff). In Streitfällen, die sich aus der Anordnung der Aufsichtsperson ergeben, entscheidet gemäß § 87 WAG das Gericht mit unanfechtbarem (§ 88 Abs 5 zweiter Satz WAG) Beschluss. Für die öffentliche Bekanntmachung der Anordnung der Geschäfts- 10 aufsicht und der Aufsichtsperson gelten gemäß § 89 Abs 1 WAG die 767
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Vorschriften der KO (vgl § 173 a KO, der wieder auf § 14 IEG verweist). Der FMA – nicht aber der ÖNB, wie das bei Kreditinstituten der Fall wäre, – ist das Edikt (der Eröffnungsbeschluss) ebenso zuzustellen (§ 80 Abs 6 WAG) wie der Aufsichtsperson und dem betroffenen Wertpapierunternehmen. Das Gericht hat zu veranlassen, dass auch die Eintragung in das Firmenbuch stattfindet (Abs 5). § 83. Die Wirkungen der Aufsicht treten mit dem Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung des Edikts über die Anordnung der Geschäftsaufsicht folgt. Schrifttum: Mohr, Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 (1997); Zahradnik/Krumhuber, Finanzsicherheiten-Gesetz (2004). ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 83) „Diese Bestimmung entspricht dem § 25 e des bisherigen WAG.“
1 Die Regelungen des § 2 Abs 1 KO bzw des § 7 Abs 1 AO sind auch
für die Geschäftsaufsicht maßgeblich. Das Edikt wird durch Aufnahme in die Insolvenzdatei, die Teil der Ediktsdatei ist (www.edikte. justiz. gv.at), bekannt gemacht. Die Wirkungen der Geschäftsaufsicht treten mit dem Beginn des nächstfolgenden Tages ein. 2 Die insolvenzrechtliche Schwebesituation zwischen Anordnungsbeschluss und Wirkungseintritt wird teilweise durch Sonderregelungen entschärft: So sind für Zahlungs- und Übertragungsaufträge iSd FinalitätsG nach § 15 FinalitätsG die exakte Uhrzeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, also die Abgabe des Beschlusses an die Geschäftsabteilung, maßgeblich. § 84. (1) Mit dem Wirksamkeitsbeginn der Geschäftsaufsicht sind alle vorher entstandenen Forderungen gegen die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen einschließlich der Forderungen aus Wechseln und Schecks, die im Konkurs aus der gemeinschaftlichen Konkursmasse (§ 50 KO) zu befriedigen wären, sowie deren Zinsen und sonstigen Nebengebühren, selbst wenn sie erst während der Dauer der Geschäftsaufsicht fällig geworden oder aufgelaufen sind, gestundet. (2) Nach Anordnung der Geschäftsaufsicht hat das Gericht den finanziellen Stand der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens auf dessen Kosten durch Sachverständige feststellen zu lassen. Über das Ergebnis der Feststellung hat die Aufsichtsperson dem Gericht schriftlich zu berichten. Der Bericht hat auch anzugeben, ob die Wertpapierfirma oder das Wertpapier768
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dienstleistungsunternehmen in der Lage ist, einen bestimmten Bruchteil seiner vor dem Eintritt der Rechtswirkungen der Geschäftsaufsicht entstandenen Verbindlichkeiten zu bezahlen. Nach Maßgabe des Berichtes kann das Gericht anordnen, dass die alten Forderungen nur mit einem bestimmten Bruchteil der Kündigung unterliegen; es kann auch gestatten, dass die Aufsichtsperson nach Gattung oder Höhe zu bestimmende alte Forderungen zur Gänze befriedigt. (3) Während der Geschäftsaufsicht dürfen die alten Forderungen weder sichergestellt noch, soweit nicht etwa eine teilweise Auszahlung zugelassen ist (Abs. 2), ausbezahlt oder in irgendeiner Weise befriedigt werden. (4) Während der Geschäftsaufsicht kann wegen der alten Forderungen, soweit sie der Stundung unterliegen, über das Vermögen der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens weder der Konkurs eröffnet noch an dem ihm angehörigen Sachen ein richterliches Pfand- oder Befriedigungsrecht erworben werden. (5) Die Zeit, um die infolge der Stundung die Zahlung hinausgeschoben wird, ist bei der Berechnung der Verjährungsfrist und der gesetzlichen Fristen zur Erhebung von Klagen nicht einzurechnen. (6) Anleger sind im Konkurs der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens berechtigt, ihre Forderungen gegenüber der Wertpapierfirma oder dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit dessen Forderungen aufzurechnen. Schrifttum: Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht I, 4. Auflage (2000); Buchegger, Österrechisches Insolvenzrecht, Erster Zusatzband (2009); Engelhart, Geschäftsaufsicht (2004); Mohr, Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 (1997); Mohr, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung, 10. Auflage (2006); Schumacher, Bankpleiten, Geschäftsaufsicht und Insolvenzgründe, in FS Sprung (2001) 343. ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 84) „Diese Bestimmung entspricht dem § 25 f des bisherigen WAG.“
Es ist zwischen Altforderungen (Altschulden des Wertpapierunter- 1 nehmens) und den Neuforderungen (Neuschulden) zu unterscheiden. Zur Definition, was unter einer Altforderung zu verstehen ist, verweist Absatz 1 auf § 50 KO, der die „gemeinschaftliche Konkursmasse“ den „Konkursforderungen“ gegenüberstellt. Beurteilungskriterium ist damit, welchen Status eine Forderung im hypothetischen Konkurs des 769
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Wertpapierunternehmens hätte. § 51 KO definiert Konkursforderungen als Forderungen von Gläubigern, „denen vermögensrechtliche Ansprüche an den Gemeinschuldner zurzeit der Konkurseröffnung zustehen“, wobei es nur auf den Bestand der Forderung, nicht auch auf deren Fälligkeit ankommt. Für die Geschäftsaufsicht maßgeblicher Zeitpunkt ist deren Wirksamkeitsbeginn (§ 83 WAG). 2 Sämtliche Altforderungen (egal aus welchem Rechtsgrund und unab-
hängig vom Zeitpunkt oder der Art eines Gläubigerwechsels) gelten als gestundet. Die Stundungswirkung erfasst auch Zinsen und Nebengebühren (Prozess- und Exekutionskosten). Diese werden aber nicht zu „ausgeschlossenen“ Ansprüchen, wie nach § 58 KO bzw § 28 AO, sondern laufen weiter an. Prozesskosten eines Rechtsstreits über eine gestundete Forderung gelten selbst dann als gestundet, wenn diese erst nach Verfahrenseröffnung entstehen (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/ M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 86 Rz 1). 3 Das Verbot zur Befriedigung von Altforderungen (in welcher Form
immer) richtet sich an das Wertpapierunternehmen. Die zwangsgestundeten Altforderungen dürfen während der Geschäftsaufsicht von diesem auch nicht sichergestellt werden (wohl aber von Dritten). Dem Gesetz fehlt eine Sanktionsbestimmung – vgl aber § 85 Abs 2 WAG zur relativen Unwirksamkeit einer gesetzwidrigen Befriedigung (dazu § 85 Rz 5). Im (späteren) Konkursfall treten die anfechtungsrechtlichen Folgen (insb § 30 KO zur inkongruenten Deckung) hinzu. 4 Die Geschäftsaufsicht bewirkt (ebenso wie der Ausgleich) keine Pro-
zesssperre. Für Altforderungen ist nach Bartsch/Pollak, KO II3 Anm 6 zu § 6 Geschäftsaufsichtsgesetz aber bloß eine Klage auf Feststellung der Forderung zulässig (zust Fruhstorfer in Buchegger [Hrsg], Insolvenzrecht I Zusatzbd § 86 BWG Rz 44; aA Engelhart, Geschäftsaufsicht 136 unter Verweis auf § 54 Abs 4 AO – die durch die Stundungswirkung eingeschränkte Durchsetzbarkeit sei erst in einem Exekutionsverfahren einzuwenden). 5 § 84 Abs 4 WAG normiert eine Konkurs- sowie eine Pfandrechts-
und Befriedigungsrechtsbegründungssperre – ausschließlich – für Altforderungen in einer § 10 Abs 1 KO und § 10 Abs 1 AO vergleichbaren Weise. Bereits laufende Verwertungsverfahren bleiben vom Vollstreckungsschutz aber unberührt. Administrative Pfandrechte sind den richterlichen Pfandrechten gleichzuhalten (vgl Engelhart, Geschäftsaufsicht 137; Mohr, KO10 E 7 zu § 10 KO). Der Vollstreckungsschutz dauert bis zur rechtskräftigen Verfahrensaufhebung (vgl Mohr, KO10 E 1 zu § 86 BWG). Die Normierung einer Konkurssperre ist überflüssig, weil im Geschäftsaufsichtsverfahren selbst bei einem Wert-
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papierdienstleistungsunternehmen ohnedies nur die Aufsichtsperson Konkursantrag stellen kann (§ 80 Abs 3 WAG). Das Geschäftsaufsichtsverfahren kennt keine den §§ 21 ff KO bzw den §§ 20 a ff AO vergleichbaren Sondertatbestände zur (privilegierten, insolvenzbedingten) Auflösung bzw Beendigung von Vertragsverhältnissen. Es gelten daher die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze und Regeln. Der beaufsichtigte Rechtsträger hat dementsprechend (etwa) zweiseitig verbindliche, per Stichtag der Verfahrenseröffnung nicht vollständig erfüllte Verträge zu erfüllen oder die Rechtsfolgen einer Erfüllungsverweigerung in Kauf zu nehmen. Die damit verbundenen bzw hieraus resultierenden Forderungen unterfallen nur dann der Stundungswirkung, wenn sie im hypothetischen Konkursfall auch ohne die wiederum hypothetische Inanspruchnahme der insolvenzrechtlichen Sonderbegünstigungen als Konkursforderungen zu qualifizieren wären. Die Zwangsstundung tritt ex lege mit Verfahrenseröffnung ein. Sie ist eine Stundung sui generis (vgl Fruhstorfer in Buchegger [Hrsg], Insolvenzrecht I Zusatzbd § 86 BWG Rz 1). Weder die Regeln zur vollen Stundung (die Geschäftsaufsicht hemmt nicht den Eintritt der Fälligkeit einer Altforderung) noch die zur reinen Stundung (das beaufsichtigte Unternehmen darf nicht leisten) sind uneingeschränkt anwendbar (Engelhart, Geschäftsaufsicht 134). Die Stundungswirkungen sind in den Abs 3 bis 5 im Detail geregelt. Dem Geschäftspartner bleibt es unbenommen, vertragliche oder gesetzliche Rücktritts- oder Kündigungsrechte in Anspruch zu nehmen; an der Stundungswirkung ändert sich freilich dadurch nichts. Die Dauer der Stundung ist gemäß Absatz 5 bei der Berechnung von Verjährungsfristen und bei gesetzlichen Fristen zur Einbringung von Klagen nicht einzubeziehen. Die konkursrechtlich relevanten Fristen werden durch § 88 Abs 4 WAG erstreckt. Die Hemmung der Verjährungsfristen gilt allerdings nur, soweit es sich um Forderungen handelt, die aus der gemeinschuldnerischen Konkursmasse zu befriedigen wären, also nicht für Forderungen, die aus einer Sondermasse zu befriedigen sind. Soweit allerdings die Sondermasse keine Deckung bietet, handelt es sich um (spätere) Konkursforderungen bzw – im System der Geschäftsaufsicht – um Altforderungen (Laurer in Laurer/ Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 86 Rz 1). Die Stundung wirkt nur relativ, also im Verhältnis zum Rechtsträger unter Geschäftsaufsicht; Dritten (etwa Haftenden) gegenüber laufen die Fristen weiter (Engelhart, Geschäftsaufsicht 135). Mit Anordnung der Geschäftsaufsicht hat das Gericht den finanziellen Stand des beaufsichtigten Rechtsträgers auf dessen Kosten festzustel771
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len. Die Prüfung hat durch Sachverständige zu erfolgen. Für den Gebührenanspruch gilt das GebAG (Engelhart, Geschäftsaufsicht 102). Die Bestimmung sah in ihrer ursprünglichen Fassung (§ 6 Geschäftsaufsichtsgesetz) vor, dass nur ganz bestimmte Personen (ua die Gesellschaft für Revision und treuhändige Verwaltung Ges.m.b.H.) als Sachverständige in Betracht kommen, woraus Bartsch/Pollak, KO II3 Anm 9 zu § 6 Geschäftsaufsichtsgesetz schlossen, dass es zwar der Aufsichtsperson gestattet wäre, aus den Feststellungen des Sachverständigen eigene Schlüsse zu ziehen, sie aber nicht eigene Feststellungen an dessen Stelle vornehmen könne und dürfe. Unseres Erachtens kann, nachdem das Gesetz keine konkreten Sachverständigen (mehr) nennt, auch die Aufsichtsperson – zumindest sofern sie in der Lage ist und berechtigt (und damit ja auch als Sachverständiger idS qualifiziert) wäre, eine dem WAG genügende Jahresabschlussprüfung (§§ 73 f WAG) vorzunehmen – den finanziellen Stand der beaufsichtigten Person selbst erheben (zust im Anwendungsbereich des WAG Fruhstorfer in Buchegger [Hrsg], Insolvenzrecht I Zusatzbd § 86 BWG Rz 19). Die Entscheidung darüber liegt jedenfalls beim Aufsichtsgericht. 10 Der Bericht über das Ergebnis der Prüfung des finanziellen Standes
ist jedenfalls schriftlich von der Aufsichtsperson zu erstatten, was sich mit der Berichtspflicht des Ausgleichsverwalters deckt (Bartsch/Pollak, KO II3 Anm 8 zu § 6 Geschäftsaufsichtsgesetz). Im Unterschied zum Bericht des Ausgleichsverwalters geht es aber beim Bericht der Aufsichtsperson nicht um die Angemessenheit und Erfüllbarkeit des Ausgleichsvorschlages, sondern darum, den finanziellen Status des Unternehmens zu erheben. Dabei wird man in der Praxis einer Darstellung der Vermögensverhältnisse nach Going-Concern die Darstellung nach Zerschlagungskriterien gegenüberzustellen haben. Weiters wird zu prüfen und in den Bericht aufzunehmen sein, ob die schuldnerseits zur Überwindung der festgestellten Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit vorgeschlagenen Maßnahmen zweckmäßig und Erfolg versprechend sind und noch während der Geschäftsaufsicht umgesetzt werden können (Schumacher, Bankpleiten, Geschäftsaufsicht und Insolvenzgründe, in FS Sprung 354). Im Bericht ist auch anzugeben, ob der beaufsichtigte Rechtsträger in der Lage ist, einen bestimmten Teil der Altforderungen vor Verfahrensaufhebung zu bezahlen. 11 Das Aufsichtsgericht entscheidet in weiterer Folge mit Beschluss, ob
und inwieweit Altforderungen mit einem bestimmten Bruchteil der Kündigung unterliegen (soll heißen: ausbezahlt werden dürfen, sofern dies der Gläubiger verlangt), bzw ob nach Gattung und Höhe zu bestimmende Altforderungen vorab zur Gänze befriedigt werden 772
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können. Letztere Ermächtigung kann im Unterschied zur Regelung bei Kreditinstituten wieder eine Rolle spielen: Während diese (in § 86 Abs 2 BWG gleich lautende) Regelung nämlich auf Grund des Einlagensicherungssystems bei Kreditinstituten, das ua ja bereits bei Anordnung der Geschäftsaufsicht in Gang gesetzt wird (§ 93 Abs 3 Z 2 BWG – Auszahlung binnen drei Monaten), faktisch obsolet ist, löst die Anordnung der Geschäftsaufsicht über eine Wertpapierfirma oder ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Verpflichtung zur Anlegerentschädigung noch nicht aus. Insoweit kann also der bei Bartsch/ Pollak, KO II3 Anm 13 zu § 6 Geschäftsaufsichtsgesetz genannte Zweck der Bestimmung, nämlich die Begünstigung der Kleingläubiger, (wieder) eine Rolle spielen (siehe auch die Darstellung bei Engelhart, Geschäftsaufsicht 145 ff, der einen weiteren Anwendungsbereich für diese Bestimmung nennt: Es wäre denkbar, die Liquidation des beaufsichtigten Rechtsträgers quasi unter dem „Schutz“ der Geschäftsaufsicht einzuleiten [sofern Großgläubiger zumindest bis zur Verfahrensaufhebung Rückstehungserklärungen abgeben].). Laurer in Laurer/ Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 86 Rz 2 bezweifeln die Verfassungsmäßigkeit dieser aus dem GIZG übernommenen Privilegierungsbestimmung im Hinblick auf Art 18 Abs 1 B-VG. Zur Frage, ob die Aufrechnung als solche mit Altforderungen wäh- 12 rend der Geschäftsaufsicht zulässig ist, oder ob die Schuldner des Wertpapierunternehmens erfüllen müssen, liegen unterschiedliche Stellungnahmen vor. Engelhart, Geschäftsaufsicht 140 ff kommt nach ausführlicher Darstellung und Diskussion des Meinungsstandes zu dem Schluss, eine Aufrechnung sei zulässig, „wenn sich die beiden Forderungen bereits zum Zeitpunkt des Wirksamkeitsbeginns der Geschäftsaufsicht aufrechenbar gegenübergestanden haben und die Kompensation schon damals hätte erklärt werden können“ (so auch mwN Dellinger/Steinböck in Dellinger [Hrsg], BWG III § 86 Rz 22). UE ist der Nichtkompensabilität der Vorzug zu geben. Dafür spricht zum einen, dass Altforderungen einer Stundung sui generis (siehe Rz 7) unterliegen und die Aufrechnung schon an der vom ABGB geforderten Fälligkeit der zu kompensierenden Forderung scheitert (vgl Gamerith in Bartsch/ Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht I4 § 19 KO Rz 42). Zum anderen ist von Nichtkompensabilität aber auf Grund von Praktikabilitätsüberlegungen auszugehen. Gerade bei Universalbanken (natürlich weniger, aber auch bei Wertpapierunternehmen) wird es idR unmöglich sein, nachträgliche bzw rückwirkende „Manipulationen“ zur Herstellung der für die Aufrechnung (ebenso) erforderlichen Gegenseitigkeit auszuschließen bzw in den Griff zu bekommen (Abtretung von Forderungen etc). Zwar stellt sich dieses Thema natürlich 773
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auch später im (allfälligen) Konkurs, doch steht dort dem Masseverwalter das Anfechtungsinstrumentarium (und mehr Zeit) zur Verfügung. Diese Ansicht erleichtert auch die (technische Durchführung der) Teilbefriedigung von Altforderungen nach Abs 2. Es entspricht auch dem Normzweck des Geschäftsaufsichtsverfahrens, eine negative Entwicklung der Vermögensstruktur des beaufsichtigten Unternehmens zu verhindern. Zudem werden Härten ohnedies, zumindest im nachfolgenden Konkurs, durch das System der Einlagensicherung abgefedert (aA Fruhstorfer in Buchegger [Hrsg], Insolvenzrecht I Zusatzbd § 86 BWG Rz 35). Die Regelung in Abs 6 über die Kompensabilität von Einlegerforderungen im Konkurs normiert dagegen nur (zwischenzeitig) Selbstverständliches. § 85. (1) Ist die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, für das die Geschäftsaufsicht angeordnet ist, eine Genossenschaft, so können die Geschäftsanteile während der Geschäftsaufsicht weder rechtswirksam gekündigt werden noch dürfen die Anteile und die dem ausgeschiedenen Genossenschafter sonst auf Grund des Genossenschaftsverhältnisses gebührenden Guthaben ausbezahlt werden; bereits laufende Kündigungs- und Haftungsfristen werden gehemmt. (2) Die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen kann, falls das Gericht auf Antrag der Aufsichtsperson nichts anderes verfügt, seine Geschäftstätigkeit fortsetzen. Zur Vornahme von Geschäften, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, ist jedoch die Zustimmung der Aufsichtsperson erforderlich. Die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen hat aber auch zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörende Handlungen zu unterlassen, wenn die Aufsichtsperson dagegen Einspruch erhebt. Rechtshandlungen, die ohne Zustimmung oder gegen den Einspruch der Aufsichtsperson vorgenommen wurden, sind den Gläubigern gegenüber unwirksam, wenn der Dritte wusste oder wissen musste, dass sie über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen und die Aufsichtsperson ihre Zustimmung nicht erteilt oder dass sie Einspruch gegen ihre Vornahme erhoben hat. (3) Die Mittel, die der Wertpapierfirma oder dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen aus den nach Wirksamkeitsbeginn der Geschäftsaufsicht geschlossenen Geschäften (neue Forderungen) zufließen, sind gesondert zu verrechnen und zu verwalten; sie bilden – auch nach Erlöschen der Geschäftsaufsicht – eine zur vorzugsweisen Befriedigung der Ansprüche aus der neuen Forderung dienende Sondermasse. 774
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§ 85
Schrifttum: Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht I, 4. Auflage (2000); Engelhart, Geschäftsaufsicht (2004); Mohr, Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 (1997); Fruhstorfer, Sanierung von Wertpapierdienstleistern – Das Geschäftsaufsichtsverfahren, ZIK 2008, 192; Mohr, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung, 10. Auflage (2006). ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 85) „Diese Bestimmung entspricht dem § 25 g des bisherigen WAG.“
Wird eine Wertpapierfirma oder ein Wertpapierdienstleistungsunter- 1 nehmen in der Rechtsform einer Genossenschaft betrieben, können Genossenschaftsanteile während der Geschäftsaufsicht nicht wirksam gekündigt werden. Die Regelung soll nach ihrem Normzweck gewährleisten, dass eine Sanierung im Rahmen der Geschäftsaufsicht nicht durch Kündigung vieler Genossenschafter unmöglich gemacht wird. Ebenso wenig dürfen Anteile, die ausgeschiedenen Genossenschaftern zustehen, ausbezahlt werden. Die Ansprüche stellen also keine „Altforderungen“ iSd § 84 WAG dar, dürfen also während der Geschäftsaufsicht auch nicht mit einem Bruchteil (§ 84 Abs 2 WAG) befriedigt werden. Kündigungs- und Haftungsfristen, die sich auf das Genossenschaftsverhältnis beziehen und bereits vor Wirksamkeit der Geschäftsaufsicht in Gang gesetzt wurden, gelten für die Dauer der Geschäftsaufsicht als gehemmt. Diese Fortlaufshemmung (vgl Engelhart, Geschäftsaufsicht 177) bewirkt, dass der beaufsichtigte Rechtsträger nicht am Ende der Geschäftsaufsicht in Liquidationsschwierigkeiten gerät, wenn eine große Anzahl von Genossenschaftern, die bereits vor Verhängung der Geschäftsaufsicht die Gefahr erkannten, befriedigt werden müsste (vgl Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 87 Rz 1). Zu beachten ist, dass den Genossenschaftern im Konkurs der Genossenschaft insoweit keine Konkursforderung zusteht (§ 1 Abs 2 GenKonkVO). Es kann vielmehr eine Nachschusspflicht bestehen. Die Deckungspflicht bei einer Genossenschaft mit beschränkter Haftung beschränkt sich aber auf den Haftungsbetrag (OGH 22. 2. 2007, 8 Ob 8/07 w, ZIK 2007, 187). Der Regelfall sieht vor, dass die Geschäftsaufsicht die Geschäftstätigkeit 2 der Wertpapierfirma oder des Wertpapierdienstleistungsunternehmens nicht beschränkt. Die Aufsichtsperson hat das Wertpapierunternehmen (bloß) zu überwachen. Die Regelung ist im Wesentlichen jener des § 8 AO nachgebildet. Das Gericht (nicht die Aufsichtsperson!) kann gemäß Abs 2 auf Antrag 3 der Aufsichtsperson dem Wertpapierunternehmen die Fortführung der Geschäfte überhaupt untersagen, was entweder auf eine Liquidation im Rahmen der Geschäftsaufsicht oder de facto auf eine Vorkeh775
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rung zur „Vorbereitung“ der Konkurseröffnung hinausläuft. Gegen diesen Beschluss steht kein Rekurs zu (§ 88 Abs 5 WAG). Eine Liquidation im Rahmen der Geschäftsaufsicht wäre nur zweckmäßig, wenn eine Totalbefriedigung aller Forderungen hieraus wahrscheinlich wäre (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 87 Rz 2; siehe auch § 81 insb Rz 2 und 7). 4 Nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörende Geschäfte be-
dürfen jedenfalls der Zustimmung der Aufsichtsperson. Ein dem § 8 Abs 1 AO vergleichbarer Katalog (stets) genehmigungspflichtiger Geschäfte fehlt, doch ist nicht daran zu zweifeln, dass die dort aufgezählten Geschäfte jedenfalls der Genehmigungspflicht unterfallen. Im Übrigen wird die Judikatur zu § 8 AO maßgeblich sein (Steinböck in Dellinger [Hrsg], BWG III § 87 Rz 8 mwN; vgl Mohr, KO10 E 34 ff zu § 8 AO). Zudem kann die Aufsichtsperson die Unterlassung zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörender Geschäfte durch (vorherigen) Einspruch erwirken. Für die Praxis empfiehlt sich, abstellend auf Wert, Umfang und Art der Geschäfte des konkret zu überwachenden Unternehmens eine Art „Pouvoirregelung“ – tunlichst in Abstimmung mit dem zu überwachenden Unternehmen – festzulegen, um den Geschäftsbetrieb nach Verfahrenseröffnung rasch zu organisieren und zu strukturieren. 5 Rechtshandlungen des ungewöhnlichen Geschäftsbetriebes, bei denen
die Zustimmung fehlt, oder Rechtshandlungen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes, gegen die von Seiten der Aufsichtsperson Einspruch erhoben wurde, sind den Gläubigern des beaufsichtigten Unternehmens gegenüber unwirksam. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Dritte davon wusste oder dies schuldhaft nicht wusste. Die in § 8 Abs 1 AO genannten Geschäfte werden ohne Zustimmung der Aufsichtspersonen Gläubigern gegenüber jedenfalls unwirksam sein, weil allgemein bekannt ist, dass sie zum Kreis der gewöhnlichen Geschäfte gehören (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 87 Rz 3, wobei die dort hervorgehobene Ausnahme für bankgeschäftliche Bürgschaften bzw Garantien hier nicht maßgeblich ist, soferne diese nicht auf Grund einer qualitativen und/oder quantitativen Beurteilung trotzdem dem außerordentlichen Geschäftsbereich zuzuordnen sind). Bei allen anderen Geschäften ist ein objektiver Maßstab (durchschnittlich verständiger Verbraucher, ordentlicher Unternehmer) anzulegen (Steinböck in Dellinger [Hrsg], BWG III § 87 Rz 11). Die Unwirksamkeit der fehlerhaften Rechtshandlung wirkt relativ (vgl § 8 Abs 2 AO), also nur gegenüber den Gläubigern, nicht (auch) zwischen den unmittelbaren Vertragspartnern; sie kann nicht während des Geschäftsaufsichtsverfahrens, sondern erst im nachfolgen776
Geschäftsaufsicht und Insolvenzbestimmungen
§ 86
den Konkurs vom Masseverwalter geltend gemacht werden (vgl Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 87 Rz 3). Jene Mittel, die dem Wertpapierunternehmen ab Wirksamkeit der Ge- 6 schäftsaufsicht, also im Rahmen der „Neugestion“ (Engelhart, Geschäftsaufsicht 159), aus neuen unternehmensbezogenen Geschäften (nicht etwa auf Grund des Gesellschafterverhältnisses) zufließen, sind gesondert zu verrechnen und zu verwalten und bilden selbst nach Aufhebung der Geschäftsaufsicht eine Sondermasse. Das Sanierungsrisiko soll (nur) auf jenen Gläubigern lasten, die vor dem Geschäftsaufsichtsverfahren Forderungen begründet haben. Ansprüche aus Neugeschäften werden daher, sofern ihnen ein Mittelzufluss an das beaufsichtigte Unternehmen vorangegangen ist, durch die Sondermasse „besichert“. Die Sondermasse ist nicht nur im Rechenwerk des beaufsichtigten 7 Unternehmens gesondert zu führen, sie darf auch nicht mit dessen sonstigen Mitteln vermengt werden. Es ist eine tatsächliche Trennung erforderlich (Engelhart, Geschäftsaufsicht 163). Die Maßnahme stellt idR eine beträchtliche logistische Herausforderung an das beaufsichtigte Unternehmen und die Aufsichtsperson dar (zust Fruhstorfer, ZIK 2008, 195). Die Sondermasse dient der vorzugsweisen Befriedigung der ihr zugeordneten Gläubiger. Überschüsse aus der Sondermasse fließen in die allgemeine Masse (vgl § 48 Abs 2 KO). Bei der Verteilung sind Neugläubiger hinsichtlich des aus der Sondermasse ungedeckten Forderungsteils wie Konkursgläubiger aus der allgemeinen Masse dividendenmäßig zu befriedigen (zu Einzelheiten vgl § 132 KO). § 86. Nach Ablauf von zwei Jahren seit Beendigung der Geschäftsaufsicht kann die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, wenn nicht innerhalb dieser Zeit über ihr oder sein Vermögen ein Konkurs eröffnet wurde, ihre oder seine Befreiung von der Verpflichtung der gesonderten Verrechnung und Verwaltung der aus den neuen Forderungen zugeflossenen Mittel beantragen. Wird ein solcher Antrag gestellt, so hat das Gericht die Vermögenslage der Antragstellerin zu prüfen. Ergibt die Überprüfung, dass die Sicherheit der neuen Forderungen durch die Auflassung nicht gefährdet wird, so ist dem Antrag stattzugeben; von diesem Zeitpunkt an ist die Sondermasse als aufgelöst anzusehen. Schrifttum: Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht I, 4. Auflage (2000); Mohr, Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 (1997); Mohr, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung, 10. Auflage (2006).
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ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 86) „Diese Bestimmung entspricht dem § 25 h des bisherigen WAG.“
1 Die während des Geschäftsaufsichtsverfahrens gebildete Sondermasse
besteht nach Aufhebung des Verfahrens weiter und ist weiterhin vom übrigen Vermögen gesondert zu verwalten und zu verrechnen. Die Überprüfung der Gestion geht nach Hinwegtreten des Aufsichtsgerichts auf den Abschlussprüfer bzw die FMA über. 2 Der Antrag auf Befreiung von der gesonderten Gestionierung kann frühestens zwei Jahre nach der Geschäftsaufsicht gestellt werden. Antragslegitimiert ist ausschließlich die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst. Der Entscheidung hat eine Überprüfung der Vermögenslage durch das (ehemalige) Aufsichtsgericht vorauszugehen. Dem Antrag darf nur stattgegeben werden, wenn die Sicherheit der Neuforderungen durch die Auflassung der Sondermasse nicht gefährdet ist. Mit Rechtskraft des Bewilligungsbeschlusses ist die Sondermasse als aufgelöst anzusehen. 3 Das WAG enthält keine Angaben, wie und durch wen das Aufsichtsgericht die Vermögenslage der Antragstellerin zu prüfen hat. Das Gericht wird aber wohl die Stellungnahme der FMA, des bestellten Abschlussprüfers und der seinerzeit mit der Beurteilung der Finanzlage beauftragten Sachverständigen (§ 84 Abs 2 WAG) einzuholen haben. Entscheidend wird sein, dass die Sanierung abgeschlossen ist und das Unternehmen die in § 9 WAG festgelegten Eigenkapitalkriterien (wieder) erfüllt. Die Schulden müssen im unter Heranziehung restriktiver Bewertungsgrundsätze ermittelten Vermögen Deckung finden und ohne Gefährdung der Liquidität bedienbar sein. 4 Nach Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 88 müssen die Gläubiger des ehedem beaufsichtigten Rechtsträgers, welcher Gruppe von Gläubigern sie auch immer zugehören, die Möglichkeit haben, gehört zu werden. Eine Kundmachung nach § 89 WAG (Insolvenzdatei) erscheint damit geboten. § 87. In Streitfällen, die sich aus den Anordnungen der Aufsichtsperson ergeben, entscheidet das Gericht mit Beschluss. Das Gericht kann die erforderlichen Aufklärungen auch ohne Vermittlung der Beteiligten einholen und zum Zwecke der erforderlichen Feststellungen von Amts wegen alle hiezu geeigneten Erhebungen pflegen. Schrifttum: Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht I, 4. Auflage (2000); Engelhart, Geschäftsaufsicht (2004); Mohr, Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 (1997); Mohr, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung, 10. Auflage (2006).
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ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 87) „Diese Bestimmung entspricht dem § 25 i des bisherigen WAG.“
Der Mechanismus des § 87 WAG gilt sowohl für strittige Anordnun- 1 gen der Aufsichtsperson, etwa iZm der Einsicht in die Geschäftsunterlagen, als auch für die Streitfragen iZm der Untersagung der Durchführung von Organbeschlüssen (§ 82 Abs 2 WAG) oder der Zustimmung zu außergewöhnlichen Geschäften bzw der Beeinspruchung gewöhnlicher Geschäfte (§ 85 Abs 2 WAG).Die Anordnungen der Aufsichtsperson selbst sind nicht exekutierbar (Steinböck in Dellinger [Hrsg], BWG III § 89 Rz 1 mwN). Beteiligte sind (ausschließlich) die Aufsichtsperson und der beaufsichtigte Rechtsträger, an den sich die Anordnungen bzw Weisungen richten. Dritten erwächst aus § 87 WAG kein Recht, einen Streitfall an das Aufsichtsgericht heranzutragen (vgl Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 89; Engelhart, Geschäftsaufsicht 104; so auch Steinböck in Dellinger [Hrsg], BWG III § 89 Rz 1). Das Aufsichtsgericht hat von Amts wegen die erforderlichen Sach- 2 grundlagen für seine Entscheidung beizuschaffen. Es muss dazu die Beteiligten zwar nicht heranziehen, wohl aber Parteiengehör gewähren (vgl Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 89). Das Aufsichtsgericht entscheidet mit unanfechtbarem Beschluss. Es kann die Anordnung der Aufsichtsperson als rechtmäßig feststellen, oder es kann dem beaufsichtigten Rechtsträger ein bestimmtes Verhalten auftragen (etwa die Herausgabe von Geschäftsunterlagen). Die Beschlüsse stellen Exekutionstitel dar und können nach der EO vollstreckt werden (Engelhart, Geschäftsaufsicht 106). § 88. (1) Die Geschäftsaufsicht erlischt durch Aufhebungsbeschluss des Gerichtes sowie durch Eröffnung des Konkursverfahrens. (2) Das Gericht hat die Geschäftsaufsicht aufzuheben, wenn 1. die Voraussetzungen, die für die Anordnung maßgebend waren, weggefallen sind oder 2. seit der Anordnung der Geschäftsaufsicht ein Jahr verstrichen ist. (3) Die Aufhebung der Geschäftsaufsicht ist nach Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses öffentlich bekannt zu machen. Weiters hat das Gericht zu veranlassen, dass im Firmenbuch die Aufhebung der Geschäftsaufsicht eingetragen und die Eintragung der Aufsichtsperson gelöscht wird. (4) Ist die Geschäftsaufsicht infolge Eröffnung des Konkursverfahrens erloschen oder wird ein Konkursverfahren auf Grund eines 779
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binnen 14 Tagen nach Erlöschen der Geschäftsaufsicht eingebrachten Antrages eröffnet, so sind die nach der Konkursordnung vom Tage des Antrages auf Eröffnung eines solchen Verfahrens oder vom Tage der Eröffnung eines solchen Verfahrens zurückzurechnenden Fristen von dem Tage an zu berechnen, an dem die Geschäftsaufsicht in Wirksamkeit getreten ist. (5) Gegen die Abweisung des Antrages auf Anordnung der Geschäftaufsicht und gegen die Aufhebung der Geschäftsaufsicht steht sowohl der Wertpapierfirma oder dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen als auch der FMA der Rekurs offen, gegen Beschlüsse, womit die Höhe der Vergütung der Aufsichtsperson und der ihr zu ersetzenden Barauslagen bestimmt wird, jedoch nur der Wertpapierfirma oder dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Andere Entscheidungen können nicht angefochten werden. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes findet ein weiterer Rechtszug nicht statt. Schrifttum: Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht I, 4. Auflage (2000); Engelhart, Geschäftsaufsicht (2004); Mohr, Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 (1997); Mohr, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung, 10. Auflage (2006). ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 88) „Diese Bestimmung entspricht dem § 25 j des bisherigen WAG.“
1 Die Geschäftsaufsicht soll nur solange dauern, bis entschieden ist, ob
das beaufsichtigte Unternehmen saniert werden kann. Sie erlischt entweder durch die Konkurseröffnung (über ausschließlichen Antrag der Aufsichtsperson) oder durch den Aufhebungsbeschluss des Aufsichtsgerichts. Der Beschluss ist zu fassen, wenn die Voraussetzungen, die zur Anordnung geführt haben (bzw – soweit sie während des Verfahrens hervorkamen – ebenso zu einer Anordnung geführt hätten), weggefallen sind, oder wenn seit der Anordnung ein Jahr verstrichen ist. 2 Die bloße Zurückziehung eines Antrages auf Anordnung der Ge-
schäftsaufsicht kommt als Aufhebungsgrund nicht in Betracht (Engelhart, Geschäftsaufsicht 107). Dasselbe muss für den Fall der Unmöglichkeit der Beseitigung der materiellen Insolvenz gelten. In letzterem Fall hat die Aufsichtsperson pflichtgemäß Konkursantrag zu stellen. Ein von Amts wegen eröffneter Konkurs ist nicht möglich. Engelhart, Geschäftsaufsicht 109 vertritt in Abweichung vom Gesetzeswortlaut den Standpunkt, dass das Aufsichtsgericht auch dann einen Aufhebungsbeschluss fassen könne, wenn sich die Unsanierbarkeit 780
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oder die völlige Vermögenslosigkeit (Mangel selbst der Konkurseröffnungsvoraussetzungen) des beaufsichtigten Rechtsträgers herausstellen sollte (so auch Steinböck in Dellinger [Hrsg], BWG III § 90 Rz 3 mwN). Der Aufhebungsbeschluss ist, unabhängig vom Stand der Sanierungs- 3 bemühungen, jedenfalls nach Ablauf einer Frist von einem Jahr ab Eröffnung des Geschäftsaufsichtsverfahrens zu fassen. Eine Möglichkeit zur Verlängerung der Frist besteht nicht. Der Aufhebungsbeschluss ist nach Rechtskraft öffentlich bekannt zu 4 machen. Der gemäß § 82 Abs 5 WAG erfolgten Eintragung der Verfahrenseröffnung im Firmenbuch folgt die Eintragung der Aufhebung. Ebenso ist die Eintragung der Aufsichtsperson zu löschen. Die Geschäftsaufsicht erlischt automatisch mit Konkurseröffnung. Da 5 es in diesem Fall keinen eigenen Aufhebungsbeschluss gibt (im Konkurseröffnungsbeschluss wird allerdings deklaratorisch festzuhalten sein, dass die Geschäftsaufsicht erloschen ist), kann die Beendigung der Geschäftsaufsicht nur mittelbar über die Bekämpfung der Konkurseröffnung angefochten werden. Dem Rekurs gegen die Konkurseröffnung kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Hat der Rekurs Erfolg, lebt die Geschäftsaufsicht wieder auf. Akte des Masseverwalters in der Zeit bis dahin sind als Akte des beaufsichtigten Rechtsträgers mit Genehmigung der Aufsichtsperson anzusehen (Laurer in Laurer/ Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 91 Rz 4). Erlischt die Geschäftsaufsicht, ohne dass es zu einem Konkursverfahren 6 kommt, und eröffnet das Konkursgericht aus Anlass eines binnen 14 Tagen danach eingebrachten Antrages eines Berechtigten (§ 80 Abs 3 WAG) den Konkurs, sind die konkursrechtlich relevanten Fristen auf den Tag der Eröffnung des Geschäftsaufsichtsverfahrens zurückzubeziehen (Anfechtungsfristen der §§ 27 ff KO; 60-Tage-Frist für das Erlöschen von Absonderungsrechten nach § 12 Abs 1 KO). Die in § 88 Abs 5 WAG normierten Rechtsmittelbeschränkungen, die 7 sich auch gegen nicht bloß verfahrensleitende Beschlüsse der ersten Instanz wenden, werden von Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz [Hrsg], BWG II3 § 91 Rz 5 als verfassungswidrig beurteilt (ebenfalls krit aber einschränkend auf Beschlüsse, welche die Effizienz des Verfahrens nicht gefährden Steinböck in Dellinger [Hrsg], BWG III § 90 Rz 15). Dies gelte ebenfalls, soweit nur einer Seite des Verfahrens ein Rechtsmittel eingeräumt ist, sofern nicht dadurch eine gerade von dieser Partei beantragte Entscheidung als von ihr unanfechtbar normiert werde (ebenso Steinböck in Dellinger [Hrsg], BWG III § 90 Rz 16). 781
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§ 89. (1) Für die öffentlichen Bekanntmachungen gelten die Vorschriften der Konkursordnung. (2) Die Einsicht in die Ediktsdatei ist nicht mehr zu gewähren, wenn seit der Aufhebung der Geschäftsaufsicht drei Jahre vergangen sind. Ist die Geschäftsaufsicht infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens erloschen, so ist die Einsicht erst dann nicht mehr zu gewähren, wenn auch die Frist für die Einsicht im Konkurs abgelaufen ist (§ 14 IEG). Schrifttum: Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht I, 4. Auflage (2000); Mohr, Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 (1997); Mohr, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung, 10. Auflage (2006). ErlRV GP XXIII RV 143 (zu § 89) „Diese Bestimmung entspricht dem § 25 k des bisherigen WAG.“
1 § 173 a KO sieht vor, dass öffentliche Bekanntmachungen von Schrifts-
tücken und Beschlüssen durch Aufnahme in die Insolvenzdatei zu erfolgen haben. Die Bestimmung verweist auf § 14 IEG, der auch die Fristen regelt, ab wann eine Einsicht in die Insolvenzdatei nicht mehr zu gewähren ist. Das ist etwa bei Konkursaufhebung nach § 139 KO nach Ablauf eines Jahres der Fall. Bei der Geschäftsaufsicht läuft diese Frist drei Jahre ab Aufhebung; sie verlängert sich um jenen Zeitraum, für den Einsicht wegen Konkurses zu gewähren ist.
2. Abschnitt Kosten und Verfahrensvorschriften Kosten § 90. (1) Die Kosten der FMA aus dem Rechnungskreis Wertpapieraufsicht (§ 19 Abs. 1 Z 3 und Abs. 4 FMABG) sind von den meldepflichtigen Instituten, den Emittenten, den Wertpapierfirmen sowie den Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu erstatten. Unter Beachtung des Verursacherprinzips und des volkswirtschaftlichen Interesses an einer funktionsfähigen Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen sind diese Aufsichtskosten nach der Kostenrechnung der FMA aufzuteilen. Die FMA hat zu diesem Zweck im Rechnungskreis Wertpapieraufsicht einen Subrechnungskreis für meldepflichtige Institute, einen für Emittenten mit Aus782
Kosten
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nahme des Bundes sowie einen gemeinsamen für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu bilden. Die Kostenaufteilung innerhalb der Subrechnungskreise erfolgt gemäß der nach Abs. 2 zu erlassenden Verordnung. (2) Die auf die Kostenpflichtigen gemäß Abs. 1 entfallenden Beträge sind von der FMA mit Bescheid vorzuschreiben; die Festsetzung von Pauschalbeträgen ist zulässig. Die FMA hat nähere Regelungen über diese Kostenaufteilung und ihre Vorschreibung mit Verordnung festzusetzen. Hierbei sind insbesondere zu regeln: 1. Die Bemessungsgrundlagen der einzelnen Arten von Kostenvorschreibungen; 2. die Termine für die Kostenbescheide und die Fristen für die Zahlungen der Kostenpflichtigen. Bei der Erlassung von Verordnungen gemäß Z 1 und 2 ist auf Art und Ausmaß der meldepflichtigen Geschäfte und der erbrachten Wertpapierdienstleistungen sowie hinsichtlich der Emittenten auf Art und Ausmaß der ausgegebenen meldepflichtigen Instrumente Bedacht zu nehmen. Die Kostenpflichtigen und das Börseunternehmen haben der FMA alle erforderlichen Auskünfte über die Grundlagen der Kostenbemessung zu erteilen. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 90): „Diese Bestimmung entspricht dem § 7 des bisherigen WAG. Die Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen bilden gemeinsam einen Subrechnungskreis.“
Übersicht I. II. III. IV.
Kostenaufteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kostenvorschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verordnungsermächtigung der FMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auskunftspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–5 6 7–8 9
I. Kostenaufteilung Grundsätzlich ist vorauszuschicken, dass die Kostenbestimmungen im 1 WAG 2007 dem § 7 WAG aF entsprechen (Erl RV 28). Wie schon bisher haben sich die Beaufsichtigten die Kosten der FMA für die Wertpapieraufsicht untereinander aufzuteilen. Das entspricht der bisherigen österreichischen und auch internationalen Praxis (369 BlgNR 20. GP 62). Die aus der Kostenregelung des WAG aF resultierenden 783
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Belastungen wurden mit dem Argument relativiert, dass durch vermehrte Markttransparenz und eine wirksame Bekämpfung von Insiderhandel auch das Vertrauen in den österreichischen Finanzmarkt gestärkt werde (369 BlgNR 20. GP 62). Die Regelung wurde in Anlehnung an die Kostenaufteilung für die Versicherungsaufsicht geschaffen. 2 Als Kostenpflichtige nennt das WAG 2007 meldepflichtige Institute,
Emittenten, Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§ 90 Abs 1). Der Kostenanteil des Bundes auf Grundlage des WAG aF wurde mit der Schaffung des FMABG durch einen fixen Beitrag, den der Bund direkt an die FMA bezahlt, ersetzt. Dadurch wurde eine doppelte Belastung des Bundes vermieden. (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 44). Die Kostenbeitragspflicht des Bundes im Bereich Wertpapieraufsicht gründet auf § 19 Abs 1 Z 3 iVm § 19 Abs 4 FMABG, wobei der Bund derzeit einen Betrag von € 3,5 Millionen an die FMA pro Geschäftsjahr leistet, der dann entsprechend auf die Bereiche der Aufsicht aufzuteilen ist. 3 Die FMA hat für die Kostenaufteilung im Rechnungskreis Wertpapier-
aufsicht einen Subrechnungskreis für meldepflichtige Institute und einen für Emittenten mit Ausnahme des Bundes zu erstellen. Um Änderungen der Kostentragungsregeln im Bereich Wertpapieraufsicht zu vermeiden, wurde von der FMA ein einziger Subrechnungskreis für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen empfohlen. Der Gesetzgeber hat diesem Anliegen in § 90 Abs 1 entsprochen, so dass es im Ergebnis insgesamt drei Subrechnungskreise gibt. Versicherungsunternehmen und Kapitalanlagegesellschaften werden dem Subrechnungskreis Wertpapierdienstleistungsunternehmen zugerechnet. 4 Die Aufteilung der Kosten soll nach den Grundsätzen des Verursa-
cherprinzips und des volkswirtschaftlichen Interesses an einer funktionsfähigen Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen durch die FMA erfolgen. Diese beiden Prinzipien enthielt bereits das WAG aF. Die Berücksichtigung der Verursachung stellt auf die tatsächlich anfallenden Aufsichtskosten einschließlich Errichtungs- und sonstiger Sachkosten (369 BlgNR 20. GP 63) ab, was nicht weiter problematisch ist. Anders verhält es sich mit der Anforderung des volkswirtschaftlichen Interesses an einer funktionsfähigen Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen. Diese Formulierung ist mit Bedacht auf die realistischen Aufsichtsmöglichkeiten der FMA gewählt, weil eine exakte Zuordnung der Kosten der gesamten Sparte „Wertpapieraufsicht“ auf die einzelnen Subrechnungskreise deren Kapazitäten übersteigen würden (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 44). Um als Auf784
Kosten
§ 90
sichtsbehörde entsprechend funktionsfähig zu bleiben, ist es zulässig, bestimmte Durchschnittsberechnungen anzustellen, solange bei der Zuordnung strikt das Verursacherprinzip eingehalten wird (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 45). Der FMA wird in § 90 Abs 1 letzter Satz eine Verordnungsermächti- 5 gung eingeräumt, die eine nähere Regelung für die Kostenaufteilung innerhalb der Subrechnungskreise vorsehen soll. Siehe dazu Rz 7.
II. Kostenvorschreibung Die konkrete Kostenvorschreibung erfolgt durch Bescheid der FMA 6 an die Kostenpflichtigen. Aus verwaltungsökonomischen Gründen und mehrfach bewährter Praxis (zB BWG, VAG) lässt der Gesetzgeber eine Pauschalierung der zu zahlenden Beträge zu (369 BlgNR 20. GP 63). Grundsätzlich sind Pauschalierungen aus Sicht des Gleichheitssatzes unbedenklich, solange dabei ein objektiver Maßstab zugrunde gelegt wird (Oppitz in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 7 Rz 4).
III. Verordnungsermächtigung der FMA Die Aufteilung der Kosten auf die drei einzelnen Subrechnungskreise 7 ist von der FMA in einer VO näher zu regeln. Die FMA hat von ihrer Verordnungsermächtigung gemäß § 90 Abs 2 Gebrauch gemacht (BGBl II 270/2007). Das Gesetz normiert gewisse Mindestanforderungen an den Inhalt der Verordnung. Es müssen die Bemessungsgrundlagen der einzelnen Arten von Kostenvorschreibungen (§ 90 Abs 2 Z 1), die Termine für die Kostenbescheide und die Zahlungsfristen der Kostenpflichtigen (§ 90 Abs 2 Z 2) angeführt werden. Das Gesetz enthält nicht nur Vorgaben zum Inhalt der Verordnung, sondern stellt auch einen Grundsatz auf, der bei Erlass der Verordnung zu berücksichtigen ist. Nach diesem Grundsatz hat die FMA bei Erlass der Verordnung auf Art und Ausmaß der meldepflichtigen Geschäfte und erbrachten Wertpapierdienstleistungen bzw bei Emittenten auf Art und Ausmaß der ausgegebenen meldepflichtigen Instrumente Bedacht zu nehmen. Die Erl RV zum WAG aF gehen darüber hinaus und sprechen davon, dass sich diese Kriterien als Bemessungsgrundlage anböten (369 BlgNR 20. GP 63; vgl Oppitz in Frölichsthal/Hausmanninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 7 Rz 4). Insgesamt wird damit bei der 785
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Kostenaufteilung auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kostenpflichtigen im Rechnungskreis Wertpapieraufsicht Rücksicht genommen (Zahradnik, ecolex 1997, 33). Bezüglich der Versicherungsunternehmen und Kapitalanlagegesellschaften ordnet der Gesetzgeber für die Kostenaufteilung ausdrücklich an, dass diese innerhalb des Subrechnungskreises mit 67% zu berücksichtigen sind (§ 2 Abs 2 und Abs 3). 8 Die FMA-KVO regelt in ihrem besonderen Teil die Kostenpflicht des Rechnungskreises 3 (Wertpapieraufsicht), der sich in die Subrechnungskreise meldepflichtige Institute, Emittenten und Wertpapierdienstleistungen untergliedert. Um die Kostenberechnung im Subrechnungskreis der meldepflichtigen Institute zu vereinfachen, wurde die FMA-KVO in der letzten Novelle dahingehend geändert, dass die gemäß § 64 gemeldeten Wertpapiertransaktionen nicht mehr nach deren Volumen und Anzahl, sondern nur mehr nach deren Anzahl bewertet werden (siehe § 13 FMA-KVO idF BGBl II 297/2009). Grund für diese Adaptierung war, dass an die FMA auch Transaktionsmeldungen zu erstatten sind, hinsichtlich derer der FMA keine Stammdaten vorliegen, und die somit auch keiner Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit des Meldesatzes unterzogen werden können. Dies erschwerte den Zugang zu den für die Berechnung des Volumens erforderlichen Daten solcher Finanzinstrumente für die Zwecke der Kostenberechnung unverhältnismäßig und wurde daher geändert.
IV. Auskunftspflicht 9 Um eine Berechnung sowie Aufteilung der Kosten vornehmen zu
können, benötigt die FMA als Grundlage die entsprechenden Daten der Kostenpflichtigen. Das Gesetz normiert in § 90 Abs 2 letzter Satz ausdrücklich eine Auskunftspflicht sowohl der Kostenpflichtigen als auch des Börseunternehmens.
Verfahrensvorschriften § 91. (1) Die FMA hat die Einhaltung dieses Bundesgesetzes durch 1. Wertpapierfirmen gemäß § 3, 2. Wertpapierdienstleistungsunternehmen, 3. Kreditinstitute gemäß § 1 Abs. 1 BWG hinsichtlich des 2. und 3. Hauptstücks dieses Bundesgesetzes, 786
Verfahrensvorschriften
§ 91
4. Kreditinstitute und Finanzinstitute aus Mitgliedstaaten gemäß den §§ 9 ff BWG hinsichtlich der §§ 36 und 38 bis 59, 61 bis 66 und 69 bis 71, 5. Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten gemäß § 12 Abs. 1, die Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben, hinsichtlich der §§ 36 und 38 bis 59, 61 bis 66 und 69 bis 71 dieses Bundesgesetzes und der §§ 33 bis 38, 40, 40 a, 40 b, 40 d, 41 und § 93 Abs. 8 a BWG, 6. anerkannte Wertpapierfirmen mit Sitz in einem Drittland, Lokale Firmen und an einer österreichischen Börse tätige Mitglieder einer Kooperationsbörse (§ 15 Abs. 5 BörseG), hinsichtlich des 2. und 3. Hauptstücks und der §§ 39 Abs. 3, 40, 40 a, 40 b, 40 d und 41 BWG, 7. Versicherungsunternehmen im Rahmen des § 2 Abs. 2 und 8. Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 Abs. 1 InvFG 1993 im Rahmen des § 2 Abs. 3 zu überwachen und dabei auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Kapitalmarkt und auf die Interessen der Anleger Bedacht zu nehmen. (2) Die FMA hat auf Grund der ihr nach diesem Bundesgesetz und dem BörseG zukommenden Aufgaben nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Bundesgesetze alle Untersuchungen durchzuführen und jene Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, 1. um die Ordnungsmäßigkeit und Fairness des Handels mit Instrumenten, die auf einem geregelten Markt eines Mitgliedstaates (§ 2 Z 5 BWG) zugelassen sind, beurteilen und sichern zu können; 2. um bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten die Wahrung der Interessen der Anleger im Sinne des 2. Hauptstücks zu gewährleisten; 3. um anderen Verwaltungsbehörden, insbesondere dem Bundesminister für Finanzen und den zuständigen Behörden (§ 2 Z 9 BWG) anderer Mitgliedstaaten, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem BWG und den für Kreditinstitute geltenden sonstigen Gesetzen (§ 69 Abs. 1 BWG) oder ihrer Aufgaben gemäß den Richtlinien 2003/6/EG, 2004/39/EG, 2004/109/EG und 2006/49/ EG erforderlichen Informationen zu erteilen und um die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch nach Abs 5, 6 und dem 4. Abschnitt zu gewährleisten; 4. um die Verfolgung von Verstößen gegen die in § 48 Abs. 4 BörseG genannten Verwaltungsstraftatbestände sicherzustellen. 787
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(3) In Ausübung der Zuständigkeiten gemäß Abs. 1 und Abs. 2 ist die FMA unbeschadet der ihr auf Grund anderer bundesgesetzlicher Bestimmungen zustehenden Befugnisse jederzeit ermächtigt, 1. in die Bücher, Schriftstücke und Datenträger der Unternehmen gemäß Abs. 1 Einsicht zu nehmen und Kopien von ihnen zu erhalten; 2. von den Unternehmen gemäß Abs. 1 und ihren Organen Auskünfte zu verlangen und gemäß den Verwaltungsverfahrensgesetzen Personen vorzuladen und zu befragen; 3. durch eigene Prüfer, Abschlussprüfer oder sonstige Sachverständige vor Ort Prüfungen durchzuführen; 4. von den Unternehmen gemäß Abs. 1 bereits existierende Aufzeichnungen von Telefongesprächen und Datenübermittlungen anzufordern; 5. zur Unterbindung von Gesetzesverletzungen und zur dauernden Gewährleistung der Einhaltung der Konzessionsvoraussetzungen Maßnahmen gemäß § 92 Abs. 8 dieses Bundesgesetzes in Verbindung mit § 70 Abs. 4 BWG zu treffen; 6. bei der zuständigen Staatsanwaltschaft zu beantragen, dass diese bei Gericht einen Antrag auf Beschlagnahme gemäß §§ 109 Z 2 und 115 Abs. 1 Z 3 Strafprozessordnung 1975 – StPO, BGBl. Nr. 631/1975, stellt. 7. Maßnahmen gegen Geschäftsleiter gemäß § 92 Abs. 1 und Abs. 8 dieses Bundesgesetzes sowie gemäß § 70 Abs. 2 und 4 des Bankwesengesetzes zu treffen; 8. von den Abschlussprüfern und gesetzlichen Prüfungseinrichtungen von Unternehmen gemäß Abs. 1 und den Abschlussprüfern geregelter Märkte Auskünfte einzuholen; 9. die Aussetzung des Handels mit einem Finanzinstrument durch ein Börseunternehmen gemäß § 25 b Abs. 3 BörseG und ein MTF gemäß § 67 Abs. 7 zu verlangen; 10. den Widerruf der Zulassung eines Finanzinstruments durch Aufsichtsmaßnahmen gemäß § 45 Abs. 2 und 3 BörseG oder den Handelsausschluss gemäß § 67 Abs. 7 zu verlangen; 11. den Verdacht strafbarer Handlungen gemäß § 78 StPO einer Staatsanwaltschaft oder Sicherheitsbehörde anzuzeigen. (4) Die FMA ist zur Verarbeitung von Daten im Sinne des DSG 2000 ermächtigt, soweit dies eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung der ihr nach diesem Bundesgesetz und dem BörseG übertragenen Aufgaben in folgenden Bereichen ist:
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1. Konzessionen von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen und die für die Erteilung maßgeblichen Umstände; 2. Leitung, verwaltungsmäßige und buchhalterische Organisation sowie interne Kontrolle und Revision von Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen und meldepflichtigen Instituten; 3. Zweigstellen und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs; 4. Daten meldepflichtiger Geschäfte gemäß § 64 Abs. 2 und 3 und die hierüber gemäß § 64 Abs. 6 eingeholten Auskünfte; 5. Beachtung der Bestimmungen des 2. Hauptstücks; 6. Eigenkapital; 7. Qualifizierte Beteiligungen an Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen; 8. Jahresabschluss und Rechnungslegung; 9. aufsichtsbehördliche Maßnahmen gemäß § 92 Abs. 8 bis 10; 10. Verwaltungsstrafen gemäß §§ 94 und 95 und gemäß §§ 44, 48 und 48 c BörseG; 11. Ermittlungen gemäß Abs 3 und 7, § 48 q Abs. 1 BörseG, § 86 Abs 6 BörseG, § 8 a Abs 2 KMG und § 22 b FMABG; 12. Informationen, die von zuständigen Behörden im Rahmen des Informationsaustausches gemäß §§ 97 bis 101 oder gemäß §§ 47 a, 48 r und § 86 Abs. 8 und 9 BörseG oder im Wege des § 21 FMABG erlangt wurden; 13. Zusammenarbeit beim Früherkennungssystem gemäß § 75 Abs. 9. (5) Die Weiterleitung von Daten gemäß Abs. 4 ist im Rahmen der Amtshilfe zulässig sowie an für Wertpapieraufsicht zuständige Behörden von Mitgliedstaaten, soweit dies für die Erfüllung von Aufgaben, die den Aufgaben der FMA nach diesem Bundesgesetz, dem Börsegesetz 1989, der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 oder der Verordnung (EG) Nr. 2273/2003 der Kommission entsprechen, erforderlich ist, oder für andere gesetzliche Aufgaben im Rahmen der Aufsicht über den Finanzmarkt der ersuchenden für die Wertpapieraufsicht zuständigen Behörde erforderlich ist, und soweit ein begründetes Ersuchen vorliegt und die weitergeleiteten Daten bei diesen Behörden dem Berufsgeheimnis gemäß Art. 54 der Richtlinie 2004/39/EG unterliegen. (6) Die Weiterleitung von Daten gemäß Abs. 4 ist innerhalb desselben Rahmens, zu denselben Zwecken und mit denselben Beschränkungen wie an zuständige Behörden von Mitgliedstaaten 789
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gemäß Abs. 5 auch an Behörden von Drittländern, die den Aufgaben der FMA entsprechende Aufgaben wahrzunehmen haben, nur zulässig, soweit die weitergeleitenden Daten bei diesen Behörden einem dem Berufsgeheimnis in Art. 54 der Richtlinie 2004/39/ EG entsprechenden Berufsgeheimnis unterliegen und im Einklang mit Kapitel IV der Richtlinie 95/46/EG stehen. (7) Meldedaten gemäß § 64 Abs. 2 und 4 dürfen bei sonstiger Nichtigkeit in einem ausschließlich wegen §§ 33 bis einschließlich 41 und 49 bis einschließlich 52 des Finanzstrafgesetzes – FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, geführten Verfahren nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten verwendet werden. Ergibt sich bei der FMA auf Grund der von ihr ermittelten Daten ein Verdacht lediglich auf Verletzung der §§ 33 bis einschließlich 41 und 49 bis einschließlich 52 FinStrG, so hat sie die Anzeige gemäß § 78 StPO sowie die Anzeige an die Finanzstrafbehörde zu unterlassen. Die FMA kann für die Zwecke der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches gemäß Abs. 5 und 6, soweit dies für die Erfüllung von Aufgaben, die den Aufgaben der FMA nach diesem Bundesgesetz, dem Börsegesetz 1989, dem KMG, der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 oder der Verordnung (EG) Nr. 2273/2003 entsprechen erforderlich ist oder dies für die Wahrnehmung von anderen gesetzlichen Aufgaben im Rahmen der Aufsicht über den Finanzmarkt einer ersuchenden für Wertpapieraufsichtzuständigen Behörde erforderlich ist und die ersuchende Behörde einem gleichartigen Ersuchen auf Zusammenarbeit und Informationsaustausch ebenso entsprechen würde von ihren Befugnissen auch ausschließlich für Zwecke einer solchen Zusammenarbeit Gebrauch machen, auch wenn die Verhaltensweise, die Gegenstand der Ermittlung ist, keinen Verstoß gegen eine in Österreich geltende Vorschrift darstellt. Von allen Befugnissen nach Abs. 3 Z1, 2 und 4 kann die FMA für die Zwecke einer solchen Zusammenarbeit auch gegenüber natürlichen und juristischen Personen Gebrauch machen, die nicht oder in ihrem Herkunftsland zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten im Sinne der Richtlinie 2004/39/EG zugelassen sind. (8) Ergibt sich für die FMA bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben der Verdacht, dass eine Transaktion der Geldwäscherei dient, so hat sie die Behörde (§ 6 SPG) hievon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. § 41 Abs. 6 BWG ist anzuwenden. IdF BGBl I 39/2009. 790
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Schrifttum: EB zur RV 45 GP XXIV; Raschauer, Überlegungen zur grenzüberschreitenden Rechtsaufsicht über EWR-Finanzdienstleistungsunternehmen nach MiFID und WAG 2007, RdW 2009, 183. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 91): „Zu § 91 Abs. 1: Es wird in diesem Absatz die bisher in § 24 WAG idF BGBl. I Nr. 141/2006 normierte Aufzählung von Rechtsträgern, erweitert um die neu geschaffenen inländischen Wertpapierfirmen sowie die gemäß § 2 Abs. 2 und 3 erfassten Versicherungsunternehmen und Kapitalanlagegesellschaften, wiedergegeben. Zu § 91 Abs. 2: Übernahme von § 2 Abs. 1 WAG (aF), in dem die FMA im Sinne des Art. 48 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG als zentrale Behörde vorgestellt und deren wesentliche Kompetenzen normiert werden. Es findet sich in Z 3 bereits eine allgemeine Anordnung zur Zusammenarbeit mit Behörden aus anderen Mitgliedstaaten, die in den §§ 97 ff konkretisiert wird. Zu § 91 Abs. 3: Abs. 3 setzt Art. 50 der Richtlinie 2004/39/EG in der Weise um, dass die in Art. 50 Abs. 2 genannten Kompetenzen der FMA, die sich überwiegend ohnedies bereits aus dem geltenden Recht ergeben, zusammenfassend aufgezählt werden, so dass im Rahmen einer Umsetzungskontrolle ersichtlich ist, dass die FMA über alle von der Richtlinie geforderten Kompetenzen verfügt. Die materiellen Verfahren und Maßnahmen bleiben davon überwiegend unberührt, da § 92 weitgehend dem bisherigen § 24 WAG entspricht; es wurden jedoch die im bisherigen § 24 Abs. 2 zusammengefassten Auskunfts-, Prüfungs- und sonstigen Ermittlungsbefugnisse der FMA getrennt in Ziffern dieses Absatzes entsprechend der Richtliniensystematik übertragen, diese Bestimmungen haben selbstständigen normativen Charakter, da sie die bisherigen Befugnisse gemäß § 24 Abs. 2 WAG (aF) enthalten. Wegen der trotzdem weiterhin gegebenen Streuung von Verfahrensbestimmungen in verschiedenen Aufsichtsgesetzen und auch sonstigen bundesgesetzlichen Regelungen (vgl. z. B. StPO), ist die übersichtliche Zusammenfassung auch durch teilweise deklaratorische Anführung sonstiger Kompetenzen jedenfalls zweckmäßig, da einerseits eine große Anzahl ausschließlich dislozierter Bestimmungen bei einer Umsetzungskontrolle nur äußerst schwer erklärt werden könnte, und aber die Alternative einer Änderung aller bestehenden Verfahrensbestimmungen nicht sinnvoll oder möglich erscheint. Folgende Bestimmungen der Richtlinie 2004/39/EG werden umgesetzt: Z 1 entspricht dem Art. 50 Abs. 2 lit. a und § 24 Abs. 2 des bisherigen WAG. Z 2 entspricht Art. 50 Abs. 2 lit. b und m. Z 3 entspricht Art. 50 Abs. 2 lit. c. Z 4 entspricht Art. 50 Abs. 2 lit. d. Der Regelungsinhalt dieser an sich neuen Bestimmung war bereits dahingehend vom bisherigen § 24 Abs. 2 WAG erfasst, als dieser die Möglichkeit für die FMA vorsah, in die Unterlagen und Datenträger der betreffenden Unternehmen Einsicht zu nehmen. Z 5 entspricht Art. 50 Abs. 2 lit. e und i. Z 6 setzt Art. 50 Abs. 2 lit. f um. Von dieser Kompetenz wird primär im Zusammenhang mit einer Ermittlung gemäß § 48 i BörseG oder bei Verdacht auf Geldwäscherei Gebrauch zu machen sein.
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Z 7 entspricht Art. 50 Abs. 2 lit. g. Z 8 entspricht Art. 50 Abs. 2 lit. h und dem § 24 Abs. 2 des bisherigen WAG. Z 9 entspricht Art. 50 Abs. 2 lit. j. Z 10 entspricht Art. 50 Abs. 2 lit. k. Z 11 entspricht Art. 50 Abs. 2 lit. l. Zu § 91 Abs. 4: Diese Bestimmung entspricht in ihrer Struktur § 30 Abs. 1 WAG idF BGBl. I Nr. 141/2006 und dient der Klarstellung, dass die FMA zur Datenverarbeitung hinsichtlich der im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungsbereiches erhobenen Daten befugt ist (vgl. § 8 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 BGBl. I 1999/165). Nach der Begriffsdefinition des § 4 Z. 9 DSG 2000 umfasst das „Verarbeiten von Daten“ auch das Ermitteln von Daten, wobei die Unterscheidung zwischen „konventionell“ und „automatisiert“ entbehrlich ist. Zu § 91 Abs. 5: Bestimmung gemäß § 30 Abs. 1 WAG idF BGBl. I 141/2006, die normiert, dass die FMA in Ausübung der Amtshilfe sowie des Datenaustausches mit Mitgliedstaaten zur automationsunterstützten Datenverarbeitung hinsichtlich der im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungsbereiches erhobenen Daten befugt ist (vgl. auch § 8 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 BGBl. I 1999/165). Zu § 91 Abs. 6: Dem Abs. 5 entsprechende Bestimmung für die Datenweiterleitung an Drittländer, die als Zusatzvoraussetzung den in Art. 63 2. Unterabsatz der Richtlinie 2004/39/EG erwähnten Einklang der Daten mit Kapitel IV der Richtlinie 95/46/ EG normiert. Zu § 91 Abs. 7: Diese Regelung entspricht § 30 Abs. 3 WAG idF BGBl. I Nr. 141/2006 betreffend das Verhältnis von Meldedaten gemäß WAG und dem Finanzstrafrecht. Zu § 91 Abs. 8: Mit dieser Bestimmung wird § 21 Abs. 2 des bisherigen WAG übernommen.“ Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 91): „§ 91 Abs 2 Z 3: Diese Ergänzung stellt zusammen mit § 91 Abs. 7 klar, dass die FMA ihre Ermittlungsbefugnisse nach WAG 2007 auch im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit und dem Informationsaustausch mit Schwesterbehörden voll nutzen kann. Dadurch werden die Möglichkeiten der FMA verbessert, an der Verfolgung grenzüberschreitender Verstöße gegen Wertpapieraufsichtsvorschriften in Zusammenarbeit mit anderen zuständigen Behörden wirkungsvoll mitzuwirken. § 91 Abs. 4 Z 11: In dieser Bestimmung werden wertpapieraufsichtsrelevante Ermittlungsbestimmungen aufgezählt. Schon bereits bisher wurde hier auf § 48 q Abs. 1 BörseG und § 22 b FMABG verwiesen. Ergänzt wird dies nunmehr insbesondere auch um die zentrale Ermittlungsnorm des WAG 2007 in § 91 Abs. 3, die angeglichenen und erweiterten Ermittlungsbefugnisse der FMA in Angelegenheit der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches nach § 91 Abs. 7 und die Ermittlungsnormen in § 86 Abs. 6 BörseG und § 8 a Abs. 2 KMG.
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§ 91 Abs 4 Z 12: § 21 FMABG ist die Amtshilfebestimmung der FMA. Diese Ergänzung ermöglicht im Sinne der Verwaltungsökonomie, dass die FMA Daten unter anderem für Austauschzwecke nicht selbst ermitteln muss, sondern auch im Zuge der Amtshilfe erlangte Daten weiterverwenden kann. § 91 Abs 5: Wertpapiermärkte sind global stark miteinander vernetzt. Wertpapierdienstleistungen werden regelmäßig über nationale Grenzen hinweg und unter Nutzung der Infrastruktur verschiedener Finanzmärkte erbracht. Dementsprechend stieg in den letzten Jahren auch die Anzahl der von der FMA durchzuführenden grenzüberschreitenden Ermittlungen im Wertpapierbereich. Voraussetzung dafür, dass auch Verstöße mit grenzüberschreitenden Komponenten bestmöglich verfolgt werden können, ist eine enge Kooperation zwischen allen von einem bestimmten Fall betroffenen Aufsichtsbehörden. Die reibungslose internationale Zusammenarbeit von Wertpapieraufsichtsbehörden wird daher nicht nur international als eine wichtige Voraussetzung für eine effektive Aufsicht und als Qualitätsmerkmal eines Finanzmarktes angesehen, sondern ist auch im volkswirtschaftlichen Interesse an einem funktionierenden österreichischen Kapitalmarkt unter Bedachtnahme auf die Interessen der Anleger. Der anerkannte Standard und die Richtschnur für den Umfang einer effektiven internationalen Zusammenarbeit von Wertpapieraufsichtsbehörden ist das so genannte IOSCO MMoU ( Multilateral Memorandum of Understanding der International Organisation of Securities Commissions), dass von den meisten zuständigen europäischen Behörden (unter anderem jenen in Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Slowakei, Ungarn, Tschechien oder Großbritannien) und auch den zuständigen Behörden der wichtigsten sonstigen internationalen Finanzmärkte, wie zB der USA oder Japan, unterzeichnet wurde. Unter strengen Anforderungen an das Berufsgeheimnis ist es somit anerkannter internationaler Standard, dass Wertpapieraufsichtsbehörden reibungslos alle erforderlichen Informationen, die sie für ihre jeweiligen Ermittlungen benötigen, von Schwesterbehörden erhalten und weiterverwenden können. Die gegenständlichen Änderungen dehnen demgemäß die Zwecke zu denen die FMA mit Schwesterbehörden zusammenarbeiten kann in diesem Sinne aus. Sie erstrecken sich nunmehr auf alle gesetzlichen Aufgaben der die FMA um Zusammenarbeit ersuchenden für Wertpapieraufsicht zuständigen Behörde im Rahmen der Aufsicht über den Finanzmarkt. Diese Änderung (sowie die Änderungen in den Abs. 2, 4 und 7) stärkt somit die Möglichkeiten der FMA im Rahmen grenzüberschreitender Ermittlungen mitzuwirken und mit ihren Schwesterbehörden sowohl nach Abs. 5 als auch nach Abs. 6 möglichst reibungslos zusammenzuarbeiten und Informationen auszutauschen. Weiters sollen durch die hier vorgeschlagenen Änderungen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, dass die österreichische Rechtslage den sich aus dem IOSCO MMoU ergebenden Anforderungen voll entspricht. § 91 Abs. 6 erster Satz: Der Verweis auf Abs. 3 ist durch einen Verweis auf Abs. 5 zu ersetzen. § 91 Abs. 7: Der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit mit Schwesterbehörden ist im WAG 2007 in Abs. 5 und 6 sowie in §§ 97 ff geregelt. Abs. 5 und 6 – die an
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die in Abs. 4 aufgelisteten Daten, die die FMA im Sinne des DSG verarbeiten kann, anknüpfen – sind die zentralen Informationsaustauschnormen im Wertpapieraufsichtsbereich. §§ 97 ff dienen der Umsetzung der RL 2004/39/EG (MiFID) und der einschlägigen Durchführungsrechtsakte und regeln demnach nur die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit Schwesterbehörden aus Mitgliedsstaaten im Rahmen der MiFID. Mit der hier vorgesehenen Änderung wird zunächst erreicht, dass der FMA auch im Rahmen der Zusammenarbeit nach Abs. 5 und 6 dieselben Befugnisse zustehen, wie sie ihr bereits im Rahmen der Zusammenarbeit nach §§ 97 ff gemäß § 97 Abs. 2 zustehen. Dies aber angesichts des weiteren Anwendungsbereiches unter der ausdrücklichen zusätzlichen Anforderung der Reziprozität. Weiters werden die hier vorgesehen Befugnisse an die in Abs. 5 vorgenommene Ausdehnung der Zwecke, zu denen die FMA mit Schwesterbehörden zusammenarbeiten kann, angepasst.“ Erl RV GP XXIV RV 48 (zu § 91): „Zu § 91 Abs. 4: Erweitert die Ermächtigung der FMA zur Datenverarbeitung im Bereich des Früherkennungssystems.“
Übersicht I. II. III. IV. A. B. 1. 2. 3. 4. V. A. B. C.
Aufsichtssubjekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfang der Beaufsichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ziele der Aufsicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befugnisse der FMA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzestechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung der Befugnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Direkte Ausübung durch die FMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenarbeit mit anderen Behörden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag bei den zuständigen Justizbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Maßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung und Weiterleitung von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterleiten von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwertungsverbot von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 3–7 8–17 8 9–17 10–12 13–15 16 17 18–22 19 20–21 22–23
I. Aufsichtssubjekte 1 Die FMA hat als Aufsichtsbehörde die Einhaltung der Vorschriften des
WAG 2007 zu kontrollieren. Der Kreis der Aufsichtspflichtigen wurde vom Gesetzgeber aus § 24 WAG aF übernommen und durch Anführen von drei neuen Tatbeständen erweitert. Zu den schon bisher Beaufsichtigten gehören Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Kreditinstitute iS von § 1 Abs 1 BWG, Kredit- und Finanzinstitute aus Mitgliedstaaten gemäß §§ 9 ff BWG, Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten, die 794
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ihre Tätigkeit in Österreich über eine Zweigstelle ausüben, und Wertpapierfirmen mit Sitz in einem Drittland, lokale Firmen und an einer österreichischen Börse tätige Mitglieder einer Kooperationsbörse. Durch das WAG 2007 wird der Kreis der Beaufsichtigten um die neu geschaffenen inländischen Wertpapierfirmen (Z 1) sowie die gemäß § 2 Abs 2 und 3 erfassten Versicherungsunternehmen und Kapitalanlagegesellschaften vergrößert (Erl RV 28).
II. Umfang der Beaufsichtigung Der Umfang der Aufsichtspflicht variiert bei den genannten aufsichts- 2 pflichtigen Rechtssubjekten und umfasst nicht zwingend die gesamten Vorschriften des WAG 2007. Die Einschränkungen werden in § 91 Abs 1 angeführt. Kreditinstitute gemäß § 1 Abs 1 BWG werden ebenso wie anerkannte Wertpapierfirmen mit Sitz in einem Drittland, lokale Firmen und an einer österreichischen Börse tätige Mitglieder auf Einhaltung der organisatorischen Anforderungen und der Melde- und Veröffentlichungspflichten überprüft. Die Aufsicht über Kredit- und Finanzinstitute aus Mitgliedstaaten gemäß §§ 9 ff BWG und Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten, die ihre Tätigkeit in Österreich über eine Zweigstelle ausüben, erstreckt sich auf die Bestimmungen zur Finanzanalyse, Handeln im besten Interesse des Kunden, Information des Kunden sowie Berichtspflichten, Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Bearbeitung von Kundenaufträgen, Information über die Kundeneinstufung sowie Melde- und Veröffentlichungspflichten. Für Versicherungsunternehmen und Kapitalanlagegesellschaften wird der Anwendungsbereich des WAG 2007 und damit auch der Umfang der Aufsicht der FMA in § 2 Abs 2 und Abs 3 eingeschränkt. Eine alle Vorschriften des gesamten WAG 2007 umfassende Aufsichtskompetenz kommt der FMA in Bezug auf Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu. Nicht der Rechtsaufsicht der FMA als Aufnahmestaatsbehörde unterliegen jedoch die ausschließlich im freien Dienstleistungsverkehr tätigen EWR-Kredit- und Finanzinstitute sowie EWR-Wertpapierfirmen. Für diese hat es der Gesetzgeber nach Raschauers Ansicht richtlinienwidrig unterlassen, der FMA Begleit- bzw Sicherungskompetenzen iSd Art 62 Abs 1 MiFID zuzuweisen (Raschauer, RdW 2009, 187). Nach der Rsp kann die Republik Österreich für das schuldhaft und unvertretbare Unterlassen von Maßnahmen durch die FMA, die im Zuge der Finanzmarktaufsicht nach dem WAG geboten sind, auch von einem einzelnen 795
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Anleger haftbar gemacht werden (OLG Wien 14 R 27/08 f, ZFR 2008, 235 mit Anm Schimanko).
III. Ziele der Aufsicht 3 Der Gesetzgeber formuliert in § 91 Abs 2 die grundlegenden Ziele, die
durch die Beaufsichtigung zu erreichen sind. Diese Ziele entsprechen sinngemäß § 2 WAG aF. Die Aufsichtsbestimmungen des alten WAG wurden jenen des BWG nachgebildet und sollten eine ausreichende Kontrolle ermöglichen (Winternitz, WAG § 24 Rz 1). Das WAG 2007 nennt in Umsetzung von Art 48 MiFID die FMA als zentrale Behörde zur Wahrnehmung dieser Ziele (Erl RV 28). 4 Die wesentlichen Ziele des Gesetzes, die es durch die Aufsichtsvorschriften zu erreichen gilt, sind die Ordnungsmäßigkeit und Fairness des Handels mit Instrumenten, die auf einem geregelten Markt zugelassen sind, die Wahrung der Interessen der Anleger, die Zusammenarbeit mit anderen Behörden und eine entsprechende Verfolgung bei Verstößen gegen § 48 Abs 4 BörseG zu gewährleisten. Ordnungsmäßigkeit und Fairness des Handels sind nicht näher bestimmte Gesetzesbegriffe. Ordnungsmäßiger Handel verlangt Übereinstimmung mit den rechtlich relevanten Regeln. Von einem fairen Handel kann gesprochen werden, wenn dieser gerecht, objektiv und unparteilich ist. Der Begriff Handel umfasst börslichen und außerbörslichen Handel (Hausmanninger in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 2 Rz 2). 5 Die Wahrung der Interessen der Anleger konkretisiert das Gesetz mit einem Verweis in § 91 Abs 2 Z 2 auf die Regelungen des zweiten Hauptstückes. Dessen detailliert geregelten organisatorischen Anforderungen, wie etwa Schutz des Kundenvermögens, Interessenskonflikte und das Gebot der best practise, spiegeln das zentrale Anliegen des Kundenschutzes wider. Beide Zielsetzungen, der Funktionsschutz des Kapitalmarktes und der Schutz der Anlegerinteressen, sind ein wesentlicher Bestandteil einer entwickelten Volkswirtschaft. Zufriedene Kunden, die fair behandelt werden, bleiben dem Markt treu und sichern so dessen Aufnahmefähigkeit und in der Folge dessen Funktionsfähigkeit (Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 24 Rz 3). 6 Ein weiteres Ziel ist außerdem, eine Zusammenarbeit der FMA mit anderen Verwaltungsbehörden zu gewährleisten. Das Gesetz nennt diesbezüglich in § 91 Abs 2 Z 3 ausdrücklich den Bundesminister für Finanzen und die zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten. Diese allgemeine Anordnung zur Zusammenarbeit mit Behörden aus anderen 796
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Mitgliedstaaten wird in den §§ 97 ff näher konkretisiert (Erl RV 28). § 91 Abs 2 Z 3 will den „anderen Behörden“ Zugang zu den erforderlichen Informationen sichern, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Der Bereich der Aufgaben umfasst sowohl jene nach dem BWG als auch nach sonstigen Gesetzen und darüber hinaus alle Aufgaben nach der MarktmissbrauchsRL (RL 2003/6/EG), der MiFID (RL 2004/39/EG), der TransparenzRL (RL 2004/109/EG) und der Basel-II-RL (RL 2006/49/EG). Die Ergänzung bezüglich Zusammenarbeit und Informationsaustausch nach Abs 5 und 6 und dem 4. Abschnitt stellt im Zusammenhang mit § 91 Abs 7 klar, dass die FMA ihre Ermittlungsbefugnisse nach WAG 2007 auch iZm Schwesterbehörden voll nutzen kann, wodurch die Möglichkeiten der FMA verbessert werden, an der Verfolgung grenzüberschreitender Verstöße gegen Wertpapieraufsichtsvorschriften iZm anderen zuständigen Behörden wirkungsvoll mitzuwirken (EB zur RV 45 GP XXIV 14). Um diese Aufsichtsziele zu erreichen, ist die FMA auf Grund des 7 Gesetzes verpflichtet, alle Untersuchungen durchzuführen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Zusätzlich zu dieser generellen Verpflichtung räumt der Gesetzgeber der FMA in § 91 Abs 3 weitere Befugnisse ein (siehe dazu Rz 9 ff). Insgesamt verfügt die FMA über umfassende Verpflichtungen und Befugnisse. Sie ist bei ihrer Aufsichtstätigkeit jedoch stets an den wesentlichen Grundsatz des § 91 Abs 1 gebunden. Es muss sowohl auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Kapitalmarkt als auch auf die Interessen der Anleger Bedacht genommen werden.
