'ftc; in dem Sinn, daß der zitierte Text den Rang der (heiligen) Schrift hat33 • Clemens würde also die Did. als YQaq>ft bezeichnen, - vorausgesetzt, daß überhaupt Did. und nicht etwa der selbständige Wegetraktat in irgendeiner seiner Versionen gemeint ist. Indessen hat bereits 1913 O. Stählin Bedenken gegen diese Auffassung angemeldet34 • Mit YQaq>ft sei Joh. 10,8 (J'tavuc; öom ~A.60v [3tQo EJA.O'Ü) XAE3ttaL doiv xai Anatal) gemeint und das folgende
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Il~ YLVOU "'EUotTl~ btELÖ~ 6ö'lYEl tO "'E'ÜOJ1Q d~
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Jr()ÖPT)v xAo3tTJV ... Nach Muilenburg, Literary Relations, 33 f. soll Clemens ein jüdisches Apokryphon zitieren,
das Did. 3,1-6 zugrunde liege. Vgl. Robinson, Bam. Henn. and the Did. 62; ders., Bam. and the Did. 242; Vokes, Riddle, 76. 33 So zuerst Bryennios Jry'; dann Hamack, Proleg. 15; ders., Apostellehre, 22; Jacquier, 110, Anm. 4; Schaff, 114 ( .. an inspired book in a wider sense-); vgl. 121; Hemmer, XVIII; Knopf, 15; Rordorf-Tuilier, 97, Anm. 6. J4 ZNW 14, 1913,271 f. 35 272. 36 Wieder bestritten vonJ. E. L. Oulton,JThS 41,1940, 177ff., aber nicht zwingend.
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§ 2 Bezeugung der Didache
Es ist immer wieder vermutet worden, daß Cl. Alex. über strom. I, 20, 100, 4 hinaus Did. zitiert oder anzeigt, daß er mit der Did. vertraut ist. Vgl. (bes. weitgehend): F. R. M. Hitchcock, JThS 24, 1923, 397ff. In Frage kommt nur das bei Giet, 36, Anm. 96 und Rordorf-Tuilier, 125, Anm. 1 genannte Material. (1) Einige Stellen, an denen Cl. Verbotsreihen zitiert, erinnern an Did. 2,2: "ou CPOVEUOEl~, ou ~OlXEUOEL~, OU 1taLÖOqrltOQ~OEL~, OU XAt\VEL~, ou 'PEuÖo~aQ'tUQ~oEL~ ... " protr. X, 108,5 (GCS 13, 77); "ou 1tOQvruOELC;, ou •.IOLXruOEL~, ou 1taLÖOqrltOQ~OEl~ ... " paed. 11, 10,89, 1 (GCS P, 211); "ou ~OLXruoEL~, oux ElöooAoAa'tQ~oEL~", ou 1taLÖoq>{}oQ~OEl~, "ou xAt'VEL~, ou 'Pruöo~aQ'tUQ~oEL~ ... ce III, 12, 89, 1 (GCS 13, 285); 'to ~Ev "ou ~OlXEUOEL~" xai. "OU 1taLÖOqrltOQ~OEL~" xai öoa El~ tyx{)clULaV ou~ß6:UEtaL ... strom. III, 4, 36, 5 (GCS IP, 212). Hier ist das in den biblischen Dekalogen fehlende 1taLÖo~'tat; ö'1taat xai 'riJv ~Ev xaAouv'tooV ..
To
Zitat nahmen an: Hemmer, XVIII; Schaff, 116. Natürlich kann man nicht ausschließen, daß Orig. unbewußt zitien. 39 Noch ferner liegt Dionys. Alex. (?) bei Joh. Damasc. Sacra par. 33 (PG 96,320 A). 40 Die Berührungen zwischen Orig. homo 6,2 in Iudic. (Lommatzsch, XI, 258) und Did. 9,2 gehen nicht auf literarische Abhängigkeit zurück (so Hemmer, XVIII; Schaff, 116), sondern auf die gemeinsame Sprache der Liturgie. - Nach Adam, Herkunft, 48 sollen die Ps. Clem. ep. ad virg. von Did. abhängig sein. Adam meint, Ps. Clem. ep. ad virg. I, 11,8 (Duensing, 176) sei "bewußte 37
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2. Zitate aus der altkirchlichen literatur
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Aus der Zeugenreihe können ziemlich sicher die liturgischen Texte ([Ps.] Athan. de virg. 13, ed. v. d. Goltz, TU. N. F. 14,2a, 1906,47 erinnert an Motive von Did. 9,3f. 41 ; Serapion von Thmuis, EuchoI. XIII, 13, ed. Funk, Didasc. et Const. apost. 11, 1906, 174 erinnert an Did. 9,4 42 ; Pap. Der Balizeh, 11 v. lin. 3ff., ed. Roberts-Capelle, Euchologium, 1949,26 bzw. van Haelst, EThL 45, 1969, 449 erinnert an Did. 9,2.4 und vielleicht auch an 10,5)43 ausgeschieden werden. Sie illustrieren zwar in höchst willkommener Weise einzelne Wendungen der didachistischen Gebete, sind aber selbst schwerlich von Did. abhängig. Die Übereinstimmungen werden vielmehr auf gemeinsame liturgische Tradition zurückgehen. b) Die lateinischen Testimonien setzen mit einem interessanten Beleg ein: Ps. Cypr. de aleat. 4 (CSEl 3,3,96): et in doctrinis apostolorum: si quis frater delinquit in ecclesia et non paret (v. I. apparet) legi, hic nec colligatur (v. I. colligitur), donec paenitentiam agat, et non recipiatur, ne inquinetur et inpediatur oratio uestra 44 • Der Text erinnert an Did. 14,2 bzw. 15,3 45 . Daß der unbekannte Verfasser der pseudocyprianischen Schrift46 wirklich Did. zitiert, wird durch die ausdrückliche Nennung der Schrift nahegelegt47 . Wir haben es Entgegnung auf Did 11,11". Schwerlich richtig. - Zu der Frage des Stichwones XQlO'ttJ.UtOQO~ und die damit zusammenhängenden Vermutungen über etwaige Did.-Zitierungen s. u. zu Did. 12,5. Funk hat seinerzeit (ThQ 74, 1892. 522) noch auf eine Stelle in der lat. Passio beati Phileae episcopi de civitate Thmui hingewiesen (3 fin.): dicit enim sacra et diuina scriptura: Diliges Dominum Deum tuu" qui te Jecit (Musurillo. The Am of the Christian Manyrs, 1979, 346). Inzwischen ist eine griechische Version der Akten in Pap. Bodm. XX aufgetaucht (Musurillo, op. cit. XlVIf.), die leider gerade an der Parallel-Stelle eine lücke aufweist. Zl. 14 u. Zl. 15 init. könnten aber (wie Martin ergänzte) geboten haben: aya3t1iOEl~ xv tav 6v ö~ OE I btOL'lOEV. Vgl. Musurillo, 338. Der griechische Text stammt vom Anfang des 4. Jhdts. (Musurillo, XLVII). Zitien ist natürlich Dt. 6,5, doch um jenen Zusatz erweitert (qui te Jecit), der sinngemäß auch in Did. 1,2 auftaucht. Der gleiche Zusatz übrigens auch schon lust. apo!. I, 16,6 (vgl. oben Anm. 30). Da wie don ist auf Derivation aus der Did. nicht zu schließen. Altaner. Doctrina, 337f. 4\ Nach Maclean, Introd. XXVI; Hemmer, XIX; Muilenburg, literary Relations, 39 und Vokes, Riddle, 73 f. u. ö. soll Bekanntschaft mit Did. vorliegen. Adam, Herkunft, 34: Did. 9,3 f. soll als Tischgebet gesprochen werden. 41 Abhängigkeit von Did. postulienen: Maclean, Introd. XXVI; Creed, Did. 374; Vokes, Riddle, 73 f. u. ö.; van Haelst, EThl 45, 1969, 451. 4) van Haelst denkt an Zitation der Did.: op. cit. 449.451. Vgl. auch noch Cypr. ep. 63,13 (CSEl 3,2,712) und 69,5 (754). 44 Das Zitat in der ed. gespern. 4J Vgl. die Synopse auf der Tafel!. - Daß der Text auch an 4,14 erinnen (Harnack, Proleg. 20 f.; Rordorf-Tuilier, 80), glaube ich nicht. 4& Zu der früher sehr umstrittenen Schrift vgl. Bardenhewer, 11, 496ff.; H. Koch, Zur Schrift adt'ersus aJeatores. in: Festgabe K. Müller, 1922. 58 ff.; Altaner-Stuiber. t 77: .. eine vulgär-lateinische Predigt gegen das Würfelspiel ... Verfasser ist vielleicht ein katholischer Bischof in Afrika. der etwa um 300 schreibt ... 47 Der ausgehobene Text steht im Rahmen einer Zitatenreihe. C. 4 zitien zuerst Texte aus den Pasloralbriefen. leitet mit et iterum ein Zitat aus 1. Kor. 5.11 ein; es folgt alio loco ein Zitat unbekannter Herkunft; dann kommt nach der Einführung et in doctrinis apostolorNm unser Did.Ziut. Darauf folgt et apostolus iterum dicit mit Zitat aus 1. Kor. 5.13. Den Abschluß bildet ein Corollar, das auf die multorum testium unitas et consonans monitio hinweist. Daraus folgt: doctrina
22
S2
Bezeugung der Didache
freilich mit einem freien Zitat zu tun, bei dem die heiden Stellen 14,2 und 15,3 konfundiert sind 48 • Das Zitat ist ein willkommener Beleg für die Existenz einer lateinischen Übersetzung der Did. (nicht nur des Wege-Traktats!) um 300 (in Afrika?), zusätzlich zur Mitteilung des Titels: doctrinae apostoLorum 49 •
Tafel I Did.14,2
Did.15,3
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de aleat.
si quis frater delinquit in ecclesia et non paret legi, hic nec colligatur donec paenitentiam agat, et non recipiatur, ne inquinetur et inpediatur oratio uestra.
Im Jahre 1914 edierte R. Reitzenstein die ps. cypr. Schrift de centesima, sexagesima, tricesima so , die auf einen nordafrikanischen Anonymus aus dem 4.Jhdt. zurückgehen dürfte 51 • C. 14 (p.79, lin. 132-135) liest man: et aLio in Loco scriptura haec testatur et admonet dicens: "Si potes quidem, [iLi, omnia praecepta domini /acere, eris consummatus; sin autem, uel duo praecepta, amare S2 dominum ex totis praecordiis et simüem tibi quasi (te ipsum)". Es könnte
apost. galt dem Verf. (vermutlich ohne viel Reflexion) als apostolische Schrift mit apostolischer Autorität. 48 Irgendwelche Konsequenzen für den Text der Did. ergibt das freie und konfundierende Zitat nicht. 49 Daß eine lateinische Übersetzung der Did. zitiert ist, 14,2 sicher, 15,3 vielleicht, vertrat auch Altaner, Doctrina, 340. 50 ZNW 15, 1914, 60ff. (die ed. 74ff.). Vgl. PL Suppl. I, 53ff. (mit textkritischen Anmerkungen von de Bruyne). 51 Reitzenstein dachte an einen gnostisierenden Verfasser, der gleichwohl der Großkirche angehört haben soll (68). D. de Bruyne, ZNW 15, 1914, 280ff. dachte an das 3.Jhdt. (Abhängigkeit von Cyprian). H. Koch, ZNW 31,1932, 248H. versuchte, die literarische Abhängigkeit von Cyprian zu erweisen (Nordafrika, 4.Jhdt.). J. Danielou, Vig. ehr. 25, 1971, 171 H.: ein afrikanischer Traktat judenchristlich-enkratitischer Provenienz vom Ende des 2. Jhdts. Vgl. dagegen die Argumente bei A. P. Orbin, Vig. Chr. 30,1976, 214ff., der die Schrift zwischen 251/257 und 383 ansetzt. AltanerStuiber, 178: Nordafrika, woh14.Jhdt. Quasten, 11, 372. 51 .. ama oder amabis?- Reitzenstein z. St.
2. Zitate aus der altkirchlichen Literatur
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hier Did. 6,2 zitiert sein S3 (worauf schon Reitzenstein hinwies)S4. Interessant (aber nicht überzubewenen) wäre dann die Qualifikation der Vorlage als scripturaSS. Problematisch ist Gesta apud Zenophilum S6 eSEL 26, 192: quosdam diligo super animam meam S7 , wo auf Did. 2,7 OÜ~ ÖE ciywttlaEI.~ \J1tEQ Tilv "",UXtlV aou angespielt sein soll. Aber es kann genausogut der Text des Zwei-Wege-Traktats zitiert sein s8 , - sofern überhaupt ein Zitat vorliegt. Wenn Optatus v. Mileve, contra Parmen. 1,21 (eSEL 26,23) schreibt denique inter cetera praecepta etiam haec tria iussio diuina prohibuit: non occides, non ibis post deos alienos, et in capitibus mandatorum: non facies scisma, so läge an und für sich für die letztere Wendung eine Anspielung an 1. Kor. 1,10 nahej indessen besteht eine größere Nähe zu Did. 4,3 ou 1tOl.tlaEL~ OXLa~a - ein Text, der freilich aus dem ZweiWege-Traktat stammtj vgl. Barn. 19,12 (textgleich)j Doctr.: non facies dissensiones S9 . Es könnte also auch hier sehr gut der lateinische Text des selbständigen Wege-Traktats zitien sein 60 • Wäre dann etwa .. capita mandatorum«61 eine der Bezeichnungen für ihn? Übrigens kehrt das Zitat in 111,7 (eSEL 26,88f.) wieder: non sacrificabis idolis idem deus locutus est et: non facies scisma et ... Und auffällig ist, daß das an den Wege-Traktat erinnernde Zitat durch deus locutus est eingeleitet wird. Vor irgend welchen voreiligen Schlüssen im Hinblick auf den Traktat - oder die Didache62 - wird man gleichwohl gefeit sein. 53
Did.6,2:
d
~tv yaQ öUvaoaL
de centesima: Si potes quidem, fili,
ßaotaoQl ö'Aov tOv tuyOv tOÜ KVQLOU, tV.ELO~ lon· d ö' ou 6waoal Ö
öUvn. toütO noLEl.
omnia praecepta domini facere, eris consummatus; sinautem, uel d"o praecepta ... etc.
Op.cit. 79. S5 Das Zitat der goldenen Regel in ihrer negativen Fonn 42 (p. 86, lin. 340 f.) geht natürlich nicht auf Did. (und auch nicht auf den tract. de duabus viis) zurück. Siehe zu Did. 1,2. 56 Bardenhewer, III, 494. Nach Altaner, Doctrina, 338 um 320 anzusetzen. 57 Item alia recitata: .. fratri Forti Sabinus in domino aeternam salutem! quae si: caritas, iuxta omnes collegas certus sum peculiariter; tamen secundum dei uoluntatem, qui dixit: quosdam diligo super animam meam, Siluanum te coluisse emus sum ... 58 Für Abhängigkeit von Did. trat Funk ein: Did. in d. afrik. Kirche, 603; vgl. ders., Kirchengesch. Abh. 11, 109. Altaner, Doctrina, 338 dachte an die lateinische Übersetzung des WegeTraktats und hielt "Abhängigkeit von Doctr. 2,7" für "sehr wahrscheinlich-. "Unwesentlich ist es für unsere Frage, wenn in den Acta Zenophili von Gon selbst die übergroße Nächstenliebe ausgesagt wird, während in der Doctrina die gleiche Weisung von den Aposteln bzw. Gott an den Menschen gegeben wird" (ebdt.). - Die lateinische Doctrina liest: quosdam amabis super animam tuam. Die Fassung bei Bam. (19,5) liegt diesmal ferner. 59 Den Plural ox(o~ata haben Can. und Const. 60 An ein Did.-Zitat dachte seinerzeit Funk, Did. in d. afrik. Kirche, 602; vgl. ders., Kirchengesch. Abh. 11, 109. Anders Altaner, Doctrina, 338, der an die lateinische Übersetzung des WegeTraktats dachte. Die Abweichung scisma statt dissensiones erklärte Altaner aus dem Anlaß der Schrift (Optatus polemisiert gegen das Schisma der Donatisten). 61 Auf den Wege-Traktat würde ein solcher Titel nicht übel passen. 62 Vgl. dagegen seinerzeit Funk, Did. in d. afrik. Kirche, 602; ders., Kirchengesch. Abh. 11, 109. 54
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§ 2 Bezeugung der Oidache
In welchem Maße Laktanz für die Kenntnis des Zwei-Wege-Traktats (oder sogar der Did.?) herangezogen werden kann, ist mir unklar. Divin. inst. VI, 3,1 (eSEL 19,485) heißt es: Duae sunt uiae per quas humanam uitam progredi necesse est, una quae in caelum ferat, altera quae ad inferos deprimat: quas et poetae in carminibus et philosophi in disputationibus suis induxerunt. Das Wege-Motiv bestimmt den ganzen folgenden Abschnitt VI,3f. (19,485ff.). Besonders zu vergleichen ist Inst. epit. 54 (59)ff. (eSEL 19,734ff.) und dazu Rordorf, Deux voies, 123f. Eine gewisse Motivverwandtschaft mit dem Traktat (z. T. bis in den Aufbau) kann man nicht leugnen. liegt literarische Abhängigkeit vor? Ein auffälliges Detail: non sit asper in filium neque in seruum: meminerit quod et ipse patrem habeat ac dominum (Inst. epit. 59[64],3, eSEL 19,744). Vgl. dazu Did.lDoctr. 4,10 und Barn. 19,7. - Die Stellen bei Commodian, instr. I, 22,15 (eSEL 15,28) und carm. apol. 699 (15,160) gehen dagegen schwerlich literarisch auf den WegeTraktat zurück 63 •
Ein problematisches Testimonium bildet Ep. Ps. Tit. Zl. 261 H. de Bruyne 64 : praeconante prudencia gesta futura hoc est quod mandat semper dicens: Fuge filiole, omnem malum et ab omne simile illi. Man erinnert sich an Did. 3,1 bzw. Doctr. 3,1 65 , so daß auch hier, wenn wirklich ein Zitat aus einer der beiden Schriften, Did. oder selbständiger Wege-Traktat, vorliegen sollte 66 , sehr gut der lateinische Text des Wege-Traktats zitiert sein kann 67 • Dagegen scheinen nun bei Augustinus wieder Belege (nicht für den WegeTraktat, sondern) für unsere Did. vorzuliegen. Augustinus zitiert in seinem Psalmenkommentar viermal die merkwürdige Sentenz vom "schwitzenden Almosen", die wir in Did. 1,6 finden: De alio enim dictum est: Omni petenti te da; et de alio dictum est: Desudet eleemosyna in manu tua, donec inuenias iustum, cui eam tradas enarr. in Ps. 102,12 (eChr. SL 40,1462); Sicut enim de illo qui te quaerit dictum est: Omni petenti te, da, sic de illo quem tu debes quaerere dictum est: Sudet eleemosyna in manu tua, donec inuenias iustum cui eam tradas enarr. 63 Altaner, Ooctrina, 337 sieht keine Abhängigkeit des Laktanz oder des Commodian vom Traktat gegeben. 64 Die Schrift stammt vermutlich aus dem 5. Jhdt. und dürfte in Spanien unter dem Eindruck der priszillianischen Bewegung entstanden sein. Erhalten ist sie in einer einzigen Hs. (s. VIII, Univ. Würzburg), die de Bruyne, Rev. Ben. 37, 1925, 47ff. veröffentlicht hat. Vgl. A. v. Harnack, Der apokryphe Brief des Paulusschülers Titus "Oe dispositione sanctimonii", SAB. PH, 1925, 180 H.; de Santos Otero bei Hennecke-Scbneemelcher, 11, 9Off. Auf das mögliche Did.-Zitat hat Harnack, op. cit. 195 hingewiesen. 6S Par. aus Barn. fehlt. 66 Es könnte freilich auch ein inhaltlich verwandter Text aus Sir. gemeint sein; darauf weist vieUeicht gerade auch der Hinweis auf die prudenciA: de San tos Otero, op. cit. 98, Anm. 5. 67 Der Text der Doctr. macht an dieser SteUe Schwierigkeiten. Die Münchener Hs. hat: Fili, fuge ab homine malo, et homine simulatore. Dabei ist nicht nur das griechische 1täv 1tOVTJQOv falsch als homo malus interpretiert, sondern auch das letzte Wort der Münchener Hs. problematisch: sim ist deutlich, der Rest steht in rasura «(3). fl las entweder simili ilJi (so Schlecht, 50), oder simili illius (so Wohleb, 26). Altaner, Doctrina, 339 nimmt an, daß Ep. Ps. Tit. einen besseren lateinischen Text als f zur Verfügung hatte und emendiert daher - nach Ep. Ps. Tit. - simile illi. Ahaner sieht im Hinweis auf die PrudenciA ein Indiz dafür, daß die Vorlage der Ep. Ps. Tit. wohl der Zwei-Wege-Traktat gewesen ist. Vgl. dagegen aber de Santos Otero, oben Anm. 66.
2. Zitate aus der altkirchüchen Literatur
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in Ps. 103, s. 3,10 (CChr. SL 40,1509); Vtrumque dictum est, fratres mei, et: Omni petenti te da, modo lectum est; et alio loco scriptura (I) dicit: Sudet eleemosyna in manu tua, quousque inuenias iustum cui eam tradas ... Omni enim petenti te da: sed alius est quem tu debes quaerere; Sudet eleemosyna in manu tua quousque inuenias iustum cui des enarr. in Ps. 146,17 (CChr. SL 40,2135)68. Das Zitat findet sich dann auch bei nachaugustinischen Autoren (Cassiod. expos. in Psal. 40 [PL 70,295 D]; 103 [70,733 B]; Greg. Magn. reg. past. 3,20 [PL 77,84 D]) und relativ häufig in der christlichen mittelalterlichen Literatur des Westens (darüber s. u. zu Did. 1,6). Interessant ist, daß Augustinus die Sentenz einmal ausdrücklich als scriptura bezeichnet 69 . Indessen stehen wir hier vor folgender Alternative 70 : entweder (so Audet, 275ff.) haben wir in Wahrheit die lateinische Übersetzung einer griechischen Altemativübersetzung zu Sir. 12,1 vor uns, - dann scheidet Augustinus (und mit ihm seine Nachfolger) als Zeuge für die Kenntnis der Did. aus. Oder aber (und das ist die ältere Auffassung, die Altaner vorgetragen hat)'t, das Wort stammt aus der Did. Freilich muß Altaner dann (angesichts des augustinischen Schriftbegriffs) annehmen, daß der Bischof von Hippo nicht "aus einer ihm vorliegenden lateinischen Didache geschöpft hat" (Doctrina, 341), sondern: "Der vielleicht als geflügeltes Wort umlaufende Satz wird Augustinus auf einem uns unbekannten Wege zugeflossen sein" (ebdt.)'2. Gleichwohl wäre auf diese Weise Augustinus ein - wenn auch indirekter - Zeuge für die Existenz einer lateinischen Ubersetzung der Didache im 4.15.Jhdt. 73 Die Zitate der Folgezeit wären dann - auf direkte oder indirekte Weise - von Augustinus abhängig 74 . c) Schließlich die syrischen Testimonien. In Frage kommt 7S der messalianisc he Liber graduum 76, der vielleicht Zeugnisse für die Kenntnis und Verwendung der Did. bringt 77 • Nicht signifikant sind die Anführungen der goldenen 68
69
Did. 'IöQwo
Aug.
(De-)sudet eleemosyna ~ H.ElJJ.lOOUVl'J oou in manu tua El~ ta~ XEi:Qa~ oou, donec (quousque) inuenias I1tXQL~ Ö,V yv~, iustum (!) tlVL Ö~ cui eam tradas (cui des). Auch Cassiod. und Greg. Magn. zitieren als scriptum est und de quo (bzw.) quod scriptum est.
