W. Bischofsberger • N. Dichtl • K.-H. Rosenwinkel C. F. Seyfried • Botho Bohnke (Hrsg.) Anaerobtechnik
Wolfgang Bischofsberger • Norbert Dichtl Karl-Heinz Rosenwinkel • Carl Franz Seyfried Botho Bohnke (Hrsg.)
Anaerobtechnik 2., vollstandig iiberarbeitete Auflage
Mit 224 Abbildungen
^ S p rringer i
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Bischofsberger Am Schlofisee 5 24960 Gliicksburg/Ostsee w. bischofsberger@t-online, de Prof. Dr.-Ing. Norbert Dichtl TU Braunschweig Pockelstr. 2a 38106 Braunschweig n.dichtl@tu-hs,de
Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Rosenwinkel Universitat Hannover Welfengarten 1 30167 Hannover
[email protected] Prof. Dr.-Ing. Carl Franz Seyfried Oestbergweg 3 30559 Hannover
[email protected] Redaktion: Jens Bsdok Thorsten Schroter
Botho Bohnke t
ISBN 3-540-06850-3 Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen NationalbibUografie; detaiUierte bibhografische Daten sind im Internet iiber http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtUch geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder Vervielfaltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulassig. Sie ist grundsatzlich vergiitungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. SoUte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z. B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewahr fiir die Richtigkeit, VoUstandigkeit oder Aktualitat iibernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls fur die eigenen Arbeiten die voUstandigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils giiltigen Fassung hinzuzuziehen. Umschlaggestaltung: Struve&Partner, Heidelberg Satz: Digitale Druckvorlagen der Autoren Gedruckt auf saurefreiem Papier
68/3020/M
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Vorwort
Die anaerobe Behandlung von Abwassem und Abwasserschlammen ist das alteste bekannte Abwasser- und Schlammbehandlungsverfahren. Bereits den Sumerem war die Technik der anaeroben Reinigung bekannt. Ende des 19ten Jahrhunderts wurden in Europa im Zuge der zunehmenden Lidustriahsierung und der damit verbundenen seuchenhygienischen Folgen anthropogener Umweltbelastungen, erste MaBnahmen zur Ableitung, Sammlung sowie zur Reinigung von Abwassem und Schlammen eingeleitet. Primarziel der ersten Abwasserreinigungsanlagen war die Abscheidung absetzbarer Abwasserinhaltsstoffe. Die schon bald gewonnene Erkenntnis, dass beim Faulvorgang durch Umsetzung organischer Schlamminhaltsstoffe in gasformige Endprodukte das Geruchsproblem, das von den abgesetzten Abwasserinhaltsstoffen ausging, reduziert werden konnte, fuhrte zur technischen Anwendung des Faulprozesses und zur Entwicklung erster Anaerobanlagen. Heute werden Faulanlagen insbesondere zur anaeroben Stabilisierung von Klarschlammen auf kommunalen Klaranlagen eingesetzt. Die weltgroBten Faulbehalter in Bottrop (Nordrhein-Westfalen) weisen Volumen von IS.OOOm^ auf. Das gewonnene Faulgas wird in der Regel in Gasmotoren oder Blockheizkraftwerken als Ersatz fur Primarenergietrager verwertet, und soweit es nicht zur Deckung des Eigenbedarfs benotigt wird als Uberschussenergie abgegeben. Femer konnen liber das Energieeinspeisegesetz je nach verwendetem Substrat entsprechende Erlose erreicht werden. Zur Behandlung organisch belasteter Industrieabwasser hat die Anaerobtechnik zunehmend an Bedeutung gewonnen. So hat sich der Einsatz von Anaerobanlagen in einigen Bereichen der Industrie als das favorisierte Verfahren zur Vorbehandlung der anfallenden Abwasser entwickelt. Damit ist der Anaerobtechnik heute und in Zukunft ein bedeutsamer Stellenwert bei der Reinigung industrieller Abwasserstrome zuzuordnen. Dieses Handbuch behandelt die Gesamtproblematik der anaeroben Abwasser und Schlammbehandlung. Gegeniiber der Erstauflage wurden die Cofermentation, die Vergarung von Bio- und Restabfallen und die landwirtschaftlichen Vergarungsanlagen mit aufgenommen. Ausgehend von
VI
Vorwort
den mikrobiologischen Grundlagen anaerober Abbauprozesse, bis bin zur Diskussion ausgefuhrter Anlagen, werden systematisch die verfahrenstechnischen Konzeptionen, die Funktionsweise, der Einsatzbereich und die Leistungsfahigkeit der Anlagen sowie deren Wirtschaftlichkeit dargestellt. Dabei werden die Problemstellungen sowohl aus der Sicht der einzelnen Verfahren, als auch aus dem Blickwinkel der Abwasserarten beleuchtet. Neben der umfassenden Vermittlung des derzeitigen Kenntnistandes auf dem Sektor Anaerobtechnik, erfUllt dieses Handbuch auch den Anspruch eines Nachschlagewerkes. Die Gliederung des Gesamtwerkes, das ausfiihrliche Sachwortregister und die konsequente Angabe der Literaturbezlige leisten einen wesentlichen Beitrag um diesem Anspruch gerecht zu werden. Die Autoren der einzelnen Fachbeitrage haben ihre zahlreichen Erfahrungen aus Wissenschaft, Forschung und Praxis zusammengetragen, ausgewertet und in diesem Werk dokumentiert. Die Herausgeber danken den Autoren fUr ihre engagierte Mitarbeit. Mit diesem Dank verbinden die Herausgeben die Hoffnung, dass dieses Handbuch einen breiten Literessenkreis findet. Es soil Ingenieurbiiros und Beratungsuntemehmen sowie den Fachbehordenvertretem und Betreibem solcher Anlagen wertvoUe Informationen bei der Konzeption und Entwicklung, der Planung und dem Betrieb von Anaerobanlagen vermitteln. Darliber hinaus wendet sich dieses Werk an innovativ orientierte Anlagenhersteller, die vielfaltige Hilfestellungen zur verfahrenstechnischen Entwicklung, Verbesserung und Optimierung der Anaerobtechnik vorfinden. Letztlich werden alle Literessierten, ob sie sich nun erstmalig mit dem Sektor der Anaerobtechnik beschaftigen, oder ob sie ihr Wissen auffrischen, vertiefen oder erweitem mochten, in diesem Handbuch umfassende Erlauterungen und ausfiihrliche Antworten auf alle wesentlichen Fragen zur Anaerobtechnik finden. Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Bischofsberger Prof Dr.-Ing. Norbert Dichtl Prof Dr.-Ing. Karl-HeinzRosenwinkel Prof. Dr.-Ing. Carl Franz Seyfried
Inhalt
Verzeichnis der Autoren Anschriften Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis
XIII XIV XVII XXVII
1 Geschichte der Anaerobtechnik 1 1.1 Historische Entwicklung 1 1.2 Weitere Entwicklungen der anaeroben Schlammstabilisierung.... 5 1.3 Anaerobe Abwasserbehandlung 7 2 Mikrobiologische Grundlagen 2.1 Energiegewinn aus mikrobiellen Stoffwechselprozessen 2.2 Anaerober Abbau - Uberblick und Organismen 2.2.1 Hydrolysierende und versauemde Bakterien 2.2.2 Acetogene Bakterien 2.2.3 Methanbakterien 2.2.4 Aufbau von Pellets 2.2.5 Bedingungen der Pelletbildung 2.3 Anaerobe Abbauprozesse organischer Stoffe 2.3.1 Hydrolyse 2.3.2 Versauerung 2.3.3 Acetogenese 2.3.4 Methanogenese 2.4 Nahrstoff- und Spurenelementbedarf anaerober Abbauprozesse
23 23 24 26 28 31 34 36 37 39 39 42 43 45
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange 49 3.1 Einfluss der Temperatur 49 3.2 Einfluss des pH-Wertes und der Saurekapazitat 52 3.3 Einfluss der Durchmischung 56 3.4 Einfluss der Substratzusammensetzung 58 3.4.1 Substrat-Konzentration 60 3.4.2 Feststoffgehalt 60 3.4.3 Verhaltnis von CSB, Stickstoff und Phosphor 63 3.4.4 Kalziumgehalt 64
VIII
Inhalt
3.5 Einfluss hemmender und toxischer Stoffe 3.5.1 Begriffserklarung 3.5.2 Sauerstoff 3.5.3 Schwefelverbindungen 3.5.4 Organische Sauren 3.5.5 Schwermetalle 3.5.6 Sonstige Hemmstoffe 3.6 Spurenelemente 4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm 4.1 Klarschlammmengen und -beschaffenheit 4.1.1 Primarschlamm 4.1.2 Sekundarschlamm 4.1.3 Tertiarschlamm 4.1.4 Rohschlamm 4.1.5 Stabilisierte Schlamme, Faulschlamm 4.1.6 Stoffbedingte Eigenschaften von Klarschlammen 4.1.7 Klarschlammmengen 4.2 Behandlung kommunaler Schlamme 4.2.1 Schlammstabilisierung 4.2.2 Klarschlammdesintegration 4.2.3 Klarschlammentseuchung 4.2.4 Schlammwasserabtrennung 4.2.5 Rtickbelastung der Klaranlage aus der Schlammbehandlung 4.2.6 Wertstoffrtickgewinnung aus Klarschlamm 4.2.7 Schlammfaulung auf deutschen Klaranlagen 4.3 Beispiele zur Co-Fermentation 4.3.1 Einleitung 4.3.2 Co-Substrate 4.3.3 GroBtechnische Erfahrungen 4.3.4 Zusammenfassung
65 65 67 68 75 80 82 83 87 87 88 89 90 90 91 91 94 98 100 144 160 168 205 216 235 246 246 247 256 278
5 Anaerobe Abwasserbehandlung 283 5.1 Vor- und Nachteile der anaeroben Behandlung von Abwassem gegentiber den aeroben Verfahren 283 5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem 286 5.2.1 Gmndsatzliches sowie Gliedemng anaerober Verfahren.. 286 5.2.2 Ausschwemmreaktor (CSTR) 288 5.2.3 Anaerobe Belebung (Kontakt-Prozess) 289 5.2.4 Membranunterstiitzte Anaerobreaktoren 295 5.2.5 UASB-Reaktoren (Schlammbettreaktoren) 295
Inhalt IX 5.2.6 EGSB-Reaktoren .304 5.2.7 Festbettreaktoren 320 5.2.8 FlieBbettreaktoren 327 5.2.9 Hybridreaktoren 338 5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem aus der Lebensmittelindustrie 343 5.3.1 Fmchtsaftindustrie 343 5.3.2 Erfrischungsgetrankeindustrie 355 5.3.3 Brauereien 364 5.3.4 Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe 379 5.3.5 Starkeherstellung 396 5.3.6 Kartoffelveredelungsindustrie 417 5.3.7 Pektinfabriken 426 5.3.8 Zuckerindustrie 436 5.3.9 Brennereien und Hefefabriken 445 5.3.10 StiBwarenindustrie 453 5.4 Beispiele zur Behandlung von sonst. industriellen Abwassem ..470 5.4.1 Zellstoff-und Papierfabriken 470 5.4.2 Tierkorperbeseitigungsanstalten 487 5.4.3 Anlagenmit anorganischen Abwassem 501 5.4.4 Chemische- und Pharmazeutische Industrie 510 5.5 Beispiele zur Behandlung von kommunalen Abwassem 523 5.5.1 Einleitung 523 5.5.2 Vor- und Nachteile der Anaerobtechnik bei kommunalem Abwasser 524 5.5.3 Reaktortypen ..525 5.5.4 EinflussgroBen und Bemessungsparameter der anaeroben Reinigung kommunaler Abwasser 525 5.5.5 Technische Details bei kommunalen UASB-Reaktoren.... 528 5.5.6 Beispiele von UASB-Reaktoren zur kommunalen Abwasserreinigung 529 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen 6.1 Verfahrenstechniken 6.1.1 Historische Entwicklung und Einordnung 6.1.2 Herkunft und Potential der eingesetzten Substrate 6.1.3 Verfahrenskonzepte 6.1.4 Aufbereitung und Speichemng von Biogas 6.2 Beispiele landwirtschaftlicher Vergamngsanlagen 6.2.1 Vorbemerkungen 6.2.2 Einstufige Kofermentation 6.2.3 Zweistufige Kofermentation
533 533 533 535 538 551 556 556 556 557
X
Inhalt 6.2.4 6.2.5 6.2.6
Zweistufige Kofermentation mit therm. Desintegration .... 559 Kofermentations-Gemeinschaftsanlage mit Garrtickstandskonditionierung 560 Trocken-Nass-Simultanvergarung 562
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen 7.1 Status quo 7.2 Rechtliche Rahmenbedingungen 7.3 Mengen, Qualitaten und Potenziale 7.3.1 Verwertung von Bioabfallen und sonstiger qualitativ hochwertiger organischer Abfallstoffe 7.3.2 Behandlung von Restabfallen 7.4 Anlagen-und Verfahrenstechnik 7.4.1 Anlieferung 7.4.2 Mechanische Aufbereitung vor der Vergarung 7.4.3 Vergarung 7.4.4 Konfektionierung nach dem Vergarungsprozess 7.4.5 Biogasverwertung 7.5 Abluftemissionen 7.5.1 Abluftemissionen bei der Bioabfallverwertung 7.5.2 Abluftemissionen bei der Restabfallbehandlung 7.6 Abwasseremissionen 7.6.1 Abwasseremissionen bei der Bioabfallbehandlung 7.6.2 Abwasseremissionen bei der Restabfallbehandlung 7.7 Energiebilanz 7.8 Ausgewahlte Leistungsdaten 7.8.1 Leistungsdaten der Bioabfallvergarung 7.8.2 Leistungsdaten der mechanisch-biologischen Restabfallbehandlung 7.9 Ausblick
565 565 568 570
643 645
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas 8.1 Allgemeines 8.2 Faulgasanfall 8.3 Eigenschaften von Faulgas 8.4 Faulgastransport und-speicherung 8.4.1 Faulgastransport 8.4.2 Faulgasspeicherung 8.5 Ausriistungsteile fiir das Gassystem 8.5.1 Gashaube/Schaumfalle 8.5.2 Gasfackel 8.5.3 Entwasserungseinrichtungen
655 655 655 660 662 662 663 667 668 668 668
570 572 574 575 578 586 611 617 622 623 624 629 631 635 637 639 639
Inhalt XI 8.5.4 Gasfilter 669 8.5.5 Flammenruckschlagsicherungen 669 8.5.6 Messeinrichtungen 669 8.6 Faulgasaufbereitung 671 8.6.1 Entschwefelung 671 8.6.2 Anlagen zur Gastrocknung 672 8.6.3 Anlagen zur Siloxanentfemung 673 8.7 Gasverwertung 673 8.7.1 Allgemeines 673 8.7.2 Energiebedarf auf Klaranlagen 673 8.7.3 Gasverwertung in Heizkesseln 677 8.7.4 Verwertung in BHKW 678 8.8 Sonstiges 684 8.8.1 Stromtibergabe insNetz 684 8.8.2 Bauliche Hinweise 685 8.9 Beispielrechnung 686 8.9.1 Annahmen 686 8.9.2 Bemessung des Faulbehalters 687 8.9.3 Energiebedarfsberechnung der gesamten Anlage 687 8.9.4 Energieangebot Faulgas 687 8.9.5 Energienutzung und-deckung 687 8.9.6 Vergleich der ermittelten Werte ftir die gewahlten Arten der Gasnutzung 690 9 Sicherheitsaspekte im Umgang mit Faulgas 9.1 Allgemeine sicherheitstechnische Hinweise 9.1.1 Allgemeines 9.1.2 Erstickungsgefahr 9.1.3 Vergiftungsgefahr 9.1.4 Explosionsgefahr 9.1.5 Beispiele ex-gefahrdeter Bereiche bei Faul- und Gasbehaltem 9.2 Mess-und Kontrolleinrichtungen 9.3 Bauliche Hinweise 9.4 Vorschriften
693 693 693 693 694 695 697 698 699 699
10 Verzeichnis der verwendeten Abkiirzungen und Symbole
703
Sachwortverzeichnis
707
Verzeichnis der Autoren Kapitel 1:
Prof Dr.-Ing. C.F. Seyfried
Kapitel 2:
Prof Dr.-Ing. habil. Dr. phil. S. Kunst
Kapitel 3:
Prof. Dr.-Ing. H. Kroiss Dr.-Ing. K. Svardal
Kapitel 4:
Prof Dr.-Ing. N. Dichtl Dr.-Ing. D. Wendler Dr.-Ing. G. Schmelz
Kapitel 5:
Dr.-Ing. H. Meyer Dipl.-Ing. R. Lange Prof. Dr.-Ing. K.-H. Rosenwinkel Prof. Dr.-Ing. U. Austermann-Haun Dr.-Ing. U. Temper Dipl.-Ing. A. Carozzi Dr.-Ing. M. Saake Dr.rer.nat. Dipl.-Chem. C. Mobius Dr.-Ing. I. Demel Prof Dr.-Ing. C. Buismann Dipl.-Ing. W. Eggert
Kapitel 6:
Dr.-Ing. P. Weiland
Kapitel 7:
Prof Dr.-Ing. K. Fricke Dipl.-Ing. A. Htittner, Prof. Dr.-Ing. habil. W. Bidlingmaier
Kapitel 8:
Dr.-Ing. H.-H. Niehoff
Kapitel 9:
Dr.-Ing. H.-H. Niehoff
Kapitel 10:
Prof. Dr.-Ing. W. Bischofsberger
XIV
Anschriften Austermann-Haun, Ute Prof Dr.-Ing.
Bidlingmaier, Werner Prof Dr.-Ing. habil.
Bischofsberger, Wolfgang Prof Dr.-Ing. Buisman, Cees Prof Dr.-Ing. Carozzi, Alvaro Dipl.-Ing. Demel, Ingrid Dipl.-Ing. Dichtl, Norbert Prof Dr.-Ing. Eggert, Wolfgang Dipl.-Ing. Fricke, Klaus Prof Dr.-Ing.
Hiittner, Axel Dipl.-Ing.
Kroiss, Helmut O. Univ. Prof. Dipl.-Ing Dr. techn. Dr. h.c. Kunst, Sabine Prof Dr.-Ing. habil. Dr. phil.
FH Lippe und Hoxter Labor fflr Siedlungswasserwirtschaft Emilienstr. 45, 32756 Detmold E-Mail:
[email protected] Bauhaus Universitat Weimar Abfallwirtschaft CoudraystraBe 7, 99423 Weimar E-Mail:
[email protected] Am SchloBsee 5,24960 Gliicksburg E-Mail:
[email protected] Bode 81, Postbus 8129, 6700 EV Wageningen, Netherlands E-Mail:
[email protected] Dr.-Ing. Steinle GmbH Ziegelstr. 2, 83629 Weyam E-Mail:
[email protected] Papiertechnische Stiftung HeBstr. 134, 80797 Mtinchen TU Braunschweig Pockelstr. 2 a, 38106 Braunschweig E-Mail:
[email protected] WABAG Wassertechnik GmbH Lise-Meitner-Str. 4 a, 40878 Ratingen E-Mail:
[email protected] LeichtweiB-Institut fiir Wasserbau Abt. Abfallwirtschaft der TU Braunschweig Beethovenstr. 51 a, 38106 Braunschweig E-Mail:
[email protected] IGW Ingenieurgemeinschaft Witzenhausen Fricke & Turk GmbH Bischhauser Aue 12, 37213 Witzenhausen Email:
[email protected] Institut ftir Wassergtite und Abfallwirschaft TU Wien Karlsplatz 13, 1040 Wien, Osterreich Email:
[email protected] Institut fiir Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik, Universitat Hannover Welfengarten 1, 30167 Hannover E-Mail:
[email protected]
Anschriften Lange, Roland Dipl.-Ing. Meyer, Hartmut Dr.-Ing. Mobius, Christian H. Dr. Niehoff, Hans-Hermann Dr.-Lig. Rosenwinkel, Karl-Heinz Prof Dr.-Ing.
Saake, Michael Dr.-Ing. Schmelz, Karl-Georg Dr.-Ing. Seyfried, Carl-Franz Prof Dr.-Ing.
Svardal, Karl Ass. Prof Dipl.-Ing. Dr. techn. Temper, Uwe Dr.-Ing. Weiland, Peter Prof Dr.-Ing.
Wendler, Daniel Dr.-Ing.
XV
aqua consult Ingenieur GmbH Mengendamm 16, 30177 Hannover E-Mail:
[email protected] Emschergenossenschaft / Lippeverband Kronprinzenstr. 24, 45128 Essen E-Mail:
[email protected] CM Consult Dr. Christian H. Mobius & Partner Muesmannstr. 15 g, 86199 Augsburg Email:
[email protected] Protechnic Engineering GmbH Willy-Brandt-Str. 23, 63450 Hanau E-Mail:
[email protected] Institut fur Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik, Universitat Hannover Welfengarten 1, 30167 Hannover E-Mail:
[email protected] aqua consult Ingenieur GmbH Mengendamm 16, 30177 Hannover E-Mail:
[email protected] Emschergenossenschaft / Lippeverband Kronprinzenstr. 24, 45128 Essen E-Mail:
[email protected] Institut fur Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik, Universitat Hannover Welfengarten 1, 30167 Hannover E-Mail:
[email protected] Institut fiir Wassergtite und Abfallwirtschaft, TU Wien Karlsplatz 13, 1040 Wien, Osterreich E-Mail:
[email protected] Schanzstr. 8, 82216 Maisach E-Mail:
[email protected] Bundesforschungsanstalt ftir Landwirtschaft (FAL) Institut fur Technologic und Biosystemtechnik Bundesallee 50, 38116 Braunschweig E-Mail:
[email protected] Wunstorfer Str. 96, 30453 Hannover E-Mail:
[email protected]
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1-1. Septic Tank (McCarty 1957) 2 Abb. 1-2. Travis Tank (McCarty 1957) Das Abwasser fliefit durch alle drei Kammern 3 Abb. 1-3. Emscher Brunnen (Emscherbecken, Imhoff-Tank) 3 Abb. 1-4. Zweistufige Schlammfaulung (Imhoff, Blunk 1913) 5 Abb. 1-5. Faulbehalter der Klaranlagen Essen-Rellinghausen mit je 1.400 m^Inhalt (Fries 1931). 6 Abb. 1-6. Faulbehalter mit Schraubenschaufler, auBenliegendem Warmetauscher und „Trubwasser"-Abzug (Bischofsberger 1993) 7 Abb. 1-7. Erstes anaerobes Belebungsverfahren (Kontaktverfahren), Versuchsanlage fiir Strohpappeabwasser (Jung 1949) 10 Abb. 1-8. Grolitechnischer Vorlaufer des anaeroben Belebungsverfahrens fiir eine Strohpappenfabrik in Frondenberg (Ruhrverband, Rohde 1951) 11 Abb. 1-9. Erstes groBtechnisches anaerobes Belebungsverfahren (Kontaktverfahren) fur Hefeabwasser; Lageplan (Ruhrverband 1951) 12 Abb. 1-10. Einstufiges anaerobes Belebungsverfahren mit Schlammentgasung 14 Abb. 1-11. Zweistufiges anaerobes Belebungsverfahren (getrennte Versauerung und Methanstufe) 14 Abb. 1-12. Schlammbettverfahren (UASB-Reaktor) (Lettinga et al. 1979) 15 Abb. 1-13. Prozessschema verschiedener Reaktortypen (Seyfried et al. 1986) 16 Abb. 1-14. Anaerobe Vorbehandlung des Industrieabwassers auf der Klaranlage Marne; Vorversauerung mit integrierter Abscheidung der nicht hydrolysierten Feststoffe; Festbettmethanreaktor (Seyfried et al. 1990) 17
XVIII Abb. 1-15. Anaerobanlage mit Ultrafiltration zur Behandlung von Abwassern einer Maisstarkeproduktion (Ross 1992) 18 Abb. 2-1. Schema des mehrstufigen anaeroben Abbaus 24 Abb. 2-2. Abhangigkeit des Energiegewinns acetogener Reaktionen vom Wasserstoffpartialdruck 30 Abb. 2-3. Desulfovibrio als acetogenes Bakterium 31 Abb. 2-4. Schema der Methanogenese aus CO2 und Wasserstoff 33 Abb. 2-5. Pellet aus einem UASB-Reaktor 35 Abb. 2-6. Schematischer Aufbau eines Pellets 36 Abb. 2-7. Vereinfachte, schematische Ubersicht der wichtigsten Prozesse beim anaeroben Abbau 38 Abb. 2-8. Wachstumskinetik der acetatverarbeitenden Methanbakterien (nachGujer, 1983) 44 Abb. 3-1. Relative maximale Versauerungsrate der Saurebakterien bei Glucose in Abhangigkeit von der Temperatur, bezogen auf die Aktivitat; 35 °C entsprechen 100 % Aktivitat (Zoetemeyer et al. 1982). 50 Abb. 3-2. Abhangigkeit der maximalen Umsatzraten von Methanbakterienstammen von der Temperatur 51 Abb. 3-3. Abhangigkeit des pH-Wertes im Faulbehalter von der Saurekapazitat bei unterschiedlichen COi-Gehalt des Faulgases 53 Abb. 3-4. Einfluss des Feststoffgehaltes auf die spezifische Gasproduktion(Indenl977) 63 Abb. 3-5. HS" - H2S-Gleichgewicht in Abhangigkeit vom pH-Wert (Klroiss 1986) 70 Abb. 3-6. Hemmung der maximalen Methanbildungsrate aus Essigsaure in Abhangigkeit der Konzentration an gelostem undissoziiertem Schwefelwasserstoff in der umgebenden Fliissigkeit (Kroiss 1986) 72 Abb. 3-7. H2S-Konzentration in der Gas- bzw. Fltissigphase in Abhangigkeit vom CSBred/Sred-Verhaltnis bei verschiedenen pH-Werten (Kroiss 1986) , 73 Abb. 3-8. H2S-Konzentration in der Gas- bzw. Fltissigphase in Abhangigkeit unterschiedlicher CSB-ZufluBkonzentrationen (Kroiss 1986).... 73 Abb. 3-9. Prozentualer Anteil der undissoziierten Sauren an den Gesamtsauren in Abhangigkeit vom pH-Wert (Kroiss 1986) 76 Abb. 3-10. Hemmung der Methanbildung in Abhangigkeit vom pH-Wert und der Essigsaurekonzentration (Kroiss 1986) 77 Abb. 3-11. Prozentuale Hemmung der Methanbildung aus Essigsaure in Abhangigkeit der Konzentration an undissoziierter Propionsaure ...77 Abb. 3-12. Abhangigkeit des NH^^-NHs-Gleichgwichtes vom pH-Wert (Kjoissl986) 79
Abbildungsverzeichnis
XIX
Abb. 3-13. Zulassige NHU-N-Konzentration in Abhangigkeit vom pHWert und unterschiedlichen Temperaturen im Reaktor (Kroiss 1986) 79 Abb. 4.1-1. Reststoffanfall auf einer Klaranlage in Abhangigkeit der Prozessstufen 88 Abb. 4.1-2. Wirkung der Absetzzeit auf stadtisches Rohabwasser (ATV 1996) 89 Abb. 4.1-3. Auswirkung von Abwasserinhaltstoffen aus industriellem und gewerblichem Abwasser auf die angewendeten Abwasserreinigungsprozesse (Moller 1997) 98 Abb. 4.2-1. Verfahrensketten zur Behandlung von Klarschlamm (Moller 1985) 100 Abb. 4.2-2. Konventionelle Faulbehalter mit Betriebseinrichtungen 105 Abb. 4.2-3. Spezifischer Umwalzenergieeintrag in Abhangigkeit vom Reaktorvolumen flir auBenliegende Pumpen (Beckereit 1987) 107 Abb. 4.2-4. Spezifischer Umwalzenergieeintrag in Abhangigkeit vom Reaktorvolumen fiir Ruhr- und Mischwerke (Beckereit 1987) 107 Abb. 4.2-5. Spezifischer Umwalzenergieeintrag in Abhangigkeit vom Reaktorvolumen fiir Gaseinpressung (Beckereit 1987) 108 Abb. 4.2-6. Verlauf der Gasentwicklung wahrend der Einfahrzeit (35 °C) bei unterschiedlichen Impfschlammzugaben (Annen 1959) 115 Abb. 4.2-7. Abhangigkeit zwischen dem prozentualen Gehalt organischer Stoffe in Rohschlammen und dem erforderlichen Abbaugrad bis zum Erreichen der technischen Abbaugrenze flir verschiedene Faulraumtemperaturen nach (Dimowski 1981) 118 Abb. 4.2-8. Gasentwicklung aus 1 kg wasserfreien organischen Stoffen des in den Faulraum eingefuhrten frischen Schlammes im reifen Faulraum bei verschiedenen Temperaturen, bezogen auf die zugeflihrte organische Trockensubstanz (Imhoff u. Imhoff 1976) 119 Abb. 4.2-9. Mehrkammer -Ausfaulgrube (DIN 1970) 122 Abb. 4.2-10. Haufigkeitssummenverteilung fiir QRohschiamm einer deutschen 128 GroMadt (ca. 1.000.000 EW) Abb. 4.2-11. Haufigkeitssummenverteilung Rohschlamm TR-Fracht/d ei129 ner deutschen Grolistadt (ca. 1.000.000 EW) Abb. 4.2-12. Haufigkeitssummenverteilung fiir QRohschiamm iiber das gleitende 21-d-Mittel einer deutschen GroBstadt (ca. 1.000.000 EW).. 129 Abb. 4.2-13. Verfahrensschema volldurchmischter Faulbehalter im Kaskadenbetrieb , 134 Abb. 4.2-14. Verfahrensschema zur zweistufigen anaeroben Klarschlammbehandlung 136 Abb. 4.2-15. Zweistufige Schlammfaulanlage thermophil/mesophil auf der Klaranlage Osterode/ Harz (Niehoff 1987) 138
XX
Abb. 4.2-16. VerfahrensflieBbild einer zweistufig aeroben/anaeroben Stabilisiemngsanlage 140 Abb. 4.2-17. Wirkmechanismen und Verfahren zur Klarschlammdesintegration 145 Abb. 4.2-18. Quantitativer Zusammenhang zwischen CSB im Schlammwasser und Behandlungstemperaturen bei der thermischen Klarschlammdesintegration (Kopp 2004) 148 Abb. 4.2-19. Chemischer Klarschlammaufschluss mit Phosphorriickgewinnung (Kopp 2004) 150 Abb. 4.2-20. Anwendungsmoglichkeiten der Klarschlammdesintegration (ATV-DVWK 2000) 152 Abb. 4.2-21. Riihrwerkskugelmuhle (VoUraummtihle) 153 Abb. 4.2-22. Mit verschiedenen Aufschlussgeraten erreichte Aufschlussgrad in Abhangigkeit von der spezifischen Energie (Mtiller 1996). 155 Abb. 4.2-23. Erreichte Abbaugrade fiir verschieden aufgeschlossene Faulschlamme bei anaerober Behandlung im submersen Betrieb (Kopp et al. 1997) 156 Abb. 4.2-24. Chemischer Sauerstoffbedarf (CSBf), Konzentration des ges. Kjeldahl-Stickstoff (TKN) und des Phosphates (PO4-P) im Zentrat eines Uberschussschlammes nach Zellaufschluss (Miiller u. Dichtl 1998) 158 Abb. 4.2-25. Schlammwasserbelastung in Abhangigkeit von der hydraulischen Verweilzeit (Kopp et al, 1997) 159 Abb. 4.2-26. Durch Klarschlamm oder Abwasser mogliche Infektionswege 161 Abb. 4.2-27. Einfluss von Zeit und Temperatur auf einige Krankheitserreger nach Feachem et al. (Feachem et al. 1983) 163 Abb. 4.2-28. Trocknungsverlauf eines Faulschlammes (Kopp 2002) 174 Abb. 4.2-29. Korrelation zwischen dem Kennwert TR(A) und dem Trokkenrtickstand nach groBtechnischem Entwasserungsprozess TRentw [%] (Kopp 2002) ., 175 Abb. 4.2-30. Abhangigkeit des Zetapotenzials und des Laborentwasserungsergebnisses von der Polymerdosiermenge (Kopp 2001) 177 Abb. 4.2-31. Zusammenhang zwischen dem Laborschleuderaustrag und groB-technisch erreichten Entwasserungsergebnissen (Denkert 1995) 179 Abb. 4.2-32. Vorgange in einem Eindicker (Seyfried 1986) 184 Abb. 4.2-33. Eindicker ohne Schlammraumer (ATV 1983) 185 Abb. 4.2-34. Rundeindicker mit Krahlwerk (Seyfried 1986) 186 Abb. 4.2-35. Verfahrensschema einer Flotationsanlage mit Flotationsbecken 189
Abbildungsverzeichnis
XXI
Abb. 4.2-36. Gas-Sattigungskurven in Abhangigkeit von der Temperatur (p=1.033mbar) 191 Abb. 4.2-37. Abzug des Schlammwassers txber Of&iungen in seitlich begrenzenden Betondielen (ATV 1996) ...194 Abb. 4.2-38. Schematische Darstellung eines Filterplattensystems (Junge etal. 1995) 198 Abb. 4.2-39. Spezifische Filterleistung und Trockenriickstand im Schlammkuchen einer Kammer- (links) und Membranfilterpresse (rechts) (Junge et al. 1995) 200 Abb. 4.2-40. Schema einer Bandfiherpresse (Firma Klein) (Junge et al. 1995) 201 Abb. 4.2-41. Prinzipskizze eines Gegenstromdekanters (Westfalia Separator) (Junge et al. 1995) 203 Abb. 4.2-42. Moglichkeiten zur Veranderung von Betriebsparametem bei Dekantem (Junge et al. 1995) 204 Abb. 4.2-43. Prozentualer Vergleich der Stoffstrome in Abwasser- und Sekundarstrom aus der Schlammbehandlung (modifiziert nach Neis 1994) 207 Abb. 4.2-44. VolumenvergroBerung bei zunehmender N-Riickbelastung (ATV-DVWK 2000 (2)) 209 Abb. 4.2-45. Schematischer Aufbau einer Ammoniak Strippanlage (Geipel u. Hoffmann 1996). 213 Abb. 4.2-46. Einbindung einer technischen Einrichtung zur Desintegration von Uberschussschlamm in die Verfahrenstechnik der Schlammbehandlung (Kopp et al. 1997) 222 Abb. 4.2-47. Anteile der Schlammstabilisierungsarten von Klaranlagen unterschiedlicher GroCenklasse in Abhangigkeit der Anlagenanzahl (Dichtl u. Keudel 1998) 237 Abb. 4.2-48. Anteile der Schlammstabilisierungsarten von Klaranlagen unterschiedlicher GroiJenklasse in Abhangigkeit der Einwohnerwerte (Dichtl u. Keudel 1998) 239 Abb. 4.3-1. Bioabfallbehandlung auf der Klaranlage Baden-Baden (Korz u. Frick 1996, verandert) 257 Abb. 4.3-2. Verfahrensschema der Co-Vergarung auf der Klaranlage Radeberg (Wolter et al. 1999) 260 Abb. 4.3-3. Co-Vergarung auf der Abwasserreinigungsanlage Solden in Osterreich (nach (IB Sprenger, 1996, verandert)) 261 Abb. 4.3-4. Vergleich von Rohschlamm- und Co-Substrat-Mengen auf der Klaranlage M 264 Abb. 4.3-5. Vergleich von Faulbehalterbeschickung (Summe aus Rohschlamm und Co-Substraten) und Gasproduktion auf der Klaranlage M 264
XXII Abb. 5.1-1. Branchenanteil der industriellen Anaerobanlagen in Deutschland 284 Abb. 5.2-2. Gliedemng anaerober Verfahren (ATV-Fachausschu6-7.5, 1990, erweitert) 286 Abb. 5.2-3. Neubau von industriellen Anaerobanlagen in Deutschland .287 Abb. 5.2-4. Grundschema des anaeroben Belebungsverfahrens (Saake, 1986) .289 Abb. 5.2-5. Anaerobes Belebungsverfahren mit integriertem Parallelplattenabscheider 291 Abb. 5.2-6. Schema eines UASB-Reaktors (BIOPAQ® - System) 297 Abb. 5.2-7. CSB-Raumbelastungen von UASB-Reaktoren in Abhangigkeit von den Industriebranchen (Referenzliste mit 269 Anlagen) 299 Abb. 5.2-8. Schema des BIOBED®-Reaktors 307 Abb. 5.2-9. Mittlere CSB-Raumbelastung der jeweils neu in Betrieb genommenen BIOBED®-Reaktoren (Auslegungswerte) 310 Abb. 5.2-10. Mittlere CSB-Raumbelastung von BIOBED®-Reaktoren in verschiedenen Industriebranchen (Auslegungswerte) 311 Abb. 5.2-11. Schema des IC®-Reaktors (Habets etal 1997) 314 Abb. 5.2-12. Mittlere CSB-Raumbelastung der jeweils neu in Betrieb genommenen IC®-Reaktoren (Auslegungswerte) 318 Abb. 5.2-13. Mittlere CSB-Raumbelastung von IC®-Reaktoren in verschiedenen Industriebranchen (Auslegungswerte) 318 Abb. 5.2-14. Schematische Darstellung eines Festbettreaktors 322 Abb. 5.2-15. Schematischer Aufbau eines ANAFLUX®-Reaktors sowie groBtechnische Anwendung (Firmenprospekt Fa. Degremont) 334 Abb. 5.2-16. Schematischer Aufbau des BMA-Flie6bettreaktors 337 Abb. 5.3.1-1. Klaranlage der Fa. WeserGold..... 348 Abb. 5.3.1-2. FlieBschema der Klaranlage WeserGold 350 Abb. 5.3.1-3. FlieBschema der Abwasserbehandlung Agrozumos 352 Abb. 5.3.1-4. FlieBschema der Klaranlage Mineralquelle Zurzach 354 Abb. 5.3.2-1. Blockschema fiir die Herstellung von Erfrischungsgetranken (ATV M 766 1999) 356 Abb. 5.3.2-2. Verfahrensschema der anaeroben-aeroben Betriebsklaranlage in Knetzgau (Weinzierl und Mtiller-Blanke 1998) 362 Abb. 5.3.3-3. FlieBschema der Klaranlage der Hasseroder Brauerei 368 Abb. 5.3.3-4. FlieBschema der Klaranlage der Licher Brauerei 371 Abb. 5.3.3-5. Klaranlage der Licher Brauerei und kommunale Klaranlage Lich 372 Abb. 5.3.3-6. FlieBschema der Klaranlage der Brauerei EFES Adana ...374 Abb. 5.3.3-7. FlieBschema der Klaranlage der LUPO Getranke 376 Abb. 5.3.3-8. Klaranlage der LUPO Getranke 377
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XXIII
Abb. 5.3.4-1. Stoffstrome der fliissigen und festen Rest- und Abfallstoffe bei Schlachtbetrieben (Steiner 1993, verandert) 380 Abb. 5.3.4-2. Optimale Belastungsbereiche verschiedener Anaerobverfahren in der Fleischwirtschaft (nach Steiner 1985, verandert) 385 Abb. 5.3.4-3. BlockflieBschema Betriebsklaranlage Schlachthof Cakung, Jakarta (erste Ausbaustufe) 393 Abb. 5.3.4-4. BlockflieUschema Rest- und Abfallbehandlung Fa. NFZ Emstek 393 Abb. 5.3.4-5. Blockflieiischema Rest- und Abfallbehandlung Schlachthof Vitis 394 Abb. 5.3.4-6. BlockflieBschema Rest- und Abfallbehandlung Fa. DeGeFa, Badbergen 394 Abb. 5.3.5-1. Starkeproduktion in der Europaischen Union und Deutschland seit 1992 (aAc 2002, FSI 2002) 398 Abb. 5.3.5-2. Prinzipschema der Kartoffelstarkeherstellung (ATV 2000) 400 Abb. 5.3.5-3. Prinzipschema der Maisstarkeherstellung (ATV 2000) ....402 Abb. 5.3.5-4. Prinzipschema der Starkeherstellung aus Weizen (ATV 2002) 404 Abb. 5.3.5-5. Fliessschema der UASB-Anlage in DeKrim zur Behandlung von Kartoffelstarkeabwasser (A 1993) 410 Abb. 5.3.5-6. Verfahrensschema einer Anaerobanlage (Fliessbettreaktoren) zur Reinigung eines Maisstarkeabwassers (ATV 2002) 412 Abb. 5.3.5-7. Verfahrensschema einer groBtechnischen Anlage (Teilfestbettreaktor) zur Vorbehandlung eines Weizenstarkeabwassers (Althoff 1995), (ATV 2000) ..415 Abb. 5.3.6-1. Verfahrensschema einer anaerob-aeroben Betriebsklaranlage zur Reinigung von Abwasser aus der Kartoffelchipsproduktion 422 Abb. 5.3.6-2. Verfahrensschema der anaeroben Vorbehandlungsanlage 424 Abb. 5.3.7-1. FlieBschema der Herstellung nieder- und hochveresterten Pektins(Wei6 1997) 428 Abb. 5.3.7-2. Abhangigkeit zwischen NOx-N-Elimination und pH-Wert im Reaktor bei unterschiedlichen Betriebstemperaturen (Bode 1985) 430 Abb. 5.3.7-3. Verfahrensschema der anaeroben-aeroben Betriebsklaranlage in GroBenbrode, Stand 2003 433 Abb. 5.3.8-1. Wasserkreislaufe in der Zuckerfabrik (ATV 2000) 438 Abb. 5.3.9-1. Verfahrensgrundbild der Vorbehandlungsanlage der Brennerei 450 Abb. 5.3.9-2. CSB-Ablaufkonzentration in Abhangigkeit von der CSBSchlammbelastung 452
XXIV Abb. 5.3.10-1. Marktanteile verschiedener Branchen des Emahrungsgewerbes in Deutschland 455 Abb. 5.3.10-2. Jahrlicher Pro-Kopf-Verbrauch an SiiBwaren in Deutschland 456 Abb. 5.3.10-3. Jahrlicher Pro-Kopf-Verbrauch an Schokolade (in kg/E ; 2000) 457 Abb. 5.3.10-4. Foto der Abwasservorbehandlungsanlage (wahrend der jahrlichen Wartungsarbeiten) 464 Abb. 5.3.10-5. CSB - Konzentration 1997-2000 (Monatsmittelwert) ...465 Abb. 5.3.10-6. Tagliche Abwassermengen und CSB - Frachten 19972000 466 Abb. 5.3.10-7. CSB - Raumbelastung und CSB - Wirkungsgrad 19972000 466 Abb. 5.3.10-8. CSB - Konzentration 2001 und 2002 (Wochenmittelwerte) 467 Abb. 5.3.10-9. Tagliche Abwassermengen und CSB - Frachten 2001 und 2002 467 Abb. 5.3.10-10. CSB - Raumbelastung und CSB - Wirkungsgrad 2001 und 2002 468 Abb. 5.4.2-1. Stoffstrome und Abwasseranfallstellen bei Tierkorperbeseitigungsanstalten (nach Metzner 1984, verandert) 488 Abb. 5.4.2-2. BlockflieBschemaBetriebsklaranlage TBA Oberding. 497 Abb. 5.4.2-3. BlockflieBschemaBetriebsklaranlage TBA Plattling 498 Abb. 5.4.2-4. BlockflieUschemaBetriebsklaranlage TBA Kraftisried....498 Abb. 5.4.2-5. BlockflieBschema Betriebsklaranlage TBA Chemnitz 499 Abb. 5.4.3-1. Kumulative Anzahl Anlagen TfflOPAQ® S-Entfemung ..501 Abb. 5.4.3-2. Blockfliessbild Metallrtickgewinnung mit biogenem H2S 502 Abb. 5.4.3-3. Ubersichtszeichnung der groBtechnischen Anlage 505 Abb. 5.4.3-4. Schematisches Fliessbild der Bio-Prozess-Route 506 Abb. 5.4.3-5. Schema Phase 1 Behandlungsanlage flir Caribou 508 Abb. 5.4.3-6. Schema Phase 2 Behandlungsanlage flir Caribou 509 Abb. 5.4.4-1. BIOBED®-Reaktor 518 Abb. 5.4.4-2. Verfahrensschema Biologische Biogasentschwefelung....519 Abb. 5.4.4-3. Wirbelbettreaktor 521 Abb. 5.4.4-4. FlieBbild Anaerobe/aerobe Abwasservorbehandlungsanlage in der Humaninsulinherstellung 522 Abb. 5.4.4-5. FlieBbild Abwasserbehandlungs- und Recyclingprozess in der Textilindustrie 522 Abb. 6.1-1. Entwicklung der Zahl der Biogasanlagen in Deutschland seit 1990 534 Abb. 6.1-2. Methanertrag verschiedener Energiepflanzen 537
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Abb. 6.1-3. Verfahrenskonzepte bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen 539 Abb. 6.1-4. Verfahrensschema einer Kofermeiitationsanlage 540 Abb. 6.1-5. Festoffeinbringtechnik 541 Abb. 6.1-6. Feststoff-Direkteintragsysteme 542 Abb. 6.1-7. Typische Reaktorbauformen fur Nassvergarungsverfahren.542 Abb. 6.1-8. Gasdruck-Mischverfahren nach Pfefferkom 543 Abb. 6.1-9. Fermenter mit unterschiedlichen Folienabdeckungen 544 Abb. 6.1-10. Typische Verfahrenskonzepte landwirtschaftlicher Biogasanlagen..... 546 Abb. 6.1-11. Trockenvergarung mit mobiler Substratbox 548 Abb. 6.1-12. Trockenvergamngsverfahren mit Boxenfermentern und Perkolation 549 Abb. 6.1-13. Trockenfermentation ohne Perkolation mit dem Schlauchverfahren 550 Abb. 6.1-14. Schema des 3A-Mietenverfahrens zur Trockenvergarung.551 Abb. 6.1-15. Niederdruckgasspeicher flir Biogas 553 Abb. 6.2-1. Einstufige Vergarungsanlage 557 Abb. 6.2-2. Zweistufige Biogasanlage mit Direkteinspeisung von Feststoffen 558 Abb. 6.2-3. Zweistufige Biogasanlage mit thermischer Desintegration..559 Abb. 6.2-4. Schema der Kofermentations-Gemeinschaftsanlage mit Garriickstandskonditionierung 562 Abb. 6.2-5. Trocken-Nass-Simultanvergamng 563 Abb. 7-1. Schematischer Verfahrensablauf von Vergamngsanlagen zur Behandlung von Bio- und Restabfallen 574 Abb. 7-2. Lageplan eines MBA-Flachbunkers - Aufsicht 577 Abb. 7-3. Schematische Darstellung des Verfahrensablaufes bei der Biound Griinabfallvergarung - Beispiel trockenes Verfahren 581 Abb. 7-4. KomgroBenverteilung Resthaus- und Geschaftsmtxll bei Einsatz unterschiedlicher Zerkleinerungsaggregate 582 Abb. 7-5. KorngroBenverteilung der Fraktion Organik beim Einsatz unterschiedlicher Zerkleinerungsaggregate 584 Abb. 7-6. OTSbio-Gehalt und Mengenanteil im Unterkorn verschiedener Kornfraktionen 584 Abb. 7-7. Abfall-Nassaufloser und Siebaggregat, Maschinenbau Lohse GmbH, Heidenheim-Oggenhausen, Anlage in Ischgl, Osterreich...586 Abb. 7-8. Typisierung von Vergarungsverfahren nach deren Prozessfuhrung 590 Abb. 7-9. Schematische Darstellung der Moglichkeiten zur Erwarmung des Reaktorzulaufes 594
XXVI Abb. 7-10. Schematische Darstellung der Moglichkeiten zum Ausgleich der Abstrahlungsverluste 594 Abb. 7-11. Schematische Darstellung des KOMPOGAS-Verfahrens fiir die Verarbeitung von Bioabfallen 598 Abb. 7-12. Schematische Darstellung eines horizontal ausgefuhrten Pfropfstromreaktors (Beispiel KOMPOGAS-Fermenter) 599 Abb. 7-13. Schematische Darstellung des LINDE-BRV Reaktors 600 Abb. 7-14. Schematische Darstellung des DRANCO-Verfahrens fur die Verarbeitung von Bioabfallen 601 Abb. 7-15. Schematische Darstellung eines vertikal ausgefuhrten Pfropfstromreaktors (Beispiel VALORGA-Fermenter) 602 Abb. 7-16. Schematische Darstellung des WABIO-Verfahrens fiir die Verarbeitung von Bioabfallen 604 Abb. 7-17. Schematische Darstellung des einstufigen BTA-Verfahrens fur die Verarbeitung von Bioabfallen 605 Abb. 7-18. Schematische Darstellung des LINDE-KCA-Verfahrens 606 Abb. 7-19. Schematische Darstellung des zweistufigen BTA-Verfahrens mit Abtrennung der Feststoffe nach der Hydrolysestufe 607 Abb. 7-20. Anlagenschema ISKA®-Perkolationsanlage fur die Verarbeitung von Restmiill (Anlage Buchen, Odenwaldkreis) 609 Abb. 7-21. Schematische Darstellung eines Hybrid- Reaktors, einer Kombination aus Schlamm und Festbettreaktor 610 Abb. 7-22. Schematische Darstellung des IMK-Verfahrens fur die Verarbeitung von Bioabfallen 611 Abb. 7-23. Veranderung des TOCEiuat durch die anaerobe und nachgeschaltete aerobe Behandlung von Restabfallen 617 Abb. 7-24. Moglichkeiten der Verwertung des anfallenden Biogases....619 Abb. 7-25. Gesamtkohlenstoff (TOC) im Verlauf der Nachrotte am Beispiel des KOMPOGAS-Verfahrens (Fricke et al. 2001) 625 Abb. 7-26. Lachgaskonzentrationen im Rohgas und Stickstoffverbindungen im Eluat im Verlauf der Nachrotte (Wallmann et al., 2001) 628 Abb. 7-27. Veranderung der Atmungsaktivitat (AT4) durch die anaerobe und nachgeschaltete aerobe Behandlung von Restabfallen 629 Abb. 7-28. Abwasser- und Prozesswasserstrome sowie Wasser zur Verwertung einer Vergarungsanlage fur Bio- und Restabfalle 630 Abb. 7-29. Massenbilanz einer Bioabfallvergarungsanlage mit nachgeschalteter Kompostierung am Beispiel eines Standardbioabfalls ....641 Abb. 8-1. Spezifische Gasmenge GQTSZ in Abhangigkeit von der AufenthaltszeittTs(Kappl984) 657 Abb. 8-2. Normierte Jahresganglinie des Faulgasanfalls, bezogen auf den jeweiligen Jahresmittelwert (Dichtl etal. 1997) 658
Abbildungsverzeichnis
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Abb. 8-3. Niederdmck-Trockengasbehalter mit gewichtsbelasteter Membrane (Eisenbau-Heilbronn) 665 Abb. 8-4. Gassy stem einer Schlammfaulungsanlage 667 Abb. 8-5. Beispiel fur den Warmebedarf einer Modellanlage fiir 100.000 EGW bei 100 % Auslastung in lO^kJ/Monat (Meyer et al. 1983) ..674 Abb. 8-6. Abhangigkeit des Stromverbrauchs vom Reinigungsverfahren (Murll999) 676 Abb. 8-7. Wirkungsgrade von Gasmotoren in Abhangigkeit von der Belastung (Deutz/MWM) 679 Abb. 8-8. Spezifische Stromerzeugungskosten (inkl. MwSt.) mittels BHKW zur Netzeinspeisung gem. EEG in Abhangigkeit von der Anlagengro6e(Niehoff2002) 683
Tabellenverzeichnis
Tabelle 2-1. Energie gewinnende Reaktionen methanogener Bakterien...32 Tabelle 2-2. Kinetische Parameter mesophiler Bakterien bei der Versauerung von Glucose und Aminosauren (T: 30-37 °C) 41 Tabelle 2-3. Kinetische Parameter methanogener und acetogener Bakterien bei Temperaturen von 30-37 ^Celsius (Meyer, 2004) 43 Tabelle 2-4. Gtinstige Konzentration geloster Spurenelemente in Anaerobreaktor (Mudrack u. Kunst 2003) 48 Tabelle 2-5. Richtwerte flir den erforderlichen Spurenelementbedarf, bezogen auf den abgebauten CSB 48 Tabelle 3-1. Gegensatzlichkeiten zur Durchmischung von Anaerobreaktoren (Saake 1986) 57 Tabelle 3-2. Schadwirkung von Schwermetallen 82 Tabelle 3-3. Erforderliche Konzentrationen einiger Spurenelemente fiir einen optimalen anaeroben Abbau (nach Sahm 1981) 84 Tabelle 4.1-1. Zuordnung wichtiger Kennwerte zu Schlammbehandlungsverfahren (Bahrs 1997) 91 Tabelle 4.1-2. Zuordnung wichtiger Kennwerte zu den Schlammarten (Bahrs 1997) 95 Tabelle 4.1-3. Rohschlammanfall und -beschaffenheit in Abhangigkeit unterschiedlicher Reinigungsverfahren und Betriebsbedingungen (ATVDVWK2003) :..97 Tabelle 4.2-1. Erforderlicher Stabilisierungsgrad in Abhangigkeit von der Art der Beseitigung (Dichtl 1985) 101 Tabelle 4.2-2. Kennwerte zur Beurteilung des Stabilisierungsgrades aerob behandelter Klarschlamme (nach Dichtl 1985) 102 Tabelle 4.2-3. Kennwerte zur Beurteilung des Stabilisierungsgrades anaerob behandelter Klarschlamme (Dichtl 1985) 103 Tabelle 4.2-4. Richtwerte fur FaulraumgroBen nach Imhoff (zitiert in ATV 1983) 120
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Tabelle 4.2-5. Spezifische Faulraumvolumen in (1/E) fiir unbeheizte Faulbehalter in Abhangigkeit von der Schlammart und Belastung nach den Planungs- und Bemessungsgrundsatzen des Landes Nordrhein-Westfalen (Landesamt fur Wasser und Abfall NRW 1981) 121 Tabelle 4.2-6. Bemessungswerte fur beheizte Faulraume (Landesamt fur Wasser und Abfall NRW 1981) 122 Tabelle 4.2-7. Bemessungsvorschlage nach v.d. Emde (1974) 123 Tabelle 4.2-8. Bemessung von Faulraumen nach Bohnke (Bohnke 1977) 124 Tabelle 4.2-9. Zusammenstellung verschiedener Dimensionierungsansatze aus der Literatur fur konventionelle Faulbehalter 125 Tabelle 4.2-10. Richtwerte fiir die Faulraumbemessung (zusammengefasst) 125 Tabelle 4.2-11. Maximale Biogasausbeuten bei vollstandigem Abbau der organischenInhaltsstoffe(ATV-DVWK2002) 132 Tabelle 4.2-12. Abhangigkeit des zu erwartenden Biogasanfalls von der praktizierten Verfahrenstechnik der Abwasserreinigung nach Kapp; erganzt durch den ATV-DVWK Fachausschuss AK 8 Biogas (ATVDVWK2002) 132 Tabelle 4.2-13. Erforderliche Verweilzeiten bei der zweistufigen Klarschlammfaulung (Wechs 1985) 138 Tabelle 4.2-14. Im Klarschlamm zu erwartende Erreger, die zu Krankheiten ftihren konnen 161 Tabelle 4.2-15. Zusammenstellung und Bewertung von Entwasserungskennwerten 169 Tabelle 4.2-16. Mittlere Verteilung der Wasseranteile fiir Faulschlamme (FS) und flir simultan aerob stabilisierte Uberschussschlamme (US) 176 Tabelle 4.2-17. Durch Eindickung erreichbarer Trockenmassenanteil... 187 Tabelle 4.2-18. Maximal zulassige Eindicker-Flachenbelastung (Seyfried 1986) 187 Tabelle 4.2-19. Gegenliberstellung der Entwassemngsaggregate (Junge et al. 1995) 204 Tabelle 4.2-20. Schwankungsbreiten und Erwartungswerte fiir Konzentrationen an Kohlenstoff- und Nahrstoffbelastungen im Prozesswasser der Schlammbehandlung (modifiziert nach ATV 1996) 206 Tabelle 4.2-21. Jahrliche Humus- und Nahrstoffgehalte im Klarschlamm in der Bundesrepublik Deutschland (Poletschny 1995) 217 Tabelle 4.2-22. Kennzahlen fiir die aerobe und anaerobe Behandlung organischer Stoffe 219 Tabelle 4.2-23. Vergleich der Stickstoff-Rtickgewinnungsverfahren (nach Marr u. Koncar 1990) 225
Tabellenverzeichnis
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Tabelle 4.2-24. Zusammenstellung gangiger Verfahrensmoglichkeiten zur Phosphorelimination (Dichtl u. Dockhom 2002) 226 Tabelle 4.2-25. Wertstoffpotenzial und Reinigungskosten fiir verschiedene Abwasserstrome (Dockhom u. Dichtl 2003) 230 Tabelle 4.2-26. Frachten und Konzentrationen des Gesamtabwassers sowie von Gelb- und Schwarzwasser von 350.000 EW. (* berechnet nach Angaben von Otterpohl, 2000 mit 4,9 g K/(EW • d)) 231 Tabelle 4.2-27. Angaben in %/100. (*die Aufteilung des TS wurde angenommen) (Dockhom u. Dichtl 2003) 232 Tabelle 4.2-28. Wertstof^otenzial eines kommunalen Abwassers von 350.000 EW beziiglich organischer Verbindungen, Stickstoff, Phosphor und Kalium (*elektrische Energie aus Verstromung von Biogas) (Dockhom u. Dichtl 2003) 232 Tabelle 4.2-29. Wertstoffpotenzial des kommunalen Abwassers auf ganz Deutschland hochgerechnet (Dockhom u. Dichtl 2003) 233 Tabelle 4.2-30. Wertstoffpotenzial einzelner Abwasserinhaltsstoffe in den einzelnen Teilstromen berechnet fur 350.000 EW (Dockhom u. Dichtl 2003) 234 Tabelle 4.3-1. Faulzeiten in bestehenden Faulbehalteranlagen 247 Tabelle 4.3-2. Vergleich des Abfallauflkommens in der Nahrungsmittelindustrie mit dem Anfall an Klarschlammen 1993 (Statistisches Bundesamtl997) 248 Tabelle 4.3-3. Betriebe und Abfallmengen im Produzierenden Gewerbe 1993 (Statistisches Bundesamt 1997) 249 Tabelle 4.3-4. Organische Industrieabfalle (erw. auf der Basis von Braun (1992)) 251 Tabelle 4.3-5. Substratspezifische Eigenschaften von Co-Substraten, modifiziert auf der Basis von (Behmel u. Meyer-Pittroff 1996; KTBL 1998) 252 Tabelle 4.3-6. Basisdaten zur Co-Fermentation von Sauerkrautlake auf der Klaranlage M 262 Tabelle 4.3-7. Basisdaten zur Co-Fermentation von Riickstanden aus der Gelatineherstellung auf der Klaranlage N 266 Tabelle 4.3-8. Beispiele groBtechnischer Co-Fermentation auf kommunalen Klaranlagen 268 Tabelle 4.3-9. Co-Fermentation auf kommunalen Klaranlagen in Deutschland, Stand 1999 (ISAH 2000) 270 Tabelle 4.3-10. Ursachen fur Betriebsprobleme infolge Co-Fermentation undmogliche GegenmaBnahmen 271 Tabelle 4.3-11. Schadstoffgrenzwerte fur biogene Abfalle zur Co-Fermentation '. 275
XXXII Tabelle 4.3-12. Positivliste, Teil 1, fur biogene Abfalle, die ohne Einzelnachweis grundsatzlich fiir eine Co-Fermentation in Faulbehalter geeignet sind (Merkblatt zur Co-Fermentation biogener Abfalle in Faulbehaltem von Klaranlagen des Landes Nordrhein-Westfalen) 276 Tabelle 4.3-13. Positivliste, Teil 2, fiir biogene Abfalle, die einer okologischen Betrachtung unterzogen werden miissen (Merkblatt zur CoFermentation biogener Abfalle in Faulbehaltem von Klaranlagen des Landes Nordrhein-Westfalen) 277 Tabelle 5.2-1. CSB-Raumbelastung von anaeroben Belebungsanlagen in Deutschland 292 Tabelle 5.2-2. Auslegungs- und Betriebsdaten (Mittelwerte) anaerober Belebungsanlagen 292 Tabelle 5.2-3. Vor- undNachteile der anaeroben Belebungsverfaliren..294 Tabelle 5.2-4. Betriebsdaten von groBtechnischen UASB-Reaktoren....297 Tabelle 5.2-5. Vor- und Nachteile des UASB-Verfahrens 303 Tabelle 5.2-6. Vor- und Nachteile der EGSB-Reaktoren gegeniiber den UASB-Reaktoren 305 Tabelle 5.2-7. Betriebsergebnisse (=B) bzw. Auslegungsdaten (=A) von groBtechnischen BIOBED®-Reaktoren 309 Tabelle 5.2-8. Betriebsergebnisse (=B) bzw. Auslegungsdaten (=A) von groBtechnischen IC®-Reaktoren 317 Tabelle 5.2-9. CSB-Raumbelastung von groBtechnischen Festbettreaktoren 323 Tabelle 5.2-10. Biomassengehalte von labor- und groBtechnischen Festbettreaktoren 325 Tabelle 5.2-11. Vor- undNachteile der anaeroben Festbettreaktoren ....327 Tabelle 5.2-12. Vor- und Nachteile von FlieBbettreaktoren 331 Tabelle 5.3.1-1. Die deutsche Fmchtsaftindustrie in Zahlen, Geschaftsjahr 2001, Quelle: Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie e.V. (VdF), Bonn 344 Tabelle 5.3.1-2. Beispiele fur Abwasserlasten in Fruchtsaftbetrieben verschiedener GroBe (nach ATV M 766 und Schobinger 2001) 345 Tabelle 5.3.1-3. Mittelwerte vom Gesamtabwasser eines Friichteverarbeitungsbetriebes (ohne Abfiillung) fur mehrere Kampagnen (Rosenwinkel/Rtiffer) 346 Tabelle 5.3.1-4. Beispiele fiir die Beschaffenheit von Abwasserteilstromen der Fruchtsaftherstellung (ATV M 766) 346 Tabelle 5.3.1-5. Jahrsdurchschnittswerte vom Rohabwasser verschiedener Betriebsarten (ATV M 766) 347 Tabelle 5.3.1-6. Auslegungs- und Betriebsdaten WeserGold 349 Tabelle 5.3.1-7. Auslegungs- und Betriebsdaten Agrozumos 353 Tabelle 5.3.1-8. Auslegungsdaten 354
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XXXIII
Tabelle 5.3.2-1. Abwasserkonzentrationen, spezifische Wassermengen und Frachten in der Erfrischungsgetranke-Industrie 358 Tabelle 5.3.2-2. Abwasserkonzentrationen eines Erfrischungsgetrankeherstellers in Saltillo, Coahuila, Mexiko (Kalyuzhnyi et al. 1997) 359 Tabelle 5.3.2-3. Liste groBtechnischer Anaerobanlagen in der Erfrischungsgetrankeindustrie 361 Tabelle 5.3.3-1. Die deutsche Brauwirtschaft in Zahlen, Geschaftsjahr 2002 364 Tabelle 5.3.3-2. Analysenergebnisse der Gesamtabwasser von fiinf deutschen Brauereien 365 Tabelle 5.3.3-3. Spezifische Abwassermengen und -schmutzfrachten sowie Analysenwerte verschiedener Brauereiabwasserteilstrome einer GroBbrauerei (Rosenwinkel/ Seyfried) 366 Tabelle 5.3.3-4. Auslegungs- und Betriebsdaten der Klaranlage der Hasseroder Brauerei...... 369 Tabelle 5.3.3-5. Auslegungs- und Betriebsdaten der Klaranlage der Licher Brauerei 371 Tabelle 5.3.3-6. Auslegungs- und Betriebsdaten der Klaranlage der Brauerei EFES 375 Tabelle 5.3.3-7. Auslegungs- und Betriebsdaten der Klaranlage der LUPO Getranke 377 Tabelle 5.3.4-1. Spezifische Abwassermengen und Schmutzfrachten (sedimentiertes Abwasser) bei Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben (nach Jappelt u. Neumann 1985, verandert) 382 Tabelle 5.3.4-2. Anfall und Zusammensetzung von Schlachthofabwasser (nach Tritt 1990), Fleischwarenfabriken: CSB ca. 800-3.000 mg/1, BSBs ca. 500-2.500 mg/1 382 Tabelle 5.3.4-3. Substratspezifische KenngroiJen verschiedener Rest- und Abfallstoffe der Fleischwirtschaft (nach Tritt et al. 1991, 1993) 387 Tabelle 5.3.5-1. Bedeutung der Europaischen und der deutschen Starkeindustrie (FSI, 2002) 396 Tabelle 5.3.5-2. Rohstoffverarbeitung und Starkeproduktion in der Europaischen Union und Deutschland (FSI, 2002) 397 Tabelle 5.3.5-3. Verbrauch von Starkeprodukten nach Branchen in der Europaischen Union und Deutschland (FSI, 2002) 398 Tabelle 5.3.5-4. Spezifische Stoffstrome, Konzentrationen und Frachten aus der Kartoffelstarkeproduktion 405 Tabelle 5.3.5-5. Abwasserzusammensetzung einer Maisstarkefabrik (Miiller 1997) 406 Tabelle 5.3.5-6. Kennwerte fur Briidenkondensat aus dem Quellwassereindampfer (ATV 2002) 406
XXXIV Tabelle 5.3.5-7. Spezielle Abwassermengen und Schmutzfrachten fiir Abwasser aus der Maisstarkefabrikation (Seyfried/Rosenwinkel 1982) 407 Tabelle 5.3.5-8. Abwassercharakteristik bei der Weizenstarkeproduktion (Seyfried et al. 1984, Witt 1991, Althoff 1995, Althoff 2003) 407 Tabelle 5.3.5-9. Volumina und Belastungsdaten der Betriebsklaranlage (Maisstarke-Abwasser) 413 Tabelle 5.3.5-10. Kenn- und Betriebswerte fur Biogasanlage der Weizenstarkefabrik Hermann Komer GmbH (ATV 2002) 413 Tabelle 5.3.5-11. Betriebsergebnisse einer Anaerobanlage (Anaerobstufe) in der Weizenstarkeindustrie seit 1988 (Korner 2003, Althoff 2000, Althoff 2003) 414 Tabelle 5.3.6-1. Abwasseranfall und -belastung bei den Verfahrensschritten der Kartoffelverarbeitung (Rosenwinkel, Austermann-Haun, 1996) 419 Tabelle 5.3.6-2. GroBtechnische Anaerobanlagen in der kartoffelveredelnden Industrie in Deutschland 421 Tabelle 5.3.7-1. Abwasserkennwerte von Pektinabwassem 429 Tabelle 5.3.7-2. Belastungs- und Betriebsdaten einer groBtechnischen Hochlastdenitrifikationsstufe (Monatsmittelwerte Januar 2003) 432 Tabelle 5.3.7-3. Belastungs- und Betriebsdaten des Methanreaktors 434 Tabelle 5.3.8-1. Spezifische Abwassermengen sowie die Konzentrationen der wichtigsten Parameter 439 Tabelle 5.3.8-2. GroBtechnische Anaerobanlagen in der Zuckerindustrie in Deutschland (teilweise nicht mehr in Betrieb) 441 Tabelle 5.3.9-1. Beschaffenheit von Schlempen (ATV-DVWK, 1999 bzw. Bischofsberger et al., 1993) 446 Tabelle 5.3.9-2. GroBtechnische Anaerobanlagen in Brennereien und Hefefabriken in Deutschland (teilweise Anaerobanlage nicht mehr in Betrieb) 448 Tabelle 5.3.9-3. Mittlere Zulaufmengen und -konzentrationen des Abwassers der Brennerei 451 Tabelle 5.3.10-1. Weltweiter Zuckermarkt 1998 und Zuwachs 1994 bis 1998 (ZWS 2002) 455 Tabelle 5.3.10-2. Die wichtigsten zehn Markte der Zuckerwarenindustrie (ZWS 2002) 455 Tabelle 5.3.10-3. Effizienz von innerbetrieblichen MaBnahmen (IBM) zur Abwasser- und Frachtreduzierung in einem SiiBwaren-Betrieb 458 Tabelle 5.3.10-4. Charakteristische Zusammensetzung des Abwassers aus verschiedenen Produktionszweigen der SiiBwarenherstellung 460 Tabelle 5.3.10-5. Bemessungs- und Betriebswerte einer Abwasservorbehandlungsanlage in der SuBwarenindustrie (1997 bis 2002) 463
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XXXV
Tabelle 5.4.1-1. Die Abwasserbehandlung der Sulfitzellstofffabriken in Deutschland im Jahr 2003 476 Tabelle 5.4.1-2. Typische spezifische Abwassermengen der Papiererzeugung 478 Tabelle 5.4.1-3. Produktionsspezifische Abwasserzusammensetzung ...479 Tabelle 5.4.1-4. Anaerobe Abwasserreinigungsanlagen in der deutschen Papierindustrie 484 Tabelle 5.4.1-4. (Fortsetzung) 485 Tabelle 5.4.2-1. Beschaffenheit von Abwasser aus Tierkorperbeseitigungsanstalten (Werte nach TagesvergleichmaBigung) 489 Tabelle 5.4.3-1. Die Kemdaten der Anlage lassen sich wie folgt zusammenfassen: 506 Tabelle 5.4.4-1. Umsatz, Beschaftigte und Betriebe nach GrolJenklassen 511 Tabelle 5.4.4-2. Produktionswerte der Chemiesparten 2001 511 Tabelle 5.4.4-3. Organische Verbindungen, die der anaeroben Behandlung zuganglich sind (Auszug) 513 Tabelle 5.4.4-4. Laborstudien mit erfolgreichen Chemieabwassem 514 Tabelle 5.4.4-5. Reaktortypen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie 515 Tabelle 5.4.4-6. Gegentiberstellung UASB / EGSB-Reaktoren 515 Tabelle 5.4.4-7. Rohabwasser - Zulaufdaten 517 Tabelle 5.5-1. Gegeniiberstellung der wichtigsten Bemessungsparameter der anaeroben Reinigung kommunaler Abwasser 526 Tabelle 5.5-2. Zu- und Ablaufkonzentrationen sowie Abbaugrade bei der anaeroben Reinigung kommunaler Abwasser 529 Tabelle 6.1-1. Stoffdaten und Biogasertrag von Fliissig- und Festmist unterschiedlicher Tierarten 536 Tabelle 6.1-2. Stoffdaten und Biogasertrag von Emtertickstanden und Futterresten .....537 Tabelle 6.1-3. Potenzial & Methanausbeute ausgewahlter Produktionsrixckstande 538 Tabelle 7-1. Status quo Behandlungsanlagen fur die Bio- und Griinabfallverwertung und sonstige qualitativ hochwertige organische Abfallstoffe sowie ftir die Restabfallbehandlung (MBA) - Stand 2002....566 Tabelle 7-2. Vergarungsanlagen zur Behandlung von Bio- und Restabfallen in Deutschland, Stand 200 567 Tabelle 7-3. Mengen ausgewahlter organischer Abfallstoffe in Deutschland und ihre Eignung fiir verschiedene Verwertungsprozesse - Stand 2002/12 570 Tabelle 7-4. Grenzwerte und mittlere Schwermetallgehalte in Bioabfallkomposten und Klarschlammen - Angaben in mg/kg in der TS 571
XXXVI Tabelle 7-5. Prozesskenndaten und Nahrstoffgehalte ausgewahlter organischer Abfallstoffe 571 Tabelle 7-6. Status und Prognose der festen Siedlungsabfall-, Wertstoffund Restabfallmengen (Alwast et al. 2003) 572 Tabelle 7-7. Charakterisierung der Abfallarten beziiglich der Parameter TS, GV, OTSbio aerob? OTSbio anaerob, Inertstoffauteil sowie unterer Heizwert (Hu) und oberer Heizwert (Ho) 573 Tabelle 7-8. Anteil regenerativer Energien in verschiedenen Abfallarten : 574 Tabelle 7-9. Genutzte Eigenschaften und Aggregate zur mechanischen Aufbereitung von Abfallgemischen vor der Vergarung 578 Tabelle 7-10. Geeignete Siebschnitte bei der Aufbereitung von Bioabfall, Restmiill aus Haus- und Geschaftsmtill (HGM) 583 Tabelle 7-11. Milieuanforderungen bei der Vergarung biogener Roh- und Reststoffe(Weiland2001) 589 Tabelle 7-12. Charakterisierung anaerober Reaktoren (erweitert nach ATV 1990) 591 Tabelle 7-13. Beschreibung anaerober Verfahrenstechniken (ATV 1990) 591 Tabelle 7-14. Warmedurchgangszahlen ftir Warmeiibertragertypen (Produkt - Heizwasser) unter Betriebsbedingungen (Langhans 2000a). 593 Tabelle 7-15. Spezifische Warmekapazitaten verschiedener Stoffe bei einer Temperatur von 20 °C (Kranert 1988, Jescha et al. 1990) 596 Tabelle 7-16. Systematisierung der Kompostierungsverfahren nach Baumuster 615 Tabelle 7-17. Einsatzgebiete der verschiedenen Rottesysteme fiir die Nachbehandlung von Garresten 615 Tabelle 7-18. Typische Zusammensetzungen von Biogas verschiedener Abfalle und Reststoffe 618 Tabelle 7-19. Geruchsemissionen einer Bioabfallvergarungsanlage (Jahresdurchsatz 10.000 Mg) 624 Tabelle 7-20. Rohgas Abluftmengen und Qualitaten im Vergleich zu den relevanten Grenzwerten der 30. BImSchV 625 Tabelle 7-21. Behandlungszeiten zum Erreichen der Stabilisierungsparameter aus der AbfAblV und des AT4-Wertes gemaB § 16 der 30. BImSchV 625 Tabelle 7-22. Mindestanforderungen fur einige relevante Parameter nach Anhang 23 an die Einleitung von Abwasser aus Anlagen zur Behandlung von Siedlungsabfallen 631 Tabelle 7-23. Theoretische Abschatzung der Veranderungen des Anteiles von Uberschusswasser in Abhangigkeit vom Wassergehalt (WG) des
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angelieferten Bioabfalls und des Entwasserungsgrades (Vergarungsanlage mit einer Jahreskapazitat von 20.000 Mg) 632 Tabelle 7-24. Belastung der Ablaufe aus Bioabfallvergarungsanlagen ..633 Tabelle 7-25. Beispielhafte Aufstellung der Verwertungs- und Entsorgungswege fur Uberschusswasser verschiedener Bioabfall und Restabfallbehandlungsanlagen 634 Tabelle 7-26. Prinzipiell geeignete Verfahrensschritte zur Reinigung von Abwassern aus Vergarungsanlagen 634 Tabelle 7-27. Abwasser / Prozesswasserbelastung aus Aerobstufen mechanisch-biologischer Abfallbehandlungsanlagen (Fricke et al. 2004).635 Tabelle 7-28. Wassermenge in der Abluft in Abhangigkeit unterschiedlicher Temperaturen und Abluftmengen 636 Tabelle 7-29. Energieaufwand und -ertrage bei der Bio- und Grunabfallverwertung und bei der mechanisch-biologischen Restabfallbehandlung (MBA) mit Einbindung der Deponie (Wallmann et al. 2002) 638 Tabelle 7-30. Einteilung der Rottegrade entsprechend den Maximaltemperaturen im Selbsterhitzungsversuch (Anonym 1995) 640 Tabelle 7-31. KenngroBen einstufiger und zweistufiger Vergarungsverfahren bei der Verwertung von Bioabfallen 640 Tabelle 7-32. Betriebs- und Prozesskenndaten ausgewahlter Vergarungsverfahren zur Bioabfallverwertung und Restabfallbehandlung 642 Tabelle 7-33. Berechnung des Faulraumvolumens und der theoretischen hydraulischen Verweilzeit fiir Nass- und Trockenverfahren fur die Verwertung von Bioabfall 643 Tabelle 7-34. Ergebnisse der Van Soest-Analyse und weitere Stoffparameter fiir unbehandelten und anaerob behandelten Restabfall 644 Tabelle 7-35. Leistungsdaten fiir die mechanisch-biologische Restabfallbehandlung mit integrierter Vergarungsstufe 644 Tabelle 7-36. Massenbilanz verschiedener MBA-Konzeptionen fiir die Behandlung von Haus- und Geschaftsmiill 645 Tabelle 8-1. Abhangigkeit der zu erwartenden spezifischen Faulgasausbeuten von der praktizierten Verfahrensart der Abwasserreinigung (ATV-DVWK 2002) 656 Tabelle 8-2. Stoffspezifische Gaserzeugung 657 Tabelle 8-3. Zusammensetzung und Eigenschaften von Faulgas 660 Tabelle 8-4. AnlagengroBe und installierte Leistung (Murl 1999) 676 Tabelle 8-5. Verbrauch an elektrischer Energie der einzelnen Verfahrensstufen einer Modellklaranlage mit 100.000 EW (Murl 1999) 676 Tabelle 8-6. Vergleich der ermittelten Werte fiir die gewahlten Arten der Gasnutzung , 690
1 Geschichte der Anaerobtechnik
1.1 Historische Entwicklung Die Anaerobtechnik nutzt biologische Prozesse unter Abwesenheit von Sauerstoff, wobei organische Stoffe letztlich zu Methan und zu anorganischen Stoffen wie Kohlenstoffdioxid und Ammonium zersetzt werden. Erdgeschichtlich gehoren Methanbakterien zu den altesten Lebewesen, die bereits existierten, als die Erde noch nicht die heutige sauerstoffhaltige Atmosphare hatte. Die „anaerobe Zersetzung,, als naturlicher Vorgang wird von der Menschheit erst in neuerer Zeit gezielt eingesetzt. Erste Vorlaufer einer anaeroben Abwasserreinigung waren die Faulschachte in den Stadten des Indus-Kulturkreises. So berichtet (Erhard 1954), dass etwa 6.500 v.C. in den Stadten Mohenjodaro und Harappa vor den Hausem in den Anschlussleitungen an die damals schon vorhandene Kanalisation Schachte angeordnet waren, die vom Abwasser durchflossen wurden und in denen die Schwerstoffe sich absetzten und ausfaulen konnten. Zweifelsohne wollte man damals den Gestank in den im Rechteckprofil gebauten Kanalen durch Ablagerungen vermeiden. Im so genannten klassischen Altertum sind solche „Hausklaranlagen" nicht zu verzeichnen. Erst im Mittelalter wird von so genannten Eh-Gmben (Faulgruben) berichtet, in die man Abwasser hineinlaufen lieB, weniger um sie zu reinigen als um sie loszuwerden. In den Schlossem und Burgen wurden oftmals Kellereien oder unterirdische Gewolbe als Eh-Gmben genutzt. Wenn sie voll waren, wurden sie einfach zugemauert, was oftmals lange Zeit spater gar manchen Schatzsucher verbitterte. Dass diese Methode „anaerober Abwasserreinigung" den Bauwerken nicht gut bekam, zeigt ein Ungltick, welches 1183 beim Reichstag in Erfurt unter Kaiser Friedrich I. geschah: Hier brach der angefaulte Boden des Festsaals, welcher sich tiber einer solchen Eh-Gmbe befand, ein und drei Ftirsten, fiinf Grafen, viele Edle und mehr als hundert Ritter kamen in der Eh-Grube um (Erhard 1954). Als ein Wunder wurde es angesehen, dass kein Kirchenfiirst zu Schaden kam. Heute lasst sich dieses „Wunder" leicht physikalisch erklaren: Das spezifische Gewicht einer Ritterriistung und das eines dicken Bauches ist eben unterschiedhch groB.
1 Geschichte der Anaerobtechnik Ende des 18. Jahrhunderts waren nach Strell (1913) und Hosel (1987) in der deutschen Stadt Bunzlau in Schlesien teilweise „Senkgmben" der damals bereits weitgehend ausgebauten Kanalisation vorgeschaltet. In der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts wurde in Frankreich der erste wichtige Beitrag zu einer gezielten anaeroben Abwasserbehandlung geleistet. Der Franzose Mouras vergroBerte die Faulgruben und schloss sie luftdicht ab, so dass eine Ausfaulung des Abwassers und seiner Feststoffe erfolgte. Uber die so genannte „Mouras' Automatic Scavenger" und die „Verflussigung" der organischen Feststoffe im Abwasser berichtet Moigna (1982). Er bezeichnet die Erfindung als die „einfachste, schonste und sicherlich groBartigste aller modemen Erfindungen" (McCarty 1982). In England wurde um 1890/1891 eine Faulkammer entwickelt, die tiber einem groBeren Leervolumen eine Steinschicht aufwies, durch die das gefaulte Abwasser von unten nach oben floss. Zweifelsohne das erste anaerobe Biofilm-Verfahren (anaerobes Festbett). 1895 entwickelte Cameron in Exeter, England, ein groBes geschlossenes Becken ahnlich dem „Mouras Automatic Scavenger", welches er als „Septic Tank" patentiert bekam.
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3
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Abb. 1-1. Septic Tank (McCarty 1957) Diese „Septic Tanks" wurden fiir die Vorbehandlung von Mischabwasser hinter Rechen in einer GroBenordnung von bis zu ca. 20.000 m^/d eingesetzt (McCarty 1982). In den USA wurden durch Talbot die Septic Tanks zusatzlich mit Tauchwanden ausgeriistet, die bis zu 0,6-1,0 m in die Wasseroberflache eintauchten. Cameron erkannte schon friihzeitig den Wert des Faulgases, welches in den Tanks entstand. So wurde das entstehende Faulgas in Exeter fiir die Beleuchtung und Heizung eingesetzt. Der Abfluss der Septic Tanks war jedoch haufig schwarz und stark sauerstoffzehrend. Auch verstopften auftreibende Schlammflocken oftmals nachgeschaltete aerobe Filterbetten. 1899 erkannte Clark in Lawrence, Massachusetts, als erster dieses Problem und lieB den abgesetzten Schlamm dann in getrennten Becken ausfaulen (McCarty 1982). Der englische Gesund-
1.1 Historische Entwicklung
3
heitsingenieur William O. Travis entwickelte 1904 das nach ihm benannte Travis-Becken (Abb. 1-2), welches als 2-stockiges Becken einen getrennten Faulraum flir den absinkenden Schlamm aufwies (Metcalf et al. 1913). Von Nachteil war allerdings, dass etwa 10-20 % des Abwassers durch den Schlammteil geleitet wurden, wodurch das Abwasser anfaulte und stank (Imhoff 1925). AbfluB
ZufluB
Abb. 1-2. Travis Tank (McCarty 1957) Das Abwasser flieBt durch alle drei Kammem Den entscheidenden Fortschritt brachte Imhoff mit der Erfindung des Emscher Brunnen (Emscher-Becken, Imhoff Tank), bei dem der Faulraum so abgetrennt wurde, dass er nicht mehr vom Abwasser durchflossen wurde (Abb. 1-3). Das Patent stammt von 1906; im gleichen Jahr wurde auch die erste Emscherbrunnenanlage in Essen-Recklinghausen gebaut (Imhoff 1910, 1925). Absetzteil Ablauf
Abb. 1-3. Emscher Brunnen (Emscherbecken, Imhoff-Tank)
4
1 Geschichte der Anaerobtechnik
Die Erfmdung des Emscherbmnnens und die sich daran anschheBenden Untersuchungen und Weiterentwicklungen haben die gesamte Anaerobtechnik entscheidend beeinflusst. Schon fruhzeitig erkannte man den Einfluss der Temperatur auf die Faulgeschwindigkeit. So hat bereits Kessener (1912) genaue Empfehlungen fur die Durchflusszeit in Abhangigkeit der Temperatur und damit die GroBe von Faulraumen zur Behandlung von Strohpappe-Abwassern angegeben. Bei Temperaturen < 20 "^C TR ^ 14 d Durchflusszeit TR = 13 d Durchflusszeit 20 - 25 °C TR = 12 d Durchflusszeit 25 - 30 °C TR = 11 d Durchflusszeit > 30 °C Die Abhangigkeit des Gasertrages von der Temperatur wurde systematisch von Rudolf (1927) untersucht; bei gleicher Schlammmenge stieg die kurzzeitige Gasproduktion mit der Temperatur an, wenn zwar der gesamte Gasertrag bis zur Faulgrenze gleich blieb. Die Beheizung von Faulbehaltem fur hochkonzentrierte Abwasser oder fur Schlamm wurde in den verschiedensten Landem entwickelt. Erste Versuche wurden bereits 1914 bei der Emschergenossenschaft und beim Ruhrverband durchgefiihrt. Im gleichen Jahr (1914) wurden Imhoff und Blunk das erste Patent zur Beheizung von getrennten Faulraumen erteilt. Der Ruhrverband speiste in EssenRecklinghausen 1927 das tiberschiissige Gas in das stadtische Gasnetz ein. Ein weiteres Patent zur Beheizung von Schlammfaulraumen bei Emscherbrunnen wurde Imhoff und Blunk 1921 erteilt. Die Beheizung wurde durch Warmwasser vorgenommen, welches durch das gewonnene Faulgas erwarmt worden war. Wahrend beim Emscherbrunnen der Schlammfaulraum automatisch vom Abwasser im dariiber liegenden Absetzteil temperiert wurde, fehlte diese „Warmhaltung" bei getrennten Schlammfaulbehaltem. Deshalb wurde damals der Vorschlag gemacht, getrennte Schlammfaulbehalter Wand an Wand neben Absetzbecken zu bauen, um die Abwasserwarme zu nutzen. Als Kuriosum ist das Patent zu erwahnen, Schlammfaulbehalter in Kraftwerkshallen aufzustellen, um die dort herrschende Warme zu nutzen. Die Kombination von Emscherbrunnen mit in den Absetzteil eingebauten aeroben Tauchkorpern wurde in Langendreer und in Kettwig angewendet, wobei die tiber Pressluft beliifteten Tauchkorper mit ca. 75 % Wirkungsgrad die besten Ergebnisse brachten (Imhoff 1926).
1.2 Weitere Entwicklungen der anaeroben Schlammstabilisierung
1.2 Weitere Entwicklungen der anaeroben Schlammstabilisierung Nachdem die vom Abwasser getrennte Schlammfaulung im Emscherbrunnen vor und nach dem ersten Weltkrieg die Abwassertechnik revolutioniert hatte, ging man mehr und mehr dazu liber getrennte Faulbehalter zu bauen, da mittlerweile wichtige Einflussfaktoren, wie Heizung, Durchmischung und Gasgewinnung, richtig erkannt und angewendet wurden. Die einfachen offenen Erdbecken um 1900 waren wegen ihres Gestanks in Misskredit gekommen, da man wichtige Bedingungen, wie - mehr als 100tagige Faulzeit, - dichte und dicke, d.h. ungestorte Schwimmdecke und sehr schonende Durchmischung unter der Schwimmdecke nicht einhielt. Als Nachfaulbehalter hinter dem Faulraum eines Emscherbmnnens wurden getrennte Faulbehalter allerdings schon friihzeitig seit 1912 eingesetzt (Imhoff 1925, Wiegmann 1956) und von Imhoff und Blunk 1913 patentiert. imscnerDrunne
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Abb. 1-4. Zweistufige Schlammfaulung (Imhoff, Blunk 1913) Mit den Nutzungsmoglichkeiten des Faulgases stieg nattirlich das Interesse an einer hohen spezifischen Gasproduktion und damit an einer Intensivierung der Faulung mit immer kurzeren Durchflusszeiten, was in den 80er Jahren zur Propagierung von unsinnig kurzen Faulzeiten fiihrte. Dabei wurde vergessen, dass der Schlammfaulbehalter biologisch gesehen ein Ausschwemmreaktor ist, dessen Durchflusszeit nicht kiirzer als die Wachstumsrate der am langsamsten wachsenden Organismen sein darf; in der Schlammfaulung sind das die Acetatbakterien. Die Durchmischung von getrennten Faulraumen wurde in ihrer Bedeutung schon frtihzeitig erkannt. Bereits 1912 wurden Imhoff und Blunk ein
1 Geschichte der Anaerobtechnik Patent zum „Schlanimmischen im getrennten Faulraum" erteilt. Die Art der Durchmischung hatte auch Einfluss auf die Konfiguration des Faulbehalters. So wurden unter Einfluss von Imhoff auf der Klaranlage EssenRellinghausen vom Ruhrverband zwei unterschiedliche Faulbehalter gebaut und in Betrieb genommen (Fries 1930). Der eine hatte eine kegelformige Sohle und ein Riihrwerk an der Oberflache, der andere hatte eine flache Sohle mit einem von oben angetriebenen Krahlwerk und einer Umwalzpumpe.
Abb. 1-5. Faulbehalter der Klaranlagen Essen-Rellinghausen mit je 1.400 m^ Inhalt (Fries 1931) Erstaunlich war, dass das Krahlwerk mit untenliegendem Lager im Faulbehalter liber 30 Jahre ohne nennenswerte Stomngen lief. Er war allerdings, wie sich der Autor seinerseits beim Ausbau personlich tiberzeugen konnte, nach dem alten, leider heute historischem Grundsatz des Schiffbaus konstmiert: Man glaubt kaum, was Eisen alles aushalt, wenn man viel davon nimmt. Die Umwalzung von Faulbehaltem wurde 1926 nach einem Vorschlag von Prtiss erheblich durch den Einsatz von Schraubenschauflem verbessert, die erstmalig von der Emschergenossenschaft auf Klaranlagen in Essen-Frohnhausen und in Oberhausen in den Faulbehaltem eingesetzt wurden. Die spater nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland beliebte Umwalzung mit auBen liegenden Umwalzpumpen hat einen schlechten Wirkungsgrad, wie eigene Tracervermessungen des Autors ergeben haben. Die schrittweise im Laufe der Jahrzehnte entwickelte Umwalzung mit Faulgas wird im Ausland geme angewendet und lasst auch Faulbehalter mit flacher Sohle zu. Eine Fehlentwicklung war hingegen, Faulbehalter mit einem „Trubwasser"-Abzug auszurtisten. Ein intensiv genutzter Faulbehalter hat als biologischer Reaktor schon durch das entstehende Faulgas eine
1.3 Anaerobe Abwasserbehandlung standige Durchmischung, so dass statt Schlammwasser (Trixbwasser) nur dtinner Schlamm abgezogen wird, wodurch die eigentliche Klaranlage eine unnotige Belastung erfahrt. In Abb. 1-6 ist ein solcher Faulbehalter abgebildet ist (Bischofsberger 1993).
Abb. 1-6. Faulbehalter mit Schraubenschaufler, auBenliegendem Warmetauscher und „Trubwasser"-Abzug (Bischofsberger 1993) Bei der Faulbehalterheizung haben sich heute allgemein auBen liegende Warmetauscher durchgesetzt. Innen liegende Doppelmantelheizzylinder (z.B. System Oswald Schulze) werden kaum noch angewendet.
1.3 Anaerobe Abwasserbehandlung Die Nutzung des Faulgases zur Stromerzeugung, wobei die Abwarme hier Gasmotoren zur Heizung benutzt wird, und die geringe tJberschussschlammproduktion und der auch sonst geringe Energiebedarf machte die anaerobe Abwasserbehandlung fur die Industrieabwasserbehandlung interessant. Buswell (1930 a, b) stellte in seinen Untersuchungen die Vorteile
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1 Geschichte der Anaerobtechnik
der zweistufigen anaeroben Behandlung von Brennereiabwassem (Schlempen, Lutterwasser) heraus. In dem „Vorfaulraum" wird das sauer ankommende Abwasser durch den faulenden alkalischen Inhalt des Faulbehalters neutralisiert. Er empfiehlt, wie auch andere Autoren, die regelmaBige Zugabe von Faulschlamm aus stadtischen Faulbehaltem. 1935 veroffentlichte Buswell einen Uberblick tiber ftinf amerikanische Anaerobanlagen. Mit Brennerei-Abwasser wurde bei Raumbelastungen von 4,4-14,1 kg organischer Substanz pro m^-d ein Abbau von 75-90 % erzielt. Der Gasertrag lag bei bis zu 3 m^/m^-d Faulrauminhalt, bzw. 270-580 1/kg organische Substanz. Man darf sich nicht dariiber tauschen, dass die zweistufige Faulung damals nur eine unterteilte Methangarung war und noch nicht eine gezielte Trennung in eine Hydrolyse- und Versauerungsstufe einerseits und eine Acetat- und Methanstufe andererseits bedeutete. Diese biologische Trennung wurde in ersten Ansatzen jedoch von Nolte (1928) ausgefuhrt. Die giinstigen Ergebnisse bei Brennerei- und Zuckerfabrikabwassem und auch bei anderen hochkonzentrierten organischen Abwassem mit der regelmaBigen Zugabe von kommunalem Faulschlamm dtirften einerseits auf die Impfung mit anaeroben Bakterien zuruckzuftihren sein; andererseits ist aber auch die damit erfolgte Zugabe eventuell fehlender Nahrsalze und Spurenelemente von Bedeutung, wie Seyfried et al. (1984) bei der anaeroben Reinigung von Pektinabwassem feststellen konnten. Dass statt kommunalen Faulschlammes sich auch Kuhdung als vorztigliches Impfmaterial eignet, stellten Sen et al. (1962) in Untersuchungen zur Reinigung von Abwassem einer Melassebrennerei fest. Da geschlossene Anaerobbehalter relativ teuer sind, wurden vielfach Faulteiche eingesetzt, die auch heute noch in Entwicklungslandem eine preiswerte Moglichkeit zur Reinigung organischer Industrieabwasser bieten. Die biologischen Vorgange sind die gleichen wie bei geschlossenen Behaltern; die Verfahrenstechnik unterscheidet sich nur wenig: Bei Teichanlagen wird das Abwasser in der Regel nicht zusatzlich aufgeheizt. Die groBe offene Oberflache lasst einerseits unangenehme Gerliche austreten, und andererseits wird die Faulung hemmender Sauerstoff eingetragen. Die bei geschlossenen Behaltern gefurchtete Schwimmdecke ist bei Teichanlagen ein willkommener Abschluss. Etliche Autoren weisen darauf hin, dass bei offenen Faulanlagen die Schwimmdecke nicht zerstort werden sollte. Eine friiher oft in Deutschland angewendete Verfahrenstechnik ist das von Nolte (1928) entwickelte Garfaulverfahren, auch Salzwedeler Verfahren genannt, bei dem mehrere Teiche in Kaskaden hintereinander geschaltet werden. Unter Gamng verstand Nolte die Versauemngsstufe und unter Faulung die Methanstufe. Diese Teich-Verfahrenstechnik wurde - manchmal mit kleinen Abweichungen, die in der stark ausgepragten Individualitat von
1.3 Anaerobe Abwasserbehandlung
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Zuckerfabrikdirektoren begriindet sind - bis in die 60er Jahre in der Zuckerindustrie haufig angewendet. Da der Wirkungsgrad von anaeroben-aeroben Teichanlagen begrenzt ist, die Teiche relativ viel Platz brauctien und das Geruchsbelastigungen oftmals nicht gering waren, erfolgte die Entwicklung der Anaerob-Technik nach dem zweiten Weltkrieg in Richtung der geschlossenen AnaerobReaktoren. Die Erkenntnis, dass der Schlammgehalt im Reaktor den Wirkungsgrad erheblich beeinflusst, fuhrte zu der wohl wichtigsten Entwicklung in der Anaerob-Technik: weg vom Ausschwemmreaktor, bin zum anaeroben Belebungsverfahren (Kontaktverfahren). In der Literatur wird Schroepfer et al. (1955) die Erfindung des anaeroben Belebungsverfahrens (Kontaktverfahrens) zugeschrieben. Das ist falsch. Die erste halbtechnische Versuchsanlage wurde in den 40er Jahren von Jung bei einer im Niersverband gelegenen Strohpappefabrik betrieben; die Ergebnisse wurden 1949 veroffentlicht (Jung 1949). Die erste groBtechnische anaerobe Belebungsanlage wurde in den Jahren 1951/1952 vom Ruhrverband in Nuttlar an der oberen Ruhr fur eine Hefefabrik und Brennerei in Betrieb genommen (Rohde 1951, 1960, Sierp 1953). Schroepfer hatte die Ergebnisse mit seiner kleineren halbtechnischen Versuchsanlage bei einer Fleischwarenfabrik 1955 veroffentlicht, wobei davon auszugehen ist, dass er von der bereits groBtechnisch betriebenen deutschen Anlage nichts wusste. Etwa zeitlich parallel zu Jung fiihrte Stander (1950) in Stidafrika ebenfalls Versuche in einer kleinen Labor-Versuchsanlage mit Abwassem der Garungsindustrie nach dem anaeroben Belebungsverfahren durch und stellte die Uberlegenheit dieser neuen Verfahrenstechnik fest: Die Durchflusszeit konnte im Anaerob-Reaktor auf unter zwei Tage gesenkt werden. Die erste groBtechnische Anlage wurde in Stidafrika Ende der 50er Jahre fiir eine Winzerei gebaut. Hier setzte man den neu entwickelten „Clarigester" der Firma Dorr ein (Abb. 1-7), welcher das Nachklarbecken in den Faulbehalter integrierte. Jung nannte sein von ihm entwickeltes Verfahren „Schellfaulung". In Abb. 1-7 ist die halbtechnische Versuchsanlage schematisch dargestellt. Der zunachst offene Faulbehalter wurde mit einem Paddelwerk umgeriihrt. Die Nachklarung bestand aus einem Dortmundbmnnen. Ein daneben angeordneter Schlammfaulbehalter fiir den Uberschussschlamm wurde auf ca. 30 °C beheizt. Der Anaerob-Reaktor war unbeheizt und hatte eine relativ niedrige Temperatur von 12-14 °C. Trotz der niedrigen Temperatur gelang es, den KMn04-Verbrauch von ca. 5.000 mg/1 auf unter 2.500 mg/1 und den BSB5 von rd. 2.500 mg/1 auf unter 1.500 mg/1 zu senken bei einer Durchflusszeit von 24 Stunden. Nach einigen Wochen zeigte der Anaerobschlamm Uberlastungserscheinungen, offensichtlich durch gespeicherte
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1 Geschichte der Anaerobtechnik
Kolloide. Es wurde deshalb ein kleiner Teilstrom des Rucklaufschlammes durch den beheizten Faulbehalter und wieder zurtick in den Prozess gefuhrt. Dies ftihrte zu einer Verbesserung und Stabilisiemng des anaeroben Abbaues. Es war die erste Anwendung eines „anaeroben Biosorptionsverfahrens".
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Abb. 1-7. Erstes anaerobes Belebungsverfahren (Kontaktverfahren), Versuchsanlage flir Strohpappeabwasser (Jung 1949) Ende der 40er Jahre wurde vom Ruhrverband auf der Klaranlage Frondenberg eine Anaerobanlage ftir die Abwasser einer Strohpappenfabrik bis zur Stilllegung der Produktion Anfang der 60er Jahre betrieben. Sie stellt eine Vorstufe zum anaeroben Belebungsverfahren dar und arbeitete auBerordentlich stabil. Wie in Abb. 1-8 dargestellt, wurde die Anlage als ZweierKaskade und annahemd als Rohrreaktor ausgeftihrt. Paddelwerke sorgten ftir eine gute Querdurchmischung. Die Reaktoren hatten ein Gesamtvolumen von 1.122 m^; bei einem mittleren Zufluss von 5 1/s betrug die Durchflusszeit 3 Tage. Die BSBs-Raumbelastung lag mit einer mittleren Konzentration von 5.400 mg/1 bei rd. 1,8 kg/m^-d; der KMn04-Verbrauch im Zulauf betrug rd. 15.000 mg/1, die Raumbelastung an organischen Feststoffen rd. 2,6 kg oTS/m^-d. Mit dem entstandenen Faulgas (1,25 mVm^ bzw. 150 1/kg oTS) wurde ein Rticklauf, welcher am Ende der zweiten Kaskade „Impfschlamm" in den Zulauf brachte und etwa 40 % vom Zulauf betrug.
1.3 Anaerobe Abwasserbehandlung
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aufgeheizt, so dass eine Temperatur von 27-30 °C eingehalten werden konnte. Der Wirkungsgrad der Anaerobanlage lag auf den BSB bezogen bei liber 77 %. Der relativ hohe pH-Wert von 9-11 im Zulauf wurde durch die anaerobe Behandlung auf 6,5-7 gesenkt. Der hohe Gehalt an Schwefelwasserstoff im Ablauf konnte durch die Zugabe von Eisensalzen weitgehend zu Eisensulfid umgesetzt werden. Longsschniff /^acklaufschlamm 2 l/s bosbelialkn
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Abb. 1-8. GroBtechnischer Vorlaufer des anaeroben Belebungsverfahrens fur eine Strohpappenfabrik in Frondenberg (Ruhrverband, Rohde 1951) Die bereits erwahnte, erste groBtechnische anaerobe Belebungsanlage (Kontaktverfahren) ist in ihrer Einbindung in die kommunale Ruhrverbandsklaranlage auf Abb. 1-9 dargestellt. Die beiden Faulbehalter (F) wurden hintereinander betrieben; der Anaerobschlamm wird im Nachklarbecken (Dortmundbrunnen, NB) abgeschieden und als Rticklaufschlamm (Rsch) wieder vor die Anaerobreaktoren zuriickgepumpt. Die Installation war noch stark durch typische Schlammfaulbehalter-Installation der Firma Oswald Schulze beeinflusst. Die Durchflusszeit betrug 90 h (3,75 d), die Temperatur 32-33 °C. Die Gasproduktion erreichte 460 1/kg oTS bzw. 280 1/kg BSB5 abgebaut. Wegen einer starken H2S-Hemmung lag der Wirkungsgrad bei Parallel-Betrieb um 45 %, in Serie jedoch bei 87 % auf
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1 Geschichte der Anaerobtechnik
KMn04-Verbrauch bezogen. Wie Messungen ergaben, wurde das H2S tiberwiegend in den ersten Behaltem produziert und mit dem Faulgas ausgetrieben, so dass im zweiten Behalter die Methangarung nur noch wenig gehemmt wurde. Die Zulaufkonzentrationen lagen durchschnittlich bei 10.800 mg/1 BSB5 und 9.600 mg/1 KMn04-Verbrauch. Bis zur Einstellung der Hefeproduktion durch die Brennerei arbeitete die Anlage ohne nennenswerte Probleme.
Abb. 1-9. Erstes groBtechnisches anaerobes Belebungsverfahren (Kontaktverfahren) ftir Hefeabwasser; Lageplan (Ruhrverband 1951)
1.3 Anaerobe Abwasserbehandlung
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Seit der Erkenntnis, dass der Rtickhalt der Biomasse einen entscheidenden Einfluss auf den Wirkungsgrad hat, und seit den hierzu erfolgten Entwicklungen, die gepragt wurden durch Jung (1949), den Ruhrverband (Sierp 1953, Rohde 1951 und 1960), Stander (1950) und Schroepfer et al. (1955), hat sich die Technik des Rtickhalts in vier Richtungen entwickelt: • Extemer Rtickhalt durch Schwerkraft (Absetzbecken, Parallelplattenabscheider oder Schragklarer, Flotation) • Rtickhalt, integriert im Anaerob-Reaktor (Clarigester, eingebaute Abscheider, z.B. Schragklarer, Schwimmkugelfilter etc.) Sonderform: UASB-Reaktor bzw. Schlammbettreaktor • Rtickhalt im Reaktor durch Biofilm-Verfahren (Festbett, Schwebebett, Wirbelbett) • Rtickhalt durch Membrane (Mikrofiltration, Ultrafiltration) Der exteme Rtickhalt als Sedimentation wird entscheidend unterstiitzt durch eine Entgasung, die als Turmvakuumentgasung (Seyfried 1984) oder als flache Beckenentgasung (Kanow 1984) ausgeftihrt werden kann. Schragklarer (Parallelabscheider), wie z.B. von Hasenbohler (1982) eingesetzt wurden, haben sich nur bedingt bewahrt. Flotationsanlagen haben sicherheitstechnische Probleme und sind in der Regel unwirtschaftlich. Die Losung des Problems der H2S-Hemmung kann nicht nur durch die Zugabe von Eisensalzen (Kiby 1934, Jung 1949, Sierp 1953), sondem auch durch die Zugabe von Eisenstaub , ein Abfallprodukt der Htittenindustrie, erfolgen (Seyfried 1975), wodurch eine korrosionsfordemde Aufsalzung vermieden wird. Nitrate im Zulauf, die den Anaerobprozess storen, konnen durch eine Hochleistungsdenitrifikation im mesophilen Bereich reduziert werden (Bode 1984, Seyfried et al. 1984). Auf dem biologischen Sektor waren zwei neue Erkenntnisse von Bedeutung: 1. Bei kohlenhydrathaltigen oder fetthaltigen Abwassem ist die Trennung der Versauerung von der Methanstufe vorteilhaft. 2. Die Entdeckung von Bryant et al. (1967), dass die Methanstufe einen Zwischenabbauschritt, namlich die Acetatstufe, beinhaltet. Die Acetatbakterien leben in enger Symbiose mit den Methanbakterien (interspecies transfer), die den erforderlichen niedrigen Wasserstoffpartikeldruck gewahrleisten. Wird diese Symbiose gestort, z.B. durch hochtourige Pumpen, geht die Umsatzleistung zurtick (Seyfried 1975). Die genauere Kenntnis der Abbauwege hat die 1-stufige Anaerobtechnik (Abb. 1-10) in vielen Fallen durch die 2-stufige Technik (Abb. 1-11) verdrangt.