IV. Befugnisse der FMA A. Gesetzestechnik Der Gesetzgeber setzt Art 50 MiFID um, in dem er die in Art 50 Abs 2 8 MiFID angeführten Kompetenzen der FMA, die sich überwiegend ohnedies aus dem geltenden Recht ergeben, in § 91 Abs 3 zusammenfassend aufzählt. Dies soll im Rahmen der Umsetzungskontrolle ersichtlich machen, dass die FMA über alle von der MiFID geforderten Kompetenzen verfügt (Erl RV 28). § 91 entspricht weitgehend § 24 WAG aF, wodurch es zu keinen wesentlichen Änderungen bezüglich der materiellen Verfahren und Maßnahmen kommt. Die bisher in einem Absatz vereint formulierten Auskunfts-, Prüfungs- und Ermittlungsbefugnisse der FMA (§ 24 Abs 2 WAG aF) wurden entsprechend der MiFID auf einzelne Ziffern verteilt. Der Gesetzgeber erachtete die 797
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umfangreiche Zusammenfassung an dieser Stelle als zweckmäßig, weil die Verfahrensbestimmungen in verschiedenen Aufsichtsgesetzen sowie sonstigen bundesgesetzlichen Regelungen weiterhin verstreut sind (Erl RV 28). Diesbezüglich führen die Erl RV zwei Argumente an. Zum einen würde der Gesetzgeber bei einer großen Anzahl ausschließlich dislozierter Bestimmungen in Erklärungsnotstand bei der Umsetzungskontrolle geraten. Zum anderen bezweifelte er den Sinn, bzw sah er sich nicht in der Lage, eine Änderung aller Verfahrensvorschriften vorzunehmen.
B. Einteilung der Befugnisse 9 Die Befugnisse in § 91 Abs 3 lassen sich je nach Art der Ausübung in
vier Gruppen einteilen. Die FMA kann diese entweder selbst, in Zusammenarbeit mit anderen Behörden, durch Übertragung der Zuständigkeit an andere Stellen oder durch Antrag bei den zuständigen Justizbehörden erfüllen. Wesentlich für jede Art der Befugnisse ist die Möglichkeit der FMA, davon jederzeit Gebrauch machen zu können. Es bedarf demnach weder eines konkreten Anlasses noch eines Verdachts für die Einleitung von Aufsichtsmaßnahmen (Winternitz, WAG § 24 Rz 6).
1. Direkte Ausübung durch die FMA 10 Die FMA kann unmittelbar bei den Unternehmen sowohl Einsicht in
die Bücher, Schriften und Datenträger nehmen und zusätzlich davon eine Kopie der Unterlagen verlangen (Z 1). Diese Regelung entspricht dem bisherigen § 24 Abs 2 WAG aF und setzt zugleich Art 50 Abs 2 lit a MiFID um (Erl RV 28). Die Unternehmen und deren Organe sind der FMA zur Auskunft verpflichtet und können auch nach den Verwaltungsverfahrensvorschriften geladen sowie befragt werden. Diese Vorgabe enthält Art 50 Abs 2 lit b und lit m MiFID (Erl RV 28). Der Begriff „Organe“ umfasst geschäftsführende Organe und Aufsichtsorgane (Vorstand und Aufsichtsrat), nicht jedoch den einzelnen Organwalter wie etwa ein Mitglied des Vorstandes (Winternitz, WAG § 24 Rz 8). Mitarbeiter der FMA unterliegen bezüglich der ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit erhaltenen Informationen der Amtsverschwiegenheit. 11 Zu den Befugnissen der direkten Ausübung zählt auch die Vornahme von Prüfungen vor Ort, die von der FMA durch eigene Prüfer durchgeführt werden können. Möglich ist auch eine Übertragung auf Abschlussprüfer und sonstige Sachverständige (Z 3). Diese Regelung wird Art 50 Abs 2 lit c MiFID gerecht. Mit dem FMABG wurden die Vo798
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raussetzungen für die Vor-Ort-Prüfungen insofern verschärft, als die Pflicht zur Vorankündigung eine Woche vor der Überprüfung abgeschafft wurde und somit eine unangekündigte Prüfung der Unternehmen nach der Intention des Gesetzgebers den Regelfall bilden sollte (vgl Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 71). Andererseits verweist § 92 Abs 9 WAG auf die Verfahrensbestimmungen des § 71 Abs 1 bis 6 BWG. Diese sehen vor, die Prüfung durch die FMA anzukündigen, weil dies zu einer leichteren und rascheren Prüfungsdurchführung zweckmäßig ist, sofern nicht eine Vereitlung des Prüfungszwecks befürchtet werden muss (Abs 1). Dies bedeutet wohl, dass der Gesetzgeber wieder zum Grundsatz der vorangekündigten Prüfung zurückkommen wollte. Wenn sonstige Sachverständige VorOrt-Prüfungen durchführen, unterliegen sie den Weisungen der FMA. Die beaufsichtigten Rechtssubjekte sind auch verpflichtet, der FMA auf 12 Anforderung bereits existierende Aufzeichnungen von Telefongesprächen und Datenübermittlungen zur Verfügung zu stellen (Z 4). Damit wird Art 50 Abs 2 lit d MiFID wortwörtlich übernommen. Sinngemäß existierte diese Vorgabe bereits mit § 24 Abs 2 WAG aF, weil bereits dieser die FMA ermächtigte, in die Unterlagen und Datenträger der betreffenden Unternehmen Einsicht zu nehmen (Erl RV 28).
2. Zusammenarbeit mit anderen Behörden Die FMA kann von den Abschlussprüfern und auch den gesetzlichen 13 Prüfungseinrichtungen der Beaufsichtigten sowie von den Abschlussprüfern geregelter Märkte Auskünfte einholen (Z 8). Diese Bestimmung entspricht zum Teil dem bisherigen § 24 Abs 2 WAG aF und wird durch Art 50 Abs 2 lit h MiFID ergänzt (Erl RV 28). Unter gewissen Voraussetzungen kann die FMA die Aussetzung des 14 Handels mit einem Finanzinstrument verlangen (Z 9). Das WAG 2007 verweist diesbezüglich auf den neu in das BörseG eingefügten § 25 b Abs 3. Gemäß § 25 b Abs 1 BörseG hat das Börseunternehmen den Handel mit einem Finanzinstrument auszusetzen, wenn es nicht mehr den Regeln des geregelten Marktes entspricht. Falls das Börseunternehmen nicht von sich aus tätig wird, ist die FMA zu dieser Maßnahme berechtigt, soweit diese im Interesse eines ordnungsgemäß funktionierenden Marktes notwendig ist und keine Anlegerinteressen entgegenstehen. Die Aussetzung des Handels eines Finanzinstruments hat die FMA unverzüglich zu veröffentlichen und auch den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten mitzuteilen (§ 25 b Abs 3 BörseG). 799
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15 Über die Aussetzung des Handels hinaus geht die Ermächtigung der
FMA, auch den Widerruf der Zulassung eines Finanzinstruments zu verlangen (Z 10). Es wird auf das Verfahren in § 45 Abs 2 und 3 BörseG verwiesen. Dieses Verfahren verläuft in mehreren Stufen. Erlangt die FMA Kenntnis von einem Verstoß des Börseunternehmens gegen das BörseG oder das WAG, hat sie dieses zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen einer angemessenen Frist bei sonstiger Verhängung einer Zwangsstrafe aufzufordern (§ 45 Abs 2). Wird diesem Auftrag nicht (oder nicht fristgerecht) entsprochen, oder liegt Gefahr im Verzug vor, kann die FMA die erforderlichen Maßnahmen sowie auch eine Enthebung der Funktionäre des Börseunternehmens bis zu einer vorübergehenden oder sogar dauernden Schließung der Börse anordnen. Letztgenannte Maßnahme ist jedoch ultima ratio und nur dann gerechtfertigt, wenn andere Aufsichtsmittel zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden nicht ausreichen (§ 45 Abs 3 Z 3).
3. Antrag bei den zuständigen Justizbehörden 16 Die FMA kann bei der zuständigen Staatsanwaltschaft einen Antrag auf
Beschlagnahme gemäß §§ 109 Z 2 und 115 Abs 1 Z 3 StPO in Bezug auf Vermögenswerte stellen (Z 6). Damit wird Art 50 Abs 2 lit f MiFID umgesetzt. Von dieser Kompetenz wird primär iZm einer Ermittlung gemäß § 48 i BörseG (Missbrauch einer Insider-Information) oder bei Verdacht auf Geldwäscherei Gebrauch zu machen sein (Erl RV 28). Weiters kann die FMA bei Verdacht auf eine strafbare Handlung gemäß § 78 StPO entweder bei der Staatsanwaltschaft oder der Sicherheitsbehörde Anzeige erstatten (Z 11). Damit wird Art 50 Abs 2 lit l MiFID umgesetzt. Der Gesetzestext des WAG 2007 ermächtigt die FMA lediglich zur Anzeigeerstattung gemäß § 78 StPO. Dies ist jedoch missverständlich formuliert, weil § 78 StPO Behörden zur Anzeigeerstattung verpflichtet, wenn ihnen eine von Amts wegen zu verfolgende strafbare Handlung, die ihren Wirkungskreis betrifft, bekannt wird.
4. Sonstige Maßnahmen 17 Die FMA verfügt über eine Ermächtigung, Maßnahmen zur Vermei-
dung von Gesetzesverletzungen und Einhaltung von Konzessionsvoraussetzungen zu treffen (Z 5). Gegenüber Geschäftsleitern ist die FMA ebenfalls berechtigt, von diesen Maßnahmen Gebrauch zu machen (siehe § 92 Rz 10). Diese beiden Befugnisse sind auf Grund von Vollständigkeitsbestrebungen in § 91 Abs 3 aufgenommen worden. 800
Verfahrensvorschriften
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V. Verarbeitung und Weiterleitung von Daten Bei ihrer Aufsichts- und Ermittlungstätigkeit ist die FMA mit einer 18 großen Menge an Informationen und Daten konfrontiert. Es bedarf daher einer Regelung, wie mit diesen Datenmengen umzugehen ist, insb in welchen Bereichen Datenverarbeitung zulässig ist, und unter welchen Voraussetzungen sowie an wen Daten weitergeleitet werden dürfen. Die Vorschriften in § 91 Abs 4 bis 6 entsprechen in der Struktur dem bisherigen § 30 Abs 1 WAG aF (Erl RV 29).
A. Datenverarbeitung § 91 Abs 4 enthält eine generelle Befugnis der FMA, die Daten, die sie im 19 Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungsbereiches erhoben hat, auch zu verarbeiten. Das WAG 2007 nimmt Bezug auf das DatenschutzG 2000, dessen Begriffsdefinition „Verarbeiten von Daten“ in § 4 Z 9 auch das Ermitteln von Daten einschließt. Die Unterscheidung konventioneller und automatisierter Ermittlung der Daten war noch im Ministerialentwurf zum WAG 2007 vorgesehen, wurde aber vom Gesetzgeber aus Gründen der Entbehrlichkeit gestrichen (Erl RV 29). Die Erl RV verweisen bei der Notwendigkeit der Datenverarbeitung auf § 8 DSG. Dieser verneint eine Verletzung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen bei der Verwendung nicht-sensibler Daten, wenn die überwiegend berechtigten Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten eine solche rechtfertigen (§ 8 Abs 1 Z 4 DSG). Dies ist insb der Fall, wenn die Verwendung der Daten für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe ist (§ 8 Abs 3 Z 1 DSG). Die generelle Befugnis der FMA zur Datenverarbeitung erfährt eine Konkretisierung durch eine taxative Aufzählung sämtlicher Bereiche in § 91 Abs 4, innerhalb derer die FMA von dieser Ermächtigung Gebrauch machen kann. Die Befugnisse der FMA zur Datenverarbeitung wurden in Z 11 und Z 12 ausgedehnt. Zum einen umfassen sie gemäß § 91 Abs 4 Z 11 nun auch die zentralen Ermittlungsnormen des WAG 2007 (§ 91 Abs 3) und sind auch auf die angeglichenen und erweiterten Ermittlungsbefugnisse der FMA in Angelegenheiten der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches nach § 91 Abs 7 und die Ermittlungsnormen in § 86 Abs 6 BörseG und § 8 a Abs 2 KMG anzuwenden (EB zur RV 45 GP XXIV 14). Zum anderen nennt § 91 Abs 4 Z 12 die Amtshilfebestimmung der FMA: § 21 FMABG. IS einer Verwaltungsökonomie ermöglicht diese Ergänzung der FMA Daten ua für Austauschzwecke nicht selbst ermitteln zu müs801
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sen, sondern im Zuge der Amtshilfe erlangte Daten weiterverwenden zu können (EB zur RV 45 GP XXIV 14).
B. Weiterleiten von Daten 20 Die Verfahrensvorschriften regeln die Weiterleitung von Daten durch
die FMA im Rahmen der Amtshilfe sowie an Behörden der Mitgliedstaaten (§ 91 Abs 5) und auch an Behörden von Drittländern, die den Aufgaben der FMA entsprechende Aufgaben wahrnehmen (§ 91 Abs 6). Schon bisher war die FMA gemäß § 30 Abs 2 WAG aF (die Erl RV erwähnen fälschlicherweise § 30 Abs 1) zur Weitergabe von Daten bei Gewährung von Amtshilfe und zum Datenaustausch mit Mitgliedstaaten zur automationsunterstützten Datenverarbeitung im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungsbereiches erhobenen Daten berechtigt (Erl RV 29). Die Weiterleitung von Daten an Behörden von Drittländern ist zulässig, solange sie im Einklang mit Kapitel IV der DatenschutzRL (RL 95/46/EG) erfolgt. Diese zusätzliche Voraussetzung ist in Art 63 Abs 1 zweiter Unterabsatz MiFID enthalten und wurde vom Gesetzgeber in § 91 Abs 6 am Schluss angefügt (Erl RV 29). Kapitel IV der DatenschutzRL normiert in ihrem Art 25 den zentralen Grundsatz, dass eine Übermittlung von personenbezogenen Daten zu deren Verarbeitung in ein Drittland nur zulässig ist, wenn in diesem ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet ist. Die Verfahrensvorschriften betreffend das Weiterleiten von Daten wurden insofern erweitert, dass die Zwecke, zu denen die FMA mit Schwesterbehörden zusammenarbeiten kann, ausgedehnt wurden. Sie erstrecken sich nunmehr auf alle gesetzlichen Aufgaben der die FMA um Zusammenarbeit ersuchenden für Wertpapieraufsicht zuständigen Behörde im Rahmen der Aufsicht über den Finanzmarkt. Diese Änderung stärkt die Möglichkeiten der FMA im Rahmen grenzüberschreitender Ermittlungen mitzuwirken und mit ihren Schwesterbehörden sowohl nach Abs 5 und Abs 6 möglichst reibungslos zusammenzuarbeiten und Informationen auszutauschen (EB zur RV 45 GP XXIV 15). 21 Die FMA wird durch zwei Grundsätze bei der Weiterleitung von Daten unabhängig davon eingeschränkt, ob es sich um eine Amtshilfe, die Weiterleitung an einen Mitgliedstaat oder an ein Drittland handelt. Für den Empfänger der Daten müssen diese zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sein, und es muss sich um Aufgaben handeln, die mit jenen der FMA vergleichbar sind. Das zweite Kriterium, das eine uneingeschränkte Weiterleitung versagt, besteht im Erfordernis der Behörde, dem Berufsgeheimnis nach Art 54 MiFID zu unterliegen. Demnach dürfen sie im Rahmen ihrer Tätigkeit zugegangene vertrauliche Informationen an keine Person oder Behörde weitergegeben. Da802
Verfahrensvorschriften
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von ausgenommen sind Fälle des Strafrechts und die ausdrücklich in der MiFID angeführte Fälle.
C. Verwertungsverbot von Daten § 91 Abs 7 enthält ein Beweisverwertungsverbot, das inhaltlich dem 22 bisherigen § 30 Abs 3 WAG aF entspricht und das Verhältnis von Meldedaten gemäß WAG 2007 und dem Finanzstrafrecht regelt (Erl RV 29). Diese Regelung wurde nach dem Vorbild von § 41 Abs 6 BWG in das WAG aF aufgenommen, um zum einen dem Vertrauensschutz des Kunden soweit als möglich Rechnung zu tragen und zum anderen die Funktionsfähigkeit des Meldewesens zu unterstützen (369 BlgNR 20. GP 69). Es dürfen bei einem Finanzstrafverfahren, das ausschließlich wegen der §§ 33–41 und §§ 49–52 FinStrG geführt wird, Meldedaten gemäß § 64 Abs 2 und 4 nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten verwendet werden. Werden diese Daten dennoch zur Entscheidung herangezogen, hat das ihre Nichtigkeit zur Folge. Dieses Verwertungsverbot ermittelter Daten umfasst jedoch nicht nur tatsächlich eingeleitete Verfahren, sondern geht noch weit darüber hinaus. Selbst bei einem Verdacht auf Verletzung der genannten Vorschriften des FinStrG ist die FMA verpflichtet, eine Anzeige nach § 78 StPO sowie an die Finanzstrafbehörden zu unterlassen. Auslegungsbedürftig ist in diesem Zusammenhang § 91 Abs 7 zweiter Satz, der von „auf Grund der von ihr ermittelten Daten“ spricht. Damit könnten entweder die Meldedaten gemäß § 64 Abs 2 und 4 oder sämtliche von der FMA ermittelten Daten gemeint sein. Bei teleologischer Interpretation der Bestimmung ist mE eher davon auszugehen, dass damit sämtliche Daten, welche die FMA im Zuge ihrer Tätigkeit erlangt hat, gemeint sein müssen. Im Gegenzug dazu trifft die FMA sehr wohl eine Handlungspflicht bei Verdacht auf Geldwäscherei. Sobald sie einen solchen Verdacht bei einer Transaktion wahrnimmt, muss sie die Behörde (§ 6 SPG) davon unterrichten (§ 91 Abs 8). Der Gesetzgeber übernimmt diese Bestimmung aus dem bisherigen § 21 Abs 2 WAG aF (Erl RV 29). Auch hier ist § 41 Abs 6 BWG, der die Grundlage für das Beweisverwertungsverbot des WAG 2007 bildet, sinngemäß anzuwenden. Die Befugnisse der FMA, Informationen mit Schwesterbehörden aus- 23 zutauschen und mit diesen zusammenzuarbeiten, wurden auch bezüglich des Beweisverwertungsverbotes des § 91 Abs 7 erweitert und den Regelungen des § 91 Abs 5 und Abs 6 aus Gründen der Reziprozität angeglichen (EB zur RV 45 GP XXIV 15). Mit dieser Adaptierung wird erreicht, dass der FMA auch im Rahmen der Zusammenarbeit nach Abs 5 und 6 dieselben Befugnisse zustehen, wie sie ihr bereits im Rahmen der Zusammenarbeit nach §§ 97 ff gemäß § 97 Abs 2 zustehen 803
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(siehe dazu auch § 97 Rz 2 ff). Für die Zusammenarbeit iSd § 91 Abs 7 gibt es jedoch eine wesentliche Einschränkung: Die ersuchende Behörde muss einem gleichartigen Ersuchen auf Zusammenarbeit und Informationsaustausch ebenso entsprechen. § 91 Abs 7 ermöglicht eine Zusammenarbeit bzw einen Informationsaustausch, obwohl die Verhaltensweise, die Gegenstand der Ermittlung ist, keinen Verstoß gegen eine in Österreich geltende Vorschrift darstellt, was mE eine bedenklich Erweiterung des Austausches der Behörden untereinander bedeutet. § 92. (1) Zur Abwendung einer Gefahr für die finanziellen Belange der Kunden eines Rechtsträgers gemäß § 91 Abs. 1 Z 1 und 2 im Zusammenhang mit dessen Tätigkeit, kann die FMA bei solchen Rechtsträgern in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft (§ 3 Abs. 5 Z 1) befristete Maßnahmen durch Bescheid anordnen, die spätestens 18 Monate nach Wirksamkeitsbeginn außer Kraft treten. Die FMA kann durch Bescheid insbesondere 1. Kapital- und Gewinnentnahmen sowie Kapital- und Gewinnausschüttungen ganz oder teilweise untersagen; 2. eine fachkundige Aufsichtsperson (Regierungskommissär) bestellen, die dem Berufsstand der Rechtsanwälte oder der Wirtschaftsprüfer angehört; die Aufsichtsperson, der alle Rechte gemäß § 91 Abs. 3 zustehen, hat a) diesem Rechtsträger alle Geschäfte zu untersagen, die geeignet sind, die obige Gefahr zu vergrößern, bzw. b) im Falle, dass dem Rechtsträger die Fortführung der Geschäfte ganz oder teilweise untersagt wurde, einzelne Geschäfte zu erlauben, die die obige Gefahr nicht vergrößern; 3. Geschäftsleitern des Rechtsträgers unter gleichzeitiger Verständigung des zur Bestellung der Geschäftsleiter zuständigen Organs die Führung des Unternehmens ganz oder teilweise untersagen; das zuständige Organ hat binnen eines Monats die entsprechende Anzahl von Geschäftsleitern neu zu bestellen; die Bestellung bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung der FMA, die zu versagen ist, wenn die neu bestellten Geschäftsleiter nicht geeignet scheinen, eine Abwendung der obigen Gefahr herbeiführen zu können; 4. die Fortführung des Geschäftsbetriebes ganz oder teilweise untersagen. (2) Die FMA kann auf Antrag der gemäß Abs. 1 Z 2 oder Abs. 3 bestellten Aufsichtsperson (Regierungskommissär) einen Stellvertreter bestellen, wenn und so lange dies aus wichtigen Gründen, insbesondere wegen vorübergehender Verhinderung der Aufsichts804
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person, erforderlich ist. Für die Bestellung des Stellvertreters sowie für dessen Rechte und Pflichten finden die für die Aufsichtsperson geltenden Bestimmungen Anwendung. Die Aufsichtsperson (Regierungskommissär) kann sich mit Genehmigung der FMA zur Erfüllung ihrer Aufgaben fachlich geeigneter Personen bedienen, soweit dies nach Umfang und Schwierigkeit der Aufgaben erforderlich ist. Die Genehmigung der FMA hat diese Personen namentlich zu benennen und ist auch dem Rechtsträger zuzustellen. Diese Personen handeln auf Weisung und im Namen der Aufsichtsperson (Regierungskommissär) oder ihres Stellvertreters. (3) Die FMA hat vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag und von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Meldungen über geeignete Regierungskommissäre einzuholen. Ist ein Regierungskommissär nach Abs. 1 Z 2 oder ein Stellvertreter nach Abs. 2 zu bestellen und ist keine Bestellung auf Grund dieser Meldungen möglich, so hat die FMA die nach dem Sitz des Rechtsträgers zuständige Rechtsanwaltskammer oder die Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu benachrichtigen, damit diese einen fachlich geeigneten Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer als Regierungskommissär namhaft machen. Bei Gefahr in Verzug kann die FMA 1. einen Rechtsanwalt oder 2. einen Wirtschaftstreuhänder vorläufig als Regierungskommissär bestellen. Diese Bestellung tritt mit der Bestellung eines Rechtsanwaltes oder Wirtschaftsprüfers nach dem ersten Satz außer Kraft. (4) Alle von der FMA gemäß Abs. 1 und 2 angeordneten Maßnahmen ruhen für die Dauer eines Geschäftsaufsichtsverfahrens. (5) Dem Regierungskommissär ist von der FMA eine Vergütung (Funktionsgebühr) zu leisten, die in einem angemessenen Verhältnis zu der mit der Aufsicht verbundenen Arbeit und den Aufwendungen hiefür steht. Der Regierungskommissär ist zur Rechnungslegung über das jeweils vorangegangene Quartal sowie nach Beendigung seiner Tätigkeit berechtigt. Die FMA hat die Vergütung unverzüglich nach Rechnungsprüfung zu leisten. (6) Die FMA ist zur Information der Öffentlichkeit berechtigt, von ihr getroffene Maßnahmen nach Abs. 1, 3 und 8 durch Abdruck im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ oder in einer Zeitung mit Verbreitung im gesamten Bundesgebiet oder im Internet oder durch Aushang an geeigneter Stelle in den Geschäftsräumlichkeiten des Rechtsträgers gemäß § 91 Abs. 1 Z 1 und 2 bekannt zu machen. Veröffentlichungen von Maßnahmen nach Abs. 8 in Verbindung 805
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mit § 70 Abs. 4 Z 1 BWG sind jedoch nur vorzunehmen, wenn dies nach Art und Schwere des Verstoßes zur Information der Öffentlichkeit erforderlich ist. Diese Veröffentlichungsmaßnahmen können auch kumulativ getroffen werden. Der von der Veröffentlichung Betroffene kann eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung in einem bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren bei der FMA beantragen. Die FMA hat diesfalls die Einleitung eines solchen Verfahrens in gleicher Weise bekannt zu machen. Wird im Rahmen der Überprüfung die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung festgestellt, so hat die FMA die Veröffentlichung richtig zu stellen oder auf Antrag des Betroffenen entweder zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen. Wurde einer Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 1, 3 oder 8 in einem höchstgerichtlichen Verfahren aufschiebende Wirkung zuerkannt, so hat die FMA dies in gleicher Weise bekannt zu machen. Die Veröffentlichung ist richtig zu stellen oder auf Antrag des Betroffenen entweder zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen, wenn der Bescheid aufgehoben wird. (7) Bescheide, mit denen Geschäftsleitern die Führung eines Rechtsträgers gemäß § 91 Abs. 1 Z 1 und 2 ganz oder teilweise untersagt wird (Abs. 1 Z 3 und Abs. 8), sind wie auch eine allfällige Aufhebung dieser Maßnahme von der FMA dem Firmenbuchgericht zur Eintragung in das Firmenbuch zu übermitteln. (8) Liegt eine Konzessionsvoraussetzung gemäß § 3 Abs. 5 nach Erteilung der Konzession nicht mehr vor oder verletzt ein Rechtsträger gemäß § 91 Abs. 1 Z 1 und 2 Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung oder eines Bescheides, so hat die FMA die in § 70 Abs. 4 Z 1 bis 3 BWG genannten Maßnahmen in Bezug auf diesen Rechtsträger zu ergreifen. Verletzt ein in § 91 Abs. 1 Z 3 bis 6 genannter Rechtsträger, ein Versicherungsunternehmen im Rahmen des § 2 Abs. 2 oder eine Kapitalanlagegesellschaft im Rahmen des § 2 Abs. 3 Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung oder eines Bescheides, so hat die FMA die in § 70 Abs. 4 Z 1 BWG genannten Maßnahmen in Bezug auf diesen Rechtsträger zu ergreifen. (9) Bei einer Prüfung gemäß § 91 Abs. 3 sind die Prüfungsorgane mit einem schriftlichen Prüfungsauftrag zu versehen und haben sich vor Beginn der Prüfung unaufgefordert auszuweisen sowie den Prüfungsauftrag vorzuweisen. Im übrigen ist § 71 Abs. 1 bis 6 BWG anzuwenden. 806
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(10) Zur Prüfung von Zweigstellen und Repräsentanzen in Mitgliedstaaten kann die FMA auch die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates um die Vornahme der Prüfung ersuchen, wenn dies das Verfahren vereinfacht oder beschleunigt oder wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit, Raschheit oder Kostenersparnis gelegen ist; unter diesen Voraussetzungen ist auch die Teilnahme eigener Prüfer an einer von den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates durchgeführten Prüfung möglich. (11) Die FMA kann durch Kundmachung im Internet, Abdruck im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ oder in einer Zeitung mit Verbreitung im gesamten Bundesgebiet die Öffentlichkeit informieren, dass eine namentlich genannte natürliche oder juristische Person zur Vornahme bestimmter Wertpapierdienstleistungsgeschäfte (§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 4) nicht berechtigt ist, sofern diese Person dazu Anlass gegeben hat und eine Information der Öffentlichkeit erforderlich und im Hinblick auf mögliche Nachteile des Betroffenen verhältnismäßig ist. Diese Veröffentlichungsmaßnahmen können auch kumulativ getroffen werden. Die Person muss in der Veröffentlichung eindeutig identifizierbar sein; zu diesem Zweck können, soweit der FMA bekannt, auch Geschäftsanschrift oder Wohnanschrift, Firmenbuchnummer, Internetadresse, Telefonnummer und Telefaxnummer angegeben werden. Der von der Veröffentlichung Betroffene kann eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung in einem bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren bei der FMA beantragen. Die FMA hat diesfalls die Einleitung eines solchen Verfahrens in gleicher Weise bekannt zu machen. Wird im Rahmen einer Überprüfung die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung festgestellt, so hat die FMA die Veröffentlichung richtig zu stellen oder auf Antrag des Betroffenen entweder zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen. (12) Die FMA hat auf individuelle Anfrage in angemessener Frist Auskünfte über den Konzessionsumfang von Rechtsträgern gemäß § 91 Abs. 1 Z 1 und 2 zu erteilen. Die FMA hat eine Datenbank zu führen, die Informationen über den aktuellen Umfang der bestehenden Konzessionen dieser Rechtsträger enthält, und hat über Internet eine Abfrage dieser Daten zu ermöglichen. Die FMA hat weiters in dieser Datenbank ein Verzeichnis der Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten zu führen, die im Inland zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen im Wege der Dienstleistungsfreiheit oder über eine Zweigstelle berechtigt sind, soweit diese Tätigkeit im Inland gemäß Art. 31 oder 32 der Richtlinie 2004/39/EG notifiziert wurde. IdF BGBl I 66/2009. 807
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Schrifttum: Kalss/Ölkers, Öffentliche Bekanntgabe – ein wirksames Aufsichtsinstrument im Kapitalmarktrecht? ÖBA 2009, 123; Raschauer, Investorenwarnungen im Finanzmarktaufsichtsrecht – Ausgewählte Überlegungen zum Zweck und Problematik behördlicher Warnmeldungen, ÖZW 2008, 95. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 92): „Zu § 92 Abs. 1 bis 11: Regelung entsprechend dem § 24 Abs. 2 a bis 6 WAG idF BGBl. I Nr. 141/ 2006 über von der FMA zu treffende Maßnahmen, den Regierungskommissär sowie eine Konkretisierung der FMA-Kompetenzen gemäß § 91 Abs. 3. Die Regelung über den Regierungskommissär gilt nur für Rechtsträger gemäß § 91 Abs. 1 Z 1 und 2 und lehnt sich an die Bestimmung von § 70 Abs. 2 bis 3 BWG an. Mit Abs. 8 wird Art. 50 Abs. 2 lit. e der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Mit § 92 Abs. 11 letzter Satz wird Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Erl RV GP XXIV RV 207 (zu § 92): „Zu § 92 Abs. 6: In Entsprechung des Erkenntnisses des VfGH G 164/08–12 vom 12. März 2009 wird klargestellt, dass es nach Lage des Falles erforderlich sein kann, Maßnahmen, die für die Kunden und potentiellen Kunden von großem Interesse sind ohne Zeitverlust, daher auch ohne vorherige Anhörung des Betroffenen, zu veröffentlichen (so auch VfGH in Erk. G 164/08–12 vom 12. März 2009). Dabei sind Erforderlichkeit der Information der Öffentlichkeit und mögliche Nachteile für den Betroffenen im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung gegeneinander abzuwägen. Dies ergibt sich bei den Maßnahmen gemäß Abs. 1 bereits aus dem Einleitungssatz von Abs. 1 (‚zur Abwendung einer Gefahr für die finanziellen Belange der Kunden‘). Die Maßnahme des Abs. 3 steht in unmittelbarem Zusammenhang mit jener nach Abs. 1, es geht dabei darum, dass die FMA einen Regierungskommissär bestellt. Hinsichtlich Maßnahmen nach Abs. 8 (Verletzung der Konzessionsvoraussetzungen) wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Veröffentlichung noch ausdrücklich erwähnt. Diese ist nämlich nur dann zulässig, wenn ‚nach Art und Schwere des Verstoßes eine Information der Öffentlichkeit erforderlich und im Hinblick auf die möglichen Nachteile des Betroffenen verhältnismäßig‘ ist. Um dem Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen aber dennoch in geeigneter Weise Rechnung zu tragen, ist eine Überprüfungsmöglichkeit vorgesehen. Im Sinne des Erkenntnisses des VfGH G 164/08–12 vom 12. März 2009 wird dem Betroffenen die Möglichkeit einer Überprüfung der Veröffentlichung in einem nachträglichen bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren eingeräumt ebenso wie ein allenfalls daraus resultierender Widerruf. Im Sinne optimaler Transparenz ist daher auch die Anhängigmachung einer Überprüfung zu veröffentlichen. Wird die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung festgestellt, entweder im Rahmen der Überprüfung oder bei Aufhebung der zugrunde liegenden Maßnahme oder Sanktion durch den UVS oder im Rahmen eines höchstgerichtlichen Verfahrens, so ist die Veröffentlichung richtig zu stellen oder zu widerrufen. Auf Wunsch kann auch die Möglichkeit gewährt werden, den Eintrag im Internet
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ohne Widerruf vollständig zu löschen. Wurde einer Beschwerde gegen einen Bescheid, der eine Maßnahme oder Sanktion zum Gegenstand hat, im Rahmen einer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt, so ist auch dies bekannt zu machen. Zu § 92 Abs. 11: In Entsprechung des Erkenntnisses des VfGH G 164/08–12 vom 12. März 2009 wird klargestellt, dass es nach Lage des Falles erforderlich sein kann, die Öffentlichkeit umgehend ohne Zeitverlust, daher auch ohne vorherige Anhörung des Betroffenen, auf Personen, deren Handlungen auf einen unerlaubten Betrieb oder den Versuch eines solchen hindeuten, hinzuweisen. Es kann sich dabei sowohl um juristische Personen handeln, als auch um natürliche, die unter einer Phantasiebezeichnung in Erscheinung treten. Dabei sind Erforderlichkeit der Information der Öffentlichkeit und mögliche Nachteile für den Betroffenen im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung gegeneinander abzuwägen. Um den Zweck der Veröffentlichung (Information über konzessionslos tätige Unternehmen) nicht zu verfehlen, ist das Unternehmen so präzise wie möglich zu bezeichnen. Insbesondere auch im Hinblick auf mögliche unerbetene Marketinghandlungen per Telefon oder Telefax ist auch die Telefonnummer und Faxnummer, soweit bekannt, anzugeben. Um dem Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen aber dennoch in geeigneter Weise Rechnung zu tragen, ist eine nachträgliche Überprüfungsmöglichkeit vorgesehen. Im Sinne des Erkenntnisses des VfGH G 164/08–12 vom 12. März 2009 wird dem Betroffenen die Möglichkeit einer Überprüfung der Veröffentlichung in einem nachträglichen bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren eingeräumt ebenso wie ein allenfalls daraus resultierender Widerruf. Im Sinne optimaler Transparenz ist daher auch die Anhängigmachung einer Überprüfung zu veröffentlichen. Wird die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung festgestellt, entweder im Rahmen der Überprüfung oder bei Aufhebung der zugrunde liegenden Maßnahme oder Sanktion durch den UVS oder im Rahmen eines höchstgerichtlichen Verfahrens, so ist die Veröffentlichung richtig zu stellen oder zu widerrufen. Auf Wunsch kann auch die Möglichkeit gewährt werden, den Eintrag im Internet ohne Widerruf vollständig zu löschen. Zu § 92 Abs. 12: Überführt den zweiten Teil des bisherigen Abs. 12 in einen neuen Absatz zur besseren Lesbarkeit und Übersichtlichkeit.“
Übersicht I. II. A. B. C. D. E. III. IV. A.
Maßnahmen zur Abwendung finanzieller Gefahren . . . . . . . . . . . Fachkundige Aufsichtsperson (Regierungskommissär) . . . . . . . . Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellvertretung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmen zur Sicherung der Einhaltung des WAG 2007 . . . Mitteilung der Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An die Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–3 4–8 4 5 6 7 8 9–11 12–14 12–13
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§ 92 B. V.
An das Firmenbuchgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensvorschriften betreffend Überprüfungen durch die FMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Pflichten der FMA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Sedlak 14 15–16 17–18
I. Maßnahmen zur Abwendung finanzieller Gefahren 1 Die in § 92 enthaltenen Verfahrensvorschriften bezüglich der von der
FMA zu treffenden Maßnahmen, des Regierungskommissärs sowie der Konkretisierung der FMA-Kompetenzen gemäß § 91 Abs 3 entsprechen den bisherigen Bestimmungen des § 24 Abs 2 a bis 6 WAG aF (Erl RV 29). 2 Der FMA wird in § 92 Abs 1 die Ermächtigung eingeräumt, gegenüber Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen befristete Maßnahmen durch Bescheid anzuordnen, um einer Gefahr der finanziellen Belange des Kunden gegenzusteuern. Der Gesetzgeber erläutert den Begriff der „Gefahr finanzieller Belange der Kunden“ nicht näher, sondern überlässt diese Beurteilung der FMA. Gegen den Bescheid gibt es gemäß § 22 FMABG kein ordentliches Rechtsmittel. Was bleibt, ist die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, die allerdings grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung hat. Die FMA wird daher bei Vorschreibung solcher Maßnahmen bedenken müssen, welche Schäden das Verhängen der gegenständlichen Maßnahmen beim betroffenen Rechtsträger anrichten könnte, und Aspekte des Konsumentenschutzes mit jenen der Erwerbsfreiheit abzuwägen haben. Die Maßnahmen sind nur dann zulässig und auch sinnvoll, wenn die Wertpapierfirma oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen in Form einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft betrieben wird. Hier ist im Unterschied zu einer Personengesellschaft die Haftung durch das Kapital der Gesellschaft beschränkt, was für den Kunden ein größeres Risiko birgt. Unabhängig von der Art der Maßnahme ordnet der Gesetzgeber an, dass diese spätestens 18 Monate nach Wirksamkeitsbeginn außer Kraft tritt. Wird bei einer Wertpapierfirma oder einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein Geschäftsaufsichtsverfahren durchgeführt, ruhen für dessen Dauer die angeordneten Maßnahmen (§ 92 Abs 4). 3 Der Gesetzgeber führt einen Katalog von Maßnahmen an, die insb im Rahmen der generellen Kompetenz der FMA zulässig sind. Die Möglichkeiten der FMA reichen von einer teilweisen bis gänzlichen Untersagung von Kapital- und Gewinnentnahmen sowie Kapital- und Gewinnausschüttungen (Z 1), über eine Bestellung von fachkundi810
Verfahrensvorschriften
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gen Aufsichtspersonen (Z 2) bis zur gänzlichen oder teilweisen Untersagung der Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsleiter (Z 3). Darüber hinaus kann als schwerwiegendste Sanktion auch die Einstellung des Geschäftsbetriebs zum Teil, aber auch zur Gänze angeordnet werden (Z 4).
II. Fachkundige Aufsichtsperson (Regierungskommissär) A. Auswahlkriterien Die Vorschriften betreffend der von der FMA zu bestellenden Auf- 4 sichtsperson finden sich in § 92 Abs 1 Z 2, Abs 2, 3 sowie 5. Voraussetzung für die Auswahl als fachkundige Aufsichtsperson ist die Zugehörigkeit zum Berufsstand der Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer. Dazu hat die FMA vom österreichischen Rechtsanwaltskammertag und der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Meldungen über geeignete Regierungskommissäre einzuholen. Vorschriften, in welchen Zeiträumen diese Meldungen einzuholen sind, oder über die Dauer der Bestellung der Regierungskommissäre enthält das WAG 2007 keine. Bei Gefahr in Verzug besteht für die FMA die Möglichkeit, vorläufig einen Rechtsanwalt oder Wirtschaftstreuhänder zu bestellen, dessen Aufsichtsbefugnis jedoch erlischt, sobald nach dem ordentlichen Auswahlverfahren eine entsprechende Aufsichtsperson ausgewählt wurde.
B. Befugnisse Der Aufsichtsperson werden alle jene Befugnisse eingeräumt, die der 5 FMA gemäß § 91 Abs 3 bereits zustehen (siehe dazu § 91 Rz 9 ff). Im Besonderen hat die Aufsichtsperson jene Geschäfte zu untersagen, die geeignet sind, die Gefahr für die finanziellen Belange der Kunden zu vergrößern (Abs 1 Z 2 lit a) bzw – für den Fall einer ganzen oder teilweisen Untersagung der Geschäftsfortführung – jene Geschäfte zu erlauben, die diese Gefahr nicht vergrößern (Abs 1 Z 2 lit b) (siehe dazu auch Rz 2).
C. Unterstützung Grundsätzlich darf die Aufsichtsperson zur Erfüllung ihrer Aufgaben 6 fachlich geeignete Personen zur Unterstützung heranziehen, sofern dies nach Umfang und Schwierigkeit der Aufgaben erforderlich ist. Dazu bedarf es einer Genehmigung der FMA, die bei positiver Erledi811
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gung den Namen dieser Person enthalten muss, und der Wertpapierfirma bzw dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Kenntnis zu bringen ist. Über die nähere Qualifikation dieser Personen schweigt das Gesetz. Entsprechend der hohen Anforderungen an die Aufsichtsperson werden auch hier adäquate berufliche Fertigkeiten vorauszusetzen sein. Diese Personen sind der Aufsichtsperson gegenüber weisungsgebunden und handeln in deren Namen.
D. Stellvertretung 7 Ist die Aufsichtsperson an der Ausübung ihrer Tätigkeit vorüberge-
hend verhindert, so kann sie eine Vertretung bei der FMA beantragen, wenn dies aus wichtigen Gründen erforderlich ist (Abs 2). Die FMA bestellt einen Stellvertreter, der sowohl bei der Bestellung als auch bezüglich der Rechte und Pflichten den gleichen Regelungen wie die Aufsichtsperson unterliegt.
E. Vergütung 8 Die Aufsichtsperson erhält von der FMA eine Vergütung, die nach dem
Gesetz – zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit – in Relation zum tatsächlichen Arbeitsaufwand stehen muss. Der Anspruch auf Aufwandersatz ist dahingehend auszulegen, dass ein Ersatz nur für jene Aufwendungen gebührt, die tatsächlich getätigt wurden und auch in unmittelbarem Zusammenhang mit der Aufsichtstätigkeit standen. Nach Rechnungslegung durch die Aufsichtsperson, die quartalsweise sowie nach der Beendigung der Tätigkeit erfolgen darf, ordnet das Gesetz eine unverzügliche Zahlungspflicht der FMA nach erfolgter Rechnungsprüfung an (Abs 5).
III. Maßnahmen zur Sicherung der Einhaltung des WAG 2007 9 Das WAG 2007 enthält in § 92 Abs 8 Maßnahmen der FMA, die bei
Verletzungen von Rechtsvorschriften des WAG 2007 oder einer auf Grund des WAG 2007 erlassenen Verordnung oder eines Bescheides anzuwenden sind. Damit wird Art 50 Abs 2 lit e MiFID umgesetzt (Erl RV 29). Der Maßnahmenkatalog lässt sich abhängig davon, welcher Rechtsträger die Verletzung begeht, grundlegend in zwei Bereiche einteilen: 812
Verfahrensvorschriften
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Handelt es sich dabei um Wertpapierfirmen oder Wertpapierdienst- 10 leistungsunternehmen, so hat die FMA die Maßnahmen des § 70 Abs 4 Z 1 bis 3 BWG zu ergreifen. Diese Maßnahmen lassen sich in ein dreistufiges System gliedern. Zunächst hat die FMA unter Androhung einer Zwangsstrafe den Auftrag zu erteilen, den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen (Z 1). Auf der nächsten Ebene darf die FMA unter gewissen Voraussetzungen den Geschäftsleitern die Geschäftsführung ganz oder teilweise untersagen. Dies ist nur dann zulässig, wenn Wiederholungs- oder Fortsetzungsgefahr gegeben ist, diese Maßnahme nach Art und Schwere des Verstoßes auch angemessen erscheint und die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht durch nochmaliges Vorschreiben einer Zwangsstrafe erwartet werden kann. Im letzteren Fall ist die verhängte Zwangsstrafe zu vollziehen und der Auftrag unter Androhung einer höheren Zwangsstrafe zu wiederholen (Z 2). Als ultima ratio hat die FMA die Konzession für den Fall zurückzunehmen, dass andere Maßnahmen der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht genügen (Z 3). Der zweite Bereich des Maßnahmenkatalogs von § 92 Abs 8 zielt auf 11 alle anderen Rechtsträger des § 91 Abs 1 Z 3 bis 6 sowie Versicherungsunternehmen im Rahmen des § 2 Abs 2 und Kapitalanlagegesellschaften im Rahmen des § 2 Abs 3 ab. Gegenüber dieser Gruppe von Rechtsträgern hat die FMA „nur“ die Maßnahmen des § 70 Abs 4 Z 1 BWG zu ergreifen, also den Auftrag zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes unter Androhung einer Zwangsstrafe zu erteilen.
IV. Mitteilung der Maßnahmen A. An die Öffentlichkeit Die Verfahrensvorschriften des § 92 umfassen auch Vorgaben bezüg- 12 lich der Veröffentlichung von der FMA getroffener Maßnahmen. Diese wurden aus § 24 Abs 6 WAG aF übernommen und der Systematik des WAG 2007 angepasst. Unter einer Maßnahme sind insb Beugemaßnahmen aufsichtspolizeilicher Art (iSd § 92 Abs 8) zu verstehen, die während der laufenden Rechtsaufsicht verhängt werden. Unter diesen Begriff könnten aber auch sonstige Akte der FMA subsumiert werden, die nicht in Bescheidform und nach Abschluss eines Ermittlungsverfahrens gesetzt werden (zB § 21 Abs 1 VStG; Raschauer, ÖZW 2008, 97). Grundsätzlich ist vorauszuschicken, dass das Gesetz eine Ermächtigung und keine Verpflichtung zur Veröffentlichung beinhaltet. Be813
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züglich der Art der Veröffentlichung der Maßnahmen nach § 92 Abs 1, 3 und 8 kann die FMA entscheiden, ob sie den Abdruck im Amtsblatt zur Wiener Zeitung oder einer Zeitung mit Verbreitung im gesamten Bundesgebiet, das Internet oder einen Aushang an geeigneter Stelle in den Geschäftsräumlichkeiten des Rechtsträgers wählt (§ 92 Abs 6). Das Gesetz hält ausdrücklich fest, dass diese Veröffentlichungsmaßnahmen alternativ oder kumulativ getroffen werden können. In der Lit wurde kritisiert, dass es für die gegenständliche Ermächtigung keine weiteren materiellen Erfordernisse oder bestimmte Verfahrensvoraussetzungen, wie etwa die Einräumung eines rechtlichen Gehörs an das betroffene Unternehmen, gab (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 66). Die einzige Einschränkung betraf Maßnahmen, die nach § 92 Abs 8 iVm § 70 Abs 4 Z 1 BWG festgesetzt wurden. Sie sollten nur dann veröffentlicht werden, wenn es die Art oder die Schwere des Verstoßes erfordert. Diese Beschränkung ist gerechtfertigt. Es besteht für die betroffenen Unternehmen die Gefahr, durch diese Veröffentlichungen einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil zu erleiden, weil allein schon auf Grund des Verdachts unrechtmäßiger Handlungen das Vertrauen der Kunden verloren gehen kann und darüber hinaus kein Rechtsschutz gegen die Veröffentlichung bestand (Brandl/Wolfbauer, Finanzdienstleistungen 66). Dieses verfassungsrechtlich bedenkliche Defizit bei Veröffentlichungen von Maßnahmen wurde auf Grund eines VfGH-Erkenntnisses beseitigt (VfGH 12. 3. 2009, G 164/08). Mit diesem Erkenntnis hob der VfGH § 4 Abs 7 BWG auf, der die Veröffentlichung sog „Warnmeldungen“ der FMA betreffend die Vornahme bestimmter Bankgeschäfte durch ein dazu nicht berechtigtes Unternehmen, regelte. Mangels eines adäquaten Rechtsschutzes widersprach die Regelung des § 4 Abs 7 BWG nach Ansicht des VfGH dem Gleichheitssatz und dem Rechtsstaatsprinzip. Dieses VfGH-Erkenntnis nahm der Gesetzgeber zum Anlass, § 92 Abs 6 und Abs 11 zu adaptieren. Bis zur Änderung des § 92 bestand für Betroffene einer veröffentlichten Maßnahme als einzige Möglichkeit, Amtshaftungsansprüche geltend zu machen, wenn ein Schaden aus einer (verfassungs)rechtswidrigen Veröffentlichung nachgewiesen werden konnte, was allerdings schon bei der Tatbestandsvoraussetzung des Schadens (hier ein entgangener Gewinn) äußerst schwierig war. 13 In Entsprechung des VfGH-Erkenntnisses G 164/08 wurde in § 92
Abs 6 und Abs 11 eine Überprüfungsmöglichkeit für von Veröffentlichungsmaßnahmen Betroffene vorgesehen (siehe dazu im Detail § 94 Rz 11). Da die FMA bei der Ausübung dieser Veröffentlichungsermächtigung als Verwaltungsbehörde hoheitlich handelt, ist sie an zwei Grundsätze gebunden. Sie muss das allgemeine Gebot der Sach814
Verfahrensvorschriften
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lichkeit beachten und darf die Veröffentlichung nicht willkürlich, also aus rein subjektiven Gründen, vornehmen (Walter/Mayer, Grundriss BVerfR9 Rz 1354). Eine Veröffentlichung iSd § 92 Abs 11 ist außerdem nur zulässig, wenn die Person dazu Anlass gegeben hat und eine Information der Öffentlichkeit erforderlich und im Hinblick auf mögliche Nachteile des Betroffenen verhältnismäßig ist. Trotz der nunmehr neuen „Überprüfungsmöglichkeit“ des Betroffenen ist dieser mit der Tatsache konfrontiert, dass die FMA auch eine Vielzahl seiner Daten (Geschäfts- oder Wohnanschrift, Firmenbuchnummer, Telefon- und Faxnummer, Internetadresse) in der Veröffentlichung angeben kann (arg: die Person muss in der Veröffentlichung eindeutig identifizierbar sein). Um dem Rechtsschutzbedürfnis eines Betroffenen zu genügen, sollte nicht nur von der FMA veröffentlicht werden, dass ein Verfahren auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung eingeleitet wird, sondern es sollte für den Betroffenen möglich sein, auch eine Veröffentlichung seiner Gegendarstellung zu beantragen (vgl dazu auch Kalss, ÖBA 2009, 142).
B. An das Firmenbuchgericht Um die Richtigkeit des Firmenbuches zu wahren, sind allfällige Maß- 14 nahmen bezüglich der gänzlichen oder teilweisen Untersagung der Geschäftsleitung von Wertpapierfirmen oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch dem Firmenbuchgericht zu melden. Auch eine etwaige Aufhebung dieser Maßnahme ist dem Firmenbuchgericht mitzuteilen (§ 92 Abs 7). Diese Maßnahme dient nicht nur jenen, die auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Firmenbuchstandes (berechtigterweise) vertrauen (§ 15 UGB), sondern im Ergebnis auch den Unternehmen, die sich eine falsche Eintragung Dritten gegenüber zurechnen lassen müssen.
V. Verfahrensvorschriften betreffend Überprüfungen durch die FMA Das WAG 2007 enthält zur Vorgehensweise bei Überprüfungen durch 15 die FMA gemäß den Befugnissen des § 91 Abs 3 (siehe § 91 Rz 9 ff) nur drei Punkte. Die Prüfungsorgane müssen sich vor Beginn der Prüfung unaufgefordert ausweisen, einen schriftlichen Prüfungsauftrag erhalten und diesen von sich aus vorweisen. Bezüglich weiterer Vorschriften verweist das WAG 2007 auf die Verfahrensbestimmungen des § 71 Abs 1 bis 6 BWG. Diese sehen insb vor, dass die Prüfung durch 815
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die FMA anzukündigen ist, weil dies zu einer leichteren und rascheren Prüfungsdurchführung zweckmäßig ist, sofern nicht eine Vereitlung des Prüfungszwecks befürchtet werden muss (siehe dazu auch § 91 Rz 11). Weiters werden den Überprüfungsorganen der FMA weitreichende Informations- und Auskunftsrechte gegenüber Geschäftsleitern, Mitarbeitern und jeder im Unternehmen beschäftigten Person sowie auch gegenüber Bankprüfern eingeräumt (Abs 2 und 3). Die Prüfungsorgane haben die Prüfungen schriftlich festzuhalten und dem Kreditinstitut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Abs 6). Darüber hinaus hat die Prüfung verhältnismäßig, also ohne unbedingt erforderliche Störungen oder Behinderungen des Betriebs, zu erfolgen (Abs 5). 16 Die Prüfung von Zweigstellen oder Repräsentanzen in anderen Mitgliedstaaten ist im WAG 2007 in § 92 Abs 10 geregelt und entspricht wortwörtlich § 24 Abs 5 WAG aF. Die Prüfung erfolgt entweder auf Ersuchen der FMA durch die Aufsichtsbehörden des Aufnahmemitgliedstaates oder durch Teilnahme eigener Prüfer an einer vom Aufnahmemitgliedstaat durchgeführten Prüfung, wenn es der Zweckmäßigkeit, Einfachheit, Raschheit oder Kostenersparnis dient.
VI. Pflichten der FMA 17 § 92 Abs 12 soll eine gewisse Publizität vorhandener und entzogener
Konzessionen zum Betrieb von Wertpapierdienstleistungen sichern, indem die FMA ermächtigt ist, die Öffentlichkeit über den Entzug einer Konzession zu informieren. Die FMA kann sich dazu entweder einer Kundmachung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung oder einem anderen bundesweit verbreiteten Bekanntmachungsblatt bedienen. Schon bisher gab es in § 24 Abs 6 WAG aF bereits die Möglichkeit, auf individuelle Anfragen Auskunft über den Konzessionsumfang von Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu erhalten. Diese Möglichkeit wurde durch die Vorgaben der MiFID systematisch erweitert und umfasst nun auch die Konzessionen von Wertpapierfirmen. Diese Auskunft ist von der FMA in angemessener Frist zu erteilen. Eine Konkretisierung dieser zeitlichen Vorgabe vermisst man im WAG 2007 ebenso wie Möglichkeiten der FMA, eine solche Auskunft zu verweigern. Daher ist davon auszugehen, dass die Auskunft ohne unnötigen Aufschub, dh ehestmöglich und ohne grundloses Zuwarten, zu erteilen ist und eine Verweigerung der Auskunft gesetzwidrig ist. 18 In Umsetzung von Art 5 Abs 3 MiFID verpflichtet das WAG 2007 die FMA auch zur Führung einer Datenbank, die den aktuellen Umfang bestehender Konzessionen zur Erbringung von Wertpapierdienstleis816
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tungen enthält (Erl RV 29). Auch diese Anforderung bestand bereits in § 24 Abs 6 WAG aF. Das Erfordernis der öffentlichen Zugänglichkeit erfüllt der Gesetzgeber, indem die FMA eine Abfrage dieser Datenbank über Internet zu ermöglichen hat. Die Liste ist unter http://www.fma. gv.at/cms/site/DE/einzel.html?channel=CH0172 abrufbar. Ein weiteres Register ist bezüglich jener Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten zu führen, die entweder im Wege der Dienstleistungsfreiheit oder über eine Zweigstelle berechtigt sind, im Inland Wertpapierdienstleistungen anzubieten. Die Voraussetzung dieser Rechte der Wertpapierfirmen sind in den Art 31 und 32 MiFID geregelt, auf die das WAG 2007 direkt in § 92 Abs 12 letzter Satz verweist.
Berichtspflicht von Abschlussprüfern § 93. (1) Stellt ein Abschlussprüfer, der den Jahresabschluss eines in § 91 Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Rechtsträgers prüft oder bei diesem eine sonstige gesetzlich vorgeschriebene Tätigkeit ausübt, Tatsachen fest, die eine Berichtspflicht gemäß § 273 Abs. 2 UGB begründen, so hat er unverzüglich, spätestens gleichzeitig, den gemäß § 273 Abs. 3 UGB zu erstattenden Bericht auch der FMA zu übermitteln. (2) Der Abschlussprüfer hat, auch wenn keine Berichtspflicht gemäß § 273 Abs. 2 UGB besteht, der FMA sowie den Geschäftsleitern und dem nach Gesetz oder Satzung zuständigen Aufsichtsorgan unverzüglich zu berichten, wenn ein den geprüften Rechtsträger betreffender Sachverhalt, von dem er in Ausübung seiner Tätigkeit Kenntnis erlangt hat, 1. einen erheblichen Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 1287/ 2006 darstellen könnte oder 2. einen erheblichen Verstoß gegen dieses Bundesgesetz oder gegen auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen oder Bescheide darstellen könnte oder 3. dazu führen könnte, dass der Prüfungsvermerk verweigert oder eingeschränkt wird. Der Abschlussprüfer ist auch zur Meldung derartiger Sachverhalte verpflichtet, von denen er in Ausübung einer der vorgenannten Tätigkeiten in einem Unternehmen Kenntnis erlangt, das in enger Verbindung zu dem in § 91 Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Rechtsträger steht, für das er diese Tätigkeit ausübt. (3) Erstattet der Abschlussprüfer in gutem Glauben Anzeige nach Abs. 1 oder 2, so gilt dies nicht als Verletzung einer vertraglich oder 817
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durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Bekanntmachungsbeschränkung und zieht für ihn keine Haftung nach sich. (4) Die Abs. 2 und 3 gelten in gleicher Weise für Prüfer von Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 14 hinsichtlich der dort genannten Bestimmungen. Schrifttum: Dellinger, Zur Neuordnung der Berichtspflicht des Bankprüfers gemäß § 63 Abs 3 BWG, ÖBA 2007, 79; FMA, Rundschreiben der österreichischen Finanzmarktaufsicht zur Berichtspflicht des Bankprüfers (§ 63 Abs. 3 BWG) (16. 6. 2008); Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute Band II: Konzernabschluß, Formelle Fragen (1996); Göttgens, Perspektiven der Rechnungslegung und Prüfung von Kreditinstituten, WPg 2008, 709; Herbst, Organe der Bankaufsicht und Amtshaftung, ÖBA 1998, 278; IWP, Richtlinie des Instituts Österreichischer Wirtschaftsprüfer zur Berichterstattung über die Beachtung von Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG) gemäß § 73 Abs 4 WAG 2007 bzw. gemäß § 74 Abs 4 WAG 2007 (IWP BA 6) (Fassung November 2008); Krejci, Amtshaftung für Bankprüfer, ÖBA 1998, 16; Krejci, Amtshaftung für den Verlust BWG-widriger Investitionen in eine Bank?, ÖBA 2001, 461; Kunst/Salburg, FMA: Amtshaftungsausschluss statt effizienter Aufsicht!, ecolex 2008, 1092; Milla/Hirner, Solvabilität II und die Rolle des Abschlussprüfers bei der Prüfung von Versicherungsunternehmen, RWZ 2009, 351; A. Rabl, Beschränkung der Haftung der FMA verfassungsrechtlich zulässig?, ZFR 2009, 186; B. Raschauer, Bankaufsicht, Amtshaftung und Beihilfenverbot, ÖJZ 2005, 1; Rebhahn, Amtshaftung für „Bankprüfer“ – Wohltat oder Irrweg?, ÖBA 2004, 267; Reiter, Zur Neufassung der Anzeigepflicht nach § 63 Abs 3 BWG und Klarstellung des Umfanges der Redepflicht nach § 273 Abs 2 HGB (UGB), RWZ 2006, 252; Vertneg, Die neuen Berichtspflichten des Bankprüfers und begleitende Änderungen im Bankprüfungsrecht, ZFR 2007, 84; Winternitz, Anlegerschäden eine „Reflexwirkung“ des Aufsichtsverhaltens?, ZFR 2009, 183. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 93): „Zu § 93 Abs. 1 bis 2: Die Bestimmung setzt Art. 55 der Richtlinie 2004/39/EG um. Die die Berichtspflicht auslösenden Tatbestände sind in der Richtlinie vorgegeben. Es wurde bei der Umsetzung weitestmöglich auf die Vermeidung von Überschneidungen mit der gemäß § 273 UGB bestehenden Berichtspflicht sowie auf eine möglichst parallele Gestaltung zur Berichtspflicht gemäß § 63 Abs. 3 bis 3 b BWG zu achten. Die aus dem Jahr 2004 stammende Richtlinienbestimmung kann späteren Bestrebungen zur Harmonisierung von die Abschlussprüfer betreffenden Vorschriften noch nicht berücksichtigen. Zu § 93 Abs. 3: Klarstellung, dass der Abschlussprüfer nicht haftet, wenn er in gutem Glauben einen Bericht abgibt. Zu § 93 Abs. 4: Redepflicht für Abschlussprüfer, die eine Prüfung gemäß § 14 bei Zweigstellen von ausländischen Wertpapierfirmen in Österreich durchführen.“
818
Berichtspflicht von Abschlussprüfern
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Übersicht I. A. B.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsätzliches zu Regelungsgehalt und Normzweck . . . . . . . . Unterlassene Anpassung des § 93 WAG an die Neufassung des § 273 UGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gemeinsame Tatbestandselemente und Sorgfaltsmaßstab . . . . . A. Berichtspflichtige Personen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsträger nach § 91 Abs 1 Z 1 und 2 WAG. . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Prüfungsumfang und Sorgfaltsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Das Verhältnis zwischen Abschlussprüfer und Aufsichtsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Übermittlungspflicht nach § 93 Abs 1 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Berichtspflicht nach § 93 Abs 2 WAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Wesen der Berichtspflicht nach § 93 Abs 2 WAG . . . . . . . . . . . . . . . B. Berichtspflichtige Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Modalitäten der Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Berichtspflichten bei Konzernsachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Information des geprüften Rechtsträgers über eine Berichterstattung nach § 93 Abs 2 WAG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Fragen der Verantwortlichkeit für Verstöße gegen § 93 WAG A. Haftung bei Verstößen gegen § 93 WAG wegen Schutzgesetzverletzung?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . C. Haftungsfreistellung nach § 93 Abs 3 WAG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Amtshaftung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1–7 1–3 4–7 8–21 8–13 14 15–20 21 22–25 26–40 26–27 28–31 32–36 37–39 40 41–46 41 42 43–45 46 47
I. Allgemeines A. Grundsätzliches zu Regelungsgehalt und Normzweck Ausweislich der Mat dient § 93 grundsätzlich der Umsetzung von 1 Art 55 MiFID (vgl Erl RV zu § 93 Abs 1 bis 2). § 93 Abs 1 normiert eine Pflicht zur Übermittlung des Berichts nach § 273 UGB an die FMA. Ferner wird in § 93 Abs 2 eine von § 273 UGB unabhängige besondere aufsichtsrechtliche Berichtspflicht des Abschlussprüfers begründet. § 93 Abs 3 sieht eine Haftungsfreistellung für gutgläubig vorgenommene Anzeigen nach § 93 Abs 1 und 2 vor. Schließlich erstreckt § 93 Abs 4 den Anwendungsbereich von § 93 Abs 2 und 3 auf die Prüfer von Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 14. § 93 ergänzt somit das durch die Berichtspflichten nach § 33 sowie nach § 73 Abs 4 und nach § 74 Abs 4 gebildete System aufsichtsrechtlicher Informationspflichten (vgl auch § 73 Rz 2, § 14 Rz 3). Für die Berichtspflichten nach § 14 ist dies schon auf Grund der durch § 93 Abs 4 819
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unmittelbar zu § 14 hergestellten Verbindung zwischen diesen beiden Vorschriften eindeutig. Bei § 93 handelt es sich zumindest auch um eine Sondervorschrift iSd § 189 Abs 3 UGB. 2 Schon die Mat (Erl RV zu § 93 Abs 1 bis 2) weisen darauf hin, dass
§ 93 „eine möglichst parallele Gestaltung zur Berichtspflicht gemäß § 63 Abs. 3 bis 3 b BWG“ erfahren hat. Dies impliziert, dass die in Lehre und Rsp zu § 63 Abs 3 bis 3 b BWG gemachten Ausführungen bereits nach dem Willen des Gesetzgebers besondere Bedeutung für das Verständnis des § 93 haben und insb zur Lösung von Zweifelsfragen herangezogen werden können, sofern nicht Differenzen zwischen den gesetzlichen Regelungen oder sonstige Unterschiede in der Sache einer solchen Übernahme entgegenstehen. Nichts anderes kann darüber hinaus aber für vergleichbare Vorschriften in anderen kapitalmarktrechtlichen Gesetzen, etwa für § 82 a VAG (dazu etwa Milla/Hirner, RWZ 2009, 353) sowie § 31 Abs 3 PKG, gelten, werden doch mit all diesen Normen im Grunde idente Zielsetzungen verfolgt.
3 Den Mat zu § 93 lassen sich keine unmittelbaren Aussagen zum Norm-
zweck der gegenständlichen Vorschrift entnehmen. Jedoch wird mit § 93 angesichts seines Regelungsinhalts unzweifelhaft der Zweck verfolgt, der FMA möglichst frühzeitig Informationen über für die Beaufsichtigung relevante Mißstände, über drohende Fehlentwicklungen sowie über die Wirksamkeit aufsichtsbehördlicher Maßnahmen zu verschaffen (vgl idS zu § 63 Abs 3 BWG Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 25; Dellinger, ÖBA 2007, 80), um auf diese Weise die aufsichtsbehördliche Kontrolle zu verdichten und der Aufsicht eine rasche Entscheidung über ein allfälliges weiteres Vorgehen zu erlauben. Da die Gelegenheit der ohnehin jährlich stattfindenden Abschlussprüfung zur Erlangung aufsichtsrechtlich relevanter Informationen genutzt wird (Göttgens, WPg 2008, 712), leistet der Abschlussprüfer somit einen Beitrag zur Beaufsichtigung der von § 93 erfassten Rechtsträger und trägt insoweit zu einer kostengünstigen Aufsicht bei (vgl OGH 25. 3. 2003, 1 Ob 188/02 g, ÖBA 2004, 304 ff; Göttgens, WPg 2008, 710 f). Dementsprechend dient seine Tätigkeit der Entlastung der Aufsichtsbehörde und soll ein zweckmäßiges Vorgehen bei der Wahrnehmung der im öffentlichen Interesse angeordneten Aufsicht ermöglichen (vgl idS VwGH 21. 6. 1999, 94/17/0377). Dass § 93 ein Indiz für eine in den Augen des Gesetzgebers bestehende besondere Bedeutung der Effizienz der Abschlussprüfung bei Rechtsträgern iS dieser Norm darstellt (so jedoch ua zu § 63 Abs 3 BWG Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute II 85), findet demgegenüber in § 93 jedenfalls keinen unmittelbaren Ausdruck. Der von manchen als Normzweck des § 93 hervorgehobene Schutz der Kunden (vgl idS Winternitz/Aigner, 820
Berichtspflicht von Abschlussprüfern
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WAG 71 f) kann angesichts der bisher dargestellten Überlegungen ebenfalls nicht als entscheidend für die Normierung des § 93 angesehen werden. Er spielt vielmehr nur insofern eine Rolle, als die Tätigkeit des Abschlussprüfers generell einen Konnex zur Aufsichtstätigkeit aufweist und einer der Zwecke dieser Einbindung des Abschlussprüfers in die Aufsichtstätigkeit schon nach allgemeinen Grundsätzen nicht nur im Gläubigerschutz als solchem (vgl dazu VwGH 21. 6. 1999, 94/17/ 0377), sondern auch im Schutz der Kunden erblickt werden kann.
B. Unterlassene Anpassung des § 93 WAG an die Neufassung des § 273 UGB Während § 73 bereits zwei Mal novelliert wurde, steht § 93 bisher 4 unverändert in seiner Stammfassung in Geltung. Dies führt angesichts der im Zuge des URÄG 2008 zwischenzeitig erfolgten Änderungen des § 273 UGB zum Problem, dass die Verweise in § 93 Abs 1 und 2 auf die Berichtspflicht gemäß § 273 Abs 2 UGB sowie auf den Bericht gemäß § 273 Abs 3 UGB im Grunde einen anderen Inhalt als im Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 93 erhalten haben. Der Regelungsgehalt des § 273 Abs 2 UGB aF wurde nämlich in inhaltlich modifizierter Form auf § 273 Abs 2 und 3 UGB idF des URÄG 2008 aufgeteilt. Ferner wurde der bisherige § 273 Abs 3 UGB im Wesentlichen unverändert zu § 273 Abs 4 UGB idF des URÄG 2008. Dementsprechend hätte eine entsprechende Anpassung des § 93 an diese Veränderungen dadurch erfolgen müssen, dass der Verweis auf die Berichtspflicht gemäß § 273 Abs 2 UGB zu einem solchen auf die Berichtspflichten nach § 273 Abs 2 und 3 UGB sowie jener auf den Bericht gemäß § 273 Abs 3 UGB zu einem Verweis auf § 273 Abs 4 UGB geändert werden. Das Unterlassen einer entsprechenden Anpassung des § 93 an § 273 5 UGB idF des URÄG 2008 führt vorerst zur Frage nach dem dogmatischen Charakter der in § 93 vorgenommenen Verweise. Dabei wird eine Qualifizierung als statische Verweisungen angesichts der fehlenden ausdrücklichen Bezugnahme auf eine bestimmte Fassung des § 273 UGB in § 93 abzulehnen sein. Abgesehen vom Wortlaut des § 93 spricht demgegenüber für eine Annahme dynamischer Verweisungen, dass nach den Erl RV zu § 93 Abs 1 bis 2 – arg „Vermeidung von Überschneidungen“ – § 93 und § 273 UGB aufeinander abgestimmte Regelungen bilden sollen und dieses gesetzgeberische Ziel am besten durch Bezugnahmen auf § 273 UGB in seiner jeweils geltenden Fassung zu erreichen ist, zumal auf eine solche Weise den zukünftigen Entwicklungen im Rechnungslegungsrecht des UGB an sich ohne weitere legistische Maßnahmen Rechnung getragen werden kann. 821
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6 Da jedoch der durch die unterlassene Anpassung des § 93 an die mit
dem URÄG 2008 vorgenommenen Änderungen des § 273 UGB eigentlich verbundene Bedeutungswandel des § 93 weder in der Absicht des Gesetzgebers gelegen ist, noch mit der Teilung des ursprünglichen § 273 Abs 2 UGB in zwei Absätze – und der daraus resultierenden Einfügung des früheren § 273 Abs 3 UGB als neuen § 273 Abs 4 UGB – ausweislich der Mat zum URÄG 2008 (vgl Erl RV GP XXIII 467 zu § 273) inhaltliche Änderungen bewirkt werden sollten, sind die in § 93 Abs 1 und 2 erfolgenden Verweise auf § 273 Abs 2 UGB im Wege der Analogie auch auf § 273 Abs 3 UGB idF des URÄG 2008 zu erstrecken. Ferner ist die Bezugnahme auf den gemäß § 273 Abs 3 UGB zu erstattenden Bericht in § 93 Abs 1 nicht zuletzt durch richtlinienkonforme Interpretation als eine solche auf den Bericht nach § 273 Abs 4 UGB idF des URÄG 2008 zu verstehen. Schließlich könnte andernfalls die richtlinienkonforme Umsetzung insb von Art 55 Abs 1 lit b MiFID in Frage gestellt werden. 7 Gegen ein insb auf Analogie gestütztes, § 273 Abs 3 UGB umfassendes
Verständnis der in § 93 Abs 1 und 2 vorgenommenen Verweise auf § 273 Abs 2 UGB könnte nun eingewendet werden, dass angesichts der in § 2 URG erfolgenden Herausnahme ua von „Wertpapierunternehmen“ aus dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes die sich auf das URG beziehende Berichtspflicht des Abschlussprüfers gemäß § 273 Abs 3 UGB idF des URÄG 2008 ohnehin bedeutungslos ist und insofern keine Berichtspflicht nach aufsichtsrechtlichen Vorschriften bestehen könne (idS zu § 63 Abs 3 BWG und zu § 273 Abs 2 UGB aF Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 33; Dellinger, ÖBA 2007, 80 FN 4). Dagegen spricht jedoch, dass ungeachtet dieser vor der Novellierung des § 273 UGB durch das URÄG 2008 in gleicher Weise, wenn auch noch nicht in voller Schärfe auftretenden Problemstellung die Lehre zu § 93 bisher nicht zuletzt in Anbetracht des insoweit uneingeschränkten Verweises auf § 273 Abs 2 UGB immer von einer entsprechenden Berichtspflicht des Abschlussprüfers gemäß § 93 bei einer im Zuge der Jahresabschlussprüfung erfolgenden Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs ausgegangen ist (vgl Vorauflage § 93 Rz 3; Winternitz/Aigner, WAG 69). Dazu kommt, dass durch den Verweis auf § 273 Abs 2 UGB die in Art 55 Abs 1 lit b MiFID normierte Berichtspflicht wegen möglicher Bestandsgefährdung umgesetzt werden soll (vgl im Detail noch Rz 27). Bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs ist aber jedenfalls eine Bestandsgefährdung nahe liegend, sodass insoweit eine Berichterstattung nach § 93 europarechtlich geradezu geboten erscheint. Zwar ist über eine allfällige 822
Berichtspflicht von Abschlussprüfern
§ 93
Bestandsgefährdung schon nach § 93 iVm § 273 Abs 2 UGB zu berichten, doch führt eine Berichterstattung gemäß § 93 iVm § 273 Abs 3 UGB unzweifelhaft zu einem dem Normzweck des § 93 entsprechenden besseren Informationsstand der Aufsichtsbehörde im Hinblick auf mögliche Bestandsgefährdungen. Das gilt umso mehr, als mit § 2 URG primär den darin aufgezählten „Arten von Unternehmen“ auf Grund der bei ihnen auftretenden Besonderheiten der Zugang zum Reorganisationsverfahren verschlossen werden soll, ohne dass deshalb bei „Wertpapierunternehmen“ eine mögliche Bestandsgefährdung bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs ausgeschlossen wird (vgl Erl RV GP XX 734 zu § 2 URG). Insgesamt spricht somit mehr für als gegen ein § 273 Abs 3 UGB umfassendes Verständnis der Verweise in § 93 auf § 273 Abs 2 UGB.
II. Gemeinsame Tatbestandselemente und Sorgfaltsmaßstab A. Berichtspflichtige Personen § 93 begründet Pflichten grundsätzlich allein für den Abschlussprüfer. 8 Auf Grund des Fehlens einer mit § 63 Abs 3 letzter Satz BWG vergleichbaren Bestimmung besteht unmittelbar auf Grund des § 93 keine persönliche Berichtspflicht des gemäß § 88 Abs 7 WTBG verantwortlichen Wirtschaftsprüfers (zu den mit § 63 Abs 3 letzter Satz BWG verbundenen Problemen vgl Vertneg, ZFR 2007, 85; Dellinger/Puhm/ Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 27; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 5). Der Begriff des Abschlussprüfers ist funktional zu verstehen, sodass es für das Vorliegen eines Abschlussprüfers iSd § 93 einer im Einklang mit den einschlägigen unternehmens- und berufsrechtlichen Vorschriften vorgenommenen Bestellung als Abschlussprüfer bedarf. Kein Abschlussprüfer gemäß § 93 liegt dagegen vor, falls die prüfende Person zwar die für eine Bestellung zum Abschlussprüfer erforderlichen fachlichen Qualifikationen aufweist, aber in concreto nicht zum Abschlussprüfer des Rechtsträgers bestellt worden ist oder der Prüfer im Einzelfall von den Parteien oder vom Gesetz unzutreffend als Abschlussprüfer bezeichnet wird. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem Umstand, dass Prüfer von Zweigstellen gemäß § 14 ausdrücklich durch § 93 Abs 4 dem Anwendungsbereich des § 93 Abs 2 und 3 unterstellt werden. Eine solche Regelung wäre nämlich dann entbehrlich, wenn es allein auf die Befähigung zur Übernahme der Funktion eines Abschlussprüfers oder die – unrichtige – 823
§ 93
Saria
Bezeichnung als Abschlussprüfer ankommen würde. Schließlich bezeichnet § 14 den Prüfer von Zweigstellen ausdrücklich, wenn auch unrichtig als „Abschlussprüfer“ und bringt damit die Notwendigkeit einer entsprechenden fachlichen Qualifikation des Prüfers (vgl § 14 Rz 10 f, insb Rz 11) zum Ausdruck. Wäre der Begriff des Abschlussprüfers nach § 93 nun nicht funktional, sondern weit zu verstehen, wären derartige Prüfer auch ohne ausdrückliche diesbezügliche Anordnung in § 93 Abs 4 dem Anwendungsbereich des § 93 zu unterstellen. 9 Da § 93 allein auf den Abschlussprüfer abstellt, findet diese Vorschrift
auf andere Arten von Prüfern keine Anwendung. Das gilt nicht nur für gesellschaftsrechtliche Prüfer, also insb etwa für Sonderprüfer und Revisoren iSd §§ 130 ff AktG und §§ 45 ff GmbHG sowie für Gründungsprüfer iSd §§ 25 ff AktG und § 6 a Abs 4 GmbHG, sondern auch für sonstige aufsichtsrechtliche Prüfer, denen die Funktion als Abschlussprüfer nicht zukommt. Das gilt etwa für Prüfer nach § 74. Die im Übrigen nicht näher begründete gegenteilige Ansicht (Winternitz/ Aigner, WAG 69) übersieht, dass schon der Gesetzgeber derartige Prüfer weder als Abschlussprüfer bezeichnet, noch eine unmittelbare, sondern bloß eine sinngemäße Anwendung des § 275 UGB betreffend die Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers anordnet und ihnen somit schon die für die Anwendbarkeit des § 93 notwendige Eigenschaft als Abschlussprüfer im funktionalen Sinn fehlt.
10 Eine Ausnahme von dem gerade dargestellten Grundsatz findet sich
jedoch unmittelbar in § 93: Durch § 93 Abs 4 wird nämlich der Anwendungsbereich von § 93 Abs 2 und 3 auf Prüfer von Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 14 hinsichtlich der dort genannten Bestimmungen erstreckt. Es handelt sich bei dieser Vorschrift um eine Konsequenz der Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit durch Errichtung von Zweigstellen zur Vermeidung von Lücken in der Beaufsichtigung (vgl im Detail § 14 Rz 4). Da sich der Aufgabenbereich des Prüfers iSd § 14 auf den in dieser Bestimmung ausdrücklich definierten sachlich begrenzten Prüfungsumfang beschränkt und er daher auf Basis des § 14 weder einen § 273 Abs 4 UGB entsprechenden „allgemeinen“ Bericht zu erstellen hat, noch ihn mit § 273 Abs 2 und 3 UGB vergleichbare „generelle“ Berichtspflichten treffen, ist der vom Gesetzgeber vorgenommene Verzicht auf eine Erstreckung des Anwendungsbereichs des § 93 Abs 1 auf den Prüfer von Zweigstellen nahe liegend. Dazu kommt, dass die durch § 93 Abs 1 umgesetzte Berichtspflicht wegen möglicher Bestandsgefährdung der Wertpapierfirma gemäß Art 55 Abs 1 lit b MiFID angesichts des durch § 14 selbst eingeschränkten Prüfungsumfangs im Regelfall kaum vom Prüfer einer Zweigstelle in sinnvoller Weise erfüllt werden könnte.