Siehe unten die Erörterung zu Did. 1,6. Doctrina, 340f. 72 Altaner will nicht ausschließen, daß Augustinus hernach doch noch die Did. oder die Doctr. kennengelemt hat. Er dachte dabei an die bei Aug. belegte Vertauschung der Reihenfolge des 5. und 6. Gebotes und wollte einen Zusammenhang mit Doctr. 2,2 herstellen. 73 Vgl. dazu das oben zu Ps. Cypr. adv. aleat. Gesagte. 74 Vgl. die Erwägungen bei Altaner, Doctrina, 342. 75 Die syr. Version der Didasc. apost. geht auf ein griechisches Original zurück. Analoges gilt für Ps. Clem. ep. ad virg., doch ist hier ohnehin wenig wahrscheinlich, daß die Schrift Did. kennt und zitiert. Vgl. oben Anm. 40. 76 Ed. M. Kmosko, Patr. Syr. I, 3,1926. Die Schrift stammt wohl aus messalianischen Kreisen. 77 Zum folgenden vgl. Kmosko, p. CLXVII und jeweils zu den Stellen. Weiters: Adam, Herkunft, 49f. (Belege und Diskussion). 70 71
26
S2
Bezeugung der Didache
Regel VII,1 (Sp. 146); XV,16 (375); XXX,26 (922f.). Desgleichen muß XIII,1 (307) iustitia autem nullos habet inimicos nicht auf Did. 1,3 zurückgehen. Bedeutsamer ist schon VII,20 (183) Quare non ieiunamus bis in hebdomade, sicut iustis scriptum est? .. Et cur (186) non oramus ter in die et mane etvespere, sicut iustis scriptum est. Das Stufenbuch scheint hier an Did. 8,1 bzw. 8,3 anzuspielen und Did. als "Schrift " zu zitieren 78. Weiters auffällig ist 11,2 (27) Qui te percusserit in maxilla tua, admove ei alteram et ora pro ipso et esto per/eetus bzw. XXII,15 (671) qui te percusserit in maxilla tua, admove eialiam et eris per/eetus. Lib. grad. zitiert das synoptische Logion mit einem ähnlichen Zusatz wie Did. 1,4 (xai. [on 'tEAELO~). Man hat darin entweder eine Besonderheit der syrischen Textüberlieferung zu sehen (wobei zu beachten ist, daß das Stufenbuch das Diatessaron zu zitieren pflegt), oder aber (und das halte ich für wahrscheinlicher) es liegt Abhängigkeit von Did. vor 79 • Weiters: XVI,4 (395) Dixit autem tibi: Dilige [ratrem tuum plus quam teipsum (vgl. Did. 2,7, wobei zu beachten ist, daß das Stufenbuch das Wort als dictum domini anführt). Schließlich XIII,2 (307) sacerdotes honorat eorumque verbis obedit, eos adit (vgl. Did. 4,1 ?); sacerdotibus suis primitias omnium proventuum suorum et primitias alveorum praestat et primogenita omnium, quae possidet (vgl. Did. 13,3-7). "Die Häufung der Didache-Zitate in diesem Zusammenhang kann nur als Benutzung einer schriftlichen Vorlage verstanden werden, und das wird eine syrische Version gewesen sein" (Adam, Herkunft, 49). Ich teile nicht die Gewißheit, mit der Adam hier urteilte, halte aber die Annahme, das Stufen buch hätte eine syrische Version der Did. gekannt und benutzt, für nicht ausgeschlossen. Wir würden also für diesen Fall eine (untergegangene) syrische Übersetzung der Did. zu konstatieren haben, deren Entstehung zumindest in das 5.Jhdt. anzusetzen wäre 80 • 3. Verwendung der Didache in späteren Kirchenordnungen Wir haben in den bisherigen Erörterungen nicht Bezug genommen auf bestimmte Texte der kanonistischen und monastischen Literatur, die (z. T. mit Evidenz, z. T. problematisch, z. T. mit Unrecht) mit der Did. in literarische Beziehung gebracht worden sind. Wir wenden uns nun im folgenden diesen Texten zu.
78 Daß die Vorschriften der Did. dabei an die messalianische Doktrin adaptien worden sind, steht auf einem anderen Blatt. 79 Oder handelt es sich um eine zufällige Parallele, entstanden durch die Lehre des Stufen buches von den perfecti? 80 Zu Adams Hypothese eines syrischen Originals: s. u. - Anmerkungsweise sei noch hingewiesen auf angebliche Parallelen zur Did. bzw. zum Material des Wege-Traktats in chinesischen nestorianischen Texten: J. H. Walker, St. Patr. VIII/2, TU 93,1966, 44ff.
3. Verwendung der Didache in späteren Kirchenordnungen
27
Die sog. apostolische Kirchenordnung (Can.)81 cc.4-13 geht mit Did. 1,1-4,8 (d.h. im "lebensweg" des Zwei-Wege-Teils, ohne den Schluß desselben)82 parallel 83 . Ähnliches gilt von der mit Can. verwandten Epitome (hier ist auch der Schlußteil des "lebensweges" erhalten)84. Doch sind die beiden Schriften mit ziemlicher Sicherheit nicht von Did. abhängig (was schon das Fehlen der sectio evangelica, Did. 1,3b-2,1, zeigt). Vielmehr gehen die beiden Schriften auf eine bestimmte Rezension des Wege-Traktats zurück, der (in einer anderen Rezension) auch dem Verf. der Did. vorlag. Ebenso nicht auf die Did., sondern auf Rezensionen des Wege-Traktats gehen wahrscheinlich auch die Parallelen aus dem Ps. athanasian. Syntagma doctrinae 85 , aus der Fides CCCXVIII patrum 86 und die Parallelen zum Wege-Teil aus der arabischen Vita des Schenute87 zurück88 . In diese Reihe gehört - mit Abstand·- wohl auch Bened. reg. 4,1 ff. (CSEl 75 2,31 f.), wo Benedikt aus der Magisterregel schöpft. Ob die Magisterregel (und mit ihr dann die Regula Benedicti) literarisch oder nur durch mündliche Tradition vom Eingang des Wege-Traktats abhängen, weiß ich nicht zu sagen 89 . Die lateinische Übersetzung des Wege-Traktats war jedenfalls im Abendland bis ins II.Jhdt. bekannt, s. u. 81 Der Text bei Th. Schermann, Die allgemeine Kirchenordnung, frühchristliche Liturgien und kirchliche Überlieferung, I, 1914, 12ff. - Vgl. Bardenhewer, 11, 256ff.; Altaner-Stuiber, 254f.; Quasten, 11, 119f. Die Schrift stammt vermutlich vom Anfang des 4.Jhdts. aus Ägypten. 82 Doch mit einer Parallele zu Did. 4,13 b in Can. 14,3. 83 Es fehlt in Can. die sectio evangelica Did. 1,3 b- 2,1. 84 Th.Schermann, Eine Elfapostelmoral oder die X-Rezension der ,beiden Wege', 1903. Text: 16 ff. Auch in Epit. fehlt eine Analogie zur sectio. 85 Vgl. PG 28,836 A-845 B. P. Batiffol edierte (Le Syntagma Doctrinae dit de Saint Athanase, in: Studia Patristica, ed. P. Batiffol, Etudes d'ancienne litterature chretienne, fasc.2, 1890, 121 ff.) neuerlich den Text. 86 Vgl. PG 28,1637 A -1644 B. Eine andere ed. gab P. Batiffol, Canones Nicaeni pseudepigraphi, RAr, 3. ser., 6, 1885, 134ff. Die Abweichungen sind streckenweise erheblich. Ich zitiere nach Batiffol, füge aber die Parallelen aus PG bei. - Eine kopt. Version bei E. Revillout, Le concile de Nicee d'apres les textes coptes et les diverses collections canoniques, I, 1881, 33ff. (Text) und 11, 1898, 475 ff. (franz. Übersetzung). - Unzugänglich blieb mir leider: P. BatiHol, Didascalia CCCXVIII patrum pseudepigrapha e graecis codicibus rec. P. Batiffol, coptico contulit H. Hyvernat, 1887. 87 Zu Schenute vgl.: J. Leipoldt, Schenute von Atripe und die Entstehung des nationalägyptischen Christentums, TU 25, I, 1903; Bardenhewer, IV, 98ff.; Altaner-Stuiber, 268f.; Quasten, III, 185 ff. Die ursprünglich koptische, jetzt arabisch erhaltene Vita bei: E. Amelineau, Memoires pub lies par les membres de la Mission archeologique fran~aise au Caire, 1885-1886; Tom. IV: Monuments pour servir al'histoire de I'Egypte chretienne aux IV' et V' siecles, Paris, 1888. VI: Vie de Schnoudi (arab. und franz.), 289ff. Im ersten Teil des Textes findet sich eine Version des WegeTraktats (p. 291 ff. Amelineau). Vgl. auch H. Benigni, Bess. 3, 1898, 311 H. und Leipoldt, op. cit. 14f. ("an dieser Stelle natürlich nicht ursprünglich-: 15). Deutsche Übersetzung: Eine bisher unbekannte Version des ersten Teiles der ,Apostellehre' , gefunden und besprochen von L. E. Iselin, übersetzt von A. Heusler, TU 13,1 b, 1895, Mf. 88 Die sog. Fragmenta Anastasiana (Funk, Didasc. et Const. Apost. 11, 51 ff.) sind dagegen Derivat der apost. Const. S. u. Zu den Sentenzen des !saac Syrus (M.Besson, Or. Chr. I, 1901, 46ff.), s. u. 89 Die Frage der Beziehungen zwischen der Benediktiner-Regel und der Did. ist mehrfach erörtert worden: Schlecht, 86ff.; E. C. Butler, JThS 11, 1910, 279ff.; ders., JThS 12, 1911,261 ff.; H. Boehmer, ZNW 12, 1911,287; - A. de Vogüe, La Regle de Saint Benoit, IV (SC 184), 1971, 131 ff. vermutet wohl zu Recht eine Verbindung von Bened. reg. 4,1 ff. über die Magisterregel zur Tradition des Wege-Traktats. Rordorf, Deux voies, 127 sieht Abhängigkeit nicht nur im c.4, sondern auch im Prolog.
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§ 2 Bezeugung der Didache
Anders steht es mit der Didascalia apostolorum, die im 3.Jhdt., vielleicht noch vor 250, und zwar in Syrien 90 entstanden sein dürfte 91 • Daß der unbekannte Verf. der Didasc. apost. unsere Did. gekannt und (ohne Quellenangabe) gelegentlich benützt hat92 , halte ich für möglich, wenn auch nicht für sicher93 • In Frage kommen vor allem folgende Passagen 94 : Did.l,3d U~L~ öt
xai OUX ~;E'tE EX'ltg6v
Didasc. apost. syr. 1 (402,12) And again, He says in the Gospel: "Love those who hate you, and pray over those who curse you, and you shall have no enemy. " Diadasc. apost. lat. 2,28 H. (75,4) Nam iterum in evangelio dicit: Diligite odientes vos et orate pro maledicentibus vos et inimicum nullum habebitis.
Die Berührung mit Did. ist durch die Übereinstimmung in der ersten Zeile (gegen den Evangelientext) und (vor allem) durch die singuläre letzte Zeile des Zitats gegeben 9s • Es liegt nahe, an Zitat aus Did. zu denken; man müßte andernfalls gemeinsame Abhängigkeit von einer apokryphen Evangelien-Überlieferung annehmen.
Adam, Herkunft, 47 vermutet Beröa-Aleppo. Fragmente des griech. Textes: J. V. BanIet, JThS 18, 1917, 301 ff. Die syr. Version jetzt bei A. Vööbus, The Didascalia Apostolorum in Syriac, 1979, I (CSCO 401),11 (CSCO 407); englische Übersetzung: I (CSCO 402),11 (CSCO 408); die syrische Version existiert in zwei Rezensionen, die Vööbus untersucht hat: CSCO 402,33'" f. Die Reste der lateinischen Version sind neu ediert von E. Tidner, Didascaliae Apostolorum, Canonum Ecclesiasticorum, Traditionis Apostolicae Versiones Launae, TU 75, 1%3. Der lat. Text der Didasc. apost.: p. 2 ff. Als indirekter Zeuge kommt (mit großen Vorbehalten) Const. I - VI in Frage, wo der griechische Text der Didasc. apost. ausgeschrieben und verändert worden ist, vg!. Funk, Didasc. et Const. Apost. I. Über die äthiop. und arab. Überlieferung vg!. Altaner-Stuiber, 85. Im übrigen: Bardenhewer, 11, 304ff.; Altaner-Stuiber, 84f.; Quasten, 11, 147ff.; Vööbus, CSCO 402,23"'ff. 92 Funk, Kirchengesch. Abh. 11, 125ff. 13M.; R. H. Connolly, The Use of the Didache in the Didascalia, JThS 24, 1923, 147ff.; Muilenburg, Literary Relations, 36ff.; Vokes, Riddle, 67ff.; Adam, Herkunft, 47 (Didasc. apost. sei eine absichtsvolle Neufassung der Did.: 66); Barnard, Later History of the ,Two Ways', 101 f. u.a. Eigene Wege geht Giet, 143ff. 93 Bei den folgenden Erwägungen hat der in der späteren Rezension der syr. Didasc. am Ende von c. 3 eingeschobene Text aus der apost. Kirchenordnung aus der Betrachtung auszuscheiden. Zu diesem Text: Vööbus, CSCO 402, 40'" f. 94 Ich zitiere im folgenden die syr. Didasc. (eng!.) nach Vööbus, die lat. Didasc. nach Tidner. 9S Siehe noch unten z. St. 90 91
3. Verwendung der Didache in späteren Kirchenordnungen
Did.1,5c ouai t0 Aa~ßavov'tt
d ~Ev yaQ XQELav EXWV Aa~ßaVEl 'tt~, a~o~ E
l vatL EAaßE xat d~ tL
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Didasc. apost. syr. 17 (408,161) Indeed, woe from god to those who have, and receive in falsehood 96 • Indeed, everyone of those who receive shall give an account to the Lord God [in the day of judgement, how he (used what he) received. Didasc. apost.lat. 37,25ff. (75,63)
Vae autem his, qui habent et cum dolo accipiunt97 aut qui possunt sibi iuvare et [accipiunt 98 • Unusquisque vero de accipientibus dabit rationem domino deo in die [iudicii, quare acceperit. Die Annahme eines Zitats aus Did. ist wiederum möglich, wenn auch nicht erzwungen (es läge ein freies Zitat vor). Man darf zudem nicht verschweigen, daß sich der Wortlaut der Didasc. apost. an zwei Stellen näher mit Herrn. mand. 11,5 als mit Did. berührt: cum dolo accipiunt 99 erinnert an die Herrn. Stelle OL OE Ev imoxQloEl A.aJ1ßavovtE~. Und die Wendung unusquisque ... dabit rationem domino deo erinnert ebenso an Herrn. mand. 11,5 WtoOwaoumv A6yov t itE. Andererseits läßt sich auch die Abhängigkeit von Herrn. nicht stringent beweisen 100. Did.l,5c ~axaQLo~ 6 OlOOU~ Xata tT)V tvtOAT)V' a~o~ yaQ t
96
Didasc. apost. syr. 17 (408,162) But he who gives simply to every man, does weH to give, and he is justified.
Dieselbe Wendung noch 17 (408,162), vgl. die versio latina 38.18 (75,64) Qui autem habet (et
accipil) in hypoc-risim . .. Vgl. die vorige Anm. Diese Zeile hat keine Entsprechung im syr. Text, wohl aber Const. IV. 3,2 (Funk, I. 221). 99 Const. I V, 3.2 hat OuaL Tois lxOUOLV xat tv il1toxQLaEL ).al1ßclvouoLv ... 100 Connolly, Tbe Use of the Didache, 149, verweist m. R. speziell darauf, daß in Did. und Didasc. apost. (gegen Herrn.) ein Wehe-Spruch vorliegt. 97
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Bezeugung der Didache
Didasc. apost. lat. 38)3 ff. (75,64) Qui ergo dat simpliciter omnibus, bene dat, sieut est illi, et est innoeens 101. Abennals ist das Uneil einer Abhängigkeit von Did. nicht erzwingbar. Vgl. noch Henn. mand. II,6a 6 ouv ÖLÖOU~ (~dhi>6~ ~
Ergebnis: die verbreitete Annahme, daß der Verfasser der Didasc. apost. unsere Did. stillschweigend als Vorlage benutzt habe, hat einiges für sich, ist 101
Weiter zurück liegt ein Makarismus .. And truly blessed is everyone who is able to help
himself ... • 17 (408,161); Nam fJere beatus est, qu; potest ;ufJare se .. . 37,22 f. (75,63).
3. Verwendung der Didache in späteren Kirchenordnungen
31
aber nicht gesichert. Gesetzt, daß der Verfasser der Didasc. apost. unsere Did. wirklich gekannt hat, so dürfte man (abgesehen von der Annahme gelegentlicher Zitate) noch einen Schritt weitergehen und vermuten, daß er aus Did. die Idee und Anregung zu seiner eigenen "Kirchenordnung" gewonnen hat. Kann man bei der Didasc. apost. eine Benutzung der Did. nur vermuten, aber nicht sicher nachweisen, so verhält es sich völlig anders bei den sog. Apostolischen Konstitutionen. Wir berühren damit zum erstenmal einen Sachverhalt, der für die Text- und Traditionsgeschichte der Did. von eminenter Bedeutung ist, und der auch von Anfang der Did.-Forschung an entsprechend gewürdigt wurde, nämlich: der Verfasser des 7. Buches der Const. hat in VII,I,2- 32,4 102 also im vorderen Teil dieses Buches - den gesamten Text der Did. stillschweigend ausgeschrieben 103, wobei er den Text seiner Vorlage ständig kommentierte, paraphrasierte und alterierte. Const. VII ist auf diese Weise nicht nur ein Zeuge für die Kenntnis der Did. um 300 (wobei wir leider den Ort der Entstehung der Const. 104 nicht mit Sicherheit ausmachen können: in Frage kommen Konstantinopel oder Syrien) lOS, Const. VII (das in cc. 1- 32 nichts weiter ist als eine erweiterte und entstellte Ausgabe der Did.)106 wird auf diese Weise darüber hinaus aber auch zu einem wertVollen Textzeugen der indirekten Überlieferung - darüber wird weiter unten zu sprechen sein 107. Schließlich ist noch auf die äthiopische Kirchenordnung 108 hinzuweisen, in der ein Stück der Did. (nämlich 11,3-13,7 und hernach 8,H.) eingefügt ist. Über die Bedeutung dieses Textes für die constitutio textus der Did. wird noch zu handeln sein. Der Text dürfte im 4.Jhdt. in die äthiopische Kirchenordnung geraten sein; welche Gründe dafür maßgebend waren, ist schwer auszumachen 109 . Versuchen wir das Ergebnis zu formulieren: die Did. ist von späteren Verfassern bzw. Kompilatoren von kanonistischen Werken als Quelle benutzt worden; das gilt in erster Linie von dem Kompilat, das wir im 7. Buch der apost. Konstitutionen vorfinden; das gilt in weit geringerem Maße von dem unbekannten Redaktor der äthiopischen Kirchenordnung, der einen kleinen Teil der Did. in sein Werk einfügte. Beide Arbeiten weisen in das 4.Jhdt. Ob die Did. auch schon zuvor in ähnlicher Weise verwendet wurde, ist nicht sicher auszumachen: Ed. Funk, Didasc. et Const. Apost. I, 386ff. Darauf hat bereits Bryennios in der ed. princeps hingewiesen (At' ff.). 104 Ganz abgesehen von der Frage, ob das ganze Werk auf einen einzigen Verf. zurückgeht. Für VIII, 47 gilt das schwerlich. 105 Zu Const. überhaupt vgl. nur Funk, Didasc. et Const. Apost. XVff.j Bardenhewer, IV, 262 ff. j Altaner-Stuiber, 255f. Für eunomianischen Ursprung ist eingetreten: G. Wagner, Zur Herkunft der Apostolischen Konstitutionen, in: Melanges liturgiques offerts au R. P. Dom B. Botte, 1972, 525 ff. 106 In Buch I - VI wird (wie oben erwähnt) die Didasc. apost. ausgeschrieben. Ober die Quellen von Buch VIII vgl. Bardenhewer, IV, 266. 107 Zu den Fragmenta Anastasiana und Isaac Syrus s. u. 108 Bardenhewer, IV, 274f. 109 S. u. 102 103
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möglicherweise trifft das für den unbekannten Verfasser der Didasc. apost. zu, die noch aus dem 3.Jhdt. stammt. Dagegen kann man die vorhandenen Beziehungen der Did. zu Can., Epit., Synt. doctr., Fides patr. und Vita des Schenute (und etwa auch zur Regula Magistri bzw. zur Regula Benedicti) anders erklären: sie gehen auf eine gemeinsame Quelle, auf den (von der Forschung so genannten) Wege-Traktat zurück.
4. Die Didache bei byzantinischen Schriftstellern des 12. -14.Jahrhunderts Johannes Zonaras (erste Hälfte des 12. Jhdts.)110 erwähnt die Did. in seinem Kommentar zum 39. Festbrief des Athanasius (PG 138,564 C)111, allerdings in einer Weise, aus der man schließen muß, daß er die Schrift selbst nicht mehr vor sich hatte: Meta öt YE Tilv WtaQ('fr~TJOLV,
110
Vgl. Beck, Lit. 655ff.
J. Pitra (bei
Beck, 656): Eacile omnium juris byzantini magistrorum
princeps. t t t Der Kommentar zu den Canones "dürfte kaum vor 1159 zu Ende geführt worden sein" (Beck, Lit.656). tU Harnack, Proleg. 10; Schaff, 118, Anm. §; Hemmer, XXII; Audet, 90. t 13 Daß hinter der Konfundierung ein Wissen um die Quellenverhältnisse steht, wird man schwerlich vermuten dürfen. 114 Beck, Lit. 786f. tt5 Geschrieben 1335, "ein alphabetisches Handbuch zum Kirchenrecht" (Beck, Lit. 786). 116 Was Zonaras vermutete, gibt Blastares "bereits als ausgemachte Wahrheit aus" (Hamack, Proleg. 10). 117 Beck, Lit. 705 ff.
1. Das Manuskript des Bryennios
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CPEQO~EVYJ btLO"tOA~, xai at AEYO~fvm "twv WtOO"tOAOOV OLOaxat, auf die dann
die Nennung des Hebr. Ev. folgt. Ob er die Did. überhaupt noch aus eigener Anschauung gekannt hat, ist sehr fraglich.
§ 3 Die direkte Überlieferung 1. Das Manuskript des Bryennios (H) Die Did. ist (wie wir im voraufgehenden gesehen haben) in der Spätantike teils gänzlich in Vergessenheit geraten (so im Westen), teils (so im Osten) hatte man von ihr nur mehr indirekte Kenntnis, wobei die Konfundierung der Schrift mit den apost. Const. zeigt, daß die Schrift selbst nicht mehr geläufig wart. Es war daher eine Sensation ersten Ranges, als Ende des vorigen Jahrhunderts ein (fast) vollständiger Text der Did. in einer byzantinischen Handschrift auftauchte, ein Text, der sogleich nach der Erstedition das Interesse der Forschung an sich zog und eine neue Epoche in der Wirkungsgeschichte der Did. einleitete. Der Entdecker des Man. war der byzantinische Metropolit Philotheos Bryenmos. Philotheos Bryennios 2 , geboren 1833 in Konstantinopel, war nach theologischen Studien im Orient und Okzident Lehrer an theologischen Schulen der byzantinischen Kirche, und wurde 1875 Metropolit von Serres (Serrae) in Mazedonien und 1877 von Nikomedien. Im Jahre 1873 fand er in der Bibliothek des Klosters vom Hl. Grab ("Jerusalemkloster") zu Konstantinopel eine Pergament-Handschrift von 120 Blättern in einen Lederband gebunden. Es handelt sich um eine Sammelhandschrift, die der Schreiber (er nennt sich selbst AEOOV vo"taQLo~ xai aAdTrJ~)3 im Kolophon fol. 120a datiert hat: er hat die Handschrift am Dienstag, dem I1.Juni 1056 (nach unserer Zählung) vollendet. Die Handschrift ist in einer sorgfältigen und schönen Minuskel geschrieben 4 • Es ist nur eine Hand zu erkennen; offenkundige Schreibfehler sind relativ selten. Die Handschrift enthält: a) Ps. Chrys. Synopsis Veteris et Novi Testamenti (vgl. PG 56,313-386): fol. 1 a-38b s. I Das hat seine Ursachen wohl darin, daß die einst angesehene Schrift nicht in den Kanon aufgenommen worden war. Vgl. dazu die Bemerkungen bei Rordorf-Tuilier, 11 f. 2 Vgl. die Selbstdarstellung bei Schaff, 289ff. J Der Name Leon ist allerdings nicht gesichen. Vgl. die Photographie des Kolophons bei
Schaff,6. 4 S
Einzelnes bei Bryennios, C;" ff. Zur Synopsis vgl. Bardenhewer, IIl, 352; Altaner-Stuiber, 328; Quasten, IIl, 472.