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1 Geschichte der Anaerobtechnik Faulbehditer
f
Gas
terbehandlung
Dampf Oder Kuhlwasser -r Uberschunschlamm
Abb. 1-10. Einstufiges anaerobes Belebungsverfahren mit Schlammentgasung
Foul gas
$1
HH
cp
K > r 0 H cL hChTR' UberschuR -
Rijcklaufschlamm Rucklaufschlamm Versauerunqs - Reaktor
Methan - Reaktor
ggf. Desulfurikation
Abb. 1-11. Zweistufiges anaerobes Belebungsverfahren (getrennte Versauerung und Methanstufe) Es war zwar schon bekannt, dass Anaerobier unter Stressbedingungen kleine Agglomerationen, sog. Pellets, bilden konnen, jedoch Lettinga et al. (1979) nutzen diese Eigenschaft als erste aus und entwickelten den Schlanimbettreaktor, oder allgemein UASB-Reaktor (Upflow Anaerobic ^lugde Blanket) genannt. Dieser Reaktor ist als Prinzipskizze in Abb. 1-12 dargestellt. Der Vorteil dieser Verfahrenstechnik ist, dass sich im Schlammbett eine sehr hohe Dichte an Biomasse befindet, bei gleicher Schlammbelastung entsprechend hohe Raumbelastungen zulasst, und dass sich die Pellets leichter zurtickhalten lassen gegentiber Schlammflocken. International sind etliche hundert UASB-Reaktoren in Betrieb.
1.3 Anaerobe Abwasserbehandlung Faulgas
Faulgas
^vr
AbsGtzteil
15
Ablaufrinne Einlaufschlltz
•••••••••• ••••••••••
^P
-(B-
fW
Wl
^B
rn
W
fn
rK
Verteilter Zulauf
Abb. 1-12. Schlammbettverfahren (UASB-Reaktor) (Lettinga et al. 1979) Es lag nahe, die Biomasse in Form eines Biofilmes in einem Anaerobreaktor zu binden. Schon fnihzeitig wurde versucht, durch Steinschtittungen ahnlich dem Tropfkorper den anaeroben Umsatz zu verbessem (Taylor et al. 1972, Young et al. 1969). Das Problem war jedoch, dass solche Schtittungen leicht verstopften, wie auch ein jtingeres Beispiel einer norddeutschen Kartoffelstarkefabrik gezeigt hat. Erst der Einsatz modemer Kunststoff-Ftillelemente brachte gute Ergebnisse (Seyfried et al. 1990). Der Einsatz von kleinen beweglichen Materialien (z.B. Schwebebett-Verfahren, „Moving Bed") brachte einen hoheren Biomassengehalt ohne Verstopfungsprobleme (Switzenbaum et al. 1980). Eine weitere Entwicklung war das Wirbelbett-Verfahren (Fluidised Bed), welches sich jedoch nicht so gut bewahrte. Einen umfangreichen Report tiber die Entwicklung von Biofilmreaktoren bringen Henze und Harremoes (1983). Eine Ubersicht tiber einige modeme Reaktoren ist in Abb. 1-13 dargestellt.
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1 Geschichte der Anaerobtechnik
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J^ Ausschwemmreaktor
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11
Anaerobes
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Belebungsverfahren
Schlammbettreaktor
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AbMufl
r Teilfestbettreaktor (Schwimmbeiireaktor)
XIT Reaktor mitinterner Rezirkulation
Abb. 1-13. Prozessschema verschiedener Reaktortypen (Seyfried et al. 1986) Eine besondere 2-stufige Verfahrenstechnik wurde erstmals in Marne eingesetzt (Austermann-Haun et al. 1994). Die hochkonzentrierten Abwasser verschiedener Lebensmittelbetriebe werden vorversauert, wobei durch einen tangentialen Zulauf eine zyklonartige Stromung erzeugt wird. Die nicht hydrolysierten Feststoffe konnen so aus der Mitte der Sohle abgezogen werden und in den kommunalen Schlammfaulbehalter gegeben werden. Das versauerte und nicht mehr mit groberen Feststoffen belastete Abwasser wird in einem Festbettreaktor mit schwimmendem Bewuchsmaterial ausgefault und in der kommunalen Klaranlage aerob gereinigt. Der BSB-Wirkungsgrad betragt in der Anaerob-Stufe tiber 8 0 % . Abb. 1-14 zeigt ein Betriebsschema. Die jtingste Entwicklung in der Anaerob-Technik ist der Einsatz von Ultrafiltrationsmembranen zum Rtickhalt der Biomasse. Choate et al. (1982) berichten von den Problemen mit dem Einsatz einer Ultrafiltration hinter einem UASB-Reaktor. Die Fluxleistung sank nach kurzer Zeit von 25 auf 14 1/m^-h und konnte nur durch regelmaBige Reinigung mit Atznatron und Hypchlorid wiederhergestellt werden. AuBerdem durfte die Membrananlage jeweils nur 8 h/d betrieben werden.
1.3 Anaerobe Abwasserbehandlung Siebtrommel
Vorkldrung
Denitrifikation
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Nachklarung
Sandfang
Brauerei Fischverarbeitung GemiJse verarbeitende Betriebe
Hauptkampagne
kommunaler Faulbehditer + Schlammbehandlung
Zwischenkampag ne
Abb. 1-14. Anaerobe Vorbehandlung des Industrieabwassers auf der Klaranlage Mame; Vorversauemng mit integrierter Abscheidung der nicht hydrolysierten Feststoffe; Festbettmethanreaktor (Seyfried et al. 1990) Wesentlich erfolgreicher war der Einsatz von Ultrafiltrationsmembranen bei einer Maisstarkefabrik in Stidafrika (Ross et al. 1992). Hinter einem mit Pelletschlamm betriebenen Clarigester wurden die aus der Nachklarung abtreibenden Pellets tiber ein Bogensieb zuriick gehalten. Der feststoffarme Ablauf wurde dann in der Ultrafiltrations-Membrananlage gefiltert; das Konzentrat lief wieder zuriick in den Anaerobreaktor. Das Betriebsschema und die wesentlichen Betriebsdaten sind in Abb. 1-15 aufgefiihrt. Bei dieser Membrananlage wird geschickt ein Problem umgangen, welches von Brockmann (1998) naher untersucht wurde. Durch die erforderlichen Druckerhohungspumpen bei der Ultrafiltration wird der Anaerobschlamm auf die Dauer so gestresst, dass die Leistungsfahigkeit deutlich nachlasst. Bei der sudafrikanischen Anlage wird jedoch der Anaerobschlamm bereits vorher abgeschieden und zuruckgeftihrt. Aus den vorgenannten Problemen dtirfte sich in Zukunft eher die Mikrofiltration durchsetzen, bei der eine Druckerhohung nicht erforderlich ist.
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1 Geschichte der Anaerobtechnik Antrieb fiJr Rdumer und Verteiler
Zulauf=400-i-500m3/d CSB=4-8g/l (Spitze15g/1) TSR:=21g/l , B R COD=^ 3.5kg/m3-d
Bogensieb 1,2mmSpaltweite
4,5 bar
Permeat ~0,4gCSB/l AUFModulpakete 800m2Fldche Flux 8-37l/m2-h Uberstrbmgeschw. ~ 1.5 m /s
Abb. 1-15. Anaerobanlage mit Ultrafiltration zur Behandlung von Abwassem einer Maisstarkeproduktion (Ross 1992) Die Geschichte der Anaerobtechnik ist gekennzeichnet durch zwei groBe Technologiespriinge in den Jahren von 1906-1920 und von 1950-1980. Seitdem sind nur noch kleinere Schritte zu verzeichnen. Bei einem Vergleich der Schlammbelastungen stellt sich heraus, dass die meisten Hochleistungsreaktoren ftir die Abwasserbehandlung im gleichen Bereich liegen; nur der jeweilige Schlammgehalt ist unterschiedlich. Viele Reaktoren, die in jtingerer Zeit entwickelt wurden (Bohnke et al. 1993) sind mittlerweile Geschichte, da sie sich am Markt nicht behaupten konnten.
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1.3 Anaerobe Abwasserbehandlung
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1.3 Anaerobe Abwasserbehandlung
21
Seyfried CF, Austermann-Haun U (1990) Large-scale Anaerobic/Aerobic Treatment Plants for Wastewaters from Molassis Distillery, a Pectin Factory and Starch Factory, Water Science Technology, Vol 22, No 1 / 2, S 353 Sierp F (1953) Die gewerblichen und industriellen Abwasser, Springer Verlag Berlin, Gottingen, Heidelberg Sierp F (1967) wie vor, 3 Aufl. (1967) Stander GJ (1950) Effluents from Fermentation Industries, Part IV, Journal The Institute of Sewage Purification, Part 4, pp 447 Strell M (1913) Die Abwasserfrage in ihrer geschichtlichen Entwicklung von den altesten Zeiten bis zur Gegenwart, Leipzig (1913) Switzenbaum MS, Jewell WJ (1980) Anaerobic Attached-Film Expanded-Bed Reactor Treatment, Journal Water Pollution Control Fed. 52, pp 1953 Taylor DW, Burm RJ (1972) Full-scale Anaerobic Filter Treatment of Wheat Starch Plant-Wastes, Water Volume 69, pp 30 Wiegmann H (1957) Die Abwasserreinigung im Emschergebiet, Fiinfzig Jahre Emschergenossenschaft 1906-1956; Selbstverlag der Emschergenossenschaft, Hrsg. Ramshom, Essen 1957 Young JC, McCarty (1969) The Aerobic Filter for Water Treatment, Journal Water Pollution Control Fed. 41 (1969), pp 160
2 Mikrobiologische Grundlagen
2.1 Energiegewinn aus mikrobiellen Stoffwechselprozessen Mikroorganismen haben, wie alle Organismen, das Bestreben ihre Lebensfunktion aufrecht zu erhalten und sich zu vermehren. Dazu sind Energie und Baustoffe erforderlich, die beide u.a. durch die Umsetzung von organischer Substanz gewonnen werden. Die Umsetzung organischer Substanz durch Mikroorganismen bzw. durch die von ihnen produzierten Enzyme erfolgt dabei grundsatzhch aus hochmolekularen, energiereichen Substanzen in niedermolekulare, energiearme Produkte, wobei Energie frei wird. Die bei der Reaktion entstehende freie Energie wird portionsweise aus dem Substratumsatz gewonnen, wobei sie anteihg zur Bildung von ATP verwendet wird (Adenosintriphosphat (ATP) ist die chemische Form, in der die Mikroorganismen Energie speichem und verwerten) und zum anderen Teil als Warme frei wird. Diese von den Organismen flir die Synthese von ATP nutzbare Energie wird als freie Energie oder Gibbsche Reaktionsenergie A G ° ' [kJ/Reaktion] bezeichnet, wobei A G ° ' die freie Energie unter Standardbedingungen (pH=7; Temperatur = 25 °Celsius; Druck = 1 bar) und A G ' diQ freie Energie unter den betrachteten Verhaltnissen ist. Eine Reaktion kann nur dann stattfinden, wenn die Gibbsche Reaktionsenergie einen negativen Wert annimmt (d.h. Energie frei wird), wobei die Reaktion um so schneller verlauft, je groBer der Wert ist. Der wesentliche Unterschied zwischen dem aeroben und dem anaeroben Abbau eines bestimmten organischen Substrats besteht in der Hohe des Energiegewinns, den die jeweiligen Organismen aus dem Stoffwechselschritt erzielen konnen. Wahrend beim aeroben Abbau von Glucose insgesamt -2.870 kJ/mol entstehen, von denen A G ° ' = -1.100 kJ/mol den Organismen als freie Energie ftir die Bildung von 38 ATP zur Verfiigung stehen, wird bei der anaeroben Vergarung von Glucose der Energiegehalt der Glucose tiberwiegend in Biogas iiberfuhrt, wahrend flir die Organismen nur QinQ freie Energie von A G°' = -58 kJ/mol als Energiegewinn verbleibt, die die Bildung von lediglich 2 ATP ermoglicht.
24
2 Mikrobiologische Grundlagen
Der geringe Energiegewinn des anaeroben Stoffwechsels gegeniiber dem aeroben bei dem Umsatz eines Moles des gleichen Substrates verdeutlicht, warum die anaeroben Organismen vergleichsweise langsam wachsen und damit ein ausreichender Ruckhalt von anaeroben Organismen im System die wichtigste Anforderung zur Gewahrleistung eines stabilen Betriebs darstellt. Weiterhin erklart sich hieraus, dass die anaeroben Verfahren eine vergleichsweise geringe Uberschussschlammproduktion aufweisen und mit dem Biogas ein energetisch hochwertiges Endprodukt erzeugen.
2.2 Anaerober Abbau - Uberblick und Organismen Nach heutigem Kenntnisstand erfolgt der vollstandige anaerobe Abbau von polymeren Stoffen bis zum Methan in vier Stufen (Abb. 2-1). Polymere Substrate (Kohlehydrate, Fette, EiweiO)
I
HydrolysePhase
Bruchstucke und geloste Polymere VersauerungsPhase
H2
CO2
organ. Sauren Essigsdure
Alkohole
A
Methonogene Phase
Methan Abb. 2-1. Schema des mehrstufigen anaeroben Abbaus
2.2 Anaerober Abbau - Uberblick und Organismen
25
1. In der Hydrolyse-Phase mtissen die hochmolekularen, oft ungelosten Stoffe durch Enzyme in geloste Bmchstticke tiberftihrt werden. 2. In der Versduerungs-Phase werden von verschiedenen fakultativ und obligat anaeroben Bakterienarten kurzkettige organische Sauren (z. B. Buttersaure, Propionsaure, Essigsaure), Alkohole, H2 und CO2 gebildet. Von diesen Zwischenprodukten konnen die Methanbakterien jedoch nur Essigsaure, H2 und CO2 direkt zu Methan umsetzen. 3. Somit mtissen in dor Acetogenen-Phase die im 2. Abbauschritt gebildeten organischen Sauren und Alkohole zu Essigsaure umgebaut werden. Die acetogenen Bakterien mtissen aus reaktionskinetischen Grtinden eng mit den Methanbakterien vergesellschaftet sein. 4. In der Methanogenen-Phase wird vornehmlich aus Essigsaure und aus H2 und CO2 Methan gebildet. Der Abbau eines komplexen organischen Stoffes zu Methan kann jedoch nur so schnell vonstatten gehen, wie fur die methanogenen Bakterien verwertbare Substrate bereitgestellt werden. Der Umbau der „Bruchstiicke" in der Versauerungs-Phase sowie die Methanbildung aus Acetat in der Methanogenen-Phase verlaufen in der Regel ohne Schwierigkeiten. So gesehen ist die Acetogene-Phase der geschwindigkeitslimitierende Schritt des vollstandigen anaeroben Abbaues. Da durch die Konzentration an methanisierbaren Substraten auch die Menge und Zusammensetzung des Faulgases bestimmt wird, kann man aus der Gasentwicklung auch auf die Aktivitat der Acetogenen-Phase schlieBen. Die acetatbildende Stufe stellt also ftir die Faulung biologisch leicht angreifbarer Polymere den „Flaschenhals" des Stoffumsatzes dar. Bei biologisch schwer abbaubaren Abwasserinhaltsstoffen kann jedoch auch die Hydrolyse-Stufe zum geschwindigkeitslimitierenden Schritt werden. Denn erst dann, wenn die fermentativen Bakterien die Polymere in ftir die nachfolgenden Bakteriengruppen angreifbare Substanzen zersetzt haben, kann ein vollstandiger Abbau bis zu CO2 und CH4 stattfinden. Die breiteste Anwendung haben die anaeroben Abbauvorgange in der Vorbehandlung organisch hochverschmutzter Industrieabwasser gefunden. Aufgrund des mehrphasigen anaeroben Abbaus kann eine Stoning bei der Reinigung eines Industrieabwassers sowohl durch die Abwassercharakteristik verursacht sein, als auch durch verfahrenstechnische Schwierigkeiten (Einhalten der Anaerobic, Temperatur, Biomassenrtickhalt, Erhalt der Biomassenstruktur). Dies wirkt sich dann entweder in einer Stoning der Hydrolyse, einer Stoning der Acetogenese (Bildung von Essigsaure durch acetogene Bakterien) oder eine Stoning der eigentlichen Methanogenese aus (siehe Kapitel 3).
26
2 Mikrobiologische Grundlagen
Um geeignete Konzepte zur anaeroben Abwasserreinigung fiir bestimmte Industrieabwasserqualitaten entwickeln zu konnen, ist eine detaillierte Betrachtung der am Abbau beteiligten Bakteriengruppen und der fiir sie geeigneten Milieubedingungen erforderlich. Je nach Charakteristik des Industrieabwassers (gepragt z. B. durch Kohlenhydrate, Fette oder toxische Komponenten) muss bedingt durch die mikrobiologischen Moglichkeiten und Grenzen auch das Verfahren variieren. 2.2.1 Hydrolysierende und versauernde Bakterien Bei der Hydrolyse werden aus polymeren Kohlenhydraten liberwiegend monomere Kohlenwasserstoffe (vor allem Monosaccharide wie Glucose), aus EiweiBen liberwiegend Ammosauren und Peptide und aus Fetten langkettige Fettsauren sowie Glycerin produziert. Die besonderen Eigenschaften der Stoffgruppen wahrend der Hydrolyse lassen sich wie folgt beschreiben: • Kohlenhydrate (Zucker, Hemizellulose, Zellulose, Pektin, Lignin) sind unterschiedlich gut hydrolysierbar. Zucker und Hemizellulose sind sehr gut aufzuschlieBen, wahrend die Hydrolyse von Zellulose, Starkekornem oder Pektin entsprechend langsamer verlauft. Lignin ist dagegen so gut wie gar nicht hydrolysierbar. • Der Abbau von Eiweifien unterscheidet sich von der Hydrolyse der anderen Stoffe durch seine Komplexitat. Es konnen bis zu 20 verschiedene Aminosauren (Batstone, 2002) gebildet werden. Die Hydrolyserate ist niedriger als bei Kohlenhydraten, haufig sogar geringer als bei Fetten. • Die Hydrolyse von Fetten erfordert eine Emulgiemng des Fettes zur OberflachenvergroBerung. Dann konnen fettspaltende Lipasen (Enzyme) besser angreifen. Fette werden bei der Hydrolyse vollstandig, aber langsam hydrolysiert, allerdings nur wenn die Temperatur > 20 °C betragt. Versauernde Bakterien haben eine groBe pH-Toleranz, sodass das Milieu sehr sauer werden kann. Die Versauerung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Energiegehalt (CSB) des Abwassers nur wenig andert (ca. 10 % Abnahme). Entscheidend dafiir ist der Anteil am CSB, der in CO2 und H2O umgesetzt wird und iiber die Gasphase verschwindet. Kohlenhydrate sind leichter versauerbar als EiweiBe. Bei der EiweiBversauerung werden pHpuffemde lonen freigesetzt, wahrend bei der Versauerung von Kohlenhydraten der pH-Wert weit (bis < 4,0) und schnell absinken kann. Fiir die EiweiBversauerung liegt der optimale pH-Wert bei pH 7,0-7,5. Hingegen ist ein pH-Wert von > 6,5 fiir die Versauerung nicht mehr optimal.
2.2 Anaerober Abbau - Uberblick und Organismen
27
Im Abwasser ist in der Regel immer eine Mischkultur von versauemden Bakterien enthalten, die in ihrer Zusammensetzung variiert. Die stoffliche Eigenschaft und Beschaffenheit des Abwassers und der Milieubedingungen bewirkt, dass sich eine spezifische Mischpopulation (aus versauemden, acetogenen und methanogenen Bakterien) ansiedelt. Wenn sich die ftir bestimmte Garungen notigen Milieubedingungen einstellen und die Mikroorganismen vorhanden sind, so konnen theoretisch viele verschiedenen Garungen (Propionsaure-, Buttersaure-, Milchsauregarung) ablaufen. Ob sie jedoch auch tatsachlich ablaufen, ist abhangig von den Milieubedingungen, die sich durch das Substrat, bzw. durch dessen Abbau einstellen. Beispielsweise beeinflusst der pH-Wert im Reaktor das Spektrum der gebildeten organischen Sauren. Wenn der pH-Wert in einer Versauerung niedrig ist (pH < 5,0), welches sich z.B. als Resultat einer hohen Raumbelastung einstellen kann, so ist die H^-Ionen-Konzentration im Medium hoch. Unter diesen Bedingungen verandem sich die Produkte der Versauerung signifikant. Bei der anaeroben Reinigung eines Starkefabrikabwassers z.B. nahm in der Versauerungsstufe bei pH-Werten < 4,0 die Konzentration an Carbonsauren (C2-C6) drastisch ab, und die Konzentration an Milchsaure nahm zu. Stieg der pH-Wert wieder an, wurde die Hemmung der Carbonsaurebildung wieder aufgehoben, und die Konzentration an Milchsaure sank ab. Verschiebungen solcher Art hangen mit der Rolle des Wasserstofftransporters NAD"^ zusammen. Bei vielen Garungsreaktionen werden auf NAD"^ die von dem Substrat abgespaltenen H^-lonen und damit Elektronen tibertragen. Den geringsten Einfluss nehmen die beladenen NAD-Molektile (NADH + H^) auf den Garungsweg, wenn ihre Regeneration (Oxidation) durch eine H2-Produktion erfolgt: NAD H + H+ -> H2 + NAD+ AG'=+18,07 kJ/Reaktion Ob jedoch eine Oxidation des NADH +H^ durch eine H2-Produktion stattfinden kann, ist vom H2-Partialdruck abhangig. Das Gleichgewicht kann namlich nur bei geringem H2-Partialdruck zur Bildung von NAD^ + H2 hin gerichtet sein. Der geringe H2-Partialdruck wiederum kann nur in Gegenwart H-verbrauchender, z.B. Methanbakterien, gehalten werden. Wenn der Wasserstoffpartialdruck nicht sehr niedrig ist (< 0,4 bar) - und das ist bei einem niedrigen pH gegeben -, dann treten die beladenen NAD-Molektile mit in den Garungsweg ein. Dies fiihrt z. B. in der Aceton-Butanol-Garung zur Reaktion von Buttersaure und NADH + H^, sodass als neues Garungsprodukt anstatt Buttersaure Butanol entsteht.
28
2 Mikrobiologische Grundlagen
Dabei wird das Stoffwechselprodukt der Buttersauregamng, die Buttersaure von den Bakterien (Clostridien) wieder in die Zellen aufgenommen und als Elektronenakzeptor verwandt. Der Wasserstoff wird auf die Buttersaure tibertragen, so dass einmal direkt Aceton und liber einige zusatzliche Schritte auch Butanol gebildet werden kann. Butyrat 1
I
Butyryi-CoA 1
I
l
i
i
-C-C-C-C-OO- - - C - C - C - O O l
i
l
t
I
Butanal
t
{
1
I
CoA
-
t
i
2. [H)
i
Butanol I
I
-C-C-C-OO l
l
!
-
t
i
I
i
^C-^C-C-C-OH i
1
i
i
2 [H]
An den bisherigen Ausfuhrungen wurde bereits deutlich, dass die Produkte des anaeroben Stoffwechsels durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst sein konnen. Wenn auf die 1. Bakteriengruppe Einfltisse wirken, die dazu ftihren, dass z.B. anstatt Essigsaure hauptsachlich reduzierte Produkte wie Buttersaure, Ethanol, Capron- oder Valeriansaure gebildet werden, so verandem sich dadurch auch die Lebens- und Substratbedingungen der in der Abbaukette nachfolgenden Bakteriengruppen. Wenn viele langere Carbonsauren von den versauemden Bakterien gebildet werden, die von den Methanbakterien nicht verwertet werden konnen, dann sind die acetogenen Mikroorganismen bzw. ihre moglichen Stoffwechselleistungen von entscheidender Bedeutung fur einen anaeroben Abbau bis zu Methan und CO2. 2.2.2 Acetogene Bakterien Die Stoffwechseltatigkeit der acetogenen Bakterien ist die sog. Acetogenese. Darunter versteht man die Umwandlung von Carbonsauren (C3-C6), organischen Sauren und auch langkettigen Fettsauren in Acetat, CO2 und H2O. Da bei diesen Prozessen Elektronen (in Form von H^) abgegeben werden, spricht man auch von anaerober Oxidation. Die Entdeckung, dass das Ethanol verwertende Methanbakterium Methanobacterium omelianskii eine Symbiose aus einem acetogenen und einem methanogenen Organismus ist, war der AnstoB, auch andere Methanbakterien auf symbiontische Partner hin zu untersuchen. Z. B. wurde ein Buttersaure abbauendes, actogenes Bakterium beschrieben, das in Cokultur mit Methanospirillum hungatii lebt. Wenn die H2-Konzentration im Medium gering ist, kann die folgende Reaktion ablaufen: CH3CH2CH2COO' + 2H2O "^ 2 CH3COO" + H"^ + 2H2
2.2 Anaerober Abbau - Oberblick iind Organismen
29
AG°' = + 48,2kJ/Reaktion In diese Reaktion muss Energie investiert werden (+ 48,2 kJ). Energie gewonnen wird dann in der Reaktion: 4 H2 + H2CO3 -» CH4 + 3H2O AG°'=
135,6 kJ/Reaktion
(Die A G ° ' -Werte beziehen sich auf eine Reaktion bei pH 7 ,0). Die letzte Reaktionsgleichung (mit Energiegewinn) beschreibt die Methanbildung. Das Methanbakterium transferiert dann einen Teil der Energie an seinen symbiontischen acetogenen Partner. So wird aus der Umgebung des acetogenen Bakteriums der Wasserstoff entfernt und fur die Methanbildung verwandt, der sonst hemmend auf die Acetatbildung gewirkt hatte. Die Gesamtheit der wichtigsten acetogenen Reaktionen konnen thermodynamisch dann mit Energiegewinn ablaufen, wenn der Wasserstoffpartialdruck bei 10""^ atm. oder niedriger liegt (Abb. 2-2). Die gekennzeichneten Punkte in der Abbildung machen deutlich, dass der Energiegewinn der acetogenen Reaktionen (-40 bis -120 kJ) substratabhangig ist. Ethanol kann beispielsweise noch bei einem Wasserstoffpartialdruck von -2 (log Wasserstoffpartialdruck atm) mit einem Energiegewinn umgesetzt werden, wahrend das Propionat bei < -4 nicht mehr mit Energiegewinn vergoren werden kann. Dies erklart z.B. die haufig auftretende Propionsaureanreicherung als Vorbote weitreichender Storungen der anaeroben Methanogenese. Ein so niedriger Wasserstoffpartialdruck kann nur in der Lebensgemeinschaft mit H2-verbrauchenden Organismen erhalten werden, denn die acetogenen Bakterien sind obligate H2-Produzenten und gleichzeitig nur bei sehr geringen H2-Konzentrationen in ihrer Umgebung lebensfahig. Sie konnen somit nur leben, wenn ihre Stoffwechselprodukte standig aus dem Medium entfernt werden. Dies ist in Symbiosen mit H2-verbrauchenden Organismen, in der Regel mit Methanbakterien, moglich. Alle acetogenen Spezies haben eine sehr lange Generationszeit. Fiir den Buttersaureverwerter wurde in Cokultur mit Methanospirillum eine Generationszeit von 84 h ermittelt. Dieses erklart die Beobachtung aus der Praxis, dass in einem Faulbehalter erst bei einer Verweilzeit von ca. 5 Tagen (35 °C) eine Buttersaureanreicherung in einem Faulschlamm abgebaut werden kann.
30
2 Mikrobiologische Grundlagen
Energtegewinnung bei pH 7,0,25*C [ kJ I
-6 -4 log W a s s e r s t o f f p o r t i q l d r y c k
[atml
Abb. 2-2. Abhangigkeit des Energiegewinns acetogener Reaktionen vom Wasserstoffpartialdruck Generell kann man davon ausgehen, dass dann, wenn in einer anaeroben Abwasserreinigungsanlage die Methanbildung funktioniert, in der Kegel auch die „acetogene Stufe" ohne Beeintrachtigung arbeitet. Ist die Methanbildung gestort, dann reichem sich nach einer gewissen Zeit die langeren Carbonsauren an, d. h. auch die acetogene Stufe ist geschadigt. Eine fiir die Praxis sehr wichtige Stoning kann auftreten, wenn die acetogenen Bakterien anstelle eines Methanbakteriums einen anderen H2verbrauchenden Partnerorganismus haben. Fiir die Abwasserpraxis ist die Vergesellschaftung von DesuJfurikanten mit Acetogenen und Methanogenen von Interesse. Wenn im Abwasser Sulfate enthalten sind, konnen Desulfurikanten anwachsen. Die Desulfurikanten reduzieren das Sulfat zu Schwefelwasserstoff. Dazu benotigen sie Wasserstoff, um den sie mit den Methanbakterien konkurrieren. Die Methanbakterien bekommen weniger Substrat und bilden weniger Methan. Zum anderen wirkt Schwefelwasserstoff an sich toxisch auf die Methanbakterien.
2.2 Anaerober Abbau - Uberblick und Organismen
Athanol
31
CO,
Methanobacterium
Desulfovibrio
Acetat
H,
CH,
Abb. 2-3. Desulfovibrio als acetogenes Bakterium
2.2.3 Methanbakterien Die Methanbakterien sind ftir den letzten Schritt des anaeroben Abbaus verantwortlich und daher von entscheidender Bedeutung fur den gesamten Prozess. In der Natur kommt den Methanbakterien eine wichtige Rolle bei dem vollstandigen Abbau organischer Substanz zu. Waren sie nicht vorhanden, wtirden z. B. organische Sauren akkumulieren, und damit die hochmolekularen Ausgangssubstrate nur bis zu einem Abbauprodukt (organische Sauren) mit noch recht hohem Energiegehalt umgesetzt werden konnen. Methanbakterien gehoren zu den altesten Lebewesen und werden aufgrund ihrer Zellwandstruktur (ohne Murein), Cytoplasmamembranen (Isoprenoidlipide) und bestimmter Coenzyme (Coenzym M, F 420) den Archaebakterien zugerechnet. Die Methanbakterien haben sich in der Evolution sehr friih von alien anderen Formen von Leben abgespalten und besitzen somit Besonderheiten, die bei keinem anderen Lebewesen wieder auftauchen. Sie haben z.B. Zellwande, die in dieser Struktur in keiner anderen Organismengruppe zu finden sind. Die Methanbildung kann aus H2 und CO2, Ameisensaure, Essigsaure, Methanol oder Methylen (CH3NH3) erfolgen. Die methanogenen Bakterien sind streng anaerob, da sie ftir ihr Wachstum ein Redoxpotenzial im Reaktor von < -330 mV brauchen. Heute sind eine Vielzahl von Spezies bekannt, die in 3 Ordnungen gegliedert werden: Methanobacteriales (stabchenformig), Methanococcales (kokkoid) und Methanomicrobiales (heterogen in Physiologic und Morphologic). Fast alle Methanogenen konnen H2 und CO2 umsetzen, wahrend es nur wenige gibt, die Methanol oder Essigsaure verwerten konnen. Die Bakterien nehmen die Essigsaure {= un-
32
2 Mikrobiologische Grundlagen
dissozierte Form) auf. Bei pH 7,0 liegt Essigsaure zu ca. 99 % in dissoziierter Form vor, aber aufgrund des Dissoziationsgleichgewichtes wird die verbrauchte Essigsaure immer gleich wieder nachgebildet aus dem Acetat. Aus Essigsaure konnen drei Gattungen der Ordnung Methanomicrobiales Methan bilden: Methanosarcina barkeri (Viererpakete von Zellen), Methanosaeta (stabchenformig, filamentos) und Methonasarcina mazei (Aggregate oder einzeln). Die acetatverarbeitenden Methanbakterien sind zwar ftir die Abwasserund Schlammbehandlung die wichtigsten Methanbakterien. Diese Bewertung ergibt sich aus der Haufigkeit ihres Vorkommens in den Abwasser und Schlamm behandelnden Prozessen. Sie haben aber andererseits 2-4-fach niedrigere Umsatz- und Wachstumsraten als die Methanbakterien, die Wasserstoff umsetzen. Das liegt an der geringen Energieausbeute beim Umsatz von Acetat. In Faulbehaltem ist Methanosaeta die dominierende Gattung der Methanbakterien, wahrend in den anaeroben Pellets von Industrieabwasserreinigungsanlagen Methanosaeta und Methanosarcina vorkommen. Die Methanbakterien sind Substratspezialisten, die nur sehr wenige Substanzen (Tabelle 2-1) umzusetzen vermogen: Tabelle 2-1. Energie gewinnende Reaktionen methanogener Bakterien alle Spezies viele Spezies wenige Spezies eine Spezies
4 H2 + HCO3- + tf -- CH4 + 3 H2O AG°' = -135,4kJ/Reaktion HCOO" + H2O + H^ -- CH4 + 3 HCO3A G ° ' = - 1 3 0 , 4 kJ/Reaktion CH3COO- + H2O ^ CH4 + 3 HCO3A G°'= -30,9 kJ/ Reaktion 4 CH3OH ^ 3 CH4 + HCO3- + H^ + H2O AG°'=-314,3kJ/Reaktion
Molekularer Wasserstoff kann jedoch als universelles Substrat Methanogener angesehen werden und CO2 als C-Quelle und terminaler Elektronenakzeptor dienen. Insbesondere bei der reduktiven Methanbildung aus CO2 und H2 wurde eine Vielzahl neuartiger Enzyme durch die Aufklarung des Mechanismus und der Synthesewege des mikrobiell gebildeten Methans entdeckt. Die Abbildung 2-4 zeigt, dass dabei im Prinzip CO2 mit Hilfe von H2 liber die Stufe des Formiats, des Formaldehyds und des Methanols zu CH4 reduziert wird.
2.2 Anaerober Abbau - Uberblick iind Organismen
33
^^2
i ^ ^ 420 0
H
/I CO?
0
H
\
I N
Formiat
Formiat
MF
CH2
/ \
HHForm'^ |aideliyd
CH3
CH3
p Y l Mettxjnoi
THMP
COM
NH —
iA
,
INetxir>ol|
>-J
ATP
--••CH4
u 430
Abb. 2-4. Schema der Methanogenese aus CO2 und Wasserstoff Eine Furanverbindung, das Methanofuran (MF), dient als Coenzym bei der Reduktion des CO2 zur Oxydationsstufe des Formiats. Dieses wird dann auf das THMP (Tetrahydromethanopterin) ubertragen und dann stufenweise zu Methyl-THMP reduziert. Dabei dient das Coenzym M als Ubertrager. Die Methanbildung selbst erfolgt dann durch die membrangebundene Methyl-CoM-Reduktase. Diese Reduktase enthalt sowohl den Faktor 430 als auch die Komponente B. Alle Reduktionsschritte erfolgen mit dem blau fluoreszierenden Farbstoff 420 (cin Dezaflavin), der ein fiir Methanbakterien typisches Enzym ist. Substrate wie Formiat, Methanol und Methylamin werden durch eine Disproportionierung umgesetzt und dann mit Hilfe einer multifunktionalen Dehydrogenase gespalten. Diese Spaltungsreaktion ist endergon, wahrend sowohl die Reduktion des Methyl-CoM als auch die Oxydation der Carbonyl-Gmppe exergon verlaufen und ftir die Bildung von ATP genutzt werden konnen. Aus der Abbildung wird deutlich, dass bei den einzelnen Reaktionen unterschiedliche Energiegewinne moglich sind. Die wasserstoffverbrauchende Methanbildung z.B. ist energetisch wesentlich gtinstiger als die Acetatdecarboxylierung. Obwohl die reduktive Methanbildung die energetisch effektivere ist, stammen nur 27-30 % des in Faulschlammen gebildeten Methans daraus, wahrend 70 % aus Acetat gebildet werden. Die Ursache dafiir liegt in dem begrenzten Substratangebot an nattirlichen Standorten. Methanbakterien aus dem Faulschlamm einer kommuna-
34
2 Mikrobiologische Grundlagen
len Klaranlage konnten 100-mal hohere H2-Konzentrationen umsetzen, als ihnen in ihrer naturlichen Umgebung zur Verfugung stehen. Den acetatverwertenden Methanbakterien kommt bei der anaeroben Abwasserreinigung eine besondere Bedeutung zu. Es ist bisher nur eine geringe Zahl acetatverwertender Methanbakterien bekannt {Methanosarcina barkeri, Methanobacterium sohngenii, Methanobacterium thermoautotrophicum). Sie wachsen auf Acetat mit einer Generationszeit von 100 Stunden sehr langsam, wobei sich CO2 als essentiell fiir das Wachstum erwiesen hat. Wenn ein energiereiches Substrat verwertet werden kann, wie z. B. Methanol oder Methylamine von Methanosarcina barkeri, dann liegt auch die Generationszeit niedrige (40 Stunden bei Methanosarcina auf Methanol). Da diese Generationszeiten unter idealen Bedingungen in Bezug auf Temperatur, Anaerobie, Nahrsalzversorgung usw. ermittelt wurden, sind sie nicht direkt auf die Methanbakterien tibertragbar, die in Abwasserreinigungsanlagen vorkommen. Da insbesondere die acetatverwertenden Methanbakterien nur dann Methan bilden, wenn ihnen Acetat zur Verfugungen steht und dies durch die Symbiose mit einem acetogenen Bakterium moglich ist, muss vermieden werden, dass die enge raumliche Nahe zwischen den Organismen zerstort wird. Wenngleich die Methanbakterien extrem empfindlich gegen O2 sind, so gilt dies nicht so uneingeschrankt fur die Mischpopulationen wie anaerobe Mischbiozonosen in Anaerobanlagen und Faulschlammen. In diesen sind die Methanbakterien quasi eingebettet in Bakterienaggregate mit z.B. versauemden Bakterien. Diese schtitzen die Methanogenen gegen einen direkten Kontakt mit O2, da sie in der Kegel in den AuBenschichten von Aggregaten sitzen. Diese Mischpopulationen vertragen kurzfristigen 02-Kontakt ohne deutliche AktivitatseinbuBen. Auch kurzfristig saure pH-Werte mtissen nicht zwangslaufig zum Erliegen der Methanbildung ftihren. Durch die mikrobielle Nischenbildung in Festbettmaterialien oder Pellets konnen auch Methanbakterien ungtinstige Milieubedingungen ertragen. 2.2.4 Aufbau von Pellets Die Struktur anaerober belebter Schlamme in Abwasserreinigungsanlagen ist abhangig von der Abwasserart und Anlagenkonzeption. Sehr bekannt geworden sind die Pellets der UASB-Reaktoren. Hier dargestellt sind bis zu 0,5 cm groBe, feste Kornchen, die stabchen- oder kokkenformige Methanbakterien in hoher Konzentration enthalten.
2.2 Anaerober Abbau - Uberblick und Organismen
35
Abb. 2-5. Pellet aus einem UASB-Reaktor Unter Pellets versteht man ca. 2-3 mm groBe granulare Aggregationen von Bakterien des anaeroben Abbaus mit einer besonderen Anreicherung von Methanbakterien. Die Pellets haben eine hohe Festigkeit und ein gutes Absetzvermogen. Die raumliche Nahe von verschiedenen Bakterien im Pellet minimiert die Diffusionsdistanz und erleichtert die Symbiose. Die im Pelletkem liegenden Methanbakterien werden gut gegen extreme pH-Werte Oder Substratkonzentrationen geschtitzt. In der Abbildung 2-6 ist das 3-Schichten-Modell eines Pellets beschrieben. Im oberflachennahen Bereich tiberwiegen die versauemden Bakterien, aber auch andere Organismentypen wie Sulfatreduzierer und Methanosarcina sind hier anzutreffen. Die zweite Schicht beginnt da, wo aufgrund nur
36
2 Mikrobiologische Gmndlagen
noch geringer Substratkonzentrationen die Versauemng limitiert ist. Der bei der Versauemng gebildete Wasserstoff diffundiert dabei sowohl nach innen als auch nach auBen. In der zweiten Schicht finden sich also hauptsachlich acetogene Bakterien (z.B. verantwortlich ftir den Propionsaureabbau) und die H2-verbrauchenden Methanbakterien. Der Pelletkem wird von der Essigsaure verwertenden Gattung Methanosaeta dominiert. Methanosaeta erreicht bereits bei geringen Substratkonzentrationen eine hohe Umsatzrate (hohe Substrataffinitat). Der Pelletkem besitzt eine Vielzahl von Hohlraumen und Spalten, sodass auch in der Mitte noch eine aktive Biomasse zu finden ist. Die zerkltiftete innere Stmktur entsteht durch das Ausgasen des gebildeten Biogases, die fadige Stmktur von Methanosaeta und die Autolyse von Bakterien (mineralisierte Bereiche). Kohlenstoff Vsfisauefer Hj-vsrbrauchende Mefhanfjgene
Versayerer Hj-vsfbrauchentle Me I hanogene
Methmosset^ Pellet
Abb. 2-6. Schematischer Aufbau eines Pellets
2.2.5 Bedingungen der Pelletbildung Obwohl die Pelletbildung selbststandig erfolgt, da sie ftir die beteiligten Bakterien vorteilhaft ist, mtissen dennoch die Randbedingungen stimmen. D.h., dass die Umweltbedingungen so eingestellt sein mtissen, dass eine stabile Pelletbildung und -erhalt gewahrleistet ist. Im anaeroben Milieu liegen eine Vielzahl von Organismengattungen vor, aber angereichert werden sollen nur die, die zur Pelletbildung befahigt_sind. Diese gewlinschten Organismen mtissen selektiert werden. Die wichtigsten EinflussgroBen auf die Pelletbildung, -fordemng und -erhalt sind: • Substrateigenschaften: Hohe Feststoffanteile im Abwasser mtissen vermieden werden, da sie sich im System anreichem und Pellets verdran-
2.3 Anaerobe Abbauprozesse organischer Stoffe
37
gen. Aus gleichem Grund ist der Eintrag von Versauemngsbakterien (aus z.B. einem vorgeschalteten Versauerungsreaktor) zu begrenzen. Die Pelletbildung erfolgt nicht nur bei iiberwiegend kohlehydratreichen Abwassem, sondem auch bei Abwassem mit hohen Proteinanteilen. Die CSB-Konzentrationen sollten in den direkten Zulaufen zu den Reaktoren < 1.000 mg/1 CSB liegen. Generell erfolgt die Pelletbildung bei relativ dtinnem Abwasser besser als bei hoher konzentriertem Abwasser. Eingestellt werden kann dies durch eine Rezirkulation von gereinigtem Abwasser. Versduerungsgrad: Die versauemden Bakterien liefem die Struktur, die fur den Pelletzusammenhalt essenziell ist. Die Pelletbildung verlauft bei gering versauertem Abwasser besser als bei vollstandig vorversauertem CSB. Die versauemden Bakterien bilden einen gewissen Schutz fur die teilweise hydrophoben Methanbakterien. Daher sollte immer ein gewisses MaB an Versauerung erst im Methanreaktor erfolgen. Der Zulauf zum Methanreaktor kann daher ca. 30-50 % des CSB als Sauren enthalten. Die Essigsaurekonzentration im Schlammbett des UASB-Reaktors sollte < 200 mg/1 eingestellt werden. Dann konnen die die Pelletbildung tragenden Methanosaeta schneller wachsen als Methanosarcina (Lettinga, 1997). Aufenthaltszeit: In pelletbetriebenen Reaktoren sollte femer eine konstante Aufstromgeschwindigkeit herrschen, sodass die zur Pelletbildung befahigten schweren Partikel im System verbleiben. Femer hilft dies, das Entstehen von flockigem belebtem Schlamm zu vermeiden. Beides ist moglich, wenn die Aufenthaltszeit < 10-15 h ist. Pelletstruktur/ Zusdtze: Die Bildung und der Erhalt einer Pelletstmktur wird gefordert durch 50-150 mg/1 Fe^^ im Zulauf. Und die optimale Kalziumkonzentration liegt bei 50-150 mg/1 zum Methanreaktor. Hohere Konzentrationen fuhren zu Kalzitausfallungen.
2.3 Anaerobe Abbauprozesse organischer Stoffe Der anaerobe Abbau ist im Gegensatz zum aeroben Abbau durch verschiedene Organismengruppen, die aufeinander abgestimmt flinktionieren miissen, charakterisiert. Die Organismen des Endabbaus - die Symbiosen aus acetogenen und methanogenen Bakterien - konnen eine ganze Reihe von organischen Sauren (wie z. B. Buttersaure, Capronsaure) und Alkoholen (Ethanol) verwenden. Daraus entstehen dann, wenn die erforderlichen Milieubedingungen eingehalten sind, immer Acetat, CO2, Wasserstoff und vor allem Methan. Die Organismen, die weiter hinten in der „Fresskette"
38
2 Mikrobiologische Gmndlagen
der anaeroben Biozonosen liegen, sind daher prinzipiell unabhangig von dem Eingangssubstrat. Dariiber, ob ein bestimmtes Abwasser einem anaeroben Reinigungsverfahren zuganglich ist, entscheiden in erster Linie die hydrolysierenden Bakterien, die die Abwasserinhahsstoffe mikrobiell aufschlieBen und einer weiteren Verwertung zuganglich machen. Die Abbildung 2-7 zeigt eine schematische Ubersicht der wichtigsten Prozesse beim anaeroben Abbau organischer Stoffe. ZUSAMMENGESETZTE, PARTfKULARE SUBSTRATE
i
GRATION 1
T
PROTEJNE
POYMERE KOHLENVVASSERST.
FETTE
y
INNERTSTOFFE 1 GELOST, PARTI KULAR 1
HYOROLYSE Y t MON'OiV^ERE ^KOHLENVVASSERST
AMfNOSAUREN
LAMGKETT^GE FETTSAUREN GLYCEROL,. ETC
VERSAUERUNG
1 FORfv!!,
1 ACETAT
Ic02+H^
ACETOGENESE
\
\ ^ FORMIAT
CO, + H.
,
i
ACETATJ
METHANOGENESE
Abb. 2-7. Vereinfachte, schematische Ubersicht der wichtigsten Prozesse beim anaeroben Abbau Bei der anaeroben Industrieabwasserreinigung werden in der Praxis meist die 4 Prozessschritte in 2 Prozessstufen (Versauerungsreaktor sowie Methanreaktor) aufgetrennt. Der Hydrolyse- und Versauemngsschritt muss gemeinsam erfolgen, da die Hydrolyse. nur durch die von den versauemden Bakterien gebildeten extrazellularen Enzyme erfolgt. Ebenso ist eine Trennung der Acetogenese und der Methanogenese nicht moglich, da beide Prozesse nur gekoppelt tiber die Syntrophie (Lebensgemeinschaft) beider Organismengruppen erfolgen.
2.3 Anaerobe Abbauprozesse organischer Stoffe
39
2.3.1 Hydrolyse Die Hydrolyse wird meistens als Reaktion 1. Ordnung nach folgender Formel beschrieben, wobei es sich hierbei um einen vereinfachten, empirischen Ausdmck der diversen Prozesse im Reaktor handelt: kHyd,iX,
[kgCSB/(m^-d)]
mit: Pi kHyd,i Xi
= Prozessrate (Hydrolysegeschwindigkeit) des Stoffes i [kg CSB/(m3-d)] =" Hydrolysekonstante des Stoffes i [1/d] (abhangig von diversen, unten angegebenen Parametem) = Substratkonzentration des zu hydrolysierenden Feststoffes i [kg CSB/m^]
Die Hydrolysekonstante ist vor allem von dem Substrat, der Temperatur, dem pH-Wert (optimaler pH-Wert = 6) und dem Schlammalter abhangig. Entsprechende Literaturwerte fiir Hydrolysekonstanten bei verschiedenen Randbedingungen sind vielfach zitiert. Die Bandbereite reicht von 0,02 bis 2,0 [1/d]. Fiir die Hydrolysegeschwindigkeit [kg CSB/(m^-d)] ist neben der Hydrolysekonstante die Substratkonzentration sowie Faktoren, wie die Mikroorganismenkonzentration, die Reaktordurchmischung, die SubstratpartikelgroBe und die Verftigbarkeit des Substrats entscheidend. Aus der Vielzahl der Einflussfaktoren ist abzuleiten, dass eine exakte theoretische Bemessung nicht moglich ist. .In der Praxis wird meist durch Versuche ein optimaler Betriebspunkt erreicht. Dabei ist fiir eine gute Hydrolyse vor allem eine ausreichend lange Verweildauer im Reaktor, eine ausreichend hohe Temperatur und ein gut eingestellter pH-Wert wichtig.
2.3.2 Versauerung Die Versauerung ist definiert als ein anaerober, Saure produzierender mikrobieller Prozess ohne einen zusatzlichen Elektronenakzeptor oder -donator. In der Versauerungs-Phase werden die bei der Hydrolyse entstandenen Verbindungen (mit Ausnahme der langkettigen Fettsauren) von einer groBen Anzahl verschiedener fakultativ anaerober Bakterien in verschiedene Produkte iiberfuhrt. Dies sind vor allem die wasserdampffltichtigen, organischen Sauren (Essigsaure, Propionsaure, Buttersaure, Valeriansaure, Capronsaure) sowie H2 und CO2, aber auch andere kurzkettige
40
2 Mikrobiologische Gmndlagen
Sauren (Ameisensaure, Milchsaure) oder Alkohole (Ethanol) konnen dabei gebildet werden. Die genaue Zusammensetzung der Endprodukte der Versauerungsstufe hangt von der Zusammensetzung des Substrats von den Prozessbedingungen im Reaktor, insbesondere der Substratbelastung und dem sich daraus ergebenden Wasserstoffpartialdruck (pH-Wert) ab: Bei geringer Substratbelastung zum Beispiel liegt bei der Versauerung der in der Hydrolysephase gebildeten Zuckermonomere (Glucose) ein niedriger Wasserstoffpartialdruck (pn^ < lO'^bar; neutraler pH-Wert) vor, sodass iiberwiegend Essigsaure sowie H2 und CO2 gebildet werden. Bei Substrattxberschuss entstehen hohere Wasserstoffpartialdriicke (schwach saurer pH-Wert) mit der Folge, dass in zunehmendem MaBe Propion- und Buttersaure gebildet werden. Bei pH-Werten < 4,5 wird Iiberwiegend Milchsaure produziert. Tritt so etwas auf, ist das ein deutlicher Hinweis darauf, dass, eine Uberlastung des Versauerungsreaktors vorliegt. Bei Anwesenheit von Hefen bzw. bei pH-Werten < 5 kann die geloste Glucose dagegen auch zu Alkohol (Ethanol) umgesetzt werden. Dies erklart auch, dass bei der Versauerung von Glucose im Versauemngsreaktor eines zweistufigen Systems (separater Versauerungs- und Methanreaktor) aufgrund des dort herrschenden niedrigeren pH-Wertes groBere Mengen an Propionsaure entstehen, als in einem einstufigen System (neutraler pH-Wert aufgrund der Methanbildung). Somit verandem sich durch die Betriebsweise der Versauerungsstufe die Produkte und dadurch auch die Lebens- und Substratbedingungen. Kohlenhydratprodukte sind grundsatzlich leichter versauerbar als EiweiBprodukte. Weiterhin werden beim Kohlenhydratabbau, im Gegensatz zu dem EiweiBabbau, keine pH-puffemden lonen freigesetzt, so dass bei der Versauerung von Kohlenhydraten eher die Gefahr besteht, dass der Prozess so schnell verlauft, dass die entstehenden sauren Produkte nicht mehr ausreichend schnell von den nachfolgenden Bakterien umgesetzt werden konnen und sich damit im System anreichern. Dies ftihrt zu einem Absinken des pH-Wertes, in dessen Folge wiedemm vermehrt Propionsaure gebildet wird. Die wirkt bereits bei niedrigen Konzentrationen hemmend auf die nachfolgenden Bakteriengruppen. Ein Anstieg der Propionsaurekonzentration deutet somit auf eine beginnende Uberlastung der nachfolgenden Stufen hin. Versauerungsbakterien haben eine groBe pH-Toleranz, die Saureproduktion lauft bis zu einem pH-Wert von ca. 4,0 ab. Bei pH-Werten > 6,5 verlasst die Glucoseversauerung zwar ihren optimalen Bereich, ist jedoch auch im schwach alkalischen Bereich meist noch ausreichend. Bei der
2.3 Anaerobe Abbauprozesse organischer Stoffe
41
Versauemng von eiweiBhaltigen Produkten liegt der optimale pH-Wert bei 7,0 bzw. knapp dartiber. Der als Versauerungsphase bezeichnete Abbauschritt ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Energiegehalt (CSB) des Abwassers nur wenig andert. Entscheidend fur die Verringerung des homogenisierten CSBs im Ablauf des Versauerungsreaktors ist, in welchem Umfang H2 und CO2 gebildet werden (die tiber die Gasphase das System verlassen) und ob die neu gebildete Biomasse der versauernden Bakterien (Uberschussschlamm) abgetrennt wird. Eine Zusammenstellung der kinetischen Parameter der versauernden, mesophilen Bakterien erfolgt u.a. bei Meyer, 2004, unter Verarbeitung vieler anderer Quellen. Es lassen sich die folgenden Mittelwerte ftir Mischkulturen ableiten. Es ist zu erkennen, dass bei den kinetischen Parametem der Versauerung von Glucose eine groBe Bandbreite an Werten vorliegt. Ober die kinetischen Parameter der Versauerung von EiweiBen (Aminosauren) liegen wenig Informationen vor. Tabelle 2-2. Kinetische Parameter mesophiler Bakterien bei der Versauerung von Glucose und Aminosauren (T: 30-37 °C) Substrat
Glucose Aminosaure
Mikroorganismen
gemischte Kultur gemischte Kultur
Ks HalbgeschwindigkeitsSubstratkonz.
Y Ertragskoeffizient
mg CSB/1
goTR/ gCSB
1/d
30
200
0,15
5,0
30
600
0,10
3,0
maximale Umsatzrate d. Bakterien gCSB/ (goTRd)
Mrnax
Wachstumsrate
* nach Batstone (2002), wobei k^ aus der Beziehung k^ = |Limax/ Y errechnet wurde Die Prozessrate der Versauerung wird von Batstone (2002) mit folgender Formel angegeben: Pi = k,,,i • (S-J (Ks+Si)) • Xi • I [kg CSB/ (m^ • d)] mit: Pi
= Prozessrate (Hydrolysegeschwindigkeit) des Stoffes i [kg CSB/(m3-d)] km,i = maximale Umsatzrate der Bakterien beim Stoff i [kg CSB/ kg o TR-d] Si/ (Ks+Si) = Monod-Term [ - ] (Wert = 1 bei hohen Substratkonzentrationen)
42
2 Mikrobiologische Grundlagen Si Ks Xi I
^ Substratkonzentration des Stoffes i [kg CSB/m^] =Halbwertgeschwindigkeits-Substratkonzentration des Stoffes i [kg CSB/m^] = Bakterienkonzentration, die den Stoff i umsetzt [kg o TR/m^] = Hemmungsfaktor [ - ] (Wert = 1, wenn keine Hemmung)
Die Abschatzung der Bakterienkonzentration Xi erfolgt in der Praxis tiber die HilfsgroBe oTR (Meyer, 2004).
2,3.3 Acetogenese Unter Acetogenese versteht man die Umwandlung von fltichtigen Fettsauren (C3 - C5) sowie von langkettigen Fettsauren, in tiberwiegend Acetat sowie H2 , CO2 und H2O. Da bei diesen Prozessen Elektronen abgegeben werden (vor allem H^) spricht man auch von anaerober Oxidation. Der Umbau alter Fettsauren erfolgt durch die (3 -Oxidation. Nachfolgend sind die Acetongenese-Reaktionen einiger Substrate sowie die dabei entstehenden Anderungen in der freien Energie A G ° ' unter Standardbedingungen (pH= 7; Temperatur = 25 ^Celsius; Druck = 1 bar) dargestellt (N.N., ATV-Fachausschu6-7.5, 1994). AG°'
CH3-CH2-COOH + 2 H2O ^
CH3-COOH + 3 H2 + CO2
CH3-CH2-CH2-COOH + 2 H2O ^
2 CH3-COOH + 2 H2
+76,1 +48,1
Es ist zu erkennen, dass die Reaktionen unter Standardbedingungen nicht ablaufen, da sie flir die Mikroorganismen mit keinem Energiegewinn (keine negative freie Energie A G°') verbunden sind. Dieser erforderliche niedrige Wasserstoff-Partialdmck kann nur erreicht werden, wenn der gebildete Wasserstoff sofort als Substrat verwertet wird. Dieser Austausch der Wasserstoffatome zwischen den verschiedenen Mikroorganismengruppen (Interspecies-Hydrogen-Transfer) ist ein Vorgang, der innerhalb von Bmchteilen einer Sekunde bei einem Abstand von wenigen Mikrometem (ca. 1 Bakterienlange) ablauft.
2.3 Anaerobe Abbauprozesse organischer Stoffe
43
2.3.4 Methanogenese Die mikrobielle Methanbildung (Methanogenese) kann aus H2 + CO2, Ameisensaure, Essigsaure, Methanol oder Methylen (z.B. CH3NH3, (CH3)2S) erfolgen. Wahrend fast alle Spezies H2 + CO2 umsetzen konnen bzw. viele Spezies Ameisensaure, sind nur wenige Organismen in der Lage Essigsaure bzw. Methanol zu Methan umzuwandeln. Da die Zellmembran eine Barriere ist, die nur wenige ungeladene Substanzen durchlasst, kann die Zelle ledighch die undissozierte Form (Essigsaure) aufnehmen. Bei pH = 7,0 liegt Essigsaure aber zu ca. 99 % in dissoziierter Form (Acetat) vor. Aufgrund des Dissoziationsgleichgewichts wird die entnommene Essigsaure jedoch immer wieder aus dem Acetat nachgebildet. In der nachfolgenden Tabelle sind die kinetischen Parameter der methanogenen und acetogenen Bakterien dargestellt. Da die Werte aus den verschiedenen Quellen (Gujer 1983, Batstone 2002) teilweise sehr stark schwanken, wird hier neben der Bandbreite ein aus den Literaturwerten ermittelter Mittelwert angegeben. Tabelle 2-3. Kinetische Parameter methanogener und acetogener Bakterien bei Temperaturen von 30-37 Telsius (Meyer, 2004) Bakteriengruppe
Methanbildung aus Acetat Nur Methanosarcina Nur Methanosaeta Methanbildung aus H2 Acetogene Bakterien
maximale Umsatzrate d. Bakterien
Ks HalbgeschwindigkeitsSubstratkonz.
Y Ertragskoeffizient
gCSB/ (goTRd)
mg CSB/1
goTR/ gCSB
1/d
1/d
(3,4-19)
(11-930)
(0,01-0,08)
(0,05-1,4)
(0,0040,0036)
10 (5,9-12)
250 (200-300)
0,04 (0,002-0,07)
0,4 (0,4-0,6)
5 (2,9-6,1)
25 (18-30)
0,02 0,002-0,03
0,1 (0,1-0,15)
20 (1,6-44)
0,1 (0,01-0,6)
0,06 (0,01-0,18)
1,4 (0,02-12)
(0,01-1,2)
10 (0,3-41)
25 (13-1146)
0,03 (0,02-0,07)
0,3 (0,02-1)
(0,01-0,06)
M'max
Wachstumsrate
b Sterberate
44
2 Mikrobiologische Grundlagen
Es ist zu erkennen, dass die acetatverarbeitenden Bakterien 2 bis 4-fach niedrigere Umsatzraten und deutlich niedrigere Wachstumsraten aufweisen, als die Methanbakterien, die Wasserstoff umsetzen. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Wachstumskinetik der acetatverarbeitenden Methanbakterien. Es ist zu erkennen, dass bei niedrigen Acetatkonzentrationen Methanosaeta einen Wachstumsvorteil gegentiber Methanosarcina hat. Dies erklart, warum bei Faulbehaltem mit einer geringen Belastung (Aufenthaltszeit groBer 15 Tage) Methanosaeta die mit Abstand dominante Gattung ist (Gujer, 1983). Bei der anaeroben Industrieabwasserreinigung mittels pelletgebundener Biomasse iiberwiegt, aufgrund des Substratgradienten in den Pellets, im Pelletkem Methanosaeta, wahrend in den auBeren Schichten Methanosarcina dominiert. Methanbildung aus Acetat
33 X Methanosarcina |j = 0,3 d'^ Ks = 200 mg/l ^
|j = 0,1 d"' Ks = 30 mg/l
100
150
200
250
Acetat Konzentration mg COD/I
Abb. 2-8. Wachstumskinetik der acetatverarbeitenden Methanbakterien (nach Gujer, 1983) Der geschwindigkeitslimitierende Abbauschritt Da der anaerobe Abbau aus bis zu 5 nacheinander zu durchlaufenden Teilschritten besteht, ist das jeweils schwachste Glied maBgeblich fiir die Gesamtgeschwindigkeit. Welcher der Teilschritte jeweils geschwindigkeitslimitierend ist, wird dabei maBgeblich von der Zusammensetzung des Substrats bestimmt. Bei feststoffreichen Abwassem ist meist die Hydrolyse der geschwindigkeitslimitierende Prozessschritt. Dies gilt beim anaeroben Fettabbau selbst bei guter Emulgierung.
2.4 Nahrstoff- und Spurenelementbedarf anaerober Abbauprozesse
45
Bei iiberwiegend gelosten organischen Komponenten ist dagegen, aufgrund der etwa gleich groBen, aber im Vergleich zu den anderen Bakteriengmppen niedrigen Wachstumsraten, die acetogene Phase und die acetatverwertende Methanogenese maBgebhch.
2.4 Nahrstoff- und Spurenelementbedarf anaerober Abbauprozesse Die am anaeroben Abbauprozess beteihgter Bakteriengattungen (hydrolytische, acidogene, acetogene und methanogene Bakterien) benotigen zum Stoffwechsel und zu ihrer Vermehrung Nahrstoffe, Spurenelemente und Vitamine, so dass ihre Wachstumsgeschwindigkeit und Stoffwechselaktivitat auch von der Verftigbarkeit dieser Stoffe abhangt. Ftir jede Komponente gib es eine artspezifische Mindestkonzentration, die zur Erhaltung und Vermehrung der Organismen notwendig ist, sowie eine Maximalkonzentration, bei deren Uberschreitung der Stoffwechselprozess gehemmt wird. Wegen der geringen Wachstumsgeschwindigkeit der anaeroben Bakterien ist der Bedarf an Nahrstoffen und Spurenelementen gering. Kommunale und landwirtschafthche Abwasser enthalten diese Komponenten daher normalerweise in ausreichender Konzentration. Industrielle Abwasser weisen jedoch haufig einen Mangel an Nahrstoffen und Spurenelementen auf, der durch Zudosierung der fehlenden Komponenten ausgeglichen werden muss. Die am anaeroben Abbau beteiligten Bakterien benotigen als essentielle Nahrstoffe im wesentlichen Stickstoff-, Phosphor- und Schwefelverbindungen. Der Nahrstoffbedarf ist artspezifisch und hangt von der Menge der Biomasse ab, die pro Masseneinheit an abgebautem CSB neu gebildet wird. Andererseits ist der Nahrstoffbedarf von der Abwassercharakteristik abhangig. Die Biomassenbildung bei kohlenhydrathaltigen Abwassem z.B. ist ungefahr dreimal hoher als bei Abwassern, die durch Proteine oder Fette bestimmt werden. Entsprechend ist der Nahrstoffbedarf beim anaeroben Abbau kohlenhydrathaltiger Abwasser hoher. Stickstoff und Phosphor sind ftir die Bildung von neuen Organismen essenziell. Der N- und P-Bedarf der verschiedenen Bakterien richtet sich nach den Ertragskoeffizienten der Bakterien und dem Schlammalter im System. Bei hohem Schlammalter ist der Nettobedarf aufgrund des verhaltnismaBig intensiveren Absterbens der Bakterien geringer. Die Trockenmasse der Bakterien besteht im Mittel zu etwa 50 % aus Kohlenstoff, zu 11 % aus Stickstoff, zu 2 % aus Phosphor und zu 1 % aus
46
2 Mikrobiologische Grundlagen
Schwefel. Das N:P-Verhaltnis im Abwasser sollte daher etwa 5:1 betragen. Bei einem Biomassenzuwachs von 5 % des abgebauten CSB betragt der Stickstoffbedarf 6 kg N pro 1.000 kg CSB bzw. 1 kg N pro ca. 60 m* an produziertem Methan und der Phosphorbedarf 1,2 kg P pro 1.000 kg CSB bzw. 1 kg P pro 300 m^ Methan. Bei kohlenhydrathaltigen Abwassem ist der Nahrstoffbedarf bis um den Faktor 3 hoher. Da im Durchschnitt 5-15 % des abgebauten CSB zur Neubildung von Biomasse genutzt wird, liegt bei einem CSB:N:P-Verhaltnis von etwa 300:5:1 (Kohlenhydrate) bis etwa 800:5:1 (Fettsauren und Proteine) in der Kegel ein ausgewogenes Nahrstoffverhaltnis im Abwasser vor. Bei hochbelasteten Anaerobreaktoren (0,8-1,2 kg CSB/kg TS-d) wird von einem theoretischen Minimum im Verhaltnis CSB:N von 400:7 ausgegangen. Ist der anaerobe Abbau niedrig belastet, steigt das Verhaltnis CSB:N auf 1000:7 und hoher an (Henze u. Harremoes, 1983). Bezogen auf den abbaubaren CSB liegt folgender durchschnittlicher Mindestbedarf vor: CSBabbaubar:N:P= 1.000:5:1 Dies gilt fiir komplett versauerte Abwasser, da der Ertragskoeffizient der acetogenen bzw. methanogenen Bakterien nur ca. 0,4 g Biomasse/g CSB betragt. Fiir nicht oder nur gering versauerte Abwasser liegt der Ertragkoeffizient der versauemden Bakterien hoher mit ca. 0,15 g Biomasse/g CSB. D.h. sie bilden die 0,15 g Biomasse pro abgebautes Gramm CSB. Fiir die genaue Bestimmung des Stickstoffbedarfs ist zu beriicksichtigen, welcher Anteil des gesamten CSB tatsachlich versauert ist. Der durchschnittliche Mindestbedarf betragt: CSBabbaubar: N: P = 350: 5: 1 Wenn im Reaktor ca. 40 mg/1 NH4-N vorliegen, sind die Organismen mit geniigend Stickstoff versorgt. Die Bakterien nehmen den Stickstoff in Form von Ammonium auf. Fehlender Stickstoff kann gut in Form von Hamstoff dosiert und verwendet werden ((NH2)2CO). Schwefel ist fiir den Aufbau der Bakterienzellen ebenfalls ein essentieller Mineralstoff Der Schwefelbedarf soil dem Phosphorbedarf entsprechen, so dass sich ein Mineralstoffbedarf von CSB:N:P:S von 300 bis 800:5:1:1 bezogen auf die Abwasserqualitat ergibt. Bezogen auf die CSB-Schlammbelastung steigt bei anaeroben Abbauprozessen mit zunehmender Belastung auch der Stickstoffbedarf Das CSB:N:P:S Verhaltnis betragt dann 400:7:1:1 (bezogen auf die Zulaufkonzentration). Da der Schwefel von den Methanbakterien nur in reduzierter Form aufgenommen
2.4 Nahrstoff- und Spurenelementbedarf anaerober Abbauprozesse
47
werden kann, ergibt sich eine optimale Schwefelwasserstoffkonzentration von ca. 10 mg/1 gelostem H2S. Als essentielle Spurenelemente fiir methanbildende Mischbiozonosen sind Nickel, Kobalt, Molybdan, Eisen, Selen und Wolfram nachgewiesen worden. Gmndsatzlich sind diese Spurenelemente nur in geloster und nicht in komplexierter Form biologisch verftigbar. Der Spurenelementbedarf der hydrolytischen, acidogenen und acetogenen Bakterien umfasst das gleiche Spektrum an Elementen. Bei einzelnen Gattungen der acetogenen Bakterien ist dariiber hinaus ein Bedarf an Zink, Kupfer und Mangan nachgewiesen worden. In der Kegel begrenzt jedoch ein Mangel an Spurenelementen bei den methanogenen Bakterien die Abbaugeschwindigkeit des Gesamtprozesses. Eine Besonderheit der Methanbakterien stellt der hohe Bedarf an Nickel dar, der fur das Wachstum anderer Bakterien allgemein nicht erforderlich ist. Nickel ist ein essentieller Bestandteil aller Methanbakterien, da es fiir die Synthese der Zellkomponente Co-Faktor F430 und der Enzyme Hydrogenase und Kohlenmonoxid-Dehydrogenase einen notwendigen Baustein darstellt. 1 g Zellsubstanz enthalt durchschnittlich 10 jug Nickel. Trotz des geringen Bedarfs an Nickel ist es haufig in der Praxis ein Mangelfaktor, d.h. dass die Dosierung von Nickel zu einer Verbesserung der Methanogenese fuhren kann. Das Wachstum von Methanbakterien ist weiterhin von Kobalt, Molybdan und Wolfram abhangig. Kobalt wird zur Bildung des CorrinoidFaktors III benotigt, wahrend die Funktion von Molybdan und Wolfram bisher nur unvollstandig aufgeklart ist. Fiir Methanosarcina barkeri wurde ein optimales Wachstum bei 0,06 mg/1 Kobalt und 0,05 mg/1 Molybdan ermittelt. Der Bedarf an Selen und Wolfram konnte bisher nur fiir wenige Methanbakteriengattungen als essentiell nachgewiesen werden. Fiir Eisen wurde eine stimulierende Wirkung lediglich bei den acetatverwertenden Methanbakterien beobachtet. Die notwendige Konzentration an gelostem Eisen liegt zwischen 1 mg/1 und 10 mg/1. Die Konzentration ist im Vergleich zu den optimalen Wachstumsbedingungen anderer Bakterienkulturen um ein vielfaches hoher und kann daher in der Praxis die Ursache fiir eine geringe Stoffwechselaktivitat sein. In der Tabelle 2-4 ist der gtinstigste Konzentrationsbereich der wichtigsten Spurenelemente dargestellt. Die Angaben beziehen sich jeweils auf die geloste und biologisch verftigbare Form im Reaktor. Tabelle 2-5 gibt Richtwerte iiber den Spurenelementbedarf bezogen auf den Reaktorzulauf an. Die Daten wurden fur ein hochbelastetes Abwasser (ca. 50 g/1 CSB) errechnet.
48
2 Mikrobiologische Grundlagen
Tabelle 2-4. Giinstige Konzentration geloster Spurenelemente in Anaerobreaktor (Mudrack u. Kunst 2003) Spurenelement Fe Ni Co Mo
Konzentrationsbereich (mg/1) 1-10 0,005-0,5 0,003-0,06 0,005-0,05
Tabelle 2-5. Richtwerte fur den erforderlichen Spurenelementbedarf, bezogen auf den abgebauten CSB Spurenelement Fe Ni Co Mo Se Wo
Spurenelementbedarf (mg/1) bei 50 g CSB/1 mg/kg CSB-Abbau 100-2. 000 3-100 0,3-15 5-300 0,3-10 5-200 1-4 0,05-0,2 0,1-0,2 2-4 0,1-0,4 2-8
Literatur Batstone DJ, Keller J et al. (2002) Anaerobic Digestion Model No.l, JWQ Scientific and Technical Report No. 13, London, JWA Publishing Gujer W, Zehnder JB (1983) Conversion Process in Anaerobic Digestion, Water Science and Technology, London, Int. Association on Water Pollution Research and Control, Vol 15, pp 127-167 Lettinga G, (1997) Anaerobic Reactor Technology, 1. Handbook of International Course on Anaerobic Waste Water Treatment, Wageningen NL Meyer H (2004) Leistungsfahigkeit anaerober Reaktoren zur Industrieabwasserreinigung. Dissertation, Universitat Hannover, Veroffentlichungen des Instituts fur Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik, Heft in Dnick Mudrack K, Kunst S (2003) Biologic der Abwasserreinigung, 5. Aufl, Spektrum Verlag N.N. (1994) ATV-FachausschuB-7.5, 3. Arbeitsbericht: „Geschwindigkeitsbestimmende Schritte beim anaeroben Abbau von organischen Verbindungen in Abwassern", Korrespondenz Abwasser, 41. Jahrgang, S 101 ff
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
3.1 Einfluss der Temperatur Chemische Reaktionen, und damit auch biochemische Reaktionen, sind stark temperaturabhangig. So lasst sich zum Beispiel aus den Gesetzen der Thermodynamik ableiten, dass mit steigender Temperatur die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen zunimmt. Da die Stoffwechselprozesse von Organismen eine Vielzahl chemischer und biologischer Reaktionen sind, ist mit zunehmender Prozesstemperatur ein Ansteigen der Stoffwechselaktivitat der Mikroorganismen zu erwarten. Eine beUebige Temperaturerhohung ist verstandHcherweise nicht moglich, da dies zu einer Veranderung biologischer Makromolekiile fuhren und einen normalen Stoffwechsel unmoglich machen wtirde. Hieraus resultiert, dass der maximale Stoffumsatz einer Organismenart nur bei bestimmten Temperaturen erreicht wird. Die Lage des optimalen Temperaturbereichs ist organismenspezifisch und kann je nach Organismenart unter 20 °C und bis zu iiber 80 °C betragen. Daher erfolgt haufig auch eine Einteilung der Mikroorganismen nach Temperaturbereichen, wobei der psychrophile (unter 20 °C), der mesophile (20 bis 40 °C) und der thermophile (iiber 40 °C) Temperaturbereich unterschieden werden (Weide; Aurich 1979). Die angegebenen Temperaturbereiche stellen nur Anhaltswerte dar; Angaben anderer Autoren sind durchaus unterschiedlich. Der Einfluss der Temperatur auf die Aktivitat der versauernden Bakterien wurde bisher wenig untersucht. Bisherige praktische Erfahrungen zeigen jedoch, dass sie hinsichtlich ihrer Umgebungstemperatur unempfmdlich und flexibel sind. Bei der Versauerung von Glucose haben Zoetemeyer, Arnoldy, Cohnen und Boelhouwer (1982) die in Abbildung 3-1 dargestellten Aktivitaten in Abhangigkeit von der Prozesstemperatur gemessen.
50
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
ISO
AkHvitat bei T'C Aktivitat bei 35* C
100 fhermophil 50
0 L 20
mesophil
30
40
SO
60
'C
Abb. 3-1. Relative maximale Versauerungsrate der Saurebakterien bei Glucose in Abhangigkeit von der Temperatur, bezogen auf die Aktivitat; 35 °C entsprechen 100 % Aktivitat (Zoetemeyer et al. 1982). Es sind zwei ausgepragte Temperaturoptima, zum einen im mesophilen Bereich bei 35 °C und zum anderen im thermophilen Bereich bei 48 bis 55 °C zu lokalisieren, wobei die maximale Versauerungsrate bei thermophilen Temperaturen angezeigt ist. Die Ausgepragtheit der Optima lasst bereits Schltisse auf die Prozessempfmdlichkeit zu. Wahrend im mesophilen Bereich ein breites Maximum vorliegt, ist das thermophile Temperaturoptimum sehr ausgepragt, was bei geringen Temperaturschwankungen bereits zu einem erheblichen Aktivitatsriickgang fiihrt. Neben spezifischen Randbedingungen, wie z.B. die Temperatur des anfallenden Abwassers ist der erwahnte Umstand bei der Entscheidung fiir den groBtechnisch optimalen Temperaturbereich zu berticksichtigen. Eine allfallige Einsparung an Reaktorvolumen durch hohere Temperatur alleine ist meist nicht verfahrensentscheidend. Fiir den Betrieb zweistufiger Anlagen (siehe z.B. Kapitel 4) mit vorwiegender Hydrolyse und Versauerung in der ersten Stufe sind jedoch weitere Untersuchungen beziiglich der Temperaturoptima der versauernden Bakterien notwendig. Ebenso ist die Frage zu klaren, inwieweit eine hohere Temperatur in der Praxis zu einer gtinstigeren Produktbildung im Hinblick auf eine bessere Methanisierung fiihrt.
3.1 Einfluss der Temperatur
51
Im Vergleich zu den fermentativen Bakterien sind die Methanbildner bedeutend temperaturempfmdlicher. Die meisten Methanbakterien sind den mesophilen Organismen zuzuordnen. Sie erreichen ihre maximale Stoffwechselaktivitat bei Temperaturen von etwa 30 bis 40 °C. Es sind jedoch auch einige thermophile Methanbakterienstamme bekannt, deren optimale Temperatur zwischen 50 und 55 °C angesiedelt ist. Selbst im hochthermophilen Temperaturbereich existieren Methanbildner wie z.B. das Methanobakterium thermoautotrophicum, das sein Temperaturoptimum zwischen 65 und 75 °C hat (Zeikus u. Wolff 1972). Die Abbildung 32 zeigt qualitativ den Zusammenhang zwischen Temperatur und maximaler Umsatzgeschwindigkeit verschiedener Stamme von Methanbakterien (Batstone 2002, Seite 2-36).
80
Temperatur
fC]
Abb. 3-2. Abhangigkeit der maximalen Umsatzraten von Methanbakterienstammen von der Temperatur Wie man an Hand der Abbildung sehen kann gibt es speziell im hoheren Temperaturbereich groBe Liicken, wo keine hohere Methanbildungsrate erwartet werden kann. Besonders wichtig ist die Grenze des mesophilen Temperaturbereiches, die etwa bei 42 °C liegt und die im Betrieb jedenfalls nicht kurzzeitig tiberschritten werden darf ohne den gesamten anaeroben Abbauprozess zu gefahrden. Da die Zusammensetzung kommunaler Schlamme starken Schwankungen (Trockenwetter-Regenwetter, Wochenende-Werktag) unterworfen ist, die meisten Methanbildner ihre hochsten Substratumsatzraten im mesophi-
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3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
len Temperaturbereich erreichen, und eine Mischpopulation mit hoher Artenvielfalt einen stabileren Abbau gewahrleisten kann, ist die groBtechnische Anwendung einer thermophilen Methanstufe zur Schlammbehandlung nicht allgemein zu empfehlen. Ein anderes Bild ergibt sich, wenn spezielle Industrieabwasser zu methanisieren sind. In Abhangigkeit vom anfallenden Substrat ist unter der Voraussetzung, dass thermophile Methanbakterien bei diesem speziellen Substrat besonders hohe Umsatzraten erreichen, eine thermophil betriebene Methanstufe denkbar. Der thermophile Bereich ist in letzter Zeit wieder vermehrt auch groBtechnisch interessant geworden. Dabei ist meist nicht die hohere Umsatzrate ausschlaggebend, sondem die verbesserte Abtotung pathogener Keime bei der hoheren Temperatur, die bei landwirtschaftlicher Klarschlammverwertung bedeutsam ist. Aus anderen Griinden wird heute haufig ein zweistufiger Schlammstabilisierungsprozess (1. Stufe thermophil, 2. Stufe mesophil) eingesetzt. Bei speziellen Industrieabwassem kann auch die hohere Abbaugeschwindigkeit genutzt werden.
3.2 Einfluss des pH-Wertes und der Saurekapazitat Der pH-Wert ist definiert als der negative dekadische Logarithmus der Wasserstoffionenkonzentration. Der pH-Wert dient zur Angabe der Wasserstoff (H"^)- oder Hydroxid (OH)~Ionenkonzentration in wassriger Losung und damit zur Kennzeichnung ihres basischen oder sauren Verhaltens. Die ungestorte Entwicklung der Mikroorganismen ist sehr eng mit einem optimalen pH-Wert verbunden. Dies ist leicht verstandlich, wenn man weiB, dass die Enzymaktivitat als grundlegende Voraussetzung fiir die Stoffwechselprozesse der Lebewesen stark vom pH-Wert abhangig ist. Optimale Milieubedingungen der verschiedenen Organismenarten erstrecken sich vom sauren tiber den neutralen bis hin zum alkalischen Bereich. Dabei kann der optimale Bereich sehr eng, aber auch weit gefasst sein. Die anaerobe Biozonose ist als sehr pH-spezifisch einzustufen. In der Literatur wird der Toleranzbereich fiir den pH-Wert allgemein von pH = 6,8 bis pH = 7,5 angegeben (Kapp 1984). Dieser enge pH-Bereich wirft haufig im praktischen Betrieb von Anaerobanlagen erhebliche Probleme auf, da in Abhangigkeit von der Abwasser- bzw. Schlammbeschaffenheit vom optimalen Toleranzbereich stark abweichende pH-Werte vorliegen konnen. Des weiteren geht oftmals mit den biochemischen Umsetzungsprozessen im Reaktor selbst eine pH-Wert-Verschiebung einher.
3.2 Einfluss des pH-Wertes und der Saurekapazitat
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Ein wesentlicher Unterschied zwischen aerober und anaerober Behandlung besteht darin, dass der Anaerobprozess in geschlossenen Reaktoren unter einer eigenen, von den anaeroben Mikroorganismen aufgebauten Atmosphare ablauft. Durch deren im Vergleich zu Luft vollig anderer Zusammensetzung, ergeben sich aufgrund der Wechselwirkung zwischen fltissiger und gasformiger Phase auch andere Konzentrationen der gelosten Komponenten. Die Endprodukte des anaeroben Abbaus von organischen Kohlenstoffverbindungen sind im wesenthchen Kohlenstoffdioxid und Methan. Im Gegensatz zur aeroben Abwasserreinigung, bei der das durch den Abbau gebildete Kohlendioxid iiber die Atmosphare entfemt wird, steht beim anaeroben Verfahren durch die geschlossene Betriebsfuhrung das gebildete CO2 mit der Fltissigkeit im Gleichgewicht. CO2 wirkt in waBriger Losung als schwache Saure. Nach dem Hennry'schen Gesetz ist die geloste Konzentration dem Partialdruck der Komponente propotional. Der im Vergleich zu aeroben Reinigungsverfahren wesentlich hohere C02-Gehalt in der Gasphase bewirkt auch eine hohere Konzentration an geloster Kohlensaure. 7,5
^\
^ ^
7,4 7,3 C(32-Gehalt 15%
7,2 7,1
.^^
"'^'''^p^
^^-
^7,0 JT
2 5 ^ X ^ ^
6,9 / >
6,8
30
6,7 6,6 6,5 10
20
30
40
50
60
70
80
Saurekapazitat [mmol/l]
Abb. 3-3. Abhangigkeit des pH-Wertes im Faulbehalter von der Saurekapazitat bei unterschiedlichen COi-Gehalt des Faulgases Fiir den sich im Anaerobreaktor einstellenden pH- Wert ist die zur Neutralisation der gebildeten Kohlensaure zur Verfiigung stehende Menge an Alkalien (Saurekapazitat) maBgebend. Welcher C02-Gehalt im Faulgas der Anaerobanlage zu erwarten ist, hangt von der biologisch produzierten
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3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
C02-Menge und der Lage der Dissoziationsgleichgewichte, also wieder vom pH-Wert ab. Die Berechnung ist daher nur iterativ moglich (Svardal, 1991). Diese in Abbildung 3-3 dargestellte Saurekapazitat muss in der fltissigen Phase im Faulbehalter vorhanden sein. Sie ist iiblicherweise gleich der Saurekapazitat des Ablaufs, nicht aber der des Zulaufs, da im Abwasser meist Substanzen enthalten sind, die bei der normgemaBen Bestimmung der Saurekapazitat von Bedeutung sind, sich aber wahrend der anaeroben Behandlung verandem (z.B. org. Sauren, Amine). Enthalt der Zulauf nur geringe Konzentrationen an organischen Sauren, reicht es fur eine iiberschlagige Abschatzung des Neutralisationsmittelbedarfes meist aus, die Saurekapazitat des filtrierten Zulaufs und den Gehalt an org. geb. N (TICN - NH4-N) zu ermitteln. Die Saurekapazitat im Anaerobreaktor ergibt sich naherungsweise zu: SKAnaerobreaktor^ SKzulauf + org.geb.N /14 Ist die im Abwasser enthaltene Saurekapazitat zu gering um einen ausreichend hohen pH-Wert zu erreichen muss neutralisiert werden. Die notwendige Menge an Neutralisationsmittel in mmol/1 ergibt sich aus der Differenz zwischen vorhandener und gewtinschter Saurekapazitat. Dies gilt allerdings nur fur vollstandig losliche karbonatfreie Neutralisationsmittel im wesentlichen also fur Natronlauge und Ammoniak. Natriumkarbonat (Na2C03) erhoht zwar die Saurekapazitat gleichzeitig wird dem Anaerobreaktor aber anorganischer Kohlenstoff zugeflihrt der den C02-Partialdruck erhoht. Es ist also eine etwas hohere aquivalente Menge notwendig als von NaOH um die gleich Wirkung zu erzielen. Dies gilt in noch starkerem MaB flir Natriumhydrogenkarbonat (NaHCOs), das aber wegen seines hoheren Preises groBtechnisch praktisch nie verwendet wird. Der Einsatz der sonst sehr haufig verwendeten Neutralisationsmittel Kalziumoxid (CaO) bzw. Kalziumhydroxid (Ca(0H)2) ist bei der anaeroben Abwasserreinigung problematisch. Durch den hohen C02-Partialdruck im Faulbehalter ist die Loslichkeit von Kalzium sehr gering. Wird das Loslichkeitsprodukt ftir Kalziumkarbonat iiberschritten fallt Kalzium als Kalk (CaCOs) aus. Die Loslichkeit von Kalzium ist im wesentlichen vom pHWert und vom C02-Partialdruck abhangig. Bei der anaeroben Behandlung von Rohschlammen aus Abwasserreinigungsanlagen stellt sich im Anaerobreaktor im allgemeinen ein gtinstiger pH-Wert ein. Im Zuge der Umwandlung der organischen Verbindungen in Methan wird der organisch gebundene Stickstoff als Ammoniak frei. Als alkalische Substanz bewirkt NH3 durch Dissoziation in Ammonium (NH4^)
3.2 Einfluss des pH-Wertes und der Saurekapazitat
55
eine Anhebung der Saurekapazitat und damit eine Neutralisation des gelosten CO2. Die COi-Konzentration im Faulschlamm ist proportional dem CO2Gehalt des Faulgases, dieser schwankt zwischen 25 und 35%. Die Ammonium-Konzentration im Faulschlamm ist proportional der Konzentration an hydrolysierbarem org. geb. N im Rohschlamm und damit dessen Feststoffgehalt. Eine weitergehende Voreindickung (z.B. durch MUSE) bewirkt somit eine hohere Alkalitat im Faulschlamm und damit eine Stabilisierung des Faulprozesses. Bei der anaeroben Fermentation wird ein GroBteil des Substrates tiber organische Sauren als Zwischenprodukte der eigenthchen Methanisierung zuganglich gemacht (siehe Kapitel 2.3) Nach Kroiss (1986) beeinflusst jedoch die Konzentration der organischen Sauren, insbesondere bei schlecht gepufferten Substraten, den pH-Wert sehr stark. Die Bildung organischer Sauren geht mit einer pH-Wert-Senkung einher, dessen Folge eine Hemmung der Methanbildung ist. Besonders bei der Reinigung hoch konzentrierter Abwasser besteht die Gefahr in den Bereich der Essigsauretoxizitat zu gelangen (siehe Kapitel 3.4.4.3). Ist das Substrat zudem noch sehr leicht zu versauem, kann ein stabiler Betrieb nur bei einem hohen Wirkungsgrad, d.h. geringen Restsaurekonzentrationen im Abfluss aufrechterhalten werden. Zur Verhinderung eines Absinken des pH-Wertes im Zusammenhang mit einer steigenden Konzentration an Essigsaure schlagt Kroiss (1985) folgende betriebliche MaBnahmen vor: • Rticknahme der CSB-Belastung des Reaktors. • Anhebung des pH-Wertes durch Zugabe von Neutralisationsmitteln (Ca(OH)2, Na2C03, NaOH). Zur Gewahrleistung eines leistungsfahigen und prozessstabilen anaeroben Abbaus muss der pH-Wert im Anaerobreaktor den Anspriichen der stoffumsetzenden Biozonose angepasst werden. In der Praxis stellt sich bei der Behandlung kommunaler Schlamme ohne erhebliche industrielle Einfltisse von selbst im Reaktor ein im optimalen Bereich von pH = 6,8 bis 7,5 liegender pH-Wert ein. Sind Schlamme oder Industrieabwasser mit extrem saurem oder alkalischem Charakter zu behandeln, ist die Vorschaltung einer pH-Regulierungen haufig unumganglich. Bei der pHMessung ist der Einfluss der C02-Ausgasung, insbesondere bei intensiven Riihrvorgangen, zu berlicksichtigen.
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3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
3.3 Einfluss der Durchmischung In der Natur konnen anaerobe Umsetzungsprozesse auch bei geringster Durchmischung des Anaerobbiotops beobachtet werden. Beispiele sind Sumpfgebiete oder Seesedimente in denen lediglich durch die Biogasbildung maBige Umlagerungsvorgange stattfinden. Unter dieser Voraussetzung verlaufen die Stoffwechselprozesse sehr langsam und haufig nur unvollstandig ab. Dementsprechend ist fiir technische Systeme eine, auf die Ansprtiche der anaeroben Biozonose abgestimmte, Durchmischung zu fordem. MaBgebliche Bedingung fur eine hohe Abbauaktivitat der Bakterien ist eine ausreichende Versorgung der aktiven Biomasse mit abbaufahigem Substrat. Gleichzeitig mtissen die Stoffwechselprodukte der Organismen abtransportiert werden. So kann beispielsweise das produzierte Faulgas eine Gashtille um die Zelle ausbilden und eine weitere Substrataufnahme blockieren. Damit der anaerobe Stoffwechsel nicht durch Transport- und Diffusionsvorgange begrenzt wird, muss eine ausreichende Faulraumdurchmischung erzielt werden. Die durch die Mischungsvorgange induzierten Scherkrafte auf die anaerobe Biozonose dtirfen allerdings nicht dazu fiihren, dass die symbiotische Lebensweise der wasserstoffbildenden, acetogenen und wasserstoffverbrauchenden methanogenen Bakterien gestort wird (siehe Kapitel 2.3.1.2.). Es muss daher fiir das MaB der notwendigen Durchmischungsenergie und der Wahl des Durchmischungssystems ein Kompromiss gefunden werden, Aus diesen Griinden werden in modemen Faulraumen vorzugsweise Mischsysteme installiert, die eine schonende, jedoch intensive Durchmischung gewahrleisten. Die Frage, ob im praktischen Betrieb eine kontinuierliche oder diskontinuierliche Umwalzung zu wahlen ist, kann anhand der Literatur nicht schltissig beantwortet werden. Generelle Aussagen, die sowohl fiir die anaerobe Behandlung von Abwassem als auch fur Schlamme gelten, sind kaum moglich. Spezielle Hinweise sind in Kapitel 4.2, 5.4.1.1 und in Kapitel 6 zu den jeweiligen Reaktortypen gegeben. Auch bei alien Umwalzsystemen mit Pumpen und Rohrleitungen ist darauf zu achten, dass dabei lokale Bereiche mit hohen Scherkraften (schnell laufende Umwalzpumpen, hydraulische Jets zur Durchmischung) vermieden werden. Nach Saake (1986) sind die verfahrenstechnischen Gegensatzlichkeiten beztiglich der Anforderungen zur Durchmischung in Tabelle 3-1 zusammengefasst gegentibergestellt.
3.3 Einfluss der Durchmischung
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Tabelle 3-1. Gegensatzlichkeiten zur Durchmischung von Anaerobreaktoren (Saake 1986). voll durchmischter Reaktor (starke Durchmischung) Vorteil: (Forderung)
Nachteil: (Gegensatz)
Stofftransport ist optimal (Einmischung des Abwassers, Abtransport des Faulgases) homogene Situation im Reaktor (Temperatur, Trockenmasse-konzentration, Substratverteilung, pH-Wert) keine storenden Schwimmund Sinkschichten im Reaktor hohe Scherkraftbelastung der methanogenen Bakterien hoher Energiebedarf hohe Trockenmassenkonzentration im Reaktorablauf, Belastung der extemen Trenneinrichtung
schwach bzw. diskontinuierhch durchmischter Reaktor (schwache, schonende Durchmischung) Reduzierung der Scherbelastungen auf die Bakterien geringer Energieaufwand - Reduzierung der Trockenmassekonzentration im Reaktorabfluss
Gefahr der Bildung von Schwimmschlamm und bleibenden Ablagerungen, insbesondere bei Abwassem mit hohem Gehalt an Fetten/Olen, absetzbaren Stoffen und von Fallungsprodukten (MAP, CaCOs) Gefahr von Kurzschlussstromungen und Totzonen Stofftransport ist nicht optimal
Bei der Charakterisierung der Mischungsverhaltnisse muss man bei den anaeroben Abwasserreinigungsverfahren zwischen der fltissigen Phase und den Feststoffen unterscheiden. Speziell bei Reaktoren mit sehr gut absetzbarer anaerober Biomasse kann eine fast vollstandige Durchmischung in der fltissigen Phase auftreten, ohne dass die Feststoffe (Flocken, Pellets) gleichmaBig im Reaktorvolumen verteilt sind, wie dies in den Schlammbettreaktoren erwunscht ist. Bei Reaktoren zur anaeroben Schlammbehandlung dagegen ist auch eine weitgehend gleiche Verteilung der Feststoffe im gesamten Reaktor anzustreben. Mit der zunehmenden Viskositat der Schlamme bei steigendem Feststoffgehalt steigt auch die erforderliche Energiedichte zur Durchmischung. Dies ist vor allem bei der Verbesserung der Voreindickung (z.B. maschinelle Oberschussschlammeindickung) zu beriicksichtigen. Neben der Durchmissung mit verschiedenen maschinellen Einrichtungen zur Faulraumumwalzung durch Pumpen, Riihrwerke, Schraubenschaufler, etc. kann auch eine Umwalzung durch Gaseinpressung erfolgen. Die erforderliche Mischungsenergie fiir eine Aufliebung der Transport und Diffusionslimitierung hangt von vielen Faktoren ab, deren Einfluss hier nicht diskutiert wird. Als grober Richtwert fur eine minimale spezifische
58
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
Energiedichte konnen Werte von etwa 2 bis 6 Watt/m^ angegeben werden. Die installierte Leistung muss hoher sein, wenn eine intermittierende Umwalzung gewahlt wird um abgelagertes Material wieder in Schwebe zu bringen. Je hoher die Dichteunterschiede zwischen den Feststoffen im Faulreaktor und dem Abwasser sind, desto mehr Mischungsenergie wird benotigt und desto besser muss man sich die Verteilung des Abwassers im Reaktor iiberlegen. Auch die Gasproduktion im Faulreaktor kann maBgeblich zur Durchmischung von Reaktoren beitragen. Der Beitrag der Gasproduktion zur Mischungsenergie kann ahnlich wie der Energieaufwand ftir die Gaseinpressung abgeschatzt werden. 1 Nm^ Faulgas das in Im Wassertiefe entsteht liefert eine Netto-Mischungsenergie von ca. 2,8 Wh. Kennt man also etwa die spezifische Gasproduktion je m^ Reaktorflache und die mittlere Tiefe der Gasproduktion unter dem Wasserspiegel, kann man die Mischungsenergie abschatzen, die bei vielen Reaktorsystemen ausreicht, eine ausreichende Durchmischung der fltissigen Phase zu erreichen. Bei Einfahren solcher Reaktoren muss man sich mit dem Problem der Durchmischung bei anfanglich fehlender Gasproduktion beschaftigen.
3.4 Einfluss der Substratzusammensetzung Zur Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen und zum Aufbau neuer Zellsubstanz benotigen die Organismen geeignete Substrate, aus denen sie die zur Lebenserhaltung erforderliche Energie synthetisieren. Bei der Abwasserreinigung und Schlammbehandlung ist das Substrat (Abwasser/ Schlamm) als maBgebliche EinflussgroBe auf die sich ausbildende Biozonose anzusehen. Die Substratzusammensetzung ist aber auch daftir verantwortlich welchen Milieuverhaltnissen die Biomasse im Anaerobreaktor ausgesetzt ist, z.B. welcher pH-Wert erreicht wird und ob hemmende Konzentrationen bestimmter Abbauprodukte erreicht werden. Die abbauende Bakterienpopulation wird unter entsprechend optimierten Randbedingungen (z.B. Temperatur, pH-Wert, Durchmischung etc.) einen maximalen Stoffumsatz anstreben, bis es zu einem Defizit lebensnotwendiger Nahrstoffe (z.B. Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor, Spurenelemente) kommt. Eine Limitierung lebensnotwendiger Substratkomponenten fuhrt zur Einstellung der Stoffwechselaktivitat. Daher ist die Substratzusammensetzung in ihrer Gesamtheit von entscheidender Bedeutung, wenn ein moglichst weitgehender Abbau organischer und anorganischer Verschmutzungskomponenten bewirkt werden soil. Neben den organischen Substanzen sind auch eine Vielzahl anorganischer Stoffe, wie zum Beispiel Stickstoff, Phosphor, Calcium, Natrium o-
3".4 Einfluss der Substratzusammensetzung
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der Kalium ftir die Lebewesen erforderlich. Daruber hinaus ist noch ein ausgewogenes Angebot an Spurenelementen von Bedeutung (siehe Kapitel 3.5). Kommunale Schlamme, die keinen besonderen industriellen Einfltissen unterhegen, verfiigen meist iiber eine sehr ausgewogene, ftir die Bakterien gtinstige Nahrstoffzusammensetzung. Mit zunehmendem Abbau konnen jedoch vereinzelte Stoffe soweit aufgebraucht werden, dass sie zu limitierenden Faktoren werden und die weitere Biosynthese nur noch langsam vonstatten geht oder vollstandig gehemmt wird. Von besonderer Bedeutung ist diese Problematik bei der biologischen Behandlung von Industrieabwassem, da diese haufig eine auBerst einseitige Nahrstoffzusammensetzung aufweisen. In solchen Fallen ist eine Zugabe von Mangelsubstanzen notig. Es konnen beispielsweise hausliches Abwasser oder spezielle Nahrstoffe (Stickstoff oder Phosphor als Nahrsalze) zudosiert werden. Am ehesten wird es jedoch zum Mangel von Spurenelementen (insbesondere Kobalt und Nickel) kommen. Die Substratzusammensetzung hat einerseits einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Biozonose im Prozess, andererseits ist diese unmittelbar mit der Zusammensetzung der entstehenden Stoffwechselprodukte verkntipft. Ziel der anaeroben Abwasserbehandlung ist es, die organische Verschmutzung (reduzierter Kohlenstoff ausgedriickt als CSB und TOC) in Methan und Kohlendioxid umzuwandeln. Diese Methanbildung, als Folge eines mikrobiologisch gesehen mehrstufigen Prozesses, entspricht einer Verlagerung des Kohlenstoffs und des CSB in die Gasphase und damit einer Entfemung aus der fltissigen Phase. Der anaerobe Abbau ist chemisch betrachtet eine Disproportionierung des organischen Kohlenstoffs in Kohlenstoff mit der Oxidationszahl -4 (CH4) und Kohlenstoff mit der Oxidationszahl +4 (CO2). Das Verhaltnis zwischen dem biologisch produzierten Methan und dem biologisch produzierten Kohlendioxid ist abhangig von der mittleren Oxidationszahl des Kohlenstoffs der abgebauten Verbindungen und lasst sich aus dem mittleren CSB/TOC Verhaltnis durch Bilanziemng von CSB und Kohlenstoff berechnen. Der gesamte abgebaute CSB findet sich im produzierten Methan, der abgebaute TOC entspricht der Summe aus CO2 und CH4. Ig CSB = 1/64 mol CH4 = 0,35 L CH4 Ig TOC - 1/12 mol (CH4 + CO2) O CH4/CO2
CSB/TOC 3/8-CSB/TOC
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3 Einflussfaktoren aiif die anaeroben biologischen Abbauvorgange
3.4.1 Substrat-Konzentration Der Abbau bzw. die Entfernung von organischen Kohlenstoffverbindungen ist eine der wesentlichen Forderungen an die Abwasserreinigung. Organische Kohlenstoffverbindungen stellen einen Energieinhalt dar. Bei aeroben Verfahren werden diese Verbindungen durch Beltiftung mit Hilfe von Bakterien zu CO2 oxidiert. Bei der anaeroben Behandlung werden die organischen Verbindungen in eine verwertbare Form von Energie (Methan) umgewandelt. Der Anteil der ftir die Bakterien nutzbaren Energie ist im anaeroben Bereich wesentlich geringer als im aeroben was zur Folge hat, dass die spezifischen Umsatzraten bezogen auf die Biomasse wesentlich hoher sind. Dadurch wird die Biomasseproduktion (Schlammanfall) deutlich verringert. Die geringe spezifische Biomasseproduktion bedeutet jedoch auch, dass dem Feststoffriickhalt in einem anaeroben System besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Mit geringer Abwasserkonzentration ist der erforderliche Schlammriickhalt bei konventionellen Nachklarbecken kaum mehr moglich, so dass eine Mindestkonzentration an abbaubarem CSB vorhanden sein muss. Niedrige CSB Konzentrationen im Abwasser ftihren bei anaeroben Reinigungsverfahren im Wesentlichen zu folgenden Problemen: • Wasser - Feststoff - Abtrennung (Schlammriickhalt) • Gasverluste durch gelostes Gas im Ablauf • Energiebilanz Hingegen steigt bei hohen CSB-Konzentrationen die Gefahr beztiglich: • • • •
toxischer Zwischenprodukte Mischungsproblemen Fallungsreaktionen Gas- Feststoff- Trennung
3.4.2 Feststoffgehalt Das FlieBverhalten einer Fliissigkeit wird in erheblichem MaBe von der Menge und Art der enthaltenen Feststoffe bestimmt. In der Abwassertechnik wird das Kriterium "FlieBverhalten" jedoch nicht zur Differenzierung zwischen Abwassem und Schlammen herangezogen. GemaB DIN 4045 (Anonym 1985) ist Schlamm der Sammelbegriff ftir alle "aus dem Abwasser abtrennbaren, wasserhaltigen Stoffe, ausgenommen Rechengut, Siebgut und Sandfanggut". Die Trockenmassenkonzentration TSR in g/1 (auch als Trockensubstanzgehalt, Feststoffgehalt, Schlammgehalt, Schlammtrocken-
3.4 Einfluss der Substratzusammensetzung
61
substanz bezeichnet) ist die in einem bestimmten Volumen enthaltene Trockenmasse. Sie wird nach DIN 38414 Teil 2 bestimmt. Nach derselben Norm ist der Trockenruckstand TR (Trockenmassenanteil), der in Prozent angegeben wird, zu bestimmen. Insgesamt konnen ftir die anaeroben Verfahren zumindest 6 verschiedene Arten von Feststoffen von Bedeutung sein: • Anorganische inerte Feststoffe des Zulaufes(Sand, Ton, etc.) • Organische Feststoffe im Zulauf, die biologisch nicht gebaut werden • Anorganische Feststoffe, die im System aus gelosten Stoffen des Zulaufes durch chemische oder biochemische Prozesse entstehen (Karbonate, Sulfide, MAP) • Zuwachs an Biomasse aus dem Substratabbau (aktive Biomasse) • Organische Feststoffe des Zulaufes, die biologisch abgebaut werden • Anorganische Stoffe des Zulaufes, die im System Losung gehen (z.B. Kalk) Die ersten vier Fraktionen mtissen als Uberschussschlamm oder Feststoffgehalt des Abwassers das Verfahren verlassen, sonst kommt es zu einer Anreicherung dieser Feststoffe im System durch dauerhafte Ablagemngen. Die beiden letzen Fraktionen mtissen das System liber das Faulgas oder als geloste Stoffe des Ablaufes verlassen. Der anorganisch-mineralische Anteil der Feststoffe im Reaktor kann je nach GroBe und Form von den Bakterien auch als Siedlungsflache angenommen werden, was haufig die Trennung von Biomasse und gereinigtem Abwasser erleichtert. Dieser Effekt fiihrt u.A. beispielsweise zur Ausbildung von Pellets und Granules, wie sie bei Schlammbettreaktoren gebildet werden (siehe Kapitel 6.3.1) (Inden 1977). Bei der anaeroben Behandlung von Schlammen (z.B. Klarschlammstabilisierung) wird tiblicherweise die organische Trockenmasse des zugeftxhrten Substrates als BemessungsgroBe fur Anaerobreaktoren, und zwar liber die Berechnung der organischen Raumbelastung, verwendet. Nachteil dieser BemessungsgroBe ist, dass keine Aussage zur Abbaubarkeit der organischen Stoffe und damit der wirklichen Substratversorgung der Bakterien gemacht wird. Bei der Behandlung kommunaler Schlamme wird auch der Gasertrag direkt auf den Abbau der organischen Trockenmasse bezogen (siehe Kapitel 5.4.1.1). Diese Werte sind Erfahmngswerte und gelten nur ftir tibliche kommunale Schlamme. Bei anderen Schlammen (z.B. Abfalle aus der Nahrungsmittelindustrie) ist die organische Trockenmasse als Bemessungswert und Bezugswert ftir die zu erwartende Gasmenge nur bedingt geeignet. Im Prinzip ist auch bei den Anaerobprozessen das Schlammalter, also die mittlere Verweilzeit der Bakterien im Reaktor, die beste BezugsgroBe
62
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
zur Abbauleistung. Bei den Reaktoren ohne Anreicherungsschritt (Ausschwemmreaktoren), wie sie bei der Schlammbehandlung verwendet werden, ist Schlammalter und Schlammaufenthaltszeit gleich. Die Differenzierung des Feststoffgehaltes nach den verschiedenen Fraktionen spielt eine untergeordnete Rolle. Bei alien Verfahren mit Biomasseanreicherung ist die mittlere Verweilzeit der aktiven Biomasse im Reaktor fiir die Leistung maBgebend. Fiir deren Bestimmung miissen der Feststoffgehalt des Reaktorinhaltes (kg TS), die mittlere abgezogene Uberschussschlammfracht (kg TS/d) und die mittlere Feststofffracht im Ablauf ermittelt werden. Nur wenn alle drei Feststoffstrome den gleichen Anteil an aktiver Biomasse enthalten und der Reaktor voll durchmischt ist, kann das Schlammalter einfach berechnet werden. Die Fehlermoglichkeiten bei der Bestimmung des Schlammalters sind prinzipiell groB. Je groBer und schwankender der Feststoffgehalt im Zulauf ist, desto ungenauer werden in der Regel die Messergebnisse und ihre Interpretation. So kann auch die haufig getroffene Annahme, dass die organische Trockensubstanz ein MaB fiir die aktive Biomasse ist, oft nicht aufrechterhalten werden. Dies ist bei der Angabe von organischen Schlammbelastungen (kg CSB/kg oTS/d) anzumerken. Es gibt gute Hinweise aus der Praxis, dass die gemeinsame anaerobe Behandlung von Abwasser und organischen Schlammen nur in begrenzten Mischungsverhaltnissen problemlos moglich ist, insbesondere weil fiir Abwasser und Schlamm unterschiedliche Anaerobverfahren optimal sind. Eine Reihe von Abwasserreinigungsverfahren ist sogar besonders empfindlich gegenuber hoheren Feststoffgehalten (z.B. Festbettverfahren, UASB). Fiir die anaerobe Behandlung von Abwassem, bei denen hohe (anorganische) Feststofffrachten im Zulauf enthalten sind oder im Reaktor durch Fallung entstehen, wurde der EKJ-Reaktor entwickelt (Kroiss, Svardal 1988) bei dem sie bei vollem Betrieb selektiv vom Boden des Reaktors ausgetragen werden konnen. Inden (1977) und Kapp (1984) haben den Einfluss des Feststoffgehaltes auf den Verlauf der Schlammfaulung untersucht. Beide Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass bis zu einem Feststoffgehalt von 10 % kein signifikanter Einfluss zu verzeichnen ist. Abbildung 3-4 zeigt die von Inden (1977) zusammengefassten Ergebnisse aus der Literatur, die die Auswirkungen verschiedener Feststoffgehalte auf die spezifische Gasproduktion darstellen. Einerseits wird es bei der hohen Viskositat schwieriger, die Transportund Diffusionslimitierung zu tiberwinden, andererseits wirkt ab ca. 8 % Feststoffgehalt bei kommunalen Faulschlammen die hohe Ammoniumkonzentration hemmend auf den Abbau.