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Berichtspflicht von Abschlussprüfern
§ 93
Die durch § 93 Abs 4 angeordnete Anwendung des § 93 Abs 2 auf den 11 Prüfer von Zweigstellen von Wertpapierfirmen gemäß § 14 bedarf jedoch jedenfalls folgender Modifikationen: Einerseits ist eine Berichtspflicht des Prüfers hinsichtlich der in § 92 Abs 2 Z 1 und 2 angeordneten Berichtstatbestände – arg: „in Ausübung seiner Tätigkeit“ – nur insoweit anzunehmen, als derartige Sachverhalte im Zuge der gegenüber einer Abschlussprüfung inhaltlich beschränkten Prüfung gemäß § 14 aufgedeckt werden. Andererseits wird eine Berichtspflicht nach § 92 Abs 2 Z 3 angesichts des Fehlens eines von einem Prüfer nach § 14 auszustellenden Prüfungs-, also Bestätigungsvermerks (vgl dazu noch Rz 31) entfallen. Darüber hinaus muss die in § 93 Abs 4 unterlassene Erstreckung des Anwendungsbereichs dieser Bestimmung auf § 93 Abs 1 zur Folge haben, dass der in § 93 Abs 4 vorgenommene Verweis auf § 93 Abs 3 einschränkend zu verstehen ist. Die dadurch für den Prüfer der Zweigniederlassung bewirkte Haftungsfreistellung kann sich allein auf Anzeigen nach § 93 Abs 2, nicht aber auf die von ihm gar nicht vorzunehmenden Anzeigen nach § 93 Abs 1 erstrecken. Die Mat sprechen iZm § 93 Abs 4 von einer Redepflicht des Abschlussprüfers (Erl RV zu § 93 Abs 4). Dessen ungeachtet – arg: „in gleicher Weise“ – richten sich Form und Inhalt der nach dieser Vorschrift vorzunehmenden Berichterstattung nach den für § 93 Abs 2 geltenden Grundsätzen (vgl dazu Rz 33 ff), sodass insb eine schriftliche Berichterstattung des Prüfers erforderlich ist. Da der Konzernabschlussprüfer ebenfalls ein Abschlussprüfer, näm- 12 lich jener des Konzernabschlusses, ist, könnte vertreten werden, dass auch der Konzernabschlussprüfer als Abschlussprüfer iSd § 93 anzusehen ist (idS für § 63 Abs 3 BWG Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 28 für den Fall, dass die Konzernmutter ein Kreditinstitut ist). Jedenfalls für den Anwendungsbereich des WAG wird dieser Ansicht nicht gefolgt werden können. Zum einen hat der Gesetzgeber in Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben in § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 nämlich eine Regelung getroffen, die wenigstens im Ergebnis Konzernsachverhalte betrifft (vgl dazu noch im Detail Rz 37 ff). Damit fehlt es aber schon an einer für die letztlich nur im Wege einer Analogie mögliche Ausdehnung des persönlichen Anwendungsbereichs erforderlichen Lücke. Zum anderen sollte in aller Regel ohnehin keine Schutzlücke bestehen, weil auf die jeweiligen Abschlussprüfer eines österreichischen Mutterunternehmens und der inländischen Tochterunternehmen ohnehin § 93 einschließlich der Regelung des § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 zur Anwendung kommt. Problematisch ist schließlich, dass der Gesetzgeber bei Genossenschaf- 13 ten die Prüfungsorgane gesetzlich zuständiger Prüfungseinrichtun825
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gen in § 73 den Abschlussprüfern sowie den Prüfern nach § 74 explizit gleichstellt, sie aber in § 93 nicht ausdrücklich erwähnt. Genossenschaftsrechtliche Besonderheiten für diese Differenzierung sind nicht ersichtlich. Dazu kommt, dass die zu § 93 vergleichbare Bestimmung des § 63 Abs 3 BWG angesichts ihres Wortlauts unzweifelhaft auch auf die von einem genossenschaftlichen Prüfungsverband bestellten Bankprüfer anzuwenden ist. Die für eine solche unterschiedliche Behandlung genossenschaftlicher Prüfungsorgane in § 93 einerseits sowie in § 63 Abs 3 BWG andererseits denkbaren Rechtfertigungsgründe – größere volkswirtschaftliche Bedeutung von Kreditinstituten im Allgemeinen sowie größere Bedeutung genossenschaftlich organisierter Rechtsträger im Anwendungsbereich des BWG gegenüber jenem des WAG im Besonderen – vermögen nicht zu erklären, dass das WAG in den §§ 73 f die genossenschaftsrechtlichen Prüfungsorgane erfasst und an anderer Stelle, nämlich in § 93, diese Gruppe nicht berücksichtigt. All dies legt es nahe, dass die Einbeziehung der genossenschaftlichen Prüfungsorgane in § 93 übersehen wurde. Da der Gesetzgeber durch ihre Erwähnung insb in § 73 zum Ausdruck gebracht hat, dass sie den Abschlussprüfern für Zwecke des WAG grundsätzlich gleichzustellen sind, und der Normzweck des § 93 eine Einbeziehung der genossenschaftlichen Prüfungsorgane zumindest dann erfordert, wenn durch diese die Funktion des Abschlussprüfers übernommen wird, ist der Begriff des Abschlussprüfers in § 93 im Wege der Analogie zu den §§ 73 f um die „Prüfungsorgane[n] gesetzlich zuständiger Prüfungseinrichtungen“ bei gemäß § 22 Abs 6 GenG prüfungspflichtigen Genossenschaften zu erweitern. Diese Ausdehnung des Abschlussprüferbegriffs zwingt jedoch zu keiner Übernahme der in § 63 Abs 3 BWG vorgesehenen Einbindung des Prüfungsverbands in die Berichterstattung an die FMA, sehen doch die als Analogiebasis herangezogenen Regelungen der §§ 73 f Derartiges nicht vor. Darüber hinaus kommt in dieser Regelung des BWG kein ohne weiteres verallgemeinerungsfähiges Prinzip zum Ausdruck.
B. Rechtsträger nach § 91 Abs 1 Z 1 und 2 WAG 14 Die Pflichten nach § 93 Abs 1 und 2 beziehen sich allein auf Rechts-
träger nach § 91 Abs 1 Z 1 und 2. Dabei handelt es sich – wie nicht zuletzt die ansonsten entbehrliche explizite Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 93 Abs 2 und 3 auf Prüfer von Zweigstellen gemäß § 14 durch § 93 Abs 4 zeigt – an sich nur um Wertpapierfirmen sowie Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit Sitz in Österreich. Allerdings werden Pflichten bloß für den Abschlussprüfer begründet. Daraus folgt grundsätzlich, dass nicht bei allen Wertpapierdienstleis-
826
Berichtspflicht von Abschlussprüfern
§ 93
tungsunternehmen, sondern nur bei jenen, bei denen eine Abschlussprüfung stattzufinden hat, § 93 zur Anwendung kommt.
C. Prüfungsumfang und Sorgfaltsmaßstab § 93 löst allein dann eine Berichtspflicht aus, wenn der Abschlussprüfer 15 berichtspflichtige Tatsachen oder Sachverhalte bei Prüfung des Jahresabschlusses eines Rechtsträgers oder bei Ausübung einer sonstigen gesetzlich vorgeschriebenen Tätigkeit bei diesem feststellt. Der Kenntniserwerb muss in Ausübung der vorgenannten Tätigkeiten erfolgen. Während das für § 93 Abs 1 bereits eindeutig auf Basis des Wortlauts der Vorschrift zu schließen ist, ergibt sich ein solcher Grundsatz angesichts des diesbezüglich nicht besonders deutlichen Textes für § 93 Abs 2 letztlich wohl erst auf Grund richtlinienkonformer Interpretation. Berichtspflichtig ist der Abschlussprüfer daher bei Wahrnehmung seiner Aufgaben als Abschlussprüfer (Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 26) im gesetzlich festgelegten Umfang. Während unter der Prüfung des Jahresabschlusses unzweifelhaft die Abschlussprüfung zu verstehen ist, wird die Wendung von den sonstigen gesetzlich vorgeschriebenen Tätigkeiten so zu verstehen sein, dass damit unabhängig von der konkreten Rechtsgrundlage jede andere Art von im Gesetz verankerten Tätigkeiten des Abschlussprüfers erfasst wird. Derartige Tätigkeiten können somit ihren Rechtsgrund etwa in gesellschaftsrechtlichen Vorschriften (vgl etwa § 93 Abs 1 AktG und § 30 h Abs 1 GmbHG; idS schon Winternitz/Aigner, WAG 69; sowie § 104 Abs 2 AktG) oder in aufsichtsrechtlichen Normen (etwa in den §§ 33, 73; die von Winternitz/Aigner, WAG 69 ebenfalls angeführten Prüfungen nach § 74 sind dagegen mangels Vorliegens einer Tätigkeit eines Abschlussprüfers keine von § 93 erfasste Tätigkeit; vgl schon Rz 9) haben. In Anbetracht des Fehlens eines mit § 63 a BWG vergleichbaren Instituts einer Sonderprüfung im Auftrag des unternehmenseigenen Aufsichtsorgans stellt sich im Anwendungsbereich des WAG nicht die Frage, ob solche Sonderprüfungen als sonstige gesetzlich vorgeschriebene Tätigkeiten iSd § 93 anzusehen sind (hinsichtlich des § 63 a BWG verneinend N. Raschauer, Aufsichtsrat aktuell 2009, 20; Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 5, § 63 a Rz 3 f; bejahend dagegen Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 26). Aus den gerade dargestellten Grundsätzen folgt weiters, dass grundsätzlich keine unmittelbare (vgl noch Rz 18) Berichtspflicht des Abschlussprüfers bei Aufdecken relevanter Tatsachen im Rahmen sonstiger, von ihm zulässigerweise erbrachter Dienstleistungen (vgl idS Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 26) sowie hinsichtlich von dem Abschlussprüfer nur anderweitig, etwa durch gegenüber ande827
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ren, von § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 nicht erfassten (vgl dazu noch Rz 37 ff) Klienten erbrachte Tätigkeiten oder überhaupt außerhalb seiner Berufstätigkeit, zur Kenntnis gelangten Informationen besteht. 16 Abgesehen von der Art der Tätigkeit werden die Berichtspflichten insb
nach § 93 Abs 2 dadurch eingeschränkt, dass die berichtspflichtigen Umstände dem Abschlussprüfer aus Anlass der von § 93 erfassten Tätigkeiten bekannt werden müssen. Daraus ist zum einen abzuleiten, dass der Abschlussprüfer die ihn nach § 93 treffenden Pflichten entsprechend dem für ihn bei Ausübung dieser Tätigkeiten maßgeblichen Sorgfaltsmaßstab zu erfüllen hat (vgl § 1299 ABGB; § 275 Abs 2 UGB). § 93 trifft nämlich insofern keine besonderen Anordnungen, sondern baut vielmehr auf einer – sorgfaltskonformen – Durchführung der Jahresabschlussprüfung oder sonstiger gesetzlich vorgeschriebener Tätigkeiten auf. Dazu kommt, dass der Abschlussprüfer ungeachtet des § 93 weiterhin nur in einem Vertragsverhältnis zum geprüften Unternehmen steht und der Aufsicht gegenüber die Funktion eines sachverständigen Gutachters hat (vgl die Mat zu § 63 Abs 3 BWG; abgedruckt bei Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 S 7). Auch dieser Umstand bestätigt, dass vom Abschlussprüfer im Hinblick auf die Berichtspflichten gemäß § 93 der berufsübliche Sorgfaltsmaßstab anzuwenden ist. 17 Im Einklang mit dem Normzweck ergeben sich zum anderen Schranken
für die Berichtspflichten gemäß § 93 aus dem Wesen der Abschlussprüfung sowie der sonstigen gesetzlich vorgeschriebenen Tätigkeiten des Abschlussprüfers. Schließlich wird der Charakter insb der Prüfung des Jahresabschlusses, der primär in der Sicherung der Qualität der Rechnungslegung durch Prüfung der Gesetz- und Ordnungsmäßigkeit besteht, durch § 93 nicht geändert, sodass aufsichtsrechtliche Aspekte insoweit nicht in den Vordergrund treten dürfen. Das gilt umso mehr, als der Abschlussprüfer nicht über alle der Aufsicht bekannten Informationen verfügt (vgl idS Göttgens, WPg 2008, 712). Dazu kommt noch, dass sich mangels Einräumung von mit § 63 Abs 3 Satz 3 BWG vergleichbaren besonderen Befugnissen des Abschlussprüfers dessen Rechte gegenüber dem geprüften Rechtsträger insb auf Auskunftserteilung nach den diesbezüglich im Unternehmensrecht allgemein geltenden Vorschriften und Grundsätzen bestimmen. Die dem Abschlussprüfer dadurch eingeräumten Möglichkeiten sind von diesem sorgfaltskonform, aber angesichts der unternehmensrechtlichen Rechtsnatur dieser Behelfe unzweifelhaft nicht vorrangig zu aufsichtsrechtlichen Zwecken einzusetzen. Dementsprechend mangelt es dem Abschlussprüfer bereits an den notwendigen Möglichkeiten, um die sich aus dem Wesen der Abschlussprüfung ergebenden Grenzen zu überwinden. Letztlich folgt aus der Bindung der in § 93 normierten Pflichten an eine Ausübung der 828
Berichtspflicht von Abschlussprüfern
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Abschlussprüfung sowie an sonstige gesetzlich vorgeschriebene Tätigkeiten, dass durch § 93 der gesetzlich vorgeschriebene Prüfungsumfang nicht erweitert wird (vgl FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.1.; Baran, Österreichisches Versicherungsaufsichtsrecht 83). Es sind daher keine eigenständigen, über die Prüfung des Jahresabschlusses hinausgehenden Prüfungshandlungen zu setzen (vgl FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.1.). Der Abschlussprüfer hat somit die FMA nur dann zu informieren, wenn er im Zuge solcher Prüfungshandlungen auf berichtspflichtige Tatsachen stößt, ohne dass er aktiv nach diesen suchen müsste (vgl Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 26; Baran, Österreichisches Versicherungsaufsichtsrecht 83). Dessen ungeachtet darf der Abschlussprüfer bei Auftreten von Ver- 18 dachtsmomenten auch außerhalb der eigentlichen Prüfungstätigkeit seine Augen nicht verschließen. Vielmehr wird er angesichts des ihn treffenden Sorgfaltsmaßstabs und im Hinblick auf den Normzweck des § 93 grundsätzlich entsprechende Prüfungshandlungen zur Abklärung vorzunehmen haben (vgl idS Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 26; FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.1.). Zwar wird dadurch die in § 93 normierte Bindung der nach dieser Vorschrift bestehenden Pflichten an bestimmte gesetzlich vorgeschriebene Tätigkeiten relativiert, doch lässt sich eine solche Erweiterung der Pflichten nicht zuletzt mit der Überlegung rechtfertigen, dass dem Abschlussprüfer derartige Verdachtsmomente, sofern sie nicht ohnehin allgemein und daher auch der Aufsicht bekannt sind, letzten Endes doch wieder in seiner Eigenschaft als Abschlussprüfer des Jahresabschlusses oder bei einer sonstigen gesetzlich vorgeschriebenen Tätigkeit zugekommen sind und insoweit noch immer ein Kenntniserwerb aus Anlass der von § 93 erfassten Tätigkeiten vorliegt. Die Pflichten des Abschlussprüfers sind nach Normzweck und Wort- 19 laut des § 93 nicht davon abhängig, ob nach seiner Beurteilung aufsichtsbehördliche Maßnahmen möglich, angemessen oder zu erwarten sind (vgl idS FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.1.). Unter Berufung auf eine durch § 93 bloß erreichte zeitliche Vorverlagerung einer möglicherweise ohnedies insb durch die Anlage zum Prüfungsbericht über den Jahresabschluss nach § 73 erfolgenden Information der FMA könnte nun vertreten werden, dass das Entstehen von Berichtspflichten gemäß § 93 die Erkennbarkeit einer gewissen Dringlichkeit allfälliger aufsichtsrechtlicher Maßnahmen und Ermittlungen voraussetzt (so etwa zu § 63 Abs 3 BWG Dellinger, ÖBA 2007, 81). Dies erfordert jedoch eine dem Abschlussprüfer gerade verwehrte Beurteilung der aufsichtsrechtlichen Relevanz der von ihm gemachten Feststellungen, sodass alle diesbezüglichen Überlegungen zumindest für den Anwen829
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dungsbereich des WAG als verfehlt anzusehen sind. Ebenfalls im Hinblick auf den Normzweck des § 93, der dem Abschlussprüfer eine Beurteilung der Bedeutung der Erfüllung seiner Berichtspflichten für die Aufsichtsbehörde nicht erlaubt, sowie den diesbezüglich keinerlei Einschränkungen vorsehenden Wortlaut dieser Vorschrift greifen die Pflichten nach § 93 ungeachtet des Umstandes ein, dass der Aufsicht die relevanten Informationen insb aus ihr vom Abschlussprüfer früher übermittelten Berichten bereits bekannt sein sollten (vgl FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 3.; Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 29). Das gilt selbst für den Fall, dass die FMA bereits wegen nach § 93 einschlägigen Sachverhalten mit entsprechenden aufsichtsbehördlichen Maßnahmen eingeschritten ist. Schließlich werden zum einen die sich aus dieser Bestimmung ergebenden Pflichten durch das Gesetz in keiner Weise von einer allfälligen Setzung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen abhängig gemacht. Zum anderen kann selbst in derartigen Konstellationen nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Erfüllung der Pflichten des Abschlussprüfers gemäß § 93 keinerlei Bedeutung für die Tätigkeit der FMA zukommt. 20 Konsequenz der auch von der Aufsichtsbehörde angenommenen Berichtspflicht betreffend bekannte Tatsachen ist schließlich, dass es in Erfüllung der Pflichten gemäß § 93 zu Wiederholungen in aufeinander folgenden Berichten kommen kann. Da eine solche wiederholte Erfüllung der in § 93 normierten Pflichten im Einklang mit dem Normzweck steht und weder den Abschlussprüfer noch die Aufsichtsbehörde über Gebühr belastet, spricht nichts gegen ein derartiges Verständnis des § 93 (aA Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 29, die wegen der ansonsten bestehenden Gefahr einer „permanenten“ Berichtspflicht hinsichtlich jedes relevanten Umstandes nur eine einmalige Berichtspflicht annehmen, sofern es weder wesentliche neue Tatsachen noch bedeutsame Verschlechterungen gibt. Allerdings mag gerade die durch die bloß als Folge eines Unterbleibens einer entsprechenden Reaktion von Seiten des geprüften Rechtsträgers eintretende Notwendigkeit einer „permanenten“ Berichterstattung für die Aufsichtsbehörde von besonderem Interesse sein; vgl auch die von der FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 3. gewählte differenzierende Lösung).
D. Das Verhältnis zwischen Abschlussprüfer und Aufsichtsbehörde 21 Zur Funktion des Abschlussprüfers im Rahmen des § 93 als sachver-
ständiger Gutachter der Aufsichtsbehörde vgl schon Rz 16. Zur Unabhängigkeit der den Abschlussprüfer nach § 93 treffenden Pflichten von seiner Beurteilung der Möglichkeit, Notwendigkeit oder Angemessen830
Berichtspflicht von Abschlussprüfern
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heit aufsichtsbehördlicher Maßnahmen siehe bereits Rz 19. Die FMA als Aufsichtsbehörde ist an die Feststellungen des Abschlussprüfers nicht gebunden (vgl VwGH 21. 6. 1999, 94/17/0377; Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 31; implizit idS schon Dellinger, ÖBA 2007, 80). Das folgt schon aus dem Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Anordnung (VwGH 21. 6. 1999, 94/17/0377) sowie aus der sich aus dem Normzweck ergebenden „dienenden“ Rolle des Abschlussprüfers. Insoweit bildet eine allfällige Berichterstattung des Abschlussprüfers gemäß § 93 ebenso wie ein von ihm erteilter Bestätigungsvermerk nur ein Element im Rahmen der von der Aufsichtsbehörde vorzunehmenden Beweiswürdigung (vgl idS VwGH 21. 6. 1999, 94/17/0377). Zu erwarten ist jedoch, dass die Aufsichtsbehörde auf eine entsprechende Berichterstattung gemäß § 93 – nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen – regelmäßig mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens reagieren wird (so Dellinger, ÖBA 2007, 80 f). Sieht der Abschlussprüfer dagegen bei einem bestimmten Sachverhalt keine Notwendigkeit für eine Berichterstattung gemäß § 93, so bestehen erhöhte Anforderungen an die Begründung aufsichtsbehördlicher Maßnahmen wegen eines solchen Sachverhalts (vgl idS VwGH 21. 6. 1999, 94/17/0377).
III. Übermittlungspflicht nach § 93 Abs 1 WAG Die in § 93 Abs 1 angeordnete Pflicht zur Übermittlung von Berich- 22 ten nach § 273 UGB setzt voraus, dass vom Abschlussprüfer im Rahmen einer Jahresabschlussprüfung oder einer sonstigen gesetzlich vorgeschriebenen Tätigkeit Tatsachen festgestellt werden, die eine Berichtspflicht nach § 273 Abs 2 UGB oder nach § 273 Abs 3 UGB auslösen (zur Notwendigkeit einer Einbeziehung von § 273 Abs 3 UGB vgl schon Rz 4 ff, insb Rz 7). Dazu zählen nach § 273 Abs 2 UGB allgemein Tatsachen, die eine mögliche Bestandsgefährdung des Unternehmens oder eine mögliche wesentliche Beeinträchtigung der Entwicklung des Unternehmens indizieren, ferner Tatsachen, die schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter oder von Arbeitnehmern gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung erkennen lassen, sowie das Vorliegen wesentlicher Schwächen bei der internen Kontrolle des Rechnungslegungsprozesses. Ferner besteht nach § 273 Abs 3 UGB eine Berichtspflicht, sofern im Zuge der Jahresabschlussprüfung das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs nach URG festgestellt wird. Zwar soll die in Art 55 Abs 1 lit b MiFID vorgesehene Berichtspflicht 23 wegen möglicher Bestandsgefährdung der Wertpapierfirma nach dem 831
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offenkundigen Willen des Gesetzgebers im Wege der nach § 93 Abs 1 iVm § 273 Abs 2 und 3 UGB bestehenden Berichtspflichten umgesetzt werden (vgl im Detail noch Rz 27). Die in § 273 Abs 2 und 3 UGB vorgesehenen Gründe für eine Berichtspflicht gehen aber unzweifelhaft darüber hinaus und sehen auch eine unverzügliche Redepflicht des Abschlussprüfers in Fällen vor, in denen noch keine Bestandsgefährdung des Unternehmens anzunehmen ist. Da Art 55 Abs 1 MiFID – arg „zumindest“ – allerdings insoweit bloß Mindestnormcharakter aufweist, ist die durch den Verweis auf § 273 Abs 2 und 3 UGB in § 93 Abs 1 gegenüber Art 55 Abs 1 MiFID entstehende Erweiterung der Berichtspflichten des Abschlussprüfers europarechtlich jedenfalls unbedenklich. 24 Der Prüfungsbericht nach § 273 Abs 4 UGB ist auch der FMA zu über-
mitteln. Daher wird durch § 93 Abs 1 bloß der in § 273 Abs 4 UGB genannte Adressatenkreis des Prüfungsberichts erweitert. Hinsichtlich des Zeitraums zur Übermittlung ordnet nun § 93 Abs 1 an, dass dies „unverzüglich, spätestens gleichzeitig“ zu erfolgen hat. Der Sinn dieser Wendung erschließt sich nur dann, wenn die von § 93 Abs 1 vorgenommene Erweiterung des Adressatenkreises gemäß § 273 Abs 4 UGB berücksichtigt wird. Spätestens gleichzeitig mit der Übermittlung des Prüfungsberichts an die in § 273 Abs 4 UGB genannten Personen hat die Übermittlung an die FMA zu erfolgen. Dieser Zeitpunkt stellt somit nach Auffassung des Gesetzgebers die äußerste Grenze dar. Da „unverzüglich“ nach sorgfältiger Prüfung, aber ohne schuldhaftes Zögern bedeutet, kann nämlich der maßgebliche Zeitpunkt auch vor der Übermittlung des Prüfungsberichts an die nach § 273 Abs 4 UGB relevanten Personen liegen. Aus dem Wortlaut des § 93 Abs 1 geht ferner hervor, dass für das Entstehen einer Übermittlungspflicht nach dieser Vorschrift der Prüfungsbericht bereits vorliegen muss. Da jedoch die Berichtspflichten nach § 273 Abs 2 und 3 UGB ebenso wie jene nach § 93 Abs 2 „unverzüglich“ zu erfüllen sind, kann aus dem Erfordernis eines Vorliegens des Prüfungsberichts gemäß § 273 Abs 4 UGB selbst unter Beachtung des Umstandes, dass durch die nach § 93 Abs 1 bestehende Pflicht zur Übermittlung des Prüfungsberichts auch an die FMA die in Art 55 Abs 1 lit b MiFID vorgesehene Berichtspflicht wegen möglicher Bestandsgefährdung der Wertpapierfirma umgesetzt werden soll (siehe dazu im Detail noch Rz 27), kein Verstoß gegen die durch Art 55 Abs 1 MiFID begründete europarechtliche Verpflichtung zur Normierung einer Pflicht zur unverzüglichen Meldung erblickt werden. 25 Die in § 273 Abs 2 und 3 UGB aufgezählten Tatbestände sind nicht
zuletzt aus europarechtlichen Gründen bei Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen unter Berücksichtigung von 832
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§ 93 Abs 2 Z 1 bis 3 auszulegen, wobei jedenfalls die in § 93 Abs 2 Z 1 bis 3 angeführten Konstellationen iZm den hier einschlägigen Rechtsträgern grundsätzlich zu einer unternehmensrechtlichen Berichtspflicht nach § 273 Abs 4 UGB führen werden müssen. Die gegenteilige Ansicht (so für § 63 Abs 3 BWG Reiter, RWZ 2006, 254) wird jedenfalls für das WAG weder dem eine möglichst lückenlose Berichterstattung relevanter Umstände an die Aufsichtsbehörde fordernden Normzweck des § 93 noch dem unterschiedlichen, weil einerseits aufsichtsrechtlichen und andererseits unternehmensrechtlichen Charakter der jeweiligen Berichterstattungspflichten gerecht. Schließlich ist nicht zuletzt angesichts des nicht unbedingt deckungsgleichen Kreises von Informationsadressaten zur Vermeidung allfälliger Lücken in der Information die Annahme einer Pflicht zur mehrfachen Berichterstattung zumindest nahe liegend. Darüber hinaus sind im Rahmen der Berichtstatbestände insb nach § 273 Abs 2 UGB spezifisch aufsichtsrechtliche Implikationen zu beachten. So werden etwa alle die nach § 10 notwendige Zuverlässigkeit der Geschäftsleiter beeinträchtigenden Verletzungen von Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung selbst dann als schwerwiegende Verstöße iSd § 273 Abs 2 UGB zu betrachten sein, wenn ein vergleichbares Zuwiderhandeln bei anderen Unternehmen möglicherweise noch keine Berichtspflichten gemäß § 273 Abs 2 UGB auslösen sollte.
IV. Berichtspflicht nach § 93 Abs 2 WAG A. Wesen der Berichtspflicht nach § 93 Abs 2 WAG § 93 Abs 2 sieht eine unabhängig von einer allfälligen Berichtspflicht 26 nach § 273 Abs 2 und 3 UGB eintretende Berichtspflicht an die FMA, an die Geschäftsleiter iSd § 1 Z 33 (vgl dazu § 1 Rz 34) sowie an das nach Gesetz oder Satzung zuständige Aufsichtsorgan des Rechtsträgers vor. Im Unterschied zu § 93 Abs 1, der im Ergebnis grundsätzlich bloß den Kreis der Berichtsempfänger über die schon in § 273 Abs 4 UGB aufgezählten Personen hinaus um die FMA ergänzt, wird in § 93 Abs 2 WAG eine von § 273 UGB losgelöste und diesen insoweit ergänzende (ähnl Reiter, RWZ 2006, 254) eigenständige aufsichtsrechtliche Berichtspflicht des Abschlussprüfers begründet. Schon daraus, aber auch aus dem unterschiedlichen Charakter unternehmens- und aufsichtsrechtlicher Berichtspflichten, der sich nicht zuletzt in den nicht unbedingt übereinstimmenden Zielsetzungen der Berichtspflichten sowie in auf Grund der unterschiedlichen gesetzlichen Umschreibungen der 833
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jeweiligen Berichtsempfänger möglicherweise faktisch auftretenden Differenzen in den Adressatenkreisen niederschlägt, folgt, dass eine Berichterstattung gemäß § 93 Abs 2 nicht durch einen der FMA nach § 93 Abs 1 zuzuleitenden Bericht iSd § 273 Abs 4 UGB ersetzt werden kann (aA aber offenbar Reiter, RWZ 2006, 254). 27 Meldepflichtig sind Sachverhalte, welche die in § 93 Abs 2 Z 1 bis 3 beschriebenen Kriterien erfüllen. Während durch § 93 Abs 2 Z 1 und 2 die Vorgaben des Art 55 Abs 1 lit a MiFID sowie durch § 93 Abs 2 Z 3 jene des Art 55 Abs 1 lit c MiFID umgesetzt werden sollen, fehlt eine ausdrückliche Umsetzung des Art 55 Abs 1 lit b MiFID. In den Mat finden sich keine ausdrücklichen Ausführungen zu dieser Frage, doch rechtfertigt der Gesetzgeber die konkrete Form der Umsetzung mit einer weitestmöglichen Vermeidung von Überschneidungen mit der Berichtspflicht nach § 273 UGB sowie mit einer möglichst parallelen Gestaltung zur Berichtspflicht gemäß § 63 Abs 3 bis 3 b BWG (vgl Erl RV zu § 93 Abs 1 bis 2). Daraus lässt sich schließen, dass nach Ansicht des Gesetzgebers die in Art 55 Abs 1 lit b MiFID vorgesehene Berichtspflicht wegen möglicher Bestandsgefährdung der Wertpapierfirma offenbar bereits durch die nach § 93 Abs 1 iVm § 273 Abs 2 und 3 UGB bestehenden Berichtspflichten abgedeckt werden soll.
B. Berichtspflichtige Sachverhalte 28 Berichtspflichtig sind – nach dem Wortlaut des § 93 Abs 2 – Sachver-
halte. Darunter sind angesichts der in § 93 Abs 1 iVm § 273 Abs 2 und 3 UGB erfolgten Umsetzung von Art 55 Abs 1 lit b MiFID (vgl dazu gerade Rz 27) und der Verwendung des Begriffs „Tatsachen“ in § 93 Abs 1 Feststellungen von Fakten, nicht aber bloße Gerüchte und unbestätigte Vermutungen zu verstehen (vgl idS zu § 63 Abs 3 BWG Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 9; FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.1.). Allerdings können derartige Gerüchte und vorerst noch unbestätigte Vermutungen Grund für entsprechende Nachforschungen durch den Abschlussprüfer sein (zu Inhalt und dogmatischer Begründung einer solchen Nachforschungspflicht vgl schon Rz 18). Ferner muss angesichts des Normzwecks des § 93 der Zeitpunkt irrelevant sein, zu welchem sich der zur Berichtspflicht führende Sachverhalt verwirklicht hat (idS FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.1.; vgl ferner Dellinger, ÖBA 2007, 83; möglicherweise enger Dellinger/ Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 26), sodass auch außerhalb des eigentlich zu prüfenden Zeitraums eingetretene Tatsachen eine Berichtspflicht auslösen. Nicht zuletzt im Hinblick auf den Normzweck und die aufsichtsrechtliche Natur des § 93 Abs 2 ist ein Entfall der Berichtspflicht grundsätzlich selbst dann ausgeschlossen, wenn
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insb auf Grund einer entsprechenden Beanstandung durch den Abschlussprüfer Maßnahmen zur Beseitigung der relevanten Mißstände bereits eingeleitet wurden oder der Rechtsträger den Mißstand überhaupt schon behoben haben sollte (aA zu § 63 Abs 3 BWG dagegen Dellinger, ÖBA 2007, 83). Die in § 93 Abs 2 Z 1 und 2 angeordnete Berichtspflicht bei möglichen 29 erheblichen Verstößen gegen bestimmte Vorschriften beruht auf Art 55 Abs 1 lit a MiFID und betrifft allein Verletzungen der in § 93 Abs 2 Z 1 und 2 explizit angeführten Normen. Verstöße gegen andere gesetzliche Vorschriften oder gegen Gesellschaftsvertrag oder Satzung sind daher allenfalls nach § 93 Abs 1 iVm § 273 Abs 2 UGB oder bei einer deshalb drohenden Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerks nach § 93 Abs 2 Z 3 berichtspflichtig. Erforderlich ist die Verbindlichkeit der jeweils verletzten Norm gegenüber dem Rechtsträger. Dementsprechend ist eine Verletzung von Bescheiden nur dann nach § 93 Abs 2 berichtspflichtig, wenn der den Bescheid verletzende Rechtsträger auch Adressat des Bescheides war (im Ergebnis idS zu § 63 Abs 3 BWG Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/ O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 5). Nichts anderes kann für auf Grundlage des WAG erlassene Verordnungen gelten, in deren Anwendungsbereich der jeweilige Rechtsträger somit fallen muss. Wegen des rechtlich nicht bindenden Charakters scheidet ferner eine Berichtspflicht allein auf Grund eines Verstoßes gegen von der Aufsichtsbehörde erlassene unverbindliche Rechtsakte, insb also bei Rundschreiben, aus (vgl idS Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 39; FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.4.). Eine Berichterstattung hat jedoch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen stattzufinden, falls die Verletzung des von der Aufsichtsbehörde erlassenen unverbindlichen Rechtsakts gleichzeitig einen Verstoß gegen eine der in § 93 Abs 2 Z 1 und Z 2 angeführten Normen bildet (FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.4.). Trotz der an sich vorliegenden Unverbindlichkeit solcher Rechtsakte und der fehlenden Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit derartiger von der Aufsichtsbehörde erlassener Rechtsakte wird ihre Nichtbeachtung durch einen Rechtsträger überdies im Hinblick auf den vom Abschlussprüfer einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab sowie den Normzweck des § 93 regelmäßig zu entsprechenden Nachforschungspflichten des Abschlussprüfers führen, sofern sich nicht schon angesichts der dem Abschlussprüfer ohnehin bekannten näheren Umstände eine erhebliche Verletzung von Vorschriften iSv § 93 Abs 2 Z 1 oder Z 2 ausschließen lässt. Nach § 93 Abs 2 Z 1 und Z 2 besteht eine Berichtspflicht nur bei 30 erheblichen Verstößen. Das werden jedenfalls all jene Verletzungen der einschlägigen Bestimmungen sein, die zu einer Rücknahme der 835
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Konzession nach § 5 Abs 2 Z 3 führen müssen. Da aber im Gegensatz zu § 5 Abs 2 Z 3 in § 93 Abs 2 Z 1 und Z 2 nur auf mögliche erhebliche Verstöße und nicht auf schwerwiegende und systematische Verstöße abgestellt wird, ist die Schwelle für das Entstehen einer Berichtspflicht nach § 93 Abs 2 Z 1 und Z 2 unzweifelhaft niedriger anzusetzen. Von einem erheblichen Verstoß wird daher bereits immer dann auszugehen sein, wenn durch den Verstoß – sein Vorliegen einmal unterstellt – bei sorgfaltsgemäßer Beurteilung begründete Zweifel an einem im Wesentlichen mit den aufsichtsrechtlichen Vorgaben betreffend die Zulassungsvoraussetzungen und die Ausübung der Geschäftstätigkeiten im Einklang stehenden Betrieb des Unternehmens geweckt werden. Als erheblicher Verstoß kommt dementsprechend unzweifelhaft jedes einschlägige strafgerichtlich relevante Verhalten in Betracht (vgl idS FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.4.). Ferner wird wohl eine Berichtspflicht grundsätzlich bereits bei jeder Verletzung von Konzessionsvoraussetzungen anzunehmen sein (im Ergebnis idS auch Winternitz/Aigner, WAG 70). Weiters wird von der Praxis eine Berichtspflicht bei Beurteilung einer der in der als Anlage 3 der Richtlinie IWP BA 6 angeschlossenen Checkliste angeführten Fragestellungen mit „Nein“ angenommen (IWP BA 6 Punkt 2). Zwar ist für das Vorliegen eines Verstoßes iSd § 93 Abs 2 Z 1 und Z 2 die Person und die Stellung des für die Verletzung Verantwortlichen im Unternehmen des Rechtsträgers an sich irrelevant (vgl FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.4.), doch werden derartige Umstände unzweifelhaft bei der Beurteilung der Erheblichkeit Berücksichtigung finden müssen. Ausreichend ist, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß vorliegen könnte. Vom Abschlussprüfer wird daher keine Gewissheit über das Vorliegen eines erheblichen Verstoßes verlangt. Vielmehr ist es hinreichend, dass der vom Abschlussprüfer festgestellte Sachverhalt den begründeten Verdacht eines relevanten Verstoßes weckt. 31 Nach dem Wortlaut besteht eine Berichtspflicht gemäß § 93 Abs 2 Z 3
bei einem Sachverhalt, der dazu führen könnte, dass der Prüfungsvermerk verweigert oder eingeschränkt wird. Die Begriffe des Prüfungsvermerks und der Verweigerung wurden dabei aus Art 55 Abs 1 lit c MiFID übernommen und sind mit dem unternehmensrechtlichen Bestätigungsvermerk und dessen Versagung auf Grund unternehmensrechtlicher Bestimmungen gleichzusetzen. In Übereinstimmung mit den diesbezüglich angestellten allgemeinen Überlegungen (vgl schon Rz 28) und im Hinblick auf die Pflicht zur unverzüglichen Berichterstattung (dazu gleich Rz 32) sowie auf das mit Art 55 Abs 1 lit c MiFID übereinstimmende Abstellen auf die bloße Möglichkeit einer Versagung oder Einschränkung des Bestätigungsvermerks ist eine Be836
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richtspflicht nach § 93 Abs 2 Z 3 selbst in dem Fall anzunehmen, dass in weiterer Folge der an sich zur Versagung oder Einschränkung des Bestätigungsvermerks führende Mangel beseitigt werden sollte und daher eine tatsächliche Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerks letztlich doch unterbleibt.
C. Modalitäten der Berichterstattung Eine Berichterstattung nach § 93 Abs 2 durch den Abschlussprüfer hat 32 unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, zu erfolgen. Eine unverzügliche Berichterstattung ist daher bloß eine solche, die unmittelbar nach Feststellung der eine Berichtspflicht nach § 93 Abs 2 auslösenden Tatsachen erfolgt (vgl Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 30; FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 3.). Das impliziert, dass für den Abschlussprüfer der allenfalls berichtspflichtige Sachverhalt hinreichend sicher geklärt sein muss und er bis zum Abschluss der entsprechend den ihn treffenden Sorgfaltspflichten allenfalls vorzunehmenden Nachforschungen noch zu keiner Berichterstattung verpflichtet ist (idS FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 3.). Die FMA scheint darüber hinaus unter Berufung auf die Lit eine absolute Frist für die Berichterstattung von zwei Wochen anzunehmen (vgl FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 3.). In der Lehre wird dieser Zeitraum allerdings nur als „Richtwert“ angeführt (Dellinger, ÖBA 2007, 87; Dellinger/ Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 30). Da dem Kriterium der Unverzüglichkeit eine Festlegung auf eine bestimmte Höchstfrist nicht zu entnehmen ist, sondern ein solches Tatbestandsmerkmal gerade für eine vom Gesetzgeber als notwendig erachtete Flexibilität sorgen soll, wird der von der FMA postulierte Zeitraum im Einklang mit den dafür von ihr als Begründung angeführten Äußerungen der Lehre bloß als Anhalt für eine grundsätzlich noch als unverzüglich einzustufende Berichterstattung anzusehen sein. Betreffend Form und inhaltliche Ausgestaltung der Berichterstat- 33 tung nach § 93 Abs 2 lassen sich aus dieser Vorschrift selbst wenig konkrete Anhaltspunkte gewinnen. Einerseits wird in § 93 Abs 2 von „berichten“ und andererseits von „Meldung“ gesprochen. Während ersteres auf die Notwendigkeit eines schriftlichen Berichts hindeuten könnte, lässt sich zweiteres als Argument für das Ausreichen einer mündlichen Berichterstattung verstehen. Die Mat tragen ebenfalls nichts zur Lösung dieser Frage bei, verwenden sie doch die für beide Lösungen offenen Begriffe „Berichtspflicht“, „Bericht“ und „Redepflicht“. Schließlich sind auch Art 55 MiFID keine Hinweise zur Klärung der vorliegenden Problemstellung zu entnehmen. Allerdings wird in § 93 Abs 3 die Erfüllung der Verpflichtungen nach § 93 Abs 1 und § 93 837
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Abs 2 als „Anzeige“ bezeichnet. Nach § 93 Abs 1 besteht die Pflicht zur Übermittlung eines allfälligen Berichts nach § 273 Abs 4 UGB an die FMA. Der Gesetzgeber dürfte nun davon ausgegangen sein, dass auch eine Meldung nach § 93 Abs 2 in einer § 273 Abs 4 UGB vergleichbaren Weise erfolgen soll. Andernfalls hätte er in § 93 Abs 3 wohl eine andere Bezeichnung für die Mitteilung nach § 93 Abs 2 gewählt. Dazu kommt, dass nach dem gesetzgeberischen Konzept durch die nach § 93 Abs 1 iVm § 273 Abs 2 und 3 bestehenden Berichtspflichten der in Art 55 Abs 1 lit b MiFID vorgesehenen Berichtspflicht wegen möglicher Bestandsgefährdung der Wertpapierfirma Genüge getan werden soll (vgl schon Rz 27). Hinsichtlich der Berichtspflicht nach Art 55 Abs 1 lit b MiFID wird daher im Ergebnis eine Berichterstattung an die FMA im Wege eines Berichts nach § 273 Abs 4 UGB angeordnet. Nichts anderes dürfte der Gesetzgeber hinsichtlich der in Umsetzung von Art 55 Abs 1 lit a und lit c MiFID normierten Berichtspflicht nach § 93 Abs 2 erwarten. Dementsprechend hat ein Bericht nach § 93 Abs 2 den sich aus § 273 Abs 4 UGB ergebenden Anforderungen an die Berichtsform zu genügen. Er ist somit grundsätzlich schriftlich und nicht bloß mündlich zu erstatten, eigenhändig vom Prüfer unter Angabe von Ort und Datum firmenmäßig zu unterzeichnen sowie (vgl FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 3.) mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines Berichts gemäß § 93 Abs 2 zu versehen. 34 Im Hinblick auf die inhaltliche Gestaltung ist – arg „Meldung der-
artiger Sachverhalte“ in § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 – vom Prüfer jedenfalls der maßgebliche Sachverhalt darzustellen. Da nach § 93 Abs 2 Z 1 bis Z 3 schon die bloße Möglichkeit eines erheblichen Verstoßes oder einer Versagung bzw Einschränkung des Bestätigungsvermerks eine entsprechende Berichtspflicht auslöst, ist vom Abschlussprüfer ferner grundsätzlich eine Aussage zu allfälligen Unsicherheiten der von ihm seiner Berichterstattung zugrunde gelegten gutachterlichen Beurteilung zu erwarten. Darüber hinaus sind die sich aus dem von ihm ermittelten Sachverhalt möglicherweise ergebenden Konsequenzen für den Rechtsträger aufzuzeigen (vgl Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 31; FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.1.). Die inhaltliche Ausgestaltung der Berichterstattung gemäß § 93 Abs 2 hat in einer Art und Weise zu erfolgen, dass bei den Berichtsempfängern – das sind neben der FMA die Geschäftsleiter sowie die nach Gesetz oder Satzung zuständigen Aufsichtsorgane des Rechtsträgers – keine, erst durch weitere Auskünfte des Abschlussprüfers zu klärende Unklarheiten über den Inhalt des Berichts entstehen können. Das gilt sowohl für den Aufbau des Berichts als auch für dessen Verständlichkeit sowie für die inhaltliche Tiefe der Darstellung.
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Im Einklang mit dem Normzweck sind Negativmeldungen über das 35 Nichtvorliegen an sich berichtspflichtiger Sachverhalte nicht erforderlich (vgl idS FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.1.). Zwar hat eine inhaltliche Abstimmung des Berichts mit dem geprüften Rechtsträger iS einer Einflussnahme des Rechtsträgers auf das Ergebnis der Beurteilung angesichts des Normzwecks des § 93 unzweifelhaft zu unterbleiben, zumal es sich bei § 93 um eine Pflichten allein des Abschlussprüfers begründende Vorschrift handelt (insofern unscharf daher FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.1.). Dessen ungeachtet ist der Abschlussprüfer nicht an einer Darstellung einer von seiner Auffassung allenfalls abweichenden Position des Rechtsträgers im Rahmen des Berichts gemäß § 93 Abs 2 gehindert (vgl idS FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 2.1.). Nach Ansicht der FMA sind schließlich mehrere Berichte zeitgleich 36 und in gleicher Form für alle eine Berichtspflicht auslösenden Feststellungen zu übermitteln (FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 3.). Hintergrund dieser Auffassung dürfte das nicht unverständliche Bestreben der FMA sein, einen möglichst umfassenden Überblick über die Gesamtsituation beim betroffenen Rechtsträger zu erhalten und nicht zuletzt eine als ineffizient empfundene mehrmalige Befassung der Aufsichtsbehörde zu vermeiden. Allerdings steht eine derartige Vorgangsweise in einem gewissen Spannungsverhältnis zur gesetzlich explizit vorgeschriebenen Pflicht einer unverzüglichen Berichterstattung. Sie vernachlässigt darüber hinaus den Umstand, dass alle gemäß § 93 Abs 2 Z 1 bis Z 3 berichtspflichtigen Sachverhalte schon für sich genommen überaus schwerwiegend sind und daher nicht nur eine unverzügliche Berichterstattung rechtfertigen, sondern auch in jedem einzelnen Fall ein sofortiges Einschreiten der Aufsichtsbehörde geboten sein könnte. Die von der FMA empfohlene Konzentration der Berichterstattung ist daher nur in jenen Fällen möglich, in denen dadurch kein Widerspruch zum gesetzlichen Gebot der unverzüglichen Berichterstattung entsteht. Das gilt insb dann, wenn mehrere schon allein für sich genommen berichtspflichtige Tatsachen die Bestandteile eines als Einheit anzusehenden Sachverhalts bilden. Ansonsten ist grundsätzlich von einer Pflicht zu einer getrennten Berichterstattung hinsichtlich jedes einzelnen berichtspflichtigen Sachverhalts unverzüglich nach dessen Feststellung auszugehen.
D. Berichtspflichten bei Konzernsachverhalten Der nach § 93 Abs 2 meldepflichtige Sachverhalt hat sich bei dem 37 geprüften Rechtsträger oder – ausweislich von § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 – bei einem Unternehmen zu verwirklichen, welches in enger Verbindung zu den in § 91 Abs 1 Z 1 oder 2 genannten Rechtsträgern 839
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steht. Der Begriff der engen Verbindung wird in § 1 Z 25 definiert (vgl dazu § 1 Rz 27). Meldepflichtig ist ein Abschlussprüfer, der gleichzeitig sowohl Abschlussprüfer des eigentlich geprüften Rechtsträgers gemäß § 91 Abs 1 Z 1 oder 2 als auch Abschlussprüfer des in enger Verbindung zu dem in § 91 Abs 1 Z 1 oder 2 genannten Rechtsträger stehenden Unternehmens ist (vgl idS schon Vorauflage § 93 Rz 5; iS der hier vertretenen Auslegung zu § 82 a VAG auch Braumüller, Versicherungsaufsichtsrecht 480; den Anwendungsbereich des § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 auf einen Abschlussprüfer einschränkend, der für ein anderes Unternehmen prüfend tätig ist, das mit dem der Aufsicht unterworfenen Rechtsträger in enger Verbindung steht, dagegen offenbar Winternitz/Aigner, WAG 70). Dies geht kaum mit hinreichender Deutlichkeit aus § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 hervor. Zwar knüpft die gesetzliche Regelung zum einen an der Stellung des Abschlussprüfers des Rechtsträgers gemäß § 91 Abs 1 Z 1 oder 2 an, während sie sich zum anderen mit der Wendung „für das er diese Tätigkeit ausübt“ auf das in enger Verbindung zum Rechtsträger stehende Unternehmen zu beziehen scheint. Da diese Formulierung jedoch vom einschlägigen deutschen und englischen Text der MiFID abweicht, in der sich diese Wendung eindeutig auf die „Wertpapierfirma“, also den Rechtsträger gemäß § 91 Abs 1 Z 1 oder 2, bezieht, könnte darin auch bloß eine mißverständliche Formulierung gesehen werden. Ebenso werden durch die englische und deutsche Fassung des Art 55 Abs 1 MiFID noch nicht sämtliche Zweifel über die Reichweite dieser Vorschrift beseitigt. Erst der französische Text von Art 55 Abs 1 MiFID erlaubt eindeutig die Schlussfolgerung, dass der Abschlussprüfer in beiden Unternehmen in der Funktion eines Abschlussprüfers prüfend tätig sein muss. 38 Dementsprechend besteht keine Meldepflicht nach § 93 Abs 2 Unter-
absatz 2, falls der Abschlussprüfer nicht bei beiden Unternehmen, sondern nur bei einem Unternehmen, sei es der Rechtsträger gemäß § 91 Abs 1 Z 1 oder 2, sei es das mit diesem in enger Verbindung stehende Unternehmen, die Funktion des Abschlussprüfers ausübt. Darüber hinaus bezieht sich die Meldepflicht nach § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 bloß auf Tatsachen, die bei der Prüfung des in enger Verbindung zum Rechtsträger stehenden Unternehmens im Hinblick auf einen solchen hervorkommen. Hinsichtlich des Rechtsträgers gemäß § 91 Abs 1 Z 1 und 2 treffen den Abschlussprüfer nämlich bereits unmittelbar in seiner Eigenschaft als Abschlussprüfer des Rechtsträgers die Pflichten nach § 93. Ist das in enger Verbindung zum geprüften Rechtsträger stehende Unternehmen ebenfalls ein Rechtsträger iSd § 91 Abs 1 Z 1 und 2, so treffen den Abschlussprüfer die in § 93 normierten Pflichten ebenfalls in seiner Eigenschaft als Abschlussprüfer dieses Unternehmens. Zur 840
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Vermeidung von Lücken in der mit Hilfe des Abschlussprüfers erfolgenden Beaufsichtigung ist es jedoch notwendig, dass der Abschlussprüfer – durch § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 – zur Meldung von Umständen betreffend den Rechtsträger verpflichtet wird, von denen er bei der Prüfung des in enger Verbindung zu einem Rechtsträger stehenden Unternehmens Kenntnis erlangt, und die zu einer Berichtspflicht nach § 93 führen würden, wären diese Umstände bei der Abschlussprüfung des Rechtsträgers selbst hervorgekommen. Ferner ist eine Meldepflicht nach § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 dann anzunehmen, wenn allein bei Prüfung des Rechtsträgers dem Abschlussprüfer das in enger Verbindung stehende und selbst als Rechtsträger einzustufende Unternehmen betreffende Sachverhalte bekannt werden, die bei diesem eine Berichtspflicht von dessen Abschlussprüfer nach § 93 auslösen würden. Vergleichbares gilt für den Fall, dass dem in enger Verbindung zum geprüften Rechtsträger stehenden Unternehmen die Eigenschaft als Rechtsträger iSd § 91 Abs 1 Z 1 und 2 nicht zukommt. In diesem Fall besteht an sich kein Interesse der Aufsicht an einer Information über Umstände, die bei dem in enger Verbindung zum geprüften Rechtsträger stehenden Unternehmen aufgetreten sind. Diese Aussage gilt allerdings nicht, falls solche Sachverhalte einen Rechtsträger gemäß § 91 Abs 1 Z 1 und 2 betreffen, zu dem das Unternehmen in enger Verbindung steht. Normzweck des § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 ist somit, dem Abschlussprüfer eine Berufung darauf zu verwehren, dass er an sich nach § 93 meldepflichtige Tatsachen nicht aus Anlass der Abschlussprüfung bei einem Rechtsträgers gemäß § 91 Abs 1 Z 1 und 2, sondern bloß im Rahmen einer Abschlussprüfung bei einem mit diesem in enger Verbindung stehenden Unternehmen erfahren hat und er deshalb die Erfüllung der ihn treffenden Berichtspflichten gemäß § 93 unterlassen hat. Zwar bezieht sich die Regelung des § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 nicht 39 zuletzt angesichts der systematischen Stellung dieser Vorschrift an sich allein auf Berichtspflichten gemäß § 93 Abs 2. Da sich aber die diesbezüglichen Vorgaben des Art 55 Abs 1 MiFID nicht bloß auf die in § 93 Abs 2 umgesetzten Tatbestände des Art 55 Abs 1 lit a und c MiFID, sondern auch auf jenen des Art 55 Abs 1 lit b MiFID beziehen, ist in richtlinienkonformer Interpretation der Wendung „Meldung derartiger Sachverhalte“ die Meldepflicht nach § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 auf Bestandsgefährdungen gemäß Art 55 Abs 1 lit b MiFID zu erstrecken. Die Kenntnisnahme durch den Abschlussprüfer muss – arg „in Ausübung einer der vorgenannten Tätigkeiten“ – im Rahmen seiner Prüfungstätigkeit erfolgen, sodass ihn auf Basis des § 93 Abs 2 keine eigenständigen, über die eigentliche Prüfungstätigkeit hinausgehenden besonderen Prüfungs- oder Nachforschungspflichten treffen. Ange841
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sichts des diesbezüglichen Schweigens des nationalen Gesetzgebers und des Unionsrechts ist keine unmittelbare Pflicht zu einer unverzüglichen Meldung maßgeblicher Sachverhalte anzunehmen. Rechtfertigen lässt sich das immerhin mit dem bloß in einer Schließung allfälliger Überwachungslücken bestehenden Normzweck des § 93 Abs 2 Unterabsatz 2. Dessen ungeachtet erfordert die Teleologie des § 93 als solches, dass relevante Umstände durch den Abschlussprüfer zeitnah nach Kenntnisnahme gemeldet werden. Zu der im Hinblick auf § 93 Abs 2 Unterabsatz 2 zu unterlassenden Einbeziehung von Konzernabschlussprüfern in den Abschlussprüferbegriff des § 93 vgl schon Rz 12.
E. Information des geprüften Rechtsträgers über eine Berichterstattung nach § 93 Abs 2 WAG 40 Da nach § 93 Abs 2 kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung oh-
nedies nicht nur der FMA, sondern auch den Geschäftsleitern und einem allenfalls vorhandenen Aufsichtsorgan des Rechtsträgers zu berichten ist und die zu einer Berichterstattung nach § 93 Abs 2 führenden Sachverhalte überdies grundsätzlich zu einer Berichterstattung nach § 273 Abs 4 UGB führen werden (vgl schon Rz 25), bedarf es keiner weiteren eigenen Berichterstattung über die Tatsache einer Anzeige nach § 93 Abs 2 im Rahmen des Berichts gemäß § 273 Abs 4 UGB. Auch besteht im Anwendungsbereich des WAG keine Notwendigkeit zu einer sonstigen Information des Rechtsträgers über die festgestellten Tatsachen sowie die Berichterstattung an die FMA (aA zu § 63 Abs 3 BWG dagegen Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 31; FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 3.). Schließlich ist durch die unternehmens- und aufsichtsrechtliche Berichterstattung des Abschlussprüfers mit ihren unterschiedlichen Adressatenkreisen ohnedies sichergestellt, dass die dem Rechtsträger zuzurechnenden maßgeblichen Personen von den relevanten Umständen einschließlich der Berichterstattung an die FMA Kenntnis erlangen werden. Das gilt umso mehr, als bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die relevanten Sachverhalte auch in der Anlage zum Prüfungsbericht über den Jahresabschluss gemäß § 73 Abs 4 darzustellen sind (vgl idS FMA RS Bankprüfer 16. 6. 2008 Pkt 3.; Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 31; Baran, Österreichisches Versicherungsaufsichtsrecht 83) und insofern eine entsprechende Information des Rechtsträgers jedenfalls sichergestellt ist. Auf den Umstand, dass eine Berichterstattung nach § 93 Abs 2 nicht durch einen der FMA nach § 93 Abs 1 zuzuleitenden Bericht iSd § 273 Abs 4 UGB ersetzt werden kann, wurde bereits hingewiesen (vgl Rz 26). 842
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V. Fragen der Verantwortlichkeit für Verstöße gegen § 93 WAG A. Haftung bei Verstößen gegen § 93 WAG wegen Schutzgesetzverletzung? Eine allfällige Haftung des Abschlussprüfers gegenüber den Kunden 41 des Rechtsträgers für Verletzungen des § 93 richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen (vgl Winternitz/Aigner, WAG 71). Allerdings ist die Richtigkeit der unter Berufung auf einen im Schutz von Kunden bestehenden Normzweck des § 93 aufgestellten Behauptung, dass Verstöße gegen § 93 als Schutzgesetzverletzungen zu einer Haftung des Abschlussprüfers gegenüber dem Anleger führen (idS Winternitz/Aigner, WAG 71 f), zumindest zweifelhaft. Zum einen umfasst nämlich der Normzweck des § 93 allenfalls mittelbar den Schutz der Anleger (vgl zum Normzweck des § 93 im Detail schon Rz 3), sodass alle darauf gestützten Argumente schon an sich nur begrenzt überzeugend sein können. Zum anderen folgt allein aus dem Umstand, dass eine Vorschrift anlegerschützende Ziele verfolgt, noch nicht zwingend der Schutzgesetzcharakter einer solchen Bestimmung zugunsten der Anleger (vgl idS BGH 19. 2. 2008, XI ZR 170/07, BKR 2008, 294 ff [Balzer/Lang] = DB 2008, 1798 ff). Ob aber § 93 die für die Annahme eines Schutzgesetzes zugunsten der Kunden maßgeblichen Kriterien – neben der genauen Beschreibung des gebotenen oder verbotenen Verhaltens muss sich aus der Norm selbst der Schutz bestimmter Interessen ergeben – erfüllt, ist angesichts des richtig verstandenen Normzwecks des § 93 keineswegs mit Sicherheit anzunehmen. Selbst die Berufung darauf, dass der OGH in stRsp die §§ 273 bis 275 UGB als Schutzgesetze einordnet, hilft in dieser Frage nicht. Schließlich sieht er sie grundsätzlich als Schutzgesetze zugunsten der geprüften Gesellschaft (OGH 23. 10. 2000, 8 Ob 141/99 i; 8. 6. 2004, 4 Ob 89/04 y; 23. 11. 2004, 1 Ob 144/03 p) und nicht zugunsten von Kunden der geprüften Gesellschaft an. Dazu kommt noch, dass selbst unter der Annahme einer Schutzgesetzeigenschaft des § 93 der Schutz der Kunden nicht allein von der Einhaltung des § 93 durch den Abschlussprüfer, sondern mindestens ebenso von dem durch den Abschlussprüfer nicht vorherzubestimmenden (vgl schon Rz 21) Verhalten der Aufsichtsbehörde abhängt und daher regelmäßig auch die Kausalität der Verstöße gegen die sich aus § 93 für den Abschlussprüfer ergebenden Pflichten für den Eintritt des Schadens beim Kunden fraglich und jedenfalls nur schwer zu beweisen sein dürfte. 843
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B. Verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit 42 Die Verletzung der Meldepflicht – nur gemäß § 93 Abs 1 – wird an
sich mit Geldstrafe bis € 50.000,– sanktioniert (§ 95 Abs 5; vgl dazu auch § 95 Rz 8). Sie erfasst nicht nur Fälle einer unterlassenen oder zu spät erfolgenden Berichterstattung (so aber für den bankaufsichtsrechtlichen Bereich Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 53), sondern nach dem Gesetzeswortlaut jegliche Art der Verletzung der Meldepflicht nach § 93 Abs 1. Vor dem Hintergrund der Geltung des Art 7 EMRK auch im Verwaltungsstrafverfahren und den durch die Novellierung des § 273 UGB im Rahmen des URÄG 2008 ausgelösten Unsicherheiten betreffend die Auslegung gerade des § 93 Abs 1 (vgl dazu schon Rz 4 ff) ist es jedoch zumindest zweifelhaft, ob § 95 Abs 5 iVm § 93 Abs 1 derzeit überhaupt den sich aus Art 7 EMRK ergebenden grund- und verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt.
C. Haftungsfreistellung nach § 93 Abs 3 WAG 43 Die Haftungsfreistellung nach § 93 Abs 3 geht auf Art 55 Abs 2
MiFID zurück und entspricht jener des § 63 Abs 3 b BWG. Sie hat nach den Erl RV zu § 93 Abs 3 nur klarstellenden Charakter (so implizit auch Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 5) und umfasst zum einen den Fall, dass die Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers mangels Rechtswidrigkeit seines Verhaltens schon deshalb entfällt, weil die von ihm vorgenommene Offenlegung in Erfüllung einer gesetzlich normierten Berichtspflicht erfolgt (offenkundig nur diesen Gesichtspunkt bedenkend Laurer in Laurer/Borns/ Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 6, der § 63 Abs 3 b BWG bloß als Ausschluss von Fällen verschuldensunabhängiger Haftung begreift). Zum anderen soll mangels Verschuldens keine Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers wegen Verletzung ihn treffender Verschwiegenheitspflichten bestehen, sofern er zu Unrecht, aber gutgläubig vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Berichtspflicht gemäß § 91 Abs 1 oder 2 ausgeht und deshalb Anzeige erstattet (vgl idS auch Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 54; unklar hinsichtlich des Anwendungsbereichs des § 93 Abs 3 dagegen Winternitz/Aigner, WAG 70 f). Die in § 93 Abs 3 vorgenommene Haftungsfreistellung ist damit zu rechtfertigen, dass der Abschlussprüfer im Interesse des mit § 93 verfolgten Normzwecks einer Verdichtung der Aufsicht nicht durch allenfalls drohende Sanktionen von an sich gebotenen Anzeigen abgehalten werden soll. Das gilt umso mehr, als im Hinblick auf den durch die sowohl in § 93 Abs 1 iVm § 273 Abs 2 und 3 UGB 844
Berichtspflicht von Abschlussprüfern
§ 93
als auch in § 93 Abs 2 angeordnete Pflicht zur unverzüglichen Information der FMA entstehenden Zeitdruck vom Abschlussprüfer ohnehin eine mit zahlreichen Unsicherheiten verbundene Beurteilung verlangt wird (ähnl Dellinger/Puhm/Rab in Dellinger, BWG § 63 Rz 54). Die durch § 93 Abs 3 normierte Haftungsfreistellung bildet somit einen Ausgleich zu den dem Abschlussprüfer aus § 93 Abs 1 und 2 erwachsenden Pflichten. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes bezieht sich die Haftungs- 44 freistellung gemäß § 93 Abs 3 auf Anzeigen nach § 93 Abs 1 und Abs 2. § 93 Abs 3 verlangt für die Haftungsfreistellung Gutgläubigkeit des Abschlussprüfers, wodurch selbst leicht fahrlässiges Verhalten des Abschlussprüfers zum Verlust der Haftungsfreistellung führen würde. Die Mat konkretisieren diese Wendung nicht, sondern wiederholen insoweit bloß den Wortlaut des Gesetzes (vgl Erl RV zu § 93 Abs 3). Dagegen wird in Art 55 Abs 2 MiFID auf eine Meldung „nach Treu und Glauben“ abgestellt. Dieser Umstand sowie der in der Verdichtung der Kontrolle liegende Normzweck des § 93 sprechen jedenfalls dafür, einen großzügigen Maßstab bei der Beurteilung der Gutgläubigkeit anzulegen. Die in der Lit vertretene Ansicht, dass Gutgläubigkeit immer dann vorliegt, falls bei objektiver Betrachtung ein nach § 93 Abs 2 relevanter Verstoß vorliegt und der Rechtsträger den diesbezüglichen Verdacht nicht sogleich zu entkräften vermag (so Winternitz/Aigner, WAG 70 f), ist allerdings wenig überzeugend, weil für das Entstehen der Berichtspflicht nach § 93 Abs 2 das Vorliegen eines begründeten Verdachts einer Verletzung von Normen oder die Möglichkeit einer Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerks ausreichend ist (vgl Rz 30 f) und es insofern auf die Gutgläubigkeit des Abschlussprüfers wegen einer bereits bestehenden Berichtspflicht gemäß § 93 Abs 2 überhaupt nicht mehr ankommt. Der Begriff der Haftung bezieht sich primär auf eine allfällige pri- 45 vatrechtliche Haftung. Aus der Formulierung des § 93 Abs 3 – arg „gilt … nicht als Verletzung einer vertraglich oder durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Bekanntmachungsbeschränkung“ – sowie besonders deutlich aus der englischen Fassung des Art 55 Abs 2 MiFID folgt jedoch, dass jegliche Sanktionierung des Abschlussprüfers bei einer gutgläubigen Anzeige zu entfallen hat (vgl idS nunmehr Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 63 Rz 6). Allerdings kann durch § 93 Abs 3 nicht verhindert werden, dass nach einer – haftungsfreien – Meldung des Abschlussprüfers gemäß § 93 Abs 1 oder 2 dieser seinen Klienten verlieren dürfte. Als Bekanntmachungsbeschränkung iSd § 93 Abs 3 kommt insb die Ver845
§ 93
Saria
schwiegenheitspflicht des Abschlussprüfers nach § 275 Abs 1 UGB in Betracht.
D. Amtshaftung 46 Ein gegen die Pflichten gemäß § 93 verstoßendes Verhalten des Ab-
schlussprüfers würde in Anbetracht der Übertragbarkeit der für die Annahme einer Amtshaftung bei Pflichtverletzungen von Bankprüfern nach Rsp (OGH 25. 3. 2003, 1 Ob 188/02 g, ÖBA 2004, 304 ff; bestätigt insb durch OGH 13. 12. 2005, 1 Ob 226/05 z; 31. 1. 2006, 1 Ob 268/ 05 a; 27. 3. 2007, 1 Ob 269/06 z) und Lit (grundlegend Krejci, ÖBA 1998, 16 ff, insb 23 ff; vgl ferner Krejci, ÖBA 2001, 461 ff; aA Herbst, ÖBA 1998, 278 ff; Rebhahn, ÖBA 2004, 267 ff, insb 273 ff; B. Raschauer, ÖJZ 2005, 8 f) maßgeblichen Gründe auf den Abschlussprüfer iSd § 93 sowie angesichts des vom Gesetzgeber ausweislich der Mat gewollten Gleichklangs dieser Vorschrift mit § 63 Abs 3 bis 3 b BWG grundsätzlich ebenfalls zu einer Bejahung diesbezüglicher Amtshaftungsansprüche führen (im Ergebnis idS auch Rebhahn, ÖBA 2004, 269; Kunst/ Salburg, ecolex 2008, 1094 FN 25). Allerdings scheidet die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen auf Grund eines Fehlverhaltens des Abschlussprüfers nach § 3 Abs 5 FMABG grundsätzlich aus. Im Hinblick auf die gegen diese Vorschrift in der Lehre vorgebrachten europarechtlichen Bedenken (vgl Kunst/Salburg, ecolex 2008, 1093 f) sowie in Anbetracht der gegen die durch § 3 Abs 1 FMABG bewirkte Einschränkung von Amtshaftungsansprüchen erhobenen europa- und verfassungsrechtlichen Einwände (vgl Kunst/Salburg, ecolex 2008, 1092 f; Winternitz, ZFR 2009, 183; aA A. Rabl, ZFR 2009, 186 ff), die vom VfGH bisher nicht zu untersuchen waren (vgl VfGH 11. 3. 2009, A 17/ 08, ZFR 2009, 147 ff; VfGH 16. 6. 2009, G 53/09, ZFR 2009, 195; VfGH 24. 7. 2009, A 2/08, ZFR 2009, 194 f), deren Übertragbarkeit auf § 3 Abs 5 FMABG aber nicht von vornherein auszuschließen ist, ist nach derzeitigem Stand die Möglichkeit einer Geltendmachung amtshaftungsrechtlicher Ansprüche wegen einer Verletzung von auf § 93 beruhenden Pflichten des Abschlussprüfers noch nicht endgültig zu verneinen.
VI. Reformbedarf 47 Wie schon an anderer Stelle dargestellt (vgl Rz 4 ff sowie Rz 42) besteht
dringender Reformbedarf iS einer Anpassung des § 93 an die nunmehr geltende Fassung des § 273 UGB, mag dieser in der Lit (vgl Bohrn/ Winternitz, Reformstau beim WAG 2007, ZFR 2009, 204 f) bisher auch noch nicht wahrgenommen worden sein. 846
Strafbestimmungen
§ 94
3. Abschnitt Strafbestimmungen § 94. (1) Wer Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 ohne die erforderliche Berechtigung erbringt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro zu bestrafen. (2) Wer Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 ohne die erforderliche Berechtigung erbringt, hat auf alle mit diesen Geschäften verbundenen Vergütungen, wie insbesondere Provisionen, keinen Anspruch. Die Rechtsunwirksamkeit der mit diesen Geschäften verbundenen Vereinbarungen zieht nicht die Rechtsunwirksamkeit des ganzen Geschäfts nach sich. Entgegenstehende Vereinbarungen sowie mit diesen Geschäften verbundene Bürgschaften und Garantien sind rechtsunwirksam. (3) Wer vertrauliche Tatsachen entgegen § 7 offenbart oder verwertet, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder um einem anderen einen Nachteil zuzufügen, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Der Täter ist nur mit Ermächtigung des in seinem Interesse an der Geheimhaltung Verletzten zu verfolgen. (4) Die FMA kann jede Maßnahme oder Sanktion, die sie bei einem Verstoß gegen die nach diesem Bundesgesetz erlassenen Vorschriften oder auf Grund von § 48 Abs. 5 BörseG verhängt, bekannt machen, sofern eine solche Bekanntgabe die Stabilität der Finanzmärkte nicht ernstlich gefährdet oder den Beteiligten keinen unverhältnismäßig hohen Schaden zufügt. Diese Veröffentlichungsmaßnahmen können auch kumulativ getroffen werden. Der von der Veröffentlichung Betroffene kann eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung in einem bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren bei der FMA beantragen. Die FMA hat diesfalls die Einleitung eines solchen Verfahrens in gleicher Weise bekannt zu machen. Wird im Rahmen der Überprüfung die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung festgestellt, so hat die FMA die Veröffentlichung richtig zu stellen oder auf Antrag des Betroffenen entweder zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen. Wurde einer Beschwerde gegen einen Bescheid, der die Maßnahme oder Sanktion 847
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Sedlak
zum Gegenstand hat, in einem höchstgerichtlichen Verfahren aufschiebende Wirkung zuerkannt, so hat die FMA dies in gleicher Weise bekannt zu machen. Die Veröffentlichung ist richtig zu stellen oder auf Antrag des Betroffenen entweder zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen, wenn der Bescheid aufgehoben wird. IdF BGBl I 2009/66. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 94): „Zu § 94 Abs. 1 bis 3: Strafbestimmungen gemäß dem bisherigen § 26 Abs. 1 bis 3 WAG, die das europarechtliche Gebot, entsprechende Verwaltungssanktionen für Verletzungen der (umgesetzten) Richtlinienbestimmungen einzuführen (vgl. Art. 51 Abs. 1), erfüllen. Die Sanktionen bei Unterlassung der Zusammenarbeit in einem behördlichen Ermittlungsverfahren (Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG) ergeben sich bereits aus den allgemeinen verwaltungsrechtlichen oder zivilprozessrechtlichen Verfahrensgrundsätzen, insbesondere den Beweisregeln. Zu § 94 Abs. 4: Möglichkeit der FMA, Maßnahmen oder Sanktionen entsprechend Art. 51 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG öffentlich bekannt zu machen. Bezüglich der Veröffentlichungsmodi kann § 70 Abs. 7 BWG herangezogen werden.“ Erl RV GP XXIV RV 207 (zu § 94): „Zu § 94 Abs. 4: Siehe Anmerkung zu § 92 Abs. 6.“
Übersicht I. II.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erbringen von Wertpapierdienstleistungen ohne erforderliche Berechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Teilunwirksamkeit von Wertpapierdienstleistungsgeschäften. IV. Offenbarung und Verwertung vertraulicher Tatsachen . . . . . . . V. Ermächtigung der FMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Überprüfung der Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2–3 4–5 6–7 8–10 11
I. Allgemeines 1 Die Strafbestimmungen des § 94 Abs 1 bis 3 verwirklichen das europa-
rechtliche Gebot, entsprechende Verwaltungssanktionen für die Verletzung von umgesetzten Richtlinienbestimmungen vorzusehen (Erl RV 29). Dies verlangt Art 51 Abs 1 MiFID, der darüber hinaus Maßnahmen erfordert, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend wirken. Art 51 Abs 2 MiFID räumt dem nationalen Gesetzgeber Ermessen in Bezug auf jene Sanktionen ein, die bei Unterlassen der 848
Strafbestimmungen
§ 94
Zusammenarbeit bei Ermittlungsverfahren zum Tragen kommen sollen. Diese Sanktionen ergeben sich im österreichischen Recht bereits aus den allgemeinen verwaltungsrechtlichen oder zivilrechtlichen Verfahrensgrundsätzen, insb den Beweislastregeln (Erl RV 29).
II. Erbringen von Wertpapierdienstleistungen ohne erforderliche Berechtigung Gemäß § 94 Abs 1 macht sich strafbar, wer eine Wertpapierdienstleis- 2 tung iSd § 3 Abs 2 erbringt, ohne über die erforderliche Berechtigung zu verfügen. Es handelt sich dabei um eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu € 50.000,– geahndet wird. Bereits § 26 Abs 1 WAG aF enthielt diesen Straftatbestand, der bei der Schaffung dem § 98 Abs 1 BWG (Betrieb von Bankgeschäften ohne erforderliche Berechtigung) nachgebildet wurde (Winternitz, WAG § 26 Rz 1). Durch die Umsetzung der MiFID wurde die Bestimmung systematisch angepasst (Erl RV 29). Die erforderliche Berechtigung verlangt eine Konzession der FMA. Für das Betreiben der Wertpapierdienstleistung stellt § 3 Abs 2 auf die Gewerbsmäßigkeit ab und nennt vier Fälle, die einer Konzession der FMA bedürfen: Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente; Portfolioverwaltung durch Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis, wobei ein Ermessensspielraum im Rahmen einer Vollmacht des Kunden vorhanden sein muss, sofern das Kundenportfolio ein oder mehrere Finanzinstrumente umfasst; Annahme und Vermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben; Betreiben eines multilateralen Handelssystems. Es handelt sich bei dieser Verwaltungsübertretung um ein Formalde- 3 likt (schlichtes Tätigkeitsdelikt), weil das Tatbild lediglich ein menschliches Verhalten ohne Rücksicht auf einen Erfolg umschreibt (Walter/ Mayer, Grundriss VVR8 Rz 728). Es wird bei dieser Art von Delikten also weder der Eintritt eines Schadens noch der einer Gefahr vorausgesetzt, sondern lediglich auf ein Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder auf die Nichtbefolgung eines Gebots abgestellt. Es gilt hier in Bezug auf das Verschulden eine gemilderte Beweislastumkehr gemäß § 5 VStG (Winternitz, WAG § 26 Rz 5). Die Strafbarkeit wird angenommen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn kein Verschulden trifft. Damit wird das Verschulden widerleglich vermutet, sodass der Beschuldigte von sich aus den Entlastungsbeweis zu führen hat und konkrete Beweisanträge stellen muss (Walter/Mayer, Grundriss VVR8 Rz 744). 849
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III. Teilunwirksamkeit von Wertpapierdienstleistungsgeschäften 4 Begeht jemand eine strafbare Handlung, indem er gemäß § 94 Abs 1
eine Wertpapierdienstleistung ohne erforderliche Berechtigung erbringt, verweigert ihm das Gesetz jeglichen Anspruch auf Vergütungen, insb Provisionen, die iZm dieser Tätigkeit anfallen würden. Dabei handelt es sich um eine Teilunwirksamkeit, sodass der übrige Vertrag, also all jene mit der Wertpapierdienstleistung verbundenen Vereinbarungen, rechtswirksam bleibt. Die Unwirksamkeitsrechtsfolge und auch die Eingrenzung der Unwirksamkeit auf die Vereinbarung der Vergütung sind gemäß § 94 Abs 2 zwingendes Recht. Abreden, die dieser Rechtsunwirksamkeit der Vergütungen entgegenstehen, sind ebenso von der Unwirksamkeit erfasst. Da die Unwirksamkeit unmittelbar auf Grund des Gesetzes gilt, muss der Kunde diese nicht gesondert geltend machen (Winternitz, WAG § 26 Rz 6). Neben der in § 94 Abs 2 angeordneten Teilunwirksamkeit besteht jedenfalls die Möglichkeit, das „restliche“ Geschäft nach allgemein bürgerlich-rechtlichen Vorschriften durch eine Vertragsanfechtung bzw Vorbringen von Vertragsmängeln zu beseitigen (Winternitz, WAG § 26 Rz 8). 5 Bezüglich entgegenstehender und daher unwirksamer Vereinbarungen weist das Gesetz insb auf mit Geschäften verbundene Bürgschaften und Garantien hin. Deren Unwirksamkeit anzuordnen, ist insofern sinnvoll, da es sich um Umgehungsversuche handeln könnte, wenn beispielsweise jemand, der ohne Konzession eine Wertpapierdienstleistung erbringt, eine abstrakte Bankgarantie zur Absicherung seiner Ansprüche verlangt, um seinen Vergütungsanspruch zu sichern (Zahradnik, ecolex 2007, 58). Wenn eine Bürgschaft eine Schuld, die von der Teilunwirksamkeit erfasst ist, in welcher Form und unter welcher Bezeichnung auch immer absichert, dann gilt diese Bürgschaft als mit diesem Rechtsgeschäft verbunden und ist somit von der Teilunwirksamkeit erfasst. Auf Garantien ist dies Formel analog anzuwenden (Winternitz, WAG § 26 Rz 7).
IV. Offenbarung und Verwertung vertraulicher Tatsachen 6 § 94 Abs 3 verpönt die Offenbarung oder das Verwerten vertraulicher
Tatsachen gemäß § 7 und sieht als Sanktion die Bestrafung durch ein Gericht vor. § 7 WAG normiert eine Verschwiegenheitspflicht für 850
Strafbestimmungen
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Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen und der für sie tätigen Personen. Diese Verschwiegenheitspflicht bezieht sich auf Geheimnisse, die ihnen im Zuge ihres Tätigwerdens für den Kunden zur Kenntnis gelangen. Handelt es sich um eine gesetzliche Auskunftspflicht, oder stimmt der Kunde zu, kommt das Gebot der Geheimhaltung nicht zur Anwendung (siehe im Detail § 7 Rz 1 ff, insb Rz 15 ff). Das Strafausmaß gemäß § 94 Abs 3 beträgt bis zu sechs Monaten Frei- 7 heitsstrafe oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen. Zum Straftatbestand des § 94 Abs 1 bestehen zwei wesentliche Unterschiede: Zum einen wird auf der Ebene des Verschuldens ein qualifiziertes Verhalten verlangt. Der Täter muss sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil oder einem anderen einen Nachteil verschaffen wollen. Der Vermögensvorteil muss nicht in Geld bestehen, aber in Geld messbar sein. Der zweite Unterschied besteht in der Zuständigkeit, weil hier nur ein Gericht die Strafe verhängen kann. Im Fall von § 94 Abs 1 ist die zuständige Strafbehörde dagegen die FMA. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die FMA nach § 94 Abs 1 von Amts wegen tätig werden muss (arg „ist zu bestrafen“). Für die Verfolgung des Täters bei Zuwiderhandeln gegen § 94 Abs 3 benötigt das Gericht eine Ermächtigung desjenigen, der in seinem Interesse an der Geheimhaltung verletzt wurde.
V. Ermächtigung der FMA Die Strafbestimmungen des WAG 2007 enthalten eine Ermächtigung 8 der FMA zur Veröffentlichung all jener Maßnahmen oder Sanktionen, die bei Verstoß gegen das WAG oder auch gegen § 48 Abs 5 BörseG gesetzt wurden. Der Gesetzgeber entspricht damit Art 51 Abs 3 MiFID (Erl RV 29). Die Erwähnung von § 48 Abs 5 BörseG muss ein Redaktionsversehen sein, weil diese Bestimmung bereits 1998 aufgehoben wurde. Sinngemäß ist § 48 BörseG in seiner Gesamtheit heranzuziehen, weil dieser die Strafbestimmungen innerhalb des BörseG enthält. Auf Art 51 Abs 3 MiFID geht eine wesentliche Einschränkung der 9 Veröffentlichungsmöglichkeit zurück: Sie darf weder die Stabilität der Finanzmärkte ernstlich gefährden noch den Beteiligten einen unverhältnismäßig hohen Schaden zufügen (§ 94 Abs 4 letzter Satz). Die Erl RV verweisen bezüglich der Veröffentlichungsmodi auf § 70 10 Abs 7 BWG, der die FMA zum Abdruck im Amtsblatt zur Wiener Zeitung oder in einer Zeitung zur Verbreitung im gesamten Bundes851
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gebiet sowie im Internet oder durch Aushang an geeigneter Stelle in den Geschäftsräumlichkeiten des Unternehmens ermächtigt (Erl RV 29). Der Verweis auf das BWG sollte durch einen Verweis auf § 92 Abs 6 WAG ersetzt werden, weil bereits dieser die Veröffentlichungsmodi ausdrücklich enthält und es systematisch zu begrüßen ist, wenn Verweise innerhalb des gleichen Gesetzes erfolgen.
VI. Überprüfung der Veröffentlichung 11 In Entsprechung des VfGH-Erkenntnis G 164/08 (siehe dazu § 92
Rz 12) wird nunmehr einem Betroffenen bei der Veröffentlichung von Maßnahmen oder Sanktionen im Sinne des § 94 Abs 4 die Möglichkeit eingeräumt, diese in einem nachträglichen bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren überprüfen zu lassen sowie einen allenfalls daraus resultierenden Widerruf zu beantragen. Diese neue Überprüfungsmöglichkeit soll dem Rechtschutzbedürfnis eines Betroffenen in geeigneter Weise Rechnung tragen (Erl RV 207 GP XXIV 59). Um eine optimale Transparenz zu gewährleisten, ist vorgesehen, dass bereits eine Einleitung des Verfahrens auf Überprüfung in gleicher Weise bekannt zu machen ist. Wird die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Maßnahme oder Sanktion entweder im Rahmen der Überprüfung oder bei Aufhebung der zugrunde liegenden Maßnahme oder Sanktion durch den UVS oder im Rahmen eines höchstgerichtlichen Verfahrens festgestellt, so ist die Veröffentlichung richtig zu stellen oder zu widerrufen (Erl RV 207 GP XXIV 60). Auf Wunsch kann auch die Möglichkeit gewährt werden, den Eintrag im Internet ohne Widerruf vollständig zu löschen. Der Wortlaut des § 94 Abs 4 verlangt für den Widerruf oder das Löschen der Veröffentlichung aus dem Internetauftritt einen Antrag des Betroffenen. Bei richtiger Auslegung muss es – dem Rechtschutzgedanken dieser Bestimmung folgend – jedenfalls ausreichen, wenn ein Betroffener den Widerruf oder das Entfernen einer veröffentlichten Sanktion oder Maßnahme aus dem Internetauftritt bereits in seinem verfahrenseinleitenden Antrag auf Überprüfung begehrt. Ein neuerlicher Antrag nach Feststellen der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung wäre (wenn der Widerruf oder das Entfernen aus dem Internetauftritt bereits beantragt worden sind) unverhältnismäßig und aus Zeitgründen mE abzulehnen. Genauso wie es im Interesse von Kunden oder potenziellen Kunden ist, Maßnahmen ohne Zeitverlust (dh ohne Anhörung des Betroffenen) zu veröffentlichen, haben Betroffene den Anspruch, dass ein Widerruf oder das Löschen aus dem Internetauftritt bei Feststellung der Rechtswidrigkeit möglichst zeitnah erfolgt. 852
Strafbestimmungen
§ 95
Wurde einer Beschwerde gegen einen Bescheid, der eine Maßnahme 12 oder Sanktion zum Gegenstand hat, in einem höchstgerichtlichen Verfahren aufschiebende Wirkung zuerkannt, so hat die FMA dies in gleicher Weise bekannt zu machen (EB zur RV 207 GP XXIV 60). Die FMA hat diesbezüglich bei der Veröffentlichung in gleicher Weise dh wie bei Bekanntmachen der Rechtswidrigkeit, vorzugehen. Wird der Bescheid, auf Grund dessen eine Maßnahme oder Sanktion veröffentlicht wurde, aufgehoben, hat die FMA die Veröffentlichung richtig zu stellen oder diese auf Antrag des Betroffenen zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen.