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§ 3 Die direkte Überlieferung
b) Barnabasbrief: fol. 39a-51 b. c) l.Klemensbrief: fol. 51 b-70a. d) 2.Klemensbrief: fol. 70a-76a. e) Ein Verzeichnis der 6v6J1ata trov ßtßA.LWV n:aQ' tßQa(Ol~, die hebr.ararn. Titel in griechischer Transkription, wobei jeweils der griechische Titel des Buches hinzugesetzt ist: fol. 76a6 • f) Didache: fol. 76a-80b. g) Der Brief der Maria von Kassoboloi an Ignatius von Antiochien: fol. 81 a-82a. h) 12 Briefe des Ignatius (recensio longior): fol. 82 a-120a. Auf den Text der Ignatiusbriefe folgt der Kolophon (s.o.). Daraufhin i) eine Abhandlung über die Genealogie Jesu: fol. 120a-120 b. Der Text der Didache findet sich also fol. 76a-80b. Bryennios publizierte den Did.-Text erst zehn Jahre nach der Entdeckung der Handschrift, nämlich 1883'. Die gesamte Handschrift war 1887 in das griechische Patriarchat zu Jerusalem gebracht worden, wo sie (unter der Signatur Kroö. n:atQ. 54) heute noch liegt 8 • Der Did.-Text beginnt fol. 76a, Zl. 20 mit der Überschrift ötöaXTt trov ÖWÖExa futoot6A.wv, worauf ZI. 21 (mit der vorgestellten Initiale ~) die "zweite" Überschrift einsetzt: ~tÖaXTt X\JQlO\J Öta tOOV ÖWÖExa Wtoot6A.wV toi~ E'ÖvEOlV. In derselben Zeile noch setzt der fortlaufende Text (mit ÖÖOL öuo) ein. Der Schluß des Did.-Textes ist in H nicht erhalten. Der Sachverhalt 9 ist folgender: der Schreiber füllte die Blätter jeweils mit einem Text von 23 Zeilen. Fol. 80b dagegen bricht er in der Mitte der Zeile 16 mit den Worten btavw trov VE
1. Das Manuskript des Bryennios
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vielleicht hatte er Hoffnung, aus einer anderen Vorlage einmal den Schluß der Schrift nachtragen zu können. Daß in der Tat die Schrift mit den Wonen btavw tÖJV VE
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§ 3 Die direkte Überlieferung
endgültiges Uneil über den Wen der Textform, die in H vorliegt. Untersucht man den Text, ohne sich vom Pessimismus oder Optimismus bestimmen zu lassen, so ergibt sich ein ambivalentes Ergebnis: auf der einen Seite scheint H durch einige spätere Glossen bzw. Interpolationen entstellt zu sein (die freilich immer nur kurze Wendungen bzw. Passagen ausmachen: vgl. zu 1,4a; 2,5b; 10,5; 13,4), wie der H-Text auch sonst an einigen Stellen mit mehr oder weniger großer Gewißheit korrigiert werden kann (vgl. zu 1,3d; 2,7b; 3,4c; 5,1 fin.; 9,3a und 4a; 10,3 fin.; 10,4a; 12,1 a); andererseits zeigt das Fehlen der Interpolation nach 10,7 (Myron-Gebet), daß H auf einen Text zurückgeht, der wenigstens an dieser Stelle besser ist als die Texttradition von Copt. bzw. die Textvorlage von Const. 19 Das alles legt nahe, die H-Tradition weder zu verdammen, noch bereits als den authentischen Did.-Text auszugeben. Das Man. des Bryennios scheint mir einen Did.-Text zu liefern, der überall für kritische Rückfragen textkritischer Natur offen bleiben muß, ohne daß man doch zu dem desparaten Urteil gezwungen wäre, es läge eine nachträglich, tendenziös verfälschte Rezension der ursprünglichen Schrift vor. Veränderungen an einzelnen Stellen sind nachweisbar und an anderen Stellen zu vermuten; daß der H-Text Ergebnis einer durchgängigen, tendenziösen Rezension wäre, ist unerweislich. Indessen wird ein endgültiges Urteil erst möglich, wenn sich die Textbasis der Did. erweitert haben sollte. Alles, was man über die Heimat des Archetyps von H sagen kann, beschränkt sich auf die Vermutung, daß er in 9,3 f. den für die liturgische Sprache Ägyptens charakteristischen Ausdruck xA.ao~a einsetzt, woraus geschlossen werden kann, daß der Archetyp von H in Ägypten entstanden ist 20 •
2. Pap. Oxyrhynchus 1782 (P) Im Jahre 1922 edierten B. P. Grenfell und A. S. Hunt in: The Oxyrhynchus Papyri XV, N r. 1782, pp. 12 ff. zwei fragmentarische Pergamentblätter eines Miniatur-Kodex 21 aus dem Ende des 4.Jhdts. 22 Die Blätter befinden slh jetzt im Ashmolean Museum in Oxford. Die abgestoßenen und besonders an den Rändern z. T. stark verfärbten Blätter haben das Format 5,5 mal 4,5 (fol. 1) und 5,7 mal 4,8 (fol. 2) und sind beidseitig beschrieben. Fol. 1 r. hat 7 kurze Zeilen, fol. 1v. und fol. 2 r. u. v. haben je acht kurze Zeilen 23 • Geboten wird auf fol. 1 \9 Zum Ganzen vgl. Niederwimmer. Textprobleme. passim. - Kl. Wengst bietet in seiner Edition einen Text. der relativ stark von Habweicht. 20 Vgl. unten z.5t. und: Niederwimmer, Textprobleme, 125. 2\ Zu dergleichen Miniatur-Codices überhaupt vgl. Grenfell-Hunt. op. cit. 12; Audet. 26. Anm.2; L. Amundsen. SO 24.1945. 126ff.; E. G. Turner, Tbe Typology of the Early Codex. 1977. 22.29f. 22 nlt may perhaps date from the fourth century rather than the fifth" (Grenfell-Hunt, op. eil. 12 f.). 23 Über das signum dispositionis in fol. 2 r. siehe gleich.
2. Pap. Oxyrhynchus 1782
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der griechische Text von Did. 1,3 c (OUXt xat ta E"Övrl tOÜtO 3tOlOÜmv ... x. t.A.) bis 1,4a (futooxou tOOV oaQxE[l]XWV Emfru~Elwv); Fo1.2 bringt Did. 2,7b (EAEY;EL~ 3tEQL 6>V OE 3tQOOE";n ... X.t.A.) bis 3,2a (~6QyTJ 3tQo~ tOV cpovov). Die beiden Blätter werden aus einem Buch stammen, das ursprünglich den ganzen Did.-Text (und vielleicht noch anderes darüber hinaus) gebracht haben wird. Die Blätter sind mit einer unregelmäßigen Unziale in bräunlicher Tinte bedeckt 24 . »That the writer was a person of no great culture is clear also from his spelling and division of words (e.g. E3tlfru~ElO>V, u~ I El~)"2S. In fol. 2 r. Z1. 20 nach dem Wort oou hat der Kopist den Rest der Zeile mit keilförmigen, abwechselnd in roter und gewöhnlicher Tinte geschriebenen Zeichen ausgefüllt (neun sind jetzt noch erkennbar, die Zeichen werden aber bis zum Ende der Zeile gereicht haben). In der folgenden Zeile (21) finden sich drei mehrfach unterbrochene horizontale Linien (die erste und dritte in roter Tinte); in der Mitte über die Linien hinausreichend sieht man das Zeichen lJ mit gewöhnlicher Tinte geschrieben 26 . Es liegt nahe anzunehmen, daß der Kopist mit dem Zeichen in Z1. 21 (wohl aufgrund seiner Vorlage) den Beginn eines neuen Abschnittes anzeigen wollte 27 , während die Zeichen in Z1. 20 dazu dienen anzuzeigen, daß kein Text fehlt 28 . Über die Bedeutung der beiden Blätter für die Did.-Überlieferung ist kein Wort zu verlieren. Sie sind ca. 650 Jahre älter als das Man. des Bryennios und stellen überhaupt das bislang älteste handschriftliche Zeugnis des Did.-Textes dar. Man hat sich auch noch vor Augen zu führen, daß die beiden Blätter etwa aus der Zeit stammen, in welcher der Kompilator der apost. Const. in BudiVII die Did. ausschrieb. [>er Text, der von P geboten wird, ist in erster Linie wichtig als Beleg für die sog. »interpolatio christiana" bzw. »sectio evangelica". P bringt in fo1. 1 ausgerc:chnet ein Textstück aus jener Passage, die (wie ich meine zu Unrecht) gelegentlich als nachträgliche Glosse angesehen worden ist 29 . Im übrigen sind die Abweichungen vom H-Text (in der kurzen Passage, die P bringt) zahlreich genug, um die oben geäußerte These von der Instabilität des Did.-Textes zu erhirten. Ich wiederhole in der Beilage zur Veranschaulichung dieses Sachverhaltes den P-Text und stelle den Text von H daneben (nur in der Wiedergabe des P-l"extes ist die Zeilenordnung des Originals eingehalten)3°. Die Buchstaben sind in fol. 1r. etwas größer als auf den anderen Seiten. Grenfell-Hunt, op. cit. 13. 2t Man kann auch noch einen bräunlichen und (darüber und darunter) zwei rote waagrechte Stri.:he zwischen Zl. 19 und 20 erkennen. Man gewinnt den Eindruck, daß diese waagrechten Linien VOIT. Kopisten erst nachträglich eingefügt worden sind. r Anders Audet, 55, der nicht an ein signum dispositionis denkt. ,,11 est beau coup plus naturel de suproser une addition projetee, puis omise apres coup pour une raison ou pour une autre." 2. Die neue Sectio würde gerade dort beginnen, wo auch wir ein neues Kapitel beginnen lassen. Ob :nan das Zeichen in der Mitte von Zl. 21 als Zahl lesen kann (wie Lietzmann, ZNW 21, 1922,238 annmmt), ist mir fraglich. 2' Dazu s. u. 31 Für P zitiere ich den Text der ed. princeps, nur am Schluß mit veränderten Zeilenzahlen. 24
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S3
38
Die direkte Überlieferung
Tafel 11
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H:
(I ,3e) ouxt xal ta 19vT] toauto (3d) 1tOLOÜmV; uj.lEi~ be ayaxätE Uj.lä~ xat
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(1,4) Mtxou tÖ>v oaQxLxÖ>V xat OOOj.latLXÖ>V bnÖ'uj.lLÖ>V . (2,7b) ... v..ty;EL~·1tEQi. be 00v 1tQOOEU;lJ' oü~
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(fol.lr) OUXL xm ta E 'Övr} tOUtO 1tOLOUOlV uj.l EL~ bE bE 1tQOOEU;EL ou~ bE ayax'l0EL~ U1tEQ tY)V 'PuXT) 20 oou »»»}»») -J,.,-
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(3,1) texvov llOU
1tOVT)QOÜ xat MO 1tavto~ 61lOLoU autoü' (3,2) j.lfl y(vou oQYO..o~· M'lYEiyaQ Ti oQyfl 1tQO~ tOv
tEXVOV j.lOU
Ich gehe nur auf die wichtigsten textlichen Varianten ein 31 • An einigen Stellen scheint P den besseren Text zu haben: Zl. 2 liest P 'tO'Ü'tO (ebenso Const.) gegen 'to au't6 H. Die Lesart von P Const. ist vorzuziehen; H gleicht offenbar an Mt 5,46 bzw. Lk. 6,33 an. Zl. 4f. liest P q>LAEL'tE (wieder mit Const.), wal 31
Vgl. auch Audet, 28; Niederwimmer, Textprobleme, 122 f.
1. Das koptische Fragment
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gegenüber ayrutÖtE H vorzuziehen ist. Ob bei H wieder Einfluß aus den synoptischen Evangelien vorliegt (Mt. 5,44/Lk. 6,27), kann man fragen. Zl. 13 -15 hat P eine ältere Variante der Interpolation, welche an dieser Stelle in den Did.-Text eingedrungen ist 32 . H zeigt (sieht man von dem vorzuziehenden aJtEXou ab) eine bereits spätere Form. Zl. 16f. liest P JtEQl
§ 4 Die Versionen 1. Das koptische Fragment: Br. Mus. Or. 9271 (Copt.) Im Frühling 1923 tauchte in Kairo ein Papyrus blatt von ungewöhnlicher Größe und Schriftart auf, das beidseitig (bei großer Platzverschwendung) koptisch beschrieben war. L.- Th. Lefort nahm es in Augenschein, verzichtete aber, es zu erwerben. Das Blatt gelangte schließlich in den Besitz des Britischen Museums, wo es heute noch unter Signatur Or. 9271 liegt. Die editio princeps gab G. Horner, A New Papyrus Fragment of the Didache in Coptic, JThS 25, 1924, 225 H. Horner bringt 225 eine kurze Beschreibung des Blattes, 226 ff. den koptischen Text mit Anmerkungen, 230f. eine englische Übersetzung. C. Schmidt konnte aufgrund einer Photographie und dann aufgrund der Inspektion des Originals eine verbesserte Edition anfertigen: C. Schmidt, Das koptische Didache-Fragment des British Museum, ZNW 24, 1925, 81 ff. Schmidt )2
13
Vgl. unten zu 1,4. Bam., Doctr. und Const. fallen hier als Zeugen aus.
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§ 4 Die Versionen
bringt 81 ff. eine Beschreibung des Papyrus mit Anmerkungen zur Sprache, 84 ff. eine Edition des koptischen Textes mit deutscher Übersetzung und Noten, 90 ff. weitere Erörterungen. Schließlich bot L.-Tb. Lefort in: Les Peres Apostoliques en Copte, Scriptores Coptici 17 (CSCO 135), IXff. eine ausführliche Einleitung, 32 ff. eine Neuedition des koptischen Textes mit Anmerkungen (wobei aber zu beachten ist, daß Lefort die Orthographie des Originals normalisiert hat). In: Les Peres Apostoliques en Copte, Scriptores Coptici 18 (CSCO 136), 25ff. bot Lefort eine französische Übersetzung mit Noten. Das Papyrusblatt, das sich bei der Erstinspektion durch Lefort noch in einem guten Zustand befand, hat auf dem Transport nach Europa offenbar gelitten 1. Es stammt, wie es scheint, aus einer Rolle und könnte den Schluß der Papyrusrolle darstellen. Das Blatt hat ein auffällig großes Format: 44 cm in der Länge, 28,5 cm in der Höhe. Es ist beidseitig beschrieben, aber mit merkwürdigen Dispositionen. Das Recto (horizontale Fasern) weist zwei Kolumnen auf: Col. 1 hat 29 Zeilen mit dem Maß 21,5 cm mal 17 cm. Col. 2 hat 32 Zeilen 2 mit dem Maß 23 cm mal 12 cm. Zwischen beiden Kolumnen ist ein Abstand von 2-4 cm, zum linken Rand ist der Abstand (dort, wo der linke Rand am besten erhalten ist) 2,5 cm, zwischen dem rechten Rand von Col. 2 und dem Blattrand ist ein Abstand von 11 cm. Das Verso (vertikale Streifen) weist nur eine Kolumne auf; diese (Col. 3) hat lediglich 18 Zeilen mit dem Maß 12,5 cm mal 11 cm. Der Text bricht etwa in der Hälfte der Seite 3 - übrigens mitten im Satz - ab. Die ganze rechte Seite ist leer (ca. 29 cm bis zum rechten Rand)4. Der Schreiber wechselte, wie es scheint, in Col. 1 in ZI. 14 den Calamus (und die Tinte?). Von Z1. 14 an schreibt er in etwas größeren BuchstabenS. Doch stammt der ganze Text gleichwohl von ein und derselben Hand. Mehrfach benützt der Schreiber den Apostroph als signum dispositionis 6 • Am Ende der Col. 1 hat der Schreiber durch fünf Zeichen die Zeile ausgefüllt. Die Handschrift stammt wohl aus dem 5.Jhdt. Homer setzt hinzu " ... the Greek authorities at the British Museum would put it even as early as A. D. 400" (A New Papyrus Fragment, 225)'. Schmidt wollte nicht so weit hinaufgehen (Kopt. DidacheFragment, 82). I Dazu, wie überhaupt zu der oben referierten Geschichte der Entdeckung, vgl. Lefort CSCO 135,IXf. 1 Col. 2 beginnt eine Zeile früher als Col. 1 und endet eine Zeile später. 3 Zum unteren Rand sind noch etwa 13-14 cm. 4 Audet, 31 erwägt mit sehr beachtlichen Argumenten, ob nicht vor der jetzigen Col. 1 Text verlorengegangen ist. (Anders Schmidt, op. cit. 81). Zeile 25 und 26 kann man vielleicht wirklich am äußersten Rand noch Fragmente von Buchstaben erkennen, was eine Kolumne vor Col. 1 erfordern würde. 5 Die meisten Buchstaben sind jetzt etwa 3-4 mm hoch. weist deutliche Ober- und Unterlängen auf, t leichte Oberlänge. Y reicht oben und unten leicht über die Zeile. Ebenso manchmal auch E. 6 Zu dem angeblichen Initialbuchstaben in Col. I, Z1.27 (Horner) siehe die Richtigstellung bei Audet, 30f., Anm. 4. Das ~ von ~T8 € ist in der Tat keine Initiale, sondern nur (wie andere G) leicht vergrößert. 7 Rordorf-Tuilier, 112: Ende des 4. oder Anfang des 5.Jhdts. Vgl. auch Wengst, 11.
1. Das koptische Fragment
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Geboten wird der koptische Text von Did. 10,3 b-12,2 a. Es kann sich (nach dem bisher Berichteten) nicht um Teile einer vollständigen Didache-Handschrift handeln, sondern lediglich um ein mehr oder weniger zufälliges Exzerpt s. Wie soll man das verstehen? Schmidt dachte an eine "Schreiberübung" auf einem "Makulaturfetzen" (Kopt. Didache-Fragment, 82). Lefort stellt es so dar: ., ... il est clair, comme le remarqua des le debut I. Bell, que nous avons affaire a un excerptum; vraisemblablement un particulier, pour un but que nous ignorons, aura transcrit ce passage de la Didache sur un bout de rouleau reste vierge d'ecriture." (CSCO 135, XII), Warum der Schreiber mitten im Text (10,3 b!) einsetzt und ebenso völlig unvermittelt wieder aufhört (12,2a), ist völlig unersichdich. Die Handschrift gibt mehr Rätsel auf, als die Herausgeber darstellen 9 • Problematisch ist auch die sprachliche Einordnung 1o• Schmidt (Kopt. Didaehe-Fragment, 93) dachte an eine griechische Vorlage. Lefort stellt die Hypothese auf: die orthographischen Seltsamkeiten des Textes sollen sich daraus erklären, daß der Text eine faijumische Version einer sahidischen Vorlage sei (! XlIIf.)ll. Ganz anders P. E. Kahle, Jr., Bala'izah. Coptic Texts from Deir EIBala' izah in Upper Egypt, I, 1954, 225ff. Kahle erwägt für den Dialekt des Textes: "it was merely a later development of Middle Egyptian proper under Fayyumic or Bohairic influence, and was superseded by Fayyumic in the second half of the fifth century ... " (op. cit. 225)12. "The manuscript of the Didache is probably the latest text in this dialect being written about the beginning of the fifth century" (op. cit. 226) 13. M. E. ist die Frage immer noch unentschieden, ob 8 "Mr Bell of the British Museum suggests that the papyrus may be a casual extract ... " (Horner, A New Papyrus-Fragment, 225). 9 Adam. Herkunft. 26 hat die Hypothese aufgestellt. es läge der Enrwurf zu einer Übersetzung vor (und zwar. wie er meint. aus dem Syrischen!). " ... die Blätter mit der fertigen Übersetzung sollten ihrerseits als Abschreibevorlage dienen und konnten danach weggeworfen werden. durften also auf Makulatur geschrieben sein". Ganz unwahrscheinlich. Ich denke eher (mit Schmidt) an eine Schreibübung. 10 Gefunden wurde das Blatt vermutlich im Umkreis von Oxyrhynchus. in der Norne von Kynopolis. Horner. A New Papyrus-Fragment. 225. 11 Daß eine relativ frühe sahidische Übersetzung der Did. existierte. ist eine annehmbare Hypothese. aber der Beweis. den Lefort. a.a.O führt. ist brüchig. Der von ihm XIII. Anm. 5 angezogene Text aus den Pachomiana (E. A. W. Budge, Coptic Apocrypha in the Dialect of Upper Egypt. 1913. Nr. VI: The Instructions of Apa Pachomius. the Archimandrite. Br. Mus. Or. 7024. fol. 18a. p. 146; eng!. Übersetzung p. 352: .. My son, listen. Make thyself wise. and receive the instrucuon of truth (?). There are two ways [which thou canst follow] ... ") ist in Wirklichkeit kein Zeuge für die Did., nicht einmal zwingend für literarische Abhängigkeit vom Wege-Traktat. Die sodann von Lefort (ebdt. Anm.6) angezogene arab. Vita des Apa Schenute (s.o.) setzt lediglich die Existenz einer koptischen (sahidischen?) Version des Wege-Traktats voraus. nicht aber eine sahidische Version der Did .• wie Lefort will. - Zum Ganzen vgl. auch das vorsichtige Urteil bei Audet, 29, Anm. 1 und 32. Jl Dabei sind auch für Kahle noch Fragen der Bestimmung offen. solange P. Mich. 3520 und 3521 nicht publiziert sind (224f.). Eine Analyse des im kopt. Did.-Fragment verwendeten Dialekts bietet Kahle. 225 f. 13 Kahle fährt fort: .. If the dialect existed originally as aseparate dialect. we should expect it to
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§.. Die Versionen
wir in Or. 9271 eine Abschrift aus einer koptischen Vorlage oder eine Ad-hocÜbersetzung aus einem griechischen Text vor uns haben 14. Die von Copt. gebotene Textform ist an vielen Stellen merkwürdig l5 • Einen im ganzen besseren Text als H bietet Copt. nicht. Das berühmte Gebet für den stinäu[i, Col. 1, Zl. 15-20 halte ich für einen späteren Zusatz zum Did.-Text 16 . Da wir eine ähnliche Passage auch in Const. VII, 27 finden, gehen beide auf eine an dieser Stelle bereits interpolierte Rezension eines griechischen Textes der Did. zurück (wenn auch die griechische Vorlage von Copt. einen im ganzen älteren Eindruck macht)!'. Für liturgische Zusätze halte ich das wiederholte "Amen" (nach 10,4; 10,5; 10,6a)18. Der Ausfall von OEX'fhltw W\; KUQlO\; in 11,4 (auch Eth.) ist Textverderbnis; die berühmte Crux 11,11 hat schon Copt. (oder seine Vorlage) nicht mehr versta~den oder nicht verstehen wollen; was Copt. hier bringt, ist ein korrupter Text. Für die corruptio textus charakteristisch ist auch 10,6: Copt. setzt voraus tAitttw 6 KUQLO\; (statt X OlKq> &au(ö (statt t
have been current outside the Fayyum in the Nile valley nonh of Oxyrhynchus. lt cenainly must have been the spoken language in that neighbourhood during the early Coptic period before it was superseded by Fayyumic" (226f.). - Zu vergleichen ist allerdings das, was Kahle in den Addenda (Il. 888f.) zur Thematik der Dialekte und der Dialekteinflüsse selbstkritisch bemerkt hat. 14 Anders Adam, Herkunft, 26 ff., der die Auffassung zu begründen suchte, es handle sich nicht um eine Übersetzung aus dem Griechischen, sondern aus einer syrischen Vorlage! Ob die Argumente, die Adam im einzelnen bringt, zwingend sind, möchte ich dahingestellt sein lassen. Die Sache bedürfte einer gesondenen Untersuchung. Mindestens in zwei Fällen bin ich gegenüber der versuchten Ableitung aus dem syrischen Original sehr skeptisch: in Did. 11,11 - der berüchtigten crux interpretum - bringt Copt. einen eigenen Text (Col. 2, Zl. 30ff., dazu s. u.). Adam vermutet, daß das auffällige 1taQ
2. Die äthiopische Version
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Testament zu vergleichen: man hat in Copt. einige alte Lesarten von zahlreichen späteren Zusätzen und Veränderungen zu unterscheiden 20.