3.4 Einfluss der Substratzusammensetzung
2
4
6
a 10
20 30 40 50 Feststoffgehalt f [%]
63
60 •-
Abb. 3-4. Einfluss des Feststoffgehaltes auf die spezifische Gasproduktion (Inden 1977).
3.4.3 Verhaltnis von CSB, Stickstoff und Phosphor Im Vergleich zu aeroben Prozessen wird bei anaeroben Verfahren sehr viel weniger Biomasse, bezogen auf die abgebaute organische Substanz, gebildet (siehe Kapitel 2.3.2). Demnach ist auch der Bedarf an Nahrstoffen fiir die anaeroben Mikroorganismen deutlich geringer als bei den aeroben Bakterien. Ftir den anaeroben Abbau ist ein Mindestnahrstoffverhaltnis von CSB:N:P von ca. 800:5:1 erforderlich. (Saake 1986). Das Verhaltnis von CSB, Stickstoff und Phosphor verdeutlicht, dass beim anaeroben Kohlenstoffabbau nur geringe Mengen Stickstoff und Phosphor eliminiert werden. Dementsprechend hoch sind auch die Abflusswerte ftir Stickstoff und Phosphor bei Anaerobanlagen; natiirlich immer unter Beriicksichtigung der Rohabwasser- bzw. Rohschlammbeschaffenheit. Dazu tragt auch die im anaeroben Milieu ablaufende Ammonifikation (org. geb. N —> NH3) und eine eventuelle Phosphor-Rticklosung aus den Bakterienzellen bei. Dieser Umstand kann fiir eine Stabilisiemng des pH-Wertes im Methanreaktor im alkalischen Bereich
64
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
durchaus willkommen sein. Es stellt aber sowohl Indirekt- als auch Direkteinleiter vor das Problem der Einhaltung der sehr niedrigen Grenzwerte fur NH4-N und Gesamtstickstoff. Da das Eutrophierungsverhalten von Gewassem maBgeblich von den Nahrsalzen Stickstoff und Phosphor gepragt wird, ist insbesondere bei Direkteinleitung von Industrieabwassem die Nachschaltung einer aeroben Reinigungsstufe im Anschluss an einen Anaerobprozess sinnvoU. Bei Vorhandensein von Ammonium, Phosphat und Magnesium im Abwasser kann es bereits bei relativ schwach alkalischen Bedingungen zu plotzlichen und unkontrollierten Ausfallungen von MAP kommen. Diese Erscheinung ist mitunter ftir ein rasches Verlegen von Rohrleitungen in Anaerobanlagen verantwortlich und daher eine geftirchtete Storursache. Organisch verunreinigte Industrieabwasser sind oft arm an Phosphor. Er muss daher haufig ftir die biologische Reinigung in Form von Phosphorsaure oder loslichem Phosphatdtinger zudosiert werden. Da der Phosphorbedarf der produzierten Biomasse proportional ist, wird bei Anaerobverfahren eine deutlich geringere Zugabemenge bezogen auf die abgebaute CSB-Fracht notwendig sein, als bei aeroben Reinigungsverfahren, was einen Kostenfaktor darstellt. Dies gilt genauso fiir Abwasser mit zu geringem Stickstoffgehalt. 3.4.4 Kalziumgehalt Der Kalziumgehalt des Rohabwassers ist deshalb von groBer Bedeutung, well es zufolge des hohen COi-Partialdrucks im Anaerob-Reaktor zur Bildung von Kalziumkarbonat (CaCOs) kommt. Wegen der geringen Loslichkeit von Kalziumkarbonat fallt dieses dann im Reaktor aus und kann somit zu verschiedensten Betriebsproblemen ftihren. Kalziumverbindungen werden in vielen Industriebetrieben im Prozess eingesetzt. Kalziumhydroxid ware auch die kostengiinstigste Verbindung zur Neutralisation schwach gepufferter saurer Abwasser und wird bei aerober Industrieabwasserreimgung auch vielfach eingesetzt. Bei der anaeroben Industrieabwasserreimgung ist die Anwendung wegen der moglichen Kalziumkarbonatausfallungen deutlich eingeschrankt. Die Anreicherung von inertem Material fiihrt zu einer Verktirzung des Schlammalters, wodurch die Reinigungsleistung und die Stabilitat des Prozesses verringert werden kann. Die Ablagerung dieses schweren anorganischen Materials im Faulbehalter, speziell in Festbettreaktoren, kann die anaerobe Reinigung eines kalziumhaltigen Abwassers unmoglich machen. Die wesentliche Frage bei der anaeroben Behandlung von kalziumhaltigem Abwasser ist, ob und in welchem AusmaB es im Faulbehalter zu Kal-
3.5 Einfluss hemmender und toxischer Stoffe
65
ziumkarbonatausfallungen kommt. Dariiber wurden umfangreiche Untersuchungen und Berechnungen angestellt (Svardal, 1991). Je hoher der CSB des Abwassers desto geringer ist der pH-Wert ab dem CaCOs-Ausfallungen im Anaerobbehalter zu befurchten sind. Das Kalziumkarbonatproblem sollte bei Kalziumkonzentrationen liber 100 mg/1 in jedem Fall besonders beriicksichtigt werden.
3.5 Einfluss hemmender und toxischer Stoffe 3.5.1 Begriffserklarung Da es in der Literatur keine einheitliche Behandlung der Begriffe „Hemmung" und „Toxizitat" gibt, in der Praxis aber die Unterscheidung wichtig ist, wird hier eine Definition vorgeschlagen, die fur die folgenden Ausfiihrungen als gliltig vorausgesetzt wird. Unter „Hemmung" wird im Weiteren eine reversible Veranderung der kinetischen Parameter der beteiligten Bakterien verstanden. Sie kann durch Abwasserinhaltsstoffe verursacht sein, die nicht oder kaum am relevanten Stoffwechsel beteiligt sind, aber sie kann auch durch (notwendigerweise) auftretende Zwischen- oder Endprodukte des Abbaues verursacht werden, wir sprechen dann von Substrat- (Produkt-) hemmung. Von „toxischer Wirkung" von Abwasserinhaltsstoffen sprechen wir, wenn diese eine (irreversible) Abtotung von aktiven Bakterien hervorruft. Bei der Hemmung kann man zwei wesentliche unterschiedliche Formen unterscheiden: • die nicht-kompetitive Hemmung (haufigerer Fall) • die kompetitive Hemmung Bei der nicht-kompetitiven Hemmung wird die maximale Wachstumsgeschwindigkeit der Bakterien herabgesetzt und damit auch die maximal mogliche Umsatzrate (Abbaugeschwindigkeit). Wenn das Wachstum der Bakterien durch Mangel an Substrat begrenzt ist (hoher Wirkungsgrad des Abbaues) konnen maBige Hemmungen im praktischen Betrieb kaum erkannt werden. Wenn also das Schlammalter deutlich liber den Reziprokwert der maximalen Wachstumsrate der prozesssteuemden Bakterienart (meist acetogene oder methanogene Bakterien) liegt, konnen trotz Hemmung sehr gute Abbauleistungen erreicht werden. In der Literatur finden sich immer wieder Berichte, dass trotz deutlicher Uberschreitung von Hemmschwellen (z.B. Konzentration von NH3-N) gute Abbauergebnisse erzielt werden. Daraus wird haufig der mitunter falsche Schluss gezogen.
66
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
dass die in der Literatur angegebenen Hemmschwellen nicht zutreffen. Nur wenn die Bakterien bereits nahe der maximalen Umsatzrate arbeiten, fuhren Hemmungen zu einem markanten Rtickgang der Reinigungsleistung Kompetitive Hemmungen werden von Stoffen verursacht, die von den Bakterien als Substrat erkannt werden, aber dennoch nicht abgebaut werden konnen. Eine solche Hemmung fiihrt zu einem Anstieg des Ks-Wertes und haufig zu schlechteren Ablaufquahtaten. Allen diesen Hemmungen gemeinsam ist, dass bei Unterschreiten der Hemmschwelle die maximale Wachstumsgeschwindigkeit wiederum auftritt. Es muss jedoch beriicksichtigt werden, dass die Sterberate der Bakterien in der Regel nicht gehemmt wird. Daher muss man damit rechnen, dass nach einem langer andauemden starken Hemmereignis, z.B. der Methanbakterien, sich nach Verschwinden der Hemmung dennoch eine geringere maximale Abbaukapazitat eines betroffenen Anaerobreaktors einstellt als sie vor dem Hemmereignis vorhanden war. Nach toxischen Wirkungen, auch wenn sie nur kurz dauem, geht die maximale Aktivitat (Abbauleistung eines Reaktors) von Anaerobschlammen durch Sterbevorgange deutlich zuriick und kann nur durch Zuwachs von neuen Bakterien wieder ausgeglichen werden. Die eindeutige Ermittlung ob und welche Hemmung beim anaeroben Abbau oder Toxizitat auftritt oder zu erwarten ist, ist nicht einfach. Allerdings ist die richtige Beurteilung der Ursachen und Wirkungen fiir die Bekampfung von Betriebsproblemen oder fur die richtige Bemessung von Anlagen von entscheidender Bedeutung. Entsprechende Testverfahren zur Klarung eines Sachverhaltes werden vom ATV DVWK Ausschuss 7.5 behandelt bzw. sind in der Literatur beschrieben. Eine gewisse Hemmung des anaeroben Abbaues durch Abwasserinhaltsstoffe oder Substrate kann durch erhohtes Reaktionsvolumen aufgefangen werden, was insbesondere beim anaeroben Abbau von Industrieabwassem mit sehr hoher Konzentration zur Sicherung der Stabilitat des Abbauprozesses erforderlich ist. Wenn im praktischen Betrieb eine Hemmung und/oder Toxizitat zu einem Anstieg von leicht abbaubaren Stoffen im Ablauf des Anaerobreaktors kommt (z.B. CSB, organischen Sauren), dann muss ftir die Abschatzung der Hemmwirkung immer auch der Anstieg des gespeicherten Substrates im Reaktor (V.Ac) beriicksichtigt werden. Die haufigste Ursache von massiven Betriebsstorungen ist die Substrathemmung der acetoclastischen Methanbakterien, die nicht umsonst als „Primadonnen des anaeroben Abbaues" bezeichnet werden. Biologische Abwasserreinigungsverfahren zielen darauf ab, in moglichst kleinen Reaktoren einen moglichst hohen und stabilen Stoffumsatz zu bewirken. Die Sicherung der Stabilitat stellt dabei haufig das groBere
3.5 Einfluss hemmender und toxischer Stoffe
67
ingenieurtechnische Problem dar, insbesondere wenn im Abwasser bzw. Schlamm Stoffe enthalten sind oder sein konnen, die auf die Mikroorganismen hemmend oder toxisch wirken, und somit den Substratabbau verlangsamen oder gar stoppen. Zu diesen Substanzen konnen z.B. Stoffe (Chemikalien, Rohstoffe), die bei der industriellen Produktionen ins Abwasser gelangen, gezahlt werden. Die Beeinflussung der Mikroorganismen kann von einer leichten Hemmung des Wachstums iiber eine vollige, aber reversible Hemmung des Stoffwechsels bis zur Abtotung aller Mikroorganismen einer biologischen Abwasserreinigungsanlage gehen (Kroiss 1985). Toxische oder hemmende Wirkungen sind im Prinzip nicht Eigenschaften einer Substanz sondem hangt immer von ihrer Konzentration oder Dosis ab. Das heiBt, die Anwesenheit eines Stoffes an sich muss noch nicht zu einer Hemmung oder Abtotung der Biozonose fiihren, erst bei Uberschreitung eines bestimmten Konzentrationsniveaus werden biochemische Mechanismen gehemmt. Daher sind zur Beurteilung der biologischen Abbaubarkeit von Abwassem oder Schlammen nicht nur Kenntnisse iiber deren Inhaltsstoffe notwendig, sondem auch Aussagen uber moghcherweise hemmend oder toxisch wirkende Konzentrationen gewisser Inhaltsstoffe. Aus diesem Grunde werden nachfolgend die toxischen und hemmenden Einfliisse einiger Stoffe auf den anaeroben Abbau naher erlautert, die sehr haufig in der Praxis relevant sind. 3.5.2 Sauerstoff Wahrend der aerobe Abbau durch Mikroorganismen unter Verbrauch von Sauerstoff verlauft, erfolgt der anaerobe Abbau in Abwesenheit von gelostem Sauerstoff. Bei der obligat aeroben Atmung iibt der Sauerstoff die Funktion des Elektronenakzeptors aus und ist somit fiir alle aeroben Organismen essentiell. Fakultativ anaerobe Mikroorganismen wachsen sowohl in Gegenwart als auch in Abwesenheit von O2 und konnen ihren Stoffwechsel von der aeroben Atmung auf Gamngsatmung (bei 02-Abwesenheit) umschalten. Zu diesen Mikroorganismen zahlt z.B. ein GroBteil der versauemden Bakterien. Fiir strikt anaerobe Bakterien fuhrt Sauerstoff schon in geringen Konzentrationen zu einer Hemmung des Stoffwechsels. Auch biochemisch fiir fakultative Bakterien verfiigbarer Sauerstoff in z.B. Nitrat, oder Nitrit kann zu Hemmungen des erwiinschen anaeroben Abbaues fiihren. Bei anaeroben Verfahrenstechniken zur Abwasser- und Schlammbehandlung muss, wie der Begriff "anaerob" schon besagt, die abbauende Biozonose vor dem Kontakt mit gelostem Sauerstoff geschiitzt werden.
68
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
Der Zutritt von Luftsauerstoff wird durch die Verwendung geschlossener Reaktionsraume gewahrleistet. Der Gasraum zwischen der Oberflache der Fltissigkeit im Reaktor und dem Behalterdeckel wird von dem erzeugten Faulgas ausgeftillt und so von O2 freigehalten. Dies ist bei Inbetriebnahme von Anaerobreaktoren zu beachten, insbesondere auch weil bei luftgeftilltem Gasraum voriibergehend explosive Luft-Faulgasgemische auftreten. Der Eintrag von Sauerstoff in den Reaktionsraum kann auch tiber sauerstoffhaltiges Abwasser hervorgerufen werden, was aber wegen der geringen Loshchkeit von Sauerstoff im Allgemeinen kein Problem darstellt. Die zum Teil fakultativen Saurebakterien, verbrauchen den eventuell vorhandenen Sauerstoff sehr rasch. Nachdem zumindest die Methanbakterien (und die Sulfatreduzenten) strikt anaerobe Bakterien sind, kann zusammenfassend festgestellt werden, dass Sauerstoff beim Betrieb von Anaerobanlagen durch entsprechende konstruktive und betriebstechnische MaBnahmen ein Kontakt der Biozonose mit Sauerstoff weitgehend ausgeschlossen werden muss. Es gibt inzwischen groBtechnische Erfahrungen, durch gesteuerte Zugabe geringer Sauerstoffmengen direkt in den Anaerobreaktor Schwefelwasserstoff im Faulgas, allenfalls auch die Hemmung des anaeroben Abbaues durch Schwefelwasserstoff zu vermeiden. Es darf maximal so viel Sauerstoff zugegeben werden, dass die Oxidation von H2S zum molekularen Schwefel vollstandig verlauft. Nach der Reaktionsgleichung 2H2S + 0 2 ^ ^ 2H2O + S2 kann die stochiometrisch maximal erforderlich Sauerstoffmenge berechnet werden. Diese Methode wird sowohl bei kommunalen Schlammfaulbehaltem als auch bei gewissen Industrieabwasserreinigungsanlagen eingesetzt. Eine Uberdosierung muss mit groBer Sicherheit vermeiden werden um explosive Gasgemische und Hemmungen des anaeroben Abbaues zu vermeiden. 3.5.3 Schwefelverbindungen Schwefelverbindungen spielen bei vielen industriellen Produktionsprozessen (z.B. Hefe-, Viskose-, Kartonage-, Zitronensaure-, Faserplattenherstellung) eine wichtige Rolle, so dass die anfallenden Industrieabwasser hohe Konzentrationen an Schwefelverbindungen aufweisen konnen. Werden derartige Abwasser gemeinsam mit hauslichem Abwasser in einer kommunalen Klaranlage behandelt, sind erhohte Konzentrationen an Schwefelverbindungen auch im Klarschlamm zu erwarten. Ublicherweise liegen jedoch, aufgrund des Verdtinnungseffektes, die Konzentrationen in einer GroBenordnung vor, bei der noch keine Hemmung der anaeroben Klarschlammstabilisiemng zu beftirchten ist.
3.5 Einfluss hemmender und toxischer Stoffe
69
Bei der anaeroben Behandlung von Industrieabwassern, die hohe Konzentrationen an Schwefelverbindungen enthalten, kann die Anwendbarkeit der anaeroben Abwasserreinigungstechnik, infolge potentieller Sulfidtoxizitat, unwirtschaftlich werden. Daher ist eine Abschatzung der Hemmung des anaeroben Abbaues, insbesondere der Methanbildung aus Essigsaure, durch Schwefelwasserstoff erforderlich. Die Ursache fiir das Problem der Hemmung der anaeroben Biozonose infolge erhohter Sulfatkonzentrationen besteht darin, dass Methanbakterien und sulfatreduzierende Bakterien die gleichen Substrate verwenden. Methanbildung: CO2 + 4 Hz
f->
CH4 + 2H2O
AG = -135 kJ
CH3COOH
<^
CH4 + C 0 2
AG = -28,5 kJ
«->
H2S + 2 H2O + 2 OH"
AG = -154 kJ
1
H2S + 2 HCO3
AG = -43 kJ
1
Sulfatreduktion: S04^" + 4 H2
S04^" + CH3COOH <->
Wie die Bildungsenthalpie AG zeigt, sind sulfatreduzierende Bakterien gegentiber den Methanbakterien energetisch begtinstigt, so dass die Substrate Wasserstoff und Essigsaure bevorzugt fiir die Sulfatreduktion verwendet werden und nur der verbleibende Rest der Methanbildung zur Verfiigung steht. Nach dem heutigen Stand des Wissens ist weiter bekannt, dass die Konkurrenz um das Substrat zwischen sulfatreduzierenden und methanbildenden Bakterien auch von kinetischen Parametem beeinflusst wird. Substratart und -konzentration sowie Typologie des Biomasserlickhaltes im Reaktor konnen daher eine wesentliche Rolle im Konkurrenzkampf spielen. Es ist immerhin zu erwarten, dass zumindest nach einer langeren Einarbeitungszeit der gesamte verftigbare Schwefelgehalt des Abwassers in Schwefelwasserstoff umgesetzt wird. So wie bei einer Reihe von anderen Stoffen kann man davon ausgehen, dass nur der undissoziierte geloste Schwefelwasserstoff hemmend auf den anaeroben Abbau insbesondere auf die acetoclastischen Methanbakterien wirkt. Das durch die Sulfatreduktion entstehende Sulfid liegt in einem Reaktor in drei Formen vor: • als Schwefelwasserstoff im Gas (H2S)
70
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
• als geloster Schwefelwasserstoff in der Fliissigkeit (H2S), d.h. undissoziiert und hemmend • in dissoziierter geloster Form (HS , S )(Kroiss 1986) Das chemische Gleichgewicht zwischen der undissoziierten und dissoziierten Form =HS" + H^
H2S
ist vom pH-Wert abhangig. Abbildung 3-5 zeigt die deutliche Abhangigkeit des toxischen H2S--Anteils in dem fiir die Anaerobtechnologie typischen pH-Bereich zwischen pH 6,0 und 8,0. Bei pH 6,0 liegen tiber 90 % des Gesamtsulfides als H2S vor, bei pH 8,0 weniger als 10%. Dies bedeutet, dass mit sinkendem pH-Wert und der damit verbundenen Verschiebung des H2S-Anteils am Gesamtsulfidgehalt in Richtung undissoziierten H2S-Anteils die Hemmung, zunimmt. (Kroiss 1986). Es ist aus den bisherigen Erfahrungen anzunehmen, dass eine toxische Wirkung nicht zu erwarten ist, weil vorher auch die Sulfatreduktion selbst durch Schwefelwasserstoff gehemmt wird (Produkthemmung). 7* HS* 0
•/• HjS
uu 90
10
80
20
70
30
60
40
50
50
40
60
30
70
20
80
10
90 ^00 «p6;i 6>
S.8
S,8
7,0
7.2
7>
7,6 7,8 8p
9,0
Abb. 3-5. HS" - H2S-Gleichgewicht in Abhangigkeit vom pH-Wert (Kroiss 1986). AuBer durch einer Verschiebung des pH-Werts kann auch durch eine Anhebung der Prozesstemperatur bis in thermophilen Bereich (55 °C) eine
3.5 Einfluss hemmender und toxischer Stoffe
71
Verringerung der HiS-Hemmung angestrebt werden (Hulshoff et al. 1998), (Rintala u. Lepisto 1998). Da mit steigender Temperatur die Loslichkeit von Schwefelwasserstoff im Wasser abnimmt, kann somit die Konzentration an gelosten H2S im Reaktor gesenkt werden. Neben den Vorteilen miissten allerdings auch die Nachteile einer hoheren Prozesstemperatur (wie z. B. Prozessinstabilitat und Korrosion) bei jedem einzelnen Anwendungsfall berlicksichtigt werden. Einerseits bewirkt die Sulfatreduktion also eine Verminderung des Methanbildungspotentials, weil ein Teil des abbaubaren CSB im Abwasser fur die Schwefelwasserstoffbildung verwendet wird, andererseits kann der entstehende Schwefelwasserstoff auch die Aktivitat der Methanbakterien hemmen. Solange die Konzentration an undissoziiertem gelostem Schwefelwasserstoff keine Hemmung hervorruft, kann die Sulfatreduktion auch positive Wirkungen fiir den Abbauprozess haben. Einerseits wird, wie die Reaktionsgleichung zeigt, bei der Sulfatreduktion ein OH^-Ion frei, was zu einer pH-Anhebung fiihrt. Andererseits bewirken die Sulfatreduzenten einen besonders niedrigen H2-Partialdmck im Reaktor, was die Methanbildung (insbesondere den acetogenen Propionsaureabbau) begtinstigt. So konnten beispielsweise Speecs und Parkin () nachweisen, dass ein Fehlen von Sulfat und damit Sulfatreduzenten die Methanbildung negativ beeinflusst. Fiir die Praxis ist es wichtig zu wissen, welcher Gehalt an Schwefelverbindungen im Zufluss zum Anaerobreaktor zu einer Hemmung der Methanbildung durch Schwefelwasserstoff ftihren kann bzw. welche H2SKonzentration in der Fltissig- bzw. Gasphase maximal zulassig ist, so dass keine hemmende Wirkung auf die Methanbakterien zu befiirchten ist. Eine Hemmung der Methanbakterien fiihrt meist dazu, dass sich organische Sauren im Reaktor anreichem. Dies wiederum bewirkt einerseits einen Abfall des pH-Wertes andererseits einen Ruckgang der Gasproduktion. Ein Abfall des pH-Wertes verursacht eine Verschiebung des Gleichgewichtes in Richtung steigenden Anteils undissoziierten Schwefelwasserstoffs, was die Hemmung der Methanproduktion verstarkt. Zufolge des geringeren Gasanfalles steigt gleichzeitig der Anteil an Schwefelwasserstoff im Gas, der nach dem Henry'schen Gesetz (Gasgleichgewicht) einen weiteren Anstieg des undissoziierten H2S im Wasser bewirkt. Daraus kann man schlieBen, dass mit einer beginnenden Hemmung der Methanbakterien ein sich selbst verstarkender Prozess der Hemmung in Gang gesetzt wird, der sehr rasch zu einer totalen Hemmung der Methanbildung aus Essigsaure fiihren kann. Laborversuche von Kroiss (1986) und Wabnegg haben den in Abbildung 3-6 dargestellten Zusammenhang zwischen der Konzentration an undissoziiertem H2S und der Hemmung der maximalen Aktivitat der aceto-
72
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
clastischen Methanbakterien ergeben, der auch in der Praxis bisher immer wieder bestatigt werden konnte. Ab einer H2S-Konzentration von etwa 30 mg/1 (entspricht etwa 1-2 % H2S im Faulgas) muss bei mesophilen Bedingungen mit beginnender Hemmung gerechnet werden. Ab etwa 10 % H2S im Faulgas kommt die Methanbildung aus Essigsaure praktisch vollstandig zum Erliegen. Ab etwa 50 % Hemmung wird es extrem schwierig eine stabile Methanfaulung zu erhalten, well die maximale Wachstumsrate in die Nahe der Sterberate und der minimalen Auswaschrate liber den Schwebstoffgehalt des Ablaufes gelangt und damit keine Anreicherung von acetoclastischen Methanbakterien mehr moglich ist.
Vo Hemmung 100
200 mg/l undiss. H^S Abb. 3-6. Hemmung der maximalen Methanbildungsrate aus Essigsaure in Abhangigkeit der Konzentration an gelostem undissoziiertem Schwefelwasserstoff in der umgebenden Fliissigkeit (Kroiss 1986) Nach Kroiss (1986) besteht ein Zusammenhang zwischen der H2S Konzentration im Gas in Abhangigkeit des Verhaltnisses von abbaubarem CSB zu reduzierbarem Schwefel (CSBred/Sred)? auf das sich auch noch der pHWert im Reaktor und die CSB-Konzentration des zuflieBenden Abwassers auswirken. Abbildung 3-7 zeigt die H2S-Konzentration in der Gas- bzw. Fltissigphase in % in Abhangigkeit vom Verhaltnis CSBj-ed/Sred unter Berticksichtigung verschiedener pH-Werte. Es wird deutlich, dass der Einfluss des pH-Wertes auf die Hemmwirkung mit abnehmendem CSBred/SredVerhaltnis zunimmt.
3.5 Einfluss hemmender und toxischer Stoffe
%H2S im Gas
73
mgH; 5/1 300 200 100
30% CO 2 T 38' C CSBred lOg/l
CSBnoH / S^red
Abb. 3-7. H2S-Konzentration in der Gas- bzw. Flussigphase in Abhangigkeit vom CSBred/Sred-Verhaltnis bei verschiedenen pH-Werten (Kroiss 1986) Abbildung 3-8 zeigt den gleichen Zusammenhang aber in Abhangigkeit der Zulaufkonzentration. Es zeigt sich, dass mit steigender Zulaufkonzentration die Gefahr der Hemmung durch Schwefelwasserstoff umso starker zunimmt, je kleiner das CSBred/Sred-Verhaltnis ist. In den Abbildungen 3-7 und 3-8 sind drei Bereiche unterschiedlich hinterlegt. Bis etwa 2 % H2S im Faulgas liegt die Hemmung im Bereich der Messgenauigkeit, ab etwa 4 % H2S im Faulgas kann die Methanbildung aus Essigsaure und damit ein stabiler anaerober Abbau nicht mehr gesichert aufrechterhalten werden. Dazwischen liegt jener Bereich in man z.B. durch Beriicksichtigung des gehemmten Wachstums der acetoclastischen Methanbakterien noch einen stabilen Faulprozess erreichen kann.
%H2S im Gas 300
CO2 30 % pH ZO T 38^ A: 10g/l CSB B: i g/l CSB C: 2 g/l CSB
C^Bred / Sp^d
Abb. 3-8. H2S-Konzentration in der Gas- bzw. Flussigphase in Abhangigkeit iinterschiedHcher CSB-Zuflufikonzentrationen (Kroiss 1986)
74
3 Einflussfaktoren aiif die anaeroben biologischen Abbauvorgange
Eine Beseitigung der Hemmung durch Schwefelwasserstoff kann man prinzipiell dadurch erzielen, dass man das Faulgas im Gasraum des Reaktors liber eine H2S -Wasche im Kreislauf ftihrt und damit den H2S- Partialdruck in der Gasphase und damit auch die H2S-Konzentration im Reaktor verringert. Dies ist jedoch technisch nicht ganz einfach und ftihrt zu zusatzlichen Kosten. Neben chemischen Verfahren wie der Clauss-Prozess und die Aminwascher zur Faulgasentschwefelung, kommen heutzutage in der Praxis auch biologische Prozesse immer mehr in Anwendung. Dabei wird der geloste Schwefelwasserstoff nur bis zum Elementarschwefel biologisch oxidiert und in einer nachfolgenden Sedimentationsstufe vom behandelten Abwasserstrom getrennt. Fiir die Praxis empfiehlt Kroiss (1986) folgende Abschatzung: •
CSBred/Sred > 100
Kcinc Probleme durch H2S zu erwarten.
•
15 < CSBred/Sred < 100 Auacrobc Behandlung moglich, aber H2SProbleme mtissen beriicksichtigt werden.
•
CSBred/Sred < 15
Mcthauproduktion nur mit speziell angepassten Verfahren moglich.
Zahlreiche Literaturangaben deuten daraufhin, dass das AusmaB der Sulfidhemmung allerdings auch von vielen anderen Faktoren, u. a. von Substrat, Schlammart (z.B. suspendierte Biomasse, Pellets, etc.) und Reaktortyp, bedingt ist. Ein Vergleich der einzelnen Forschungsergebnisse ist aus diesem Grund oft nicht einfach. Visser (1995) fand in seiner Literaturstudie, dass fiir suspendierte Biomasse eine 50 %ige Hemmung der Methanbildung aus verschiedenen Substraten in einem Konzentrationsbereich zwischen 100 und 130 mg H2Sundiss./l auftrat. Andere Literaturstudien (Weijma 2000), (Colleran et al. 1995) berichten weiter, dass die hemmende Konzentration fur die mesophilen Methanbakterien zwischen 50 und 400 mg H2Sundiss/I schwankt. Der beste Betriebsparameter zur Uberwachung der H2S-Toxizitat ist der H2S-Gehalt des Gases. Treten erhohte Werte (z.B. > 3 %) auf, ist unverztigliches Eingreifen erforderlich. Folgende MaBnahmen sind geeignet: • • • •
Erhohung des pH-Wertes im Reaktor. Zugabe von Eisensalzen (FeCls) zur H2S-Fallung als Eisensulfid. Riicknahme der Raumbelastung zur Steigerung der CSB-Abbauleistung. Verdtinnung mit sulfatfreiem beziehungsweise sulfatarmem Wasser oder Abwasser. (Kroiss 1986)
Ist bereits bei der Planung einer Anaerobanlage bekannt, dass erhohte Zulaufkonzentrationen an Schwefelverbindungen zu erwarten sind, kann die
3.5 Einfluss hemmender und toxischer Stoffe
75
Wahl einer zweistufigen Verfahrensfuhrung vorteilhaft sein. Allerdings muss davor gewamt werden, solche Konzepte ohne entsprechende Modellrechnungen (Svardal 1991). und ohne entsprechende Pilotversuche mit dem Originalabwasser in die Praxis umzusetzen. Nach umfangreichen Untersuchungen uber die Versauerungsstufe bei der Abwasserreinigung einer Zitronensaurefabrik (Moser 2002) ist es nicht gesichert, dass im Versauerungs- und Ausgleichsbehalter (1. Stufe) iiberhaupt eine stabile Sulfatreduktion auftritt. Eine verstarkte Schwefelwasserstoffbildung bereitet nicht nur beim Reaktorbetrieb, sondem auch bei einer Verbrennung des Faulgases Probleme. Durch den erhohten H2S-Anteil entsteht bei der Verbrennung Schwefeldioxid (SO2) und damit eine erhebliche Belastung der Luft. Nicht nur aus diesem Grunde, sondem auch aus Griinden des Korrosionsschutzes (H2S wirkt stark korrosiv) ist zumeist eine entsprechende Faulgasreinigung erforderhch (siehe Kapitel 8). 3.5.4 Organische Sauren Organische Sauren gelangen entweder mit dem Substrat direkt in den Anaerobreaktor oder werden erst durch die Abbauprozesse im Reaktor selbst gebildet. Bei einem stabil verlaufenden Faulprozess halt sich das Saureangebot und der Saureabbau durch die Methanbakterien das Gleichgewicht und die Konzentration an organischen Sauren ist gering (< 200 mg/1). Wenn die maximale Methanbildungskapazitat deutlich iiber dem Saureangebot liegt, wird sie durch Substratmangel reduziert (Monodfunktion). tjbersteigt die Saurebildung die maximale Abbaukapazitat durch Methanbildung, kommt es zu einem Anstieg der Konzentration an fltichtigen organischen Sauren, die wiedemm hemmend auf den Stoffwechsel der Essigsaure abbauenden Methanbakterien wirken konnen/2.5/. Ahnlich wie beim Schwefelwasserstoff geht man heute davon aus, dass die Hemmung von der Konzentration des undissoziierten Anteils abhangig ist. Die allgemeine Gleichgewichtsbedingung zwischen der undissoziierten und der dissoziierten Form lautet: R - COOH ^ = =
R - COO " + H^
Der prozentuale Anteil der undissoziierten Sauren an den Gesamtsauren ist stark vom pH-Wert abhangig und von Kroiss (1986) am Beispiel von Essigsaure, Propionsaure und Buttersaure im pH-Bereich von 6 bis 8 aufgetragen worden.
76
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange % yndiss. S l u m 10.0
% diss. Saur^
0,01
6,0
6,5
7,0
7,5
8,0
pH W t f t
Abb. 3-9. Prozentualer Anteil der undissoziierten Sauren an den Gesamtsauren in Abhangigkeit vom pH-Wert (Kroiss 1986) Weiterhin hat Kroiss anhand von Messwerten von Duarte und Anderson (1983) das in Abbildung 3-10 dargestellte Diagramm berechnet, indem verschiedene Hemmungswerte in Abhangigkeit vom pH-Wert und der Gesamtessigsaurekonzentration (Ergebnis der Essigsaureanalyse) dargestellt sind. Es zeigt sich, dass mit zunehmender Essigsaurekonzentration im Anaerobreaktor die Hemmung steigt. Um dem entgegen zu wirken, sollte daher ein mogHchst weitgehender CSB-Abbau erfolgen, weil sonst die hohe Restkonzentration an organischen Sauren eine Hemmung der Methanbildung bewirken kann. Besondere Bedeutung gewinnt dies im Zusammenhang mit der anaeroben Behandlung hochkonzentrierter, leicht versauerbarer Abwasser, da hier die Gefahr einer Obersauerung und damit einer Hemmung der Methanbildung stark ansteigt. Gleichzeitig ist zu berucksichtigen, dass die Anhaufung fliichtiger organischer Sauren zumeist ein Absinken des pH-Wertes bewirkt, so dass der Hemmeffekt zusatzlich verstarkt wird (siehe Kapitel 3.2). Als Moglichkeiten einer bereits vorhandenen oder sich anktindigenden Hemmung der Methanbildung durch erhohte Saurekonzentrationen entgegen zu wirken, schlagt Kroiss (1986) folgende MaBnahmen vor: • Rticknahme der CSB-Belastung (Saurebelastung) des Reaktors. • Anhebung des pH-Wertes durch Zugabe von Neutralisationsmittel (Ca(0H)2, NasCOs, NaOH). Eine Hemmung der acetoclastischen Methanbakterien geht praktisch immer mit einem raschen Anstieg der Propionsaurekonzentration einher. Untersuchungen (Kroiss) haben den in Abbildung 3-11 dargestellten Zusam-
3.5 Einfluss hemmender und toxischer Stoffe
77
menhang zwischen der undissoziierten Propionsaurekonzentration und der Hemmung der maximalen acetoclastischen Methanbildung ergeben. mg/L Essigsaure 6000 Hemmung 507o / 5000 Hemmung 10 V o / AOOO
/ /
3000 2000 1000 7,5 pH-Wert Abb. 3-10. Hemmung der Methanbildung in Abhangigkeit vom pH-Wert und der Essigsaurekonzentration (Kroiss 1986)
7« Hemmung 100
20 mg/L Propfonsaure Abb. 3-11. Prozentuale Hemmung der Methanbildung aus Essigsaure in Abhangigkeit der Konzentration an undissoziierter Propionsaure Man sieht, das die Hemmung bereits bei sehr geringen Konzentrationen (ca. 3 mg/1) beginnt und bei etwa 5 mg/1 50 % erreicht. Bei einem pH-Wert von z.B. 6,5 ware also nach Diagramm 3-9 bereits eine Propionsaurekonzentration von ca. 150 mg/1 hochst alarmierend. Eine solche Konzentration kann bei hoher konzentrierten Abvv^assem sehr rasch auftreten, wenn eine Stoning (Uberlastung, Hemmung) den Abbau begrenzt. Bei der Essigsaure
78
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
wtirde erste eine Konzentration von ca. 1.000 mg/1 den gleichen Hemmeffekt verursachen. Der Abbau der Buttersaure ist gegeniiber Propion- und Essigsaure wesentlich stabiler, sodass Hemmungen durch Buttersaure in der Praxis kaum zu erwarten sind. Es muss angenommen werden, dass auch die hoheren organischen Sauren auch Hemmungen hervorrufen konnen, aber praktisch nur, wenn sie bereits im Abwasser in hohen Konzentrationen vorliegen. Nitrat- und Ammoniumstickstoff Bei kommunalen Klaranlagen mit geringer Schlammbelastung und mangelhafter Denitrifikation konnen auch hohe Nitratgehalte in den Uberschussschlammen oder den Mischschlammen aus dem Vorklarbeckentrichter auftreten. Werden solche Schlamme gemeinsam eingedickt, kommt es dabei zu einer weitgehenden Denitrifikation, wobei der Primarschlamm als Denitrifikationssubstrat dient. Anders Hegt die Gefahrdung wenn ein Industrieabwasser mit hohen Konzentrationen an oxidierten N-Verbindungen (Nitrat, Nitrit) anaerob gereinigt werden soil. Erstens ftihrt die Denitrifikation zu einem entsprechenden Verlust an Methanbildungskapazitat, weil der organische Kohlenstoff als Denitrifikationssubstrat abgebaut wird und zweitens fuhren die oxidierten Verbindungen zu einer Anhebung des Redoxpotentials, die den Methanbildungsprozess hemmen kann. Im Gegensatz zum einstufigen Betrieb ist bei einer zweistufigen Betriebsfuhrung eine Hemmung der Methanbildung kaum zu beflirchten, da geringe Mengen gebundenen Sauerstoffs direkt in der ersten Stufe verbraucht werden und somit die Methanstufe nicht negativ beeinflussen konnen. Eine Hemmung der hydrolysierenden bzw. versauemden Bakterien ist nicht anzunehmen. Industrieabwasser, die aufgrund der Produktionsprozesse hohe Ammoniumkonzentrationen aufweisen, konnen erhebliche Toxizitatsprobleme bei einer anaeroben Behandlung verursachen. Auch beim Ammonium bestimmt vomehmlich der undissoziierte Anteil, also Ammoniak (NH3), das MaB der Hemmung. Das chemische Gleichgewicht NH4'^
: ^ ^
NH3 + H^
ist ahnlich wie beim Schwefelwasserstoff und bei den organischen Sauren stark vom pH-Wert abhangig. Abbildung 3-12 verdeutlicht diesen Zusammenhang (Kroiss 1986). Allerdings fuhrt hier eine Abnahme des pHWertes zu einer Verringerung des undissoziierten Anteils und damit zu der Hemmwirkung ftir die acetoclastischen Methanbakterien. Bei vielen Faulprozessen wirkt Ammonium als pH-stabilisierender Faktor, so z.B. bei der Schlammfaulung, wo durch den Abbau der organischen Feststoffe, der gebundene Stickstoff als Ammonium frei gesetzt wird.
3.5 Einfluss hemmender und toxischer Stoffe
79
Auch bei Industrieabwassem werden oft organische N-Verbindungen bei der Hydrolyse (im Versauerungsreaktor) zu Ammonium umgesetzt. Das kann dazu ftihren, dass mit steigendem Versauerungsgrad der pH-Wert steigt statt fallt (Moser 2002). Im Methanreaktor kann dann Ammonium den pH-Wert im schwach alkalischen Bereich stabilisieren, was zur Vermeidung von Hemmung durch organische Sauren und Schwefelwasserstoff sehr vorteilhaft ist. Kroiss (1986) hat aus eigenen Untersuchungen und vergleichend aus Angaben von Koster und Lettinga (1983) zulassige Werte berechnet und dargestellt (Abbildung 3-13).
%
yndlis NH| 10 5
90,0 y.;,.-.,v,-,x.v,v.w,vm>r.T,v,,
19,0
1.0 0,B|
tp
o,os 0.01
6,0
mm
7.0
S,0 p M - W e r t
Abb. 3-12. Abhangigkeit des NH4*-NH3-Gleichgwichtes vom pH-Wert (Kroiss 1986)
m§HHi,~Hfi 6000 5000 H lyrnehmerttJt Hemmung
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Abb. 3-13. Zulassige NH4-N-Konzentration in Abhangigkeit vom pH-Wert und unterschiedlichen Temperaturen im Reaktor (iCroiss 1986)
80
3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
Die hemmungsrelevante Konzentration an Ammoniak (NH3), nimmt wegen der damit einhergehenden pH-Wert-Anhebung, mit steigender Ammoniumkonzentration tiberproportional zu. Wenn die NH3- Konzentration die Hemmschwelle iiberschreitet, fiihrt die Hemmung der Essigsaure abbauenden Methanbakterien zu einer Zunahme der Konzentration an organischen Sauren. Diese bewirkt eine pH-Wert-Absenkung. Als Folge verringert sich die Hemmwirkung von Ammonium und die Saurekonzentration kann wieder vermehrt abgebaut werden. Eine Hemmung durch Ammonium kann also in gewissen Grenzen toleriert werden, weil sie keinen sich selbst verstarkenden Hemmungsprozess in Gang setzt. Allerdings wird der Abbauwirkungsgrad verschlechtert und die Geruchsintensitat des Ablaufes kann stark zunehmen. Fiir eine aerobe Nachreinigung kann diese Belastung zu Problemen ftihren, wenn der Effekt bei der Planung nicht beriicksichtigt wurde. Eine hohere Restkonzentration an organischen Sauren im Ablauf fiihrt auch zu vermehrter Gasproduktion in den Schlammabscheideeinrichtungen. Dabei entstehen Gasblasen an den Schlammteilchen, die sich dann erheblich schlechter vom gereinigten Abwasser trennen lassen und unter Umstanden zu hohe Verluste an Biomasse fiir den Anaerobprozess bewirken. Je hoher die Zulaufkonzentrationen werden, desto mehr hangt die Stabilitat des anaeroben Reinigungsprozesses davon ab, dass die Restkonzentration an abbaubaren organischen Verbindung im Ablauf gering bleibt, die Bakterien also alle substratlimitiert arbeiten. Damit kann man die Sicherheit gegentiber Kippvorgangen des Faulprozesses (Substrathemmung) zufolge von Belastungsschwankungen und leichten Hemmwirkungen erhohen. Bei diinnen Abwassem (< 3.000 mg/1 CSB) ist die Gefahr in den Bereich massiver Substrathemmung zu kommen auch bei mangelhaftem Wirkungsgrad des Abbaues geringer. 3.5.5 Schwermetalle Industrielle und gewerbliche Abwasser konnen je nach Herkunft mehr oder weniger mit Schwermetallen belastet sein. Bei der mechanischen und biologischen Reinigung derartiger Abwasser kommt es im allgemeinen zu einer Anreicherung der Schwermetalle im Schlamm, so dass z.B. die anschlieBende, anaerobe Stabihsierung zumindest teilweise gehemmt werden kann. Wie viele andere Stoffe wirken Schwermetalle nicht gmndsatzlich toxisch, sondem konnen auch in geringen Konzentrationen als wichtige Nahrstoffe stimulierend auf die Mikroorganismenaktivitat einwirken (siehe
3.5 Einfluss hemmender und toxischer Stoffe
81
Kapitel 3.5). Die Grenzen von einer Stimulation iiber ein gewisses MaB der Hemmung bis zur eigentlichen Toxizitat sind flieBend und je nach Metallart und -konzentration, sovv^ie den chemischen und physikalischen Milieubedingungen stark differierend. Ftir den praktischen Betrieb relevante Schwermetalle sind zum Beispiel Kupfer; (Cu), Nickel (Ni), Chrom (Cr), Quecksilber (Hg), Cadmium (Cd), Blei (Pb) und Zink (Zn). Die Storung des Anaerobprozesses durch iiberhohte Metallkonzentrationen auBert sich durch einen Ruckgang der Gasproduktion. Mit der Inaktivierung beziehungsweise Vergiftung der methanbildenden Bakterien geht ein Anstieg der Konzentration an fltichtigen organischen Sauren einher, was wiederum zu einer pH-Wert-Absenkung flihrt. Hierdurch wird die Mobilitat der Schwermetalle zusatzlich verstarkt. In diesem Zusammenhang ist der Prozess der Schwermetall-Sulfidfallung von Bedeutung, da dies auch eine Eingriffsmoglichkeit bei durch Schwermetalle gehemmten Biozonosen darstellt. Sind beispielsweise durch den Zufluss oder durch gezielte Zugabe gentigend hohe Sulfat- oder Sulfitkonzentrationen im Anaerobreaktor gegeben, so bilden z.B. die Metalle Zn, Ni, Pb, Cd und Cu schwer losliche Metallsulfide, die keinen toxischen Einfluss ausiiben. In der Praxis konnen also durch gezielte Zudosierung von Sulfat in den Zufluss zum Reaktor hemmend oder toxisch wirkende Metalle durch Sulfidfallung fur den Prozess unschadlich gemacht werden (Kroiss 1986), (Plahl-Wabnegg u. Kroiss 1984). Nur Chrom wird durch Sulfid nicht gefallt, ist also gesondert zu beachten. Dies kann auch bei anderen Metallen der Fall sein, wenn sie in sehr stabilen Komplexen vorliegen. Angaben in der Literatur iiber schadliche Konzentrationen verschiedener Metalle auf den Anaerobprozess sind sehr unterschiedlich. Eine Vielzahl von Untersuchungen befasst sich vomehmlich mit der Schadwirkung von Kupfer, Zink, Chrom und Nickel. In Tabelle 3-2 sind die Angaben verschiedener Autoren, unter MaBgabe unterschiedlicher Schadlichkeitsbereiche, zusammengefasst. Es ist zu beriicksichtigen, dass den Werten von Konzeli-Katsiri und Kartsonas (1986) zum Teil die Ergebnisse von Scherber und Steiner (1982) zugrunde liegen.
82
3 Einflussfaktoren aiif die anaeroben biologischen AbbauvorgarLge
Tabelle 3-2. Schadwirkimg von Schwermetallen Angaben verschiedener Autoren in mg/1 | Schwerme- Kohler 1966 Scherberu. Steiner 1982 Konzeli-Katsiri u. ICartsona, 1986 | talle Hemmung Toxizitat Hemmung Toxizitat Hemmung Toxizitat 150-250 40-250 kupfer 170-300 40-250 300 170-300 (Cu) Cadmium 20-600 150-600 (Cd) rd. 150 250-400 150-400 kink (Zn) 250-600 250 250 - 600 10-300 iNickel 100-300 10-300 30-1000 500 130-500 (Ni) 340 300-340 Blei (Pb) 340 340 100-300 200-500 120-300 Chromlll 120"- 300 500 260-500 (Cr) ChromVI rd. 100 200 100- 110 200-420 100-110 200-220
l(Cr) 3.5.6 Sonstige Hemmstoffe Neben den bereits aufgefuhrten Substanzen und Stoffgruppen gibt es eine Reihe von Giftstoffen, die schon in sehr geringen Konzentrationen hemmend beziehungsweise toxisch auf die Methanbildung wirken. Zu diesen Stoffen zahlen beispielsweise chlorierte Kohlenwasserstoffe, Cyanide, Desinfektionsmittel (Chlor-, Phenolverbindungen.) und Biozide (Kuhlkreislaufe). Ihre Konzentration in rein kommunalen Klarschlammen ist zumeist so gering, dass ein negativer Einfluss auf die anaerobe Stabilisierung der Schlamme nicht zu beflirchten ist. Bei der Industrieabwasserreinigung empfiehlt es sich immer alle Stoffe, die in das Untemehmen gelangen (Einkauf) hinsichtlich ihres Verbleibes in den Stoffstromen, die das Untemehmen verlassen (Produkt, Wasser, Luft, Abfall) zu tiberpriifen. Industrielle Abwasser hingegen konnen also durchaus hemmende und toxische Konzentrationen von derartigen Einzelstoffen enthalten. In der Praxis ist in diesen Fallen, da haufig auch eine aerobe Behandlung so belasteter Abwasser nicht moglich ist, in erster Linie eine Vermeidungsstrategie, d.h. die Unterbindung der Zusammenfiihrung hoch toxischer Stoffe mit dem Abwasserstrom, zu verfolgen. Insgesamt kann festgestellt werden, dass erst nach Uberschreiten bestimmter Konzentrationen Hemm- und Toxizitatswirkungen auftreten. So sind einige Stoffe in geringen Konzentrationen fiir das Wachstum von Mikroorganismen essentiell, wahrend sie in hoheren Konzentrationen als Giftstoff wirken konnen. Mit der Einzelstoffbetrachtung kann man eine
3.6 Spurenelemente
83
negative Synergiewirkung von mehreren Stoffen nicht ausschlieBen, aber sie stellt in den meisten Fallen ein sehr gutes Screeningverfahren dar. Ungeachtet solcher Einzelstoffbeurteilungen sind bei sehr vielen Abwassem grundliche Voruntersuchungen (Kroiss Handbuch) angeraten bevor eine Anlagenplanung abgeschlossen wird und bevor eine GroBanlage in Betrieb geht. Mit zunehmender Betriebserfahrung von GroBanlagen in vielen verschiedenen Brachen wird der Aufwand fiir die Voruntersuchungen zwar geringer werden, aber haufig kann das Risiko von Betriebsproblemen durch gute Voruntersuchungen erheblich vermindert und damit hohe finanziell Risken und Kosten vermieden werden.
3,6 Spurenelemente Spurenelemente sind Nahrstoffe, die in Spuren wirken und fur den normalen Ablauf von Lebensvorgangen unentbehrlich sind. Ein Mangel an Spurenelementen ftihrt zu einer Limitiemng des Wachstums der fur den Abbau erforderlichen Bakterien. Das kann dazu fiihren, dass die Ausschwemmrate deutlich tiber der eingeschrankten Wachstumsrate der Bakterien liegt, womit eine stabiler Abbau nicht mehr moglich ist. Einige der Spurenelemente sind in zu hohen Konzentrationen wiederum hemmend oder toxisch (z.B. Schwermetalle). Zu den wichtigsten Spurenelementen fiir anaerobe Prozesse zahlen Chrom, Mangan, Eisen, Kobalt, Kupfer, Zink, Selen, Molybdan, Jod, Nickel, Arsen und Fluor. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass alle Elemente, die zum Aufbau der Zellsubstanz benotigt werden, in verwertbaren Verbindungen den Organismen zur Verfugung stehen mtissen. Neben den Spurenelementen sind auch Stickstoff, Schwefel, Phosphor, Kalium, Calcium und Magnesium von Bedeutung. Wahrend diese Substanzen in kommunalen Abwassern und Schlammen im Allgemeinen in ausreichenden Mengen vorhanden sind, kann es bei Industrieabwassem vorkommen, dass fiir eine anaerobe Behandlung essentielle Einzelstoffe fehlen, und daher eine Zudosierung erforderhch wird. Wie der Name Spurenelemente bereits aussagt, sind diese Stoffe nur in geringen Konzentrationen erforderlich. Sahm (1981) hat zu einigen wichtigen Elementen die erforderlichen Konzentrationen angegeben, wie sie fiir einen optimalen anaeroben Abbau benotigt werden. Die Angaben von Sahm (1981) sind in Tabelle 3-3 in Molaritat angegeben und in die Dimension (mg/1) umgerechnet worden.
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3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
Tabelle 3-3. Erforderliche Konzentrationen einiger Spurenelemente ftlr einen optimalen anaeroben Abbau (nach Sahm 1981) Element
kobalt iMolybdan iNickel Selen Chrom Mangan Blei
Konzentrationen nach Sahm (1981) in mol MO-"^ 5-10-^ MO-'^ I'lQ-^ 10-^-1-10-^ 10-^-1-10-^ lO'^-MO'^
| Umgerechnet in mg/1 0,06 0,05 0,006 0,008 0,005-50 0,005-50 0,02-200
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3.6 Spurenelemente
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3 Einflussfaktoren auf die anaeroben biologischen Abbauvorgange
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
4.1 Klarschlammmengen und -beschaffenheit Bei praktisch alien kommunalen sowie industriellen Abwasserreinigungsprozessen bleiben die aus den Abwassem entfemten Inhaltsstoffe (mit wenigen Ausnahmen wie z.B. Stickstoff) quantitativ als Reststoffe der Reinigungsprozesse zuriick. tJblicher Weise wird unterschieden zwischen • Rechen-, Sandfang- und Siebgut, • Ole und Fette, • Klarschlamme. Demzufolge ist dieser Klarschlamm die gewollte Senke der im Abwasser enthaltenen Inhaltsstoffe. Daher gilt es, ftir die sachgerechte Auseinandersetzung mit den Aufgaben der Klarschlammbehandlung, moglichst zuverlassige Daten tiber die Klarschlammmengen und -beschaffenheiten zugrunde zu legen. Prinzipiell gilt, dass kein Klarschlamm dem anderen gleicht, auch wenn die sonstigen Rahmen- und Randbedingungen der Abwasserreinigung (gewahltes Verfahren, Struktur des Entsorgungsgebietes, Entwasserungsverfahren etc.) identisch scheinen. Aus dieser Sicht sind nachfolgend genannte Werte als Anhalt ftir den Fall zu sehen, dass konkrete Messergebnisse nicht oder noch nicht vorliegen. In DIN 4045 (1985) werden die Schlammarten, wie sie in Abhangigkeit vom Abwasserreinigungsprozess entstehen, definiert. Ein Uberblick gibt das VerfahrensflieBbild in Abb. 4.1-1. Im Folgenden wird die Menge, Art und Beschaffenheit der einzelnen Schlammstrome erlautert und auf deren Charakterisierung sowie auf die Moglichkeiten zur Behandlung eingegangen.
88
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
mechanische Reinigung
Vorklarung
Faulung
biologische Reinigung Nachklarung
Flockung
Fallung und Flockung
Entwasserung (z.B. Zentrifuge)
Abb. 4.1-1. Reststoffanfall auf einer Klaranlage in Abhangigkeit der Prozessstufen
4.1.1 Primarschlamm GemaB DIN 4045 (1985) entsteht Primarschlamm in der mechanischen Stufe einer Abwasserbehandlung. Primarschlamm ist somit ein Resultat der eingesetzten physikalischen Verfahren zur Abtrennung absetzbarer Stoffe aus dem Abwasser. Kommunaler Primarschlamm weist eine unterschiedliche, von grauschwarz iiber graubraun bis gelb variierende, Farbe auf. Er enthalt leicht erkennbare Bestandteile wie Kot, Gemtise, Obstreste, Papier, Korken, Toilettenpapier etc. und geht nach Entnahme aus dem System ohne weitere Behandlung schnell in stinkende Faulnis iiber. Die Beschaffenheit des Primarschlammes hangt in erster Linie von der Art der mechanischen Reinigung und hier insbesondere von der Verweilzeit ab. Auch ftir heutige Verhaltnisse gelten immer noch die von Sierp (ATV 1996) aufgestellten Sedimentationskurven, die in Abb. 4.1-2 dargestellt sind. Wie aus dem FlieBbild Abb. 4.1-1 ersichtlich ist, werden oftmals in der mechanischen Abwasserreinigung zwei Sedimentationseinheiten (Sandfang und Vorklarbecken) hintereinander angeordnet. Da die Sedimentation komiger sowie flockiger Abwasserinhaltsstoffe neben dem spezifischen
4.1 Klarschlammmengen und-beschaffenheit
89
Gewicht der Partikel- und der Oberflachenstmktur von den FlieBverhaltnissen abhangig ist, ist leicht nachvollziehbar, dass ein sauberer Trennschnitt zwischen Sanden und Primarschlamm durch simple Sedimentationsbecken nicht zu vollziehen ist. 7. 100 90 BO 70
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Abb. 4.1-2. Wirkung der Absetzzeit auf stadtisches Rohabwasser (ATV 1996) Insofem gilt es, den Trennschnitt zwischen diesen beiden Sedimentationseinrichtungen infolge praktisch technischer tJberlegungen festzulegen. Sandfange werden angeordnet, um vor allem die nachfolgenden technischen Einrichtungen wie Behalter, Rohrleitungen, Pumpen, Gerinne, Kanale etc. vor den negativen abrasiven Auswirkungen zu schtitzen. Insofem gilt hier die alte Faustregel: Lieber etwas Schlamm im Sandy als Sand im Schlamm! 4.1.2 Sekundarschlamm In alien kommunalen sowie in der tiberwiegenden Mehrzahl industrieller Klaranlagen ist den Anlagen zur mechanischen Abwasserreinigung mindestens eine Stufe zur biologischen Abwasserreinigung (liberwiegend zur Entfemung geloster organischer Substanzen) nachgeschaltet. Bei diesen Prozessen entsteht, unabhangig vom gewahlten Verfahren (z.B. Belebungsverfahren, Biofilteranlagen etc.), aus der Lebenstatigkeit der am Reinigungsprozess beteiligten Mikroorganismen infolge ihres Baustoffwechsels neue Zellsubstanz, die zur Erhaltung des Gleichgewichtes der biologischen Abwasserreinigung kontinuierlich bzw. chargenweise entnommen wird. GemaB DIN 4045 (1985) wird dieser, in der biologischen
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4 Verfahrenstechniken zur Behandkmg von Klarschlamm
Stufe durch Zuwachs gebildete Schlamm, IJberschussschlamm genannt. In der Bundesrepublik Deutschland hat sich in den letzten 60 Jahren das Belebungsverfahren weitestgehend durchgesetzt. Uberschussschlamm dieser Anlagen ist sehr viel homogener als Primarschlamm. Er weist in aller Regel eine braunliche Farbung auf und geht nach Entnahme aus dem System noch schneller als Primarschlamm in stinkende Faulnis tiber. 4.1.3 Tertiarschlamm Durch den Einsatz von Fallmitteln konnen unterschiedliche Abwasserinhaltstoffe durch eine chemische Fallungsreaktion aus kommunalen und industriellen Abwassem entnommen werden. In der kommunalen Abwasserreinigung ist dies vor allem der Tertiarschlamm aus der Phosphatfallung (in aller Regel mit Eisen- oder Aluminiumsalzen, seltener auch mit Kalk). In der industriellen Abwasserreinigung sind durchaus auch rein physikalisch-chemische Anlagen vorzufinden. In diesem Fall wird oft von „Fallschlamm" gesprochen. Da Fallungsprozesse oftmals nicht in einer gesonderten, baulich getrennten Behandlungseinheit durchgeftihrt werden, sondem ggf. gemeinsam mit der Vorklarung oder biologischen Abwasserreinigung, fallen dann Tertiarschlamme nicht getrennt, sondem im Gemisch mit Primar- oder Sekundarschlamm an. Tertiarschlamme unterscheiden sich sachbedingt als rein chemische Fallungsschlamme in ihren Eigenschaften deutlich von Primar- und Sekundarschlammen. Farbe und Beschaffenheit hangen direkt mit der entsprechenden stofflichen Reaktion zusammen. Sofem sie getrennt anfallen, sind sie in aller Regel stabil und bewirken keine gemchsmaBige Belastigung. 4.1.4 Rohschlamm Als Rohschlamme bezeichnet man Primar-, Sekundar- und Tertiarschlamme in jeder beliebigen Mischung, die auf einer Klaranlage zur Behandlung anstehen. Hierbei ist es fur die Bezeichnung nicht wesentlich, ob die Schlamme bereits einer Schlammwasserabtrennung unterworfen wurden oder nicht. Rohschlamme sind demzufolge Schlamme vor der Stabilisiemng.
4.1 Klarschlammmengen und-beschaffenheit
91
4.1.5 Stabilisierte Schlamme, Faulschlamm Als stabilisierte Schlamme werden alle Schlamme bezeichnet, die im Zuge einer geordneten Schlammbehandlung, einem Stabilisiemngsverfahren, sei es biologisch oder chemisch, unterworfen wurden. Als Faulschlamm bezeichnet man Schlamme in oder aus einer Anlage zur anaeroben Schlammstabilisierung. Gut ausgefaulter Schlamm ist infolge der Bildung von FeS in aller Regel schwarz und riecht leicht erdig, teerartig. 4.1.6 Stoffbedingte Eigenschaften von Klarschlammen Klarschlamme werden durch physikalische, chemische und mikrobiologische Parameter charakterisiert. In der Tabelle 4.1-1 sind die wichtigsten Kennwerte und ihre Zuordnung zu den angewendeten Schlammbehandlungsverfahren dargestellt. Tabelle 4.1-1. Zuordnung wichtiger Kennwerte zu Schlammbehandlungsverfahren(Bahrs 1997) in
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
4.1,6,1 Bestimmung des Wassergehaltes und des TrockenriJckstandes Die Ermittlung des Trockenriickstandes geschieht durch mehrsttindiges Trocknen (erfahrungsgemaB > 24 h) einer gewonnenen Probe bei 105 °C bis zur Gewichtskonstanz (DIN 1985(2)). Der Trockennickstand bzw. Wassergehalt werden in Gewichtsprozent bezogen auf den Nassschlamm angegeben. Der Trockennickstand wird mit nachfolgender Gleichung ermittelt.
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mit: mtr: Masse der getrockneten Probe inkl. Tiegelgewicht HIT: Tiegelgewicht nif: Masse der feuchten Probe inkl. Tiegelgewicht
4.1.6.2 Gliihverlust und Gluhruckstand Mit dem Gliihverlust soil der Anteil organischer Substanz im Schlamm bestimmt werden. Der mineralische Anteil - Gluhruckstand GR - wird durch Gltihen der Trockensubstanz bei 550 °C nach DIN (1985(3)) erfasst. Der organische Anteil - Gliihverlust GV - ist die Differenz der gesamten Trockensubstanz und dem Gliihriickstand. Der Gliihverlust wird als der prozentuale Anteil der organischen Trockenmasse bezogen auf die gesamte Trockenmasse angegeben.
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mit: mtr: Masse der getrockneten Probe inkl. Tiegelgewicht mj: Tiegelgewicht mg: Masse der vergliihten Probe inkl. Tiegelgewicht Auch wenn nur ein Teil dieser organischen Substanz der Faulung zuganglich ist, stellt der organische Trockennickstand doch eine bessere KenngroBe zur Beurteilung eines Schlammes hinsichtlich der Belastung des Faulraumes dar, als der Trockenriickstand. Ferner ist mit dem Gliihverlust eine Beurteilung des Stabilisierungsgrades in der Faulung moglich.
4.1 Klarschlammmengen iind -beschaffenheit
93
4.1.6.3 pH-Wert Der pH-Wert von Schlammen aller Art sollte nur elektrometrisch mit einer Glaselektrode bestimmt werden. Die Messeinrichtung ist mit einwandfreier Pufferlosung regelmaBig zu kalibrieren. Nach Moglichkeit sollte eine frisch entnommene Probe unter Vermeidung von Luftzutritt und CO2Verlust gemessen werden. Die pH-Wert-Bestimmung mit Indikatorpapieren ist zu ungenau und wird daher nicht empfohlen (ATV 1996). Klarschlamme liegen meist im neutralen pH-Wert-Bereich. Der pH-Wert des Schlammes kann als Kontrollparameter bei der anaeroben Stabilisierung genutzt werden. 4.1.6.4 Saureverbrauch Der Saureverbrauch ist eine MaB fur die Pufferung des Schlammes gegen Sauren. Die Bestimmung dieser KenngroBe erfolgt in 100 ml des tiberstehenden bzw. filtrierten Schlammwassers, da suspendierte Carbonate die Bestimmung storen konnen. Verluste an CO2 durch hohe Turbulenzen beim Umfullen der Proben sind zu vermeiden. Angegeben wird der Verbrauch an Saure in mmol bis zum Erreichen eines pH-Wertes von 4,5 (Gesamtalkalinitat) (DIN 1996). Wahrend der Faulung steigt der Saureverbrauch durch die Zersetzung von EiweiBstoffen in u.a. HCO3 stark an. Durch den hohen Gehalt an HCOs-Puffer wird der pH-Wert stabilisiert. 4.1.6.5 Organische Sauren Die Bestimmung der niederen organischen Sauren erfolgt tiber eine Wasserdampfdestillation aus phosphorsauerer Losung und Titration des Destillats mit Natriumhydroxidlosung (DIN 1999) oder als Einzelbestimmung durch Gaschromatographie. Die organischen Sauren sind die Zwischenprodukte des anaeroben Abb aus und verbrauchen den HCO3-Puffer im Faulschlamm. Bei der weiteren Zersetzung der organischen Sauren wird dieser Puffer jedoch wieder zuriickgewonnen, so dass in Summe kaum Puffer verbraucht wird. Ist jedoch das Zusammenspiel der einzelnen Schritte des anaeroben Abbaus gestort, kann es zu einer Anreicherung von organischen Sauren und damit zur Unterbrechung des Abbauprozesses kommen. Die Konzentration von z.B. Essigsaure sollte 150 mg/1 (2,5 mmol/1) nicht tiberschreiten. Die Summe aller organischen Sauren sollte unterhalb von 5 mmol/1 liegen.
94
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
4.1.6.6 Spezifischer
Filtrationswiderstand
Der spezifische Filtrationswiderstand ist ein wichtiger Parameter zur Charakterisierung des Entwasserungsverhaltens von Schlammen insbesondere bei Filtrationsverfahren. Er ist ein MaB ftir die Fahigkeit, Wasser unter konstanten Druckverhaltnissen abzugeben. 4.1.6.7
Kompressibilitat
Die Kompressibilitat ist die Volumenanderung eines Stoffes unter Druckeinwirkungen. Bei Klarschlammen wird mit diesem Kennwert eine Aussage dariiber gemacht, wie stark der spezifische Filtrationswiderstand von den herrschenden Druckverhaltnissen abhangig ist. Je starker sich der spezifische Filtrationswiderstand bei Anderung des aufgegeben Druckes verandert, desto hoher ist die Kompressibilitat des untersuchten Klarschlammes. 4.1.6.8 Heizwert Der Heizwert von Schlammen wird auf kaloriemetrischem Wege ermittelt. Es handelt sich hier um die bei vollstandiger und vollkommener Verbrennung von 1 kg Brennstoff unter konstantem Druck nutzbare Warmemenge. Der auf die Trockensubstanz bezogene Heizwert von Klarschlammen hangt vom Gehalt der organischen Trockensubstanz ab, da nur dieser Teil der thermischen Umsetzung zuganglich ist. Der mittlere Heizwert von 100%-iger organischer Trockensubstanz betragt 23 MJ/kg. Angegeben wird meist der obere Heizwert HQ. Der untere Heizwert Hu beriicksichtigt den Energieverlust durch die Verdampfung des wahrend der Verbrennung von organischer Substanz chemisch gebildeten H2O. Der Heizwert ist dann ein relevanter Parameter, wenn der Schlamm (nach weitgehender Entwasserung) verbrannt werden soil. Tabelle 4.1-2 zeigt die Zuordnung der genannten Schlammkennwerte zu den jeweiligen Schlammarten. 4.1.7 Klarschlammmengen Wie einleitend erlautert, ist die Kenntnis der Klarschlammmengen zwingende Voraussetzung ftir die Dimensionierung von Schlammbehandlungsanlagen sowie die Planung der Logistik. Wie spater noch gezeigt wird, bildet die Auswertung langjahriger Messreihen der erforderlichen Daten die beste Grundlage ftir eine sachgerechte Beurteilung. Da jedoch oftmals derartige Messdaten nicht zur Verftigung stehen und/oder infolge zu erwar-
4.1 Klarschlammmengen und -beschaffenheit
95
tender Neuanschlusse bzw. geanderter Rahmen- und Randbedingungen seitens der Abwasserreinigung eine Prognose von Noten ist, kann der zu erwartende Klarschlammanfall aufgrund von Erfahmngswerten abgeschatzt werden. Tabelle 4.1-2. Zuordnung wichtiger Kennwerte zu den Schlammarten (Bahrs 1997) Schlammkennwert
Einheit
Rohschlamm (RS) Mischung aus Primar- und Uberschussschlamm grobe StRikUir gelb bis grau, stinkt, Schlammwasser triib
Uberschussschlamm (US)
Faulschlamm (FS) schlecht ausgefault
flockige Stmktur, braunlich. erdiger Geruch, klares Schlammwasser
zwischen Rohschlamm und gut ausgefaultem Schlamm
-
5,5 - 6,5
6,5-7,5
6,5-7,0
Faulschlamm (FS) gut ausgefault homogen. feinkomig schwarz. teerartiger Geruch, Schlammwasser klarer als RS 7,2-7,5
%
3-5
0,5-1,0
2,5-4,0
2,0-3,5
%
60-75
55-80
>55
45-55
Saureverbrauch
mval/1
10-20
<2-10
20-50
60-90
organ. Sauren
mval/1
30-60
nahe 0
10-70
< 5,0/ nur Essigsaure < 3,0
m/kg
lO'^-lO^^
lQl3,5_jQl4,5
10l3,5_iQl5
cal/g TM
3.500-4.500
3.500-5.000
> 3.500
Bereits mit den 5 Sinnen erkennbar
pH-Wert Trockenrtickstand TR Gliihver-
1 lust GV
spez. Filtrationswiderstand Heizwert
10^2'^-10'4
2.500-3.500 1
4.1.7.1 Einwohnergleichwerte fur Klarschlamme Aus der Tendenz zur Vereinfachung technischer wie auch verwaltungstechnischer Berechnungen ist als fiktive GroBe der „normierte" abwassertechnische Einwohnergleichwert entstanden. Wobei jeweils die BezugsgroBe wie z.B.:
96
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
• die einwohnerspezifische Abwassermenge, • die einwohnerspezifischen Schmutzfrachten (z.B. spezif. BSBs-Fracht) maBgebend ist. Wtinschenswert ware eine entsprechende Angabe fur Klarschlamm. Dies ist jedoch nicht ohne weiteres moglich, da insbesondere die jeweiligen Reinigungsverfahren die tatsachlich zu erwartenden und anfallenden Schlammmengen beeinflussen. Nachfolgend werden hierftir feststoffspezifische Angaben gemacht. 4AJ.2 Auswirkungen der Abwasserbelastung Fiir die Belastung hauslichen Abwassers besteht je nach den Randbedingungen fiir seine Sammlung und Ableitung eine nicht unerhebliche Bandbreite, die sich in Tages-, Wochen- und Jahresganglinien niederschlagt. Trotzdem lassen sich nach Praxiserfahrungen fiir die Inhaltsstoffe hauslichen Abwassers Mittelwerte bilden. Mit einer solchen mittleren Belastung korrespondieren die ebenfalls aus der Praxis gewonnenen Mittelwerte fiir den Klarschlammanfall. Um im Einzelfall von zutreffenden Werten auszugehen, ist daher zu priifen, ob die Voraussetzungen einer solchen mittleren Belastung oder davon wesentlich abweichende Verhaltnisse vorliegen. Eine aktuelle Zusammenstellung (Schlammliste) bei der die Zusammenhange zwischen den Betriebsbedingungen der Abwasserreinigung und den sich daraus ergebenden Daten fiir einen zu erwartenden Schlammanfall sowie die Beschaffenheit aufzeigt, hat der ATV-DVWK Fachausschuss AK-2 vorgenommen (Tabelle 4.1-3) Es wird deutlich, dass in Abhangigkeit von der jeweiligen Schlammart (Primar-, Sekundar- respektive Tertiarschlamm), den jeweiligen Betriebsbedingungen, den Reinigungszielen, der Erfordernis der zusatzlichen Kohlenstoffdosierung zur Denitrifikation sowie des gewahlten Fallmittels, drastische Unterschiede zu erwarten sind. 4.1J.3 Auswirkungen der Regenwassermitbehandlung Der Schlammanfall unterliegt in der Praxis immer einer klarwerksspezifischen statistischen Verteilung. Niederschlagsereignisse bedingen einen spiirbaren Einfluss auf die jeweils anfallenden Schlammengen, auch hier wieder klarwerksspezifisch in Abhangigkeit von den Gegebenheiten des jeweiligen Kanalisationsnetzes. Insbesondere bei Mischsystemen fiihren starkere, spiilende Regenereignisse nach langen Trockenwetterperioden zu Schwankungen in den anfallenden Klarschlammmengen. Diese Schwankungen konnen mehrere 100 % betragen.
4.1 Klarschlammmengen und-beschaffenheit
97
Tabelle 4.1-3. Rohschlammanfall und -beschaffenheit in Abhangigkeit unterschiedlicher Reinigungsverfahren und Betriebsbedingungen (ATV-DVWK 2003) Verfahren / Betiiebsbedingungen Schlammart VorklSrung: tA.vK = 0.5h'°^ VvK=1,0h^'*> tA.VK = 2.0 h ^"^ Belebungsverfahren (T = 15 °C) C-Eliminatlon (BSB5+ ggf. Denitriftkatlon) Mrs = 5 d, U.vx = 0,5 h ITS - 5 d. U.vK ~ 1,0 h ITS = 5 d, U.VK = 2.0 h tTs = 10d.tA.vK = 0.5h tTs=10d,U,vK = 1,0h tTs= 10d. tA.vK = 2,0h tTS= 1 5 d , tA,VK-0,5h tTs=15d,tA.vK- 1.0h tT5 = 15d,tA.vK = 2.0b ITS ~ 25 d (Stabilisienjngsanlage) Nitrifikation Denitrifikation infolge extemer C-Quelien Methanol (R =1,35) Ethanol (H = 1.35) EssigsSure (ft = 1.35) Btol. P-EHmination Biofilmverfahren Tropfk6rper (C-Elimination/Nitrif»kation) TauchkOrper Fliedbettreaktoren Simultanfailung (SF) Eisensalz R = 1,0:ASF«50% S = 1,0: ASF =. 1 0 0 % R = 1,5: ASF ^ 5 0 % R = 1,5; ASF =« 1 0 0 % Aluminiumsalz S = 1,0; A S F * 5 0 % S = 1,0; ASF ^ 1 0 0 % R = 1.5; ASF = 5 0 % a-1,5;ASF=>:100% 1 Flockungsfiltration (FF) 1 Eisen$al2 (ft = 1.5; ^P^ « 100 %) 1. 1a) lb) 1c) 2. 34. 5. 6. 7. 8.
Primerschlamm PS
Schiammanfall und -beschaffenheit TR-Gehaft I TR-Fracht oTRn*R I%TR| (g/(g-d)i [-] 2-8 2-8 2-8
30^> 35^> 40^>
0,67 0.67 0.67
Volumen P/(£'d)l i 1.0 1.2 1.4
Oberschussschlamm OSB
0.7 46.3'>^^ 6.7 0.75 0.7 41.r'^» 0,75 5,9 35,8'>^' 0,7 0.75 5,1 42,0 ^'^> 0,7 6,0 0.72 37,3 ^' ^' 0.72 0,7 5.3 0.7 3Z.4*^^> 0,72 4.6 39.3'>^^ 0,7 5.6 0.70 0.7 34,8''"> 0.70 5.0 30.2'^"^ 0.7 4.3 0,70 56,2'^^' 0.7 8,0 0,65 Praktisch keine OS-Mehrproduktion feststeJIbar
USDEN.ECQ
1,0 1,0 1,0 USBK>P
USBF
5.7^' 8.8'» 5,9 5' 2.75^'
> 0.95 '^ >0.95*' >0.95®' <0.05"
0,57 0.88 0,59
Schiammanfall und -beschaffenheit bei Biofilmverfahren ergibt sjch unter Berucksichtigung der jeweiligen Betriebsparameter analog zum Belebungsverfahren
FSIIschlamm USp 2,5^' 5.0 ^> 3,8'^ 7,6*' 2,0 4,0 2.95 5,90 paitschlamm OSFF
7,5
AFS- bzw. BSSs-Ffachten im Rohabwasser werden mil typischen Werten von 70 g TR/(Ed) bzw. 60 g BSB5/ (Ed) angesetzl. Typische Eliminationsraten: MPS = 43 %. ABSB5 = 16,7 % Typische Eliminationsraten; AAFS - 50 %, ABSB5 = 25,0 % Typische Eliminationsraten: AAFS = 57 %, ABSB5 = 33.3 % Bei eirwr Bemessungslemperatur von 10 *C nimmt die Qberscliusssc*ilammprDduklion urn aind 4 % zu. Bei eirwr Beme^ungstempenatur von 10 °C nimmt die ObersdiussschlammprodukUon um rund 5,5 % zu. Bei einer Bemessungslemperatur von 10 'G nimmt die Oberscfiussschlammproduklion um rund 6 % zu. Die mil extemen C-Quellen zu denitrifizierende NOS-N-Fracht AN03-N vArd mil 8 g/(Ed) angesetzt (z.B. nach volfst^ndiger Nitrifikation); bej geringeren AN03-N-Frachten vemngert sich der Ubersctiussschlammanfall anteifmaSig, Der Gehall an abfiltrierbaren Sloffen im Ablauf der Nachl^iarting wird mil TSE = 20 mg/l angesetzt. Die mit Bfo-P zu eiimtnierende P-Fracht APBIO-P wird unter BenQcKsichtigung einer P-Zulauffracht von 1.8 g/{E • d), der P-Elimination in der Vorkia/ung von ca. 0.25 g/{E'd) (t^vK = 1.0 h; P^ps = 0.7 %), der P-lnkorporation in Ot»erschussschtamm (tis = 15 d; P,,us = 1.7 %) von rund 0,59 g/<Ed), einer Abrauffrachl von 0.2 g P g/(E-d) mit 0,96 g P/(Ed) angesetzt. Die Pges-Fracht im Zulauf der bblogischen Stufe wird unter Berucksichtigung einer P-Zulauffrachl von 1.8 g/(Ed). der P-Elinoination in der VorklSrung von ca. 0,25 g/(E-d) urwJ durch Inkorporation in den biologiscJien Oberschussschlamm von rund 0.59 g/(Ed) = 1,16 g/(E-d) angesetzt.
4.1.7.4 Auswirkungen von Wasserinhaltstoffen aus Gewerbe und Industrieabwasser Nur in sehr kleinen Klarwerken fallen noch Klarschlamme ausschlieBlich hauslichen Ursprungs an. Die Entwicklung in praktisch alien groBeren
98
4 Verfahrenstechniken zur Behandkmg von Klarschlamm
Gemeinden bringt es mit sich, dass in dem den Klarwerken zuflieBenden Abwasser fast immer Inhaltsstoffe aus Gewerbe und Industrie enthalten sind. Das AusmaB der Abweichung der Zusammensetzung des gewerblich und industriell gepragten Abwassers vom hauslichen Abwasser bestimmt die eingesetzten Reinigungsverfahren und damit Mengen und Eigenschaften der Klarschlamme. Eine Ubersicht liefert die Abb. 4.1-3. Kriterien zur Beurteilung von Menge und Zusammensetzung des Abwassers
Anteile von ungclostealcolloidalen/gelosten Inhaltsstoffen Anteile organischer und mineralischer Inhaltstoffe Anleile ungeloster sedimentierbarer Inhaltsstoffe Nahrstoffzusammensetzung und Nahrstoffgleichgewicht fiir biologische aerobe und anaerobe Prozesse Anteile anorganischer, kolloidaler und geloster Stoffe, die durch iibliche mechanische und biologische Prozesse nicht eliminierbar sind Einfluss der Abwasserinhaltsstoffe auf das Wasserbindungsvermogen der entslehenden Klarschlamme Einfluss der Abwasserinhaltsstoffe auf die rheologischen Eigenschaften der entstehenden Klarschlamme
Industrieabwasser entspricht in Menge und Zusammensetzung hauslichem Abwasser
Anwendung der gangigen Prozesse zur Abwasserreinigun g moglich
Menge und Zusammensetzung des Industrieabwassers weicht vom hauslichen Abwasser ab.
Anw^endung der gangigen Prozesse moglich, sind aber durch eine veranderte Bcmessung anzupassen
Anwendung der gangigen Prozesse nicht moglich
Anwendung der gangigen Prozesse moglich, sind aber durch eine veranderte Bemessung anzupassen zusatzliche 1 MaBnahmen \ ^ notwendig
Anwendung der gangigen Prozesse nicht moglich werden durch toxische oder andere kritische Stoffe gestort oder geschadigt
I /
Abb. 4.1-3. Auswirkung von Abwasserinhaltstoffen aus industriellem und gewerblichem Abwasser auf die angewendeten Abwasserreinigungsprozesse (Moller 1997)
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme Die Behandlung kommunaler Schlamme und deren anschlieBende Beseitigung bzw. Verwertung ist ein wesentlicher Teilschritt der gesamten Abwasserreinigung. Besonders verdeutlicht wird dies durch den hohen Kostenanteil der Schlammbehandlung (ca. 30 bis 40 %) an den Gesamtkosten der Abwasserreinigung. Dabei richten sich Art und Umfang der Schlammbehandlung maBgeblich nach der spateren Verwertung bzw. Beseitigung. Flir die Beseitigung der Klarschlamme stehen grundsatzlich die Moglichkeiten einer Ruckftihrung in den Stoffkreislauf (landwirtschaftliche/landbauliche Verwertung)
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
99
Oder die Ausschleusung aus dem Stoffkreislauf (Deponie) zur Verftigung. Fiir beide Beseitigungsmoglichkeiten gilt, dass nur in wenigen Ausnahmen auf eine vorherige Stabilisiemng verzichtet werden kann. Zur Verbesserung der Eigenschaften und Zusammensetzung der Klarschlamme stehen die Grundoperationen (Moller 1985) • Schlammstabilisierung, • Schlammwasserabtrennung und • Entseuchung zur Verfugung. Von besonderer Bedeutung innerhalb dieser grundlegenden BehandlungsmaBnahmen ist die Schlammstabilisierung. Ihr vorrangiges Ziel besteht in der Reduzierung organischer, geruchsbildender Inhaltsstoffe, Verringerung der Schlammfeststoffe, Verbesserung der Entwasserbarkeit und Verminderung von Krankheitserregem. In der Praxis sind hauptsachlich die biologischen Stabihsierungsverfahren in flussiger Phase von Bedeutung. Diese gliedem sich in aerobe und anaerobe Verfahren. Im vorliegenden Handbuch werden schwerpunktmaBig anaerobe Stabihsierungsverfahren behandelt. In Abb. 4.2-1 sind nach Moller die haufigsten Verfahrensketten zur Klarschlammbehandlung wiedergegeben. Es zeigt sich, dass in Abhangigkeit des endgiiltigen Verbleibs der Reststoffe unterschiedliche Verfahrensschritte von Noten sind, um zum gewtinschten Endprodukt zu gelangen. Die in Abb. 4.2-1 dargestellten Entsorgungswege sind bereits heute vom Gesetzgeber beginnend im Jahr 2005 insofem gekappt, als in Zukunft eine Deponierung von Schlammen untersagt ist, die den Anforderungskriterien der TA Siedlungsabfall (1993) (weitestgehende Reduktion des TOG bzw. der oTR auf 3 bzw. 5 %) nicht geniigen. Ungeachtet des Wegfalls der oben genannten Entsorgungsmoglichkeit durch Deponierung, behalten die in Abb. 4.2-1 genannten Verfahrensketten auch fiir die verbleibenden Entsorgungswege ihre Wichtigkeit und Berechtigung. Im Weiteren werden die Grundoperationen Klarschlammstabilisierung, Klarschlammentseuchung sowie Schlammwasserabtrennung behandelt. Eine Miteinbeziehung der thermischen Verfahren (Klarschlammtrocknung, Klarschlammverbrennung, thermische Sonderverfahren) findet im Rahmen dieses Handbuches nicht statt, da dies den Rahmen sprengen wiirde. Daftir sind zur Vervollstandigung der Befassung mit dem Thema Klarschlammbehandlung neue Ansatze im Bereich der Klarschlammdesintegration und Wertstoffruckgewinnung sowie erganzend Angaben liber die zu erwartende Klaranlagenrtickbelastung aus der Schlammbehandlung inklusive der Moglichkeiten ihrer Handhabung enthalten.
100
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm Rohschlamm
I
"1 r
Entseuchen (Pasteurisieren u.a.)
I
I
Entseuchen (Pasteurisieren u.a.) Biologische Stabilisierung anaerob (a) oder aerob (b) I I I" I I I
I
I Eindicken mitoderohne Vorkonditionieren I I I I I I I Konditionieren
I
I
I
I,
IZE
Kompost. (m.odero. Mull.)
INachbehandl. Entseuchung d. IKalkzug.
I
•^
Veraschen
Nachbe-
Nachbehandl. Verfesti-
Verfestigung
(2)(p(4)(5)(x)(X)(p® Abgabe an Landbau
Deponie
Abg. an Landbau
Deponie
Abgabe an Landbau
Abb. 4.2-1. Verfahrensketten zur Behandlung von Klarschlamm (Moller 1985)
4.2.1 Schlammstabilisierung 4.2.1,1 Stabilisierungskriten'en In DIN 4045 (1985) wird ein Schlamm dann als "stabilisiert" bezeichnet, wenn durch eine entsprechende Behandlung mindestens eines der beiden Hauptziele der Schlammstabilisierung erreicht ist. Diese Hauptziele sind eine weitgehende Verringerung von geruchsbildenden Inhaltsstoffen und die Reduzierung organischer Schlammbestandteile. Die quantitative Beurteilung von Verlauf und Ergebnis der Klarschlammstabilisierung erfolgt anhand von Stabilisierungskennwerten. In der betrieblichen Praxis und bei der ingenieurmaBigen Bearbeitung von Schlammstabilisierungsanlagen v^erden Stabilisierungskriterien fiir folgende Zwecke benotigt: • • • •
Erfolgskontrolle (Ergebniskontrolle), Betriebskontrolle (z.B. zum Erkennen von Storungen), Bemessungsparameter (zur Bemessung der Reaktoren), Vergleichsparameter (z.B. bei der Auswahl eines Stabilisierungsverfahrens) (Dichtl 1985)
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
101
Bei der Formulierung von Stabilisierungskriterien ist jedoch eine Vielzahl von Randbedingungen zu beachten, so dass das Ziel, einen allgemeingtiltigen, trennscharfen, gut und schnell zu ermittelnden, reproduzierbaren, reprasentativen Kennwert zu definieren, bis heute noch nicht erreicht ist. Schon allein die verschiedenartige Zusammensetzung der zu behandelnden Schlamme und der Einsatz sehr unterschiedlicher Stabilisiemngsverfahren machen es vermutlich unmoglich, einen einzigen, alles umfassenden Stabilisiemngskennwert festzulegen. Daher sollten zur Beurteilung des Stabilisierungsergebnisses mehrere Kennwerte herangezogen werden (Dichtl 1985). Im Einzelfall wird das angestrebte Stabilisierungsziel maBgeblich durch die spatere Schlammverwertung bzw. -beseitigung gepragt. 4.2-1 zeigt erforderliche Stabilisierungsgrade ftir verschiedene Schlammbeseitigungsarten. Tabelle 4.2-1. Erforderlicher Stabilisierungsgrad in Abhangigkeit von der Art der Beseitigung (Dichtl 1985) Art der Beseitigung
Erforderlicher Stabilisierungsgrad
Landwirtschaft und Landbau im fltissigen Zustand, Schlammteiche
voll stabilisiert
Landwirtschaft und Landbau im entwasserten Zustand
bedingt stabilisiert
Deponie im entwasserten Zustand
bedingt bis teilstabilisiert
Deponie nach Verbrennung
teilstabilisiert
+
^r
•"
Tabelle 4.2-1 lasst jedoch die Frage offen, wann ein Schlamm als „voll stabilisiert" bzw. „teilstabilisiert" einzuschatzen ist. In der Vergangenheit wurden tiber 50 verschiedene Stabilisierungskriterien vorgeschlagen. Dichtl (1985) hat anhand einer Literaturauswertung die verschiedensten Kriterien tabellarisch zusammengefasst und beztiglich ihrer Aussagekraft beurteilt. In den Tabellen 4.2-2 und 4.2-3 sind lediglich Kriterien mit sehr guter Aussagekraft bzw. brauchbare Parameter aufgeftihrt und nach Art der Stabilisierung (aerob bzw. anaerob) getrennt dargestellt. Da fur den Geltungsbereich der Kennwerte in der Literatur nur in seltenen Fallen Grenzen, nach denen die Schlamme als stabil eingeschatzt werden konnen, angegeben werden, konnte Dichtl keine abgestufte Angabe des erforderlichen
102
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Stabilisierungsgrades in Abhangigkeit von der weiteren Schlammbehandlung und -beseitigung treffen. Tabelle 4.2-2. Kennwerte zur Beurteilung des Stabilisierungsgrades aerob behandelter Klarschlamme (nach Dichtl 1985) Quantifizierimg
Bewertung der Aussagekraft +
iNr.
Bezeichnung
1
Abnahme des rel. Feststoffgltihverlustes
2
C-Gehalt im Feststoff
Endwert 40 % Abnahme + 29,3%beiT=10°C 44,3 % bei T =20 °C 49,3 % bei T -30 °C
3 4
BSB5 / CSB BSB5/ org. C.
< 0,10 (< 0,15)
-
++ ++
5
BSB5/C
-
++
6 7 8
Faulnisfahigkeit Leitorganismen Schlammbelastung
siehe DEV H 22
+ + +
9
Schlammalter x Stab. -Temp.
10
Atmungsakt./ oTR
11
Atmungsaktivitat
12
13
25,6%beiT=10°C 38,0%beiT=20°C 43,6%beiT=30°C
0,05-0,10 kg BSB5 /(kgTS-d)
+
+ 0,12kgO2/(kgoTS-d) 0,10kg 02/(kgoTS-d) 0,0012-0,0024 kg 02/(kg oTS • d)
0,05 kg 02/(kg oTS • d) + 0,072kg 02/(kg oTS • d) ++ Reduktasen- Aktivi- Formazanbildung <10mg/goTS tat (TTC) teilstabihsiert < 5mg/goTS voUstabiUsiert ++ Rotfarbung nach TTC-Test 30', 40', 60' > 60' vollstabihsiert 35'-50'teilstabihsiert
Bemerkung
Quantifizierung anhand von Untersuchungen mit ausschheBhch Primarschlamm (Behandlungszeit tA = 32 Tage) Quantifizierung ftir aerobe Schlamme dargestelk untere Werte gehen flir Stabihsationszeit == 32 Tage ahnhch 3, jedoch weniger Erfahmng ahnhch 3, jedoch weniger Erfahmng Miheuwechsel auf Grund vieler Erfahmngen brauchbar wird als Bemessungsparameter verwendet Unterschiede in der Quantifizierung teilweise auf Grund verschied. Messverfahren besser 10 verwenden
Schnehtest zu 12 fur Vorortbetrieb geeignet
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme 14
TPF + HsS-Bildimg
< 3 mg TPF/g oTS + kein H2S innerhalb 1 Woche
103
+
++ sehr gute Aussagekraft + brauchbarer Parameter Tabelle 4.2-3. Kennwerte zur Beurteilung des Stabilisierungsgrades anaerob behandelter Klarschlamme (Dichd 1985) Nr.
Bezeichnung
1
Gltihverlust GV
2
GV/GR
3
Techn. Abbaugrad org. Stoffe
4
Abbaugrad (tiberschlagige Feststoffbilanziemng)
Quantifiziemng
Bewertung der Aussagekraft +
45 ± 5 % < 45 % + 45 ± 5 % 55 ± 5 % + RTo=- 1,37 0 = 3 2 % 0 = %-Gehalt org. Stoffe im Rohschlamm
100 r
100-TS,e^
TS„, t
100-TS„pJ
+
TSoB>TSoF TS,3 t TSJ < 0,10 (< 0,15)
-
+ +
BSB5 / C
-
+
8
Gehalt an organ. Sauren
++
9
Faulnisfahigkeit
als Essigsaure < lOOmg/1 < 300 bis 500 mg/1 siehe DEV H 22
5 6
BSB5 / CSB BSB5 / org. C
7
Bemerkung
Formel in der dargestellten Art gilt nur fur T - 32 °C: bei anderen Temperaturen Modifikation durch Faktoren als Betriebskontrollparameter vorgeschlagen (Schnellmethode)
ahnlich 5 jedoch weniger Erfahrung ahnlich 5 jedoch weniger Erfahrung
+
++ sehr gute Aussagekraft + brauchbarer Parameter
4.2. f. 2 Verfahren der Schlammstabilisierung a) Einstufige anaerobe Schlammstabilisierung Grundkennzeichen der einstufigen anaeroben Schlammstabilisierung ist, dass der gesamte Ausfaulungsprozess in nur einem Anaerobreaktor erfolgt. Sind aufgrund eines hohen Schlammanfalls mehrere Reaktoren erforderlich, so werden diese in der Regel einstufig parallel betrieben. Historisch
104
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
betrachtet sind gmndsatzlich drei Reaktoitypen beziehungsweise Faulbehaltertypen zu unterscheiden. • Durchflossener Faulbehalter: Faulbehalter, der gleichzeitig zum Faulen und Absetzen dient. • Offener Faulbehalter: unter Verzicht auf Beheizung und teilweise auch auf Faulgasgewinnung (DIN 1985). • Geschlossener Faulbehalter: Faulbehalter mit den Moglichkeiten der Faulgasgewinnung und der Beheizung. Sowohl „durchflossene Faulbehalter" als auch „offene Faulbehalter" sind heute nicht mehr ublich und werden daher im Weiteren nicht naher behandelt. Auffalliges Kennzeichen von Abwasserreinigungsanlagen mit anaerober Schlammstabilisierung sind heute ein oder mehrere meist iiber Gelandeniveau erstellte zylindrische, eiformige oder Kegel-Zylinder-Kegelformige "Geschlossene Faulbehalter" aus Stahl, Stahlbeton oder Spannbeton. Unabhangig von der Behalterform weisen derartige Faulbehalter folgende gemeinsame Merkmale auf: • geschlossene Bauweise zur gezielten Faulgasableitung, • maschinentechnische Einrichtungen zur Faulraumumwalzung und Schwimmdeckenzerstorung, • Einrichtungen zur Faulschlammaufheizung beziehungsweise zur Faulraumbeheizung. In Abb 4.2-2 ist ein „geschlossener Faulbehalter" mit den wichtigsten Betriebseinrichtungen dargestellt. Da die geschlossene Bauform in einstufiger mesophiler Betriebsweise der heute in der Praxis am weitesten verbreitete Anlagentyp ist, spricht man bei dieser Verfahrensfiihrung auch vom „konventionellen Faulverfahren" und von ,J<:onventionellen Faulbehaltem". Die oben genannten Formen haben sich zum einen aus den prozesstechnischen Rahmen- und Randbedingungen, zum anderen aus bautechnischen Erfordemissen im Laufe der letzten Jahrzehnte herauskristallisiert. Wahrend frliher vor allem auf kleinen und mittleren Klaranlagen geschlossenen Schlammfaulraumen mehrere Funktionen gleichzeitig zugewiesen wurden (Triibwasserabtrennung, Schlammstabilisierung, Schlammeindickung), werden heute Faulbehalter nahezu ausnahmslos reaktormaBig, d.h. voUdurchmischt, betrieben. Zur Handhabung, d.h. zur Entnahme anfallender Schwimmdecken in geschlossenen Behaltem ist es erforderlich, die Oberflache der Behalter moghchst klein zu gestalten, so dass auftretende
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
105
Schwimmdecken an dieser Stelle entweder zerstort oder gezielt entnommen werden konnen. Aus dieser Forderung leitet sich die Gestaltung in Deutschland tiblicher eiformiger sowie Kegel-Zylinder-kegelformiger Faulbehalter ab. Da die standige Durchmischung der Klarschlammsuspension prozessbedingt zwingend erforderlich ist und groBere Ablagerungen unerwiinscht sind, bietet sich daher im unteren Bereich von Schlammfaulbehaltem ebenfalls eine kegelformige Gestaltung an, was letztendlich ftir die beiden vorgenannten Faulbehaltertypen das Entwicklungskriterium war und ist. Ab einer gewissen BehaltergroBe (ca. 3.500 m^) weicht die in Deutschland klassische Faulbehalterform Kegel-Zylinder-Kegel auf Grundlage der statischen Erfordemisse bau- und kostentechnische Nachteile gegentiber einer eiformigen Gestaltung auf, was letztendlich zu deren Entwicklung geftihrt hat. Deutlich preiswerter sind jedoch zylinderformige Behalter die jedoch im Bereich von Schwimmdecken und Ablagerungen formbedingt Nachteile aufweisen. Biogas
Gashaube mit Sicherheitsvarlage
Abb. 4.2-2. Konventionelle Faulbehalter mit Betriebseinrichtungen Reaktordurchmischung Grundlage fiir einen guten anaeroben Abbau der organischen Schlamminhaltsstoffe ist eine ausreichende Durchmischung des Reaktorinhalts, so dass einerseits ein intensiver Stoffaustausch zwischen aktiver Biomasse und Substrat moglich ist und andererseits die biochemische Symbiose der
106
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
abbauenden Bakterienpopulationen nicht gestort wird. Daneben ist es Aufgabe der Durchmischungseinrichtung einer Schwimmdeckenbildung entgegen zu wirken und die Ablagemng von Suspensa im Reaktionsraum zu vermeiden. Die praktischen Erfahrungen beztiglich Intensitat und Dauer der Durchmischung sind widerspriichhch. So ist z.B. die Frage, ob eine kontinuierhche oder intermittierende Umwalzung zu wahlen ist, nicht eindeutig zu klaren. Generell werden zur Umwalzung groBtechnischer Faulanlagen folgende drei Verfahren eingesetzt: • hydraulische Umwalzung durch Pumpen, • mechanische Umwalzung durch Rtihr- und Mischwerke, Schraubenschaufler, • Umwalzung durch Gaseinpressung. Von besonderem Vorteil ist eine Durchmischung des Behalterinhaltes in vertikaler Richtung von unten nach oben. Dadurch wird sowohl das Aufsteigen der Gasblasen sowie einer vorhandenen Warmestromung unterstiitzt, als auch jegliche Schichtenbildung vermieden. Eine derartige Durchmischung kann durch Schraubenschaufler, durch Einpressen von Faulgas mittels Einpresslanzen oder Mammutpumpen (Bubble Guns) oder durch Umpumpen mit auBenliegenden Schlammpumpen erfolgen. Diese Systeme konnen einzeln angewendet werden. Kombinationen sind jedoch moglich und sinnvoll. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass die enge thermodynamische Symbiose zwischen acetogenen und methanogenen Bakterien, die mit einem engen raumlichen Kontakt notwendig verbunden ist, durch zu starke Turbulenzen und Scherkrafte nicht beeintrachtigt wird. Somit ergibt sich die divergierende Forderung nach einer schonenden und dennoch intensiven Durchmischung. Zur Bemessung der genannten Verfahren existieren keine einheitlichen Bemessungshinweise. Vielmehr basiert in der Praxis die Bemessung der Umwalzeinrichtung flir Faulbehalter auf den bisher vorliegenden Erfahrungen mit dem jeweiligen Umwalzsystem. Dennoch werden zum Vergleich der verschiedenen Umwalzverfahren folgende GroBen verwendet: • Leistungseintrag pro m^ Reaktorvolumen (W/m^), • Anzahl der theoretischen Reaktorumwalzungen pro Tag. Zum Vergleich der Leistungsfahigkeit der verschiedenen Umwalzverfahren hat Beckereit (1987) aus der Literatur bekannte Bemessungswerte zusammengetragen und deren mathematischen Zusammenhang zwischen dem spezifischen Umwalzenergieeintrag und Reaktorvolumen in Form von Kurven dargesteUt (Abb. 4.2-3 bis 4.2-5).