§ 95. (1) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers die Melde- oder Veröffentlichungspflichten gemäß den §§ 64 bis 66 nicht rechtzeitig und vollständig erfüllt oder hierbei unwahre Angaben macht, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 30 000 Euro zu bestrafen. (2) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers 1. gegen eine Verpflichtung gemäß §§ 14, 28 bis 59, 61 bis 63, 73 oder 74 verstößt oder gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von §§ 29 Abs. 4, 35 Abs. 4, 41 Abs. 3 oder 55 Abs. 2 erlassenen Verordnung der FMA verstößt; 2. gegen eine Verpflichtung gemäß §§ 9 bis 11, 13, 16 bis 22, 24 bis 26 oder 67 bis 71 verstößt oder gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von §§ 26 Abs. 3, 68 Abs. 3 oder 68 Abs. 4 erlassenen Verordnung der FMA verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hinsichtlich der Z 1 mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro und hinsichtlich der Z 2 mit Geldstrafe bis zu 30 000 Euro zu bestrafen. (3) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers die Informationspflichten des § 75 Abs. 5 bis 8 verletzt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 30 000 Euro zu bestrafen. (4) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers 1. es unterlässt, der FMA entgegen § 77 Abs. 1 Z 1 den Jahresabschluss rechtzeitig vorzulegen, oder 2. es unterlässt, der FMA entgegen § 77 Abs. 1 Z 2 das Ausscheiden eines Instituts unverzüglich anzuzeigen, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis 10 000 Euro zu bestrafen. 853
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Sedlak
(5) Wer als Abschlussprüfer eines in § 91 Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Rechtsträgers seine Meldepflichten gemäß § 93 Abs. 1 verletzt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro zu bestrafen. (6) Verwaltungsstrafen nach den Abs. 1 bis 5 sind nur dann zu verhängen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. (7) Bei der Ermittlung in Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 94 und gemäß den Abs. 1 bis 6 sowie 8 und 9 kommen der FMA alle Kompetenzen gemäß § 91 Abs. 3 zu. (8) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers gemäß § 91 Abs. 1 Z 1 und 2 1. die Pflichten der §§ 40, 40 a, 40 b, 40 d und 41 Abs. 1 bis 4 BWG verletzt; 2. die unverzügliche schriftliche Anzeige von in § 73 Abs. 1 Z 1 bis 8 und 11 BWG genannten Sachverhalten an die FMA unterlässt; begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist in den Fällen nach Z 1 von der FMA mit Geldstrafe bis zu 30 000 Euro und in Fällen nach Z 2 mit einer Geldstrafe bis zu 10 000 Euro zu bestrafen. (9) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers gemäß § 91 Abs. 1 Z 5 1. die Pflichten der §§ 33 bis 36 BWG verletzt; 2. die Pflichten der §§ 40, 40 a, 40 b, 40 d und 41 Abs. 1 bis 4 BWG verletzt; begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist in den Fällen nach Z 1 von der FMA mit Geldstrafe bis zu 3000 Euro und in Fällen nach Z 2 mit Geldstrafe bis zu 30 000 Euro zu bestrafen. IdF BGBl I 2009/39. Schrifttum: Park, Kapitalmarktstrafrecht und Anlegerschutz, NStZ 2007, 369. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 95): „Strafbestimmungen gemäß dem bisherigen § 27 Abs. 1 bis 6 WAG (vgl. Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG) sowie eine neue Strafbestimmung hinsichtlich der Pflichtverletzung von Abschlussprüfern gemäß § 93 Abs. 1 (Abs. 5). Es ist
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hier zu beachten, dass als Strafsubjekt immer eine verantwortliche Person im Sinne von § 9 VStG angesprochen ist, unabhängig davon, ob es sich bei dem Unternehmen um eine juristische oder eine natürliche Person handelt.“ Erl RV GP XXIV RV 48 (zu § 95): „Zu § 95 Abs. 3: Erweitert die Strafbestimmungen bei Verletzung der zusätzlichen Informationspflichten der Wertpapierfirmen und erhöht die Strafrahmen.“
Übersicht I. II. III. IV. V. VI.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geldstrafe bis € 50.000,–. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geldstrafe bis € 30.000,–. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geldstrafe bis € 10.000,–. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geldstrafe bis € 3.000,– . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Subsidiarität von Verwaltungsstrafen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Allgemeines Die Strafbestimmungen des § 95 stammen aus dem bisherigen § 27 Abs 1 bis 6 WAG aF und wurden systematisch angepasst bzw erweitert (Erl RV 30). Damit entspricht der Gesetzgeber Art 51 Abs 1 MiFID. Zu den bisherigen Strafbestimmungen wurde ein neuer Tatbestand hinsichtlich der Pflichtverletzung von Abschlussprüfern gemäß § 93 Abs 1 eingefügt (dazu näher Rz 8). Die Strafbarkeit nach § 95 ist subsidiär, weil sie nur dann besteht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (Abs 6). Diese Klarstellung verhindert einer Doppelstrafbarkeit nach Justiz- und Verwaltungsstrafrecht, die außerdem auch verfassungswidrig wäre (Winternitz, WAG § 27 Rz 2). Alle Straftatbestände des § 95 zielen auf den Verantwortlichen eines Rechtsträgers iSd § 9 VStG ab. Insofern weicht das WAG 2007 vom bisherigen WAG aF ab, weil dieses noch in § 27 Abs 2 auf den Anbieter von Wertpapierdienstleistungen abgestellt hat. Dabei war unklar, ob der Anbieterbegriff das Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person oder auch die mit den Kunden in Kontakt tretenden Personen, wie etwa einen Schalterbeamten, umfasst. Der Hinweis auf den Verantwortlichen des Rechtsträgers iSd § 9 VStG ist deshalb wesentlich, weil Rechtsträger sowohl natürliche als auch juristische Personen sein können und sich im Fall der juristischen 855
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Person die Frage nach der Zurechnung der strafbaren Handlung stellt. Wird eine juristische Person zur Einhaltung von Verwaltungsvorschriften verpflichtet, sind gemäß § 9 Abs 1 VStG jene Personen verantwortlich, die zur Vertretung der juristischen Person nach außen befugt sind. § 9 VStG ändert somit den Adressatenkreis der Verwaltungsstrafnormen insoweit, als an die Stelle von juristischen Personen die zur Vertretung nach außen befugten Personen treten (Oppitz in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 27 Rz 2; Walter/Mayer, Grundriss VVR8 Rz 769). Darunter sind Personen zu verstehen, die nach der „Verfassung“ der juristischen Person (Gesellschaftsvertrag, Satzung, Gesetz) vertretungsbefugte Organe sind. Darunter fallen aber nicht jene Personen, die zwar vertretungsbefugt, aber nicht „verfassungsmäßiges“ Organ dieser juristischen Person sind, wie zB ein Prokurist (Walter/Mayer, Grundriss VVR8 Rz 772). Es besteht die Möglichkeit, die Verantwortlichkeit auf sog „verantwortliche Beauftragte“ zu übertragen (§ 9 Abs 2 VStG). Trotzdem bleiben die zur Vertretung nach außen berufenen Personen strafrechtlich verantwortlich, sofern sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben (siehe § 9 Abs 6 VStG; Winternitz, WAG § 27 Rz 3). 5 § 95 Abs 7 betont ausdrücklich die Befugnis der FMA, von ihren
Kompetenzen gemäß § 91 Abs 3 bei der Ermittlung in Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 94 sowie § 95 Abs 1 bis 6 sowie 8 und 9 Gebrauch machen zu dürfen.
II. Geldstrafe bis € 50.000,– 6 § 95 enthält in Abs 2 Z 1 Fälle, in denen ein Verantwortlicher (§ 9
VStG) eines Rechtsträgers eine Verwaltungsübertretung begeht und von der FMA mit einer Geldstrafe bis zu € 50.000,– bestraft wird. Diese Fälle umfassen einen Verstoß gegen die Verpflichtung des/der – § 14: Pflicht der Zweigstellen von Wertpapierfirmen, eine Überprüfung durch Abschlussprüfer zuzulassen und diesen Bericht innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres an die FMA zu übermitteln. – §§ 28–59: Organisatorische Anforderungen in Bezug auf vertraglich gebundene Vermittler, den Schutz des Kundenvermögens, Interessenskonflikte, die Verpflichtung zur Handlung im besten Interesse des Kunden, Informationen für den Kunden, die Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen, die Berichtspflichten gegenüber dem Kunden, die bestmögliche Durchführung von 856
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Dienstleistungen, die Bearbeitung von Kundenaufträgen und die besonderen Vorschriften für professionelle Kunden. – §§ 61–63: Pflicht der Wertpapierfirma, dem Kunden eine vorgenommene Einstufung mitzuteilen (§ 61); Regelung über das Zusenden unerbetener Nachrichten (§ 62); Verbraucherregelung bezüglich Werbung für den Erwerb von Finanzinstrumenten und Anwendbarkeit des § 3 KSchG über Haustürgeschäfte (§ 63). – § 73: die Wertpapierfirma muss rechtzeitig den Jahresabschluss erstellen, diesen durch die zuständigen Organe überprüfen lassen und zeitgerecht der FMA vorlegen. – § 74: das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss sich um eine rechtzeitige Erstellung des Jahresabschlusses kümmern, eine Überprüfung durch die zuständigen Organe veranlassen und beides zeitgerecht der FMA vorlegen. Der Verstoß gegen eine von der FMA erlassene Verordnung auf 7 Grund der §§ 29 Abs 4, 35 Abs 4, 41 Abs 3 oder 55 Abs 2 erfüllt den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 95 Abs 2 Z 1 und wird mit einer Geldstrafe bis zu € 50.000,– geahndet. Eine Geldstrafe bis € 50.000,– droht ebenso einem Abschlussprüfer 8 einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, wenn er seine Meldepflichten nach § 93 Abs 1 verletzt. Dieser verpflichtet den Abschlussprüfer bei Vorliegen von Tatsachen gemäß § 273 Abs 2 UGB einen Bericht gemäß § 273 Abs 3 UGB zu erstellen und an die FMA zu übermitteln. Ein Bericht ist insb geboten, wenn der Bestand des geprüften Unternehmens gefährdet ist oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigt werden könnte, sowie bei schwerwiegenden Verstößen der gesetzlichen Vertreter gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung.
III. Geldstrafe bis € 30.000,– Strafbar nach § 95 Abs 1 ist der Verstoß gegen die Meldepflichten 9 gemäß §§ 64 bis 66. Meldepflichtige Institute müssen der FMA jedes Geschäft mit meldepflichtigen Instrumenten mitteilen (siehe dazu § 64 insb Rz 4 ff). Es wird eine rechtzeitige und vollständige Meldung verlangt, die keine unwahren Angaben enthalten darf. Die Meldung ist rechtzeitig, wenn sie bei der FMA spätestens an dem Tag auf den Tag des Geschäftsabschluss folgenden Bankarbeitstag einlangt. Strafbar ist im Ergebnis, wenn die Meldung überhaupt unterbleibt, diese verspätet oder unvollständig erfolgt, sowie bei Vorliegen unwahrer Angaben. 857
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10 § 95 Abs 2 Z 2 enthält eine Aufzählung von Fällen, in denen der
Verantwortliche (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers sich einer Verwaltungsübertretung schuldig macht. Diese Fälle umfassen einen Verstoß gegen die Verpflichtung des/der – §§ 9–11: Vorschriften über die Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§ 9), die Qualifikation ihrer Geschäftsleiter (§ 10) und Nennung der Namen sowie des Umfangs der Beteiligungen ihrer Aktionäre. – § 13: Pflicht der Wertpapierfirma zur Anzeige bei der FMA, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat eine Zweigstelle errichten möchte. – §§ 16–22: Diese enthalten organisatorische Anforderungen bezüglich der Bedingungen für die Bereitstellung von Informationen (§ 16), die Einhaltung der Compliance-Regeln (§ 18), des Risikomanagements sowie der internen Revision (§§ 19 und 20) und der damit verbundenen Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen (§ 22). – §§ 24–26: Vorschriften betreffend die Verhinderung persönlicher Geschäfte (§ 24), der Auslagerung wesentlicher betrieblicher Aufgaben an Dienstleister (§ 25) sowie Anforderungen an die Auslagerung von Privatkundenportfolios an Dienstleister in einem Drittland (§ 26). – §§ 67–71: Betreiber eines MTF müssen die Vor- und Nachhandelstransparenzvorschriften einhalten; systematische Internalisierer haben die Vorhandelstransparenzvorschriften des § 69 sowie die Vorgaben zur Ausführung der Kundenaufträge (§ 70) und jene bezüglich des Zugangs zu ihren Kursofferten (§ 71) zu befolgen. 11 Der Verstoß gegen eine von der FMA erlassene Verordnung auf
Grund der §§ 26 Abs 3 sowie 68 Abs 3 oder 4 erfüllt den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 95 Abs 2 Z 2 und wird mit einer Geldstrafe bis zu € 30.000,– geahndet. 12 Verantwortliche eines Rechtsträgers müssen sicherstellen, dass Kunden
spätestens bei Vertragsabschluss schriftlich darauf hingewiesen bzw durch einen Aushang in den Geschäftsräumlichkeiten informiert werden, wenn eine Wertpapierfirma oder ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen keiner Entschädigungseinrichtung angehört (§ 75 Abs 5). Weitere Informationspflichten gegenüber dem Kunden bestehen beim Vertrieb von Eigenprodukten (§ 75 Abs 6) und über das Verbot des Haltens von Kundengeldern (§ 75 Abs 7). Außerdem müssen Wertpapierfirmen ihre Kunden auf die Publikation der FMA über die Bandbreiten für marktübliche Entgelte der Wertpapierfirmen hinweisen (§ 75 Abs 8). Bei Verstoß gegen diese Informationspflichten 858
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begehen die Verantwortlichen (§ 9 VStG) des Rechtsträgers eine Verwaltungsübertretung (§ 95 Abs 3), die mit einer Geldstrafe bis zu € 30.000,- sanktioniert wird. Eine Verwaltungsübertretung begeht ein Verantwortlicher (§ 9 VStG) 13 einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens (§ 95 Abs 8 Z 1) sowie der Verantwortliche einer Wertpapierfirma aus einem Mitgliedstaat, die über eine Zweigstelle in Österreich ihre Tätigkeit ausübt (§ 95 Abs 9 Z 2), wenn die Verpflichtungen gemäß §§ 40, 40 a, 40 b, 40 d und 41 Abs 1 bis 4 BWG verletzt werden. Diese Bestimmungen des BWG enthalten besondere Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. Bei Verletzung dieser Vorschriften sieht das BWG eine Geldstrafe bis zu € 30.000,– vor (§ 98 Abs 2 Z 6 BWG).
IV. Geldstrafe bis € 10.000,– Das Unterlassen der rechtzeitigen Vorlage des Jahresabschlusses an 14 die FMA gemäß § 77 Abs 1 Z 1 oder das Unterlassen der unverzüglichen Anzeige bei Ausscheiden eines Institutes aus einer Anlegerentschädigungseinrichtung begründet für den Verantwortlichen (§ 9 VStG) eine Verwaltungsübertretung (§ 95 Abs 4 Z 1 und 2). Verantwortliche (§ 9 VStG) einer Wertpapierfirma oder eines Wertpa- 15 pierdienstleistungsunternehmens haben, bei sonstiger Strafbarkeit wegen Verwaltungsübertretung (§ 95 Abs 8 Z 2), der FMA eine schriftliche Anzeige bestimmter, in § 73 Abs 1 Z 1 bis 8 BWG genannter Tatsachen zu übermitteln. Diese Tatsachen umfassen ua jegliche Änderung der Satzung und den Beschluss auf Auflösung, Änderungen der Voraussetzungen bei bestehenden Geschäftsleitern, Eröffnung, Verlegung, Schließung und vorübergehende Einstellung des Geschäftsbetriebs der Hauptniederlassung oder von Zweigstellen, den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung, jede Erweiterung des Geschäftsgegenstandes und jede Herabsetzung des eingezahlten Kapitals.
V. Geldstrafe bis € 3.000,– Ein Verantwortlicher (§ 9 VStG) einer Wertpapierfirma in einem Mit- 16 gliedstaat, die über eine Zweigniederlassung in Österreich ihre Tätigkeit ausübt, ist verpflichtet, die Vorschriften der §§ 33–36 BWG einzuhalten, andernfalls er sich einer Verwaltungsübertretung schuldig 859
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macht (§ 95 Abs 9 Z 1). Die §§ 33–36 BWG regeln Verbraucherkreditverträge, Verbrauchergirokontoverträge und enthalten Vorgaben bezüglich Geschäftsbeziehungen zu Jugendlichen.
VI. Subsidiarität von Verwaltungsstrafen 17 § 95 Abs 6 sieht ausdrücklich eine Subsidiarität der Verwaltungsstrafen
der Straftatbestände nach § 95 Abs 1 bis 5 vor. Diese sind nur dann zu verhängen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Der im Strafrecht wesentliche Grundsatz ne bis in idem, wonach ein Beschuldigter wegen derselben Tat nicht mehr verfolgt werden darf, ist auch für das Verwaltungsstrafverfahren von Bedeutung. Das Verbot wiederholter Strafverfolgung gilt gemäß Art 4 Z 1 7.ZPMRK nicht nur im Strafverfahren, sondern auch im Verwaltungsstrafverfahren und im Verhältnis beider zueinander. Dieses Verbot wird durch § 30 Abs 3 VStG durchbrochen. Demnach hat eine Verwaltungsbehörde ihr Straferkenntnis außer Kraft zu setzen, wenn sich „später ergibt“, dass das Verwaltungsstrafverfahren nicht hätte durchgeführt werden dürfen. Das Verbot wiederholter Strafverfolgung nach Art 4 Z 1 7. ZPMRK dürfen Staatsanwalt und Verwaltungsbehörde jedoch nicht nach Belieben umgehen. Es kann daher kein Grund sein, einen verwaltungsrechtlichen Strafbescheid aufzuheben, wenn im Verwaltungsstrafverfahren bereits Umstände, die einen gerichtlich strafbaren Tatbestand darstellen, bekannt waren und der Staatsanwalt erst nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens Anklage erhebt (vgl auch Bertel/Venier, Das neue Strafprozessrecht Rz 78).
§ 96. (1) Für die Verhängung von Verwaltungsstrafen gemäß §§ 94 und 95 ist in erster Instanz die FMA zuständig. (2) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß den §§ 94 und 95 gilt anstelle der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG von sechs Monaten eine Verjährungsfrist von 18 Monaten. Schrifttum: Veil, Vermögensverwaltung und Anlageberatung im neuen Wertpapierhandelsrecht, ZBB 2008, 34. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 95): „Verwaltungsstrafrechtliche Verfahrensvorschriften im Sinne des bisherigen § 28 Abs. 1 bis 3 WAG, die Regelungen über das Verwaltungsstrafverfahren enthalten.“
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Die verwaltungsstrafrechtlichen Verfahrensvorschriften bezüglich der 1 Zuständigkeit und der Verjährungsfristen entsprechen dem bisherigen § 28 Abs 1 und 3 WAG aF (Erl RV 30). Die sachliche Zuständigkeit wurde der FMA bereits mit der Schaffung des FMABG 2002 übertragen, weil der Gesetzgeber bei ihr das für die Ausübung strafbehördlicher Aufgaben notwendige komplexe und erhebliche Fachwissen gewährleistet sah. Ziel dieser Maßnahme war es, der FMA höhere Autorität und Durchsetzungskraft zu verleihen (vgl 641 BlgNR XXI. GP 66). Die Normierung der Zuständigkeit der FMA für die Verwaltungsstrafsachen der §§ 94 und 95 in erster Instanz ist eine Abweichung von den allgemeinen Regelungen über die sachliche Zuständigkeit in Verwaltungsstrafsachen. § 26 Abs 1 VStG enthält nämlich eine subsidiäre sachliche Kompetenz der Bezirksverwaltungsbehörden in erster Instanz zur Untersuchung und Bestrafung aller Übertretungen, falls deren Ahndung nicht anderen Verwaltungsbehörden oder den Gerichten zugewiesen ist. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass für das Ermittlungsverfahren im 2 ordentlichen Verwaltungsverfahren die Vorschriften des AVG gelten, sofern nicht etwas anderes angeordnet ist. Gegen Bescheide der FMA in Verwaltungsstrafsachen ist gemäß § 22 Abs 2 FMABG die Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zulässig. Gegen alle anderen Bescheide gibt es kein ordentliches Rechtsmittel; es verbleibt lediglich die Beschwerde an den VwGH oder VfGH. Das WAG 2007 normiert in § 96 Abs 2 für die Verwaltungsüber- 3 tretungen der §§ 94 und 95 eine Verjährungsfrist von 18 Monaten. Diese Frist geht über die generelle Regelung der Verjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG, der diesbezüglich sechs Monate vorsieht, hinaus. Die Abweichung in § 96 Abs 2 ist zulässig, weil es dem Gesetzgeber offen steht, Abweichungen von § 31 VStG zu normieren. Bezüglich des Beginns der Fristen, deren Unterbrechung etc sind die übrigen Bestimmungen des VStG anzuwenden. Die Fristen des § 31 VStG sind objektive Fristen; es wird demnach an die objektive Tatseite der Verwaltungsübertretung angeknüpft (Walter/Mayer, Grundriss VVR8 Rz 876). Die Frist beginnt im Ergebnis zu dem Zeitpunkt zu laufen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat (Walter/Mayer, Grundriss VVR8 Rz 875). Straftatbestände müssen dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheits- 4 gebot gerecht werden, dh so konkret sein, dass Tragweite und Anwendungsbereich des Tatbestandes zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Es gilt der Grundsatz „Nullum crimen sine lege certa“ (Fabrizy, StGB9, § 1 Rz 7). Obwohl es aus zivil- und aufsichtsrechtlicher Sicht unproblematisch scheint, Regelungen zunächst im 861
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Muther-Pradler/Ortner
WAG 2007 generalklauselartig zu bestimmen und sie dann in einer Verordnung zu konkretisieren, ist ein solches Vorgehen aus der Perspektive des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot bedenklich, sofern es sich um tatbestandsrelevante Regelungen handelt. In der dt Literatur gibt es Stimmen, die die Schlagkraft der Instrumente des Strafrechts anzweifeln, solange der Gesetzgeber relevante Regelungen erst in Verordnungen konkretisiert (Veil, ZBB 2008, 42). Es ist auch für die österreichischen Gesetzgebung empfehlenswert, von der Verordnungsgesetzgebung abzugehen, weil der Inhalt der Verordnungen ohnehin gemeinschaftsrechtlich en detail vorgegeben ist (vgl auch Veil, ZBB 2008, 42).
4. Abschnitt Behördliche Zusammenarbeit Kontaktstelle und Informationsaustausch § 97. (1) Die FMA fungiert als Kontaktstelle gemäß Art. 56 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG. (2) Die FMA kann mit zuständigen Behörden von anderen Mitgliedstaaten zusammen arbeiten, wenn dies zur Wahrnehmung von in der Richtlinie 2004/39/EG, der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 oder der Richtlinie 2006/73/EG festgelegten Aufgaben erforderlich ist und soweit die an diese Behörden übermittelten Informationen bei diesen dem Berufsgeheimnis gemäß Art. 54 der Richtlinie 2004/ 39/EG unterliegen. Die FMA kann für die Zwecke der Zusammenarbeit von ihren Befugnissen Gebrauch machen, auch wenn die Verhaltensweise, die Gegenstand der Ermittlung ist, keinen Verstoß gegen eine in Österreich geltende Vorschrift darstellt. Von ihren Befugnissen nach § 91 Abs. 3 Z 1, 2 und 4 kann die FMA für die Zwecke der Zusammenarbeit auch gegenüber natürlichen und juristischen Personen Gebrauch machen, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten als Wertpapierfirma im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/EG zugelassen sind. (3) Haben die Geschäfte eines geregelten Marktes mit Zweigstellen in einem Aufnahmemitgliedstaat in Anbetracht der Lage an den Wertpapiermärkten des Aufnahmemitgliedstaates wesentliche Bedeutung für das Funktionieren der Wertpapiermärkte und den Anlegerschutz in diesem Mitgliedstaat erlangt, so hat die FMA als zuständige Behörde des Herkunfts- oder des Aufnahmemitglied862
Kontaktstelle und Informationsaustausch
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staates des geregelten Marktes angemessene Vorkehrungen für die Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde des Aufnahme- oder Herkunftsmitgliedstaates des geregelten Marktes zu treffen. (4) Hat die FMA begründeten Anlass zu der Vermutung, dass Unternehmen, die nicht ihrer Aufsicht unterliegen, im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates gegen die Bestimmungen der Richtlinie 2004/39/EG verstoßen oder verstoßen haben, so hat sie dies der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates so genau wie möglich mitzuteilen. Sie hat ihrerseits geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn sie eine solche Mitteilung von einer anderen zuständigen Behörde erhalten hat, und hat diese Behörde über den Ausgang dieser Maßnahmen und soweit wie möglich über wesentliche zwischenzeitlich eingetretene Entwicklungen zu unterrichten. Die Befugnisse der FMA als zuständige Behörde, die die Information übermittelt hat, werden durch diesen Absatz nicht berührt. Schrifttum: CESR, CESR s technical advice to the European Commission on the first set of mandates under the Directive on Markets in Financial Instruments (MiFID), 03. 02. 2005, Ref: CESR 05/-024 c (http://www.cesr.eu/index.php? docid=2965). Erl RV GP XXIII RV (zu § 97): „Zu § 97 Abs. 1: In Art. 56 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG wird angeordnet, dass jeder Mitgliedstaat eine einzige Behörde als Kontaktstelle zu benennen hat. In diesem Absatz wird die FMA als diese Kontaktstelle eingerichtet. Zu § 97 Abs. 2: Ermächtigung für die FMA, im Sinne des Art. 56 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2004/39/EG mit Behörden in anderen Mitgliedstaaten durch Amtshilfe zusammenzuarbeiten. Zu § 97 Abs. 3: In diesem Absatz wird Art. 56 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Eine Konkretisierung dieser Bestimmung findet sich in Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006. Dieser Artikel hat die Überschrift „Bestimmung der wesentlichen Bedeutung für das Betreiben eines geregelten Marktes in einem Aufnahmemitgliedstaat“ und lautet: Das Betreiben eines geregelten Marktes in einem Aufnahmemitgliedstaat wird als von wesentlicher Bedeutung für das Funktionieren der Wertpapiermärkte und den Anlegerschutz in diesem Aufnahmemitgliedstaat angesehen, wenn eines der nachfolgend genannten Kriterien erfüllt ist: a) der Aufnahmemitgliedstaat war früher der Herkunftsmitgliedstaat des besagten geregelten Marktes; b) der besagte geregelte Markt hat durch Fusion, Übernahme oder eine sonstige Form der Geschäftsübertragung die Geschäftstätigkeit eines geregelten Marktes
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übernommen, der seinen eingetragenen Sitz oder seine Hauptniederlassung in dem Aufnahmemitgliedstaat hatte. Zu § 97 Abs. 4: Übernahme von Art. 56 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG betreffend Verdachtsfälle der Rechtsverletzung im EU-Ausland, in der der FMA die entsprechenden Kompetenzen übertragen werden.“
Übersicht I. II. A. B. C.
Kontakstelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behördliche Zusammenarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geregelte Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsverletzungen im EU-Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Kontaktstelle 1 Nach Art 56 Abs 1 MiFID hat jeder Mitgliedstaat zum Zwecke der
Zusammenarbeit und des Informationsaustausches iZm der MiFID eine einzige zuständige Behörde als Kontaktstelle zu benennen. In Österreich ist dies die FMA. Dies soll die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch dann erleichtern, wenn die Aufsichtsagenden nach der MiFID samt Durchführungsmaßnahmen national auf mehrere Behörden verteilt sind. Die im oben angeführten Sinne einzige zuständige Behörde übernimmt dann die Koordinationsfunktion (vgl dazu auch CESR 05/-024 c, Section III-Cooperation and Enforcement, Exchange of information, Art 58, Explanatory Text; abrufbar unter www.cesr. eu).
II. Behördliche Zusammenarbeit A. Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten 2 Den Erl RV folgend wird in § 97 Abs 2 die Ermächtigung für die
FMA, iSd Art 56 Abs 1 und 3 MiFID mit Behörden in anderen Mitgliedstaaten im Wege der Amtshilfe zusammenzuarbeiten, umgesetzt. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten können auf Grund der oben angeführten Bestimmungen zum Zwecke der ihnen nach der MiFID und den Durchführungsmaßnahmen obliegenden Aufgaben im Rahmen der Amtshilfe Informationen austauschen (vgl auch § 98 Rz 2). Zum Spannungsverhältnis in Bezug auf das österreichische 864
Kontaktstelle und Informationsaustausch
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Bankgeheimnis gemäß § 38 BWG siehe Laurer in Fremuth/Laurer/ Linc/Pötzelberger/Strobl (Hrsg), BWG2 § 77 Rz 7. Im Gegensatz zur Regelung in § 24 WAG aF kann die FMA im 3 Rahmen dieser Zusammenarbeit mit anderen Behörden auch dann Ermittlungen führen und von ihren Befugnissen Gebrauch machen (zB in Schriftstücke und Bücher Einsicht nehmen und von Organen Auskünfte verlangen), wenn keine in Österreich geltende Vorschrift verletzt wurde. Auf Grund des Verweises auf § 91 Abs 3 Z 1, 2 und 4 kann die FMA daher gemäß der zitierten Regelung bei Wertpapierfirmen, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten zugelassen sind, sich aber zB Daten oder Schriftstücke dieser Wertpapierfirma in Österreich befinden, die von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates benötigt werden, in Bücher, Schriftstücke und Datenträger Einsicht nehmen und Kopien anfordern, Auskünfte verlangen und Personen vorladen und befragen sowie existierende Aufzeichnungen von Telefongesprächen und Datenübermittlungen anfordern.
B. Geregelte Märkte Abs 3 setzt Art 56 Abs 2 MiFID um. Das Betreiben eines geregelten 4 Marktes in einem Aufnahmemitgliedstaat (zur Definition des Aufnahmemitgliedstaates siehe § 1 Rz 24) wird nach Maßgabe des Art 16 DVO dann als von wesentlicher Bedeutung für das Funktionieren der Wertpapiermärkte und des Anlegerschutzes in diesem Mitgliedstaat angesehen, wenn entweder der Aufnahmemitgliedstaat früher der Herkunftsmitgliedstaat des besagten geregelten Marktes war oder dieser durch Fusion, Übernahme oder eine sonstige Form der Geschäftsübertragung die Geschäftstätigkeit eines geregelten Marktes übernommen hat, der seinen eingetragenen Sitz oder seine Hauptniederlassung in dem Aufnahmemitgliedstaat hatte. Diese etwas sperrige Regelung bedeutet für die Aufsichtspraxis, dass die beteiligten Aufsichtsbehörden ua grenzüberschreitende Mitgliedschafts- bzw Zugangsvereinbarungen zu geregelten Märkten, das Handelsvolumen von Remote-Mitgliedern im Aufnahmemitgliedstaat sowie die Anzahl der Investoren und das von diesen gehaltenen Wertpapiervolumen, das am geregelten Markt gehandelt wird, in ihrer Aufsichtspraxis berücksichtigen werden (vgl CESR 05/-024 c, Section III-Cooperation and Enforcement, Exchange of information, Box 14). Unter diesen Voraussetzungen ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den Behörden des Herkunfts- und des Aufnahmemitgliedstaates und insb der Informationsaustausch iS eines verstärkten Anlegerschutzes zu begrüßen. 865
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C. Rechtsverletzungen im EU-Ausland 5 § 97 Abs 4 setzt Art 56 Abs 4 MiFID um und verfolgt das Ziel, dass
sich Aufsichtsbehörden auch dann, wenn sie über rechtswidriges Verhalten von Rechtsträgern in einem anderen Mitgliedstaat Kenntnis erlangen, die nicht ihrer Aufsichtskompetenz unterliegen, gegenseitig informieren. Damit soll der jeweils zuständigen Behörde ein möglichst rasches Reagieren ermöglicht werden.
Zusammenarbeit bei der Überwachung, Überprüfung vor Ort und bei Ermittlungen § 98. (1) Die FMA kann die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaates um Zusammenarbeit bei einer Überwachung oder einer Überprüfung vor Ort oder einer Ermittlung ersuchen. Im Falle von Wertpapierfirmen, die Fernmitglieder eines geregelten Marktes in Österreich sind, kann die FMA sich auch direkt an diese wenden, wobei sie die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates des Fernmitglieds davon in Kenntnis setzt. Erhält die FMA ein Ersuchen um eine Überprüfung vor Ort oder eine Ermittlung, so hat sie im Rahmen ihrer Befugnisse tätig zu werden, indem sie 1. die Überprüfungen oder Ermittlungen selbst vornimmt oder 2. der ersuchenden Behörde die Durchführung der Überprüfung oder Ermittlung gestattet oder 3. Wirtschaftsprüfern oder Sachverständigen die Durchführung der Überprüfung oder Ermittlung gestattet. (2) Die FMA hat anderen Kontaktstellen unverzüglich die für die Wahrnehmung der Aufgaben der gemäß Art. 48 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG benannten zuständigen Behörden erforderlichen Informationen zu übermitteln, die sich aus diesem Bundesgesetz, dem BörseG sowie der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 ergeben. Die FMA kann, wenn sie Informationen mit anderen zuständigen Behörden austauscht, bei der Übermittlung darauf hinweisen, dass diese Informationen nur mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung veröffentlicht werden dürfen. In diesem Fall dürfen sie nur für die Zwecke, für die die Zustimmung erteilt wurde, ausgetauscht werden. (3) Die FMA darf Informationen gemäß § 93 und Informationen aus einem Drittland außer in gebührend begründeten Fällen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Behörde eines anderen Mitgliedstaates, die sie übermittelt hat, und nur für die Zwecke, für die 866
Zusammenarbeit bei der Überwachung
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diese Behörde ihre Zustimmung gegeben hat, an andere Stellen oder natürliche oder juristische Personen weitergeben. In diesem Fall hat die FMA unverzüglich die Kontaktstelle, von der die Information stammt, zu unterrichten. (4) Die FMA sowie andere Stellen oder natürliche oder juristische Personen, die vertrauliche Informationen nach Abs. 2, gemäß § 93 oder aus einem Drittland erhalten, dürfen diese in Wahrnehmung ihrer Aufgaben insbesondere nur für folgende Zwecke verwenden: 1. zur Prüfung, ob die Zulassungsbedingungen für die in § 91 Abs. 1 genannten Rechtsträger erfüllt sind, und zur leichteren Überwachung der Ausübung der Tätigkeit auf Einzelfirmen- oder auf konsolidierter Basis, insbesondere hinsichtlich der in der Richtlinie 2006/49/EG vorgesehenen Eigenkapitalanforderungen, der verwaltungsmäßigen und buchhalterischen Organisation und der internen Kontrollmechanismen; 2. zur Überwachung des reibungslosen Funktionierens der Handelsplätze; 3. zur Verhängung von Sanktionen; 4. im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens über die Anfechtung von Entscheidungen der zuständigen Behörden; 5. im Rahmen von Gerichtsverfahren oder 6. im Rahmen außergerichtlicher Verfahren für Anlegerbeschwerden. (5) Das Amtsgeheimnis, die Abs. 2 bis 4 sowie § 91 Abs. 6 hindern nicht, dass die FMA den Zentralbanken, dem Europäischen System der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank in ihrer Eigenschaft als Währungsbehörden sowie gegebenenfalls anderen staatlichen Behörden, die mit der Überwachung der Zahlungssysteme betraut sind, zur Erfüllung ihrer Aufgaben vertrauliche Informationen übermittelt; ebenso wenig stehen sie dem entgegen, dass diese Behörden oder Stellen den zuständigen Behörden die Informationen übermitteln, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß der Richtlinie 2004/39/EG benötigen. Erl RV GP XXIII RV (zu § 98): „Zu § 98 Abs. 1 bis 5: Umsetzung der Art. 57 und 58 der Richtlinie 2004/39/EG hinsichtlich behördlicher Zusammenarbeit und behördlichem Informationsaustausch. Das Verfahren für den Informationsaustausch wird in Art. 15 der Verordnung 2006/1287/EG näher konkretisiert. Dieser Artikel hat die Überschrift Ersuchen um Zusammenarbeit und Informationsaustausch und lautet: (1) Ersucht eine zuständige Behörde eine andere zuständige Behörde um Übermittlung oder den Austausch von Informationen im Sinne von Art. 58 Abs. 1
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§ 98
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der Richtlinie 2004/39/ EG, so richtet sie ein schriftliches Ersuchen an diese zuständige Behörde, in dem detailliert beschrieben wird, welche Informationen die andere Behörde übermitteln soll. In dringenden Fällen kann das Ersuchen mündlich erfolgen, sofern es später schriftlich bestätigt wird. Die zuständige Behörde, die das Ersuchen erhält, bestätigt den Eingang des Ersuchens unverzüglich. (2) Sofern die in Abs. 1 angeforderten Informationen der zuständigen Behörde intern zur Verfügung stehen, die das Ersuchen erhalten hat, muss diese Behörde die erbetenen Informationen unverzüglich an die zuständige Behörde weiterleiten, die das Ersuchen gestellt hat. Sofern die zuständige Behörde, die das Ersuchen erhalten hat, nicht im Besitz der erbetenen Informationen ist bzw. nicht die Kontrolle darüber hat, muss sie unverzüglich die erforderlichen Schritte in die Wege leiten, um diese Informationen zu erlangen und dem Ersuchen in jeder Hinsicht nachzukommen. Diese zuständige Behörde muss darüber hinaus die zuständige Behörde, die das Ersuchen gestellt hat, über die Gründe für die verzögerte Informationsübermittlung unterrichten.
Übersicht I. II.
Verstärkte Zusammenarbeit der Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren für den Informationsaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2
I. Verstärkte Zusammenarbeit der Behörden 1 Im bisherigen § 24 Abs 5 WAG aF gab es bereits die Möglichkeit für
die FMA, zum Zwecke der Prüfung von Zweigstellen und Repräsentanzen in anderen Mitgliedstaaten die vor Ort zuständige Behörde um die Vornahme von Prüfungshandlungen (uU auch unter Teilnahme eigener Prüfer) zu bitten, sofern dies zur Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens diente bzw kosteneffizienter war (vgl Frölichsthal in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 24 Rz 8). § 98 Abs 1 führt diese Erleichterungen für die wechselseitige Zusammenarbeit zwischen den Behörden fort und erstreckt sie auch auf Wertpapierfirmen, die Fernmitglieder eines geregelten Marktes in Österreich sind. In diesem Fall kann sich die FMA direkt an die zu prüfende Wertpapierfirma wenden und muss die ausländische Aufsichtsbehörde nur über den Vorgang in Kenntnis setzen. Im umgekehrten Fall, nämlich wenn die FMA ein Ersuchen um eine Überprüfung vor Ort oder eine Ermittlung von einer ausländischen Aufsichtsbehörde erhält, hat die FMA die Wahl, ob sie diese Überprüfung selbst vornimmt, der ersuchenden Behörde die Vornahme der Überprüfung gestattet, oder ob sie die Überprüfung durch Wirtschaftsprüfer oder Sachverständige vornehmen lässt. Eine ähnliche 868
Zusammenarbeit bei der Überwachung
§ 98
Regelung ergab sich bisher aus § 9 a Abs 2 BWG aF iVm § 15 Abs 5 BWG (zu § 15 Abs 5 BWG ausführlich Diwok in Diwok/Göth, BWG § 15 Rz 37 ff).
II. Verfahren für den Informationsaustausch Eine Zusammenarbeit zwischen Behörden aus Mitgliedstaaten setzt 2 einen entsprechenden Informationsaustausch und ein wechselseitiges Austauschen von Daten (zur Weiterleitung von Daten siehe § 91 Rz 20 f) im Rahmen der Amthilfe voraus (siehe auch § 97 Rz 2 f). Der Informationsaustausch mit zuständigen Behörden aus Mitgliedstaaten bzw mit Behörden aus Drittstaaten (zur Weiterleitung von Daten an Behörden von Drittländern vgl § 91 Rz 20 f) war bisher in § 30 WAG aF geregelt (vgl dazu Hausmaninger in Frölichsthal/Hausmaninger/ Knobl/Oppitz/Zeipelt, WAG § 30 Rz 3). Das Verfahren für den Informationsaustausch wird nunmehr durch Art 15 DVO näher konkretisiert: Danach ist das Ersuchen um Informationsübermittlung grundsätzlich schriftlich (nur in dringenden Fällen reicht Mündlichkeit aus, sofern das Ansuchen später schriftlich bestätigt wird) unter detaillierter Angabe, welche Informationen angefordert werden, zu stellen. Sind die angeforderten Informationen in jener Behörde, bei der angefragt wird, vorhanden, leitet jene Behörde diese unverzüglich an die anfragende Behörde weiter. Sind die Informationen nicht vorhanden, leitet die angefragte Behörde die erforderlichen Schritte ein, um die angeforderten Information zu erlangen und so dem Auskunftsersuchen nachzukommen. Die Gründe für die verzögerte Informationsübermittlung sind der anderen Behörde mitzuteilen. Die FMA hat bei der Übermittlung der Daten an eine andere zuständige ausländische Behörde die Möglichkeit, die weitere Verwendung bzw Veröffentlichung der übermittelten Daten durch die ausländische Behörde einzuschränken. Erhalten die FMA bzw andere Stellen vertrauliche Informationen iSd §§ 98 Abs 2 und 93 bzw aus einem Drittland, dürfen diese Informationen nur eingeschränkt im Rahmen der behördlichen Befugnisse, insb zur Überprüfung des Vorhandenseins der Zulassungsbedingungen und der Verhängung von Sanktionen, verwendet werden.
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§ 99
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Ablehnung der Zusammenarbeit und Behördenkonsultation § 99. (1) Die FMA kann ein Ersuchen auf Zusammenarbeit bei der Durchführung einer Ermittlung, einer Überprüfung vor Ort oder einer Überwachung oder auf Austausch von Informationen gemäß § 98 nur ablehnen, wenn 1. die Ermittlung, Überprüfung vor Ort, Überwachung oder Austausch der Information die Souveränität, die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung Österreichs beeinträchtigen könnte; 2. aufgrund derselben Handlungen und gegen dieselben Personen bereits ein Verfahren vor einem Gericht in Österreich anhängig ist; 3. in Österreich gegen die betreffenden Personen aufgrund derselben Handlungen bereits ein rechtskräftiges Urteil des Staates ergangen ist. Im Falle einer Ablehnung hat die FMA dies der ersuchenden zuständigen Behörde mitzuteilen und ihr möglichst genaue Informationen zu übermitteln. (2) Die FMA hat die zuständigen Behörden des anderen betroffenen Mitgliedstaates zu konsultieren, bevor einer Wertpapierfirma die Zulassung erteilt wird, die 1. Tochterunternehmen einer Wertpapierfirma oder eines Kreditinstituts ist, die oder das in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist, oder 2. Tochterunternehmen des Mutterunternehmens einer Wertpapierfirma oder eines Kreditinstituts ist, die oder das in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen ist, oder 3. von denselben natürlichen oder juristischen Personen kontrolliert wird wie eine Wertpapierfirma oder ein Kreditinstitut, die oder das in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist. (3) Die FMA hat die zuständige Behörde des für die Überwachung von Kreditinstituten oder Versicherungsunternehmen zuständigen Mitgliedstaates zu konsultieren, bevor einer Wertpapierfirma die Zulassung erteilt wird, die 1. Tochterunternehmen eines in der Gemeinschaft zugelassenen Kreditinstituts oder Versicherungsunternehmens ist; 2. Tochterunternehmen des Mutterunternehmens eines in der Gemeinschaft zugelassenen Kreditinstituts oder Versicherungsunternehmens ist; 3. von derselben natürlichen oder juristischen Person kontrolliert wird wie ein in der Gemeinschaft zugelassenes Kreditinstitut oder Versicherungsunternehmen. 870
Ablehnung der Zusammenarbeit und Behördenkonsultation
§ 99
(4) Die FMA hat die Behörden im Sinne der Abs. 2 und 3 insbesondere zu konsultieren, wenn sie die Eignung der Aktionäre oder Mitglieder sowie die Zuverlässigkeit und die Erfahrung der Personen, die die Geschäfte eines anderen Unternehmens derselben Gruppe tatsächlich leiten, überprüft. Sie hat diesen Behörden alle Informationen hinsichtlich der Eignung der Aktionäre oder Mitglieder sowie der Zuverlässigkeit und der Erfahrung der Personen, die die Geschäfte tatsächlich leiten, zu übermitteln, sofern diese für die anderen zuständigen Behörden bei der Erteilung der Zulassung und der laufenden Überprüfung der Einhaltung der Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit von Belang sind. Schrifttum: CESR, Protocol on Mediation Mechanism of the Committee of European Securities Regulators, August 2006, Ref: CESR/06–286 b; abrufbar unter www.cesr.eu. Erl RV GP XXIII RV (zu § 99): „Zu § 99 Abs. 1 bis 4: Art. 59 und Art. 60 der Richtlinie 2004/39/EG normieren einerseits Gründe für die mögliche Ablehnung einer behördlichen Zusammenarbeit, andererseits Konsultationspflichten, bevor eine Wertpapierfirma mit Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat zugelassen wird. Dieser Paragraf setzt diese beiden Artikel um.“
Übersicht I. II.
Ablehnung der Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behördenkonsultation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Ablehnung der Zusammenarbeit Grundsätzlich besteht bei Ersuchen von zuständigen Behörden aus 1 Mitgliedstaaten um Zusammenarbeit bzw Informationsaustausch eine Verpflichtung, diesem Ansinnen nachzukommen. Eine Ablehnung ist nur dann möglich, wenn einer der in § 99 Abs 1 taxativ aufgezählten Fälle vorliegt (Gefährdung der Souveränität, der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung Österreichs, bereits anhängiges Gerichtsverfahren bzw rechtskräftiges Urteil in Österreich). Treten diesbezüglich Konflikte zwischen den zuständigen Behörden auf, gelangt der „CESR Mediation Mechanism“ zur Anwendung (vgl CESR, Protocol on Mediation Mechanism of the Committee of European Securities Regulators, August 2006, Ref: CESR/06–286 b; abrufbar unter www.cesr.eu). 871
§ 100
Muther-Pradler/Ortner
II. Behördenkonsultation 2 Im Rahmen der Konzessionserteilung an eine Wertpapierfirma, die auf
Grund gesellschaftsrechtlicher oder personeller Verflechtungen mit einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Wertpapierfirma, einem Kreditinstitut oder einem Versicherungsunternehmen Bezug zu diesem anderen Mitgliedstaat hat, ist die FMA verpflichtet, die jeweils zuständige Behörde dieses anderen Mitgliedstaates vor Konzessionserteilung zu konsultieren. Ein Informationsaustausch ist insb dann sinnvoll, wenn Identität in der Person der Geschäftsleiter besteht und die andere zuständige Behörde diesbezüglich einen Informations- und Erfahrungsvorsprung hat.
Befugnisse der Aufnahmemitgliedstaaten § 100. (1) Die FMA als zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates kann für statistische Zwecke verlangen, dass alle Rechtsträger gemäß § 91 Abs. 1 Z 4 und 5 mit Zweigstellen in Österreich ihr in regelmäßigen Abständen über die Tätigkeit dieser Zweigstellen Bericht erstatten. (2) Die FMA als zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates kann in Ausübung der ihr nach diesem Bundesgesetz oder dem BörseG übertragenen Befugnisse von den Zweigstellen der Rechtsträger gemäß § 91 Abs. 1 Z 4 und 5 die Angaben verlangen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der auf diese Unternehmen anwendbaren Normen zu kontrollieren. Diese Anforderungen dürfen nicht strenger sein als die Anforderungen, die die FMA den niedergelassenen Firmen zur Überwachung der Einhaltung derselben Normen auferlegen. Schrifttum: Raschauer, Überlegungen zur grenzüberschreitenden Rechtsaufsicht über EWR-Finanzdienstleistungsunternehmen nach MiFID und WAG 2007, RdW 2009, 183. Erl RV GP XXIII RV (zu § 100): „Zu § 100 Abs. 1 bis 2: Bestimmung über die Befugnisse der FMA als zuständiger Behörde für den Fall, dass Österreich Aufnahmemitgliedstaat einer Wertpapierfirma ist, entsprechend Art. 61 der Richtlinie 2004/39/EG.“
Übersicht I. II.
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Rechtsaufsicht der FMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichterstattung an FMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Sicherungsmaßnahmen
§ 101
I. Rechtsaufsicht der FMA Als zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates unterliegen der Aufsicht der FMA Kreditinstitute und Finanzinstitute aus anderen Mitgliedstaaten, die in Österreich über eine Zweigstelle Bankgeschäfte iSd Anhangs I zur BankenaufsichtsRL 2006/48/EG betreiben. Weiters unterliegen der FMA-Aufsicht Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten, die Wertpapierdienstleistungen in Österreich im Wege einer Zweigstelle erbringen. Bei den genannten Institutionen hat die FMA die Einhaltung der „Wohlverhaltensregelen“, sowie der Meldepflichten und Transparenzregeln zu überwachen (vgl Raschauer, RdW 2009, 187).
II. Berichterstattung an die FMA § 100 Abs 2 sieht eine Berichterstattung von ausländischen Wertpapier- 2 firmen, Kreditinstituten bzw Finanzinstituten, die in Österreich über eine Zweigstelle tätig werden, an die FMA vor. Diese Bestimmung ist bezüglich Wertpapierfirmen in Zusammenschau mit § 12 Abs 4 zu lesen, der die Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter „Wohlverhaltensregeln“ des 2. Hauptstückes des WAG bzw bestimmter Regelungen des BWG für Zweigstellen ausländischer Wertpapierfirmen vorsieht (vgl § 12 Rz 12 ff und Rz 16). Weiters ist in diesem Zusammenhang auf § 22 Abs 5 zu verweisen, der die Kontrolle der Aufzeichnungspflichten von Zweigstellen ausländischer Wertpapierfirmen in Bezug auf alle Dienstleistungen und Geschäfte durch die FMA regelt (vgl § 22 Rz 17). Die Verpflichtung zur Übermittlung von Angaben bzw Aufzeichnungen in Bezug auf diese Vorschriften ermöglicht der FMA die Überprüfung des rechtskonformen Verhaltens der Zweigstellen.
Von den Aufnahmemitgliedstaaten zu treffende Sicherungsmaßnahmen § 101. (1) Hat die FMA als zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates klare und nachweisliche Gründe zu der Annahme, dass ein in Österreich im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs tätiger Rechtsträger gemäß § 12 Abs. 1 oder § 91 Abs. 1 Z 4 gegen die Verpflichtungen verstößt, die ihm aus diesem Bundesgesetz oder dem BörseG sowie der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 erwachsen, oder dass ein Rechtsträger gemäß § 91 Abs. 1 Z 4 und 5 mit einer 873
§ 101
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Zweigstelle in Österreich gegen Verpflichtungen verstößt, die ihm aus diesem Bundesgesetz oder dem BörseG sowie der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 erwachsen, die der FMA als zuständiger Behörde des Aufnahmemitgliedstaates keine Zuständigkeit übertragen, so hat sie ihre Erkenntnisse der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates mitzuteilen. (2) Stellt die FMA als zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates fest, dass ein Rechtsträger gemäß § 91 Abs. 1 Z 4 und 5, der eine Zweigstelle in Österreich hat, die österreichischen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften betreffend die Zuständigkeit der FMA als Behörde des Aufnahmemitgliedstaates nicht beachtet, so hat die FMA den betreffenden Rechtsträger aufzufordern, binnen drei Monaten den rechtmäßigen Zustand herzustellen. Kommt der Rechtsträger der Aufforderung nicht nach, so hat die FMA als zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, damit der betreffende Rechtsträger die vorschriftswidrige Situation beendet. Die FMA hat die Art dieser Maßnahmen den zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaates mitzuteilen. Verletzt der Rechtsträger trotz der von der FMA getroffenen Maßnahmen weiter die genannten österreichischen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, so kann die FMA nach Unterrichtung der zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaates geeignete Maßnahmen ergreifen, um weitere Verstöße zu verhindern oder zu ahnden; soweit erforderlich, kann sie den verantwortlichen Leitern der Zweigstelle des Instituts die Geschäftsführung ganz oder teilweise untersagen und dem Rechtsträger auch neue Geschäfte in Österreich untersagen. (3) Hat die FMA als zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates eines geregelten Marktes oder eines MTF klare und nachweisbare Gründe für die Annahme, dass der betreffende geregelte Markt oder das betreffende MTF gegen die Verpflichtungen verstößt, die ihm aus diesem Bundesgesetz oder dem BörseG sowie der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 erwachsen, so hat sie ihre Erkenntnisse der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates des geregelten Marktes oder des MTF mitzuteilen. Handelt der geregelte Markt oder das MTF trotz der von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates getroffenen Maßnahmen oder weil sich diese Maßnahmen als unzureichend erweisen weiterhin in einer Weise, die die Interessen der Anleger in Österreich oder das ordnungsgemäße Funktionieren der Märkte eindeutig gefährdet, so hat die FMA als zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates nach Unterrichtung der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates alle ge874
Sicherungsmaßnahmen
§ 101
eigneten Maßnahmen zu ergreifen, um die Anlegerinteressen zu schützen und das ordnungsgemäße Funktionieren der Märkte zu gewährleisten. Zu diesen Maßnahmen gehört auch die Möglichkeit, dem geregelten Markt oder MTF zu untersagen, sein System Fernmitgliedern oder -teilnehmern in Österreich zugänglich zu machen. (4) Die FMA hat jede Maßnahme gemäß den Abs. 1, 2 oder 3, die Sanktionen oder Einschränkungen der Tätigkeit eines Rechtsträgers oder eines geregelten Marktes beinhaltet, ordnungsgemäß zu begründen und dem betreffenden Rechtsträger oder dem betreffenden geregelten Markt mitzuteilen. (5) Verletzt ein Rechtsträger gemäß § 91 Abs. 1 Z 1 und 3, der seine Tätigkeiten in einem Mitgliedstaat durch eine Zweigstelle erbringt, trotz Aufforderung durch die zuständigen Behörden, den rechtmäßigen Zustand herzustellen, weiter die nationalen Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaates, so hat die FMA nach Verständigung durch die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates geeignete Maßnahmen nach § 92 Abs. 8 zu setzen, um den gesetzeskonformen Zustand im Aufnahmemitgliedstaat herzustellen. Die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates ist von den getroffenen Maßnahmen unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen. (6) Wird einem Rechtsträger gemäß § 91 Abs. 1 Z 1 und 3 die Konzession entzogen, so hat die FMA dies den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, in denen er seine Tätigkeiten ausübt, unverzüglich schriftlich zur Kenntnis zu bringen. Schrifttum: Raschauer, Überlegungen zur grenzüberschreitenden Rechtsaufsicht über EWR-Finanzdienstleistungsunternehmen nach MiFID und WAG 2007, RdW 2009, 183. Erl RV GP XXIII RV (zu § 101): „Zu § 101 Abs. 1 und 2: Dieser Paragraf beruht auf Art. 62 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39/EG und beinhaltet die Maßnahmen, die die FMA als zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates zu treffen hat, falls eine im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs in Österreich tätige Wertpapierfirma gegen innerstaatliche Rechtsvorschriften verstößt und der FMA zunächst keine Sanktionskompetenz zukommt. In diesem Fall hat die FMA mit der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats Kontakt aufzunehmen. Bei weiteren Pflichtverstößen nach erfolglosen Maßnahmen letztgenannter Behörde hat jedoch die FMA selbst Maßnahmen zu ergreifen, die bis zur Untersagung der weiteren geschäftlichen Tätigkeit reichen können. Die FMA hat allfällige von ihr gesetzte Maßnahmen unverzüglich selbst der Kommission zu melden.
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§ 101
Muther-Pradler/Ortner
Zu § 101 Abs. 3: Es wird hiermit Art. 62 Abs. 2 der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt. Hier geht es um Fälle, in denen der FMA grundsätzlich eine Sanktionskompetenz zukommt. Es hat zunächst eine Aufforderung der FMA zur Einstellung des rechtswidrigen Verhaltens zu erfolgen. Falls das nicht erfolgreich ist, ist die Behörde des Herkunftsmitgliedstaats zu informieren. Sollte auch das nicht zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes führen, kann wiederum die FMA ähnlich wie in Abs. 1 und 2 geeignete Maßnahmen ergreifen. Die FMA hat allfällige von ihr gesetzte Maßnahmen unverzüglich selbst der Kommission zu melden. Zu § 101 Abs. 4: Umsetzung von Art. 62 Abs. 3 der Richtlinie 2004/39/EG. In diesem Absatz werden Pflichtverstöße eines geregelten Marktes oder eines MTF behandelt. Hier ist im Gegensatz zu Abs. 1, 2 und 3 jedenfalls zunächst die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats zu verständigen. Subsidiär kann allerdings auch hier die FMA geeignete Maßnahmen ergreifen. Die FMA hat allfällige von ihr gesetzte Maßnahmen unverzüglich selbst der Kommission zu melden. Zu § 101 Abs. 5: Die Begründungs- und Mitteilungspflicht für geeignete Maßnahmen gemäß Abs. 1 bis 4 wird sich im Allgemeinen schon aus den österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetzen (vgl. z. B. § 58 Abs. 2 AVG) oder aus prozessverfassungsrechtlichen Grundsätzen (z. B. Art. 6 EMRK) ergeben, soll zur Klarstellung hier jedoch explizit angeführt werden (vgl. Art. 62 Abs. 4 der Richtlinie 2004/39/EG). Zu § 101 Abs. 6: Regelung entspricht § 24 a Abs. 3 WAG idF BGBl. I Nr. 141/2006, der die nicht in der Richtlinie 2004/39/EG vorgesehene Vorgangsweise der FMA bei Rechtsverletzungen von inländischen Rechtsträgern im EU-Ausland normiert. Zu § 101 Abs. 7: Regelung entspricht § 24 a Abs. 4 WAG idF BGBl. I Nr. 141/2006 betreffend eine Informationspflicht gegenüber zuständigen Behörden der EU-Mitgliedstaaten hinsichtlich eines Konzessionsentzugs eines inländischen Rechtsträgers.“
Übersicht I. Rechtsverletzungen ausländischer Rechtsträger. . . . . . . . . . . . . . . . II. Begründungs- und Mitteilungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsverletzungen österreichischer Rechtsträger im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Rechtsverletzungen ausländischer Rechtsträger 1 § 101 Abs 1 setzt Art 62 Abs 1 MiFID nur teilweise um. 101 Abs 1
ermöglicht der FMA die jeweils zuständige Behörde des Herkunfts876
Sicherungsmaßnahmen
§ 101
mitgliedstaates, über Rechtsverletzungen, die nicht in die Zuständigkeit der FMA fallen, zu informieren, sofern diese von einer Wertpapierfirma oder einem Kredit- bzw Finanzinstitut aus Mitgliedstaaten, die im Wege der Dienstleistungsfreiheit in Österreich tätig werden bzw über eine Zweigstelle in Österreich verfügen, begangen werden. Darüber hinaus sieht Art 62 Abs 1 MiFID vor, dass die zuständige Behörde, nachdem sie die Behörde des Herkunftsmitgliedstaates unterrichtet hat, Sanktionsmaßnahmen (bis zur Untersagung neuer Geschäfte in Österreich) ergreifen kann, wenn die von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates gesetzten Maßnahmen nicht ausreichen und das Verhalten weiterhin den Interessen der Anleger oder dem ordnungsgemäßen Funktionieren der Märkte eindeutig abträglich ist. Letztgenannte Sicherungskompetenzen wurden jedoch vom österreichischen Gesetzgeber richtlinienwidrig nicht vorgesehen (dazu ausführlich Raschauer, RdW 2009, 184 f). Die FMA hat in weiterer Folge die Europäische Kommission von den gesetzten Maßnahmen in Kenntnis zu setzen (siehe Erl RV zu § 101 Abs 1). In der Praxis problematisch ist, dass der Gesetzgeber für in Österreich 2 ausschließlich im Wege der Dienstleistungsfreiheit tätige Unternehmen, die Einhaltung von österreichischen Rechtsvorschriften auferlegt (… [„die ihm aus diesem Bundesgesetz oder dem BörseG sowie der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 erwachsen …“]). Dies ist nach Raschauer mit der MiFID bzw dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar, weil im Wege der Dienstleistungsfreiheit tätige Unternehmen nur durch die Heimatstaatbehörde beaufsichtigt werden und in Folge auch die Rechtsvorschriften ihrer Heimatländer anwenden können (vgl Raschauer, RdW 2009, 188). § 101 Abs 2, der Art 62 Abs 2 MiFID umsetzt, regelt – im Vergleich 3 zu Rz 1 – den Fall der Vorgehensmöglichkeiten der FMA gegen eine in Österreich über eine Zweigstelle tätige Wertpapierfirma oder ein Kreditinstitut bzw Finanzinstitut, welche Rechtsvorschriften verletzen, die in die Aufsichtszuständigkeit der FMA fallen (siehe §§ 12 Abs 4 und 22 Abs 5, und § 9 Abs 7 BWG). Die FMA fordert das Unternehmen in diesem Fall unmittelbar auf, das vorschriftswidrige Verhalten zu beenden. Wird dieser Aufforderung nicht nachgekommen, kann die FMA Maßnahmen, bis hin zur gänzlichen Untersagung der Geschäftsleitung der Zweigstellen bzw der Untersagung neuer Geschäfte ergreifen. Parallel dazu informiert die FMA die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates und die Europäische Kommission (siehe Erl RV zu § 101 Abs 1 und 2) über die gesetzten Maßnahmen. § 101 Abs 2 unterscheidet sich von § 101 Abs 1 dadurch, dass es hier um Gesetzesverletzungen durch Zweigstellen von Wert877
§ 101
Muther-Pradler/Ortner
papierfirmen, Kreditinstituten und Finanzinstituten aus Mitgliedstaaten handelt, die in die Zuständigkeitskompetenz der FMA fallen und diese somit auch Maßnahmen bis hin zur Untersagung der Zweigstellenleitung ergreifen kann. Insofern wurde Art 62 Abs 2 richtlinienkonform umgesetzt. 4 § 101 Abs 3 setzt Art 62 Abs 3 MiFID um. Bei Rechtsverletzung durch einen geregelten Markt oder ein MTF in Österreich kann die FMA – nach Unterrichtung der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates – Sanktionsmaßnahmen, ua die Verhängung des Verbots, das System Fernmitgliedern oder Teilnehmern in Österreich zugänglich zu machen, ergreifen.
II. Begründungs- und Mitteilungspflicht 5 § 101 Abs 4 setzt Art 62 Abs 4 MiFID um. Eine Begründungs- und
Mitteilungspflicht wird sich jedoch bereits aus allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen ergeben (die Erl RV zu § 101 Abs 4 beziehen sich irrtümlich auf einen Vorentwurf, richtigerweise sind die Erläuterungen zu Abs 5 heranzuziehen).
III. Rechtsverletzungen österreichischer Rechtsträger im Ausland 6
§ 101 Abs 5 und 6 haben keine Grundlage in der MiFID, sondern entsprechen § 24 a Abs 3 und 4 WAG aF (Erl RV zu § 101 Abs 5 und 6 beziehen sich auf einen Vorentwurf, richtigerweise sind die Erläuterungen zu Abs 6 und 7 heranzuziehen). Im Falle der Rechtsverletzungen durch österreichische Wertpapierfirmen bzw Kreditinstitute, die im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs oder über eine Zweigstelle im EU-Ausland tätig werden, kann die FMA verschiedene Maßnahmen bis hin zum Konzessionsentzug treffen (§ 92 Abs 8 WAG iVm § 70 Abs 4 Z 1 bis 3 BWG). Die FMA setzt die zuständigen Behörden jener Mitgliedstaaten, in denen die Wertpapierfirma bzw das Kreditinstitut tätig werden, von den getroffenen Maßnahmen in Kenntnis. Die Regelung in § 101 Abs 5 wurde vom österreichischen Gesetzgeber jedoch zu eng gefasst, weil nur der Fall der Sanktionsmöglichkeit der FMA gegen Verstöße österreichischer Rechtsträger, die in anderen Mitgliedstatten im Wege einer Zweigstelle tätig sind, beschrieben wird. Es fehlt eine Regelung, auf Grund der die FMA österreichische Rechtsträger, 878
Sicherungsmaßnahmen
§ 101
die im Wege der Dienstleistungsfreiheit in anderen Mitgliedstaaten tätig werden, verfolgen kann, wenn diese gegen zwingende Normen des Aufnahmestaates verstoßen (siehe dazu Raschauer, RdW 2009, 158).
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5. Hauptstück Übergangs- und Schlussbestimmungen Übergangsbestimmungen § 102. (1) Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes gemäß dem WAG, BGBl. Nr. 753/1996 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 48/2006, bestehende Berechtigungen werden wie folgt übergeleitet: 1. § 1 Abs. 1 Z 19 lit. a bis c BWG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 19/2007, sofern § 20 Abs. 4 WAG, BGBl. Nr. 753/ 1996 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 48/2006, keine Anwendung findet: a) § 1 Abs. 1 Z 19 lit. a BWG entspricht der Berechtigung gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 dieses Bundesgesetzes; b) § 1 Abs. 1 Z 19 lit. b BWG entspricht der Berechtigung gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 dieses Bundesgesetzes; c) § 1 Abs. 1 Z 19 lit. c BWG entspricht der Berechtigung gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 dieses Bundesgesetzes; 2. § 1 Abs. 1 Z 19 lit. a und c BWG, sofern § 20 Abs. 4 WAG, BGBl. Nr. 753/1996 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 48/ 2006, Anwendung findet: a) § 1 Abs. 1 Z 19 lit. a BWG entspricht der Berechtigung gemäß § 4 zum Betrieb der in § 3 Abs. 2 Z 1 dieses Bundesgesetzes genannten Tätigkeit; b) § 1 Abs. 1 Z 19 lit. c BWG entspricht der Berechtigung gemäß § 4 zum Betrieb der in § 3 Abs. 2 Z 3 dieses Bundesgesetzes genannten Tätigkeit. Die FMA hat nach In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes hinsichtlich der gemäß Z 1 und 2 übergeleiteten Konzessionsträger besonde881
§ 102
Sedlak
res Augenmerk auf die Einhaltung der Bestimmungen des 2. Hauptstücks zu legen. Dies hat spätestens anhand der Abschluss- und Prüfungsberichte über das Geschäftsjahr 2008 zu erfolgen. Die FMA hat dabei auf die Größe und Struktur des Geschäftsbetriebes angemessen Bedacht zu nehmen. (2) Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes auf Grund der GewO 1994 bestehende Berechtigungen zur Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten Finanzinstrumente gemäß § 1 Z 6 lit. e bis g und j zum Gegenstand haben, erlöschen mit Ablauf des 31. Dezember 2007. Falls bis zu diesem Datum bei der FMA ein Konzessionsantrag gemäß § 3 Abs. 2 oder § 4 Abs. 2 gestellt wurde, kann dieses Gewerbe weiterhin bis zum 30. Juni 2008 ausgeübt werden. Berechtigungen zur Annahme und Übermittlung von Aufträgen durch Personen gemäß § 2 Abs. 1 Z 11 und 13 WAG 2007 erlöschen jedoch nicht auf Grund dieser Übergangsbestimmung. Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 102): „Zu § 102: Überleitungs- und Übergangsbestimmungen für Unternehmen, die eine Konzession gemäß dem bisherigen WAG oder der Gewerbeordnung haben und gemäß dem WAG 2007 (erstmals) konzessionspflichtig sind. Das betrifft neben schon bestehenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch einzelne Unternehmen mit einer Gewerbeberechtigung nach der Gewerbeordnung, wie z. B. Vermittler von Warenderivaten (vgl. § 1 Z 6 lit. e bis g WAG 2007). Zu Abs. 1: Die Überleitung bestehender Konzessionen ist dadurch gerechtfertigt, soweit die Tätigkeiten unverändert bleiben. Dies entspricht auch der bei der Erlassung des BWG, BGBl. Nr. 532/1993, im Jahr 1993 gewählten Vorgangsweise. Ein besonderes aufsichtliches Augenmerk durch die FMA ist jedoch insbesondere hinsichtlich der neuen Vorschriften mit Organisationsrelevanz geboten. Da die neuen Bestimmungen von einer großen Anzahl von Instituten eingehalten werden müssen, muss die FMA einerseits einen ausreichenden Zeitraum zur Verfügung stehen, innerhalb dessen sie andererseits zeitliche und inhaltliche Prioritäten bezüglich der Reihenfolge und Intensität über die diesbezügliche Aufsichtstätigkeit setzen kann. Ein verstärktes Augenmerk auf die Organisationsvorschriften erscheint im Übrigen auch bei übergeleiteten Legalkonzessionen sinnvoll (Kreditinstitute sowie Versicherungsunternehmen und Kapitalanlagegesellschaften nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 und 3).“
Übersicht I. II.
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Überleitung der Konzessionen für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überleitung von Berechtigungen auf Grund der GewO 1994 .
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Übergangsbestimmungen
§ 102
I. Überleitung der Konzessionen für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen § 102 enthält Übergangsbestimmungen hinsichtlich der Überleitung 1 bestehender Konzessionen nach dem bisherigen WAG aF (Abs 1) sowie von Berechtigungen nach der GewO 1994 (Abs 2). Besitzt eine Wertpapierfirma eine Konzession der FMA zur Beratung über die Veranlagung von Kundenvermögen (§ 1 Abs 1 Z 19 lit a BWG), so entspricht dies der geforderten Berechtigung nach § 3 Abs 2 Z 1 WAG, der eine Konzession für die Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente verlangt. Verfügt die Wertpapierfirma über eine Konzession der FMA über die Verwaltung von Kundenportefeuilles mit Verfügungsmacht im Auftrag des Kunden (§ 1 Abs 1 Z 19 lit b BWG), so entspricht dies der geforderten Berechtigung des § 3 Abs 2 Z 2 WAG, der beinahe wortwörtlich übereinstimmt, mit der Ergänzung „sofern das Kundenportfolio ein oder mehrere Finanzinstrumente enthält“. Wurde einer Wertpapierfirma bereits eine Konzession der FMA bezüglich Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von einem oder mehreren Instrumenten (Geldmarktinstrumente, Futures, Zinsterminkontrakten, Wertpapieren oder von einem dieser Art abgeleitetes Instrument) erteilt (§ 1 Abs 1 Z 19 lit c BWG), so entspricht dies der geforderten Berechtigung gemäß § 3 Abs 2 Z 3 WAG, der eine Konzession für die Annahme und Übermittlung von Aufträgen verlangt. Die erforderliche Konzession für Wertpapierdienstleistungsunterneh- 2 men gemäß § 4 für die Tätigkeiten der Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente (§ 3 Abs 2 Z 1 WAG) ist erfüllt, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen bereits über eine Konzession gemäß § 1 Abs 1 Z 19 lit a BWG verfügt. Ebenso ordnen die Überleitungsbestimmungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen an, dass bei Besitz einer Konzession gemäß § 1 Abs 1 Z 19 lit c BWG die notwendige Berechtigung für die Tätigkeit der Annahme und Übermittlung von Aufträgen (§ 3 Abs 2 Z 3 WAG) als vorhanden gilt. Die Vorgangsweise bei den Überleitungsbestimmung im WAG 2007 3 entspricht jener bei der Erlassung des BWG im Jahr 1993 (Erl RV 31). Die Überleitung bestehender Konzessionen ist insb gerechtfertigt, wenn die Tätigkeiten unverändert bleiben (Erl RV 31). Die FMA hat in ihrer Stellungnahme zum MinE betont, bei der Überleitung der Wertpapierdienstleistungsunternehmenskonzessionen einen möglichst ressourcenschonenden Weg sowohl für die Beaufsichtigten als auch für die FMA zu bevorzugen. Daher wandte sie sich entschieden dagegen, hinsichtlich 883
§ 102
Sedlak
bereits bestehender Konzessionen erneut ein vollständiges Konzessionsverfahren durchführen zu müssen (FMA, Stellungnahme zum Ministerialentwurf des WAG 2007, 2). Diesem Anliegen hat der Gesetzgeber hinsichtlich der Überleitungsbestimmungen für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen entsprochen. Der Wunsch der FMA, übergeleitete Konzessionen auf Basis eines Wirtschaftsprüferberichts feststellen zu können, findet sich jedoch im Gesetz nicht wieder. 4 Bei der Überleitung der genannten Konzessionen hat die FMA insb auf die Einhaltung der organisatorischen Bestimmungen (2. Abschnitt) zu achten. Das Gesetz räumt ihr dazu einen Zeitrahmen bis zum Ende des Geschäftsjahres 2008 ein, um dieser Anforderung durch Abschluss- und Prüfungsberichte gerecht zu werden. Dieser Zeithorizont ist aus zwei Gründen unabdingbar. Zum einen hat die FMA eine sehr große Anzahl von Instituten auf Einhaltung der organisatorischen Anforderungen zu überprüfen. Zum anderen sind diese organisatorischen Anforderungen so umfangreich, dass die FMA zeitliche und inhaltliche Prioritäten bezüglich Reihenfolge und Intensität setzen muss (Erl RV 32). Diesbezüglich hat die FMA sowohl die Größe als auch die Struktur des Geschäftsbetriebs angemessen zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber regt in den Erl RV an, auch bei übergeleiteten Legalkonzessionen verstärkt auf die Organisationsvorschriften zu achten und erwähnt in diesem Zusammenhang Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Kapitalanlagegesellschaften nach Maßgabe von § 2 Abs 2 und 3 (Erl RV 32).
II. Überleitung von Berechtigungen auf Grund der GewO 1994 5 Im Unterschied zu der Überleitung der Konzessionen, die durch § 102
Abs 1 ex lege erfolgt, erlöschen bestehende Berechtigungen, die auf Grundlage der GewO zur Annahme und Übermittlung von Aufträgen in Bezug auf Warenderivate (gemäß § 1 Z 6 lit e bis g und j) erteilt wurden. 6 Das Gesetz sieht das Erlöschen der Berechtigung auf Grund der GewO mit Ablauf des 31. 12. 2007 vor. Danach braucht der Vermittler eine entsprechende Konzession nach § 3 Abs 2 oder § 4 Abs 2 WAG. Die Frist zwischen In-Kraft-Treten des WAG 2007 (1. 11. 2007) und dem Datum des vorgesehenen Erlöschens ist verhältnismäßig kurz (zwei Monate). Daher besteht für Vermittler die Möglichkeit, auf Grund ihrer bisher bestehenden Konzession nach der GewO bis 30. 6. 2008 ihre Tätigkeit unter der Voraussetzung auszuüben, dass sie bis zum 31. 12. 2007 einen Konzessionsantrag bei der FMA gemäß § 3 Abs 2 oder § 4 Abs 2 gestellt haben. 884
Übergangsbestimmungen
§ 103
§ 103. Nach dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes gelten folgende Übergangsbestimmungen: 1. (zu § 13): Eine Notifikation ist für Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 erforderlich, sofern diese nicht bereits der FMA vor InKraft-Treten dieses Bundesgesetzes gemäß § 21 WAG, BGBl. Nr. 753/1996 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 141/2006, in Verbindung mit § 10 BWG notifiziert wurden. 2. (zu § 25 Abs. 1): Vereinbarungen über die klare Aufteilung der Rechte und Pflichten zwischen dem Rechtsträger und dem Dienstleister bei der Auslagerung von wesentlichen betrieblichen Aufgaben an Dienstleister müssen erst mit 1. Oktober 2008 das Erfordernis der Schriftform erfüllen. 3. (zu § 58): Kunden, die bereits vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes von einem Rechtsträger gemäß § 15 als professionelle Kunden im Sinne des § 58 Abs. 2 dieses Bundesgesetzes eingestuft wurden, gelten auch nach In-Kraft-Treten von § 58 als professionelle Kunden im Sinne dieses Bundesgesetzes, ohne dass es einer neuerlichen Einstufung als professionelle Kunden bedarf; der Rechtsträger hat diese Kunden über die Voraussetzungen, die in diesem Bundesgesetz für die Kategorisierung von Kunden vorgesehen sind, zu informieren. 4. (zu § 59): Kunden, die bereits vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes von einem Rechtsträger gemäß § 15 auf Grundlage von Verfahren und Kriterien, die jenen von § 59 Abs. 2 Z 4 und 5 vergleichbar sind, als professionelle Kunden im Sinne des § 58 Abs. 1 dieses Bundesgesetzes eingestuft wurden, gelten auch nach In-Kraft-Treten von § 59 als professionelle Kunden im Sinne dieses Bundesgesetzes, ohne dass es einer neuerlichen Einstufung als professionelle Kunden bedarf; der Rechtsträger hat diese Kunden über die Voraussetzungen, die in diesem Bundesgesetz für die Kategorisierung von Kunden vorgesehen sind, zu informieren. 5. (zu § 61): Kunden, die bereits vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes vom Rechtsträger als Privatkunden eingestuft sind und von diesem Rechtsträger mit In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes weiterhin als Privatkunden eingestuft werden, müssen darüber nicht gesondert informiert werden. 885
§ 103
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6. (zu § 62): Am 31. Oktober 2007 anhängige Verwaltungsstrafverfahren wegen Verletzung des § 107 TKG 2003 sind von der zu diesem Zeitpunkt zuständigen Behörde auch dann fortzuführen, wenn sich die Werbung auf eines der im § 62 genannten Instrumente bezogen hat. 7. (zu § 74): Die Bestimmungen des § 74 über die Rechnungslegung und den Aufsichtsbericht sind erstmals auf jenes Geschäftsjahr anzuwenden, in dem der Wertpapierfirma oder dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Konzession erteilt wurde. 8. (zu § 75 Abs. 1): Bei Wertpapierfirmen gemäß § 75 Abs. 1, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes über eine Konzession gemäß § 19 WAG, BGBl. Nr. 753/1996 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 141/2006, verfügen und die keiner Entschädigungseinrichtung angehören, erlischt die Konzession am 30. April 2008, sofern sie nicht bis zu diesem Zeitpunkt einer Entschädigungseinrichtung angehören. 8 a. (zu § 76 Abs. 1 a): Die Beitragsverpflichtung gemäß § 76 Abs. 1 a besteht erstmals für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2008 enden. 9. (zu § 76 Abs. 6) § 76 Abs. 6 ist erstmals auf Bilanzstichtage ab dem 31. Dezember 2007 anzuwenden. Eine Entschädigungseinrichtung, die im vorangegangenen Jahresabschluss Anlegerforderungen, hierfür gebildete Rückstellungen oder Beitragsforderungen gemäß § 76 Abs. 3 und 4 bilanzwirksam verbucht hat, hat diese Bilanzpositionen im darauf folgenden Jahresabschluss nicht erfolgswirksam aufzulösen und als Treuhandvermögen im Anhang gemäß § 76 Abs. 6 auszuweisen. 10. (zu § 11 Abs. 2): §§ 11 bis 11 b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 22/2009 sind erstmals auf Beteiligungsanzeigen gemäß § 11 anzuwenden, die am 1. April 2009 gemäß § 11 Abs. 2 dieses Bundesgesetzes an die FMA übermittelt werden. IdF BGBl I 39/2009 Erl RV GP XXIII RV 143 (zu § 103): „Zu § 103 Z 2 (§ 58): Hiermit wird die Übergangsbestimmung in Art. 71 Abs. 6 der Richtlinie 2004/ 39/EG umgesetzt.
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Übergangsbestimmungen
§ 103
Zu § 103 Z 3 (§ 59): Hiermit wird der vorletzte Unterabsatz von Anhang II, Teil II.2. der Richtlinie 2004/39/EG umgesetzt.“ Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 103): „Zu § 103 Z 10: Setzt Art. 8 der Richtlinie 2007/44/EG um.“
Zur Übergangsbestimmung des § 103 Z 1 vgl § 13 Rz 2.