2. Die äthiopische Version (Eth.) Aus der Existenz eines Teiles der Did.-Überlieferung in äthiopischer Sprache (~ovon gleich zu reden sein wird) ist auf eine Gesamtübersetzung der Did. ins Athiopische zu schließen, die entweder aus dem Griechischen oder aus dem Koptischen schöpfte; auch die Zeit der Entstehung dieser Übersetzung ist nicht mit Sicherheit anzugeben. Die Übersetzung als Ganze ist verloren, Teile der Übersetzung (nämlich Did. 8, lf. und 11 ,3-13,7) sind erhalten geblieben, allerdings nicht als selbständige Schrift, sondern (ohne Kennzeichnung der Quelle) eingefügt in die äthiopische Kirchenordnung; vgl. G. Homer, Tbe Statutes of the Apostles or Canones Ecdesiastici, 1904, 54 f. bzw. 193 f. In can. 49-52 findet sich eine Einschaltung, innerhalb der in c.52 ein Textstück der Did. auftaucht, nämlich Did. 11,3 -13,7 (Horner, 54,20-55,24). Daran ist unmittelbar angeschlossen Did. 8, lf. (Horn er, 55,25 H.)2l. Überlegungen, wie es dazu kommt, daß diese Teilstücke der Did. (noch dazu in verkehrter Abfolge) in den Text der äthiopischen Kirchenordnung geraten sind, brauchen hier nicht angestellt zu werden 22 • Interessant ist die Tatsache, daß sich das Insert des Did.Textes nur in der äthiopischen Version der Kirchenordnung findet, nicht dagegen in der arabischen der Can. eccl., und auch nicht in der sahidischen Version der ägyptischen Rechtssammlung. Nach den minutiösen Untersuchungen Audets soll das Insert (aus der Didaskalia und) aus der Did. (beides sei vom selben lnterpolator interpoliert worden) bald nach 350 erfolgt sein (Audet, 41 f.)23. "... Ie fragment de version de la Didache que Homer a fait connaitre par sa publication, en 1904, de la recension ethiopienne des Canons apostoliques, est un temoin independant, detache du reste de la transmission a une date qui ne peut pas etre beau coup plus recente que le milieu du IVC siede" (Audet, 43)24. Die Bedeutung der versio ethiopica (Eth.) für die constitutio textus der Did. 20 Audet, 32, urteilt über den Text des koptischen Fragments: es läge eine eigene Textgestalt vor, die wahrscheinlich auf eine sahidische Vorlage zurückgeht, deren Text Audet in die erste Hälfte des 4.Jhdts., ja vielleicht ins 3.Jhdt. versetzen will. 2\ Englische Übersetzung: Did. 11,3-13,7: p. 193,7-194,23; Did. 8,1 f.: p.194,24-28. Eine deutsche Übersetzung bietet H. Duensing bei Adam, Herkunft, 3M. 2l Die komplizierten Überlieferungsverhältnisse erörtert ausführlich: Audet, 34ff., der auch Hypothesen über die Entstehung der can. 49 - 52 vonrägt. 23 Wie speziell die Interpolation der Did. vor sich gegangen sein soU, versuchte sich Audet, 42 zurechtzulegen. 24 Eine Beschreibung der Manuskripte der äthiopischen Kirchenordnung bringt Homer, op. cit. XXXVI f. Die Varianten der äthiopischen Handschriften zu unserem Textstück sind verzeichnet bei Homer, 401 f. und wiederholt bei Audet, 44f. Eine Kollation der Abweichungen gegenüber H bietet Audet, 44; vgl. schon Vokes, Riddle. t 5 f. Ich gehe im folgenden nur auf besonders charakteristische Varianten ein.
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§ 4 Die Versionen
ist gering 2S • Die Version zeigt einen leichten Hang zur Paraphrase, die textlichen Varianten "sont d'inegale valeur" 26. Omissionen finden sich z. B. in 11,4: 0ex'fhl'tw 00'.; XUQLO'.; om. Eth., ebenso Copt.; 11,6 ist ganz ausgelassen; in 11,10 fehlt rlJv und der Schluß des Verses. Größere Zusätze finden sich in 11,8 und in 12,3, kleinere in 12,4 (post 'tExVTJV add. xai oüx tQya~E'taL), 13,6 (post [AaLou add. xat ~E)..L'tO'.;) und 13,7 (post tv'tOA~V add. 'to'Ü XUQLOU). Charakteristische Veränderungen finden sich in 11,5 (wo der Aufenthalt des Wanderapostels auf drei Tage ausgedehnt werden darf, so es die Not gebietet), in 11,7, in 11,11 (wo der Eth. zeigt, daß er die griechische Vorlage nicht mehr verstanden hat). In 11,12 tritt an die Stelle von aQyuQLa: XQuaav (vgl. 13,7), in 13,6 treten an die Stelle der Propheten die Armen. Bedeutung hat der äthiopische Text an drei Stellen: er sichert das El ~i) in 11,5, das 1tQo'.; ü~ä'.; in 12,1 (zusammen mit Copt. und Const.), und er zeigt, daß die Glosse 13,4 alt sein muß (der Eth. setzt freilich 't
3. Anhang: Die georgische Version (Georg.)
Wir kommen damit zu einem etwas dubiosen Kapitel der Did.-Überlieferung. Ein junger Georgier namens Simon Pheikrischwili hat im Jahre 1923 in Konstantinopel aus einer Handschrift, die außer der Didache in georgischer Sprache auch weitere Texte georgischer und armenischer Sprache aufwies, den georgischen Text der Did. abgeschrieben. Von der zugrundeliegenden Handschrift, die leider verschollen ist, erfährt man, daß sie aus der ersten Hälfte des 19.Jhdts. (!) stammen soll. G. Peradse hat in Paris die Abschrift Pheikrischwilis zu Gesicht bekommen, kopiert und mit dem griechischen Text der Did. nach der großen Ausgabe Harnacks deutsch (!) kollationiert: G. Peradse, ZNW 31, 1932, 111 H. (Die Kollationen: 115 f.). Diese Kollationen sind alles, was wir von der georgischen Version der Did. besitzen 27 • Peradse hat (a.a.O. 112 H.) kühne Aufstellungen über das Alter der georgischen Version gemacht 28 , die aber kaum Vertrauen verdienen 29 • In Wirklichkeit werden wir es mit einer sehr späten, neuzeitlichen Übersetzung zu tun haben, ohne daß sich Genaueres darüber sagen ließe. Daß aber die verschollene konstantinopolitanische Handschrift direkt auf H zurückgeht, wie Rordorf-Tuilier vermuten (115, Anm. 2), halte ich
Eine Charakterisierung der versio ethiopica auch bei Audet, 71 f. Rordorf-Tuilier, 115. 27 Peradse war 1932 überzeugt, daß sich in Tiflis noch mehrere Hss. der Did. befänden (112). 28 Im Kolophon nennt sich .. ein gewisser Jeremias von Orhai", der die Did. aus einer griechischen Vorlage übersetzt haben will. Vgl. Peradse, op. cit. 113. Peradse hält den Kolophon für eine Interpolation, will aber inhaltlich am Kern der don ausgesprochenen Nachrichten festhalten (113, Anm. 5). Er identifizien den Übersetzer mit dem Bischof J eremias, dem Iberer, der ein Zeitgenosse des Konzils von Ephesus war (op. cit. 114). 25
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3. Anhang: Die georgische Version
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nicht für wahrscheinlich: dagegen spricht die Lesart des Georgiers in 3,4 (er setzt voraus alml ßH3tElv ~ axouElv gegen H, der nur die beiden ersten Wörter liest) und in 12,1 (3täC; OE EQXOJ.lEVOC; 3tQOC; u~äC; mit Copt. Eth. Const. gegen n:äC; OE EQXOJ.lEVOC; H)3°. Vielmehr dürfte die georgische Version auf eine Rezension des griechischen Textes zurückgehen, die derjenigen von H lediglich nahe verwandt ist. Was man aus den Kollationen von Peradse erkennen kann, ist Folgendes: Georg. bringt einen vollständigen Text der Did. (es fehlen lediglich 1,5f. und 13,5-7), der Text neigt zu paraphrasierenden Zusätzen (das beginnt bereits beim Titel); nach 16,8 folgt ein knapper, z. T. sehr plausibler Abschluß des ganzen Buches (während in H der Schluß fehlt, s.o.). Daß man Georg. zur constitutio textus überhaupt nicht mehr heranzieht, wie es bei Rordorf-Tuilier geschehen ist, halte ich für übertrieben. Doch kommt die georgische Version angesichts der späten und dubiosen Überlieferung als gleichwertiger Zeuge nicht in Frage. Man wird sie nur in einzelnen Fällen und nur mit Kautelen heranziehen können.
§ 5 Die indirekte Überlieferung: Const. VII, 1,2-32,4 (Const.) Es war schon oben (in § 2,3) davon die Rede, daß der unbekannte Kompilator
der apostolischen Konstitutionen im ersten, größeren Teil des VII. Buches die Didache zur Gänze ausgeschrieben hat, wobei er den Text der Vorlage teilweise veränderte, teilweise paraphrasierte. Das Ausmaß der Abhängigkeit wird in der Ausgabe von Funk, Didasc. et Const. Apost. I, 386ff. schön sichtbar 1 • Der Kompilator hat in VII, 1,1 f. dem Wege-Traktat der Did. ein Proömium von Schriftzitaten vorangestellt, um dann in VII, 1,2 fin. mit dem Zitat seiner Vorlage einzusetzen. Dieses Zitat reicht bis 32,4 2 • Vgl. Audet, 46f. Vielleicht kann man auch den Schluß der Versio georgica heranziehen: er sieht im ganzen nicht nach einer Ad-hoc-Erfindung des Kopisten (oder seiner Vorlage) aus, wenn auch die Rede von der "heiligen Gerechtigkeit" im Rahmen der Did. auffällig klingt. Georg. dürfte jedenfalls noch ein vollständiges Exemplar der Did. vor sich gehabt haben. 29
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I Zuvor schon bei Bryennios, At' ff.; dann: Harnack, Proleg. 178ff. und Harris, Teaching, 25ff. - Ich folge dem Text der ed. Funk. 2 32,5 gehön schwerlich noch dazu, sondern dürfte bereits aus der Feder des Constitutors stammen, der wiederum Schriftzitate kompiliene. In 32,4 b könnte zur Not noch einiges vom Schluß der Did. verborgen sein, der in H fehlt. Der Constitutor hatte jedenfalls noch ein vollständiges Exemplar der Did. vor sich.
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§ 5 Die indirekte Überlieferung
Die Arbeitsweise des Constitutors läßt sich an folgenden ausgewählten Beispielen veranschaulichen 3 : (1) Der Constitutor hat den Text fortlaufend interpretiert, und zwar durch Beispiele aus dem Alten und Neuen Testament, sehr häufig durch Schriftzitate aus beiden Testamenten, schließlich auch durch Interpretamente aus der eigenen Feder. Das Ganze liest sich streckenweise wie ein Kommentar zum Did.-Text; doch ist die glossierende Interpretation des Textes ungleichmäßig: so hat der Kompilator das Zitat aus dem" Todesweg" fast ohne Zusätze übernommen (VII, 18). (2) Gelegentlich werden Passagen der Vorlage ausgelassen, so z. B. Did. 1,5 b-6 oder 6,2 {letzteres wohl, weil der Kompilator die Vorlage nicht mehr verstanden hat, oder besser, weil er das darin ausgesprochene Motiv nicht teilte)4. Ebenso fehlt nicht zufällig EAttttW X
4
§ 5 Die indirekte Überlieferung
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schieht)8 ist zu warnen: einmal ist zu beachten, daß Const. bereits ein durch das Myron-Gebet interpolierter Text vorlag; zum anderen ist stets darauf Bedacht zu nehmen, daß der Kompilator der Constitutiones seine Vorlage ohne Bedenken verändert, wo es ihm (im Sinne der oben in exemplarischer Weise aufgezählten Motive) für nötig erscheint. Nicht auf die Did., sondern auf Const. gehen die sogenannten Fragmenta Anastasiana zurück, die Funk, Didasc. et Const. Apost. 11,51 H. ediert hat. Eine Einführung in den Text findet sich bei Funk, 11, p. VIII H. Für uns interessant sind folgende Passagen: 9, p. 61,10 Funk (Anast. Quaest. 64), wo Const. VII, 23 (abhängig von Did. 8) mit Veränderungen und Auslassungen zitiert wird; weiters 12, p. 63 ff., näherhin 64,5 H. Funk (Anast. Quaest. 15), wo der Zwei-Wege-Teil zur Sprache kommt; der Abschnitt ist aus Const. VII, 1,2 H. (abhängig von Did. 1H.) geflossen, doch hat Anastasius die Vorlage kräftig gekürzt9 • Für die constitutio textus der Did. scheiden die Fragmenta Anastasiana aus. Das gleiche gilt für die von M. Besson edierten und (in einer der beiden Handschriften) einem lsaac Syrus zugeschriebenen Sentenzen; vgl. M. Besson, Un recueil des sentences attribue aIsaac le Syrien, Or. Chr. 1,1901,46-60 und 288-298. Die Sentenzen 10 sind in zwei Handschriften überliefert, einem Vatic. graec. 375, s. XIV, fol. 157 r. H., der den Text einem syrischen Anachoreten Isaac zuweist l 1, und einem Palat. graec. 146, s. XV, fol. 44 r. H. Besson dachte an den nestorianischen Bischof und Aszeten Mar Isaak, Isaak von Ninive (gest. s. VII fin.)12. Der Text setzt ein mit L\uo 6öo( [(v [1tOtaL a-otm;] tOÜ aavatou xai tii~ ~(I)il~ (p. 49,4f. Besson), bringt dann aber zunächst keine Anspielungen an den Wege-Traktat. Diese kommen erst pp. 51,10-54,1, wo (mit kräftigen Zusätzen, Auslassungen und z. T. mit Umstellungen) Elemente aus dem "Lebensweg" erscheinen. Indessen zeigt die Analyse, daß die Sentenzen entweder von Const. VII 13 oder (wahrscheinlicher) von einem ähnlichen Auszug aus Const. wie Fragm. Anast. abhängig sind 14 . Sie scheiden also (ebenso wie die Fragrn. Anast.) für die constitutio textus der Did. aus. Probleme, 158 ff. und passim. Vgl. die Bemerkungen bei Funk, Didasc. et Const. Apost. 11,67. 10 Besson, op. cit. 46 charakterisiert das Werk als "une compilation de maximes morales apparemment destinees ades religieux" . 11 Der nur im Vatic. überlieferte Text lautet: KEcpQAaLa öuxcpoQa TOÜ aocpoü naTQoc; ~11ÖW 'Iaaox TOÜ l:uQou xal aVaXWQ11TOÜ tXAEAEyJ1ha TOÜ ayLou 'Iwavvou TOÜ XQuao0T6!Wu (!) öUlcpoQa xal navu
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§ 6 Das Verhältnis der Didache zum Zwei-Wege-Traktat
§ 6 Das Verhältnis der Didache zum Zwei-Wege-Traktat 1. Der Befund
Die Did. eröffnet in den cc. 1-6 (genauerhin 1,1-6,1) mit einem Traktat über die beiden Wege, die der Mensch gehen kann, den Weg zum (ewigen) Leben oder den Weg zum (ewigen) Tod. Zu diesem Motiv, dem Motiv von den beiden Wegen, gibt es zahlreiche Parallelen in der popularphilosophischen und religiösen Literatur l . Vor allem aber gibt es (und das interessiert uns hier) zum Didache-Traktat selbst auffallende Parallelen in der altchristlichen Literatur, Parallelen, die in einer näheren, literarischen Beziehung zur Didache stehen müssen. Die Frage ist nur, in welcher! Es handelt sich dabei (a) um Barn. 18-202 , (b) um die Doctrina apostolorum, (c) um den ersten Teil der sogenannten "Apostolischen Kirchenordnung" (genauerhin um die cc. 4-13)3, und um die damit verwandte Epitome, (d) um einen Teil der arabischen Vita des Apa Schenute, schließlich (e) um Abschnitte im ps. athanasianischen Syntagma doctrinae (ed. Batiffol) bzw. der damit verwandten Fides patrum (PG 28,1637ff., näherhin 1639 eff.). Zählt man (c) und (e) doppelt und nimmt man die Didache hinzu, so haben wir im ganzen acht verschiedene, aber doch in irgendeiner Weise miteinander verwandte Rezensionen des Wege-Traktats vor uns 4 • a) Während Did. mit einem Wege-Traktat einsetzt, steht der analoge Traktat im Barnabasbrief gegen Ende der Schrift (cc. 18ff.). Fast der gesamte Stoff, den Barn. in diesen cc. bietet, kehrt auch in Did. wieder (nur in 18 und 19,1 f. deckt sich das Material lediglich etwa zur Hälfte; 20,1 hat Barn. eine etwas andere Einleitung, vom Lasterkatalog an decken sich die Abschnitte wieder (von Ausnahmen abgesehen), ab 20,2 sogar in der Reihenfolge)s. Die Annahme der literarischen Verwandtschaft legt sich nahe. Doch wie ist diese zu denken? Ist Did. von Barn. abhängig6 , oder Barn. von Did. 7 ? Bei einer Abhängigkeit der Dazu s.u. Wir werden später die Vennutung äußern, daß Teile des Wege-Traktats noch in c. 21 verborgen sind. 3 Über Reste des Traktats in c. 14 s. u . .. Die Zahl vennehn sich, wenn wir Const. VII, 1,2-19 bzw. die Parallelen in den Fragmenta Anastasiana und bei Isaac Syrus (s.o.) hinzunehmen. Indessen würde eine solche Zählung das Bild verfälschen, denn Const. ist von Did., die Fragm. Anast. und Isaac Syrus wiederum sind direkt oder indirekt von Const. abhängig. 5 Auffallend ist das Fehlen der" Teknon-Sprüche" (Did. 3,1 H.) in Barn. - Das Fehlen der sectio evangelica (Did. 1,3 b- 2,1) gehön dagegen m. E. in einen anderen Zusammenhang. 6 So bereits Bryennios, ;rö' ff. Weitere frühe Venreter dieser Auffassung bei Ehrhard, Altchr. Litt. 49f. Später: Robinson, Barn. Henn. and the Did., bes. 69f. (der Wege-Traktat soll von Barn. stammen, Did. sei von Barn. abhängig); ebenso und ausführlich: Muilenburg, der (Literary Relations) Bam. für den Urheber des Wege-Traktats hält (vgl. 130), und zu zeigen versucht (140ff.), daß Did. von Barn. abhängig ist; der Kompilator der Did. verwende in 3,1-6 vielleicht ein jüdisches I
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I. Der Befund
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Did. von Bam. (oder umgekehrt) würde man erwarten, daß sich auch außerhalb des umgrenzten Bereiches des Traktats de duabus viis literarische Beziehungen aufdrängen. Die literarische Relation ist aber in auffälliger Weise auf den Traktat beschränkt 8 . Es gibt außerhalb des Wege-Traktats keine nachweisbare Berührung mehr zwischen Bam. und Did. (denn die einzige in Betracht kommende9 Parallele Bam. 4,9/Did. 16,2 kann auf gemeinsame mündliche Tradition zurückgehen, siehe unten unseren Kommentar z. St.). Das allein schon läßt das Modell einer gemeinsamen Abhängigkeit des Bam. und der Did. von einer dritten Größe als plausibelste Lösung erscheinen. Weitere Indizien für die Existenz einer solchen Quelle werden im Laufe der folgenden Darstellung noch hinzutreten. b) Dem Did.-Text des Traktats über die beiden Wege viel näher als Bam. steht der Text der Doctrina apostolorum. Von dieser (bislang nur lateinisch überlieferten) Schrift existieren zwei Handschriften, eine vollständige (Cod. lat. Monac. 6264 1 s.XI, Bayer. Staatsbibliothek München; fol.l02b-l03b; ed. J. Schlecht, Doctrina XII apostolorum. Die Apostellehre in der Liturgie der katholischen Kirche, 1901, 101 ff.)l1 und eine unvollständige, die den Text nur bis 2,6 bringt 12 (Cod. Mellic. 597 13, s. IX [?], Melk, Stifts bibliothek; fol. 115 b; zuletzt ed. K. Niederwimmer, in: Theologia scientia eminens practica; FS Zerbst, 1979, 270f.)l4. Die beiden Handschriften gehen wohl auf einen gemein-
°,
Apocryphon (149; eine ähnliche Vermutung schon bei Robinson, 62); Burkitt,JTbS 33,1932, 25ff.; vgl. weiter: Connolly, Relation, 237ff.; ders., Barn. and the Did. 16M.; ders., Sueeter on the Did. 374.376f.; vgl. dann die Neufassung der Arbeit von Robinson in: ders., Barn. and the Did. 119 f.146.238 ff.; Vokes, Riddle, 27 ff. (" Tbere seems no legitimate reason for denying that the ,Two Ways' is the original composition of Barnabas, used by the Didache": 44) Lawson, Introduction, 75 "inclines to the view that Barnabas adopted ,Tbe Two Ways' from a Jewish source, and that the wriler of Didache took it over from him ... " 7 Z.B. Tb. Zahn, Kanon 111, 310ff.; Schaff, 20.121 (doch erwägt Schaff auch die Möglichkeit einer gemeinsamen Quelle) u.s.f.; weitere frühe Vertreter dieser Hypothese bei Ehrhard, Altchr. Lin. 49f. Mehrfach ist seinerzeit Funk dafür eingetreten, vgl. nur Funk, Kirchengesch. Abh. 11, 109 ff.117 ff.Dl ff.; ders., TbQ 87, 1905, 161 ff.; später Bosio, 3. 8 Auffällig ist auch die Übereinstimmung von Barn. 18,1 c mit Doctr. 1,1 b gegen Did. 1,1, - vom gemeinsamen Fehlen der sectio evangelica in Barn. und Doctr. ganz abgesehen. 9 Anders Muilenburg, Literary Relations, 161 ff., der weitere Berührungen von Did. mit Barn. außerhalb des Wege-Traktats konstatiert. Doch sind die von ihm angegebenen Parallelen weit hergeholt. Vgl. auch die Liste bei Vokes, Riddle, 27f. (die Beweiskraft der einzelnen Stellen wird freilich von Vokes selbst verschieden beurteilt). Indessen kommt m. E. im Ernst nur Barn. 4,9/Did. 16,2 in Frage. 10 Olim: Frising. 64. 11 Schlecht gab im Anhang Lichtdrucktafeln der Handschrift. Die Handschrift wurde 1900 von Schlecht entdeckt. 12 Die Hs. endet mit Nec conten . .. Es ist die letzte Seite des Codex. Der Rest des Codex ist verloren (falsch Vokes, Riddle, 17: .. Von Gebhardt's fragment is merely a short extract"); natürlich findet sich in Cod. Mellic. kein Paralleltext zu Did. 1,3 b- 2, 1, sowenig wie im Cod. Monac. Indessen ist das keine Lücke in der Überlieferung, sondern die sectio evangelica hat offenbar nie zur doctrina apostolorum gehört. IJ Olim: Q 52 bzw. 914. 14 Zur Geschichte der Auffindung des Melker Fragments der Doctr. (B. Pez bzw. O. v. Gebhardt
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S6
Das Verhälmis der Didache zum Zwei-Wege-Traktat
samen Archetyp zurück. Doctr. folgt dem Wege-Traktat der Did. in ganz anderer Weise als Bam., nämlich zumeist so eng, daß man zuerst Doctr. für die (oder für eine) lateinische Übersetzung der Did. bzw. ihres ersten Teiles gehalten hat 1s. Doch ist diese Annahme ganz unwahrscheinlich, nicht nur wegen der doch auffälligen Abweichungen der Doctr. von den Did.-Parallelen 16, sondern vor allem aufgrund der Tatsache, daß Doctr. nur den Wege-Traktat (und diesen ohne die sectio evangelica) bringt. Wieder ist es wahrscheinlicher, daran zu denken, daß Doctr. und Did. 1-6 von einer gemeinsamen Tradition abhängig sind. Doctr. erscheint dann als selbständige Schrift, besser: als die (noch in der Antike entstandene) lateinische Übersetzung eines ursprünglich griechischen Originals, das nichts anderes brachte als eben den Wege-Traktat 17 ; das griechische Original ist untergegangen 18. Ob das griechische Original bereits den Titel bLbaxil 't00v imOm:6MoV getragen hat, oder ob erst die lateinische Übersetzung den Titel (de) doctnna apostolorum erhielt 19, kann man fragen 2o •
und F. X. Funk) und zur Beschreibung der Hs. vgl. Niederwimmer, op. eit. 26M. - Cod. Monac. trägt in der Did.-Forschung das Sigel f (f! für Korrekturen erster Hand, f2 Korrekturen zweiter Hand, f3 Korrekturen dritter Hand); Cod. Mellic. trägt das Sigel g (gI für Korrekturen erster Hand). Für Sprache und Text der beiden Hss. ist wichtig: L. Wohleb, Die lateinische Übersetzung der Didache kritisch und sprachlich untersucht, 1913. 15 So z.B. Funk, vgl. nur: Kirchengesch. Abh. 11,109; Streeter, Much-Belaboured Did.: Doctr. ist nichts weiter als die lateinische Version der Did., doch hätte der Übersetzer die cc. 7 ff. wegen der verändenen kirchenrechtlichen Situation einfach weggelassen (374). Diese Schrift wäre vielleicht mit Rufms DlUe 'Vwe gemeint. - Zu Muilenburg und Vokes s. u. 16 Exempla: 1,1 post IIwe dlUe sIInt add. in SlUCllIo; et post mortis add.lllcis et tenelm,rllm, in his constitllti sIInt angeli dllO, IInlls aeqllitatis, alter iniqllitatis (dazu vgl. Bam. 18,1 cl). An das Ende von 1,3 interpretatio allrem horllm IIerborllm haec est schließt gut 2,2 an: Non moechabtris ... etc., während das didachistische bEUdQa b~ MO).,TJ Ti}c; bLbaxiic; (Did. 2,1) offenkundig sekundär ist. 4,8c omniblls enim ... etc. steht wahrscheinlich an richtiger Stelle und ist vom Didachisten getilgt worden, um Wiederholung (1,5!) zu vermeiden. Besonders auffällig sind die Differenzen zwischen Did. und Doctr. im Lasterkatalog des ..Todes-Weges· (5, I). Und speziell belastet ist die Vers ionsHypothese durch das Fehlen der sectio evangelica in Doctr. Solche Indizien sprechen deutlich gegen die Annahme, Doctr. sei nichts als die lateinische Übersetzung der Did. - Zum doppelten Schluß der Doctr. S.u. I? Wer - wie z.B. Muilenburg - den Wege-Traktat aus Bam. ableitet und Doctr. für die lateinische Übersetzung der Did. hält, kommt typischerweise in erhebliche Schwierigkeiten. Er muß nicht nur den (in diesem Fall) "epitomatischen· Charakter der Doctr., sondern auch ihre gelegendiche Nähe zu Bam. (gegen Did.) erklären. Aber wie? "Tbe Latin version of the Teaching of the Twelve Aposdes shows dear traces of familiarity with the Episde of Bamabas- (Literary Relations, 27; vgl. 45). Dies und der homiletische Überlieferungszusammenhang .. suppons the belief that the Latin version is in acruality a homiletical extract and not a true copy or translation of an original Two Ways Teaching- (42). Vgl. 45: ..Tbe homiletic character of the Latin version ... Vgl. zuvor schon Robinson, Bam., Herm. and the Did. 73 ff. und hemach Vokes, Riddle, 17 ff. und passim (die lateinische Version sei lediglich ein homiletischer Extrakt und hätte Did. nach Barn. korrigien). 11 Zur An der lateinischen Übersetzung vgl. das allgemeine U mil bei Giet, 118. Seine Annahme von zwei Übersetzungsstadien bleibt allerdings arbiträr. 19 Doctrina aposrolorllm g : de doctrina apostolorllm f. Der Titel in g ist vielleicht ursprünglicher. 20 Dazus.u.