4.2 Behandkmg kommunaler Schlamme spezifischer
25
20
15
10
Energlee^ntrag
107
<W/m**3)
1 ^
iJ °
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0
750
1500 2250 3000 3750 4500 5250 GOOD 6750 7500 8250 BehaItGPvotumen (m**3) Abb. 4.2-3. Spezifischer Umwalzenergieeintrag in Abhangigkeit vom Reaktorvoliimen fur auBenliegende Pumpen (Beckereit 1987) spezifischer
EnergleeIntrag
(W/m**3)
25
20
15
10
0
750
1500
2250
3000
3750
4500
5250
6000
6750
75O0
BehaItervolumen
8250
<m**3)
Abb. 4.2-4. Spezifischer Umwalzenergieeintrag in Abhangigkeit vom Reaktorvolumen fur Ruhr- und Mischwerke (Beckereit 1987)
108
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
s p e z i f l s c h e r EnergLee I n t r a g
]
(W/m**3)
1 °
25
\ 20
\
0
15
\ 10
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0
Q
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0
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3______^__j
750
1500
2250
3000
]
3750
4500
525Q
SOOQ
6750
75Q0
B e h a l t e r v o lumen
8250
(m'***3)
Abb. 4.2-5. Speziflscher Umwalzenergieeintrag in Abhangigkeit vom Reaktorvolumen fiir Gaseinpressung (Beckereit 1987) Nach Beckereit konnen die dargestellten Funktionen als Hinweis auf einen moglichen Bemessungsansatz fiir spezifische Leistungsbedarfswerte dienen. Fiir die Berechnung der zu installierenden Leistung mtissen die Funktionsgleichungen noch durch cos cp, der groBenordnungsmaBig zwischen 0,6 und 0,8 anzusetzen ist, dividiert werden. Weiterhin sind bei der Bemessung untypische Randbedingungen, wie z.B. ungiinstige Behalterform, schlechte rheologische Schlammeigenschaften etc. zu beriicksichtigen und gegebenenfalls Zuschlage anzusetzen. Fiir den Betrieb einer Faulanlage ist jedoch nicht nur eine ausreichende Dimensionierung der Umwalzaggregate an sich, sondem auch die Intensitat der Durchmischung, ausgedriickt in Anzahl der theoretischen Reaktorumwalzungen pro Tag, von Bedeutung. Analog zum erforderlichen Leistungseintrag (W/m^) finden sich auch iiber diese GroBe unterschiedliche Angaben in der Literatur. Grundsatzlich sollte die Umwalzeinrichtung fur einen kontinuierlichen Betrieb ausgelegt werden. Unter Beriicksichtigung spaterer Betriebserfahrungen kann gegebenenfalls eine Umstellung auf energiesparenden, intermittierenden Betrieb moglich sein. Die Angabe von konkreten Zahlenwerten fiir theoretische Reaktorumwalzungen pro Tag ist in aller Regel fiir Mischsysteme mit auBenliegenden Pumpen und einer entsprechenden Messung mittels MID aus praktischen Ergebnissen leicht ableitbar. Schon bei den in der Bundesrepublik Deutschland fiir GroBbehalter haufig eingesetzten Schraubenschaufiern (im Behalter liegend) ist dies in Folge messtechnischer Probleme meist
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
109
nicht moghch. Lediglich eine Schlammfaulungsanlage in der BundesrepubHk Deutschland (Klarwerk Bonn Salierweg) ist im Bereich der Schraubenschaufler mit einem MID ausgeriistet, so dass hieriiber eine Ermittlung der Volumenstrome und somit der theoretischen taglichen Reaktorumwalzung moghch ist. Bei Systemen mit Gaseinpressung oder einfachen Rtihrwerken lassen sich systembedingt keine Zahlen angeben. Vereinfachend kann ftir tiberschlagige Vorplanung von folgenden Werten ausgegangen werden: • Schraubenschaufler: Theoretische Reaktorumwalzung 5-20 mal/Tag, • AuBenhegende Umwalzpumpen: Theoretische Reaktorumwalzung 2 - 4 mal/Tag, • Gaseinpressung: Anschlussleistung der Verdichter 5 - 1 0 W/m^ Reaktorvolumen, • Rtihrwerke: Anschlussleistung 2 - 6 W/m? Reaktorvolumen. Wie diese vereinfachten Ansatze zeigen, ist offensichtlich die Qualitat der Reaktordurchmischung in der betrieblichen Praxis ausgesprochen unterschiedlich. Es wird deutlich, dass die Umwalzung der Reaktoren lediglich ein Faktor fur den geordneten Prozessablauf der Schlammfaulung ist und somit mit all den anderen Faktoren gemeinsam die Qualitat des Prozesses bestimmt. Nicht zu vergessen ist, dass heute tiblicherweise zum Zwecke der Faulraumbeheizung sowie Rohschlammaufheizung auBenliegende Umwalzpumpen mit auBenliegenden Warmetauschem Verwendung finden, tiblicherweise sind auch diese Systeme auf eine GroBenordnung von bis zu 2-maligem taglichen Schlammdurchsatz des Gesamtvolumens ausgelegt. Diese Umwalzschlammmengen dienen nattirlich nicht nur der Schlammaufheizung, sondem sind zu den vorgenannten Ansatzen ftir die Faulraumumwalzung zuzurechnen. Das in Abb. 4.2-2 dargestellte System der Gaseinpressung mit einem innenliegenden Steigrohr (Mammutpumpe) weist gegentiber den in aller Regel bei GroBbehaltem verwendeten Schraubenschauflern den Nachteil auf, dass lediglich eine Betriebsrichtung von unten nach oben realisierbar ist. Darliber hinaus untersttitzen Gaseinpressungen jedweder Art die Schaumbildung in Behaltem, so fern diese originar als Resultat der Schlammqualitat respektive des Prozesses gegeben ist. Demgegentiber kann mit Hilfe von Schraubenschauflern vor allem im Reversierbetrieb oftmals sogar eine Schaumdecke betrieblich sicher gehandhabt werden. Reaktorheizung Von wesentlicher Bedeutung ftir einen intensiven Faulbetrieb ist die Gewahrleistung einer innerhalb des gesamten Faulraumes moglichst konstan-
110
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
ten Temperatur. Konventionelle Faulanlagen arbeiten vorzugsweise im mesophilen Temperaturbereich bei 30 bis 37 °C, wobei die einmal eingestellte Temperatur nicht verandert werden sollte, da die mesophilen Bakterien durch Temperaturandemngen in ihrer Leistungsfahigkeit beeintrachtigt werden (ATV 1983). Des Weiteren sollte der Rohschlamm bereits vor der Beschickung auf die Faulraumtemperatur erwarmt werden, um die Entstehung ortlicher Kaltenester im Reaktor zu vermeiden. Im modemen Faulbetrieb sind grundsatzlich zwei Verfahren zur Ubertragung der erforderlichen Warmemenge auf den Schlamm zu unterscheiden: • direkte Eintragung der erforderlichen Warmemenge in Form von Wasserdampf, • indirekte Ubertragung auf den Schlamm mittels Warmetauscher (Stahlbaueretal. 1982). Bei direktem Dampfeintrag mittels einer Niederdruck-Dampfdtise (Injektor) wird der Dampf direkt in den Rohschlamm- und/ oder Umwalzkreislauf eingespeist. Dabei wird die der Dampftemperatur entsprechende Warme oberhalb des Siedepunktes, die Verdampfungswarme bei der Kondensation, sowie die aus dem Kondenswasser abgegebene Warmemenge bis zum Erreichen der Schlammtemperatur abgegeben. Bereits diese Beschreibung der Verfahrenstechnik zeigt auf, dass neben dem Vorteil der gezielten Temperaturregelung des Behalterinhaltes auch systemimmanente Nachteile bestehen. Diese sind: • ortliche Uberhitzung von Schlammbestandteilen beim Kontakt von Faulschlamm mit HeiBdampf (Entseuchung) einhergehend mit einer Verminderung der Leistungsfahigkeit des Gesamtprozesses • Verdiinnung des Schlammes durch die Kondensatwassermengen • Erfordemis der standigen Aufbereitung von Kesselspeisewasser Aus diesen Griinden hat sich in den letzten Jahren die indirekte LFbertragung von Warme auf den Schlamm mittels Warmetauschern durchgesetzt. Hierzu warden die unterschiedlichsten Systeme wie z.B. Eintauchheizrohre (ftir kleine Anlagen), Rohrmantelwarmetauscher, Rohrschlangenwarmetauscher, Spiralwarmetauscher, auBenliegende Heizzylinder etc. realisiert, wobei bis auf wenige Ausnahmefalle, Rohrmantelwarmetauscher ftir den robusten Betrieb auf unseren Klaranlagen, ihre Leistungsfahigkeit nachgewiesen haben. Bei diesen Doppelrohrwarmetauschern wird das Innenrohr mit Faulschlamm das AuBenrohr mit Heizwasser beaufschlagt, so dass im schlammdurchstromten Rohr Einbauten nicht von Noten sind.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
111
Dartiber hinaus konnen durch diese Technik auftretende Verkrustungen sowohl chemisch als auch mechanisch bekampft werden. Ftir die Dimensionierung von Doppelrohrwarmetauschem konnen folgende Eckwerte angesetzt werden: • Mindestdurchmesser ftir schlammdurchstromte Rohre: DN 60 • Stromungsgeschwindigkeiten in schlammdurchstromten Rohren: 1,01,5 m/s • Stromungsgeschwindigkeiten in warmwasserdurchstromten Rohren: 0,5-2 m/s • Warmedurchgangszahl fiir wasserdurchstromte Rohre: 4 0 0 1.000 kJ/(m2-h-K) Rechnerisch werden die Warmetauscher dann in aller Regel auf ftir Heizungssysteme tibliche Vor- und Rticklauftemperaturen (90 bzw. 70 °C) ausgelegt. In Folge der in aller Regel vorhandenen warmeseitigen Einbindung von Heizkesseln und Blockheizkraftwerken fiihrt dies ftir den Betrieb zu einem Temperatumiveau von 80 bis 85 °C im Heizwasservorlauf und 60 bis 65 °C im Heizwasserriicklauf. Die erforderhche Heizwassermenge kann dann tiberschlagig, wie im folgenden Beispiel gezeigt, ermittelt werden: Beispiel (Uberschlagsberechnung) Faulbehaltervolumen 5.000 m^ Hydraulische Aufenthaltszeit (ta) 20 d Rohschlammtemperatur 8°C Faulraumtemperatur 37 °C Abstrahlverluste des Faulbehalters 1.000 kJ/(m3-d) erforderliche Energie um 1 1 Wasserum 1 °C zu erwarmen lkcal = 4,19kJ 1. Warmebedarf der Faulstufe: • Rohschlammerwarmung 5.000: 20 = 250 mVd 250-4,19(37-8) • Abstrahlverluste • 5.000 m^- l,0MJ/m3-d • Warmebedarf
= 30.380 MJ/d = 5.000 MJ/d 35.380 MJ/d
2. spezifischer Warmegehalt, Heizwasser: 85-65
20 K
20 K - 4 , 1 9
(LK)
= 83,8 MJ/m^
112
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
3. Gesamtheizwasserbedarf: 35.380 : 83,8
= 422 mVa bzw. 17,6 mVh
Reaktorbeschickung Bei der Beschickung von Anaerobreaktoren mit Rohschlamm ist auf eine intensive Vermischung des zugeftihrten Schlammes mit dem Faulschlamm im Reaktor zu achten. Daher wird in der Praxis der zuzufuhrende Rohschlamm i.d.R. vor der Beschickung geimpft, d.h. heiBt, der Rohschlamm wird mit biologisch aktivem Faulschlamm entweder in einem speziellen Umwalzkreislauf oder tiblicherweise in den Heizkreislauf vor Eintritt in den Warmetauscher zugemischt. Als Mischeinrichtung werden injektorartig ausgebildete Mischdiisen oder verschiedenartige Mischkammersysteme verwendet. Auf diese Weise wird bereits vor dem Eintritt in den Faulbehalter ein intensiver Kontakt zwischen dem zugeftihrten Substrat und der aktiven Biomasse hergestellt, so dass die anaeroben Abbauvorgange direkt in Gang gesetzt werden. Das Mischungsverhaltnis von Rohschlamm zu Impfschlamm sollte mindestens 1:1 bis 1:4 betragen. Je hoher der Impfschlammanteil ist, umso schneller setzen die biologischen Reaktionen ein (ATV 1983) (Roediger 1967). Die giinstigste Form der Faulraumbeschickung ist die kontinuierliche Rohschlammbeschickung, da bei dieser Betriebsform der Faulraum iiber den gesamten Tag gleichmaBig belastet wird. Im Gegensatz dazu ftihrt eine Beschickung in Tageschargen zu einer erheblichen Spitzenbelastung und damit zu kurzfristigen, mehr oder weniger stark ausgepragten Storungen des Faulprozesses. Da der Klarwerksbetrieb haufig eine kontinuierliche Faulraumbeschickung nicht zulasst, sollte eine quasi kontinuierliche Beschickungsform, d.h. heiBt, Rohschlammzuftihmng mehrmals taglich in kleinen Chargen, angestrebt werden. Die Entnahme ausgefaulten Schlammes aus dem Faulraum, kann wahrend der Beschickung durch Verdrangung erfolgen. Hierbei ist zu beachten, dass Kurzschlussstromungen vermieden werden. In Faulbehaltem alter Konzeption wurde durch Schaffung eines Eindickraumes im Bereich der Behaltersohle sowie durch zeitweise Unterbrechung der Durchmischung versucht, den Faulschlamm durch Absetzen einzudicken und das iiberstehende Faulwasser abzuziehen. Infolge der starken Gasentwicklung wurde der Eindickprozess jedoch deutlich beeintrachtigt, so dass die Bezeichnung Faulwasser nicht gerechtfertigt war. Eher handelte es sich um einen ausgesprochenen Dtinnschlamm. Nach dem weiterentwickelten technologischen Verstandnis ist der Faulbehalter heute als volldurchmischter, homogener Bioreaktor zu verstehen, dessen Primaraufgabe der Abbau organischer Substanzen ist. Daher sollte die Durchmi-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamine
113
schung des Reaktorinhalts kontinuierlich erfolgen. Die Trennung von Feststoffen und Schlammwasser sollte in nachgeschalteten, unbeheizten Nacheindickem erfolgen. Einfahrphase Bevor ein Faulraum betriebsfahig ist und einen prozessstabilen Abbau des zugeftihrten Rohschlammes gewahrleistet, muss eine gentigend hohe Konzentration aktiver Biomasse im Reaktor vorhanden sein. Daher muss ein neu anzufahrender Faulraum zunachst in einer Einfahrphase schrittweise an den endgtiltigen Belastungszustand herangefiihrt werden. Ebenso wie fiir den eingefahrenen Faulraum sind wahrend der Einfahrphase alle Randbedingungen ftir einen intensivierten Betrieb einzuhalten, d.h. intensive Durchmischung, konstante Faulraumtemperatur und Beschickung in kleinen Chargen. Das Einfahren eines Anaerobreaktors erfolgt in den Schritten: • • • •
Erstbefiillung, Auflheizung, Impfung, Rohschlammbeschickung.
Erstbefiillung Zur Erstbefiillung des Faulbehalters wird Betriebswasser oder von Grobstoffen (Holz, Plastik etc.) befreites Abwasser verwendet. Eine vollstandige Beflillung ist erforderlich, well die Bildung eines explosionsgefahrlichen Gas-Luft-Gemisches im Faulraum vermieden werden muss und dariiber hinaus Mischsysteme wie z.B. Schraubenschaufler und je nach konstruktiver Anordnung auch die Umwalzsysteme fur eine auBenliegende Faulraumheizung nur bei Vollftillung einsatzfahig sind. Vorteilhaft ist die Verwendung schwach alkalischen Wassers im Bereich von pH 7,0 bis 7,5. Zu Beginn der anaeroben Umsetzungsprozesse erfolgt zunachst eine Versauerung, also eine pH-Wert-Absenkung, was bei der Verwendung von Wasser mit niedrigen pH-Werten oftmals die Zugabe von Alkali zur pHWert-Anhebung erfordert. Aufheizung Nach der Erstbefiillung wird der Faulbehalterinhalt auf die im Endbetriebszustand vorgesehene Temperatur aufgeheizt. Im Normalfall ist eine Temperatur von 36 bis 37 °C anzustreben. Bereits in dieser Phase muss die Funktionsfahigkeit der Faulraumbeheizung und der Faulraumdurchmischung gegeben sein.
114
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Impfung Hat der Faulraum die angestrebte Betriebstemperatur erreicht, kann mit der ersten Beschickung begonnen werden. Als Beschickungsmaterial sollte zunachst nur gut adaptierter Faulschlamm (Impfschlamm) aus einem Faulraum mit moglichst gleichem Temperaturniveau wie der einzufahrende Reaktor Verwendung finden. Je mehr Impfschlamm zugefuhrt wird, umso schneller ist der Faulbehalter eingefahren und betriebsbereit. Die Abhangigkeit der Einfahrzeit eines Faulraumes von der Impfschlammzugabe verdeutlicht Abb. 4.2-6. Sollte kein Impfschlamm zur Verftigung stehen, muss direkt mit der Rohschlammbeschickung begonnen werden. Hier empfiehlt sich die Zugabe sehr kleiner Chargen. Eine genaue Kontrolle des Faulbehalterzustandes tiber entsprechende Kontrollparameter wie Konzentration an organischen Sauren, Faulgaszusammensetzung und pH-Wert sind unerlasslich, will man der Gefahr des Ubergangs des Faulprozesses in die saure Garung vorbeugen. Rohschlammbeschickung Annen (1959) empfiehlt mit einer taglichen Rohschlammzugabe von 150 bis 200 g oTS/m^ Faulrauminhalt, das entspricht etwa einem Zehntel der Normalbelastung - bei einem gut angeimpften Faulraum - zu beginnen. Die Beschickung wird dann stufenweise erhoht, wobei jede Stufe solange beizuhalten ist, bis ein stabiler Betriebszustand erreicht wird und sich die Methanbildung durchgesetzt hat. Dies ist insbesondere an der Gaszusammensetzung zu beobachten, die einen sich verschlechtemden Prozessablauf durch einen C02-Anstieg signalisiert. In solchen Fallen muss direkt durch eine Rticknahme der Beschickung reagiert werden. Bis zum Erreichen der vollen Leistungsfahigkeit eines Faulbehalters ist, je nach Menge und Qualitat des eingesetzten Impfmaterials, mit einer Einfahrzeit von 20 Tagen bis zu 6 Monaten zu rechnen. Wahrend der gesamten Einfahrphase ist der Zustand des Faulprozesses durch geeignete Kontrollparameter zu uberpriifen. Dazu zahlen: • • • •
Bestimmung der organischen Sauren, pH-Wert-Messung, Ermittlung der produzierten Gasmenge und -zusammensetzung, Bestimmung der Trockensubstanz und des Gltihverlustes im Rohschlamm und im Faulschlamm.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
115
Gasentwicklung
100
120 Tage
Abb. 4.2-6. Verlauf der Gasentwicklung wahrend der Einfahrzeit (35 °C) bei unterschiedlichen Impfschlammzugaben (Annen 1959) Bei einem gut eingefahrenen Faulraum liegt die Konzentration der organischen Sauren im Faulschlamm bei etwa 100 bis max. 300 mg/1. Wahrend der Einfahrzeit sind Werte von 1.000 bis 1.500 mg/1 durchaus normal. Werden Konzentrationen von 1.500 bis 2.000 mg/1 erreicht, besteht die Gefahr, dass der Faulbehalter in die saure Garung tibergeht. Um dies zu vermeiden, muss die Rohschlammbeschickung zunachst ftir mehrere Tage ausgesetzt werden. Liegen bereits Werte tiber 2.000 mg/1 vor, empfiehlt sich die Zugabe von Alkah (z.B. Kalkmilch, besser Natronlauge), um die Verhaltnisse im Faulraum zu verbessem. Bei Werten tiber 4.000 mg/1 besteht zumeist kaum eine Chance, den Faulraum noch kurzfristig zu sanieren (Annen 1959). Der pH-Wert kann nur als eine orientierende KontrollgroBe angesehen werden, da er starken Schwankungen unterworfen ist und nicht immer eindeutige Schlussfolgerungen auf den Zustand der Faulung zulasst. Bedeutend aussagekraftiger ist die Entwicklung der Gasproduktion und der Gaszusammensetzung. Ein Rtickgang der Gasproduktion bei gleichzeitigem Anstieg der C02-Konzentration ist immer ein Wamzeichen ftir Storungen des Faulprozesses. Ubliche Werte ftir CO2 liegen beim eingefahrenen Betrieb im Bereich von 30 bis 35 %. Wahrend der Einfahrzeit sind CO2Werte um die 40 % normal. Wichtig ist aber nicht so sehr der Prozentwert an sich, sondem vielmehr die Tendenz. Bei ansteigendem C02-Gehalt im Gas ist entsprechende Vorsicht geboten, da dies auf eine Stoning der Methanbildung hinweist.
116
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Die Bestimmung von Trockensubstanz und Gliihverlust dient vor allem zur Bilanzierung des Abbaus organischer Substanzen im Faulbehalter und damit letztlich zur Quantifizierung der Abbauleistung. Diese Bestimmung sollte sowohl wahrend der Einfahrzeit als auch wahrend des Normalbetriebes erfolgen. Bemessung von Schlammfaulungsanlagen Trotz der Tatsache, dass die anaerobe Stabilisierung eine breite Anwendung findet, hat sich bis heute kein allgemein angewandter Bemessungsansatz durchsetzen konnen. Ursache hierfur ist offenbar, dass sich das Bestreben nach Sicherheit gegen toxische StoBe, auftretende Belastungsschwankungen und Betriebsstorungen auf der einen Seite und die Intensivierung des Faulprozesses mit dem Risiko einer erhohten Storanfalligkeit auf der anderen Seite die Waage halten (Hoffmann 1979). Durch Intensivierung des Faulprozesses, wie z.B. durch die bereits angesprochene schonende aber intensive Umwalzung, Rohschlammimpfling, Beheizung des Faulraumes, moglichst kontinuierliche Beschickung und Vermeidung von Temperatur- und/oder pH-Wert-Schwankungen kann die Aufenthaltszeit zur Stabilisierung kommunaler Abwasserschlamme erheblich reduziert werden. So dokumentieren viele Forschungsarbeiten, dass bei konstanten Betriebs- und Miheubedingungen derzeit iibhche Faulzeiten von 20 bis 30 Tagen und mehr bedenkenlos auf 15 bis 20 Tage gesenkt werden konnen (Hoffmann 1979, Kapp 1985, Wechs 1985). Eine andere Moglichkeit zur Einsparung von Faulbehaltervolumen hat Kapp (1984) untersucht. Durch Voreindickung der Rohschlamme auf Trockensubstanzgehalte von 9 % konnte erheblich Faulraumvolumen eingespart werden. Trotz positiver Versuchsergebnisse wird diese Verfahrenstechnik jedoch zurzeit nur vereinzelt angewendet. Weiterhin ist anzumerken, dass modeme, volldurchmischte Faulbehalter rein biologische Reaktoren sind. Wahrend in der Vergangenheit die Faulanlagen sowohl dem mikrobiologischen Abbau organischer Schlamminhaltsstoffe als auch der Trennung von Faulschlamm und Faulwasser dienten, erfolgt die Trennung der festen von der fliissigen Phase bei modemen Faulanlagen extern, d.h. durch nachgeschaltete Eindicker. Ftir die Bemessung von Faulraumen ist zunachst eine nahere Definition des angestrebten Behandlungsergebnisses erforderlich. Beschreiben lasst sich das Ergebnis der anaeroben Behandlung durch den "Abbaugrad", der ein MaB ftir den Fortschritt des Abbaus organischer Substanzen darstellt. Nach DIN (1985) sind zu unterscheiden:
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
117
• Theoretischer Abbaugrad Der Grad des Abbaus, der theoretisch erreichbar ist. Er entspricht dem Anteil der abbaubaren Substanz an den gesamten im Substrat enthaltenen organischen Substanzen. • Technischer Abbaugrad (Abbaugrenze) Der Grad des Abbaus organischer Substanz, der mit einem bestimmten Verfahren im praktischen technischen Betrieb nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erreichbar ist. Der technische Abbaugrad ist zum einen abhangig von der Zusammensetzung und vom prozentualen Anteil organischer Stoffe im Rohschlamm und zum anderen von den Prozessbedingungen, wie der Faulraumtemperatur, Reaktordurchmischung etc.. Fiir die Festlegung einheitlicher Bemessungswerte ist eine Abschatzung der in den Bemessungsansatz einflieBenden veranderlichen GroBen angebracht. Von Bedeutung ist hier insbesondere die Rohschlammzusammensetzung, schreibt man den Einfluss der Prozessbedingungen durch Vorgabe der allgemein anerkannten Regeln der Technik fest. Schlenz (zitiert von Keefer 1940) hat den Zusammenhang zwischen dem technischen Abbaugrad, dem Anfangsgehalt an organischen Stoffen im Rohschlamm und der Faulraumtemperatur erstmalig durch Auswertung von Betriebsdaten verschiedener Faulanlagen herausgestellt. Dimowski (1981) vervoUstandigte den funktionalen Zusammenhang durch Auswertung weiterer Betriebsdaten und eigenen Labomntersuchungen. Abb. 4.2-7 zeigt die Zusammenstellung der gefundenen Werte. Die von Schlenz ermittelte Gerade (strichpunktierte Linie) schneidet die Abszisse bei 37,5 % organischer Substanz im Rohschlamm, was bedeuten wtirde, dass die technische Abbaugrenze der Rohschlamme mit derart niedrigem organischen Feststoffgehalt praktisch Null ist. Da Schlenz nicht tiber gentigend Angaben, insbesondere im linken Teil der Abbildung mit niedrigen organischen Feststoffgehalten verftigte (die Werte wurden extrapoliert), sind hier die Werte von Dimowski heranzuziehen (Dimowski 1981). Ist der technische Abbaugrad erreicht, so kann davon ausgegangen werden, dass etwa 90 % der durch anaeroben Abbau maximal gewinnbaren Gasmenge freigesetzt ist. Da ein weiterer Abbau nur durch eine erhebliche Erhohung der Faulzeit in wirtschaftlich unrealistische Bereiche moglich ist, wird in der Praxis der Faulprozess vorzeitig abgebrochen. Der Zusammenhang zwischen Faulzeit und Gasentwicklung ist fiir deutsche Verhaltnisse den Kurven von Imhoff (Imhoff u. Imhoff 1976) (nach Fair u. Moore 1937) zu entnehmen (Abb. 4.2-8).
118
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
100 {oTR^ oTR. ) m [ % : oTR^ nOO > oTR^
3S
m
45
so
S5
60
6S
70
?s
ao
8s
oTR= organischer Trockenruckstand im Rohschiamm in %
Abb. 4.2-7. Abhangigkeit zwischen dem prozentualen Gehalt organischer Stoffe in Rohschlammen und dem erforderlichen Abbaugrad bis zum Erreichen der technischen Abbaugrenze fllr verschiedene Faulraumtemperaturen nach (Dimowski 1981) Der anaerobe biochemische Umsatz organischer Schlamminhaltsstoffe und die damit analog verlaufende Gasproduktion verlaufen asymptotisch. Die technische Abbaugrenze wird durch die Linie der iiblichen Faulzeiten bis zum Abklingen der Gasproduktion bei verschiedenen Prozesstemperaturen gekennzeichnet. Das Erreichen der technischen Abbaugrenze bedeutet, dass ein Schlamm vorliegt, der als stabilisiert anzusehen ist und in Bezug auf die Freisetzung von Geruchsstoffen ohne Bedenken weiterverwertet werden kann. Bei mesophilem Betrieb erscheint es deshalb nicht sinnvoll, die Faulzeit tiber 30 Tage hinaus zu verlangem, um u.U. den theoretischen Abbaugrad zu erreichen, da die abklingende Gasproduktion ein deutlicher Indikator ftir das Ende des Stoffumsatzes der Mikroorganismen ist. Daher steht der zusatzliche Faulgasgewinn in keinem wirtschaftlichen Verhaltnis zum zusatzlich erforderlichen Faulraumbedarf.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
0
10
20
30
40
50
60
Tage
119
90
Fauizeit
Abb. 4.2-8. Gasentwicklung aus 1 kg wasserfreien organischen Stoffen des in den Faulraum eingefuhrten frischen Schlammes im reifen Faulraum bei verschiedenen Temperaturen, bezogen auf die zugefuhrte organische Trockensubstanz (Imhoff u. Imhoff 1976) Bei der Bemessung von Faulraumen ist grundsatzlich zu unterscheiden zwischen: • Faulraumen einfacher Bauart, meist unbeheizt und ohne Umwalzung und • beheizten Faulraumen mit Umwalzung (Landesamt ftir Wasser und AbfallNRW1981) Als Bemessungsgmndlagen dienen folgende BezugsgroBen: • Faulzeit (d) • spezifisches Faulraumvolumen pro Einwohner (1/E) sowie die • Raumbelastung (kg oTR/(m^d). Da bei der Bemessung von Faulraumen insbesondere auch die Rohschlammzusammensetzung beriicksichtigt werden sollte, gelten die allgemeinen Bemessungsansatze in erster Linie nur fur die Faulbehalterauslegung rein kommunaler Klaranlagen. Ist ein erheblicher industrieller Anteil im Rohabwasser vorhanden, so sind die Bemessungsansatze entsprechend den ortlichen Anforderungen zu modifizieren. Falls die Moglichkeit besteht, sollten in jedem Fall Faulversuche mit halbtechnischen Versuchsanlagen durchgeftihrt werden.
120
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Entsprechend dem jeweils angewendeten Abwasserreinigungsverfahren bestehen erhebliche Unterschiede in der Rohschlammzusammensetzung. Daher sind bei der Festlegung von Bemessungswerten ftir die Schlammbehandlung sowohl die Verfahrenstechnik als auch die Belastung der Abwasserbehandlungsanlage zu berlicksichtigen. Imhoff (Imhoff u. Imhoff 1976) gibt die in Tabelle 4.2-4 aufgefiihrten Richtwerte fiir FaulraumgroBen an. Tabelle 4.2-4. Richtwerte fiir FaulraumgroBen nach Imhoff (zitiert in ATV 1983) Klarverfahren
mechanische Klarung mechanische Klaranlage und hochbelasteter Tropfkorper mechanische Klaranlage und hochbelastete Belebung
Erdbecken 1/E 150,
Emscherbrunnen (8-10 °C Winter) 1/E 50
Faulraum 30-33 °C 1/E 20
220
100
30
220
100
35
Die Verweilzeit des Schlaromes im Faulraum sollte bei offenen Faulbehaltern mehr als 100 Tage, bzw. bei Emscherbrunnen mehr als 60 Tage betragen (ATV 1983) (Tabelle 4.2-5). Zu den unbeheizten Faulraumen sind auch Kleinklaranlagen nach DIN 4261 (1970) zu zahlen. Die Bemessung erfolgt nicht nach dem gesamten Schlammfaulraum, sondem nach dem durchflossenen Raum (ohne Speicherraum). Bei einer anzusetzenden Durchflusszeit von 2 bis maximal 10 Tagen und einem Abwasseranfall von 150 1/(E • d) ergibt sich ein spezifischer Raumbedarf von 300-1.500 1/E. Kleinklaranlagen, die auf 1.500 1/E bemessen sind, werden auch Ausfaulgruben genannt, da bei ihnen neben dem sedimentierten Schlamm auch das Abwasser ausgefault wird (ATV 1983). Konstruktiv werden Ausfaulgruben haufig als Mehrkammergruben ausgebildet, wie z.B. in Abb. 4.2-9 dargesteUt (DIN 1970). Wie bereits erwahnt, haben unbeheizte Faulraume an Bedeutung verloren. Sie werden nur noch fiir kleine AnschlussgroBen oder in warmen Klimazonen (z.B. vor allem auch in Entwicklungs- und Schwellenlandem) angewendet. Wesentlich groBere Verbreitung fmdet der einstufig betriebene, volldurchmischte, beheizte Faulbehalter. Obwohl der Erkenntnisstand liber den Betrieb und die technischen Einrichtungen dieser sogenannten „Ausschwemmreaktoren" erhebliche Fortschritte gemacht hat, gibt es hierfiir derzeit immer noch keine allgemeingtiltigen und generell angewendeten Bemessungsgrundlagen, da sich insbesondere die BezugsgroBe „eingebrachte Rohschlammmenge" je nach Art der Rohabwasserzusammenset-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
121
zung, der Art der Abwasserreinigung sowie den Witterungsbedingungen erheblich verandem kann. Tabelle 4.2-5. Spezifische Faulraumvolumen in (1/E) fllr unbeheizte Faulbehalter in Abhangigkeit von der Schlammart und Belastung nach den Planungs- und Bemessungsgrundsatzen des Landes Nordrhein-Westfalen (Landesamt fllr Wasser und AbfallNRW 1981) Schlammart
Primarschlamm Mischschlamm, Primar und Sekundar,
Belastung der biol. Stufe^^ -
offene Faulbehalter 125
s
Emscherbrunnen < 50.000 E > 50.000 E 75
50
180
120
75
n
220
150
100
s
320
225
150
Belebung n 220 150 ^ s = schwach belastet, n = normal belastet als schwach belastet gelten: BTS < 0,15 kg BSB5/(kg TS • d) bei Belebungsanlagen BR < 300 g BSB5/(m^-d) bei Tropfkorpern Bp < 7,0 g BSB5/(m^-d) bei Scheibentauchkorpem Darliber liegende Belastungen gelten als normal
100
Tropf- bzw. Tauchkorper Mischschlamm, Primar und Sekundar,
Besondere Anstrengungen zur Ermittlung von Bemessungsparametem haben Roediger (1967), Popel (1969) und Noack (1959) untemommen. Aus Versuchsergebnissen und praktischen Erfahrungen wurden Berechnungsformeln zur Ermittlung der Faulzeit, des Faulraumvolumens, der maximal erzielbaren Gasmenge in Abhangigkeit von der Rohschlammmenge, der Raumbelastung mit organischen Stoffen und der Behandlungstemperatur abgeleitet. In der Praxis haben sich jedoch lediglich vereinfachte, empirisch ermittelte Bemessungsparameter durchgesetzt. Die Dimensionierung des erforderlichen Faulraumvolumens erfolgt fast ausschlieBlich mit den BezugsgroBen Faulzeit, Rohschlammmenge und Raumbelastung. Es ist einleuchtend, dass derartige Richtwerte nur dann mit gentigender Sicherheit angewendet werden konnen, wenn die Rohschlammzusammensetzung sowie die bautechnische Ausfiihrung und der Betrieb der Faulbehalter weitgehend aufeinander abgestimmt sind.
122
4 Verfahrenstechniken ziir Behandlung von Klarschlamm LLiftung nach DIN 1986 Blalt 1 ^ 0 600 Zulauf \ v \ \ '-k/jfJt/^/fyK
a^ | t
bei Schlitzen
WW W7A ^ ^ V vvr;
^
a = ^ t bei anderen Durchtrittsdffnungen
Z1- _ IL .p -y=5
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1 Ablauf I
Si
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)
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TTfTmr
Abb. 4.2-9. Mehrkammer -Ausfaulgrube (DIN 1970). Unter diesen Voraussetzungen, wie z.B. Voreindicken der Rohschlamme, Animpfen und Vorwarmen der Rohschlamme sowie Umwalzen der Faulschlamme gelten die in den Planungs- und Bemessungsgrundsatzen ftir Nordrhein-Westfalen angegebenen Bemessungswerte (Tabelle 4.2-6) (Landesamt ftir Wasser und Abfall NRW 1981). Tabelle 4.2-6. Bemessungswerte fur beheizte Faulraume (Landesamt fur Wasser und Abfall NRW 1981) angeschlossene EW 100.000 E 50.000 E Faulzeit (bezogen auf tagl. hochste eingetragene Rohschlammmenge) Raumbelastung Beschickung mit Rohschlamm
d
22
18
kg oTS m'd
2,0
3,5
h/d
>2
4
Kiess (1960) empfiehlt eine Bemessung unter Beriicksichtigung der jeweiligen ortlichen Verhaltnisse. Dazu gibt er fiir den Faulraum eine obere und untere Belastungsgrenze in Abhangigkeit von der Rohschlammbeschaffenheit, der Betriebsfuhrung und den von auBen auf den Prozess einwirkenden moglichen Storfaktoren an. Die obere Grenze, d.h. heiBt etwa 20 Tage Faulzeit entsprechend ca. 2,5 bis 3,0 kg TS/(m^-d), kann angesetzt werden, wenn: • Storungen in der Schlammfaulung zu erwarten sind (z.B. biologische Gifte aus industriellen Abwassem), • weitgehende Ausfaulung erreicht werden soil oder
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
123
• der Rohschlamm weder vorgewarmt noch vorgeimpft wird. Die untere Grenze, d.h. etwa 12 bis 15 Tage Faulzeit entsprechend 3,0 bis 4,0 kg TS/(m^-d), kann angesetzt werden, wenn: • gut faulfahiger (z.B. hauslicher) Rohschlamm anfallt, • entsprechende Installationen fur Vorheizung und Impfung eingebaut werden oder • der Schlamm auBerhalb der Faulbehalter, z.B. in Erdfaulbecken, nachfaulen kann (Ausnahme). Weiterhin empfiehlt Kiess (1960) die Faulbehalter nicht zu klein zu bemessen. Aus betrieblichen Griinden lasst sich haufig nicht die gtinstige Feststoffbilanz erreichen, wie sie sich bei der Berechnung, insbesondere bei der Annahme sehr hoher Belastungen, ergibt. Ahnlich wie in den Planungs- und Bemessungsgrundsatzen fiir Abwasserreinigungsanlagen des Landes Nordrhein-Westfalen (Tabelle 4.2-5) schlagt v.d. Emde (1974) die Dimensionierung von volldurchmischten Anaerobreaktoren in Abhangigkeit von der AnlagengroBe vor. Als Bemessungsparameter verwendet v.d. Emde die Mindestaufenthaltszeit, den spezifischen Faulraumbedarf bezogen auf den Einwohner und die organische Raumbelastung (Tabelle 4.2-7). Tabelle 4.2-7. Bemessungsvorschlage nach v.d. Emde (1974)
Mindestaufenthaltszeit Volumen des Faulbehalters Volumen des Faulbehalters organ. Belastung
Anlagen < 50.000 20 40 25 1,5
Anlagen > 50.000 15 30 33 2,0
Dimension d 1/E E/xrP
kg oTS/(m3-d)
Auch Bohnke (1977) empfiehlt die Bemessung von volldurchmischten Faulraumen in Abhangigkeit von der AnlagengroBe. Nach seiner Auffassung ist jedoch eine deuthchere Differenzierung zwischen den GroBen der Abwasserreinigungsanlagen erforderlich (Tabelle 4.2-8). Im Gegensatz zu v.d. Emde verzichtet Bohnke auf den Bemessungsparameter „spezifisches Faulraumvolumen pro Einwohner". Dies erscheint auch durchaus sinnvoll, da der Rohschlammanfall bezogen auf den Einwohner eine stark schwankende BezugsgroBe und vor allem auch von der Voreindickung abhangig ist. Die Verwendung dieses Parameters erlaubt i.d.R. nur eine grobe Abschatzung des erforderlichen Faulraumvolumens.
124
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Tabelle 4.2-8. Bemessung von Faulraumen nach Bohnke (Bohnke 1977) Einwohner Belastung fiir beheizte Faulraume bei 30-33 °C
50.000 50.000-100.000 100.000
Raumbelastung [kg oTS/m^-dl 2 3 4
Faulzeit [dl 20-30 15-20 10-15
Wie bereits erwahnt, benotigen die Methanbakterien die langste Zeit zur Bildung neuer Zellen. Daher wird von Helmer (1974) eine Mindestaufenthaltszeit oder auch Mindestfaulzeit in Abhangigkeit von der Generationszeit der Methanbakterien von 12 Tagen fur GroBanlagen angegeben. Aus Sicherheitsgriinden empfiehlt Helmer (1974) ftir kleine Anlagen eine erforderliche Faulzeit von 15 bis 20 Tagen und eine org. Feststoffraumbelastung von 1,5 bis 3,5 kg oTS/m^d. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Literatur dem planenden Ingenieur zahlreiche Bemessungsansatze anbietet, die i.d.R. auf Erfahrungswerten basieren, welche hauptsachlich bei der anaeroben Behandlung vorwiegend hauslicher Abwasserschlamme ermittelt wurden. Es wird deutHch, dass die hier genannten Bemessungsansatze z.T. zu sehr unterschiedlichen FaulbehaltergroBen fiihren. Diese Tatsache mag manchen Planer verunsichem, so dass es notwendig erscheint, eine Gegentiberstellung der wesentlichen Bemessungsempfehlungen anhand der iiblichen Bemessungsparameter • spezifisches Faulraumvolumen (1/E), • Aufenthaltszeit (d) und • Raumbelastung (kg oTS/m^-d) vorzunehmen. Tabelle 4.2-9 verdeutlicht, dass trotz der zunachst verwirrenden Vielzahl von Bemessungsempfehlungen, mit wenigen Ausnahmen, eine weitgehende Ubereinstimmung hinsichtlich der zuvor genannten Bemessungsparameter besteht. Zur Vereinfachung der Faulraumbemessung sollen nachfolgend nochmals die verschiedenen Dimensionierungswerte aus Tabelle 4.2-9 zusammengefasst und ihr Gtiltigkeitsbereich abgegrenzt werden. Aufgrund der relativ hohen Ungenauigkeit wird auf die Angabe eines Wertes zum spezifischen Faulraumvolumen verzichtet.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
125
Tabelle 4.2-9. Zusammenstellung verschiedener Dimensiomemngsansatze aus der Literatur filr konventionelle Faulbehalter Literatur
Imhoff 1976
[1/E] 20 25-30 35-40
theoretische Aufenthaltszeit [d] -
[kg oTS/m^-d]
-
22 18
2,0 3,5
-
15-20
1,7-2,5
-
10-15
2,5-4,0
40 30 50 35 -
20 12-15 20 15 20-30 15-20 10-15 20 20 15
2,0 3,0 5,0 2,5-3,0 3,0-4,0 1,5 2,0 2,0 3,0 4,0 1,3 2,0 3,0-5,0
-
20
1,5-2,5
-
15
2,5-4,0
spezif Faulraumvolumen
Planung und Bemessungsgmndsatze NRW1981 Roediger 1967 Roediger 1960 Kiess 1960 Emde 1974 Bohnke 1977
iHelmer 1974
Hoffmann 1979
Raumbelastung
1,5-4,0
Bemerkung
mechan. Klamng Schlamm a. Tropfkoper Schlamm a. Belebungsanlage 50.000 E 50.000 E
mesophil bei Teilintensiviemng mesophil bei voller Intensiviemng bei kleinen Anlagen bei mittleren Anlagen bei groBen Anlagen obere Grenze untere Grenze 50.000 E 50.000 E 50.000 E 50.000-100.000 100.000 ohne Voreindickimg | mit Voreindickung groBe Anlagen mit Voreindickimg kleine Anlagen: Teilintensiviemng groBere Anlagen: Vollintensiviemng |
Tabelle 4.2-10. Richtwerte fiir die Faulraumbemessung (zusammengefasst) Anschlusswert Kleine Anlagen < 50.000 E Mittlere Anlagen von 50.000-100.000 E GroBe Anlagen >100.000 E
Hydraul. Aufenthaltszeit (IR) [d]
Organ. Feststoffraumbelastung [kg oTS/m^-d]
20
2,0
15-20
2,0-3,5
15
3,5-5,0
126
4 Verfahrenstechniken ZLir Behandlung von Klarschlamm
Giiltigkeitsbereich ftir Tabelle 4.2-10: • Kommunaler, voreingedickter Klarschlamm ohne besonderen, • industriellen Einfluss, • Schlammmenge und -beschaffenheit gemaB Tabelle 4.1-3 (ATVDVWK 2003), • Rohschlamm ohne bedeutenden Anteil abbauhemmender Stoffe, • Faulraumtemperatur 35 bis 37 °C, • Vorerwarmung des Rohschlammes auf Faulraumtemperatur, • Umwalzung des Faulrauminhalts ca. 5 mal pro Tag und mehr als 20 Betriebsstunden pro Tag, • Beschickung des Faulbehalters mit dem taglich anfallenden Rohschlamm in mehreren kleinen Chargen, mindestens jedoch 3/d, • bei Mitbehandlung von Regenwasser oder zusatzlicher chemischer Fallung sind weitere entsprechende Zuschlage zu machen (ca. 20 % VolumenvergroBerung). Diskussion der in der Literatur vorgeschlagenen Bemessungsparameter Wie aufgezeigt, beschranken sich die in der Literatur vorgeschlagenen Bemessungsparameter auf die theoretische Verweilzeit des Schlammes im Reaktor (d) sowie die Raumbelastung (kg oTR/m^d). Bei fast keinem der Autoren erfolgt cine kritische Auseinandersetzung mit den Bemessungsparametem selbst, sowie den realen Randbedingungen auf unseren Klarwerken und deren Auswirkungen auf die Bemessung. Die theoretische Verweilzeit ist definiert als tA = Vfb/Qd
mit tA = theoretische Aufenthaltszeit Vfb = Volumen des Faulbehalters Qd = tagliche Rohschlammmenge Diese einfache mathematische Darstellung der mittleren Verweilzeit kann durch Umstellung als Bemessungsformel verwendet werden sofem die erforderliche theoretische Aufenthaltszeit sowie die tagliche Rohschlammmenge bekannt sind. Da unsere Faulbehalter in aller Regel ohne Biomassenriickhalt arbeiten, sind sie somit nichts anderes als sehr groBe Fermenter, die im Auswaschbetrieb gezielt einen biologischen Prozess realisieren sollen. Hieraus ist abzuleiten, dass der Verweilzeit im Zusammenhang mit den Generationszeiten der am biologischen Abbau beteiligten unterschiedlichen Organismen eine ganz besondere Rolle zufallt. Bekannter-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
127
maBen liegen die Generationszeiten von Bakterien, die an den Teilschritten der Hydrolyse sowie der Versauerung beteiligt sind, deutlich unter den angegebenen Zeitraumen von 15 bis 30 Tagen. Im Bereich der methanogenen Bakterien sind jedoch durchaus Stamme bekannt, deren Generationszeit im genannten Verweilzeitspektmm liegt oder gar hoher. Die organische Raumbelastung im Bereich der Faulraumdimensionierung wird wie folgt definiert: )RS
BR (kg oTR/(m3-d) = • TSRS • GV (mVd • kg TR/m^-kg oTR/kg TR)
wobei gilt BR = Raumbelastung QRS "^ tagliche Rohschlammmenge TSRS ^ Feststoffgehalt des Rohschlammes GV = Gliihverlust in kg oTR/kg TR Diese Definition der zur Bemessung von Faulraumen herangezogene Raumbelastung impliziert, dass in einer Volumeneinheit eines Faulbehalters nur eine bestimmte Masse an organischer Trockensubstanz pro Zeiteinheit umgesetzt werden kann, ohne dass der Prozess durch Selbsthemmung geschadigt wird. Analysiert man alle vorgenannten Werte fiir die entsprechenden Bemessungsparameter und die oben genannten Definitionen, so wird deutlich, dass im Grunde genommen die Raumbelastung in den iiblichen Grenzen nicht als Bemessungsparameter, sondem lediglich als Rechenwert anzusehen ist. Sie hangt in hohem MaBe vom Gehalt an organischen Anteilen (GV) des Rohschlammes sowie dem Feststoffgehalt und damit dem Grad der Voreindickung ab. Insofem ist die Raumbelastung als BemessungsgroBe ohne gleichzeitige Angabe des Gltihverlustes sowie des Trockenruckstandes mehr als fragwlirdig, wohingegen die Logik der Bemessung tiber die Verweilzeit fiir einen Fermenter zwingend erscheint. Dies erklart, warum auch heute noch tiblicherweise die Bemessung nahezu ausschlieBlich tiber die Verweilzeit in einem Spektrum zwischen 15 und 30 Tagen vorgenommen wird. Weiterhin abstrahieren alle vorgenannten Bemessungsansatze von der alltaglichen Praxis des Rohschlammanfalles auf unseren Klaranlagen. In den Abb. 4.2-10 und 4.2-11 sind am Beispiel einer bundesdeutschen Klaranlage (AusbaugroBe ca. 1 Mio. EW) die Haufigkeitssummenverteilungen der taglichen Rohschlammmengen sowie der resultierenden Rohschlammfrachten fiir 4 aufeinanderfolgende Jahre (1995 bis 1998) wiedergegeben. Es wird deutlich, dass die taglichen Rohschlammmengen in einem Bereich
128
4 Verfahrenstechniken ziir Behandlung von Klarschlamm
zwischen 500 m^/d und 3.500 m^/d schwanken. Die zugehorigen Rohschlammfrachten liegen in einem Bereich von ca. 40 bis 240 t/d. Es ist mtiBig, angesichts derartiger Schwankungsbreiten tiber ein geringes Mehr oder Weniger an theoretischer Faulzeit oder organischer Raumbelastung der Faulbehalteranlagen zu diskutieren, da diese ganzjahrig, d.h. auch bei Auftreten von Spitzen, einen sicheren Betrieb gewahrleisten miissen. Zur konkreten Bemessung ist es daher vor dem Hintergrund der zu wahlenden Verweilzeit sinnvoll, den Schwankungsbereich einzuengen und fixr die praktische Bemessung des erforderlichen Volumens der Schlammfaulungsanlage tiber die 85 %-Fraktile zu restringieren. Beispielhaft ist ftir die Auslegung der Schlammfaulungsanlage entsprechend den Abb. 4.2-10 und 4.2-11 die Haufigkeitssummenverteilung fiir die Rohschlammmengen als gleitendes 21-Tage-Mittel in Abb. 4.2-12 ftir die entsprechenden Betriebsjahre dargestellt. Es wird deutlich, dass dieser Schwankungsbereich nunmehr erheblich reduziert ist und somit die konkrete Festlegung einer Bemessungsschlammmenge besser moglich wird. Das gleitende 3-Wochen-Mittel wurde in diesem Beispiel gewahlt, weil der Betreiber der Klaranlage flir die neue Schlammfaulung ein hohes MaB an betrieblicher Sicherheit sowie betriebliche Reserven far die Mitbehandlung von Co-Substraten realisiert wissen wollte.
1500
1500
2000
2000 2500 Q [m'/d]
2500
3000
3000
3500
3500
4000
4500
Abb. 4.2-10. Haufigkeitssummenverteilung fllr QRohschiamm einer deutschen GroBstadt(ca. 1.000.000 EW)
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
129
Abb. 4.2-11. Haufigkeitssummenverteilung Rohschlamm TR-Fracht/d einer deutschen GroBstadt (ca. 1.000.000 EW) Wtirde man z.B. vor einer Verbrennung der Faulschlamme auf eine VoUstabilisierung verzichten und eine Aufenthaltszeit in der GroBenordnung von zwei Wochen wahlen, soUte anstatt des gleitenden drei-WochenMittelwertes ein zwei-Wochen-Mittelwert aufgetragen werden, um so zu einer sachgerechten Bemessungsrohschlammmenge zu gelangen.
120 ff,ff<;ff<
111iliiiiiiii •llllllil liilB^^^
•111 IM^^^^
^H
IIIII&
iiiiiiliB^^^^^^^
IIBIilil^^ Abb. 4.2-12. Haufigkeitssummenverteilung fllr QRohschiamm uber das gleitende 21d-Mittel einer deutschen GroBstadt (ca. 1.000.000 EW)
130
4 Verfahrenstechniken ziir Behandlung von Klarschlamm
Wie aufgezeigt wurde, ist also der Bemessungsparameter „theoretische Aufenthaltszeit" nur im Zusammenhang mit den taglich anfallenden Rohschlammmengen, vor allem aber deren Varianz, das Kriterium fur die sachgerechte Bestimmung der erforderlichen Volumina. Ftir die Datensatze die den Abb. 4.2-10 bis 4.2-12 zu Grunde liegen, ergibt sich demnach folgendes Bemessungsbeispiel: Aus Haufigkeitssummenverteilung fur Rohschlamm 1995 bis 1998 (Abb. 4.2-10) ORS = 1.000 bis 3.500 mVd Planungsziel "Sicherheit durch ausreichendes Reaktorvolumen" Gewahlt tA = 20 d Aus Haufigkeitssummenverteilung fiir das gleitende 21-d-Mittel Abb. 4.2-12 ORS = 1.500 bis 3.000 mVd Aus der Haufigkeitsverteilungskurve 2.500 = 2.200 = 2.650 = 2.400
ORS:O,85 = ORSO85 ORS:O!85 ORS:O,85
mVd, mVd, mVd, mVd,
1995) 1996) 1997) 1998)
Da die erhohten gemessenen Schlammmengen und der daraus resultierende erhohte Fraktilwert fiir das Jahr 1997 auf betriebliche Ursachen zurtickgefuhrt werden konnte, wurde in diesem Fall als Bemessungsschlammmenge ein Wert von 2.500 m"^/d gewahlt. Somit ergibt sich fiir die Anlage ein erft)rderliches Faulraumvolumen von VFb= 2.500-20 = 50.000 m^ Gewahlt wurde konstruktiv: 3 Sttick Faulbehalter a 16.800 m^ Dies ergibt bei den aufgezeigten Varianzen der Haufigkeitssummenverteilung liber das gleitende 21-Tage-Mittel in der ReaHtat im Jahresverlauf schwankende Aufenthaltszeiten zwischen 16 und 31 Tagen. Wie dieses Rechenbeispiel verdeutlicht, kann iiber die Bildung von gleitenden Mittelwerten entsprechend der gewahlten theoretischen Aufenthaltszeit nachgewiesen werden, wie hoch sich zu bestimmten Jahres- und Belastungszeiten die Aufenthaltszeit in den Faulbehaltem tatsachlich einstellt. Aus Kenntnis der Prozessablaufe ist zu konstatieren, dass unabhangig von der gewahlten Bemessungsaufenthaltszeit gemessen am gleitenden Mittelwert eben dieses Zeitraumes, die Aufenthaltszeit in keinem Fall un-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
131
ter 9 Tage fallen sollte, da ansonsten erfahmngsgemaB erhebliche Betriebsstorungen auftreten. Rechnet man zu den oben beispielhaft genannten Daten die entsprechenden Raumbelastungen, zeigt sich, dass diese in einer GroBenordnung liegen (auch bei maschineller Uberschussschlammeindickung) die deutlich unter 5 kg oTR je mVd anzusiedeln sind. Aus diesem Grunde kann auf eine weitere Betrachtung des Parameters organische Raumbelastung verzichtet werden. Die beste Moglichkeit sachgerecht Faulbehalter zu Dimensionieren ist die Durchfuhrung halbtechnischer Vomntersuchungen tiber das anaerobe Abbauverhalten der vor Ort anfallenden Rohschlamme im Vorfeld einer groBtechnischen Planung. Sie stellen eine wichtige Planungshilfe und einen erheblichen Beitrag zur Erhohung der Bemessungssicherheit dar. Die Kosten derartiger Vomntersuchungen sind zwar nicht zu vemachlassigen im Vergleich zum gesamten Investitionskostenaufwand jedoch ausgesprochen gering. Sollten derartige Untersuchungen im halbtechnischen MaBstab aus zeitlichen, wirtschaftlichen oder sonstigen Grtinden nicht realisierbar sein, ist es erforderlich, den gewerblichen Einfluss auf die Klarschlammzusammensetzung entsprechend zu benicksichtigen. So sind z.B. Zuschlage zur zu wahlenden Faulzeit erforderlich, wenn • toxische oder hemmende Schlamminhaltsstoffe die Stoffwechselleistungen der Mikroorganismen beeintrachtigen oder • StoBbelastungen Faulraumreserven beanspruchen (ATV 1983) Faulgasanfall und -ausbeute Bei der anaeroben Behandlung von Schlammen entsteht, neben dem Endprodukt stabilisierter Faulschlamm, das bei den anaeroben Stoffwechselprozessen freigesetzte Faulgas, sowie eine mehr oder minder groBe Riickbelastung der Klaranlage durch zusatzlich durch den Faulprozess im Schlammwasser gelosten CSB, Stickstoff und Phosphor. Diese entstehende Gasmenge kann als Biogasproduktion (d.h. als mit einem definierten Reaktorvolumen pro Zeiteinheit produzierbare Biogasmenge in m^ Biogas pro m^ Reaktorvolumen und Tag), als Biogasanfall (d.h. aus einer bestimmten Substratmenge pro Zeiteinheit anfallende Biogasmenge in Litem pro Einwohner und Tag) oder als Biogasausbeute (spezifische Biogasausbeute), (d.h. aus einer bestimmten Substratmenge entstehende Biogasmenge in Liter/kg oTRzugefuhrt bzw. Litcr/kg oTRabgebaut) angcgebcn werden. Alle wertemaBigen Angaben fiir Schlammfaulungsanlagen sind gleichermaBen abhangig von der konkreten Schlammbeschaffenheit des Rohschlammes, von toxischen Einfltissen, die gegebenenfalls den Faulungsprozess beeintrach-
132
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
tigen konnen, von der optimalen Gestaltung der Verfahrenstechnik, den Belastungszustanden der Schlammfaulungsanlage sowie des Fauhaumvolumens. Erwartungswerte fur die spezifische Biogasausbeute lassen sich aus der stofflichen Zusammensetzung des Rohschlammes abschatzen, wobei sich die Gesamtausbeute nach den verfugbaren Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten richtet. In Tabelle 4.2-11 sind Anhaltswerte fiir diese Komponenten wiedergegeben. Tabelle 4.2-11. Maximale Biogasausbeuten bei vollstandigem Abbau der organischen Inhaltsstoffe (ATV-DVWK 2002)
Kohlenhydrate Proteine Fette
Gasausbeute [mVkg oTRl 0,83 0,72 1,43
CH4-Gehalt 50 71 70
Energie [MJ/kg oTRl 15,1 18,4 36,0
[kWh/kg oTRl 4,2 4,2 10,0
Die tatsachliche Biogasausbeute sowie die Biogaszusammensetzung unterscheiden sich von den oben angegebenen theoretischen Werten, da einige der im Schlamm enthaltenen Substrate praktisch nicht vollstandig abgebaut werden. Wie oben dargelegt, hangt die praktische Biogasausbeute sowie die zugehorige Biogasproduktionsrate von einer Vielzahl von Randbedingungen ab, die im Einzelnen nicht zu quantifizieren bzw. zu wichten sind. Insbesondere durch die in den letzten Jahren auf unseren Klarwerken realisierten MaBnahmen zur weitestgehenden Nahrstoffelimination konnen alte Werte ftir den zu erwartenden spezifischen Biogasanfall nicht mehr herangezogen werden. Einen Anhaltspunkt tiber die heute zu erwartenden Werte gibt Tabelle 4.2-12. Aktuelle Fragen zur Herkunft, Aufbereitung und Verwertung von Biogasen sind im ATV-DVWK Arbeitsblatt M 363 (ATV-DVWK 2002) behandelt. Tabelle 4.2-12. Abhangigkeit des zu erwartenden Biogasanfalls von der praktizierten Verfahrenstechnik der Abwasserreinigung nach Kapp; erganzt durch den ATV-DVWK Fachausschuss AK 8 Biogas (ATV-DVWK 2002) Betriebsweise der biologischen Reinigungsstufe 1. Schlammalter in den Belebungsbecken (BB) tjs == 8 d (Nitrifikation im Sommer ggf. Teildenitrifikation)
Organische Belastung von Vorklamng und Belebungsstufe Zulauf Belebung 35 g BSB5/(EW • d) (groBe Vorklamng)
zu erwartender spezifischer Biogasanfall Mittelwert: 20,7 1/(EW • d) Schwankungsbreite: 16,5-25 l/(EW'd)
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme | 2 . Schlammalter (BB) tjs = 15 d (weitgehende Nitrifikation u. Teildenitrifikation ganzjahrig) 3. Schlammalter (BB)tTs-15d
4. Schlammalter (BB)tTs-15d
5. Aerobe Stabilisationsanlage mit txs "= 25 d
Zulauf Belebimg 35 g BSBs/CEW • d)
Zulauf Belebimg 48 g BSB5/(EW • d) (kleine Vorklarimg, Grobentschlammung) Zulauf Belebung 60 g BSB5/(EW • d) (ohne Vorklamng) Zulauf Belebung 60 g BSB5/(EW • d) (ohne Vorklamng)
133
Mittelwert: 18,3 1/(EW-d) Schwankungsbreite: 14,5-22 1/(EW • d) Mittelwert: 13,21/(EW-d) Schwankungsbreite: 10,5-15,9 l/(EW-d) Mittelwert: 7,8 1/(EW • d) Schwankungsbreite: 6,2-9,4 1/(EW • d) Mittelwert: 4,4 1/(EW • d) Schwankungsbreite: 3,5-5,3 1/(EW • d)
1
1
1
b) VoUdurchmischter Faulbehalter im Kaskadenbetrieb anaerobanaerob In DIN 4045 (1985) ist der Begriff "Kaskade" defmiert als "Reaktor aus nacheinander durchflossenen einzelnen Reaktionsraumen". In der Praxis wird jedoch auch ein System von hintereinander geschalteten Reaktoren als Kaskade bezeichnet. Voraussetzung fiir den Kaskadenbetrieb ist, dass es keine Riickwirkungen von nachgeschalteten Reaktoren auf davor liegende Reaktoren, zum Beispiel durch Schlammruckftxhrung, gibt. Damit gelten fur volldurchmischte Faulbehalter im Kaskadenbetrieb fiir jeden einzelnen Behalter grundsatzlich dieselben reaktionskinetischen und hydraulischen GesetzmaBigkeiten wie fiir einstufige homogene Reaktoren. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der Kaskadenbetrieb und ein zweistufiger Betrieb deutlich zu unterscheiden sind, wenngleich von Seiten der Reaktorkonstellation durchaus Parallelen bestehen. Wahrend sich beim Kaskadenbetrieb mehr oder weniger zufallsbedingt verschiedene Biozonosen in den einzelnen Reaktoren ausbilden, wird dies bei der zweistufigen Betriebsfuhrung gezielt angestrebt. Unter ganz speziellen Betriebsbedingungen erfolgt bei der Zweistufigkeit in der ersten Stufe vorzugsweise die Versauerung und Hydrolyse, wahrend sich die eigentliche Methanisierung in der zweiten Stufe vollzieht. Zur Vereinheitlichung soUen im Weiteren folgende Begriffe verwendet werden: • Einstufige Methanisierung Hydrolyse, Versauerung und Methanbildung in einem Reaktor (konventionelle Technik)
134
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
• Zweistufige Methanisierung Hydrolyse und Versauerung vorzugsweise in der ersten Stufe, Acetatbildung und Methanbildung vorzugsweise in der zweiten Stufe • Kaskadenbetrieb Keine einheitliche Zuordnung der biologischen Abbaustufen Zunachst soil hier die Verfahrenskombination „anaerob-anaerob" als Kaskade, also zwei hintereinander betriebene Anaerobreaktoren, behandelt werden. In Abb. 4.2-13 ist ein Verfahrensschema von zwei Faulbehaltem im Kaskadenbetrieb dargestellt. Faulgas
Faulgas
t Nacheindicker Rohschlamm
•=>
w Faulbehalter 1
Faulbehalter 2
U
Uberstands-
- ^ Zur Schlammentwasserung
— ^
Abb. 4.2-13. Verfahrensschema volldurchmischter Faulbehalter im Kaskadenbetrieb Die ersten, bewusst durch Zwischenwande in mehrere hintereinander geschaltete Stufen, aufgeteilten Schlammfaulungsanlagen waren die Faulraume „Neustadter Becken" und „Kremer-Klaranlagen" (Roediger 1967). Durch den Einbau der Zwischenwande konnten Kurzschlussstromungen verhindert werden, so dass kein schlecht ausgefaulter Schlamm in den Ablauf gelangen konnte. Die Weiterentwicklung dieser Technik war dann mehr zufalliger Natur. Waren einstufige Anlagen iiberbelastet, wurde ein zweiter Faulraum errichtet. Der zum Teil ausgefaulte Schlamm wurde dann in dem nachgeschalteten Faulraum ausgefault. Bei dieser Betriebsweise nimmt die organische Belastung von einer Stufe zur nachsten ab. Daraus ergeben sich ftir den Faulprozess einige erhebliche Vorteile, wie zum Beispiel: • Verhinderung von Kurzschlussstromungen und damit verbunden ein besseres Stabilisierungsergebnis, • reaktionskinetische Vorteile in Folge hoherer Substratkonzentrationen in der ersten Reaktorstufe,
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
135
• Schutz der nachgeschalteten Stufe vor Storungen, wie z.B. GiftstoBe, Anderung der Rohschlammzusammensetzung, pH-Wert-Schwankungen u.a., • groBe Impfschlammreserve in der zweiten Stufe, falls es zu Storungen in der ersten Stufe kommt und • bei Ausfall einer Stufe kann in dem noch fiinktionsfahigen zweiten Behalter der anfallende Rohschlamm weiterhin wenigstens teilweise ausgefault werden. Diese Vorteile des Kaskadenbetriebs bewirken - ausreichende Aufenthaltszeiten vorausgesetzt - eine hohe Betriebssicherheit und Prozessstabilitat dieser Anlagen. Der Durchflussbetrieb vom ersten bis zum letzten Behalter hat jedoch den Nachteil, dass bei gleicher BehaltergroBe die Raumbelastung im ersten Reaktor sehr hoch ist, wahrend sie, entsprechend dem inzwischen erzielten Abbau, ftir die folgenden Behalter immer kleiner wird (ATV 1983). Wird die letzte Stufe nur geringfiigig mit organischen Stoffen belastet, so findet nur noch eine maBige bis geringe Faulgasproduktion statt. Dariiber hinaus kann die Verweilzeitverkiirzung im ersten Behalter gegebenenfalls drastische Probleme im Alltagsbetrieb zur Folge haben. c) Zweistufige Verfahren Im Gegensatz zum Kaskadenbetrieb, bei dem sich der anaerobe Substratumsatz mehr oder weniger willkiirlich in den einzelnen Reaktoren vollzieht, wird bei zweistufigen Verfahren (zweistufige Methanisierung) gezielt eine raumliche Trennung, gemaB dem stufenweisen biologischen Abbau organischer Schlamminhaltsstoffe, angestrebt. Durch spezielle verfahrenstechnische MaBnahmen ist eine Anpassung der Milieubedingungen an die komplexen Wechselwirkungen der hydrolisierenden und versauemden Bakterien einerseits und der acetogenen und methanogenen Bakterien andererseits moglich. Durch Schaffung spezifischer Milieubedingungen fiir die am anaeroben Abbauprozess beteiligten Mikroorganismen in einer ersten, als Versauerungsstufe betriebenen, anaeroben Behandlungsstufe und einer zweiten, als Methanisierungsstufe betriebenen, anaeroben Behandlungsstufe werden in getrennten Reaktoren die Voraussetzungen fiir die Ausbildung spezialisierter, hochaktiver Biozonosen geschaffen. Gleichzeitig soUen gegenseitige Beeintrachtigungen der sehr unterschiedlichen, am anaeroben Abbauprozess beteiligten Mikroorganismen, ausgeschaltet werden. Aufgrund der unterschiedlichen Reaktions- und Generationszeiten der in separaten Reaktoren kultivierten, spezialisierten Mikroorganismen kann die erste Stufe (Versauerungsstufe) als hochbelastete Stufe betrieben wer-
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
den, wobei sowohl der mesophile als auch der thermophile Temperaturbereich Anwendung fmdet. Die auf biochemischem Wege gebildeten Zwischenprodukte der ersten Stufe werden dann im nachgeschalteten, als schwachbelastete Stufe betriebenen, zweiten Reaktor (Methanisierungsstufe) in Faulgas, mineralische Bestandteile und einen Rest schwer abbaubarer organischer Stoffe umgewandelt. Dabei erfolgt eine Anpassung der hydraulischen Aufenthaltszeit des Substrates in den beiden Stufen an die Generationszeiten der spezifischen Mikroorganismengruppen. Aus dieser Randbedingung ergeben sich in der Versauerungsstufe Aufenthaltszeiten von 1 bis 2 Tagen und in der Methanstufe Aufenthaltszeiten von 15 bis 20 Tagen. Ein mogliches Verfahrensschema zur zweistufigen Methanisierung zeigtdie Abb. 4.2-14. Faulgas
Faulgas
tr
tr Nacheindicker
Rohschlamm
>=>
i-H Faulbehalter 1
Faulbehalter 2
libers tandswasser
- ^ ZurSchlammentwasserung
.*_[
-O mogl. Rucklauffiihrungen
Abb. 4.2-14. Verfahrensschema zur zweistufigen anaeroben Klarschlammbehandlung. Wahrend bei der anaeroben Indus trieab was serbehandlung die raumliche Trennung von HydrolyseA^ersauerung und Methanisierung je nach Abwasserzusammensetzung sehr gut gelingt, ist eine derart deutliche Trennung der biologischen Abbauprozesse bei zweistufigen Schlammbehandlungsanlagen nicht moglich. Eine Erklarung fur diesen Sachverhalt ist, dass Klarschlamm aufgrund seiner komplexen Zusammensetzung schwerer als die meisten Industrieabwasser zu hydrolysieren ist, und somit die Hydrolyse oftmals als limitierender Schritt anzusehen ist. Daher konnen sich ein Teil der Hydrolyse und damit auch die anschlieBende Versauerung mit in die zweite Stufe verlagern. Ein weiterer Grund fiir die Verwischung
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
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der Grenzen ist darin zu sehen, dass bereits in der Vorklarung und eventuell vorhandenen Voreindickem ein erheblicher Stoffumsatz stattfmdet. Thermophil/mesophile Prozessfuhrung Obwohl keine strikte Trennung der Abbaustufen erreicht wurde, zeigen die Untersuchungen von Wechs (1985), dass durch zweistufige Prozessfuhrung der anaerobe Abbau von Klarschlamm wesentlich beschleunigt werden kann. Gegentiber einem mesophilen einstufigen Referenzprozess konventioneller Bauart konnte beim Betrieb einer ersten Stufe mit 55 °C, 33 °C bzw. 26 °C und einer zweiten Stufe mit 33° C beziiglich der Verweilzeit eine Einsparung von 50, 30 bzw. 20 % erzielt werden. Ftir die Bemessung einer zweistufigen Anlage zur anaeroben Klarschlammstabilisierung sind nach Wechs folgende Randbedingungen einzuhalten: • Alle Behalter werden vollstandig und permanent durchmischt und ohne Trlibwasserabzug betrieben, sie haben keine Funktion der Schlammeindickung • Die Temperatur in der zweiten Stufe wird im mesophilen Bereich zwischen 30 und 37 °C gehalten • Die Beschickung erfolgt moglichst gleichmaBig tiber 24 Stunden verteilt, mindestens aber dreimal wahrend des Tages • Die Schlamme stammen aus dem mechanischen und biologischen Teil einer mit tiberwiegend kommunalem Abwasser beaufschlagten Klaranlage Die Bemessung erfolgt nach den Gleichungen: Vl = V2 =
QR QR
• tRl • tR2
Vi,V2 = Nutzvolumen der 1. bzw. 2. Stufe in m^ QR = tagliche Rohschlammmenge in mVd tRbtR2 "^ Verweilzeit in der 1. bzw. 2. Stufe in d Die zur Bemessung herangezogene Rohschlammmenge sollte nach Wechs (1985) aus Sicherheitsgriinden folgendermaBen ermittelt werden: • Bei bestehenden Anlagen mit Betriebswerten ftir Vorklarschlamm- und ijberschussschlammmengen vor dem Voreindicker, • bei geplanten Anlagen mit einwohnerspezifischen Richtwerten.
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Tabelle 4.2-13. Erforderliche Verweilzeiten bei der zweistufigen Klarschlammfaulung (Wechs 1985) Temperatur in der 1. Stufe
Erforderliche Verweilzeit tRl
1. Stufe d 2 4 2
°C 26 33
1
55
tR2 2. Stufe (33 °C) d 12 12
10
| 1
1
Diese Verweilzeitangaben beruhen auf den von Wechs ermittelten Versuchsergebnissen und erlauben einen Stabilisierungsgrad, der mit einem einstufigen, mesophilen Faulprozess mit 20 Tagen Verweilzeit erreicht werden kann. Die guten Ergebnisse beim Betrieb der ersten Stufe mit 26 °C konnten bisher nur von Wechs erzielt werden. Basierend auf den Untersuchungen von Wechs wurden bis heute in der Bundesrepublik Deutschland mehr als 10 zweistufig thermophil/mesophil betriebene groBtechnische Anlagen konzipiert. Wahrend in der ersten Stufe eine Aufenthaltszeit von ca. 3 Tagen bei einer Temperatur von 55 °C herrscht, wird die zweite Stufe im mesophilen Temperaturbereich unter 35 bis 37 °C und einer hydrauhschen Aufenthaltszeit von 12 Tagen oder mehr betrieben. Durch die niedrige Belastung der zweiten Stufe (Vorabbau in der ersten Stufe) und der mesophilen Temperaturfuhrung, wird ein sehr gut stabilisierter Schlamm mit den bekannten positiven Eigenschaften konventionell gefaulter Schlamme erreicht. Abb. 4.2-15 zeigt das Verfahrensschema einer groBtechnischen zweistufigen Faulanlage. zur Gasspeicherung
Warmetauscher 2 Aerobreaktor
3 Chargenbehalter 4 Notklihler
5 Faulbehalter
Abb. 4.2-15. Zweistufige Schlammfaulanlage thermophil/mesophil auf der Klaranlage Osterode/ Harz (Niehoff 1987)
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
139
Nebeneffekt der thermophilen Betriebsweise der ersten Stufe ist, dass gleichzeitig eine Entseuchung des Schlammes im Hinblick auf eine weitere Verwertung erzielt werden kann. Voraussetzung fur eine sichere Entseuchung ist eine mindestens zweistiindige ungestorte Verweilzeit des Schlammes in der thermophilen Stufe unter Vermeidung von Kontaktmoglichkeiten mit noch unbehandeltem Rohschlamm. Daher ist eine entsprechende Beschickungstechnik einzuhalten oder es sind entsprechende Verweilbehalter vorzusehen. Insgesamt lassen sich die Verfahrensvorteile und Einsatzbereiche dieses zweistufigen Verfahrens wie folgt zusammenfassen: • Stabilisierung von kommunalen Rohschlammen bei einer Gesamtaufenthaltszeit von nur 15 Tagen • Simultane Klarschlammentseuchung bei der Stabilisierung ohne Gefahr von Reinfektionen • Faulgasproduktion trotz verkiirzter Faulzeit vergleichbar hoch wie bei der konventionellen Faulung • Kostengtinstige Sanierungsmoglichkeit fiir iiberlastete Schlammfaulungsanlagen Kombination mit aeroben Stufen Grundsatzlich kann die anaerobe Schlammstabilisierung auch in Kombination mit aeroben Stufen durchgefuhrt werden. Ziel dieser zweistufigen Verfahren ist eine Teilstabilisierung durch die erste Stufe und eine Vollstabilisierung durch die zweite Stufe zu bewirken. Entwickelt wurden derartige Verfahren, um einerseits bei Neuerrichtung von Anlagen oder bei der Erweiterung iiberlasteter Anlagen teueres Faulraumvolumen einzusparen bzw. die Investition unter Inkaufnahme hoherer Betriebskosten (durch Beltiftung) zu minimieren. Dariiber hinaus kann durch thermophile Prozessfiihrung der Aerobstufe - geeignete Verfahrenstechnik vorausgesetzt eine sichere Klarschlammentseuchung gewahrleistet werden. Da seit einigen Jahren in der Bundesrepublik Deutschland eine Entseuchung nicht mehr gefordert wird, ist die Bedeutung dieses Verfahrens (gemessen an den 1970iger und 1980iger Jahren des letzten Jahrhunderts) drastisch zurtickgegangen. Vor dem Hintergrund der bereits benannten Anktindigung einer entsprechenden rechtlichen Regelung auf europaischer Ebene ist jedoch zu erwarten, dass in den nachsten Jahren gegebenenfalls eine Renaissance dieser Verfahrenstechnik eintritt. Im Einzelnen ist sowohl eine aerobe Vorbehandlungsstufe als auch eine aerobe Nachbehandlungsstufe in Erganzung zur Anaerobstufe denkbar.
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Aerob-Anaerob-Verfahren Bei dieser Verfahrenskombination wird der Rohschlamm zunachst in der aeroben Stufe durch Zugabe von Luftsauerstoff oder technischem Sauerstoff bei kurzer Aufenthaltszeit (ca. ein bis drei Tage) vorstabilisiert (Loll 1974). Die endgtiltige Stabilisierung erfolgt in der nachfolgenden anaeroben Stufe. Abb. 4.2-16 zeigt das VerfahrensflieBbild einer derartigen Verfahrenskombination. Durch den aeroben Betrieb der 1. Stufe erfolgt infolge aerober Stoffwechselprozesse eine Selbsterwarmung des Schlammes. Die sonst erforderliche Aufheizung des Schlammes ftir die nachfolgende Faulstufe kann in der Regel entfallen. In der anaeroben Stufe werden die verbleibenden organischen Stoffe unter Bildung von Faulgas weiter umgewandelt. Dabei kann jedoch nur ein verminderter Faulgasanfall erwartet werden, da bereits in der ersten Stufe ein Teil der organischen Schlamminhaltsstoffe oxidiert wurde. Diese Verfahrenskombination beinhaltet also immer einen Kompromiss zwischen Energieeinsatz (Luftzufuhr) und Warmegewinn (exotherme Reaktion) der aeroben Stufe und erzielbarer Faulgasausbeute im Anaerobreaktor. 1. Stufe aerob ^ meso-/thermophi!
2. Stufe anaerob
Entwasserung -
Abb. 4.2-16. VerfahrensflieBbild einer zweistufig aeroben/anaeroben Stabilisierungsanlage
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
141
Ftir den Aerobreaktor sind folgende Betriebsmoglichkeiten zu unterscheiden: • mesophil bzw. thermophil • Beltiftung mit Luftsauerstoff bzw. Reinsauerstoff Mesophiler Betrieb des Aerobreaktors Der mesophile Betrieb des Aerobreaktors ist problemlos ganzjahrig moglich, da kommunale Klarschlamme gentigend abbaubare, organische Stoffe zum Erreichen des mesophilen Temperatumiveaus durch exotherme, aerobe Umsetzungsprozesse beinhalten. Damit kann eine zusatzliche Aufheizung des Rohschlammes ftir die anschlieBende Faulung entfallen Eine Reduzierung der organischen Belastung durch den biochemischen Abbau in der ersten Stufe vermindert die Belastung des Anaerobreaktors, d.h., dass durch Vorschalten einer aeroben Stufe anaerobe Reaktoren entlastet werden konnen. Die Ziele, die haufig mit einer dem Anaerobreaktor vorgeschalteten mesophil betriebenen aeroben Stufe verbunden sind, konnen wie folgt zusammengefasst werden: • Einsparung der Rohschlammerwarmung ftir den mesophilen Betrieb einer Faulung durch Nutzung der exothermen Umsetzungsprozesse in einem vorgeschalteten Aerobreaktor • Entlastung einer Faulstufe durch aeroben Abbau und Teilstabilisierung im vorgeschalteten Aerobreaktor Thermophiler Betrieb des Aerobreaktors Die thermophile Betriebsfiihrung der aerob betriebenen, ersten Stufe ist nicht ohne vorgeschaltete Schlammeindickung moglich. Nach Bau (1985) ist hinsichtlich einer ganzjahrigen Gewahrleistung eines selbstgangigen Temperatumiveaus von 55 °C eine Erhohung des Rohschlammfeststoffgehaltes auf iiber 5,5 % TR, entsprechend einem mittleren CSB von rd. 70 g/1, notwendig. Ein derartig hohes Temperatumiveau bietet jedoch den Vorteil der simultanen Entseuchung, wenn Kurzschlussstromungen verfahrenstechnisch ausgeschlossen sind. Der damit verbundene, relativ hohe Abbau in der ersten Stufe hat jedoch eine stark reduzierte Gasausbeute in der Faulstufe zur Folge. Der Gasertrag kann, je nach Umfang des aeroben Abbaus, um 10 bis 40 % niedriger liegen als bei einer vergleichsweise 20-tagigen mesophilen Faulung (Siekmann 1986). Aufgmnd des damit verbundenen Verzichts auf energiereiches Faulgas sollte die aerobe Stufe vorzugsweise dann thermophil betrieben werden, wenn eine Entseuchung ftir die weitere Schlammverwertung beabsichtigt ist.
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4 Verfahrenstechniken zur Behandliing von Klarschlamm
Die Beliiftung der Aerobstufe 1st sowohl mlt Luftsauerstoff als auch mlt technlschen Relnsauerstoff mogllch. In aller Regel wurden groBtechnlsche Anlagen fur die Beliiftung mlt Luftsauerstoff konzlplert, auch wenn hlerbel Insbesondere In den Wlntermonaten durch hohe Luftmengen die Gefahr der Reaktorauskuhlung besteht. Insgesamt 1st die zwelstufig aerobe/anaerobe Verfahrenstechnlk dann eln lelstungsfahlges und wlrtschaftllches Stablllslerungsverfahren, wenn elne slmultane Klarschlammentseuchung beabslchtlgt 1st. Besondere Vortelle bletet dlese Technlk ftir den Elnsatz auf Klaranlagen klemerer und mlttlerer AusbaugroBen. Anaerob-Aerob-Verfahren Elne weltere Varlante komblnlerter Verfahren 1st die zwelstufige AnaerobAerob-Prozessftihrung. Die auf der Klaranlage anfallenden Rohschlamme werden In der 1. Stufe (anaerob-Stufe) bel reduzlerten Aufenthaltszelten (ca. 10 bis 15 Tage) konventlonell gefault und anschlleBend In der 2. Stufe (aerob-Stufe) beliiftet. Mlt dleser Verfahrensftihrung sollen folgende Zlele errelcht werden: • ausrelchende Stabllisierung des Rohschlammes, • VergroBerung des volumenbezogenen Stoffumsatzes In Verblndung mlt elner gestelgerten raumspezlfischen Gasausbeute, • Verbesserung der Entwasserbarkelt, • mogllcherwelse elne slmultane Entseuchung und • Verbesserung der Prozessstabllltat und Wlrtschaftllchkelt • Im Verglelch zur konventlonellen Faultechnlk (Rlegler 1981) Bel den blsher durchgefiihrten Untersuchungen zu dleser Verfahrensfiihrung konnte der zugeflihrte Rohschlamm bel Aufenthaltszelten von 15 Tagen Im Anaerobreaktor berelts ausrelchend stablllslert werden. Ktirzere hydraullsche Verwellzelten In dem bel 35 °C konventlonell betrlebenen Faulbehalter fiihrten zu elner merkllchen Verschlechterung des Stablllslerungsergebnlsses (Rlegler 1981). In der nachgeschalteten aeroben Stufe wurde bel Beliiftungszelten von 2 Tagen und mehr Immer elne ausrelchende Stabllisierung erzielt. Auffallig war, dass trotz des anaeroben Vorabbaus noch elne erhebllche CSBReduktlon In der 2. Stufe erfolgte. Dementsprechend konnte Im Aerobreaktor elne deutllche Temperaturanhebung Infolge exothermer Stoffwechselvorgange beobachtet werden. Inwleweit ganzjahrig eln ftir elne Entseuchung notwendlges Temperatumlveau alleln durch die blochemlschen Umsetzungsprozesse elnzuhalten 1st, 1st noch ungeklart. Eln groBtechnlscher Elnsatz dleser Verfahrenstechnlk steht noch aus.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
143
d) Thermophile einstufige Betriebsweise Ebenso wie im mesophilen Temperaturbereich (bis 40 °C) sind Biozonosen bekannt, die den anaeroben Abbau im thermophilen Temperaturbereich (45-60 °C) realisieren. Wahrend im Ausland (Klaranlage Moskau, Klaranlage San Francisco) mehrere GroBanlagen nach dieser Technik realisiert wurden, ist diese Verfahrensweise in der Bundesrepublik Deutschland bisher nur bei den vorgenannten 2-stufigen Anlagen in einer ersten thermophilen Vorstufe realisiert worden. BekanntermaBen laufen biologische Prozesse bei hoheren Temperaturen deutlich schneller ab, so dass durch die Uberfiihrung des Prozesses in den thermophilen Bereich zumindest eine Bescheunigung der Reaktion, ggf. auch ein weitergehender Abbau, zu erwarten ist. Dariiber hinaus konnte bei geeigneter Prozessftihrung eine simultane Klarschlammentseuchung moglich sein (z.B. als Kaskade). Ebenso ist bekannt, dass sich, bedingt durch die Veranderung der rheologischen Schlammeigenschaften in Folge erhohter Temperaturen, ftir thermophile Schlamme in aller Regel Vorteile bei der Klarschlammentwasserung ergeben. Diesen genannten Vorteilen stehen sachbedingt auch Nachteile gegentiber. Durch den thermophilen Betrieb ist entsprechend der genauen Betriebstemperatur linear ein groBerer Warmebedarf zur Rohschlammaufheizung sowie zum Ausgleich der Transmissionsverluste erforderlich. Weiterhin ist durch den erhohten Abbau mit einer deutlich hoheren Klaranlagenriickbelastung sowohl im Hinblick auf den Ammoniumgehalt als auch den CSB zu rechnen. Da praktisch die bautechnisch-statische Bemessung von Schlammfaulbehaltem durch den kritischen Lastfall Temperatur (At- innen/auBen) gepragt ist, ist mit hoheren Investitionskosten zu rechnen. All diese Argumente haben neben der allgemeinen Einschatzung, dass ein thermophiler Betrieb empfindlicher sei als ein mesophiler, dazu gefiihrt, dass diese Technik in Deutschland noch nicht angewendet wird. Aktuell werden auf der Klaranlage Steinhof des Abwasserverbands Braunschweig groBtechnische Versuche zur thermophilen Klarschlammstabilisierung durchgeftihrt. Der bisherige Betrieb (4 Monate) zeigt, dass im Hinblick auf die Stabilitat des Prozesses der thermophile Betrieb direkt mit dem mesophilen vergleichbar ist, also keine Nachteile aufweist, dass sich die thermophil stabilisierten Schlamme gut entwassern lassen, zusatzliche Geruchsprobleme nicht auftreten und somit aller Wahrscheinlichkeit nach Bedenken gegen die thermophile Prozessftihrung unbegnindet sind. Eine genaue Aussage hierzu ist aber erst nach Auswertung der Betriebsdaten (Mitte 2005) moghch.
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlimg von Klarschlamm
4.2.2 Klarschlammdesintegration Zielvorstellung fur eine okonomisch und okologisch optimale Klarschlammbehandlung ist es, unter Einsatz minimaler Investitions- und Betriebskosten dafur Sorge zu tragen, die Belastung der Okosysteme zu minimieren oder zumindest auf ein vertretbares MaB zu reduzieren. Reflektiert man die generellen Moglichkeiten der Klarschlammbeseitigung, so ist zum einen die Wiedereinschleusung der Rtickstande in den natiirlichen Stoffkreislauf tiber die landwirtschaftliche und landbauliche Nutzung damit verbunden, dass in den Klarschlammen enthaltene Schadstoffe dem Okosystem dlrekt zugefuhrt werden. Zum anderen jedoch verblndet sich die thermische Entsorgung der Schlamme (z.B. Verbrennung) in aller Kegel mit der unwlederbringlichen Vemlchtung wertvoller Schlammlnhaltsstoffe (Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor etc.). Eine sachgerechte Problemlosung fur die Zukunft muss es sein, die Vortelle dleser belden Entsorgungsv^ege zu komblnleren. Das helBt in elnem ersten Schritt sollen die ntitzlichen Inhaltsstoffe (z.B. Kohlenstoff als Biogas, Phosphor als Dtingemlttel) dem Klarschlamm entzogen werden, so dass die in der Schlamm-Matrix verbleibenden Schadstoffe dann in elnem zwelten Schritt thermisch entsorgt werden konnen. Bel Realislerung dleser Vorgehenswelse wird dann gleichzeitig auch die zu entsorgende Reststoffmenge mlnimiert, was sich wiederum vorteilhaft auf die Kosten auswirkt. Ein derzeit diskutierter, wissenschaftlich bereits in vielen Facetten untersuchter und groBtechnisch vereinzelt bereits angewendeter Verfahrensschritt hlerzu 1st die Klarschlammdesintegration. Bel alien ganglgen blsher beschriebenen Verfahren zur Klarschlammstabillsierung werden die auf den Klarwerken anfallenden Prlmar-, Sekundar- und Tertiarschlamme ohne wesentllche Vorbehandlung, ggf. nach moderatem Schlammwasserentzug, den Stabllisierungsstufen zugegeben. Dabei kann slcherllch fur den Prlmarschlamm davon ausgegangen werden, dass dleser in Ganze als „Substrat" zur Verfugung steht. Fallungsschlamme entziehen sich dem gegentiber in aller Regel elnem biologlschen Umsatz und die Sekundarschlamme nehmen quasi eine Zwitterstellung ein, da davon auszugehen ist, dass zumindest ein Tell der lebenden Blozonosen Im Stabillsierungsreaktor selbst nlcht umgesetzt wird, sondem zum Substratumsatz beitragt. Insbesondere in Anaerobreaktoren 1st daruber hinaus der Teilabbauschritt der Hydrolyse oftmals der zeitlich llmltlerende Schritt. Genau an dleser Stelle setzt die Verfahrenstechnlk der Klarschlammdesintegration an. Dabei wird versucht, nlcht nur die Zellagglomerate des Uberschussschlammes, sondern die Zellen selbst durch geeignete technische MaBnahmen zu zerstoren, so dass das gesamte Zellmaterial in Anaerobreaktor umgesetzt werden kann.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
145
In Abb. A2-11 sind die Wirkmechanismen und Verfahren, die bisher zur Klarschlammdesintegration untersucht wurden bzw. bereits eingesetzt werden, geordnet und zusammengefasst. Es wird deutlich, dass sowohl thermische als auch chemische, biochemische, physikalische und mechanische Wirkmechanismen herangezogen werden konnen, um das Ziel der Zellzerstorung zu realisieren. Hierbei ergeben sich dann nattirlich verfahrensbedingt auch unterschiedliche Eigenschaften und Zusammensetzungen der jeweiligen Desintegrate. Um fur die vorgenannten unterschiedlichen Wirkmechanismen und Verfahrensweisen eine Vergleichbarkeit herzustellen, war es notwendig, eine quantitative Bestimmung des Aufschlussgrades zu definieren. Mittlerweile haben sich hierfiir zwei Kennwerte durchgesetzt, die auch international angewendet werden.
D es inte grations ve rfa hre n physikalisch/mechanisch - Riihrwerkskugelmuhle - Scherspalthomogenisator - Ultraschall - Elektroimpuls - Lysatzentrifuge
thermisch -< 100 °C -> 100 °C chemisch - Nassoxidation - Ozon - alkalische Hydrolyse (NaOH, NH3) - saure Hydrofyse (HCl, H2SO4)
biochemisch - Enzymzugabe - Autob^se
Abb. 4.2-17. Wirkmechanismen und Verfahren zur Klarschlammdesintegration Moglichkeiten ftir die Bestimmung des Aufschlussgrades ergeben sich aus der Messung der Sauerstoffsverbrauchsrate der Schlammsuspension sowie des chemischen Sauerstoffbedarfes (CSB) der fltissigen Phase des Schlammes. Die biologische Aktivitat eines Schlammes kann hierbei durch die Messung der Sauerstoffsverbrauchsrate ermittelt werden. Durch den mechanischen Zellaufschluss werden Mikroorganismen inaktiviert oder zerstort und verlieren somit ihre Fahigkeit, Sauerstoff zu verbrauchen. Konkret ergibt sich der Aufschlussgrad aus dem Verhaltnis der Sauerstoffsverbrauchsrate der aufgeschlossenen zu der der unaufgeschlossenen Schlammprobe.
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm OV As-1-7^ OV,
[%]
Bei der Bestimmung des Aufschlussgrades nach der CSB-Methode werden die durch den Zellaufschluss in Losung gebrachten organischen Inhaltsstoffe quantifiziert, wobei zur Berechnung des Aufschlussgrades aus den Messwerten, die Bestimmung der maximalen freisetzbaren CSB-Menge notwendig ist. Hierfur wird der Schlamm durch Mischen mit einer einmolaren Natronlauge im Verhaltnis von 1:1 (10 Minuten Inkubation bei 90 °C) alkalisch hydrolysiert. Die CSB-Messung erfolgt dann in einer membranfiltrierten Probe (ATV-DVWK 2000). _ CSB-CSBQ
^^^ " C S B L - C S B Q
t'""']
Prinzipiell sind beide vorgestellten Messwerte fur die Beurteilung des Aufschlussgrades von Uberschussschlammen anwendbar, jedoch nicht fiir alle Desintegrationsverfahren. So kann z.B. der Aufschlussgrad von ozonisierten Schlammen nicht mit der Methode der Sauerstoffzehrung quantifiziert werden, da bei der Ozonisierung reaktive Radikale frei werden, die wichtige funktionelle Gruppen von Enzymen und Mikroorganismen oxidieren. Somit wird durch die Abtotung bzw.Hemmung der Mikroorganismen eine Zehrungsmessung quasi unmoglich. Die konkreten Werte lassen sich nicht interpretieren. Neben den beiden vorgenannten Kennwerten zur Quantifizierung des Aufschlussgrades wird in der Praxis oftmals vereinfachend lediglich der geloste CSB im Schlammwasser als Kontrollwert herangezogen. Thermische Desintegration Die ersten Verfahrenstechniken, die als Desintegrationsverfahren zu bezeichnen sind, wurden bereits vor tiber 50 Jahren eingesetzt, um auf den damals weit verbreiteten Kammerfilterpresse bessere Entwassemngsergebnisse zu erreichen. Diese sogenannte „thermische Konditionierung" wurde dann jedoch an alien Standorten der Bundesrepublik Deutschland wieder aufgegeben, da vor allem die Geruchsprobleme (bei hohen Temperaturen und Driicken werden erhebliche Mengen an Mercaptanen und Schwefelwasserstoff frei) sowie die Bildung inerten CSBs im praktischen Klaranlagenbetrieb nicht zu handhaben waren. Das von Brooks (1968) beschriebene Porteus-Verfahren hat zum Ziel, Klarschlamm thermisch zu konditionieren, die Zellwande zu zerstoren und Zellinnenwasser frei zu setzen. Hierbei wird zwischen 180 °C und 220 °C bei einer Verweilzeit von 30 bis 90 Minuten unter Druck der Aufschluss
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
147
vorgenommen. Die friiher betriebenen Anlagen bedurften einer separaten Schlamm-Wasser-Behandlung, sie waren ausgesprochen wartungsintensiv und mit den o.g. Problemen behaftet. Eine Erweiterung des Porteus-Verfahrens stellt das Zimpro-Verfahren (Zimmermann-Prozess) da, dass von Koster (Koster et al. 1975) beschrieben wurde. Hierbei wird unter Zugabe von reinem Sauerstoff bei Temperaturen zwischen 280 und 325 °C und einem Druck von 20 MPa unter Anwesenheit von Katalysatoren praktisch die gesamte organische Substanz in Losung gebracht oder suspendiert. Dieses Verfahren ist noch wirksamer als das vorher beschriebene Porteus-Verfahren, jedoch mit den gleichen Problemen behaftet. Dariiber hinaus traten bei den Anlagen erhebliche Korrosionsprobleme auf Es wird deutlich, dass das Zimpro-Verfahren schon kein rein thermisches Verfahren mehr ist, sondem seine Wirkung erst unter Zugabe von Chemikalien voll entfalten kann. Das Limus-Verfahren (Elbing u. Diinnebeil 1999) wurde zur Vermeidung tibermaBiger Geruchsbelastung sowie tibermaBiger Bildung inerten CSBs fur eine Aufenthaltszeit von 60 Minuten bei 135 °C dimensioniert, wobei in der anschlieBenden Schlammfaulung eine Steigerung des Abbaugrades von 35 % bei 20 Tagen Aufenthaltszeit nachgewiesen werden konnte. Das Cambi-Verfahren, beschrieben von Weisz (Weisz et al. 2000) wurde ftir bis zu 30 Minuten Aufenthaltszeit bei 130 bis 180 ^Celsius konzipiert. Hierbei wird entwasserter Schlamm mit einem Feststoffgehalt zwischen 15 und 2 0 % TR mit Wasserdampf beaufschlagt. Nach der Behandlung stellt sich ein Wert zwischen 10 und 12 % TR ein. In der nachfolgenden Faulstufe mit 17 Tagen Verweilzeit konnten CSB- Reduktionen von 60 %, eine sichere Hygienisierung erreicht und gute Entwasserungseigenschaften nachgewiesen werden. Weitere hochthermische Verfahren warden bisher nur in Pilotanlagen, z.B. von Dohanyos (Dohanyos et al. 2000) von Odegaard (Barlindhaug u. Odegaard 1996) sowie von Kopplow und Barjenbruch (2001) untersucht. Hierbei wurden sowohl die Temperaturen (zwischen 120 und 180 °C) sowie die Aufenthaltszeiten zwischen 1 und 60 Minuten variiert. Es konnten Aufschlussgrade zwischen 30 und 40 % festgestellt werden. Schaumbildungen wurden wirkungsvoll unterdriickt und in Einzelfallen eine Steigerung der Methanproduktion zwischen 35 und 50 % nachgewiesen. Von den genannten Verfahren entwickelt sich derzeit das CambiVerfahren, vor allem in GroBbritannien, sowie in Nordeuropa in unterschiedlichen Verfahrensvarianten zum Marktfuhrer. Derzeit sind ca. 15 Anlagen realisiert. Insgesamt muss bewertend festgestellt werden, dass alle hochthermischen Verfahren zum einen einen hohen Warmebedarf aufweisen und zum anderen aparativ mit entsprechenden Einrichtungen zur
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Warmemckgewinnung oder Riickktihlung ausgeriistet sein mtissen, die im Klaranlagenbetrieb besonderer Aufmerksamkeit bedtirfen. Oftmals werden die Verfahren dann eingesetzt, wenn aus anderen Quellen preiswerte oder kostenlose Warmeenergie auf entsprechendem Temperatumiveau vorliegt (Weisz et al. 2000). Einen qualitative!! Eindmck iiber die Leistu!!gsfahigkeit der thermischen Verfahre!!, dargestellt als geloster CSB i!n Schlammwasser, iiber der Behandlungstemperatur gibt Abb 4.2-18. Es verdeutlicht das mit steigei!der Te!!!peratur ebe!!SO, wie mit erhohter Verweilzeit fur die Temperaturei!!wirkung der geloste CSB im Schlammwasser uberproportio!!al steigt.
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100 150 Temperatur, *^C Anstieg CSB/BSB, d.h. schlecht abbaubar
200
Abb. 4.2-18. Quantitativer Zusammenhang zwischei! CSB im Schlainmwasser und Behandlungstemperaturen bei der thermischei! Klarschlammdesintegration (Kopp 2004) Chemische Desintegration Neben der vorbeschriebei!en Desi!itegratio!! durch das Zimpro-Verfahren ist hier auch das Leprox-Verfahren der Firma BAYER zu nennen. Bei diesem Verfahren werden im Temperaturbereich zwischen 120 bis 220 °C und einem Druck von 0,03 bis 0,25 MPa bei einer Aufenthaltszeit von 1 bis 3 Stunden unter Zugabe dreiwertigen Eisen als Katalysator bis zu 90 % der Organik gelost, wobei 70 % vollstandig aufoxidiert werden. Dieses sehr weitgehende Desintegrationsverfahren fuhrt zu sehr geri!igen Reststoffmengen, ist jedoch in Folge des Sauerstoffeinsatzes sowie der
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
149
aufwendigen Verfahrenstechnik in den meisten Anwendungsfallen wirtschaftlich nicht darstellbar (Holzer u. Horak 1999). Bei der sauren Hydrolyse, realisiert bei der Firma DOW Deutschland GmbH in Stade, erfolgt der Aufschluss des LFberschussschlammes bei ca. pH 1 mit Salzsaure und unter einem Druck von 1-2 MPa im Temperaturbereich > 130 °C mit einer Aufenthaltszeit von ca. 30 Minuten. Durch diese Randbedingungen erfolgt ebenfalls eine CSB-Freisetzung von > 90 %, was letztendlich in praxi einer Reduzierung der Filterkuchenmenge um etwa 80 % entspricht. Diesen Vorteilen stehen als Nachteile die Aufsalzung des Wassers sowie die aufwendige apparative und materialtechnische Anlage (Korrosion) gegentiber (ATV-DVWK 2003 (2)). Gegeniiber dem sauren Aufschluss ist auch eine Desintegration als alkalische Hydrolyse moglich. Auch bei dieser Vorgehensweise wird in aller Regel die Reaktivitat durch Temperatureinwirkung erhoht. Die Zuftihrung von Alkalien hat eine verseifende Wirkung auf die Zellbausteine der Mikroorganismen, wodurch bei Proteinen eine Offnung der Peptidbindung erfolgt und Lipide durch Spaltung der Fettsaureester beeinflusst werden. Es kommt somit zu einer Freisetzung der Zellinhaltsstoffe und einer partiellen Hydrolyse von Polymerbausteinen. Uber die bisher genannten Ansatze hinaus wird derzeit auch oftmals der Versuch untemommen, die chemische bzw. chemisch-thermische Desintegration als Verfahrensschritt zur Phosphor-Rtickgewinnung zu integrieren. Als Beispiel sei hier der Krepro-Prozess der Firma Chemwater / Alpha Laval genannt (Recktenwald 2002). Die Vorgehensweise ist beispielhaft in Abb. 4.2-19 dargestellt. Bei diesem Prozess wird auf 5 bis 7 % TR eingedickter Uberschussschlamm mit Schwefelsaure bei einem pH-Wert von ca. 1,5, einer Temperatur von 150 °C und einem Druck von 4 bar tiber 30 Minuten behandelt. Dabei gehen 40 bis 60 % der organischen Inhaltsstoffe in Losung. Die Reststoffe lassen sich mittels tiblicher Trenntechnik (Zentrifugen) auf ca. 45 % TR einengen. Im Anschluss an diese Behandlung folgt eine stufenweise Anhebung des pH-Wertes auf pH 9,5, wobei dann ein phosphorreicher Schlamm (35 % TR) abgetrennt werden kann. Das Zentrat aus diesem Prozess kann als Kohlenstoffquelle fiir die Denitrifikation im Bereich der Abwasserreinigung Verwendung finden.