1
Die Übergangsbestimmung in § 103 Z 2 wurde erst im Rahmen eines 2 Abänderungsantrags eingebracht. Ziel dieser Übergangsbestimmung ist, der Kreditwirtschaft einen angemessenen Zeitraum für die Anpassung der Vielzahl an Auslagerungsvereinbarungen zu geben. Dadurch soll insb sichergestellt werden, dass bestehende nicht-schriftliche Vereinbarungen nicht von zivilrechtlicher Nichtigkeit durch fehlende Schriftform bedroht sind (Begründung zum Abänderungsantrag). Im Hinblick auf die praktische Umsetzung der in der MiFID vorgese- 3 henen Kundenklassifizierung wird den Rechtsträgern des § 15 (also Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Versicherungsunternehmen nach Maßgabe des § 2 Abs 2, Zweigstellen von Wertpapierfirmen nach Maßgabe § 12 Abs 4 und Kreditinstitute nach § 9 Abs 7 BWG) eine wesentliche Erleichterung bei der Einstufung von Kunden, die sie bereits bisher als professionelle Kunden iSd § 58 Abs 2 behandelt haben, gewährt. Diese gelten auch nach In-Kraft-Treten des WAG 2007 als professionell, ohne dass vom Rechtsträger eine neuerliche Einstufung vorgenommen werden muss. Dies erspart den Rechtsträgern einen erheblichen wirtschaftlichen Aufwand und entspricht den Vorgaben des Art 71 Abs 6 MiFID (Erl RV 32). Die Pflicht zur neuerlichen Kundeneinstufung entfällt aber nur unter der Voraussetzung, dass der Rechtsträger den Kunden über dessen Einstufung informiert (siehe § 59 Rz 7). Die Übergangsbestimmung des § 103 Z 3 soll ebenfalls das Vorgehen 4 bei der Kundenklassifizierung erleichtern, indem ein bereits auf Antrag als professionell eingestufter Kunde auch nach In-Kraft-Treten von § 59 ohne eine neuerliche Einstufung als solcher behandelt werden kann, sofern die Verfahren und Kriterien der bisherigen Einstufung mit jenen der MiFID vergleichbar sind. Damit wird der letzte Unterabsatz von Anhang II, Teil II, 2. MiFID umgesetzt (Erl RV 32). Anhang II, Teil 2 konkretisiert die Voraussetzungen, unter denen ein Kunde, der auf Antrag als professioneller Kunde behandelt wird, auf den Schutz der Wohlverhaltensregeln verzichten kann. Dazu muss er der Wertpapierfirma mitteilen, in welchem Umfang er als professioneller Kunde behandelt werden möchte. Daraufhin hat die Wertpapierfirma den 887
§ 104
Sedlak
Kunden schriftlich klar darauf hinzuweisen, welches Schutzniveau und welche Anlegerentschädigungsrechte er gegebenenfalls verliert. Zusätzlich bedarf es einer Bestätigung des Kunden in einem getrennten Dokument, dass er sich der Folgen des Verlustes des Schutzniveaus bewusst ist. Darüber hinaus ist die Wertpapierfirma verpflichtet, durch Vorkehrungen sicherzustellen, dass der Kunde die Kriterien des Anhang II, Teil II, 1. erfüllt, bevor sie der Einstufung als professionellen Kunden stattgibt. 5 Wertpapierfirmen sind verpflichtet, einer Entschädigungseinrichtung
anzugehören. Um diesem Gebot Nachdruck zu verleihen, sieht § 103 Z 7 das Erlöschen der Konzession nach § 19 WAG aF mit 30. 4. 2008 vor, wenn die Wertpapierfirma bis dahin keiner Entschädigungseinrichtung angehört.
Verweise und Verordnungen § 104. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese, sofern nichts Anderes bestimmt wird, in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden. (2) Soweit in diesem Bundesgesetz auf die Richtlinie 2004/39/EG oder die Richtlinie 2006/73/EG verwiesen wird, so ist, sofern nichts Anderes angeordnet ist, jeweils die folgende Fassung anzuwenden: 1. Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. Nr. L 145 vom 30. 4. 2004, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 2007/44/EG zur Änderung der Richtlinie 92/46/EWG sowie der Richtlinien 2002/83/EG, 2004/39/EG, 2005/68/EG und 2006/48/EG in Bezug auf Verfahrensregeln und Bewertungskriterien für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Erwerbs und der Erhöhung von Beteiligungen im Finanzsektor (Abl Nr. L 247 vom 21. 9. 2007, S. 1) und 2. Richtlinie 2006/73/EG der Kommission zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. Nr. L 241 vom 2. 9. 2006, S. 26). 888
Sprachliche Gleichbehandlung
§ 105
(3) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes in seiner jeweiligen Fassung dürfen bereits von dem Tag an erlassen werden, der der Kundmachung des durchzuführenden Bundesgesetzes folgt; sie dürfen jedoch nicht vor den durchzuführenden Gesetzesbestimmungen in Kraft treten. IdF BGBl I 22/2009. Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 104): „Zu § 104 Abs. 2 Z 1: Aktualisiert die Bestimmung hinsichtlich der geltenden Fassung der Richtlinie 2004/39. Zu § 104 Abs. 3: Stellt sicher, dass mit Inkrafttreten der geänderten Bestimmungen zum Beteiligungserwerb auch die FMA-Verordnungen dazu vorliegen können.“
§ 104 enthält für Verweise zwei wesentliche Feststellungen: Verweise 1 auf ein anderes Bundesgesetz sind dynamische Verweise und beziehen sich daher auf deren jeweils geltende Fassung. Dies entspricht der generellen Verweistechnik und ist zulässig, weil es sich um dieselbe normsetzende Autorität handelt. Bei den Verweisen auf die MiFID – RL 2004/39/EG oder die MiFID-DRL – RL 2006/73/EG handelt es sich um statische Verweise, wobei § 104 Abs 2 die heranzuziehende Fassung festlegt. Verordnungen auf Grund des WAG 2007 können gemäß § 104 Abs 3 ab dem auf dessen Kundmachung folgenden Tag erlassen werden. Die Neufassung des § 104 Abs 3 stellt sicher, dass mit Inkrafttreten der 2 geänderten Bestimmungen zum Beteiligungserwerb auch die FMAVerordnungen dazu vorliegen können (EB zur RV 45 GP XXIV 15).
Sprachliche Gleichbehandlung § 105. Soweit in diesem Bundesgesetz personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen und Männer in gleicher Weise. Bei der Anwendung auf bestimmte Personen ist die jeweils geschlechtsspezifische Form zu verwenden. § 105 enthält eine Klarstellung zur sprachlichen Gleichbehandlung von 1 Männern und Frauen und entspricht so den Vorgaben der Legistischen Richtlinien 1990 des BKA.
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§ 108
Sedlak
Außer-Kraft-Treten § 106. Das Wertpapieraufsichtsgesetz – WAG, BGBl. Nr. 753/1996 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 141/2006, tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2007 außer Kraft.
Vollziehung § 107. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist 1. hinsichtlich des § 94 Abs. 3 der Bundesminister für Justiz, 2. hinsichtlich der §§ 7 und 38 bis 54 der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz, 3. hinsichtlich der übrigen Bestimmungen der Bundesminister für Finanzen betraut. 1 Diese Bestimmung enthält eine Vollziehungsklausel für das WAG
2007. Es ist mittels genereller Anordnung der Bundesminister für Finanzen für die Vollziehung zuständig (Z 3). Davon gibt es in Z 1 und Z 2 zwei Ausnahmen. Bei Offenbarung oder Verwertung vertraulicher Tatsachen (§ 94 Abs 3), die einen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht begründet, vollzieht der Bundesminister für Justiz (Z 1). Dieser hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen die Vorschriften in Bezug auf die Verschwiegenheitspflicht des § 7 sowie folgende organisatorischen Anforderungen zu vollziehen (Z 2): Das Handeln im besten Interesse des Kunden, die Informations- und Berichtspflichten gegenüber dem Kunden, die Eignung und Angemessenheit von Wertpapierdienstleistungen sowie die bestmögliche Durchführung der Dienstleistungen.
In-Kraft-Treten § 108. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. November 2007 in Kraft. (2) § 6, § 12 Abs. 4, § 60 Abs. 2, § 73 Abs. 1, § 91 Abs. 1 Z 5 und 6, § 91 Abs. 3 Z 6 und 11, § 91 Abs. 7, § 95 Abs. 8 Z 1 und § 95 Abs. 9 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 107/2007 treten am 15. Dezember 2007 in Kraft. (3) Die Änderungen zum Inhaltsverzeichnis, § 1 Z 22, § 3 Abs. 6 Z 2, § 11, § 11 a, § 11 b, § 41 Abs. 3, § 42 Abs. 2, § 91 Abs. 2 Z 3, Abs. 4 Z 11 und 12, Abs. 5, Abs. 6 und 7, § 103 Z 10 und § 104 Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 22/2009 treten mit 1. April 2009 in Kraft. 890
In-Kraft-Treten
§ 108
(4) § 75 Abs. 6 bis 9, § 76 Abs. 1 bis 3, § 91 Abs. 4, § 95 Abs. 3, § 103 Z 8 a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 39/2009 treten am 1. Mai 2009 in Kraft. (5) § 92 Abs. 6, 11 und 12 sowie § 94 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 66/2009 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. IdF BGBl I 66/2009. Erl RV GP XXIV RV 45 (zu § 104): „Zu § 108 Abs. 3: Setzt Art. 7 der Richtlinie 2007/44/EG um.“
§ 108 ordnet das In-Kraft-Treten des WAG für den 1. 11. 2007 an. Der 1 Text der MiFID verlangt in Art 70 erster Absatz das In-Kraft-Treten für spätestens 24 Monate nach dem Tag der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union. Demnach hätten die Mitgliedstaaten die MiFID bis spätestens 21. 4. 2006 in ihr nationales Recht umsetzen müssen. Die Durchführungsbestimmungen (MiFID-DRL – RL 2006/ 73/EG und DVO – VO (EG) Nr. 1287/2006) wurden erst im August 2006 fertig gestellt und veröffentlicht. Daher wurde die Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten auf 31. 1. 2007 festgesetzt. Da zu diesem Zeitpunkt immer noch einige Staaten säumig waren, forderte Kommissionsmitglied McCreevy die Finanzminister in einem Schreiben auf, die Umsetzung der MiFID zur obersten Priorität ihrer politischen Agenden zu machen. Wie vom Rat und vom Europäischen Parlament vereinbart, wurde den Mitgliedstaaten ab dem 31. 1. 2007 eine weitere Frist von neun Monaten (dh bis 1. 11. 2007) eingeräumt, um ihre Systeme und ihre Organisation den MiFID-Anforderungen anzupassen.
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Anlagen
Anlage 1 zu § 25
Auslagerungsbedingungen 1. Der Dienstleister hat über die Eignung, die Kapazität sowie alle gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungen zu verfügen, um die ausgelagerten Aufgaben, Dienstleistungen oder Tätigkeiten zuverlässig und professionell auszuführen; 2. der Dienstleister hat die ausgelagerten Dienstleistungen wirkungsvoll auszuführen, der Rechtsträger hat zu diesem Zweck Methoden für die Bewertung seiner Leistungen festzulegen; 3. der Dienstleister hat die Ausführung der ausgelagerten Aufgaben ordnungsgemäß zu überwachen und die mit der Auslagerung verbundenen Risiken angemessen zu steuern; 4. falls Zweifel bestehen, dass der Dienstleister seine Aufgaben wirkungsvoll und unter Einhaltung aller geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften ausführt, haben angemessene Schritte eingeleitet zu werden; 5. der Rechtsträger hat weiterhin über die notwendigen Fachkenntnisse zu verfügen, um die ausgelagerten Aufgaben wirkungsvoll zu überwachen und die mit der Auslagerung verbundenen Risiken zu steuern. Er hat diese Aufgaben auch tatsächlich zu überwachen und diese Risiken auch tatsächlich zu steuern; 6. der Dienstleister hat dem Rechtsträger jede Entwicklung zur Kenntnis zu bringen, die seine Fähigkeit, die ausgelagerten Aufgaben wirkungsvoll und unter Einhaltung aller geltenden Rechtsund Verwaltungsvorschriften auszuführen, wesentlich beeinträchtigen könnte; 7. der Rechtsträger muss die Auslagerungsvereinbarung erforderlichenfalls kündigen können, ohne dass dies die Kontinuität und Qualität der für seine Kunden erbrachten Dienstleistungen beeinträchtigt; 8. der Dienstleister hat in Bezug auf die ausgelagerten Tätigkeiten mit der FMA zusammenzuarbeiten; 9. der Rechtsträger, seine Abschlussprüfer und die FMA müssen tatsächlich Zugang zu den mit den ausgelagerten Tätigkeiten zusammenhängenden Daten und zu den Geschäftsräumen des Dienstleisters haben. Die FMA muss von diesen Zugangsrechten Gebrauch machen können; 10. der Dienstleister hat alle vertraulichen Informationen, die den Rechtsträger und seine Kunden betreffen, zu schützen; 892
Anlagen
11. der Rechtsträger und der Dienstleister haben einen Notfallplan festzulegen und dessen kontinuierliche Einhaltung sicherzustellen, der bei einem Systemausfall die Speicherung der Daten gewährleistet und regelmäßige Tests der Backup-Systeme vorsieht, sollte dies angesichts der ausgelagerten Funktion, Dienstleistung oder Tätigkeit erforderlich sein. Anlage 1 zu § 40
Informationen für Privatkunden über den Rechtsträger und seine Dienstleistungen 1. Rechtsträger haben einem Privatkunden – soweit relevant – folgende allgemeine Informationen zu übermitteln: a) Name und Anschrift des Rechtsträgers sowie Angaben, die dem Kunden eine effektive Kommunikation mit dem Rechtsträger ermöglichen; b) Sprachen, in denen der Kunde mit dem Rechtsträger kommunizieren und Dokumente sowie andere Informationen von ihm erhalten kann; c) Kommunikationsmittel, die zwischen dem Rechtsträger und dem Kunden zu verwenden sind, und – soweit relevant – Kommunikationsmittel zur Übermittlung und zum Empfang von Aufträgen; d) Hinweis auf die Konzession des Rechtsträgers, einschließlich Angabe von Namen und Adresse der zuständigen Behörde, die die Konzession erteilt hat; e) gegebenenfalls Hinweis darauf, dass der Rechtsträger über einen vertraglich gebundenen Vermittler handelt, einschließlich Angabe des Mitgliedstaats, in dem dieser Vermittler registriert ist; f) Art, Häufigkeit und Zeitpunkt der Berichte über die erbrachten Dienstleistungen gemäß § 48; g) falls der Rechtsträger Finanzinstrumente oder Gelder seiner Kunden hält, kurze Beschreibung der Maßnahmen, die der Rechtsträger zu deren Schutz trifft, einschließlich kurzer Angaben zu etwaigen Anlegerentschädigungs- oder Einlagensicherungssystemen, denen der Rechtsträger aufgrund seiner Tätigkeit im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat angeschlossen sein muss; h) Beschreibung – gegebenenfalls als Zusammenfassung – der Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten gemäß § 35; 893
Anlagen
i) auf Wunsch des Kunden jederzeit weitere Einzelheiten zu diesen Interessenkonflikten auf einem dauerhaften Datenträger oder auf einer Website (§ 16 Abs. 2). 2. Rechtsträger haben einem Privatkunden, dem sie die Erbringung von Portfolioverwaltungsdienstleistungen vorschlagen, außer den nach Z 1 erforderlichen Informationen gegebenenfalls noch folgende Informationen zu übermitteln: a) Art und Weise sowie Häufigkeit der Bewertung der Finanzinstrumente im Kundenportfolio; b) Einzelheiten zur etwaigen Zulässigkeit einer Delegation der Vermögensverwaltung mit Ermessensspielraum in Bezug auf alle oder einen Teil der Finanzinstrumente oder Gelder im Kundenportfolio; c) Vergleichsgröße, anhand derer die Wertentwicklung des Kundenportfolios verglichen werden kann; d) Art der Finanzinstrumente, die in das Kundenportfolio aufgenommen werden können, und Art der Geschäfte, die mit diesen Instrumenten ausgeführt werden können, einschließlich Angabe etwaiger Einschränkungen; e) Managementziele, bei der Ausübung des Ermessens durch den Verwalter zu beachtendes Risikoniveau und etwaige spezifische Einschränkungen dieses Ermessens. Anlage 2 zu § 40
Informationsanforderungen zum Schutz von Kundenfinanzinstrumenten und Kundengeldern Rechtsträger, die Privatkunden gehörende Finanzinstrumente oder Gelder halten, haben den betreffenden Privatkunden – soweit relevant – die folgenden Informationen zu übermitteln: 1. Der Rechtsträger informiert den Privatkunden darüber, wo seine Finanzinstrumente oder Gelder im Namen des Rechtsträgers von einem Dritten gehalten werden können, und informiert ihn über die Haftung des Rechtsträgers nach dem anwendbaren nationalen Recht für etwaige Handlungen oder Unterlassungen des Dritten und über die Folgen einer Zahlungsunfähigkeit des Dritten für den Kunden. 2. Können Finanzinstrumente des Privatkunden, soweit dies nach nationalem Recht zulässig ist, von einem Dritten auf einem Sammelkonto geführt werden, informiert der Rechtsträger den Kunden darüber und warnt ihn deutlich vor den damit verbundenen Risiken. 894
Anlagen
3. Der Rechtsträger informiert den Privatkunden entsprechend, wenn es nach nationalem Recht nicht möglich ist, Kundenfinanzinstrumente, die von einem Dritten gehalten werden, von den Eigenhandelsfinanzinstrumenten dieses Dritten oder des Rechtsträgers getrennt zu halten, und warnt ihn deutlich vor den damit verbundenen Risiken. 4. Bevor ein Rechtsträger Wertpapierfinanzierungsgeschäfte im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten tätigt, die er im Namen eines Privatkunden hält, oder bevor er die betreffenden Finanzinstrumente für eigene Rechnung oder die eines anderen Kunden verwendet, übermittelt der Rechtsträger dem Privatkunden rechtzeitig vor der Verwendung der betreffenden Instrumente auf einem dauerhaften Datenträger klare, vollständige und zutreffende Informationen über die Rechte und Pflichten des Rechtsträgers in Bezug auf die Verwendung der betreffenden Finanzinstrumente und die Bedingungen für seine Rückgabe sowie über die damit verbundenen Risiken. Anlage 3 zu § 40
Informationen über Risiken Die Beschreibung der Risiken hat sich – soweit für die betreffende Art von Finanzinstrument sowie den Status und den Kenntnisstand des Kunden relevant – zu erstrecken auf 1. die mit Finanzinstrumenten der betreffenden Art einhergehenden Risiken, einschließlich einer Erläuterung der Hebelwirkung und ihrer Effekte, und Risiko des Verlusts der gesamten Kapitalanlage; 2. die Volatilität des Preises der betreffenden Instrumente und etwaige Beschränkungen des für derlei Instrumente verfügbaren Marktes; 3. den Umstand, dass jeder Anleger auf Grund von Geschäften mit den betreffenden Instrumenten möglicherweise finanzielle und sonstige Verpflichtungen einschließlich Eventualverbindlichkeiten übernehmen muss, die zu den Kosten für den Erwerb der Instrumente hinzukommen; 4. etwaige Einschusspflichten oder ähnliche Verpflichtungen, die für Instrumente der betreffenden Art gelten. Anlage 4 zu § 40
Informationen über Kosten und Nebenkosten Rechtsträger haben einem Privatkunden Informationen mit folgenden Angaben zu übermitteln: 895
Anlagen
1. Gesamtpreis, den der Kunde im Zusammenhang mit dem Finanzinstrument, der Wertpapierdienstleistung oder der Nebendienstleistung zu zahlen hat, einschließlich aller damit verbundener Gebühren, Provisionen, Entgelte und Auslagen sowie aller über den Rechtsträger zu entrichtender Abgaben, oder – wenn die Angabe eines genauen Preises nicht möglich ist – die Grundlage für die Berechnung des Gesamtpreises, damit der Kunde diesen überprüfen kann; die von dem Rechtsträger in Rechnung gestellten Provisionen sind in jedem Fall getrennt anzuführen; 2. falls ein Teil des unter Z 1 genannten Gesamtpreises in einer Fremdwährung zu zahlen ist oder einen Betrag in einer Fremdwährung darstellt, die betreffende Währung und den anzuwendenden Wechselkurs und die damit verbundenen Kosten; 3. gegebenenfalls einen Hinweis auf die Möglichkeit, dass dem Kunden aus Geschäften in Zusammenhang mit dem Finanzinstrument oder der Wertpapierdienstleistung noch weitere Kosten und Abgaben entstehen können, die nicht über den Rechtsträger gezahlt oder von ihm in Rechnung gestellt werden; 4. Bestimmungen über die Zahlung oder sonstige Gegenleistungen. Anlage 1 zu § 49
Mitteilungen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 896
Name der Firma, die die Mitteilung macht; Name oder sonstige Bezeichnung des Kunden; Handelstag; Handelszeitpunkt; Art des Auftrags; Ausführungsplatz; Instrument; Kauf- oder Verkauf-Indikator; Wesen des Auftrags, falls es sich nicht um einen Kauf- oder Verkaufsauftrag handelt; Menge; Stückpreis; Gesamtentgelt; Summe der in Rechnung gestellten Provisionen und Auslagen sowie auf Wunsch des Privatkunden eine Aufschlüsselung nach Einzelposten; Aufgaben des Kunden in Zusammenhang mit der Abwicklung des Geschäfts unter Angabe der Zahlungs- oder Einlieferungsfrist so-
Anlagen
wie der jeweiligen Konten, sofern diese Angaben und Aufgaben dem Kunden nicht bereits früher mitgeteilt worden sind; 15. war die Gegenpartei des Kunden der Rechtsträger selbst, eine Person der Gruppe, der dem Rechtsträger angehört, oder ein anderer Kunde des Rechtsträgers, ein Verweis darauf, dass dies der Fall war, es sei denn, der Auftrag wurde über ein Handelssystem ausgeführt, das den anonymen Handel erleichtert. Für die Zwecke von Z 9 gilt, dass der Rechtsträger dem Kunden bei tranchenweiser Ausführung des Auftrags den Preis für die einzelnen Tranchen oder den Durchschnittspreis übermitteln kann. Gibt der Rechtsträger den Durchschnittspreis an, übermittelt er dem Privatkunden auf Wunsch den Preis für die einzelnen Tranchen. Anlage 1 zu § 50
Periodische Aufstellungen 1. Name des Rechtsträgers; 2. Name oder sonstige Bezeichnung des Kontos des Privatkunden; 3. Zusammensetzung und Bewertung des Portfolios mit Einzelangaben zu jedem gehaltenen Finanzinstrument, seinem Marktwert oder – wenn dieser nicht verfügbar ist – dem beizulegenden Zeitwert, dem Kontostand zum Beginn und zum Ende des Berichtszeitraums sowie der Wertentwicklung des Portfolios während des Berichtszeitraums; 4. Gesamtbetrag der in dem Berichtszeitraum angefallenen Gebühren und Entgelte, mindestens aufgeschlüsselt in Gesamtverwaltungsgebühren und Gesamtkosten im Zusammenhang mit der Leistungserbringung, gegebenenfalls mit dem Hinweis, dass auf Wunsch eine detailliertere Aufschlüsselung erhältlich ist; 5. Vergleich der Wertentwicklung während des Berichtszeitraums und der Vergleichsgröße, falls eine solche zwischen Rechtsträger und Kunde vereinbart wurde; 6. Gesamtbetrag der Dividenden-, Zins- und sonstigen Zahlungen, die während des Berichtszeitraums im Zusammenhang mit dem Kundenportfolio eingegangen sind; 7. Informationen über sonstige Maßnahmen des Unternehmens, die Rechte in Bezug auf im Portfolio gehaltene Finanzinstrumente verleihen; 8. für jedes in dem Berichtszeitraum ausgeführte Geschäft – soweit relevant – die in der Anlage 1 zu § 49 Z 1 bis 12 genannten Informationen, es sei denn, der Kunde wünscht die Informationen über die ausgeführten Geschäfte jeweils einzeln, da dann § 50 Abs. 3 anzuwenden ist. 897
Standard Compliance Code 2008 (SCC 2008) Der SCC 2008 wurde von Prof. Otto Lucius, Dr. Martin Oppitz und Dr. Friedrich Pachinger in Zusammenarbeit mit einer Expertengruppe unter Vorsitz des Geschäftsführers der Bundessparte Bank und Versicherung, Prof. Herbert Pichler, erstellt. Die Herausgeber danken den Verfassern für die freundliche Genehmigung zum Abdruck.
Grundsätze ordnungsmäßiger Compliance Stand 28. 12. 2007
Präambel Finanzmärkte basieren in besonderem Maße auf dem Vertrauen der Marktteilnehmer. Geschäfte und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten sollen – nicht nur unter dem Einfluss ausländischer Vorbilder, europäischer und inländischer gesetzlicher Regelungen – geprägt sein von Fairneß gegenüber anderen Marktteilnehmern. Der geschäftliche Erfolg hängt nicht zuletzt von einem soliden, vertrauensvollen Verhältnis zwischen Kunden, Kreditinstitut und Mitarbeitern ab. Die Kreditinstitute wollen deshalb einen unzulässigen Umgang mit noch nicht öffentlich zugänglichen Informationen, die anlage- bzw. preisrelevant sind, sowie Marktmissbrauch allgemein und Interessenkonflikte verhindern, Verstöße aufdecken und gegebenenfalls Sanktionen verhängen, die von eingeschränkten Geschäftsmöglichkeiten des Mitarbeiters bis zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen reichen. Jene österreichischen Kreditinstitute, die Geschäfte und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten durchführen, werden 898
Grundsätze ordnungsmäßiger Compliance
daher als Basis für ihre Geschäftstätigkeit, insbesondere in den Bereichen • Handel mit Finanzinstrumenten, • Anlageberatung, • Vermögensverwaltung und Fondsmanagement, • Emission und • Finanzanalyse, sowie • Öffentlichkeitsarbeit und Marketing den gemeinsam entwickelten Standard Compliance Code anwenden. Jedes Kreditinstitut erwartet von seinen Mitarbeitern Integrität und Engagement gegenüber den Kunden. Es muss darauf vertrauen können, dass seine Mitarbeiter jegliche Handlungsweisen, Abhängigkeiten oder Interessensverflechtungen meiden, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Kreditinstituts, welche die Interessen des Kunden oder der Bank beeinträchtigen. Verhaltensweisen, die den Kunden schädigen, den Kapitalmarkt in unfairer Weise beeinflussen oder dem Ansehen des Kreditinstituts abträglich sind, müssen vermieden werden. Angesichts der Vielzahl von gesetzlichen Regelungen dient der Standard Compliance Code auch der Klarstellung der Verhaltenspflichten und damit dem Schutz der Mitarbeiter.
1. Definition Compliance bedeutet das Handeln in Übereinstimmung mit geltenden Gesetzen, regulatorischen Vorschriften und über- bzw. innerbetrieblichen Regelwerken in jenen Geschäftsbereichen, die vom vorliegenden SCC und seinen Mindeststandards umfasst sind. Compliance schützt • die Kunden • das Unternehmen, und • die Mitarbeiter vor unbewussten Verstößen gegen die oben genannten Vorschriften. Damit werden nicht nur Mitarbeiter geschützt, es wird auch das Reputationsrisiko minimiert und die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes gefördert. Nicht nur Lehre und Praxis sind einhellig der Auffassung, dass Kreditinstitute über ein Compliance-System verfügen sollten, auch die MiFID und damit auch § 18 WAG 2007, das Baseler Papier 113 „Compliance and the compliance function in banks“ – und für börsenotierte Kreditinstitute die ECV – schreiben eine Compliance-Funktion vor. Allerdings 899
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haben die Kreditinstitute dabei der Art, dem Umfang und der Komplexität ihrer Geschäfte sowie der Art und dem Spektrum der dabei getätigten Finanzdienstleistungen und Anlagetätigkeiten Rechnung zu tragen.
2. Zwecksetzungen von Compliance In der Literatur werden fünf Compliance-Zwecksetzungen unterschieden:
2.1. Schutzzweck Aufklärung der Mitarbeiter über entsprechende Regelungen sowie entsprechende Überwachungsmaßnahmen dienen der Vorbeugung gegen bewusste und unbewusste Verstöße gegen diese Regelungen. Dies schützt sowohl das Unternehmen als auch Mitarbeiter vor Schaden. Zur Schutzfunktion zählt auch die Erkennung und Bewältigung von Interessenkonflikten.
2.2. Beratungs- und Informationszweck Die Compliance-Funktion ist nicht nur schulend und aufklärend tätig, sie ist auch Anlaufstelle für die operativen Abteilungen, wenn es gilt, Zweifelsfragen zu klären. Das Bewusstsein der Mitarbeiter für mögliche Risken muss geschärft werden, und sie müssen wissen, wann die Compliance-Funktion einzuschalten ist.
2.3. Qualitätssicherungszweck Der Grundsatz der anlage- und anlegergerechten Beratung erfordert das Einholen von Informationen über den Kunden („Know your Customer-Prinzip“). Das WAG 2007 verpflichtet die Compliance-Funktion, zur Einhaltung dieser Vorschriften adäquate Vorkehrungen zu treffen.
2.4. Überwachungszweck Die Einhaltung aller compliancerelevanten Pflichten, die sich aus Gesetzen, regulatorischen Vorschriften oder über- / innerbetrieblichen Regelwerken ergeben, muss überwacht werden. Daher hat Compliance entsprechende Monitoringsysteme zu implementieren und deren Effizienz zu überprüfen. 900
Grundsätze ordnungsmäßiger Compliance
2.5. Marketing-Zweck Eine effiziente Compliance-Funktion vermeidet Regelverstöße und daraus resultierende operationelle Risken, insbesondere Reputationsrisken. Damit dient Compliance auch der Erhaltung und Stärkung des Vertrauens in das Kreditinstitut.
3. Zielsetzung Compliance ist ein Organisationskonzept, dessen Ziel es ist, ein von Fairneß, Solidarität und Vertrauen getragenes Verhältnis der Informationssymmetrie zwischen den Kunden, dem Kreditinstitut und den Mitarbeitern zu erreichen, Interessenkonflikte zu bewältigen und die Einhaltung geltender Gesetze und sonstiger (zB bankinterner) Regelungen sicherzustellen. Aufgabe einer Compliance-Organisation 1 ist es einerseits, das ordnungsgemäße Verhalten der Mitarbeiter zu überwachen, allfällige Regelverstöße festzustellen und Abhilfe zu schaffen. Sie hat auch dafür Sorge zu tragen, dass interne Richtlinien, Verfahren und Organisationsvorschriften entwickelt werden, die dazu beitragen, dass Kreditinstitute sowie deren Organe und Mitarbeiter sich regelgerecht verhalten. Andererseits dient die Compliance-Organisation auch der Schulung der Mitarbeiter sowie der Beratung in Zweifelsfällen.
4. Managementverantwortung Es ist die Pflicht des Gesamtvorstandes / der Geschäftsleitung, für die Einrichtung einer derartigen unabhängigen Compliance-Organisation zu sorgen. Er hat darauf zu achten, dass die Compliance-Organisation unabhängig und weisungsfrei agieren kann, und die Befolgung von compliancerelevanten Anordnungen zu unterstützen. Der ComplianceOfficer ist ausschließlich dem Gesamtvorstand unterstellt.
5. Unabhängigkeit Der Compliance-Officer und das Compliance-Office sind im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung unabhängig und weisungsfrei. Der Complian1 Im Zusammenhang mit der Verwendung des Begriffes Compliance-Organisation“ im SCC ist stets auf die Proportionalität (oben Punkt 1 letzter Absatz) zu achten.
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ce-Officer leitet die Compliance-Organisation und führt seine Tätigkeit im besten Interesse und zur Wahrung der Integrität des Kreditunternehmens und des Marktes durch. Zur Absicherung seiner Person und zur Wahrung seiner Unabhängigkeit, sowie zur Aufrechterhaltung der nötigen Kontinuität und Erfahrung, ist er für einen Mindestzeitraum von zwei Jahren schriftlich vom Gesamtvorstand zu bestellen. Er gilt automatisch um eine weitere Funktionsperiode bestellt, wenn ihm nicht mindestens drei Monate vor Ablauf seiner Funktionsperiode schriftlich vom Gesamtvorstand Gegenteiliges mitgeteilt wird. Eine Versetzung oder Absetzung von dieser Position ist nur für den Fall einer strafrechtlichen Verurteilung oder infolge eines entsprechenden disziplinarrechtlichen Erkenntnisses möglich (in Instituten ohne Disziplinarkommission muss der Gesamtvorstand bzw die Geschäftsleitung die Absetzung des Compliance-Officer einstimmig beschließen). Nichtverlängerung, Versetzung oder Absetzung sind unverzüglich der Finanzmarktaufsicht zu melden.
6. Stellung im Unternehmen Der Compliance-Officer und die Compliance-Abteilung unterstehen unmittelbar dem Gesamtvorstand, eine disziplinäre Unterstellung unter den Vorstandsvorsitzenden wird empfohlen. Dazu kann auch ein Jour fixe mit dem Gesamtvorstand regelmäßig stattfinden. Der Jahresbericht und falls erforderlich Zwischenberichte sind jedenfalls an den Gesamtvorstand zu richten; ein Kreditinstitut kann auch vorsehen, dass die genannten Berichte neben dem Gesamtvorstand auch direkt an den Aufsichtsrat übermittelt werden. Der Compliance-Officer hat im Kreditinstitut die zentrale Verantwortung für die compliancerelevante Kommunikation mit der Finanzmarktaufsicht. Er hat die Entscheidungsbefugnis in Fragen der Anwendbarkeit und Auslegung compliancerelevanter Normen und kann in diesem Zusammenhang auf das Fachwissen der Rechtsabteilung, anderer Fachabteilungen oder externer Experten zurückgreifen. Compliance-Officer und die Mitarbeiter des Compliance-Office haben ein uneingeschränktes jederzeitiges Einsichts-, Zugangs- und Auskunftsrecht hinsichtlich aller einschlägigen Unterlagen, Bücher, Aufzeichnungen, Personaldaten sowie vorliegender Tonbandaufzeichnungen. Kein Mitarbeiter darf die Herausgabe von Unterlagen oder die Erteilung von compliancerelevanten Auskünften verweigern. Eine Zu902
Grundsätze ordnungsmäßiger Compliance
widerhandlung stellt ein schweres disziplinarrechtliches Vergehen dar, das von der Compliance-Organisation zu dokumentieren ist und von den Personal-Verantwortlichen entsprechend zu ahnden ist. Die Tätigkeit der Compliance ist von denen der internen Revision und des Risikomanagements zu unterscheiden, eine weitgehende Zusammenarbeit mit beiden ist jedoch erwünscht.
7. Ausstattung/Ressourcen Eine effiziente, mit den notwendigen Ressourcen ausgestattete unabhängige Compliance stellt als gesetzlich vorgeschriebenes internes Kontrollsystem ein wertvolles Asset und einen Wettbewerbsfaktor der Kreditinstitute und damit des Finanzplatzes Österreich dar. Compliance muss fest im Bewusstsein der Mitarbeiter verankert sein und nicht zuletzt auch zum Schutz der Mitarbeiter Teil der Unternehmenskultur sein. Daher hat jedes Kreditinstitut für die Einrichtung einer ComplianceFunktion Sorge zu tragen. Ausmaß und Umfang einer allfälligen Compliance-Organisation richtet sich nach der Größe des Instituts bzw nach der Anzahl und personellen Besetzung der betroffenen Abteilungen, der Aufgaben, dem Ausmaß, der Art und dem Umfang sowie der Komplexität der Finanzdienstleistungen und Geschäfte. Jedes Kreditunternehmen hat einen Compliance Officer zu bestellen, der für die Umsetzung und Überwachung der Einhaltung dieses SCC und des hausinternen Compliance-Regelwerkes verantwortlich ist. Das Compliance-Office und die Compliance-Organisation haben mit der nötigen Autorität, den nötigen personellen, technischen und finanziellen Mitteln, dem nötigen Fachwissen und der nötigen Erfahrung ausgestattet zu sein. Die Entlohnung der Mitarbeiter der ComplianceOrganisation hat unabhängig von der finanziellen Performance einzelner compliance-relevanter Geschäftszweige des Kreditinstitutes zu sein.
8. Aufgabenbereiche 8.1. Entwicklung, Formulierung und Evaluierung interner Richtlinien und Verfahren Jedes Kreditinstitut hat für die Einhaltung und Umsetzung aller compliancerelevanten Bestimmungen und gesetzlichen Regelungen zu sor903
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gen. Deshalb hat der Compliance-Officer dafür Sorge zu tragen, dass seitens der Compliance-Organisation unter Rückgriff auf Ressourcen entsprechender Fachabteilungen des Kreditinstituts interne Grundsätze, Richtlinien und Verfahren entwickelt und formuliert werden; diese sind dann mittels Vorstandsbeschluss verbindlich zu implementieren sowie den Mitarbeitern zu kommunizieren. Der Compliance-Officer erstattet dem Gesamtvorstand Vorschläge für eine adäquate, der Größe des Instituts, der Art, der Komplexität und dem Umfang der Geschäfte angemessene interne Compliance-Organisation, sowie – als wichtiges Element davon – für die Schaffung von Vertraulichkeitsbereichen in bestehenden oder zu schaffenden organisatorischen Einheiten des Kreditinstituts. Er nimmt Anpassungen an organisatorische Veränderungen durch notwendige neue Definition der Vertraulichkeitsbereiche vor und kontrolliert die Gestaltung aller organisatorischen Abläufe des Kreditunternehmens zur Hintanhaltung von Interessenkonflikten. Dem Compliance-Officer fällt aber auch die Pflicht zu, Defizite in den internen Grundsätzen, Richtlinien und Verfahren sowie bei deren Umsetzung aufzuzeigen. Zu den Aufgaben zählen daher insbesondere die Erstellung, Implementierung und Überwachung von internen Compliancerichtlinien, Insiderverzeichnissen (für börsenotierte Kreditinstitute) und Mitarbeitererklärungen
8.2. Laufende Überwachung aller einschlägigen Vorschriften (inkl. Schulung/Beratung) Der Compliance-Officer hat die Einhaltung der Bestimmungen über die Weitergabe von Insiderinformationen sowie über die organisatorischen Maßnahmen zur Verhinderung einer missbräuchlichen Verwendung oder Weitergabe von Insiderinformationen laufend stichprobenartig zu überprüfen. Dazu kommt noch die Überprüfung der Maßnahmen zur Verhinderung von Marktmanipulation und zur Verhinderung bzw. Offenlegung von Interessenkonflikten inklusive des Beschwerdemanagements. Er berät und unterstützt den Vorstand und die Mitarbeiter des Kreditinstituts in compliancerelevanten Angelegenheiten. Er überwacht die Einhaltung aller maßgeblichen externen und internen Richtlinien (insbesondere des SCC, sowie gegebenenfalls der ECV). Das Compliance-Office hat die Verantwortung für die ComplianceSchulung und -Ausbildung der Mitarbeiter, insbesondere der Mitarbeiter aus Vertraulichkeitsbereichen sowie der dortigen Compliance-Beauftragten. 904
Grundsätze ordnungsmäßiger Compliance
9. Konzept der Vertraulichkeitsbereiche Kreditinstitute haben auf Dauer wirksame organisatorische und verwaltungsmäßige Vorkehrungen für angemessene Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte den Kundeninteressen schaden. Der Größe und Organisation des jeweiligen Kreditinstituts sowie der Art, dem Umfang und der Komplexität seiner Geschäfte entsprechend sind angemessene Strategien für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen und umzusetzen. Diesen Vorgaben wird ua durch die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen entsprochen. Gleichzeitig wird dadurch eine von den Interessen und der Informationslage anderer Einheiten des Kreditinstituts unbeeinflusste und unabhängige Kundenbetreuung und eigene Geschäftstätigkeit erreicht, ohne die notwendige Zusammenarbeit zu gefährden. Kreditinstitute haben ständige und vorübergehende (projektbezogene) Vertraulichkeitsbereiche auf geeignete Weise einzurichten und schriftlich zu dokumentieren; die Vielfalt, Anzahl und Größe von Vertraulichkeitsbereichen ist vom jeweiligen Kreditinstitut unter Mitwirkung des Compliance-Officers in angemessener Weise festzulegen.
10. Outsourcing von Geschäftsfeldern Outsourcing-Lösungen bei Kreditinstituten können die Steuerungsmöglichkeiten der Geschäftsleitung des auslagernden Instituts sowie den aufsichtsbehördlichen Zugriff beeinträchtigen. Kreditinstitute haben daher auf die allgemeinen Sorgfalts- und Risikobegrenzungsanforderungen des BWG (§ 39) Bedacht zu nehmen. Beim Rückgriff auf Dritte zur Wahrnehmung betrieblicher Aufgaben, die für die kontinuierliche und zufrieden stellende Erbringung bzw Ausübung von Dienstleistungen für Kunden und Anlagetätigkeiten ausschlaggebend sind, sind angemessene Vorkehrungen zu treffen, um unnötige zusätzliche Geschäftsrisiken zu vermeiden. Trotz der Auslagerung wichtiger betrieblicher Aufgaben muss der Compliance-Officer in der Lage sein zu überprüfen, ob das Unternehmen sämtlichen Anforderungen genügt.
905
Insiderrecht und Marktmanipulation Stand 26. 9. 2007 In Verfolgung der GoC soll der Compliance-Officer sicherstellen, dass die gesetzlichen Vorschriften zum Marktmissbrauch (Insider- und Marktmanipulationsverbote) eingehalten werden, und zwar von den Instituten selbst sowie von deren einzelnen Mitarbeitern, Geschäftsleitern und externen Personen, die im Auftrag des Kreditinstituts tätig sind.
Abschnitt 1: Insiderrecht
1. Compliance-relevante Informationen Folgende Arten von Informationen werden als compliance-relevant erachtet:
1.1. Insider-Informationen Bei einer Insider-Information handelt es sich um eine öffentlich nicht bekannte, genaue Information, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten von Finanzinstrumenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betrifft, deren Bekanntwerden in der Öffentlichkeit geeignet ist, den Kurs dieses Finanzinstrumente oder den Kurs sich darauf beziehender Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen, weil sie ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde (§ 48 a Abs 1 Z 1 BörseG). Die Öffentlichkeit ist in diesem Fall als die Bereichsöffentlichkeit der am Börsehandel Interessierten zu sehen. 906
Insiderrecht und Marktmanipulation
1.2. Sonstige compliance-relevante Informationen Neben den Insiderinformationen sind kurssensible Informationen, wie insbesondere Unternehmensdaten, die z. B. Analysten vor öffentlicher Bekanntmachung zugänglich gemacht werden, erfasst. Hiezu zählen nicht Research-Ergebnisse, sofern diese ausschließlich durch Verknüpfung bereits bekannter Informationen und Unternehmensdaten entstanden sind. Für die Beurteilung der Kursrelevanz ist der Gesamtkontext zu beachten. So kann etwa die geplante Zweitnotiz eines bereits notierten Titels oder der genaue Zeitpunkt einer bereits bekannten Kapitalmaßnahme eine kursrelevante Information darstellen, ohne für sich zu einer erheblichen Kursveränderung zu führen. Zu den sonstigen Informationen, deren Veröffentlichung mit hoher Wahrscheinlichkeit den Kurs eines Finanzinstruments beeinflussen kann, zählen für den SCC auch jene Informationen, die der Emittent gemäß KMG sowie nach dem BörseG idgF der Öffentlichkeit mitzuteilen verpflichtet ist.
2. Insidertatbestand §§ 48 a und b BörseG enthalten eine Regelung des Insidertatbestandes. Verboten sind ein Kauf/Verkauf bzw die Empfehlung oder das Anbot zum Kauf/Verkauf an Dritte von Finanzinstrumenten unter Ausnutzung einer Insider-Information, mit dem Vorsatz, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Dies gilt auch für Sekundärinsider: Ein Insiderdelikt tätigt auch, wer, ohne Insider zu sein, wissentlich eine Insiderinformation (siehe vorheriger Satz), die er mitgeteilt erhalten hat oder die ihm sonst bekannt gemacht worden ist, dazu ausnutzt, sich oder einem Dritten durch Kauf/Verkauf von Wertpapieren oder Derivaten einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Ein Insiderdelikt begeht auch, wer sonst als Insider oder ohne Insider zu sein eine Information in grob fahrlässiger Unkenntnis davon, dass es sich um eine Insider-Information handelt, und ohne Vorsatz, sich oder einem dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, verwertet.
3. Finanzinstrumente Das WAG 2007 sieht eine Unterteilung in Finanzinstrumente und nicht-komplexe Finanzinstrumente vor. Diese Unterscheidung ist im Hinblick auf das Execution-only-Geschäft von Bedeutung 907
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3.1. Finanzinstrumente gem. § 1 Z. 4 - 6. 1. Übertragbare Wertpapiere: die Gattungen von Wertpapieren, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können, mit Ausnahme von Zahlungsmitteln, wie insbesondere a) Aktien und andere, Aktien oder Anteilen an Gesellschaften, Personengesellschaften oder anderen Rechtspersönlichkeiten gleichzustellende Wertpapiere sowie Aktienzertifikate; b) Schuldverschreibungen oder andere verbriefte Schuldtitel, einschließlich Zertifikaten (Hinterlegungsscheinen) für solche Wertpapiere; c) alle sonstigen Wertpapiere, die zum Kauf oder Verkauf solcher Wertpapiere berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die anhand von übertragbaren Wertpapieren, Währungen, Zinssätzen oder -erträgen, Waren oder anderen Indizes oder Messgrößen bestimmt wird. 2. Geldmarktinstrumente: die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelten Gattungen von Instrumenten, wie Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate und Commercial Papers, mit Ausnahme von Zahlungsmitteln. 3. Anteile an in- oder ausländischen Kapitalanlagefonds, in- oder ausländischen Immobilienfonds oder ähnlichen Einrichtungen, die Vermögenswerte mit Risikostreuung zusammenfassen; 4. Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Wertpapiere, Währungen, Zinssätze oder -erträge, oder andere Derivat-Instrumente, finanzielle Indizes oder Messgrößen, die effektiv geliefert oder bar abgerechnet werden können; 5. Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Waren, die bar abgerechnet werden müssen oder auf Wunsch einer der Parteien bar abgerechnet werden können und diese Barabrechnung nicht wegen eines vertraglich festgelegten Beendigungsgrunds erfolgt; 6. Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Waren, die effektiv geliefert werden können, wenn diese Instrumente an einem geregelten Markt oder über ein MTF gehandelt werden; 7. Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, Termingeschäfte (Forwards) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Waren gemäß Art. 38 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 der Kommission; 908
Insiderrecht und Marktmanipulation
8. derivative Instrumente für den Transfer von Kreditrisiken; 9. finanzielle Differenzgeschäfte; 10. Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps, außerbörsliche Zinstermingeschäfte (Forward Rate Agreements) und alle anderen Derivatkontrakte in Bezug auf Klimavariablen, Frachtsätze, Emissionsberechtigungen, Inflationsraten oder andere offizielle Wirtschaftsstatistiken, die bar abgerechnet werden müssen, oder auf Wunsch einer der Parteien bar abgerechnet werden können und diese Barabrechnung nicht wegen eines vertraglich festgelegten Beendigungsgrunds erfolgt, sowie alle anderen Derivatkontrakte gemäß Art. 39 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 der Kommission.
3.2. Nicht komplexe Finanzinstrumente gem. § 1 Z. 7 a) Aktien, die zum Handel an einem geregelten Markt oder an einer anerkannten Börse eines Drittlandes zugelassen sind, Geldmarktinstrumente, Schuldverschreibungen oder sonstige verbriefte Schuldtitel – ausgenommen Schuldverschreibungen oder verbriefte Schuldtitel, in die ein Derivat eingebettet ist –, Anteile eines der Richtlinie 85/611/EWG unterliegenden Organismus für gemeinsame Anlagen; b) ein anderes als in lit. a genanntes Finanzinstrument, das folgende Kriterien erfüllt: aa) Es fällt nicht unter § 1 Z 4 lit. c oder Z 6 lit. d bis j WAG (hier Pkt. 3.1. Z 1 lit c oder Z 4–10) bb) es bestehen häufig Möglichkeiten zur Veräußerung, zum Rückkauf oder zur sonstigen Realisierung des Instruments zu Preisen, die für die Marktbeteiligten öffentlich verfügbar sind und bei denen es sich entweder um Marktpreise oder um Preise handelt, die durch emittentenunabhängige Bewertungssysteme ermittelt oder bestätigt wurden; cc) es beinhaltet keine bestehende oder potenzielle Verpflichtung für den Kunden, die über die Anschaffungskosten des Instruments hinausgeht und dd) es sind in angemessenem Umfang Informationen über die Merkmale des Finanzinstruments öffentlich verfügbar, die so gut verständlich sein müssen, dass der durchschnittliche Kleinanleger in die Lage versetzt wird, hinsichtlich eines Geschäfts mit dem Instrument eine informierte Entscheidung zu treffen.
4. Vertraulichkeitsbereiche Vertraulichkeitsbereiche sind solche Einheiten von Kreditinstituten, die von anderen Einheiten durch organisatorische Maßnahmen hinsichtlich 909
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des Informationsaustausches abzugrenzen sind, weil dort ständig oder vorübergehend Insiderinformationen anfallen können. Compliance-relevante Informationen dürfen einen Vertraulichkeitsbereich grundsätzlich nicht verlassen und sind im internen Geschäftsverkehr auch gegenüber anderen Einheiten streng vertraulich zu behandeln. Dies gilt nicht für die im üblichen Geschäftsablauf betriebsnotwendige Weitergabe von Informationen. Werden compliance-relevante Informationen zwischen zwei Vertraulichkeitsbereichen ausgetauscht, darf dies nur unter Einschaltung des Compliance-Officer erfolgen. Das Kreditinstitut hat Maßnahmen zur Sicherstellung der Vertraulichkeit zu treffen. Als Mindestmaßnahme haben sich die Mitarbeiter der Vertraulichkeitsbereiche schriftlich zu verpflichten, die Weitergabe von compliance-relevanten Informationen (kreditinstitutsintern und an Dritte) über die normalen kreditinstitutsinternen Informationsflüsse hinaus zu unterlassen. Die Maßnahmen können – etwa je nach Größe des Kreditinstituts, Zahl der Mitarbeiter oder Umfang und Komplexität der Geschäfte –von der Sicherstellung kontrollierter Abläufe bis zur räumlichen, persönlichen und organisatorischen Trennung von Einheiten gehen. Im Interesse eines reibungslos funktionierenden Geschäftsablaufes wird es auf Grund der Komplexität des Geschäftes zu bereichsüberschreitender Informationsweitergabe kommen müssen. Eine derartige Informationsweitergabe ist nur dann erlaubt, wenn sie sich auf das unbedingt Erforderliche beschränkt und die Geheimhaltung der compliance-relevanten Informationen gesichert ist. Eine Weitergabe darf daher nur mit Wissen des Leiters des Vertraulichkeitsbereichs und des ComplianceOfficer erfolgen und ist hinsichtlich Informationsinhalt, Informationsquelle, Zeitpunkt des Erhalts und der Weitergabe der Information zu dokumentieren. Mitarbeiter, die ständig oder vorübergehend (für die Dauer eines Projektes beispielsweise) den Vertraulichkeitsbereich wechseln, dürfen ihr vertrauliches Wissen aus dem bisherigen Bereich im neuen Bereich nicht offen legen oder verwerten.
5. Beobachtungs- und Sperrliste Dem Compliance-Officer stehen zwecks Erfassung und Verfolgung der ihm bezüglich börsennotierter Unternehmen und den davon betroffenen Finanzinstrumenten gemeldeten insider-relevanten Informationen bzw. Geschäftsvorgängen sowie zur Steuerung bzw. Dokumentation der diesbezüglich von ihm gesetzten Compliance-Maßnahmen nachfolgend angeführte wesentliche Instrumentarien zur Verfügung: • Beobachtungsliste („watch list“), 910
Insiderrecht und Marktmanipulation
• unternehmensweite Sperrliste („companywide restricted list“) oder • selektive Sperrliste („selective restricted list“)
5.1. Meldepflichtige Informationen / Geschäftsvorgänge 5.1.1. Informationen Alle in einem Kreditinstitut angefallenen compliance-relevanten Informationen sind unverzüglich und nachvollziehbar dem ComplianceOfficer zu melden. Festzuhalten sind vom Compliance-Officer Wertpapiertitel, Name des Meldenden, Datum, Uhrzeit, Meldebegründung sowie die Namen jener Personen, die im arbeitsteiligen Prozess ggf. ebenfalls Kenntnis von dieser Information haben.
5.1.2. Großorders und Frontrunning Liegen Großorders über Finanzinstrumente vor, hat der Händler unverzüglich eine Meldung an den Compliance-Officer zu veranlassen. Als Großorder gilt jene Order (auch bankintern oder von Konzerngesellschaften erteilt), deren Ausführung eine erhebliche Kursänderung verursachen kann. Dabei orientiert sich die Definition einer Großorder an Stückanzahlen, Prozentsätzen der Börsenumsätze der Handelstage einer bestimmten Vorperiode (z. B.: 20 Tage, 1 oder 3 Monate) oder der Volatilität. Unter der Voraussetzung, dass der Compliance-Officer mit Hilfe EDV-technischer Systeme in der Lage ist, Großorders zu identifizieren und diese regelmäßig überwacht, kann die sofortige Meldung des Mitarbeiters entfallen. Die Entscheidung über die Definition einer Großorder trifft der Compliance-Officer, nach Möglichkeit im Einvernehmen mit dem zuständigen Leiter des Vertraulichkeitsbereiches. Es ist unzulässig, vor oder bei Ausführung eines Kundengeschäftes in diesen Finanzinstrumenten auf Grund der Kenntnis der Orderlage Eigengeschäfte zu tätigen, um sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen.
5.1.3. Verdacht auf Insidergeschäfte Liegen Informationen bzw. Fakten vor, die den nahe liegenden Verdacht begründen, dass eine Transaktion ein Insider-Geschäft darstellt, ist dies dem Compliance-Officer zumindest mit Angabe der Gründe, die die Meldung erstattende Person zu der Vermutung veranlassen, unverzüglich zu melden. Die meldenden Personen haben aus der Erfül911
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lung dieser Verpflichtung keinerlei Nachteile, insbesondere dienstrechtliche Nachteile zu gewärtigen. Bei Vorliegen eines begründeten Verdachts auf Durchführung von Insidertransaktionen veranlasst der Compliance-Officer eine Meldung an die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA).
5.1.4. Mandate Dem Compliance-Officer sind auch Mandate bei börsenotierten Gesellschaften (wie etwa Aufsichtsrats- und Vorstandsmandate) zu melden. Compliance-relevante Informationen, die ein Mitarbeiter des Kreditinstituts in Ausübung seines Mandates erlangt hat, sind nicht meldepflichtig, wenn der Mandatsträger nach § 99 iVm § 84 Abs 1 AktG schweigepflichtig ist.
5.2. Maßnahmen im Anlassfall 5.2.1. Beobachtungsliste 5.2.1.1. Funktion Die Beobachtungsliste ist eine streng vertrauliche, rein interne Liste über Finanzinstrumente, zu denen im Kreditinstitut noch nicht öffentlich zugängliche compliance-relevante Informationen vorliegen. Die Beobachtungsliste, welche laufend aktualisiert wird, ist in ihrer Gesamtheit nur dem Compliance-Officer bekannt und ermöglicht dem Kreditinstitut durch die laufende Beobachtung insbesondere von Mitarbeiterund Eigengeschäften sowie Geschäften im Fonds- und Vermögensverwaltungsbereich die Kontrolle, ob Vertraulichkeitsbereiche respektiert werden und ob eine unfaire Ausnutzung nicht öffentlich zugänglicher Informationen durch Mitarbeiter erfolgt. Die Entscheidung über die Aufnahme eines Finanzinstrumentes trifft der Compliance-Officer.
5.2.1.2. Geschäftliche Konsequenzen • Allgemein Die Eintragung eines Finanzinstrumentes hat vorerst keine rechtlichen Folgen, vor allem gibt es keine Handels- bzw. Beratungsbeschränkungen in diesen Finanzinstrumenten. Es muss jedoch die Kontrolle von Geschäften in Finanzinstrumenten der Beobachtungsliste sichergestellt sein. • Mitarbeitergeschäfte Das Kreditinstitut behält sich das Recht vor, Mitarbeitergeschäfte zu beschränken oder ex post zu stornieren. Der Compliance-Officer 912
Insiderrecht und Marktmanipulation
kann auch die Durchführung von Geschäften, von denen er erfahren hat, untersagen. Geschäfte in Finanzinstrumenten, die auf der Beobachtungsliste stehen, sind also grundsätzlich erlaubt, können aber im Einzelfall verboten und/oder storniert werden.
5.2.1.3. Agenden des Compliance-Officer • Aufnahme/Streichung von der Beobachtungsliste Nach Abwägung der vorliegenden Informationen trifft der Compliance-Officer umgehend die Entscheidung über die Aufnahme eines Finanzinstruments auf die Beobachtungsliste. Die Streichung eines Finanzinstrumentes von der Beobachtungsliste darf erst erfolgen, wenn die compliance-relevante Information, die zur Aufnahme auf die Liste geführt hat, entweder zur Übertragung auf die Sperrliste (unternehmensweit oder selektiv) geführt hat, oder öffentlich zugänglich gemacht worden ist bzw. sich als irrelevant herausgestellt hat. Die meldende Person hat auch den Wegfall der compliance-relevanten Information zu melden, sobald ihr dieser Wegfall bekannt geworden ist. Keine Meldepflicht besteht bei öffentlicher Bekanntmachung der ursprünglich compliance-relevanten Information. Die nachfolgende Entscheidung bzgl. der Streichung des Finanzinstruments von der Beobachtungsliste obliegt ausschließlich dem Compliance-Officer. • Übertrag auf die Sperrliste Verdichten sich Informationen über Unternehmen, deren Finanzinstrumente auf der Beobachtungsliste stehen, oder gelangen neue Informationen in das Kreditinstitut, auf Grund derer sofortige wesentliche Kursänderungen zu erwarten sind, sind diese Finanzinstrumente auf die selektive oder unternehmensweite Sperrliste zu setzen. (bezüglich der geschäftlichen Konsequenzen bzw. des Veröffentlichungsvorgangs siehe Pkt. 5.2.2.2.)
5.2.2. Sperrliste 5.2.2.1. Funktion Die Sperrliste ist eine bankinterne Liste jener Finanzinstrumente, für die auf Grund des SCC Beschränkungen im Eigenhandel bzw. in der Beratung oder im Mitarbeiterhandel bestehen. Zweck der Sperrliste ist einerseits die Vermeidung des Eindrucks, dass unzulässigerweise anlage- bzw. preisrelevante, noch nicht öffentlich zugänglich gemachte Informationen zum eigenen Vorteil oder dem des Kreditinstitut oder dem eines Kunden verwendet werden. Andererseits schützt die Sperrliste die Mitarbeiter (vor allem Händler und Berater) davor, in Un913
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kenntnis noch nicht öffentlich zugänglicher compliance-relevanter Informationen • Insidergeschäfte oder andere gesetzlich verpönte Geschäfte zu tätigen (insbesondere Geschäfte gemäß § 34 Abs. 2 WAG 2007 bzw. nach § 48 b BörseG) oder • Fehlberatungen vorzunehmen oder • sich auch nur einem derartigen Verdacht auszusetzen. Damit erfüllt die Sperrliste eine generell präventive Wirkung.
5.2.2.2. Formen und geschäftliche Konsequenzen • selektive Sperrliste („selective restricted list“) Ist eine präzis auf definierte Organisationseinheiten und/oder auf Personen begrenzte Sperrlistenerfassung eines Finanzinstruments durch den zuständigen Compliance-Officer, verbunden mit entsprechenden Handels- und Beratungsbeschränkungen zum Eigenschutz bzw. Schutz der Bank vor Insidervorwürfen für die Gruppe der Betroffenen. Hierbei gelten sinngemäß die Punkte 6.1. bis 6.4. „Handels- und Beratungsbeschränkungen bei Sperrlistennotiz“ eingeschränkt für alle davon Betroffenen. Die Publikation von Analysen (auch von Analyse-Updates) ist verboten, wenn die insider-relevante Information den Analysten vorliegt oder der Compliance-Officer ein derartiges Verbot verhängt. • unternehmensweite Sperrliste („companywide restricted list“) Ist eine für alle Organisationseinheiten/Mitarbeiter eines Kreditinstitutes gültige Form der Sperrlistennotiz durch den zuständigen Compliance-Officer in Verbindung mit wesentlichen Handels- und Beratungsbeschränkungen für Eigen-, Kunden- und Mitarbeitergeschäfte. (Details siehe unten Pkt. 6.) Die Publikation von Analysen (auch von Analyse-Updates) ist bis zur Streichung von der Sperrliste verboten.
5.2.2.3. Geheimhaltung Die Sperrliste ist als Betriebsgeheimnis streng vertraulich zu behandeln. Im Übrigen unterliegt die Sperrliste dem Bankgeheimnis gemäß § 38 BWG. Unbeschadet gesetzlicher Verpflichtungen darf auch die Tatsache, dass ein Finanzinstrument auf die Sperrliste des Kreditinstituts gesetzt worden ist, keinem Bankfremden mitgeteilt werden. Im Falle einer selektiven Sperrliste wird dieser Umstand ausschließlich gegenüber den betroffenen Organisationseinheiten bzw. Personen(gruppen) kommuniziert und darf neben der nach außen geltenden Schweigepflicht daher auch von diesem Personenkreis intern keinen anderen Bankmitarbeitern mitgeteilt werden. 914
Insiderrecht und Marktmanipulation
5.2.2.4. Zeitdauer Um die Handels- und Beratungsbeschränkungen möglichst gering zu halten, sollten „unternehmensweite Sperrlisteneintragungen“ im Regelfall möglichst kurz dauern. „Selektive Sperrlistensetzungen“ können im Einzelfall präventiv vom Compliance-Officer auch auf längere Zeit ausgesprochen werden.
5.2.2.5. Agenden des Compliance-Officer Verdichten sich Informationen über Unternehmen, deren Finanzinstrumente auf der Beobachtungsliste stehen, oder gelangen neue Informationen in das Kreditinstitut, auf Grund derer sofortige wesentliche Kursänderungen zu erwarten sind, sind diese Finanzinstrumente vom Compliance-Officer unverzüglich von der offiziellen Empfehlungsliste (Kauf/Verkauf) des Kreditinstituts zu streichen und gleichzeitig auf eine unternehmensweite bzw. selektive Sperrliste zu setzen. • Aufnahme auf die „selektive Sperrliste“ Bei dieser Form der Sperrliste sind alle von der noch nicht veröffentlichten anlage- bzw. preisrelevanten Information betroffenen Organisationseinheiten bzw. Personen(gruppen) vom Compliance-Officer exakt zu definieren, um die davon Betroffenen auf die für sie persönlich zu beachtenden Handels- und Beratungsbeschränkungen aufmerksam zu machen, Die Sperrlistensetzung wird ausschließlich gegenüber dem vom Compliance-Officer nach Abwägung der Angemessenheit involvierten Personenkreis kommuniziert. • Aufnahme auf die „unternehmensweite Sperrliste“ Um die betroffenen Mitarbeiter auf die dabei zu beachtenden Handels- und Beratungsbeschränkungen aufmerksam zu machen, wird die Sperrliste unternehmensweit mitgeteilt. Der Grund für die Aufnahme in die Sperrliste wird nicht bekannt gegeben. • Streichung von der Sperrliste Die Streichung eines Finanzinstruments von der Sperrliste darf erst erfolgen, wenn die Voraussetzungen zur Aufnahme auf die Liste weggefallen sind. Die meldende Person hat dem Compliance-Officer auch den Wegfall der compliance-relevanten Information zu melden, sobald ihr dieser Wegfall bekannt geworden ist. Keine Meldepflicht besteht bei öffentlicher Bekanntmachung der ursprünglichen compliance-relevanten Information. Die nachfolgende Entscheidung bzgl. der Streichung des Finanzinstruments von der Sperrliste obliegt ausschließlich dem Compliance-Officer. 915
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6. Handels- und Beratungsbeschränkungen bei Sperrlistennotiz Die nachfolgenden Bestimmungen gelten für unternehmensweite Sperrlisten uneingeschränkt, für selektive Sperrlisten je nach betroffener Unternehmenseinheit/Person (siehe Pkt. 5.2.2.2.)
6.1. Eigengeschäfte In jenen Finanzinstrumenten, die auf der Sperrliste vermerkt sind, dürfen Eigenhandelsgeschäfte, die über das durchschnittlich übliche Ausmaß für das jeweilige Kreditinstitut und das jeweilige Finanzinstrument (zB im Rahmen des Market Making, siehe unter Pkt 6.2.) hinausgehen, nicht getätigt werden. In diesem Falle sind auch die „Safe harbour-Bestimmungen“ nach § 48 e Abs 6 BörseG heranzuziehen. Derartige Orders oder Geschäfte sind vor Ausführung dem Compliance-Officer vorzulegen, der nach Prüfung im Einzelfall seine Zustimmung erteilen kann.
6.2. Market Making Market Making in Finanzinstrumenten der Sperrlisten ist nur in vertraglichem oder – wenn kein Vertrag vorliegt - im üblichen Ausmaß zulässig. Das Market Making darf jedenfalls nicht neu aufgenommen werden, so lange sich das Finanzinstrument auf der Sperrliste befindet.
6.3. Vermögensverwaltungsgeschäfte Im Rahmen der Vermögensverwaltung sind Geschäfte in Finanzinstrumenten, die auf der Sperrliste stehen, grundsätzlich verboten. Begründete Ausnahmen sind mit dem Compliance-Officer abzustimmen
6.4. Mitarbeitergeschäfte Mitarbeitergeschäfte dürfen – wie in den Bestimmungen der „Richtlinien für Geschäfte von Mitarbeitern in Kreditinstituten“ vermerkt – in Finanzinstrumenten, die auf der Sperrliste vermerkt sind, nicht getätigt werden, sofern die Mitarbeiter von der Sperrliste in Kenntnis gesetzt worden sind oder von ihr Kenntnis erlangt haben. Die Kontrollmöglichkeit für sämtliche Mitarbeitergeschäfte durch den Compliance-Officer muss sichergestellt sein. 916
Insiderrecht und Marktmanipulation
6.5. Beratungen und Empfehlungen Über Finanzinstrumente der Sperrliste darf ein Kunde weder aktiv beraten noch ein Kauf/Verkauf eines solchen Finanzinstrumentes empfohlen werden. Eine vom Kunden ausdrücklich gewünschte Beratung ist jedoch zulässig, muss aber vom Berater protokolliert und dem Compliance-Officer auf Anfrage mitgeteilt werden. Allerdings dürfen dabei compliance-relevante Informationen nicht mitgeteilt werden. Im Zweifelsfall ist die Abstimmung mit dem Compliance-Officer zu suchen. Die Publikation von Analysen (Updates) über von der Sperrliste betroffene Finanzinstrumente / Emittenten ist bis zur Aufhebung der Sperrliste verboten. Anfragen für bestimmte Finanzinstrumente dürfen aber beantwortet werden, müssen allerdings bei Geschäftsabschluss protokolliert und dem Compliance-Officer auf Anfrage mitgeteilt werden.
6.6. Kundenaufträge Die Durchführung von Aufträgen, die der Kunde ohne vorhergehende Beratung gemäß § 45 und § 46 WAG 2007 erteilt hat, über Finanzinstrumente, die auf der Sperrliste stehen, ist zulässig. Bei Aufträgen von Kunden mit vorhergehender Beratung ist Pkt. 6.5. zu beachten.
Abschnitt 2: Marktmanipulation
1. Verbotenes Verhalten Insbesondere folgende Praktiken sind mit den börsegesetzlichen Marktmanipulationsverboten (§ 48 a Abs 1 Z 2 BörseG) unvereinbar:
1.1. Orders/Transaktionen entgegen einer zulässigen Marktpraxis 1.1.1. Darunter fallen Geschäfte oder Kauf- bzw. Verkaufsaufträge, die • falsche oder irreführende Signale für das Angebot von Finanzinstrumenten, die Nachfrage danach oder ihren Kurs geben oder geben könnten, oder • den Kurs eines oder mehrerer Finanzinstrumente durch eine Person oder mehrere, in Absprache handelnde Personen in der Weise beeinflussen, dass ein anormales oder künstliches Niveau erzielt wird, es sei denn, dass die Person, welche die Geschäfte abgeschlossen oder die Aufträge erteilt hat, legitime Gründe dafür hatte und dass diese 917
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Geschäfte oder Aufträge nicht gegen die zulässige Marktpraxis auf dem betreffenden geregelten Markt verstoßen.
1.1.2. Unzulässig sind daher unter den genannten Voraussetzungen a) Geschäfte oder Kauf- oder Verkaufaufträge die geeignet sind, über Angebot oder Nachfrage bei einem Finanzinstrument im Zeitpunkt der Feststellung eines bestimmten Börsen- oder Marktpreises, der als Referenzpreis für ein Finanzinstrument oder andere Produkte dient, zu täuschen, z. B. • wenn durch den Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten bei Börsenschluss Anleger, die auf Grund des festgestellten Schlusspreises Aufträge erteilen, über die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse getäuscht werden („marking the close“). • die Erhöhung der Nachfrage nach einem Finanzinstrument, um den Kurs nach oben zu treiben, indem der Eindruck der Dynamik erweckt oder vorgetäuscht wird, dass der Kursanstieg durch lebhafte Umsätze verursacht wurde („advancing the bid“). b) Geschäfte oder Kauf- oder Verkaufsaufträge über Finanzinstrumente, die zu im Wesentlichen gleichen Stückzahlen und Preisen von verschiedenen Parteien, die sich abgesprochen haben, erteilt werden. Darunter fallen • Geschäfte, mit denen kein wirklicher Wechsel des Eigentums an dem Finanzinstrument verbunden ist („wash sales“); • Geschäfte, bei denen gleichzeitig ein Kauf- und Verkaufsauftrag zum gleichen Kurs und im gleichen Umfang von verschiedenen Parteien, die sich abgesprochen haben, erteilt wird („improper matched orders“); • Vornahme einer Reihe von Geschäften, die auf einer öffentlichen Anzeigetafel erscheinen, um den Eindruck lebhafter Umsätze oder Kursbewegungen bei einem Finanzinstrument zu erwecken („painting the tape“); • Aktivitäten einer Person oder mehrerer, in Absprache handelnder Personen mit dem Ziel, den Kurs eines Finanzinstruments hochzutreiben und anschließend die eigenen Finanzinstrumente in großen Mengen abzustoßen („pumping and dumping“); Dies gilt nicht, wenn diese Geschäfte im Einklang mit den jeweiligen Marktbestimmungen rechtzeitig angekündigt wurden. 1.1.3. Bei der Beurteilung, ob „eine zulässige Marktpraxis“ vorliegt, sind die von der FMA erlassenen Verordnungen zu beachten (vgl. die Marktpraxisverordnung BGBl II 2005/1 betreffend Kompensationsgeschäfte in Schuldverschreibungen). 918
Insiderrecht und Marktmanipulation
1.2. Orders/Transaktionen mit sonstigem Täuschungsgehalt 1.2.1. Marktmanipulation sind weiters Geschäfte oder Kauf- bzw. Verkaufsaufträge unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder unter Verwendung sonstiger Täuschungshandlungen. 1.2.2. Darunter fällt die Sicherung, dh nicht bloß vorübergehende Erlangung, einer marktbeherrschenden Stellung in Bezug auf das Angebot eines Finanzinstruments oder die Nachfrage danach durch eine Person oder mehrere in Absprache handelnde Personen, mit der Folge einer direkten oder indirekten Festsetzung des Ankaufs- oder Verkaufspreises oder anderer unlauterer Handelsbedingungen: Der Manipulator verschafft sich etwa beim Derivat oder beim Basiswert die Kontrolle über die Nachfrage, sodass er eine beherrschende Stellung gewinnt, die er zur Manipulation des Kurses des Derivats oder des Basiswerts ausnützen kann („cornering“ bzw „market corner“, „abusive squeezes“). 1.2.3. Der Rückgriff auf eine legitimierende „zulässige Marktpraxis“ (siehe oben unter Pkt 1.1.1.) scheidet aus.
1.3. Verbreitung falscher/irreführender Informationen 1.3.1. Darunter fällt die Verbreitung von Informationen über die Medien einschließlich Internet oder auf anderem Wege, die falsche oder irreführende Signale in Bezug auf Finanzinstrumente geben oder geben könnten, unter anderem durch Verbreitung von Gerüchten sowie falscher oder irreführender Nachrichten, wenn die Person, die diese Informationen verbreitet hat, wusste oder hätte wissen müssen, dass sie falsch oder irreführend waren. 1.3.2. Dazu zählt die Nutzung eines gelegentlichen oder regelmäßigen Zugangs zu traditionellen oder elektronischen Medien durch Kundgabe einer Stellungnahme oder eines Gerüchtes zu einem Finanzinstrument oder dessen Emittenten, nachdem Positionen über dieses Finanzinstrument eingegangen worden sind, ohne dass dieser Interessenkonflikt zugleich mit der Kundgabe in angemessener und wirksamer Weise offenbart wird (zB Kauf eines Finanzinstruments auf eigene Rechnung, bevor man es anderen empfiehlt und anschließender Verkauf mit Gewinn bei steigendem Kurs infolge der Empfehlung [„scalping“]).
1.4. Empfehlungen zu Preislenkungszwecken Empfehlungen zu dem Zweck, für die Eigengeschäfte des Kreditinstituts oder Geschäfte eines mit ihm verbundenen Unternehmens Preise in eine bestimmte Richtung zu lenken, sind nicht zulässig. 919
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2. Safe Harbours 2.1. Der Handel mit eigenen Aktien im Rahmen von Rückkaufprogrammen sowie Maßnahmen zur Stabilisierung des Preises von Finanzinstrumenten nach § 48 e Abs 6 BörseG iVm der Verordnung (EG) Nr. 2273/2003 der Kommission vom 22. 12. 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG stellen in keinem Fall einen Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation dar. 2.2. Die zuständigen Abteilungen des Kreditinstituts haben den Compliance-Officer über die Einbindung des Kreditinstituts in derartige Geschäfte zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu informieren. Abgrenzungsfragen zwischen Transaktionen im „Safe Harbour“ und solchen Geschäften, die den Marktmanipulationsbegriff des Börsegesetzes erfüllen könnten, sind an den Compliance-Officer heranzutragen; die Durchführung von Geschäften gemäß Pkt 2.1. ist nur in Abstimmung mit dem Compliance-Officer zulässig. 2.3. Market Making ist insbesondere innerhalb des durch börsliche Regelwerke vorgegebenen Rahmens nicht als Kursstabilisierung bzw Kurspflege zu qualifizieren.
3. Meldepflicht 3.1. Die Abteilungen bzw. Mitarbeiter des Kreditinstituts sind verpflichtet, dem Compliance-Officer den nahe liegenden Verdacht auf Marktmanipulation unverzüglich mitzuteilen, gleichgültig ob es sich um Eigenpositionen des Kreditinstituts, Kundengeschäfte oder Mitarbeitereigengeschäfte handelt. Die meldenden Personen haben aus der Erfüllung dieser Verpflichtung keinerlei Nachteile, insbesondere keinerlei dienstrechtliche Nachteile zu gewärtigen. 3.2. Bei Vorliegen eines begründeten Verdachts, dass eine Transaktion eine Marktmanipulation darstellen könnte, veranlasst der ComplianceOfficer eine Meldung an die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA). 3.3. Ob bzw. inwieweit Kundentransaktionen, die einen Verdacht auf das Vorliegen von Marktmanipulation begründen, durchgeführt werden dürfen, entscheidet der Compliance-Officer.
4. Mitarbeitergeschäfte Das Kreditinstitut behält sich das Recht vor, Mitarbeitergeschäfte zu beschränken oder ex post zu stornieren. Der Compliance-Officer kann 920
Insiderrecht und Marktmanipulation
auch die Durchführung von Geschäften, von denen er erfahren hat, untersagen.
Abschnitt 3: Meldepflichten im Überblick
1. Interne Meldungen 1.1. Meldungen im Zusammenhang mit Großorders und Frontrunning (Pkt. I. 5.1.2.) Liegen Großorders über Finanzinstrumente vor, hat der Händler unverzüglich eine Meldung an den Compliance-Officer zu veranlassen. Als Großorder gilt jene Order (auch bankintern oder von Konzerngesellschaften erteilt), deren Ausführung eine erhebliche Kursänderung verursachen kann. Damit orientiert sich die Definition einer Großorder an Stückanzahlen, Prozentsätzen der Börseumsätze der Handelstage einer bestimmten Vorperiode (z.B: 20 Tage, 1 oder 3 Monate) oder der Volatilität. Unter der Voraussetzung, dass der Compliance-Officer mit Hilfe EDV-technischer Systeme Großorders zu identifizieren in der Lage ist und diese regelmäßig überwacht, kann die sofortige Meldung des Mitarbeiters entfallen.
1.2. Meldung compliance-relevanter Informationen (Pkt. I. 5.1.3.) Alle in einem Kreditinstitut angefallenen compliance-relevanten Informationen sind unverzüglich und nachvollziehbar dem ComplianceOfficer zu melden. Wer die Meldung einer compliance-relevanten Information veranlasst hat, hat auch den Wegfall der compliance-relevanten Information zu melden, sobald der meldenden Person dieser Wegfall bekannt geworden ist. Keine Meldepflicht besteht bei öffentlicher Bekanntmachung der ursprünglich compliance-relevanten Information. (Pkt. I. 5.2.1.3. und Pkt. 5.2.2.5.).
1.3. Meldung im Zusammenhang mit Mandaten (Pkt. I 5.1.4.) Dem Compliance-Officer sind auch Mandate bei börsenotierten Gesellschaften (wie etwa Aufsichtsrats- oder Vorstandsmandate) zu melden. Compliance-relevante Informationen, die ein Mitarbeiter des Kreditinstituts in Ausübung seines Mandates erlangt hat, sind nicht melde921
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pflichtig, wenn der Mandatsträger nach § 99 iVm § 84 Abs 1 AktG schweigepflichtig ist.
1.4. Meldungen im Zusammenhang mit Marktmanipulation (Pkt. II.3.) Die Abteilungen bzw. Mitarbeiter des Kreditinstituts sind verpflichtet, dem Compliance-Officer Erscheinungsformen verbotener Marktmanipulation bei Verdacht unverzüglich mitzuteilen, gleichgültig ob es sich um Eigenpositionen des Kreditinstituts, Kundengeschäfte oder Mitarbeitereigengeschäfte handelt.
2. Meldungen an die FMA 2.1. Meldungen zu Abschnitt 1: Insiderrecht Bei Vorliegen eines begründeten Verdachts auf Durchführung von Insidertransaktionen veranlasst der Compliance-Officer eine Meldung an die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA).
2.2. Meldungen zu Abschnitt 2: Marktmanipulation Bei Vorliegen eines begründeten Verdachts, dass eine Transaktion eine Marktmanipulation darstellen könnte, veranlasst der Compliance-Officer eine Meldung an die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA).
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Richtlinie für Geschäfte von Mitarbeitern in Kreditinstituten Stand 7. 12. 2007
Präambel Das Börsegesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und der Standard Compliance Code der Kreditinstitute legen Regeln fest, welche die Ordnungsmäßigkeit und Fairness des Handels mit Finanz- und sonstigen Instrumenten und die faire Behandlung aller Teilnehmer am Kapitalmarkt gewährleisten sollen. Kreditinstitute sind verpflichtet, Richtlinien für persönliche Transaktionen ihrer Mitarbeiter zu erlassen, welche diese Regeln beachten. Verstöße von Mitarbeitern gegen diese Richtlinien können zu einer nachhaltigen Schädigung des Ansehens des Kreditinstituts führen. Sie können darüber hinaus schwerwiegende arbeitsrechtliche, zivilrechtliche und/oder strafrechtliche Folgen für den einzelnen Mitarbeiter haben. Der Verpflichtung zur Erlassung von Richtlinien kommen die Kreditinstitute mit Verabschiedung der gegenständlichen Richtlinie und Umsetzung mit Wirkung auf alle arbeitsrechtlichen Verhältnisse nach. Die nachstehenden Regelungen stellen ein Mindesterfordernis für kreditinstitutsinterne Regelungen dar.
1. Anwendungsbereich Die nachfolgenden Regelungen, die sich als Mindeststandard verstehen, gelten für alle Geschäfte in Finanzinstrumenten im Sinne des WAG 2007, die der Mitarbeiter eines Kreditinstituts außerhalb seiner dienstlichen Aufgabenstellung für eigene Rechnung, für Rechnung Dritter 923
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oder im Interesse Dritter tätigt oder die von Dritten auf Rechnung oder im Interesse des Mitarbeiters getätigt werden (Mitarbeitergeschäfte). Im Folgenden gelten relevante Personen im Sinne des § 1 Z 29 WAG 2007 als Mitarbeiter im Sinne dieser Richtlinie. Ausgenommen sind persönliche Geschäfte im Sinne des § 24 Abs. 3 WAG 2007, also 1. persönliche Geschäfte, die im Rahmen eines Vertrags über die Portfolioverwaltung mit Entscheidungsspielraum getätigt werden, sofern vor Abschluss des Geschäfts keine diesbezüglichen Kontakte zwischen dem Portfolioverwalter und der relevanten Person oder der Person, für deren Rechnung das Geschäft getätigt wird, stattfinden; 2. persönliche Geschäfte mit Anteilen an Investmentfonds iSd Investmentfondsgesetzes, also Investmentfonds einer inländischen KAG gemäß § 1 Abs. 1 InvFG, sowie Investmentfonds, die der OGAWRichtlinie entsprechen. Dies gilt analog für Anteile an sonstigen Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates einem gleich hohen Maß an Risikostreuung unterliegen und diesbezüglich beaufsichtigt werden. Die relevante Person und jede andere Person, für deren Rechnung die Geschäfte getätigt werden, dürfen nicht an der Geschäftsleitung des betreffenden Investmentfonds beteiligt sein.
2. Grundsätze Mitarbeitergeschäfte dürfen nicht gegen die Interessen der Kunden oder des Kreditinstituts abgeschlossen werden. Dies schließt insbesondere auch den Missbrauch vertraulicher Informationen ein, unabhängig davon, ob diese Informationen geeignet sind, den Kurs erheblich zu beeinflussen oder nicht. Weiters schließt dies Geschäfte mit ein, die gegen den Grundsatz verstoßen, dass vergleichbare Kundenaufträge der Reihe nach und unverzüglich auszuführen sind, bzw. gegen den Grundsatz, dass das Kundeninteresse stets gegenüber den Interessen des Kreditinstituts bzw dessen Mitarbeitern als vorrangig zu behandeln ist. Schließlich ist es Mitarbeitern untersagt, einer anderen Person solche persönlichen Geschäfte zu empfehlen, diese dazu zu veranlassen oder Informationen/Meinungen weiterzugeben, wenn eine derartige Weitergabe diese Person zum Abschluss solcher Geschäfte bzw. zur Empfehlung solcher Geschäfte veranlassen kann. Die Mitarbeiter dürfen für sich oder für Dritte Zuwendungen oder sonstige Vorteile, die ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen könnten, weder fordern noch annehmen. Die Geschäftsleitung eines Kreditinsti924
Richtlinie für Geschäfte
tuts kann Bagatellgrenzen für Zuwendungen festsetzen, deren Überschreiten eine Zustimmungspflicht auslöst.