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1. Der Befund
c) Der Wege-Traktat der sog. .,Apostolischen Kirchenordnung" (Can. 4,1-13,4 bzw. 14)21 würde dem Text der Did. in ähnlicher Weise nahestehen wie Doctr., wenn der Traktat hier nicht einzelnen Aposteln in den Mund gelegt wäre (eine sicher nachträgliche Stilisierung des Stoffes )22. Merkwürdigerweise reicht das Zitat aus dem Wege-Traktat aber zunächst nur bis 13,4 (vgl. Did. 4,8) 1tomp ~ä/J..ov tv 'tOL~ ßvr]'tOL~. Der Rest des .. Lebensweges" (mit Ausnahme von Did. 4,13 b - dazu siehe gleich) und der ganze .. Todesweg" ist in Can. nicht aufgenommen. (In 14,3a könnte sich etwas von dem in Did. fehlenden Epilog des Traktats verbergen, s. u. Die Wendung 14,3 b v erinnert wieder an Did. 4,13). Es liegt nahe, Can. von Did. abhängig sein zu lassen 23 , um so mehr als in Can. 12,3 die an Did. 10,3 (!) erinnernde Wendung ~;LO>OEv OOL öoiMiVaL 1tVEU~a'tLK~V 'tQO~V Kai. 1tO'tOv Kai. ~O>~V aLWVLOV fällt 24 . Man muß zugeben, daß das ein relativ starkes Argument ist. Dennoch möchte ich (unter Verweis darauf, daß es sich um eine liturgische Wendung handelt, die Can. nicht unbedingt aus Did. geschöpft haben muß) an der Hypothese festhalten, daß auch Can. den Traktat nicht direkt aus Did., sondern aus einer ihm und dem Verfasser der Did. gemeinsamen Tradition geschöpft hat 2s . Das Gleiche wäre dann konsequenterweise auch für Zu dieser Schrift vgl. oben. Can. IV Johannes/Did. 1,1-I,2b Can. V Matthäus/Did. 1,2c; 3a Can. VI Petrus/Did. 2,2-7 Can. VII AndreaslDid. 3,1 f. Can. VIII Philippus/Did. 3,3 a - wobei Can. einen längeren Exkurs zum Stichwon bn""I1La einschiebt; Can. IX Simon/Did. 3,3 b Can. X JakobuslDid. 3,4 Can. XI NathanaellDid. 3,5-10 Can. XII Thomas/Did. 4,1 f. - wobei Can. wiederum einen kleinen Exkurs einschiebt; Can. XIII Kephas(!)/Did. 4,3-8 Zu Can. XIV Banholomäus s. u. Auch der weitere Text ist Aposteln in dem Mund gelegt, doch stammt das Material nicht mehr aus dem Wege-Traktat. Zur Apostel-Liste: s. u. 23 So schon Bryennios ;'6' und 0' (abhängig von Bam., Did., Const. u.a.); Schaff, 19.127ff. (Abhängigkeit von Did.); Vokes, Riddle, 72 und passim (Abhängigkeit von Did. und Bam.); Bamard, Later History of the ,Two Ways', 103f. (Duae Viae, Barn. und Did.); zu Harnack und Wengst: s. u. 2\
21
24 ~11i:v
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Did. 10,3c. Can. würde zeigen, daß sein Verf. auch den zweiten Teil der Did. kennt und das würde die Annahme literarischer Abhängigkeit im ersten Teil unterstützen. Vgl. Hamack, Proleg. 210f., Anm.34 (Harnack venrat 210f. die Auffassung, daß Can. von Did. und Bam. abhängig sei). Hamack wollte übrigens Abhängigkeit nicht nur von Did. 10,3, sondern auch von 13,1 f. konstatieren. In seiner Schrift AposteUehre, 31 f. hat Hamack das Ganze im Licht der Grundschrifthypothese (s. u.) zu verstehen gesucht, was ihn zu einer seltsamen Variante dieser Hypothese gefühn hat.Gegen die These, daß Can. 12,3 auf Did. 10,3 + 13,1 f. zurückgehe, schon Ehrhard, Altehr. Litt. 57. 25 Komplizien Kraft, 10: "Most witnesses also include brief verbal parallelsto Didache 10:3 b and 13:112 (?) in the expansion which follows the admonitions of Didache 4:2, but this material is not
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§ 6 Das Verhältnis der Didache zum Zwei-Wege-Traktat
die (mit Can. literarisch verwandte) Epitome anzunehmen 26 • Auch hier ist der Stoff des Traktats auf Apostel (elf an der Zahl) veneilt 27 , diesmal der ganze .. Lebensweg" ausgeschrieben (während der .. Todesweg" wieder fehlt)28. Von der auch hier (etwas verkürzt) auftauchenden Wendung tl;LWOE OE Öl' ai,.roü öoiHjVaL ~VE'U~a'tLxitv tQO
co.
extensive enough to encourage the belief that our full Didache was used for the Two Ways of Rather, CO seems to have added excerpts from at least Bamabas and possibly the Didache to the Dctr-like form of the Two Ways on wh ich it is based." 26 Zu dieser Schrift s. o. 27 Epit. 1 j ohanneslDid, 1,1- 2 b Epit. 2 MatthäuslDid 1,2 c Epit.3 Petrus/Did. 2,2-7 Epit. 4 AndreaslDid. 3,1 f. Epit. 5 Philippus/Did. 3,3 a (ohne den Exkurs, den Can. an dieser Stelle aufweist); Epit. 6 Simon/Did. 3,3 b Epit. 7 jakobuslDid. 3,4 Epit. S NathanaeVDid. 3,5-10 Epit. 9 Thomas/Did. 4,1 f. Epit. 10 Kephas (!)/Did. 4,3 f.6.S Epit. 11 Banholomäus/Did. 4,9.14 a.13 a.14 b.12.13 b.14 c (sic!). Zu der Elf-Apostel-Liste vgl. Giet, 122 f. und ders., Enseignement, 223 ff. - Deutlich ist, (1.) daß die Aufteilung des Stoffes auf Apostel eine nachträgliche Stilisierung darstellt; deutlich ist weiters (2.), daß diese Stilisierung auf eine Bearbeitung des Wege-Traktats zurückgehen muß, von der sowohl Can. als auch Epit. abhängig sind; die Herkunft der Elf-Apostel-Liste bedarf (trotz der Untersuchung von Giet) neuerer Analyse; (3.) der Text, der Bartholomäus zugewiesen wird, differien, und zwar deshalb, weil Epit. den ganzen "Lebensweg" bringt (ohne das Stück, das wir in Did. 4,5.7. 10f. finden), während Can. bereits mit Did. 4,S abbricht und daran sofort den Epilog des Traktats fügt (wie ich vermute, s. u.); (4.) daß die beiden Schriften (Can. und Epit.) vom WegeTraktat nur den Lebensweg überliefern (der in Can. noch dazu verkürzt ist), hängt mit der naiven Stilisierung auf die Aussprüche der Elf zusammen: der Text bricht ab, wenn die Liste erschöpft ist (vgl. Giet, Enseignement, 235). Etwas anders Wengst, 10: "Der Todesweg ist also ausgelassen, wohl bedingt durch die Aufteilung des Stoffes auf die elf Apostel, die eben den Weg zum Leben und nicht den zum Tod verkünden." Wieder eine andere Vermutung bei Rordorf-Tuilier, 119, Anm. I. 18 Daß in Epit. die Stilisierung des Stoffes von Did. 3,1 ff. in Teknon-Sprüche fehlt, halte ich für kein Zeichen größerer Ursprünglichkeit gegenüber Can. (wo sie vorhanden ist). Ich glaube, daß sie dem Redaktor der Epit. vorgelegen hat. der sie aber im Zuge seiner Fiktion tilgte. 19 Schermann hat der von ihm so genannten X-Rezension der beiden Wege eine übertriebene Bedeutung zugemessen und die Genealogie der Tradition auf den Kopf gestellt, vgl. ders., Elfapostelmoral, Isff.SOff.
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1. Der Befund
Epit.9
Can.12,2
Did.4,2
'Extl)nioEL~
'EX~l)nlOEl~
'Ex~llnloEll;
öt autov
öt tO 1tQ6ooo1toV autoü xa{}' ~l1tQav xai tOU~ AOl1tOU~ ay(olJ~ ...
öt xa{}' "!1EQav ta 1tQ6ooo1ta tmv ay(oov
xai tou~ AOl1tOU~ ayiot,~ ...
Wengst behauptet, daß sich die Abweichungen von Can. gegenüber Epit. aus der zusätzlichen Verwendung der Did. oder des Wege-Traktats der Did. ergäben. Der Text der Can. sei eine Kombination aus der Elfapostelmoral und Did. Aber Ahnliches bietet auch Barn. 19,10: Kai. tX~l)nlOEL~ xa{}' EXUotTIV "J.LtQav ta 1tQ6ooo1ta twV ay'oov ... Zu erklären ist m. E. nicht der Can.-Text, sondern der Text von Epit. t der schlicht auf einer Kürzung der Vorlage seiner Version des Wege-Traktats beruhen wird. Wengst vermutet, daß auch wenig später ein ähnliches Phänomen vorliegt: Epit. 9 fin.
'0 yaQ XUQlO;; ~;(OOOE OE
Öl' autoü öoth;VaL 1tVElJl1atlX~V tQo
Can.12,3 El yaQ 6 XUQlO;; Öl' autoü ~;(oootv OOl Öoth;VaL 1tVElJl1atLX~V tQOcpT)v xai 1I"0TO\, xai. ~oo~v aLwvLOv ...
Did. 10,3 fin.
"I1LV öe txaQ'ooo 1tVElJl1atlxT)v tQOcpT)v xai 1tOtOv xai ~wT)v a{wvLOv ...
Es ist die schon oben genannte Stelle. Nach Wengst soU der Zusatz xai 1tot6v in Can. 12 nahelegen, daß Can. zusätzlich von Did. abhängig ist (11). Aber wenn schon eine Benützung der Did. vorliegen soll (was ich, nota bene, nicht glaube), dann läge doch die Annahme viel näher, daß beide Versionen (Can. und Epit.) die Did. benützt haben bzw. (besser), daß ihre gemeinsame Vorlage Did. benützte 30 , und daß xa11tot6v in Epit. (aus welchen Gründen auch immer) ausgefallen ist. - Die beiden von Wengst aufgestellten Bedingungen für die Annahme der Unabhängigkeit der Can. von Did. (Wengst, 11) (der Didachist hätte "seine Vorlage wörtlich reproduziert" und Can. hätte .. genau dieselbe Vorlage" benützt "wie der Didachist") sind m. E. zu differenzieren: der Didachist wird seine Vorlage in der Tat ziemlich treu ausgeschrieben haben, aber daß er genau dieselbe Vorlage wie Can. benützt habe, glaube ich nicht: ihm lag eine ähnliche Version wie Can. als Vorlage vor. Denn: so ausschließlich ist die Relation zwischen Did. und Can. wieder nicht 31 • Das zeigen vor allem die Stellen, an denen Can. (und Epit.) mit Bam. (!) gegen JII Wengst macht sich (11) übrigens selbst den Einwand, es könnte sich auch um eine Tradition handeln, ,,\'on der der Kompilator auch auf anderem Wege Kenntnis erlangt haben kann-. Doch ist dieser Einwand für ihn nicht stichhaltig angesichts der folgenden Erwägungen. 31 Wengst nennt selbst (10, Anm. 24) .. vier Ausnahmen-, an denen Can. und Epit. gegen Did. stehen.
54
S6
Das Verhältnis der Didache zum Zwei-Wege-Traktat
Did. gehen, - worüber unten zu handeln sein wird 32 • Dieses Phänomen legt m.E. eine andere genealogische Verknüpfung dieser Schriften nahe. - In summa: trotz der Einwände von Wengst möchte ich an der Hypothese festhalten, daß Can. nicht von Did. beeinflußt ist.
d) In der arabischen Vita des Schenute von Atripe33 folgt auf die Einleitung der Rede des Visa in p. 291, Z1. 6ff. (Amelineau) ein lehrhafter Abschnitt, der regelartigen Charakter trägt, und inhaltlich nichts anderes darstellt als eine (allerdings späte) Version des Zwei-Wege-Traktats. Daß die sectio evangelica fehlt, überrascht nicht mehr. Der Traktat kehrt im übrigen mit zahlreichen Veränderungen wieder, einschließlich des 6öo~ to'Ü 'fravatou (der aber nur ganz kursorisch behandelt wird)34. Interessant ist, daß die Gestaltung des Stoffes zu Teknon-Sprüchen nicht erst in dem Did. 3,1 ff. entsprechenden Abschnitt einsetzt, sondern bereits in dem Abschnitt, der Did. 2,6 entspricht (und über Did. 3,6 hinausreicht). Von einer Kenntnis der Gesamtdidache kann wohl keine Rede sein 3s . e) Schließlich sind noch die beiden literarisch miteinander verwandten Texte ps. athan. Syntagma doctrinae (ed. Batiffol) und die Eides patrum (ed. Batiffol bzw. PG 28,1637ff') zu nennen 36. Was die Fides patr. betrifft, so beginnen die Zitate oder Anklänge an den Wege-Traktat erst im zweiten Teil der Schrift, ab c.III (Batiffol) bzw. PG 28,1639 C. Das literarische Verhältnis der beiden Schriften zueinander scheint sich am besten so zu verstehen, daß die Fides patrum (in ihrem zweiten Teil) entweder aus dem Synt. doctr. 37 oder aus einer gemeinsamen Quelle 38 schöpft. Die ganze Frage (einschließlich der Einordnung der versio coptica der Fides patr.) bedürfte einer neuen Untersuchung. Die Zitate aus dem Wege-Traktat sind über die beiden Schriften verstreut:
Wengst nimmt (10, Anm. 23) an, daß Can. Bam. benützt hat, will aber Can. 12,1 (aYOJt'itoEL~ vgl. Epit. 9 und Bam. 19,9 nicht durch Abhängigkeit aus Bam. erklären, sondern durch Abhängigkeit vom Wege-Traktat, da nach Wengst zwar Can. von Bam. abhängt, aber nicht Epit. 33 Dazu s.o. 34 Auffällig ist das Fehlen des Stoffes, den Did. in 4,9-14 bringt. 35 Benigni (Bess. 3, 1898, 326) wollte den Stoff aus der Did. ableiten, allerdings aus einer Rezension der Schrift, die auch Can. vorgelegen haben soll. Nach Vokes, Riddle, 72 stammt die Verwendung des Wege-Traktats aus der Did., wobei der Verfasser Did. 1,2 an Bam. und die Evangelien angleicht. - Bamard, Later History of the ,Two Ways', 104 f.: neben dem Wege-Traktat könnten Did. und Can. benützt sein. "The ,Two Ways' known to Schnudi was probably the Greek Original of the Doctrina ... - (105). 36 Zu den beiden Schriften vgl. oben. 37 Vgl. Connolly, The Use of the Didache, 156; Vokes. Riddle. 72; Bamard, Later History of the ,Two Ways', 105. 38 So Hamack, Apostellehre, 28. Batiffol (in: Studia Patristica, fase. 2, 1890, 135): die beiden Versionen der Fides (die griechische und die koptische) gehen unabhängig voneinander auf dieselbe Vorlage zurück, aus der auch Synt. doctr. geflossen ist. Jl
w~ x6Q1']v OcpitaAJ.Wü OO\l)
2. Näheres zur Hypothese eines selbständigen Wege-Traktats
55
Synt. doctr. 1,4/ Fides patr. 111 bzw. 1639 C-vgl. Did. 1,2; Synt. doctr. 1,5/ Fides patr. 111 bzw. 1639 C - vgl. Did. 2,2; Synt. doctr. 1,9/ Fides patr. IV bzw. 1639 D-vgl. Did. 2,4; 3,5.6; Synt. doctr. 11,4/ Fides patr. V bzw. 1640 A - vgl. Did. 2,2; Synt. doctr. 11,5/ Fides patr. V bzw. 1640 A - vgl. Did. 3,4; Synt. doctr. 111,1 / Fides patr. VII bzw. 1641 B - vgl. Did. 3,5; Synt. doctr. IV,l / Fides patr. VIII bzw. 1641 D39 - vgl. Did. 3,8. Dazu kommt Fides patr. 111 bzw. 1639 C vgl. Did. 6,1 (wozu eine Parallele in Synt. doctr. fehlt). Alle diese Stellen haben ihre Parallelen lediglich im ZweiWege-Teil der Did. 40 , wobei Zitate aus der sectio evangelica - natürlich fehlen 41 • Alle anderen Parallelen, die die Kenntnis späterer Passagen der Did. (und damit überhaupt erst die Kenntnis der Did.) beweisen sollen, sind fraglich: Synt. doctr. 11, 10 (vgl. Fides patr. VI bzw. 1640 B) kennt das Mittwoch- und Freitag-Fasten, aber daß die Passage aus Did. 8,1 entlehnt ist, läßt sich nicht erweisen. Synt. doctr. 111, 2 EOV 'tExva~ J.lT) EXOOOLV avayxa~oV'tm ltQayJ.la'tEuEcrfrm (vgl. Fides patr. VII bzw. 1641 B) kann, muß aber nicht aus Did. 12,4 stammen. Synt. doctr. 111, 10 (vgl. Fides patr. VII bzw. 1641 C) stammt schwerlich aus Did. 13,3, sowenig wie Synt. doctr. VI, 4 (vgl. Fides patr. X bzw. 1642 D) aus Did. 12,4. Und auch für Synt. doctr. VI, 6 (v gl. Fides patr. X bzw. 1642 D) läßt sich Abhängigkeit von Did. 13,3 nicht mit Sicherheit nachweisen 42 • Ergebnis: die beiden Schriften haben sichere Beziehungen nur zum Zwei-Wege-TeiI 43 • Die entsprechenden items gehen wohl nicht auf Did., sondern auf den selbständigen Wege-Traktat in irgendeiner seiner Formen 44 zurück 4s .
2. Näheres zur Hypothese eines selbständigen Wege-Traktats Wir haben im voraufgehenden die Beziehungen des Wege-Teils der Did. zu verwandten Passagen in Barn., Doctr., Can., Epit., Vita Schenute, Synt. doctr. und Fides patr. erönert. Dabei sind wir nicht ohne die Annahme eines selbstän39 Synt. doctr. IV, 1 und Fides patr. VIII bzw. 1641 0 lesen (mit Did. und gegen Bam. Can. Epit.; Doctr.: omnia verba) öul1tavt6~. Man würde die Wendung in Did. streichen, wenn sie sich nicht in Synt. doctr. und Fides patr. fände. Const. liest sie wahrscheinlich in 11, 1,5 (ob auch die Vorlage, die Didasc. apost., so las, ist unsicher); in VII, 8,3 (aus Did.) fehlt öul1tavt6~. 40 Und zwar im Synt. doctr. nur vom Anfang des Wege-Traktats (analog zu Did. 1-3). 41 Anders Dix, Did. and Diat. 247, der in Synt. doctr. III, 8 f. Did. 1,5 a zitiert findet. 42 Abhängigkeit des Synt. doctr. und der Fides patr. von Did. vertraten Hennecke, Grundschrift, 59, Anm.3 und passim; Muilenburg, Literary Relations, 39; Vokes, Riddle, 72f. (mit komplizierten Aufstellungen); Dix, Did. and Diat. 246f.; Bamard, Later History of the ,Two Ways', 105 erwog neben der Abhängigkeit von den Duae Viae Abhängigkeit von Did. und Can. u Goodspeed, Doctrina, 233. 44 Interessant ist Synt. doctr. 1,6 die Reminiszenz an die Jakobus-Klauseln; vgl. Fides patr. III bzw. 1639 C. 45 Anders Giet, 146f.150 mit einer komplizierten und ganz arbiträren Hypothese.