150
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Rohschlamm R©aktor 150 *C 4 bar
Zentrpt
30 min
xy Aystank
Zerilrat {Kohlonstoff-
quelle) FeP04,35%TS
org. Schlamm, 45% TS
Abb. 4.2-19. Chemischer Klarschlammaufschluss mit Phosphorriickgewinnung (Kopp 2004) Daruber hinaus besteht die Moglichkeit, eine chemische Desintegration mit Hilfe einer Ozonbegasung zu realisieren. Bei der Reaktion von Zellen mit Ozon werden die ungesattigten Fettsauren der Zellmembran angegriffen. Durch die so beschadigte Membran dringt dann Ozon in das Innere der Zelle und reagiert dort mit den vorhandenen Zytoplasmasubstanzen, was zu einer Zellzerstorung ftihrt. Weiterhin werden so ungeloste organische Makromolektile in kleine, wasserlosliche Verbindungen umgewandelt, was zu einer weitgehenden Hydrolyse ftihrt. Auch ftir diese Verfahrenstechnik scheint nach heutigem Kenntnisstand lediglich die Behandlung des Uberschussschlammes sinnvoll, wobei die Ozonbeaufschlagung in einem Bereich zwischen 0,01 und 0,06 g Os/g TR zu Aufschlussgraden zwischen 10 und 30 % ACSB ftihrt. Bei diesen Aufschlussgraden kann von einer Steigerung der Gasausbeute von ca. 20 % (in einer konventionellen einstufigen Schlammfaulung) ausgegangen werden (ATV-DVWK 2003 (2)). Biochemische Desintegration Zur Leistungssteigerung der anaeroben Schlammfaulung wurden in den letzten Jahren immer wieder Versuche untemommen, mit Hilfe von Enzym- sowie Bakterientrockenpraparaten eine aufschlieBende, d.h. desin-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
151
tegrierende Wirkung, auf den Klarschlamm auszutiben. Dabei kamen Enzympraparate durchwegs als Mehrkomponentenprodukte mit teilweise deutlich unterschiedlichen Wirkungsmustem zum Einsatz. Die Hauptbestandteile waren in alien Fallen hydrolytisch wirkende Enzyme, wie Proteasen, Zellulasen und Lipasen. Diese Enzyme sollen den im Regelfall bei der Schlammfaulung geschwindigkeitsbestimmenden Schritt, die Hydrolyse, unterstiitzen. Die durch die Enzyme freigesetzten Monomere, wie Zucker, Armino- und Fettsauren konnen dann im Zellinneren weiter methabolisiert werden. Aufgrund ihrer Spezifitat wirken derartige Enzyme tiberwiegend auf die Bestandteile des Primarschlamms, wobei der tJberschussschlamm nur marginal beeinflusst wird. Der Einsatz von Bakterientrockenpraparaten ist prinzipiell denkbar, wenn Bakterien mit hydrolytischer und/oder acetogener Wirkung verwendet werden (ATV-DVWK 2003(2)). Die bisherigen Resultate aus Laborversuchen und groBtechnischer Anwendung von Enzym- und Bakterientrockenpraparaten lassen den Schluss zu, dass eine weitere Leistungssteigerung nur schwer moglich bzw. marginal ist. Mechanische Klarschlammdesintegration Bei der mechanischen Desintegration von Klarschlammen werden grundsatzlich die gleichen Zielsetzungen verfolgt wie bei der chemischen und/oder thermischen sowie biologischen Desintegration. Mit Hilfe von unterschiedlichen Aggregaten wird versucht, die Zellstrukturen soweit zu zerstoren, dass entsprechend dem erzielten Aufschlussgrad der Mikroorganismen ein entsprechend weitergehender Abbau moglich ist und/oder gleichermaBen die fur den Abbau erforderliche Reaktionszeit reduziert werden kann. In Abb. 4.2-20 sind die prinzipiellen Moglichkeiten aufgezeigt, um Klarschlamm sinnvoll im Zuge der Stabilisierung durch Desintegration weiter aufzuschlieBen. Die mechanische Desintegration von Primarschlamm ist hierbei mittlerweile als praktisch anzuwendendes Verfahren auszuschlieBen, da die im Primarschlamm enthaltene organische Substanz a priori dem anaeroben Abbau leicht und schnell zur Verfugung steht und anhand vorliegender Untersuchungen im halbtechnischen MaBstab relativ gut nachgewiesen werden konnte. Die Primarschlammdesintegration lasst zum einen keinen deutlich weiteren Abbau zu und zum anderen ist sie wirtschaftlich nicht vertretbar. Die als Beispiel F in Abb. 4.2-20 dargestellte Moglichkeit der Faulschlammdesintegration wurde bereits verschiedentlich untersucht und ist ebenfalls als wenig zielftihrend einzustufen, da bei dieser Verfahrenstechnik natiirlich auch die Biozonose geschadigt wird, die letztendlich ftir den Stoffumsatz maBgebend ist. Da jedoch in den letzten Jahren bei vielen Schlammfaulbe-
152
4 Verfahrenstechniken zur Behandkmg von Klarschlamm
haltem infolge der Anderungen in der biologischen Abwasserereinigung (Nahrstoffelimination) oftmals Probleme mit Fadenorganismen oder Schaumbildung aufgetreten sind, sollte diese Art der Desintegration nicht ganzlich auBer Acht gelassen werden, da in Bezug auf diese genannten Probleme eine ausgezeichnete Leistungsfahigkeit des Verfahrens besteht. Aus vorher genannten Griinden wird derzeit eine Uberschussschlammdesintegration tiberwiegend, wie in Abb. 4.2-20 unter D dargestellt, in die Verfahrenstechnik eingebunden. Hierbei kann dann der Uberschussschlamm vor der Desintegration je nach Anforderung des Verfahrens mehr oder minder eingedickt werden, so dass entsprechend dem jeweiligen Desintegrationsverfahrens die optimalen Randbedingungen geschaffen werden konnen. Schwimmschlamm
hm
W
G Konditionierung und Entwasserung
w
Desintegrationsgerat
Abb. 4.2-20. Anwendungsmoglichkeiten der Klarschlammdesintegration (ATVDVWK 2000) Nachfolgend werden ohne Anspruch auf Vollstandigkeit die wesentlichen Verfahren sowie Aggregate zur mechanischen Klarschlammdesintegration vorgestellt sowie ihre Wirkungsweise beschrieben und wo moglich quantifiziert.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
153
Ruhrwerkskugelmiihlen (RWKM) Ruhrwerkskugelmtihlen sind Aggregate, die aus der Zerkleinerungs- und Mahltechnik bekannt sind. Es handelt sich hierbei um in aller Regel bei Vollraummtihlen einen zylindrischen Mahlraum, in dem ein entsprechender Rotor die Schlammsuspension ebenso wie die im Mahlraum befindlichen Mahlkugeln standig durchmischt. Die auftretenden Scherkrafte werden von den Mahlkugeln auf die Mikroorganismen iibertragen und fiihren somit zu einer rein mechanischen Zellwandzerstorung. In Abb. 4.2-21 ist beispielhaft eine derartige Einrichtung schematisch dargestellt. Fiir den praktischen Betrieb kann eine Optimierung durch die Wahl unterschiedlicher Materialien sowie Durchmesser der Mahlkugeln erfi)lgen. Neben den Ruhrwerkskugelmtihlen sind ebenfalls Ringspaltmiihlen untersucht worden. GleichermaBen gilt es fiir alle Riihrwerks-Kugelmiihlen sowie Ringspaltmiihlen das Problem der Mahlkorperabtrennung sowie des Mahlkorperriickhalts zu losen. Hierzu wurden die unterschiedlichsten technischen Vorkehrungen realisiert und untersucht, wobei sich ein Ubertritt der Mahlkorper in den desintegrierten Schlamm offensichtlich in Gauze nicht verhindem lasst, so dass zum einen ein kontinuierlicher Ersatz von Mahlkorpem fiir den Mahlprozess und zum anderen die tibergetretenen Mahlkorper im weiteren Verlauf der Schlammbehandlung mit berticksichtigt werden mtissen.
Suspensionseintritt
Suspensionsaustritt
Mahlraum Abb. 4.2-21. Ruhrwerkskugelmiihle (Vollraummuhle)
154
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Hochdruckhomogenisatorn (HDH) Hochdruckhomogenisatoren sind aus der lebensmittelverarbeitenden Industrie bekannt. In diesen Aggregaten werden hoch verdichtete Suspensionen durch ein Homogenisierventil entspannt. Die dabei auftretenden Kavitationskrafte sind ausreichend, um die Zellen von Mikroorganismen in Ganze zu zerstoren. Prinzipiell sind Hochdruckhomogenisatoren ftir die Klarschlammdesintegration geeignet. Jedoch muss beriicksichtigt werden, dass durch die hohe Geschwindigkeit der Suspension bei der Entspannung im Homogenisierventil die im Klarschlamm enthaltene anorganische Substanz stark abrasiv wirkt, so dass diese Hochdruckhomogenisierventile als VerschleiBteile anzusehen sind, was wiederum Auswirkungen auf den Betrieb sowie die Kosten beinhaltet (ATV-DVWK 2000). Ultraschallhomogenisatoren (UH) Bei der Ultraschallhomogenisation erzeugen pietzo-keramische Wandler hochfrequente Schwingungen in der Schlammsuspension, so dass auch bei diesem Verfahren letztendlich Kavitationskrafte auf die Mikroorganismen in der Schlammsuspension wirken und sie so zerstoren. Auch diese Technik hat ihre prinzipielle Eignung fiir die Klarschlammdesintegration bereits unter Beweis gestellt. Die meisten, derzeit mit Desintegrationseinrichtung versehenen Schlammfaulungsanlagen arbeiten nach diesem Prinzip (ATVDVWK 2000). Lysat-Zentrifugen-Technik (LYZT) Bei der Lysat-Zentrifungen-Technik handelt es sich um eine Zentrifuge zur Eindickung von Uberschussschlammen, die in der Austragszone zusatzlich mit rotierenden sowie feststehenden Metallplatten besttickt ist. Ohne wesentlichen Mehraufwand an Energie soil zwischen diesen Metallplatten in Folge auftretender Scheerkrafte eine Zerstorung der in der Schlammsuspension enthaltenden Mikroorganismen stattfmden. Bis heute ist es noch nicht gelungen nachzuweisen, dass durch den Einsatz derartiger Zentrifugen nennenswerte Desintegrationserfolge gemessen als As oder ACSB erreicht wurden. In einzelnen Fallen konnte lediglich ein geringftigig besseres Faulverhalten nachgewiesen werden (ATV-DVWK 2000). Hochleistungspulstechnik (HLPT) Bei dieser Technik werden elektrische Durchschlage zwischen 2 Elektroden erzeugt. Die daraus entstehende Dmckwelle fiihrt zu Scheerkraften, die in der Lage sind, die in der Klarschlammsuspension enthaltenen Mikroorganismen zu perforieren, was praktisch einer Desintegration gleich kommt. Diese Verfahrenstechnik ist bisher in der Bundesrepubhk Deutsch-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
155
land lediglich in halbtechnischen Versuchen erfolgreich eingesetzt worden. In den Vereinigten Staaten von Amerika sind zwei groBtechnische Anlagen im Betrieb (ATV-DVWK 2000). Beispielhaft fiir die genannten Verfahrenstechniken ist deren Leistungsfahigkeit in den Abb. 4.2-22 bis 4.2-25 aufgezeigt. Wie aus Abb. 4.2-22 ersichtlich wird, ist ftir die unterschiedlichen verwendbaren Aggregate in Abhangigkeit des realisierten Energieeintrages mit unterschiedlichen Aufschlussgraden (As) zu rechnen. Es wird deutlich, dass neben dem gewahlten Aggregat selbst auch der Feststoffgehalt in der Schlammsuspension ganz wesentlich den fiir einen gewtinschten Aufschlussgrad erforderlichen Energieeintrag beeinflusst. In Abb. 4.2-23 ist gezeigt, wie der Abbaugrad (T]OTR) reinen Uberschussschlammes in Abhangigkeit vom realisierten Aufschlussgrad abhangt. Prinzipiell ist davon auszugehen, dass mit zunehmenden Aufschlussgrad der Abbaugrad in der nachfolgenden Faulung steigt. Diese Erhohung des Wirkungsgrades der Schlammfaulung muss zwangsweise eine Verminderung der verbleibenden Schlammfeststoffmenge sowie eine Mehrproduktion von Faulgas zur Folge haben. 100
90 80
^
„A-
H D H , TR = 38 g/kg
-O-
R W K M , TR = 10 g/kg
60
-•-
R W K M , TR = 42 g/kg
50
70
o^ w
< 03
H D H , TR = 10 - 15 g/kg
-A-
-•-^ U H , TR
= 8 - 2 2 g/kg
S H , TR = 1 0 - 2 4 g/kg
i>-
40
<>
13
^
30
M—
20
O C/) D
.^4^ O
HDH: Ap = 100 - 800 R W K M : d,,, = 0,35
10
-HHi 1000
1—i i i i i I
10000
Spezifische Energie E
bar
mm, v,, = 6 m/s
i i i iI 100000
[kJ/kg]
Abb. 4.2-22. Mit verschiedenen Aufschlussgeraten erreichte Aufschlussgrad in Abhangigkeit von der spezifischen Energie (Mtiller 1996) Allen bisherigen Untersuchungen ist es gemein, dass die Aufstellung geschlossener Bilanzen bisher nicht gelungen ist. Dies diirfte zum einen messtechnische Ursachen haben (Gasmengenmessungen, TR und oTRBestimmungen etc.) und zum anderen auch daran liegen, dass oftmals die
156
4 Verfahrenstechniken zur Behandkmg von Klarschlamm
Versuche zu kurz oder zu gering adaptiert durchgeftihrt wurden. Prinzipiell kann der dem Faulungsreaktor zugefiihrte Kohlenstoff lediglich in gasformiger Form oder gelost als Ruckbelastung zur Klaranlage das System verlassen, so dass im Grunde genommen Bilanzen zu schlieBen sein miissten. 35 ozonisiert
30 254 ^
20 Hochdruckhomogenisator, Ap = 400 bar
"D
13 CD
<
15 Hochdruckhomogenisator, Ap = 200 bar
10 unaufgeschlossen
54 — i —
10
20 30 40 Aufschluflgrad A^gg [%]
50
Abb. 4.2-23. Erreichte Abbaugrade flir verschieden aufgeschlossene Faulschlamme bei anaerober Behandlung im submersen Betrieb (Kopp et al. 1997) In Abb. 4.2-24 ist die stoffliche Veranderung der Parameter CSB, Kjeldahlstickstoff und Phosphat in Abhangigkeit des Aufschlussgrades As beispielhaft fiir die Aggregate Hochdruckhomogenisator und Rtihrwerkskugelmtihle aufgezeigt. Mit zunehmendem Aufschlussgrad steigen alle drei Parameter, bei Verwendung des Hochdruckhomogenisators sogar linear, deutlich an. In Abb. 4.2-25 ist dargestellt, welche Auswirkung sich aus dem Aufschluss des Uberschussschlammes nach einer Faulung als tatsachliche Rtickbelastung der Klaranlage ergibt. Wahrend Phosphor praktisch unbeeinflusst die Anaerobstufe durchlauft, d.h. die Steigerung der Rtickbelastung direkt aus der Steigerung des Phosphorgehaltes im Schlammwasser des Desintegrates ermittelt werden kann, steigt der Stickstoffgehalt sachbedingt durch zusatzlichen EiweiBabbau weiter an. Demgegentiber ist der zusatzlich gebildete CSB offensichtlich anaerob sehr gut abbaubar, so dass davon auszugehen ist, dass dieser Kohlenstoff tiberwiegend in Biogas umgesetzt wird. Sowohl aus groBtechnischen Betriebsergebnissen als auch
4.2 Behandlimg kommunaler Schlamme
157
aus labor- und halbtechnischen Untersuchungen lasst sicti ableiten, dass durch die Klarschlammdesintegration zusatzlich umgesetzter Kohlenstoff zu ca. 85 bis 90 % in Form von Biogas und in etwa zu 10 bis 15 % als Klaranlagenrtickbelastung das Anaerobsystem verlasst. Insgesamt ist festzustellen, dass die Verfahren zur Klarschlammdesintegration in den letzten Jahren deutlich weiter entwickelt wurden, wobei jedoch anzumerken ist, dass die Sinnigkeit des Einsatzes in letzter Konsequenz von den tatsachlich auftretenden Kosten sowie Einspamngen durch diesen Verfahrensschritt abhangt. In aller Kegel ist davon auszugehen, dass durch den Mehrertrag aus der Verstromung des zusatzlichen Biogases diese Technik nicht finanziert werden kann. Jedoch ist bei hohen Entsorgungskosten fiir die entwasserten Klarschlamme je nach AnlagengroBe ggf. ein wirtschaftlicher Betrieb moglich. Einen groBtechnischen Vergleich unterschiedlicher Verfahren zur Desintegration im Hinblick auf den wirtschaftlichen Effekt hat Winter 2003 untersucht und kommt ebenfalls zum vorgenannten Ergebnis (Winter 2003).
158
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
80
E O^ CD JZ Q. C/) O
20
•
Hochd'ucWxmDgenisd:a
A
RL]h'AAa'tekgeiiTLlMe
40
60
80
100
Ajfschlufigrad A
Abb. 4.2-24. Chemischer Sauerstoffbedarf (CSBf), Konzentration des ges. Kjeldahl-Stickstoff (TKN) und des Phosphates (PO4-P) im Zentrat eines Uberschussschlammes nach Zellaufschluss (Milller u. Dichtl 1998)
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
unaufgeschi ossen - A HDH200bar-A
s
HDH400bar-A
159
= 0%
=25% =40%
RWKM-A =43% s
uuu
1
^
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/ : : I.SlLfe 1 [iLStLfe ^ --+ - - - - " - " - " i — - " " f—^'^^^-^ — \ 10
s
= 0%
=25%
HDH400bar-A RWKM-A
s
=40% s =43%
-^ 12
14
16
18
300 unaufgeschi ossen - A HDH200bar-A HDH400bar-A
= 0%
=25%
s _=40%
O Q_
Q. O
6
8
18
10
Hydraulische Verweilzeit t
, [d]
Abb. 4.2-25. Schlammwasserbelastung in Abhangigkeit von der hydraulischen Verweilzeit (Kopp et al. 1997)
160
4 Verfahrenstechniken ziir Behandlung von Klarschlamm
4.2.3 Klarschlammentseuchung Die Entsorgung der beim Abwasserreinigungsprozess anfallenden Klarschlamme hat so zu erfolgen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeintrachtigt wird. Hieraus leitet sich ein besonderer Schutz von Mensch, Tier und Pflanze sowie der nattirlichen Lebensraume Gewasser, Boden und Luft ab. Diese Maxime gilt grundsatzlich fur alle Klarschlammentsorgungskonzepte, insbesondere also auch fur die landwirtschaftliche, gartnerische oder forstwirtschaftliche Verwertung, da hier ein direkter Kontakt von Entsorgungsgut und Lebewesen (Tier) moglich ist. Da die Riickfuhrung der Klarschlamme in den nattirlichen Stoffkreislauf nach wie vor ein sinnvolles und preiswertes Entsorgungskonzept darstellt, sollte diese Moglichkeit auch in Zukunft weiter verfolgt werden. Dies impliziert notwendigerweise technische MaBnahmen zur LFberfiihrung der Klarschlamme in eine Form, so dass kritische Folgewirkungen fiir die Umwelt ausgeschlossen werden konnen. Obwohl die derzeit gliltige Fassung der Klarschlammverordnung keine Entseuchung der Klarschlamme bei landwirtschaftlicher Verwertung fordert (Klarschlammverordnung 1997), kann dennoch zum Schutz des Personals eine Entseuchung vorgenommen werden. Dariiber hinaus ist zu erwarten, dass auf Grundlage des europaischen Rechts gegebenenfalls in Zukunft fiir die landwirtschaftliche und landbauliche Nutzung eine Entseuchung gefordert wird. Aus diesem Grunde ist der Klarschlammentseuchung auch in Zukunft eine gewisse Bedeutung zuzuordnen. Nachfolgend werden die Mechanismen und Verfahren der Klarschlammentseuchung kurz dargestellt. Klarschlamm enthalt praktisch alle Krankheitserreger, die im Einzugsbereich der Klaranlage in das Abwasser gelangen, soweit sie nicht bereits im Abwasser selber oder bei der Klarschlammgewinnung und -behandlung absterben (Bulling 1988). In Tabelle 4.2-14 sind beispielhaft einige der im Klarschlamm zu erwartenden Krankheitserreger zusammengestellt. Das MaB der vom Klarschlamm ausgehenden seuchenhygienischen Gefahr wird einerseits durch das direkt vom Krankheitserreger ausgehende Gefahrdungspotenzial (Schwere der moglichen Erkrankungen bei Mensch oder Tier), andererseits von der qualitativen und quantitativen Bedeutung moglicher Infektionswege bestimmt. Abb. 4.2-26 verdeutlicht in einfacher Form die epidemiologischen Zusammenhange der durch Abwasser oder Klarschlamm moglichen Infektionswege. Im Hinblick auf eine sichere Unterbrechung der Infektionskette sind demnach VorbehandlungsmaBnahmen zu fordem, die eine sichere Entseuchung bewirken.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
161
Tabelle 4.2-14. Im Klarschlamm zu erwartende Erreger, die zu Krankheiten filhren konnen Gmppe der Krankheitserreger Bakterien
Parasiten
Viren
Beispiele fiir Vertreter der Gmppe Salmonellen Clostridien Pseudomonaden Enterobacter Echerichia coH Protozoen Cestoden Nematoden Enteroviren Adenoviren
Mensch
i i I
Abwasser
Klarschlamm
Wasser
^
Lebensmittel
Ackerland
I
Frucht
• • Tier
Abb. 4.2-26. Durch Klarschlamm oder Abwasser mogliche Infektionswege Zur Beurteilung der Entseuchungsleistung und -sicherheit von Entseuchungsverfahren sind zunachst geeignete Kriterien und Anforderungen an die Entseuchung von Klarschlammen zu definieren. Diese Aufgabe hat sich die ATV / VKS - Arbeitsgruppe 3.2.2 „Entseuchung von Klarschlamm" bereits Anfang der 1980iger Jahre gestellt und unter Beriicksichtigung seuchenhygienischer Erfordernisse und deren praktischer
162
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Durchftihrbarkeit die Anforderungen an die Entseuchung von Klarschlamm wie folgt defmiert (ATV 1988): „Als seuchenhygienisch unbedenklich gilt ein Klarschlamm, der einem Entseuchungsverfahren unterzogen wurde, fiir welches durch eine geeignete Untersuchung nachgewiesen worden ist, dass • die Zahl urspriinglich vorhandener oder aber zugesetzter Salmonellen um mindestens vier Zehnerpotenzen vermindert wird und • vorhandene oder aber zugesetzte Askarideneier nicht mehr • ansteckungsfahig sind (= Verfahrenskontrolle). AuBerdem muss das Verfahren zu einem Klarschlamm flihren, der direkt nach der Behandlung in einem Gramm Schlamm • keine Salmonellen und • nicht mehr als 1.000 Enterobacteriaceen enthalt (= Prozesskontrolle). Die Bestimmung der Salmonellen, der Enterobacteriaceen und der Wurmeier erfolgt dabei durch von den zustandigen Landesbehorden bestimmte Institute" (ATV H 4.2.3.1 Mechanismen fur eine Entseuchung von Klarschlammen "Eine Entseuchung von Klarschlammen ist moglich unter Nutzung • einer ausreichenden Hitzeeinwirkung, sei es tiber Fremderhitzung z.B. bei der Schlammpasteurisierung, thermischen Konditionierung o.a., sei es tiber eine Selbsterhitzung bei der aerob-thermophilen Schlammstabilisierung oder der Schlammkompostierung, sei es bei der Hitzeentwicklung, wie diese durch Zugabe von ungeloschtem Kalk zum Klarschlamm zu gewahrleisten ist. • einer ausreichenden pH-Wert-Verschiebung, wie diese durch die Zugabe von Kalkhydrat zum Beispiel bei der Schlammkonditionierung oder durch die Zugabe von Branntkalk eintritt. • einer ausreichenden ionisierenden Bestrahlung" (ATV 1988). Abb. 4.2-27 verdeutlicht beispielsweise die abtotende Wirkung einer Hitzeeinwirkung auf unterschiedliche Krankheitserreger. Die dargestellten Geraden zeigen den fimktionalen Zusammenhang zwischen Totungswirkung auf die verschiedenen Krankheitserreger. Oberhalb dieser Geraden ist eine sichere Abtotung der jeweiligen Krankheitserreger gewahrleistet. Im Bereich der Sicherheitszone kann eine vollstandige Abtotung aller JCrankheitserreger erwartet werden (Bau u. Popel 1986).
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
163
Entamoeba hisfolytica
20 0,1
1
10 Zeif
\ 1 Tag
T
100 I 1 Woche
J_
I+1.000 1 Monat
20 f10,000 1 iahr
T-
(Stunden)
Abb. 4.2-27. Einfluss von Zeit und Temperatur auf einige Krankheitserreger nach Feachem et al. (Feachem et al. 1983) a) Verfahren zur Entseuchung von Klarschlammen Die oben genannte ATV/VKS-Arbeitsgmppe differenziert grundsatzlich zwischen Verfahren, die bereits als Entseuchungsverfahren anerkannt werden konnen und Verfahren, fiir die noch ein entsprechender Nachweis zu fiihren ist. Im Einzelnen stellt sich dieser Zusammenhang wie folgt dar:
164
4 Verfahrenstechniken ziir Behandkmg von Klarschlamm
1. Zu den Verfahren, "fiir die aufgrund der bereits auf breiterer Basis vorliegenden, auch in der Untersuchungsmethodik ausreichend gesicherten Ergebnisse bei bestimmten definierten Verfahrens- und Prozessbedingungen (ATV 1988) die Verfahrenskontrolle schon jeweils grundsatzlich als erftillt gilt," (ATV 1988) gehoren: • die Schlammpasteurisiemng (Vorpasteurisierung), • die aerob-thermophile Schlammstabilisierung (ATS), • die aerob-thermophile Schlammbehandlung mit anschlieBender Faulung, • die Behandlung von Klarschlamm mit Kalk als Ca(0H)2 (Kalkhydrat, Loschkalk), • die Behandlung von Klarschlamm mit Kalk CaO (Branntkalk, ungeloschter Kalk), • die Kompostierung von Klarschlamm in Mieten, • die Kompostierung von Klarschlamm in Reaktoren (ATV 1988). 2. Zu den Entseuchungsverfahren, „fur die noch der Nachweis zur Verfahrenskontrolle zu fiihren ist", (ATV 1988) gehoren: • Verfahren zur Entseuchung von Klarschlammen gemaB Punkt 1 mit davon abweichenden Verfahrens- und/oder Prozessbedingungen, • andere Verfahren bzw. Verfahrenskombinationen oder andere Verfahrensketten (ATV 1988). Um sicherzustellen, dass alle Schlammpartikel entseucht werden und um somit eine Rekontaminierung zu vermeiden, mtissen die im Schlamm enthaltenen groBeren Partikel abgesiebt oder maschinell zerkleinert werden ( 0 < 5 mm). Des Weiteren ist zur Sicherstellung des Entseuchungsprozesses die Trennung der Zulaufseite von der Ablaufseite unabdingbar. Kurzschlussstromungen sind konstruktiv zu vermeiden. Die Entseuchungsverfahren werden in Verfahren fiir die Entseuchung von • Fltissigschlamm und • entwasserten Klarschlammen gegliedert. b) Verfahren zur Fliissigschlammentseuchung Schlammpasteurisierung (Vorpasteurisierung) Bei der Pasteurisierung erfolgt eine Erhitzung des Rohschlammes unter Zufuhr von Warme auf Temperaturen unter 100 °C, mindestens jedoch auf 65 °C. Die Einwirkzeit betragt mindestens 30 Minuten. Eingesetzt werden Vorpasteurisiemngsanlagen, d.h. der Rohschlamm wird vor der Faulung
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
165
behandelt. Die Pasteurisierung von Faulschlamm (Nachpasteurisierung) sollte nicht angewendet werden, da die Gefahr der Rekontaminierung des pasteurisierten Schlammes durch pathogene Keime sehr groB ist. Andere mogliche Temperatur-ZZeitkombinationen sind: • 70 °C - 25 Minuten, • 75 °C - 20 Minuten, • 80 °C- lOMinuten. Auch bei noch hoheren Temperaturen darf eine Einwirkzeit von 10 Minuten nicht unterschritten werden. Pasteurisierungsanlagen beinhalten die Verfahrensschritte Erhitzen, Verweilen und Abkiihlen. Hierfiir werden verschiedene Systeme eingesetzt, z.B. das Dampfeinpressverfahren, System Roediger oder das MTS-Verfahren, System Klockner. Aerob-thermophile Schlammstabilisierung (ATS) Im ATS-Prozess tritt bei der Zufuhr von Luft- oder technischem Sauerstoff als Folge mikrobieller Stoffwechselprozesse eine Temperaturerhohung und ein Anstieg des pH-Wertes auf Werte um pH 8 auf. ATS-Anlagen sollten mindestens zweistufig (d.h. zwei Reaktionsbehalter in Reihe geschaltet) betrieben werden, um Kurzschlussstromungen und damit eine Rekontamination zu vermeiden. Die Aufenthaltszeit betragt mindestens fiinf Tage. Zur Entseuchung sind folgende Einwirkzeiten und Temperaturen erforderlich: • 23 Stunden bei 50 "C oder • 10 Stunden bei 55 °C oder • 4 Stunden bei 60 °C. Wahrend der Einwirkzeit darf nicht mit Rohschlamm beschickt werden. Das ATS-Verfahren eignet sich in der Regel fiir Klaranlagen mit Anschlusswerten von 10.000 bis 50.000 EW. Duale biologische Stabilisierung Hier wird eine aerob-thermophile Stufe mit einer nachgeschalteten anaeroben mesophilen oder thermophilen Faulungsstufe gekoppelt. In der aerobthermophilen ersten Stufe wird durch eine ausreichend hohe Temperatur, die durch selbstgangige exotherme Stoffwechselvorgange und durch Stiitzheizung mittels Fremdenergie erreicht wird, die Entseuchung sichergestellt. Die nachfolgende anaerobe mesophile oder thermophile Stabilisierung gewahrleistet gleichzeitig die notwendige Prozesssicherheit der Entseuchung. Bei diesem zweistufigen Verfahren gilt der behandelte Schlamm als entseucht, wenn in der ersten Stufe entweder die Anforderungen an ei-
166
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
ne Vorpasteurisierung erfiillt sind oder wenn die Einwirktemperatur von mindestens 60 °C wahrend einer Einwirkzeit von durchgehend mindestens vier Stunden eingehalten wird. Wahrend dieser Einwirkzeit darf kein Rohschlamm zugefiihrt werden. In der zweiten (anaeroben) Stufe mtissen Temperaturen von mindestens 30 °C eingehalten werden. Behandlung von Klarschlamm mit Kalk als Ca(OH)2 Ca(0H)2 (Kalziumhydroxid, Kalkhydrat, Loschkalk) dient bei Zugabe vor der Verwertung der Entseuchung, bei Zugabe vor der Entwasserung der Konditionierung. In beiden Fallen bewirkt die Zugabe von Loschkalk in Abhangigkeit von den Schlammeigenschaften und der zugefiihrten Kalkmenge eine Erhohung des pH-Wertes. Die Nasszugabe in Form von Kalkmilch ist der Trockenzugabe wegen der besseren Mischbarkeit und Entseuchungswirkung vorzuziehen. Ftir eine Entseuchung muss der AnfangspH-Wert des Kalk-Klarschlammgemisches bei 12,5±0,3 liegen. Das erfordert Kalkmengen von 7 bis 15 kg/m^ Das Gemisch sollte vor der Abgabe zur Verwertung mindestens drei Monate gelagert werden. Wahrend dieser Zeit darf kein neuer Klarschlamm zugefiihrt werden. Die Kalkhydratbehandlung ist wegen des geringen verfahrenstechnischen Aufwandes und der einfachen Bauweise und Betriebsflihrung fiir kleine bis mittlere Klaranlagen geeignet. Voraussetzung flir die landwirtschaftliche Verwertung des mit Kalkhydrat entseuchten Schlammes sind kalkbediirftige Boden in der aufnehmenden Landwirtschaft. c) Entseuchung entwasserter Klarschlamme Behandlung von Klarschlamm mit Kalk als CaO Bei Zugabe von CaO zu entwassertem Klarschlamm erwarmt sich das Kalk-Klarschlammgemisch infolge exothermer Reaktionen des CaO mit dem noch vorhandenen Wasser auf Temperaturen von 55 °C bis 70 °C. Ftir eine Entseuchung muss der Anfangs-pH-Wert des Gemisches bei 12,5±0,3 liegen und die Temperatur des Gemisches sollte mindestens 55 °C fiir zwei Stunden betragen. Die Kalkzugabemengen zur Einstellung des geforderten pH-Wertes sind von den Schlammeigenschaften abhangig und betragen 25 bis 35 % der Trockenmasse des Schlammes. Die Entseuchung mit Branntkalk ist flir alle Klarwerke mit Entwassemngsverfahren geeignet. Mietenkompostierung von Klarschlamm Die Entseuchung von Klarschlamm durch Kompostierung unter Zusatz von Strukturmaterial wie z.B. Stroh oder Siedlungsab fallen wird durch die Temperaturerhohung infolge der mikrobiellen Verrottungsprozesse bewirkt. Voraussetzung ftir einen einwandfreien Kompostieningsablauf ist ein Anfangswassergehalt des Gemisches von 40 bis 60 %. Neben der erreichten Temperaturerhohung und deren Einwirkzeit sind antibiotisch wir-
4.2 Behandlung koromunaler Schlamme
167
kende Stoffwechselprodukte von Bedeutung. Vorraussetzung fur den Entseuchungserfolg ist eine ausreichende Beltiftung des Mischgutes durch technische MaBnahmen wie z.B. durch Zwangsbeliiftung der Mieten. Eine Reaktionstemperatur von mindestens 55 °C muss in der gesamten Kompostmiete wahrend einer Einwirkzeit von drei Wochen gewahrleistet sein. Kompostierung von Klarschlamm in Reaktoren Die Entseuchung von Klarschlamm durch Kompostieren in Reaktoren unter Zusatz von Strukturmaterial wie z.B. Sagemehl/-spane oder Baumrinde wird durch die Temperaturerhohung infolge der mikrobiellen Verottungsprozesse bewirkt. Vorraussetzung fur den Entseuchungserfolg sind ein ungestorter Betriebsablauf und die richtige Bemessung der Luftzufuhr zu dem Mischgut durch technische MaBnahmen. Die Bestandigkeit der notwendigen Temperaturprofile in den Reaktoren kann durch die Beltiftungs-, Beftillungs- und Entleerungstechnik beeinflusst und gesteuert werden. Es muss dabei gewahrleistet sein, dass die wirksamen Temperaturen jeden Teil des Mischgutes fiir die erforderliche Zeitspanne erreichen. Die Anfangswassergehalte sollten nicht liber 70 % betragen. Das gesamte Mischgut sollte bei einer Reaktorpassagedauer von mindestens 10 Tagen einer Temperatur von mindestens 55 °C ausgesetzt sein. In diesem Zeitraum hat das Rottegut die HeiBzone mit einer Temperatur von mindestens 65 °C in nicht weniger als 48 Stunden zu durchlaufen. An die Reaktorpassage muss eine mindestens zwei Wochen dauemde zweite Rottephase des Rottegutes in Mieten oder Haufen bei wenigstens einmaliger Umsetzung nach einer Woche bzw. eine Nachrotte in einem zweiten Reaktor anschlieBen. Die Kompostierung von Klarschlammen in Reaktoren ist fiir groBere Klarwerke mit Entwasserungsanlagen einsetzbar. d) Andere Entseuchungsverfahren Fiir einige Entseuchungsverfahren sind nach Auffassung der ATV/VKSArbeitsgruppe 3.2.2 die Nachweise zur Verfahrenskontrolle auf seuchenhygienische Unbedenklichkeit des Schlammes noch zu fiihren. Dazu gehort z.B. die Entseuchung durch Langzeitlagerung von Klarschlamm oder durch Bestrahlung.
168
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
4.2.4 Schlammwasserabtrennung
4.2.4.1 Beurteilung des Entwasserungs- und Konditionierungsverhaltens von Schlammen Entwasserungskennwerte werden genutzt, um das Entwasserungsverhalten eines Klarschlammes moglichst quantitativ zu beschreiben bzw. Ursachen fiir ein verandertes Entwasserungsverhalten aufzusptiren. Dabei stehen die Ermittlung des erreichbaren Entwasserungsergebnisses und des Konditioniemngsmittelbedarfes im Vordergrund der Betrachtung. Zingler (Zingler 1969) formulierte die Anforderungen fur einen Entwasserungskennwert wie folgt: Der Entwasserungskennwert soil ein Parameter sein, der • von moglichst wenigen Veranderlichen beeinflusst wird, • objektive Vergleiche der Entwasserbarkeit verschiedener Schlamme zulasst und • nach Moglichkeit Schltisse auf den technischen Betrieb ermoglicht. Im Rahmen der ATV-Fachausschussarbeit wurde 1992 (ATV 1992) ein Arbeitsbericht formuliert, in dem relevante Entwasserungskennwerte zusammengefasst wurden. Inzwischen gibt es eine Reihe weiterer Entwasserungskennwerte mit unterschiedlichen Aussagefahigkeiten hinsichtlich der von Zingler (Zingler 1969) formulierten Anforderungen. In der Tabelle 4.2-15 werden Entwasserungskennwerte (ohne Anspruch auf Vollstandigkeit) vorgestellt und die wichtigsten davon anschlieBend erlautert. Die Kennwerte werden wie folgt unterteilt: • • • •
BasisgroBen und Grundkennwerte, Konditionierungskennwerte, Entwasserungskennwerte ftir die Zentrifugation, Entwasserungskennwerte fur die Filtration.
Basis- bzw. GrundkenngroBen sind Kennwerte, die direkt die Klarschlammeigenschaften beschreiben und oftmals als BezugsgroBen herangezogen werden. Folgende Entwasserungskennwerte werden den BasisgroBen zugeordnet: • • • • •
Trockenriickstand, Gltihverlust, Uberschussschlammanteil, PartikelgroBenverteilung, Wasseranteile im Klarschlamm.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
169
Der Trockenruckstand (TR) wird nach DIN 38414 (1985 (2)) durch Trocknen der Schlammprobe bei 105 °C bis zur Gewichtskonstanz ermittelt. Beim Trockenruckstand handelt es sich um den Trockenmassenanteil des Schlammes, d. h. die Masse an gelosten und ungelosten, nicht wasserdampffltichtigen Feststoffen bezogen auf die Suspensionsmasse. Die Einheit des Trockennickstandes ist [kg/kg] bzw. [Gew. %]. Der Trockenruckstand ist „die" Bezugs- und BasisgroBe im Bereich der Klarschlammentwasserung. Viele Kennwerte werden auf den Trockenruckstand bezogen bzw. spezifiziert und das Entwassemngsergebnis bei der Fest-Fliissigtrennung wird im Wesentlichen durch den im Austrag des Entwassemngsaggregates erreichten Trockenruckstand des Schlammkuchens gekennzeichnet. Der Gltihverlust (GV) wird ebenfalls nach DIN 38414 (1985 (2)) durch Veraschen der Schlammprobe bei 550 °C bis zur Gewichtskonstanz ermittelt, wodurch organische Klarschlammanteile zersetzt werden und nur anorganische Klarschlammanteile zuriickbleiben. Der Gltihverlust [%] eines Schlammes steht somit ftir den prozentualen organischen Anteil der Feststoffe und ist daher als BasisgroBe anzusehen. Er beeinflusst maBgeblich weitere Kennwerte. In diesem Zusammenhang sind die Dichte der Schlammpartikeln, die Kompressibilitat des Schlammkuchens, die Wasserbindung und der Bedarf an Konditionierungsmitteln zu nennen. I.d.R. weist ein Schlamm mit einem hohen Gltihverlust eine geringe Dichte auf, bildet kompressible Filterkuchen aus, bindet viel Wasser und hat einen relativ hohen Bedarf an Konditionierungsmitteln, d.h. der Schlamm ist oftmals schlecht entwasserbar. Tabelle 4.2-15. Zusammenstellung und Bewertung von Entwasserungskennwerten Kennwert | Einheit | Bestimmung A: BasisgroBen Nach DIN 38414-2 Trockenruck% (DIN 1985 (2)) stand (TR) Nach DIN 38414-2 Gltihverlust % (DIN 1985 (2)) (GV)
Uberschussschlammanteil (9us) PartikelgroBenverteilung (PGV)
-
Aus Betriebsdaten
-
z.B. Laserscanner (Zingler 1969)
Erlauterung / Bewertung quantitative Bezugs- und BasisgroBe Charakteristischer Kennwert, beeinflusst sowohl die Dichte als auch die Wasserbindung des Schlammes quantitativer Kennwert, der die Schlammzusammensetzung beschreibt Dokumentiert partikulare Klarschlammeigenschaften; Ergebnisse sehr stark abhangig vom verwendeten Messgerat, daher nur qualitative Aussagen moglich
170
4 Verfahrenstechniken zur Behandliing von Klarschlamm
1 Mittlere Partikel- | i m groBe (xj Partikelfeinanteil %
Laserscanner
Breite der PartikelgroBenverteihmg(c90/cl0) 1 Kennwert TR(A) %
Laserscanner
%
Dilatometer (ATV 1992)
Gebimdenes Wasser
Laserscanner
Thermogravimetrie (ATV 1992)
B: Klarschlammkonditionierung Zetapotenzial Elektrophorese mV (Nellenschulte 1996) (Zp)
qualitativer Kennwert; aus der PGV abgeleitet charakteristischer, aber qualitativer Kennwert; aus der PGV abgeleitet qualitativer Kennwert; aus PGV abgeleitet; beschreibt die Gleichformigkeit der Schlammpartikeln quantitativer Kennwert fur den freien Wasseranteil, da nur dieser maschinell abgetrennt werden kann; messtechnisch und zeitlich aufwendig quantitativer Kennwert, der das Zellinnen- und Oberflachenwasser summarisch erfasst; messtechnisch einfach aber fehlerbehaftet MaB fiXr die elektrostatischen AbstoBungskrafte der Partikeloberflachen, wird far die Bestimmung des Polymerbedarfes eingesetzt; messtechnisch aufwendig MaB flir die elektrostatischen AbstoBungskrafte der Partikeloberflachen, wird ftir die Bestimmung des Polymerbedarfes eingesetzt; auch online einsetzbar quantitativer Kennwert; Ermittlung in Versuchsreihen
Stromungspotenzial
mV
Stromungsinduziertes Potenzial (Dentel u. Abu-Orf 1995)
Konditionierungsmittelbedarf Flockensinkgeschwindigkeit
g/kg
Versuchsreihen (Kopp u. Dichtl 2000)
m/s
qualitativer Kennwert zur Abschatzung des Polymerbedarfes, da die Konditionierung die Wasserabgabegeschwindigkeit und die Sedimetationsgeschwindigkeit der Flocken beeinflusst charakteristischer, aber qualitatiLadungstitration ver Kennwert, der den Polymerbedarfbestimmt; messtechnisch aufwendig Extraktion mit lonen- charakteristischer, quantitativer austauscher, Detektion Kennwert, der die Oberflachennach ANTHRON ladung und rheologischen (Domenico u. Diedrich Eigenschaften bestimmt; 1989) messtechnisch sehr aufwendig |
Relative Oberfla- % chenladung
EPS-Gehalt
mg/kg
Versuchsreihen (Hemme 1994)
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme Viskositat
mPA s
Rotationsviskosimeter
Versuchsreihen CST-Messungen (Hingetal. 1992)
Flockenscherstabilitat
C: Kennwerte fiir die Zentrifugation Becherglaszentrifage Laborentwasse[%] (Denkert 1995) rung Laborschleuderaustrag Dichte (P)
g/m^
z. B. Pyknometer
Grenzkorndurchmesser
fim
PartikelgroBenmessung
Abscheidegrad (AG)
%
Quantifiziemng der Feststoffe
D: Kennwerte fiir die Filtration nach ATV m/kg Spez. Filtrati(ATV 1992) onswiderstand (r) Kompressibilitat nach ATV (ATV 1992) (s) Kapillare FlieBzeit (CST)
s
nach ATV (ATV 1992)
171
charakteristischer Kennwert, der Pumpfahigkeit und Entwasserangsverhalten beeinfliisst; kann auch zur Ermittlung des Polymerbedarfes eingesetzt warden (Dentelu.Abu-Orf 1999) qualitativer Kennwert, der geeignet ist um die Scherstabilitat verschiedener Polymere zu vergleichen qualitativer Kennwert zur groben Abschatzung der Entwasserbarkeit, TR im Sed. nach Zentrifugation fiir 5 min bei l.OOOg quantitativer Kennwert, der die Sedimentationsgeschwindigkeit beschreibt; Partikeldichte messtechnisch schwer zu erfassen, wird vereinfachend durch den Gltihverlust ersetzt (Luggen 1976) die PartikelgroBe, die in einem Dekanter noch abgeschieden wird; durch Belastbarkeit der PGVMesstechnik eingeschrankt quantitativer Kennwert zur Beurteilung der Qualitat der Fest-Fliissig-Trennung quantitatives MaB fur die Entwasserbarkeit in Filterpressen; messtechnisch und zeitlich aufwendig qualitativer Kennwert, der die Kompressibilitat des Filterkuchens beschreibt einfacher Test zur Messung der Wasserabgabegeschwindigkeit; HilfsgroBe fur die Konditionierung; oftmals fehlerbehaftet
In DIN 38414 S2 (1985 (2))wird darauf hingewiesen, dass die Proben bis zur Gewichtskonstanz zu trocknen bzw. zu gltihen sind. Erfahrungswerte zeigen, dass dies bei Klarschlammproben oftmals erst nach mindestens 24 Stunden Trocknen bzw. mindestens sechs Stunden Gltihen erreicht werden kann. Das Mischungsverhaltnis eines Roh- resp. Faulschlammes d.h. der Uberschussschlammanteil eines Schlammes, ist ebenfalls BasisgroBe fiir die Schlammentwasserung, da Primar- und Uberschussschlamme grundsatzlich verschiedene Entwassemngseigenschaften aufweisen.
172
4 Verfahrenstechniken ziir Behandlung von Klarschlamm
Primarschlamme enthalten viele Strukturstoffe und sind dadurch leichter entwasserbar. Denkert (1995) gibt ftir Primarschlamme an, dass Entwasserungsergebnisse von 3 2 ^ 0 % TR bei einem relativ geringen Konditioniemngsmitteleinsatz von 3-6 g/kg (bez. auf den Wirksubstanzgehalt) erreichbar sind. Uberschussschlamme sind durch einen hohen Bakterienanteil gepragt, d.h. die fehlenden Strukturstoffe sowie die Kompressibilitat der Bakterien fiihren dazu, dass diese Schlamme schlechter entwasserbar sind. Der erreichbare Feststoffgehalt liegt bei 1825 % TR mit einer erforderlichen Polymermenge von 8-15 g/kg (WS) (Denkert 1995). Nellenschulte (1996) formuliert basierend auf dem Gliihverlust und dem Uberschussschlammanteil ein vereinfachtes Entwassemngsmodell und bewertet hierin den Uberschussschlammanteil als einen elementaren zustandsbeschreibenden Entwassemngskennwert. Die PartikelgroBenverteilung wird von vielen Autoren als ein maBgeblicher, das Entwasserungsergebnis beeinflussender Kennwert angesehen. Der Partikelfeinanteil wird oftmals zur Charakterisierung herangezogen, da feine Partikeln ein groBes Verhaltnis von Oberflache zu Volumen und somit kolloidale Eigenschaften aufweisen. Infolge dessen wird das Sedimentationsverhalten solcher kolloidalen Partikeln be- bzw. verhindert, da die durch Grenzflacheneffekte verursachten elektrostatischen AbstoBungskrafte dominieren. Die Schwierigkeit beim Ableiten von Entwasserungskennwerten aus der PartikelgroBenverteilung besteht darin, dass die absoluten Messergebnisse sowohl von der verwendeten Messmethode als auch von dem verwendeten Messgerat abhangig sind; d. h. die gemessenen Verteilungskurven ahnlich sind, nicht jedoch die PartikelgroBen. Die verschiedenen Wasseranteile im Klarschlamm unterscheiden sich Art und Starke der Bindungskrafte zu den Feststoffen. Anschaulich kann die Bindungskraft als Zugkraft zwischen den Feststoffteilchen und den angelagerten Wassermolektilen verstanden werden. In einer Klarschlammsuspension konnen vier verschiedene Wasseranteile gemaB ihrer physikalischen Bindung an die Schlammpartikeln unterschieden werden. Diese sind: • das freie Wasser, das keine Bindung an die Schlammpartikeln besitzt, • das Zwischenraumwasser, das durch Kapillarkrafte zwischen den Klarschlammpartikeln in der Flocke gehalten wird, • das Oberflachenwasser, das durch Adhasionskrafte gebunden ist und • das Zellinnenwasser. Der freie Wasseranteil stellt den groBten Wasseranteil in Klarschlammsuspensionen dar. Das Wasser bewegt sich zwischen den einzelnen Feststoffpartikeln, ist nicht an diese angelagert oder gebunden und wird nicht durch
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
173
Kapillarkrafte beeinflusst. Dieser Wasseranteil ist durch das Aufbringen mechanischer Krafte, z.B. im Zentrifugalfeld oder durch Filtration abtrennbar. Der Zwischenraumwasseranteil wird in den Zwischenraumen der Schlammpartikeln und Organismen in den Schlammflocken gehalten. Das Wasser ist physikalisch durch wirkende Kapillarkrafte gebunden. Das kapillar gehaltene Wasser kann u. a. in Grobkapillarwasser, kapillare Steigfliissigkeit und Zwickelkapillarfltissigkeit unterteilt werden (Melsa 1999), wobei eine Differenzierung derzeit messtechnisch nicht moglich ist. Der Anteil des Oberflachenwassers umgibt die Oberflache der Feststoffpartikeln in Form mehrerer Schichten von Wassermolekiilen und ist dort durch Adsorptions- und Adhasionskrafte gehalten. Das Oberflachenwasser ist physikalisch fest an die Partikeln gebunden und nicht frei beweglich. Das Zellinnenwasser umfasst die Zellflussigkeit und inneres Kapillarwasser. Das Zellinnenwasser kann i.d.R. nur in Summe mit dem Anteil des Oberflachenwassers erfasst werden und wird oftmals als gebundener Wasseranteil bezeichnet (Jones u. Gortner 1932). Das gebundene Wasser ist der kleinste Wasseranteil und physikalisch-chemisch am starksten an die Partikeln gebunden. Es kann nur thermisch entfemt werden. (Kopp 2002) Anhand thermogravimetrischer und dilatometrischer Versuche konnen die Wasseranteile in einer Suspension messtechnisch erfasst werden. Die Methoden wurden soweit angepasst und kalibriert, dass eine direkte Aussage liber das maximal erreichbare groBtechnische Entwasserungsergebnis moglich ist (Kopp u. Dichtl 2000). Durch die Thermogravimetrie wird der freie Wasseranteil und durch die Dilatometrie der gebundene Wasseranteil bestimmt. Der kapillar gehaltene Wasseranteil ergibt sich aus der Differenz der beiden gemessenen Wasseranteile. Bei der thermogravimetrischen Bestimmung der Wasseranteile wird eine Schlammprobe unter defmierten und konstanten Randbedingungen getrocknet. Die Zuordnung der Wasseranteile basiert auf der graphischen Auswertung der Trocknungskurven. In Abb. 4.2-28 ist der Trocknungsverlauf einer Faulschlammprobe dargestellt. Zeitlich gesehen beginnt die Trocknungskurve oben rechts bei einem hohen Feuchtegehalt (Masscwasser/MasscxR) und endet, wenn alles Wasser aus der Probe getrocknet ist. Punkt A kennzeichnet das Ende des freien Wassers. Von besonderem Interesse fur die Entwasserung ist die exakte Bestimmung des freien Wasseranteils, d. h. Punkt A der Trocknungskurve. Dafiir ist es sinnvoll, den Trocknungsverlauf tiber einer arithmetisch skalierten Abszisse aufzutragen (Abb. 4.2-28). Solange freies Wasser in der Klarschlammprobe vorhanden ist, verlauft die Trocknungsrate linear. An Punkt A vermindert sich die Trocknungsrate aufgrund der starkeren Bin-
174
4 Verfahrenstechniken zur Behandkmg von Klarschlamm
dungskrafte des kapillar gehaltenen Zwischenraumwassers an den Schlammpartikeln und die rechnerisch angelegte Tangente beschreibt nicht mehr den Kurvenverlauf. Aus dem Feuchtegehalt der Probe am Punkt A lasst sich auf den Feststoffgehalt des Schlammes TR(A) schlieBen. TR(A) ist der aus dieser Messung abgeleitete Kennwert und reprasentiert indirekt den freien Wasseranteil Je groBer der freie Wasseranteil ist, desto hoher ist TR(A) und desto geringer ist das Massenverhaltnis m(A). TR(A) = 100/(l+m(A)) mit: TR(A): Trockenriickstand an Punkt A der Trocknungskurve m(A): Massenverhaltnis an Punkt A [gwasser/giR]
[%]
0.10 Y = 0.0656 + 0.00205296X EMS = 8.93501 e-008i R2 = 0.970
freies Wasser
0.08-f O) ^ CO
0.06
(/) c 0.04
o
o 0.02
TR(A) = 100/( 1 +2,15) = 31,8% I I
0.00 0.0
1.0
2.0
3.0
Masse, / Masse-, ^Wasser' ' ^ • " — j R
4.0
5.0
^^'^^
Abb. 4.2-28. Trocknungsverlauf eines Faulschlammes (Kopp 2002) In Abb. 4.2-29 ist fiir kommunale Klarschlamme der Kennwert TR(A), d.h. der TR nach Abtrennen des freien Wasseranteils, den groBtechnisch in Hochleistungsdekantem und Kammerfilterpressen erreichten Entwasserungsergebnissen gegenubergestellt. Es ist zu erkennen, dass sich die Werte nahezu direkt entsprechen. D.h. liber den Kennwert TR(A) kann das maximal erreichbare groBtechnische Entwasserungsergebnis mit einer Genauigkeit von ±1,5 % TR prognostiziert werden.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
175
40-1 0
sz o CO
SZ o^ o •—' 0 CO CO 0 O N O —
i_
o
CO
CD
35H
30
O)
0
25 H
o > c llJ 0
±1,5% 20
.^ oo
15 15
25
30
40
Kennwert TR(A) [%] Abb. 4.2-29. Korrelation zwischen dem Kennwert TR(A) iind dem Trockenrilckstand nach groBtechnischem Entwasserungsprozess TRentw [%] (Kopp 2002) In Tabelle 4.2-16 sind die Ergebnisse umfangreicher groBtechnischer Untersuchungen zusammengefasst. Es werden die Mittelwerte, die Standardabweichung sowie der GroBenbereich (Minimal- und Maximalwerte) der untersuchten Schlamme ftir die Parameter Feststoffgehalt, Gltihverlust, Polymerbedarf und die Wasseranteile angegeben. Es wurden zum einen 58 Klaranlagen beprobt, bei denen mit Dekantem Faulschlamme entwassert wurden. Zum anderen wurden 15 Anlagen mit simultaner aerober Schlammstabilisiemng untersucht. Die Faulschlamme wiesen bezogen auf den Kennwert TR(A) ein mittleres Entwassemngsergebnis von 27,7 % TR, einen freien Wasseranteil im Mittel von 91,7 % und einen mittleren Polymerbedarf von 7,7 g/kg auf. Im Gegensatz dazu erreichten die aerob stabilisierten Uberschussschlamme nur ein Entwassemngsergebnis von 22,8 % TR(A) bei einem Polymerbedarf von 5,9 g/kg. Sowohl die Mittelwerte als auch der angegebene Wertebereich decken sich mit den groBtechnisch erreichten Entwassemngsergebnissen (TRentw), d. h. die Aquivalenz zwischen TR(A) und TRentw ist sehr hoch. Die Varianz der Minimal- zu den Maximalwerten ist jedoch aufgmnd der unterschiedlichen Entwasserbarkeit der untersuchten Faul- und Uberschussschlamme verschiedener Klaranlagen sehr groB.
176
4 Verfahrenstec miken zur Behandlung von Klarsch amm
Tabelle 4.2-16. Mittlere Verteilung der Wasseranteile fiir Faulschlamme (FS) und fur simultan aerob stabilisierte Uberschussschlamme (US) Probe
TR [%1
FS (n=58) Mittel 2,8 1 Stand.abw. 0,8 0,9 1 Min Max 5,9 l i s (n=15) 2,6 Mittel 0,5 Stand.abw. Min 1,5 1 Max 5,5
[%1
Polymer [g/kg]
[%]
TR(A) [%]
m(A) [g/g]
Wfref [%]
55 5,0 41 68
7,7 2,8 4,5 13,3
26,3 4,4 19,6 37,5
27,7 4,1 20,0 37,7
2,6 0,5 4,0 1,7
91,7 1,7 87,6 94,9
7,5 1,6 4,5 11,6
0,8 1,3 0,1 1,3
66 5,3 61 78
5,9 2,6 2,0 10,0
21,4 3,6 15,3 26,7
22,8 3,3 16,4 27,0
3,4 0,7 5,1 2,7
89,4 2,3 84,2 91,7
9,6 2,2 7,4 13,9
1,1 0,4 0,5
GV
ntw
Wgeb^ 1
[%1
2,0 1
a) Kennwerte fiir die Konditionierung Die Aufgabe der Schlammkonditionierung ist eine Beschleunigung des Entwasserungsvorganges, um hohe Durchsatzleistungen bei hohen Abscheidegraden mit einer ausreichenden Betriebssicherheit bei der maschinellen Entwasserung erreichen zu konnen (Melsa 1999). Am Gebrauchlichsten ist die Polymerkonditionierung fur die Entwasserung auf Bandfilterpressen und in Dekantem. Bei der Entwasserung in Kammerfilterpressen wird oftmals mit Eisensalzen und Kalk bzw. einer Kombination mit Polymeren konditioniert. Im Folgenden werden einige wichtige Konditioniemngskennwerte vor allem fur die Polymerkonditionierung vorgestellt. Der Konditionierungsmittelbedarf kann sehr exakt in Versuchsreihen ermittelt werden. Die optimale Polymerdosis wird erreicht, wenn die elektrostatischen AbstoBungskrafte zwischen den Klarschlammpartikeln nicht mehr wirksam sind, d.h. der Wert des elektrophoretisch gemessenen Zetapotenzials im Zentrat nahe 0 mV liegt. Den Verlauf des Zetapotenzials und des dazugehorigen Feststoffgehaltes nach Laborentwasserung zeigt Abb. 4.2-30. Die Kurvenverlaufe konnen in die Bereiche Unterflockung, optimaler Flockbereich und Uberflockung eingeteilt werden. Im Bereich der Unterflockung ist durch eine geringfugige Steigerung der Polymerdosis eine signifikante Verbesserung des Entwasserungsergebnisses und des Abscheidegrades (nicht dargestellt) zu erzielen, wobei sich der absolute Wert des Zetapotenzials nur marginal andert. Im Ubergangsbereich ist die Verbesserung des Entwasserungsergebnisses geringer, wobei sich das Zetapotenzial dem Nullpunkt annahert.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
177
4030-
> "S E
204
optimaJe Oosierrrienge
1—•—r Unterflockung
Ubergang
T—'—r Uberflockung
12.0O
^
^
^
c
c
0
11.5-
0
10
12
14
16
18
20
Polymerdosis [g/kg] Abb. 4.2-30. Abhangigkeit des Zetapotenzials und des Laborentwasserungsergebnisses von der Polymerdosiermenge (Kopp 2001) Nahe bzw. beim Nullpunkt ist die Schlammsuspension vollstandig destabilisiert und es wird das beste Entwassemngsergebnis erzielt. Wird weiterhin Polymer dosiert, kommt es zur Uberflockung, d. h. kationische Polymermolekiile belegen die gesamten Partikeloberflachen und es kommt zu elektrostatischen AbstoBungskrMen der nun kationisch geladenen Partikeln, wodurch sich das Entwassemngsergebnis deutlich verschlechtert. In der Praxis konnen die Steigungen in den Flockungsabschnitten je nach Klarschlammeigenschaften deutlich von den in Abb. 4.2-31 dargestellten Verhaltnissen abweichen, so dass ohne vorherige Untersuchungen die Festlegung eines wirtschaftlichen Polymereinsatzes zu Beginn des Uber-
178
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
gangsbereiches voreilig und nicht tragbar ist. Eine Ubertragbarkeit des optimalen Polymerbedarfes als Anhaltswert fiir die Praxis ist jedoch gegeben. Der in Abb. 4.2-30 dargestellte Zusammenhang lasst sich auch mit der MessgroBe des Stromungspotenzials darstellen. Die Eignung der MessgroBen des Stromungs- bzw. Zetapotenzials zur Ermittlung des Konditionierungsmittelbedarfes ist gleichwertig. Zum Beispiel kann tiber das Stromungspotenzial eine Steuerung der Polymermitteldosierung bei Bandfilterpressen und Dekantem online realisiert werden (Fa. Milton Roy), wobei das Stromungspotenzial im Schlammwasser gemessen und die Polymerdosierung so eingeregelt wird, dass das Stromungspotenzial Werte im Bereich des Nullpunktes annimmt. Dentel und Abu-Orf (1997, 199) beschreiben in ihren Arbeiten grundlegend die Moglichkeiten zur Steuerung der Polymerkonditioniemng tiber das Stromungspotenzial. Weiterhin zeigen die Autoren die Zusammenhange zwischen dem Feststoffaustrag und dem Abscheidegrad in Abhangigkeit der Polymerdosiermenge und des Stromungspotenzials auf. So konnte unter anderem gezeigt werden, dass sich die Triibung des Schlammwassers bei optimaler Polymerkonditioniemng vermindert, da bessere Abscheidgrade erreicht werden. Hingegen kommt es bei einer Uberflockung zum Anstieg der Triibung, d. h. es werden weniger Partikeln abgeschieden. Prinzipiell kann daher tiber die Trtibungsmessung im Schlammwasser der Polymerbedarf nur abgeschatzt werden. Der Vorteil der Trtibungsmessung liegt in der einfachen Messtechnik. Der entscheidende Nachteil ist jedoch, dass der Abscheidgrad nicht ausschlieBlich von der Polymerdosiemng, sondem vor allem auch von der Betriebsweise des Entwassemngsaggregates abhangig ist. Es ist daher besser, MessgroBen wie das Zeta- und Stromungspotenzial zu erfassen, die eine direkte Aussage tiber die elektrostatischen AbstoBungskrafte erlauben. Es gibt eine ganze Reihe an weiteren verschiedenen Messparametem zur Bestimmung des Polymer- bzw. Konditionierungsmittelbedarfes. So kann mit der Messung des spezifischen Filtrationswiderstandes bzw. annahemngsweise des CST-Wertes in Abhangigkeit der Polymerdosierung eine Abschatzung des Konditioniemngsmittelbedarfes durchgefuhrt werden. Im Bereich des totalen Ladungsausgleiches nehmen beide MessgroBen minimale Werte an (Dentel u. Abu-Orf 1999). Andere Mess- und Steuergerate ftir Kammerfilterpressen beobachten mit so genannten Flocsonden (Fa. Passavant, Fa. Uhde) photooptisch die Flockenbildung und steuem iiber empirische StellgroBen die Dosis und die Einmischenergie des Polymers. b) Entwasserungskennwerte fiir die Zentrifugation Gebrauchliche Entwassemngskennwerte fiir die Entwassemng in Zentrifugen sind:
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme • • • •
179
der Laborentwassemngstest, der Grenzkomdurchmesser, die Dichte und der Abscheidegrad.
Eine Vielzahl von Laborentwasserungstests wurde mit Becherglaszentrifugen durchgefuhrt, um das Zentrifugalverhalten von Klarschlammen abzuschatzen. Niemitz (1968) entwasserte Klarschlamme ohne vorherige Konditionierung sowohl 5 min bei 1.000 upm als auch 15 min bei 300• - — - ^ Endfeststoffgehalte konventioneller Entwasserungsaggregatel O-—^
Endfeststoffgehalte von Hochleistungszentrifugen
•
03
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CO
o 03
entw Abb. 4.2-31. Zusammenhang zwischen dem Laborschleuderaustrag und groBtechnisch erreichten Entwasserungsergebnissen (Denkert 1995) 45.000 upm (ohne Angaben der Schleuderziffer) und bildete den Quotienten vom TR-Gehalt des Anfangschlammes zu den TR-Gehalten der abzentrifugierten Sedimente, um die Anreicherung der Feststoffe im abzentrifugierten Schlamm auszudrticken. Er stellte in seinen Untersuchungen fest, dass das erreichte Entwasserungsergebnis von dem Feststoffgehalt des Ausgangsschlammes linear abhangig ist. Eine Beziehung zwischen dem groBtechnischen TR-Gehalt im Austrag der Zentrifuge, sowie eine Abhangigkeit zum Gliihverlust bestand jedoch nicht. Denkert (1995) vergleicht den Laborschleuderaustrag, d. h. den Feststoffgehalt des Sedimentes nach Entwasserung in einer Laborbecherglaszentrifuge (fiinf Minuten bei 1.000 g) mit groBtechnisch erreichten Ent-
180
4 Verfahrenstechniken zur Behandkmg von Klarschlamm
wasserungsergebnissen fur Zentrifugen. Die Konditionierung der Schlamme erfolgte mit den Produkten und Dosiermengen, wie sie auf der jeweiligen Klaranlage eingesetzt wurden. In Abb. 4.2-31 ist eine direkte Abhangigkeit der beiden Parameter voneinander zu erkennen. Nellenschulte (1996) hat in Anlehnung an die Arbeiten von Denkert (1995) ebenfalls den Laborschleuderaustrag bestimmt, wobei der Schlamm stets mit einer festen Dosiermenge von 3,5 g/kg Polymer konditioniert wurde. Die Schwierigkeit bei Laborentwasserungsversuchen mit Becherglaszentrifugen besteht darin, dass die Sedimentation der Partikeln ungestort erfolgen kann. In kontinuierlich betriebenen Dekantem liegen dagegen ganz andere Stromungsverhaltnisse und Beanspruchungen der Flocken vor. Auch bei der Laborentwasserung in kontinuierlich betriebenen halbtechnischen Tischdekantem (Mtiller 1996) ist das Scale-up von Ergebnissen aufgrund anderer Stromungsverhaltnisse und der Beanspruchungen im Dekanter i. d. R. nur stark eingeschrankt moglich. Der Grenzkorndurchmesser ist die PartikelgroBe, deren zugehorige Sinkgeschwindigkeit im Sedimentationsfeld des Dekanters so groB ist, dass alle Teilchen dieser GroBe gerade noch abgeschieden werden, d. h. den Trommelboden vor Verlassen der Zentrifuge erreicht haben. Ftir anorganische Schlamme ist dies sicherlich ein geeigneter Parameter ftir die Auslegung der Dekantertechnik. Bei Klarschlammen erfolgt die Konditionierung des Schlammes unmittelbar vor dem Kopf der Zentrifuge, d. h. die PartikelgroBenverteilung im Inneren des Dekanters ist nicht bekannt und wird zudem noch durch Scherbeanspruchungen maBgeblich verandert. Die Dichte beschreibt als charakteristische StoffkenngroBe das Verhaltnis zwischen der Masse und dem Volumen eines Korpers und ist ein wichtiger Kennwert ftir die Beschreibung des Zentrifugalverhaltens. Ftir die Messung der Dichte stehen verschiedene Messverfahren zur Verftigung, wobei die Dichtemessung oftmals fehlerbehaftet ist. Die einfachste Methode zur Dichtemessung von Fliissigkeiten und Suspensionen ist der Einsatz von Aerometern. Messfehler treten vor allem dann auf, wenn die Klarschlamme hoch viskos sind oder die Schlammpartikeln schnell sedimentieren, weil sich die Eintauchtiefe des Aerometers nicht exakt einstellt. Mit Pyknometem kann nach Leschonski (1995) die Dichte von trockenen Feststoffen recht genau bestimmt werden. Luggen (1976) und Hemme (1994) untersuchten den Zusammenhang zwischen der Dichte und dem Gliihverlust eines Schlammes. Beide Autoren fanden einen direkten Einfluss des organischen Anteils auf die Schlammdichte. Die Dichteangaben der Autoren liegen zwischen 1,021,10-10^ kg/m^ ftir Klarschlamm. Die Dichte der organischen Anteile ist mit 1,00-10^ kg/m^ und die Dichte der anorganischen Anteile mit 2,8510-10^ kg/m^ (ahnhch der von CaCOs) angesetzt. Andere Autoren
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
181
(ATV 1992) geben fiir den anorganischen Anteil Dichten von 2,002,5010-10^ kg/m^ an. Diese Abhangigkeit fiihrte dazu, dass die Dichte der Schlammpartikeln oftmals durch den Gltihverlust substituiert wird. Der Abscheidegrad gibt den Prozentsatz derjenigen Feststoffe an, die im Zulauf enthalten sind und die mit dem Dickstoffaustrag entfemt werden. Der Abscheidegrad ist somit ein Kennwert, der die Gtite der FestFltissigtrennung beschreibt. Der Feststoffgehalt in der Fliissigphase wird durch Filtrieren mit Schwarzband-Papierfiltem bzw. besser mit Membranfiltem (< 0,45 jiim) bestimmt. Bei der Filtration werden Abscheidegrade nahe 100% erreicht. Dekanterzentrifugen erreichen Abscheidegrade zwischen 98-99 %. c) Entwasserungskennwerte fiir die Filtration Die gebrauchlichsten Entwasserungskennwerte fur die Filtration von Klarschlammen in Kammerfilter- oder Bandfilterpressen sind: • der spezifische Filtrationswiderstand, • die Kompressibilitat und • die kapillare FlieBzeit. Der spezifische Filtrationswiderstand ist zwar in der Bestimmung zeitaufwendig, aber ein brauchbares, well quantitatives MaB fiir die Filtrierbarkeit und somit fur die Entwasserbarkeit eines Klarschlammes. Dieses Messverfahren kann heute als Standardverfahren betrachtet werden, auch wenn es bislang noch nicht genormt ist (ATV 1992). Bei der Messung des spezifischen Filtrationswiderstandes wird der Schlamm bei konstantem Druck filtriert und die anfallende Filtratwassermenge kontinuierlich erfasst. Durch den sich aufbauenden Filterkuchen nimmt bei gleich bleibendem Druck die Filtrationsleistung mit zunehmender Filtrationszeit ab (Coakley u. Jones 1956). Zur Auswertung der Versuche wird der Quotient aus Zeit und Filtratmenge tiber das Filtratvolumen aufgetragen. Die Vorfiltratwassermenge bis zum Erreichen des Filtrationsdmckes ist dabei abzuziehen (ATV 1992). Die Steigung der Ausgleichsgraden geht zur Berechnung des spezifischen Filtrationswiderstandes ein. Schwierigkeiten bei der Messung des spezifischen Filtrationswiderstandes konnen bei Schlammen mit hohen Feinpartikelanteilen entstehen, da durch diese die Filterporen verstopfen bevor sich ein Filterkuchen aufbauen kann. Die Kompressibilitat als Kennwert wird aus Messungen des spezifischen Filtrationswiderstandes bei verschiedenen Druckdifferenzen abgeleitet und beschreibt, inwieweit sich der Schlammkuchen in Abhangigkeit unterschiedlicher Drticke komprimieren lasst. Die Kompressibilitat wird durch die Auswertung mehrerer Filtrationsversuche mit unterschiedlichen Drticken ermittelt und durch die Steigung der Geraden ausgedriickt, die
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4 Verfahrenstechniken zur Behandkmg von Klarschlamm
sich ergibt, wenn der Logarithmus des spezifischen Filtrationswiderstandes gegen den Logarithmus des bei der Messung verwendeten Filtrationsdruckes aufgetragen wird. Als Standarddmckdifferenz zur Bestimmung der Kompressibilitat werden die Filtrationsdruckdifferenzen von 0,5, 7 und 10 bar vorgeschlagen (ATV 1992). Nach Leschber und Haake (1975) sowie Niemitz (1968) liegt die Kompressibilitat fur konventionell behandelte kommunale Klarschlamme zwischen 0,6 und 0,9. Bei sehr hohen Kompressibilitaten nimmt der spezifische Filtrationswiderstand bei hohen Filtrationsdnicken so stark zu, dass der Einsatz von Filterpressen nicht wirtschafthch ist. So kann anhand der Kompressibilitat eine Aussage liber die Eignung des Filtrationsverfahrens getroffen werden. Die Kompressibilitat eines Schlammes ist abhangig von der Schlammart und dem Gltihverlust. tJberschussschlamme mit hohen Bakterienanteilen und einem hohen organischen Anteil sind aufgrund ihrer Kompressibilitat schlecht entwasserbar. Eine Abhilfe ftir schlecht entwasserbare und kompressible Schlamme ist die Konditionierung mit Kalk und anderen inkompressiblen Zuschlagstoffen (z. B. Kohle, Asche). Altemativ zur Messung des spezifischen Filtrationswiderstandes bietet sich die Messung der kapillaren FlieBzeit (Capillary Suction Time = CST) an. Das Messverfahren wurde in England von Baskerville und Gale (1968) entwickelt und ist aufgrund seiner einfachen Handhabung weit verbreitet. Gemessen wird die Geschwindigkeit der Wasserabgabe der Schlamme. Das Prinzip dieser Messmethode besteht darin, dass der Filtrationseffekt nicht durch Uber- oder Unterdruck, sondem durch die kapillare Saugkraft eines standardisierten Filterkartons bewirkt wird. Da das Messergebnis vom Feststoffgehalt der Schlammprobe beeinflusst wird, wird die kapillare FlieBzeit auf den TR in Prozent bezogen und als spezifischer CST/TR in [s/%] angegeben. Bahrs (ATV 1992) gibt als Richtwerte fur die Geschwindigkeit der Wasserabgabe (CST/TR) und den spezifischen Filtrationswiderstand (r) Folgendes an: gut entwasserbar CST/TR < 30 s/% TR mittelmaBig entwasserbar CST/TR - 30-150 s/% TR schlecht entwasserbar CST/TR > 150 s/% TR
r<10
12,5
m/kg
r^lO'^'^-10'^'^
m/kg
r>10^'''
m/ks
Zwischen dem CST-Wert und dem spezifischen Filtrationswiderstand eines Schlammes besteht ein direkt proportionaler Zusammenhang (Bahrs 1978). Vesilind und Ormeci (1999) veroffentlichten eine Methode, mit der
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
183
aus dem CST-Wert der spez. Filtrationswiderstand berechnet werden kann. Die Messergebnisse sind stets abhangig von dem verwendeten Filterkarton. Die ATV (1992) empfietilt die Sorte Whatmann No. 17. Nach Bahrs (1978) kann altemativ die Sorte Schleicher & Schtill Nr. 2668 verwendet werden. Hinsichtlich des CST-Wertes und des spezifischen Filtrationswiderstandes ist anzumerken, dass ausschlieBlich die Geschwindigkeit der Wasserabgabe gemessen wird und die Parameter keine Aussage zum erreichbaren Entwasserungsergebnis liefem. Der CST-Test als auch der spez. Filtrationswiderstand kann dennoch als HilfsgroBe fur die grobe Abschatzung des Polymerbedarfes und die Scherstabilitat von konditionierten Schlammen genutzt werden (Dentel u. Abu-Orf 1995). d) Zusammenfassende Bewertung Zur Beurteilung von Klarschlammentwasserungseigenschaften folgende Kennwerte als besonders wichtig eingestuft:
werden
• der erforderlichen Konditionierungsmittelbedarfes des Schlammes, • der Feststoffgehalt (TR) des Schlammes und des maschinell entwasserten Schlammkuchens als Bezugs- und VergleichsgroBe, • der Gliihverlust (GV), da sich sowohl die Dichte, die Kompressibilitat, die Oberflachenladung und die Wasserbindung organischer und anorganischer Schlammbestandteile grundlegend unterscheiden, • die Schlammart bzw. der Uberschussschlammanteil, da sich Primar- und Uberschussschlamme auch nach einer biologischen Stabilisierung unterschiedliche Partikelstrukturen aufweisen, • die PartikelgroBenverteilung, da insbesondere kleine Partikeln nicht nur signifikant die gesamte Schlammoberflache bestimmen, sondern auch die Anzahl von Zwischenraumen im Schlammkuchen, in denen Wasser durch kapillare Krafte gebunden wird. Wobei das Quantifizieren des Einflusses der PartikelgroBe auf das Entwasserungsverhalten durch die benannten messtechnischen Probleme stark eingeschrankt ist und • die Verteilung der Wasseranteile in einer Schlammsuspension, da durch den Energieeinsatz bei der maschinellen Entwasserung nur bestimmte Wasseranteile abgetrennt werden konnen. Wasseranteile, die durch starkere Bindungskrafte an die Schlammpartikel gebunden sind, verbleiben in dem entwasserten Schlammkuchen. Die thermogravimetrische Messmethode zur Bestimmung der Wasseranteile eines Klarschlammes und des daraus abgeleiteten Kennwertes TR(A) ermoglicht es, das maximal erreichbare Entwasserungsergebnis mit einer Genauigkeit von ± 1,5% TR zu prognostizieren (Kopp 2002).
184
4 Verfahrenstechniken ziir Behandkmg von Klarschlamm
Die vorgestellte Messtechnik ist aufwendig, liefert aber im Einzelfall sowohl fur den Klaranlagenbetrieb als auch fiir den Maschinenhersteller wichtige und vor allem quantitative Informationen. 4.2.4.2 Eindickung Bei der statischen Eindickung erfolgt die Sedimentation der Feststoffe aus der Schlamm-Wasser-Suspension und die weitere Konsolidierung unter dem Einfluss der Schwerkraft. Werden Schlamme in einen Eindicker gefordert, wird sich im oberen Bereich des Eindickers eine Wasserzone bilden, in der ein freies Absetzen von Feststoffpartikeln oder Schlammflocken erfolgen kann. Schlammeindicker werden im Durchlaufbetrieb oder im Chargenbetrieb gefahren. Der Schlamm durchlauft bei dieser Betriebsweise von oben nach unten Zonen mit zunehmendem Kompressionsdruck. Damit ist beim Durchlaufbetrieb der Feststoffgehalt in der unteren Zone, aus der der Schlamm im Allgemeinen abgezogen wird, immer hoher als der mittlere Feststoffgehalt tiber die gesamte Schlammschichthohe eines gleich hochbelasteten Eindickers im Chargenbetrieb. Abb. 4.2-32 verdeutlicht die Trennvorgange in einem Eindicker. ^
^
J
Wasserspiegel Trubwosserzone
Tfubwasser -
Schlammspiegef Behindertes Absetzen
Trennzone
Bildung von EntwasserungskandlchGn
Ubergangszone
SchEammzulauf Kompression, Konsol
Schlammraumers Eingedickter Schtamm
Feststoffgehalt
Eindickzone
des
Raumzone
—•-
Abb. 4.2-32. Vorgange in einem Eindicker (Seyfried 1986) Schlammeindicker entsprechen hinsichtlich der Abtrennung der festen Schlammstoffe in der oberen Schicht iiblichen Absetzbecken. Sie werden meist als Rundbecken gebaut. Die Schlammeinstromenergie kann sowohl durch Pralltafeln, Tauchzylinder oder spezielle Einlaufsysteme vermindert werden. Das Schlammwasser wird entweder am Beckenumfang durch Uberlaufwehre oder gesonderte Entnahmevorrichtungen abgezogen. Kleine Eindicker werden auch mit Stufenablassen ausgeriistet, die in verschiedenen Hohen angebracht sind. In manchen Fallen sind auch schwenkbare o-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
185
der absenkbare Entnahmerohre vorgesehen, um im Chargenbetrieb das iiberstehende Schlammwasser abziehen zu konnen (Abb. 4.2-33). Da bei der Schlammeindickung haufig Schwimmschlamm auftreibt, erfolgt bei rotierenden Raumerbriicken in den meisten Fallen die Installation einer Schwiirmischlanunraumeinrichtung oder bei Eindickem ohne Schlammraumem ein Schwimmschlammabzug im oberen Bereich des Eindickers. Die Beckensohle ist bei kleinen Eindickem ohne Schlammraumung trichterformig mit einer Neigung steiler als 1,5 : 1 ausgebildet. Schlammeindicker mit maschinellen Schlammraumeinrichtungen erhalten Sohkieigungen wie mnde Absetzbecken und zentrische Entnahmetrichter. Der eingedickte Schlamm wird mit Raumschilden in diese Entnahmestellen geschoben. Ftir starker eingedickte Schlamme werden Schlammkrahlwerke mit Zentralantrieb bevorzugt. Bei sperrigen Schlammen und bei zur Gasbildung neigenden Schlammen empfiehlt es sich, an der Raumbriicke bzw. an den Krahlarmen senkrechte Rtxhrstabe anzuordnen, um sicher zu stellen, dass aus den unteren Kompressionszonen abgetrenntes Schlammwasser nach oben entweichen kann. Abb. 4.2-34 zeigt einen Rundeindicker mit Krahlwerk. Sfijfmodiasse i Sd^lcnwwoss^r
Sch iam/Tf wosser
Abioufrtnae
Schlamrnwasssr i. finiotjf ijberluuf
schWEfihljores fnfnahmerohr f Si'hlommwasser Z fjniovf Uber^ouf
OiCkschlomnii-
Oicksclilamm
sn(nohm& Zulouf Abb. 4.2-33. Eindicker ohne Schlammraumer (ATV 1983)
iulGuf
186
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm Zulauf
^Ablaufrinne fur das abgetrennte Trijbwasser
Abzugsleftung fur den eingedickten ScMQfnm
Abb. 4.2-34. Rundeindicker mit Krahlwerk (Seyfried 1986) Die maximal zulassige Aufenthaltszeit des Schlammes in der Eindickzone wird maBgeblich durch die Zeitspanne bestimmt, die biologische Vorgange im Eindicker benotigen, um negative Einfltisse auf den Eindickvorgang hervorzurufen. Bei relativ frischen Rohschlammen (frisches Abwasser, kontinuierliche Schlammraumung im Vorklarbecken) konnen fur die zulassige Konsolidierungszeit bis zu drei Tage angesetzt werden. Rohschlamme von angefaultem Abwasser oder schlecht geraumten bzw. zu groB bemessenen Vorklarbecken sollen weniger als ein Tag in der Konsolidierungszone verweilen. Diesbeztiglich sind Durchlaufeindicker gegentiber Standeindickem vorteilhafter, da sich durch Heben und Senken des Schlammspiegels die Aufenthaltszeit variieren lasst. Da zurzeit noch keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse vorliegen, mit deren Hilfe eine sichere Abschatzung des Absetzverhaltens des im Einzelfall vorliegenden Schlammes moglich ist, ist ftir die Bemessung von allgemeinen Erfahrungswerten auszugehen, wie sie in Tabelle 4.2-17 dargestellt sind. Die oft in relativ weiten Grenzen schwankenden erreichbaren Feststoffgehalte zeigen, dass diese Zahlen noch von etlichen weiteren inner- und auBerbetrieblichen Einfliissen abhangig sind. Dem planenden Ingenieur bleiben deshalb genauere tJberlegungen und Abschatzungen nach den jeweiligen Gegebenheiten nicht erspart. Im Zweifelsfall sollten immer die niedrigeren Werte herangezogen werden (Seyfried 1986) oder die Bemessung auf Grundlage von halbtechnischen Absetzversuchen vorgenommen werden. a) Bemessung Die Aufenthaltszeit der Feststoffe in der Schlammschicht wird von der Schlammschichthohe, dem Eindickervolumen und der Flachenbelastung BA (kg TS/(m^-d) bestimmt. Dabei sind die Schlammschichthohe als maB-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
187
gebliche EinflussgroBe auf den effektiven Kompressionsdruck und die Flachenbelastung die bestimmenden BemessungsgroBen. Sofem keine Versuchsergebnisse vorliegen, sind die in Tabelle 4.2-18 angegebenen Flachenbelastungen anzusetzen. Die Hohe der Eindickzone ergibt sich, wie bereits aufgefuhrt, in Abhangigkeit von der zulassigen Aufenthaltszeit. Tabelle 4.2-17. Durch Eindickung erreichbarer Trockenmassenanteil Schlammart
Vorklarschlamm und schwerer Industrieschlamm Vorklarschlamm Gltlhverlust tlber 65 % Vorklarschlamm Gluhverlust unter 65 % Vorklarschlamm und belebter Schlamm mit Index > lOOml/g Vorklarschlamm und belebter Schlamm mit Index < lOOml/g Belebter Schlamm mit Index > lOOml/g Belebter Schlamm mit Index < lOOml/g Schlamm aus Stabilisationsanlagen Vorklar- und Tropfkorperschlamm Faulschlammvorklarung Faulschlammvorklarung und Belebungsanlage Thermisch konditionierter belebter Schlamm
Durch Eindickung ohne Konditionierimg erreichbarer Trockenmassenanteil (TR) [%] 10-30 5-8 6-12 4-6 5-10 1-3 3-5 3-5 6-10 8-14 5-9 10-15
Tabelle 4.2-18. Maximal zulassige Eindicker-Flachenbelastung (Seyfried 1986) Gruppe
Eigenschaften
1 2 3
gut entwasserbar mittelmaBig entwasserbar schlecht entwasserbar
maximal zulassige Flachenbelastung [BA (kg TS/(m^ d))l 100 50-80 20-50
b) Flotation Die Flotation von Schlammen ist ein Verfahren, bei dem die Schlammstoffe durch anhaftende feine Gasblasen zum Aufschwimmen gebracht werden. Das Zwischenraumwasser flieBt nach unten ab, so dass teilweise ein hoherer Eindickeffekt als bei der statischen Eindickung erreicht wird. Der Flotationsvorgang verlauft wesentlich schneller als die statische Schwerkrafteindickung. Ftir die Eindickung von Schlammfeststoffen hat sich die Entspannungsflotation als besonders geeignet erwiesen. Bei diesem Verfahren wird Gas, zumeist atmospharische Luft, im Wasser oder im Feststoff-Wasser-Gemisch unter Uberdruck eingebracht, wobei sich infolge
188
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
der Entspannung im Becken gleichmaBig verteilte, kleinste Gasblaschen bilden, die eine besonders wirkungsvolle Phasentrennung ermoglichen. Bei Flotationsanlagen unterscheidet man im WesentUchen das Vollstromverfahren, bei dem die gesamte, zur Phasentrennung vorgesehene Fltissigkeit in der Druckstufe mit Gas gesattigt wird und das Riicklaufverfahren, bei dem ein Teil des entschlammten Abwassers aus der Flotation unter Druck angereichert und dann mit dem Einlauf vermischt in das Flotationsbecken zuriickgeftihrt wird. Zur Ausrlistung einer Flotationsanlage gehort, neben dem eigentlichen Flotationsbecken mit zugehorigen Wasserund Schlammabzugseinrichtungen, ein Druckwasserbehalter mit vorgeschalteter Druckpumpe, ein Dmckkessel einschlieBlich Kompressor sowie die erforderlichen Regelungs- und Entspannungsventile und die elektrischen Schaltanlagen. Abb. 4.2-35 zeigt das Verfahrensschema einer Flotationsanlage nach dem Rticklaufverfahren. Die Raumung der flotierten Schlammstoffe von der Wasseroberflache erfolgt durch Bandraumer oder heute vorzugsweise durch Raumerbriicken mit hohenmaBig einstellbaren Raumschilden. Sind die abgeschobenen Schlammstoffe nicht mehr flieBfahig, so mtissen sie durch Transportschnecken oder ahnliche Einrichtungen gefordert werden. In alien Fallen sind Flotationsbecken mit zusatzlichen Bodenraumem auszuriisten, da in aller Regel in der Schlammsuspension auch immer schwere, trotz der Anwesenheit feinster Luftblasen, sedimentierende Bestandteile vorhanden sind. c) MaBnahmen zur Verbesserung der Absetzeigenschaften von Klarschlammen Anaerob behandelte Klarschlamme weisen in der Regel schlechte Absetzeigenschaften auf Das spezifische Gewicht der ungelosten Schlamminhaltsstoffe unterscheidet sich nur unwesentlich von der fliissigen Phase, so dass bereits geringe Stromungen im Absetzbecken ein Sedimentieren verhindem konnen. Ein zweiter Storfaktor ist der Nachgaseffekt. Folgende Vorgange bewirken diesen Effekt: • Peine, an den Schlammpartikeln anhaftende Gasblaschen behindern das Sedimentieren dieser Feststoffe. • Kleine Gasblaschen schlieBen sich zusammen, um anschlieBend zur Wasseroberflache aufzusteigen. Die dabei entstehenden Turbulenzen behindern das Absetzen. • Der anaerobe Umsetzungsprozess geht im Absetzbecken unter Bildung geringer Gasmengen weiter. Die Folge sind geringfiigige Turbulenzen im Absetzbecken. • Je nach Geometric des Beckens sowie der Betriebsweise treten beachtliche Warmestromungen auf.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
->a-
189
(X)
J 10 39
u 1 2 3 4 5 6 7
cL:>
^ f
L Zulaufpumpe
U>
Q.
ID
U-t
^ »
2
Flockungsbecken I Flockungsbecken II Blasen-Feststoff-Kontaktzone Flotationszone Flotatschlammraumer Flotatschlammabzugsrinne
8 9 10 11 12 13
Ablauf Druckerhohungspumpe (Riicklauf) Injektor (Luftbeimischung) Dmckkessel Kompressor Chemikalienbehalter und -dosieruns
A b b . 4.2-35. Verfahrensschema einer Flotationsanlage mit Flotationsbeeken
MaBnahmen zur Verbesserung der Absetzeigenschaften haben zum Ziel, diese Stormechanismen zu unterbinden bzw. die Schlammpartikel durch Koagulations- und Konglomerationseffekte positiv zu verandem. Mogliche MaBnahmen sind: • • • • •
Krahlwerke, Ktihlung, Vakuumentgasung, Zugabe von inerten Tragermaterialien und Zugabe von Flockungshilfsmitteln.
Die Erfolge, die mit den einzelnen MaBnahmen erzielt wurden, sind sehr unterschiedlich. Eine wesentliche Rolle spielen in diesem Zusammenhang, neben der Schlammzusammensetzung, die jeweihgen speziellen Betriebsverhaltnisse. Daher ist eine Verallgemeinerung der wenigen Ergebnisse, die zu dieser Thematik vorliegen, nicht moglich.
190
4 Verfahrenstechniken ziir Behandlung von Klarschlamm
Krahlwerke Das Absetzen oder besser gesagt das Eindicken von Klarschlamm in Sedimentationsbecken ist abhangig vom Feststoffgehalt. Die Absetzbedingungen wechseln mit zunehmendem Feststoffgehalt, wobei grundsatzlich zwei Phasen zu unterscheiden sind. In der ersten Phase erfolgt ein weitgehend unbehindertes Absetzen. Dieser Phase folgt die Phase des behinderten Absetzens, in der durch die Auflast des sich verdichtenden Schlammes im unteren Bereich des Absetzbeckens infolge steigenden Kompressionsdruckes eine weitere Verdichtung bewirkt wird. Das in der Kompressionszone ausgepresste Wasser kann aufgrund der dariiber lagemden Schlammschichten oftmals nicht nach oben gelangen. Wasserlinsen in diesem Bereich sind die Folge. Langsamdrehende Krahlwerke haben die Aufgabe, feine Kanale in der Schlammschicht zu erzeugen. Das ausgedrtickte Schlammwasser kann durch diese Kanale nach oben dringen, so dass die Bildung von Wasserlinsen weitgehend unterbunden wird. Diese Technik hat sich in der Vergangenheit bereits bewahrt. Deshalb sind Durchlaufeindicker neuerer Zeit in der Regel mit Krahlwerk ausgeriistet (Abb. 4.2-34). Kiihlung Die Kiihlung hat sich in der Praxis bisher nicht durchsetzen konnen, obwohl recht positive Versuchsergebnisse vorliegen. In Bezug auf eine Veranderung des Losungspotenzials einiger Gase ist eine Temperaturabsenkung um nur wenige Grad Celsius sehr effektiv (Abb. 4.2-36). Ftir Kohlendioxid erhoht sich das Losungspotenzial pro Grad Celsius Temperaturabsenkung um rd. 7,2 1/m^ Das Losungspotenzial fiir Methangas (CH4) bleibt dagegen nahezu konstant, was diese Methode zur Verhinderung des Nachgaseffektes zunachst als fragwtirdig erscheinen lasst. Neben dem physikalischen Effekt wirkt die Abkuhlung jedoch auch auf die biologischen Mechanismen, was von ausschlaggebender Bedeutung ist. Wie bereits angesprochen zeigen anaerob behandelte Klarschlamme nach Verlassen des Faulbehalters eine Restaktivitat, die sich in Form von geringftigiger Gasbildung auBert. BekanntermaBen geht die biologische Aktivitat der methanbildenden Biozonose bei sinkenden Temperaturen, insbesondere wenn die 30 °C Marke unterschritten wird, stark zuriick. Folglich muss auch die Gasproduktion abnehmen.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
191
250
im 6 6 ^ 8 ¥ol--% COg =
26,0
7,2
¥D1-«%
Vol^%
^0 Temp, f^Cl
Abb. 4.2-36. Gas-Sattigungskurven in Abhangigkeit von der Temperatur (p=1.033mbar). Vakuumentgasung Als Vakuumentgasung bezeichnet man technische Einrichtungen, mit deren Hilfe im Ablauf von Schlammfaulungsanlagen befmdlicher Schlamm unter Vakuum zusatzlich ausgast. Derartige Apparate konnen z.B. als konzentrische Rohre ausgebildet sein, wobei im inneren Rohr der ablaufende Faulschlamm aufsteigt und an der AuBenwand des inneren Rohres in einer dtinnen Schicht nach unten flieBt. Der Gasraum zwischen innerem und auBerem Rohr stellt dabei ein Vakuum von 400 bis 600 mbar dar und wird entsprechend abgesaugt. Durch Turbulenzen oder andere technische MaBnahmen kann der Ausgasungseffekt weiter unterstiitzt werden. In Bezug auf den Gasanfall kann in einzelnen Fallen ein Mehrertrag von 3 bis 10 % der Gesamtgasmenge moglich sein. In Bezug auf das hier interessierende Absetzverhalten der Faulschlamme kann die Vakuumentgasung in aller Regel nur dann nachhaltig eingesetzt werden, wenn gleichermaBen eine zumindest moderate Abkiihlung bis um einige °C erfolgt. Dartiber hinaus ist der Riickgang von Schwimmdeckenbildung auf Eindickem durch den Einsatz von Vakuumentgasungsanlagen haufig beobachtet worden und somit ein wtinschenswerter Nebeneffekt.
192
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Zugabe von inerten Tragermaterialien Unter dem Begriff „inerte Tragermaterialien" sind hier in erster Linie Aktivkohle, Braunkohlenkoks oder Flugaschen zu verstehen. Versuche zu dieser Verfahrenstechnik haben vor allem bei der Verwendung von Kammer-Filter-Pressen Anwendung gefunden, wo sie neben ihren positiven Effekten in statischen Eindickem dann zusatzlich als geriistbildende Materialien zu einer positiven Entwasserung beitragen. In aller Regel sind sie nur sinnvoll, wenn nacti der Entwasserung eine Verbrennung/Veraschung oder eine andere thermische Behandlung erfolgt. Bemessungswerte fur diese Verfahrenstechnik oder RichtgroBen stehen nicht zur Verftigung. Hier sind prinzipiell Versuche durchzufuhren. Zugabe von Flockungshilfsmittein Einhergehend mit der Umriistung unserer modemen Klarwerke auf Nahrstoffelimination im Bereich der Abwasserreinigung ging die Leistungsfahigkeit von statischen Eindickem, die friiher in aller Regel fur Mischschlamme aus Primar- und Sekundarschlamm geplant wurden, drastisch zuriick. Daruber hinaus wurden viele vor allem groBe Klarwerke mit der Verfahrenstechnik vermehrte biologische Phosphorelimination ausgeriistet, was den Betrieb von Mischschlamm-Voreindickem a priori ausschlieBt, da es in diesen sonst zu deutlichen Phosphorriickloseerscheinungen kommt und somit immense Phosphatfrachten im Kreis gefiihrt wiirden und nicht eliminiert werden konnten. Dies hatte zur Folge, dass insbesondere dann bei der reinen Uberschussschlammeindickung nur noch sehr unzureichende Feststoffgehalte in den Eindickem erzielt werden konnten (z.B. 1 bis 3 % TR). Sowohl fiir Primarschlamm-, tJberschussschlamm- als auch Mischschlamm-Eindicker bietet es sich daher an, deren Leitungsfahigkeit durch den Zusatz von Polymeren als Flockungshilfsmittel zu steigem. Prinzipiell gelten fiir die Konditioniemng von Schlammen fiir den Betrieb von Eindickem die selben Rahmen- und Randbedingungen, wie sie fur den Einsatz zur Entwassemng beschrieben wurden. Lediglich die erforderlichen Mengen an Flockungshilfsmittein weichen deutlich ab. Es empfiehlt sich fiir den Betrieb von Eindickem entsprechende Versuche durchzufiihren und die erforderlichen Flockungshilfsmittelmengen fiir den gewiinschten Eindickgrad (bei gegebenen Schlammmengen und Eindickzeiten) zu ermitteln. Hierbei werden in aller Regel Flockungshilfsmittelmengen zwischen 0,5 und 3,0 kg FHM (Wirksubstanz) pro Tonne TR erforderlich.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
193
Mechanische Konditionierung Von besonderer Bedeutung fur die Entwasserungsfahigkeit der Abwasserschlamme ist die Kompressibilitat. Durch die Zugabe von chemisch nicht reaktiven geriistbildenden Stoffen wird die Kompressibilitat des Schlammes vermindert. Als Konditioniemngsmittel werden Aschen, Kohle und mineralische Stoffe wie Sande und Kieselgut verwendet. Fiir die Entwasserung nach mechanischer Konditionierung sind zwar alle Entwasserungsmaschinen geeignet, doch werden in den meisten Fallen Kammerfilterpressen bevorzugt. Denn eine Veranderung der Kompressibilitat wirkt sich besonders giinstig bei mit hoheren Driicken arbeitenden Kammerfilterpressen aus. Dariiber hinaus wirken diese Zuschlagstoffe in Rotationsmaschinen stark abrasiv, so dass deren Verwendung meist aus Griinden der Betriebssicherheit und der Wartungs- und Instandhaltungskosten unterbleibt. Entscheidenden Einfluss auf das Entwasserungsergebnis hat die Art und KomgroBe des verwendeten Filterhilfsmittels. Mit geringer werdender KomgroBe tritt eine Verbesserung des Filterverhaltens bei gleichen Gewichtsmengen an verwendeten Zuschlagstoffen ein. So libertrifft zum Beispiel Flugasche in ihrer Wirksamkeit alle anderen Aschearten. In den meisten Fallen wird arteigene Asche verwendet, die bei der Verbrennung des Abwasserschlammes anfallt. Durch Zerkleinerung und Mahlvorgange lasst sich der Partikelfeinstanteil erhohen. Die optimale KomgroBe richtet sich letztendlich nach der GroBe der vorhandenen Schlammpartikel. Werden dem Schlamm Aschepartikel in tibermaBiger Menge zugesetzt, die eine kleinere KomgroBe als die kleinsten Schlammpartikel haben, so bestimmt schlieBlich der feinste Ascheanteil den Filterwiderstand und es tritt u.U. keine Verbessemng der Filtrationseigenschaften des Schlammes ein. Eine derartige Konditioniemng erfolgt meist bereits im Zulauf der Eindicker, so dass auch das Eindickverhalten positiv beeinflusst wird. 4.2.4,3 Entwasserung a) Natiirliche Entwasserung von Klarschlammen Im Vergleich zu anderen Verfahren der Klarschlammentwassemng erfordert die natiirliche Entwassemng in Bau und Betrieb nur einen geringen Aufwand und hatte bis in die SOiger Jahre hinein vor allem fiir kleinere, vielfach auch noch fiir mittlere Klarwerke eine groBe praktische Bedeutung. Bei der natiirlichen Entwasserung wird der Klarschlamm auf Trockenbeeten oder in Schlammteichen abgelagert und durch Schwerkraft und Verdunstung auf 25 % bis 35 % TR entwassert.
194
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Durch die Schlammkonsolidierung ergibt sich ein selbstdichtender Effekt des Schlammes nach unten, so dass der Hauptanteil des Wassers nach oben aufsteigt und dort austritt. Die in Schlammbeeten tibliche Sohldrainage spielt daher im Hinblick auf das Entwasserungsergebnis nur zu Beginn eine wichtige, spater aber eine untergeordnete Rolle. Diese Drainschicht ist i.d.R. aus mehreren Lagen Material aufgebaut, dessen KorngroBe nach unten, in Richtung eingelassener Drainagerohre, zunimmt. Die oberste Lage besteht aus einer sogenannten VerschleiBsandschicht und wird bei der Schlammraumung sukzessive mit abgehoben. Eine weitaus hohere Bedeutung bei der nattirlichen Entwasserung hat der kontinuierliche Abzug des uberstehenden Schlammwassers. Hierfiir mtissen Ablaufkonstruktionen gewahlt werden, deren Ablaufschwelle mit dem Schlammpegel variabel ist. Im einfachsten Fall konnen dies Uberfallschwellen sein, die je nach Konsolidierung erhoht oder verringert werden konnen (Abb. 4.2-37).
Schlamm
Abb. 4.2-37. Abzug des Schlammwassers liber Offnungen in seitlich begrenzenden Betondielen (ATV 1996) Verbreitet ist ebenfalls eine Konstruktion senkrecht stehender Drainagemonche. Diese Monche bestehen aus einem doppelwandigen, geschlitzten Rohr, dessen Zwischenraum mit einer Schtittung aus Schlacke oder Kies gefullt ist. Das Innenrohr fiihrt das gefilterte Schlammwasser direkt in Sammeldrainleitungen in der Beetsohle ab. Der Nachteil dieser Konstruktion besteht darin, dass die Monche zur Raumung des Beetes entfemt werden mtissen. Oftmals werden in die so ausgertisteten Schlammbecken 0,2 bis 0,3 m dicke Schlammschichten in Intervallen eingebracht, bis eine Ge-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
195
samtmachtigkeit von 0,8 bis 1,0 m erreicht ist. Nach anschlieBender Raumung erfolgen dann emeut mehrere Beschickungszyklen (ATV 1996). Klarschlammvererdung Das natumahe Verfahren der Klarschlammvererdung in Pflanzenbeeten zahlt zu den naturlichen Schlammentwasserungsverfahren von biologisch stabilisierten oder teilstabilisierten Klarschlammen und stellt eine Weiterentwicklung der herkommlichen Trockenbeete dar. Aufgrund des groBen Flachenbedarfs wird dieses Verfahren vorzugsweise in landlichen Regionen eingesetzt. Die Klarschlammbehandlung in mit Schilf bepflanzten Filterbeeten wurde 1967 erstmalig von Seidel (Bittmann u. Seidel 1967) im Kemforschungszentrum Karlsruhe eingesetzt. Die Untersuchungen zeigten, dass das Rohricht die Entwasserung und Mineralisation der aufgebrachten Schlamme fordert und die Qualitat des Filtratwassers verbessert. Weitere Forschungen im In- und Ausland bestatigten die positiven Ergebnisse der Klarschlammvererdung. Jedoch sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass es sich bei den untersuchten Klarschlammen vorrangig um simultan aerob stabilisierte Uberschussschlamme handelte. Somit beschrankt sich der Anwendungskreis zunachst auf Klaranlagen mit einem Anschlusswert < 20.000 EW. Beztiglich der Vererdung von anaerob stabilisierten Schlammen, wie sie auf groBeren Klaranlagen anfallen, liegen bis dato noch keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse vor. Weitere Forschungen sind notig, um nachzuweisen, dass die Vererdung prinzipiell auch fur diese Art von Klarschlammen geeignet ist. Aufbau einer Vererdungsanlage Der prinzipielle Aufbau von Vererdungsbeeten besteht im Allgemeinen aus einer Filterschicht aus Sand und Kies, einer in der Filterschicht liegenden Drainage, einer Beschickungsvorrichtung, einem Ablaufschacht mit Filtratpumpe sowie einer Abdichtung gegen das anstehende Bodenmaterial. Beztiglich der Bauausftihrung stehen prinzipiell mehrere Altemativen zur Verfiigung, wie beispielsweise abgedichtete Erdbecken oder umfunktionierte Schlammtrockenbeete aus Holz oder Beton. Auf die baulichen Aspekte und Besonderheiten soil an dieser Stelle jedoch nicht naher eingegangen werden. Die Beschickungsvorrichtungen bestehen zumeist aus einfachen Dmckrohrleitungen. Als Pflanzenmaterial kann sowohl Schilf als auch Gras zum Einsatz kommen, wobei die Bepflanzung mit Schilf am weitesten verbreitet ist.
196
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Funktionsweise von Vererdungsanlagen Klarschlammvererdung mit Schilf Das Schilfrohr Phragmites communis TRIN. (Artname: Phragmites australis (CAV.) TRIN. ex) gehort zur Familie der SiiBgraser und ist eine der am weitesten verbreiteten Sumpfpflanzen der Welt (Rodewald-Rudescu 1974). Als Sumpfpflanze hat Schilf ein starkes Wasserbedtirfnis. Dariiber hinaus ist es bzgl. des Chemismus im Boden und im Wasser relativ widerstandfahig. Vor der Erstbeschickung wird das Schilfrohr in eine Bodensubstratschicht oder direkt in den Filterkorper gepflanzt. AnschlieBend erfolgt die Aufgabe von Nassschlamm in periodischen Abstanden. Zwischen den Beschickungszyklen wird dem Schlamm einerseits durch Versickerung und Ablauf iiber die Drainage und andererseits durch Verdunstung iiber Pflanze und Boden das Wasser entzogen. Die Wurzeln des Schilfrohrs durchdringen den auflandenden und sich verfestigenden Schlamm. Diese Durchwurzelung ermoglicht eine Auflockerung der Schlammschichten und halt den Porenraum offen bzw. vergroBert diesen sogar. Die durch Wind erzeugte Drehbewegung der Halme fordert zudem eine oberflachige Rissbildung im Boden. Durch diese Auflockerung und das AufreiBen des Schlammbodens werden neue, feine Drainkanale flir das Schlammwasser geschaffen. Gleichzeitig vergroBert sich die der Verdunstung zur Verfugung stehende Schlammoberflache, was ebenfalls zu einer weiteren Entwasserung des Schlammes ftihrt. Dariiber hinaus kann durch die Rissbildung Sauerstoff in tiefe Bereiche des sich bildenden Bodenkorpers gelangen, welcher fiir eine weitergehende Mineralisation des Schlammes durch die im Boden vorhandenen bzw. sich entwickelnden Bakteriengesellschaften erforderlich ist. Die Schlammbeschickung der Beete erfolgt im Allgemeinen in einem Abstand von zwei Wochen, um ein Abtrocknen und Durchwurzeln des Schlammkorpers zu ermoglichen. Prinzipiell kann die Beschickung sowohl ausschlieBlich wahrend des Vegetationszeitraumes von April bis November als auch ganzjahrig durchgefiihrt werden. Bei ganzjahriger Beschickung wird zwar der Bodenkorper durch verringertes Pflanzenwachstum nicht weiter durchwurzelt, jedoch erzeugt die wittemngsbedingte Halmbewegung weiterhin fiir das AufreiBen des Bodens und der Schaffung der Sickerkanale. Dariiber hinaus fordert der im Winterhalbjahr in unseren Breitengraden haufige Frost-Tau-Wechsel die Entwasserung des Schlammes (Bahrs 1978). Das im Winterhalbjahr abgestorbene Schilf verbleibt in der Regel im Beet. Durch das Umknicken des Schilfrohres, dem allmahlichen Absterben des oberirdischen Pflanzenteils und der weiteren Beschickung der Beete werden die Pflanzenreste Bestandteil des Bodenmaterials und sorgen fiir eine stmkturelle Verbesserung des Bodenkorpers.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
197
Klarschlammvererdung mit Gras In der Kegel wird bei der Vererdung mit Gras das Weidelgras (Lolium perenne) eingesetzt. Bei diesem Verfahren wird jedoch kein Pflanzensubstrat verwendet. Nach EinMlen des Nassschlammes in das Beet trocknet der Schlamm zunachst durch die Ableitung von Sickerwasser tiber die Drainage und Verdunstung von Wasser oberflachig ab. Danach wird das Gras direkt auf die zu behandelnde Schlammschicht aufgebracht. Das schnell wachsende Gras durchwurzelt den gesamten Schlammkorper. AnschlieBend erfolgt die emeute Beschickung mit Fltissigschlamm, wobei das Gras vollstandig von zulaufendem Schlamm tiberdeckt wird. Das Gras stirbt ab und wird Bestandteil des Bodens und tragt somit ebenfalls zur Strukturverbesserung bei. Der Beschickungszyklus liegt bei dieser Verfahrensvariante je nach Witterungsbedingungen zwischen sechs und neun Monaten. Bemessung von Vererdungsanlagen Gmndlage der Bemessung von Vererdungsbeeten ist die jahrlich anfallende Nassschlammmenge, der Trockenrtickstand sowie der organische Anteil des Trockenriickstandes. Die BemessungsgroBe ist die Flachenbelastung in kg Trockensubstanz pro m^ Beetflache und Jahr. GemaB der einschlagigen Literatur schwanken diese Werte von 30-35 kg TS/(m^-a) bis hin zu 6070 kg TS/(m^a). Dies entspricht ungefahr einer vorzuhaltenden Beetflache von 0,5 mVEW bis 0,2 mVEW. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass sich diese Angaben lediglich auf aerob stabilisierten Uberschussschlamm kleinerer Abwasserreinigungsanlagen beziehen. In der Kegel ist aufgrund der Auflandung des Bodenmaterials eine nutzbare Hohe von rund 1,5 m vorzuhalten. Entsorgung des vererdeten Materials Nach einem Zeitraum von ca. sechs bis neun Jahren werden die Beete geraumt. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft ist eine stoffliche Verwertung des vererdeten Bodenmaterials in der Landwirtschaft oder Landschaftsbau anzustreben. Dazu ist als weiterer Behandlungsschritt jedoch eine Siebung und Kompostierung des Endproduktes erforderlich. Hinsichtlich der Beseitigung des Endproduktes scheidet die thermische Behandlung i.d.K. aufgrund des relativ hohen mineralischen Anteils und des daraus resultierenden geringen Heizwertes faktisch aus. Unabhangig von der Art des Entsorgungsweges muss jedoch stets bedacht werden, dass das vererdete Material per Definition weiterhin Klarschlamm bleibt und somit den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen unterliegt (ATV-DVWK 2001).