3. Mitarbeitergeschäfte als Mittel zur Vermögensanlage Das Kreditinstitut möchte den Erwerb von solchen Anlagewerten durch seine Mitarbeiter fördern, die deren Vermögensanlage dienen. Mitarbeiter sollen Transaktionen unterlassen, die dazu dienen, durch häufigen Abschluss von Geschäften und Gegengeschäften Vorteile aus sich sehr kurzfristig ergebenden Kurs-/Preisunterschieden zu erzielen. Die Geschäftsleitung kann in begründeten Fällen eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Mitarbeiter sollen ferner Geschäfte unterlassen, die betragsmäßig in einem Missverhältnis zu ihrem Einkommen und Vermögen stehen.
4. Mitarbeitergeschäfte auf Guthaben-/Kreditbasis Mitarbeitergeschäfte über bei dem Kreditinstitut geführte Konten und Depots dürfen nur auf Guthabenbasis (auch Wertpapierdeckung) oder im Rahmen vorher eingeräumter Kreditlinien durchgeführt werden. Die Entscheidung über die Einräumung eines Kredits treffen die von der Geschäftsleitung benannten Stellen nach den ebenfalls von der Geschäftsleitung festgelegten Grundsätzen.
5. Konto- und Depotführung Mitarbeiter, die in Vertraulichkeitsbereichen arbeiten, haben eigene Depots und damit zusammenhängende Konten beim eigenen Kreditinstitut zu führen. Diese Mitarbeiter haben sämtliche bei ihrem Kreditinstitut geführten Depots und Konten dem Compliance-Officer zu melden, soferne für den Compliance-Officer keine Abfragemöglichkeit besteht. Ausnahmsweise können eigene Depots und die damit zusammenhängenden Konten von den genannten Mitarbeitern auch bei einem anderen Kreditinstitut als dem eigenen geführt werden. Hiezu bedarf es einer Ausnahmegenehmigung durch die Geschäftsleitung, wobei die Depots und Konten bei einem fremden Kreditinstitut zu melden sind. Voraussetzung dafür ist die Entbindung des fremden Kreditinstituts 925
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vom Bankgeheimnis und die Abgabe sämtlicher datenschutzrelevanter Zustimmungserklärungen. Diese Ausnahmegenehmigung ist bei Widerruf der Bankgeheimnisentbindung und der datenschutzrechtlich relevanten Zustimmungserklärungen hinfällig. Sonstige Mitarbeiter sollten ihre Depots und Konten beim eigenen Kreditinstitut führen. Sämtliche Mitarbeiter im Sinne des § 1 Z 29 WAG 2007 dürfen Geschäfte in Finanzinstrumenten nicht als Tafelgeschäfte abwickeln; im Einzelfall kann ein bestimmtes Geschäft vorab durch den ComplianceOfficer genehmigt werden. Aufträge zu Geschäften in Finanzinstrumenten im eigenen Kreditinstitut sind vom Mitarbeiter über die konto/ depotführende Stelle zu leiten. Direkte Ordererteilung im eigenen Kreditinstitut, etwa unmittelbar beim Händler, ist unzulässig. Generell sind Vereinbarungen nicht-marktkonfomer Kurse zwischen Mitarbeiter und Kreditinstitut unzulässig.
6. Auskunfts- und Meldepflichten Zur Erfüllung der Complianceaufgaben haben Mitarbeiter auf Verlangen des Kreditinstituts vollständige Auskunft über sämtliche Mitarbeitergeschäfte inkl. Depotüberträgen zu geben. Mitarbeiter in Vertraulichkeitsbereichen haben darüber hinaus sämtliche Transaktionen, die nicht über das eigene Kreditinstitut getätigt werden, anzuzeigen, und zwar bei Orderaufgabe, spätestens jedoch am Tag nach Ordererfüllung. Erforderlichenfalls haben sämtliche Mitarbeiter das konto-/depotführende Kreditinstitut gegenüber dem Compliance-Officer vom Bankgeheimnis zu entbinden und sämtliche datenschutzrechtlich relevanten Zustimmungserklärungen zu geben.
7. Mitarbeitergeschäfte in Werten der Beobachtungs- und Sperrliste Das Kreditinstitut behält sich das Recht vor, Mitarbeitergeschäfte in Werten der Beobachtungsliste und der Sperrliste zu beschränken oder ex post zu stornieren. Der Compliance-Officer kann auch die Durchführung von Geschäften in Werten der Beobachtungsliste, von denen er erfahren hat, untersagen. Mitarbeitergeschäfte in Werten der Sperrliste dürfen nicht getätigt werden, sofern die Mitarbeiter von der Sperrliste in Kenntnis gesetzt worden sind oder von ihr Kenntnis erlangt haben. 926
Richtlinie für Geschäfte
8. Vollmachten und Zeichnungsberechtigungen Mitarbeiter in Vertraulichkeitsbereichen dürfen Geschäfte für Rechnung oder im Interesse Dritter – mit Ausnahme von Angehörigen (Ehegatten, Lebenspartner, Kinder) – nicht im eigenen Namen und nicht über eigene bei dem Kreditinstitut geführte Konten und Depots der Mitarbeiter abwickeln. Vollmachten und Zeichnungsberechtigungen für beim eigenen oder bei einem fremden Kreditinstitut geführte Konten und Depots Dritter - mit Ausnahme von Angehörigen dürfen nur mit vorheriger Zustimmung der Geschäftsleitung übernommen werden. Voraussetzung dafür ist die Entbindung des fremden Kreditinstituts vom Bankgeheimnis und die Abgabe sämtlicher datenschutzrelevanter Zustimmungserklärungen. Die Zustimmung der Geschäftsleitung ist bei Widerruf der Bankgeheimnisentbindung und der datenschutzrechtlich relevanten Zustimmungserklärungen hinfällig. Mitarbeiter außerhalb von Vertraulichkeitsbereichen sollen diese Vorschriften befolgen.
9. Dispositionen gegen Bankbestand oder gegen Kundenorders Mitarbeitergeschäfte dürfen gegen den vom Mitarbeiter disponierbaren Bestand des Kreditinstituts oder gegen die von ihm auszuführenden Aufträge von Kunden nur mit Zustimmung der Geschäftsleitung oder der von ihr benannten Stellen abgeschlossen werden. Dies gilt nicht beim Kauf von Anlageinstrumenten aus dem Bestand des Kreditinstituts zu den vom Kreditinstitut zuvor festgelegten Konditionen.
10. Zeichnungen/Repartierungen Kommt es bei Emissionen zu Repartierungen, so trifft die Entscheidung über die Art und Weise der Zuteilung die Geschäftsleitung bzw. die von ihr benannten Stellen. Bei der Zuteilung werden Mitarbeiter nicht günstiger gestellt als Kunden. 927
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11. Handhabung bei Verstößen Verstöße gegen diese Richtlinie werden vom Compliance-Officer dokumentiert und je nach Schwere des Vorfalles an die zuständigen Verantwortlichen gemeldet. Vor Entscheidungen über adäquate Maßnahmen, die bis zur Auflösung des Dienstverhältnisses gehen können, kann der Compliance-Officer angehört werden. Von einer getroffenen Maßnahme ist der Compliance-Officer in Kenntnis zu setzen.
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Interessenkonflikte und Vorteile Stand 7. 12. 2007
1. Interessenkonflikte 1.1. Präambel Das immer größer werdende Spektrum von Tätigkeiten und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten und Finanzdienstleistungen, die von Kreditinstituten angeboten und ausgeführt werden, hat das Potential für Interessenkonflikte zwischen diesen Tätigkeiten und den Interessen der Kunden erhöht. Die Anforderungen, welche das WAG 2007 und die IIKV der FMA an die Kreditinstitute im Hinblick auf die Bewältigung von Interessenkonflikten stellen, können in eine dreistufige Ordnung gebracht werden. Die einzelnen Stufen des von den Richtlinien verlangten Managements von Interessenkonflikten lassen sich mit den Stichworten Erkennen, Verhindern und Offenlegen kennzeichnen, wobei auf allen Stufen die hierzu erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zu treffen sind. Daher haben Kreditinstitute alle angemessenen Vorkehrungen zu treffen, um Interessenkonflikte, die bei der Erbringung von Dienstleistungen oder Nebendienstleistungen im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten entstehen, zu erkennen, sowie durch geeignete insbesondere organisatorische und verwaltungsmäßige Maßnahmen diese Konflikte zu verhindern oder gegebenenfalls dem Kunden eindeutig offenzulegen. Diese Interessenkonflikte können einerseits zwischen ihnen selbst, einschließlich ihrer Geschäftsleitung, ihren Beschäftigten und vertraglich gebundenen Vermittlern oder anderen Personen, die mit ihnen 929
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direkt oder indirekt durch Kontrolle verbunden sind, und ihren Kunden, sowie andererseits zwischen ihren Kunden entstehen. Gemäß der GoC ist der Compliance-Officer dazu bestimmt, sicherzustellen, dass die gesetzlichen Vorschriften zur Vermeidung bzw. Offenlegung von Interessenkonflikten vom Kreditinstitut, seinen Führungskräften und Mitarbeitern eingehalten werden. Das Gebot zur Bewältigung von Interessenkonflikten ist nicht als ein solches zur absoluten Verhinderung des Entstehens von Interessenkonflikten zu deuten, denn ein solches Verhinderungsgebot wäre von Kreditinstituten angesichts einer Vielzahl von Geschäftsfeldern und Kunden schlechterdings nicht zu erfüllen. Schon die MiFID macht deutlich, dass es allein darum geht zu verhindern, dass Interessenkonflikte im Sinne des Artikels 18 der MiFID den Kundeninteressen schaden. Verlangt wird daher der Einsatz angemessener Maßnahmen. Im Hinblick auf die Angemessenheit der Maßnahmen sind die Größe und Organisation des jeweiligen Kreditinstituts sowie Art, Umfang und Komplexität seiner Geschäfte zu berücksichtigen. Das Gebot, mit angemessenen Maßnahmen zu vermeiden, dass Interessenkonflikte zu Lasten der Kunden gehen, schließt freilich auch Maßnahmen mit ein, die – wie etwa die Beschränkung des Informationsflusses innerhalb des Kreditinstituts – schon das Entstehen von Interessenkonflikten verhindern können.
1.2. Erkennen von Interessenkonflikten Insbesondere folgende Konstellationen und Verhaltensweisen stellen potenzielle Interessenkonflikte dar, die den Interessen des Kunden schaden können: Wenn das Kreditinstitut oder eine relevante Person (§ 1 Z 29 WAG), ein vertraglich gebundener Vermittler oder eine andere direkt oder indirekt durch Kontrolle mit dem Kreditinstitut verbundene Person: • zu Lasten des Kunden einen finanziellen Vorteil erzielt oder einen finanziellen Verlust vermeidet, • am Ergebnis einer für den Kunden erbrachten Dienstleistung oder eines im Namen des Kunden getätigten Geschäftes ein Interesse hat, das dem Interesse des Kunden zuwiderläuft; • einen finanziellen oder sonstigen Anreiz hat die Interessen eines anderen Kunden oder einer anderen Gruppe von Kunden über die Interessen des Kunden zu stellen, • der gleichen geschäftlichen Tätigkeit nachgeht wie der Kunde (beim Interbankgeschäft muss nicht grundsätzlich von einem Interessenkonflikt ausgegangen werden); 930
Interessenkonflikte und Vorteile
• aktuell oder künftig von einer anderen Person als dem Kunden in Bezug auf eine für den Kunden erbrachte Dienstleistung zusätzlich zu der dafür üblichen Provision oder Gebühr einen Vorteil in Form von Geld, Gütern oder Dienstleistungen erhält. Aufgrund Pkt. 2. der GoC fällt dem Compliance-Officer die Aufgabe zu, die betreffenden Abteilungen bzw. Mitarbeiter durch entsprechende Information und Instruktion in die Lage zu versetzen, Interessenkonflikte zu erkennen und zu bewältigen und gegebenenfalls eine entsprechende Information an den Compliance-Officer zu veranlassen1. Die Erkennung und Bewältigung konkreter Interessenkonflikte bleibt Aufgabe der betreffenden Abteilungen bzw. Mitarbeiter, ist jedoch von dem Compliance-Officer zu überwachen und gegebenenfalls durchzusetzen.
1.3. Umgang mit Interessenkonflikten Das WAG 2007 verlangt in § 35 vor allem die schriftliche Festsetzung und dauerhafte Umsetzung von wirksamen und umfassenden Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten. Darunter ist jene Form des Umgangs mit Interessenkonflikten zu verstehen, die darauf gerichtet und geeignet ist, die Entstehung von Interessenkonflikten und das Durchschlagen derselben auf den einzelnen Kunden zu vermeiden. Bei der Festlegung der Grundsätze ist der Einbindung eines Kreditinstituts in eine Gruppe und den daraus möglicherweise resultierenden Interessenkonflikten Rechnung zu tragen. Welche Verfahren und welche Maßnahmen im Einzelnen einzuleiten sind, wird unten unter Pkt. 1.5 und 1.6. angeführt.
1.4. Offenlegung von Interessenkonflikten Reichen die vom Kreditinstitut gemäß Punkt 3 getroffenen organisatorischen oder verwaltungsmäßigen Vorkehrungen zur Regelung von Interessenkonflikten nicht aus, um nach vernünftigem Ermessen zu gewährleisten, dass das Risiko der Beeinträchtigung von Kundeninteressen vermieden wird, so legt das Kreditinstitut dem Kunden die Art und die Ursache von Interessenkonflikten offen, bevor es Geschäfte in seinem Namen tätigt. Die Offenlegung von Interessenkonflikten ist keine Alternative zu Maßnahmen des Interessenkonfliktmanagements 1 Gemeint sind nicht etwa geringfügige bzw. unerhebliche Interessenkonflikte ohne Schadenspotential für die Kunden oder persönliche Interessenkonflikte zwischen Mitarbeitern und Kunden, sondern solche (auch organisatorischer und struktureller Art), die geeignet sind, Kunden einen tatsächlichen Schaden entstehen zu lassen und die in das Konfliktregister aufzunehmen sind bzw. die Basis für Maßnahmen bezüglich der Konfliktbeobachtungsliste bilden.
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und befreit daher auch nicht von der Erfüllung der Pflichten zur Bewältigung von Interessenkonflikten. Vielmehr ist die Offenlegung eines nicht ausräumbaren Interessenkonflikts nur eine zwangsläufige Folge der generellen Grenzen einer Vermeidungspolitik und damit gleichsam das letzte Mittel im Umgang mit Interessenkonflikten. Diese Offenlegung kann im Einzelfall auch auf ausdrückliche Veranlassung des Compliance-Officer erfolgen. Die Offenlegung für den Kunden hat auf dauerhaftem Datenträger zu erfolgen und muss im Hinblick auf die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden ausreichend detailliert sein, sodass der Kunde eine fundierte Entscheidung in Bezug auf die Finanzdienstleistungen treffen kann, in deren Zusammenhang der Interessenskonflikt steht. Weiters hat die Offenlegung gegenüber dem Kunden bereits vor Ausführung des in Frage stehenden Geschäfts zu erfolgen. Unbeschadet aller Offenlegungspflichten sind das Bankgeheimnis und die einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu wahren.
1.5. Schriftliche Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten Jedes Kreditinstitut hat in schriftlichen Leitlinien (conflicts of interest policy) entsprechend seiner Größe und der Komplexität seiner Geschäfte und Produkte eine wirksame Strategie für den Umgang mit Interessenkonflikten festzulegen und laufend anzuwenden. Ist das Kreditinstitut Teil einer Gruppe, muss diese Richtlinie auch allen Umständen Rechnung tragen, die auf Grund der Struktur und der Geschäfte anderer Gruppenmitglieder einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten. In diesen schriftlich festgelegten Leitlinien sind auch die im Hinblick auf die speziellen Finanzdienstleistungen des Kreditinstituts möglichen Umstände festzulegen, unter denen ein Interessenkonflikt, der den Interessen eines oder mehrerer Kunden erheblich schaden könnte, vorliegt oder entstehen könnte. Ebenso sind die Verfahren und Maßnahmen, die zur Steuerung dieser Interessenkonflikte zu ergreifen sind, festzulegen. Als Maßnahmen und Instrumente, die für den Umgang mit Interessenkonflikten eingesetzt werden können, kommen etwa in Betracht: • Die möglichen Konfliktlinien folgende Separierung der Geschäftsbereiche und die Beschränkung oder Kontrolle des Informationsflusses zwischen diesen (Vertraulichkeitsbereiche). Dabei hat die wirksam eingerichtete und überwachte Unterbindung des Informationsflusses zur Folge, dass die horizontale Wissenszurechnung zwi932
Interessenkonflikte und Vorteile
schen den separierten Geschäftsbereichen ausscheidet und die jeweils mit der Annahme und Ausführung betrauten Personen weder einem aus der Sphäre des Kreditinstituts noch aus einem der Kundensphäre stammenden Interessenkonflikt ausgesetzt sind. Durch die Unterbindung des Informationsflusses gibt es auch keinen Interessenkonflikt durch vertikale Zurechnung, d. h. durch Zurechnung des Wissens zur Unternehmensspitze. • Die Unterlassung eines von mehreren miteinander in Konflikt stehenden Geschäften. Diese einfachste aller Konfliktlösungsmöglichkeiten steht dem Kreditinstitut allerdings nur dann zur Verfügung, wenn es die Konfliktmöglichkeiten vor Eingehung entsprechender Verpflichtungen erkennt und keine anderweitigen Bindungen vorhanden sind. In diesem Falle ist es dem Kreditinstitut allerdings nicht verwehrt, das für es lukrativere Geschäft zu wählen. • Bei bestimmten Arten von Interessenkonflikten, insbesondere bei knappheitsbedingten (z. B. unvollständige Zuteilung), empfiehlt sich die strikte Anwendung des Prioritätsprinzips (d. h. das Kundeninteresse ist stets gegenüber dem Kreditinstitut bzw. dessen Mitarbeiter als vorrangig zu behandeln) oder die Teilausführung bei der Orderausführung. Die Compliance-Organisation hat dafür Sorge zu tragen, dass diese wirksamen Strategien für alle relevanten Bereiche schriftlich erstellt werden und hat die Einhaltung der daraus resultierenden Vorschriften zu überwachen sowie periodisch die Effizienz und Zweckmäßigkeit der Strategien zu überprüfen.
1.6. Maßnahmen im Zusammenhang mit Interessenkonflikten 1.6.1. Meldung von Interessenkonflikten Interessenkonflikte bzw. der begründete Verdacht eines Interessenkonflikts sind ausnahmslos dem Compliance-Officer zu melden. Dieser hat die Meldungen zu dokumentieren sowie Zeitpunkt, Inhalt, Meldenden, Interessenkonflikt und die ergriffenen Maßnahmen festzuhalten. Die Erfassung von Interessenkonflikten kann im Einzelfall auch auf ausdrückliche Veranlassung des Compliance-Officer erfolgen. • Zu den zu meldenden Interessenkonflikten gehören per definitionem solche, die auf Insiderinformationen und sonstigen compliance-relevanten Informationen beruhen. Mitarbeiter und relevante Personen, die über solche Informationen verfügen, haben diese unverzüglich dem Compliance-Officer zu melden. • Ebenso sind Geschäfte, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass für einen Kunden auf Grund eines Interessenskonfliktes ein 933
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Schaden entstehen könnte, von Mitarbeitern und relevanten Personen vorab dem Compliance-Officer zu melden. • Zu melden ist auch die gleichzeitige oder unmittelbar nachfolgende Einbeziehung von relevanten Personen in die Erbringung von Dienstleistungen nach dem WAG, wenn diese Einbeziehung nicht verhindert werden konnte, die Einbeziehung jedoch ein ordnungsgemäßes Konfliktmanagement beeinträchtigen könnte.
1.6.2. Konfliktregister Der Compliance-Officer hat ein streng vertrauliches, in seiner Gesamtheit nur ihm bekanntes Konfliktregister zu führen, das gegebenenfalls durch andere Informationssysteme – wie etwa Mandatsdatenbanken oder Insiderverzeichnisse – ergänzt wird. Das Konfliktregister basiert einerseits auf einer Analyse der tatsächlichen Geschäftsfelder eines Kreditinstituts sowie der daraus resultierenden potentiellen Interessenkonflikte und andererseits auf der Erfassung Umständen, die zu relevanten Interessenkonflikten führen könnten (wie etwa bestimmte Kreditanträge, Beratungsmandate, Aufsichtsratsmandate, Großorders, (Co-)Leadfunktionen bei Emissionen, Analysen), der wichtigsten anderweitigen Geschäftsbeziehungen (darunter insbesondere im Bereich von Mergers & Acquisitions) sowie namhafter Beteiligungen des Kreditinstituts. Will das Kreditinstitut neue Geschäftsbeziehungen oder Beteiligungen mit Interessenkonfliktpotential eingehen, werden diese zuvor einem „Konflikt-Check“ unterzogen. Kommt es zum Abschluss des Geschäfts oder zur Vornahme der Beteiligung, werden diese dem Register hinzugefügt. Darüber hinaus ist auch jede anderweitige Änderung in Bezug auf Registereintragungen an den Compliance-Officer als registerführende Stelle zu melden und von dieser entsprechend zu verarbeiten.
1.6.3. Entscheidung über erkannte Interessenkonflikte Der Compliance-Officer entscheidet unabhängig, aber im Sinne der gesetzlichen Regelungen und der von ihm approbierten internen Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten, ob ein Tätigwerden über die für den jeweiligen Konflikt ergriffenen Maßnahmen des Geschäftsbereichs hinaus nötig ist. Ist ein solches erforderlich, so entscheidet der Compliance-Officer über die weiteren Maßnahmen zur Lösung dieses Konfliktes bzw. führt er selbst eine Entscheidung herbei. Er kann, falls erforderlich, interne oder externe Experten hinzuziehen. Dies ist zu dokumentieren. Jeder unangemessene Einfluss auf die Entscheidung des Compliance-Officer ist zu unterlassen, ebenso wie jede gleichzeitige oder spätere Einbeziehung einer Person in konfliktträchti934
Interessenkonflikte und Vorteile
ge Transaktionen, soferne diese Einbeziehung ein angemessenes Konfliktmanagement beeinträchtigen könnte.
1.6.4. Informationsaustausch Der Informationsaustausch zwischen Personen, deren Tätigkeit einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnte, wenn dieser den Interessen eines oder mehrer Kunden schaden könnte, hat zu unterbleiben. Ist ein solcher Informationsaustausch aus dienstlichen Gründen unumgänglich, ist der Compliance-Officer vorab davon und über den Inhalt zu verständigen. In besonders sensiblen Fällen (insbesondere im Investmentbanking) hat das Gespräch unter Anwesenheit des ComplianceOfficer zu erfolgen. Im Übrigen sind die Vorschriften bezüglich der Vertraulichkeitsbereiche zu beachten.
1.6.5. Konfliktbeobachtungsliste Geschäfte, aus denen zwischen dem Kreditinstitut bzw dessen Mitarbeitern einerseits und Kunden andererseits oder zwischen verschiedenen Kunden ein Interessenkonflikt resultiert, sind auf eine Konfliktbeobachtungsliste zu setzen und der weitere Verlauf der Transaktion ebenso wie die involvierten Personen vom Compliance-Officer zu überwachen. Es obliegt der Entscheidung des Compliance-Officer, betroffene Geschäfte wieder von der Konfliktbeobachtungsliste zu streichen. Ein Kreditinstitut kann die Möglichkeit nutzen, bestehende Register und Listen zusammen mit den hier genannten organisatorisch einheitlich zu führen, soferne dadurch der Regelungszweck nicht vereitelt wird.
1.6.6. Unabhängigkeit Personen, die mit mehreren, mit einem möglichen Interessenkonflikt verbundenen Tätigkeiten befasst sind, haben diese mit einem Grad an Unabhängigkeit auszuführen, der der Größe und den Tätigkeiten des Kreditinstituts und dem Risiko, dass Kundeninteressen geschädigt werden, angemessen ist.
1.6.7. Gleichzeitige / Aufeinanderfolgende Erbringung von Dienstleistungen durch eine Person Das Kreditinstitut hat durch geeignete Maßnahmen – insbesondere Funktionstrennung – soweit wie möglich zu verhindern, dass Mitarbeiter und relevante Personen in konfliktträchtiger Weise Wertpapier935
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dienstleistungen bzw Nebendienstleistungen gleichzeitig oder unmittelbar aufeinander folgend durchführen oder in solche Dienstleistungen einbezogen werden. Falls die Verhinderung nicht möglich ist, ist die Durchführung der Tätigkeiten in geeigneter Weise durch den Compliance-Officer zu kontrollieren.
1.6.8. Überwachung von Mitarbeitern Der Compliance-Officer hat Mitarbeiter und relevante Personen, die im Namen von Kunden tätig werden oder Dienstleistungen für Kunden erbringen, im Hinblick auf mögliche Interessenkonflikte zu überwachen, etwa durch ein Monitoringsystem.
1.6.9. Vergütungen Die Vergütungen von Personen dürfen keinerlei direkte Verbindung mit den Vergütungen oder dem erwirtschafteten Ertrag von anderen Personen haben, deren Tätigkeiten in einem Interessenkonflikt mit Tätigkeiten der Ersteren stehen. Dies betrifft insbesondere Sales, Eigenhandel, Research, Emission, M&A und Vermögensverwaltung.
1.6.10. Unangemessener Einfluss Um zu verhindern, dass Personen einen unangemessenen Einfluss auf die Art und Weise ausüben, wie andere Personen Tätigkeiten im Zusammenhang mit Wertpapier- oder Nebendienstleistungen, die potentiell miteinander in einem Interessenkonflikt stehen, ausführen, hat das Kreditinstitut in angemessener Weise organisatorische Vorkehrungen zu treffen. Diese sind regelmäßig zu aktualisieren. Ihre Einhaltung ist vom Compliance-Officer zu kontrollieren. Maßstab für die Beurteilung ist das jeweils für das Kreditinstitut gültige Organigramm mit Zuständigkeiten und Weisungsbefugnissen, das dem Compliance-Officer in der jeweils aktuellen Fassung zur Verfügung zu stellen ist. Eine Maßnahme gegen unangemessenen Einfluss von außen ist bildet etwa ein Regelwerk zur Geschenkannahme.
1.6.11. Informationen für Kunden Dazu wird auf Punkt 1 lit. h und i der Anlage 1 zu § 40 WAG 2007 verwiesen 936
Interessenkonflikte und Vorteile
2. Vorteile (Inducements) 2.1. Wahrung des Kundeninteresses 2.1.1. Im Hinblick auf die interessengerechte Durchführung von Dienstleistungen werden Kreditinstitute die Zahlung oder Entgegennahme von Provisionen, Gebühren oder nicht in Geldform bestehenden Zuwendungen (insgesamt im Folgenden auch „Vorteile“) dann unterlassen, wenn sich aus der Art bzw. Höhe solcher Vorteile deren Eignung ergibt, Kundeninteressen gegenüber Eigeninteressen des Kreditinstituts oder den Interessen dritter Marktteilnehmer zu beeinträchtigen. Ausgenommen sind Zahlungen des Kunden an das Kreditinstitut und Zuwendungen an den Kunden. Kreditinstitutsinterne Zuweisungen (nicht aber gruppeninterne, z. B. zwischen Mutter und Tochter) von Vertriebsprovisionen aus Produktmargen sowie Bonusprogramme gelten nicht als Vorteile. 2.1.2. Zulässig sind derartige Vorteile nur dann, wenn sämtliche der folgenden Voraussetzungen gegeben sind: • dem Kunden werden vor Erbringung der betreffenden Wertpapieroder Nebendienstleistung Existenz, Art und Betrag des Vorteils oder – wenn der Betrag nicht feststellbar ist – die Art und Weise der Berechnung dieses Betrages bzw. Bandbreiten in umfassender, zutreffender und verständlicher Weise offen gelegt, und • die Zahlung bzw. Leistung des Vorteils ist generell d. h. bezogen zumindest auf bestimmte Kunden- und/oder Produktgruppen darauf ausgelegt, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern. Die Gewährung des Vorteils kann sich auch auf andere Kunden bzw. Kundengruppen, welche die Dienstleistung bzw. die angebotene Produktgruppe in Anspruch nehmen, auswirken (vgl. unten 2.2.2. letzter Satz), und • das Kreditinstitut wird nicht in seiner Pflicht behindert, im besten Interesse des Kunden zu handeln.
2.2. Verbesserung der Dienstleistungsqualität 2.2.1. Diese „Auslage zur Qualitätsverbesserung“ ist abstrakt zu sehen und somit als Zielsetzung zu interpretieren, die Qualität einer bestimmten Dienstleistung zu verbessern. Es handelt sich stets um eine ex ante Beurteilung durch das Kreditinstitut. Daher ist kein ex post Nachweis einer konkreten Qualitätsverbesserung zu verlangen. Dies ist nach folgenden – nicht abschließend aufgezählten – Kriterien zu beurteilen: • Haben Zahlungen des Kreditinstituts an Dritte (z. B. externe Vermögensverwalter) primär den Zweck, zu Gunsten des Dritten durch 937
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direkte Honorierung des Kunden nicht gewährte marktübliche Verwaltungs- bzw. Vermittlungsprovision nachzuholen, steht auch bei umsatzbezogenen Zahlungen der Charakter eines Leistungsentgelts im Vordergrund. Darin liegt keine Begünstigung des Kreditinstituts zu Lasten des Kunden. • Erhalten Kreditinstitute von Emittenten von Finanzinstrumenten Vorteile, welche sich als marktübliche Vermittlungs- bzw. Vertriebsprovisionen darstellen, stellt dies ebenso eine Abgeltung für eine Leistung des Kreditinstituts dar. Auch hier handelt es sich um keine Begünstigung des Kreditinstituts zu Lasten des Kunden. • Die Annahme so genannter „Bestandsprovisionen“ durch Kreditinstitute ist zulässig, sofern das Kreditinstitut den Kunden trotzdem interessengerecht betreut und die als Bestandsprovisionen erhaltenen Mittel zumindest teilweise dafür nützt oder zum Anlass dafür nimmt, Know-how und Servicequalität im jeweiligen Finanzinstrument zum Nutzen des Kunden zu verbessern. • Vorteile, wie etwa Bestandsprovisionen, die dazu dienen, effiziente und qualitativ hochwertige Infrastrukturen für den Erwerb und die Veräußerung von Finanzinstrumenten aufzubauen oder zu erhalten, können ebenfalls dazu geeignet sein, die Qualität der Dienstleistung zu verbessern. 2.2.2. Die Annahme eines Vorteils durch ein Kreditinstitut im Zusammenhang mit einer Anlageberatung oder mit allgemeinen Empfehlungen ist jedenfalls geeignet, eine qualitative Verbesserung der Anlageberatung gegenüber dem Kunden zu erreichen, sofern die Beratung bzw. die Empfehlungen trotz der Annahme des Vorteils unvoreingenommen erfolgen. Dies schließt nicht aus, dass auch bei der Anlagevermittlung durch die Annahme von Vorteilen eine Qualitätsverbesserung der Dienstleistung für den Kunden bewirkt werden kann. Die Eignung zur Qualitätsverbesserung besteht u. a. darin, dass die entsprechende Dienstleistung ohne diesen Vorteil nicht stattgefunden hätte. Weitere Beispiele für Vorteile, die geeignet sind, die Qualität der Dienstleistung im Zusammenhang mit der Anlageberatung oder allgemeinen Empfehlungen zu verbessern, sind die Ermöglichung von Produktschulungen und -informationen, Marketingmitteilungen oder Finanzanalysen. 2.2.3. Ein Sonderfall sind Zahlungen von einer Kapitalanlagegesellschaft an in den Vertrieb eingeschaltete Anlagevermittler. In diesem Fall handelt es sich um eine Vergütung der Vermittlungsleistung, ohne welche die Vermittlung nicht stattgefunden hätte. Dies muss allerdings für den Kunden eindeutig erkennbar sein oder ihm offengelegt werden. Gleiches gilt allgemein für Vorteile, ohne deren Leistung das Finanzinstrument bzw. Produkt dem Kunden nicht angeboten werden könnte. 938
Interessenkonflikte und Vorteile
Nicht als Vorteile zu betrachten sind Gebühren und Entgelte, welche die Erbringung der Wertpapierdienstleistung erst ermöglichen oder dafür notwendig sind. Dazu gehören insbesondere Entgelte für die Verwahrung von Finanzinstrumenten, die Abwicklung von Geschäften oder die Nutzung von Handelsplätzen, behördliche Kosten oder gesetzliche Gebühren. 2.2.4. Für Kapitalanlagegesellschaften und Depotbanken gelten die Regelungen der „Qualitätsstandards der österreichischen Investmentfondsbranche“ (Z 27 und 28 der Fassung Juni 2005).
2.3. Offenlegung Die wesentlichen Bestimmungen der Vereinbarungen über Vorteile, bezogen auf die konkrete Wertpapierdienstleistung, dürfen dem Kunden in zusammengefasster Form offen gelegt werden. Auf Wunsch des Kunden ist das Kreditinstitut jedoch verpflichtet, weitere Einzelheiten offen zu legen. In dieser zusammenfassenden Offenlegung, die mehrere Gruppen von Finanzinstrumenten umfassen kann, sind einzelne Beträge bzw. Prozentsätze nicht zwingend auszuweisen; der Ausweis von Gesamtzuwendungen in Absolutbeträgen oder in Prozentsätzen oder die Angabe einer Bandbreite entsprechen i. d. R. dem Offenlegungserfordernis. Lässt sich der Umfang der Zuwendung im Zeitpunkt der Aufklärung noch nicht bestimmen, kann die Art und Weise seiner Berechnung mitgeteilt werden.
2.4. Aufwandsersatz des Kreditinstituts Unmittelbar leistungsbezogene Zahlungen – wie Verwahrungsgebühren, Abwicklungs- und Handelsplatzgebühren, Verwaltungsabgaben oder gesetzliche Gebühren – entstehen auf Grund der Geschäftsverbindung und sind in der Regel bereits nach den AGB des Kreditinstituts vom Kunden zu tragen, ohne dass dadurch ein Interessenkonflikt begründet würde.
939
Orderdurchführung Stand 26. 9. 2007
1. Orderausführung 1.1. Einleitung Im Regelfall tätigen Kreditinstitute Transaktionen in Finanzinstrumenten als Kommissionär – einfach oder im Wege des Selbsteintritts – oder als Eigenhändler im Wege eines Festpreisgeschäftes. Da Kreditinstitute den (Ver-)Kauf von Finanzinstrumenten üblicherweise nicht für sich selbst abschließen, sondern nur zur weiteren Ausführung übernehmen, die sie typischerweise im eigenen Namen besorgen, liegt in der Regel ein Kommissionsgeschäft vor.
1.2. „Best Execution“ 1.2.1. Durchführungspolitik Bei der Orderausführung werden Kreditinstitute unter Berücksichtigung des Kurses, der Kosten, der Schnelligkeit, der Wahrscheinlichkeit der Ausführung und Abrechnung, des Umfangs, der Art und aller sonstigen, für die Auftragsausführung relevanten Aspekte alle angemessenen Maßnahmen ergreifen, um das bestmögliche Ergebnis für ihre Kunden zu erreichen (Prinzip der „best execution“ bzw. bestmöglichen Ausführung von Kundenaufträgen). Liegt eine ausdrückliche Kundenweisung vor, führt das Kreditinstitut den Auftrag gemäß dieser ausdrücklichen Weisung aus. Diese Weisungserteilung kann – unter Vorbehalt der Akzeptanz durch das Kreditinstitut – generell oder einzelfallbezogen erfolgen; das Kre940
Orderdurchführung
ditinstitut ist jedenfalls verpflichtet, Privatkunden (= nicht professionellen Kunden) eine klare und deutliche Warnung dahingehend zukommen zu lassen, dass es durch Weisungen zu einer Ausführung kommen kann, die nicht der vom Kreditinstitut festgelegten Durchführungspolitik entspricht (§ 54 Abs 2 Z 3 WAG neu). Diese Warnung kann ebenso in genereller oder individueller Form erfolgen. Im Sinne der Verpflichtung zur bestmöglichen Ausführung von Kundenaufträgen legen Kreditinstitute eine Durchführungspolitik fest (Ausnahmen: (i) sachlich: Ausgabe und Rücknahme von Anteilen an inländischen Investmentfonds und Immobilien-Investmentfonds sowie von Anteilen an ausländischen Kapitalanlagefonds, deren Vertrieb in Österreich zulässig ist, über eine Depotbank bzw. eine Ausgabe- oder Verwahrstelle mit vergleichbarer Funktion; (ii) persönlich: Geschäfte mit „geeigneten Gegenparteien). Kunden sind über diese Durchführungspolitik in geeigneter Form zu informieren (§ 53 Abs 1 WAG neu). Dieser Pflicht kommen Kreditinstitute durch Übermittlung der Durchführungspolitik an den Kunden, durch Einbeziehung in Vertragsformblätter durch sonstige Aushändigung oder nach Vereinbarung mit dem Kunden durch Veröffentlichung auf der Internetseite nach.
1.2.2. Kriterien der Durchführungspolitik Maßgebliche Aspekte der Durchführungspolitik sind: • Kurs • Kosten • Schnelligkeit der Ausführung • Wahrscheinlichkeit der Ausführung und Abrechnung • Umfang (Ausführungsumfang) • Art (Auftragsart) • Sonstige relevante Aspekte Die oben genannten Aspekte sind unter Berücksichtigung der folgenden Ausführungskriterien zu gewichten: • Kundenart, respektive Kundenmerkmale • Auftragsmerkmale (unlimitierte, limitierte Order …) • Merkmale der Finanzinstrumente • Merkmale der Ausführungsplätze, an die der Auftrag weitergeleitet werden kann. Die einzelnen Orderausführungsaspekte sind hinsichtlich ihrer relativen Bedeutung untereinander zu gewichten. Diese Gewichtung stellt eine Einschätzung des Kreditinstitutes darüber dar, wie wichtig dem jeweiligen Kunden die einzelnen Aspekte sind. Diese Gewichtung ist zudem bestimmten Einflüssen unterworfen. So ist beispielsweise dem 941
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Käufer einer Anleihe eine schnelle Orderausführung im Vergleich zu anderen Ausführungsaspekten in aller Regel weniger wichtig als dem Käufer einer Aktie oder eines Optionsscheines.
1.2.3. Zustimmungserfordernis Kreditinstitute haben die Zustimmung ihrer Kunden zur Durchführungspolitik einzuholen (§ 53 Abs 1 WAG neu). Weiters hat ein Kreditinstitut die vorherige ausdrückliche Zustimmung des Kunden einzuholen, bevor es Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF ausführt. Diese Zustimmung kann entweder in Form einer allgemeinen Vereinbarung oder zu jedem Geschäft einzeln eingeholt werden (§ 52 Abs 5 Z 1 WAG neu). Hiefür besteht keine Formpflicht. Zulässig sind auch allgemeine Vereinbarungen, welche im Falle einer Zustimmung des Kunden auf Grund dessen Stillschweigen bzw. Unterlassung eines Widerspruchs innerhalb angemessener Frist von einer ausdrücklichen Zustimmung des Kunden ausgehen.
1.2.4. Evaluierung Kreditinstitute haben die Effizienz und Wirksamkeit der Durchführungspolitik zu überwachen. Insbesondere ist regelmäßig zu prüfen, ob die in der Durchführungspolitik genannten Ausführungsplätze gleich bleibend das bestmögliche Ergebnis für die Kunden erbringen oder ob die Vorkehrungen oder die Durchführungspolitik geändert werden müssen. Die Durchführungspolitik ist von den Kreditinstituten ebenso wie die Vorkehrungen zur Auftragsdurchführung jährlich zu überprüfen (§ 53 Abs 3 WAG neu). Eine derartige Überprüfung ist auch immer dann vorzunehmen, wenn eine wesentliche Veränderung eintritt, die die Fähigkeit des Kreditinstituts beeinträchtigt, bei der Ausführung seiner Kundenaufträge an den in der Durchführungspolitik genannten Plätzen weiterhin gleich bleibend das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Die Evaluierung der Durchführungspolitik wird sich – je nach der Gattung von Finanzinstrumenten – vor allem an den Kriterien des Preisniveaus und der Liquidität orientieren (hinsichtlich der Privatkunden siehe Pkt. 1.5. zweiter Absatz).
1.2.5. Verpflichtungen bei Drittausführung Bedient sich ein Kreditinstitut zur Ausführung der Kundenorders eines Dritten – z. B. eines Zwischenkommissionärs – ist die Verpflichtung 942
Orderdurchführung
zur „Best execution“ bei Einhaltung folgender Grundsätze als gewahrt anzusehen: • Kreditinstitute haben in ihrer Durchführungspolitik für jede Instrumentengattung jene Kategorie von Einrichtungen zu nennen, bei denen sie Aufträge platzieren oder an die sie Aufträge zur Ausführung weiterleiten. • Die Kreditinstitute haben darauf zu achten, dass durch Auswahl dritter Einrichtungen die wesentlichen Kundeninteressen gewahrt werden und das Kreditinstitut in die Lage versetzt wird, seinen gesetzlichen Pflichten zur bestmöglichen Durchführung nachzukommen.
1.3. Ausführungsort Soferne keine ausdrückliche Kundenweisung vorliegt, behalten sich Kreditinstitute die Wahl des konkreten Ausführungsortes von Kundenorders vor, wobei die Kundeninteressen bestmöglich zu wahren sind. In der Durchführungspolitik haben Kreditinstitute für jede Gattung von Finanzinstrumenten Angaben zu den verschiedenen Ausführungsplätzen, an denen das Kreditinstitut Aufträge seiner Kunden ausführt, zu machen und die Faktoren zu nennen, die für die Wahl des Ausführungsplatzes ausschlaggebend sind. Es sind zumindest die Ausführungsplätze zu nennen, an denen das Kreditinstitut gleich bleibend die bestmöglichen Ergebnisse bei der Ausführung von Kundenaufträgen erzielt (§ 52 Abs 3 Z 1 WAG neu). Zu berücksichtigen sind insbesondere folgende Aspekte: • Bei ein- bzw. mehrfachen Börsenotierungen kann eine Orderausführung im Inland oder im Ausland in Frage kommen. • Eine börsliche Ausführung muss nicht automatisch interessengerecht sein. Ein rechtlicher oder faktischer „Börsezwang“ besteht daher nicht. • Aufgrund der Komplexität, den günstigsten Börsenplatz zuverlässig zu bestimmen, sind – soweit interessengerecht – Standardisierungen als sachgerecht anzusehen: Grundsätzlich wird die Auswahl jener Börse zulässig sein, die bei ordnungsgemäßer interner Organisation des Kreditinstituts als „zuständig“ zu identifizieren ist und an der vergleichbare Aufträge üblicherweise zur Ausführung gelangen. Eine Überprüfung muss also nicht „Order by Order“ erfolgen. • Kann ein Auftrag über ein Finanzinstrument an mehreren konkurrierenden Plätzen ausgeführt werden, so müssen – um die in der Durchführungspolitik des Kreditinstituts aufgeführten und zur Ausführung des Auftrags fähigen Ausführungsplätze für den Kunden miteinander zu vergleichen und zu bewerten – neben dem Preis die Provisionen des Kreditinstituts und die Kosten der Ausführung an 943
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den einzelnen in Frage kommenden Plätzen im Interesse einer bestmöglichen Ausführung in diese Bewertung einfließen. Zulässig ist etwa eine Differenzierung nach Kategorien von Finanzinstrumenten, die im Ergebnis zur Zuordnung wenigstens eines Platzes für eine Kategorie führen kann.
1.4. Ausführungszeit Mangels anderweitiger Kundenweisung sind Kundenorders unverzüglich auszuführen. Damit ein Geschäft noch am selben (Börse-)Tag ausgeführt werden kann, muss es mit dem Kreditinstitut so rechtzeitig abgeschlossen worden sein, dass das Kreditinstitut den Auftrag innerhalb der für die betreffende Börse bzw. den Handelsplatz festgesetzten Zeit weiterleiten kann. Können Kundenorders nicht am selben Tag ausgeführt werden – etwa weil sie zu spät eingelangt sind oder weil kein Deckungsgeschäft abgeschlossen werden konnte – werden sie mangels anderweitiger Kundenweisung für den nächsten Börsetag vorgemerkt. Das Kreditinstitut muss geeignete Verfahren und Systeme zur unverzüglichen, redlichen und raschen Orderausführung vorhalten. Insbesondere sind folgende Vorkehrungen zu treffen: • Ausführungs- und Deckungsgeschäfte sind unverzüglich aufzuzeichnen und den jeweiligen Kunden zuzuweisen ; • Vergleichbare Kundenaufträge sind der Reihe nach und unverzüglich auszuführen („first in-first out“ bzw. Prioritätsgrundsatz), es sei denn die Art des Auftrags oder die vorherrschenden Marktbedingungen machen dies unmöglich oder im Interesse des Kunden ist anderweitig zu handeln. Bei zeitgleichem Eingang von Aufträgen mehrerer Kunden verbleibt die Möglichkeit einer verhältnismäßigen Berücksichtigung (Grundsatz der Teilausführung). • Kreditinstitute haben Privatkunden unverzüglich über alle wesentlichen Schwierigkeiten zu informieren, die für die korrekte Ausführung des Auftrags relevant sind, sobald sie von einer solchen Schwierigkeit Kenntnis erlangen. Bei Kundenlimitaufträgen in Bezug auf Aktien, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, gilt folgende Sonderregelung (§ 55 Abs 2 WAG neu): Können diese Aufträge zu den vorherrschenden Marktbedingungen nicht unverzüglich ausgeführt werden, haben die Kreditinstitute Maßnahmen zu ergreifen, um die schnellstmögliche Ausführung dieser Aufträge durch unverzügliche und angemessene – d. h. für andere Marktteilnehmer leicht zugängliche – Veröffentlichung zu erleichtern, sofern der Kunde nicht ausdrücklich eine anders lautende Anweisung gibt. 944
Orderdurchführung
Diese Veröffentlichungspflicht wird im Regelfall durch eine Weiterleitung an einen geregelten Markt oder ein multilaterales Handelssystem erfüllt, der bzw. das ein Orderbuchhandelssystem betreibt.
1.5. Preis und Kosten Bei Kommissionsgeschäften richtet sich die Ermittlung des der Abrechnung zugrunde liegenden Preises nach kommissionsrechtlichen Grundsätzen. Führt ein Kreditinstitut einen Auftrag für einen Privatkunden aus, wird das bestmögliche Ergebnis hinsichtlich des Gesamtentgelts, d. h. des Preises für das Finanzinstrument, und der mit der Auftragsausführung verbundenen Kosten bestimmt, wobei die letztgenannten Kosten alle dem Kunden entstehenden Auslagen umfassen, die unmittelbar mit der Ausführung des Auftrages zusammenhängen, einschließlich Ausführungsplatzgebühren, Clearing- und Abwicklungsgebühren sowie aller sonstigen Gebühren, die an Dritte gezahlt werden, die an der Ausführung des Auftrags beteiligt sind ( § 54 Abs 1 WAG neu).
1.6. Blockorders Unter bestimmten Voraussetzungen kann es im Kundeninteresse liegen, dass ein Kreditinstitut mehrere Aufträge zusammenfasst. Dazu ist es nach kommissionsrechtlichen Grundsätzen auch verpflichtet, wenn die Vorteilhaftigkeit bei pflichtgemäßer Sorgfalt erkennbar ist. Kreditinstitute werden in derartigen Fällen dem Kunden den dadurch erzielten günstigeren Kurs verrechnen. Bei derartigen „Blockorders“ wenden Kreditinstitute Verfahren und Systeme an, welche die unverzügliche, redliche und rasche Abwicklung von Kundenaufträgen im Verhältnis zu anderen Kundenaufträgen oder den Handelsinteressen des Kreditinstituts gewährleisten. Die Zusammenfassung mehrerer Aufträge zu „Blockorders“ ist an folgende Bedingungen geknüpft (§ 56 Abs 1 WAG neu): • Es darf nicht zu erwarten sein, dass die Zusammenlegung der Aufträge und Geschäfte für jeden Kunden, dessen Auftrag mit anderen zusammengelegt wird, insgesamt nachteilig ist; • jedem Kunden, dessen Auftrag mit anderen zusammengelegt werden soll, ist mitzuteilen, dass eine derartige Zusammenlegung in Bezug auf einen bestimmten Auftrag nachteilig sein kann; • es sind Leitlinien für die Zuordnung von Aufträgen festzulegen und wirksam umzusetzen, die die redliche Zuordnung zusammengelegter Aufträge und Geschäfte auch im Hinblick darauf regeln, wie das 945
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Volumen und der Preis von Aufträgen die Zuweisung und Teilausführung von Aufträgen bestimmen. Bei der Zusammenlegung von Kundenorders mit Eigenhandelsorders sind folgende Grundsätze zu beachten: • Die Zuordnung der verbundenen Abschlüsse darf nicht in einer für einen Kunden nachteiligen Weise erfolgen (§ 57 Abs 1 WAG neu); • bei nur teilweiser Ausführung des zusammengelegten Auftrages werden Kundenorders vorrangig zugeteilt, sofern das Kreditinstitut nicht nachweisen kann, dass ansonsten keine oder nur eine schlechtere Ausführung möglich gewesen wäre (§ 57 Abs 2 WAG neu); • Die Leitlinien für die Zuordnung von Aufträgen des Kreditinstituts haben Verfahren vorzusehen, die verhindern sollen, dass die Neuzuordnung von Geschäften für eigene Rechnung, die zusammen mit Kundenaufträgen ausgeführt werden, für den Kunden nachteilig ist (§ 57 Abs 3 WAG neu).
1.7. Kundeninformation 1.7.1. Überblick über Kundeninformationen Zusammenfassend ergeben sich im Rahmen der Orderausführung folgende Informationspflichten der Kreditinstitute gegenüber Kunden: 1.) Zurverfügungstellung einer Zusammenfassung der Durchführungspolitik sowie Einholung der Kundenzustimmung (§ 53 Abs 1 WAG neu); Mitteilung an den Kunden bei wesentlichen Änderungen der Durchführungspolitik , jedoch keine erneute Zustimmung. 2.) Im Rahmen der Durchführungspolitik Informationen über Ausführungsplätze (§ 52 Abs 3 Z 1 WAG neu), für Privatkunden die relative Bedeutung der Ausführungsaspekte / -kriterien bzw. die Art und Weise, in der die relative Bedeutung dieser Aspekte bestimmt wird (§ 54 Abs 2 Z 1 WAG neu) sowie ergänzend eine Liste der Handelsplätze, auf die das Institut seine Durchführungspolitik weitgehend stützt (§ 54 Abs 2 Z 2 WAG neu). 3.) Bei Privatkunden Kundenwarnung dahingehend, dass es durch Weisungen zu einer Ausführung kommen kann, die nicht der vom Kreditinstitut aufgestellten Durchführungspolitik entspricht (§ 54 Abs 2 Z 3 WAG neu). 4.) Einholung einer ausdrücklichen Kundenzustimmung für die außerbörsliche Ausführung sowie die Ausführung außerhalb eines MTF in genereller oder individueller Form (§ 52 Abs 5 Z 1 WAG neu). 5.) Information an Privatkunden, wenn bei der Orderausführung wesentliche Probleme auftreten. 946
Orderdurchführung
6.) Information an Kunden über eventuelle negative Folgen der Zusammenlegung mehrerer Kundenorders (§ 56 Abs 1 Z 2 WAG neu).
1.7.2. Formerfordernisse Die Information des Kunden über die Durchführungspolitik ist vom Kreditinstitut in geeigneter Form vorzunehmen; je nach Vereinbarung mit dem Kunden kommt daher, die Einbeziehung in Vertragsformblätter, die sonstige Aushändigung oder nach gesonderter Vereinbarung mit dem Kunden die Übermittlung via Internetseite in Betracht. Informationen gemäß Pkt. 7.1.2., 7.1.3. und 7.1.5. sind Privatkunden auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln oder auf einer Website bereitzustellen. Für die Übermittlung via website sind folgende Bedingungen einzuhalten: 1.) Die Bereitstellung dieser Informationen über dieses Medium ist den Rahmenbedingungen des Geschäfts angemessen; dies ist im vorliegenden Zusammenhang regelmäßig der Fall, wenn der Kunde für die Ausführung der Geschäfte eine e-mail Adresse angegeben hat. 2.) Der Kunde muss der Bereitstellung dieser Informationen in dieser Form ausdrücklich zustimmen. 3.) Die Adresse der Website und die Stelle, an der die Informationen auf dieser Website zu finden sind, müssen dem Kunden auf elektronischem Wege mitgeteilt werden. 4.) Die Informationen müssen aktuell sein und über diese Website laufend abgefragt werden können und zwar so lange, wie sie für den Kunden nach vernünftigem Ermessen einsehbar sein können.
1.8. Aufzeichnungspflichten Bei jeder Ordererteilung sind vom Kreditinstitut die gemäß Art 7 Durchführungsverordnung (EG) Nr. 1287/2006 vorgesehenen Angaben aufzuzeichnen (§ 66 Abs 1 WAG neu).
2. Orderabwicklung 2.1. Aufzeichnungspflichten Nach Ausführung jeder Order hat das Kreditinstitut die in Art 8 der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 1287/2006 vorgesehenen Angaben aufzuzeichnen (§ 66 Abs 1 WAG neu). 947
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2.2. Benachrichtigung des Kunden Kreditinstitute haben ihren Kunden in geeigneter Form über die erbrachten Dienstleistungen – sohin nach der Orderausführung - Bericht zu erstatten. Den Kunden sind unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger die wesentlichen Informationen über die Ausführung des betreffenden Auftrags zu übermitteln. Bei Fremdwährungstransaktionen gilt die Order dann als ausgeführt, wenn auch der Devisenteil erledigt wurde. Über den Stand der Orderausführung sind Kunden auf Wunsch zu informieren. Besondere Berichtspflichten bestehen gegenüber Privatkunden. Insbesondere ist Privatkunden schnellstmöglich, spätestens aber am ersten Geschäftstag nach der Ausführung des Auftrags oder – sofern das Kreditinstitut die Bestätigung der Ausführung von einem Dritten erhält – spätestens am ersten Geschäftstag nach Eingang der Bestätigung des Dritten, auf einem dauerhaften Datenträger eine Bestätigung der Auftragsausführung zu übermitteln. Diese Berichtspflicht wird durch eine inhaltlich gleichwertige Bestätigung ersetzt, die dem Privatkunden unverzüglich von einer anderen Person zuzusenden ist.
2.3. Aufbewahrungspflicht Auftragsbezogene Aufzeichnungen (betreffend Orderannahme, Ausführung und Abwicklung) sowie Kundenbenachrichtigungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren (§ 66 Abs 2 WAG neu). Die Daten müssen auf einem Datenträger gespeichert werden, der folgenden Anforderungen genügt: • Zugriffsmöglichkeit durch die zuständige Aufsichtsbehörde • Rekonstruierbarkeit jeder wichtigen Phase der Auftragsbearbeitung • Erkennbarkeit etwaiger Korrekturen oder sonstiger Änderungen • Aufzeichnungen dürfen nicht anderweitig manipuliert oder verändert werden können. Aufzeichnungen des Kreditinstituts, welche die Geschäftsbeziehung als solche dokumentieren, d. h. die Rechte und Pflichten des Kreditinstituts und des Kunden im Rahmen eines Dienstleistungsvertrages oder die Bedingungen, unter denen das Kreditinstitut Dienstleistungen für den Kunden erbringt, festhalten, sind mindestens für die Dauer der Geschäftsbeziehung mit den Kunden aufzubewahren.
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Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzanalyse (GoFA) Stand 26. September 2007 1. Vertraulichkeitsbereich Der Bereich der Analyse von Finanzinstrumenten bildet einen eigenen Vertraulichkeitsbereich im Sinne des Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft in der jeweils geltenden Fassung. 2. Unabhängigkeit Finanzanalysten – ob angestellt oder freiberuflich tätig – müssen ihre Tätigkeit unabhängig und frei im Interesse der Anleger und Kunden (institutionelle Investoren, private Anleger) durchführen können. Bei angestellten Analysten dürfen Weisungen des Arbeitgebers, die von außerhalb des Vertraulichkeitsbereiches kommen, weder sachlich unbegründet noch meinungsbildend sein. Der Analyst muss – unbeschadet einer allfälligen externen Weisung – seine Arbeit nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Finanzanalyse ausführen können. Im Sinne dieser Unabhängigkeit untersteht der letztverantwortliche Leiter einer Analyseeinheit direkt einem Mitglied des Vorstandes / der Geschäftsleitung. 3. Objektivität und Integrität Der Finanzanalyst hat seine Aufgaben mit einem Höchstmaß an Objektivität und Integrität sowie nach bestem Wissen und Gewissen auszuführen. Objektivität erfordert strenge Sachlichkeit und Unvoreingenommenheit. Der Finanzanalyst hat sich jeder Weisung, die diesen Grundsätzen widerspricht, zu widersetzen. Bei Aufrechterhaltung der Weisung ist der Compliance Officer davon in Kenntnis zu setzen. Darüber hinaus verpflichten sich Finanzanalysten zur Einhaltung des Ethikkodex einer berufsständischen Vereinigung. 949
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4. Interessenkonflikte Finanzanalysen sind meist bestimmend für das Kundenverhalten bei der Anlage in Finanzinstrumenten. Ein funktionierender Kapitalmarkt braucht das Vertrauen der Anleger und Kunden in die Integrität der Empfehlungen und Leistungen von Finanzanalysten. Die Einhaltung der Vorschriften des § 48 f Börsegesetz über die Vermeidung und Offenlegung von Interessenkonflikten, sowie die Bestimmungen des Art 25 der Durchführungsrichtlinie zur MiFID 2006/73/EG, wird deshalb zu den Berufspflichten gezählt. Darüber hinaus dürfen Finanzanalysten und andere an der Erstellung einer Finanzanalyse beteiligte relevante Personen keine Vorteile von Personen annehmen, die ein wesentliches Interesse am Gegenstand der Finanzanalyse haben (ausgenommen Vorteile bis zu einem Gesamtwert von EUR 100,– p. a.). Finanzanalysten dürfen an keinen anderen Tätigkeiten – ausser der Erstellung von Finanzanalysen – teilnehmen, wenn diese Tätigkeit ihre Objektivität gefährdet (Erwägungsgrund 36 RL 2006/73/EG). Aktivitäten des Analyseteams sind soweit erlaubt, als der Austausch von Informationen, die einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten, verhindert bzw. kontrolliert wird. 5. Transparenz Die Grundlagen zur Erstellung einer Analyse sowie die verwendete Bewertungsmethode sind in der Analyse anzugeben. Im Fall der Unverhältnismäßigkeit der Offenlegung zur Länge der Analyse ist zumindest ein Verweis auf die entsprechende Website des Analysten/des analysierenden Finanzdienstleisters anzugeben, auf der diese Informationen zu finden sind. In diesem Fall ist darauf zu achten, dass Interessenten die Angaben leicht finden können. Allfällige Interessenkonflikte sind ebenfalls offen zulegen. In der Analyse ist darauf hinzuweisen, dass die Erstellung auf Basis der Österreichischen Analysegrundsätze (GoFA und Mindeststandards) erfolgt ist. 6. Kompetenz / Eigenverantwortlichkeit Der Finanzanalyst hat seine Aufgaben stets mit einem Höchstmaß an Professionalität auszuführen Die Durchführung von Finanzanalysen erfordert ausreichende Fachkompetenz und Praxiserfahrung. Wünschenswert sind einschlägige Fachausbildungen, die mit einem internationalen Zertifikat (etwa CEFA, CFA, CIIA) abschließen. Weiters ist die Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Vereinigung (z. B. ÖVFA) zu empfehlen. Diese Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzanalyse sind als berufsständische Pflichten von jedem Finanzanalysten eigenverantwortlich wahrzunehmen. 950
Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzanalyse
7. Informationsbeschaffung Der Finanzanalyst ist verpflichtet, aktuelle und qualitativ möglichst hochwertige Informationen zu verwenden. Diese Informationen müssen umfassend und sorgfältig ermittelt werden und sollen alle wesentlichen Einflussfaktoren abdecken. 8. Beachtung der Marktstandards Analysen über Finanzinstrumente sind unter Beachtung der einschlägigen Marktstandards (etwa der ÖVFA-Mindeststandards für Finanzanalysen) zu erstellen. Die Finanzanalyse muss im Grundsatz fehlerfrei, im Einklang mit der jeweiligen Gesetzeslage und nach anerkannten Methoden der Finanzanalyse durchgeführt werden. Analysen können per se nicht sicher, sondern nur plausibel sein und müssen allgemein anerkannten Methoden der Finanzanalyse entsprechen. 9. Entlohnung Unbeschadet der dienstrechtlichen Bestimmungen soll die Remuneration eines Finanzanalysten unabhängig von den Ergebnissen der Investment Banking Einheiten erfolgen. Leistungsabhängige Komponenten sind beispielsweise auf Basis der Qualität der Analysetätigkeit, der Treffsicherheit der Empfehlungen und der Klarheit der Darstellung vorzunehmen. 10. Eigengeschäfte Eigengeschäfte von Finanzanalysten in von diesen betreuten Finanzinstrumenten unterliegen den Bestimmungen des Standard Compliance Codes der österreichischen Kreditwirtschaft, insbesondere den Richtlinien für Geschäfte von Mitarbeitern in Kreditinstituten, in der jeweils geltenden Fassung. Es ist jedem Kreditinstitut oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen vorbehalten, strengere Regelungen für seine Mitarbeiter festzulegen. Grundsätzlich wird – unter Beachtung von Art 25 Abs 2 lit a) und b) der RL 2006/73/EG – empfohlen, dass Analysten keine Finanzinstrumente der von ihnen betreuten Unternehmen halten. Ist dies aber dennoch der Fall, muss dies offen gelegt werden.
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Mindeststandards für Finanzanalysen Stand 20. Oktober 2006
1. Anwendungsbereich Im Sinne dieser Mindeststandards werden die Finanzanalyse bzw. eine Empfehlung wie folgt definiert. Die Finanzanalyse dient der Auswahl bzw. Überprüfung von Finanzinstrumenten für Anlagezwecke und bildet damit die Basis für eine fundierte Anlageentscheidung. Sie beruht auf einer systematischen, nach bestimmten Kriterien erfolgenden Untersuchung und Bewertung von Finanzinstrumenten, deren Emittenten sowie des entscheidungsrelevanten Umfeldes. Aufgabe der Finanzanalyse ist einerseits Information und andererseits Prognose. Eine Sell-side Analyse enthält direkte bzw. indirekte Empfehlungen zur Anlageentscheidung. Art. 24 Abs. 1 lit. b) der RL 2006/73/EG stellt klar, dass eine Finanzanalyse keine Anlageberatung im Sinne der MiFID 2004/39/EG darstellt. Erstellt werden Finanzanalysen von einem unabhängigen Analysten, einem Wertpapierhaus, einem Kreditinstitut, einer sonstigen Person, deren Haupttätigkeit in der Erstellung von Finanzanalysen besteht, oder einer bei den genannten Einrichtungen im Rahmen eines Arbeitsvertrages oder Ähnliches tätigen natürlichen Person. Im Rahmen der Analysetätigkeit stützen sich Analysten auf veröffentlichte oder öffentlich zugängliche Informationen, unter Umständen auch auf Informationen, die sie vom Emittenten direkt zur Verfügung gestellt bekommen. Bei Sekundäranalysen handelt es sich um Finanzanalysen, die hauptsächlich auf Basis von Daten oder Ausarbeitungen von Dritten erstellt werden (z. B. Konsensgewinnschätzungen, Fremdanalysen, etc.). Je 952
Mindeststandards für Finanzanalysen
nach Art und Umfang des Sekundäranalyseprodukts sind diese Mindeststandards sinngemäß anzuwenden. Eine direkte Empfehlung umfasst das Anlageurteil des Analysten und ist somit das Ergebnis der Finanzanalyse in Bezug auf ein oder mehrere Finanzinstrumente oder Emittenten von Finanzinstrumenten, einschließlich einer aktuellen oder künftigen Beurteilung des Wertes oder Kurses solcher Instrumente. Eine indirekte Empfehlung enthält kein explizites Anlageurteil, stellt aber eine Basis dar, auf der ein verständiger Anleger eine Anlageempfehlung für sich selbst ableiten kann. Finanzanalysen bzw. Empfehlungen werden in den verschiedensten Formen und zu verschiedenen Zeitpunkten bereitgestellt. Die Ausgestaltung kann sehr unterschiedlich sein. Unterschieden wird nach: • Form und Art und Weise der Darbietung (schriftlich: gedruckt oder elektronisch; mündlich im Rahmen von Präsentationen und öffentlichen Auftritten), • Erscheinungsweise (regelmäßig oder fallweise auf Grund von neuen Ereignissen) • Umfang (ausführliche Basisanalysen oder Kurzanalysen und Kommentare), als Einzelanalysen oder im Rahmen von Sammelanalysen • Anlegergruppe (Privatanleger, institutionelle Investoren, Medien) • Primärmarkt oder Sekundärmarkt • Eigenkapitaltitel, Zinspapiere oder sonstige Finanzinstrumente • Art der Analysetätigkeit (Primärresearch oder Sekundärresearch). Unbeschadet der gesetzlichen Vorschriften und unabhängig von der jeweils unterschiedlichen Ausprägung der Finanzanalyseprodukte gelten die in den Standards nachstehend formulierten Anforderungen an den Prozess der Erstellung (Informationssammlung, Informationsaufbereitung, Verbreitung) in gleicher Weise für alle Finanzanalysen. Die Qualität des Berichts ist im Ergebnis abhängig von der Qualität des Erstellungsprozesses. Eine fundierte, strukturierte und systematische Vorarbeit ist daher insbesondere auch für Kurzanalysen und Kommentare oder bei öffentlichen Auftritten ebenso wie bei ausführlichen Basisanalysen unerlässlich. Deshalb beschreiben die folgenden Anforderungen die wesentlichen Qualitätsstufen der Prozesskette, die zur Erstellung einer fundierten Finanzanalyse notwendig sind. Essenziell sind der systematische Prozess der Informationssammlung und die strukturierte Verarbeitung von Informationen – unabhängig davon, in welcher Form und an welche Zielgruppe sich die Finanzanalyse/Empfehlung wendet. Eine umfassende Auswertung von Daten und Informationen, z. B. über das Geschäftsmodell bildet einen unerlässlichen Schritt in der Finanzanalyse-Prozesskette, auch wenn die Veröffentlichung der de953
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taillierten Auswertung auf Grund des Umfangs einer Basisanalyse vorbehalten sein dürfte. Finanzanalysen, die ausschließlich (bank-)internen Zwecken dienen und daher regelmäßig nicht zur Veröffentlichung bestimmt sind, fallen nicht unter diese Standards, unbeschadet der Anwendbarkeit einzelner Grundsätze dieser Ausarbeitung. Diese Standards betreffen nicht die Marketingmitteilungen nach Art 24 Abs 2 der RL 2006/73/EG, und auch nicht die von den Emittenten und deren Vertriebspartnern eingesetzten bloßen Marketingmitteilungen, die keine Empfehlung iSd RL 2004/39/EG beinhalten (z. B. Werbeund sonstige Informationsmaterial zur Vertriebsunterstützung). Diese Informationen fallen nicht unter den Finanzanalysebegriff, sondern unterliegen den zivilrechtlichen oder kapitalmarktrechtlichen speziellen Informations- und Prospektpflichten. Dies gilt für vollständige Verkaufsprospekte, die sämtliche relevanten Informationen beinhalten, als auch für – offensichtlich unvollständige – Teilinformationen in Form von Zeitungsanzeigen, Kurzexposés, Handzetteln u. ä. Die Standards bezwecken keine Vereinheitlichung von Finanzanalyseprodukten, vielmehr sind die Analysten in der Ausgestaltung ihrer Studien frei, sofern die Mindestanforderungen erfüllt sind. Die Richtlinien gelten als Standesregeln und haben daher keine direkte Auswirkung auf das zivilrechtliche Verhältnis, das sich aus den gesetzlichen Vorschriften und jeweiligen Vereinbarungen zwischen Kunden und Analysten bzw. deren Arbeitgebern ergibt.
2. Allgemeine Anforderungen für die Finanzanalyse Unbeschadet der gesetzlichen Vorschriften in § 48 Börsegesetz bieten die Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzanalyse (GoFA) in der jeweils gültigen Fassung den Rahmen für die ordnungsgemäße Erstellung einer Finanzanalyse.
2.1. Nennung von Verfasser, Berufsgrundsätzen und zuständiger Aufsichtsbehörde In der Finanzanalyse sind Namen und berufspezifische Qualifikationen des Verfassers der Finanzanalyse sowie bei Wertpapierhäusern und Kreditinstituten die zuständige Aufsichtsbehörde anzugeben. 954
Mindeststandards für Finanzanalysen
In der Finanzanalyse ist darauf hinzuweisen, dass die Erstellung auf Basis der Österreichischen Analysegrundsätze (GoFA und vorliegende Mindeststandards) erfolgt ist.
2.2. Organisation zur Vermeidung von Interessenkonflikten Unternehmen, die Finanzanalysen erstellen, bzw. selbstständige Finanzanalysten haben im Wege innerbetrieblicher Organisations- und Kommunikationsregeln für die Vermeidung von Interessenkonflikten und für Informationsschranken (Chinese Wall-Verfahren) zu sorgen.
2.3. Qualitätsmanagement Basisanalysen, IPO-Analysen und Analyse-Updates sowie Sekundäranalysen sind vor ihrer Abgabe von einem qualifizierten Berufsangehörigen innerhalb oder außerhalb des Unternehmens gegenzulesen und zu genehmigen. Dabei ist die Plausibilität des Inhaltes der Finanzanalyse, die Einhaltung der kapitalmarktrechtlichen Bestimmungen sowie die Beachtung der GoFA und der vorliegenden Mindeststandards zu überprüfen. Der Verfasser bleibt jedoch selbst für den endgültigen Inhalt der Finanzanalyse verantwortlich. Annahmen und Schätzungen, die zu dem Prognosemodell und der Unternehmensbewertung geführt haben, sind zu dokumentieren.
2.4. Hinweis auf fremde Quellen Die Finanzanalysten werden sich nicht unbefugt fremder Leistungen oder Veröffentlichungen bedienen. Soweit sie befugt und sachgerecht fremde Leistungen und Veröffentlichungen in ihren Finanzanalysen verwenden, haben sie die Quelle kenntlich zu machen.
2.5. Disclaimer Jede Finanzanalyse/Empfehlung muss auf die Haftungsbeschränkungen hinweisen (Disclaimer). Dabei sind die jeweiligen nationalen gesetzlichen Vorschriften zu berücksichtigen.
2.6. Dokumentation Eine ordnungsgemäße Dokumentation und sachgerechte Aufbewahrung jenes Materials, das zur Erstellung einer Basisanalyse oder IPOAnalyse herangezogen wurde, ist sicherzustellen. 955
Anhang
3. Inhalt einer Finanzanalyse Alle folgenden Angaben beziehen sich auf den erforderlichen Inhalt einer Basisanalyse. Besonderheiten bei anderen Finanzanalyseprodukten, die ebenfalls den Analyseprozess durchlaufen haben, werden gesondert in Kapitel 4 behandelt.
3.1. Executive Summary/Investment Case Im Executive Summary werden die Kernaussagen, Schlussfolgerungen sowie die Anlageempfehlung zusammengefasst.
3.2. Stärken/Schwächen-Analyse In der Stärken/Schwächen-Analyse (SWOT – Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) sind die wesentlichen Stärken/Schwächen sowie die Chancen/Risiken des analysierten Unternehmens in seinem Branchenumfeld aufzuzeigen. Dabei wird unter anderem der branchenspezifische Wettbewerb anhand von Faktoren wie z. B. Preis, Produktqualität und -potenzial, Vertriebskapazitäten, Produktdifferenzierung analysiert, um die Positionierung des analysierten Unternehmens am Markt besser bestimmen zu können. Berücksichtigt werden sollen auch Faktoren wie die Management-, die Organisations- sowie die Kostenstruktur und die Produktivität.
3.3. Bewertung Die Bewertung hat nach anerkannten Methoden der Finanzanalyse bzw. der Unternehmensbewertung zu erfolgen. Die verwendeten Bewertungsverfahren und alle für die Nachvollziehbarkeit der Wertermittlung notwendigen Daten sind grundsätzlich zu veröffentlichen. Werden mehrere verschiedene Bewertungsmethoden angewendet, die zu unterschiedlichen Werten bzw. Bandbreiten führen, sind die so ermittelten Werte in einer geeigneten Darstellungsform gegenüberzustellen. Die Auswahl des endgültigen Wertes bzw. der endgültigen Bandbreite ist kenntlich zu machen. Die dabei angestellte Sensitivitätsanalyse bezieht sich lediglich auf den verwendeten Diskontierungszinssatz sowie auf die erwartete Wachstumsrate im Rahmen eines DCFModells. Die Gegenüberstellung kann unterbleiben, wenn neben einer zentralen Bewertung zwar zusätzliche Bewertungsmethoden angewendet werden, diese aber nicht einer eigenständigen Wertermittlung, sondern 956
Mindeststandards für Finanzanalysen
lediglich dem Zweck der Kontrolle oder Einordnung des bereits errechneten Wertes dienen. Grundsätzlich ist eine Methodenkontinuität anzustreben. Abweichungen von dieser Methodenkontinuität sind zu begründen.
3.4. Unternehmensprofil Das Unternehmensprofil sollte die wesentlichen Eckdaten der Unternehmensentwicklung, den Geschäftszweck und das Geschäftsmodell wiedergeben. Eine ausführliche Darstellung ist vor allem dann sinnvoll, wenn das Unternehmen bisher noch nicht am Kapitalmarkt notiert war oder der Analyst erstmalig die Coverage aufnimmt.
3.5. Management Die Analyse des Managements sollte vor allem die Qualifikation und die berufliche Erfahrung in der relevanten Industrie berücksichtigen.
3.6. Corporate Governance Durch die Analyse der Corporate Governance sollen Strukturen und Prozesse der Unternehmensführung, -steuerung und -kontrolle transparent gemacht werden. Im Rahmen der Basisanalyse ist deshalb zu prüfen, ob die international und national anerkannten Standards verantwortungsvoller Unternehmensführung angewandt werden. Auf jeden Fall ist anzugeben, ob der jeweils anwendbare lokale Corporate Governance-Kodex vom Emittenten anerkannt wird.
3.7. Aktionärsstruktur Die Darstellung der Aktionärsstruktur dient vor allem dazu, den Einfluss sowie mögliche Interessenkonflikte der unterschiedlichen Aktionärsgruppen sichtbar zu machen.
3.8. Markt- und Wettbewerbsanalyse Das Marktumfeld setzt die Rahmenbedingungen für den zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Die Analyse sollte sich vor allem mit folgenden Punkten auseinandersetzen: • Produkte, • Marktanteile, • Wachstumschancen bzw. -risiken, • Markteintrittsbarrieren, • Wettbewerber und Wettbewerbsverhalten 957
Anhang
• Position der Abnehmer und der Lieferanten, • Branchenentwicklung und Branchenattraktivität.
3.9. Fundamentalanalyse/Prognosemodell Die Fundamentalanalyse setzt sich mit den wesentlichen Kennzahlen (Ertragskennzahlen, Bilanzstruktur, Liquidität, Verschuldungsgrad) des Unternehmens auseinander. Der Finanzanalyst soll Besonderheiten in der Rechnungslegung sowie unternehmensspezifische Abweichungen von den in der Branche üblichen Relationen in der Gewinn- und Verlustrechnung, der Cash Flow-Rechnung und bei Wertansätzen in der Bilanz darlegen. Auf Risiken, die sich außerhalb der Bilanz bewegen (Eventualverbindlichkeiten, Leasinggeschäfte, Pensionsdeckungslücken), ist hinzuweisen. Nach einer kritischen Würdigung der Vergangenheitsdaten sind die Prognoseannahmen zu erläutern. Voraussetzung für die Ermittlung des Unternehmenswertes ist die kritische Auseinandersetzung mit den Planungs- und Prognosezahlen für das Unternehmen. Ein geschlossenes Prognosemodell erfordert die Darstellung der Gewinn- und Verlustrechnung, der Entwicklung der Cash Flows sowie der Aktiva und Passiva der Bilanz. Erst mit einem geschlossenen Prognosemodell über einen Zeitraum von mindestens zwei Prognosejahren lassen sich die finanziellen Auswirkungen auf die Unternehmensentwicklung ausreichend darstellen bzw. abschätzen.
3.10. Anlageempfehlung Die Basisanalyse enthält grundsätzlich eine Anlageempfehlung für Investoren allgemein (siehe oben Pkt. 1). Dabei kann es sich entweder um eine absolute oder relative Empfehlung handeln. Die absolute Empfehlung bezieht sich ausschließlich auf die zu erwartende Kursentwicklung des analysierten Unternehmens, während die relative Empfehlung die Kursperformance in Relation zu einem Index (Markt/Branche) als Bewertungsmaßstab heranzieht. Die Anlageempfehlung stellt nur eine Momentaufnahme dar. Ändern sich die Rahmenbedingungen, soll eine Neueinschätzung vorgenommen werden. Diese Neueinschätzung ist zu begründen. Somit soll die Anlageempfehlung einem fortlaufenden Bewertungsprozess unterliegen. Ex post nachgewiesen werden kann nur, ob eine Basisanalyse sorgfältig und in Übereinstimmung mit der herrschenden Marktpraxis erstellt worden ist. Jede aus einer Finanzanalyse abgeleitete Anlageempfehlung kann sich im Nachhinein durch die Markt- und Unternehmensentwicklung als falsch erweisen. Die Einstufung der Empfehlung kann z. B. auf einer fünf- oder dreistufigen Skala erfolgen. Die Skalierung ist im Anhang der Finanzana958
Mindeststandards für Finanzanalysen
lyse zu dokumentieren. Beispielsweise kann die Skala für die absolute und relative Empfehlung wie folgt gestaltet werden: Empfehlung/Anlageurteil erwartete Kursentwicklung Kaufen Akkumulieren Halten(Neutral) Reduzieren Verkaufen
größer 15% größer 5% kleiner gleich 15% zwischen –5% und +5% zwischen –5% und –15% größer –15%
Wird eine relative Empfehlung gegeben, ist der jeweilige Referenzindex zu veröffentlichen. Zu einer Anlageempfehlung gehört die Angabe des Zeithorizonts, auf welchen sich diese bezieht. Häufig handelt es sich um einen Zeitraum von 6 - 12 Monaten. Bei einer Neueinschätzung auf Grund von Veränderungen, beispielsweise durch neue Unternehmensnachrichten, Veränderungen im Wettbewerbsumfeld oder Erreichen des Kursziels, sind die Gründe zusammen mit der neuen Anlageempfehlung anzugeben. Die Einstellung der Coverage ist unter Angabe der Gründe mitzuteilen.
4. Produkte Dieser Punkt legt die Mindestinhalte der einzelnen Finanzanalyseprodukte fest; diese umfassen die in 4.1. bis 4.5. genannten sowie die weiteren in der tabellarischen Übersicht angeführten Produkte. Die tabellarische Übersicht zu den Finanzanalyseprodukten im Anhang bildet einen integrierenden Bestandteil dieser Mindeststandards.
4.1. Basisanalyse Basisanalysen sind umfassende und vollständige Finanzanalysen der betreffenden Wertpapiere bzw. Unternehmen, die explizit alle wesentlichen, für die Bewertung maßgeblichen Gesichtspunkte enthalten. Basisstudien werden beispielsweise geschrieben, wenn ein Analyst die Coverage aufnimmt oder wenn sich die Strukturen in dem Unternehmen oder das Marktumfeld wesentlich ändern. Sie sollten idealtypisch alle Schritte der Analyse-Prozesskette und damit folgende Inhaltspunkte umfassen: • Executive Summary/Investment Case • Stärken/Schwächen-Analyse • Bewertung • Unternehmensprofil 959
Anhang
• Markt/Wettbewerbsanalyse • Corporate Governance • Kommentar zum Management • Darstellung der Aktionärsstruktur • Fundamentalanalyse/Prognosemodell • Anlageempfehlung In formaler Hinsicht enthält die Basisanalyse – unbeschadet der Vorschriften des § 48 f BörseG – zwingend: • Anlass für die Finanzanalyse • Name des Analysten • Datum der Erstellung • Aktueller Kurs der Aktie • Übersicht Key-Data • Definition der Empfehlung (falls Empfehlung vorhanden) • Hinweis auf Interessenskonflikte • Disclaimer
4.2. IPO-Analyse Eine IPO-Analyse umfasst grundsätzlich dieselben Inhalte wie eine Basisanalyse und verläuft nach dem selben Analyseprozess. Zusätzlich zu den Angaben in der Basisanalyse enthält sie im Falle einer Kapitalmaßnahme Angaben zur Verwendung des Emissionserlöses. Zur Vermeidung von Interessenkonflikten sollte bei IPO-Analysen auf eine Empfehlung verzichtet werden.