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Das Verhältnis der Didache zum Zwei-Wege-Traktat
digen Traktats de duabus vüs ausgekommen, - eines Traktats, der in verschiedenen Versionen tradiert und in verschiedener Weise als Quelle benützt worden ist. Dieses Deutungsmodell (zuweilen auch als .. Grundschrift-Hypothese" bezeichnet) ist schon früh in der Did.-Forschung aufgetaucht, natürlich in den verschiedensten Varianten vorgetragen worden, und beherrscht heute (bei verschiedener Ansetzung der genaueren genealogischen Relationen) die Forschung46 • Auf dergleichen Differenzen und Nuancen kann ich hier nicht eingehen. Ich beschränke mich auf die Darstellung dessen, was mir - von der Forschungsgeschichte angeleitet - am wahrscheinlichsten erscheint: a) Die verschiedenen Versionen des Traktats gehen auf ein ursprünglich jüdisches Grund-Muster zurück, auf einen im Ursprung noch vorchristlichen, jüdischen Traktat über die beiden Wege 47 , dessen ursprünglicher Wortlaut aus den Filiationen im einzelnen nicht mehr hergestellt werden kann 48 • Eine dieser Versionen lag auch dem Didachisten als Quelle vor. In jedem Fall ermöglicht diese Hypothese, mit der zeitlichen Ansetzung des jüdischen Traktats in das erste Jahrhundert hinaufzugehen; die literarischen Vorformen sind noch älter und gehen auf vorchristliche Zeit zurück 49 • ~b Das Deutungsmodell stammt bereits aus der ersten Forschungsperiode. Ehrhard, Altchr. Litt. 53 hat es so formuliert: "Der erste Teil, die Darstellung der Zwei Wege, ist jüdischen Ursprungs und wurde vielleicht schon vor Christus als Katechismus für Proselyten verfaßt." (Die Qualifizierung der Vorlage als Proselyten-Katechismus wird allerdings nicht \"on allen Vertretern der Hypothese geteilt). Ehrhard nennt 54 auch die ältesten Vertreter dieser Ansicht. Ihr Hauptbegründer (nach Vorläufern) war C. Taylor, Teaching, 18ff. (vgl. "Early Jewish Manual of Two Ways", 18). Das Modell wurde dann vor allem von Harnack, Apostellehre, 14.25ff. entwickelt (Harnack hatte ursprünglich eine andere Auffassung vertreten). Bekämpft wurde es in der ersten Zeit besonders nachhaltig u.a. von Funk, ThQ 69, 1887,281 ff.; ders., Kirchengesch. Abh. 11, 137ff. Über die Verhandlungen in dieser Frage bis 1900 vgl. Ehrhard, op.cit. 53ff. Wichtige Gegner der Grundschrift-Hypothese waren in späterer Zeit: Robinson, Bam., Herm. and the Did. 70ff.; Muilenburg, Literary Relations, 41 ff. und passim; Robinson, Barn. and the Did. 120.146; Vokes, Riddle, 31 ff. U.ö. Spätere Anhänger der Grundschrift-Hypothese waren z.B.: Drews, 54 u. passim; Bartlet, Did. Recons. 243ff.; Maclean, Introd. VIII ff.; Creed, Did. 377ff. In der jüngeren Forschung: Goodspeed, Doctrina, 230ff.; Altaner, Doctrina, 335ff.; Richardson, 162; Audet, 122ff.; Butler, Two Ways, 27ff.; Krah, .. ff.; Bamard, Later History of the ,Two Ways', 97ff.,; Adam, Herkunft, 53ff.; Giet, 39ff. und passim; Suggs, Two Ways Tradition, 62ff.; Rordorf-Tuilier, 22ff.; näherhin: 28; Wengst, 20ff. ~7 lJo~h land das Deutungsmodell auch jene Variante, derzufolge der Wege-Traktat als selbständige Quelle der Did. als eine sehr wahrscheinliche Annahme akzeptiert, die Hypothese des ursprünglich jüdischen Charakters der Quellenschrift jedoch als nicht zwingend bezeichnet oder direkt abgelehnt wurde: Hennecke, Grundschrift, 61; Goodspeed, Doctrina. 236f. Solche Bedenken sind durch 1 QS 111. 18 ff. hinfällig geworden. weil dort eine jüdische Vorform, eine literarische Analogie zum Wege-Traktat vorliegt. ~8 Hamacks Versuche. die Vorlage wiederherzustellen (Apostellehre. 57ff.) halte ich für verfehlt. Problematisch auch die Versuche von Wengst. Bamabasbrief. 65 f. 49 Natürlich ist vor und neben der literarischen Tradition auch eine mündliche Tradition der Wege-Lehre denkbar. doch ist dergleichen nicht rekonstruierbar. Was wir hier zu verfolgen haben, ist die Rekonstruktion der literarischen Überlieferung. In diesem Zusammenhang liegt es nahe. der seinerzeitigen Versuche von A. Seeberg zu gedenken (vgl. nur: Der Katechismus der Urchristenheit, 1903 [t 966]; Die beiden Wege und das Aposteldekret. 1906; Die Didache des Judentums und der
2. Näheres zur Hypothese eines selbständigen Wege-Traktats
57
b) Der jüdische Charakter des ursprünglichen Zwei-Wege-Traktats ist schon früh aufgefallen so und hat in neuerer Zeit durch die Entdeckung der QumranTexte, nämlich näherhin durch die Analogie 1 QS III, 18ff. eine zusätzliche Grundlage erhalten. Es ist für die besondere Gestalt, in der das Wege-Motiv des Traktats auftaucht, charakteristisch, daß die nächsten Parallelen in jüdischen bzw. juden-christlichen Texten zu finden sind: 1 QS III, 18ff.; Test. Ass. 1,3ff.; Ps. Clem. horn. VII, 3,3ff. (GCS I, 117ff.); 7,tff. (I, 119). Dazu wird unten noch Näheres zu sagen sein. Bei der Erklärung der Einzelheiten des Gesamttraktats trifft man auf Schritt und Tritt auf alttestamentlich-jüdisches Milieu; in den vorderen Passagen spielen insbesondere Parallelen aus Ps. Phoc. eine gewisse RolleSt. In den Teknon-Sprüchen (die ich freilich für einen Zuwachs zum ursprünglichen Traktat halte) tritt uns jüdisch-chokmatische Denkweise entgegen. An keiner Stelle des ursprünglichen Traktats ist von Jesus die Rede s2 (die sectio evangelica der Did. ist natürlich ausgenommen). Nirgends begegnet uns das christologische bzw. soteriologische Kerygma von Passion, Auferstehung, Wiederkunft S3 . Und schließlich ist charakteristisch, daß der typisch christliche Urchristenheit, 1908). Seeberg konstruiene in verschiedenen Ansätzen ein mündlich tradienes, ursprünglich jüdisches Katechismus-Schema (zuweilen .. Proselyten katechismus· genannt: Wege, 47, Anm. 3) mit einem einigermaßen festliegenden Lehrgut, von dem er annahm, daß es von der christlichen Tradition (natürlich mit entsprechenden Modifikationen) übernommen worden wäre. Mit diesem Schema brachte er auch verschiedentlich die Wege- Lehre in Verbindung; sie sollte als Teil dieses Katechismus-Schemas verstanden werden. Zur Würdigung und Kritik der Gesamtkonzeption Seebergs vgl. die Einleitung Ferd. Hahns zum Neudruck der Katechismusschrift (speziell XXI ff. und XXIV f.). Für unseren Zusammenhang gilt: ob es je ein solches allgemein verbreitetes und einigermaßen feststehendes, verschiedene Lehrstücke und u. a. auch die Wege-Lehre umfassendes Katechismus-Schema im judentum gegeben hat, ist sehr zweifelhaft, und der Versuch, die WegeLehre (oder schließlich sogar die ganze Didache) damit in Verbindung zu bringen, bleibt entsprechend dubios (von der Fragwürdigkeit vieler Einzelheiten in den Aufstellungen ganz abgesehen).Im weiteren Sinn gehören hierher auch die Aufstellungen von G. Klein, Der älteste christliche Katechismus und die jüdische Propaganda-Literatur, 1909. Klein konstruiene eine eigene, mündlich tradiene Überlieferung, zu der auch die "Urdidache" gehören sollte. 50 Harris, Teaching, 91 und Muilenburg. Literary Relations. 107f. haben eingewandt: auch die cc. 7-16 trügen stark jüdisches Kolorit. Doch wird bei einem solchen Uneil die charakteristische Differenz übersehen: der Wege-Traktat ist in seiner Substanz jüdisch und nachträglich oberflächlich christianisien worden; cc. 7-16 bilden keine Einheit, sind aber insgesamt durch judenchristliehe Tradition bestimmt. die von dem Autor redigien wurde. SI Der mit Ps. Phoc. 5-79 parallelgehende Text Or. Sib. 11. 56-148 in der Handschriftengruppe 'V ist erst nachträglich (unter Zufügungen und Erweiterungen aus christlicher Zeit) in die Sib. eingedrungen: van der Horst, Sentences. 84f.; N. Walter. jSHRZ IV, 3. 18M. - Ich zitiere die Parallelen demgemäß in Klammern. - Die Entdeckung der Did ... constituted a tuming-point in the research on Ps-Phoc." (van der Horst. op.cit. 14). Am Rande sei bemerkt, daß die Parallelen der Moral-Vorschriften der Philadelpheia-Stele (ZI. 12-50; vgl. SIG III, 985. pp. 116ff.; dazu die Tabelle bei Weinreich. Privatheiligtum in Philad. 59) an dem Uneil über den jüdischen Charakter des Wege-Traktats nicht irre machen können. Übrigens scheint mir jüdischer Einfluß auf die betreffenden Abschnitte der Stele nicht ausgeschlossen. 52 Mit Kyrios (Did. 4.1) ist wohl jesus gemeint. Aber das ist nicht der älteste Text des Traktats. s. u. Zu 4.1 c siehe nächste Anm. S3 Das Doppelgebot der Liebe (Doctr. 1.2; Did. 1,2; Can. 4.2f.; Epit. 1). das in Barn. typischerweise fehlt. geht vermutlich auf die nachträgliche Christianisierung der jüdischen Vorlage zurück.
58
§ 6 Das Verhältnis der Didache zum Zwei-Wege-Traktat
Text Did. 1,3b-2,1 im Wege-Traktat bei Bam., Doctr., Can., und Epit., in der Vita Schenute, in Synt. doctr. und Fides patr. fehlt S4 . D.h.: wir haben, was dit Vorlage, den Wege-Traktat betrifft, ursprünglich mit einem rein jüdischen Text zu rechnen. Er gehört wahrscheinlich in den weiteren Zusammenhang der Gemeinschaftsregeln jüdischer religiöser Gemeinschaften (wie 1QS, 1QS a, in Qumran)Ss. Die oft geäußerte Vermutung, wir hätten es mit einem "ProselytenKatechismus" zu tun S6, ist dubioss 7 • In der ursprünglichen Form hat der Traktat vielleicht die Funktion einer Gemeinderegel jüdischer Erweckter gehabt, die sich etwa im Lehrhaus trafen s8 , und die sich gegenseitiger sozialer Unterstützung befleißigten s9 . Doch weist manches auf Mission bei den Heiden 60. Sehr auffällig ist das völlige Fehlen ritueller Vorschriften. Sie sind entweder von den christlichen Bearbeitern getilgt worden, oder aber (und das mag wahrscheinlicher sein) sie haben in einem solchen Moralkatechismus der Gruppe keinen Platz gehabt 61 . Dazu s.u. Setzt auch die Rede vom Geist in Doctr. 4,10 fin. bzw. Did. 4,10 fin. (vgl. Barn. 19.7c) christliche Überarbeitung voraus? Ich glaube, ja. Doctr. 4.lc; Did. 4,lc; Can. 12,1 ist unsicher. (Die entsprechende Parallele in Epit. 9 ist christianisien, aber nachträgliche Verdeutlichung). Unsicher ist auch Did. 4,1 b par. Ich möchte in beiden Fällen Christianisierung annehmen. 'Ev tXxÄTJ(Je'll in Did. 4,14 ist wohl Zusatz des Didachisten (fehlt in Barn., Doctr. und Epit.). Man sieht: die jüdische Vorlage ist (anfangs nur zögernd. später kräftiger) überarbeitet worden. 54 In Const. geht es auf Did. zurück. - Die drei Hauptargumente für die Annahme einer ursprünglich rein jüdischen Vorlage (die reichen Parallelen im jüdischen Milieu, das Fehlen des spezifisch Christlichen, das Fehlen der sectio evangelica in den Parallelen) nennt schon Ehrhard. Altehr. Litt. 54. 55 Suggs. Two Ways Tradition, 68 konstatien für 1QS III f ... a kind of homiletic exhonation concerned with group identity" und für das Test. Ass ... school discourse in the interest of ethical instruction". Der Sitz im Leben der Zwei-Wege-Lehre bei Bam. sei mit dem Sitz im Leben der analogen Lehre in 1QS ident... an instrument of group identity" ... "an initiatory setting". Dasselbe soll auch für die Doctr. gelten (71). Initiatorisch sei auch der Wege-Traktat in Did. (72). "In early Christianity the Two SpiritslWays form had its primary (but not exclusive) Sitz in relation to initiation" (72). - Kl. Berger möchte Did. 1-6, also den Wege-Traktat, zur Gattung des TtQO'tQE3t'tlXO~ A6yo~ rechnen (Hellenistische Gattungen, 1139). Typisch sei dafür auch c.6. "Der Rahmen entspricht dem eines Protreptikos, die Füllung beim Weg des Lebens ist Paränese (Hypothetikos)" (ebdt.). 56 VgJ. oben Anm. 46! Weiter: Harnack. AposteUehre, 14.29f.; Drews, Untersuchungen, 54 (der "U rdidache" liegt "ein jüdischer Proselytenkatechismus zu Grunde", den in ähnlicher .. verchristlichter Gestalt" auch Paulus gekannt haben soU [ebdt.]). Besonders weit gehen wieder die Vermutungen bei Adam, Herkunft: .. Die Zwei-Wege-Lehre könnte innerhalb des Judentums der Adiabene als Handbuch der Katechumenenbelehrung entstanden sein" (53f.). 53, Anm. 97 schlägt Adam den aus Jos. ant. XX, 34 ff. bekannten Ananias als Verfasser vor (!). Für Adam ist die Grundschrift der ce. 1-6 der Did. jedenfalls ein jüdischer Proselytenkatechismus aus der Adiabene (54 u.ö.). 57 Richtig die Bedenken bei Rordorf-Tuilier, 31, Anm.5. Vgl. zuvor schon ThWNT V, 92.99 u. ö. (Michaelis); Wibbing, Tugend- und Lasterkataloge, 5 ff. 58 Wengst, Barnabasbrief, 67 vermutete, daß "die Zwei-Wege-Lehre wie die von Bamabas in ce. 2 -16 benutzte Tradition ihren Sitz im Leben im Schulbetrieb haben." 59 VgJ. zu 4,8. 60 VgJ. 2,2! 61 P. Savi, La dottrina degli apostoli. Ricerche critiehe suU' origine del testo con una nota intomo all'eucanstia, 1893, 55f. (mir nicht zugänglich, ich zitiere nach Ehrhard) hat die Idee aufgebracht.
2. Näheres zur Hypothese eines selbständigen Wege-Traktats
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c) Der jüdische Traktat, von dem wir bisher gesprochen haben, ist in seiner ursprünglichen Form untergegangen. Er hat aber (in verschiedenen Modifikationen) in der altchristlichen Literatur weitergelebt. Die ersten Christen (zunächst wahrscheinlich Judenchristen) haben den Text aufgegriffen und für sich arrogiert. Und von da an hat er innerhalb der christlichen Literatur Geschichte gemacht 62 • Ob diese Geschichte noch im einzelnen aufgehellt werden kann, ist eine schwere Frage. Eines der dabei auftauchenden Grundprobleme ist folgendes: Can.lEpit. gehen weithin mit Did.lDoctr. gegen Barn. parallel 63 . Andererseits erinnen64 Can. prooem. (XatQETE uloL .. X.T.A.) an Barn. 1,1 (om. Did.lDoctr.)65; Can. 4,2 xat ÖO;aGELS 'tOv AUTQWGalA€V6v GE tx ~avatou66 erinnen an Bam. 19,2 (gegen Did.lDoctr., wo diese Wendung fehlt)67; Can. 12,1 (Epit. 9) haben einen abweichenden Text gegen Did.l Doctr., wobei die charakteristische Wendung WS x6Q'lv <'xpaaAJ.1Oü GOU wieder an Bam. (nämlich 19,9) erinnen (vgl. Tafel III); schließlich entsprechen einander Can. 14 (om. Epit.) und Barn. 21,2c-4.6a gegen Did. und Doctr. (vgl. Tafel lIla). Man wird sich schwerlich davon überzeugen können, daß Can. 14 direkt aus Bam. stammt. Der Text in Can. wirkt unmittelbarer68 ; eher gehen die Epiloge in Can. 14 und Barn. 21 auf eine gemeinsame Quelle zurück. Vermutlich liegt dem Text von Can. der Schluß einer der Rezensionen des Wege-Traktats zugrunde; einen ähnlichen las auch Barn. (freilich ohne
60
§ 6 Das Verhältnis der Didache zum Zwei-Wege-Traktat
Tafel 111 Did. 4,1 (vgl. Doctr. .:,1:
Barn.19,9.10
Can. 12,1 (vgl. Epit. 9)
tOv AaAo'Üvta Oot tOV A6yov to'Ü 'Ö'EO'Ü xal n:aga(t..ov OOl Ylv6J.tEVOV tilc; ~ooiic; xal ö6vta oot tiJv tv XUgLq> ocpgay(öa ayamioElc;l ayamioElC; 00c; x6Qllv Öcp'Ö'aAJ.tO'Ü oou, 00C; x6QT)v to'Ü öcp{taAJ.tO'Ü oou n:avta tOv AaAoiivta Oot tOv A6yov xug(ou. J.tVllc.rthlan itJ.tEgav XgLOEWC; J.tVllc.rthlan ÖE 2 auto'Ü vUxta xat it,ugQV, 3 VUXtOC; xat itl'igac; nJ.t~OELc;" autov 00C; tOV 5 xUgLOV. I
2 1
autov add. Epit. öt om. Epit. v\JxtOc; x. ~"tQac; Epit.
tOÜ Aa>...oÜYt6c; Oot tOV A6yov to'Ü 'Ö'EOÜ 6
J.tVllc.rthlan VUXtOC; xai itJ.'igac;, nJ.ti}oELC; öt autov 00C; xUgLOV.
• öt add. Epit. s tOv om. Epit. domini dei Doctr.
6
Tafel lIla Barn.21,2c-4.6a
Can.14
(1) 00C; ~tl xatg6C; ton
xal oux EXEtE EtC; oüc; tgya~Ea'Ö'E J.tE'Ö" EaUtOOV, J.t" tx>..Ln:ll tE l;v J.tllÖf.V(, t;ouOLav tav EXlltE. (2) 'EyyUC; yag it itl'iga xug(ou tv auVan:oAELtm n:avta cruv tQ> n:OVllg
n
(2c) ExEtE
J.tEi)' EaUtOOV, dC; oüc; tgya~Ea'Ö'E tO XaAOv· J.t" tUElruJ tE . (3)
tyyiJc;
it "J.tEga,
n
tv auVan:OAEltat n: n:OVllgQ>· tyyiJc; 6 XUgLOC; xai 6 J.tla'Ö'OC; auto'Ü. (4) En xaL ftl tgWtoo uJ.täC;· (3) rEautoov y(VEa'Ö'E voJ.tO'Ö'itaL, EaUtOOV YLVEa'Ö'E voJ.to'Ö'hm ayaßol. EaUtOOv y(VEa'Ö'E crUJ.tßoUAot aya'Ö'ol, EaUtooV J.tEvEtE crUJ.tßoUAOl 3tlatOl . 'Ö'EoÖ(öaXtOl· (6a) YLVEa'Ö'E öt "ÖEOÖ(ÖaXtOL ... Vgl. Barn. 19,11b; [cpuÄ.a;ElC; ci n:agEAaßEC; Did.4,13b; J.ti}tE n:goa'Ö'dC; Doctr.4,13b. J.ti}tE uCPaLgOOv vgl. Epit. 11 fin.]
2. Näheres zur Hypothese eines selbständigen Wege-Traktats
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die vorher zitierten Übereinstimmungen von Can. (bzw. einmal auch von Epit.) mit Barn. gegen Did.lDoctr. schwerlich darauf zurückzuführen sein, daß Can. bzw. auch Epit. oder die gemeinsame Vorlage den Barn. als zusätzliche Quelle benützte. Es ist im Hinblick auf Can. 12,1 (Epit. 9) überhaupt nicht einzusehen, warum ausgerechnet hier Barn. verwendet sein sollte 70. Das Problem liegt vielmehr offenbar darin, daß Can. (Epit.) im Material und Aufbau weithin mit Did.lDoctr. gemeinsam gehen, aber in den angegebenen seltenen Fällen Can. (und in einem Fall auch Epit.) mit Barn. geht gegen Did. und Doctr. Das legt m. E. die Annahme nahe, daß man die Traktat-Texte aller vier bzw. fünf Zeugen (Barn., Did., Doctr., Can. und Epit. bzw. die gemeinsame Vorlage der beiden zuletzt Genannten) letztlich auf eine gemeinsame Urform zurückführt (B), die Barn. direkt ausgeschrieben hat 71 , während die übrigen von einem davon derivierten Archetyp (C) abhängig sind, Did. und Doctr. näherhin von einem Subarchetyp CI, Can. und Epit. vom Subarchetyp C 2. In dieses Modell (vgl. dazu das hypothetische Stemma Tafel IV) kann man im Sinne einer Arbeitshypothese auch die gemachten Beobachtungen einfügen. Sollten diese Aufstellungen zutreffen, so hätte man sich die Genealogie des WegeTraktats etwa folgendermaßen vorzustellen: aa) Am Anfang steht eine jüdische "Urform" (A), die untergegangen ist 72 • Schon diese "Urform" war übrigens keine Einheit, sondern ein Kompilat 73 • bb) Von ihr abhängig ist eine erste christliche Rezension (B). Die Christianisierung des Stoffes war in dieser ersten Rezension wohl nur sehr oberflächlich; doch fügte der Redaktor vermutlich einen eschatologischen Epilog hinzu, der christlichen Charakter trägt (und der den ursprünglichen, jüdischen eschatologischen Epilog zu ersetzen hatte). Materialiter liegt dieser Epilog noch Can. 14 bzw. Barn. 21 zugrunde. cc) Von dieser ersten Rezension ist Barn. 18ff. (einschließlich 21) abhängig. Der Verfasser des Barnabasbriefes hat seine Vorlage z. T. sehr frei ausgeschrieben und (von Ausnahmen abgesehen) den Ordo der Vorlage weniger gut wiedergegeben als spätere Dcrivate 74 • Barn. hat zudem den Wege-Traktat an das Ende seines Textes gefügt. Auch dem~emäß das
cpuM;n öt ... X. t. A. als sinnvollen Abschluß. Can. hatte zunächst diese Passage nicht, weil das Zitat aus dem Wege-Traktat vorläufig bei dem Did. 4,8 entsprechenden Text abbrach. Dafür hat Can. dann den passenden Text an den Schluß des Epilogs versetzt. 70 Wengst nimmt (10, Anm.23) an. daß Can. den Barn. gekannt hat, während Epit. von Bam. unabhängig sein soll. Daher soll die Parallele Can. 12,1/Epit. 9 vgl. Barn. 19,9 nicht aus Barn. stammen, sondern aus einer Rezension des Wege-Traktats. Aber liegt es nicht näher. die Parallelen zwis(hen Can.lEpit.lBarn. gegen Did. und Can.lBarn. gegen Did. auf die gleiche Weise zu erklären? 7\ Wobei er - von Ausnahmen abgesehen - die Sequenzen verändene und umstellte. 72 Gemeint ist also die erschlossene" Urform" des Wege-Traktats, auf die letztlich alle Filiationen, die hernach genannt werden, direkt oder indirekt zurückgehen. Natürlich kahn man noch hinter "A" zurück zu einem "Pattern", das auch noch 1 QS I1I, 18ff. bzw. Test. Ass. 1 H. umfaßt. Vgl. Barnard, Later History of the ,Two Ways', 107; Suggs, Two Ways Tradition, 62 f. 73 Bestehend aus: einer Einleitung mit Grundregel (1), einer Verbotsreihe (2), den AnawimSprüchen (3) und Sprüchen soziale Verhältnisse betreffend, einschließlich einer Haustafel (4), Stücke. die zum "Lebensweg" redigien waren; dazu ein Lasterkatalog (5), der zum "Todesweg" gestaltet war. Das Ganze war abgeschlossen (6) mit einem eschatologischen Epilog. - Die TeknonSprüche sind erst in christlicher Zeit hinzugetreten, auch wenn sie materialiter (von etwaigen Zusätzen abgesehen) jüdischer Herkunft sein werden. - Audet hat in einer scharfsinnigen Analyse (301l- 320) eine andere Urform herzustellen versucht. 74 Die alternative Annahme. erst der Redaktor von C hätte den Text in jene Ordnung gebracht.