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4 Verfahrenstechniken ziir Behandkmg von Klarschlamm
b) Ma^chinelle Entwasserung von Klarschlammen Grundsatzlich lassen sich die angewandten Verfahren hinsichtlich ihrer Wirkungsweise in zwei Gruppen aufteilen. • Trennung der Feststoffe vom Schlammwasser durch Filtration • Trennung der Feststoffe vom Schlammwasser durch die Erzeugung eines kunstlichen Schwerefeldes Im Weiteren werden fur diese Verfahren Beispiele benannt und erlautert. Kammerfilterpressen Kammerfilterpressen bestehen aus einem Paket von Filterplatten, die so ausgebildet sind, dass benachbarte Filterplatten jeweils eine abgeschlossene Filterkammer bilden. Die tibliche Kammertiefe betragt 30 mm. Die auf den Filterplatten aufgezogenen Filtertucher trennen durch den Filtrationsdruck die Feststoffe vom Schlammwasser nach dem Prinzip der kuchenbildenden Filtration. Das statische Gefalle am Filtertuch ftihrt zur Durchstromung des Filtertuches und des sich davor aufbauenden Filterkuchens. Abb. 4.2-38 zeigt die schematische Darstellung eines Filterplattensystems (Jungeetal. 1995).
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3 Filterkuchen
4 Filterplatten
5 Filteitucher
Abb. 4.2-38. Schematische Darstellung eines Filterplattensystems (Junge et al. 1995)
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
199
Die Dichtung zwischen den Flatten wird durch das Filtertuch selbst hergestellt. In den meisten Fallen wird fiir die Filtertticher Polyamid-Gewebe in monofiler Webart verwendet. Andere Kunststofffasem aus Polyester oder Polypropylen konnen ebenfalls eingesetzt werden. Die Flatten bestehen i.d.R. aus beschichtetem Spharoguss. Auf der Oberflache sind Ablaufrillen eingearbeitet, in denen das durch das Filtertuch abflieBende Filtrat abgeleitet wird. Die Filterplatten werden auf seitlichen Holmen gefuhrt, die das Gewicht der Flatten und die Zugkrafte aufnehmen. Die Flatten werden mit etwa 400 bar zusammengepresst. Bin Filtrationsvorgang dauert etwa 1 bis 3 Stunden und setzt sich aus folgenden automatischen Arbeitsschritten zusammen: • Zusammenfahren der Filterplatten, bis hydraulischer SchlieBdruck (400 bar) erreicht ist, • Beschickung (Ftillvorgang) i.d.R. mit Excenterschneckenpumpen (groBe Menge/kleiner Druck), • Aufbringen des Filtrationsdruckes (Fressvorgang) mit Druckpumpen (Membranpumpen, kleine Menge/groBer Druck, 8-20 bar), • Ablauf des Filtratwassers durch ein offenes oder geschlossenes Ablaufsystem, • Entlastung und Ausblasen der Schlammzulaufbohrung mit Luft, • Verminderung des hydraulischen SchlieBdmckes, • Auffahren des Druckstiickes, Auffahren der einzelnen Druckplatten zum Abwurf des Filterkuchens. Der Abwurf des Filterkuchens muss personell iiberwacht werden. Beim Eingriff des Personals wird die Filterpresse automatisch iiber eine Lichtschranke gestoppt. Zur Reinigung der Filtertticher werden automatisch arbeitende Abspritzeinrichtungen eingesetzt. Die Filtertticher werden mit einem Spritzdruck von 70 bis 100 bar gereinigt. Bei inkrustierten Filterttichem infolge der Schlammkonditioniemng mit Kalk und Eisensalzen ist eine regelmaBige Behandlung mit 3 bis 5 %iger Salzsaure notwendig. Heute werden Kammerfilterpressen oftmals auch mit Polymerkonditionierung verwendet. Wahrend diese Art der Konditionierung frtiher auf Kammerfilterpressen oftmals zu erheblichen Schwierigkeiten, wie z.B. Anbacken der Schlammplatten oder unzureichende Endfeststoffgehalte, ftihrte, hat die Entwicklung angepasster polymerer Flockungshilfsmittel soweit Fortschritte gemacht, dass nach Durchftihrung sondierender Pilotversuche in aller Regel auch diese Art der Konditionierung auf Kammerfilterpressen sicher eingesetzt werden kann. Die wesentlichen Vorteile einer Kammerfilterpresse sind die hohen erreichbaren Feststoffgehalte im Schlammkuchen und die hohe Trennscharfe
200
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
zwischen der Fest- und Fltissigpiiase, d.h. das Sclilammwasser ist weitgehend feststofffrei. Des Weiteren ist das Entwassemngsaggregat sehr robust, so dass Abschreibungszeitraume von 25 Jahren und langer moglich sind. Wesentliche Nachteile von Kammerfilterpressen sind die im Vergleich zu anderen Entwasserungsaggregaten hohen Investitionskosten, die diskontinuierliche Betriebsweise, die geringen Moglichkeiten betrieblicher Optimierung und die starke Geruchsbelastigung durch Ammoniak infolge Konditionierung mit Kalkmilch (Junge et al. 1995). Membranfilterpressen Eine Weiterentwicklung der Kammerfilterpresse ist die Membranfilterpresse. Die Entwasserung des Klarschlammes erfolgt in zwei Stufen. In der ersten Stufe wird der Schlamm wie in einer herkommlichen Kammerfilterpresse mit ca. 8 bar filtriert. In der zweiten Stufe wird der Schlammkuchen bei 15-25 bar nachentwassert. Dies erfolgt durch das Aufblasen einer Gummimembran, die sich unter dem Filtertuch befindet. Als Druckmittel zum Aufblasen der Membran eignen sich Wasser, Luft, andere Gase oder Hydraulikfliissigkeiten. Die Membran wird in den meisten Fallen mit einer Noppenprofilierung aus Polypropylen hergestellt. Die Schlammzufuhr erfolgt im Gegensatz zur Kammerfilterpresse nicht in der Plattenmitte, sondem in der Plattenecke, um eine moglichst groBe Membranflache zu gewahrleisten. Der wesentliche Vorteil dieses Verfahrens ist das Erreichen hoherer Trockensubstanzgehalte und die Verktirzung der Filtrationszeit. Damit verbunden ist eine Steigerung der spezifischen Filtrationsleistung [l/(m^-h)]. Abb. 4.2-39 zeigt die Filtrationsleistung und den erreichten Trockennickstand im Schlammkuchen in Abhangigkeit der Filtrationsdauer fur eine Kammerfilterpresse und eine Membranfilterpresse. Der hohere Trockenriickstand bei der Membranfilterpresse wird quasi durch ein nachtragliches Auswringen des Filterkuchens erreicht (Junge et al. 1995). %
% Trockensubstanz
Trockensubstanz
30 - 40%
- 50 - 45
- SS
45 - 55%
- 50
- 40
- 45 - 40
- 35
- 35 - 30
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Abb. 4.2-39. Spezifische Filterleistung und Trockenruckstand im Schlammkuchen einer Kammer- (links) und Membranfilterpresse (rechts) (Junge et al. 1995)
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
201
Bandfilterpressen Bandfilterpressen sind kontinuierlich arbeitende Aggregate. In vier hintereinander geschalteten Schritten wird der Schlamm bei steigendem Druck und wechselnden mechanischen Beanspmchungen entwassert. In Abb. 4.240 ist der Schnitt durch eine Bandfilterpresse dargestellt. Ftir die Konditionierung werden bei Bandfilterpressen ausschlieBlich organische Polymere verwendet. Diese sind i.d.R. kurzkettig, um das Verkleben der Bander zu verhindem. Kalkprodukte werden nicht verwendet, da es zu einer erhohten Abrasion der Bander kommen wtirde. Der zu entwassemde Schlamm reagiert mit dem Polymer in einer Mischeinrichtung und wird anschlieBend auf das Siebband gegeben. Zu diesem Zeitpunkt muss eine Totalflockung vorliegen. 1 Vorentwasserungsstrekke mit „Schikanen" 2 keilformiger Entwasserungsschacht mit variabier Offnung 3 Schaufelegoutteur, PreSzone mit Entwasserung nach innen und auBen 4 PreBwalzen mit Walkwlrkung M Schlammeinlauf 0 Obersieb U Untersieb R Siebreinigungsstation F Filterkuchenabwurf I Siebspannung "—Siebregulierung
Abb. 4.2-40. Schema einer Bandfilterpresse (Firma Klein) (Junge et al. 1995) Nur so ist eine sofortige Freisetzung eines GroBteils des Schlammwassers in der Seih- bzw. Vorentwasserungszone moglich. Die Seihzone ist der erste Teil des Siebbandes, in ihr wirkt ausschlieBlich Gravitation auf den Schlamm. Am Ende der Vorentwasserungszone muss der Schlamm eine ausreichend hohe Stabilitat aufweisen, so dass er nicht seitlich vom Sieb ablauft. Das erreichbare Entwassemngsergebnis hangt maBgeblich von der Qualitat der Konditionierung ab. Wird zu wenig Polymer dosiert, ist die erreichte Stabilitat am Ende der Seihzone oft nicht ausreichend. Ist der Schlamm iiberflockt, verschmieren die Filterbander. Der zulassige Eingangstrockenrlickstand ist auf 3 bis 9 % TR begrenzt, um eine gleichmaBige Verteilung auf dem Siebband zu gewahrleisten (Junge et al. 1995). In der zweiten Entwasserungsstufe, der so genannten Keilzone, wird der auf den Schlamm einwirkende Druck durch die Verengung des Bandabstandes zwischen dem oberen und dem unteren Siebband stetig erhoht. Durch Dichtlippen wird verhindert, dass der Schlamm im seithchen Bereich austreten kann. In der folgenden ersten Presszone wird der Druck da-
202
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
durch gesteigert, dass die Siebbander mit groBem Umschlingungswinkel um wasserdurchlassige Walzen gefuhrt werden. In der zweiten Presszone werden die Bander s-formig um Walzen gefuhrt. Die dadurch erzwungene Relativbewegung des Oberbandes zum unteren Filterband fiihrt zur Umlagerung des Schlammes. Das zunachst noch eingeschlossene Wasser wird auf diese Weise durch das Filterband gedriickt. Der maximal erreichbare Pressdruck liegt bei ca. 2,5 bar. Der Filterkuchen fallt direkt an der Austragsstelle an, wo die Bander wieder auseinandergefiihrt werden. Schlammreste werden von Schabem automatisch entfemt. Im Verlauf der Bandrtickfuhrung werden die Filterbander mit einem Spiildruck von ca. 6 bar mit Filtratwasser gereinigt. Das erreichbare Entwasserungsergebnis ftir Faul- und Rohschlamme ist oft fur die Deponierung nicht ausreichend, so dass eine Nachentwasserung oder eine Nachbehandlung mit Branntkalk notwendig ist (Junge et al. 1995). Eine Weiterentwicklung der Bandfilterpresse stellen die so genannten Hochdruckbandfilterpressen dar. Diese zeichnen sich durch eine Trennung der Seih- und Druckzone mit jeweils ftir diese Zwecke angepassten Filterbandem aus. Der Vorentwasserungszone folgt eine Hochdruckentwasserungszone. Letztere besteht aus mehreren Presskammem, die taktweise beschickt werden. Zwischen den Presskammem befinden sich Umlenkwalzen, die fiir eine Umschichtung und Scherung des Schlammes sorgen. Der Pressdruck nimmt von Kammer zu Kammer zu und erreicht maximal 15 bar. Die erreichbaren Entwasserungsergebnisse liegen etwa 10-20% TR iiber den Ergebnissen konventioneller Bandfilterpressen (Junge et al. 1995). Zentrifugen Zentrifugen arbeiten nach dem Prinzip eines maschinell erzeugten Schwerefeldes. Die Phasentrennung erfolgt iiber den Dichteunterschied zwischen den Feststoffen und dem Zentratwasser. Ein Dekanter ist ein kontinuierlich arbeitendes Entwasserungsaggregat. Eine in der Horizontalen liegende und um die Langsachse rotierende Trommel erzeugt ein kiinstliches Schwerefeld, welches zur Fest-FliissigTrennung des polymerkonditionierten Schlammes fiihrt. Eine innenliegende Austragsschnecke transportiert die auf den Trommelwandungen abgesetzten Feststoffe in Richtung Konus (verjiingtes Ende der Trommel). Die Schnecke muss sich dazu um die Differenzdrehzahl schneller drehen als die Trommel. Die Ableitung des Zentrates erfolgt iiber Wehrscheiben bzw. Ablaufkanale, die in der Regel unterhalb des Konus liegen. Je nach Bewegungsrichtung des Zentratstromes und des Feststoffes werden Gegen- und Gleichstromzentrifugen unterschieden. Abb. 4.2-41 zeigt eine Prinzipskizze eines Gegenstromdekanters (Junge et al. 1995).
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
203
Auffalligstes Merkmal eines Gegenstromdekanters ist, dass der Einlauf des polymergeflockten Schlammes in der Mitte der Trommel erfolgt. Die groben Feststoffteilchen setzen sich sofort im Einlaufbereich ab und werden in den Konusbereich transportiert. Der Feinanteil wird mit dem Fliissigkeitsanteil mitgenommen und setzt sich im zylindrischen Teil der Trommel ab. Bei Gleichstromdekantern wird der Schlamm an der dem Konus entgegengesetzten Seite eingetragen. Der Feststoff und der Fltissigkeitsanteil werden in Richtung Konus transportiert. Das Zentrat flieBt liber innenliegende Rohre ab. Es entstehen dadurch weniger Turbulenzen und Storungen der Absetzvorgange als bei Gegenstromzentrifugen. k
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Abb. 4.2-41. Prinzipskizze eines Gegenstromdekanters (Westfalia Separator) (Jungeetal. 1995) Infolge von Verstopfungen der Ablaufrohre kann es jedoch zu einem erhohten Wartungsaufwand kommen. Die erreichbaren Entwasserungsergebnisse von Gleich- und Gegenstromdekantem sind in der Praxis identisch. Auf das Entwasserungsergebnis kann tiber die Veranderung von Trommel- und Differenzdrehzahl, die Hohe der Wehrscheiben, den Schlammvolumenstrom durch den Dekanter und die verwendete Menge an Polymer Einfluss genommen werden (Abb. 4.2-42) (Junge et al. 1995). Die maschinentechnische Weiterentwicklung flihrte zu den so genannten Hochleistungszentrifugen. Mit diesen werden durch hohere Trommeldrehzahlen und einer Verbesserung der Differenzdrehzahlregelung verlangerte Aufenthaltszeiten im Zentrifugalfeld und damit bessere Entwasserungsergebnisse erreicht. Die Vorteile von Dekantem sind die kontinuierhche Arbeitsweise in relativ kleinen, leistungsstarken Einheiten, die Entwasserbarkeit relativ diinner Schlamme und die Moglichkeit, schwankende Schlammqualitaten durch betriebliche Optimierung sicher zu beherrschen. Nachteilig sind der hohe spezifische Energieverbrauch und die Larmbelastung (Junge et al. 1995).
204
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm AUSWIRKIING
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FJockungsstabilitit
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Energieeinsatx Jangsam
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Klarungsgrad rvj^rungsgrag
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Ausnut^ung
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niedrtg Abschejdegrad - Fiiisstg / Fest Plockyngs-
Lgistung
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FiockungshtHsmtttei « WtrlschaftMc^kett genng
Abb. 4.2-42. Moglichkeiten zur Verandemng von Betriebsparametem bei Dekantem (Junge et al. 1995) In Tabelle 4.2-19 sind die Entwasserungsmerkmale der o.g. Entwasserungsaggregate noch einmal zusammengefasst. Tabelle 4.2-19. Gegenuberstellung der Entwasserungsaggregate (Junge et al. 1995) Entwasserangsaggregat
Kammerfi Iterpre s s e Membranfilterpresse Bandfilterpresse Hochdmckbandf.presse Dekanter/Zentrifuge Hochleistungszentrifuge
Konditionierangsmittel
Ca(0H)2 kg/m^ 15 3-4
^^abhangig von der Entwasserbarkeit ^^ abhangig vom Durchsatz [mVh]
FeCl3 kg/m^ 5-7,5 1-1,5
Polymer g WS/kg TR
3,5-5,0
2,5-5,0 2,5-50 3,8-8,0 4,0-8,0 des Schlammes
EiTeichbarer Trockenriickstand^'*
Spezif. Energieverbrauch^^
%
kWh/m^ 1,5 1,2 0,3-0,5 0,5 1,8-2,0 1,8-2,2
28-40 35-45 20-32 30-40 20-32 28^0
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
205
4.2.5 Rtickbelastung der Klaranlage aus der Schlammbehandlung Die Anforderungen an die Reinigungsleistung kommunaler Klaranlagen haben im letzten Jahrzehnt eine dynamische Entwicklung durchgemacht. So musste nach der Richtlinie des Rates der Europaischen Gemeinschaft ftir empfmdliche Gebiete bis zum 31.12.1998 der Nachweis erfolgen, dass Pgesamt und Ngesamt um jeweils 70 % in den kommunalen Abwassem vermindert worden sind. Seit dem 1.1.1992 ist in Deutschland die 5. Novellierung der Rahmen-Abwasserverwaltungsvorschrift zum § 7a des Wasserhaushaltsgesetzes gtiltig, wonach Klaranlagen mit einer AnschlussgroBe von liber 5.000 Einwohnerwerten (EW) eine weitgehende Stickstoffelimination durchfuhren mtissen. Zusatzlich ist Phosphor auf Klaranlagen in der GroBenordnung von 20.000 EW bis 100.000 EW auf eine Ablaufkonzentration von 2 mg/1 und ftir Anlagen tiber 100.000 EW auf 1 mg/1 zu eliminieren. Diese Verscharfung der Ablaufanforderungen zog in den 90er Jahren eine Welle von Erweiterungen der Reaktionsvolumina in der biologischen Reinigungsstufe von Klaranlagen nach sich. Im Betrieb vieler erweiterter Anlagen zeigte sich, dass der Abstand zwischen der Leistungsfahigkeit von Klaranlagen und den einzuhaltenden Grenzwerten durch die Verscharfung kleiner geworden ist. Fortgeschriebene Wasserrechtsbescheide aber auch eine Zunahme der Belastung im Klaranlagenzulauf erfordem daher auch heute noch Klaranlagenerweiterungen und -optimierungen. Die angespannte finanzielle Situation der Stadte und Gemeinden und der dadurch bedingte eingeschrankte finanzielle Spielraum fur Investitionen fiihren bei Klaranlagenbetreibem aber auch bei Planem zu verstarkten tjberlegungen beziiglich Kosteneinspamngen bei notwendigen ErweitemngsmaBnahmen. Immer mehr ist dabei in den letzten Jahren die Rtickbelastung kommunaler Klaranlagen durch Prozesswasser aus der Schlammbehandlung ins Interesse der Betreiber geriickt. Dieses Prozesswasser fallt als Uberstandswasser aus Eindickem, Triibwasser aus dem Faulturm, Zentrat aus den Entwassemngsaggregaten, Kondensat aus der Trocknung und Waschwasser aus der Verbrennung in verschiedenen Mengen und Konzentrationen an. Wahrend der Einfluss der Schlammwasserriickftihmng auf die Kohlenstoffelimination der Klaranlage eher als gering einzustufen ist und die Grenzwerte fur den Parameter Gesamtphosphor mit Hilfe von Fallungsverfahren und der biologischen Phosphorreduziemng im Allgemeinen eingehalten werden konnen, benotigt die Reduziemng der Stickstofffrachten
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4 Verfahrenstechniken zur Behandkmg von Klarschlamm
im Hauptstrom der Klaranlage einen nicht unbedeutenden Anteil des Belebungsbeckenvolumens. Die in den Hauptstrom der Klaranlage zuriickgefuhrte Stickstofffracht stellt eine Rtickbelastung von ca. 20 % bezogen auf die Stickstoffzulauffracht dar. Insbesondere bei kleineren und mittelgroBen Klaranlagen mit ausgepragter Tagesganglinie kann diese Riickbelastung zu einer Uberlastung der Klaranlage fiihren. Da die Teilstrome des Prozesswassers mengenmaBig klein, aber hochkonzentriert anfallen, lasst sich durch ein sinnvolles Prozessw^assermanagement bzw. durch eine effektive Prozesswasserbehandlung die zum biologischen Reaktor zuruckgefiihrte Fracht aktiv beeinflussen, um so die Leistungsfahigkeit des Reaktors optimal auszunutzen. Voraussetzung hierftir ist, dass entsprechende MaBnahmen bereits im Planungsstadium bei der Bemessung der entsprechenden Anlagenteile beriicksichtigt werden.
4.2,5,1 Prozesswasseranfall und Riickbelastung In Tabelle 4.2-20 sind fiir die Abwasserreinigung relevante Rtickbelastungen der unterschiedlichen Prozessschritte aufgelistet. Es wird deutlich, dass die Schlammwasser stark mit CSB, Stickstoff und je nach Verfahren auch mit Phosphat belastet sein konnen. Tabelle 4.2-20. Schwankungsbreiten und Erwartungswerte fiir Konzentrationen an Kohlenstoff- und Nahrstoffbelastungen im Prozesswasser der Schlammbehandlung (modifiziert nach ATV 1996) Quelle
Primarschlamm Voreindicker statisch Rohschlammentwassemng, Zentrifuge/Bandfilter (polymerkonditioniert) Rohschlammentwassemng Kammerfilterpresse (Kalk-Eisen) Faulschlammentwassemng (polymerkonditioniert) Faulschlammentwassemng Kammerfilterpresse (Kalk-Eisen)
Parameter BSBs [mg/11 2.000-6.000
6.000-12.000
NH4-N [mg/11 100-1.000
1.000-4.000
2.000-8.000
50-800
CSB
fmg/Il
500-3.000
1.000-5.500
100-800
200-800
2.000-5.000
800-1.200
300-1.500
1.200-3.500
400-1.000
ges P [mg/l]
je nach Verfahren der P- Elimination und Schlammstabilisiemng bis zu ca. 100 mg/l
1) Die Phosphatgehalte bei Kalk-Eisen-Konditionierung sind aiifgriind der auftretenden Fallungseffekte auBerst gering
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
207
Werden die Rtickbelastungen aus der Schlammbehandlung in den gesamten Prozess eingeordnet (Abb. 4.2-43), zeigt sich, dass die Zusammensetzung der Prozesswasser vor allem bzgl. ihres C/N-Verhaltnisses vom Rohwasser abweichen. Wird das Prozesswasser mit im Belebungsbecken behandelt, ergibt sich eine ungtinstige Verschiebung des C/N-Verhaltnisses. Hierdurch wird insbesondere die Denitrifikation beeinflusst, da die Denitrifikationskapazitat und das damit ermittelte Denitrifikationsvolumen durch das Verhaltnis von leicht abbaubaren Kohlenstoffverbindungen zum zugefuhrten Nitrat bestimmt wird. Bei einer im Vergleich zum leicht abbaubaren Substrat hohen Nitratfracht aus dem Riicklaufschlamm und der intemen Rezirkulation steht fiir die Denitrifikation nicht gentigend Substrat zur Verfugung. Dadurch kommt es zwangslaufig zu einem Riickgang der Denitrifikationsleistung.
Zulauf
Volumen
100
CSB
100
Sekundarstrome aus Schl ammb ehandlun g
10 20
NH4-N
100 100
TS
100
Abb. 4.2-43. Prozentualer Vergleich der Stoffstrome in Abwasser- und Sekundarstrom aus der Schlammbehandlung (modifiziert nach Neis 1994)
4.2,5.2 Moglichkeiten der Prozesswasserbewirtschaftung behandlung
und -
Prozesswasser konnen entweder im Hauptstromverfahren gemeinsam mit dem Klaranlagenzulauf oder separat im Teilstromverfahren behandelt werden. Die Moglichkeit einer Optimierung der Behandlung im Hauptstromverfahren ergibt sich durch eine sinnvolle Prozesswasserbewirtschaftung. Altemativ zur Prozesswasserbewirtschaftung im Hauptstrom kann eine
208
4 Verfahrenstechniken zur Behandkmg von Klarschlamm
Teilstrombehandlung des Prozesswassers biologisch oder chemischphysikalisch erfolgen. a) Prozesswassermanagement im Hauptstromverfahren Prozesswasser aus der Schlammbehandlung werden heute iiberwiegend im Hauptstrom der Klaranlage mitbehandelt, weil • Belebungsanlagen aufgrund von Schwankungen der Frachten im Tagesverlauf Kapazitatsreserven aufweisen, die ftir eine gezielte Riickbelastung genutzt werden konnen, • Klaranlagenbetreiber dariiber hinaus oftmals einfache bzw. einheitlich strukturierte Behandlungsverfahren den komplizierten, chemischphysikalischen Teilstrombehandlungen vorziehen und • die chemisch-physikalischen Teilstrombehandlungsverfahren wie Strippung und Fallung Riickstande erzeugen, die gesonderte Verwertungsbzw. Entsorgungspfade bedingen. Bei bestehenden Anlagen kann jedoch bei gegebenen Zulaufmengen und vorgegebenen Ablaufkonzentrationen eine Mitbehandlung von Prozesswassem im Hauptstrom der Klaranlage nur in dem MaB stattfinden, wie es die Gesamtkapazitat der bestehenden Anlage zulasst. Bei Neuanlagen sind folglich Kapazitaten zur Prozesswassermitbehandlung in die Bemessung der Belebungsanlage einzubeziehen. Die Auswirkungen der Ruckftihrung von Schlammwasser sind getrennt ftir die Nitrifikation und die Denitrifikation zu betrachten. Durch die Rtickfiihrung von Schlammwasser wird die Stickstofffracht im Zulauf der Belebung erhoht und ist entsprechend bei der Bemessung des Volumens zu berucksichtigen. Ist keine Zwischenspeicherung vorgesehen, muss ein StoBfaktor fur die Schlammwasserzugabe beriicksichtigt werden. Bei einer Zwischenspeicherung und gleichmaBiger Zugabe tiber den Tag verteilt ist hingegen kein zusatzlicher StoBfaktor erforderlich. Beriicksichtigt werden muss auBerdem der zusatzliche Sauerstoffbedarf ftir die Oxidation des Ammoniums aus dem Schlammwasser. Besteht keine Schlammwasserspeicherung und gelangt das Schlammwasser somit stoBweise in die Belebungsanlage ist aufgrund der Wachstumskinetik der Nitrifikanten eine erhohte Ammonium-Ablaufkonzentration moglich. Dieses Problem tritt hauptsachlich bei kleinen und mittleren Anlagen auf, da die Entwasserung des auf der Anlage anfallenden Schlammes tiblicherweise nur an den Werktagen wahrend der Tagesschicht durchgeftihrt wird. Im Gegensatz zur Nitrifikation ist bei der Denitrifikation durch eine VergleichmaBigung der Schlammwasserbeaufschlagung nicht unbedingt eine Verbesserung der Nitrat-Ablaufkonzentration gewahrleistet, da in al-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
209
ler Regel die BSB5 und NH4-N Spitzenbelastung in etwa gleichzeitig auf unsere Klaranlagen zukommen. Im Prozessablauf der Belebungsanlage wird die NH4-N-Zulaufkonzentration zeitversetzt als Nitrat in die Denitrifikationszone zurlickgefordert. Wird das Prozesswasser der Belebtschlammanlage in den belastungsschwachen Nacht- und friihen Morgenstunden zugegeben, besitzt der Nitrifikationsteil die maximalen Reserven, um zusatzliches Ammonium zu nitrifizieren. Der Zeitpunkt der Zudosierung ist dabei so festzulegen, dass das nitrifizierte Prozesswasser tiber die Nitratriickfuhrung gemeinsam mit der erhohten BSBs-Zulauffracht in die Denitrifikationszone der Anlage gelangt, damit dort dann genugend leicht abbaubares Substrat ftir die Denitrifikation zur Verfugung steht. Durch ein entsprechendes Management muss verhindert werden, dass die Denitrifikation aufgrund fehlender leicht abbaubarer Kohlenstoffverbindungen zum Erliegen kommt. Sind diese leicht abbaubaren Substrate nicht in gentigender Menge im Klaranlagenzulauf vorhanden, konnen zur Losung dieses Problems exteme Kohlenstoffquellen eingesetzt werden. Falls bei einem ungunstigen N/BSBs-Verhaltnis keine extemen Kohlenstoffquellen zugegeben werden, muss das Denitrifikationsvolumen iiberproportional vergroBert werden. Die Auswirkungen unterschiedlich hoher N-Belastungen sind flir eine Beispielanlage mit vorgeschalteter Denitrifikation in Abb. 4.2-44 dargestellt. 3,0 Gesamtvolumen
L
2,5 4
-— - NrtfilikaHonsvolumen - - « Denltrrfikationsvolumen
^. ^ ' ' :0 2,0
E
« _———
1.6
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_^ ^ . - - -"'
u. 1,0
0,5
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'
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'
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i
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*
1
15
)U—.
20
1
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1
•
25
30
N"Ruckbeiastuiig [%]
Abb. 4.2-44. VolumenvergroBerung bei zunehmender N-Riickbelastung (ATVDVWK 2000 (2))
210
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Fiir die Bewirtschaftung der Prozesswasser sind neben dem erforderlichen Speichervolumen aufwendige Online-Mess- und Simulationsverfahren erforderlich. Entsprechende Algorithmen zur Regelung werden u.a. von Schmidt (1995) vorgestellt. b) Prozesswassermanagement im Nebenstromverfahren Ein Prozesswassermanagement im Hauptstromverfahren stoBt dort an seine Grenzen, wo samtliche Kapazitaten der Klaranlage ausgeschopft sind. In diesem Fall kann die Behandlung der Prozesswasser im Teilstromverfahren die Moglichkeit bieten, eine erforderliche Erweiterung der Belebungsanlage zu vermeiden. Bei der Planung von Neuanlagen sprechen folgende Punkte fur eine getrennte Aufbereitung der Prozesswasser: • Ein bereits aus dem Hauptstrom separierter, aufkonzentrierter Abwasserstrom kann bedarfsorientiert und gezielt behandelt werden; • Der Hauptstrom der Klaranlage wird nicht mit untypischen Inhaltsstoffen und Belastungen zusatzlich beansprucht; • Teilstromverfahren weisen in der Regel einen geringeren Platzbedarf auf als es bei der Mitbehandlung im Hauptstromverfahren der Fall ware. Im groBtechnischen MaBstab bzw. in Pilotversuchen wurden bisher biologische Verfahren sowie physikalisch-chemische Verfahren (Strippung, Fallung) zur Stickstoffreduktion durchgefiihrt. Biologische Verfahren Die biologischen Verfahren zur Prozesswasseraufbereitung besitzen einen ahnlichen Verfahrensablauf wie die biologischen aeroben Verfahren zur Behandlung des Abwassers im Hauptstrom. Die Wahl des Verfahrens bzw. das Reinigungsziel ist auf ortliche Randbedingungen abzustimmen. Bei ausreichender vorhandener Denitrifikationskapazitat der Klaranlage im Hauptstrom ist nur eine Nitrifikation im Nebenstrom notwendig. Bei ungentigender Denitrifikationskapazitat muss auch im Nebenstrom denitrifiziert werden. Aufgrund der Prozesswasserzusammensetzung (hohe Stickstoffkonzentration, geringer Anteil an leicht abbaubarem Substrat) sind exteme Kohlenstoffquellen erforderlich. Als Kohlenstoffquelle kann, wenn moglich, Primarschlamm genutzt werden oder es mtissen exteme Kohlenstoffquellen wie Methanol oder Essigsaure zugekauft werden. Bei der biologischen Reinigung von Prozesswasser kommen sowohl Belebtschlammverfahren als auch Verfahren mit sessiler Biomasse zur Anwendung. Die Verfahren werden kontinuierlich oder diskontinuierlich betrieben.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
211
Das Belebtschlammverfahren wird meistens in Form einer Abfolge aus volldurchmischten oder kaskadenformig durchflossenen Becken mit anschlieBender Abtrennung der Biomasse in Nachklarbecken, Dtisenseparatoren, Membranfiltem oder Lamellenabscheidem ausgeftihrt. Daneben wird auch das SBR-Verfahren (Sequencing Batch Reactor) eingesetzt. Die Bemessung von Teilstrombiologien mit volldurchmischten oder kaskadenformig durchflossenen Becken erfolgt auf der Grundlage der maximalen Wachstumsrate der Nitrifikanten (|Limax). Diese liegt bei 15 °C bei 0,47 d"^ Die durchschnittliche Prozesstemperatur bei der Triibwasserbehandlung betragt infolge des Einflusses der Erhitzung bei anaerober Schlammstabilisierung und Schlammentwasserung mindestens 20 °C. Zur Vermeidung der Auswaschung der Nitrifikanten wird gemaB ATV Arbeitsblatt A 131 (ATV-DVWK 2000 (3)) ein Faktor von 1,6 eingefiigt. Durch weitere Multiplikation mit dem Sicherheitsfaktor SF werden Schwankungen der Zulauffracht beriicksichtigt. Aufgrund der geringen Veranderungen der Zulauffracht kann dieser entgegen der Empfehlung des ATV Arbeitsblattes A 131 (SF = 1,45-1,8) auf 1,25 reduziert werden. Das erforderliche Schlammalter fiir die Nitrifikation (tTs,aerob,erf.) ergibt sich somit zu: tTS,aerob,erf. == S F • 1,6 • - 1 - • F , == 1 , 2 5 • 1,6 • - 1 - • 1 ,1 03^^^-^°^ = 2 , 6 d Mmax 0,47
mit: Temperaturfaktor FT = 1,103^^'^^^ Bei zusatzlicher Denitrifikation muss das Schlammalter noch um den Anteil der unbeliifteten Phase vergroBert werden. Die Verfahren mit sessiler Biomasse zeichnen sich dadurch aus, dass Mikroorganismen auf Aufwuchsflachen angesiedelt sind. Biofilmsysteme werden oftmals dann eingesetzt, wenn entweder der ftir Belebtschlammsysteme erforderliche Platz nicht zur Verftigung steht oder mit der Bildung von schwer sedimentierbaren Schlammen zu rechnen ist. Derzeit kommen FlieBbett- und Wirbelbettreaktoren sowie Festbettreaktoren zum Einsatz. Neben Anlagen zur Nitrifikation/Denitrifikation sind auch Techniken zur Nitritation/Denitritation wissenschaftlich untersucht, jedoch groBtechnisch nicht umgesetzt worden. Ftir die Zukunft scheint das Verfahren der Deammonifikation, wie bei Hippen (2001) beschrieben und auf der Klaranlage Hattingen des Ruhrverbandes technisch realisiert, cine interessante Variante zu sein.
212
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Fallung Ammonium verbindet sich zusammen mit Magnesium und Phosphat zu dem schwerloslichen Salz Magnesium-Ammonium-Phosphat (MAP). Die Reaktionsgleichung ftir die Entstehung von MAP lautet: H3 PO4 + MgO + N H / - > Mg N H4 PO4 +H2 O + H^ Bei der Prozesswasserbehandlung kristallisiert das MAP nach Zugabe der erforderlichen Menge an Phosphat und Magnesiumsalz in schwach alkalischem Milieu aus (pHoptimai = 9,2) und kann aus dem Wasser entfemt werden. Bei dieser Reaktion fallen bei der Elimination von 1 kg Ammoniumstickstoff stochiometrisch ca. 17 kg Fallschlamm an. Durch die Mitfallung anderer Verunreinigungen sowie durch das pflanzen-physiologisch ungunstige N/P-Verhaltnis ist eine direkte landwirtschaftliche Verwertung dieser Produkte nahezu ausgeschlossen, jedoch konnen sie als Rohstoffe zur Diingemittelherstellung verwendet werden. Positiv wirkt sich bei diesem Verfahren jedoch aus, dass es sich auch bei schwankender Ammoniumkonzentration kontinuierlich betreiben lasst. Die Zudosierung von Phosphat und Magnesium kann durch entsprechende Messungen im Zulauf einfach geregelt werden. Eine Erweiterung des MAP-Fallungsprozesses ist der CAFR-Prozess (Mihopulos 1996). Ein Teil des Magnesium-Ammonium-Phosphats ftir den MAP-Prozess wird durch Erwarmung wiederaufbereitet, wobei Magnesiumhydrogenphosphat und Ammoniak entstehen. Das Magnesiumhydrogenphosphat ist wiederum ftir die MAP-Fallung verwendbar. Das Ammoniak kann durch Luftstrippung oder Dampfstrippung behandelt werden. Bei durchgefiihrten Versuchen (Mihopulos 1996) ergaben sich jedoch Probleme bei der Nachbehandlung des Ammoniaks, da ein groBer Teil in geloster Form zum Kristallisationsreaktor zuriickgefiihrt wurde. Eine Wiederverwendung des Magnesiumhydrogenphosphates ist durch zunehmende Verunreinigungen im Schlamm begrenzt. Daher muss ein Teil des Schlamms abgelassen und Magnesium sowie Phosphor hinzugeftigt werden. Weder das MAP-Verfahren noch der CAFR-Prozess haben sich vor dem Hintergrund der verfahrenstechnischen Probleme oder der Weiterverwendung bzw. Entsorgung der entstehenden Fallschlamme groBtechnisch bisher durchsetzen konnen.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
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Strippung Bei der Ammoniakstrippung wird das Ammoniak mit Hilfe eines Tragergases aus dem Abwasser entfemt und kann in einer verwertbaren Form zurlickgewonnen werden. Vorteile dieser Technik liegen in dem geringen Platzbedarf und in den vergleichsweise geringen Investitions- und Betriebskosten. Das Strippen von Ammoniak wird im Wesentlichen in drei Verfahrensschritten durchgeftxhrt (Abb. 4.2-45): • In der Vorbehandlung wird der pH-Wert des Prozesswassers durch Zugabe von Lauge angehoben. • Bei der Ammoniakstrippung wird das im Prozesswasser vorhandene Ammoniak ausgetrieben und in die Gas- bzw. Dampfptiase ixberfuhrt. • In der Nachbehandlung werden die in der Ammoniakstrippung entstandenen Brliden aufkonzentriert und somit das Ammoniak in wieder verwertbarer Form zurtickgewonnen. Altemativ konnen die Briiden verbrannt werden. -O NH3 -Verbrenntng -O NH3-Atikonzenlneryng O NH3 -Absorpt^x^
DampfXdl NH3-Strippkoiobie Lauge
(b—c>
Trybwasser
Reinwasser —O
Alkaiisierung
Schlammi'indckiing
Pufferbehayer
SchlammabzuQ O
Abb. 4.2-45. Schematischer Aufbau einer Ammoniak Strippanlage (Geipel u. Hoffmann 1996) Das Strippen von Ammoniak ist ein rein physikalischer Vorgang. Voraussetzung hierftir ist, dass das Ammonium in seiner undissoziierten Form als gelostes Ammoniak vorHegt. Die Dissoziation des Ammoniums im Triibwasser ist von der Temperatur und dem pH-Wert abhangig. Bei neutralen
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
pH-Werten liegt Ammoniumstickstoff nahezu vollstandig in dissoziierter Form vor. Bei einer pH-Wert Erhohung verschiebt sich das Dissoziationsgleichgewicht vom Ammonium (NH4^) zum Ammoniak (NH3): N H, + H2 O ^ N H4'^ + O H^ Die pH-Wert Erhohung erfolgt im Allgemeinen durch Zugabe von Kalkmilch oder Natronlauge. Weniger bekannt auf Klaranlagen ist die CO2Strippung mit anschlieBender Laugendosierung. Beim Einsatz von Natronlauge stehen geringere apparative Anforderungen und ein wartungsfreundlicherer Betrieb hohen Betriebsmittelkosten gegeniiber. Da der Fallschlammanfall bei der Zugabe von Natronlauge vernachlassigbar ist, wird in einigen Anlagen auf eine separate Fallschlammabtrennung verzichtet. Durch eine vorgeschaltete Dekarbonisierung lasst sich der Chemikalienverbrauch senken. Da bei der Faulung CO2 entsteht, besitzen Prozesswasser eine hohe Pufferkapazitat. Wird das CO2 durch eine vorgeschaltete Strippung entfemt, ist fiir die anschlieBenden pH-Wert Anhebung deutlich weniger Lauge erforderlich. Kalkmilch ist kostengtinstiger als Natronlauge und oftmals bereits auf der Klaranlage vorhanden. Jedoch erfordert die Alkalisierung mit Kalkmilch den Einsatz von Mischreaktoren mit ausreichender Verweilzeit und in jedem Fall ein anschlieBendes Sedimentationsbecken. Hierbei erfolgt gleichzeitig eine Fallung von Carbonat und Phosphor sowie durch die Entfemung unloslicher organischer Bestandteile eine Reduzierung des CSB. Zur Strippung des Ammoniaks werden in einer Kolonne Wasser und Gasphase im Gegenstrom geftihrt. Das Triibwasser wird am Kolonnenkopf eingeleitet und durchrieselt die Kolonne gleichmaBig iiber ein geeignetes Verteilsystem. Im Sumpf der Kolonne wird es als Reinwasser gesammelt. Das Tragergas wird am Sumpf in die Kolonne eingeblasen. Bei der Luftstrippung besteht die Gasphase aus Luft, bei der Dampfstrippung besteht die Gasphase aus Wasserdampf In der Kolonne erfolgt ein intensiver Gasaustausch. Dabei wird das Ammoniak in die Gas- bzw. Dampfphase aufgenommen. Bei der Planung einer entsprechenden Anlage sollte eine moglichst groBe Phasengrenzflache bei geringem Druckverlust und hoher Unempfindlichkeit gegeniiber Verschmutzung gefordert werden. Die Dimensionierung der Kolonne ist abhangig von den spezifischen Eigenschaften des Triibwassers, der Wahl der Ftillkorper und der konstruktiven Gestaltung der Kolonneneinbauten (Maier et al. 1998).
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
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Eine Strippung mit Dampf bietet sich an, wenn bei hohen Abwassertemperaturen auf der Anlage Dampf und Klihlwasser kostengiinstig zur Verfugung stehen. Aufgrund der hohen Temperaturen muss eine aufwendige Verfahrenstechnik eingesetzt werden, die unvermeidlich zu hohen Investitionen fuhrt. Bei niedrigen Abwassertemperaturen und niedrigen Ammoniakkonzentrationen bietet sich eine Strippung mit Luft an. Der wichtigste Parameter zur Bemessung einer Anlage zum Strippen mit Luft ist das Verhaltnis von eingesetzter Strippluftmenge zur Prozesswassermenge. Dabei wird die Anlage im Allgemeinen auf ein QL/Qw-Verhaltnis von 1.000 bis 2.000 bemessen. Der wichtigste Unterschied zwischen der Strippung mit Dampf und mit Luft besteht in der Nachbehandlung der ammoniakreichen Gasphase. Bei der Luftstrippung wird die Gasphase meistens mit einer Saure unter Entstehung von Ammoniumsalz gewaschen oder die ammoniakhaltige Luft wird ohne Rtickstande verbrannt. Zum Ansauern der Waschlosung wird u.a. Schwefelsaure eingesetzt. Hierbei entsteht als Endprodukt Ammoniumsulfat. Nach der Dampfstrippung wird der ammoniakreiche Dampf in einem Briidenkondensator abgektihlt und anschlieBend in einer Rektifizierkolonne konzentriert. c) Zusammenfassende Bewertung Bei der Behandlung des auf Klaranlagen anfallenden Schlammes fallen Prozessabwasser an, die, soweit sie nicht mit Hilfe eines gezielten Prozesswassermanagements oder tiber eine wirksame Prozesswasserbehandlung in den Hauptstrom der Klaranlage eingeleitet werden, eine Verschlechterung der Ablaufqualitat verursachen konnen. Eine Verschlechterung der Ablaufqualitat wird vor allem durch die im Prozesswasser vorhandene hohe Stickstofffracht verursacht. Die Riickbelastung mit organischen Kohlenstoffverbindungen und Phosphaten ist von nachrangiger Bedeutung fiir die Reinigungsleistung der Hauptanlage. Bei einem ungtinstigen N/BSBs-Verhaltnis im Hauptstrom kann bei einer Mitbehandlung des Prozesswassers im Hauptstrom und einer N-Rtickbelastung in Hohe von 25 % eine VergroBerung des Belebungsbeckenvolumens um 50 % notwendig werden. Diese Zahl verdeutlicht die Notwendigkeit einer detaillierten Untersuchung zur Optimierung der Prozesswasserbehandlung. Prozesswasser werden heute im Allgemeinen in den Hauptstrom der Klaranlage zuruckgegeben und dort behandelt. Vermehrt gelangen aber auch heute Teilstrombehandlungsverfahren zur Anwendung. Die Entscheidung zugunsten der Behandlung im Hauptstrom oder im Nebenstrom ist abhangig von anlagen- und ortspezifischen Randbedingungen. Die Auf-
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
stellung einer Bewertungsmatrix steUt ein Instrument zur Entscheidungsfmdung beziighch eines bestimmten Verfahrens dar. Letztendhch soUte jedoch die Betrachtung der Jahreskosten der in Frage kommenden Varianten einen maBgebhchen Einfluss auf die Entscheidungsfindung haben. Ein nicht zu vemachlassigender Aspekt ist dabei die Beriicksichtigung des Einsparpotenzials bei der Abwasserabgabe. Vor dem Hintergrund der MogHchkeit, die Investitionskosten einer geziehen Teilstrombehandlung mit der Abwasserabgabe zu verrechnen und spater Einsparungen bei den Betriebskosten zu ermoghchen, konnte sich eine Teilstrombehandlung auch bei Anlagen rechnen, die derzeit den behordlichen Reinigungsanfordemngen gentigen. 4.2.6 WertstoffriJckgewinnung aus Klarschlamm Die Klarschlammverordnung verhindert die Aufbringung von schadstoffbelasteten Schlammen. Die Deponierung von Klarschlammen wird durch die TA Siedlungsabfall fiir die Zukunft weitgehend ausgeschlossen. Daher wird die Verbrennung ein wichtiger Pfad der Klarschlammentsorgung bleiben. Durch die Einhaltung bzw. Ubererfiillung der Anforderungen der 17. BImSchV werden dabei die Schadstoffe weitgehend aus der Abluft entfemt. Damit ist das Ziel erreicht, die Schadstoffe von der Umwelt fern zu halten. Wertstoffe werden jedoch bei der Verbrennung vemichtet. Wahrend bei der Behandlung und Entsorgung fester Abfalle oftmals die Vermeidungs- und Wiederverwertungskonzepte schon erfolgreich eingesetzt werden, ist dies bei der Klarschlammentsorgung noch nicht zu beobachten. Einzig durch die landwirtschaftliche Verwertung ist derzeit ein nennenswertes Recycling der Wertstoffe moglich. Aufgrund der Schadstoffe im Klarschlamm ist aber nicht damit zu rechnen, dass zukiinftig ein hoherer Anteil der Schlamme landwirtschaftlich genutzt werden kann. Zwar ist durch das Greifen der Indirekteinleiterverordnung mit weiterhin abnehmenden Schadstoffbelastungen des Schlammes zu rechnen, jedoch dtirften in Zukunft die Schadstoffgrenzwerte aufgrund neuerer Erkenntnisse und Analysenverfahren weiter heruntergesetzt werden. AuBerdem sind ganze Schadstoffklassen derzeit noch liberhaupt nicht in den Verordnungen erfasst (z.B. endokrin wirkende Substanzen). Bei steigendem Klarschlammaufkommen sowie einer prognostizierten Zunahme der Klarschlammverbrennung ist in Zukunft insgesamt von einer Abnahme der in den Stoffkreislauf zuruckgefiihrten Wertstoffe des Klarschlamms auszugehen. Dies ist umso kritischer anzusehen, als es sich z.B. bei Phosphor um einen auf unserem Planeten beschrankt verfiigbaren Stoff handeh (Miiller u. Dichtl 1998).
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
217
4.2.6.1 Stoffmengen und Wertstoffpotenziale Uberschlagig kann davon ausgegangen werden, dass in der BRD jahrlich zwischen 2,4 und 3,0 Mio. t Trockenmasse Klarschlamm anfallt. Hieraus ergeben sich folgende Wertstoffpotenziale: Tabelle 4.2-21. Jahrliche Humus- und Nahrstoffgehalte im Klarschlamm in der Bundesrepublik Deutschland (Poletschny 1995) Gesamtmenge Trockenmasse org. Trockenmasse Stickstoff[N] Phosphat [P2O5] Kalium [K2O] Kalk [CaO] Magnesium [MgO]
t/a 60.000.000 3.000.000 1.300.000 150.000 180.000 12.000 240.000 27.000
%TR ~ 100 30 5 6 0,4 8 0,9
Vergleicht man den Nahrstoffbedarf in der BRD mit Tabelle 4.2-21 wird deutlich, dass das in den Klarschlammen enthaltene Potenzial je nach Nahrstoff von teilweise mehreren 100.000 t einen erheblichen Beitrag zur Dtingemittelbereitstellung und somit zu einem echten Stoffkreislauf darstellen kann. Ftir die wesentlichen Wertstoffe ist im Einzelnen zu konstatieren: Phosphor Phosphor ist der bedeutendste der betrachteten Wertstoffe, insofem die globalen Phosphorressourcen endlich sind und bereits heute abzusehen ist, dass in Zukunft groBere Anstrengungen untemommen werden mtissen, um mittels entsprechender Kreislauffiihrung die Versorgung der Landwirtschaft mit Phosphat-Dtinger sicher zu stellen. Phosphor wird bergbaulich gewonnen und in einem industriellen Verfahren aufbereitet. Wahrend das elektrothermische Verfahren sehr energieintensiv ist (ftir die Herstellung von weiBem Phosphor werden etwa 13 kWh/kg P aufgewendet), erfordert die nasschemische Aufbereitung Schwefelsaure und eine aufwendige Aufbereitung der Grtinsaure (Keudel et al. 1999). Die ftir den Aufbereitungsprozess erforderlichen Aufwendungen werden im Folgenden tiber den Marktpreis des Phosphatdiingers Thomas-Phosphat in Hohe von 0,782 €/kg P (Dainet 1998) ermittelt. Fiir die Elimination von Phosphor in herkommlichen Klaranlagen mtissen dann abermals Rohstoffe eingesetzt werden, wie z.B. Metallsalze zur chemischen Phosphat-Fallung. Die eingesetzten Rohstoffe werden dabei in der Regel nicht zuriick gewonnen, sondem mit dem Klarschlamm entsorgt.
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4 Verfahrenstechniken zur Behandkmg von Klarschlamm
Stickstoff Die groBtechnische Herstellung von Ammoniak verbraucht bei dem Steam-reforming-Verfahren 9,6 kWh Strom/kg NH3-N sowie nach der Stochiometrie des Prozesses rund 570 g CHVkg NH3-N. Andererseits werden bei der Nitrifikation des Stickstoffs in einer Klaranlage rechnerisch 3,07 kWh Strom/kg NH3-N verbraucht. Damit ergibt sich je kg StickstoffDtinger, der direkt aus einem Abwasserteilstrom genutzt werden kann, allein flir die Energiebilanz insgesamt ein Einsparpotenzial von 12,7 kWh/kg NH3-N. Das Wertstoffpotenzial von Stickstoff lasst sich anhand des Marktpreises des Dtingers Ammonsulfatsalpeter in Hohe von 0,706 €/kg N (Dainet 1998) berechnen. Kalium Kalium stellt ein global haufig vorkommendes Element dar, insofem mag seine Bedeutung im Hinblick auf den Ressourcenschutz nicht ganz so hoch wie im Falle des Phosphors sein. Dariiber hinaus akkumuliert das gut losliche Kalium lediglich durch den Aufbau von Biomasse im Klarschlamm. Der GroBteil bleibt also gelost und musste dann ggf durch die Nutzung der fltissigen Phase verwertet werden. Dennoch stellt Kalium als Diinger ein Wertstoffpotenzial von 0,297 €/kg K dar (Dainet 1998) und wird somit in die Wertstoffbilanz einbezogen. Organische Verbindungen Die im Klarschlamm enthaltenen organischen Verbindungen stammen aus dem Abwasser, wobei durch die Prozesse der Abwasserreinigung bereits ein signifikanter Anteil dieser organischen Wertstoffe eliminiert wird. Im Folgenden wird die Betrachtung der organischen Wertstoffe ausgehend vom Abwasserstrom dargestellt, wobei sich die dargestellten Zusammenhange direkt auf das Medium Klarschlamm iibertragen lassen. Die im Abwasser enthaltenen organischen Verbindungen lassen sich in erster Linie energetisch bei der anaeroben Behandlung nutzen. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit ist es diesbeztiglich unbedingt erforderlich, hohe Ausgangskonzentrationen im zu behandelnden Teilstrom zu realisieren, da das Abwasser zur Behandlung aufgeheizt werden muss. Fixr den aeroben Abbau organischer Verbindungen, wie er in herkommlichen Abwasserreinigungsanlagen praktiziert wird, werden tiberschlagig 0,35 kWh/ kg CSBabgebaut ^u clcktrischer Energie benotigt. Beim anaeroben Abbau mit anschlicBender Verstromung des Biogases hingegen lasst sich in etwa der gleiche Ertrag an clcktrischer Energie erzielen. Somit ergibt sich ein Gesamtpotenzial von rund 0,7 kWh/kg CSBabgebaut- Bezogen auf die eingesetzte Primarenergie lage das Potenzial sogar bei 2 kWh/kg CSB. Flir die ae-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
219
robe wie anaerobe Behandlung der organischen Fracht wurden die folgenden Annahmen getroffen. Tabelle 4.2-22. Kennzahlen fllr die aerobe und anaerobe Behandlung organischer Stoffe CSB-Abbaugrad anaerobe Behandlung Verhaltnis CSB/BSB5 spezifische Methanbildung spezifischer 02-Bedarf aerober Abbau spezifischer 02-Ertrag Strom Bezug konventionell Strom Einspeisung regenerativ Wirkungsgrad der Gasmotoren
80% 2,3 0,15kgCH4/kgCSBabeebaut l,2kg02/kgBSB5 l,5kg02/kWh 0,065 €/kWh 0,087 €/kWh 32%
4.2.6,2 Verfahrenstechniken zur Wertstoffnutzung Nachfolgend werden die derzeit verftigbaren Verfahren zur Wertstoffnutzung aus Klarschlamm benannt und an einigen Stellen exemplarisch erlautert. Es handelt sich hierbei tiberwiegend um die etablierten, lang erprobten Techniken, deren gmndsatzliche Vor- und Nachteile als bekannt vorausgesetzt werden. Die einleitend auch genannte Moglichkeit der Klarschlammbeseitigung liber Deponierung wird nicht weiter betrachtet, da sie in keinster Weise als „Nutzung" angesehen werden kann und im Ubrigen ab Mai 2005 in Folge der Restriktionen durch die TA Siedlungsabfall in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr praktiziert werden wird. a) Stoffliche Verwertung in der Landwirtschaft Im Nachgang der BSE- und MKS-Seuchen des Jahres 2001 sind die Fragestellungen der Klarschlammverwendung in der Landwirtschaft erneut ins Rampenlicht, nicht nur der fachlichen, sondem auch der offentlichen Diskussion geruckt. Nach wie vor gilt, dass die Schlamme, wie sie bei der kommunalen Abwasserreinigung zwangsweise entstehen in aller Regel den gesetzlichen Rahmen- und Randbedingungen zur landwirtschaftlichen Nutzung gentigen. Vor allem auch durch das Greifen der Indirekteinleiterverordnungen sowie die Selbstbeschrankung bei vielen Produktionsprozessen ist festzustellen, dass im Hinblick auf die durch die Klarschlammverordnung restringierten Schadstoffe die Schlammqualitat sich von Jahr zu Jahr verbessert. Nichtsdestotrotz haben einzelne Bundeslander (z.B. Bayem) bereits heute die landwirtschaftliche Klarschlammverwertung untersagt oder praktisch eingestellt. Andere Bundeslander halten nach wie vor an dieser Entsorgungs-ZVerwertungstechnik fest, da sie nicht nur die dem Kreislaufwirtschaftsgedanken am besten entsprechende Losung zu sein
220
4 Verfahrenstechniken zur Behandkmg von Klarschlamm
scheint, sondem dariiber hinaus in den meisten Fallen die wirtschaftlichste Entsorgung darstellt. Auch wenn, wie oben dargestellt, das Wertstoffpotenzial in unseren Klarschlammen eine Wiederverwertung anzeigt, darf nicht auBer Acht gelassen werden, dass Klarschlamme an sich im Klarprozess die Schadstoffsenken darstellen und somit neben den Wertstoffen auch Schadstoffe enthalten. Die durch die Klarschlammverordnung restringierten Inhaltsstoffe sind heute sicher kein Problem mehr, wobei nicht vergessen werden darf, dass noch eine Vielzahl anderer Schadstoffe im Schlamm enthalten sind, die sich einer quantitativen Beurteilung entziehen oder deren Schadlichkeit bis heute noch nicht bekannt ist. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber bekanntermaBen einen Klarschlammentschadigungsfond geschaffen, um den Landwirten im Falle moglicher Bodenkontaminationen zumindest eine finanzielle Sicherheit zu geben. Bis heute wurde dieser Fond noch kein einziges Mai in Anspruch genommen, so dass in der Tat davon ausgegangen werden kann, dass insbesondere in landlich strukturierten Gegenden die direkte Nutzung der Wertstoffe in Klarschlammen auch in Zukunft praktiziert werden wird. b) Verbrennung zur thermischen Verwertung Die Gesetzgebung sieht vor, dass organische Reststoffe in Abhangigkeit von ihrem Heizwert einer „thermischen Verwertung" zugeftihrt werden sollen. Dies wird in Bezug auf Klarschlamm haufig diskutiert. Verdeutlicht man sich jedoch, dass Klarschlamme als dtinne Suspensionen mit lediglich 1 % Feststoff (Uberschussschlamm) bis 7 % Feststoff (Primarschlamm) anfallen und teilweise unter hohem Energieeinsatz aufkonzentriert werden, so ist diese Diskussion im Grunde genommen obsolet, auch wenn rein rechtlich danach verfahren wird. Die radikalste Moglichkeit zur verfahrenstechnischen Minimierung der zu entsorgenden Feststoffmassen stellt ohne Zweifel die Verbrennung aller anfallenden Schlamme dar. Die Technik, um Klarschlamme nach ihrer Entwasserung und einer gegebenenfalls erforderlichen Trocknung sachgerecht und verantwortungsbewusst thermisch aufzuoxidieren, steht in der Bundesrepublik Deutschland unter Beachtung der Emissionsgrenzwerte der 17. BImschV zur Verfugung. Trotzdem kann diese Art der Behandlung nur als Ultima Ratio verstanden werden, wenn entweder kritische Schlamminhaltsstoffe eine weitere Nutzung verbieten oder in vertretbarer Umgebung andere Entsorgungswege im Sinne eines Recycling nicht vorhanden sind. Im Hinblick auf die genannten Restriktionen der TA Siedlungsabfall in voller Scharfe beginnend mit dem Jahre 2005 - sowie der Erkenntnis folgend, dass zur flachenmaBigen Realisierung von Mono-Klarschlamm-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
221
verbrennungsanlagen im verbleibenden Zeitraum nicht hinreichend Zeit zur Verftigung steht, wird die Mitverbrennung von Klarschlammen in Kohlekraftwerken vermehrt diskutiert. Verbrennungskapazitaten stehen in ausreichendem MaBe zur Verfugung. Zur Beurteilung einer derartigen Entsorgungsschiene ist sicherlich eine differenzierte Betrachtungsweise von Noten. Eine Mitverbrennung von Klarschlammen in konventionellen Kohlekraftwerken ohne aufwendige Rauchgasbehandlung erscheint nach heutiger Sicht nicht vertretbar. Die fur Sonderbrennstoffe geforderten gesetzlichen Emissionsgrenzwerte konnten zwar bei geringftigiger Mitverbrennung von Klarschlammen eingehalten werden, jedoch nur nach dem Verdtinnungsprinzip, was per Gesetz untersagt ist. Einige Kohlekraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland sind bereits seit mehreren Jahren mit zusatzlichen MaBnahmen zur Rauchgasreinigung ausgertistet und in Betrieb. Ergebnisse dieser Anlagen zeigen, dass die Mitverbrennung in derartigen Kraftwerken mit entsprechend aufwendiger Abgasreinigung aus okologischer Sicht keine nennenswerten Nachteile im Vergleich zu einer Monoverbrennung beinhalten und somit als zielfiihrende Alternative flir die Zukunft anzusehen sind. c) Komponentenrecycling Aus der Erkenntnis, dass bei der landwirtschaftlichen Klarschlammverwertung die ntitzlichen Stoffe verwertet werden, aber wissentlich in Kauf genommen wird, dass Schadstoffe flachig auf die Boden gebracht werden, demgegentxber aber bei der Verbrennung Schadstoffe sicher zu handhaben sind, nixtzliche Stoffe jedoch vemichtet werden, liegt eine okologisch sinnvolle Losung sicherlich darin, die Wertstoffe gezielt zu recyceln und die Schadstofffraktionen zu verwerfen. Im Hinblick auf die wesentlichen Wertstoffe werden die heute zur Verfugung stehenden Verfahren nachfolgend aufgezeigt. Kohlenstoff Die biologische Stabilisierung von Klarschlammen ist seit Jahrzehnten in der Bundesrepublik Deutschland anerkannte Regel der Technik. Wahrend ftir kleine Klaranlagen die aerobe Stabilisierung deutlich vorteilhafter ist, hat sich fur mittlere und groBe Klaranlagen die anaerobe Variante des Verfahrens, die Schlammfaulung, nahezu flachendeckend durchgesetzt. Es ist bekannt, dass bei dieser Technik ca. 50 % der organischen Schlamminhaltsstoffe in Biogas und Wasser tiberfiihrt werden, so dass dieser Verfahrensschritt zu einer Schlammmassenreduktion - normale Rohschlammzusammensetzung vorausgesetzt - von ca. 1/3 fiihrt. Die Reduktion der Schlammtrockenmasse ist jedoch bei diesem Verfahrensschritt nur ein Pro-
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
zessziel, das i.d.R. gleichwertig mit anderen Prozesszielen (Erzeugung eines stabilen Endproduktes, das die Umwelt geringstmoglich beeinflusst, Biogasgewinnung, Verbesserung der Entwasserbarkeit) verfolgt wird. Zunehmend werden jedoch in den letzten Jahren Anstrengungen unternommen, im Bereich der Schlammbehandlung gezielt zu einer Verminderung der Schlammmengen zu gelangen. Hier sind vor allem Ansatze in folgenden Bereichen zu sehen: • Optimierung der klassischen Schlammfaulung durch mehrstufigen z.T. thermophilen Betrieb • Desintegration von Klarschlamm mit Hilfe unterschiedlicher technischer Einrichtungen • Enzymatische und/oder thermische Vorbehandlung • chemische und/oder thermische Behandlung bzw. Hydrolyse Ftir alle Ansatze gilt gleichermaBen das Ziel, die letztendlich zu entsorgenden Schlammtrockenmassen zu minimieren, um sowohl okologische als auch okonomische Nachteile durch diese Erfordemisse zu vermeiden oder zu minimieren. Beispielhaft ist in Abb. 4.2-46 die Einbindung einer Einrichtung zur Klarschlammdesintegration dargestellt. Vorklarung
biol. Abwasserreinigung
>
Nachklarung
>
>
Rucklaufschlamm Primarschlammbehandlung (PS)
3iogas
UberschuRschlamm (US) Desintegration
XK Schiammstabirssierung
Eindickung Entwasserung
>mm-
- ^ Entsorgung / Unterbringund
Schlammwasser = Ruckbelastung
Abb. 4.2-46. Einbindung einer technischen Einrichtung zur Desintegration von Uberschussschlamm in die Verfahrenstechnik der Schlammbehandlung (Kopp et al 1997) Die in Abb. 4.2-46 dargestellte Verfahrenstechnik ist sowohl ftir Rtihrwerkskugelmtihlen, Scherspalthomogenisatoren, Ultraschall oder anderes denkbar. GleichermaBen ist es Ziel der Schlammbeeinflussung, das Zell-
4.2 Behandlung koinmunaler Schlamme
223
material des Uberschussschlammes einem weitergehenden biologischen Abbau zuganglich zu machen respektive die Feststoffe ganzlich zu verfltissigen. Auch wenn in den letzten Jahren auf diesem Gebiet vielfaltige Forschungsaktivitaten gerade in der Bundesrepublik Deutschland stattgefunden haben, sind bisher nur sehr wenige Anlagen groBtechnisch mit Teilstufen zur Klarschlammdesintegration ausgeriistet worden. Die gewonnenen Erfahrungen lassen sich wie folgt knapp zusammenfassen: • Der Desintegrationserfolg ist oftmals, aber nicht immer, proportional zur eingesetzten Energie. • Geschlossene Massen- und Energiebilanzierung ftir den Teilschritt der Desintegration sind bisher noch nicht endgiiltig erarbeitet. Ein aktuell abgeschlossenes BMBF-Forschungsvorhaben gibt hierzu weitere Informationen (Winter 2003). • Bei vertretbaren Aufschlussgraden bzw. dem damit verbundenen Energieeinsatz kann ein Gasmehrertrag von 10 bis 20 % je nach Randbedingungen erwartet werden. Gleiches gilt ftir die Minderung der Schlammfeststoffmasse in Bezug auf deren organischen Anteil. • Selbst bei optimaler Desintegration ist eine ganzliche Vermeidung von zu entsorgendem Klarschlamm unmoglich, da zumindest die anorganischen Bestandteile bleiben miissen. In aller Regel wird es nicht gelingen, die organischen Inhaltsstoffe des Schlammes so weit zu minimieren, dass die Qualitatskriterien der TA Siedlungsabfall zur Lagerung der Reststoffe auf Deponien eingehalten werden konnen. • Verfahrenstechnisch muss in jedem Fall benicksichtigt werden, dass durch einen weitestgehenden Abbau der organischen Schlamminhaltsstoffe nicht nur die CSB Riickbelastung aus der Schlammbehandlung fiir die Klaranlage steigt, sondem dass vor allem auch die inerten Anteile des CSB in der Riickbelastung ebenso wie Stickstoff und Phosphor zunehmen, was auch bei der kostenmaBigen Bewertung Beriicksichtigung fmden muss. Stickstoff Im Zuge der gesetzlich geforderten Stickstoffelimination aus Abwassem wurden Verfahren zur Elimination von Stickstoff entwickelt, die vereinfacht in biologische und physikalisch-chemische Verfahren unterteilt werden konnen. Biologische Verfahren z.B.: • Inkorporierung von Stickstoffverbindungen in die Bakterienmasse mit einem Austrag als Uberschussschlamm, • Nitrifizierung mit anschlieBender Denitrifizierung. Physikahsch-chemische Verfahren z.B.:
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
• Strippung des Ammoniaks aus dem Abwasser nach einer Alkalisierung, • Strippung des Ammoniaks aus einem Klarschlamm nach vorherigem Aufschluss, • Einsatz von selektiven lonenaustauschem, • Knickpunktchlorung, Umkehrosmose, • MAP-Fallung. Eine Ubersicht tiber die verschiedenen Verfahren wird in Tabelle 4.2-23 gegeben. In der kommunalen Abwasserreinigung werden in erster Linie die biologischen Verfahren angewandt, vomehmlich die Nitrifikation/Denitrifikation. Diese Verfahren wie auch die Knickpunktchlorung wandeln Ammoniumstickstoff in molekularen Stickstoff um. Dies hat den Nachteil, dass groBe Mengen von flir den Pflanzenwuchs wichtigen Stickstoffverbindungen verloren gehen, well sie als N2 in die Luft entweichen. Menschen und Tiere scheiden weltweit pro Jahr mehr als 100 Mio. t an gebundenem Stickstoff aus. 90 Mio. t Ammonium werden jahrlich durch Bodenbakterien auf naturlichem Weg aus Luftstickstoff synthetisiert. Weitere 75 Mio. t werden pro Jahr an Stickstoffdtinger produziert, der groBteils im Haber-Bosch-Verfahren katalytisch aus Luftstickstoff und Wasser unter Einsatz von Kohle gewonnen wird (Schulze-Rettmer u. Yawari 1988). Es sind verschiedene Verfahren zur Rtickgewinnung von Ammonium als konzentrierte Ammoniaklosung (Ammoniak-Starkwasser) oder als Ammoniumsalz entwickelt worden. In den meisten Fallen ist dazu eine Anhebung des pH-Wertes auf pH 11,5 bis 12 notwendig, um eine weitgehende Umwandlung des Ammoniums in Ammoniak zu erreichen. Zu diesen Verfahren gehoren die Strippverfahren sowie die Flussigmembran-Permeation. Ohne pH-Wert-Anhebung lassen sich der lonenaustausch, die Umkehrosmose und die Elektrodialyse betreiben. Aus okologischen Griinden sind jene Verfahren zu bevorzugen, die Ammonium direkt abtrennen und in eine verwertbare Form uberftihren. Diese Prozesse befinden sich einerseits erst in einem Stadium der Entwicklung oder sind andererseits ftir industrielle Einsatze derzeit noch zu teuer. Bei der Umkehrosmose und der Elektrodialyse konnen auBerdem die gewtinschten Produktkonzentrationen meist nicht erreicht werden, weshalb sie sehr oft nur in Kombination mit Austreibeverfahren eingesetzt werden. Die Aufkonzentrierung des Strippereinsatzstromes bewirkt aber eine bedeutende Chemikalien- und Energieeinsparung, so dass solche Prozesse insgesamt kostengtinstig arbeiten konnen. Die geringe Selektivitat muss als weiterer Nachteil bei Umkehrosmose und Elektrodialyse genannt werden. Das letztgenannte Verfahren trennt alle Ladungstrager ab, welche die Membran passieren konnen und reichert sie in der Produktlosung an. Bei
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
225
der Umkehrosmose werden die meisten Wasserinhaltstoffe von der Membran zurtickgehalten und so im Konzentrat angereichert. Durch die Kombination mit dem Dampfstrippprozess wird dieser Nachteil bei beiden Prozessen weitgehend aufgehoben. Tabelle 4.2-23. Vergleich der Stickstoff-Riickgewinnungsverfahren (nach Marr u. Koncar 1990) Verfahren
Produkt
Anreicherung
Luftstippen
Ammoniumsalzlosung
bis zur Sattigung
Dampfstrippen
Ammoniak -losung
10-fache Abwassereintrittskonzentration bis zur Sattigung
1 FltissigmembranPermeation
Ammoniumsalzlosung
1 Adsorption Umkehrosmose
Ammoniaklosung Ammoniumsalzlosung
Elektrodialyse
Ammoniumsalzlosung
lonenaustausch
Ammoniumsalzlosung
MAP-Fallung Magnesiumammoniumphosphat (fest) AmmoniumReaktivextraktion salzlosimg
keine Erfahrungswerte begrenzt durch osmotischen Druck und Membranfestigkeit, Ammoniumsalz, 15Gew.-% Verhaltnis Anreicherung : Abtrennung =100 bis zur Sattigung
pH-WertAnhebung ja
ja ja (nein)
ja nein
Bemerkungen bei hohen Abwasserkonzentrationen sind hohe Luftmengen umzusetzen saure Wasche moglich, wodurch Ammoniumsalz gewonnen wird durch Einsatz fltissiger lonenaustauscher kann die pH-Anhebung entfallen im Entwicklungsstadium keine selektive Abtrennung von Ammonium moghch
nein
keine selektive Abtrennung von Ammonium moglich nein Produktlosung enthalt auch Regenerationsionen (Na+) entsprechend der Falhmgs-pH bei Anwesenheit giftiVerfugbarkeit von ger Begleitstoffe ist MetalHonen, das Produkt unbrauchAmmonium bar bis zur Sattigung nein im Entwicklungsstadium
Der lonenaustauscherprozess mit CHnoptiloht zeigt hingegen eine relativ gute Selektivitat beztiglich des Ammoniaks. Durch die hohen Anteile an Regenerationskomponenten in der Produktlosung wird die Verwendbarkeit des Ammoniumsalzes jedoch sehr eingeschrankt (MaiT u. Koncar 1990). Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zeigen, dass die Dampfstrippung vor der Fltissigmembran-Permeation und der Luftstrippung das gtinstigste Ver-
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
fahren darstellt (Rautenbauch u. Machhammer 1988). Kiinftig muss die Effizienz der angegebenen Verfahren ohne pH-Wert-Anhebung verbessert und nach ganzhch neuen Methoden gesucht werden. Phosphor Die gesetzhch geforderte Phosphorehmination wird auf kommunalen Klaranlagen zunehmend durch die biologische Phosphorehmination realisiert. Hierzu sind umfangreiche Untersuchungen durchgefiihrt worden; Ubersichten fmden sich z. B. bei Boh (1988) und Teichfischer (1994). Dabei wird der Phosphor von den Phosphat speichemden Mikroorganismen aufgenommen und liber den Uberschussschlamm aus dem Prozess ausgeschleust. Damit ist der Phosphor aus dem Abwasserstrom abgetrennt, aber eine Nutzung erfolgt erst bei einer Ausbringung der Schlamme auf landwirtschaftliche Flachen. Ftir eine Wiederverwertung als Dtingemittel muss das rlickgewonnene Phosphatprodukt bestimmte Anforderungen erfiillen. Zum einen muss der Phosphatgehalt des Produktes mindestens 5 % betragen, zum anderen muss es in pflanzenverfiigbarer Form vorliegen. Das bei den meisten Verfahren anfallende Calciumphosphat wird erst durch einen Saureaufschluss weiterverarbeitet, wahrend Magnesium-AmmoniumPhosphat biologisch besser verfligbar ist. Soil sich das Produkt aus dem Phosphat-Rtickgewinnungsprozess ftir eine elektrothermische Herstellung von Phosphor eignen, soUte es einen P-Gehalt von mindestens 10,5 % und einen geringen Eisengehalt aufweisen (Antusch u. Diening 1997). Tabelle 4.2-24. Zusammenstellung gangiger VerfahrensmogHchkeiten zur Phosphorehmination (Dichtl u. Dockhorn 2002) Verfahren Kalziumphosphatfallung
Reaktor
Einsatzstoffe/ Produkte ImpfkristallfLU- PO4, Laugen, lung; z.B. Wir- Impfkristalle / belbett wasserfreie Kristallisate (Kalziumphosphat)
lonentausch Festbett
PO4 / Konzentrat
Vor-/ Nachteile - pH-Einstellimg erforderlich - je nach Impfkristall Storeinfltisse durch Karbonate und Aufbrauch der Impfkristalle - Chemismus der Abscheidung und Kristallbildungen noch unklar + konzentriertes Produkt in Pelletform - Elimination von lonen fuhrt zu Konzentrat mit vielen Salzen als Verunreinigungen - Verwertbarkeit des Produktes fraglich
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme Adsorption
Festbett
MAPFallung
Mischbecken, Absetzbecken
Biologische Anreichemng imd Nebenstromelimination Biologisch, Verbrennung, Aschenutzung
div. Mischbecken, Absetzbecken
Metallsalzfallung imd Sulfidfallung
Mischbecken, Absetzbecken
div. Mischbecken, Absetzbecken
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+ gtinstige Adsorptionsmittel im Vgl. zii lonentaiTSch venvendbar - wg. Beladung beschrankt auf 3. Reinigungsstufe mit geringen Abwasserkonzentrationen - Rtickgewinnimg durch Storstoffe fraghch MgO, NH4, PO4 / +/- gleichzeitige AmmoniumeHmination; muss eventiiell auch dosiert werStmvit (MAP) den + landwirtschaftHch verwertbares Festprodukt hoher Konzentration - pH-Einstellung erforderhch PO4 / Konzentrie- 4- in biologischen Klaranlagen bewahrt - Konzentriemng durch Riicklosung rung um den Faktor 10 mogHch (anaerob im Nebenstrom) - fur EHmination extra Verfahren einsetzen (MAP, Ca-Fallung) PO4 / Anreiche- + EHmination auf konventionellen Klaranlagen mng in der - thermische Verwertung erforderhch Schlammasche (Kosten) - P-Konz. fiir Ascheverwertung in elektrotherm. Herstellungsprozess zu gering Metall-P04, H2S / - Phosphat kann aus Metallfallschlamm verfahrensbedingt nicht diP04-Losimg rekt recycliert werden -/+ Fallschlamme eignen sich ftir Rtickgewinnung mit Sulfidfallung (Organik stort) - toxischer Schwefelwasserstoff als Edukt - P-Produkt ist gering konzentriert (Losung) + Schwermetalle werden liber Fallung eliminiert FO4, kalkhaltige Produkte techn. QuaHtat oder Metalloxide / Anlagemng, evtl. chem. Regenerat
Anderenfalls macht der ftir die Herstellung notwendige Energieaufwand eine Nutzung unwirtschaftlich. Um die hohen P-Gehalte zu erreichen, ist bei vielen Verfahren vor der P-Rtickgewinnung eine Aufkonzentrierung erforderlich. Aus der groBen Anzahl von Verfahren, die sich zur Phosphorabtrennung eignen, seien im Folgenden nur die wichtigsten Verfahren aufgezahlt. Pflanzenverfugbarkeit von Phosphat in Klarschlammen Die Pflanzenverfugbarkeit von gebundenen Phosphorverbindungen, die im Zuge der Abwasserreinigung eliminiert wurden, ist wesentlich von dem
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
verwendeten EUminationsverfahren abhangig. Hinsichtlich der Ehminationsverfahren stehen sowohl die chemischen Fallverfahren (mit Eisen- und Aluminiumsalzen, mit Magnesium- und Kalziumsalzen) als auch die vermehrte biologische Phosphatanreicherung in den Bakterien zur Verfugung. Hinsichtlich der direkten Pflanzenverftigbarkeit der im Klarschlamm gebundenen Phosphate bestehen Unklarheiten. Furrer und Candinas (Furrer u. Candinas 1984) berichten anhand der Rticklosung in 2 %-iger Zitronensaure von der durchweg guten Verfugbarkeit des Phosphors aus Klarschlammen in der GroBenordnung zwischen 80 und 95 %, wobei keine Abhangigkeit von der Art der P-Elimination auf der Klaranlage (chemische Fallung, biologische Anreicherung) erkannt wurde. Booker (1998) ftihrt dagegen an, dass der bei der Metallsalzfallung im Klarschlamm festgelegte Phosphor nicht mehr pflanzenverftigbar sei. Ein Recyclingkreislauf liber chemisch aufbereitete Phosphatsalze, die auch sonst als Mineraldiinger verwendet werden (z.B. Kalziumphosphate), konnte fiir diesen Verwendungszweck Vorteile aufweisen und Unklarheiten hinsichtlich der Pflanzenverftigbarkeit des Phosphors beseitigen. Suntheim (2001) fand in Vegetationsversuchen eine gute Pflanzenverftigbarkeit des in Klarschlamm enthaltenen Phosphors. d) Kombinierte Verfahren Zur Handhabung der Gesamtproblematik liegt es nahe, dass aus den oben genannten Verfahren zur Rtickgewinnung einzelner Komponenten Kombinationen entwickelt werden konnen, die gleichermaBen die Nutzung aller Wertstoffe aus der Klarschlammmatrix erlauben. Ein neuer Ansatz hierzu ist beispielsweise im Seaborne-Verfahren zu sehen (Dichtl u. Dockhom 2002). Das Verfahren besteht aus unterschiedlichen Stufen zur Stickstoffriickgewinnung, sulfidischer Schwermetallfallung mit anschlieBender Separation der Schadstoffe sowie der Moglichkeit mit Hilfe weitestgehend im Verfahren selbst produzierten Hilfsstoffen unterschiedliche Phosphordiinger zu erzeugen. Es beinhaltet eine Klarschlammverbrennung und Ascheaufbereitung. Im Einzelnen wird der ausgefaulte Schlamm mit Saure versetzt, wodurch ein Teil der Schwermetalle, des Phosphors und der organischen Substanz in Losung geht. Die organischen Feststoffe werden abgetrennt und konnen beispielsweise verbrannt werden. Die Asche kann in den Prozess zuriickgefiihrt werden. In einer nachsten Verfahrensstufe mtissen die Schwermetalle gefallt und vom phosphorhaltigen Fltissigkeitsstrom abgetrennt werden. Die Schwermetallfallung kann ggf durch Zufiihrung von H2S-haltigem Faulgas erfolgen. Das Faulgas wiirde dabei gleichzeitig entschwefelt.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
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Aus der schwermetall-abgereicherten Fltissigphase werden Stickstoff und Phosphor nach pH-Wert-Anhebung durch Di-Natriumcarbonat als MAP gefaUt. In einem Trocknungs-ZEntgasungsprozess wird aus dem MAP NHs-Gas gewonnen, das gemeinsam mit dem MagnesiumHydrogen-Phosphat fur die Produktion von Diinger verwendet werden kann. In diesem Prozess wird Di-Natriumcarbonat aus Natriumhydrogencarbonat unter Abspaltung von CO2 gebildet, das ebenfalls in die Dtingersynthese geht. Das Natriumhydrogencarbonat seinerseits kann durch Reaktion von NaCl und CaO mit dem CO2 des Faulgases gebildet werden. Dabei fallen Methangas sowie CaCl2-Salz an (Muller u. Dichtl 2003). Das Seabome-Verfahren besteht also im Wesentlichen aus drei neu angepassten Verfahrensschritten zur Aufbereitung des Faulgases, zur Fallung von Schwermetallen sowie zum Stickstoffrecycling, deren Zusammenwirken in Verbindung mit bekannten Verfahren aus der Schlammbehandlung erfolgt. Die unterschiedlichen Bausteine des gesamten Verfahrens konnen sowohl einzeln als auch im Verbund angewandt werden. Erst die groBtechnische Umsetzung, sowie die aus dem Betrieb resultierenden Erfahrungen konnen zeigen, ob eine derart aufwendige Verfahrenstechnik auf dem Standort einer Klaranlage heute schon mit der gebotenen Sicherheit betreibbar ist. 4.2.6,3 Weitergehende Uberlegungen zu Wertstoffen im Abwasser Alle bisherigen Uberlegungen zielen darauf ab, die Wertstoffe am Ende der Behandlungskette aus dem Klarschlamm zuriickzugewinnen. Gegebenenfalls miissen wir diese Denkweise fur die Zukunft modifizieren, um bereits an der Quelle, d.h. in den einzelnen Abwasserstromen bzw. Teilstromen, an ein Wertstoffrecycling zu denken. a) Wertstoffpotenzial unterschiedlicher Abwasser Im hauslichen Abwasser liegen die Konzentrationen der einzelnen Wertstoffe tiblicherweise in geringen Konzentrationen vor, die eine Rtickgewinnung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten kaum sinnvoll erscheinen lassen. Gelingt es hingegen, einzelne hochkonzentrierte Teilstrome zu separieren, ergibt sich in diesen ein sehr viel hoheres Wertstoffpotenzial. Im Folgenden wird ftir ein hausliches Abwasser sowie die Teilstrome Gelb- und Schwarzwasser das Wertstoffpotenzial in Bezug auf die Nahrstoffe Stickstoff, Phosphor und Kalium sowie die organischen Verbindungen ermittelt. Hierzu wurden far Phosphor, Stickstoff und Kalium die entsprechenden Dtingeraquivalente angesetzt. Das Wertstoffpotenzial der organischen Fracht (ausgedruckt als CSB) wurde iiber eine anaerobe Be-
230
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
handlung des Abwassers mit Biogasgewinnung und anschlieBender Verstromung gemaB den Ansatzen aus Tabelle 4.2-21 ermittelt. Die ftir die Berechnungen zu Grunde gelegte Abwasserzusammensetzung wurde gemaB Tabelle 4.2-25 iibemommen. Parallel dazu wurde iiber einen Ansatz zur Berechnung von Starkverschmutzerzuschlagen der Aufwand fur die Reinigung der drei Abwasserstrome mittels herkommlicher Klartechnik berechnet. Hierbei wurde der Aufwand ftir die Behandlung von Stickstoff, Phosphor und organischen Inhaltsstoffen separat ermittelt und anschlieBend aufsummiert. Tabelle 4.2-25. Wertstoffpotenzial und Reinigungskosten fllr verschiedene Abwasserstrome (Dockhom u. Dichtl 2003)
Wertstoffpotenzial
N [€/m^] P [€/mT K [€/m'] CSB [€/m^] Summe [€/m^] Kosten Abwasserreinigung [€/m^] Kosten/Wertstoffpotenzial [-]
kommunales Abwasser 0,04 0,01 0,01 0,03 0,09 1,83 20,3
Gelbwasser
Schwarzwasser
4,95 0,42 0,58 0,50 6,45 30,08 4,7
0,25 0,15 0,06 0,86 1,32 18,64 14,1
Bei einem Vergleich der Abwasserstrome zeigt sich, dass das Wertstoffpotenzial des herkommlichen kommunalen Abwassers gering ist. Das Gelbwasser hingegen sticht sowohl durch sein Wertstoffpotenzial als auch durch seine hohen Entsorgungskosten beim Einsatz konventioneller Technologic hervor. Interessant ist, dass das Wertstoffpotenzial des Stickstoffs deutlich die Bilanz dominiert. Obwohl dem Phosphor aus Sicht des Ressourcenschutzes die groBte Bedeutung zukommt, erlangt der in der Atmosphare praktisch unlimitiert vorliegende Stickstoff unter den derzeitigen marktwirtschaftlichen Randbedingungen okonomisch die groBte Bedeutung. Dieses Gefiige wtirde sich natiirlich bei einer Ressourcenverknappung des Phosphors deutlich verschieben. Das Wertstoffpotenzial des Schwarzwassers fallt hingegen deutlich geringer aus, da hier insbesondere Stickstoff und Phosphor in geringeren Konzentrationen vorliegen. Die in Form von Energie nutzbare organische Fracht des Schwarzwassers nimmt zwar den groBten Anteil des Wertstoffpotenzials ein. Dieses reicht jedoch bei Weitem nicht an das Potenzial des Gelbwassers heran. Gleichwohl verursacht eben diese organische Belastung bei der konventionellen Abwasserreinigung einen erheblichen Anteil der Kosten.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
231
b) Wertstoffpotenzial des Abwassers von 350.000 Einwohnern Im Folgenden wurde exemplarisch das Wertstoffpotenzial des Abwassers der Stadt Braunschweig mit 350.000 EW betrachtet, um in einer realistischen GroBenordnung die Kosten der Abwasserreinigung mit dem korrespondierenden Wertstoffpotenzial vergleichen zu konnen. Ftir den betrachteten Fall konnten die tatsachlich anfallenden Abwassermengen und Frachten sowie die reellen Kosten genutzt werden. Zusammensetzung der einzelnen Teilstrome Im Folgenden wird die Abwasserzusammensetzung fur die einzelnen Teilstrome (Gesamtabwasser sowie die daraus „generierten" Teilstrome Gelb-, Schwarz- und Grauwasser) beschrieben (Tabelle 4.2-25). Ftir den Strom Gelbwasser wurden 500 1/(EW • a) und ftir den Schwarzwasseranfall 50 1/(EW • a) sowie 3 1/(EW • d) an Spulwasser angesetzt (Otterpohl 2000). Tabelle 4.2-26. Frachten und Konzentrationen des Gesamtabwassers sowie von Gelb- und Schwarzwasser von 350.000 EW. (* berechnet nach Angaben von Otterpohl, 2000 mit 4,9 g K/(EW • d)) Parameter CSB Stickstoff Phosphor TS K* Abwasseranfall [mVa] CSB Stickstoff Phosphor TS K* Gelbwasseranfall [mVa] CSB Stickstoff Phosphor TS K* Schwarzwasseranfall [mVa]
Fracht [t/a] Konzentration [mg/1] Teilstrom 15.695 689 1.409 61,9 190 8,3 Gesamtabwasser 5.694 250 630 27,7 22.776.000 1.883 10.762 1.226 7.005 95 543 Gelbwasser 0 0 1.944 340 175.000 7.377 18.407 141 352 76 190 Schwarzwasser 2.847 7.104 76 189 400.750
Die Aufteilung der einzelnen Abwasserinhaltsstoffe auf die jeweiligen Teilstrome wurde u.a. nach den Angaben von Otterpohl (2000) vorgenommen (Tabelle 4.2-26).
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Wertstoffpotenzial der einzelnen Teilstrome Anhand der spezifischen Zusammensetzung der einzelnen Teilstrome wurde das jeweilige Wertstoffpotenzial fiir die Parameter CSB (organische Verbindungen), Stickstoff, Phosphor sowie Kalium ermittelt. Dabei wurde fiir den Parameter CSB ein anaerober Abbau mit Biogasgewinnung und anschlieBender Verstromung gewahlt. Die Nahrstoffe Phosphor, Stickstoff und Kalium wurden in Dtingeraquivalente umgerechnet und mit handelstiblichen Dtingerpreisen angesetzt. Momentan lassen sich zwar fiir die in dieser Form vorliegenden Nahrstoffe iiblicherweise nicht die Preise von Handelsdiinger erzielen, jedoch ist es unbestritten, dass dieser marktwirtschaftliche Vorteil dem Landwirt zu Teil wird, der eben diese Wertstoffe zur Dtingung seiner Felder einsetzt, insofem er das Aquivalent an Handelsdiinger einspart. Tabelle 4.2-27. Angaben in %/100. (*die Aufteilung des TS wurde angenommen) (Dockhom u. Dichtl 2003) CSB N P TS* K
Grauwasser 0,41 0,03 0,1 0,5 0,34
Gelbwasser 0,12 0,87 0,5 0 0,54
Schwarzwasser 0,47 0,1 0,4 0,5 0,12
Somit ergibt sich der betriebswirtschaftliche Aspekt an dieser Stelle allein aus der Definition der Systemgrenzen. Um das gesamte vorhandene Wertstoffpotenzial zu ermitteln, wurden zunachst die entsprechenden Stoffstrome im gesamten kommunalen Abwasser ermittelt. Tabelle 4.2-28. Wertstoffpotenzial eines kommunalen Abwassers von 350.000 EW bezilglich organischer Verbindungen, Stickstoff, Phosphor und Kalium (*elektrische Energie aus Verstromung von Biogas) (Dockhom u. Dichtl 2003) CSB* N P K Summe
731.700 €/a 994.700 €/a 148.600 €/a 187.100 €/a 2.062.100 €/a
Summa summarum werden zur „Vemichtung" dieser Wertstoffe im Wert von rund 2 Mio. €/a mittels herkommlicher Klartechnik im vorliegenden Fall jahrlich 22 Mio. € fiir Kanal und Klaranlage (davon 10 Mio. € ausschlieBlich fiir die Klaranlage) aufgewendet.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
233
Rechnet man diese Zahlen gar bmidesweit auf 82 Mio. kommunale Einwohnerwerte hoch, so ergibt sich ein enormes Wertstoffpotenzial bezuglich der ausgewahlten Parameter von rund 496.400.000 €/a. Dem stehen bundesweit Kosten fiir die Reinigung von 4,997 Mrd. m^ Schmutzwasser (EWA 2003) von jahrhch rund 9,4 Mrd. € entgegen (bei 1,88 €/m^; (ATV-DVWK 2002 (2)). Tabelle 4.2-29. Wertstoffpotenzial des kommunalen Abwassers auf ganz Deutschland hochgerechnet (Dockhom u. Dichtl 2003) CSB N P K Summe
1,9 Mrd. kWh elektrisch, entsprechend 344.200 t N, entsprechend 53.900 tP, entsprechend 147.600 t K, entsprechend
167.500.000 €/a 243.000.000 €/a 42.100.000 €/a 43.800.000 €/a 496.400.000 €/a
Hinsichtlich der monetaren Bewertung der organischen Belastung (ausgedriickt als CSB) ist zu berticksichtigen, dass beim konventionellen aeroben Abwasserreinigungsverfahren fiir die Oxidation der organischen Abwasserinhaltsstoffe von 82 Mio. EGW der Einsatz von rund 1,2 Mrd. kWh an Strom erforderlich ist. Dariiber hinaus waren fiir die Nitrifikation der entsprechenden Stickstofffrachten nochmals rund 1 Mrd. kWh erforderlich. Zusammen mit den rund 1,2 Mrd. kWh (elektrisch), die sich aus der organischen Fracht mittels anaerober Behandlung gewinnen lieBen, ergibt sich ein gesamtes Einsparpotenzial von 3,4 Mrd. kWh an elektrischer Energie. Umgerechnet in Primarenergie errechnet sich gar ein Einsparpotenzial von gut 10 Mrd. kWh. Dies entspricht etwa 0,25 % des gesamten Energieverbrauchs der Bundesrepublik, der im Jahr 2000 bei 14.180 Petajoule lag (Statistisches Bundesamt 2002). Der Dtingemittelabsatz in Deutschland betrug im Wirtschaftsjahr 2000/2001 (Angaben jeweils in Bezug auf die reinen Nahrstoffe) 1.848.000 t N, 351.000 t P sowie 544.000 t K (Landhandelsverband Bayem 2002). Somit lieBe sich bei vollstandiger Rtickftihrung der in den hauslichen Abwassem vorhandenen Nahrstoffe in den landwirtschaftlichen Nutzkreislauf der Diingerbedarf an Stickstoff zu 18,6 %, der an Phosphor zu 15,4 % sowie derjenige an Kalium zu 27 % decken. Im Folgenden sind die Wertstoffpotenziale der einzelnen Teilstrome fiir das betrachtete Fallbeispiel von 350.000 EW aufgeftihrt Selbstverstandlich lassen sich mit vertretbarem Aufwand nicht samtliche Inhaltsstoffe aller aufgefiihrten Abwasserteilstrome gewinnbringend nutzen. So wird sich eine separate anaerobe Behandlung von Gelbwasser zur Biogasgewinnung vermutlich ebenso wenig sinnvoll reahsieren lassen wie eine anaerobe Behandlung des Grauwassers. Eine Nutzung des im Grau-
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4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
wasser enthaltenen Nahrstoffpotenzials wird auch nur dann moglich sein, wenn beispielsweise eine landwirtschaftliche Nutzung des vorbehandelten Abwassers erfolgt. Tabelle 4.2-30. Wertstof^otenzial einzelner Abwasserinhaltsstoffe in den einzelnen Teilstromen berechnet fiir 350.000 EW (Dockhom u. Dichtl 2003) CSB [€/a] N [€/a] P [€/a] K [€/a] Summe
Grauwasser 300.000 29.800 14.900 63.600 408.300
Gelbwasser 87.800 865.400 74.300 101.000 1.128.500
Schwarzwasser 343.900 99.500 59.400 22.500 525.300
4.2,6.4 Zusammenfassende Bewertung Unter dem Gesichtspunkt des Ressourcenschutzes ist es in Zukunft dringend geboten, die im Klarschlamm enthaltenen Nahrstoffe einer weiteren Verwertung und Nutzung zuganglich zu machen, da Klarschlamm die primare Senke der im Abwasser enthaltenen Nahr- und Wertstoffe (insbesondere Phosphor, Stickstoff sowie organische Verbindungen) darstellt. Dies gilt aus Sicht des Ressourcenschutzes insbesondere ftir den endlichen und fiir die Landwirtschaft essentiellen Rohstoff Phosphor. Gleichzeitig gilt es hierbei, die ebenfalls im Klarschlamm enthaltenen Schadstoffe aus den spateren Verwertungspfaden fern zu halten. Zur Wertstoffruckgewinnung aus Klarschlammen gibt es bereits eine Reihe geeigneter Verfahren, die allerdings im Hinblick auf die Anforderungen in der Abwassertechnik oftmals noch entsprechender Anpassungen bediirfen. Da diese Verfahren verfahrenstechnisch und kostenmaBig zusatzliche Aufwendungen verursachen und andererseits die Wertstoffruckgewinnung aus Abwasser bzw. Klarschlamm vom Gesetzgeber noch nicht zwingend vorgeschrieben ist, gibt es derzeit in Deutschland kaum groBtechnische Realisierungen mit entsprechenden Betriebserfahmngen. Der derzeitige Stand der Diskussion, insbesondere auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Klarschlamm-Entsorgungsproblematik ab 2005 sowie in Anbetracht der derzeitigen Entwicklung in einigen skandinavischen Landern, legt jedoch nahe, dass auch in Deutschland diese Verfahren in naher Zukunft vermehrt zur Realisierung gelangen werden. Hierbei sind insbesondere die Technologien im Vorteil, die bei einem minimierten Ressourceneinsatz neben einer Nutzung der Wertstoffe eine gleichzeitige Ausschleusung von Schadstoffen ermoglichen. Zur Entwicklung, Anpas-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
235
sung und Optimierung derartiger Verfahrenstechniken werden in Zukunft vermehrt Anstrengungen erforderlich sein. Ein aus okologischer wie auch okonomischer Sicht besonders interessanter Ansatz stellt die fnihzeitige Abtrennung und stoffliche Verwertung einzelner hoch konzentrierter Abwasserteilstrome (z.B. Gelb- und Schwarzwasser) dar. Diese enthalten hohe Frachten an Wertstoffen aber deutlich geringere Mengen an Schadstoffen (wie z.B. Schwermetalle). Bei einer separaten Erfassung dieser aus abwassertechnischer Sicht hochbelasteten Teilstrome lasst sich deren Wertstoffpotenzial bei gleichzeitiger signifikanter Entlastung der bestehenden Klaranlagen weitergehender nutzen, als wenn zuvor der gesamte Prozess der Abwasserreinigung durchlaufen wird, bei dem ja bereits ein signifikanter Anteil der Wertstoffe eliminiert wurde. Um langfristig einen zukunftsfahigeren Umgang mit unseren naturlichen Ressourcen sicher zu stellen, ist neben den noch zu leistenden technischen Entwicklungen und Anpassungen die Einbeziehung samtlicher gesellschaftlicher Akteure erforderlich. Hier gilt es insbesondere die gesetzlichen Randbedingungen zu schaffen, die auch ftir den Bereich Abwasser eine Prioritatenfolge „vermeiden vor verwerten vor entsorgen" in den Vordergrund stellt. Dariiber hinaus miissen unter soziookonomischen Gesichtspunkten die Randbedingungen identifiziert werden, die bei den beteiligten Akteuren die groBtmogliche Akzeptanz finden, denn bei entsprechend hoher Akzeptanz werden sich neue Verfahren zur Wertstoffriickgewinnung besonders wirkungsvoll und flachendeckend realisieren lassen. 4.2.7 Schlammfaulung auf deutschen Klaranlagen Im Gegensatz zu den rechtlichen Vorgaben, die im Bereich der kommunalen und industriellen Abwasserreinigung die Verantwortlichen zur Durchfiihrung technischer MaBnahmen zwingen, gibt es fiir den Bereich der Klarschlammstabilisierung keine klaren gesetzlichen Vorgaben. Die Betreiber von Klaranlagen folgen im Bereich der Klarschlammbehandlung also der Not, den Klarschlamm ganzjahrig sicher entsorgen zu mussen. Hierbei sind neben der Frage der sicheren Entsorgungsmoglichkeit vor allem auch Fragen zur Redundanz der Entsorgungsmoglichkeiten sowie zu den wirtschaftlichen Konsequenzen oftmals das Motiv zur Wahl einer bestimmten Behandlungstechnik. Als Alternative zur anaeroben Schlammfaulung im Bereich der Klarschlammstabilisierung stehen neben den beschriebenen kombinierten Verfahrenstechniken die simultane aerobe Schlammstabilisierung (gemeinsam
236
4 Verfahrenstechniken ziir Behandkmg von Klarschlamm
mit der Abwasserreinigung durchgefiihrt), die getrennte aerobe Schlammstabilisiemng im mesophilen sowie im thermophilen Temperaturbereich sowie die Entsorgung von Rohschlammen zur Verfiigung. Langlaufig hat sich bei der Auswahl des geeigneten Stabilisierungsverfahrens die Auffassung durchgesetzt, dass fur GroBanlagen die anaerobe Schlammfaulung prinzipiell und ftir kleine bis sehr kleine Klaranlagen die aerobe Schlammstabilisiemng als kostengtinstigste Variante anzusehen ist. Ende der 1990er Jahre wurde anhand einer statistischen Auswertung fur die Bundesrepublik Deutschland festgestellt, wie hoch in der Praxis der Anteil der unterschiedlichen Stabilisierungsverfahren zum Zwecke der Schlammbehandlung ist. Als Datengrundlage wurden die Nachbarschaftslisten der ATV-Landesgruppen ausgewahlt, da sie die in Deutschland vorhandenen Klaranlagen nahezu vollstandig erfassen. Die Landesgruppen Baden-Wtirttemberg, Nord-Ost, Hessen-Rheinland-Pfalz, SachsenThiiringen, Nord und Nordrhein-Westfalen enthalten neben der AnschlussgroBe und den Verfahren zur Abwasserreinigung auch Informationen zur Schlammbehandlung und -stabilisiemng. Bei der Landesgruppe Bayem sind keine Informationen zur Schlammbehandlung enthalten, so dass die Daten bayerischer Klaranlagen bei der Auswertung nicht berucksichtigt wurden. Insgesamt wurden mit dieser Methode die Daten von 5.502 Klaranlagen erfasst. In der Abb. 4.2-47 sind die auf die Klaranlagenanzahl bezogenen Anteile der Schlammstabilisierungsarten ftir verschiedene GroBenklassen dargestellt. Erkennbar ist, dass die kleinen Klaranlagen unterhalb von 5.000 EW mit tiber 3.200 Anlagen den GroBteil der betriebenen Anlagen ausmachen. Bei der Betrachtung der Anteile der Schlammstabilisierungsarten muss darauf hingewiesen werden, dass durch Mehrfachnennungen (z.B. simultane aerobe Stabilisiemng und Faulung) die Summen der Anteile in der Regel oberhalb von 100 % hegen. Die lOO-Prozentmarke entspricht in der Abb. 4.2-47 der in dem jeweihgen Balken dargestellten Anzahl der Klaranlagen, die innerhalb der GroBenklasse erfasst wurde. Der Anteil der getrennten aeroben Stabilisiemng liegt in der GroBenklasse 5.000 bis 10.000 EW bei etwa acht Prozent. Oberhalb und unterhalb dieser GroBenklasse treten jeweils geringere Anteile auf Ab 20.000 EW sinkt der Anteil der Anlagen mit getrennter aerober Stabilisiemng mit steigenden AusbaugroBen immer weiter ab. Insgesamt ist diese Stabilisiemngsart von untergeordneter Bedeutung. Dies ist auch verstandlich, da der verfahrenstechnische Hauptvorteil einer Entseuchung bei den heute praktizierten Entsorgungswegen derzeit nicht mehr gefordert wird. Die simultane aerobe Stabilisiemng wird vorwiegend bei Anlagen mit kleinen AusbaugroBen eingesetzt. Mehr als 20 % der Anlagen unterhalb von 20.000 EW sind mit dieser Verfahrenstechnik ausgestattet. In den folgen-
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
237
den GroBenklassen 20.000 bis 30.000 sowie 30.000 bis 50.000 EW verfugen noch etwa acht Prozent der Anlagen tiber eine gemeinsame aerobe Stabilisierung. Bei noch groBeren Anlagen werden etwa drei Prozent der Anlagen mit simultaner aerober Stabilisierung betrieben. Unerwartet hoch ist der Anteil von immerhin noch ftinf Prozent in der GroBenklasse 500.000 bis 1 Mio. EW. - getrennt aerob
- gemeinsam aerob
I
I
- beheizte Faulung
- ohne Stabilisierung
llllll
- unbeheizte Faulung
100
c (D CO
E E _cu
10-15
15-20
20-30
30-50
50-100
100-500 500-1000
>1000
GroBenklasse [ 1 0 ^ EW]
Abb. 4.2-47. Anteile der Schlammstabilisierungsarten von Klaranlagen unterschiedlicher GroBenklasse in Abhangigkeit der Anlagenanzahl (Dichtl u. Keudel 1998) Den unbeheizten Faulbehaltem wurden auch die Emscherbrunnen zur kalten Ausfaulung von Primarschlamm zugerechnet. Sowohl kleine als auch groBe Anlagen wurden mit unbeheizten Faulbehaltem ausgestattet. Eine ausgepragte Abhangigkeit tiber die AusbaugroBe ist nicht erkennbar. Der maximale Anteil liegt in der GroBenklasse 10.000 bis 15.000 EW bei etwa 11,5 % der Anlagen. Der minimale Anteil ergibt sich zu 5,5 % in der EWGroBenklasse 20.000 bis 30.000. Beheizte Faulbehalter weisen mit steigender AusbaugroBe einen immer groBeren Anteil an den Schlammstabilisierungsarten auf. Ab der GroBenklasse 10.000 bis 15.000 EW ist die beheizte Faulung die am haufigsten vertretene Stabilisierungsart. Die Anteile steigen von 25 % (10.000 bis 15.000 EW) bis auf 79 % (500.000 bis 1 Mio. EW). Bei den GroBanlagen (> 1 Mio. EW) sinkt der Anteil der Anlagen mit beheizter Schlammfaulung auf 33 % ab. Ursache daftir ist die geringe Anzahl der Klaranlagen in dieser Klasse, wobei ein GroBteil der Anlagenbetreiber innerhalb dieser
238
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
GroBenklasse keine Angaben zur Art der Schlammstabilisierung gemacht haben. Insgesamt verfugt ein betrachtlicher Teil der Anlagen tiber keine Verfahrenstechnik der Schlammstabilisierung. Mit mehr als 60 % der Anlagen wird diese Beobachtung besonders bei sehr kleinen und bei sehr groBen Klaranlagen deutlich. Ausgehend von kleinen Anlagen sinkt der Anteil von 44 % (5.000 bis 10.000 EW) auf 32 % (15.000 bis 20.000 EW). Ab der GroBenklasse 20.000 bis 30.000 EW sinkt der Anteil der Klaranlagen ohne Schlammstabilisierung mit steigenden AusbaugroBen von 39 % auf etwa zehn Prozent (500.000 bis 1 Mio. EW). Grundsatzlich kann aus dem geschilderten Zusammenhang geschlossen werden, dass die Bedeutung der Schlammstabilisierung bei groBeren Klaranlagen zunimmt. In dieses Bild passen die Daten der GroBanlagen (> 1 Mio.) nicht hinein, was auf die geringe Anlagenanzahl innerhalb der GroBenklasse bzw. die direkte Schlammverbrennung ohne vorhergehende Stabilisierung zunickgefiihrt werden kann. In der Abb. 4.2-48 sind die auf die angeschlossenen Einwohnerwerte bezogenen Anteile der Schlammstabilisierungsarten dargestellt. Im Vergleich der Abb. 4.2-47 und 4.2-48 fallen kaum Unterschiede in der Verteilung der Schlammstabilisierungsarten auf. Die Verteilung der eingesetzten Stabilisierungsverfahren ist innerhalb der gewahlten GroBenklassen nur unwesentlich von der KlaranlagengroBe abhangig, da sich in Abhangigkeit der Anlagenanzahlen und der Einwohnerwerte nahezu identische Verteilungen ergeben. In der kleinsten GroBenklasse (< 5.000 EW) zeigt sich cine geringe Abweichung im Vergleich der Abb. 4.2-47 und 4.2-48. Es ist erkennbar, dass in dieser GroBenklasse der Anteil der Klaranlagenanzahlen ohne Stabilisierung (Abb. 4.2-47) um etwa zehn Prozent hoher liegt als der Anteil der Einwohnerwerte (Abb. 4.2-48), die an Klaranlagen ohne Verfahren zur Stabilisierung angeschlossen sind. Daraus lasst sich ableiten, dass es sich bei diesen Klaranlagen ohne Stabihsierung vorwiegend um Anlagen handelt, deren mittlerer angeschlossener Einwohnerwert geringer ist als die mittlere EinwohneranschlussgroBe innerhalb dieser Klasse. Insgesamt zeigt sich trotz des dominierenden Anteils der Faulung an den Stabilisierungsverfahren, dass ein relevanter Anteil der Klaranlagen derzeit noch keine Stabilisierung vornimmt. Der mit der AnschlussgroBe sinkende Anteil der Schlammfaulung an den Stabilisierungsverfahren lasst erwarten, dass weitere Verbesserungen der Wirtschaftlichkeit der Faulung bei kleineren Anlagen eine weitere Verbreitung des Verfahrens zur Folge haben wird.