4.3. Finanzanalyse-Update Finanzanalyse-Updates werden aus bestimmten Anlässen erstellt und befassen sich daher schwerpunktmäßig mit der Bewertung dieser Vorgänge. Ein Finanzanalyse-Update wird in der Regel aus folgenden Anlässen geschrieben: • ausführliche Kommentierung von Unternehmensmeldungen • Analystenkonferenzen/Unternehmensbesuche • Neueinschätzung (Empfehlungs- und Schätzungsänderungen). Bei Finanzanalyse-Updates kann aus Platz- und Zeitgründen auf die Veröffentlichung folgender Inhaltspunkte verzichtet werden: das Unternehmensprofil, die Analyse des Managements, die Darstellung der Aktionärsstruktur, die Markt- und Wettbewerbsanalyse sowie die Analyse zu Corporate Governance. Auf das zugrunde liegende Prognosemodell ist hinzuweisen. 960
Mindeststandards für Finanzanalysen
4.4. Kurzanalyse Eine Kurzanalyse ist eine komprimierte Finanzanalyse, die meist auf Grund spezifischer unternehmens- oder marktbezogener Anlässe erstellt wird, oder zur Vertriebsunterstützung für bestimmte Kundengruppen verdichtet wird. Eine Kurzanalyse hat in der Regel einen Umfang von wenigen Zeilen bis max. 1–2 Seiten. Anlässe sind z. B. Previews zu Unternehmenszahlen oder Kommentare zu Unternehmensmeldungen, Empfehlungs- und Schätzungsänderungen. Sofern eine direkte Anlageempfehlung gegeben wird, sollte die Kurzanalyse zumindest eine kurze Zusammenfassung der Bewertung und der Stärken/Schwächen-Analyse enthalten. Zur Gewährleistung einer hohen Analysequalität sind gemäß den Anforderungen dieser Mindeststandards die nicht veröffentlichten Analyseschritte auf jeden Fall vor Veröffentlichung der Studie zu durchlaufen.
4.5. Kommentar Bei einem Kommentar handelt es sich um eine zeitnahe Ersteinschätzung von Nachrichten und Ergebnisaussendungen seitens analysierter Unternehmen. Dieser Kommentar umfasst üblicherweise wenige Zeilen (z. B. Dailies, Flashes, etc.).
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Anlass
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RadioInterview PresseInterview
Presseartikel TVInterview
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Hinweise AnlageName Überzu empfehdes sicht Definition Intereslung/ AnaKey- der Emp- senskonQualitatilysten Data 6) fehlung 1) flikten ves Urteil x 4) x x x x x x x Kurs
Kommentare 9) x Empfehlungs-/ Kennzahlenlisten
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IPO-Analyse x
Basisanalyse
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KomKommentar FundaMarkt-/ Corpo- mentar zur mental- VerwenWettberate zum Aktio- analyse/ dung werbs- Gover- Manage- närsProgno- Emissianalyse nance ment struktur semodell onserlös x x x x x x
Profil
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Executive Summa- Stärken/ ry/Invest- Schwäment chenCase analyse x x x
Mindeststandards für Finanzanalysen - Tabellarische Übersicht nach Finanzanalyseprodukten
Anhang
Ein Verweis auf die Website mit den notwendigen Angaben ist ausreichend.
10)
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8)
Das Medium muss sich vertraglich verpflichten, die Hinweise zu veröffentlichen. (z. B. einmaliger Standardvertrag mit jedem Institut, das interviewt wird)
Bei Wiederholungen ist das Datum der Erstausstrahlung anzugeben. Auf mögliche Interessenskonflikte ist gegenüber dem Interviewpartner hinzuweisen. Auf Konformität mit den gesetzlichen Bestimmungen ist dabei zu achten. Z.B. Dailies, Flashes, etc. Sofern im Zuge der Transaktion zulässig.
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Z.B. Kommentierung von Unternehmensmeldungen, Previews, Empfehlungs- und Schätzungsänderungen. Zusammenfassung der wichtigsten P&L-/ Bilanz- und Bewertungskennzahlen, Marktkapitalisierung, Free Float, Chart, etc.
Falls eine direkte Anlageempfehlung gegeben wird, muss in der Finanzanalyse eine kurze Zusammenfassung der Bewertung und der wichtigsten Chancen/Risiken enthalten sein oder ein Verweis auf die detaillierteren Ausführungen der letzten (Basis-)Analyse auf der Website vorgenommen werden. I.d.R enthalten sellside-Analysen eine direkte Anlageempfehlung.
muss zwingend enthalten sein Angabe nur notwendig, wenn Anlageempfehlung (direkt oder indirekt) enthalten ist. Auf Konformität mit den gesetzlichen Bestimmungen ist dabei zu achten. Bitte beachten Sie den Disclaimer, die Definition der Empfehlung und die Hinweise zu möglichen Interessenskonflikten, die Sie unter www.xxxxx.xxx oder der Tel. Nr. „Compliance“ erhalten. Das Medium muss sich vertraglich verpflichten, die Hinweise zu veröffentlichen. (z. B. einmaliger Standardvertrag mit jedem Institut, das interviewt wird)
5)
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Legende:
Mindeststandards für Finanzanalysen
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Sondervorschriften für Kapitalanlagegesellschaften Stand 7. 12. 2007
Präambel Die Sondervorschriften für Kapitalanlagegesellschaften (KAGs)1 verstehen sich als integraler Bestandteil des neuen modularen Standard Compliance Codes (SCC) der österreichischen Kreditwirtschaft und fügen sich in dessen Struktur als eigenes Modul ein. Wie die Historie zeigt, waren Sondervorschriften für KAGs immer schon Bestandteil des SCC, wobei bedingt durch die Umsetzung der Markets in Financial Instruments Directive (MiFID)2, die Anpassung dieser Sondervorschriften unabdingbar geworden ist. Dies hat seinen Grund vor allem darin, dass sowohl die MiFID als auch das WAG eine klare Unterscheidung zwischen KAGs mit einfacher Konzession gem. § 1 Abs. 1 Z 13 bzw. Z 13 a BWG und jenen mit erweiterter Konzession gem. § 1 Abs. 1 Z 13 iVm § 3 Abs. 2 WAG 2007 vornimmt. Materiell bedeutet dies, dass KAGs mit einfacher Konzession – wie bisher – exklusiv dem OGAW-Regulativ unterliegen, das durch das InvFG ins nationale Recht übernommen wurde. KAGs mit erweiterter Konzession sind jedoch mit den der erweiterten Konzession vorbehaltenen Tätigkeiten von MiFID umfasst und fallen somit teilweise in den Anwendungsbereich des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG) 2007. 1 Unter dem Begriff KAG sind grundsätzlich Kapitalanlagegesellschaften im Sinn des § 2 InvFG sowie Kapitalanlagegesellschaften für Immobilien im Sinn des § 2 ImmoInvFG zu verstehen, wobei zudem die wesentliche Unterscheidung zwischen KAGs mit einfacher und jener mit erweiterten Konzession für den Anwendungsbereich des WAG zu beachten ist. 2 RL 2004/39/EG sowie die Durchführungsrechtsakte RL 2006/73/EG und Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 2.
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Präambel
Sondervorschriften für Kapitalanlagegesellschaften
Die Struktur dieses Moduls des SCC wurde so gestaltet, dass dieses Modul des SCC für Tätigkeiten im Rahmen des erweiterten und nicht erweiterten Konzessionsumfanges gilt. Nur für die der erweiterten Konzession vorbehaltenen Tätigkeiten gelten, sofern in diesem Modul des SCC nicht ausdrücklich anders geregelt, zusätzlich die SCC-Module 4 Interessenkonflikte und 5 Orderdurchführung. Dies bedeutet, dass die vom Richtliniengesetzgeber als auch vom nationalen Gesetzgeber vorgenommene klare Trennung zwischen dem OGAW- und dem MiFID-Regime auch im SCC reflektiert ist, was einen konsistenten Regelungsgehalt bewirkt.
1. Grundsätze ordnungsmäßiger Compliance Da es sich bei KAGs um österreichische Kreditinstitute handelt, die Geschäfte und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten durchführen, deren Basis insbesondere der Bereich Vermögensverwaltung und Fondsmanagement ist, führen KAGs – und zwar auf Basis des § 2 InvFG bzw. des § 18 WAG – die Grundsätze ordnungsmäßiger Compliance im Rahmen des SCC-Moduls Sondervorschriften für KAGs ein. Damit einher geht, dass die KAG einerseits recht und billig im besten Interesse der von ihr verwalteten Fonds und der Integrität des Marktes handelt, dabei alle für die Ausübung ihrer Tätigkeit geltenden Vorschriften im besten Interesse der Anleger und der Integrität des Marktes einhält, andererseits ihre Tätigkeiten mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit erbringt, sich um die Vermeidung von Interessenskonflikten bemüht und generell über die für die ordnungsgemäße Geschäftstätigkeit notwendigen Mittel und Verfahren verfügt bzw. diese wirksam einsetzt. Es ist die Pflicht der Geschäftsleitung der KAG – im Lichte des im WAG 2007 klar apostrophierten Proportionalitätsprinzips – für die Einrichtung einer unabhängigen Compliance-Organisation zu sorgen, wobei das Hauptaugenmerk auf die Unabhängigkeit und die Weisungsfreiheit dieser Compliance-Organisation zu legen ist. Der ComplianceOfficer, der – solange die Grundsätze der Weisungsfreiheit und Unabhängigkeit gewährleistet sind – in einer vom Fondsmanagement unabhängigen Organisationseinheit angesiedelt sein kann, ist ausschließlich der Geschäftsführung als Gesamtorgan unterstellt. Somit hat der Compliance-Officer – falls organisatorisch eingerichtet und notwendig – die 965
Anhang
Leitung der Compliance-Organisation der KAG inne, wobei er seine Tätigkeit im besten Interesse und zur Wahrung der Integrität der KAG und des Marktes durchführt. Der Compliance-Officer und die Compliance-Abteilung unterstehen unmittelbar der Geschäftsführung als Gesamtorgan, wobei eine disziplinäre Unterstellung unter den Vorsitzenden der Geschäftsführung empfohlen wird. Innerhalb der KAG nimmt der Compliance-Officer eine zentrale Stellung ein, die sich auf Grund seiner Verantwortung hinsichtlich der Kommunikation compliancerelevanter Aspekte mit der Finanzmarktaufsicht sowie seiner Entscheidungsbefugnis betreffend Fragen der Anwendbarkeit und Auslegung compliancerelevanter Normen manifestiert. Bedingt durch diese zentrale Stellung innerhalb der KAG haben der Compliance-Officer und die ihm unterstellte Compliance-Abteilung – soweit zum Zwecke der ordnungsgemäßen Ausführung dieser Tätigkeit notwendig – ein jederzeitiges und uneingeschränktes Einsichts-, Zugangs- und Auskunftsrecht hinsichtlich aller einschlägigen Unterlagen, Bücher, Aufzeichnungen, Personaldaten oder etwaig vorliegender Tonbandaufzeichnungen. Jegliches Zuwiderhandeln gegenüber dem Compliance-Officer stellt ein schweres disziplinarrechtliches und somit zu ahndendes Vergehen dar. Wesentlich ist, dass sich die Tätigkeit des Compliance-Officer und der Compliance-Abteilung grundlegend von jener der internen Revision bzw. des Risikomanagements unterscheidet. Dies schließt jedoch eine Zusammenarbeit zwischen diesen organisatorischen Einheiten nicht notwendigerweise aus und es kann etwa – im Sinne einer effizienten Kontrolle– die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften des WAG an die interne Revision delegiert werden. Dies nur unter der Voraussetzung, dass für die unabhängige Ausführung von Compliance im Rahmen der internen Revision gesorgt ist und die Tätigkeit von Compliance nicht von derselben Person in der internen Revision geprüft wird (Selbstkontrolle). Im Sinne des apostrophierten Proportionalitätsprinzips ist herauszustreichen, dass die Organisationsstruktur einer KAG an sich in der Regel äußerst schlank ist. In diesem Licht ist auch die Rolle der Compliance-Funktion in der KAG zu sehen, weshalb ein Outsourcing der Compliance-Tätigkeit – ähnlich wie in anderen Bereichen – im Rahmen des § 25 WAG grundsätzlich möglich ist oder im Rahmen der KAGOrganisation erfolgen kann. In diesem Sinn ist das erste Modul des SCC, Grundsätze ordnungsmäßiger Compliance auf Tätigkeiten im Rahmen des erweiterten und nicht erweiterten Konzessionsumfanges der KAGs anwendbar. 966
Präambel
Sondervorschriften für Kapitalanlagegesellschaften
2. Insiderregeln & Marktmanipulation Im Sinne einer sinnvollen und effizienten Verfolgung der Grundsätze ordnungsmäßiger Compliance haben die KAG selbst als auch deren Mitarbeiter bzw. Dritte, die im Auftrag der KAG handeln und zwar auf Basis des § 2 InvFG bzw. des § 18 WAG bzw. der Marktmissbrauchsbestimmungen des BörseG, die gesetzlichen Vorschriften zum Marktmissbrauch, die sowohl Insider- als auch Marktmanipulationsverbote umfassen, einzuhalten. In diesem Sinn ist das SCC-Modul 2 Insiderrecht und Marktmanipulation auf Tätigkeiten im Rahmen des erweiterten und nicht erweiterten Konzessionsumfanges der KAGs anwendbar.
3. Richtlinien für Geschäfte von Mitarbeitern in Kreditinstituten Um die Ordnungsmäßigkeit und Fairness des Handels mit Finanz- und sonstigen Instrumenten sowie insbesondere die faire Behandlung aller Teilnehmer am Kapitalmarkt zu gewährleisten, finden sich im BörseG, dem WAG sowie dem SCC der Kreditwirtschaft entsprechende Regelungen, die dies gewährleisten sollen. Die KAG hat im Rahmen ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zu gewährleisten, dass Vorschriften für persönliche Transaktionen ihrer Mitarbeiter erlassen werden, wobei diese Verpflichtung mit Verabschiedung der gegenständlichen Vorschriften und deren Umsetzung mit Wirkung auf alle arbeitsrechtlichen Verhältnisse erfüllt ist und in diesem Sinn ein Mindesterfordernis für eigene KAG-Regelungen in diesem Zusammenhang darstellt. Zu betonen ist, dass jeglicher Verstoß von Mitarbeitern der KAG gegen diese Regelungen zu einer nachhaltigen Schädigung der Reputation der KAG führen kann, sodass damit schwerwiegende arbeitsrechtliche, zivilrechtliche und/oder strafrechtliche Folgen für den bzw. die betroffenen Mitarbeiter verbunden sind. Der grundsätzliche Anwendungsbereich des SCC-Moduls 3 Richtlinien für Geschäfte von Mitarbeitern in Kreditinstituten umfasst alle Geschäfte in Finanzinstrumenten im Sinne des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG) 2007, wobei insbesondere auf besondere Geschäfte in Wertpapieren, Derivaten, Devisen und Edelmetallen abgestellt wird, die Mitarbeiter der KAG außerhalb der dienstlichen Aufgabenstellung für eigene Rechnung, für Rechnung Dritter oder im Interesse Dritter 967
Anhang
tätigen oder die von Dritten auf Rechnung oder im Interesse des Mitarbeiters der KAG getätigt werden. In diesem Sinn ist das SCC-Modul 3 Richtlinien für Geschäfte von Mitarbeitern in Kreditinstituten auf Tätigkeiten im Rahmen des erweiterten und nicht erweiterten Konzessionsumfanges der KAGs anwendbar.
4. Finanzanalysten Die Erstellung von Finanzanalysen im Sinne des § 36 WAG zählt nicht zum erlaubten Tätigkeitsumfang einer KAG. Da somit im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der KAG die Tätigkeit der Analysen immer und ausnahmslos im engen Konnex mit dem jeweiligen eigenen Produkt zu sehen ist, und die Veröffentlichung solcher Analysen als Marketingmitteilung gemäß § 40 (6) WAG behandelt wird und entsprechend gekennzeichnet werden muss, ist das SCC-Modul 6 Österreichische Analysestandards auf Tätigkeiten im Rahmen des erweiterten und nicht erweiterten Konzessionsumfanges der KAGs nicht anwendbar.
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Kurztitel Wertpapier-Meldeverordnung 2007
Kundmachungsorgan BGBl. II Nr. 217/2007
Inkrafttretensdatum 1. 11. 2007
Langtitel Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über die Meldung von Wertpapiergeschäften (Wertpapier-Meldeverordnung 2007 – WPMV 2007) StF: BGBl. II Nr. 217/2007
Präambel/Promulgationsklausel Auf Grund des § 64 Abs. 5 des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 – WAG 2007, BGBl. I Nr. 60, wird verordnet:
Ergänzende Angaben § 1. Die Meldungen gemäß § 64 Abs. 1 WAG 2007 haben ergänzend zu den in Tabelle 1 des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Angaben die in §§ 2 bis 6 genannten Angaben zu enthalten.
Einheit der Effektennotiz § 2. Die Einheit der Effektennotiz ist in dem dafür vorgesehenen Feld als 1. Stück-Notiz, 2. Prozent-Notiz, 3. Promille-Notiz oder 4. Punkte-Notiz anzugeben.
Open/Close-Kennzeichen § 3. Für Open ist in dem dafür vorgesehenen Feld ein „O“, für Close ein „C“ anzugeben.
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Wertpapier-Meldeverordnung 2007
Market Maker-Kennzeichen § 4. (1) Ein Market Maker-Geschäft ist in dem dafür vorgesehenen Feld mit „J“ zu kennzeichnen. (2) Geschäfte, die keine Market Maker-Geschäfte sind, sind mit „N“ zu kennzeichnen.
Gegenpartei § 5. Die Gegenpartei des gemeldeten Geschäfts ist in dem dafür vorgesehenen Feld mit ihrer österreichischen Bankleitzahl oder mit ihrem SWIFT-Code zu bezeichnen. Ist keines dieser Identifikationsmerkmale vorhanden, so ist die FMA-ID zu verwenden, die auf Anfrage eines meldepflichtigen Instituts von der FMA bekannt gegeben wird.
Auftraggeber des gemeldeten Geschäfts § 6. (1) Der unmittelbare Auftraggeber des gemeldeten Geschäfts ist in dem dafür vorgesehenen Feld mit seiner österreichischen Bankleitzahl oder mit seinem SWIFT-Code zu bezeichnen. (2) Ist der unmittelbare Auftraggeber des gemeldeten Geschäfts eine Wertpapierfirma gemäß § 2 Z 30 Bankwesengesetz – BWG, BGBl. Nr. 532/1993, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 60/2007, oder ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 4 WAG 2007 und ist kein SWIFT-Code vorhanden, so ist in dem dafür vorgesehenen Feld die FMA-ID zu verwenden, die auf Anfrage eines meldepflichtigen Instituts von der FMA bekannt gegeben wird. (3) Ist keines der Identifikationsmerkmale gemäß Abs. 1 und 2 vorhanden, so ist der unmittelbare Auftraggeber des gemeldeten Geschäfts in dem dafür vorgesehenen Feld mit einer vom Meldepflichtigen selbst vergebenen internen Identifikationsnummer (Kunden-ID) zu bezeichnen. Die Kunden-ID ist für die Meldung aller Transaktionen eines Kunden auf einem bestimmten Depot zu verwenden und darf nicht öfter als einmal jährlich geändert werden. (4) Abs. 3 gilt nicht für im Wege eines geregelten Marktes oder eines MTF gemäß § 7 erstattete Meldungen von Börsemitgliedern mit Sitz in Drittländern, die der Meldepflicht gemäß § 64 Abs. 1 Z 4 WAG 2007 unterliegen.
Meldungen durch Dritte § 7. Bei meldepflichtigen Instituten kann die Meldung auch durch einen geregelten Markt oder ein MTF, über deren Systeme die Geschäfte abgewickelt wurden, oder einen geeigneten Dritten erfolgen, bei Kreditinstituten, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, insbesondere durch das zuständige Zentralinstitut.
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Wertpapier-Meldeverordnung 2007
Außer-Kraft-Treten § 8. (1) Mit Ablauf des 31. Oktober 2007 tritt die Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über die Meldung von Wertpapiergeschäften (Wertpapier-Meldeverordnung – WPMVO), BGBl. II Nr. 258/2002, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 177/2007, außer Kraft. (2) Mit Ablauf des 31. Oktober 2007 tritt die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Art der elektronischen Übermittlung der Meldung von Wertpapiergeschäften (Wertpapier-Meldesystemverordnung – WPMSVO), BGBl. II Nr. 421/1997, außer Kraft. (3) Mit Ablauf des 31. Oktober 2007 tritt die Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über die Art der elektronischen Übermittlung der Meldung von Wertpapiergeschäften (Wertpapier-Meldesystemverordnung – WPMSVO), BGBl. II Nr. 259/2002, außer Kraft. (4) Mit Ablauf des 31. Oktober 2007 tritt die Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) zur Durchführung des Wertpapieraufsichtsgesetzes, mit der von der inländischen Meldepflicht für Geschäfte in bestimmten geregelten Märkten von Mitgliedstaaten befreit wird – Melde-Befreiungsverordnung, BGBl. II Nr. 260/2002, außer Kraft.
In-Kraft-Treten § 9.
Diese Verordnung tritt mit 1. November 2007 in Kraft.
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Kurztitel Interessenkonflikte- und Informationen für Kunden-Verordnung
Kundmachungsorgan BGBl. II Nr. 216/2007
Inkrafttretensdatum 1. 11. 2007
Langtitel Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über Standards für Verfahren und Maßnahmen zur Bewältigung von Interessenkonflikten und über Informationen für Kunden bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen (Interessenkonflikte- und Informationen für Kunden-Verordnung – IIKV) StF: BGBl. II Nr. 216/2007
Präambel/Promulgationsklausel Auf Grund des § 35 Abs. 4 und des § 41 Abs. 3 des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 – WAG 2007, BGBl. I Nr. 60, wird verordnet:
1. Abschnitt. Allgemeines Rechtsträger § 1. (1) „Rechtsträger“ im Sinne dieser Verordnung sind: 1. Kreditinstitute gemäß § 1 BWG; 2. Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 Abs. 1 InvFG 1993 nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 WAG 2007; 3. Wertpapierfirmen gemäß § 3 WAG 2007; 4. Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 4 WAG 2007; 5. Versicherungsunternehmen nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 WAG 2007; 6. Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten nach Maßgabe von § 12 Abs. 4 WAG 2007; 7. Kreditinstitute aus Mitgliedstaaten nach Maßgabe von § 9 Abs. 7 BWG. (2) Auf die in Abs. 1 Z 6 und 7 angeführten Rechtsträger findet § 2 keine Anwendung. (3) Die Anwendbarkeit der einzelnen Bestimmungen dieser Verordnung auf die in Abs. 1 angeführten Rechtsträger richtet sich nach den im Einzelfall erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten.
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Interessenkonflikte- und Informationen für Kunden-Verordnung
2. Abschnitt. Interessenkonflikte Standards für Verfahren und Maßnahmen zur Bewältigung von Interessenkonflikten § 2. Rechtsträger haben gemäß § 35 Abs. 2 Z 2 WAG 2007 in ihren Leitlinien für den Umgang mit Interessenkonflikten Verfahren und Maßnahmen festzulegen, die, soweit dies zur Gewährleistung des geforderten Grades an Unabhängigkeit eines Rechtsträgers notwendig und angemessen ist, zumindest Folgendes vorsehen: 1. Wirksame Verfahren, die den Austausch von Informationen zwischen relevanten Personen, deren Tätigkeiten einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten, verhindern oder kontrollieren, wenn dieser Informationsaustausch den Interessen eines oder mehrerer Kunden abträglich sein könnte. 2. Die gesonderte Überwachung relevanter Personen, deren Hauptaufgabe darin besteht, Tätigkeiten im Namen von Kunden auszuführen oder Dienstleistungen für Kunden zu erbringen, deren Interessen möglicherweise kollidieren oder die in anderer Weise unterschiedliche Interessen, einschließlich der des Rechtsträgers, vertreten, die kollidieren könnten. 3. Die Aufhebung jedes direkten Zusammenhangs zwischen der Vergütung relevanter Personen, die sich hauptsächlich mit einer Tätigkeit beschäftigen, und der Vergütung anderer relevanter Personen oder den von diesen erzielten Einkünften, die sich hauptsächlich mit einer anderen Tätigkeit beschäftigen, sofern diese beiden Tätigkeiten einen Interessenkonflikt auslösen könnten. 4. Maßnahmen, die jeden ungebührlichen Einfluss auf die Art und Weise, in der eine relevante Person Wertpapier- oder Nebendienstleistungen erbringt oder Anlagetätigkeiten ausführt, verhindern oder einschränken. 5. Maßnahmen, die die gleichzeitige oder unmittelbar nachfolgende Einbeziehung einer relevanten Person in verschiedene Wertpapierdienstleistungen, Nebendienstleistungen oder Anlagetätigkeiten verhindern oder kontrollieren, wenn diese Einbeziehung ein ordnungsgemäßes Konfliktmanagement beeinträchtigen könnte.
3. Abschnitt. Information für Kunden Anforderungen an Informationen über Vergleiche § 3. Informationen, die ein Rechtsträger an Privatkunden richtet, die Angaben über einen Vergleich von Wertpapierdienstleistungen, Nebendienstleistungen, Finanzinstrumenten oder Personen, die Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen erbringen, enthalten, haben gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 WAG 2007 folgende Anforderungen zu erfüllen: 1. Der Vergleich muss aussagekräftig sein und in einer redlichen und ausgewogenen Weise dargestellt werden. 2. Die für den Vergleich herangezogenen Informationsquellen müssen angegeben werden. 3. Die für den Vergleich herangezogenen wesentlichen Fakten und Hypothesen müssen angegeben werden.
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Interessenkonflikte- und Informationen für Kunden-Verordnung
Anforderungen an Informationen über Hinweise auf frühere Wertentwicklungen § 4. Informationen, die ein Rechtsträger an Privatkunden richtet, die einen Hinweis auf die frühere Wertentwicklung eines Finanzinstruments, eines Finanzindexes oder einer Wertpapierdienstleistung enthalten, haben gemäß § 41 Abs. 3 Z 2 WAG 2007 folgende Anforderungen zu erfüllen: 1. Ein Hinweis im Sinne des § 41 Abs. 3 Z 2 WAG 2007 darf bei der Mitteilung nicht im Vordergrund stehen. 2. Die Informationen müssen geeignete Angaben zur Wertentwicklung enthalten, die sich auf die unmittelbar vorausgehenden fünf Jahre beziehen, in denen das Finanzinstrument angeboten, der Finanzindex festgestellt oder die Wertpapierdienstleistung erbracht wurde; im Falle eines Zeitraums von weniger als fünf Jahren müssen sich diese Angaben auf den gesamten Zeitraum beziehen, und bei einem längeren Zeitraum kann der Rechtsträger beschließen, über die fünf Jahre hinauszugehen, wobei diesen Angaben zur Wertentwicklung in jedem Falle vollständige Zwölfmonatszeiträume zugrunde zu legen sind. 3. Der Referenzzeitraum und die Informationsquelle sind eindeutig anzugeben. 4. Die Informationen müssen eine deutliche Warnung dahingehend enthalten, dass sich die Zahlenangaben auf die Vergangenheit beziehen und dass die frühere Wertentwicklung kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse ist. 5. Stützt sich die Angabe auf eine andere Währung als die des Mitgliedstaats, in dem der Privatkunde ansässig ist, so ist diese Währung eindeutig anzugeben und eine Warnung dahingehend abzugeben, dass die Rendite infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen kann. 6. Beruht die Angabe auf der Bruttowertentwicklung, so ist anzugeben, wie sich Provisionen, Gebühren und andere Entgelte auswirken.
Anforderungen an Informationen über Simulationen § 5. Informationen, die ein Rechtsträger an Privatkunden richtet, die eine Simulation einer früheren Wertentwicklung oder einen Verweis auf eine solche Simulation enthalten, haben gemäß § 41 Abs. 3 Z 3 WAG 2007 folgende Anforderungen zu erfüllen: 1. Die simulierte frühere Wertentwicklung muss auf der tatsächlichen früheren Wertentwicklung mindestens eines Finanzinstruments oder Finanzindexes beruhen, die mit dem betreffenden Finanzinstrument übereinstimmen oder diesem zugrunde liegen. 2. Die in Z 1 genannte tatsächliche frühere Wertentwicklung muss die in § 4 Z 1 bis 3, 5 und 6 genannten Bedingungen erfüllen. 3. Die Informationen müssen eine deutliche Warnung dahingehend enthalten, dass sich die Zahlenangaben auf eine simulierte frühere Wertentwicklung beziehen und dass die frühere Wertentwicklung kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse ist.
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Interessenkonflikte- und Informationen für Kunden-Verordnung
Anforderungen an Informationen über eine künftige Wertentwicklung § 6. Informationen, die ein Rechtsträger an Privatkunden richtet, die eine künftige Wertentwicklung enthalten, haben gemäß § 41 Abs. 3 Z 4 WAG 2007 folgende Anforderungen zu erfüllen: 1. Die Angaben dürfen nicht auf einer simulierten früheren Wertentwicklung beruhen oder auf eine solche Simulation Bezug nehmen. 2. Die Angaben müssen auf angemessenen, durch objektive Daten gestützten Annahmen beruhen. 3. Beruht die Angabe auf der Bruttowertentwicklung, so ist anzugeben, wie sich Provisionen, Gebühren und andere Entgelte auswirken. 4. Die Angaben müssen eine deutliche Warnung dahingehend enthalten, dass derartige Prognosen kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung sind.
4. Abschnitt. Schlussbestimmungen Verweise § 7. (1) Verweise auf das WAG 2007 beziehen sich auf das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 – WAG 2007, BGBl. I Nr. 60. (2) Verweise auf das BWG beziehen sich auf das Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993, Art. I, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 60/2007. (3) Verweise auf das InvFG 1993 beziehen sich auf das Investmentfondsgesetz, BGBl. Nr. 532/1993, Art. II, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 60/2007.
In-Kraft-Treten § 8.
Diese Verordnung tritt mit 1. November 2007 in Kraft.
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Kurztitel Handelstransparenzausnahmen-Verordnung
Kundmachungsorgan BGBl. II Nr. 214/2007
Inkrafttretensdatum 1. 11. 2007
Langtitel Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über Ausnahmen von der Bekanntmachungspflicht bei der Bearbeitung von Kundenaufträgen und im Rahmen der Handelstransparenz (Handelstransparenzausnahmen- Verordnung – HTAusV) StF: BGBl. II Nr. 214/2007
Präambel/Promulgationsklausel Auf Grund des § 55 Abs. 2, des § 65 Abs. 2 und des § 68 Abs. 3 und 4 des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 – WAG 2007, BGBl. I Nr. 60, und des § 65 Abs. 5 und 6 des Börsegesetzes 1989 – BörseG, BGBl. Nr. 555, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 60/ 2007, wird verordnet:
1. Abschnitt. Bearbeitung von Kundenaufträgen Ausnahme von der Bekanntmachungsverpflichtung von Kundenlimitaufträgen § 1. Die Verpflichtung zur Bekanntmachung eines Kundenlimitauftrages, der zu den vorherrschenden Marktbedingungen nicht unverzüglich ausgeführt wird, besteht für einen Rechtsträger in Bezug auf Aktien, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, im Sinne des § 55 Abs. 2 WAG 2007 dann nicht, wenn dieser Limitauftrag gemäß Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1287/ 2006 im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang bei der betreffenden Aktie oder Aktiengattung ein großes Volumen aufweist.
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Handelstransparenzausnahmen-Verordnung
2. Abschnitt. Vor- und Nachhandels-Transparenzvorschriften Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht von Vorhandelsinformationen für Börseunternehmen § 2. Börseunternehmen sind von der Veröffentlichungspflicht von Vorhandelsinformationen gemäß § 65 Abs. 2 BörseG ausgenommen, wenn 1. das vom Börseunternehmen betriebene System eine der in Art. 18 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Bedingungen erfüllt, oder 2. die Veröffentlichungspflicht Aufträge betrifft, die gemäß Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang bei der betreffenden Aktie oder Aktiengattung ein großes Volumen aufweisen, oder 3. die Veröffentlichungspflicht einen gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 mittels eines von einem Börseunternehmen betriebenen Auftragsverwaltungssystems getätigten Auftrag betrifft, der erst nach Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten eines Preislimits als unlimitierter oder limitierter Auftrag ins Auftragsbuch gestellt wird, solange dieser Auftrag noch nicht in das Auftragsbuch gestellt wurde, oder 4. die Veröffentlichungspflicht den als unsichtbar festgelegten Teil eines tagesgültigen Limit-Auftrags betrifft, der alle folgenden Voraussetzungen erfüllt: a) Der Auftrag wurde gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 mittels eines von einem Börseunternehmen betriebenen Auftragsverwaltungssystems getätigt. b) Nach Gesamtausführung des sichtbaren Teils des Auftrages wird jeweils ein neuer Teil des Gesamtauftrages im Auftragsbuch sichtbar gemacht. c) Das Gesamtvolumen des Auftrags beträgt mindestens 1.000 Stück und alle sichtbaren Teile des Auftrags mit Ausnahme des letzten sichtbaren Auftragsteils haben jeweils ein Volumen von mindestens 100 Stück. d) Eine Kombination des Auftrages mit Handels- oder Ausführungsbeschränkungen ist nicht möglich. e) In einer Auktion wird der gesamte Auftrag im Auftragsbuch angezeigt.
Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht von Vorhandelsinformationen für Multilaterale Handelssysteme (MTF) § 3. Betreiber von MTF sind von der Veröffentlichungspflicht von Vorhandelsinformationen gemäß § 68 Abs. 1 WAG 2007 ausgenommen, wenn 1. das vom Betreiber eines MTF betriebene System eine der in Art. 18 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Bedingungen erfüllt, oder 2. die Veröffentlichungspflicht Aufträge betrifft, die gemäß Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang bei der betreffenden Aktie oder Aktiengattung ein großes Volumen aufweisen, oder 3. die Veröffentlichungspflicht einen gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 mittels eines von einem Betreiber eines MTF betriebenen Auftragsverwaltungssystems getätigten Auftrag betrifft, der erst nach Errei-
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Handelstransparenzausnahmen-Verordnung chen, Überschreiten oder Unterschreiten eines Preislimits als unlimitierter oder limitierter Auftrag ins Auftragsbuch gestellt wird, solange dieser Auftrag noch nicht in das Auftragsbuch gestellt wurde, oder 4. die Veröffentlichungspflicht den als unsichtbar festgelegten Teil eines tagesgültigen Limit-Auftrags betrifft, der alle folgenden Voraussetzungen erfüllt: a) Der Auftrag wurde gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 mittels eines von einem Betreiber eines MTF betriebenen Auftragsverwaltungssystems getätigt. b) Nach Gesamtausführung des sichtbaren Teils des Auftrages wird jeweils ein neuer Teil des Gesamtauftrages im Auftragsbuch sichtbar gemacht. c) Das Gesamtvolumen des Auftrags beträgt mindestens 1.000 Stück und alle sichtbaren Teile des Auftrags mit Ausnahme des letzten sichtbaren Auftragsteils haben jeweils ein Volumen von mindestens 100 Stück. d) Eine Kombination des Auftrages mit Handels- oder Ausführungsbeschränkungen ist nicht möglich. e) In einer Auktion wird der gesamte Auftrag im Auftragsbuch angezeigt.
Zeitlich verzögerte Veröffentlichung von Nachhandelsinformationen von Börseunternehmen § 4. (1) Börseunternehmen können einzelne Nachhandelsinformationen über abgeschlossene Geschäfte gemäß § 65 Abs. 3 BörseG, die im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang bei der betreffenden Aktie oder Aktiengattung ein großes Volumen aufweisen, zeitlich verzögert veröffentlichen, wenn die in Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Kriterien erfüllt sind. Die maximale Dauer der Verzögerung der Veröffentlichung und die Mindestgrößen für verzögert zu veröffentlichende Geschäfte richten sich nach Tabelle 4 von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006. (2) Börseunternehmen, die von der Möglichkeit des Abs. 1 Gebrauch machen, haben geeignete Vorkehrungen im Sinne des Art. 32 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 für eine verzögerte Veröffentlichung zu treffen. (3) Börseunternehmen haben die Marktteilnehmer und das Anlegerpublikum über die von Ihnen gemäß Abs. 2 getroffenen Vorkehrungen auf geeignete Art zu informieren.
Zeitlich verzögerte Veröffentlichung von Nachhandelsinformationen von Multilateralen Handelssystemen § 5. (1) Betreiber von MTF können einzelne Nachhandelsinformationen über abgeschlossene Geschäfte gemäß § 68 Abs. 2 WAG 2007, die im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang bei der betreffenden Aktie oder Aktiengattung ein großes Volumen aufweisen, zeitlich verzögert veröffentlichen, wenn die in Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Kriterien erfüllt sind. Die maximale Dauer der Verzögerung der Veröffentlichung und die Mindestgrößen für verzögert zu veröffentlichende Geschäfte richten sich nach Tabelle 4 von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006.
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Handelstransparenzausnahmen-Verordnung (2) Betreiber von MTF, die von der Möglichkeit des Abs. 1 Gebrauch machen, haben geeignete Vorkehrungen im Sinne des Art. 32 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 für eine verzögerte Veröffentlichung zu treffen. (3) Betreiber von MTF haben die Marktteilnehmer und das Anlegerpublikum über die von Ihnen gemäß Abs. 2 getroffenen Vorkehrungen auf geeignete Art zu informieren.
Zeitlich verzögerte Veröffentlichung von Nachhandelsinformationen von außerhalb eines geregelten Marktes oder Multilateralen Handelssystems getätigten Geschäften § 6. (1) Kreditinstitute, Zweigstellen von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten sowie Zweigstellen von Kreditinstituten aus Drittländern können einzelne Nachhandelsinformationen über abgeschlossene Geschäfte gemäß § 65 Abs. 1 WAG 2007, die im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang bei der betreffenden Aktie oder Aktiengattung ein großes Volumen aufweisen, zeitlich verzögert veröffentlichen, wenn die in Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Kriterien erfüllt sind. Die maximale Dauer der Verzögerung der Veröffentlichung und die Mindestgrößen für verzögert zu veröffentlichende Geschäfte richten sich nach Tabelle 4 von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006. (2) Kreditinstitute, Zweigstellen von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten sowie Zweigstellen von Kreditinstituten aus Drittländern, die von der Möglichkeit des Abs. 1 Gebrauch machen, haben geeignete Vorkehrungen im Sinne des Art. 32 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 für eine verzögerte Veröffentlichung zu treffen. (3) Kreditinstitute, Zweigstellen von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen aus Mitgliedstaaten sowie Zweigstellen von Kreditinstituten aus Drittländern haben die Marktteilnehmer und das Anlegerpublikum über die von Ihnen gemäß Abs. 2 getroffenen Vorkehrungen auf geeignete Art zu informieren.
3. Abschnitt. Schlussbestimmungen In-Kraft-Treten § 7.
Diese Verordnung tritt mit 1. November 2007 in Kraft.
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Gesamte Rechtsvorschrift für FMA-Kostenverordnung, Fassung vom 27. 7. 2010 Langtitel Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über die Kosten der Finanzmarktaufsicht (FMA-Kostenverordnung – FMA-KVO) StF: BGBl. II Nr. 340/2003
Änderung BGBl. BGBl. BGBl. BGBl.
II Nr. II Nr. II Nr. II Nr.
399/2004 270/2007 297/2009 181/2010
Präambel/Promulgationsklausel Auf Grund des § 19 Abs. 7 Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz – FMABG, BGBl. I Nr. 97/2001, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 35/2003, § 69 a Bankwesengesetz – BWG, BGBl. Nr. 532/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2003, § 117 Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG, BGBl. Nr. 569/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2003, § 7 Abs. 2 Wertpapieraufsichtsgesetz – WAG, BGBl. Nr. 753/1996, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 97/2001 sowie BGBl. I Nr. 34/2002 (VfGH), und § 35 Pensionskassengesetz – PKG, BGBl. Nr. 281/1990, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 9/2002, wird verordnet:
Beachte Zum Bezugszeitraum vgl. § 18 Abs. 4 und 5.
Text Artikel I. Allgemeiner Teil Anwendungsbereich § 1. Diese Verordnung regelt 1. die Durchführung der Vorauszahlungen und der Erstattung der Kosten der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) sowie 2. die Aufteilung der Kosten des Rechnungskreises 3 (Wertpapieraufsicht) auf die Kostenpflichtigen gemäß § 90 Abs. 1 WAG 2007.
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Gesamte Rechtsvorschrift für FMA-Kostenverordnung
Begriffsbestimmungen § 2. Im Sinne dieser Verordnung sind: 1. Ist-Kostenverrechnung: Die Verrechnung der auf Grund des gemäß § 18 FMABG zu erstellenden Jahresabschlusses der FMA auf die einzelnen Kostenpflichtigen entfallenden Kosten für das betreffende FMA-Geschäftsjahr. 2. Verrechnung von Vorauszahlungen: Die Verrechnung der durch die Vorauszahlungspflichtigen für ein FMA-Geschäftsjahr jeweils im Voraus zu leistenden Zahlungen. 3. Kostenpflichtige (Ist-Verrechnung): Jene natürlichen oder juristischen Personen, die die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z 1 bis 4 erfüllen. 4. Vorauszahlungspflichtige: Jene natürlichen oder juristischen Personen, die die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 erfüllen.
Ist-Kostenverrechnung Kostenpflicht § 3. (1) Zur Erstattung der Aufsichtskosten für ein FMA-Geschäftsjahr (IstKosten) verpflichtet sind: 1. Kostenpflichtige gemäß § 69 a Abs. 1 Z 1 und 2 BWG, die Kreditinstitute gemäß § 1 Abs. 1 BWG sind oder die Kreditinstitute gemäß § 9 Abs. 1 BWG sind und Tätigkeiten in Österreich über eine Zweigstelle ausüben sowie Kostenpflichtige gemäß § 69 a Abs. 8 BWG, die Repräsentanzen gemäß § 2 Z 17 BWG sind, und Kostenpflichtige gemäß § 60 Abs. 1 ZaDiG, die Zahlungsinstitute gemäß § 3 Z 4 lit. a ZaDiG oder Zweigstellen gemäß § 12 ZaDiG sind; 2. Kostenpflichtige gemäß § 117 Abs. 1 VAG, denen eine Konzession gemäß § 4 Abs. 1 VAG erteilt wurde; 3. Kostenpflichtige gemäß § 90 Abs. 1 WAG 2007, a) die Geschäfte mit meldepflichtigen Instrumenten gemäß § 64 WAG 2007 getätigt haben (meldepflichtige Institute), oder b) deren meldepflichtige Instrumente an einem geregelten Markt oder einer sonstigen Wertpapierbörse gemäß § 2 BörseG zugelassen waren, jedoch mit Ausnahme des Bundes (Emittenten), oder c) denen eine Konzession zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 WAG 2007 erteilt wurde, Unternehmen der Vertragsversicherung, die Vermittlungsgeschäfte gemäß § 3 Abs. 3 VAG durchgeführt haben, sowie Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 Abs. 1 InvFG 1993, die Dienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 und 2 WAG 2007 erbracht haben (Erbringer von Wertpapierdienstleistungen); 4. Kostenpflichtige gemäß § 35 PKG, die über eine Konzession zum Betrieb einer Pensionskasse nach § 8 PKG verfügt haben. (2) Die Erstattungspflicht besteht auch dann, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht während des ganzen FMA-Geschäftsjahres vorlagen. (3) Fehlbeträge und Forderungen aus der Ist-Kostenverrechnung vorangegangener FMA-Geschäftsjahre, die auf Grund teilweiser oder vollständiger Uneinbringlichkeit im Jahresabschluss der FMA abgeschrieben werden müssen, sind
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Gesamte Rechtsvorschrift für FMA-Kostenverordnung den Kosten des jeweiligen Rechnungskreises (§ 19 Abs. 1 Z 1 bis 4 FMABG) bzw. des jeweiligen Subrechnungskreises (§ 10 Z 1 bis 3) für das Folgejahr hinzuzurechnen. § 4. (1) Die FMA hat den gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 4 Kostenpflichtigen die jeweils auf sie entfallenden Ist-Kosten eines FMA-Geschäftsjahres mit Bescheid vorzuschreiben. Die Vorschreibung hat bis zum 31. Dezember des Jahres, in dem der Jahresabschluss der FMA veröffentlicht wird, zu erfolgen. (2) Die Kostenvorschreibung kann, sofern die Rechtspersönlichkeit des Kostenpflichtigen untergegangen ist und die Voraussetzungen für eine Vorschreibung beim Rechtsnachfolger vorliegen, auch bis zum 31. März des darauf folgenden Jahres erfolgen. § 5. Die vorzuschreibenden Kostenbeträge sind auf einen vollen Eurobetrag ab- oder aufzurunden. Hierbei werden Beträge bis einschließlich 49 Cent abgerundet und Beträge ab 50 Cent aufgerundet.
Datenmeldungen § 6. (1) Grundlage der Kostenberechnung sind die an die FMA nach den anzuwendenden Aufsichtsgesetzen zu erstatteten Datenmeldungen, das sind: 1. für den Rechnungskreis 1: § 69 a Abs. 2 BWG in Verbindung mit § 74 Abs. 2 BWG sowie § 60 Abs. 2 ZaDiG in Verbindung mit § 20 Abs. 2 ZaDiG, 2. für den Rechnungskreis 2: § 117 Abs. 2 VAG, in Verbindung mit § 83 Abs. 1 VAG, 3. für den Rechnungskreis 3: §§ 2 Abs. 2 und 3, 64, 73, 74 und 90 WAG 2007 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 und § 15 sowie 4. für den Rechnungskreis 4: § 35 Abs. 1 in Verbindung mit § 30 a Abs. 1 PKG. (2) Die von den Kostenpflichtigen gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 4 zu erstattenden Datenmeldungen für das vorangegangene Geschäftsjahr zur Berechnung der Kosten gemäß § 4 und der Vorauszahlungsbeträge gemäß § 9 sind der FMA spätestens bis 30. Juni des Folgejahres zu übermitteln. Die in der 6. Monatsausweisverordnung, BGBl. II Nr. 447/2001, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 503/2002, vorgesehenen Fristen für die Übermittlung des Monatsausweises an die OeNB sowie sonstige Meldepflichten dieser Verordnung bleiben unberührt. (3) Weicht das Geschäftsjahr des Kostenpflichtigen vom Kalenderjahr ab, so ist jenes Geschäftsjahr des Kostenpflichtigen das vorangegangene Geschäftsjahr, das bis zum 31. Dezember jenes FMA-Geschäftsjahres, für das die Ist-Kostenverrechnung durchgeführt wird, endet; enden mehrere Geschäftsjahre des Kostenpflichtigen bis zum 31. Dezember jenes FMA-Geschäftsjahres, für das die IstKostenverrechnung durchgeführt wird, so gelten diese als vorangegangenes Geschäftsjahr im Sinne des Abs. 2. (4) Korrekturmeldungen von Kostenpflichtigen gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. a (meldepflichtige Institute) betreffend Daten des vorangegangenen Geschäftsjahres hat die FMA zu berücksichtigen, sofern sie bis längstens 10. Juni des Folgejahres bei der FMA einlangen.
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Gesamte Rechtsvorschrift für FMA-Kostenverordnung
Behördliche Festsetzung der Datenbasis § 7. (1) Werden der FMA die für die Kostenbemessung erforderlichen Datenmeldungen nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig übermittelt, so hat die FMA die Basis zur Berechnung der Kosten festzusetzen. (2) In den Fällen des Abs. 1 hat die FMA eine Berechnung des Kostenanteils auf Basis der letztvorliegenden Datenmeldung vorzunehmen, wobei ein Zuschlag von 5 vH auf die für die Vorperiode für den jeweiligen Kostenpflichtigen errechnete Bemessungsgrundlage vorzunehmen ist. (3) Liegen für einen Kostenpflichtigen keine Datenmeldungen aus Vorperioden vor, so ist die FMA berechtigt den Kostenanteil 1. eines Kreditinstituts mit dem Mindestbetrag gemäß § 69 a Abs. 4 BWG, 2. einer Versicherung mit der Mindestgebühr gemäß § 117 Abs. 3 VAG in Verbindung mit § 7 Abs. 5, 3. einer Pensionskasse mit dem sich aus § 35 Abs. 1 Z 1 PKG ergebenden Betrag, 4. eines meldepflichtigen Instituts oder eines Emittenten mit der Mindestpauschale nach § 11 und 5. eines Zahlungsinstitutes mit dem Mindestbetrag gemäß § 60 Abs. 4 ZaDiG festzusetzen. (4) Im Falle des Abs. 3 ist die FMA berechtigt, den Kostenanteil eines Kostenpflichtigen, dem eine Konzession zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 WAG 2007 erteilt wurde, auf Grundlage der im Rahmen der Konzessionierung gemäß § 3 Abs. 8 WAG 2007 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Z 3 BWG vorzulegenden Budgetrechnung festzusetzen. § 16 bleibt hierbei unberührt. (5) Die betragliche Mindestgebühr gemäß § 117 Abs. 3 VAG wird mit 100 Euro festgesetzt.
Fristen und Zahlungsart § 8. (1) Die gemäß § 4 vorgeschriebenen Beträge sind jeweils binnen einem Monat nach Zustellung des Bescheids zu erstatten. (2) Die FMA hat Guthaben gemäß § 19 Abs. 5 FMABG innerhalb eines Monats nach Rechtskraft des Kostenbescheids und nach schriftlicher Bekanntgabe der Bankverbindung durch den Kostenpflichtigen zurückzuzahlen.
Verrechnung von Vorauszahlungen Vorauszahlungspflicht § 9. (1) Zur Leistung von Vorauszahlungsbeträgen für ein FMA-Geschäftsjahr sind jene Kostenpflichtigen verpflichtet, die die Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 4 am 30. September des vorangehenden FMA-Geschäftsjahres erfüllen. (2) Die FMA hat den gemäß Abs. 1 Vorauszahlungspflichtigen den auf sie jeweils entfallenden Vorauszahlungsbetrag mit Bescheid vorzuschreiben. Die in
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Gesamte Rechtsvorschrift für FMA-Kostenverordnung § 4 Abs. 1 und 2 festgesetzten Termine sowie die in § 5 festgesetzte Regelung zur Rundung des vorgeschriebenen Kostenbeitrags sind hierbei anzuwenden. (3) § 7 gilt bei der Vorschreibung von Vorauszahlungsbeträgen, sofern für die Berechnung des Vorauszahlungsbetrages für einen jeweiligen Kostenpflichtigen keine Ist-Kostenbeiträge für das vorangegangene FMA-Geschäftsjahr verrechnet wurden.
Beachte Zum Bezugszeitraum vgl. § 18 Abs. 4 und 5.
Artikel II. Besonderer Teil (Rechnungskreis 3) Allgemeine Grundsätze der Kostentragung § 10. Der Rechnungskreis 3 (Wertpapieraufsicht) besteht aus folgenden Kostenpflichtigen, die jeweils einen eigenen Subrechnungskreis bilden: 1. Meldepflichtige Institute gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. a (Subrechnungskreis 1); 2. Emittenten mit Ausnahme des Bundes gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. b (Subrechnungskreis 2); 3. Erbringer von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. c (Subrechnungskreis 3).
Beachte Zum Bezugszeitraum vgl. § 18 Abs. 4 und 5.
Mindestpauschale § 11. (1) Ergibt sich auf Grund der nach den Bestimmungen dieser Verordnung erstellten Kostenbemessung ein vorzuschreibender Kostenanteil von weniger als 100 Euro pro Kostenvorschreibung und Kostenpflichtigen, so hat die Kostenvorschreibung hinsichtlich der Kostenpflichtigen gemäß § 10 Z 1 und 2 zur verursachergerechten Berücksichtigung des Anteils an den Fixkosten der FMA für volle 100 Euro zu erfolgen. (2) Die FMA ist berechtigt, bei der Aufteilung der Jahreskosten einen Mindestpauschalbetrag von 100 Euro je Kostenpflichtigen anzusetzen und rechnerische Überschüsse so auszugleichen, dass der Ausgleich stufenweise innerhalb einer Gruppe von Kostenpflichtigen erfolgt, wobei hierbei meldepflichtige Institute, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, einerseits und sonstige meldepflichtige Institute andererseits, jeweils als eine Gruppe von Kostenpflichtigen gelten. (3) Die Mindestpauschale für Erbringer von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. c beträgt 250 Euro.
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Gesamte Rechtsvorschrift für FMA-Kostenverordnung
Subrechnungskreis 1 (Meldepflichtige Institute) § 12. (1) Gemeldete Geschäfte und Stornomeldungen sind für Zwecke der Kostenbemessung zu gewichten. Den gemeldeten Geschäften und den Stornomeldungen ist ein Gewicht von 100 vH zuzuordnen, soweit für einzelne Geschäftsarten nicht besondere Gewichtungsfaktoren nach Abs. 2 und 3 gelten. Stornomeldungen und die ihnen zugrunde liegenden Meldungen sind gesondert als kostenpflichtige Geschäfte zu behandeln. (2) Bei Kreditinstituten, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind (§ 25 Abs. 10 Z 5 BWG) und die nicht gemäß § 25 Abs. 13 BWG zur Lösung des Anschlusses an das Zentralinstitut berechtigt sind, gilt anstelle des in Abs. 1 genannten Gewichtes eine Gewichtung von 6,9 vH, sofern der unmittelbare Auftraggeber ein Kunde gemäß § 6 Abs. 3 der Wertpapier-Meldeverordnung 2007 – WPMV 2007, BGBl. II Nr. 217/2007, in Verbindung mit Art. 13 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 ist und als Gegenpartei gemäß § 5 WPMV 2007 in Verbindung mit Anhang I Tabelle 1 Z 20 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 das zuständige Zentralinstitut oder ein anderes demselben zuständigen Zentralinstitut angeschlossenes Kreditinstitut angegeben ist. Für innersektorale Geschäfte zwischen angeschlossenen Kreditinstituten gilt jedoch die Gewichtung nach Abs. 1 und 3. Für Zwecke der Kostenbemessung gelten die innersektoralen Geschäfte mit Ausnahme der Geschäfte zwischen den angeschlossenen Kreditinstituten als ein kostenpflichtiges Geschäft, dessen Kosten jenem Sektorinstitut vorzuschreiben sind, das das meldepflichtige Geschäft innersektoral nicht mehr weiterleitet. Das zuständige Zentralinstitut und die angeschlossenen Kreditinstitute haben der FMA bis zum 31. März des Folgejahres die erforderlichen Referenzdaten zur Verfügung zu stellen. (3) Wird das gemeldete Geschäft vom meldepflichtigen Institut im Rahmen seiner Tätigkeit als Market Maker gemäß § 56 Abs. 1 BörseG abgeschlossen, so verringert sich das Gewicht gemäß Abs. 1 auf 2,9 vH. (4) Eine kumulative Anwendung der Abs. 2 und 3 findet nicht statt, auch wenn das gemeldete Geschäft die Voraussetzungen beider vorgenannter Absätze erfüllt. § 13. Die FMA hat die auf die Kostenpflichtigen gemäß § 10 Z 1 im Einzelnen entfallenden Beträge, gerechnet nach ihrem Anteil der gemeldeten Geschäfte an der Gesamtzahl der gemeldeten Geschäfte, zu ermitteln, wobei die Geschäfte im Verhältnis der Relationen gemäß § 12 Abs. 1 bis 3 zu gewichten sind.
Subrechnungskreis 2 (Emittenten) § 14. (1) Die FMA hat die auf die Kostenpflichtigen gemäß § 10 Z 2 im Einzelnen entfallenden Beträge, gerechnet nach ihrem Anteil an den inländischen börslichen Geldumsätzen der meldepflichtigen Instrumente, zu ermitteln, die im betreffenden Kalenderjahr an einem geregelten Markt oder einer sonstigen Wertpapierbörse gemäß § 2 BörseG zugelassen waren. Die FMA ist berechtigt, zur Ermittlung dieser Kosten Angaben des gemäß § 2 BörseG zum Betrieb eines geregelten Marktes oder einer sonstigen Wertpapierbörse konzessionierten Börseunternehmens über die zugelassenen Instrumente einzuholen und der Kosten-
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Gesamte Rechtsvorschrift für FMA-Kostenverordnung berechnung zugrunde zu legen, wobei Geschäfte in meldepflichtigen Finanzinstrumenten, bei denen es sich um Aktien und aktienähnliche Wertpapiere handelt, mit 100 vH zu gewichten sind, Geschäfte in allen anderen meldepflichtigen Finanzinstrumenten mit 1,2 vH zu gewichten sind. (2) Das gemäß § 2 BörseG zum Betrieb eines geregelten Marktes oder einer sonstigen Wertpapierbörse konzessionierte Börseunternehmen hat der FMA die entsprechenden Referenzdaten bis zum 31. März des Folgejahres unter Berücksichtigung von neuen erstmaligen öffentlichen Zulassungen zum amtlichen Handel oder geregelten Freiverkehr (Initial Public Offerings, IPOs) sowie allfälligen zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen, insbesondere Änderungen der IS I-Nummern, Delistings, Kapitalmaßnahmen (insbesondere Bezugsrechte) und Umreihungen von und in den amtlichen Handel bzw. geregelten Freiverkehr, zur Verfügung zu stellen.
Beachte Zum Bezugszeitraum vgl. § 18 Abs. 4 und 5.
Subrechnungskreis 3 (Wertpapierdienstleistungen) Meldepflicht § 15. (1) Die Kostenpflichtigen gemäß § 10 Z 3 haben der FMA die von Abschlussprüfern geprüften Referenzdaten des vorangegangenen Geschäftsjahres bis zum 30. Juni des Folgejahres zu übermitteln. Bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 4 WAG 2007 entfällt das Erfordernis der Prüfung der Referenzdaten. (2) Als Referenzdaten gemäß Abs. 1 gelten Umsatzerlöse aus Wertpapierdienstleistungen für das betreffende FMA-Geschäftsjahr. Von diesen Umsatzerlösen sind jene Erlöse nicht umfasst, welche von einem Kostenpflichtigen gemäß § 10 Z 3 an andere Kostenpflichtige gemäß § 10 Z 3 weitergeleitet wurden und von letzteren als Referenzdaten gemäß Abs. 1 zu melden sind.
Beachte Zum Bezugszeitraum vgl. § 18 Abs. 4 und 5.
Berechnung der Kostenbeiträge § 16. (1) Der Kostenanteil einer Wertpapierfirma oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens für ein FMA-Geschäftsjahr ergibt sich aus dem Verhältnis der Umsatzerlöse aus Wertpapierdienstleistungsgeschäften der einzelnen Wertpapierfirma oder des einzelnen Wertpapierdienstleistungsunternehmens zu den gesamten Umsatzerlösen aller Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Bei Unternehmen der Vertragsversicherung sind hierbei nur 67 vH der Erlöse aus Vermittlungsgeschäften gemäß § 3 Abs. 3 VAG zu berücksichtigen. Bei Kapitalanlagegesellschaften sind hierbei 67 vH der Erlöse aus Dienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 und 2 WAG 2007 zu berücksichtigen.
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Gesamte Rechtsvorschrift für FMA-Kostenverordnung (2) Allen Kostenpflichtigen gemäß § 10 Z 3, deren Kostenanteil den Betrag der Mindestpauschale gemäß § 11 Abs. 3 nicht übersteigt, ist diese vorzuschreiben. Rechnerische Überschüsse sind nach § 11 Abs. 2 auszugleichen.
Artikel III. Schlussbestimmungen Verweise § 17. (1) Soweit in dieser Verordnung auf Bestimmungen des Bankwesengesetzes – BWG (BGBl. Nr. 532/1993) verwiesen wird, ist dieses in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 28/2010 anzuwenden. (2) Soweit in dieser Verordnung auf Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 – WAG 2007 verwiesen wird, ist dieses in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 28/2010 anzuwenden. (3) Soweit in dieser Verordnung auf Bestimmungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes – VAG (BGBl. Nr. 569/1978) verwiesen wird, ist dieses in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2004 anzuwenden. (4) Soweit in dieser Verordnung auf Bestimmungen des Pensionskassengesetzes – PKG (BGBl. Nr. 281/1990) verwiesen wird, ist dieses in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2009 anzuwenden. (5) Soweit in dieser Verordnung auf Bestimmungen des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes – FMABG (BGBl. I Nr. 97/2001) verwiesen wird, ist dieses in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 66/2009 anzuwenden. (6) Soweit in dieser Verordnung auf Bestimmungen des Börsegesetzes – BörseG (BGBl. Nr. 555/1989) verwiesen wird, ist dieses in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 22/2009 anzuwenden. (7) Soweit in dieser Verordnung auf Bestimmungen des Zahlungsdienstegesetzes – ZaDiG, (BGBl. I Nr. 66/2009) verwiesen wird, ist dieses in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 28/2010 anzuwenden.
In-Kraft-Treten § 18. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. August 2003 in Kraft. (2) Mit Ablauf des 31. Juli 2003 tritt die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Kosten der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA-Kostenverordnung – BWA-KVO), BGBl. II Nr. 23/1999 in der Fassung BGBl. II Nr. 299/ 2000, außer Kraft. (3) Der Ist-Kostenverrechnung für das Jahr 2002 ist das FMA-Rumpfgeschäftsjahr (1. April 2002 bis 31. Dezember 2002) zu Grunde zu legen. (4) § 1 Z 2, § 3 Abs. 1 Z 3, § 6 Abs. 1 Z 3, § 7 Abs. 4, §§ 10 bis 16 samt Überschriften und § 17 Abs. 1, 2, 5 und 6 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 270/2007 treten mit 1. November 2007 in Kraft und sind erstmals auf die Ist-Kostenverrechnung für die Monate November und Dezember des FMA-Geschäftsjahres 2007 sowie auf die Verrechnung der Vorauszahlungen für das FMA-Geschäftsjahr 2009 anzuwenden.
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Gesamte Rechtsvorschrift für FMA-Kostenverordnung (5) Auf die Ist-Kostenverrechnung für das FMA-Geschäftsjahr 2006 und für die Monate Jänner bis Oktober des FMA-Geschäftsjahres 2007 sowie auf die Verrechnung der Vorauszahlungen für das FMAGeschäftsjahr 2008 ist die FMA-Kostenverordnung in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 399/2004 anzuwenden. (6) § 12 samt Überschrift und § 13 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 297/2009 treten mit 1. Oktober 2009 in Kraft.
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Kurztitel Auslagerungsverordnung
Kundmachungsorgan BGBl. II Nr. 215/2007
Inkrafttretensdatum 1. 11. 2007
Langtitel Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über die Auslagerung der Verwaltung von Privatkundenportfolios an Dienstleister mit Sitz in einem Drittland (Auslagerungsverordnung – AusV) StF: BGBl. II Nr. 215/2007
Präambel/Promulgationsklausel Auf Grund des § 26 Abs. 3 des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 – WAG 2007, BGBl. I Nr. 60, wird verordnet:
Begriffsbestimmungen § 1. (1) „Rechtsträger“ im Sinne dieser Verordnung sind: 1. Wertpapierfirmen gemäß § 3 WAG 2007, die berechtigt sind, die Wertpapierdienstleistung der Portfolioverwaltung durch Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 WAG 2007 zu erbringen; 2. Kreditinstitute gemäß § 1 BWG; 3. Kapitalanlagegesellschaften gemäß § 2 Abs. 1 InvFG 1993, die berechtigt sind, die Wertpapierdienstleistung der Portfolioverwaltung durch Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 WAG 2007 zu erbringen. (2) „Dienstleister“ im Sinne dieser Verordnung sind Unternehmen mit Sitz in einem Drittland, an die ein Rechtsträger die Verwaltung von Privatkundenportfolios auszulagern plant oder auslagert.
Auslagerung der Verwaltung von Privatkundenportfolios an Dienstleister § 2. Rechtsträger dürfen die Verwaltung von Privatkundenportfolios nur dann an einen Dienstleister auslagern, wenn die Voraussetzungen des § 26 WAG 2007 vorliegen. Eine solche Auslagerung hat immer den Anforderungen des § 25
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Auslagerungsverordnung WAG 2007 zu entsprechen. Zusätzlich müssen gemäß § 26 Abs. 1 WAG 2007 folgende Bedingungen eingehalten werden: 1. Der Dienstleister ist in seinem Herkunftsland für die Verwaltung von Privatkundenportfolios zugelassen oder registriert; 2. der Dienstleister unterliegt hinsichtlich der Verwaltung von Privatkundenportfolios einer behördlichen Beaufsichtigung; 3. zwischen der FMA und der Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes des Dienstleisters besteht eine angemessene Kooperationsvereinbarung.
Auslagerung an Dienstleister ohne Zulassung oder Registrierung § 3. Liegt die in § 2 Z 1 genannte Bedingung für eine Auslagerung der Verwaltung von Privatkundenportfolios an einen Dienstleister nicht vor, würde die FMA Einwände gegen eine solche Auslagerung gemäß § 26 Abs. 2 WAG 2007 unter gewöhnlichen Umständen nicht erheben, wenn die Erbringung der Dienstleistung der Verwaltung von Privatkundenportfolios nach dem Recht des Herkunftslandes des Dienstleisters weder einer Registrierung noch einer Zulassung bedarf.
Auslagerung an nicht behördlich beaufsichtigte Dienstleister § 4. (1) Liegt die in § 2 Z 2 genannte Bedingung für eine Auslagerung der Verwaltung von Privatkundenportfolios an einen Dienstleister nicht vor, würde die FMA Einwände gegen eine solche Auslagerung gemäß § 26 Abs. 2 WAG 2007 unter gewöhnlichen Umständen nicht erheben, wenn die Erbringung der Dienstleistung der Verwaltung von Privatkundenportfolios nach dem Recht des Herkunftslandes des Dienstleisters einem dem WAG 2007 gleichwertigen nicht behördlichen Regulierungsregime unterliegt. (2) Ein gleichwertiges nicht behördliches Regulierungsregime umfasst insbesondere Regelungen, die jenen in den §§ 7, 9, 10, 17 bis 20, 22, 29 bis 35, 52 bis 57, 73 Abs. 3 und 4 und 91 Abs. 2 und 3 WAG 2007 gleichzuhalten sind. (3) Der Rechtsträger hat der FMA zusammen mit der Auslagerungsvereinbarung alle für eine Beurteilung der Gleichwertigkeit des nicht behördlichen Regulierungsregimes notwendigen Informationen vorzulegen und schriftlich zu erläutern.
Keine Kooperationsvereinbarung mit Herkunftslandsaufsichtsbehörde des Dienstleisters § 5. (1) Liegt die in § 2 Z 3 genannte Bedingung für eine Auslagerung der Verwaltung von Privatkundenportfolios an einen Dienstleister nicht vor, würde die FMA Einwände gegen eine solche Auslagerung gemäß § 26 Abs. 2 WAG 2007 unter gewöhnlichen Umständen nicht erheben, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: 1. Die Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes des Dienstleisters sichert der FMA schriftlich zu, dass sie mit der FMA in jeder für die Überwachung und
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Auslagerungsverordnung Sicherstellung der Einhaltung der Auslagerungsbedingungen gemäß § 25 WAG 2007 in Verbindung mit Anlage 1 zu § 25 WAG 2007 nötigen Weise zusammenwirkt. Insbesondere muss unter Erläuterung der diesbezüglichen Rechtslage im Herkunftsland des Dienstleisters bestätigt werden, dass die FMA von den in Z 9 der Anlage 1 zu § 25 WAG 2007 vorgesehenen Zugangsrechten Gebrauch machen kann. 2. Die Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes des Dienstleisters sichert der FMA schriftlich zu, dass sie, wenn sie der Ansicht ist, dass eine der in § 25 WAG 2007 in Verbindung mit Anlage 1 zu § 25 WAG 2007 oder § 26 Abs. 1 Z 1 WAG 2007 aufgelistete Auslagerungsbedingung nicht mehr erfüllt wird, oder der Dienstleister in seinem Herkunftsland die für die Verwaltung von Privatkundenportfolios oder zum Schutz des Kundenvermögens geltenden Vorschriften verletzt, geeignete Maßnahmen trifft und darüber die FMA unverzüglich in Kenntnis setzt. 3. Die Dienstleistung der Verwaltung von Privatkundenportfolios unterliegt nach dem Recht des Herkunftslandes des Dienstleisters einem dem WAG 2007 gleichwertigen Regulierungsregime. Ein solches umfasst insbesondere Regelungen, die jenen in den §§ 7, 9, 10, 17 bis 20, 22, 29 bis 35, 52 bis 57, 73 Abs. 3 und 4 und 91 Abs. 2 und 3 WAG 2007 gleichzuhalten sind. (2) Der Rechtsträger hat der FMA zusammen mit der Auslagerungsvereinbarung alle für eine Beurteilung der Gleichwertigkeit des Regulierungsregimes gemäß Abs. 1 Z 3 notwendigen Informationen vorzulegen und schriftlich zu erläutern.
Kontenführung durch Kreditinstitute § 6. (1) Liegen in § 2 genannte Bedingungen für eine Auslagerung der Verwaltung von Privatkundenportfolios an einen Dienstleister nicht vor, würde die FMA Einwände gegen eine solche Auslagerung gemäß § 26 Abs. 2 WAG 2007 unter gewöhnlichen Umständen nicht erheben, wenn das dienstleistungsgegenständliche Verrechnungs- und Wertpapierkonto von einem Kreditinstitut gemäß § 1 Abs. 1 BWG geführt wird. Dies unter der Voraussetzung, dass der Rechtsträger mit dem Dienstleister eine Auslagerungsvereinbarung und sonstige Vorkehrungen trifft, die sicherstellen, dass die Auslagerungsbedingungen gemäß § 25 WAG 2007 in Verbindung mit Anlage 1 zu § 25 WAG 2007 erfüllt sind. Der Rechtsträger hat zusammen mit der Auslagerungsvereinbarung alle zur Beurteilung der Eignung des Dienstleisters notwendigen Informationen vorzulegen. (2) Die §§ 3 bis 5 kommen bei einer Auslagerung nach Abs. 1 nicht zur Anwendung.
Verweise § 7. (1) Verweise auf das WAG 2007 beziehen sich auf das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 – WAG 2007, BGBl. I Nr. 60. (2) Verweise auf das BWG beziehen sich auf das Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993 Art. I, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 60/2007.
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Auslagerungsverordnung (3) Verweise auf das InvFG 1993 beziehen sich auf das Investmentfondsgesetz, BGBl. Nr. 532/1993 Art. II, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 60/2007.
In-Kraft-Treten § 8.
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Diese Verordnung tritt mit 1. November 2007 in Kraft.
Kurztitel Eigentümerkontrollverordnung
Kundmachungsorgan BGBl. II Nr. 83/2009 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 351/2009
Inkrafttretensdatum 1. 11. 2009
Langtitel Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über die Informationen, die ein Anzeigepflichtiger, der einen Erwerb, eine Erhöhung, eine Aufgabe oder eine Herabsetzung einer qualifizierten Beteiligung an einem Kreditinstitut, an einem Versicherungsunternehmen, an einer Wertpapierfirma, an einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder einem Zahlungsinstitut beabsichtigt, der FMA vorzulegen hat (Eigentümerkontrollverordnung – EKV) StF: BGBl. II Nr. 83/2009
Änderung BGBl. II Nr. 351/2009
Präambel/Promulgationsklausel Auf Grund des § 20 b Abs. 3 des Bankwesengesetzes – BWG, BGBl. Nr. 532/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 22/2009, des § 11 d Abs. 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes – VAG, BGBl. Nr. 569/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 22/2009 und des § 11 b Abs. 3 des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 – WAG 2007, BGBl. I Nr. 60/2007, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 22/2009, wird verordnet:
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften Anwendungsbereich § 1. Diese Verordnung ist auf Anzeigen gemäß § 20 Abs. 1 und 2 BWG, § 11 b Abs. 1 und 3 VAG § 11 Abs. 2 und 3 WAG 2007 und § 11 Abs. 2 ZaDiG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 und 2 BWG anwendbar.
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Eigentümerkontrollverordnung
Begriffsbestimmungen § 2. Für diese Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen: 1. „Anzeige“: Absichtsanzeige gemäß § 20 Abs. 1 und 2 BWG, § 11 b Abs. 1 und 3 VAG § 11 Abs. 2 und 3 WAG 2007 und § 11 Abs. 2 ZaDiG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 und 2 BWG. 2. „Anzeigepflichtiger“: Wer gemäß § 20 Abs. 1 oder 2 BWG, § 11 b Abs. 1 oder 3 VAG § 11 Abs. 2 oder 3 WAG 2007 oder § 11 Abs. 2 ZaDiG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 oder 2 BWG zur Anzeige an die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) verpflichtet ist. 3. „Zielunternehmen“: Ein Kreditinstitut gemäß § 1 Abs. 1 BWG, ein Versicherungsunternehmen gemäß § 1 Abs. 1 VAG, eine Wertpapierfirma gemäß § 3 Abs. 1 WAG 2007 , ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 4 WAG 2007 oder ein Zahlungsinstitut gemäß § 3 Z 4 lit. a ZaDiG, an dem eine qualifizierte Beteiligung erworben, eine bestehende qualifizierte Beteiligung verändert oder eine qualifizierte Beteiligung aufgeben werden soll. 4. „Informationen“: Alle Angaben, Unterlagen und Erklärungen, die nach dieser Verordnung vom Anzeigepflichtigen vorzulegen sind. 5. „Qualifizierte Beteiligung“: Eine Beteiligung, die eine Anzeige nach Z 1 erforderlich macht.
Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Anzeige § 3. Der Anzeigepflichtige trägt die Verantwortung für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der in der Anzeige oder auf Verlangen der FMA vorgelegten Informationen.
Einreichung § 4. (1) Anzeigen über den Erwerb oder eine Erhöhung einer qualifizierten Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 BWG, § 11 b Abs. 1 VAG , § 11 Abs. 2 WAG 2007 oder § 11 Abs. 2 ZaDiG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 BWG sind mit dem Formular gemäß Anhang I samt den gemäß Abschnitt 2 dieser Verordnung vorzulegenden Informationen bei der FMA einzureichen. (2) Anzeigen über die Aufgabe einer qualifizierten Beteiligung oder der Unterschreitung der gesetzlichen Grenzen gemäß § 20 Abs. 2 BWG, § 11 b Abs. 3 VAG , § 11 Abs. 3 WAG 2007 oder § 11 Abs. 2 ZaDiG in Verbindung mit § 20 Abs. 2 BWG sind mit dem Formular gemäß Anhang II samt den gemäß Abschnitt 2 dieser Verordnung vorzulegenden Informationen bei der FMA einzureichen. (3) Der Anzeigepflichtige hat zusammen mit nach dieser Verordnung vorzulegenden Informationen, die nicht in deutscher Sprache verfasst sind, beglaubigte Übersetzungen einzureichen. Die FMA kann im Einzelfall auf beglaubigte Übersetzungen verzichten, wenn solche für die aufsichtliche Beurteilung nicht erforderlich sind oder sein können.
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Eigentümerkontrollverordnung
Angaben zur Person: Natürliche Personen § 5. Die nach dieser Verordnung vom Anzeigepflichtigen anzuführenden natürlichen Personen sind mit 1. vollständigem Namen, 2. Geburtsdatum, 3. Geburtsort und 4. Anschrift des Hauptwohnsitzes anzugeben.
Angaben zur Person: Nicht natürliche Personen und Personenverbände § 6. Die nach dieser Verordnung vom Anzeigepflichtigen anzuführenden nicht natürlichen Personen, Personenverbände und Zweckvermögen sind mit 1. Firma oder Bezeichnung, 2. Rechtsform, 3. Sitz und Sitzland, 4. Verwaltungssitz und 5. der Firmenbuchnummer oder den Ordnungsmerkmalen einer vergleichbaren Registereintragung, sofern eine solche Eintragung besteht, anzugeben.
2. Abschnitt. Vorzulegende Informationen Allgemeines § 7. (1) Einer Anzeige über den Erwerb oder einer Erhöhung einer qualifizierten Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 BWG, § 11 b Abs. 1 VAG , § 11 Abs. 2 WAG 2007 und § 11 Abs. 2 ZaDiG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 BWG sind unter Angabe des Umfangs der geplanten Beteiligung die in §§ 8 bis 14 angeführten Informationen beizufügen. (2) Wenn es sich beim Zielunternehmen im Rahmen einer Anzeige nach Abs. 1 um ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 4 WAG 2007 handelt und es sich nicht um eine Anzeige eines Anzeigepflichtigen gemäß Abs. 3 handelt, sind der Anzeige unter Angabe des Umfangs der geplanten Beteiligung die Informationen gemäß 1. § 8, 2. § 9, 3. § 11, 4. § 12 Abs. 2 und Abs. 3 Z 1 und 2, 5. § 13 und 6. § 14 Abs. 5, unabhängig von der Höhe des beabsichtigten Beteiligungserwerbes, beizufügen. (3) Ist der Anzeigepflichtige im Rahmen einer Anzeige nach Abs. 1 1. ein Kreditinstitut, eine Pensionskasse, ein Versicherungsunternehmen, eine Wertpapierfirma ,ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder ein Zah-
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Eigentümerkontrollverordnung lungsinstitut mit Sitz im Inland, sind der Anzeige unter Angabe des Umfangs der geplanten Beteiligung die Informationen gemäß a) § 8 Abs. 1 Z 6 und 7, b) § 8 Abs. 2, c) § 9 Abs. 1 Z 1 und § 9 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 4, d) § 9 Abs. 3, mit Ausnahme der von der FMA durchgeführten Prüfungen, e) § 11 Abs. 1 und 2, f) § 13 und g) § 14 beizufügen. Ein Kreditinstitut, das einem Zentralinstitut angeschlossen ist und das eine Beteiligung an diesem Zentralinstitut anzeigt, muss nur den Umfang der geplanten Beteiligung angeben. 2. ein in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums zugelassenes Kreditinstitut gemäß Art. 4 Z 1 der Richtlinie 2006/48/EG, eine Wertpapierfirma gemäß Art. 4 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie 2004/39/EG oder ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Staat des europäischen Wirtschaftsraums, sind der Anzeige unter Angabe des Umfangs der geplanten Beteiligung die Informationen gemäß Z 1, § 8 Abs. 1 Z 1 und 2, § 9 Abs. 1 Z 4 und § 10 Z 1 und 3 beizufügen. 3. ein Konzernunternehmen eines Konzerns, dem mehrere Anzeigepflichtige angehören, müssen hinsichtlich desselben Erwerbsvorgangs nur jene Informationen eingereicht werden, die nicht bereits von anderen Anzeigepflichtigen vorgelegt werden. Macht der Anzeigepflichtige von dieser Erleichterung Gebrauch, muss er sich die von den anderen Anzeigepflichtigen eingereichten Informationen entsprechend § 3 zurechnen lassen. 4. eine Solidaritätseinrichtung oder ein Zentralinstitut im Rahmen eines dezentralen Sektorverbunds, ist in der Anzeige, wenn die Beteiligung zu Zwecken der Sicherung der Einhaltung des Mindesteigenmittelerfordernisses gemäß § 22 Abs. 1 BWG erfolgt, nur der Umfang der geplanten Beteiligung anzugeben. (4) Einer Anzeige über die Aufgabe einer qualifizierten Beteiligung oder Unterschreitung der gesetzlichen Grenzen für Beteiligungen gemäß § 20 Abs. 2 BWG, § 11 b Abs. 3 VAG , § 11 Abs. 3 WAG 2007 und § 11 Abs. 2 ZaDiG in Verbindung mit § 20 Abs. 2 BWG sind die in § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Informationen beizufügen und es sind der Umfang der geplanten Beteiligungsaufgabe sowie die geplanten Erwerber dieser Beteiligung, sofern diese bekannt sind, anzugeben. Die in Abs. 3 Z 1 und 4 genannten Unternehmen haben die in § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Informationen nicht vorzulegen. (5) Die FMA kann in den Fällen des Abs. 2 bis 4 jederzeit im Einzelfall die Vorlage weiterer in dieser Verordnung genannter Informationen, die für die aufsichtliche Beurteilung erforderlich sind, verlangen.
Allgemeine Informationen § 8. (1) Einer Anzeige sind folgende allgemeinen Unterlagen und Erklärungen beizufügen: 1. Ein Nachweis über die Identität oder die rechtliche Existenz des Anzeigepflichtigen. Als solcher gelten für natürliche Personen insbesondere Kopien
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Eigentümerkontrollverordnung amtlicher Lichtbildausweise und für juristische Personen aktuelle Auszüge aus dem Firmenbuch oder einem vergleichbaren Register. 2. Amtlich beglaubigte Kopien der aktuellen Satzung, des aktuellen Gesellschaftsvertrages oder gleichwertiger Vereinbarungen, sofern der Anzeigepflichtige keine natürliche Person ist. 3. Sofern der Anzeigepflichtige keine natürliche Person ist, eine Liste der Leitungsorgane und persönlich haftenden Gesellschafter unter Darlegung der Art und des Umfangs ihrer Befugnisse und der Geschäftsverteilung. Sofern der Anzeigepflichtige ein Zweckvermögen ist, ist eine Darstellung hinzuzufügen, aus der sich ergibt, ob und in welcher prozentuellen Höhe diese Personen an der Verteilung dessen Gewinns teilnehmen. 4. Eine aktuelle, aussagekräftige Darstellung der geschäftlichen Aktivitäten des Anzeigepflichtigen. 5. Sofern der Anzeigepflichtige keine natürliche Person ist, eine Liste mit den wirtschaftlich Begünstigten des Anzeigepflichtigen, unter Angabe der Gründe für die wirtschaftliche Begünstigung sowie deren Umfang. 6. Eine Erklärung darüber, ob im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Erwerb eine andere Behörde oder Gericht eine Untersuchung durchführt oder durchgeführt hat. Diese Darstellung hat insbesondere auch die Anschrift und Bezeichnung einer solchen Behörde oder eines solchen Gerichtes und eine Darstellung des jeweiligen Verfahrensstands oder des Ergebnisses solcher Verfahren zu beinhalten. Dies ist soweit als möglich durch amtliche Dokumente zu belegen. 7. Eine Erklärung, ob beabsichtigt ist, Geschäftsleiter des Zielunternehmens auszutauschen und durch welche Personen sie ersetzt werden sollen. (2) Der Anzeige sind ein Lebenslauf des Anzeigepflichtigen, sofern dieser eine natürliche Person ist, und Lebensläufe von jeder natürlichen Person nach Abs. 1 Z 3 und 7 beizufügen. Lebensläufe haben die einschlägige Ausbildung und Berufserfahrung, sowie die aktuellen Tätigkeiten und Zusatzfunktionen der jeweiligen Person zu enthalten.