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§ 6 Das Verhältnis der Didache zum Zwei-Wege-Traktat
Tafel IV
C
Cl
A
Barn.
.. ? . ... . Vita Schenute
C2
Doctr.
Did.
.?
/\...
. ..
Can .
.
Synt. doctr. Fides patr. Const.
Fragm. Anast.
Isaac Syrus
Epi',
2. Näheres zur Hypothese eines selbständigen Wege-Traktats
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die Einleitung Xa(QEtE UlOl ... X. t. A.. hat er wahrscheinlich bereits aus seiner Vorlage übernommen, und zwar hat er diesen Satz an den Anfang seines ganzen Werkes gerückt. dd) Für die weitere Geschichte bedeutsamer ist eine zweite christliche Rezension des Traktats geworden (C). Sie hat viel tiefer in die Überlieferung eingegriffen: der Redaktor hat (1) das überlieferte Grundgebot zum Doppelgebot der Liebe umgeformt 75; er hat (2) die Teknon-Sprüche hinzugefügt; er hat (3) einige sonstige, geringfügige Erweiterungen des Textes vorgenommen. Davon abhängig ist ein Subarchetyp (C 1), der sich durch die Veränderung des eschatologischen Epilogs auszeichnete. Von ihm sind einerseits Doctr. 76 , andererseits Did. abhängig. Der Verfasser der Doctr. scheint seine Vorlage im wesentlichen treu wiedergegeben zu haben. Doctr. 6,6 ist erst in der lateinischen Texttradition zugewachsen. Ganz anders ist der Redaktor von Did. mit seiner Vorlage umgegangen: darüber wird noch weiter unten zu handeln sein 77 • ee) Eine spätere Rezension (C 2) ist dazu übergegangen, den Stoff des Wege-Traktats den (elf) Aposteln in den Mund zu legen, d.h. das Ganze als Apostellehre zu stilisieren. Dabei wurde der Text des Todesweges gestrichen. Auf diese Rezension gehen (unabhängig voneinander) Can. und Epit. zurück, wobei Epit. 11 den Schluß des Lebensweges bringt, der in Can. fehlt, während - umgekehrt- Can. in c. 14 den alten eschatologischen Epilog materialiter bewahrt hat, der wiederum in Epit. fehlt (auf weitere Differenzen zwischen Can. und Epit. braucht hier nicht eingegangen zu werden). ff) Der Stoff des Wege-Traktats (inzwischen längst in christlicher Tradition) ist schließlich nicht zufällig in bestimmte Bereiche der Mönchsliteratur (Vita des Schenute, Synt. doctr.) und in die Fides patt. übergegangen - eine Angabe über den genaueren genealogischen Zusammenhang dieser Texte (abgesehen davon, daß ich sie als späte Filiationen der Rezension C beurteilen möchte) wage ich nicht zu geben.
Natürlich bleiben die hier versuchten Aufstellungen rein hypothetisch 78 • Sie dienen lediglich als Arbeitshypothese. Wichtig scheint im Grunde nur dies zu sein, daß man eine selbständige, ursprünglich jüdische Quellenschrift annimmt, die in vielfältigen Rezensionen existiert hat. In einer ihrer Rezensionen lag sie auch dem Didachisten als Quelle vor. Merkwürdig ist das Schicksal, das der Wege-Traktat in seiner lateinischen Übersetzung im Abendland gehabt hat. Es hat sich eine Version des Traktats in lateinischer Übersetzung (unter dem Titel [DeJ doctrina apostolorum) bis ins I1.Jhdt. im Westen gehalten. Über die Einflüsse dieser Version auf die lateinische kirchliche Literatur ist hier nicht zu die wir in Did. etc. finden, ist weniger gut: die Abschnitte des Wege-Traktats, wie sie in Did. aufeinanderfolgen, gehören jeweils verschiedenen genera dicendi an; dergleichen stellt man schwerlich nachträglich her. Vgl. dazu die Erwägungen von Audet, 320. - Anders z. B. Kraft, 12, der zur Annahme neigt, "that the Doctrina-Didache form of especially the Way of Life has been extensively reworked with respect to sequence-. Vgl. auch Wengst, 21, Anm. 77; weiters: 92, Anm. 2 und ders. Barnabasbrief, 59 ff. 75 Hierin zeigt sich doch wohl bereits christliche Motivation, siehe z. St. 76 Genauer: das griechische Original, dessen lateinische Übersetzung uns in Doctr. vorliegt. 77 Von Did.literarisch abhängig ist Const.; von Const. sind Fragrn. Anast. und Isaac Syrus direkt bzw. indirekt abhängig. 78 Vgl. Übereinstimmungen und Differenzen zu den Aufstellungen von Giet, passim (siehe nur das Stemma: 152) und Wengst, 7 ff.20ff.; vgl. das Stemma: 22.
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§ 7 Rekonstruktion der Entstehung der Didache
handeln 79. Es ist wahrscheinlich, daß der Traktat noch bei Bonifatius im Zusammenhang mit der praebaptismalen Katechese verwendet wurde. Eine neuerliche Untersuchung der Geschichte unseres Traktats in der lateinischen Kirche wäre vielleicht wünschenswert 8o•
§ 7 Rekonstruktion der Entstehung der Didache 1. Die Quellen und ihre Verarbeitung durch den Didachisten
Die folgenden Überlegungen gehen davon aus, daß die Did. eine griechische Originalschrift darstellt. Adam, der eine syrische Textstufe meinte erschließen zu können, wollte nicht entscheiden, ob die Did. ursprünglich griechisch oder syrisch abgefaßt worden sei bzw. ob die Schrift von Anfang an in zwei Ausfertigungen (griechisch und syrisch) existiert hättet. Diese Aufstellungen haben m. E. zu Recht - keinen Anklang gefunden. Mit einer (freilich untergegangenen) frühen syrischen Version der Did. ist zu rechnen 2 , aber der ursprüngliche Text der Did. war schwerlich etwas anderes als griechisch, die etwaige syrische Version war eine nachträgliche Übersetzung. Diese Überlegungen bilden den Ausgangspunkt für die im folgenden zu erörternde Frage nach der Entstehungsgeschichte der Did. 3 Indessen: Wie ist diese näherhin vorzustellen? Ich teile nicht die Auffassung von Audet 4 , derzufolge wir drei Stufen oder Etappen in der Entstehung des Werkes vorzustellen hätten s : ein und derselbe 79 Schlecht, 43.75ff. (freilich unter der falschen Voraussetzung, daß die beiden lateinischen Handschriften fund g lateinische Versionen der Didache sind); weiters Rordorf-Tuilier, 206. 80 Hier wären dann auch die genaueren Bezüge unseres Traktats zur Regula Magistri und zur Regula Benedicti neuerlich zu untersuchen. Vgl. dazu oben S. 27, Anm. 89.
Herkunft, 35. Vgl. oben S. 26. l Auch die historische Einordnung der Did. bei Adam hat mich nicht überzeugt. Adam weist (m. E. zu Recht) die Did. dem syrischen Raum zu, will aber die Adressaten der Schrift näherhin in Ost-Syrien, in der Adiabene ansiedeln, wofür er eine Reihe von unterschiedlichen Argumenten bringt. Die Entstehungsgeschichte der Did. wird von ihm mit der Urgeschichte der omyrischen Kirche in Verbindung gebracht. Die Did. erscheint so als "das Kirchenbuch für die soeben missionierten Gemeinden in Ostsyrien" (Herkunft, 60). "Es ist zu erwägen, ob nicht die Didache in ihrer Urgestalt zwischen 90 und 100 in Pella verfaßt ist, mit der Bestimmung, den jungen ostsyrischen Gemeinden als Richtschnur für ihren Gemeindeaufbau zu dienen. In diesem Ergebnis ist die Umschreibung der Bestimmung eine These, der hohe Wahrscheinlichkeit zukommt; die zeitliche Ansetzung hat den Rang einer begründeten Hypothese; die Nennung des Abfassungsortes dagegen bleibt innerhalb des Rahmens einer hypothetischen Vermutung" (70). Aber: die genauere Lokalisierung der Adressaten in der Adiabene bleibt in Wirklichkeit ganz arbiträr. Das Gleiche gilt für die Hypothese einer Abfassung der Schrift in Pella. 4 104ff. 5 Der Gedanke, daß die Did. in mehreren Etappen entstanden sei, ist alt. Schon Bartlet, Did. I
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1. Die Quellen und ihre Verarbeitung durch den Didachisten
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(apostolische!) Autor (Audet, 119f.)6 hätte zunächst 1,1-11,2 fertiggestellt' und hernach (in einem zweiten Anlauf) die cc.11,3-16,8 8 hinzugefügt9 • Schließlich hätte ein zeitgenössischer (apostolischer? 120) Interpolator in das Werk eingegriffen. Ihm verdanke man die Passagen 1,3b-2,1 (ohne 1,4a), weiters 6,2f.; 7,2-4 und 13,3.5-7 1°. An dieser Konzeption ist m.E. nicht nur die Frühansetzung (in apostolische Zeit) falsch, sondern auch (und das interessiert uns in diesem Paragraphen speziell) das Modell von der etappenweisen Entstehung des Werkes durch die Hand ein und desselben Autors (wozu dann noch der Interpolator hinzutritt)ll. Prinzipiell richtig scheint mir dagegen der Ansatz bei Richardson, Mattioli, Giet, Rordorf-Tuilier und Wengst zu sein: hier wird (wenn auch im einzelnen in verschiedener Weise) grundsätzlich zwischen vordidachistischer Tradition und didachistischer Redaktion unterschieden und auf diese Weise versucht, die Entstehungsgeschichte der Schrift zu enträtseln 12. Unnötig ist m. E. nur die von Giet und Rordorf-Tuilier geteilte Auffassung einer doppelten Redaktion 13. Dazu ist m.E. kein Anlaßl4. Man Recons. 246ff. vennutete, daß die Did. zwei Editionen erfahren hätte, eine editio princeps und eine editio altera, emendata et glossata. In Church-Order (35f. 53f.) wird dieser Ansatz weiter ausgebaut. Einen Überblick über die Zuteilung der Passagen zu drei stages der Entwicklung (in denen sich Bartlet das Wachsen der Did. vorstellte) gab C.]. Cadoux in: Banlet, Church-Order, 55. - Sehr phantasievoll supponierte Greiff, Pascharituale, 139 (und öfter) zwei Überlieferungen unserer Schrift, einmal als Kirchenordnung (ce. 1-16), ein anderes Mal als Ritualbuch (ce. 1-10). 6 Apostel im weiteren Sinn - also keiner der Zwölf. 7 Abgesehen von den Interpolationen, die Audet einer späteren Hand zuschreibt. Davon gleich. Der ersten Schicht gehören genauerhin an : 1,1-3a; 2,2-5,2; 7,1; 8,1-11,2. a Wiederum ohne die späteren Interpolationen, also genauerhin: 11,3-13,2 und 14,1-16,8. 9 Zwischen dem ersten und zweiten Anlauf sei jenes Evangelium entstanden, auf das sich die Did. im zweiten Teil bezieht. 10 Audet unterscheidet also zwischen D I, D 2 (derselbe Autor) und dem Interpolator. 1,4a; 7,1 b und 13,4 rechnet er zu den späteren Glossen. 1\ Gegen Audets Aufstellungen: Nautin, Compos. 193ff. (mit z.T. fragwürdiger, im Ganzen aber überzeugender Argumentation); weiters: Rordorf-Tuilier, 19. - Ungleich komplizierter ist die AuffJssung von Kraft, der die "stages 0/ Droelopment- untersucht, die hinter der Did. stehen. Das Buch wird so zu einem komplizierten literarischen Konglomerat (63ff.), der Autor erscheint lediglich als editor, nämlich als bloßer Handlanger einer bestimmten Stufe der Entwicklung. Kraft spricht (1 ff.) sehr lehrreich von der Gattung der .Evolved Literature-, zu der Did. gehöre, und qualifiziert den Verf. der Did. zu Recht als .Author-Editor-. Indessen scheint Kraft nach meinem Verständnis den literarischen Anteil des Didachisten an seiner Schrift doch zu unterschätzen. 12 Richardson, 164fE. entwickelt eine Art ZweiqueUentheorie; der Kompilator hatte zwei alte literarische Vorlagen vor sich: den Wege-Traktat und eine Kirchenordnung. Auf eine genauere Zuweisung der ce. 7fE. zur Vorlage oder zur Redaktion verzichtet Richardson; doch hält er c. 16 für wahrscheinlich redaktionell (wie auch die sectio evangelica). - Mattioli unterscheidet zwischen der Arbeit des Didachisten und seinen Quellen, nämlich: dem Wege-Traktat mit apokalyptischem Anhang, neutestamentlichem Material und den eucharistischen Gebeten (33 und passim). - Zu Wengst und Schöllgen: siehe gleich. 13 Rordorf-Tuilier, 49.63.92ff.: Ein unbekannter Autor (= der erste Redaktor) hat den ZweiWege-Traktat übernommen und ihn durch Zusätze (t,3b-2,1 und 6,2f.) verändert = ce. 1-6. Derselbe Redaktor übernahm auch ce. 7-10, archaische liturgische Traditionen der syrischen Kirche (7,2 f.4 b stammt von der Hand des Redaktors). Wahrscheinlich war es derselbe Autor (= der erste Redaktor), der auch ce. t 1-13 geschaffen hat, wobei ihm auch hier alte Überlieferung zur
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kommt, wie ich meine, mit der Annahme einer einzigen Redaktion aus, um die anstehenden Probleme zu lösen 1s . Das Bild, das sich ergibt, ist folgendes: Anfang des zweiten Jahrhunderts (über die zeitliche Ansetzung wird unten noch zu handeln sein) hat ein im ursprünglich judenchristlichen Milieu lebender christlicher Autor durch Kompilation eine Art Regel-Schrift hergestellt, eben unsere Did. Man hat also grundsätzlich zwischen den Quellen (literarischen Vorlagen bzw. mündlichen Traditionen) und dem Redaktor bzw. Kompilator des Buches zu unterscheiden 16· 1'. (Die späteren Glossen gehören natürlich
Verfügung stand. Dagegen können die ce. 14 -15 nicht von demselben Autor sein, da sie andere kirchenrechtliche Verhältnisse voraussetzen. Diese ce. gehen auf einen zweiten Redaktor zurück, vielleicht gilt das auch für c. 16 (wo wieder alte Tradition verarbeitet ist). Die ce. 14 ff. stammen entsprechend aus späterer Zeit. - Der Didachist erscheint auch bei Giet, passim, als Redaktor, dem verschiedene alte Quellenstücke vorlagen. Doch kennt auch Giet darüber hinaus noch nachdidachistische Stücke. C. 15 ist eine spätere Zufügung (243), vom selben nachdidachistischen Autor stamme vielleicht auch c. 16 (256). t4 Ich komme zu einer anderen Auffassung als Rordorf-Tuilier, weil ich (anders als sie) die ce. 11-13 nicht als literarische Einheit sehe. Ich halte (wie unten noch zu besprechen sein wird) 11,4-12 für eine vordidachistische Tradition, die ce. 11-13 mithin nicht für eine literarische Einheit, sondern sehe vielmehr 12-15 als traditionsgeschichtliche und literarische Einheit an. Das hat dann zur Folge, daß ich die mißliche Annahme einer zweiten Redaktion vermeiden kann. IS Eine einzige Redaktion auch bei Richardson und Mattioli (vgl. oben Anm. 12). Daß die beiden Autoren in der Beurteilung der Quellenlage z. T. differieren und darin wieder zu meiner eigenen Auffassung, steht auf einem anderen Blatt. - Die Annahme einer doppelten Redaktion lehnt jetzt auch Wengst ab (17, Anm.57; vgl. 20ff.). Doch unterscheidet sich Wengst von meinem Ansatz dadurch, daß er die ce. 11-15 als literarische Einheit betrachtet (23). Gegen Rordorf-Tuiliers Hypothese jetzt auch Schöllgen, Kirchenordnung, 24. t6 Vgl. jetzt Wengst, 20ff. - Eine eigene Auffassung bietet Schöllgen, Kirchenordnung, 22f. Er wendet sich gegen .. willkürliche [... ] Quellenscheidungen" (22) und will nur alte Traditionsstücke erkennen, die der Verf. eingearbeitet hat. t7 Zu einer völlig anderen Auffassung gelangt man natürlich, wenn man Did. für eine bewußte literarische Fiktion hält. Das ist von einigen englischsprachigen Forschern vermutet worden. Der Promachos war J. A. Robinson, der 1912 in seinem Aufsatz ..The Problem of the Didache", JThS 13,339ff. einen ersten Versuch in dieser Richtung unternahm. Weiterentwickelt wurde die These in seinen Donnellan Lectures 1920: .. Bamabas, Hermas and the Didache", bes. 43ff. Von der späteren Bearbeitung dieses Buches ist erschienen: .. The Epistle of Bamabas and the Didache" in JThS 35, 1934, 113ff., näherhin: 118ff.225ff. Did. ist für Robinson eine camouflage eines späteren Autors, der sich künstlich in die apostolische Zeit versetzt und der (bei reicher Verwendung neutestamentlichen Guts) Apostolizität imitierte und fingierte (Das Material zum Wege-Teil soll aus Bam. stammen). Die liturgischen Formeln und die vorausgesetzten kirchenrechtlichen Verhältnisse sind dementsprechend Phantasieprodukte. Vgl. weiter: Connolly, The Didache and Montanism, Downs. Rev. 55, 1937, 339ff. (Did. ist ein promontanistisches Werk); Middleton, Euch. Prayers, 259.267; Telfer, Plot, 141 ff. (der Verf. fingiert seine Schrift .. to be the work of the apostolic council of Jerusalern ... " 142); systematisch ausgebildet wurde die These von Vokes, Riddle, passim: der Verf. der Did. sei ein moderierter Montanist, sein Werk "is an attempt to express Montanism in apostolic terms ... " (144). "The Didache is Montanism dressed up in an ill-fitting N ew Testament garb" (172). (Vokes ist allerdings später an seiner Montanismus-These irre geworden: Rordorf, Deux Voies, 111, Anm.18). In der Tradition der Fiktions-Hypothese steht auch noch Layton in seiner Untersuchung der sectio evangelica (Sourees, 343ff.). - Gegen die Fiktions-Hypothese ist folgendes einzuwenden:
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nicht der Entstehungsgeschichte des Buches an, sondern seiner textlichen Überlieferung.) Die Quellen, die dem Didachisten vorlagen, waren folgende: - eine oberflächlich christianisierte, ursprünglich jüdische Schrift de duabus VllS;
- eine (schriftlich oder mündlich überlieferte) archaische liturgische Tradition über Taufe und Mahlfeier 18 ; - eine (wahrscheinlich schriftlich vorliegende) wiederum archaische Tradition über die Aufnahme von wandernden Charismatikern 19 ; und schließlich: - eine kurze apokalyptische Darstellung der Ereignisse der Endzeit1o. Dieses Material hat der Didachist zu einem Ganzen kompiliert (der Didachist ist Kompilator), durch Einfügungen erweitert und interpretiert (der Didachist ist Redaktor), und vor allem im Schluß teil (vor der Apokalypse, also in cc. 12-15) durch Texte aus eigener Feder erweitert (der Didachist ist in bescheidenem Maße auch selbständiger Autor). Seine Haupttendenz war eine doppelte: er wollte (das ist das eine) ein Regelbuch für seine Gemeinden schaffen, dabei aber (das ist das andere) womög1ich nicht aus eigenem schöpfen, sondern die Tradition seiner Kirche (und das ist vorwiegend judenchristliche Tradition) weitergeben 21 • Daß es dabei notwendig war, die Tradition zu ergänzen, um den inzwischen veränderten kirchlichen Verhältnissen zu genügen, bzw. was den Wege-Teil betrifft, die Überlieferung ausdrücklich auf das Niveau des spezifisch christlichen eschatologischen Bewußtseins zu heben, steht auf einem anderen Blatt 22 • Im folgenden soll gezeigt werden, (a) wie der Didachist im einzelnen mit seinen Quellen umgeht, und (b) was über die etwaigen neutestamentlichen Quellen der Did. zu sagen ist. a) Der Didachist hat an den Anfang seines Buches den Wege-Traktat gestellt, a) Sie ist in der Regel mit der Annahme verbunden, daß Did. 1-6 von Barn. 18-20 abhängig sei; diese Annahme ist aber irrig - darüber war oben die Rede; b) die liturgischen Partien der Did. sind alt und nicht fiktiv; sie unterscheiden sich schon sprachlich von der Diktion des Didachisten; c) in den ce. 11 ff. liegen zwei verschiedene Schichten vor, eine vordidachistische und eine redaktionelle; allein schon damit fällt die Fiktions-Hypothese dahin. 18 Das ist heute gängige Anschauung, e.g.: Vööbus, Liturg. Trad. passim. speziell 169f.; Rordorf-Tuilier, 92f.; Wengst, 23. 19 Ich glaube, in Entwicklungsgesch. 147ff. gezeigt zu haben, daß in 11,4-12 vordidachistische Tradition vorliegt, die der Didachist in ce. 12f. teilweise modifiziert. S. u. Dagegen jetzt: Wengst, 23, Anm.83. 20 Ich neige dazu, auch 16,3ff. auf eine schriftliche Vorlage zurückzuführen. Wengst, 23: "Kapitel 16 enthält eine kleine Apokalypse. die zumindest in ihren Einzelelementen durchgängig traditionell ist. Ob sie der Didachist schon als ganze vorgefunden oder selber zusammengestellt hat, muß offenbleiben ... 21 Stempel, Lehrer, 214f. sieht den Didachisten als 6LMaxaA.o~, A. de Halleux, Les Ministeres. 28 will im Didachisten einen nichtcharismatischen 6L6aaxaA.o~ sehen und betont (das ist sicher richtig) seine traditionsgebundene Einstellung. 22 Im Unterschied zu den Vertretern der Fiktions-Hypothese glaube ich also sehr wohl, daß sich in den Quellen wie in der Redaktion der Did. reelle Verhältnisse widerspiegeln.