4.2 Behandlung kommunaler Schlamme - getrennt aerob
fSSii - gemeinsam aerob
I
I
- ohne Stabilisierung
- beheizte Faulung
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- unbeheizte Fauiung
100
0
10-15
15-20
20-30
30-50
50-100
100-500 500-1000
>1000
Gr6(ienklasse[10^EW]
Abb. 4.2-48. Anteile der Schlammstabilisierungsarten von Klaranlagen unterschiedlicher GroBenklasse in Abhangigkeit der Einwohnerwerte (Dichtl u. Keudel 1998)
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4.2 Behandlung kommunaler Schlamme
245
Noack W (1959) Beitrag zur Bemessung von Faulraumen. In: Technischwissenschaftliche Mitteilungen Bd 1, Emschergenossenschaft und Lippeverband (Hrsg) Otterpohl R (2000) Design of highly efficient source control sanitation and practical experiences. EURO-Summerschool DESAR, June 2000, Wageningen, NL Poletschny H (1995) Sollte Klarschlamm landwirtschaftlich verwendet werden? Seminar am 22./23.02.95, In: Das Forum zur landwirtschaftlichen Verwertung von kommunalen Klarschlammen in Niedersachsen, Evangelische Akademie Lockum (Hrsg): 98 ff. Popel F (1969) Kritische Gegenuberstellung von verschiedenen Vorschlagen fur die Bemessung, den Bau und den Betrieb von Schlammfaulungsanlagen. Europaisches Abwassersymposium. Berichte der ATV Bd 23, Eigenverlag, Hennef Rautenbauch R, Machhammer O (1988) Aufarbeitung Ammoniak enthaltender Abwasser -Verfahrens- und Kostenvergleich, Chem.-Ing.-Tech. 60: 23-31 Recktenwald M (2002) Kepro - Ein Verfahren zur Reduktion eines Schlammvolumens und Riickgev^innung v^ertvoller Rohstoffe. Schriftenreihe WAR, Darmstadt Bd 147 Riegler G (1981) Eine Verfahrensgegenliberstellung von Varianten zur Klarschlammstabilisierung. Dissertation FB 13, Schriftenreihe WAR Bd 7, TH Darmstadt Rodewald-Rudescu L (1974) Das Schilfrohr. Band XXVII der Schriftenreihe 'Die Binnengewasser - Einzeldarstellungen aus der Limnologie und ihren Nachbarschaften', E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nagele u. Obermiller), Stuttgart Roediger H (1960) Faulraumheizungssysteme. Stadtehygiene 11 Roediger H (1967) Die anaerobe alkalische Schlammfaulung, 3. Aufl. Schriftenreihe Wasser-Abwasser Bd 1, Oldenbourg Verlag, Miinchen Schmidt F (1995) Moglichkeiten der Prozesswasserbewirtschaftung. Tagung zur Ruckbelastung kommunaler Klaranlagen durch Prozesswasser, Eurogress Aachen, 29.11.1995 Schulze-Rettmer R, Yawari T (1988) Versuche mit dem Verfahren der Fallung von Magnesium-Ammonium-Phosphat aus verschiedenen Abwassern. Vom Wasser 71: 41-54 Seyfried CF (1986) Eindickung von Rohschlamm. Schlammbehandlung und Schlammbeseitigung, ATV Fortbildungskurs E/3, 19.-21.02.1986: 6.1-6.31 Siekmann K (1986) Leistungsfahigkeit des zweistufigen Stabilisierungsverfahrens nach dem System Sauerstoffbegasung mit anschlieBender Faulung im Vergleich zur einstufigen Faulung. GWA Bd 89, Aachen Stahlbauer EA, Sixt H, Konstandt HG (1982) Biogasanlagen, Energieerzeugung und Umweltschutztechnik durch Biogastechnologie. In: Kontakt & Studium, Expert Verlag: 68-73 Statistisches Bundesamt (2002) Datenreport 2002, Bundeszentrale ftir politische Bildung
246
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Suntheim L (2001) Zur Phosphorverfagbarkeit von Klarschlamm. In: Verantwortungsbewusste Klarschlammverwertung. KJ. Thome-Kozmiensky (Hrsg.): 329-341 TA Siedlungsabfall - Dritte allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz (1993) In: Lindner KH, Bergs CG (Hrgs) (1972) TVAB. Erich Schmidt Verlag, Berlin: 02 220 Teichfischer T (1994) Der Einfluss schwankender Abwasserzusammensetzungen auf die vermehrte biologische Phosphatelimination und Moglichkeiten zur Prozessstabilisierung, Veroffentl. des Inst, filr Siedlungswasserwirtschaft der TU Braunschweig Bd 57 Vesilind A, Ormeci B (1999) A modified capillary suction time apparatus for measuring the filterability of super-flocculated sludges. In: Disposal and Utilisation of Sewage Sludge - Treatment Methods and Application Modalities, Athens. Wechs F (1985) Ein Beitrag zur zweistufig anaeroben Klarschlammstabilisierung. Berichte aus Wassergiitewirtschaft und Gesundheitsingenieurwesen Bd 53, TU Miinchen Eigenverlag, Miinchen Weisz N et al. (2000) Sludge Disintegration with thermal hydrolysis - cases from Norway, Denmark and United Kingdom. In: T* World Water Congress of the IWA, Paris Preprint Vol 4: 288-295 Winter A (2001) Minimisation of Costs by Using Disintegration at a Full-scale Anaerobic Digestion Plant. Wat. Sci. Tech. Vol.46: 405-412 Winter A (2003) Desintegrationsverfahren zur Intensivierung der Schlammfaulung - groBtechnische Vergleiche-. Dissertation, Veroffentlichungen des Institutes ftir Siedlungswasserwirtschaft der TU Braunschweig, Bd 70, Eigenverlag, Braunschweig Zingler E (1969)Die Filtration von Abwasserschlammen - Grundlagen und Modellversuche, Dissertation TU Braunschweig, Veroffentlichungen des Institutes fur Siedlungswasserwirtschaft Bd 2, Eigenverlag, Braunschweig
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation 4.3.1 Einleitung Die gemeinsame Vergarung von Klarschlamm (Basis-Substrat) und organischen Industrieabfallen, Gewerbeabfallen oder biogenen Abfallen aus der getrennten Sammlung (Co-Substrate) in Faulbehaltem kommunaler Klaranlagen wird als Co-Fermentation bzw. Co-Vergamng bezeichnet. Sie wird bereits auf einigen Klaranlagen in Deutschland und im Ausland praktiziert. Verschiedene Umfragen haben ergeben, dass teilweise erhebliche Reserven in Faulbehaltem vorhanden sind, die zur energetischen Verwertung organischer Abfalle genutzt werden konnen.
4.3 Beispiele ziir Co-Fermentation
247
Tabelle 4.3-1. Faulzeiten in bestehenden Faulbehalteranlagen Anlagen mit Faulbehaltem
Mittlere Faulzeit
Bandbreite der Faulzeiten
1 Loll (1981)
206
39 d
10 bis 80 d
1
|Kapp(1984)
57
28 d
9 bis >50 d
1
|schierholt(1999)
96
29 d
12 bis 60 d
1
1 Schmelz (2000)
81
36 d
12 bis 101 d
1
Austermann-Haun 1 et al. (2000)
72
29 d
10 bis 60 d
1 Quelle
Die Mitbehandlung klaranlageneigener Fettabscheiderinhalte in kommunalen Faulbehaltem kann als Stand der Technik angesehen werden. Uber die Co-Fermentation anderer organischer Industrieabfalle, insbesondere iiber die Auswirkungen auf den Klaranlagen- und Faulbetrieb ist bisher jedoch nur wenig bekannt. Primar fehlen Daten und Erfahmngsberichte fiir Planer und Betreiber von Klaranlagen sowie ftir den Gesetzgeber und Genehmigungsbehorden. In diesem Kapitel soil ein Uberblick tiber die Bandbreite potenzieller Co-Substrate gegeben werden und einige Beispiele zur groBtechnischen Co-Fermentation im In- und Ausland vorgestellt werden. Erganzende Anmerkungen zu den Thematiken, Recht und Vertragswesen sowie eine Zusammenfassung runden das Kapitel ab. In der Landwirtschaft wird die Co-Fermentation von Gtille (BasisSubstrat) und landwirtschaftlichen Abfallen in Form von privaten Biogasanlagen schon seit den 50er Jahren praktiziert. In jiingerer Vergangenheit wurden vermehrt GroBanlagen errichtet, in denen neben Gtille und Agrarabfallen verstarkt nachwachsende Rohstoffe bzw. Energiepflanzen in Form von Frischsubstrat oder Silagen verwertet werden. Die Co-Fermentation in landwirtschaftlichen Biogasanlagen ist nicht Bestandteil dieses Kapitels, sondem wird ausfiihrlich in Kapitel 6 behandelt. 4.3.2 Co-Substrate 4.3.2.1 Allgemeines Das Mengenpotenzial aller gewerblichen, industriellen und kommunalen organischen Abfalle genau zu ermitteln, ist auBerst schwierig, da vollstandige und aktuelle Zahlen kaum verftigbar sind. Das groBte Potenzial an Substraten ftir die Co-Fermentation bieten jedoch die Industriezweige der Nahmngsmittel-, Genussmittel- und Getrankeindustrie mit einer Vielzahl an Abfallen, Produktionsriickstanden, Fehlchargen, sowie verfallenen und
248
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
verdorbenen Produkten. Dies verdeutlicht die Tabelle 4.3-2, in der das Abfallaufkommen aus der Lebensmittelindustrie dem Anfall an Schlammen aus der Abwasserreinigung gegeniibergestellt ist. Tabelle 4.3-2. Vergleich des Abfallaufkommens in der Nahrungsmittelindustrie mit dem Anfall an Klarschlammen 1993 (Statistisches Bundesamt 1997) Abfallaufkommen in 1.000 t gesamt Nahrungsund Genussmittelindustrie
zur Beseitigung
insgesamt
davon aus Produktion
insgesamt
davon aus Produktion
insgesamt
davon aus Produktion
11.474
10.515
9.352
9.090
l.Xll
1.425
82%
100% Schlamme aus der Abwasserreinigung
zur Verwertung
18%
3.206
872
2.333
1
100%
27%
73 %
1
Die Abwasser- und Abfallstrome aus der Nahrungs- und Genussmittelindustrie bieten vielfach ideale Voraussetzungen fiir eine Verwertung in Vergarungsanlagen oder Faulbehaltem. Einige dieser Eigenschaften sind: • • • • •
Hohe Konzentrationen an organischen Inhaltsstoffen, regelmaBige und gleichbleibende Volumen- bzw- Massenstrome, relativ konstante Substratzusammensetzung und Homogenitat, geringe PartikelgroBen und pumpfahige Konsistenz sowie Schadstoffarmut (insbesondere Stoffstrome aus der Lebens- und Genussmittelindustrie).
Die anaerobe Behandlung von Industrieabwassem mit hohen organischen Frachten hat sich in den letzten Jahren stark verbreitet (vgl. Kapitel 5), wahrend die Produktionsriickstande in erster Linie zu Viehfutter verarbeitet, kompostiert oder thermisch verwertet wurden. Sowohl die thermische Verwertung, als auch die Kompostierung sind bei hohen Wassergehalten der Substrate allerdings oftmals problematisch und okonomisch und okologisch in Frage zu stellen. Aufgrund immer wieder auftretender Tierseuchen gerat dieser Verwertungsweg, vor allem fiir die Verarbeitung von tiberlagerten Nahrungsmitteln und Speiseresten, jedoch zunehmend in die Kritik. Hier konnte sich zuktinftig ein groBer Markt fiir die Co-Vergarung ergeben.
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
249
Fine mengenmaBig bedeutende und wirtschaftlich besonders interessante Fraktion stellen Fettabscheiderinhalte und andere fetthaltige Schlanune dar (Tabelle 4.3-3, Nr. 125). Die Mitbehandlung in den Faulbehaltem einer Klaranlage erfordert einen geringen Zusatzaufwand und ist unter Beriicksichtigung bestimmter Randbedingungen (Speicherung, Forderung, Beheizung) problemlos durchzufiihren. Als Ergebnis kann die Gasproduktion deutlich gesteigert werden, denn aus Fetten entsteht bei der Vergarung eine sehr groBe spezifische Gasmenge mit einem hohen Methangehalt. Eine genauere Auflistung des Abfallaufkommens und -verbleibs aus der Nahrungs- und Genussmittelindustrie sowie weiterer Gewerbe, aufgesplittet nach einzelnen Branchen, liefert die nachfolgende Tabelle. Sie verdeutlicht zudem den hohen Grad der auBerbetrieblichen Abfallverwertung. Tabelle 4.3-3. Betriebe und Abfallmengen im Produzierenden Gewerbe 1993 (Statistisches Bundesamt 1997) Abfallmengen
• < Abfallgmppe
Betriebe insgesamt
insgesamt
Anzahl 111
114
117
125
127
131 134
Abfalle und Produktionsriickstande aus der Nahrungsmittelproduktion Abfalle und Produktionsriickstande aus der Genussmittelproduktion Abfalle und Produktionsriickstande aus der Futtermittelproduktion Emulsionen und Gemische mit pflanzlichen und tierischen Fetten Schlamme aus der Produktion pflanzlicher und tierischer Fette Schlachtabfalle und reststoffe Tierkorper
1.585
111
476
3 932
56
1.029 404
137
Tierische Fakalien aus Massentierhaltung
141
Abfalle und Produktionsriickstande von Hauten und Fellen
255
Abfalle und Produkti-
20
144
39
von der Abfallmenge wurden zur auBer- in eigenen Anlagen an weiterverbetriebliarbeitende chen BeverdepoBetriebe abseitigung niert brarmt gegeben abgegeben lOOOt
470
45
0
0
425
442
100%
9,57%
-
-
90,43%
-
2.625
106
10
2.509
2.257
100%
4,04%
0,38%
95,58%
-
0
182
151
-
96,81%
1.950
188
5
100%
2,66%
-
2.313
106
0
0
2.206
100%
4,58%
-
95,37%
-
672
37
100%
5,51%
159
9
100%
S,(y6%
-
-
93,71%
-
11
3
0
0
8
11
100%
27,3%
101
93
100%
0,98%
16
13
0
-
-
1
-
72,72%
102
4
3
100%
75%
1
4
25%
-
0
635
555
-
94,49%
-
0
149
118
99,02% 3
15 1
250
147 199
533
943 948
949
953
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm onsriickstande aus Gerbereien Lederabfalle und produktionsriickstande Sonstige Abfalle und Produktionsriickstande aus der Verarbcitung und Veredlung tierischer und pflanzlicher Produkte Abfalle und Produktionsriickstande von Korperpflegemitteln Klarschlamme und Fakalien Schlamme aus industrieller Abwasserreinigung Abfalle und Produktionsriickstande aus Gewasserunterhaltung Deponiesickerwasser
480
215
129 1.329 476
1.025 12
100%
81,3%
-
-
18,75%
-
28 100% 246
7 25% 3
0
0
26
-
-
0
0
21 75% 243
100%
1,22%
-
-
98,78%
-
17
5
0
12
17
100%
29,4%
-
-
70,59%
-
2.532 100% 590
580 1.448 138 57,2% 5,45% 22,9% 74 241 80
366 14,45% 195
1.054
100%
40,9%
13,6%
12,5%
33,5%
-
117
83
16
0
18
105
100%
70,9%
13,7%
15,38%
-
12 100%
12 100%
-
-
-
10
59
518
-
Neben den bereits genannten organischen Abfallen aus Gewerbe und Industrie stellt kommunaler Bioabfall ein flachendeckend verfugbares CoSubstrat dar. Zwar ist die Kompostierung kommunaler Bioabfalle die Regel, Probleme und Nachteile des Verfahrens gegentiber der Vergarung fuhren aktuell jedoch vermehrt zu einer anaeroben Behandlung (z.T. auch CoFermentation) kommunaler Bioabfalle. Dies gilt vor allem fiir Bioabfalle aus innerstadtischen Gebieten, die aufgrund des vorherrschenden Kiichenabfallanteils sehr feucht sind und zudem groBte Storstoffanteile aufweisen. Hier bietet die Co-Fermentation mit vorgeschalteter Aufbereitung in einem Stoffloser bzw. Pulper (Storstoffabscheidung, Einstellung des TS-Gehalts, Teilhydrolyse) ein geeigneteres Verfahren. 4,3.2.2 Industrielle und gewerbliche Co-Substrate Fiir die gemeinsame Vergarung mit Rohschlamm einer Klaranlage muss ein Co-Substrat prinzipiell • • • • •
vergarbar, zerkleinerbar (falls erforderlich), in den Rohschlamm einmischbar, pumpbarund weitgehend stor- und schadstofffrei
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
251
sein. Einen branchenspezifischen Uberblick iiber industrielle und gewerbliche organische Substrate liefert Tabelle 4.3-4. Tabelle 4.3-4. Organische Industrieabfalle (erw. auf der Basis von Braun (1992)) Feststoffhaltige Abwasser / Abwasser Schlamme Melasse CarbonatatiRiibenschnitzel Schwemm- und Zucker onsschlamm Waschwasser Briidenkondensat, Fallwasser, lonenaustauscher Fruchtwasser, Gluten Piilpe; Keimlinge, verSchwemm- und Starke diinnte Rohware, Schalen Waschwasser, Quellwasser Htilsen, Schalen, PressBriidenkondensat Phospholipide, Fettsauren, Pflanzliches Ol Glycerin rtickstande Piilpe Melasse- und VinasWaschwasser, LutAlkohol, Hefe terwasser, Reiniseschlempe gungswasser Molke, Separator-Schlamm, Waschwasser, ReiMilch, Kase und Kasebruchverluste, verdorbene und abgelaufene Fettschlamm, Salzbader nigungs-Lauge und sonstige MilchWare Saure, Briidenkonprodukte densat Schalen, Siebreste, KartofWaschwasser, Kartoffelerfelreste, verdorbene und Schalwasser, Blanzeugnisse, z.B. chierwasser, BriiPommes Frites abgelaufene Ware denkondensate der und Chips Friteusen Lake, Fruchtwasser, BlanSchalen, Htilsen, Kraut, Waschwasser, Konserven chierwasser, Aufgussverlus- Schalwasser, BlanStiele, chierwasser, Kiihlte Verdorbene Rohware wasser Schonungstrub, Reinigungs- Wasch- und Trester, Siebreste, PapFruchtsaft Schwemmwasser, riickstande pe/Karton, PaBriidenkondensat pier/Etiketten Waschrlickstande, QuellSptilwasser, GlattTreber, Malz(staub), GeBier/Malz wasser, Trub, Bierund Weichwasser, Trelagerhefe, Gerstenreste, Spelzen, Filterriickstande, berpresssaft, HeiB- und schwund, Reinigungswasser Kiihltrub Pappe/Karton, Papier/Etiketten Fettschlamm als Flotat oder Waschwasser Karkassen, Rechengut, Fleisch Fettabscheiderinhalte, Blut Magen-, Darm- und Panseninhalt, Schlammabfalle. Dung, Stroh Fettschlamm Waschwasser, BriiSiebreste Tierfutter denkondensat Weinverluste, Waschlaugen, Reinigungswasser, Stiele, Kamme, Trester, Wein Restgelager Einschleimungstrub, HeKiihlwasser fetrub, Kieselgur, Weinstein Schlempe Waschwasser, Spirituosen Kiihlwasser, Lutterwasser, Dampfwasser 1
rProdukt
Feste / halbfeste Abfalle
252
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Zitronensaure
Myzel
Garriickstande
Pharmaerzeugnisse, z.B. Penicillin SUBwaren
Myzel
Garriickstande
Wasch- und Reinigungswasser Wasch- und Reinigungswasser, Briidenkondensate
verdorbene und abgelaufene Ware
Wtirzmittel Tiermehl Leder Kaffee- und Tee-Erzeugnisse Tabakprodukte Textilien Rein i gun gsmittel Seifen- und Stearinprodukte Fischprodukte
Magen-, Darm- und Panseninhalt, Schlammabfalle Lederfalzspane Auskehrgut Schalen, Auskehrgut, Teetreber, Jute und Sisal Auskehrgut
Fettschlamm als Flotat oder Fettabscheiderinhalte, Blut
Siebreste, Rechengut Druckpasten Wachse, Fette, Fettseifen, Tenside
Ablaugen
Verarbeitungsreste, verdorbene Rohware Verarbeitungsreste, verTeig- und dorbene und abgelaufene Backwaren Ware, Auskehrgut Papier und Zell- Fabrikationsreste, Auskehrgut stoff
Wasch- und Reinigungswasser Briidenkondensat Wasch- und Reinigungswasser Wasch- und Reinigungswasser Wasch- und Reinigungswasser Wasch- und Reinigungswasser
Schwarzlauge
|
|
Glycerin
Wasch- und Reinigungswasser Wasch- und Reinigungswasser Wasch- und Reinigungsabwasser
Schlamme aus Produktion
|
Erganzend zu Tabelle 4.3-4 sind in Tabelle 4.3-5 Richtwerte ftir einige vergarungsrelevante Parameter aufgeftihrt. Zur besseren Orientiemng sind die Abfalle nach Industrie bzw. Gewerbe geordnet und mit LAGA (Lander-Arbeitsgemeinschaft Abfall)- und EAK (Europaische Abfall Kennzahl)-Schliissel gekennzeichnet. Tabelle 4.3-5. Substratspezifische Eigenschaften von Co-Substraten, modifiziert auf der Basis von (Behmel u. Meyer-Pittroff 1996; KTBL 1998) 1 Abfallerzeuger LAGA- Nr. EAK- Nr.
Brennerei 11407 020702 1 Apfelschlempe Bimenschlempe 1 Getreideschlempe 1 Himbeerschlempe Kartoffelschlempe 1 Weizenschlempe
TS
oTS
N
P2O5
K2O
C/N
•1 ^ ges
[%1
[% TS]
[% TS]
f% TSl
[% TSj
l-l
2-3 1,7-2,0 6-8 4,5-5,1 12- 15 3-5
95 81 -87 87-90 85-90 90 96-98
-
-
6
-
-
5 - 13 6-9,9
0,9 3,6-6
6,4
13- 19
-
-
3-4
Gas- 1 ausbeute* fm^ CH4 /kg oTS] 1
1 0,33 1
-
-
10- 11
0,6
0,55
1
1
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation 71,2 76-93
-
-
80 95 535002 070599 1 Hefefabrikation 63 1 Vinasse 53 1 n.v. 020499 1 Fruchtsaftbetrieb, Brennerei 1 Obsttrester 45 93 11415 020702 1 Fruchtsaftbetrieb, Pektinfabrikation 1 Apfeltrester 25 86 11415 020702 1 Weinbereitung 1 Rebentrester 40-50 80-95 11415 020702 1 Brauerei 20-22 Biertreber 87-90 11404 020799 Hopfentreber (getrocknet) 97 -97,5 90
1,5
0,3
3,8
0,3
8,8
9
1,1
0,5
1,2
50
1,1
0,3
0,9
30
1,5-3
0,8-1,7
3,4 -5,4
20-27
3,5-4
1,5
1,2
10
0,6 - 0,7
3-3,2
-
-
12
0,7 6,3 30 Filtrationskieselgur (Bier) 31434 020701 1 Molkerei 1,5 1 Molke 95 12502 020599 Gemiiseverarbeitung, Lebensmittelkonsument Heilkrauter 2,3 53 5 535002 070599 3-5 Gemiiseabfalle 10-20 76 91601 200302 1 Backerei, Lebensmittelkonsument 1,8-2 1 Altbrot 90 96-98
0,1
0,01
5
0,50,55 0,30,35
1 Mclasseschlempe
10,5 4,9 - 6,5
-
253
-
1
1
1 Zuckerfabrikation
1 Lebensmittelkonsument Speiseabfalle (GroBkiichen) 91202 200108 Bioabfall (Haustonne) 91701 1200201
14-27
27
0,3
0,4
0,5 - 0,6
1,2
1,1
14
0,8
1,1
15
0,4
-
-
42
0,70,75
9 - 18
90-95
0,8-3
0,3 -0,4
0,3
15-20
0,5 - 0,6
60-75
30-70
0,6 -2,7
0,2 -0,4
0,3 -0,7
40-80
0,2 - 0,6
254
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
1 Kakaofabrikation 1 Kakaobohnenschalen 95 91 2,5 1 2,8 11418 020304 Schlachthof 80-84 2,5 -2,7 12-15 1 Mageninhalt (Schwein) 1,05 0,7 13108 020299 1 Panseninhalt (imbehandelt) 11 - 19 80-88 1,3-2,2 1,2-1,6 0,5 -0,6 13108 020299 1 Panseninhalt (abgepresst) 90 20-45 1,5 1 0,5 -0,6 13108 020299 97-99 0,025 - 12 1 Kollagen Wursthauther11,81 stellung 0,04 20,9 19911 020202 5-24 83-98 0,9 -2,8 0,1 -0,2 3-8 1 Flotatschlamm 12501 020204 1 Tierkorperverwertungsanstalt 80 90 12 1 Blutmehl 0,6 13106 020203 90 8-25 Tierkorpermehl 2-7,5 2,5-5 13402 020102 1 Schlachthof, Olmiihlen, Margarinefabrikation, Gaststattengewerbe Fett (aus Fettabscheidem) 35-70 96 0,5 -3,6 0,6 0,1 125001 020204 1 Olmiihlen 92 97 Olsaatenrtickstande 0,3 1,4 1,2 (abgepresst) 12101 020304 Raps-Extraktionsschrot 93 88 5,6 2,5 1,6 11701 020103 81 90 Rizinusschrot 233 5,6 1,4 11701 020103 1 Reinigungsmittel-Herstellung Rohglycerin 90-93 0 >98 1 Textilherstellung Bleicherde 12901 020399 1 Gelatineproduktion Separatorfett 1 (Gelatineproduktion)
20 -22
17 -21
0,2 - 0,3
17 -21
0,280,4
11 -20
0,6 - 0,7
0,6 - 0,8
4
11 - 18
0,7 (1,0)
9 - 12
0,580,62
^
0,450,55
^
0,690,72 2- 6
25
92
10
2,5
0,6
0,5 - 0,8
800
5
*Die Biogasausbeuten sind als Richtwerte anzusehen und keineswegs filr die ex-
1
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
255
akte Auslegung von Co-Fermentationsanlagen geeignet. Teilweise wurden die Gasausbeuten an einstufigen Anlagen, teilweise an zweistiifigen Anlagen gewonnen. Die generelle Eignung eines organischen Abfalls als Co-Substrat kann mittels anaerobem Batch-Test iiberpmft werden. Hierbei wird i.d.R. eine Beziehung zwischen dem CSB und der maximal moglichen Methanausbeute hergestellt. Dariiber hinaus kann eine hemmende bzw. toxische Wirkung von Inhaltsstoffen auf die Biomasse angezeigt werden. Die Hauptbestandteile organischer Abfalle sind Kohlenhydrate, Fette und Proteine. 1st die Zusammensetzung eines Substrats hinsichtlich dieser Bestandteile bekannt, so kann die maximal mogliche Gas- und Methanausbeute vorab theoretisch abgeschatzt werden. Detailliertere Ergebnisse lassen sich bei Kenntnis der chemischen Summenformel eines Stoffes erzielen (Buswell u. Hatfield 1939). 4.3,2.3 Prozesstechnische und stoffliche Anforderungen Die Prozesse der anaeroben Stoffumsetzung sind aufgrund der komplexen Abbauvorgange und Bakteriensymbiosen sensibel und storanfallig. Um Hemmungserscheinungen und Prozessstorungen zu vermeiden, muss deswegen eine schrittweise Gewohnung (Adaption) der Bakterien an die CoSubstrate erfolgen. Bei ausreichend langen Adaptionsphasen ist jedoch nahezu jeder organische Abfall zur Co-Fermentation geeignet. Trotzdem sollten Vergarungsanlagen nicht als „universelle Miilltonnen" missbraucht werden, sondem die Co-Fermentation sollte sich i.d.R. auf ein bis drei Substrate beschranken. Substratwechsel und Veranderungen der Raumbelastungen sollten schrittweise erfolgen. Qualitat und Zusammensetzung der Substrate sind von besonderer Bedeutung flir den wirtschaftlichen Betrieb einer Co-Fermentation, da sie u.a. Einfluss haben auf den erforderlichen Vorbehandlungsaufwand, auf die Stabilitat des Faulprozesses sowie auf die Beschaffenheit der Endprodukte (v.a. Faulgas, Faulschlamm, Schlammwasser). Ein gleichmaBiger Anfall der Co-Substrate ist wtinschenswert. AuBerdem sollten die Substrate eine moglichst gleich bleibende Zusammensetzung aufweisen. Diese beiden Randbedingungen ermoglichen eine optimale Anpassung von Prozesstechnik und Biologic an die Co-Substrate und fiihren somit zu einer Optimierung von Abbaugrad und Biogasausbeute. Da in der Praxis sowohl homogene als auch inhomogene Substrate existieren ist der Bedarf einer Homogenisierung (Misch- und Ausgleichsbehalter, Vorlagebehalter) der Co-Substrate im Einzelfall abzuwagen. Die PartikelgroBe der Substrate sollte weniger als 1 cm betragen, um eine gute Vermi-
256
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
schung mit dem Rohschlamm und eine moglichst schnelle Hydrolyse zu erzielen. Bei Bedarf ist eine Zerkleinerung vorzuschalten (KTBL 1998). Die Konsistenz der Co-Substrate ist wichtig fur die Vorbehandlung und Beschickung. Im Temperaturbereich der Schlammbehandlung sollten die Substrate pumpfahig sein und sich gut mit Schlamm vermischen lassen. Fetthaltige Substrate mixssen u.U. mit Hilfe beheizbarer Vorlagebehalter fltissig gehalten werden. Der Storstoffanteil der Substrate sollte gering sein, bzw. die Storstoffe sollten sich mit geringem Aufwand moglichst restlos aus dem Co-Substrat entfemen lassen. Hierdurch konnen Storungen und VerschleiB an mechanischen Aggregaten verhindert sowie die Bildung von Sink- und Schwimmschichten vermieden werden. Von groBer Bedeutung bei der Auswahl geeigneter Co-Substrate sind zudem die Schadstoffgehalte der Substrate. Schwermetallgehalte, organische Schadstoffkonzentrationen, endokrin wirksame Substanzen, etc. konnen sich negativ auf die Abbauprozesse auswirken, die Verwertung des Garnickstandes (Faulschlamm) erschweren und bei der Verbrennung des Faulgases zur Bildung von Schadgasen (z.B. Dioxine, Furane) fiihren. Beztiglich der Hemmung anaerober Prozesse durch einzelnen Co-Substrate, bzw. durch deren Inhaltsstoffe sei auf die Kapitel 2 und 3 verwiesen, in denen Hemmungen und deren Ursachen ausfiihrlich dargelegt sind. Die dort aufgefiihrten VerhaltnismaBigkeiten mtissen bei der Auswahl von CoSubstraten grundsatzlich Berucksichtigung fmden. Im Zuge der SchlieBung von Nahrstoffkreislaufen kann durch die Auswahl nahrstoffhaltiger Co-Substrate jedoch auch die Diingewirkung des Faulschlammes verbessert werden und die Co-Fermentation somit zu einer Sicherung der landwirtschaftlichen Klarschlammverwertung beitragen. An dieser Stelle sei auf die vermehrte Ruckbelastung der Klaranlage durch die Abwasser der Schlammbehandlung hingewiesen. 4.3.3 GroRtechnische Erfahrungen 4,3.3,1 Einleitung Trotz genehmigungsrechtlicher Unsicherheiten (siehe unten) konnte sich das Verfahren der Co-Vergarung auf kommunalen Klaranlagen etablieren. Einige Beispiele aus Deutschland und dem angrenzenden Ausland werden im folgenden Text naher beschrieben. Diese Anlagen nehmen planmaBig und in groBerem Umfang Co-Substrate auf Dariiber hinaus gibt es eine Reihe von Klaranlagen, die sporadisch verschiedene Substrate zur CoVergarung annehmen. Meist handelt es sich dabei um kleine Mengen or-
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
257
ganischer Industrie- und Gewerbeabfalle. Eine Ubersicht liber bekannte Anlagen wird ebenfalls gegeben. Wichtig sind fur die Klaranlagenbetreiber auch Informationen iiber mogliche Probleme und Losungsansatze bei der Co-Vergarung. Daher werden auch die entsprechenden Erfahrungen, die aus groBtechnischen Anwendungen stammen, aufgefiihrt. AbschlieBend wird auf die rechtlichen Randbedingungen der CoVergarung eingegangen. Im Spannungsfeld zwischen Wasser- und Abfallrecht wurde vom Land Nordrhein-Westfalen inzwischen ein Merkblatt zur „Cofermentation biogener Abfalle in Faulbehaltern von Klaranlagen" herausgegeben. Die wesentlichen Inhalte des Merkblatts werden kurz dargestellt. 4.3.3.2 Baden-Baden Zur Behandlung der getrennt eingesammelten, kommunalen Bioabfalle der Stadt Baden-Baden wird seit 1993 eine Aufbereitungsanlage nach dem BTA-Verfahren auf der bestehenden Klaranlage betrieben. Abb. 4.3-1 zeigt den Verfahrensablauf der Anlage. Bioabfall
>^
Schraubenmuhle i
ProzeBwasserDuffer
Auflosebehalter i SuspensionsDuffer
t 1
KammerfilterpreBwasser
Deponie
> c
Zentrifuge iplussigphasie
Pufferbehalter Blockheizkraftwerk (BHKW)
Storstoffe
Biogas
i rauiu&niciiic;!
Feststoff
Mischwagen T
Kompostierung
>' Qualitatskompost
Abb. 4.3-1. Bioabfallbehandlung auf der Klaranlage Baden-Baden (Korz u. Frick 1996, verandert) Der angelieferte Bioabfall wird zunachst in einen Flachbunker abgekippt. AnschlieBend werden die Bioabfalle per Radlader in eine Schraubenmtihle befordert, in der Plastik- und Papiersacke aufgerissen werden und eine
258
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Grobzerkleinemng und Homogenisierung der Bioabfalle erfolgt. Uber ein Forderband gelangen die Bioabfalle in den Stoffloser bzw. Pulper (V = 20 m^), der etwa zur Halfte mit Kammerfilter-Presswasser gefiillt ist. Je Charge werden etwa 5 bis 6 Mg Bioabfall in den Pulper gegeben. Durch intensive Durchmischung wird die vergarbare Organik gelost und zerfasert. Bei diesem Auflosevorgang bildet sich eine pumpfahige Suspension mit 8 bis 10 % Feststoffgehalt. Nach dem Ende dieses Vorgangs wird die Suspension tiber ein Sieb mit 8 mm Lochweite abgepumpt und in einem Pufferbehalter zwischengespeichert. Zur Entfemung der mit den Bioabfallen eingetragenen Storstoffe wird nach dem vollstandigen Abpumpen der Suspension wieder KammerfilterPresswasser in den Auflosebehalter gegeben. Die Storstoffabscheidung findet tiber eine Sink-/Schwimmtrennung statt, d.h. leichte Storstoffe (Textilien, Kunststofffolien etc.) schwimmen auf und werden mit einem von oben eintauchenden Rechen entfemt. Die Entnahme von Schwerstoffen (Steine, Glasscherben, Metallteile etc.), die vom Sieb zunickgehalten werden, findet tiber eine Schwerstoffschleuse statt. Die entfemten Storstoffe werden in einen Container gefordert und entsorgt. Die zwischengespeicherte Suspension aus dem Puffer wird einer Zentrifuge zugeflihrt, in der die Fest-ZFliissig-Trennung stattfindet. Die Fliissigphase (Zentrat) ist organisch hochbelastet (CSB = 20.000 bis 30.000 mg/1) und wird nach Zwischenspeicherung gemeinsam mit dem Rohschlamm der Klaranlage kontinuierlich den Faulbehaltem zugeflihrt. Die Festphase wird mit einem Feststoffgehalt von 35 bis 40 % in einen speziellen Mischwagen gefordert und zur Kompostierungsanlage transportiert. Dort werden die aufbereiteten Bioabfalle mit geschredderten Griinabfallen (Strauch- und Baumschnitt) gemischt und in offenen Mieten tiber einen Zeitraum von 5 Monaten zu Fertigkompost kompostiert (Schafer 1997). Von den 5.000 Mg/a angelieferten Bioabfallen werden etwa 10 bis 15 % als Storstoffe abgeschieden und entsorgt, 30 bis 40 % gelangen liber die Fltissigphase in die Faulbehalter der Klaranlage und 50 bis 60 % gehen als Kompostrohstoff zur Kompostanlage (Schafer 1997; Korz u. Frick 1996). Durch Zugabe des Zentrats aus der Bioabfallaufbereitung in den Faulbehalter ergab sich eine erhohte Abbaurate des Klarschlamms. Bisher ist kein vermehrter Klarschlammanfall zu beobachten. Der erhohte Gasanfall wird im vorhandenen BHKW verwertet. Je Mg angelieferten Bioabfalls ergibt sich eine elektrische Energieerzeugung von ca. 100 kWh, von denen nur etwa 65 % zur Bioabfallaufbereitung benotigt werden. Der Energietiberschuss wird an die Klaranlage abgegeben. Die Gesamtinvestitionen ftir die Installation der Anlage beliefen sich auf 5,2 Mio. DM. Ftir die Aufbereitung der Bioabfalle auf der Klaranlage muss mit Kosten von ca. 200,- DM je Mg gerechnet werden (Schafer 1997).
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
259
4.3,3.3 Radeberg Im April 1999 ging die Co-Vergarung auf der Klaranlage Radeberg des Abwasserzweckverbandes ,Obere Roder' in Betrieb. Die Klaranlage wurde von vomherein fiir die Mitbehandlung von organischen Abfallen ausgelegt. Folgende Abfallarten und -mengen werden gemeinsam behandelt (Wolteretal. 1999): • • • • • • • •
Rohschlamm der Klaranlage (ca. 40.000 mVd mit ca. 4 % TS), Essensabfalle (400 Mg/a), Brauereiabfalle (3.300 Mg/a), Abfalle aus der Lebensmittel- und Futtermittelproduktion ( 3.300 Mg/a), Biotonne (3.600 Mg/a), Fettabscheiderinhalte (1.800 Mg/a), Grunschnitt (1.200 Mg/a), Lebensmittelabfalle (370 Mg/a).
Die Aufbereitung der unterschiedlichen Bioabfalle erfolgt in drei Linien. Die festen Bioabfalle (z. B. Biotonne) werden mechanisch zerkleinert und in einem Stoffloser (Pulper) suspendiert. Die Suspension durchlauft dann eine Siebtrommel zur Abscheidung grober Storstoffe, bevor sie in einem Suspensionsbehalter zwischengespeichert und hydrolysiert wird. Fltissige Abfalle werden aus mehreren Speichem auch diesem Behalter zugeftihrt. Vor der Zuleitung in den Faulbehalter werden die suspendierten Abfalle bei 70 °C hygienisiert. In einer raumlich getrennten dritten Vorbehandlungsstufe konnen Abfalle, die dem Tierkorperbeseitigungsgesetz unterliegen, bei 133 °C sterilisiert werden. Die Vergarung fmdet in zwei Faulbehaltem mit je 2.100 m^ Volumen statt. Die Behalter werden im mesophilen Temperaturbereich bei einer Aufsnthaltszeit von 20 Tagen und einer Raumbelastung von 2,6 kg oTR/m^-d betrieben. Abb. 4.3-2 zeigt ein vereinfachtes VerfahrensflieBbild der Co-Vergamngsanlage Radeberg. Das erzeugte Biogas wird in zwei BHKW mit je 420 kWeiektr. verwertet. Damit konnen der Eigenbedarf der Klaranlage gedeckt und dariiber hinaus Uberschtisse ins Netz eingespeist werden. Der ausgefaulte Mischschlamm wird mit Zentrifugen entwassert, in einer extemen Anlage nachkompostiert und als Bodenverbesserungssubstrat stofflich verwertet. Bisher wurden nur relativ wenige Betriebsergebnisse aus der Inbetriebnahmephase veroffentlicht (Stand: August 2000). Bei einem durchschnittlichen Feststoffgehalt der gemischten Substrate von ca. 4 %, einem organischen Anteil von 60 - 70 % konnte ein oTR-Abbau von 47,5 % erzielt werden.
260
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm Gasspefcher
SctrcubenmiWe ^StofflSser vSebtrommel
Feste AbfQlle lz.B. Biofonne. Grunschnltt)
I
@j &js(»nsIonsspe{ch«r (Hydrolyse)
"
^
^
BlockheizHraftwerk
Flijssige AbffiUe (Z.B. Fetfe. Schlomme)
AbffiUe GemfiB TIerKBG StwiUsQtop
Klarschlamm
Entspannungsgef&Q
Vergorung Klarschlamm
Abb. 4.3-2. Verfahrensschema der Co-Vergamng auf der Klaranlage Radeberg (Wolteretal. 1999)
4.3.3.4 Abwasserreinigungsanlage Solden (Osterreich) Seit Winter 1994/95 wird in Solden (Osterreich) die erste Co-Vergarungsanlage in Osterreich betrieben. Samtliche Bioabfalle aus den Haushalten und der Gastronomic der Region inneres Otztal werden gesammelt und in einer der Abwasserreinigungsanlage (ARA) Solden angegliederten, vollautomatischen Anlage verarbeitet (Tiroler Wirtschaft 1996; IB Sprenger 1996). Bis auf den oben zitierten Artikel aus der Tiroler Wirtschaft und der Broschtire des Ingenieurbtiros Sprenger sind keine weiteren Veroffentlichungen zu der Co-Vergamng Solden bekannt. Allerdings konnte die Anlage im Mai 1996 besichtigt werden. Die Beschreibung der Anlage entspricht daher diesem Stand. Erlauterungen der Anlage woirden von Herm Wackemell (Wackemell 1996) gegeben. Abb.4.3-3 zeigt das Schema der Bioabfallmitbehandlung in Solden. Die Bioabfalle werden von den anliefemden Fahrzeugen in einen ebenerdigen Aufgabetrichter abgekippt. Unter dem Aufgabetrichter befindet sich eine Schraubenmtihle, die eine Grobzerkleinemng der Bioabfalle bewirkt. Die vorzerkleinerten Bioabfalle fallen dann in den Rohschlammbunker, dessen Inhalt von einer Pumpe mit Schneidwerk tiber einen Mazerator standig umgewalzt wird. Die Bioabfalle werden dadurch fein zerkleinert und mit dem Rohschlamm gemischt. Die Beschickung der
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
261
Faulbehalter erfolgt aus dem Rohschlammbunker tiber eine Strainpress, in der eine Absiebung des Rohschlamm-Bioabfall-Gemisches auf 4 mm GroBe stattfmdet. Schwere Storstoffe (Knochen, Steine etc.) sammeln sich am Boden des Bunkers und werden von Zeit zu Zeit (viermal jahrlich) von Hand geraumt. Aufschwimmende Storstoffe gibt es kaum, da die Einwohner und Gastronomiebetriebe ihre Abfalle sehr sortenrein trennen. Bioabfall i Aufgabetrlchter i
Schraubenmuhle 1 Rohschlammbunker schwerstoffe
Mazerator
^
T
VC' Grobstoffe
Gasverwertung
Biogas
1
Strainpress < 4 mm I Faulbehalter 3x300=900m3
Abb. 4.3-3. Co-Vergarung auf der Abwasserreinigungsanlage Solden in Osterreich (nach (IB Sprenger, 1996, verandert)) Von den ca. 370 Mg Bioabfall, die 1996 auf der Klaranlage angenommen wurden, mussten nur etwa 13 % als Storstoffe beseitigt werden (22,6 Mg aus der Strainpress und 26,0 Mg aus dem Rohschlammbunker). Die drei Faulbehalter mit insgesamt 900 m^ Inhalt werden mesophil betrieben. Die Aufenthaltszeiten in der Faulung betragen 20 bis 90 Tage, je nach Saison (Skigebiet). Der Gasanfall ist durch die Bioabfallzugabe so stark gestiegen, dass die Kapazitat der Gasverwertung tiberschritten und erhebliche Gasmengen ungenutzt abgefackelt werden mtissen. Zuktinftig soil das tiberschtissige Gas fur eine Klarschlammtrocknung genutzt werden. Das Produkt aus der Co-Vergarung wird mittels Siebbandpresse entwassert und anschlieBend mit Kalk hygienisiert. Der Schlamm wird im Winter in einem groBen Schlammstapelraum zwischengelagert und im Sommer zur Rekultivierung genutzt. Insbesondere werden Skipisten mit dem Produkt bestreut, das einerseits Diingestoffe fiir das Graswachstum, andererseits Al-
262
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
kalitat ftir die sauren Boden liefert. Die Schwermetallbelastung des Endprodukts ist durch ist Bioabfallzugabe wesentlich zurlickgegangen. Die Bioabfalle der Gemeinde Solden konnen auf diese Weise sehr kostengiinstig entsorgt werden. 4,3.3.5 Kla ran Iage M Wahrend sich die meisten Klaranlagen auf die Co-Fermentation von 1 bis 3 Substraten beschranken, werden auf der Klaranlage M (25.000 EW, Qzu""1.497 mVd) mehr als 7 Co-Substrate vergoren, damnter auch Laken und Prozesswasser aus der Herstellung von Rot- und WeiBkraut sowie Gewtirzgurken, die schon seit tiber 10 Jahren co-fermentiert werden. Die Co-Fermentation der Organikabfalle und Abwasser ist laut Aussage des Klarwerkspersonals mit der zustandigen Kreisverwaltung abgesprochen. Tabelle 4.3-6 fasst die wesentlichen Daten der Co-Fermentation auf der Klaranlage M zusammen. Samtliche Produktionsriickstande und Abwasser werden direkt von der nahegelegenen Konservenfabrik auf die Klaranlage gepumpt. Der GroBteil der Abwasser (1996: 12.643 mVa) fallt in der Kampagnezeit (September bis Januar) an und tibersteigt bei Spitzenwerten von Qmax'^193 m^/d den taglichen Schlammanfall (32 m^/d) um das sechsfache. Die Abwasser werden zunachst in einem Industrieabwasserspeicher (V=500 m^) zwischengelagert, die tibrigen Co-Substrate werden in einem gesonderten Vorlagebehalter (V=80 m^) gespeichert. Beide Behalter sind offen und nicht geriihrt, trotzdem kommt es laut Aussage des Klaranlagenbetreibers nicht zu Geruchsproblemen. Die Klaranlage M verfiigt iiber zwei in Reihe geschaltete Faulbehalter mit einem Volumen von je 2.000 m^ die bei Temperaturen zwischen 40 und 45 °C arbeiten. Die Aufenthaltszeit betragt jeweils 10 d, wobei der 2. Faulbehalter als Eindicker dient, in dem gleichzeitig eine Restfaulung stattfinden soil. AUe Co-Substrate werden unverdtinnt und ohne Vorbehandlung direkt in den ersten Faulbehalter gepumpt, wobei sich die Dosierung nach der Ftillung des Gasspeichers richtet. Die Co-Substrate werden dazu benutzt, die Gasproduktion und somit die Auslastung der BHKW konstant zu halten. Der pH-Wert der Abwasser liegt im Bereich von 2,5 bis 3,4. Fixr die Krautabwasser wird ein CSB von 45.000 mg/1 angegeben, ftir die Gewtirzgurken 5.000 mg/1. Tabelle 4.3-6. Basisdaten zur Co-Fermentation von Sauerkrautlake auf der Klaranlage M Abwasserreinigung
AusbaugroBe Qtrocken
25.000 EW 1-500
UlVd
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation Faulbehalter
Gesamtvolumen spezifisches Volumen czu, Schlamm
Temperatur JR
Vorlage Sauerkrautlake
pH-Wert Volumen CSBhom Qzu.mittei Qzu.max
FB-BR.csB.mmei FB-BR
Gasproduktion Gaszusammensetzung
, CSB, max Rohschlamm-spezifisch Co-Substrat-spezifisch CH4 CO2
H2S
4.000 160 32 40-45 15-55 7,3 500 + 80 45.000 35 193
0,4 2,2 28 20 60 - 7 5 25-- 4 0
263
m^ 1/E mVd °C d m^ mg/1 mVd mVd
kg/(m^-d) kg/(m3-d)
nP/m^ vn^/nP % %
0,1 %
Im Jahr 1996 wurden auf der Klaranlage M 12.643 m^ Laken und 2.050 m^ weitere organische Industrieabfalle und -abwasser mit insgesamt 11.800 m^ Rohschlamm co-fermentiert. Die dabei erzeugte Gasmenge betrug 395.515 m^ Aus den Abb. 4.3-4 und Abb. 4.3-5 wird der Einfluss der Co-Substrate auf die Biogasproduktion deutlich. Besonders auffallig ist die Starke Jahresschwankung der Mengen an Sauerkrautlake. In den Monaten Januar bis Juni verlauft die Gasproduktion parallel zur Beschickungsmenge an Sauerkrautlake. Von Juni bis September wird die monatliche Beschickungsmenge von unter 100 m^/Monat auf 1.500 m^/Monat. Im Juli ist zunachst noch ein deutlicher Anstieg der Gasproduktion erkennbar, der trotz steigender Lakemengen im August und September jedoch deutlich einbricht. Da die hydraulische Aufenthaltszeit mit 15 d zu Spitzenzeiten immer noch recht hoch liegt, ist die Ursache ftir den Abfall in der Gasproduktion keine hydraulische Uberlastung sondem cine Substratiiberschusshemmung mit fortschreitender Versauerung. Im Oktober und November wird die Lakemenge nochmals drastisch erhoht, so dass auch die Gasmenge wieder ansteigt, jedoch wird, verghchen mit den Januarwerten, bei einer Vervierfachung der Beschickungsmenge nicht ganz die Gasmenge vom Januar erreicht. Angaben zur Gasqualitat wurden vom Anlagenbetreiber nicht gemacht, es ist jedoch davon auszugehen, dass es in der Kampagnezeit zu einer Versauerung der Faulung kommt, so dass das gebildete Gas verhaltnismaBig geringe CH4-Gehalte aufweisen diirfte. Nach Angaben des Betreibers hat es im Laufe der 12-jahrigen CoFermentation keine Betriebsprobleme gegeben. Neben den beschriebenen
264
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Uberlastungen der Faulbehalter in Spitzenzeiten der Kampagne muss bei der Vergarung von Laken jedoch grundsatzlich mit sehr hohen Chloridkonzentrationen und daraus resultierenden Hemmungen des anaeroben Abbaus gerechnet werden.
500 0
l[illTTli,lTi,ln,Li,if1,l1lJkl Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
ffi
5.000 0
Nov
Dez
1996
Abb. 4.3-4. Vergleich von Rohschlamm- und Co-Substrat-Mengen auf der Klaranlage M 200
1.600 CZlGasanfall
180
T 1.400
^ ^ Z u l a u f Faulbehalter
5" 160
T 1.200
i
E
140
i
120
£ 3
100
t
80
3
5 N
^
+ 1.000 E.
j-
4 \
600
a (A
60
O
40 200 20 0
H-+- H - H Jan Feb Mrz Apr Mai
H-1H-+- H - -+Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
0
1996
Abb. 4.3-5. Vergleich von Faulbehalterbeschickung (Summe aus Rohschlamm und Co-Substraten) und Gasproduktion auf der Klaranlage M
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
265
4.3.3.6 Kla ran Iage N Auf der Klaranlage N werden seit Mai 1996 Produktionsruckstande einer Gelatinefabrik co-fermentiert. Ausgangsstoffe der Gelatineherstellung sind Felle, Haute, Lederreste sowie Knochen und Knorpel, die in Siedebadern ausgekocht werden, um die eiweiBreiche Gelatine zu extrahieren (ATV 1986). Als organische Abfalle bleiben in erster Linie Haare, Blutreste, Schwarten sowie Knochen- und Knorpelstiicke zuriick. Im vorliegenden Fall war die Deponierung dieser Organikabfalle auf einer Hausmtilldeponie mit Problemen verbunden und auBerdem sehr kostenintensiv. Zudem gelangten bei Storfallen teilweise groBe Mengen an Schwarten und Knorpelstiicken in die Kanalisation und ftihrten innerhalb weniger Stunden zum Anfall erheblicher Rechengutmengen (mehrere Container) auf der Klaranlage. Des Weiteren war der Einbau eines feineren Rechens geplant (3 statt 12 mm), der auch wahrend des storungsfreien Betriebes der Gelatineproduktion zu einer Steigerung des Rechengutanfalls auf der Klaranlage gefiihrt hatte. Vor diesem Hintergrund waren Klaranlagenbetreiber und Gelatineerzeuger bemtiht, gemeinsam nach einer Problemlosung zu suchen. Die CoFermentation stellte sich schlieBlich als gtinstiges Verfahren heraus. Durch Versuche auf dem Gelande der Gelatinefabrik wurde ein Vorbehandlungsverfahren entwickelt, das die direkte Zugabe der vorbehandelten Produktionsruckstande in den Faulbehalter der Klaranlage ermoglicht und seit Beginn, im Mai 1996, erfolgreich praktiziert wird. Tabelle 4.3-7 gibt einen Uberblick liber wesentliche Daten zur Co-Fermentation auf der Klaranlage N. Die Gelatinefabrik liegt nur 300 m von der Klaranlage entfemt, so dass parallel zu der vorhandenen Abwasserleitung (DN 200) eine Leitung ftir die Gelatineriickstande (DN 50) verlegt wurde. Mit ihrer Hilfe werden die Gelatinerlickstande direkt in den Faulbehalter gepumpt; eine Zwischenspeicherung findet nicht statt. Ziel der Vorbehandlung (Batch-Prozess) ist es, die PartikelgroBe der Knorpel und Schwarten zu verringem und ein Gelieren des Substrates, infolge Abktihlung, auf dem Transport zur Klaranlage zu verhindem. Hierzu hat die Gelatinefabrik in einer Halle zwei Behalter (V=2'8,0 m^) errichtet, von denen der eine nur mit ausgekochten Schwarten und der andere nur mit ausgekochten Knochen- und Knorpelstiicken beftillt wird (zwei getrennte Prozesse). In ihnen werden die Abfalle unter Zugabe eines Alkalase-Enzyms liber eine Dauer von 6 Stunden auf 50 bis 60 °C erhitzt. Das Enzym bewirkt einen hydrolytischen Abbau der restlichen EiweiBstoffe, so dass eine Zunahme der Viskositat beim Pumpvorgang verhindert wird. Ein Rlihrwerk sorgt flir eine gute Durchmischung und wird gleichzeitig dazu
266
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
benutzt, die vorbehandelte Substratmasse durch ein Bodensieb (3 mm) zu passieren. Zuvor wird der Inhalt jedoch auf 30 bis 40 °C abgektihlt. Tabelle 4.3-7. Basisdaten zur Co-Fenuentation von Riickstanden aus der Gelatineherstellung auf der Klaranlage N Abwasserreinigung
AusbaugroBe Vtrocken V m a x , Regen
Faulbehalter
Gesamtvolumen spezifisches Volumen V z u , eesamt
Temperatur tR
Vorbehandlung
pH-Wert Volumen Temperatur tR
Co-Substrat
L^OJJhom
Qzu B R , CSB
Gasproduktion Gaszusammensetzung
ohne Co-Substrat mit Co-Substrat CH4 CO2 H2S
120.000 7.500 24.000 2.500 21 200 42,7 12-13 7,3 2*8 50-60 0,25 80.000 120.000 15 0,6 100 200 - 250 72,3 27,4 0,25
EW mVd mVd m^ 1/E mVd °C d m^ °C d mg/1 mVd kg/(m^-d) mVh mVh % % %
Wenn der Vorbehandlungsprozess beendet ist, werden die Produktionsrtickstande direkt tiber die DN 50-Leitung von der Fabrik in die Umwalzleitung (hinter dem Warmetauscher) des 300 m entfernten Faulbehalters gepumpt. Nachdem die Beschickung anfanglich nach Absprache mit dem Klaranlagenpersonal erfolgte, wird der Zeitpunkt der Beschickung mittlerweile von der Gelatinefabrik bestimmt und ist alleine von der Produktion abhangig. Die taglich co-fermentierte Menge liegt bei 15 m^. Nachdem der/die Aufbereitungsbehalter leer gepumpt ist/sind, wird die Leitung nachtraglich mit 5 %-iger Natronlauge gesptilt. So werden Fettseifen angelost, die sich wahrend des Pumpvorganges abgelagert haben, um Verstopfungen zu verhindem. Die Natronlauge wirkt sich zudem positiv auf die Pufferkapazitat des Faulschlammes aus (stabiler pH-Wert um 7,3). Der CSB in der homogenisierten Probe der Organikabfalle betragt nach Herstellerangaben 80.000 bis 120.000 mg/1. Durch die getrennte Erfassung und Behandlung der Produktionsriickstande konnte der CSB des Abwassers von 4.000 mg/1 auf 3.300 mg/1 gesenkt werden.
4.3 Beispiele zur Co-Fennentation
267
Da die Klaranlage von der Co-Fermentation (inkl. Randbedingungen) profitiert, zahlt das Gelatineunternehmen ftir das Co-Substrat keine Starkverschmutzerzuschlage, sondem nur den entsprechenden Abwasserpreis. Die Bezirksregierung hat die VorbehandlungsmaBnahme als betriebsinterne Schlammbehandlung des Gelatineerzeugers zugelassen. Eine gesonderte Genehmigung der Co-Fermentation war nicht erforderlich. Die Faulzeit betragt im Mittel 12,5 d und die Faultemperatur 42,7 °C. Der durchschnittliche Gasanfall ohne die Zugabe der Co-Substrate liegt bei ca. lOOm^/h. Nachdem die Produktionsrtickstande in die Umwalzleitung gepumpt worden sind, steigt die Gasproduktion innerhalb von einer halben Stunde auf Werte zwischen 200 und 250 m^/h an. Dies entspricht einer Steigerung von 100 bzw. 150 %. Dieses Niveau wird liber einen Zeitraum von etwa 4 h gehalten, bevor die Produktion allmahlich wieder auf den Ausgangswert zuruckfallt. Das Gas besteht durchschnittlich aus 72,3 % Methan, 27,4 % CO2 und 0,25 % H2S und wird zum Antrieb von Drehkolbengeblasen sowie zur Aufheizung des Faulbehalters benutzt. Im Zuge des Umbaus von Belebung und Nachklarung soil auch in den Bau eines BHKW investiert werden und das Faulgas zukiinftig verstromt werden. Vor dem Hintergrund einer zuktinftigen Produktionssteigerung des Gelatineherstellers wird auch an den Bau eines zweiten Faulbehalters gedacht. Eine Rtickbelastung konnte nicht festgestellt werden; sowohl der Abwasserreinigungsprozess als auch der Faulprozess werden als stabil bezeichnet. Die Ablaufwerte der Klaranlage haben sich durch die CoFermentation der Rtickstande aus der Gelatineherstellung nicht erhoht. Ein Mehraufwand ftir das Klaranlagenpersonal entsteht durch die CoFermentation in diesem Fall nicht, da die Einspeisung in die Umwalzleitung direkt von der Gelatinefabrik aus gesteuert wird. Zur Lockerung des Fasermaterials und zur Konservierung werden die Ausgangsprodukte mit Kalkmilch geaschert. Als Folge der Ascherung (Kalkung) enthalten sowohl das Abwasser, als auch der Organikabfall der Gelatinefabrik erhohte Calciumkonzentrationen. (durchschnittl. 100 mg/1 im Abwasser). Dies bewirkt eine Verringerung des Fallmittelverbrauchs (Phosphat-Fallung) und eine Verringerung des Polymerbedarfs (Zentrifuge) auf der Klaranlage. Auch der pH-Wert des Gelatineabwassers ist infolge der Ascherung sehr hoch (pH-Wert 11) und tragt zu einem verbesserten Puffervermogen bei der Abwasserreinigung und der Schlammstabilisierung bei. Nach Betreiberangaben arbeitet der Faulbehalter einwandfrei, Probleme infolge Co-Fermentation sind nicht zu erkennen. Anfanglich kam es durch verseifte Fette (z.B. Kalkseifen) zu Verstopfungen in der Transportleitung. Mit Hilfe der nachtraglichen Natronlaugesptilung konnte diesem Problem wirksam begegnet werden, so dass das System seitdem zuverlassig funkti-
268
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
oniert. Dartiber hinaus wurden Druckmesssonden installiert, die ein automatisches Abschalten der Beschickungspumpe bewirken, falls es dennoch zu Verstopfungen kommen sollte. Die gute Aufbereitung, der kurze Zeitraum zwischen dem Anfall der Produktionsriickstande und ihrer Co-Fermentation sowie die gleich bleibende Qualitat des Co-Substrates konnen als Hauptgrlinde ftir die Problemlosigkeit genannt werden. Das Beispiel der Klaranlage N verdeutlicht die positiven Effekte der CoFermentation fur Klaranlagenbetreiber und Abfallerzeuger. Auf der Suche nach einer Losung ftir ein beidseitiges Problem wurde mit der CoFermentation ein zukunftsweisendes Verwertungskonzept ftir Rtickstande aus der Gelatineherstellung entwickelt. 4,3.3 J Wei tere Beispiele Tabelle 4.3-8 enthalt einen kleinen Uberblick liber weitere, bestehende Anlagen zur Co-Vergarung von Organikabfallen in Deutschland und einigen angrenzenden Landem. Tabelle 4.3-8. Beispiele groBtechnischer Co-Fermentation auf kommunalen Klaranlagen Klaranlage Grindsted, Danemark
AusbaugroBe [EW] 25.000
RhedaWiedenbrtick
35.000
Samnaun, Schweiz Ischgl, Osterreich
11.000 16.000
Co-Siibstrat(e) Biotonneninhalte, Abfalle der Lebensmittelindustrie Flotatschlamm, Magenund Darminhalte v. Schlachthof Kiichen- und Speiseabfalle Ktichen- und Speiseabfalle
Co-Substratmenge [Mg/a] 4.100
In Betrieb seit [Jahr] 1996
12.500
1997
165
2000
400
2000
Auf der Klaranlage Grindsted in Danemark (ca. 25.000 EW) werden die Bioabfalle von 6.200 Haushalten (ca. 1.200 Mg/a mit 50 % TS) sowie weitere 2.900 ]N^g/a (mit ca. 10 % TS) Abfalle aus der Lebensmittelindustrie (Gemtise- und Kartoffelverarbeitung) in den Faulbehaltem mitbehandelt. Durch strenge Eingangs- und Ausgangskontrollen fmdet eine sehr genaue Qualitatssicherung statt. Der anfallende ausgefaulte Schlamm wird entwassert und nach einer Zwischenlagerung in der Landwirtschaft als Diinger verwertet (Holm-Nielsen et al. 2001).
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
269
Auf der Klaranlage Rheda-Wiedenbrtick werden seit November 1997 Flotate und Schweinemageninhalte des ortsansassigen Schlachthofs mitbehandelt (Rosenwinkel u. Meyer 1998) Die Flotate (37 mVd mit TR = 5,7%) werden direkt in die Umwalzleitung der Faulung (V = 5000 m^) gepumpt, die Mageninhalte (50 mVWoche mit TR = 17 %) werden ixber einen Steinfang und einen Mazerator geleitet und dann ebenfalls in die Umwalzleitung eingespeist. Durch die Zugabe der Co-Substrate erhohte sich die Zugabemenge um 18 % (Verkiirzung der Aufenthaltszeit von 21 auf 18 d). Die Raumbelastung des Faulbehalters stieg um 61 % (Steigerung von 0,78 auf 1,26 kg oTR/(m^ d) und die Gasmenge um ca. 60 %. Die Entwasserbarkeit des Faulschlamms hat sich aufgrund des Stroh- und Komhiilsenmaterials aus den Mageninhalten verbessert. Die Ammoniumkonzentrationen im Schlammwasser haben sich nur leicht erhoht. Weitere Anlagen sind in den letzten Jahren in den Skigebieten in Osterreich und der Schweiz entstanden, wie die Beispiele aus Ischgl und Samnaun zeigen. In der Saison (Dezember bis April) fallen groBe Mengen Speisereste, Gemtiseputzreste und sonstige Bioabfalle an. Zur Behandlung der Abfalle standen bislang nur relativ weit entfemte Kompostiemngsanlagen zur Verftigung. Die Entsorgung war daher fiir die Gemeinden sehr kostspielig. Aus diesem Grund lohnten sich auch die Einftihrung neuer Sammelsysteme und die Installation aufwandiger Aufbereitungsanlagen auf den Klaranlagen. Die bisher vorliegenden Erfahmngen zeigen, dass die Erwartungen der Beteiligten voll erftillt werden konnten und die Anlagen prozessstabil arbeiten. Das Produkt aus der Co-Vergarung wird entwassert, in Ischgl sogar getrocknet und pelettiert. Das Material wird zwischengelagert und im Sommer zur Dtingung und Bodenverbesserung auf die Skipisten aufgebracht (Weiskopf u. Bennat 2001; Keller 2001). Im Rahmen eines Forschungsvorhabens zum Stand der Co-Fermentation auf deutschen Klaranlagen wurde am Institut fiir Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universitat Hannover eine stichprobenartige Umfrage unter Klaranlagenbetreibem durchgefiihrt. Danach werden bzw. wurden auf 6 % der Klaranlagen mit anaerober Schlammbehandlung CoSubstrate mitbehandelt (ISAH 2000). In Tabelle 4.3-9 sind einige dieser Klaranlagen und die jeweils mitbehandelten Co-Substrate aufgefiihrt. Es wird deutlich, dass iiberwiegend organische Abfalle aus Industrie und Gewerbe mitbehandelt werden. Die Co-Vergarung von Brennereischlempen wird in den Wein- und Obstanbaugebieten Deutschlands seit tiber 20 Jahren praktiziert (Weller 1971). Nach einer sehr einfachen Aufbereitung (Speicherung, Absiebung, Neutralisiemng) werden die Schlempen mit dem Rohschlamm gemischt und in den Faulbehalter gepumpt.
270
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Tabelle 4.3-9. Co-Fermentation auf kommunalen Klaranlagen in Deutschland, Stand 1999 (ISAH 2000) Klaranlage
(!o-Substrat im Faulbehalter
Aachen-Soers
he ;t, Fruchtkonzentrate aus der SilBwarenindustrie, Sickerwasser Achem Sc ilempe, Fett Bad-Bramstedt Lake aus der Fischkonservenindustrie Bad Schwalbach Molke (GroBversuch) Bielefeld Fe :t (gelegentlich) Biberach Sc ilempe, Fett, Rilckstande aus der Pharmaindustrie Buhl-Vimbuch Sc.ilempe, Tierblut Cloppenburg Fe :t, Flotate aus der Lebensmittelindustrie Dusseldorf-Siid Fett, Waschmittel, Glyzerin, Korperpflegemittel Ettenheim Schlempe, Fett Gengenbach Schlempe, Fett GieBen Schlempe, Fett, Rechengut Hamburg-Sevetal Fett Fett Hausach Hildesheim Fett, sonstiges (gelegentlich) Ingelheim aufbereitete Fette und Vaseline aus der Industrie Schwarzlauge aus der Papierindustrie Insbruck Kappelrodeck Schlempe, Fett Kehl-Auenheim Schlempe, Fett, Lebensmittelreste Sickerwasser, Fett Krefeld Lahr Reststoffe aus der chemischen Industrie Monchengladbach Fruchtsaft (gelegentlich) Rechengut Monheim Schlempe, Fett Oberkirch Schlempe, Fett OffenburgGriesheim Fett Oldenburg Schlempe, Fett Oppenau Osnabriick Fett, Bierhefe (gelegentlich) Schlempe, Fett Renchen Schlempe, Fett Sasbach Rasenschnitt Selb Wetzlar Fettabscheiderinhalte aus dem Verbandsgebiet
|
1 1
j 1 1
| |
Die zweite groBe Gruppe der Co-Substrate stellen die Fette dar. Fetthaltige Abwasser, Abfalle und Flotate fallen in sehr vielen Bereichen der Lebensmittelindustrie an. Auf den Klaranlagen ist zur Mitbehandlung der Fette iiblicherweise ein sehr geringer Aufwand erforderlich. Um feste Storstoffe
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
271
(Knochen, Lumpen, Kunststoffteile etc.) zuriickzuhalten, ist eine Siebung notwendig. In der Regel wird das Fett in einem Speicher zwischengelagert, der an einen Biofilter angeschlossen ist, um Geruchsbelastigungen zu vermeiden. In Abhangigkeit von der Konsistenz der Fette sind die Vorlagebehalter beheizt. Aus dem Speicherbehalter wird das Fett entweder direkt in den Faulbehalter gepumpt oder im Heizkreislauf in den Faulschlamm eingemischt.
4.3,3,8 Probleme und Losungsansatze Durch die Annahme, Aufbereitung und Vergarung organischer Abfalle auf Klaranlagen konnen sich betriebs- und prozesstechnische Probleme ergeben. In Tabelle 4.3-10 sind die Betriebsprobleme zusammengefasst, die in Zusammenhang mit der o.g. Umfrage am haufigsten genannt wurden (Austermann-Haun et al. 2001; ISAH 2000). Weiterhin werden mogliche Ursachen ftir die Probleme und Losungsansatze aufgezeigt. Tabelle 4.3-10. Ursachen fur Betriebsprobleme infolge Co-Fermentation und mogliche GegenmaBnahmen Problem
Schaumen
Verschlechtemng der Gasqualitat
Verschlechtemng des Abbaugrades
Mogliche Ursachen vorrangig bei leicht abbaubaren Substraten mit groBem Gasbildungspotenzial (v.a. fetthaltige Substrate) hoher Anteil an kohlehydratreichen Substraten (geringes CH4Bildungspotenzial) =^> steigender C02-Anteil im Faulgas tiberwiegende Hydrolyseprozesse => steigender C02-Anteil im Faulgas Verwertung schwefelhaltiger Substrate => steigender H2S-Anteil im Faulgas
GegenmaBnahmen / Anmerkungen Verringerung der Beschickungsmengen, Verbesserung der Prozesstiberwachung (eigentliche Ursache: Uberlastung) Verringemng des entsprechenden Substratanteils
ggf Entkopplung von Hydrolyse und Methanisierung Verringerung des entsprechenden Substratanteils
VeiTingerung der Beschickungsmengen, Verbesserung Uberlastungen oder Hemmungen der Prozesstiberwachung (eigentliche Ursache: Uberlastung) Verringemng der Beschickungsmengen, Verbessemng Uberlastungen oder Hemmungen der Prozesstiberwachung (eigentliche Ursache: Uberlastung)
272
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
haufiger Substratwechsel ohne Vei"wertung weniger Substrate (ausreichende) Adaption und vorherige Adaption zu hohe Beschickimgsmengen kontinuierliche Beschickung (ohne Adaption), Schwankungen (ggf Misch- und Ausgleichsin den Beschickungsmengen bzw. Vorlagebehalter vorsehen) Faulraummischer mit umkehrbarer Drehrichtung (generelle Empfehlung), keine Gaseinpressung vorrangig bei fetthaltigen sowie zur Umwalzung (Flotationseffekt faserigen, unzerkleinerten SubSchwimmdecken fiir Fette), Ubei-prufung der Visstraten kositat fetthaltiger Substrate bei Faulraumtemperatur (siehe unten) frische, unversauerte Substrate (Neutralisation und somit Verseifung entfallt), keine Entwasserung der Fettabscheiderinhalte, Verarbeitungstemperatur so wahAblagemngen und vorrangig bei pastosen und/ oder len, dass Fette fltissig werfetthaltigen Substraten, in einigen den/bleiben (beheizte VorlageVerstopfungen in Fallen Neutralisation mit Natron- behalter, Einspeisung nach dem Rohrleitungen, Warmetauscher), hohe FlieBgelauge (Verseifung) als Ursache Pumpen, etc. schwindigkeiten an der Einspeisungsstelle, Minimierung der Knicke in den Rohrleitungen, Pumpen-Not-Aus liber Druckmesssonden groBere Sorgfalt/bessere Konvermeidbare Storstoffe: trolle bei der Substratsammlung und -auswahl, Aufstellung von z.B. Metallteile, VerpackungsGtiteanfordemngen an das Submaterial, Kunststoffe, etc. strat (VerschleiB durch) Zerkleinerimgsaggregate oder Storstoffe unvermeidbare Storstoffe: Siebe ftir weiche Storstoffe, Pulz.B. Obststeine bei Schlempen per bei groBen Dichteunterschie(trotz Siebung bzw. Passierung den (Schwimm- und Sinkstoffabbei 3 mm Spaltweite) trennung), moglichst kleine Spaltweiten bei Sieben Neutralisation (NaOH, Kalkvorrangig bei Substraten mit milch), Vorlagebehalter und weverstarkte Korrosi- niedrigen pH-Werten und hohen sentliche Aggregate aus kon'osiTemperaturen (z.B. Obstschlemon onsfreien Materialien (z.B. pen) Kunststoff Oder V2A-Stahl) kupferhaltige Mittel zur Cyanid- Kupferfreie Mittel zur Cyanihohe Kupfergehalte abtrennung und Brennblasen aus dabtrennung, Brennblasen aus bei Obstschlempen Kupfer anderen Materialien
4.3 Beispiele zur Co-Feraientation
273
infolge alter, angesauerter Substrate, fltissige Substrate mit hoGemchsbelastigung hen Anteilen an organischen Sauren
frische Substrate, kleinere, geschlossene Vorlagebehalter, regelmaBige, klirzere Leemngsintervalle von z.B. Fettabscheidem, Abluftbehandlung (Kompostfilter, o.a.)
Verschlechterung der Entwasserbarkeit
Verringemng der entsprechenden Substratmengen
Uberlastung, zu hohe Anteile fetthaltiger Substrate (kein voUstandiger Abbau)
4.3,3.9 Rechtliche Randbedingungen Wie die o.g. Beispiele zeigen, stellt die Co-Fermentation aus technischer Sicht eine sinnvolle Nutzung des energetischen Potentials organischer Industrieabfalle dar. Als problematisch gestaltet sich in vielen Fallen jedoch die Genehmigung des Verfahrens, da die Co-Fermentation weder im Abwasserrecht, noch im Abfallrectit explizit behandelt wird, sie sich genehmigungsrechtlich also auf der Grenze zwischen verschiedenen Rechtsgebieten befindet. Fiir die Praxis bedeutet dies oftmals eine ungeklarte Zustandigkeitsfrage zwischen Wasserbehorde und Abfallwirtschaftsbehorde, so dass im Einzelfall eine oder beide Behorden ftir die Erteilung von entsprechenden Genehmigungen und Erlaubnissen zustandig sein konnen. Als Grundsatz lasst sich dabei festhalten, dass alle Stoffe die als Bestandteil des Abwassers die Klaranlage tiber die Kanalisation erreichen als Abwasser gelten und somit dem Wasserrecht unterliegen, unabhangig davon, wie diese Stoffe zu Abwasser wurden. Andererseits ist ein Stoff, der aus dem Abwasser entfemt wird und die Klaranlage verlasst, als Abfall zu bezeichnen und fallt somit unter das Abfallrecht (Nisipeanu 1998). Folgende Gesetze und Verordnungen sind bei der Co-Fermentation grundsatzlich zu beachten: • • • • • • • • • • • •
Wasserhaushaltsgesetz (WHG), Landeswassergesetzen (LWG), Abfallgesetz (AbfG), Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrWAbfG), Technische Anleitung Siedlungsabfall (TASi), Tierkorperbeseitigungsgesetz (TierKBG), Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), Klarschlammverordnung (AbflEClarV), Bioabfall- und Kompostverordnung (BioKompV), Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), Biomasseverordnung (BiomasseV), Dlingemittelgesetz (DtiMG) und Diingemittelverordnung (DiiMV),
274
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
• LAGAMerkblattlO, • EU-Hygieneverordnung, • Baugesetz (BG). Das Fehlen einer eindeutigen Rechtsgmndlage vemnsichert einerseits Behorden bei der Genehmigung andererseits Klaranlagenbetreiber bei der Umsetzung der Co-Fermentation und stellt somit ein Hemmnis fur die Verbreitung des Verfahrens dar (Austermann-Haun et al. 2001; ISAH 2000). Aus diesem Grund wurde im Land Nordrhein-Westfalen unter Leitung des Landesumweltamtes (LUA) und des Ministeriums fiir Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft (MURL) eine Arbeitsgruppe gegrtindet, der neben Behordenvertretem auch Mitglieder von Abwasserverbanden und Klaranlagenbetreibern angehoren. Ende 2001 veroffentlichte die Arbeitsgruppe das von ihr erarbeitete "Merkblatt zur Co-Fermentation von biogenen Abfallen in Faulbehaltern von Klaranlagen" (ISBN 3-9807642-3-0). In dem Merkblatt wird ausfixhrlich auf die „rechtlichen Voraussetzungen einer Mitbehandlung von biogenen Abfallen in offentlichen Abwasserbehandlungsanlagen" eingegangen. Im Folgenden werden die wichtigsten Aussagen in stark verkiirzter Form wiedergegeben. Eine detaillierte Beschreibung findet sich bei (Mertsch u. Pawlowski 2001). Die Mitbehandlung von Abfallen in Klaranlagen erfordert eine Anderung der Einleitungserlaubnis, die entsprechend den mitzubehandelnden Abfallen zu erganzen ist. In jedem Fall miissen die Uberwachungswerte der wasserrechtlichen Erlaubnis sicher eingehalten werden und die Anfordemngen des Anhangs 1 der AbwV mussen erfullt sein. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht kein Rechtsanspruch. Allerdings hat der Antragsteller einen Anspruch auf die fehlerfreie Ausiibung des wasserwirtschaftlichen Ermessens. Dabei ist insbesondere zu benicksichtigen, dass die Erhohung der eingeleiteten Schadstofffracht durch die Co-Vergarung hinzunehmen ist, wenn die Behandlung der Bioabfalle in einer separaten Anlage mindestens vergleichbare Frachten eingeleitet wtirden, •
•
die Einleitung wasserwirtschaftlich vertretbar sein kann, wenn eine Gesamtbetrachtung und -bilanzierung (Oko-Bilanz) zu einer Verringerung der Umwelteinwirkungen ftihrt und die Erlaubnis erteilt werden kann, wenn durch die gemeinsame Behandlung von Bioabfallen und Klarschlamm mit einem erhohten Abbau oder Adsorption von Schadstoffen gerechnet werden kann.
Das Einbringen von Bioabfallen in die Faulbehalter stellt eine wesentliche Anderung der Abwasserbehandlungsanlage dar. Fiir diese wesentliche Anderung ist eine Genehmigung erforderlich. Die Genehmigung wird solange
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
275
im Wasserrecht erteilt, wie eine untergeordnete Mitbehandlung der Bioabfalle stattfindet, d. h. der Hauptzweck der Faulbehalter muss nach wie vor die Behandlung des Klarschlamms sein. Uberwiegt die Behandlung der biogenen Abfalle, handelt es sich um eine Abfallbehandlungsanlage, die entsprechend den Grundsatzen des BImSchG zu genehmigen ist. Vorbehandlungsanlagen zur Aufbereitung der Bioabfalle sind, je nach Menge und Qualitat der eingesetzten Stoflfe nach dem BImSchG in Verbindung mit der 4. BImSchV oder dem Baurecht zu genehmigen. Damit bei der Co-Vergarung von organischen Abfallen in Faulbehaltem keine relevanten Mengen von Schadstoffen in die Klaranlage eingebracht werden, die dort nicht abgebaut werden konnen und ggf eine abschlieBende Klarschlammentsorgung erschweren bzw. verhindem, enthalt das o.g. Merkblatt Schadstoffgrenzwerte ftir die Bioabfalle (Tabelle 4.3-11). Tabelle 4.3-11. Schadstoffgrenzwerte fur biogene Abfalle zur Co-Fermentation Parameter Blei Cadmium Chrom Kupfer Nickel Quecksilber Zink AOX
Grenzwert ftir Bioabfalle zur CoVergarung in [mg/kg TR] 80 2,0 80 120 60 1,0 600 150
Grenzwert nach AbfKlarV in [mg/kg TR] 900 10(5)* 900 800 200 8,0 2.500 (2.000)* 500
* gilt fiir leichte Boden und Boden mit einem pH-Wert zwischen 5 und 6 Im Rahmen des Merkblatts wurde eine zweigeteilte Positivliste erstellt. Ftir Abfalle aus Teil 1 der Liste ist keine weitere okobilanzielle Betrachtung erforderlich, wahrend ftir Abfalle aus Teil 2 der Liste eine vereinfachte Okobilanz erforderlich ist. Tabelle 4.3-12 stellt die Positivliste-Teil 1, Tabelle 4.3-13 die PositivHste Teil 2 dar. Ftir alle tibrigen Abfalle - auch kommunale Bioabfalle - muss tiber eine komplette Okobilanz nachgewiesen werden, dass die Mitbehandlung in Faulbehaltem mindestens genau so umweltvertraglich ist, wie die moglichen altemativen Entsorgungsverfahren (Kompostierung, Mitbehandlung in landwirtschaftlicher bzw. industrieller Vergarungsanlage, Aufbereitung zu Futtermittel oder ggf zu technischen Fetten).
276
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm
Tabelle 4.3-12. Positivliste, Teil 1, ftir biogene Abfalle, die ohne Einzelnachweis grundsatzlich fur eine Co-Fermentation in Faulbehalter geeignet sind (Merkblatt zur Co-Fermentation biogener Abfalle in Faulbehaltem von Klaranlagen des Landes Nordrhein-Westfalen) 1 Abfallart
Erganzende Hinweise
EAK-Nr.
Abfalle Rtickstande aus der Nahrungsmittelverarbeitung, Kartoffel- und Mais- aus der Zubereitung und Verarbeitung von Obst, Gemlise, Getreide, Speisolen starkeherstellung und Konservenherstellung. Verwertung Melassertickstande, nur, soweit Bestimmungen des TierSchlamm aus der korperbeseitigungs- oder TierseuchenSpeisefettfabrikation, gesetztes dem nicht entgegenstehen. Starkeschlamm,
02 03 04 ftir Verzehr oder Verarbeitung ungeeignete Abfalle
Uberlagerte Nah- Verwertung nur, soweit Bestimmungen mngsmittel aus der des Tierkorperbeseitigungs- oder Tierseuchengesetztes dem nicht entgegenMilchverarbeitung stehen. Molke
02 05 01 ftir Verzehr oder Verarbeitung ungeeignete Abfalle
Verwertung nur, soweit Bestimmungen des Tierkorperbeseitigungs- oder Tierseuchengesetztes dem nicht entgegenstehen.
02 06 01 fur Verzehr oder Verarbeitung ungeeignete Abfalle
Uberlagerte Nahrungsmittel aus der Back- und StiBwarenherstellung Teigabfalle
Obst-, Getreide- und Herstellung alkoholischer und alkohol- 02 07 02 freier Getranke, Alkoholbrennereien Abfalle aus der Kartoffelschlempen AlkoholdestillatiSchlamm aus Brennereien
on
Malztreber, Malz- Herstellung alkoholischer und alkohol- 02 07 04 fir Verzehr oder freier Getranke keime, Malzstaub Verarbeitung unHopfentreber geeignete Abfalle Trub und Schlamm aus Brauereien Schlamm aus Weinbereitung
der
Hefe und hefeahnliche Rtickstande Marktabfalle
Ftir die Verwertung ist nur getrennt er- 20 03 02 fasste, biologisch abbauare Fraktion Marktabfalle geeignet. Verwertung nur, soweit Bestimmungen des Tierkorperbeseitigungs- oder Tierseuchengesetztes dem nicht entgegenstehen.
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
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Tabelle 4.3-13. Positivliste, Teil 2, fur biogene Abfalle, die einer okologischen Betrachtung unterzogen werden milssen (Merkblatt zur Co-Fermentation biogener Abfalle in Faulbehaltem von Klaranlagen des Landes Nordrhein-Westfalen) Erganzende Hinweise
EAK-Nr.
Inhalt von Fettabscheidern und Flotate aus der Fleisch- und Fischverarbeitung
Beispielhafte Herktinfte: Schlachtereien, Fleischverarbeitung, Lebensmittelindustrie, Kantinen und Verpflegungseinrichtungen, unvermischt mit sonstigen Abwassem. Verwertung nur, soweit Bestimmungen des Tierkorperbeseitigungs- oder Tierseuchengesetztes dem nicht entgegenstehen.
02 02 04 Schlamme aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung
Uberlagerte Nahmngsmittel
Nahmngsmittelverarbeitung, Abfalle aus der Zubereitung und VerarbeiUmg von Obst, Gemtise, Getreide, Speisolen und Konservenherstellung. Veiivertung nur, soweit Bestimmungen des Tierkorperbeseitigungs- oder Tierseuchengesetztes dem nicht entgegenstehen.
02 03 04 fiir Verzehr oder Verarbeitung ungeeignete Abfalle
Herstellung alkoholischer und alkoholfreier Getranke, z. B. tiberlagerter Fruchtsaft.
02 07 04 fiir Verzehr oder Verarbeitung ungeeignete Abfalle
Speisereste, Ktichen- Bei Kantinen- und GroBktichenabfallen kann eine Verwertung nur erfolgen, sound Kantinenabfalle fem die Bestimmungen des Tierkorperbeseitigungsgesetztes dem nicht entgegenstehen.
20 0108 biologisch abbaubare Ktichen- und Kantinenabfalle, getrennt eingesammelte Fraktionen
1 Abfallart
Rtickstande aus der Konservenfabrikation
Uberlagerte Genussmittel Trester
4.3.3.10 Vertragliche Regelungen Vertrage zur Co-Fermentation organischer Abfalle in Faulbehaltem von Klaranlagen miissen grundsatzlich den Vorschriften des offentlichen Rechts entsprechen. AuBerdem erfordert die Kette der an der Abfallverwertung beteiligten Untemehmen und Korperschaften eindeutige Definitionen in Bezug auf Haftungsregeln und Verantwortlichkeit. Wahrend viele Abfalle im Rahmen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes offentlich-rechtlichen Vorschriften unterliegen, ist ein Entsorgungsvertrag ein Werksvertrag und fallt somit unter das Privatrecht. Von daher sind bei der Abfallverwertung sowohl Zivilrecht als auch offentliches Recht zu beachten (TBW 1997). Grundsatzlich obliegt dem Abfall- bzw. Co-Substrat-Erzeuger die Entsorgungspflicht, die Klaranlagen(betreiber) stellen eine geeignete Verwer-
278
4 Verfahrenstechniken ziir Behandlung von Klarschlamm
tungsanlage zur Verfiigung. Wenn Stoffe co-fermentiert werden, von denen der Abfallerzeuger weiB, dass sie Schadstoffe in unzulassigem MaBe enthalten, so liegt die Haftungspflicht bei ihm. Im Gegensatz hierzu muss der AbfallerzeugerZ-entsorger nicht fur Schaden aufkommen, die durch Stoffe verursacht wurden, deren Schadlichkeit erst im Nachhinein festgestelltwurde(TBW1997). Weitere Informationen zu vertraglichen Regelungen sowie zu Entsorgungsnachweisen, Dokumentation und Uberwachung finden sich in dem o.g. Merkblatt zur Co-Fermentation des Landes Nordrhein-Westfalen. 4.3.4 Zusammenfassung Aufgrund der Vielzahl an potenziellen Co-Substraten einerseits und der individuellen Konzeption von Abwasserreinigungsanlagen (Abwasser- und Schlammcharakteristik, Abwasserreinigungs- und Schlammbehandlungsverfahren, etc.) andererseits, lasst sich kein Patentrezept ftir „das Verfahren" der Co-Fermentation erstellen. Da jedoch bereits eine Vielzahl an CoSubstraten unter verschiedenen Bedingungen (LabormaBstab bis langjahrige praktische Anwendung) untersucht worden ist, konnen einige allgemeingiiltige Aussagen getroffen bzw. Empfehlungen gegeben werden: •
•
Mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzt (KrWAbfG) ist eine energetische oder stoffliche Abfallverwertung gesetzlich vorgeschrieben, die TA Siedlungsabfall verbietet ab dem Jahr 2005 die Deponierung von Abfallen mit einem Organikanteil > 5 %.Das „Gesetz ftir den Vorrang Emeuerbarer Energien" (Emeuerbare-Energien-Gesetz, EEG) fordert die energetische Verwertung organischer Abfalle.Es ist ein Trend zu immer groBeren Industriebetrieben zu erkennen, aus dem i.d.R. auch groBere Volumen- und Massenstrome ftir organische Abfalle resultieren. Entgegen diesem Trend ergeben sich zunehmend Absatzschwierigkeiten fiir (agro)industrielle organische Abfalle in der Futtermittelindustrie. Viele gewerbliche und industrielle organische Abfalle eignen sich aufgrund hoher Wassergehalte und hoher organischer Frachten besser ftir eine anaerobe als ftir eine aerobe oder thermische Behandlung. Dies trifft insbesondere auf die organischen Produktionsriickstande und Abwasser aus der Lebensmittelindustrie (Abfallschltissel 02 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes) zu. Sie zeichnen sich durch geringe Schadstoffbelastungen, hohe organische Frachten, gtinstige TSGehalte sowie durch einen regelmaBigen Anfall und relativ konstante Zusammensetzungen aus.
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
279
Eine gezielte, getrennte Erfassung und Co-Fermentation der o.g. Stoffstrome fuhrt neben der Nutzung des energetischen Potenzials der Abfalle (Biogasgewinn statt Energieverbrauch in der Belebung) zu einer Entlastung der Klaranlage bzgl. Kohlenstofffracht und Spitzenbelastungen. Ftir die Industriebetriebe kann sich ggf. eine Aufhebung der Starkverschmutzerzuschlage ergeben (Beispiel Klaranlage N) oder konnen sich betriebsinterne VorbehandlungsmaBnahmen eriibrigen. Klaranlagen mit anaerober Schlammstabilisierung sind flachendeckend vorhanden und bieten sowohl die technische Infrastruktur als auch erfahrenes Personal ftir die Co-Fermentation organischer Abfalle. Da die Faulbehalter haufig unterlastet sind, stehen hier freie Kapazitaten ftir die energetische Verwertung fliissiger bis pastoser organischer Abfalle zur Verfiigung. Der einstufige, mesophile Faulbehalter erfiillt alle Voraussetzungen ftir die Vergarung organischer Abfalle. Die Primaraufgabe der Klaranlagen, die Reinigung und Behandlung der anfallenden Abwasser und Schlamme, darf durch die CoFermentation nicht gefahrdet werden. Bestehende Genehmigungen sind dabei zu berticksichtigen und flir die Co-Fermentation ggf zu erganzen bzw. zu andem. Faulbehalter diirfen nicht als „Mulleimer" missbraucht werden, da die biochemischen Vorgange des anaeroben Stoffumsatzes sehr komplex und storanfallig sind. Die Prozessstabilitat der Klarschlammfaulung hat in jedem Fall Vorrang vor der Steigerung der Faulgasproduktion durch Co-Fermentation. Der groBtechnischen Co-Fermentation sollten labor- und halbtechnische Versuche voraus gehen. Planung und Begleitung der CoFermentation sollten von sachkundigen Planungsbiiros und Instituten tibernommen werden. Im Vorfeld sind insbesondere die zusatzliche hydraulische und organische Belastung ftir die Faulung zu ermitteln, als auch die zusatzliche Biogasproduktion sowie der Faulschlammmehranfall und die gesteigerte Rtickbelastung der Klaranlage durch die Abwasser der Schlammbehandlung. Eine Adaptionsphase, in der die Faulbehalterbiozonose schrittweise an die gewtinschte Co-Substratfracht herangeftihrt wird, ist prozesstechnisch von groBer Bedeutung und sollte mit groBer Aufmerksamkeit begleitet werden. Wahrend der Testphase sollten sowohl Faulung und Schlammbehandlung als auch die Abwasserreinigung (Stichwort: Rtickbelastung) beobachtet werden. Je nach Co-Substrat sind ggf. geeignete Vorbehandlungsverfahren (Zerkleinerung, Neutralisation, Storstoffentfernung, etc.) erforderlich.
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•
•
•
•
4 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Klarschlamm Seuchenhygienisch bedenkliche Substrate wie z.B. Speisereste, Magen- und Darminhalte mtissen vor der Co-Fermentation pasteurisiert bzw. hygienisiert werden. Die Co-Substrate sollten vor der Beschickung mit Schlamm vermischt werden und der Faulbehalter sollte uber eine effektive Umwalzeinrichtung verftigen (z.B. Schraubenschaufler mit umkehrbarer Drehrichtung). Die Co-Fermentation beeinflusst Menge und Zusammensetzung des Faulschlamms. Dies darf jedoch nicht zu Problemen bei der Faulschlammverwertung ftihren. Die Grenzv^erte der Klarschlammverordnung (AbfKlarV) sowie der Bioabfall- und Kompostverordnung (BioKompV) mtissen eingehalten werden. Der Anfall zusatzlicher Klarschlammmengen muss im Vorfeld ermittelt werden. Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage haben gezeigt, dass mindestens 6% der ca. 1.300 deutschen Klaranlagen mit Klarschlammfaulung eine Co-Fermentation betreiben. Dabei handelt es sich vorwiegend um eine sporadische Mitbehandlung in Art und Menge variierender Co-Substrate. Diese Abwicklung der Co-Fermentation als Gelegenheitsgeschaft, haufig gepaart mit der Unkenntnis iiber die Komplexitat und Sensibilitat der anaeroben Abbauprozesse, fiihrt in vielen Fallen zu Betriebsproblemen. Die kontrollierte, kontinuierliche, in die Klaranlagenprozesse integrierte Co-Fermentation ist die Ausnahme. Die genehmigungsrechtliche Grenzlage der Co-Fermentation zwischen Wasser- und Abfallrecht sowie eine Vielzahl weiterer zu berucksichtigender Verordnungen und Gesetzte resultiert in regional unterschiedlichen Genehmigungsregelungen und fiihrt dariiber hinaus zu Unsicherheiten bei Behorden und Klaranlagenbetreibern. Mit dem "Merkblatt zur Co-Fermentation von biogenen Abfallen in Faulbehaltem von Klaranlagen" des Landes Nordrhein-Westfalen steht mittlerweile jedoch eine gute Grundlage fiir die zukiinftige Losung dieser Problematik zur Verftigung. Anderungen bestehender Gesetze und Verordnungen hinsichtlich einer Beriicksichtigung der Co-Fermentation als anerkanntes Verfahren zur energetischen und stofflichen Abfallverwertung sind wtinschenswert.
Literatur ATV (1986) Lehr- und Handbuch der Abwassertechnik. Band VI, Organisch verschmutzte Abwasser sonstiger Industriegruppen, 3. Auflage, Verlag Ernst und Sohn, 1986
4.3 Beispiele zur Co-Fermentation
281
Austermann-Haun, U., Wendler, D., Rosenwinkel, K.-H. (2001) GroBtechnische Erfahrungen mit der Co-Fermentation in Deutschland. Korrespondenz Abwasser, 48, H. 10, S. 1443-1451, 2001 Behmel, U., Meyer-Pitroff, R. (1996) Risiken bei der Cofermentation organischer Reststoffe in Biogasanlagen. Korrespondenz Abwasser, 43, H. 12, S. 21722178,1996 Braun, R. (1992) Verwertung und Entsorgung organischer Nebenprodukte und Reststoffe der Industrie. Mull und Abfall, H. 12, S. 841-851, 1992. Buswell, A.M., Hatfield, W.D. (1939) Anaerobic Fermentations. State Water Survey, Bulletin No. 32, 1939 Holm-Nielsen, J. B., Bro, B., Al Seadi, T. (2001) Digestate, from Waste to Fertiliser - Case Story from Grindsted Wastewater Treatment Plant in Denmark. In den Tagungsunterlagen zu: 'Cofermentation in kommunalen Klaranlagen', 30. Marz 2001 in Tulln, Osterreich IB Sprenger (1996). Erste Co-Vergarungsanlage im Alpenraum. Broschtlre. Hrsg.: Ingenieurbtiro Sprenger, Innsbmckerstr. 17a, A-6071 Aldrans bei Innsbruck, Tel: 00 43-51 2 / 3 4 12 31 ISAH (2000) Co-Fermentation auf Klaranlagen - Erfahrungen aus Forschung und Praxis -. Abschlussbericht zu den Forschungsvorhaben: „Mitbehandlung organischer industrieller Reststoffe in kommunalen Faulbehaltem", gefordert von der Oswald-Schulze-Stiftung, AZ: 938/96 sowie „Gemeinsame anaerobe Schlamm- und Industrieabv^asserteilstrombehandlung", gefordert mit Mitteln des ATV-Forschungsfonds. Institut fiir Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universitat Hannover (ISAH), unveroffentHcht. 2000 Kapp, H. (1984) Schlammfaulung bei hohem Feststoffgehalt. Stuttgarter Berichte zur Siedlungswasserwirtschaft 86, Oldenbourg Verlag Miinchen, 1984 Keller, M. (2001) Klarschlamm-Cofermentation mit Speiseabfallen auf der Klaranlage Samnaun, In den Tagungsunterlagen zu: 'Cofermentation in kommunalen Klaranlagen', 30. Marz 2001 in Tulln, Osterreich Korz, D. J., FRICK, B. (1994) BTA-Biogaskonzepte - Beispiel Garching, Helsing0r und Baden-Baden. Abfallwirtschaftsjoumal Nr. 6, S. 418 - 422, 1994 KTBL (1998) Koferaientation. Kuratorium fllr Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V., Darmstadt. KTBL-Schriften-Vertrieb im Landwirtschaftsverlag GmbH , Munster-Hiltrup. Arbeitspapier 249, S 20-21, 1998 Loll, U. (1981) Dimensionierungs- und Betriebswerte von Abwasser-SchlammFaulanlagen in der Bundesrepublik Deutschland. Dokumentation der OswaldSchulze-Stiftung, Gladbeck 1981 Mertsch, V., Pawlowski, S. (2001) Anforderungen an die Mitbehandlung von biogenen Abfallen in Faulbehaltem kommunaler Klaranlagen. Wasser und Abfall, Heft 10, S. 14-20,2001 Nisipeanu, P. (1998) Rechtsfragen der Co-Vergarung in Faultilrmen. In: Tagungsband zur ATV-Bundestagung vom 29.09 - 01.10.1998 (Bremen), ATVSchriftenreihe Nr. 12, S.171-187, 1998 Rosenwinkel, K.-H., Meyer, H. (1998) Mitbehandlung von Schlachthofabfallen in kommunalen Faulbehaltem. awt-abwassertechnik. Heft 3,S. 3 0 - 3 5 , 1998
282
4 Verfahrenstechniken ziir Behandlung von Klarschlamm
Schafer, B. (1997) Das Bioabfallkonzept der Stadt Baden-Baden. In: Tagungsband zu dem Seminar 'Bioabfallmanagement '97 - Stand - Entwicklung - Perspektiven', am 4. und 5. Marz 1997 in Kamen, Hrsg.: Rheinischen Institut fiir Okologie (RHINO), Melchiorstr. 14, 50670 Koln. 1997 Schierholt, M. (1999) Co-Vergarung von Klarschlamm und Bioabfallen - Analyse des Realisierungspotentials auf bestehenden Abwasserreinigungsanlagen und Untersuchungen zum Prozessverhalten beim Betrieb einer kleintechnischen Co-Vergamngsanlage. Diplomarbeit am Institut fiir Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen, Februar 1999, unveroffentlicht Schmelz, K.-G. (2000) Gemeinsame Behandlung von Klarschlamm und Bioabfallen in Faulbehaltern. In: Tagungsband zu dem VDI-Seminar ,Biogene Abfalle / Holz / Klarschlamm - Verwertung / Behandlung / Beseitigung', Bamberg, 14.04.2000 Statistisches Bundesamt (1997) Statistik der offentlichen Abwasserbeseitigung. Statistisches Bundesamt, 1997 TBW (1997) schriftliche und mundliche Mitteilungen. Firma TBW GmbH, Frankfurt a.M., 1997 Tiroler Wirtschaft (1996) Bioabfall: Gemeinde Solden hat die Nase vom. Zeitungsartikel in der „Tiroler Wirtschaft" unter der Rubrik 'Trends & Innovationen', erschienen am 22.3.1996 Wackemell, F. (1996) Miindhche Mitteilungen. AnlassHch der Besichtigung der Abwasserreinigungsanlage Solden am 10. Juni 1996 Weiskopf, B., Bennat, G. (2001) Cofermentation an der Klaranlage Ischgl. In den Tagungsunterlagen zu: 'Cofermentation in kommunalen Klaranlagen', 30. Marz 2001 in Tulln, Osterreich Weller, G. (1971) Abwasserbeseitigung in Brennereien und Winzerbetrieben. In: 'Munchner Beitrage zur Abwasser-, Fischerei- und Flussbiologie', Band 31, R. Oldenbourg Verlag, S. 107 - 137, 1979 Wolter, Ch., Rolin, P., Grothkopp, H. (1999) MogHchkeiten der Co-Vergarung von Reststoffen auf Klaranlagen. In: '4. GVC-Abwasser-KongreB', Preprints Band 2, S. 875-879, 1999. ISBN 3-9805032-7-5
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
5.1 Vor- und Nachteile der anaeroben Behandlung von Abwassern gegenuber den aeroben Verfahren Bei der anaeroben Abwasserbehandlung unterscheidet man zwischen industriellen und kommunalen Anwendungen. Anaerobe Verfahren zur Behandlung von kommunalen Abwassern sind bisher in Europa und Nordamerika aufgrund der vergleichsweise niedrigeren Temperaturen und der niedrigen CSB-Konzentrationen nicht verbreitet. In tropischen und subtropischen Landem stellen sie jedoch -- u.a. aufgrund der dort herrschenden hoheren Abwassertemperaturen - eine zunehmend bedeutende Alternative zu aeroben Systemen dar. Im Bereich der industriellen Abwasserbehandlung wurden in Deutschland bisher mehr als 170 groBtechnische Anaerobanlagen gebaut. Eine Besonderheit der industriellen Anaerobtechnik gegentiber den anderen anaeroben Anwendungsfeldem besteht darin, dass eine Vielzahl von verschiedenen Reaktortypen existiert. Obwohl die Anaerobtechnik gmndsatzlich bei alien Industrieabwassem mit organischen Inhaltsstoffen eingesetzt werden kann, ist die Anwendung in Deutschland derzeit erst in den Bereichen der Getranke- und Lebensmittelindustrie sowie der Zellstoff- und Papierherstellung weit verbreitet. Die nachfolgende Abbildung zeigt den jeweiligen Anteil der Branche an dem Gesamtbestand der industriellen Anaerobanlagen in Deutschland. Durch die neueren Entwicklungen, vor allem in der Reaktortechnologie, ist es jedoch in zunehmendem MaBe moglich, die Anaerobtechnik in weiteren Industriebranchen mit organischen Abwassern (z.B. in der pharmazeutischen- und chemischen Industrie, sowie in der Lederindustrie) wirtschaftlich einzusetzen. Eine neue Tendenz ist weiterhin, die Anaerobtechnik mit anderen biologischen oder physikalisch-chemischen Prozessen zu verbinden, um eine kombinierte Entfemung von organischer Substanz, aber auch anderer Stoffe zu erzielen. So werden derzeit groBtechnische Anaerobanlagen zur Wasserstoffsulfiderzeugung in Betrieb genommen, die dazu dienen, Schwermetalle aus dem Abwasser zu entfernen.