Informationen zur Zuverlässigkeit § 9. (1) Der Anzeigepflichtige hat bei der Anzeige anzugeben: 1. Ob gegen ihn ein gerichtliches Strafverfahren geführt wird oder ob zu einem früheren Zeitpunkt ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens oder Vergehens geführt worden ist. Dies ist durch geeignete Nachweise zu belegen. 2. Ob gegen ihn im Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit ein Verwaltungsstrafverfahren oder ein vergleichbares Verfahren nach einer anderen Rechtsordnung geführt wird oder mit einer Strafe oder Ermahnung in den letzten zehn Jahren abgeschlossen worden ist. 3. Ob er als Schuldner in ein Konkursverfahren, Ausgleichsverfahren oder ein vergleichbares Verfahren verwickelt ist oder war. 4. Ob eine Aufsichtsbehörde, deren Aufsicht er untersteht oder unterstand, gegen ihn in den letzten zehn Jahren eine Untersuchung eingeleitet oder eine Maßnahme ergriffen hat und ob und wie ein solches Verfahren abgeschlossen wurde. 5. Ob ihm eine Eintragung, Genehmigung, Bewilligung, Mitgliedschaft oder Berechtigung zur Ausübung eines Gewerbes oder einer sonstigen beruflichen
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Eigentümerkontrollverordnung Tätigkeit in den letzten zehn Jahren durch eine Behörde oder ein Gericht nicht erteilt, entzogen, untersagt oder aufgehoben worden ist oder ein entsprechendes Verfahren geführt wird. (2) Nach Abs. 1 Z 1 nicht anzugeben sind Strafverfahren, die aus rechtlichen Gründen oder mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt oder mit einem Freispruch beendet worden sind. Nicht anzugeben sind weiters Strafverfahren, die durch Rücktritt von der Verfolgung beendet wurden, wenn nach dem Rücktritt von der Verfolgung fünf Jahre vergangen sind, sowie Verurteilungen, die getilgt wurden. (3) Der Anzeigepflichtige hat ferner zu erklären, ob seine Zuverlässigkeit oder die Zuverlässigkeit einer Person nach § 8 Abs. 1 Z 3 oder 7 als Erwerber einer qualifizierten Beteiligung an einem Kreditinstitut, Versicherungsunternehmen, an einer Wertpapierfirma , an einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder an einem Zahlungsinstitut durch eine für deren Aufsicht zuständige Aufsichtsbehörde geprüft worden ist. Er hat weiterhin zu erklären, ob eine vergleichbare Prüfung durch eine andere Behörde erfolgt ist. Amtliche Dokumente sind der Anzeige beizufügen. Liegen dem Anzeigepflichtigen solche Dokumente nicht vor, hat er dies zu begründen. (4) Die nach Abs. 1 erforderlichen Angaben sind vom Anzeigepflichtigen auch hinsichtlich von ihm geleiteter Unternehmen und jeder Person nach § 8 Abs. 1 Z 3 und 7 zu machen.
Beteiligungsverhältnisse und Konzernzugehörigkeit sowie sonstige Einflussmöglichkeiten § 10. Einer Anzeige sind folgende Angaben zu den direkten und indirekten Beteiligungsverhältnissen, zur Konzernzugehörigkeit und sonstigen Einflussmöglichkeiten des Anzeigepflichtigen beizufügen: 1. Sofern der Anzeigepflichtige einem Konzern angehört, a) eine aussagekräftige Darstellung der Konzernstruktur mit einem Organigramm unter Angabe jedes Konzernunternehmens, sowie der jeweils gehaltenen Kapitalanteile und Stimmrechtsanteile in Prozent, b) eine aussagekräftige Darstellung der Geschäftstätigkeit des Konzerns und c) eine Aufstellung der Konzernunternehmen, die durch Behörden in Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten, Versicherungsunternehmen, , Zahlungsinstituten, oder der Finanzmärkte zuständig sind, beaufsichtigt werden sowie die Bezeichnung und Anschrift der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden. 2. Sofern der Anzeigepflichtige eine natürliche Person ist, eine Liste der Unternehmen, deren Geschäfte er führt oder über die er Kontrolle hat. Dabei ist jeweils auch anzugeben, ob der Anzeigepflichtige die Geschäfte des angegebenen Unternehmens führt oder über dieses Kontrolle hat. 3. Sofern der Anzeigepflichtige keine natürliche Person ist, eine Liste der nicht konzernangehörigen natürlichen und juristischen Personen, Personenhandelsgesellschaften und Gesellschaften anderer Gesellschaftsformen sowie Zweckvermögen, die an dem Anzeigepflichtigen mindestens 10 vH der Kapital- oder Stimmrechtsanteile halten oder die, unabhängig davon, ob Kapital- oder
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Eigentümerkontrollverordnung Stimmrechtsanteile gehalten werden, einen maßgeblichen Einfluss auf den Anzeigepflichtigen ausüben können oder die, sofern der Anzeigepflichtige ein Zweckvermögen ist, an der Verteilung dessen Gewinns in Höhe von mindestens 10 vH teilnehmen. Bestehende Stimmrechtsvereinbarungen sind zu erläutern.
Relevante Geschäftsbeziehungen, familiäre Bindungen und sonstige relevante Beziehungen sowie Erwerbsinteressen § 11. (1) Der Anzeige ist eine Darstellung der finanziellen und der sonstigen Interessen des Anzeigepflichtigen an der qualifizierten Beteiligung beizufügen. (2) Die Darstellung gemäß Abs. 1 muss die Geschäftsbeziehungen beschreiben, die der Anzeigepflichtige oder ein von ihm geleitetes oder kontrolliertes Unternehmen, das jeweils anzugeben ist, zu 1. dem Zielunternehmen, 2. den vom Zielunternehmen kontrollierten Unternehmen, 3. den Inhabern von Kapitalanteilen am Zielunternehmen unter Angabe der Höhe der Kapitalanteile, 4. den Inhabern von Stimmrechtsanteilen am Zielunternehmen unter Angabe der Höhe der Stimmrechtsanteile, 5. den Geschäftsleitern des Zielunternehmens und Personen, die die Geschäfte des Zielunternehmens tatsächlich führen und 6. den Mitgliedern des Aufsichtsorgans des Zielunternehmens unterhält. (3) Enge Bindungen im Sinne des § 48 a Abs. 1 Z 9 lit. a bis c BörseG von Personen nach § 8 Abs. 1 Z 3 zu den in Abs. 2 Z 3 bis 5 genannten Personen sind in der Darstellung gemäß Abs. 1 zu benennen. (4) Es sind in der Darstellung gemäß Abs. 1 anzugeben: 1. Jene Personen nach § 8 Abs. 1 Z 3, die aufgrund von Gesetz, Satzung, Gesellschaftsvertrag oder einer gleichwertigen Vereinbarung zugleich befugt sind, die Geschäfte eines Inhabers nach Abs. 2 Z 3 und 4 oder des Zielunternehmens zu führen oder dessen Geschäfte tatsächlich führen. 2. Jene Personen, die zugleich Inhaber von Kapital- oder Stimmrechtsanteilen am Anzeigepflichtigen und Inhaber von Kapital- oder Stimmrechtsanteilen am Zielunternehmen sind, wobei die Höhe der Kapital- oder Stimmrechtsanteile jeweils anzugeben ist. (5) Auf Interessen oder Tätigkeiten des Anzeigepflichtigen, die den Interessen des Zielunternehmens an einer soliden und umsichtigen Geschäftsführung entgegen stehen könnten, ist in der Darstellung gemäß Abs. 1 gesondert einzugehen und zu erklären, wie verhindert werden soll, dass sich diese Interessen negativ auf das Zielunternehmen auswirken.
Finanzlage und Bonität des Anzeigepflichtigen § 12. (1) Der Anzeigepflichtige hat seine wirtschaftlichen Verhältnisse darzustellen.
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Eigentümerkontrollverordnung (2) Bei bilanzierenden Anzeigepflichtigen muss die Darstellung nach Abs. 1 folgende Angaben zum Anzeigepflichtigen enthalten: 1. Jahresabschlüsse und, sofern diese aufzustellen sind oder freiwillig aufgestellt wurden, Lageberichte der letzten drei Geschäftsjahre. 2. Berichte über die Jahresabschlussprüfung unabhängiger Abschlussprüfer der letzten drei Geschäftsjahre, sofern diese aufzustellen sind oder freiwillig aufgestellt wurden. Ist ein bilanzierender Anzeigepflichtiger in einen Konzern eingebunden, sind mit der Anzeige die Informationen nach Z 1 und 2 auch für die Konzernebene vorzulegen. (3) Bei nicht bilanzierenden Anzeigepflichtigen muss die Darstellung nach Abs. 1 folgende Angaben und Unterlagen enthalten: 1. Eine vollständige Aufzählung und Beschreibung der Einkommensquellen. 2. Eine aktuelle Vermögensaufstellung unter Angabe sämtlicher Verbindlichkeiten. 3. Sofern eine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung besteht oder der Anzeigepflichtige diese freiwillig abgegeben hat, die Einkommensteuererklärungen und Einkommensteuerbescheide der letzten drei Kalenderjahre. Liegen diese nicht vor, Dokumente mit vergleichbarem Aussagegehalt. (4) Wurde die Bonität des Anzeigepflichtigen von einer oder mehreren Ratingagenturen beurteilt, hat der Anzeigepflichtige das jüngste Rating jeder Ratingagentur anzugeben und jeweils durch aussagekräftige Unterlagen der beurteilenden Ratingagentur zu belegen. Gleiches gilt in Bezug auf die Bonität des Konzerns, dem der Anzeigepflichtige angehört sowie in Bezug auf die nicht konzernangehörigen Unternehmen, über die der Anzeigepflichtige, sofern dieser eine natürliche Person ist, Kontrolle hat oder deren Geschäfte er führt. Liegen dem Anzeigepflichtigen die Unterlagen nach Satz 1 nicht vor, hat er dies zu begründen.
Finanzierung des Erwerbs, Offenlegung sämtlicher Vereinbarungen § 13. Der Anzeige sind eine aussagekräftige Darstellung und geeignete Nachweise über das Vorhandensein und die wirtschaftliche Herkunft der Eigen- und Fremdmittel, die für den Erwerb eingesetzt werden sollen, sowie sämtliche im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Erwerb getroffenen Vereinbarungen und Verträge beizufügen.
Geschäftsplan, Darstellung strategischer Ziele und Pläne § 14. (1) Wenn der Anzeigepflichtige durch den geplanten Erwerb oder die geplante Erhöhung der qualifizierten Beteiligung Kontrolle über das Zielunternehmen erlangt, ist der Anzeige ein Geschäftsplan beizufügen, der die mit dem Erwerb oder der Erhöhung der qualifizierten Beteiligung an dem Zielunternehmen verfolgten strategischen Ziele und Pläne des Anzeigepflichtigen beschreibt. Der Geschäftsplan hat insbesondere aussagekräftige Angaben zur geplanten strategischen Entwicklung (Abs. 2), zur geplanten Entwicklung der Vermögens-,
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Eigentümerkontrollverordnung Finanz- und Ertragslage (Abs. 3) sowie zu den Auswirkungen auf die Unternehmens- und Organisationsstruktur des Zielunternehmens (Abs. 4) zu enthalten. (2) Die Angaben zur geplanten strategischen Entwicklung haben allgemeine Ausführungen zu den wesentlichen Zielen des Beteilungserwerbs und den zur Zielerreichung geplanten Maßnahmen zu enthalten. Diese umfassen insbesondere: 1. Die geschäftsstrategischen Ziele und Überlegungen für den Beteiligungserwerb. 2. Die mittelfristigen Vermögens-, Finanz- und Ertragsziele. 3. Die angestrebten Synergieeffekte im Zielunternehmen. 4. Die mögliche Neuausrichtung der Geschäftsaktivitäten. 5. Eine geplante Änderung in der Finanzstruktur des Zielunternehmens. 6. Allgemeine Vorgaben und Festlegungen für die Einbeziehung und Integration des Zielunternehmens in die Konzern- und Gruppenstruktur des Erwerbers. Dies hat eine Beschreibung der wesentlichen angestrebten Synergieeffekte mit anderen Unternehmen des Konzerns und der Gruppe sowie eine Beschreibung der Grundsätze und Verfahren zur Führung und Steuerung der Unternehmensbeziehungen innerhalb des Konzerns und der Gruppe zu enthalten. 7. Ausführungen zur Bereitschaft und der wirtschaftlichen Fähigkeit, dem Zielunternehmen zukünftig weiteres Kapital, sofern dies notwendig wird, zur Verfügung zu stellen. (3) Die Angaben zur geplanten Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage umfassen die Planbilanzen, die Plangewinn- und verlustrechnungen sowie die Finanzpläne für jeweils die nächsten drei Geschäftsjahre nach dem Erwerb oder der geplanten Erhöhung der qualifizierten Beteiligung sowohl für das Zielunternehmen als auch für den Konzern. Diese haben insbesondere 1. die prognostizierten Kapitalkennziffern, 2. die Angaben zur Höhe der voraussichtlichen Risikopositionen und 3. einen Ausblick auf geplante gruppeninterne Geschäfte zu enthalten. (4) Die Angaben zu den Auswirkungen auf die Unternehmens- und Organisationsstruktur des Zielunternehmens haben insbesondere Folgendes anzuführen und zu beschreiben: 1. Die Zusammensetzung und Aufgabenbereiche der Unternehmensorgane und der von ihnen eingesetzten Ausschüsse. 2. Die Rechnungslegungsmethoden und Leitungs-, Steuerungs- und Kontrollprozesse sowie wesentliche Änderungen dieser Methoden und Verfahren. Diese Ausführungen haben auch Angaben zu wesentlichen Änderungen hinsichtlich der Internen Revision und der Compliance-Funktion und dem Wechsel bei leitenden Mitarbeitern zu enthalten. 3. Die Eingesetzte IT-Systeme, IT-Sicherheit sowie wesentliche Änderungen dieser Systeme. 4. Die Grundsätze für die Delegation und Auslagerung von Unternehmensaktivitäten und -prozessen auf andere Unternehmen oder Personen. (5) Wenn durch den geplanten Erwerb oder durch die geplante Erhöhung der qualifizierten Beteiligung an dem Zielunternehmen Kapital- oder Stimmrechtsanteile von 20 vH bis 50 vH vom Anzeigepflichtigen gehalten werden oder von
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Eigentümerkontrollverordnung diesem auf das Zielunternehmen ein maßgeblicher Einfluss ausgeübt werden kann und der Anzeigepflichtige nach dem geplanten Erwerb oder der geplanten Erhöhung der qualifizierten Beteiligung keine Kontrolle über das Zielunternehmen hat, sind der Anzeige Dokumente beizufügen, die folgende Informationen beinhalten: 1. Aussagekräftige Angaben zur geplanten strategischen Entwicklung gemäß Abs. 2 und 2. aussagekräftige Angaben gemäß Abs. 4; wobei diese detaillierte Aussagen über die Art der beabsichtigten zukünftigen Einflussnahme auf die finanzielle Ausstattung sowie die Kapitalallokation des Zielunternehmens beinhalten müssen. (6) Wenn durch den geplanten Erwerb oder durch die geplante Erhöhung der qualifizierten Beteiligung an dem Zielunternehmen Kapital- oder Stimmrechtsanteile unter 20 vH vom Anzeigepflichtigen gehalten werden, von diesem auf das Zielunternehmen aber kein maßgeblicher Einfluss ausgeübt werden kann und der Anzeigepflichtige nach dem geplanten Erwerb oder der geplanten Erhöhung der qualifizierten Beteiligung keine Kontrolle über das Zielunternehmen hat, dann hat die Anzeige folgende Informationen zu beinhalten: 1. Eine aussagekräftige Darstellung der allgemeinen strategischen Ziele, die mit dem Erwerb verfolgt werden. Anzugeben ist hierbei insbesondere, wie lange die Anteile voraussichtlich gehalten werden und ob in einem absehbaren Zeitraum nach dem Erwerb die Anteilshöhe verändert werden soll. 2. Eine Darstellung zur beabsichtigten zukünftigen Einflussnahme auf das Zielunternehmen unter Angabe der Gründe hierfür. 3. Ausführungen zur Bereitschaft und der wirtschaftlichen Fähigkeit, dem Zielunternehmen zukünftig weiteres Kapital, sofern dies notwendig wird, zur Verfügung zu stellen.
Verweise § 15. Soweit in dieser Verordnung auf das Bankwesengesetz (BWG), Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), das Börsegesetz 1989 (BörseG) oder Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG 2007) verwiesen wird, sind diese, wenn nichts Anderes bestimmt ist, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 22/2009 anzuwenden. Soweit in dieser Verordnung auf das Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) verwiesen wird, ist dieses in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 66/2009 anzuwenden.
Inkrafttreten § 16. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. April 2009 in Kraft. (2) § 1, § 2 Z 1 bis 3, § 4 Abs. 1 und Abs. 2, § 7 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 und 2, § 7 Abs. 4, § 9 Abs. 3, § 10 Z 1 lit. c, § 15, § 16 Abs. 1 und Abs. 2 und Anhang I und Anhang II jeweils in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 351/2009 treten mit 1. November 2009 in Kraft.
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Stichwortverzeichnis In Fettdruck gehaltene Markierungen beziehen sich auf den verwiesenen Paragrafen, in Normaldruck gehaltene Markierungen beziehen sich auf die jeweilige Randzahl des verwiesenen Paragrafen. Ablehnung der Zusammenarbeit 99 1 Abrechnung 82 7 Abrechnung der Geschäfte 67 14 Abrechnungssystem 67 19 Abschlussprüfer 33; 73 1; 86 3; 91 13; 93 8 – Berichte 33; 73 14 – Geldstrafe 95 8 – Haftung 93 43 – Haftung des 93 41 – siehe Berichtspflicht von Abschlussprüfern Abschlussvermittlung 75 2, siehe Annahme und Übermittlung von Aufträgen Aktien 1; 40 57; 46 3; 63 20; 64 16, 22, 82; 65 1, 2, 3, 4, 5, 6, 12, 23, 24; 69 3, 5, 6, 21, 26; 70 1 – Aktienklasse 69 23 – Aktienzertifikat 1 11; 64 82 – Aktienzertifikate 64 16 – Kursrisiko 40 57 – vergleichbare Anteile 1 11 Aktienklasse 69 23 – Festlegen 69 23 Alternative Instrument Identifier (All) 64 72 Altforderungen 84 1, 3, 4, 5, 11, 12; 85 1 – Konkurs 85 1 – Stundung 84 2 Amtshaftung 14 23; 93 46 Amtshilfe 91 20; 97 2 Amtsverschwiegenheit 91 10 Anfangskapital 3 5 Angemessenheitsprüfung 45 Abs. 1; 46 3
– Anlageberatung 45 1 – Eignungsprüfung 44 7 – Warnpflicht 45 2 Anlage zum Prüfbericht 93 20, siehe auch Jahresabschlussprüfung Anlage zum Prüfungsbericht 66 7; 73 14 Anlageberatung 1 3, 6, 36; 2 7, 11; 3 3; 4 3; 38 9, 29, 30; 39 5, 17, 18; 43 4; 44 3, 6, 7; 45 1, 5; 47 4; 60 6; 102 2 – Beratungspflichten 38 27 – Eignungsprüfung 44 Abs. 1, 7; 45 5 – fehlerhafte 47 4 – geeignete Gegenpartei 60 6 – professionelle Kunden 44 3 – Provision 39 17 – Rahmenvereinbarung 47 2 – Wertpapierdienstleistungsunternehmen 4 3 Anlagerentschädigung – Früherkennungssystem 75 38 – Informationspflicht 75 26 – konzessionswidriges Handeln 75 9 Anlagetätigkeit 1 10; 19 12 – Ausführung 1 3 – Zweigstelle 1 25 Anlagetätigkeiten 1 2, 3, 10, 25; 2 4; 3 2; 12 2, 3, 4, 10; 23 5; 72 1 – Betreiben eines MTF 12 11 Anlageziele 44 4 Anlegerentschädigung 38 24; 76 4; 84 11 – Auszahlung der Forderungen 76 27 – Beitragspflicht 76 4 – Entschädigungsleistung 75 10 – Insolvenz 75 15 – Konzessionsverlust 75 4
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Stichwortverzeichnis – Mitgliedstaaten 78 1 – Rechnungslegung 76 34 – Voraussetzungen für Entschädigung 75 5 Anlegerentschädigung von WPF GmbH 75 3 Anlegerprofil 22 1, 16; 43 14, 15 – Aktualisierung 43 14 – Mindestaufzeichnungspflicht, Verzeichnis der 22 18 – siehe auch Aufzeichnungspflichten Annahme 39 8, 25, 29; 46; 52 6, 8; 60 5; 64 26; 75 4; 102 1, 2, 5 – Annahme und Übermittlung von Aufträgen 3 3 – Bagatellausnahmen 39 25 – Übermittlung von Aufträgen 52 6, 8; 75 4; 102 1, 2, 5 – und Übermittlung von Aufträgen 1 4; 60 5 – Übermittlung von Kundenaufträgen 46; 46 1 – Verbot 39 2, 7, 8 – Vorteile 39 29 Annahme und Übermittlung von Aufträgen 3 18; 4 3; 22 11; 75 2 – Wertpapierdienstleistungsunternehmen 4 3 Annahmen – Vorteile 39 8 Anrufe 62 5 Anzeigepflicht 10 43 – Berufshaftpflichtversicherung 4 9 – Geldstrafe 95 15 – Geschäftsleitung 10 43 – Interne Revision 20 2 – Konsequenzen 10 45 – qualifizierte Beteiligung 11 4, 5 Anzeigepflichten 6 18; 11 10 Arten – persönliches Geschäft 24 auf eigene Rechnung – Handel 2 5 Aufbewahrung siehe Aufzeichnungspflicht Auflösungsbeschluss 5 11 Aufnahme des Geschäftsbetrieb 5 2 Aufnahmemitgliedstaat 1 24; 64 7
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Fett = §§, mager = Rdn – Dienstleistungsfreiheit 64 7 – Sicherungsmaßnahmen 101 – siehe Dienstleistungsfreiheit Aufnahmemitgliedstaaten 100 Aufsicht 72 – Umfang 91 2 Aufsichtsbericht 73 1, siehe Anlage zum Prüfbericht, Jahresabschlussprüfung Aufsichtsmittel – Aufsichtsmaßnahmen 11 14 Aufsichtsperson 80 6, 8; 82 1, 2, 5, 6; 85 2, 3, 5; 87 1; 88 2, 4; 92 4 – Anordnungen 87 1 – Auswahlkriterien 92 4 – Befugnisse 92 5 Aufsichtspflichtige 91 1 Aufsichtssubjekte 91 Auftrag siehe Kundenauftrag Auftragsausführung 16 1; 49 9 – von Aufträgen 49 9 Aufzeichnung von Telefongesprächen 91 12 Aufzeichnungen – Dokumentationspflichten 35 31 Aufzeichnungspflicht 17 20; 22; 22 8; 38 32; 47 Abs. 1; 69 10 – Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten 66 – Ausbewahrungsdauer 22 10 – Generalklausel 22 5 – Kundenvermögen, Schutz des 29 7 – Medium 22 15 – Rahmenvereinbarung 47 2 – Verzeichnisses der Mindestaufzeichnungspflichten 66 6 Aufzeichnungspflichten 32 4 Auktion 68 9 Auktionen 68 4 – periodische 68 4 Ausführung 1 3; 7 4; 16 1; 35 29; 46; 46 1; 49 7; 52 14, 18; 55 2; 67 7; 70 – Aktienzertifikat 1 11 – Anlagetätigkeit 1 3 – von Aufträgen 1 4; 49 7, 10; 52 18 – Aufzeichnungspflicht 22 8 – Kosten 52 19; 54 2 – von Kundenaufträgen 70
Fett = §§, mager = Rdn – Verpflichtung 52 14 – Wertpapiergeschäfte 7 4 Ausführungsgeschäft 46 3 Ausführungsplätze 40 62 Ausgabeaufschlag 39 13 Ausgabeaufschläge 39 12, 13 Ausgleichsverfahren 80 3 Auskunftspflicht 7 8; 90 9; 91 10 – gesetzliche 7 8 – Kosten der FMA 90 9 Auskunftsvertrag 28 6; 38 30 Auskunftsverträge 38 30 Auslagerung 1 28; 7 6; 18 40, 43; 19 8, 12; 20 17; 23 5; 24 23; 25; 25 5, 6, 17, 21; 26 – Auslagerungsbedingungen 25 14, 17, 21, 24 – Auslagerungsvereinbarung 26 3 – Compliance 18 40, 43 – Delegationsvereinbarung 25 21 – Geschäftsleitung 21 1 – Interne Revision 20 17, 20, 25 – Privatkundenportfolio 26 – Unternehmensverbindungen 1 28 – Verschwiegenheitspflicht 7 6 – vertraglich gebundener Vermittler 25 4 – Wertpapierdienstleistungen 19 12 – wesentlich betrieblichen Aufgaben 25 5 – wesentliche betriebliche Aufgaben 25 10, 21 – wesentliche Funktionen 19 12 Auslagerungen 2 7 – Ausnahme 2 7 Ausnahme – Anlagetätigkeiten 2 4 – Auslagerungen 2 7 – Finanzdienstleistungsassistenten 2 14 – Market Maker 2 5 – Mitarbeitervorsorgekassen 2 8 – Oesterreichische Nationalbank 26 – Österreichische Bundesfinanzierungsagentur 2 6 – Pensionskassen 2 8 – Unternehmensgruppe 2 9
Stichwortverzeichnis – Waren 2 12 – Warenderivate 2 12 Ausnahmen 2 – Arbeitnehmerbeteiligung 2 3 – Derivatkontrakte 2 9 – Handel auf eigene Rechnung 2 5 – Kapitalanlagegesellschaften 2 7 – konzerninterne Tätigkeiten 2 3 – Versicherungsunternehmen 2 2 Aussetzung des Handels mit einem Finanzinstrument 91 14 Ausstrahlungswirkung 38 8; 43 4; 48 5; 58 23 Ausstrahlungswirkungen 60 8 Austauschmechanismus siehe TREM Austauschmechanismus TREM 64 27 Ausweiskopien – Kopie des amtlichen Lichtbildausweises 6 12 Auszahlung der Forderungen 76 27 Bandbreiten 75 34 Bankgeheimnis 7 1, 4 Bankgeheimnisse 7 12 Beaufsichtigung – Aufsicht 14 – Doppelbeaufsichtigung 12 18 – Tätigkeitslandaufsicht 14 4 Beaufsichtigung durch FMA siehe Aufsicht Beauftragter gemäß § 9 VStG siehe verantwortlich Beauftragter Bedingungen 41, siehe Bedingungen für Informationen Bedingungen f. I. – Eindeutig 41 17 – Grundsätze 41 5 – Informationen 41 10 – Marketingmitteilungen 41 22 – Nicht irreführend 41 19 – Privatkunden, besondere Anforderungen 41 24 – Redlich 41 14 – sachlicher Anwendungsbereich 41 8 Befugnisse der Aufnahmemitgliedstaaten 100 Befugnisse der FMA 91 8; 96 1 Begriffsbestimmungen 1
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Stichwortverzeichnis Behördenkonsultation 99 2 Behördliche Zusammenarbeit 97, siehe Zusammenarbeit mit anderen Behörden Beitragspflicht – Beitragsvermögen 76 11 Beitragspflicht zur Sicherungseinrichtung 76 4 – Beitragsvermögen deckt Entschädigungsanspruch nicht 76 18 – jährliche Beiträge 76 7 – Sonderbeiträge 76 8 Benchmark 40 53 beratungsfreie Geschäfte 43 5 beratungsfreies Geschäft 46 2 Beratungsprotokoll 47 4, siehe Aufzeichnungspflichten Beratungsvertrag 38 8, 30 Beratungsverträge 38 30 Berechnung des Eigenkapitalerfordernisses 9 19, 22 Berechtigung nach der GewO 102 5 Berechtigung zur Handelsteilnahme am MTF 67 13 Berechtigung zur Handelsteilnehme an MTF 67 13 Berechtigungen nach der GewO 102 1 Bereitstellen von Informationen 16 1, 2; 42 3, 12; 67 12, 17 – Privatkunden 16 2 Berichte 38 31; 58 19 – Abschlussprüfer 33 – Berichtspflicht 48 – Verstoß 48 11 Berichterstattung an die FMA 100 2 Berichtspflicht an FMA, Geschäftsleiter, Aufsichtsorgane 93 26 Berichtspflicht außerhalb der Portfolioverwaltung – Auftragsausführung 49 10 – persönlicher 49 4 Berichtspflicht außerhalb der Protfolioverwaltung 49 Berichtspflicht bei der Portfolioverwaltung – Ad-hoc-Berichtspflicht 50 12
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Fett = §§, mager = Rdn – Anwendungsbereich 49 5 – Einzelberichterstattung 50 10 – periodische Aufstellung 50 6 Berichtspflicht bei Portfolioverwaltung – Auftragsausführung 49 9 Berichtspflicht von Abschlussprüfern 93 – Adressatenkreis 93 24 – Berichtspflicht 93 – Prüfungsumfang 93 15 – Sorgfaltsmaßstab 93 16, 18 – Übermittlungspflicht 93 22 – Umfang 93 17 – Verhältnis zu § 273 UGB 93 4 – Zeitpunkt 93 32 Berichtspflichten 49 Berichtspflichten bei der Portfolioverwaltung 50 Berichtspflichten bei Konzernsachverhalten 93 37 Berichtspflichten für Rechtsträger, die Kundenfinanzinstrumente und Kundengelder halten 51 Berichtspflichtige Personen 93 8 – Defintion 93 8 Berichtspflichtige Sachverhalte 93 28, 30 Berufsgeheimnis 7 1, siehe Verschwiegenheitspflicht Berufshaftpflichtversicherung 4 6 – Anzeigepflicht 4 9 – Eigenkapital 9 8 – Mindesthaftungssumme 4 7 – Mindestinhalte 4 8 Berufung an Unabhängigen Verwaltungssenat 96 2, 3 Bescheidvorlage – Vorlage des Bescheids 8 9 Beschwerdemanagement 17 17; 73 13 Beschwerden 17 17 Beschwerderegister 73 13 Beschwerdewesen 17 17 besondere Vorschriften für Privatkunden – bestmögliches Ergebnis 54 1 Best Execution siehe bestmögliche Durchführung
Fett = §§, mager = Rdn Bestätigungsvermerk 14 17; 33 3; 73 14; 93 21, 29 Best-Execution-Policy siehe Durchführungspolitik bestmögliche Ausführung 53 6 bestmögliche Beratung 38 29 Bestmögliche Durchführung 52 bestmögliche Durchführung 55 2, 10 – Anwendungsbereich 52 5 – besondere Vorschriften für Privatkunden 54 Abs. 1 – bestmögliches Ergebnis 54 1 – Durchführungspolitik 52 9 bestmögliche Interesse 38 15 bestmögliches Ergebnis 40 62; 52 1, 9, 12, 17 – Ermittlung 54 1 bestmögliches Interesse 38 1; 52 1 Beteiligung 1 26 – Absichtserklärung 11 8 – Anzeigepflicht 11 4, 5 – Bestätigung der Vollständigkeit 11 a 1 – Eigentümerkontrollverordnung 11 2 – Eigentümerkontrollverordnung – EKV 11 b 7 – Erwerber 11 5 – Erwerbsbeschluss 11 9 – Genehmigung 11 a 8 – Konzernverhältnisse 11 6 – Kriterien für die Beurteilung 11 b – Nichtuntersagung 11 a 8 – qualifizierte 11 – qualifizierte Beteiligte 3 12 – Sanktionen 11 12 – Unternehmen 11 10 – Untersagung einer Beteiligung 11 a 4 – Veräußerer 11 5 – Veräußerungsbeschluss 11 9 – Verfahren 11 a Beteiligungen 11 Bewilligungspflicht 6 2 Börsemitglied 67 15 Börsemitglieder 67 13 Börsenmitglieder 67 5 Chinese Walls 17 14; 18 22; 24 8; 35 16, 17
Stichwortverzeichnis Churning 39 20 Cold Calling 12 15 Compliance 18; 24 3, 18, 22; 28 7; 34 4; 37 7 – Aufgaben 18 19 – Auslagerung 18 40, 43 – Berichtspflicht 17 8; 18 31 – Beschwerdewesen 17 17 – Compliance-Funktion 15 12 – Emittenten Compliance Verordnung 18 2 – Interessenkonflikte 34 4; 35 27 – Mischverwendung 17 10 – Policy 18 10 – Unabhängigkeit 18 23–35, 36–42 – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 15 9 – Wertpapierdienstleistungsunternehmen 15 18 – Zusammenlegung von Funktionen 20 12 Compliance-Beauftragter 18 25, 34, 35 – Compliance-Beauftragter 18 26 Compliance-Funktion 15 12, 18; 17 10; 18 6, 23–25, 23, 34, 35 – Funktionen 15 17 – Vergütung 15 14; 18 35 – Verhältnismäßigkeit 18 36 – zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 15 14 compound product 40 55, siehe zusammengesetztes Finanzinstrument Conflicts of Interest Policy 35 1 Daten – nicht sensibel 91 19 Datenaustausch 64 32; 91 20 Datenbank 92 18 Datenträger 1 37; 64 30; 66 7 – Bereitstellung von Informationen 1 37 – dauerhaft 16 1; 42 12; 49 4, 12; 50 8 – dauerhafter 1 37; 49 9 – Website 1 37; 42 13, 14 Datenübermittlung 91 12 Datenverarbeitung durch FMA 91 19 dauerhafter – Datenträger 1 37
1007
Stichwortverzeichnis Definition – Kunde 1 22 – Limitauftrag 1 35 – relevate Person 1 32 Definitionen siehe Begriffsbestimmungen Defintion – Kunde 1 22 Delegationsvereinbarung – Delegationsvertrag 25 29 Deliktshaftung 38 37 Derivat – Kreditderivate 1 14 Derivate 2 9 – Derivatkontrakte 2 9 – Warenderivate 2 12; 64 18 Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit 28 9 Dienstleistungsfreiheit 1 23; 4 3; 12; 28 9; 92 18; 101 1, 2 – Abschlussprüfung 14 10 – Aufnahmemitgliedstaat 1 24 – Herkunftsmitgliedstaat 1 23; 12 23; 64 1 – Herkunftsmitgliedstaaten 12 6 – Mitgliedstaaten 12 1 – Notifizierungsverfahren 12 6 – Österreichische Wertpapierfirmen in Mitgliedstaaten 13 – Tätigwerden 12 10 – Übergangsbestimmung 13 2, 3 – vertraglich gebundene Vermittler 13 5, 8 – Vor-Ort-Ermittlungen 12 23 – Zweigniederlassung 14 9, 10 – Zweigstelle 1 25; 14 8 – Zweigstellen 15 5, 6 – Zweigstellenerrichtung 13 9 Differenzgeschäft 67 10 Differenzgeschäfte 64 17, 77 Diskretionäre Portfolioverwaltung 24 31 DL-Freiheit 12 15 – Beaufsichtigung 12 12 – Doppelbeaufsichtigung 12 18 Dokumentation 22 7; 24 23, 24; 47, siehe auch Aufzeichnungspflicht
1008
Fett = §§, mager = Rdn Dokumentationspflichten 22 5; 35 31 – Kundenaufträge 22 6 Drei-Minuten-Frist 65 17 Drei-Minuten-Limit 65 16; 68 13 Dritter Markt 64 23; 67 6, 13 Drittverwahrer 30 1, 4 Durchführungspflicht – Zeitpunkt 53 1 Durchführungspolitik 38 24; 40 62; 52; 52 4 – außerhalb eines geregelten Markts 52 18 – Erforderliche Angaben 54 3 – Form 53 3 – Kundenweisung 52 9, 14 – professionelle Kunden 52 11 – Überprüfungspflicht 53 5 – siehe Durchführungspolitik Durchschnittsverbraucher 62 14 Durchschnittswert 69 17, 18 – arithmetischer 69 17 Eigenhandel 35 19 Eigenkapital 9; 58 15; 86 3 – Anfangskapital 9 23 – Berechnung 9 18 – Berufshaftpflichtversicherung 9 23 – eingezahltes Kapital 9 15, 17 – fixe Gemeinkosten 9 19 – Kreditrisiko 9 28 – Mindestkapital 9 23 – Normzweck 9 5 – offene Rücklagen 9 15, 17 – Verantwortlichkeit 9 36 – Verstoß 9 36 – Wertpapierdienstleistungsunternehmen 9 17, 18, 23 – für Wertpapierdienstleistungsunternehmen 4 5 – Wertpapierfirmen 9 17, 18, 23 – Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen 9 18 – zurechenbaren Mitarbeiter 9 31 Eigenkapitalausstattung 19 8 Eigenmittel 58 15 Eigenmittelerfordernis 9 29
Fett = §§, mager = Rdn Eigenmittelerfordernisse 9 28, 34 Eigenmittelerfordernisses 9 29 – operationelles Risiko 9 30 – Wertpapierfirmen 9 30 Eigenprodukte 75 27 Eignungs- oder Angemessenheitsprüfung 46 3 Eignungsprüfung 44 7; 45 5 – Anlageberatung 44 Abs. 1, 7 – Informationseinholungspflicht 44 2 – Portfolioverwaltung 44 Abs. 1, 7 – Prüfung 44 7 Eignungstest siehe Eignungsprüfung Einladung 63 8 Einladungen 35 26 Einstellung des Geschäftsbetriebs 92 3 Einstufung – Klassifizierung 58 19 – professionelle Kunde 59 16 Einstufung als 59 13 einstweilige Verfügung 91 16 Einwilligung 62 7 Einzelabrechnung 50 10 Einzelabrechnungen 50 11 Einzelunternehmen 4 5 Emission 1 7 Empfehlung 1 36; 36 1; 39 17 – Empfehlungsverbot 44 6 – persönlich 36 1 – persönliche 1 36 Endabrechnung 71 4 Endabrechnung des Geschäfts 71 4 Ende der Geschäftsaufsicht 88 6 enge Verbindung 93 37, 38 Entgegennahme von Kundengeldern 75 9, 30, 31 Entschädigungsanspruch 75 10, 14; 76 18 – Anlegerentschädigung 76 26 Entschädigungsansprüche 9 8; 75 11 Entschädigungseinrichtung 75 3; 95 11, siehe Anlagerentschädigungseinrichtung Entschädigungsleistung 75 10, siehe Anlagerentschädigung Erbringen von Wertpapierdienstleistungen ohne erforderliche Berechtigung 94 2
Stichwortverzeichnis Erbringen von WP-Dienstleistungen ohne Konzession 94 5 Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand 58 10 erforderliche Eigenschaften und Erfahrungen 3 8, 9 Erfüllungsgehilfe 1 30; 6 9; 28 6; 38 12; 39 11 – Auskunftsvertrag 28 6 – Haftung 1 30; 28 6; 38 12; 48 6; 82 5 Erfüllungsgehilfen 6 11; 39 14 Erfüllungsgehilfenhaftung 38 12 execution of a transaction 64 29, 93 Execution only 46 1 execution only-Dienstleistungen 46 2 Execution Policy 18 3 Execution-Only-Dienstleistungen 46 1 execution-only-Geschäft 40 28 Execution-only-Geschäft 45 1 Execution-Only-Geschäft 46 2 Execution-Only-Geschäfte 46 – Anwendungsbereich 46 1 – Zulässigkeitsvoraussetzungen 46 3 Exekutionstitel 87 2 Fernabsatz (FernFinG) 63 15, 23 Ferngeschäfte 6 11 Finandienstleistungsassistent 1 32 Finanzanalyse 1 9; 36 1, 7 – Ausnahme 37 12 – Definition 36 1 – Empfehlung 36 1 – Legaldefinition 36 1 – Vorkehrungen 37 1 – Vorteile 37 8 Finanzanalysen 39 25 – Bagatellausnahmen 39 25 Finanzanalyst 37 3 Finanzanalysten 1 22 Finanzdienstleistungsassistent 38 12 Finanzdienstleistungsassistenten 2 14 – Arbeitsverhältnis 2 15 – Ausnahme 2 14 – Finanzinstrumente 2 14 – Inland 2 14
1009
Stichwortverzeichnis – Kreditinstitut 2 14 – Versicherungsunternehmen 2 14 – Wertpapierdienstleistungsunternehmen 2 14 – Wertpapierfirma 2 14 Finanzinstrument – Derivatkontrakt 1 14 – Kreditderivat 1 15 – nicht komplex 1 16 Finanzinstrumente 40 55 – Aktien 1 11 – Aktienzertifikat 1 11 – Forward 1 14 – Futures 1 14 – Geldmarktinstrumente 1 12 – Handelbarkeit 1 11 – Informationen für Kunden 40 54 – meldepflichtige 64 14 – Optionen 1 14 – Schuldtitel 1 11 – Schuldverschreibungen 1 11 – Swaps 1 14 – übertragbare Wertpapiere 1 11 – verbundene 37 11 – Zahlungsmittel 1 11 – zusammengesetzte 40 55 Finanzinstrumente (§ 1 Z 4 bis 7) 1 11 Firmenbuch 8 – ausreichendes 9 11 – Berufshaftpflichtversicherung 9 8 – Bescheidvorlage 8 5, 12 – Eintragungsvoraussetzung 8 5 – jederzeit 9 12 – Kreditrisiko 9 6 – Normzweck 8 4 – operationelles Risiko 9 6 – Prüfungspflicht 8 8 – Umgründung 8 7 – Unternehmensgegenstand 8 7, 8 – Verständigungspflicht 8 13 – Vorlage des Bescheids 8 9 – Wertpapierdienstleister 8 6 – Wertpapierdienstleistungsunternehmen 9 13, 14 – Wertpapierfirmen 9 13, 14 – Zweigniederlassung 8 6 – Zweigniederlassungen 8 11 fixe Gemeinkosten 9 20, 21, 22
1010
Fett = §§, mager = Rdn FMA – Kosten 90 – siehe auch Befugnisse der FMA Fnanzinstrumente – Waren 1 14 Forderungsanmeldung 76 26 Forward 1 14 front running 24 11 Früherkennungssystem 75 38 Frühwarnsystem 75 39 Futures 1 14 Geborene – professionelle Kunden 58 12 geeignete Gegenpartei 38 24; 52 8 Geeignete Gegenpartei 58 geeignete Gegenpartei 60 6 – Anlageberatung 60 6 Geeignete Gegenpartei – Begriff 60 2 geeignete Gegenpartei – Einstufung 60 10; 61 – geborene 60 2, 3, 10 – gekorene 60 2 – Portfolioverwaltung 60 6 – Rechtsfolgen 60 5 Geheimis – Zustimmung des Kunden 7 9 Geheimnis – Offenbarung 7 10 – Verwertung 7 7 Geheimnisschutz 7 5, 6, 13 Geheimnisse 7 3, 5; 94 6 Gehilfenhaftung 38 12 Gekorene – professionelle Kunden 58 12 Geld- oder Briefkurs 69 10 Geld- oder Briefkurve 72 1 Geld- und Briefkurs 55 5 Geld- und Briefkurse 68 4; 69 4 Geldmarktinstrument 1 12 Geldmarktinstrumente 64 17 Geldstrafe – bis Euro 3.000,– 95 16 – bis Euro 10.000,– 95 14 – bis Euro 50.000,– 95 6 Geldstrafen – bis Euro 30.000,– 95 9
Fett = §§, mager = Rdn Geldwäsche – EWR 6 13 Geldwäscherei 6 7; 66 5; 75 17; 91 22 – Ausweiskopien 6 10 – Beauftragte 6 16 – Dritte 6 9 – Ferngeschäfte 6 11 – Identitätsfeststellung 6 8 – Meldepflicht 6 14 – Organisatorische Anforderungen 6 16 – Verdacht 6 15 Gemeinkosten 4 10; 9 19; 76 9; 78 6 – fixe 3 10 – Fixe 9 2 – fixe 9 20; 76 9; 78 6, 7, 8 Genossenschaft 3 4; 5 6; 79 1; 85 1; 92 2 – Geschäftsleitung 10 2 Genossenschaften 93 13 geordnete wirtschaftliche Verhältnisse 39 geregelte Märkte 1 19 geregelter Markt 1 17, 23; 52 18; 55 4; 64 14, 19, 30; 65 2, 4, 7, 12, 13; 67 18; 69 4 – behördliche Zusammenarbeit 97 4 – Handelssystem 55 5 – Herkunftsmitgliedstaat 1 23 Gesamtentgelt 40 62; 52 12; 54 1, 2 Geschäftsaufsicht 75 5; 79; 81 7; 82 10; 83 1; 84 12; 85 1, 2; 86 2 – Altforderungen 84 4 – Aufsichtsperson 80 6; 84 9; 85 2; 87 1; 88 2 – Ende der Geschäftsaufsicht 88 1 – Geschäftsaufsichtsverfahren 80 3; 84 6 – Verfahren 92 2 Geschäftsaufsichtsverfahren 80 5 – Antrag 81 5 Geschäftsbetrieb 5 2, 3; 6 18; 25 7; 85 4, 5 – Aufsichtsperson 85 5 Geschäftsleiter – Wertpapierdienstleistungsunternehmen 10 1 – Wertpapierfirma 10 1
Stichwortverzeichnis Geschäftsleitung 1 34; 3 6; 21; 92 3 – AG 10 2 – Anzeigepflicht 10 43 – Auslagerung 21 1 – Ausschlussgründe 10 28 – Berichtspflicht 21 6 – Definition 10 1 – Eigenschaften 10 18 – Einzelunternehmer 10 3 – Entzug einer Konzession 10 46 – Erfahrung 10 13 – Europäische Aktiengesellschaft 10 2 – Genossenschaft 10 2 – geordnete wirtschaftliche Verhältnisse 10 21 – GmbH 10 2 – Hauptberuf 10 10 – Kommanditgesellschaft 10 3 – Mittelpunkt der Lebensinteressen 10 4 – Offene Gesellschaft 10 3 – Sprache 10 6 – Verantwortlichkeit 21 3 – Vier-Augen-Prinzip 10 7 – Voraussetzungen 10 4 – Zuständigkeiten 21 1 – Zuverlässigkeit 10 13, 19 Geschäftsverfahren 81 1 Geschenkannahme 39 2, 29, 30 Gewährung 39 8 Gewerbliche Vermögensberater 28 12 gewerblicher Vermögensberater 38 11 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 40 42 Gruppe 1 28, siehe Unternehmensverbindungen Haftung 1 29, 30; 4 9; 7 16; 14 22; 21 4; 33 2, 3 – der Abschlussprüfer 33 3 – Erfüllungsgehilfenhaftung 1 30 – der Prüfer 33 2 – des Prüfers 14 22 – für Schutzgesetzverletzung 7 16 – des Versicherers 4 9 – vertraglich gebundener Vermittler 28 6
1011
Stichwortverzeichnis Haftungen 9 8 – wegen Beratungsfehler 9 8 Haftungsausschluss 38 47 Haftungsbeschränkung 4 6 Haftungsfreistellung 93 1 Haftungsfreistellung für Abschlussprüfer 93 1 Haftungsgrundlagen 38 35 Halten von Kundengeld 3 13 Halten von Kundengeldern 28 5; 51 1; 75 9, 30, 31 Halten von Kundengeldern/Kundenfinanzinstrumenten 22 19 Halten von Wertpapieren des Kunden 3 13 Halten von Wertpapieren von Kunden 51 1 Handel – außerhalb des Aufgabenbereichs 23 10 – eigene Rechnung 1 5 – auf eigene Rechnung 2 5 – für eigene Rechnung 35 19; 57; 60 5; 65 5 – fremdfinanzierter 1 5 – Privatvermögen 1 5 – für Rechnung bestimmter anderer Personen 23 7 Handel auf eigene Rechnung 2 5, 9 Handel für eigene Rechnung 2 12 Handelsplätze 1 17 – geregelter Markt 1 17 – Market Maker 1 21 – Marktakteure 1 17 – multilaterales Handelssystem 1 18 – systematische Internalisierer 1 20 Handelssystem – quotierungsgetriebene 68 4 Handelssysteme 65 2 Handelstransparenzausnahmeverordnung 68 8, siehe Nachhandelstransparenz Haustürgeschäft – Rücktrittsrecht 63 13 – Verstoß 63 10 Haustürgeschäfte 12 15; 63 – Haustürwerbung 63 7 – Verbrauchergeschäft 63 5
1012
Fett = §§, mager = Rdn Herkunftsmitgliedstaat 64 7; 101 11 – Dienstleistungsfreiheit 64 7 – Herkunftslandes 64 1 – Herkunftsmitgliedstaates 12 19 – Herkunftsmitgliedstaatsprinzip 12 12, 17 – siehe Dienstleistungsfreiheit Hinterlegung 30; 31 – Kundengelder 31 Hinweise auf frühere Wertentwicklungen 41 33 Hinweispflicht – professioneller Kunde 58 20 Identitätsfeststellung 6 8 IIKV 35 7, 14, 15, 19, 22, 25; 37 1; 41 2, 6, 31, 33, 39, 40 Inducement 34, siehe Vorteile Information – Informationsmodell 40 11 Information für Kunden – Anlegerschutz 40 10 Information über die Kundeneinstufung 61 Informationen 17 14; 24 2; 35 18 – für Privatkunden 40 51 – sensibel 17 14 – sensible 24 2; 35 18 Informationen f. K. – Angemessenheit 40 41 – Bedingungen 41 – dauerhafter Datenträger 42 12 – Fernkommunikationsmittel 42 10 – Finanzinstrumente 40 54 – Form 40 43, 66; 42 12 – Informationen, Begriff 40 39 – Informationsmodell 40 21 – Informationspflicht 40 38, 48 – Marketingmitteilung 40 63 – persönlicher 40 27 – Portfolioverwaltung 40 51 – Privatkunde 40 49, 60 – Privatkunden 42 8 – professionelle Kunden 40 61 – Professionelle Kunden 42 11 – professioneller Kunde 40 50 – Rechtzeitigkeit 40 47 – Risikohinweise 40 56
Fett = §§, mager = Rdn – sachlicher Anwendungsbereich 40 28 – Veranlagungen 40 29 – Verbraucherkredite 40 37 – zur Verfügung stellen 40 46 – Verstoß 40 68; 42 15 Informationen für Kunden 40; 48 3 – Rechtzeitigkeit 42 8 Informationsaustausch 97; 98 2 Informationseinholungspflicht 43 7; 44 2; 58 19 – Angemessenheitsvorbehalt 43 11 – Anlageziele 44 4; 45 2 – Beruf, Bildungsstand 43 9 – finanzielle Risikofähigkeit 45 2 – finanzielle Verhältnisse 44 3; 45 2 – Kenntnisse und Erfahrungen 43 7; 45 2; 59 6 – Richtigkeit, Vollständigkeit 43 13 – Verstoß 44 Abs. 1 – Verweigerung von Informationen 44 6 – siehe Informationseinholung, siehe auch Informationseinholung Informationspflicht 38 4, 25; 40 10, 38, 48; 59 14, 18; 61 1; 75 21, 26 – Beratungspflichten 38 27 – Privatkunde 40 60 – professionelle Kunden 40 61 Innenprovision siehe Vorteile Insiderinformation 24 11 – persönliches Geschäft 24 2 Insiderinformationen 17 14, 15; 64 19, 23; 67 11 – Marktmanipulation 24 9 Insolvenz 75 15; 81 10; 88 2 Insolvenzbestimmungen 79; 80 1 Insolvenzdatei 89 1 Interessenkonflikt 39 5, 9, 23; 55 12; 56 3; 57 2; 69 2 – Einladungen 35 26 – Erkennen 35 8 – Vorteile 39 5 Interessenkonflikte 24 3; 34; 38 23; 39 21; 55 10 – Compliance 34 4 – Dokumentationspflichten 35 31 – Finanzanalyse 37 1
Stichwortverzeichnis – Leitlinien 35 – Offenlegen 35 28 – Vermeiden 35 12 – Vertraulichkeitsbereiche 35 16 – Vorteile 39 19 Interessenkonflite – Retrozessionen 39 14 Interne Revision 15 15 interne Revision 17 5, 6, 10 Interne Revision 20 – Anforderungen 20 6 – Anzeigepflicht 20 2 – Aufgaben 20 26 – Auslagerung 20 17, 20, 25 – Berichterstattung 20 31 interne Revision – Berichtspflicht 17 8 Interne Revision – Berichtspflicht 20 31 interne Revision – Funktionen 15 17 Interne Revision – Kreditinstitute 20 5, 8, 11, 24 – Maßnahmen 20 29, 30 interne Revision – Mischverwendung 17 10 Interne Revision – Revisionsplanung 20 23 – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 15 9; 20 11 – Versicherungsunternehmen 20 22 interne Revision – Wertpapierdienstleistungsunternehmen 15 18 Interne Revision – Wertpapierdienstleistungsunternehmen 20 3, 21 – Wertpapierfirma 20 18 – Wertpapierfirmen 20 25 – Zusammenlegung von Funktionen 20 12 Irrtum 39 32; 40 69 Jahresabschluss – Umfang 93 17 Jahresabschlussprüfung 73 – Abschlussprüfer 73 8; siehe Abschlussprüfer
1013
Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – –
Adressatenkreis 93 24 Berichterstattung 73 14 Durchführung der Prüfung 73 10 Erstellung des Jahresabschlusses 73 5 Geldstrafe 95 14 Prüfung des Jahresabschlusses gemäß § 73 Abs 3 73 8 Prüfungsgegenstände 73 10 Prüfungsumfang 93 15 Übermittlungspflicht 93 22 Vorlagepflicht 73 2, 16
Kanäle 65 12 Kapitalanlagegesellschaften 2 7 – Ausnahmen 2 7 Kapitalgesellschaft 3 4; 5 6; 79 1; 92 2 Kick back – Retrozessionen 39 13 Kleinanlager siehe auch Privatkunde Kleinanleger 1 22; 40 2 Konkurs 75 5, 15, 16; 80 1, 3, 4, 5, 6, 7, 8; 85 1; 88 2, 6 – Altforderungen 84 1 – Aufsichtsperson 82 1 – Neuforderungen 84 1 – Rücknahme 79 2 Konkursantrag 88 2 Konkurseröffnung 81 8; 88 5 – Aufsichtsperson 82 1 – Verfahren 81 9; 84 7 Kontaktstelle 97; 97 1 Kontrolle von persönlichen Geschäften 35 19 Konzernabschlussprüfer 93 12 Konzession 1 31; 3 3; 79 2; 92 17 – Anfangskapital 3 5 – Anlageberatung 3 3 – Annahme und Übermittlung von Aufträgen 3 3 – Datenbank 92 18 – Entzug 92 17 – Entzug einer Konzession 10 46 – Erbringen von Wertpapierdienstleistungen ohne erforderliche Berechtigung 94 2 – Geschäftsleiter 3 6 – Halten von Geld 3 13
1014
Fett = §§, mager = Rdn – – – – – – – – – – – – –
Konzessionserteilung 99 2 Konzessionsverfahren 3 15 Konzessionsverlust 75 4 Konzessionsvoraussetzungen 3 4 konzessionswidriges Handeln 75 9 MTF 67 5 multilaterales Handelssystem 3 14 Portfolioverwaltung 3 3 qualifizierte Beteiligte 3 12 Rechtsform 3 4 Rücknahme 5 5; 38 33 Satzung 3 11 Überleitung von Konzessionen 3 18 – Veröffentlichung durch FMA 92 17 – vertraglich gebundener Vermittler 1 31 – Zurücklegung 5 9 Konzessionspflicht 3 3 Kosten der FMA 90 Kostenpflichtige 90 2, 7 – Auskunftspflicht 90 9 Kostenvorschreibung 90 6 Krditinstituten 1 29 Kreditinstitut 2 14; 15 2; 84 11 – Finanzdienstleistungsassistenten 2 14 – Zweigstellen 15 6 Kreditinstitute 15 22; 17 5; 19 7, 8; 20 11; 38 11; 64 4; 66 5, 7; 72 1; 91 1 – Interne Revision 20 5, 8, 31 – vertraglich gebundener Vermittler 28 1 Kreditrisiko 9 6 Kunde 1 22 – Klassifizierung 61 – Portfolioverwaltung 40 51 – Privatkunde 1 22; 61 – professioneller 1 22 – professioneller Kunde 40 50; 61 Kunden 1 22; 71 6 – Berichtspflicht 49 4, 6, 9, 10; 50 5 – Einstufung 58 19; 59 16 – geborene 58 12 – geeignete Gegenpartei 58 – gekorene 58 12 – Hinweispflicht 58 20 – Klassifizierung 58 5; 59; 60 10
Fett = §§, mager = Rdn – Privatkunden 41 24; 42 8; 49 4, 10; 50 5; 52 16; 53 3; 54 Abs. 1, 1, 3; 69 14; 71 1 – prof Kunden 69 14 – Professionelle Kunden 42 11 – professionelle Kunden 44 2; 49 6, 9; 50 5; 53 3; 58; 60 2; 70 3; 71 1 – professioneller Kunde 59 13 – Umschreibung 58 10 – Umstufung 58 21 – siehe geeignete Gegenpartei Kundenauftrag 71 7 – Bearbeitung 55 – Kundenlimitaufträge 55 2 – Verfahren 55 9 – Zusammenlegung 56; 57 Kundenaufträge 55 Kundenbeschwerde 17 1, siehe auch Beschwerde Kundenfinanzinstrumente 30; 51 1 – Berichtspflicht 51 – Hinterlegung 30 – Informationen über Schutz 40 59 – Verwendung 32 Kundengelder 31 – Berichtspflicht 51 – Informationen über Schutz 40 59 Kundenklassifizierung 58 5; 61 1 – Umstufung 58 21 Kundenvermögen 29 – Verpflichtungen 29 7 Kundenvermögen, Schutz des 29 – Aufzeichnungspflichten 29 7 – Verstoß 29 12 Kursofferte 69 4, 8 Kursrisiko 40 57; 63 23 Lamfalussy-Verfahren 49 2 Lamfalussy-Verfahrens 39 3; 43 1 Limitauftrag 1 35 – Veröffentlichung 55 2 Liquider Markt 69 6 Market Maker 1 21; 2 5; 65 1 Marketingmitteilungen 36 9; 40 63 – Erkennbarkeit 41 22 – Finanzanalyse 36 9 Marktakteur 38 11
Stichwortverzeichnis Marktakteure 1 17 Marktbedingungen 55 2, 4, 11; 69 8, 10, 15; 70 4; 71 7; 72 1 – außergewöhnliche 69 15 – vorherrschende 69 10 Marktmanipulation 24 9; 64 19, 23; 67 11 – Insiderinformationen 24 9 Meldefelder 64 32 Meldepflicht – Austausch von Informationen 64 80 – meldepflichtige Institute 66 4 – Verordnung der FMA 64 86 – Verzeichnisse der Mindestaufzeichnungspflichten 66 6 Meldepflichten – Geschäfte 64 3 – meldepflichtige Finanzinstrumente 64 14 – meldepflichtige Institute 64 4 – meldepflichtige Instrumente 64 22 – mutilaterales Handelssystem 67 16 Meldepflichtige Finanzinstrumente 64 14 meldepflichtige Institute – Verzeichnisse der Mindestaufzeichnungspflichten 66 6 Meldeverpflichtung 64 19 Meldung 64 24; 93 34, 38, 39 – über Dritte 64 30 – Execution of a Transaction 64 26 – Form und Inhalt 64 24 – Geldstrafe 94 9 – Meldefelder 64 32 – Verletzung 93 42 Meldungen – Meldekanäle 64 30 Mindestvolumen 68 10, 16; 69 9 Mischverwendung – Zusammenlegung von Funktionen 17 10 Mitarbeiter 17 7 – Arten 24 – für eigene Rechnung 35 19 Mitarbeitergeschäft 23, siehe persönliches Geschäft Mitarbeitervorsorgekassen 2 8
1015
Stichwortverzeichnis Mitgliedstaaten 78 1 – Anlegerentschädigung 78 1 – behördliche Zusammenarbeit 97 2, 3 Mitverschulden 38 45 Multilaterales Handelssystem 1 18 multilaterales Handelssystem 1 19; 3 14; 55 4 Multilaterales Handelssystem 64 11 multilaterales Handelssystem 64 30; 65 2, 4, 7, 12 – Anforderungen für Betreiber 67 12 – Grundsätze 67 7 – Handelssystem 55 5 – Konzession 3 14; 67 5 – MTF 13 10 – Nachhandelstransparenz 68 Multilaterales Handelssystem – Nachhandelstransparenz für MTF 68 multilaterales Handelssystem – Pflichten des Emittenten 67 18 – siehe Nachhandelstransparenz für MTF Nachforschungspflichten 93 39 Nachhaftung des Versicherers 4 8 Nachhandelstransparenz 64 83; 65 – Handelstransparenzausnahmeverordnung 65 22 – zu veröffentlichende Daten 65 8 Nachhandelstransparenz für MTF 68, siehe Vorhandelstransparenz für MTF Nachweispflicht 52 20 Negativmeldungen 93 35 Neuforderungen 84 1 nicht komplexe Finanzinstrumente 46 3 nichtdiskretionär 1 18 Niederlassung 1 23 Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit 12 – Wertpapierdienstleistungsunternehmen 4 3 Niederlassungsfreiheit siehe Dienstleistungsfreiheit Nitfallplanung 25 28 Notfallplan 25 28 Notfallplanung 17 16
1016
Fett = §§, mager = Rdn Offenbarung vertraulicher Tatsachen 94 6 Offenlegen – Interessenkonflikte 35 28 Offenlegung 6 14; 7 11; 35 10; 39 22, 23; 41 32 – von Interessenkonflikten 35 10 – von Treuhandbeziehungen 6 14 – Vorteile 39 21 Offenlegungspflicht 36 12; 39 32 – Missachtung 39 32 Offenlegungspflichten 28 6; 75 34 Offenlegungsverpflichtung 36 12 Optionen 1 14 Orderausführung 35 23, siehe Ausführung Orderbuchhandelssystem 55 4; 68 4 Organisation 15; 17 2 Organismus für gemeinsame Anlagen 31 3; 40 58; 49 15 § 40 Rz 63 41 13 parallel running 24 11 Pensionskassen 2 8 Person – relevante 23 2; 55 13 – relevante Person 23 4 Personengesellschaft 4 5; 28 13 Personengesellschaften 19 4; 28 3 – Defintion 28 3 Personengsellschaft 1 32 Persönliches Geschäft 23 1; 24 1 persönliches Geschäft 24 24; 37 7 Persönliches Geschäft – Arten 24 – Beobachtungs- und Sperrlisten 24 25 – Definition 23 1 persönliches Geschäft – für eigene Rechnung 35 19 Persönliches Geschäft – Generalklausel 24 15 – Handel außerhalb des Aufgabenbereichs 23 10 – Handel für Rechnung bestimmter anderer Personen 23 7 – Insiderinformationen 24 2 – Kontrolle 24 1
Fett = §§, mager = Rdn – relevante Person 23 4 – Vorkehrungen 24 17 Pflicht zum Einholen von Information 43 7 Pflicht zur Vorlage 74 4 Portfoliogeschäft 65 10; 70 6 Portfoliogeschäfte 50 12 Portfolioverwaltung 3 3; 39 20; 45 1, 5; 52 6; 75 2 – Anlageberatung 45 1 – Eignungsprüfung 44 Abs. 1, 7; 45 5 – geeignete Gegenpartei 60 6 – Informationen f. K. 40 51 – Konzession 3 3 – Privatkunde 40 51 Portfolioverwaltungsdienstleistungen 52 6 Portofolioverwaltung – Beratungspflichten 38 27 Privatkunde 1 22; 17 19; 38 24; 41 12; 52 12; 53 3 – Durchführungspolitik 52 11; 54 Abs. 1 – Informationen für 41 12 – Kundenklassifizierung 58 5 – professionelle Kunden 50 5 Privatkunden 16 2; 17 20; 32 1; 40 49, 53, 55; 41 6; 42 8; 50 7; 52 16 – Bearbeitung der Beschwerden 17 19 – Berichtspflicht 49 4, 10 – Beschwerde 17 20 – Informationen für 41 6, 24 – Rechtzeitigkeit 42 8 Privatkunden als 40 59 Professionelle Kunden 42 11 professionelle Kunden 50 6; 53 3 Professionelle Kunden 58 professionelle Kunden – Anlageberatung 44 3 – Berichtspflicht 49 6, 9; 50 5 – Einstufung 58 19; 59; 59 13, 16 – geborene 58 12, 13; 60 2 – gekorene 58 12; 60 2 – Kundenklassifizierung 58 5 Professionelle Kunden – Rechtzeitigkeit 42 11 professionelle Kunden
Stichwortverzeichnis – Umschreibung 58 10 – Umstufung 58 21 Professionelle Kunden siehe Kunden professionelle Kunden relevant 40 59 professioneller Kunde 1 22; 38 24 Professioneller Kunde 58 19 professioneller Kunde – Einstufung 61 – Hinweispflicht 58 20 – Informationen für 40 50 Professioneller Kunde – Klassifizierung 58 19 professioneller Kunde – Klassifizierung 59 13 Provision – Anlageberatung 39 17 Prüfung von Zweigstellen und Repräsentanzen 98 1 Prüfungsbericht 73 1; 74 4, siehe Anlage zum Prüfbericht, Jahresabschlussprüfung Prüfungsorgane der FMA 92 15 Prüfungspflichten 93 39 Prüfungsvermerk 93 31 qualfizierter Geldmarktfond 31 3 qualifiziert – qualifizierte Beteiligung 1 26 qualifizierte Beteiligung siehe Beteiligung qualifizierter Geldmarktfond 29 8; 31 1, 4 Quotes 70 5 Quotierung 69 20 – auf Anfrage 69 20 Quotierungen 68 4; 69 3, 16 Quotierungsgröße 70 7 Quotierungspflichten 55 3 Rahmenbedingungen 67 9 Rahmenvereinbarung 47 2 – Anlageberatung 47 2 Rechnungslegung 73 Rechtsmittel 92 2; 96 2 Rechtsmittelbeschränkungen 88 7 Rechtsverletzungen ausländischer Rechtsträger 101 1
1017
Stichwortverzeichnis Rechtsverletzungen österreichischer Rechtsträger im Ausland 101 6 Regierungskommissär 81 7; 92 4 – Aufsichtsperson 82 2, 5 – Auswahlkriterien 92 4 – Befugnisse 92 5 relevane Personen 23 5 relevante Person 1 32, 38 Relevante Person 23 9 relevante Person 37 3 – für eigene Rechnung 35 19 – Person 23 4 – persönliches Geschäft 23 2 Relevante Person – persönliches Geschäft 24 1 relevante Personen 1 32; 15 14; 18 37; 24 5 Relevante Personen 24 11 Repräsentanz 12 9 Repräsentanzen 92 16; 98 1 Retrozessionen 39 1, 13 Revision siehe Interne Revision Richtigkeit, Vollständigkeit – Aktualisierung 43 13 Risikohinweise 40 56, 57; 41 29; 47 3 Risikomanagement 17 4; 19 – Berichtspflicht 17 8; 19 17 – Mischverwendung 17 10 – Policy 19 10 – Risiko-Management-Funktion 15 15; 19 14 – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 15 9 – Wertpapierdienstleistungsunternehmen 15 18 – Zusammenlegung von Funktionen 20 12 Risikomanagement-Funktion 17 10 – Funktionen 15 17 Risiko-Management-Funktion – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 19 14 Rücknahme 5 5 – obligatorisch 5 5 Rücknahme der Konzession – fakultativ 5 1 – Fakultativ 5 1 – Konzession 5 1 Rückvergütungen – Retrozessionen 39 13
1018
Fett = §§, mager = Rdn Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse 59 6 Sammelkonto 29 8; 32 2 scalping 24 13 Schadenersatz 29 12; 38 35; 40 36; 75 7 Schadenersatzanspruch 59 3 Schadenersatzansprüche 22 2; 39 20, 30; 62 16 Schadenersatzpflicht 21 4; 38 39; 75 9 – deliktische 21 4 Schadenminderungsobliegenheit 38 45 Schulderschreibungen 1 11 Schuldtitel 1 11 Schwellenwert 50 12, 15 Schwellenwerte 65 23, 27 Sekundärinsider 24 10 Simulationen 41 39 Sonderbeiträge 76 8, siehe Beitragspflicht zur Sicherungseinrichtung Sondermasse 85 6; 86 1 Sondervermögen 76 12 Sorgfaltspflicht – Anzeigepflichten 6 18 – Bewilligungspflicht 6 2 – Ferngeschäfte 6 11 – Geldwäscherei 6 7 – Geschäftsleiter 6 4 Sorgfaltspflichten 6 4 Spaltungen 6 2 Spesenreiterei 39 20 Standard Compliance Code 66 7 Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft 24 18 Standardmarktgröße 69 17 Strafbarkeit 95 2 Strafbestimmungen 94–96 Straftatbestand 94 2 Stundung 84 2 – Verfahren 84 7 Swaps 1 14 systematische Internalisierer 1 20; 69 – Kursofferte 69 4 – nicht-diskretionärer 1 20 – Rechte und Pflichten 69 3
Fett = §§, mager = Rdn systematischer Internalisierer 55 3; 65 2; 69 26; 72 1 – Allgemeine Geschäftsbedingungen 71 – Ausführung von Kundenaufträgen 70 Tagesumsatz 65 20, 23; 68 10, 16; 69 23, 25 Teilausführung 70 7 Teilunwirksamkeit von Wertpapierdienstleistungsgeschäften 94 4 Termingeschäft 64 15 Terminkontrakt 67 13 Terrorismusfinanzierung 6 7, siehe Geldwäscherei Treuhänder 11 18 – für ruhende Stimmrechte 11 18 Treuhand-Haftungsgesellschaft 75 3 Überleitung der Konzessionen 102 1 Übermittlungspflicht von Prüfberichten 93 22 Überschuldung 6 18; 81 3, 11; 84 10; 95 15 übertragbare Wertpapiere 64 16 Umsatzerlös 76 7 Umsatzerlöse 4 4; 76 17; 78 6 Umsatzerlösgrenze 15 19 Umschreibung – professionelle Kunden 58 10 Umstufung – Klassifizierung 58 21 – professionelle Kunden 58 21 Unerbetene Anrufe 62 5, 6 unerbetene Anrufe – Sanktionen 62 10 Unerbetene elektronische Post 62 8 – Sanktionen 62 10 unerbetene Fernkopien – Sanktionen 62 10 Unerbetene Fernkopien (Fax) 62 6 Unerbetene Nachrichten 62 – Sanktionen 62 10 unerlaubter Geschäftsbetrieb 25 7 ungebührliche Einflussnahme 35 25 unlauter iSd UWG 41 14
Stichwortverzeichnis unlautere Geschäftspraktiken 40 36; 62 14 Unternehmensgruppe 2 9, 10, 12 – Ausnahme 2 9 Unternehmensverbindungen 1 26 – Auslagerung 1 28 – Gruppe 1 28 – Kontrollbegriff 1 26 – Mutterunternehmen 1 26 – quaifizierte Beteiligung 1 26 – Tochterunternehmen 1 26 Untersagung der Geschäftsführungsbefugnis 92 3 Ürivatkunde – Zustimmung 32 1 Veranlagung 38 11 Veranlagung iSd § 1 Abs 1 Z 3 KMG 63 17 Veranlagungen 63 17 verantwortlich Beauftragter 95 10 verantwortliche Beauftragte 95 4 Verantwortlicher nach VStG 62 11 Verantwortlicher VStG 63 10 Verbraucher 40 11, 36; 42 10; 62 16; 85 5 Verbrauchergeschäft 5 10 Verbrauchergirokontoverträge 95 16 Verbraucherkredit 40 37 Verbraucherkreditverträge 95 16 Verbrauchern 38 47 Verbraucherschutz 38 3, 4 verbundene Unternehmen 75 28 Vereinigungen 6 2 Vergleiche 41 31 Vergütung 2 11; 18 35; 82 7; 92 8; 94 4 – Aufsichtsperson 82 7; 92 8 – Interessenkonflikte 35 21 Vergütungen 2 11 Vergütungsregelungen 35 21 Verhältnismäßigkeit 17 3, 11, 13; 18 36–42 – Interne Revision 20 11 – Wertpapierdienstleistungsunternehmen 15 18 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 15 9, 11, 12, 14; 17 11; 18 31; 19 14; 20 6, 15, 16
1019
Stichwortverzeichnis – – – – –
Berichterstattung 18 31 Compliance 18 36 Informationspflichten 40 42 interne Revision 20 6 Risiko-Management-Funktion 19 14 – Verhältnismäßigkeit 18 36–42 Verhältnismäßigkeitsprinzip 10 46; 11 14; 11 a 9; 15 13; 18 19 – Aufsichtsmaßnahmen 11 14 – Aufsichtsmittel 10 46 Verjährungsfrist 96 3 Verletzung der Meldepflicht 93 42 Vermittler 1 29 Vermittlung von Finanzinstrumenten 75 2, siehe Annahme und Übermittlung von Aufträgen Vermögensverwaltung 60 6, siehe Portfolioverwaltung Veröffentlichung durch FMA 94 8 – Überprüfung der Veröffentlichung 94 11 Veröffentlichung von Maßnahmen 92 12 Veröffentlichungen nach dem Handel 65 Veröffentlichungskanäle 65 12 Veröffentlichungspflichten der FMA 69 21 Verschmelzungen 6 2 Verschwiegenheitspflicht 7 1 – Adressat 7 1 – Aufsichtsperson 82 6 – Auslagerung 7 6 – Ausnahmen 7 8 – Gegenstand 7 3 – Verstoß 7 15; 94 6 – Verwertung 7 7 – Weitergabe 7 5 – Zustimmung des Kunden 7 9 Versicherungsunternehmen 2 2, 14; 15 4; 38 11 – Finanzdienstleistungsassistenten 2 14 – Haftung für 2 15 – Interne Revision 20 22 – vertraglich gebundener Vermittler 28 1
1020
Fett = §§, mager = Rdn vertraglich gebundene Vermittler 13 5, 8; 15 21 Vertraglich gebundener Vermittler 1 29 vertraglich gebundener Vermittler 1 29, 30 Vertraglich gebundener Vermittler 25 4 vertraglich gebundener Vermittler – Auslagerung 25 4 – Erfüllungsgehilfenhaftung 1 30 Vertraglich gebundener Vermittler – Exklusivität 28 16 – gewerberechtliche Voraussetzungen 28 11 vertraglich gebundener Vermittler – Haftung 1 29 – Konzession 1 31 Vertraglich gebundener Vermittler – Kreditinstitute 28 1 – Versicherungsunternehmen 28 1 vertraglich gebundener Vermittler – Wertpapierfirma 1 29 Vertraglich gebundener Vermittler – Wertpapierfirma 28 1 vertraglich gebundenes Vermögen 38 12 Vertragshaftung 38 37, 38 Vertraulichkeitsbereiche 35 18 vertraglich gebundener Vermittler – Kreditinstituten 1 29 Verursacherprinzip 90 4 Verwaltungsübertretung 94 2, 3 Verwertung vertraulicher Tatsachen 94 6 Verwertungsverbot von Daten 91 22 – Datenverarbeitung 91 22 Vier-Augen-Prinzip 10 7, siehe Geschäftsleitung, siehe Wertpapierfirma Vier-Säulen-Modell 76 3 Vorabzustimmungen 63 8 Vorhandelstransparenz 69 4, 16 – Ausnahmen 69 16 Vorhandelstransparenz für MTF 68 Vorlagepflicht 73 2, 16; 74 4; 77 1
Fett = §§, mager = Rdn Vor-Ort-Prüfungen 91 11 Vorrangregeln 35 23 Vorteile 34 3; 38 23; 39 25 – Annahme 39 29 – Ausnahmen 39 9 – Bagatellausnahmen 39 25 – Bestandsprovisionen 39 14 – Finanzanalyse 37 8 – Innenprovision 39 14 – Interessenkonflikte 34 3; 39 19 – Offenlegung 39 21 – Rechtsfolgen 39 26 – Verbot 39 2, 7, 8 Vorteilen 39 29 Wahrung der Interessen der Anleger 91 5 Waren 1 14; 2 12 – Ausnahme 2 12 Warenderivate 64 18 – Ausnahme 2 12 Warnelement 59 4 Warnhinweise 40 54; 41 34 Warnmeldungen 92 12 Warnpflicht 38 25; 44 6; 45 2, 4; 46 3; 52 16 Warnpflichten 46 2, 3 Warnung 41 34, 39; 45 4; 59 4 Website 1 37; 16 2; 42 13, 14 – dauerhafter Datenträger 16 2 – Informationen für Kunden 16 2 Weisung des Kunden 52 9, 16 Weitergabe 7 6 Weiterleiten von Daten 91 20 – Datenverarbeitung 91 20 Werbung 62 6; 75 22 – Haustürwerbung 63 7 – siehe auch Marketingmitteilungen Wertentwicklungen 41 40 Wertpapierdienstleistung 38 13 Wertpapierdienstleistungen 1 25; 12 4; 94 4 – Angemessenheit 43 – Auslagerung 19 12 – Eignung 43 – Erbringen von Wertpapierdienstleistungen ohne erforderliche Berechtigung 94 2
Stichwortverzeichnis Wertpapierdienstleistungsunternehmen 2 14; 4 1, 3; 10 1; 15 21; 75 4; 84 11; 91 1; 93 14 – Anlageberatung 4 3 – Annahme und Übermittlung von Aufträgen 4 3 – Anzeigepflicht 4 9 – Berufshaftpflichtversicherung 4 6 – Eigenkapital 9 13, 14 – Finanzdienstleistungsassistenten 2 14 – Inland 4 3 – Interne Revision 20 3, 4, 21 – Jahresabschlussprüfung 74 1 – Mindesthaftungssumme 4 7 – Mindestinhalte 4 8 – Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit 4 3 – Organisatorische Erleichterungen 15 8 – Verhältnismäßigkeit 15 18 Wertpapierdienstleitungsunternehmen 38 11 Wertpapiere – Handelbarkeit 1 11 – übertragbare 64 16 Wertpapierfinanzierungsgeschäft 1 38; 32 3; 64 3; 65 5 Wertpapierfinanzierungsgeschäfte 32 1; 51 4 Wertpapierfirma 1 29; 2 14; 3 2; 10 1; 12 1; 38 11; 64 11, 30; 72 1; 73 2; 75 2, 15; 84 11; 91 1; 93 14 – Anlegerentschädigungseinrichtung 75 2 – Finanzdienstleistungsassistenten 2 14 – interne Revision 20 18 – Jahresabschlussprüfung 73 17 – Konzessionspflicht 3 3 – Konzessionsverfahren 3 15 – Konzessionsvoraussetzungen 3 4 – Mitgliedstaaten 12 1 – aus Mitgliedstaaten 97 2 – Überleitung von Konzessionen 3 18 – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 15 9 – vertraglich gebundener Vermittler 28 1
1021
Stichwortverzeichnis Wertpapierfirmen 3 – Eigenkapital 9 14 – Interne Revision 20 25 – Zweistellen 15 5 Wertpapiernebendienstleistung 38 13 Wertpapiernebendienstleistungen 1; 37 1 – Anlageempfehlung 1 9 – Devisengeschäfte 1 9 – Finanzanalyse 1 9 – Verwahrung 1 8 – Verwaltung 1 8 Wesentliche betriebliche Aufgaben siehe Auslagerung Widerruf der Zulassung eines Finanzinstruments 91 15 Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes 92 10 Wiederholungen in Berichten 93 20 Wohlerhaltenregeln – und Zivilrecht 38 7 Wohlverhaltensregeln 17 5; 38 1; 40 10, 23, 32; 48 5; 58 6, 11, 19 – Beratungspflichten 38 27 – Generalklausel 38 15 – Informationspflicht 38 4 – Informationspflichten 38 24 – persönlicher Anwendungsbereich 38 11 – sachlicher Anwendungsbereich 38 13 – Sanktionen 38 33 Zahlungsunfähigkeit 6 18; 81 3, 11; 84 10; 95 15 Zurücklegung – Abwicklung 5 10 – Folgen 5 11 – Übertragung 5 10 Zurücklegung der Konzession 5 9 Zusammenarbeit der FMA mit anderen Verwaltungsbehörden 91 6 Zusammenarbeit mit anderen Behörden 91 6, 13
1022
Fett = §§, mager = Rdn – Ablehnung der Zusammenarbeit 99 1 – Informationsaustausch 97 – Kontaktstelle 97 – Konzessionserteilung 99 2 zusammengesetzte Finanzinstrumente 40 55 Zustimmung 62 7, 9; 87 1 Zustimmung der Aufsichtsperson 85 5 Zustimmung der FMA 26 5 Zustimmung des Kunde 29 6 Zustimmung des Kunden 7 9; 25 27; 32 1; 52 18; 53 2; 62 7 Zustimmungserfordernis 53 2 Zuverlässigkeit 3 8, 9, 12, 16; 10 13 Zwangsausgleich 80 3, siehe Ausgleichsverfahren Zwangsstrafe 92 10 Zwangsstrafen 6 19 Zweigniederlassung 12 20; 34 11; 38 11 – Abschlussprüfer 14 10 – Abschlussprüfung 14 10 – Anlagetätigkeiten 1 25 – Beaufsichtigung 12 12 – Doppelbeaufsichtigung 12 18 – Firmenbuch 8 6, 11 – vertraglich gebundene Vermittler 13 5, 8 – Vor-Ort-Ermittlungen 12 23 – Wertpapierdienstleistungen 1 25 – Zweigstelle 14 8 – Zweigstellen 15 5, 6 Zweigniederlassungen 64 5 – Notifizierungsverfahren 13 5 – Zweigstellenerrichtung 13 9 Zweigstelle 1 25; 12 20; 64 84; 66 5; 72 1; 78 9; 91 1; 92 16, 18; 101 1, 3 – Europäischer Pass 12 7 – Herkunftsmitgliedstaat 12 20 – Prüfer 93 10 – Tätigwerden 12 9 – Zweigniederlassung 1 25 Zweigstellen 6 18