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den er in 1,1 ohne jede Einleitung oder Einführung zu zitieren beginnt. Das Zitat dieser Quelle reicht von 1,1 bis 6,12 3 ; doch hat der Didachist (als Redaktor) dem Traktat durch Zufügungen einen neuen Sinn verliehen: - er interpretierte den Traktat nachträglich als Taufkatechese (tairta 3t
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rungen der sectio gibt; 6,3 dagegen berührt ein Spezialproblem, das sich in der Vorlage nicht fand, auf das aber der Didachist eingehen wollte. Soviel zu den redaktionellen Eingriffen bei der Wiedergabe des Traktats. Ob der Didachist auch sonst noch eingegriffen hat, ist schwer zu entscheiden. Das Doppelgebot der Liebe in 1,2, weiters 4,1 b, 4,1 c und der Schluß von 4,10 gehen wahrscheinlich schon auf die vordidachistische Rezension des Traktats zurück. In 7,1 beginnt dann der Didachist mit der Wiedergabe der liturgischen Tradition seiner Kirche (7,1-10,7). Es ist möglich, daß ihm dabei als Quelle bereits eine schriftlich fixierte .,Agende" vorlag. Deutlich ist, daß er seine Tradition durch Kommentare erweiterte. Die Zuweisung der Texte zur Tradition bzw. Redaktion ist hier allerdings im einzelnen nicht immer leicht. Die Taufformel und das Gebot des Tauffastens (7,4 a) werden aus der Tradition stammen; ich neige dazu, auch die Rubrik (3tEQi öt tOÜ ßWttlaJ.latO~. OÜtw ßan:tlaatE in 7,1 a) für Zitat der Vorlage anzusehen (wenn wirklich bereits eine schriftliche Vorlage angesetzt werden darf). Daß 7,1 b (taüta 3tavta 3tQoEut6vtE~, ßan:tlaalE) redaktionell ist, wurde bereits oben behauptet. Für redaktionell halte ich auch V. 2 f.: der Didachist interpretiert und korrigiert hier die judenchristliche Forderung seiner Überlieferung, derzufolge die Taufe tv üÖatt ~Ö>Vtt zu geschehen habe. Redaktionell ist wahrscheinlich auch 7,4 b 28 • Was der Didachist in 8,1 über das allgemeine Fasten schreibt, stammt jedenfalls aus der Tradition. Das Gleiche gilt für 8,2 f., wobei lediglich der Hinweis auf das Evangelium in 8,2 (w~ EXEA.EUCJEV 6 XUQLO~ tv t EuayyEA.l
28 Rordorf. Le bapteme. 499ff.: 6.3 (außer der Konzession) und 7.1 gehören zur liturgischen Quelle der Did. (in 7.1 ist TaÜTa ltavta ltQOEIJt6vrE~ redaktionell). 7.2 f. und 7,4 b sind redaktionell. Vgl. Rordorf-Tuilier. 92 f. 29 Dagegen jetzt Wengst. 23.
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die neuen Verhältnisse, in denen er sich befindet, anzuwenden; hier und hier allein tritt der Didachist auch in längeren Passagen als .. Autor" hervor 30 • Schließlich wollte der Didachist seine Schrift mit einem eschatologischen Schlußteil versehen - ich vermute, daß ihm die spezielle Anregung dazu aus dem Schluß der .. Grundschrift", dem Zwei-Wege-Traktat, erwachsen ist. Ein solcher eschatologischer Abschluß findet sich jetzt in c. 16, wobei sofort deutlich ist, daß 16,3-8 - eine kleine Apokalypse darstellend - ein Stück für sich darstellt. Ich glaube auch hier, daß der Didachist eine alte Überlieferung (wahrscheinlich eine schriftliche) zitiert. Ich halte also 16,3-6 und 8 für das Zitat einer alten vordidachistischen Apokalypse, und 16,7 für einen Zusatz der didachistischen Redaktion 31 • Schwieriger ist die Beurteilung von 16,1 f. Völlig frei formuliert der Didachist jedenfalls auch hier nicht; das Logion 16,1 stammt letztlich aus der Jesus-Überlieferung, die Mahnung 16,2 hat anderswo ihre Parallelen, ohne daß man an eine schriftliche Vorlage denken müßte. In summa:
(1) Auf den Didachisten gehen zurück: die Zusätze zur sectio evangelica
(xallan 'tEAELOC; 1,4; xa'tcl 'tT)v tvtOAT)V 1,5; und das Zitat samt Einleitung 1,6); weiters
der Übergang 2,1; vielleicht h EXXATlOl~ in 4,14, jedenfalls aber wieder 6,2 f. (als didachistischer Abschluß des Wege-Traktats). Dann 'taüm JtCIV'ta 1tQoEIJt6vuC;, ßwttloan: in 7,lb; weiters 7,2f.; 7,4b; der Hinweis auf das Evangelium in 8,2b. Dann 9,5 und 10,7; der Übergang 11,1 f., die Überschrift 11,3 (mit dem Hinweis auf das Evangelium); aus dem folgenden Traditionsstück vielleicht ÖEÖOxlJLaOJLEvOC; cU.TI'Ölv6C; in 11,11 (oder der ganze Vers?). Didachistisch ist sodann 12,1-15,4 (ohne 13,4) und 16,7. Daneben gibt es Passagen, die vom Didachisten formuliert sind, wenn ihnen auch Tradition zugrunde liegt. (2) Charakteristisch für die Sprache des Didachisten 32 sind Wendungen wie 1tQOOExELV lm6 (6,3; 12,5); öLö6vm xa'tcl 'tT)v tvtOAT)V (1,5; 13,5 und 7); 'tEAElOC; dvm (1,4; 6,2); öi1vao'Öm (6,2.3; 7,2); typisch für ihn sind auch die Xal1tEQl 'tOlhou ÖE ELQTI'tal Wendungen, mit denen er (Schrift-)Zitate einleitet: (1,6); Kai yaQ 1tEQl 'to1hou dQTlKEV 6 KUQLOC; (9,5); äll' WC; EQQE'Öfl (16,7). (3) Der Redaktor ist Traditionalist. Er ist bemüht, auf Überlieferungen zu rekurrieren, er ist aber ebenso bemüht, die Tradition (gemeint sind jetzt Liturgie und Recht) auf die Gegebenheiten seiner Zeit hin anzuwenden; der judenchristliche Moralkatechismus in ce. 1- 6 wird durch Zusätze "eschatologisiert" (sit venia verbo). (4) Auffällig ist das konstante Bemühen, die Aussagen durch Rekurs auf die yQaqn; bzw. auf den XUQLO~ (der im "Evangelium" spricht) zu sichern: 1,6; 8,2; 9,5; 11,3; 14,3; 15,3.4; 16,733 •
nUn
Charakteristisch für ihn ist der Verweis auf das .Evangelium" in 15,3 und 4. Der Schriftbeweis (vgl. auch 1,6 und 14,3 - beides didachistisch) stammt aus der Redaktion. 32 Bei Muilenburg, Literary Relations, 137ff. ist einiges Richtiges und viel Irreführendes zusammengestellt. 33 Das Alte Testament wird in Did. ausdrücklich, in der Form eines Reflexionszitates, nur zweimal zitiert (vgl. Hagner, Use, 25). Beide Zitate gehen auf den Redaktor (!) zurück: 14,3 = Mal. 1,11.14 16,7 = Sach. 14,5. Als drittes Zitat kommt etwa noch in Frage: 1,6 - unde? Siehe z. St. Ohne Hinweis auf Zitat ist das Alte Testament in 3,7 zitiert (fraktat). In 3,8 (fraktat) ist auf Jes. 66,2 b angespielt. In 5,2 wird Jes. 1,23 (unbewußt?) zitiert (fraktat). 30 31
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Die redaktionelle Tätigkeit des Didachisten tritt in alledem deutlich in Erscheinung. Was ihm vorschwebt und was er will, ist klar zu sehen. Wir haben freilich in diesem Zusammenhang noch eine Frage zu erörtern, die wir bisher zurückgestellt haben, nämlich die nach der etwaigen Verwendung neutestamentlicher Texte in der Did. Dieser Frage wenden wir uns jetzt zu. b) Die Frage nach der etwaigen Verwendung neutestamentli,her Texte in der Did. ist besonders komplizierter Natur34 • Werden überhaupt neutestamentliche Texte verwendet, - und wenn ja, welche? Frühzeitig hat man vor allem an Zitate aus dem Matthäus-Evangelium gedacht bzw. an Textmischungen aus Matthäus und Lukas 35 • Daneben ist gelegentlich Abhängigkeit vom Johannes34 Ehrhard, Altchr. Lin. 58ff.; Harnack, Proleg. 69ff.; Schaff, 78ff.; Lake, Didache. 24ff.; Robinson, Problem. 340ff.; ders., Bam., Herrn. and the Did. 48ff.; ders., Barn. and the Did. 227ff.; Maclean, XXff.; Greiff, Pascharituale, 163ff.; Muilenburg, Literary Relations, 73ff.; Middleton. Euch. Puyers, 259.266; Vokes, Riddle, 93ff.; Goodspeed, Doctrina, 231 u.ö.; Goodenough. JBL 64, 1945, 174ff.; johnson, Motive, 112 u. passim; Massaux, Influence, 604ff.; Moule, jThS. NS 6, 1955, 240 ff.; Richardson. 163ff.; Köster, Synopt. Überl. 159 ff. u. passim; Audet, 166ff.; Glover, Quotations. 12ff.; Bosio, 10f.; Cerfaux, BibI. 40, 1959, 943ff.; Barnard. Later History of the ,Two Ways', 99, Anm.2; Layton, Sources, 343ff.; Hagner, Use, 280; Schweizer. Matthäus u. s. Gern., 140f.164f.; Aono, Entw. d. paulin. Gerichtsgedankens. 174ff.; RordorfTuilier, 83ff.; Rordorf, Transmission textuelle, 499ff.; Kloppenborg, Matth. Tud. 54ff.; Wengst, 24ff. 35 Für die frühe Forschung: Ehrhard, Altchr. Litt. 58ff. Aus der späteren Forschung nenne ich nur einige Arbeiten. Ausführlich behandelte diese Frage Massaux, Influence, vgl. 605: an allen vier Stellen. an denen das Stichwon Euayyt'Alov fällt (8,2; 11.3; 15,3; 15,4), zeige sich .. un contact litteraire cenain" mit dem Matthäus-Evangelium (605). Evangelium in Did. sei das MatthäusEvangelium (was nicht ausschließt, daß der Verf. auch lukanischen Stoff und weiteres neutestamentliches Material kennt und verwenet); aber das Evangelium schlechthin sei eben für ihn Matthäus. Vgl. noch 641.644. Daß die Did. tatsächlich an zahlreichen Stellen von Mt. literarisch abhängig sei, sucht Massaux, 604 ff. ausführlich nachzuweisen. Die An und Weise, wie Did. das erste Evangelium zitien, erinnert nach Massaux an die Zitationsweisejustins (644). Die Did. als Ganze ist für Massaux .. comme un res urne catechetique du premier evangile" (! 644 und 646). Weiters: Bosio, 11 ;johnson, Motive, 112 u. passim: Did. ist von Mt. und Lk. (und acta) abhängig ... Matthew was his favorite" (112); die Mischungen von Mt. und Lk. erklären sich aus dem Zitieren aus dem Gedächtnis (112, Anm. 14); Richardson, 163.165f. unterscheidet zwischen Quellen und Redaktion; in der sectio und in c. 16 (redaktionell) zeigt der Didachist .. a wide knowledge of New Testament Scripture" (165). " ... he conflates Matthew with Luke and eites, among other things, Bamabas and Herrnas" (ebdt.) .. Tbe rest of the work reveals only a knowledge of Matthew's Gospel" (ebdt.); Barnard, Later History of the ,Two Ways', 99, Anm. 2: Did. "depends on the Matthaean stream of the Gospel tradition". Ed. Schweizer rechnet damit, .. daß ... dem Verfasser der Didache schon das Matthäusevangelium oder ein Auszug daraus vorlag, wobei Veränderungen durch den mündlichen Gebrauch in der Gemeinde der Didache einzurechnen sind. Diese Veränderungen können durch das Alte Testament, jüdisch-apokalyptische Vorstellungen oder andere jesuslogien mitgeprägt worden sein" (Matthäus u.s. Gern. 141, Anm.12); vgl. 164f.: .. Die Abhängigkeit von Matthäus oder seiner Tradition ist unverkennbar." Von Ed. Schweizer inspiriert (aber mit den eben erönenen Aufstellungen nicht völlig identisch) ist die Hypothese von Aono, Entw. d. paulin. Gerichtsgedankens, 174ff. Did. soll nicht direkt (literarisch), sondern indirekt von Mt. abhängig sein. Aono nimmt (186) an, "daß der Vf der Did wahrscheinlich nicht einmal ein schriftliches Exemplar des Mt Ev vor sich hatte. dass er aber die zitienen Sätze aus dem Gedächtnis kannte, weil sie wörtlich oder mit Varianten immer wieder in der Gemeinde gesprochen wurden, wobei nicht ausgeschlossen ist. dass der Wonlaut von Ps 36,11 oder die Erinnerung an jüdische Aussagen oder an eine ältere Forrn eines
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Evangelium vermutet worden 36 • Dazu treten Vermutungen über literarische Dependenz von einzelnen Paulusbriefen und anderen neutestamentlichen Schriften 37 • Für reiche Abhängigkeit von neutestamentlichen Schriften sind selbstverständlich vor allem die Vertreter der Fiktions-Hypothese eingetreten: nach ihnen hätte der Verfasser der Did. - in der Absicht, apostolische Zeiten zu fingieren - einen großen Teil neutestamentlicher Schriften verwendet bzw. ihre Wendungen imitiert38 • Zunächst sind zwei Beobachtungen zu machen, die charakteristisch genug sind: (1) Wenn überhaupt in der Did. neutestamentliche Anspielungen oder Zitate vorliegen, so betreffen sie ausnahmslos die letzte Schicht des Werkes, den Redaktor 39 • In den Vorlagen der Did. (Zwei-Wege-Traktat, Agende, Kirchenordnung, aber höchstwahrscheinlich auch in der Apokalypse) liegt keine literarische Abhängigkeit von neutestamentlichen Texten vor4°. Dieser Sachverhalt erklärt sich zur Genüge aus dem Alter der diesbezüglichen Quellen. (2) Ob der Redaktor neutestamentliche Texte literarisch benutzt hat, ist unsicher. Die Herrenwones bei der Umformung der Mt-Wone mitgewirkt haben, und dass Taufformel und Unservater in der Form, in der sie in der Gemeindeliturgie, und zwar in der Liturgie matthäischer Prägung, gebraucht wurden. geschrieben worden sind." Die Schwierigkeit. die sich bei dieser Annahme durch die Eigenan von Did. 1,3-5 ergibt (wo neben matthäischen deutlich auch lukanische Anklänge zu finden sind), sieht Aono selbst (18M.), glaubt sie aber durch die Zusatzhypothese lösen zu können: in Did. 1,3-5 liege vielleicht .. eine Herrenwonsammlung" vor, die .. hauptsächlich aus Mt" gebildet, zugleich aber durch lukanische Elemente angereichen sei (187). An das Mt. Ev. (und nur an dieses) denkt jetzt auch Wengst, 19 (..... der Kompilator der Didache [hat] nur ein schriftliches Evangelium gekannt, wahrscheinlich das Matthäusevangelium"), weiters 24ff., wobei zu bemerken ist, daß Wengst die sectio für interpolien hält. 36 Die ältere Diskussion bei Greiff, Pascharituale, 163ff. Aus der jüngeren Forschung vgl. nur: Goodenough. JBL 64, 1945, 174f.; Moule, JThS. NS 6, 1955, 240ff. Daß auch das Umgekehne. nämlich Abhängigkeit des Joh. Ev. von Did. (!) vermutet wurde, gehön zu den Kuriositäten der Did. Forschung: Greiff, op. cit. 184ff. 37 Z. B.: Maclean, Introd. XXff. nennt: Mt., Lk., act., vielleicht 1.Kor., Thess.briefe, l.Pu. u. 1.Joh. - Muilenburg, Literary Relations gibt 73 ff. eine Liste der Quellen, die nach seiner Auffassung in der Did. kompilien sind; vgl. die späteren Ausführungen 91 H. Der Kompilator verwendet sicher Mt. und Lk ... Other N. T. traces in the Teaching are numerous, but ... they are more obscure and vague than those just referred to": 94). Vgl. 96: "the abundant use made of the N. T...... Goodspeed, Doctrina, 231 u. Ö. vermutet (für die sectio evangelica) Abhängigkeit von Mt., Lk .• 1.Petr. und Herrn. Zu Massaux und Richardson s.o. Anm. 35. 38 Robinson, Problem, 340ff.; ders., Bam., Herm. and the Did. 48ff.; ders., Barn. and the Did. 227ff.; Middleton, Euch. Prayers. 259.266; Vokes, Riddle, 95ff. u. passim. Vokes fand allerwärts Anspielungen auf .. Ianguage" und .. subject-matter" (95) der neutestamentlichen Schriften ...... the Didache knew nearly a11 of our New Testament, not as ,oral tradition'. but as written documents" (115). In einem späteren Aufsatz (Tbe Didache and the Canon of the New Testament, St. Ev. 3/2. 1964, 427ff.) suchte Vokes seine Spätansetzung der Schrift (unter der Annahme, daß die Did. die Evangelien zitiere) kanonsgeschichtlich zu begründen. Vgl. aus jüngerer Zeit noch Layton. Sources, 343 ff. (nach dem die sectio von Mt., Lk. und Herm. abhängt). 39 Analoges gilt auffallenderweise auch für die zwei oder drei Zitate aus dem Alten Testament. Alle ausdrücklichen Zitate gehören dem Didachisten an, also der letzten Schicht der Schrift. 40 Man muß zugeben, daß dieses Uneil bei der Schlußapokalypse 16,3ff. unsicher ist; doch möchte ich es auch für diesen Abschnitt aufrechterhalten, siehe dazu den Kommentar.
1. Die Quellen und ihre Verarbeitung durch den Didachisten
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Frage wird erörtert werden. Doch ist charakteristisch, daß im Ernst nur Texte aus der synoptischen Tradition, näherhin nur das Matthäus-Evangelium bzw. das Lukas-Evangelium in Frage kommen. Es gibt in der Did. keine wirklich nachweisbaren Anspielungen an das Johannes-Evangelium, und die Frage, ob der Verfasser der Did. das Johannes-Evangelium überhaupt gekannt hat, wird man wohl stellen dürfen. Die Did. lebt durchwegs in einer anderen Sprachwelt, und zwar betrifft das nicht nur ihre Quellen 41 , sondern auch ihren Redaktor. In diesem Zusammenhang ist sofort hinzuzufügen, daß auch das Corpus Paulinum keinen Nachhall in der Did. gefunden hat 42 • Man wird nicht behaupten dürfen, daß die Christen der Didache-Gemeinden den Heidenapostel überhaupt nicht gekannt haben, aber schwerlich haben sie über ein Corpus Paulinum verfügt (wie doch ihr antiochenischer Zeitgenosse Ignatius). Wie es in der Did. keine spezifische Beziehung zum Johannes-Evangelium gibt, so gibt es auch keine zur paulinischen Tradition, selbstverständlich auch keine polemische 43 • Die einzige Berührung, die die Did. zur neutestamentlichen Überlieferung zeigt, ist eine mit der synoptischen Tradition 44 • Dieser Sachverhalt ist bemerkenswert. Er gibt 4\ Man hat zuweilen Berührungen zwischen den Mahlgebeten Did. 9f. und johanneischen Wendungen (insbesondere aus Joh. 17) konstatiert (siehe unten zu 9,1). Von den Parallelen kommen ernstlich nur in Frage: YVWQ'tELv Did. 9,2.3; 10,2 Ooh, 17,26; vgl. 15,15); das Motiv des hYEVEattal Did. 9,4 (vgl. Joh. 17,11.21 f. und etwa auch noch 11,52); die Anrede 1tcl'tEQ Ö:YlE Did. 10,2 (vgl. Joh. 17,11); die Rettung der Kirche ruto 1tavto~ 1tOVTJQOü Did. 10,5 (vgl. Joh. 17,15); das Motiv der tE).E(WOL~ Did. 10,5 (vgl. Joh. 17,23). Dabei ist zu beachten, daß es sich bei diesen Berührungen immer nur um einzelne Wendungen handelt, die da und dort in einem anderen Kontext stehen. Daß es überhaupt Berührungen gibt, erklärt sich wahrscheinlich daraus, daß inJoh. 17 (aber auch bei den übrigen genannten Parallelen) Motive eucharistischer Sprache eingeflossen sind (vgl. Vööbus, Liturg. Trad. 128, Anm. 98). Das ist alles. Aber gerade das spezifisch Johanneische fehlt in der Did. 42 Audet, 340ff. hat die Vermutung geäußert, daß Paulus (gemeint sind die Deuteropaulinen) in irgendeiner Form von der "Instruktion für die Armen" abhängig war. Vgl. dazu unsere Ausführungen zu 4.1. 43 Etwas anders Johnson. Motive. 114: "The Twelve are the Didache's heroes, not Paul. The Didache is not necessarily anti-Pauline. but it is certainly non-Pauline." Doch findet Johnson dann die Möglichkeit, bei Did. 6,3 an eine anti-paulinische Polemik zu denken (1 14f.). - Von diesen Erwägungen ist nur eines richtig: Did. hat zu Paulus keine erkennbare Beziehung, jedenfalls auch keine polemische. Vgl. jetzt auch A. Lindemann, Paulus im ältesten Christentum, 1979, 174-177, speziell die Zusammenfassung 177. Lindemann hält es für wahrscheinlich, daß der Didachist "von Paulus ... nichts weiß" und begründet das mit der Annahme, .. daß die Paulus-Tradition gegen Ende des I.Jahrhunderts in Syrien offenbar absolut unbekannt war". Mehr als eine Vermutung ist das nicht. - Lindemann schließt zu Recht mit der Bemerkung, "es (wäre) falsch, wollte man der Did. das Fehlen paulinischer Elemente zum Vorwurf machen, oder sie als Repräsentantin eines antipaulinisehen Kirchentums sehen" (177). Vgl. auch Aono, Entw. d. paulin. Gerichtsgedankens, 163ff. Aono statuiert den Ort der Did. "ausserhalb des paulinischen Einflussbereiches" (209). Aono versucht freilich. die ..Theologie" des Didachisten zu erfassen und ihre Ausfälle zu erkennen. Sehr problematisch, siehe oben S. 13. 44 Es wäre falsch, hierin eine Analogie zum Ev. Thom. zu sehen. Denn: es ist sofort hinzuzufügen, daß gerade der Gnostizismus in Did. nicht die geringste Rolle spielt. Die Gemeinden. an welche diese Schrift gerichtet ist. sind weder vom Gnostizismus bedroht, noch gibt es latente gnostische oder auch nur gnostisierende Motive in den Quellen oder beim Redaktor. Der Gnostizismus ist kein Problem der Didache.
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§ 7 Rekonstruktion der Entstehung der Didache
der Did. (neben dem judenchristlichen Charakter ihrer Quellen) das besondere Gesicht. Versucht man, diese letztere Beziehung zu präzisieren, so kann man also von dem Urteil ausgehen, daß die Quellen der Did. keinerlei literarische Abhängigkeit von den synoptischen Evangelien aufweisen (nur sie, die synoptischen Evangelien, genauerhin: nur Matthäus und Lukas kommen ja nach dem Gesagten überhaupt in Frage). Abhängigkeit könnte lediglich bei den Einfügungen und Erweiterungen der Redaktion vorliegen. Aber ist dies der Fall? Wir beginnen die Erörterungen mit einer Analyse der vier Belege für E'ÖaYYEALOV in der Did. 4S Ich bringe (wie Köster)46 zunächst die Stellen: 8,2: ro~ ~)(EÄEUOEV 6 )(UQLO~ tv tq> EuaYYEALq> autoü, oihw 3tQOOEUXE