284
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Mit der Weiterentwicklung der anaeroben Reaktortechnologie erschlieBen sich einerseits immer mehr Anwendungsfelder, andererseits sind die Vorteile der Anaerobtechnik in bestimmten Bereichen so pragnant, dass in Deutschland in bestimmten Industriebranchen in nahezu jedem groBeren Standort Anaerobreaktoren betrieben werden. Dies gilt z. B. fur die Zuckerindustrie, die Zellstoff- und Papierindustrie und in zunehmendem MaBe auch ftir groBere Brauereien. Metalir/o Leder (1 %)
Papier (I90/0) /^"^'"^^
^"^^^\.
^ ^ ^ "*" ^chlachthof (6%)
Molkerei (2%) Kartoffel ( 6 % ^ f c ^ V Hefe (2%)
/ ^ ^ ^ ^ ^ » ^
/ /
^ k
^*^^*^® (^°^°)
^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ Zellstoff (5%)
Getranke (2%) Fruchtsaft (3%) Chemie (1 %) Brennereien (6%j ^
_™™^_____„ ~ ™ ~ Zucker (19%)
Brauereien (13%) Sonstige 11%
Abb. 5.1-1. Branchenanteil der industriellen Anaerobanlagen in Deutschland Die wichtigsten Vorteile der anaeroben Industrieabwasserreinigung gegentiber der konventionellen aeroben Reinigung sind: • Anaerobe Reaktoren werden bei sehr hohen CSB-Raumbelastungen von bis zu 30 kg CSB/(m^-d) betrieben und erfordem daher vergleichsweise geringe Behaltervolumina. • Da es sich in der Regel um hohe Reaktoren handelt, benotigen sie eine geringe Grundflache. • Die spezifische Uberschussschlammproduktion betragt bei den versauemden Anaerobiern ca. 0,15 kg oTS/(kg CSB) und bei den methanogenen Bakterien ca. 0,03 kg oTS/(kg CSB), so dass die tJberschussschlammproduktion je nach Versauerungsgrad und Anteil der ungelosten Inertstoffe um den Faktor 3-10 niedriger liegt, als bei den aeroben Verfahren.
5.1 Vor- und Nachteile der anaeroben Behandlung
285
• Der anfallende Uberschussschlamm ist bereits weitgehend eingedickt und aufgrund des hohen Schlammalters gut stabilisiert. • Aufgrund der verringerten Uberschussschlammproduktion fallt auch die in vielen Industrien erforderliche Dosierung von Nahrsalzen und Spurenelementen entsprechend geringer aus. • Da anaerobe Prozesse unter Sauerstoffabschluss erfolgen, entfallt die bei aeroben Verfahren erforderliche kostenintensive Beltiftung. Der Energiebedarf anaerober Verfahren ist damit vergleichsweise gering. • Durch die anaerobe Umwandlung organischer Stoffe entsteht Biogas, das bei einem Methangehalt zwischen ca. 60 und 80 % einem Heizwert von ca. 6-8 kWh/m^ aufweist und thermisch und/oder elektrisch genutzt werden kann. • Aufgrund der geringen Bauvolumina, der geringen Uberschussschlammengen, des geringen Energiebedarfs und des Energiegewinns liegen die Abwasserbehandlungskosten i. Allg. deutlich niedriger. • Da Anaerobreaktoren aufgrund der Biogasproduktion systembedingt komplett abgedeckt sind, ist bei einem ordnungsgemaBen Betrieb die Geruchsemission sehr gering. • Manche aerob nur schwer oder nicht abbaubare Stoffe konnen anaerob abgebaut werden (z.B. Pektin, EDTA, Reaktivfarbstoffe, hoher chlorierte Aliphate (Perchlorethylen), Aromaten (PCB, Pentachlorphenol) und substituierte Aromaten (Nitroaromaten)). • Anaerob verfahren eignen sich besonders fiir Kampagnebetriebe (z.B. Zuckerindustrie), da die anaerobe Biomasse auch nach mehrmonatiger Ruhephase innerhalb weniger Tage wieder aktiv ist. Folgende Aspekte sind im Vergleich zu konventionellen einstufigen Belebungsanlagen als nachteilig zu betrachten: • Anaerobe Verfahren erreichen in der Regel beim Abbau der organischen Substanzen lediglich einen Wirkungsgrad von 65-95 %, so dass i.d.R. bei einer Direkteinleitung in ein Gewasser cine aerobe Behandlungsstufe nachzuschalten ist. • Eine gezielte Stickstoffelimination in Form der Prozessfolge Nitrifikation und Denitrifikation kann in Anaerobsystemen nicht umgesetzt werden. In Anaerobreaktoren erfolgt eine Stickstoffelimination nur in geringem MaBe iiber die Einbindung in den anaeroben Uberschussschlamm. Das Kohlenstoff zu Stickstoff Verhaltnis verschiebt sich dadurch in einen fiir die Stickstoffentfernung ungtinstigeren Bereich. • Da der anaerobe Abbau aus bis zu vier nacheinander zu vollziehenden Teilschritten besteht, erfordert der Gesamtprozess eine vergleichsweise hohere Prozesskontrolle und ein entsprechendes Betreiber-Know-how.
286
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Bei Feststoffen und Ausfallprodukten besteht bei Anaerobreaktoren die Gefahr der Anreicherung im System. Daher ist ggf. eine geeignete Vorbehandlung erforderlich. Aufgrund der geringen Behaltervolumina enthalten anaerobe Systeme vor allem die Hochlastsysteme - weniger Puffervolumen. Sie sind somit, wenn kein ausreichend dimensionierter Ausgleichstank vorliegt, empfindlicher gegentiber starken Belastungs- und Temperaturschwankungen. Anaerobe Reaktoren, bei denen die Biomasse iiberwiegend auf Tragermaterialien aufwachst, benotigen eine vergleichsweise lange Inbetriebnahmezeit.
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern 5.2.1 Grundsatzliches sowie Gliedemng anaerober Verfahren Als Kriterium ftir die Gliedemng anaerober Verfahren wird meist die Art der Biomassenanreicherung herangezogen. Dies liegt daran, dass anaerobe Biomasse sehr langsam wachst, und somit der Biomassenanreichung, d.h. der Aufkonzentrierung von Mikroorganismen im System, eine entscheidende Bedeutung zukommt. Die Abbildung 5.2-2 zeigt eine Ubersicht der verschiedenen anaeroben Verfahren in Abhangigkeit von der Art der Biomassenanreicherung. Anaerobe Verfahrenstechnik
.1.
"
r""":
I ohne Biomassenanreicherung i
1
I mit Biomassenanreicherung |
_X1
Ausschwemm Reaktor
I
Flocken
^' Anaerobe Belebung (Kontakt)
Tragermaterial
Pellets
^r Membran gestiitzter Reaktor
1
'
:^
1 UASB 1 1 EGSB (Schlamin 1
1
bett)
^'
^r
Festbett
FlieBbett (tragergestiitzt)
I Kombination I
HybridReaktor
Abb. 5.2-2. Gliedemng anaerober Verfahren (ATV-FachausschuB-7.5, 1990, erweitert)
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem
287
Man unterscheidet zwischen Reaktoren ohne Biomassenanreicherung (Ausschwemmreaktoren) sowie zwischen Reaktoren mit tiberwiegend flockiger Biomassenstruktur (Anaerobe Belebung, Membranbioreaktor), Reaktoren mit tiberwiegend pelletgebundener Biomasse (UASB, EGSB), Reaktoren mit tiberwiegend auf Tragermaterial anhaftender Biomasse (Festbettreaktoren, tragergesttitzte FlieBbettreaktoren) und Mischformen (Hybrid). Die Abbildung 5.2-3 zeigt die Entwicklung der Neubauten der wichtigsten Reaktortypen in Deutschland und verdeutlicht auch, dass zu bestimmten Zeiten jeweils ein Typ besondere Beachtung fand. So ist zu erkennen, dass das anaerobe Belebungsverfahren in den 1980er Jahren das am haufigsten gebaute Verfahren in Deutschland war. In den Jahren 1986-1993 wurden dann am haufigsten Festbettreaktoren errichtet. Heute ist der UASB-Reaktor und vor allem der erst in den letzten Jahren entwickelte EGSB-Reaktor (Hochleistungs-UASB-Reaktor) in den meisten Fallen das Verfahren der Wahl, wobei jedoch auch heute noch jeder Reaktortyp aufgrund seiner spezifischen Vorteile sinnvolle Anwendungen findet.
Abb. 5.2-3. Neubau von industriellen Anaerobanlagen in Deutschland
288
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
5.2.2 Ausschwemmreaktor (CSTR) Der Ausschwemmreaktor (Continuously Stirred Tank Reactor) ist ein Reaktortyp, in dem kein gezielter Riickhalt von Biomasse und damit keine gezielte Aufkonzentrierung von Mikroorganismen im System erfolgt. Die hydraulische Aufenthaltszeit ist also identisch mit der Aufenthaltszeit der Organismen, d.h. dem Schlammalter (tR = tjs). Damit dieses System betriebsstabil funktionieren kann, mtissen im Reaktor mindestens so viele Mikroorganismen neu gebildet werden, wie durch den Abwasserablauf an Mikroorganismen ausgeschwemmt werden, d.h. die hydraulische Verweilzeit muss groBer als der Kehrwert der Wachstumsrate gewahlt werden. Einer der wichtigsten methanogenen Bakterien ist Methanosaeta, das cine maximale Wachstumsrate von lediglich ca. 0,1 [1/d] aufweist. Daraus ergibt sich ohne Berticksichtigung der Sterberate eine Generationszeit von 1 / 0,1 = 10 Tage. In Anlehnung an das ATV-Arbeitsblatt A 131 (ATVDVWK, 2000) ist aber eine stabile Anreicherung von Organismen im System nur moglich, wenn ein Anreichemngsfaktor von 1,6 beriicksichtigt wird. Somit muss, ohne Berticksichtigung von entsprechenden Sicherheitsfaktoren und der Sterberate, das Schlammalter, d.h. in diesem Fall auch die rechnerische Aufenthaltszeit, mindestens 10 Tage -1,6 = 1 6 Tage betragen, um den Bakterientyp Methanosaeta im System zu halten. Die Ausschwemmreaktoren werden daher nach der Aufenthaltszeit bemessen, wobei bei diesem Reaktortyp tiblicherweise 15 bis 25 Tage gewahlt wird, wahrend bei alien anderen anaeroben Reaktorentypen, bei denen die hydraulische Verweilzeit tR von der Verweilzeit der Biomasse tjs entkoppelt ist, die hydraulische Aufenthaltszeit haufig kleiner als 1 Tag ist. Hieraus ist ersichtlich, dass es sich beim Ausschwemmreaktor i. Allg. um einen Schwachlastreaktor handelt, bei dem als wesentlicher Nachteil der groBe Volumenbedarf, als entsprechender Vorteil aber der geringe maschinen- und steuerungstechnische Aufwand zu nennen ist. Bei industriellen Abwassem wird der Ausschwemmreaktor daher heute zum einen in Form von anaeroben Teichen eingesetzt, dies gilt vor allem ftir Nordamerika, well dort haufig ausreichend groBe Platzverhaltnisse vorliegen. Zum anderen bietet sich der Ausschwemmreaktor dort an, wo eine Trennung von Mikroorganismen und Substrat unmoglich ist, zum Beispiel bei der anaeroben Behandlung stark feststoffhaltiger, industrieller Substrate (Ptilpen, Maischen, etc.). Hier kommt meist die aus der kommunalen Schlammfaulung bekannte Verfahrenstechnik zum Einsatz, die in Kapitel 4 detailliert betrachtet wurde.
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem
289
5.2.3 Anaerobe Belebung (Kontakt-Prozess) 5.2.3.1 Prozessbeschreibung Wie das aerobe Belebungsverfahren besteht auch das anaerobe Belebungsverfahren aus einem voUstandig durchmischten Ausschwemmreaktor, dem eine Absetzeinrichtung nachgeschahet ist, in der die Biomasse weitgehend vom Abwasser abgetrennt und eingedickt wird, um dann anschUeBend in den Reaktor zurtickgeftihrt zu werden. Je besser die Biomasse eingedickt werden kann, desto groBer kann die Biomassenkonzentration gewahh werden und entsprechend kleiner wird das erforderhche Reaktorvolumen. Da anaerobe Organismen vergleichsweise langsam wachsen, kommt dem Rtickhalt von Biomasse eine besondere Bedeutung zu. NachteiHg bei anaeroben Systemen ist weiterhin, dass zum einen anaerobe Biomasse schlechte Absetzeigenschaften aufweist und zum zweiten die beim Abbau entstehende Gasbildung sich negativ auf das Absetzverhahen der Biomasse auswirkt. Daher ist der Absetzeinrichtung haufig ein Entgasungsschritt vorgeschahet. Die Abbildung 5.2-4 zeigt das Grundschema eines anaeroben Belebungsverfahrens. Faulgas
Abfluss
ringformige Einpressung Zufluss Dampf Uberschuflschlamm
Abb. 5.2-4. Grundschema des anaeroben Belebungsverfahrens (Saake,1986)
290
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
5,2,3.2 Abscheideeinhchtungen und unterstutzende MaRnahmen Da die Leistungsfahigkeit dieses Reaktortyps maBgeblich von den Absetzund Eindickeigenschaften des Schlammes abhangt, kommt der richtigen Auslegung des Abscheiders und den untersttitzenden MaBnahmen eine wichtige Bedeutung zu. Als Abscheideeinrichtungen werden groBtechnisch nahezu ausschheBlich konventionelle Sedimentationsbecken oder Parallelplattenabscheider eingesetzt. Obwohl grundsatzlich auch die Flotation, Filtration, Zentrifugation und Membranverfahren eingesetzt werden konnen, liegen in der Anaerobtechnik bei diesen Verfahren bisher oft nur wenig Erfahrungen vor (die bisherigen Ergebnisse der membranunterstiitzten Anaerobreaktoren sind im nachfolgendem Kapitel dargestellt). Bei der Flotation besteht das Problem, dass im Grunde nur Stickstoffgas (teuer) oder Biogas (eine mogliche Explosionsgefahr ist zu berticksichtigen) eingesetzt werden konnen. Wahlt man jedoch einen hohen Reaktor im downflow-Betrieb, wiirde der Reaktorabfluss eine hohe geloste CO2Konzentration enthalten, die einen gewissen Flotationseffekt ermoglichen wurde (Defour, 1994). Filtrationsverfahren bewirken meist eine Druckerhohung im System und erfordem angesichts der hohen Feststofffrachten eine haufige Rticksptilung. Dagegen werden Hydrozyklone und Zentrifugen erfolgreich in Zuckerfabriken eingesetzt, um aus der anaeroben Biomasse schwere, inerte Feststoffe (Kalk) auszuschleusen (Taddigs, 2000), (Temper, 1986), wobei es sich hierbei aber um eine erganzende Verfahrensstufe vor oder nach einer Sedimentationsstufe handelt. Erfolgreich verlief auch der Einsatz eines Diisenseparators zur Unterstiitzung eines Sedimentationsbeckens in einer Starkefabrik (Seyfried, 1989). Biomassenabscheider konnen entweder in den Reaktor integriert oder auBerhalb des Reaktors angeordnet werden. Exteme Abscheider haben den Vorteil, dass durch unterstutzende MaBnahmen (siehe nachfolgend) auf die Abscheideleistung Einfluss genommen werden kann, nachteilig ist jedoch, dass die Bakterien einem gewissen Wechsel der Umweltbedingungen und den Scherkraften in den Rticklaufschlammpumpen ausgesetzt sind. Ein weiterer Vorteil ist der geringere Flachen- und Volumenbedarf, der vor allem dann auftritt, wenn statt eines konventionellen Absetzbeckens ein Parallelplattenabscheider verwendet wird. Hier kann bei 1 m^ Grundflache bis zu 15 m^ Abscheideflache gewonnen werden (Defour, 1994). Die nachfolgende Abbildung zeigt ein anaerobes Belebungsverfahren mit einem im Reaktorkopf integrierten Parallelplattenabscheider (Fa. Sulzer).
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern Ruhwerk
Blechverkleidung
\A
Gasraum
291
Abdeckung
Lamellenabscheider
Zulauf
nn Vorbehalter
Warm*taursdw
Ruhwerk Ablaijf
Abb. 5.2-5. Anaerobes Belebungsverfahren mit integriertem Parallelplattenabscheider Untersttitzende MaBnahmen zur Verbesserung des Absetzverhaltens zielen entweder auf eine Verminderung der Ausgasung im Abscheider (Strippung, Vakuumentgasung, Ktihlung, Rtihrwerke) und/oder auf eine Verbesserung der Schlammeigenschaften (Zugabe von Flockungs- und Flockungshilfsmitteln). Eine detailHerte Betrachtung der einzelnen MaBnahmen ist bei Bohnke (1993) und Kruse (1990) aufgefiihrt. Zur Verminderung der Nachgasung werden heute tiberwiegend Vakuumentgasungsverfahren eingesetzt. 5.2.3.3 GroRtechnische Auslegungsdaten Bei Austermann-Haun (1997b, erweitert) befindet sich eine Liste der in Deutschland gebauten, industriellen, groBtechnischen Anaerobanlagen. Die Liste umfasst 41 anaerobe Belebungsverfahren (davon 25 in der Zuckerindustrie) und enthalt als einzigen Bemessungswert die CSBRaumbelastung, die sich w^ie folgt ergibt:
292
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Tabelle 5.2-1. CSB-Raumbelastung von anaeroben Belebungsanlagen in Deutschland Anaerobe Belebung Alle Industrien ohne Zuckerindustrie
Anaerobe Belebung nur Zuckerindustrie
16
25
3,4
6,7
1,3
0,5
6,5
12,0
Anzahl Anlagen in Deutschland BR- Mittelwert [kg CSB/(m3-d)] 1 B R - Min. [kg CSB/(m^-d)l 1 BR- Max. [kg CSB/(m3-d)]
Die Tabelle 5.2-2 enthalt die Auslegungsdaten (=A) bzw. Betriebsdaten (=B) einiger groBtechnischer, anaerober Belebungsverfahren. Es zeigt sich, dass durch die Schlammabscheidung und -riickfuhrung der TR-Gehalt im Reaktor auf bis zu 25 kg/m^ aufkonzentriert werden kann. Die oTR-Konzentration liegt jedoch lediglich im Bereich von 5-11 kg/m^ Tabelle 5.2-2. Auslegungs- und Betriebsdaten (Mittelwerte) anaerober Belebungsanlagen Anlage
Gemiisefabrik, A, * Pektinfabrik, B, ** Hefefabrik, Zitronensaure, B, ** Molkerei, Zucker Zucker B, **
TR [kgW]
oTR [kgW]
3,6
-
10,0
5,7
1,9
20,6
21,4
6,3
3,4
33,6
10,2
11,4
CSB^u [kgW]
tR
BR
[d]
[kg/ (m^-d)l
25,0
6,9
10,8
CSBab [kg/m']
qA [mV (m^-h)l
0,36
1,3
0,10
9,7
0,20
1,4
0,15
22,0
11,0
0,29
4,2
0,08
3,3
22,8
11,2
0,29
7,5
0,16
5,3
2,1
9,0
7,0
0,30
1,0
0,30
8,0
1,1
7,2
25,0
10,0
0,72
0,3
-
5,8
0,6
10,5
21,0
4,8
2,20
0,3
0,22
BQTR
[kg/ (kg-d)l
*=(Bohnke 1993); **=(Saake 1986); ***=(Defour 1994);****=(Fisclier 1989) MaBgeblich ftir das Erreichen eines hohen Biomassengehaltes im Reaktor ist neben der ausreichenden Dimensionierung des Abscheiders vor allem das Absetzvermogen des Schlammes. Ein Problem dabei ist, dass nach Untersuchungen von Saake (1988) die aktive anaerobe Biomasse schlechtere
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem
293
Absetzeigenschaften aufweist, als die organische Trockenmasse (oTR) und daher der Abscheider bevorzugt den nicht aktiven Anteil des oTR anreichert. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung ist, dass sich die Absetzeigenschaften mit verringerter Schlammbelastung verbessem. Daher empfiehh (Saake, 1986) die CSB-Schlammbelastung BOTR < 0,4 kg/(kg-d) zu wahlen. Dies gih nicht ftir Zuckerfabrikabwasser, das aufgrund seines hohen Kalkgehahes ein sehr gutes Schlammabsetzverhahen ermoghcht. Die Dimensionierung des Abscheiders erfolgt tiber die Feststoffflachenbelastung und die hydrauHsche Flachenbeschickung qA. Nach Untersuchungen von Saake (1988) ist bis zu einer Netto-Flachenbeschickung von qA = 0,25 mV(m^-h) ein 90 %iger Riickhalt von oTS moglich, bei steigender Beschickung sinkt der Wirkungsgrad dagegen sehr schnell. Daher empfiehlt er eine Netto-Flachenbeschickung von qA < 0,15 m^/(m^-h). Kroiss (1999) nennt Flachenbeschickungen von qA = 0,1 - 1,0 mV(m^-h). Nach Seyfried (1989) kam es in einer Weizenstarkefabrik bereits bei Flachenbeschickungen von qA = 0,15 mV(m^-h) zu Problemen mit dem Schlammruckhalt. Defour (1994) nennt Details zur Auslegung von Parallelplattenabscheidem und empfiehlt einen Crossflow-Betrieb sowie die Feststoffflachenbelastung auf 3 kg TS/(m^-h) zu begrenzen. Moglichkeiten den Schlammverlust zu minimieren sind z.B. eine Kaskadenanordnung, eine diskontinuierliche Durchmischung des Reaktors oder die Zugabe von Flockungshilfsmitteln. 5.2.3.4 Bedeutung des Reaktortyps sowie Vor- und Nachteile Wie der Liste der in Deutschland gebauten, industriellen Anaerobanlagen entnommen vv^erden kann (Austermann-Haun, 1997b, erweitert), wurde das anaerobe Belegungsverfahren in einer Vielzahl von Industriebranchen erfolgreich eingesetzt und findet auch heute noch neue Anwendungen. In der deutschen Zuckerfabrik ist diese Technik bisher das am meisten eingesetzte Verfahren, dies liegt zum einen daran, dass sich die Biomasse aufgrund des hohen Kalkgehaltes im Abwasser sehr gut absetzt und dass sich zum anderen die Kalkproblematik im Gegensatz zu den Festbett- oder UASB-Reaktoren verfahrenstechnisch besser beherrschen lasst, da der Kalk mittels Hydrozyklonen oder Zentrifugen anteilig aus der anaeroben Biomasse ausgeschleust werden kann. Bei Abwassem mit hohen Kalkgehalten, ausfallbaren Komponenten oder anderen anorganischen Inhaltsstoffen stellt der von Kroiss entwickelte EKJ-Reaktor eine interessante Alternative dar, da er mit einem integrierten Schildraumer versehen ist, mit dem die schweren Sedimente ausgeschleust werden konnen (Kroiss, 1999). Da die Abwasserzuleitung von unten erfolgt (auf dem Raumer direkt tiber den Schilden) und ein integrierter Ab-
294
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
scheider existiert, handelt es sich bei diesem Typ um eine Kombination zwischen dem anaeroben Belebungsverfahren und dem UASB-Reaktor. Ein weiterer Reaktor mit einem integrierten Schildraumer wurde von der Fa. Steinmtiller entwickelt und gebaut. Eine Mischung zwischen einem anaeroben Belebungsverfahren und einem Ausschwemmreaktor stellt der von der Fa. ADI entwickelte ADI-BVF®-Prozess dar, bei dem es in einer Teichanlage durch entsprechende Einbauten und eine Rticklaufschlammpumpe zu einer Aufkonzentrierung von Biomasse kommt (Malina, 1992). Die wichtigsten Vor- und Nachteile der anaeroben Belebungsverfahren sind in der Tabelle 5.2-3 dargestellt: Tabelle 5.2-3. Vor- und Nachteile der anaeroben Belebungsverfahren Vorteil
Nachteil
Einfache und iibersichtliche Verfahrenstechnik und somit einfache Betriebsliberwachung und Wartung.
Aufgrund der geringen Biomassenkonzentration konnen i.d.R. nur CSBRaumbelastungen von 2-5 kg/(m^-d) erreicht werden (bei Zuckerfabriken bis ca. 10 kg/(m^-d)). Dadurch sind ein groBes Reaktorvolumen und ein hoher Platzbedarf erforderlich.
Aufgrund hoher Aufenthaltszeiten gute Pufferkapazitat gegenixber Belastungsspitzen und toxischen Komponenten.
Neben dem bereits groBen erf Reaktorvolumen sind zusatzliche 15-100 % an Wasservolumen fur das Absetzbecken notwendig. Haufig ist eine Vakuumentgasung Oder ahnliches erforderlich.
Hohe Betriebssicherheit wenn die Abscheidung gut funktioniert.
Die Absetz- und Eindickeigenschaften der Biomasse sind nur schwer vorherzusagen. Die Schwankungen konnen den Faktor 3-5 erreichen (Kroiss, 1999).
Keine Probleme mit hohen Feststoffgehalten im Abwasser (kann ggf den Uberschussschlamm der aeroben Stufe mit aufnehmen).
Der Abscheideprozess fordert die Rixckfiihrung von nicht aktiver Biomasse und anorganischen Stoffen statt der aktiven anaeroben Biomasse.
Keine Verstopfungsprobleme.
Das Verfahren ist auf CSB-Konzentrationen > 2.000 mg/1 beschrankt, da ansonsten die Schlammverluste ilber den Ablauf anteilig zu groB werden.
Geringere Probleme mit Kalkausfallungen, da eine Kalkausschleusung z.B. durch Separatoren moglich ist.
Die Scherbelastung des Schlammes durch die Rucklaufschlammpumpen kann zu Aktivitatsverlusten fuhren.
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern
295
5.2.4 Membranunterstiitzte Anaerobreaktoren Mit dem Ziel, sehr niedrige CSB-Abflusskonzentrationen zu erreichen und vor allem den Biomassengehalt im Reaktor zu erhohen, entwickelte die Fa. Dorr-Oliver zu Beginn der 1980er Jahre das sog. MARS®-Verfahren (Membrane Anaerobic Reactor System), das aus einem volldurchmischten Reaktor und einer nachgeschalteten Membranfiltrationseinheit (Ultrafiltration) besteht. Wahrend das Permeat der Membranfiltration den gereinigten Ablauf der anaeroben Stufe darstellt, wird das Konzentrat in den Reaktor zuriickgefuhrt und bewirkt somit die erwtinschte Biomassenerhohung. Auf einer ahnlichen Idee basiert das in Siidafrika entwickelte ADUF®Verfahren, bei dem der Reaktor jedoch aus einem Clarigester statt einem volldurchmischten Reaktor besteht. Um die Funktionsfahigkeit der Ultrafiltration im Crossflow-Betrieb zu gewahrleisten, ist bei beiden Verfahren ein entsprechend hoher transmembraner Druck und vor allem eine hohe Uberstromgeschwindigkeit erforderlich. Dies ftihrt dazu, dass die Membranen neben der Abwassermenge mit einer bis zu 10-fachen Kreislaufmenge beschickt werden mtissen. Nachteilig an diesen Systemen ist neben den Kosten ftir die Membranen, den Aufwendungen fur die Membranreinigung und dem hohen Energiebedarf, vor allem die bei der Filtration entstehende mechanische Beanspruchung der anaeroben Mikroorganismen, in dessen Folge die Aktivitat der Organismen stark beeintrachtigt wird. Entsprechende Untersuchungen zur AktivitatseinbuBe von anaeroben Bakterien bei membranunterstiitzten Anaerobanlagen warden von Brockmann (1998a) beschrieben. Ross (1992) und Defour (1994) berichten von drei groBtechnischen ADUF®-Anlagen in Sudafrika. Bei Brockmann (1998a) werden neben diesen drei Anlagen zwei weitere GroBanlagen gegeniibergestellt. Die CSBRaumbelastungen dieser Anlagen liegen dabei zwischen 1,7 und 8,0 kg CSB/(m3-d) (im Mittel 4,4 kg CSB/(m3-d), so dass, i. Allg. die Membranstufe gegentiber den konventionellen anaeroben Belebungsverfahren nur eine verhaltnismaBig geringe Erhohung der Raumbelastung ermoglicht. Aus diesen und den vor genannten Griinden ist der Neubau von membrangesttitzten Anaerobreaktoren derzeit nicht aktuell. 5.2.5 UASB-Reaktoren (Schlammbettreaktoren) 5.2.5.1 Prozessbeschreibung Das Prinzip des UASB-Reaktors (Upflow Anaerobic Sludge Blanket) beruht auf der Fahigkeit bestimmter anaerober Mikroorganismen sich zu
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5 Anaerobe Abwasserbehandlung
schweren festen Flocken oder vorzugsweise zu sog. Pellets zusammenzuballen, die aufgrund ihr GroBe (Durchmesser von mehreren Millimetern) und ihrer festen, kompakten Form, sehr gute Absetzeigenschaften besitzen und sich daher im Reaktor anreichem, wahrend die nicht zur Pelletbildung geeigneten Organismen aus dem System ausgeschwemmt werden. Durch diesen Selektionsprozess konnen im sog. Schlammbett oTR-Gehalte von bis zu 90 kg/m^ erreicht werden, wobei bei Reaktorhohen von 4,5-7 m das Schlammbett meist eine Hohe von 1,0-4,0 Metem aufweist. Die grundsatzlichen Mechanismen sowie die Einflussfaktoren auf die Pelletbildung werden in Kapitel 2 beschrieben. Die Abwasserzufiihrung erfolgt von unten in das Schlammbett. Durch ein engmaschiges Verteilersystem und die Gasentwicklung beim anaeroben Abbau, wird die Biomasse ausreichend umgewalzt und mit Substrat versorgt. Um das fiir die Selektion erforderliche Ausschwemmen von nicht pelletfahiger Biomasse zu gewahrleisten, muss ein moglichst konstantes hydraulisches Regime gefahren werden, welches teilweise durch eine mengengeregelte anteilige Rtickfiihrung von gereinigtem Abwasser in den Reaktor erfolgt. Im oberen Teil der Reaktors befindet sich der Dreiphasenabscheider, der zum einen die Abfiihrung des beim Prozess entstehenden Biogases ermoglicht und zum anderen durch seine Konstruktion zu einer weitgehenden Bemhigung der Wasserphase fuhren soil um den ungewollt in den Abscheider aufgetriebenen Pellets ein Zuriicksinken in den unteren Reaktorteil zu ermoglichen. Das Schema eines UASB-Reaktors ist in der Abbildung 5.2-6 dargestellt. 5,2.5.2 GroRtechnische Auslegungsdaten Bei der Dimensionierung eines UASB-Reaktors sind folgende drei Bereiche auszulegen: Das erforderliche Reaktorvolumen, das Einlaufsystem (einschlieBlich des Rezirkulationssystems) sowie der Dreiphasenabscheider. Beispiele groBtechnischer UASB-Anlagen: Bevor die wichtigsten Bemessungsparameter im Detail betrachtet werden, erfolgt zunachst zur Ubersicht eine Auflistung einiger in der Literatur angegebenen Details von UASB-Anlagen. Hierbei handelt es sich ausschlieBlich um Betriebsergebnisse von industriellen GroBanlagen.
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem
297
Biogas Abfluss
Gaskasten
Gasabscheider
Schlammbett
Abb. 5.2-6. Schema eines UASB-Reaktors (BIOPAQ® - System)
Tabelle 5.2-4. Betriebsdaten von groBtechnischen UASB-Reaktoren Anlage
BR
tR
[kg/ [h] (m^-d)]
Fmchtsaft^ Brauerei^ KartoffeP Brauerei"^ Starke^ Papier^ Brauerei"^ Kartoffef Lakritz"^ Brennerei^ Zucker"^ Zucker^
3,8 4,7 8,3 5,9 17,6 6,9 6,8 10,0 13,0 14,5 15,2 12,5
13,4 10,6 7,5 17,0 7,5 4,5 6,0 28,8 33 3,3 4,4 9,6
oTR oTR TR CSBzu CSBab BoTR VH20 Schlamm [%] Was[m/h] [kg/m^] [kg/m^] [kg/ bett servo- (kg-d)] [kg/m^l lumen [kg/m^j 80 71 0,15 0,32 26 0,34 2,1 73 39 0,40 18 0,26 0,60 2,1 85 36 0,23 0,26 0,75 2,6 75 14 0,42 55 0,46 4,2 0,60 100 27 0,65 1,00 5,5 0,67 90 80 43 0,16 0,40 1,3 1,23 82 62 0,34 20 0,30 1,07 1,7 50 80 0,34 29 0,60 12,0 0,19 48 80 28 0,46 1,80 18,0 0,17 90 1,30 2,0 0,30 149 30 0,52 29 0,25 2,8 1,25 5,0 0,50 -
^ = (Austermann-Haun, 1997c); ^ = (Austermann-Haun, 1997a); ^ = (Defour, 1994); "^ = (Pereboom, 1994a) und (Pereboom, 1994b); ^ = (Driessen, 1994); ^ (Zahringer, 1994)
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5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Es zeigt sich, dass bei nahezu alien Parametem eine groBe Bandbreite vorliegt. Hieraus ergibt sich, dass auch heute nocti vor dem Bau einer industriellen Anaerobanlage die Bemessungsansatze durch entsprechende halbtechnische Pilotversuche iiberpruft werden sollten. CSB-Raumbelastung Die Ermittlung des erforderlichen Reaktorvolumens erfolgt bisher meist liber die CSB-Raumbelastung. Industrielle UASB-Reaktoren, deren Reaktortemperatur meist zwischen 25 und 38 °C liegt, werden tiberwiegend auf eine CSB-Raumbelastung von 8 - 1 5 kg/(m^-d) ausgelegt, wobei sehr haufig der Wert von 10 kg/(m^-d) gewahlt wird. Die CSB-Raumbelastung von 10kg/(m^-d) ist auch exakt der Mittelwert der Reaktorauslegung der in Deutschland existierenden 50 UASB-Anlagen, wobei die Bandbreite der Dimensionierung von 4 - 1 5 kg/(m^-d) reicht. Die in der Tabelle 5.2.-4 angegebenen Betriebswerte der CSB-Raumbelastung zeigen, dass der tatsachliche Belastungsbereich ein noch breiteres Spektrum umfasst, da die Anlagen teilweise mit CSB-Frachten beschickt werden, die deutlich tiber bzw. unter den Auslegungsdaten liegen. Eine wichtige EinflussgroBe auf die Wahl der CSB-Raumbelastung ist die Abwasserzusammensetzung. In der nachfolgenden Abbildung ist die CSBRaumbelastung in Abhangigkeit von den Industriebranchen dargestellt. Die Daten basieren auf den Auslegungswerten von 269 groBtechnischen UASB-Anlagen, die von einem Anlagenbauer errichtet wurden (entsprechend der Referenzliste). Es ist zu erkennen, dass bei leicht abbaubaren Abwassem (Brennerei) die mittlere Auslegung ca. 13 kg/(m^-d) betragt, wahrend bei langsamer abbaubaren Abwassern (z.B. Molkereien) lediglich ca. 6 kg/(m^-d) gewahlt werden. Auch bei den Empfehlungen von Lettinga (1991) zur CSB-Raumbelastung von UASB-Reaktoren sind die Abwasserzusammensetzung (vor allem der Feststoffgehalt und der Anteil an organischen Sauren) und die Abwasserkonzentration neben der Reaktortemperatur und der Biomassenart (tiberwiegend Flockenschlamm oder Pellets) eine wichtige EinflussgroBe. Bei den dort angegebenen teilweise sehr hohen Werten ist jedoch zu berticksichtigen, dass sie nicht mit konventionellen UASB-Reaktoren sondem nur mit den neueren UASB-Hochleistungsreaktoren (EGSBReaktoren) erreicht werden konnen. Letztendlich muss berticksichtigt werden, dass eine Reaktorauslegung tiber die CSB-Raumbelastung nur eine Abschatzung ist und dass daher eine prazise Bemessung u.a. nur tiber die Ermittlung des Biomassengehaltes und der organischen Schlammbelastung erfolgen kann.
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern
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kg CSB/m^*d Ji"! 14,0-'^ '
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Abb. 5.2-7. CSB-Raumbelastungen von UASB-Reaktoren in Abhangigkeit von den Industriebranchen (Referenzliste mit 269 Anlagen) Aufenthaltszeit Bei industriellen Anwendungen ist die Aufenthaltszeit im Methanreaktor meist kein bedeutender Auslegungsparameter. Lediglich bei sehr niedrigen CSB-Konzentrationen kann er flir die Ermittlung des erforderlichen Reaktorvolumens maBgeblich werden. Lettinga (1991) empfiehlt, eine MindestAufenthaltszeit im Methanreaktor von tR > 4,0 Stunden einzuhalten. Die Praxisbeispiele aus der Tabelle 5.2-4 zeigen jedoch, dass bei gtinstigen Randbedingungen auch mit Aufenthaltszeiten, die knapp tiber bzw. unter dem Wert von 4,0 Stunden liegen, gute Ergebnisse erzielt werden konnen. Biomassengehalt, TR, oTR und Biomassenhohe Um kleine Reaktorvolumen zu erreichen, miissen hohe Biomassengehalte im Reaktor angestrebt werden. Hohe Biomassengehalte bedingen hohe Feststoffgehalte (TR) und organische Feststoffgehalte (oTR) im Reaktor. Diese sind vor allem dann zu erreichen, wenn die Biomasse in Form von Pellets vorhegt. Die grundlegenden Mechanismen, die die Bildung von Pellets fordem, sind bereits in Kapitel 2 diskutiert worden. MaBgeblich ist demnach neben der Abwasserzusammensetzung bzw. der Vorbehandlung des Abwassers
300
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
vor allem der Selektionsprozess, der wiederum u.a. von der Konstruktion des Einlaufsystems und der gewahlten Aufstromgeschwindigkeit abhangt. Der tiblicherweise maximal erreichbare Feststoffgehalt im Schlammbett von UASB-Anlagen betragt ca. 100 kg/m^ Lediglich wenn die Pellets anteilig groBere Mengen an Kalk enthalten (vor allem bei Zuckerfabrikabwasser), werden teilweise noch deutlich hohere Werte gemessen. Meist sind im Schlammbett TR-Konzentrationen von 80-90 kg/m^ zu erreichen. Der organische Anteil in den Pellets liegt, wenn keine groBeren Kalkanteile vorhanden sind, zwischen 70 und 90 %. Dies bestatigen auch die in der vorherigen Tabelle dargestellten Betriebsergebnisse. Damit sind im Schlammbett organische Feststoffgehalte (oTR) von maximal 90 kg/m^ erreichbar und oTR-Konzentrationen von 60-70 kg/m^ im Schlammbett tiblich. Der Verlauf der Feststoffkonzentration iiber die Reaktorhohe ist z.B. bei Pereboom (1994a) fur vier verschiedene UASB-Reaktoren dargestellt. Teilweise liegt auf mehr als 50 % der Reaktorhohe ein nahezu homogenes Schlammbett vor, teilweise existiert aber nur ein z.B. 1 m hohes Schlammbett mit hohen Feststoffgehalten und dartiber eine sog. Schlammdecke, mit einer deutlich geringeren Konzentration. Die theoretisch maximal mogliche Schlammbetthohe ist der untere Bereich des Abscheiders, so dass gerade noch der erforderliche Gastibergang erfolgen kann. In der Praxis werden die Anlagen jedoch auf geringere Schlammbetthohen ausgelegt, so dass zwischen dem Schlammbett und dem Abscheider meist ein Ubergangsbereich liegt. Ist dieser Ubergangbereich zu klein, kommt es haufig zu einem erhohten Schlammabtrieb. Somit liegt die maximale Schlammbetthohe meist bei ca. 50 % der Wasserhohe. Bei tiblichen Reaktorhohen von 4,5-7 m liegt somit i. Allg. die maximale Schlammbetthohe zwischen 2,2 und 4,0 Metem. Die in der Praxis anzutreffenden teilweise deutlich niedrigeren Schlammbetthohen stellen haufig nicht den maximal moglichen Wert fur das betrachtete Objekt dar, sondem konnten haufig noch gesteigert werden. Vor allem die Giite der Konstruktion des Dreiphasenabscheiders entscheidet dartiber, mit welcher Schlammbetthohe ein Reaktor betriebsstabil funktioniert. Wenn der Abscheider eine hohe Rtickfiihrung von aufgetriebenen Pellets ermoglicht, ist nur ein kleiner Ubergangsbereich erforderlich und somit kann eine groBe Schlammhohe erreicht werden. Mit zunehmender Schlammbetthohe steigt jedoch auch die Gasflachenbeschickung (stiindliche Biogasproduktion pro m^ Reaktorgrundflache), so dass dann die Gasabscheidung im Abscheider oder der mit einer hohen Gasaufstromgeschwindigkeit einhergehende Schlammauftrieb zum begrenzenden Faktor werden kann.
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern
301
Die auf das gesamte Reaktorwasservolumen bezogene oTR-Konzentration liegt somit i. Allg. zwischen 20 und 35 kg/m^ und betragt im Mittel ca. 25 kg/m^ Dies bestatigen auch die in der Tabelle 5.2-4 dargestellten Betriebsergebnisse. Durch eine deutliche Verbesserung des Abscheiders, welches die wichtigste Grundlage der UASB-Hochleistungsreaktoren (EGSB-Reaktoren) darstellt, konnen dort deutlich hohere Schlammspiegelhohen und damit auch etwas hohere, auf das gesamte Reaktorwasservolumen bezogene, oTR-Konzentrationen erreicht werden. CSB-Schlammbelastung Die max. mogliche CSB-Schlammbelastung bzw. die auf den abgebauten CSB bezogene maximale spezifische Biomassenaktivitat ist vor allem eine GroBe, die von der Abwasserzusammensetzung, der Abwasservorbehandlung und den Milieubedingungen und somit von der Biomassenzusammensetzung abhangt. Daneben haben jedoch auch Reaktorbetriebsbedingungen wie z.B. die Aufstromgeschwindigkeit einen gewissen Einfluss. Wie auch aus den Betriebsergebnissen der in der vorherigen Tabelle aufgelisteten Anlagen zu erkennen ist, werden UASB-Anlagen meist mit CSB-Schlammbelastungen von 0,2-0,6 kg CSB/(kg oTR-d) betrieben. Bei sehr gut abbaubaren Abwassern (z.B. Briidenkondensat von Brennereien), bzw. wenn, wie bei Zuckerfabrikabwassem eine nahezu vollstandige Vorversauerung vorliegt, konnen auch Belastungen von 1,0 kg CSB/(kg oTR-d) und ggf. hoher gefahren werden. Bei dieser Beschickung liegt dann aber nahezu keine Betriebsreserve gegentiber unvorhergesehenen Uberlastereignissen (Frachtspitzen, Temperaturabfall, etc.) vor. Einlaufsystem und Aufstromgeschwindigkeit Bei UASB-Reaktoren ist eine moglichst gleichmaBige Verteilung des Abwasserzuflusses iiber die Reaktorgrundflache von grundlegender Bedeutung, da neben der Vermeidung von Totraumen die erforderliche Umwalzung des Reaktorinhaltes speziell bei diesem Reaktortyp haufig ausschlieBlich aus der Zulaufwassemienge und der von ihr ausgehenden Biogasproduktion resultiert. Ist die CSB-Raumbelastung festgelegt, sollten um so mehr Einlaufoffnungen pro Gmndflache installiert werden, je geringer die Reaktorhohe bzw. je hoher die CSB-Konzentration ist. Lettinga (1991) empfiehlt bei CSB-Raumbelastungen von 4 kg/(m^-d) eine Offnung pro 2 m^ Reaktorgrundflache bzw. eine hohere Offnungsanzahl bei niedrigeren Raumbelastungen. Dieser Wert von einer Offnung pro 2 m^ Reaktorgrundflache wird auch bei vielen industriellen UASB-Anlagen verwendet (Defour, 1994).
302
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Bei UASB-Reaktoren liegt die auf die Reaktorgrundflache bezogene, rechnerische Aufstromgeschwindigkeit (VH2O) i- Allg. zwischen 0,3 und ca. 1,0 mV(m^-h). Sowohl die in Tabelle 5.2-3 - 5.2-4 aufgelisteten Anlagen als auch andere Quellen z.B. Zoutberg (1998) oder Defour (1994) bestatigen dies. Dabei gilt grundsatzlich, dass eine hohere Aufstromgeschwindigkeit eine bessere Durchmischung und damit auch einen besseren Stoffaustausch ermoglicht, die Aufstromgeschwindigkeit aber nur so weit erhoht werden kann, dass der Abscheider noch einen sicheren Riickhalt der Biomasse gewahrleistet. Um einen konstanten Selektionsdruck aufrecht zu erhalten und den Pelletabtrieb zu minimieren, sollte ein UASB-Reaktor mit einer moglichst konstanten Aufstromgeschwindigkeit betrieben werden. Daher und um u.a. eine insgesamt hohere Aufstromgeschwindigkeit zu erreichen, wird bei einigen Anlagen der Abwasserablauf anteilig rezirkuliert. Die Reaktorbeschickungspumpe lauft dann konstant, wahrend sich die Anteile von Abwasser und rezirkuliertem Ablauf je nach Abwasseranfall andem. Dreiphasenabscheider Der Konstruktion des Dreiphasenabscheiders kommt eine sehr groBe Bedeutung zu, da der ausreichende Riickhalt von Biomasse und eine gute Gasentnahme wichtige Voraussetzungen fur eine hohe Leistungsfahigkeit und Betriebssicherheit sind. Die Detailkonstruktionen der Abscheider sind in vielen Fallen Entwicklungsleistungen bestimmter Anlagenbauer und daher haufig patentiert. Generelle Auslegungshinweise ftir Dreiphasenabscheider sind bei Lettinga (1991) angegeben. Nach Zoutberg (1998) sollte i. Allg. die auf die Abscheidergrundflache bezogenen Aufstromgeschwindigkeit VH20,Abscheider 1,0 m/h nicht iiberschreiten und auch die auf die Reaktorflache bezogenen Gasflachenbeschickung Voas < 1,0 m/h gewahlt werden, da nur dann eine ausreichende Gasabtrennung und ein ausreichender Pelletriickhalt gewahrleistet sind. Diese Werte werden jedoch neben der Sedimentationsgeschwindigkeit der Pellets maBgeblich von der Giite der Abscheiderkonstruktion bestimmt, so dass, bei einer entsprechend guten Konstruktion, grundsatzlich auch hohere Werte gewahlt werden konnen, wie die nachfolgend vorgestellten EGSB-Verfahren zeigen. Aus der Vorgabe der maximal moglichen Gasflachenbeschickung kann sich auch die Begrenzung der Reaktorhohe ergeben. 5.2,5.3 Bedeutung des Reaktortyps sowie Vor- und Nachteile Der UASB-Reaktor ist der weltweit am haufigsten gebaute Reaktortyp zur anaeroben Behandlung von Abwasser. In den letzten Jahren werden jedoch
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern
303
neben den UASB-Reaktoren zunehmend die UASB-Hochleistungsreaktoren (EGSB-Reaktoren) errichtet, die eine Weiterentwicklung der klassischen UASB-Reaktortechnologie darstellen. Dennoch wird der klassische UASB-Reaktor, aufgrund seiner spezifischen Vorteile, auch zuktinftig noch vielfaltige Anwendungen finden. Die wichtigsten Vor- und Nachteile der klassischen UASB-Reaktoren bei der industriellen Abwasserreinigung sind in der folgenden Tabelle dargestellt. Tabelle 5.2-5. Vor- und Nachteile des UASB-Verfahrens Vorteil
Nachteil
Aufgrund des hohen Biomassengehaltes konnen i.d.R. CSB-Raumbelastungen von 8-15 kg/(m^-d) erreicht werden. Damit ergibt sich ein kompaktes und preisgiinstiges System.
Bei Industrieabwasser ist das Verfahren nur wirtschaftlich, wenn eine Pelletbildung gelingt. Dies ist nicht bei alien Abwassern moglich.
Robustes und langlebiges System, da Es kann zu einem Ausschwemmen von u.a. im Reaktor keine beweglichen Tel- Pellets und damit zu Biomassenverlusle (z.B. Riihrer) existieren. ten kommen. Da es sich um den am haufigsten gebauten Reaktortyp handelt, liegen vielfaltige Erfahrungen vor.
UASB-Reaktoren sind empfmdlich gegentiber zu hohen Feststoff-, Fett- und Kalziumkonzentrationen im Abwasser.
Die Inbetriebnahme erfolgt sehr schnell, da ausreichend Impfschlamm in hoher Qualitat verfiigbar ist.
Aufgmnd geringer Aufenthaltszeiten keine gute Pufferkapazitat gegenllber Belastungsspitzen und toxischen Komponenten.
Der Biomassengehalt kann vergleichsweise genau bestimmt und bei Bedarf aufgestockt werden.
Der Stoffaustausch BiomasseAbwasser ist schlechter als bei EGSBReaktoren.
Nach einem Storfall (z.B. Toxizitat) kann durch Nachimpfen (mit eigenem Uberschussschlamm) die Leistung schnell wieder hergestellt werden. Die Biomasse unterliegt nur einer geringen Scherkraftbeanspruchung. Pelletschlamm reagiert teilweise unempfindlicher gegenllber Hemmungen als suspendierter Schlamm. Keine Verstopfungsprobleme.
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5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Die modulare Bauweise des Abscheiders ermoglicht giinstige Ortbetonbauweisen. Da die Umwalzung iiberwiegend durch den Gasaufstieg erfolgt, ist nur ein geringer Strombedarf (Zulaufpumpe) erforderlich. Die unkomplizierte Bestimmung der Biomasse ermoglicht eine einfache Betriebsiiberwachung des Systems.
5.2.6 EGSB-Reaktoren 5,2.6.1 Prozessbeschreibung und Ubersicht Der EGSB-Reaktor (Expanded Granular Sludge Bed) ist ein Reaktorkonzept, das versucht, die jeweils vorteilhaften Aspekte der FlieBbettreaktoren und der UASB-Reaktoren miteinander zu verbinden. Der EGSB-Reaktor wird haufig auch Hochleistungs-UASB genannt, da er grundsatzlich auf dem gleichen Reaktorkonzept wie das UASB-Verfahren basiert. Die entscheidenden Unterschiede gegentiber dem UASB-Reaktor liegen in der schlankeren Bauform, einer groBeren Reaktorhohe von bis zu 27 m, einer teilweise sehr weitgehenden Abwasserrezirkulation, eines feiner verteilten Abwasserzulaufs und vor allem in einer Verbesserung bzw. Leistungssteigerung des Dreiphasenabscheiders. So ist es gelungen, einen hoher belastbaren Reaktortyp zu entwickeln, der i.d.R. auf CSB-Raumbelastungen von 15-25 kg CSB/(m^-d) ausgelegt wird. Die gegentiber dem UASB-Reaktor erhohte Belastbarkeit, resultiert zum einen daraus, dass, auf das Gesamtvolumen bezogen, mehr Biomasse im System ist und zum zweiten die erhohte Aufstromgeschwindigkeit und die deutlich hohere Gasflachenbeschickung zu einer sehr guten Durchmischung des Schlammbetts und somit zu einer erhohten Aktivitat der Mikroorganismen fiihrt. Die als erstes entwickelten und daher bereits in einer Vielzahl von GroBanlagen erfolgreich eingesetzten Reaktortypen sind der von der Firma Biothane entwickelte BIOBED®-Reaktor und der von der Fa. Paques entwickelte BIOPAC-IC®-Reaktor. Die Fa. Zeppelin Umwelttechnik entwickelte vor wenigen Jahren den Zeppelin ITC-Reaktor, der ahnlich wie der BIOPAC-IC®-Reaktor zwei tibereinander angeordnete Abscheider besitzt. Die vergleichsweise wenigen GroBanlagen werden meist auf CSB-Raumbelastungen von 10-15 kg
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CSB/(m^-d) ausgelegt und liegen daher nicht deutlich iiber den Auslegungswerten konventioneller UASB-Reaktoren. Die Firma Kurita Water hat in Japan 10 GroBanlagen vom Typ Super BIOSAVER® gebaut, die ahnHch wie der BIOBED®-Reaktor nur einen Abscheider aufweisen und mit CSB-Raumbelastungen von 20-25 kg CSB/(m3-d) betrieben werden (Yasuo, 2001). Da ledigHch vom BIOBED®-Reaktor und vom BIOPAC-IC®-Reaktor vielfaltige groBtechnische Anwendungen vorliegen und ausreichende Informationen dazu veroffentlicht wurden, werden nur diese beiden Reaktortypen nachfolgend detailliert betrachtet. 5.2.6.2 Bedeutung des Reaktortyps sowie Vor- und Nachteile Da fur EGSB-Reaktoren zunachst gmndsatzlich die gleichen Vor- und Nachteile wie ftir UASB-Reaktoren gelten, werden sie hier nicht noch einmal erwahnt. Die nachfolgende Auflistung enthalt somit hier lediglich die Vor- und Nachteile aller EGSB-Reaktoren gegentiber den UASBReaktoren. Tabelle 5.2-6. Vor- und Nachteile der EGSB-Reaktoren gegenuber den UASBReaktoren. Vorteil Durch die verbesserte Abscheiderkonstruktion konnen deuthch hohere Schlammbetthohen und damit auf das Gesamtvolumen bezogen erhohte Biomassengehalte erreicht werden. Die hohen Aufstromgeschwindigkeiten ermoghchen einen sehr guten Stoffaustausch zwischen Abwasser und Biomasse und damit eine erhohte Biomassenaktivitat. Aufgrund der hohen Biomassengehalte und der hohen Biomassenaktivitat konnen CSB-Raumbelastungen von 15-30 kg/(m^-d) erreicht werden. Dadurch ergibt sich ein sehr kompaktes und preisgiinstiges System. Weniger anfalHg bzgl. abfiltrierbarer Stoffe im Zulauf, da sie aufgrund der erhohten Aufstromgeschwindigkeiten teilweise ausgespiilt werden.
Nachteil Erhohte Pumpkosten aufgrund der groBeren Rezirkulationsraten.
Die Effizienz bzgl. des Abbaus von abfiltrierbaren Stoffen ist geringer, es wird fast nur der filtrierte CSB abgebaut. Aufgrund der groBen Hohe sind die in einigen Landem sehr giinstigen Ortbetonbauweisen nicht mehr moglich.
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5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Aufgrund der hohen Rezirkulationsrate konnen grundsatzlich abbaubare, in ihrer Ursprungskonzentration aber toxische Stoffe (z.B. Formaldehyd), abgebaut werden. Die hohe Rezirkulationsrate ermoglicht auch die Behandlung von sehr hoch konzentrierten Abwassem. Die Rezirkulation anaerob behandelten Abwassers fiihrt durch die Ruckfiihrung von Hydrogenkarbonat zu einer Erhohung der Alkalinitat und damit zu einem reduzierten Bedarf an Natronlauge zur pH-Wert-Einstellung. Aufgrund des geringen Volumens und der groBen Hohe ist nur ein sehr geringer Flachenverbrauch gegeben. Die kleine Deckelflache ermoglicht eine kostengunstige komplette Abdichtung, so dass es keine Abluftemissionen gibt und ein Drucksystem mit integriertem Gasspeicher moglich ist (siehe BIOBED®-Reaktor). Aufgrund der hohen zulassigen Aufstromgeschwindigkeit konnen auch Abwasser mit niedrigen Konzentrationen mit vergleichsweise hohen Raumbelastungen abgebaut werden.
Aus der Tabelle ist abzulesen, dass der EGSB-Reaktor, verglichen mit dem UASB-Reaktor, tiber eine Vielzahl von Vorteilen verfiigt. Da inzwischen auch viele Erfahrungen aus groBtechnischen Anlagen vorliegen, wird dieser Reaktortyp zunehmend dem UASB-Reaktor vorgezogen. Dies bestatigt auch die Tendenz, dass bei Neubauten in Deutschland derzeit der EGSBReaktor am haufigsten eingesetzt wird.
5,2.6.3 BIOBED®'Reaktor Reaktorkonstruktion Die Bezeichnung BIOBED® wurde zunachst von der Fa. Gist-Brocades als Handelsmarke ftir den von ihr entwickelten FlieBbettreaktor verwendet, der im Jahr 1984 erstmalig groBtechnisch in Betrieb genommen wurde und in Kapitel 5.2.8 vorgestellt wird. Im Jahr 1989 wurde bei einer Hefefabrik in Deutschland erstmalig eine etwas modifizierte Reaktorkonstruktion
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem
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groBtechnisch in Betrieb genommen, die statt mit Tragermaterialien mit Pelletschlamm gefiillt wurde und den Namen UFB BIOBED® erhielt (Upflow Fluidized Bed). Die Entwicklungsgeschichte ist bei Frankin (1992) dargestellt. Mit Beginn der 1990er Jahre entwickelte die Fa. Biothane in Zusammenarbeit mit dem Hydraulischen Institut der Universitat Delft einen neuen Abscheider, der 1992 erstmalig groBtechnisch eingesetzt wurde. Der mit diesem Abscheider ausgestattete Typ, der nachfolgend detailHert beschrieben wird, heiBt BIOBED®-Reaktor oder BIOBED®-EGSB. Die Abbildung 5.2-8 zeigt das Schema des BIOBED®-Reaktors.
Zufluss
Abb. 5.2-8. Schema des BIOBED®-Reaktors BIOBED "-Reaktoren werden mit einer Wasserhohe von ca. 12-17 m gebaut, so dass sie etwa um den Faktor 2-3 hoher sind als UASB-Reaktoren. Die Einspeisung erfolgt ebenso wie bei den UASB-Reaktoren liber eine Vielzahl von Zuflussoffnungen direkt liber dem Reaktorboden. Die Besonderheit des BIOBED®-Reaktors liegt in der Konstruktion des Dreiphasen-Abscheiders. Er ist so konstruiert, dass durch einen schrag angeordneten Parallelplattenabscheider das aufsteigende Biogas einerseits von der Abscheideroffnung weggeflihrt wird und zum anderen das Biogas eine Kreisstromung um die Parallelplatten herum induziert, die eine ver-
308
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
besserte Ablosung der ggf. an den Pellets anhaftenden Gasblasen und durch die nach unten gerichtete Stromung auch eine aktive Riickfuhrung der ggf. in die Abscheideroffnung gelangten Schlammpellets ermoglicht (Versprille, 1994). Die gegentxber dem Parallelplattenabscheider angeordnete Aufweitung kann als Energieumwandlungskammer verstanden werden, um die Turbulenzen zu verringem und somit die Absetzfahigkeit der Schlammpellets zu verbessem. Gelangen dennoch Pellets in die Ablauftrichterzone, bedingt die Aufweitung des Trichters eine zunehmende Verringerung der Aufstromgeschwindigkeit und ermoglicht so den Pellets ein Zuriicksinken in die Reaktionszone. Das gebildete Biogas wird an dem Dreiphasen-Abscheider vorbei geftihrt und oberhalb der Wasseroberflache im Kopfteil des unter Druck stehenden Reaktors gespeichert, wobei dieser aus dem Kopfteil bestehende Gasspeicher meist eine Hohe von 1-2 m aufweist. Aufgrund dieser Konstruktion konnen somit ein Kompressor zur Erhohung des Gasdrucks sowie ein separater Gasspeicher entfallen. Die ersten Reaktoren wurden mit Uberdriicken von ca. 200 mbar betrieben heute liegt der Betriebsdruck meist bei 50-100 mbar. Zum BIOBED®-Reaktor gehort immer ein vorgeschaltetes Konditionierungsbecken, das zum einen als Pumpenvorlage ftir die Reaktorbeschickungspumpe und weiterhin als Mischbecken zur Vermischung des ankommenden Abwassers mit dem Rezirkulationsstrom und ggf. zuzugebender Nahrsalze, Spurenelemente sowie Neutralisationsmittel dient. Um eine hohe und moglichst konstante Aufstromgeschwindigkeit im Reaktor zu erreichen und um ggf toxische Abwasserkonzentrationen zu verdiinnen, wird bei den BIOBED®-Reaktoren meist immer der Reaktorablauf anteilig rezirkuliert, wobei die Rezirkulationsrate in Abhangigkeit von der Abwasserkonzentration und -menge das 0,1 bis 30-fache (Anwendungsbeispiel Caldic Europort) der Abwassermenge ausmachen kann. Da die Reaktorbeschickungspumpe auch bei schwankendem Abwasseranfall immer konstant lauft, andem sich die Anteile von Abwasser und rezirkuliertem Ablauf entsprechend dem jeweiligen Abwasseranfall. Das im oberen Abscheiderbereich iiber die Wehre geflossene, behandelte Wasser gelangt zunachst in einen schmalen, seitlich am Abscheider angeordneten Wasserkasten, von dem aus es je nach Rezirkulationsverhaltnis anteilig zum Ablauf und anteilig in das Konditionierungsbecken zuriickgeftihrt wird. Da der Ablauf aus dem Wasserkasten meist hoher als der Wasserstand im Konditionierungsbecken angeordnet ist, muss ein unkontrolliertes „Absttirzen" des Wassers aus dem Ablaufkasten vermieden werden, weil ansonsten lokale Unterdrticke entstehen, die ein ungewolltes Abfiihren des Biogases in die Konditionierung, die haufig nicht als Drucksystem ausgelegt ist, bedingen. Somit ist durch eine entsprechende MSR-Technik
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem
309
z.B. in Verbindung mit einer Motorklappe standig ein Mindestwasserstand im Wasserkasten zu gewahrleisten. Bei hohen Wasserstandsdifferenzen zwischen dem BIOBED®-Reaktor und der Konditionierung sowie bei hohen Rezirkulationsraten kann es teilweise zu einer hohen erforderlichen Pumpenleistung der Beschickungspumpe kommen. Da auch die Rezirkulationswassermenge durch den Abscheider gefiihrt wird, kann es dort lokal zu sehr hohen Geschwindigkeiten kommen, so dass hier unbedingt die Auslegungsdaten bzw. Vorgaben des Herstellers beriicksichtigt werden sollten, um ein Abtreiben von Pellets zu verhindem. GroBtechnische Beispiele Bevor die wichtigsten Bemessungsparameter im Detail betrachtet werden, erfolgt zunachst zur Ubersicht eine Zusammenstellung einiger Betriebsergebnisse bzw. Auslegungsdaten von groBtechnischen BIOBED®-Reaktoren. Tabelle 5.2-7. Betriebsergebnisse (=B) bzw. Auslegungsdaten (=A) von groBtechnischen BIOBED®-Reaktoren Anlage
BR
tR
kg/
19,4 B,Brauerei ^ B,Chemie ' 17,5 B,W-Starke' 15,6 13,9 B,Hefe ^ 9,6 B,Chemie ^ B,Brauerei11,0 reststoffe ^ 19,2 A,Fruchtsaft 12,3 A,Brennerei Neuerer AuslegungsWert
2,6 55,0 6,4 3,5 18,3 45,8 5,3 29,2
oTR Wasservolumen kg/m^ 29,8 50,5 28,9
30,4
BoTR
VH20
VH20,
Voas
[kg/ (kg-d)]
[m/h]
Abscheider
[m/h]
CSBzu kg/m^
CSBab [kg/m^]
0,65 0,35 0,54
6,7 9,4
15,1
6,0 7,8 1,2
12,8 3,3
3,7 5,5 2,9 4,1 2,3 2,2
2,1 40,0 4,2 2,0 7,3 21,0
0,32 0,65 1,08 0,20 1,10 2,10
3,9 2,5 <6
7,7 7,9 <10
4,9 2,7 <7
4,3 15,0
0,85 3,00
0,40
[m/h]
' =(Otten 1986), ' = (Zoutberg 1997a),' = (Lanting 1996), ^ = (van der Pas 2000), ^ =(Zoutberg 1997b), ^ = (Brockmann 1998c) Reaktorauslegung CSB-Raumbelastung: Die Abbildungen 5.2-9 und 5.2-10 basieren auf einer Datenauswertung der Referenzlisten der Firmen Biothane und VATECH-WABAG (Lizenznehmer fur BIOBED®-Reaktoren), wobei die CSB-Raumbelastung lediglich von 39 groBtechnischen Anlagen bestimmt werden konnte.
310
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Die Abbildung 5.2-9 zeigt die mittlere CSB-Raumbelastung der in jedem Jahr neu in Betrieb genonmienen Anlagen. Es ist zu erkennen, dass die BIOBED®-Reaktoren zunachst auf CSB-Raumbelastungen von im Mittel ca. 15kg/(m^-d) ausgelegt wurden wahrend sie inzwischen auf etwas hohere Werte von ca. 20 kg/(m^-d) dimensioniert werden. Die mittlere CSB-Raumbelastung aller 39 ausgewerteter BIOBED®-Anlagen betrug, auf den gesamten Zeitraum bezogen, 17,9 kg/(m^-d). Neben einer zeitlichen Entwicklung bei der Auslegung der Reaktoren ist jedoch vor allem die Abwasserzusammensetzung und damit die Industriebranche maBgeblich ftir die Festlegung der CSB-Raumbelastung. Es zeigt sich, dass bei gut abbaubaren Abwassem mittlere CSB-Raumbelastungen von ca. 23 kg/(m^-d) gewahlt werden, wahrend bei den schwerer abbaubaren Abwassem nur auf ca. 16 kg/(m^-d) dimensioniert wird. Die in der Tabelle 5.2-7 dargestellten Betriebswerte dokumentieren, dass im praktischen Betrieb i.d.R. etwas geringere Raumbelastungen gefahren werden, als in der Referenzliste angegeben. kg CSB/(m *d)
1993 1994 1995
1996
1997
1998
1999
2000Uahr
Abb. 5.2-9. Mittlere CSB-Raumbelastung der jeweils neu in Betrieb genommenen BIOBED®-Reaktoren(Auslegungswerte) Aufenthaltszeit: Um die bei den EGSB-Reaktoren angestrebten hohen Raumabbauleistungen zu erreichen, liegt bei diesen Reaktoren die Aufenthaltszeit haufig nur
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem
311
bei wenigen Stunden (siehe Tabelle 5.2-7). Hieraus erklart sich auch, dass i. Allg. nur der leichter abbaubare, filtrierte Anteil des CSB abgebaut wird. Biomassengehalt, TR, oTR und Biomassenhohe: Die Feststoffgehalte und organischen Feststoffgehalte im Schlammbett liegen in der gleichen GroBenordnung wie bei UASB-Reaktoren, d.h. meist sind im Schlammbett TR-Konzentrationen von 80-90 kg/m^ erreichbar, Maximalwerte betragen ca. lOOkg/m^ (bei hoheren Kalziumanteilen teilweise noch dariiber). Bei zunehmender Aufstromgeschwindigkeit nimmt zwar die Expansion des Schlammbettes zu, jedoch kommt es, bei den gewahlten Aufstromgeschwindigkeiten von < 6 m/h, noch nicht zu einer (durch die Bettexpansion bedingten) maBgeblichen Reduktion der TRKonzentrationen. kg CSB/m^*d 25,0 [22,8
22,1 —
19,9
-'..- ./ ^^-z' Abb. 5.2-10. Mittlere CSB-Raumbelastung von BIOBED®-Reaktoren in verschiedenen Industriebranchen (Auslegungswerte) Wenn keine groBeren Kalkanteile vorliegen, liegt der organische Anteil in den Pellets i. Allg. zwischen 75 und 90 %. Die maximale Schlammbetthohe liegt i. Allg. bei ca. 60 % der Wasserhohe und somit meist im Bereich von 6-10 m. GroBtechnische Ergebnisse zeigen aber, dass auch Schlammbetthohen von 14 m (bei einer Wasserhohe von 17,3 m) betriebsstabil gefahren werden konnen (Zoutberg, 1997a). Aufgrund der vergleichsweise hohen, relativen und absoluten Schlammbetthohen werden i. Allg., auf das gesamte Reaktorwasservolumen bezo-
312
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
gene oTR-Konzentrationen von 25 bis 50 kg/m^ (im Mittel ca. 3035 kg/m^) erreicht (siehe auch Tabelle 5.2-7). CSB-Schlammbelastung: Da die hoheren Aufstromgeschwindigkeiten einen besseren Stoffaustausch ermoglichen, konnen EGSB-Reaktoren mit etwas hoheren CSB-Schlammbelastungen als UASB-Reaktoren betrieben werden. Ubhche Auslegungswerte liegen zwischen 0,4 und 0,9 kg CSB/(kg oTR-d), im Mittel bei ca. 0,6 kg CSB/(kg oTRd). Einlaufsystem: Bei BIOBED®-Reaktoren erfolgt die Einspeisung ebenso wie bei den UASB-Reaktoren liber diverse Zuflussoffnungen direkt tiber dem Reaktorboden. Die Offnungen sind dabei nach unten angeordnet um eine bessere Durchmischung des Schlammbettes zu erreichen. Aus dem gleichen Grund sind, im Vergleich zu UASB-Reaktoren, auch eine hohere Anzahl von Offnungen vorhanden - tibhcherweise eine Offnung pro 0,7-1,3 m^ Reaktorgrundflache. Aufstromgeschwindigkeiten und Gasflachenbeschickung: Da die ersten BIOBED®-Reaktoren sehr stark an die FlieBbettreaktortechnologie angelehnt waren, warden sie zunachst mit vergleichsweise hohen Aufstromgeschwindigkeiten von ca. 10 m/h (bezogen auf die Reaktorgmndflache) betrieben. Die groBtechnischen Erfahrungen bei der Fa. Caldic Europoort zeigen, dass der BIOBED®-Reaktor sogar grundsatzlich auch bei Aufstromgeschwindigkeiten von bis zu 15 m/h betrieben werden kann (Zoutberg, 1997a). Dennoch ist auch aus der Tabelle 5.2-7 zu erkennen, dass mit zunehmender groBtechnischer Erfahrung niedrigere Aufstromgeschwindigkeiten gewahlt wurden. Heute werden die BIOBED®Reaktoren fur Aufstromgeschwindigkeiten von max. 6 m/h, bezogen auf die Rektorgrundflache, ausgelegt (Zoutberg, 1998). Bei der Auslegung des BIOBED®-Reaktors sind weiterhin folgende Auslegungswerte zu benicksichtigen: Die auf die Abscheidergrundflache bezogene Aufstromgeschwindigkeit sollte 10 m/h nicht tiberschreiten. AuBerdem sollte die Gasflachenbeschickung (bezogen auf die Reaktorgrundflache) weniger als 7 m/h betragen (Zoutberg, 1998). Abscheider: Die Konstruktion des Abscheiders wurde bereits zuvor beschrieben. Die Auslegung des Abscheiders richtet sich nach der, auf die Abscheidergrundflache bezogen, Aufstromgeschwindigkeit, die 10 m/h nicht tiberschreiten sollte.
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem
313
5.2.6A IC®'Reaktor Reaktorkonstruktion: Der IC®-Reaktor (Internal Circulation) wurde von der Fa. Paques entwickelt und besteht im Grundprinzip aus zwei iibereinander angeordneten UASB-Reaktoren, einem hochbelasteten unteren Reaktorraum sowie einem niedrig belasteten Raum im oberen Reaktorteil. Das im unteren Abscheider abgetrennte Gas erzeugt einen Gaslift und - durch den Rticklauf (Downer) des mitgerissenen Abwassers - eine interne Zirkulation, die dem System den Namen gibt. IC-Reaktoren werden immer mit einer Wasserhohe von 19,7 m bzw. 23,7 m (in seltenen Fallen mit max. 25,7 m) als runde Stahl- bzw. Edelstahlbehalter errichtet. Die Durchmesser betragen ca. 2,310,5 m. Das Verhaltnis Hohe zu Durchmesser liegt zwischen ca. 2,5 und ca. 8, so dass es sich i. Allg. um sehr schlanke, hohe Reaktoren handelt. Die Abbildung 5.2-11 zeigt das Schema des IC®-Reaktors. Die wichtigsten Telle des Reaktors sind das Einlaufverteilersystem, das interne Rezirkulationssystem, die untere hochbelastete Reaktorzone sowie die im oberen Reaktorteil angeordnete Nachreinigungszone. Neben der intemen Rezirkulation werden die IC®-Reaktoren haufig noch zusatzlich mit einer extemen Rezirkulation ausgestattet, so dass ihnen haufig ein Konditionierungsbecken vorgeschaltet ist, das als Pumpenvorlage fiir die Reaktorbeschickungspumpe und als Mischbecken zur Vermischung des ankommenden Abwassers mit extemer Rezirkulation und ggf. zuzugebenden Nahrsalzen, Spurenelementen sowie Neutralisationsmitteln dient. Auch bei IC-Reaktoren wird eine weitestgehend konstante Fordermenge der Reaktorbeschickungspumpe angestrebt, so dass sich bei schwankendem Abwasseranfall die Anteile von Abwasser und extern rezirkuliertem Ablauf entsprechend andem. Der Zulauf zum Reaktor wird zunachst in ein Einlaufverteilersystem am Reaktorboden gegeben, in dem sich der Reaktorzulauf mit dem intern rezirkuliertem Wasser- und Schlammstrom vermischt, bevor beides dann in das dariiber liegende Schlammbett gelangt. Das Einlaufverteilersystem besteht im Prinzip aus einem auf dem Reaktorboden stehenden Kegel. Wahrend die interne Rezirkulation von oben in die Kegelspitze gefiihrt wird, induzieren die tangential angeordneten Reaktorzulaufe eine Kreisstromung innerhalb des Kegels. Indem zwischen den Blechen des Kegelmantels ein entsprechender Abstand sowie eine Uberlappung der Kegelbleche gewahlt wird, ist so eine Abwasserfiihrung aus dem Kegelinneren in das Schlammbett gegeben, welche eine sehr gleichmaBige Verteilung tiber die Reaktorgrundflache und eine anteilige tangentiale Stromung im Schlammbett garantiert.
314
5 Anaerobe Abwasserbehandlung Biogas Gas / FlussigkeitsSeparator
Abfluss
2. Gasabscheider
Gaslift (Riser)
Downer
1. Gasabscheider
Einlaufverteiler
Zufiuss
Abb. 5.2-11. Schema des IC®-Reaktors (Habets et al 1997)
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern
315
Die iiber dem Einlaufverteiler angeordnete Hochlastzone besteht aus einem expandierten Schlammbett, in dem der Hauptteil des CSB in Biogas konvertiert wird. Diese Hochlastzone, die sich bis zur Unterkante des 1. Abscheiders erstreckt, umfasst ca. 55-65 % der Reaktorwasserhohe und kann komplett mit Pellets gefiillt sein. Die maximal mogliche Hohe des Schlammbettes ist in etwa die Unterkante des 1. Abscheiders zuziiglich 2 m (entspricht in etwa der Bauhohe des 1. Abscheiders). Aufgrund der hohen Aufstromgeschwindigkeit und Gasflachenbeschickung kommt es in dieser Zone zu einem sehr intensiven Kontakt zwischen dem Abwasser und den Schlammpellets, so dass hier hohe Schlammaktivitaten erreicht werden. Das interne Rezirkulationssystem besteht zunachst aus dem unteren Abscheider, in dem das in der Hochlastzone gebildete Biogas vom Abwasser abgetrennt wird und durch ein Steigrohr (Riser) in den auf dem Reaktordeckel angeordneten Gas-Fltissigkeits-Separator gefiihrt wird. Durch das aufsteigende Biogas wird ein Gaslift erzeugt, der auch anteilig Abwasser und Pelletschlamm in den Gas-Fltissigkeits-Separator fuhrt. Dort wird das Biogas vom Schlamm-Abwassergemisch getrennt und verlasst den Reaktor, wahrend das Schlamm-Abwasser-Gemisch durch den sog. Downer wieder zum Reaktorboden zuriickgefiihrt wird. Die interne Rezirkulationsmenge richtet sich nach der gebildeten Biogasmenge. Messungen ergaben, dass bei den iiblichen Auslegungswerten ca. 1,8-2,0 m^ Wasser pro m^ aufsteigenden Biogases mitgeftihrt werden, wobei der untere Wert fiir CSBRaumbelastungen unter 20 kg CSB/(m^-d) gilt. Eine graphische Darstellung der Ergebnisse ist Vegt (1994) zu entnehmen. Das bereits groBtenteils gereinigte Abwasser umflieBt den ersten Gasabscheider und gelangt so in die Nachreinigungszone, wo der restliche abbaubare CSB umgesetzt wird. Da in diesem Bereich die interne Rezirkulation nicht mehr wirkt und auch nur ca. 10-20 % des gesamten Biogases anfallt, ist die Aufstromgeschwindigkeit entsprechend gering, so dass in dem oberen Abscheider neben der Restgasentnahme vor allem ein guter Rtickhalt von aufgeschwommenen Pellets ermoglicht wird. Da in dieser Zone die Schlammkonzentration i. Allg. vergleichsweise niedrig ist, steht dort ausreichend Platz zur Verfiigung, um die bei Frachtspitzen auftretende, zusatzliche Expansion des Schlammbetts aufzunehmen. So werden die bei Frachtspitzen moglichen Schlammverluste vermieden. Im oberen Teil des 2. Abscheiders sind wie beim UASB-Reaktor Ablaufrinnen angebracht, uber die das Abwasser den Reaktor verlasst. Der Reaktordeckel ist mit zu offnenden Deckeln versehen, die weitestgehend gasdicht abschlieBen und so eine Abluftabsaugung i.d.R. iiber einen Biofilter ermoglichen.
316
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Die speziellen Vorteile des IC®-Reaktor liegen neben der, auf das Gesamtvolumen bezogenen, sehr hohen Biomassenkonzentration vor allem in der, durch die interne Rezirkulation bedingten, hohen Aufstromgeschwindigkeit von bis zu 20 m/h und der dadurch erhohten Durchmischung und Aktivitat der Biomasse. Dabei ist die interne Rezirkulation ein sich selbst regulierendes System: Steigende CSB-Konzentrationen bedingen einen steigenden Gasfluss und damit eine erhohte Rezirkulation, die zu einer besseren Durchmischung und zu einer besseren Verdtinnung der hohen Zuflusskonzentrationen ftihrt. CSB-Frachtspitzen konnen besser aufgenommen werden, da zum einen durch die hohe Riickfiihrung von Hydrogenkarbonat aufgrund der hohen Gesamtrezirkulationsrate sehr viel Pufferkapazitat im Reaktorzulauf zur Verfugung steht, die eine Versauerung des Schlammbettes verhindert. Zum anderen wird durch die weitgehende Abfiihrung des Biogases in dem 1. Abscheider und der geringen Aufstromgeschwindigkeit im oberen Abscheider i.d.R. ein sehr guter Riickhalt von Pelletschlamm gewahrleistet. IC®-Reaktoren sind weniger anfallig beziiglich Ausfallerscheinungen von z.B. CaCOs oder MAP. Dies liegt daran, dass bei der intemen Rezirkulation nur sehr wenig CO2 ausgestrippt wird und dadurch der pH-Wert nicht soweit ansteigt, dass es zu Ausfallungen kommt. Da das Abwasser ftir die interne Rezirkulation bei ca. 8 m Wassersaule in das Steigrohr gefiihrt wird, ist sehr viel CO2 im Abwasser gelost (Ubersattigung). Im GasFltissigkeits-Separator kommt es zwar in geringem MaBe zu einer CO2Ausgasung, die Aufenthaltszeit reicht dort jedoch nicht aus, um eine weitgehende C02-Ausstrippung zu erreichen. AuBerdem ist, aufgrund der in der Reaktormitte liegenden Gasentnahme, die Strippung des CO2 durch das aufsteigende Biogas deutlich vermindert. Zusatzlich kann, falls erforderlich, der abgeschlossene Luftraum oberhalb der Uberlaufwehre mit CO2Gas vorgespannt werden, indem das Reaktorablauffallrohr an diesen Luftraum angeschlossen wird und so, das beim Abstiirzen des Abwassers aus ca. 20 m Hohe zwangslaufig ausgasende C02-Gas, eine Anreicherung dieses Luftraumes mit CO2 bewirkt. So konnen z.B. bei mit Papierfabrikabwasser betriebenen IC®-Reaktoren die pH-Werte im Kopfbereich auf 6,26,5 begrenzt werden, wodurch CaCOs-Ausfallungen groBtenteils vermieden werden konnen. GroBtechnische Beispiele Die Tabelle 5.2-8 enthalt zur ersten Ubersicht eine Zusammenstellung einiger Betriebsergebnisse bzw. Auslegungsdaten von groBtechnischen IC®Reaktoren. Die Diskussion der einzelnen Parameter bzw. die Vorstellung der wichtigsten Bemessungsparameter erfolgt nachfolgend.
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern
317
Tabelle 5.2-8. Betriebsergebnisse (=B) bzw. Auslegungsdaten (=A) von groBtechnischen IC®-Reaktoren Anlage
BR
tR
[kg/ m^-d]
[h]
oTR Wasservolumen
6,3
32,4
Intemer VII20, VH20, [kg/ oben Recycle unten [m/h] kg-d] [m/h] [%] BOTR
[m/h]
CSBzu [kg/mT
CSBab [kg/m^]
VGas
[kg/mT B, Insulin 30,3
0,94
3,8
420
19,6
9,8
7,9
2,00
8,0
60
12,6
2,8
1,7
0,84
1
B, Milchpulv. ^ B, Kartoffel^ B, Brauerei^ B, Kartoffel A, Brennerei A, Starke Auslegungswert
15,2
2,7
33,4
5,2
30,2
1,10
3,8
420
19,9
9,9
7,2
1,25
26,0
2,2
27,0
0,96
8,9
140
21,1
7,5
2,4
0,48
21,0
6,9
37,8
0,56
2,9
350
13,1
6,3
6,0
1,00
28,5
12,6
34,3
0,83
6,3
870
19,8
8,4
15,0
2,80
26,4
22,7
47,6
0,55
4,2 <8
1510
19,9 <20
9,7 <12
25,0
3,70
^ =(Habets, 1997), ^ =(Driessen, 1999), ^ =(Pereboom, 1994b)+(Vegt, 1994) Reaktorauslegung CSB-Raumbelastung: Die Abbildungen 5.2-12 und 5.2-13 basieren auf der Auswertung der Referenzliste der Firma Paques, wobei der Datensatz 114 groBtechnische IC®Reaktoren umfasst. Die Abbildung 5.2-12 zeigt die mittlere CSB-Raumbelastung der jeweils neu in Betrieb genommenen IC®-Reaktoren. Es ist zu erkennen, dass der mittlere Auslegungsw^ert der CSB-Raumbelastung seit 6 Jahren vergleichsweise konstant bei ca. 22 kg CSB/(m^'d) liegt. Daraus ist zu schlieBen, dass inzwischen ausreichend Betriebserfahrungen vorliegen und das Reaktorsystem weitestgehend ausgereift ist. Die Abbildung 5.2-13 demonstriert, dass dieser Auslegungsw^ert von 22 kg CSB/(m^-d) keineswegs ftir alle Industriebranchen gilt, sondem an das jeweilige Industrieabwasser (und die speziellen Randbedingungen vor Ort) angepasst werden muss. Es zeigt sich, dass bei gut abbaubaren Abwassern aus Brennereien oder kartoffelveredelnden Betrieben mittlere CSB-Raumbelastungen von 25 kg/(m^-d) bzw. nahezu 30 kg/(m^-d) gewahlt werden, wahrend bei schwerer abbaubaren Abwasser der Auslegungswert teilweise unter 20 kg CSB/(m^-d) liegt.
318
5 Anaerobe Abwasserbehandiung
Die in der Tabelle 5.2-8 dargestellten Werte belegen, dass diese vergleichsweise hohen Auslegungswerte in der Praxis auch erreicht werden und IC®-Reaktoren grundsatzlich bei entsprechenden Abwassem und sonstigen Randbedingungen auch bei CSB-Raumbelastungen von 30 kg CSB/(m^-d) und ggf. dartiber betriebstabil betrieben werden konnen.
1997 1998
ahr 1999 2000
Abb. 5.2-12. Mittlere CSB-Raumbelastung der jeweils neu in Betrieb genommenen IC®-Reaktoren (Auslegungswerte) kg/m'**d, 29,1
Abb. 5.2-13. Mittlere CSB-Raumbelastung von IC"-Reaktoren in verschiedenen Industriebranchen (Auslegungswerte)
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern
319
Aufenthaltszeit: Um auch bei niedrigen CSB-Zulaufkonzentrationen Raumbelastungen von 20 kg CSB/(m^-d) und dariiber zu erreichen, muss die rechnerische Aufenthaltszeit im Reaktor entsprechend verringert werden. Wie aus der Tabelle 5.2-8 zu erkennen ist, konnen IC®-Reaktoren bei gtinstigen Randbedingungen grundsatzlich auch bei Aufenthaltszeiten von ca. 2-3 Stunden betriebsstabil mit niedrigen CSB-Ablaufkonzentrationen betrieben werden. Biomassengehalt, TR, oTR und Biomassenhohe: Aufgrund der Aufstromgeschwindigkeiten von bis zu 20 m/h findet bereits eine nennenswerte Expansion des Schlammbettes statt, so dass i. Allg. die Feststoffgehalte im Schlammbett etwas niedriger liegen als bei UASBReaktoren. Im Mittel liegen im Schlammbett TR-Konzentrationen von 6090 kg/m^ vor, maximal konnen jedoch auch ca. 100 kg/m^ erreicht werden. Wenn keine groBeren Kalkanteile vorliegen, betragt der organische Anteil der Pellets i. Allg. 75-90 %. Die maximale Schlammbetthohe liegt i.d.R. bei ca. 60-70 % der Wasserhohe. So ist bei dem 24 m hohen Reaktor ein stabiler Betrieb bei Schlammbetthohen von 16-17 m moglich. Aufgrund der vergleichsweise hohen, relativen und absoluten Schlammbetthohe werden, bezogen auf das gesamte Reaktorwasservolumen, oTRKonzentrationen von 30 bis 50 kg/m^ (im Mittel ca. 35 kg/m^) erreicht (siehe auch Tabelle 5.2-8). CSB-Schlammbelastung: Da die hoheren Aufstromgeschwindigkeiten einen besseren Stoffaustausch ermoglichen, konnen hohere CSB-Schlammbelastungen als bei UASBReaktoren gewahlt werden. Ubliche Auslegungswerte liegen zwischen 0,55 und 1,0 kg CSB/(kg oTR-d), im Mittel bei ca. 0,7-0,8 kg CSB/(kg oTRd). Einlaufsystem: Die Konstruktion des Einlaufsystems wurde bereits beschrieben. Die bei Schlammbettreaktoren tibliche KenngroBe, der auf die Reaktorgrundflache bezogenen Offnungsanzahl, existiert hier nicht. Aufstromgeschwindigkeiten und Gasflachenbeschickung: Wie aus der Beschreibung des intemen Rezirkulationssystems abgeleitet werden kann, sind im unteren Reaktorteil die Gasflachenbeschickung so wie die Aufstromgeschwindigkeit aus Zulauf, extemer- und intemer Re-
320
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
zirkulation wichtige Auslegungswerte, wahrend im oberen Reaktorteil nur die Aufstromgeschwindigkeit aus dem Zulauf und der ggf. vorhandenen extemen Rezirkulation von Bedeutung ist. Die Aufstromgeschwindigkeit im oberen Reaktorteil sollte i.d.R. kleiner als 8 m/h gewahlt werden, um einen ausreichenden Rtickhalt von Biomasse zu gewahrleisten. Die in der vorstehenden Tabelle aufgefiihrten Beispiele zeigen, dass bei Abwassem mit niedrigen CSB-Konzentrationen dieser Wert teilweise im groBtechnischen Betrieb liberschritten wurde, ohne dass es zu Problemen mit der Betriebsstabilitat kam. Wie aus dieser Tabelle zu erkennen ist, kann die aus dem Gaslift bedingte, interne Rezirkulationsrate bei sehr niedrigen CSB-Konzentrationen unter 100 % liegen, wahrend sie bei hohen CSB-Konzentrationen das 10fache der Abwassermenge tiberschreiten kann. Die Flussigkeitsaufstromgeschwindigkeit im unteren Reaktorteil sollte i.d.R. 20 m/h nicht tiberschreiten. Obwohl bei niedrigen CSB-Konzentrationen eine vergleichsweise niedrige Rezirkulationsrate vorliegt, ist die absolute rezirkulierte Menge teilweise sehr hoch. So ist in der vor genannten Tabelle zu erkennen, dass im Falle einer Brauerei, bei einer nicht untiblichen CSB-Raumbelastung von 26 kg CSB/(m^-d) auch ohne exteme Rezirkulation, Aufstromgeschwindigkeiten erreicht werden, die 20 m/h tiberschreiten. Werden noch hohere CSB-Raumbelastungen gefahren (siehe Tabelle 5.2-8 mit zwei Beispielen mit CSB-Raumbelastungen von > 30 kg CSB/(m^-d)), kann es selbst bei mittleren CSB-Abwasserkonzentrationen bereits zu solch hohen intemen Rezirkulationsmengen kommen, dass der Bemessungswert von 20 m/h erreicht wird. Die groBtechnischen Betriebsergebnisse zeigen jedoch auch, dass der Bemessungswert von 20 m/h vergleichsweise konservativ gewahlt wurde. Die Gasflachenbeschickung sollte 12 m/h nicht tiberschreiten. Die Betriebsergebnisse zeigen, dass auch bei hohen CSB-Raumbelastungen nur ca. 10 m/h erreicht werden und dass somit bei diesem Bemessungswert i. Allg. eine ausreichende Reserve vorliegt. 5.2.7 Festbettreaktoren 5.2.7.1 Prozessbeschreibung Bei anaeroben Festbettreaktoren ist ein groBer Anteil des Reaktorvolumens mit ortsfesten Tragermaterialien beftillt, die als Aufwuchsflache dienen und so den Biomassengehalt im Reaktor erhohen. Festbettreaktoren konnen entweder im Abstrom (downflow) oder im Aufstrom (upflow) betrieben werden. Heute tiberwiegt der Aufstrombetrieb, well sich so, wie Untersuchungen u.a. von Hall (1982) und Wei-
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern
321
land (1988) zeigen, eine insgesamt hohere Biomassenkonzentration im Reaktor einstellt, die vor allem daraus resultiert, dass bei den im Aufstrom betriebenen Reaktoren neben der auf dem Tragermaterial fixierten Biomasse ein mindestens gleich groBer Teil in Form von suspendierter Biomasse (tiberwiegend in den Hohlraumen des Tragermaterials aber auch unterhalb des Tragermaterials) vorliegt. Nachteilig ist dagegen, dass im Aufstrom betriebene Reaktoren eher verstopfungsgefahrdet sind. Aufgrund des Rtickhalteeffekts werden Festbettreaktoren in der englischsprachigen Literatur haufig auch als „anaerobe Filter" bezeichnet. Das Tragermaterialvolumen kann zwischen < 25 und 100 % des Wasservolumens umfassen, wobei nach Austermann-Haun (1997b) die meisten Festbettreaktoren mit einer ca. 70 %-igen Teilfullung gebaut werden, die im oberen Bereich der Wasserphase angeordnet ist. Young (1991) sieht bei einer Teilfullung von 60-90 % gegenliber einer Vollftillung den Vorteil, dass der untere Reaktorraum besser durchmischt wird und damit eine gleichmaBigere Reaktorbelastung ermoglicht wird. Entsprechend dem Ftillgrad wird zwischen Festbettreaktoren und Teilfestbettreaktoren unterschieden, wobei diesbeztiglich jedoch derzeit noch keine allgemeingtiltige Definition existiert. Teilfestbettreaktoren werden haufig auch als Hybridreaktoren bezeichnet, deren unterer Reaktionsraum entweder mit tiberwiegend suspendierter Biomasse oder, wie ein UASB-Reaktor, mit pelletformiger Biomasse betrieben wird. Um der Verstopfungsgefahr entgegen zu wirken, bzw. um hohe Abwasserkonzentrationen zu verdtinnen, wird bei Festbettreaktoren gelegentlich ein Teil des anaerob gereinigten Abwassers rezirkuliert. Haufig wird dann vom sog. Festbettumlaufreaktor gesprochen. Aufgrund der Erkenntnis, dass bei den tiblicherweise im Aufstrom betriebenen Festbettreaktoren trotz der Tragermaterialien die meiste Biomasse in suspendierter Form vorliegt, werden den Reaktoren teilweise Absetzbecken nachgeschaltet, um in Anlehnung an das anaerobe Belebungsverfahren, die Konzentration der suspendierten Biomasse im Reaktor weiter zu erhohen. Ftir diese Verfahrenskombination existiert kein spezieller Name, so dass hier auch von einem Hybridreaktor gesprochen werden kann. Festbettreaktoren werden mit Gesamthohen von ca. 3-13 m gebaut, wobei jedoch die Tragermaterialhohe meist auf ca. 7,0 m begrenzt wird, da einerseits aufgrund der starken Ortsabhangigkeit der Abbauvorgange (Pfropfenstrom) in hoheren Festbettbereichen kein maBgeblicher Abbau mehr stattfindet und zum anderen die Festigkeit der Materialen haufig keine groBeren Hohen erlaubt. Wahrend man frliher eine Vielzahl von natiirlichen Materialien eingesetzt hat, werden heute nahezu ausschlieBlich Kunststofftragermaterialien oder modifizierte Materialien verwendet, die sowohl hohe spezifische
322
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Oberflachen, hohe Porositaten mit moglichst offenen Poren, sowie eine hohe Festigkeit bei geringem spezifischen Gewicht aufweisen. Wichtig ist weiterhin, dass sie eine moghchst gleichmaBige Durchstromung des Reaktors ermoghchen. Bei Austermann-Haun (1997b) ist eine gute Zusammenstellung der Anforderungen an die Materialien sowie der Eigenschaften verschiedener, auf dem Markt befindender, Materialen zu finden. Neben den aus tiblichen Kunststoffen (PE, PP, PVC) hergestellten Materialien (i. Allg. spezifische Oberflachen von 65-300 mVm^ und Porositaten > 95 %) sind vor allem die modifizierten Kunststoffe (z.B. gesintertes PE mit Blahton als porosem Additiv (z.B. PELIA der Fa. Herding Filtertechnik), oder Polyurethan-Schaum mit Additiven (PUR modifiziert, der Fa. Bayer ) sowie die keramischen Werkstoffe (offenporiges Sinterglas (z.B. SIRAN, der Fa. Schott)) zu nennen, die vergleichsweise groBere spezifische Oberflachen und bessere Anhaftbedingungen fiir Mikroorganismen bieten. Lose geschuttete Tragermaterialien haben gegentiber den geordnet gepackten in Blockbauweise den Vorteil, dass sie kostengtinstiger errichtet werden konnen und i. Allg. eine groBere Biomassenmenge (in suspendierter Form) im Reaktor zuriickhalten konnen. Nachteilig ist jedoch die i. Allg. hohere Verstopfungsneigung. Bei Festbettreaktoren ist neben einer moglichst flachigen Einlaufverteilung auch auf eine moglichst flachige Abzugseinrichtung zu achten, um eine weitestgehende und gleichmaBige Durchstromung aller Bereiche zu gewahrleisten. Die Abb. 5.2-14 zeigt die schematische Darstellung eines Festbettreaktors.
, Abzugsrohre
Abfluss ,Festbett
Zufluss
Zuflussverteiler
t t t t t t t t t] -\-r
Abb. 5.2-14. Schematische Darstellung eines Festbettreaktors
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem
323
5,2,7,2 Grolitechnische Auslegungsdaten CSB-Raumbelastung Da bei Festbettreaktoren im Gegensatz zu den anderen Reaktortypen eine Abschatzung der organischen Biomasse im System nur mit vergleichsweise hohem Aufwand moglich ist, wird die CSB-Raumbelastung bei diesem Reaktortyp auch in Zukunft die wichtigste AuslegungsgroBe bleiben. In der Tabelle 5.2-9 sind die CSB-Raumbelastungen von groBtechnischen Festbettreaktoren zusammengestellt. Die Tabelle beinhaltet einerseits die Zusammenstellung aller in Deutschland gebauter, groBtechnischer, industrieller Festbettreaktoren (Austermann-Haun, 1997b, erweitert) und zum anderen die von Young (1991) ermittelten groBtechnischen, industriellen Festbettanlagen in den USA, Kanada und in Europa (ausschlieBlich Deutschlands). Von den 32 in Deutschland gebauten Anlagen sind vier Anlagen mit einem Tragermaterial aus offenporigem Sinterglas (SIRAN, der Fa. Schott) ausgestattet. Es zeigt sich, dass diese Anlagen mit deutlich hoheren CSBRaumbelastungen ausgelegt werden konnen. Die besonderen Vorteile dieses Materials sowie die Vorstellung einer groBtechnischen Anlage sind bei Breitenbticher (1990) angegeben. Nachteilig ist der sehr hohe Materialpreis, der wahrscheinlich auch Ursache dafiir ist, dass es sich bei den vier Anlagen um vergleichsweise kleine Reaktoren (die Reaktorvolumen liegen zwischen 20 und 170 m^) handelt. Tabelle 5.2-9. CSB-Raumbelastung von groBtechnischen Festbettreaktoren Anzahl GroBanlagen
BR- Mittelwert [kg CSB/(mVd)]
BR Min/Max [kg CSB/(mVd)]
Deutschland ohne Fa. Schott ^
28
8,4
2,2/21,4
Deutschland nur Fa. Schott ^
4
29,5
17,0/40,0
16
6,4
0,1/15,0
Europa (ohne Deutschland) ^
8
10,5
6,5/20,0
Summe aller Anlagen
56
9,6
0,1/40,0
USA und Kanada ^
= nach (Austermann-Haun, 1997b), erweitert; = (Young, 1991)
324
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Es zeigt sich, dass Festbettreaktoren im Mittel auf CSB-Raumbelastungen von ca. 10 kg CSB/(m^'d) ausgelegt werden, wobei jedoch in beide Richtungen groBe Bandbreiten moglich sind. MaBgeblich fur die Auslegung ist vor allem das Material des Festbetts, so dass bei entsprechender Wahl durchaus CSB-Raumbelastungen von > 20 kg CSB/(m^-d) erreicht werden konnen. Aufenthaltszeit Da Festbettreaktoren haufig bei hoch konzentrierten Abwassem eingesetzt werden und die CSB-Raumbelastung im Mittel ca. 10 kg CSB/(m^'d) betragt, sind die Aufenthaltszeiten i.d.R. vergleichsweise hoch. In den von Young (1991) aufgeftihrten 16 Anlagen in den USA und Kanada lagen sie zwischen 18 und 168 Stunden. Biomassengehalt, TR und oTR Aufgrund des vergleichsweise hohen analytischen Aufwands, liegen nur von wenigen in der Literatur beschriebenen, groBtechnischen Festbettreaktoren Aussagen liber den Biomassengehalt im Reaktor bzw. tiber die Biofilmdicke vor. Neben der Abwasserzusammensetzung hangt der erreichbare Biomassengehalt in Festbettreaktoren vor allem von dem Tragermaterial aber auch von der Art der Anordnung (lose geschiittet oder geordnet gepackt) und der Beschickungsrichtung ab. Nachfolgende Ausfiihrungen beschranken sich auf den Aufstrombetrieb, da er heute das am haufigsten eingesetzte Verfahren darstellt. Da das ortsfeste Tragermaterial von unten angestromt wird, bildet sich tiber die Tragerhohe ein Pfropfenstromcharakter aus, der dazu ftihrt, dass die Biomasse mit zunehmender Tragerhohe immer weiter abnimmt. Bei Angaben zur Biomassenkonzentration ist somit zusatzlich immer eine Angabe zum Probenahmeort notwendig. Die Tabelle 5.2-10 zeigt die Konzentrationen der Trockenriickstande und der organischen Trockenriickstande in verschiedenen Bereichen von labor- und groBtechnischen Festbettreaktoren. Ohne Benicksichtigung des Sinterglastragers (SIRAN) zeigt sich, dass im unteren Bereich des Festbettes zwar teilweise die TR-Konzentrationen Werte von 35 kg/m^ tiberschreiten, dass aber aufgrund des geringen Bewuchses in der oberen Tragerhalfte, als Mittelwert tiber die Festbetthohe lediglich TR-Konzentrationen zwischen ca. 5 und 20 kg/m^ erreicht werden. Wie die Beispiele 1, 5 und 6 zeigen, kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass bei im Aufstrom betriebenen Festbettreaktoren ein Teil der Biomasse in nicht tragerfixierter Biomasse vorliegt und dieser Anteil den tragerfixierten Anteil tibersteigt. Eine Besonderheit bei Festbettre-
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern
325
aktoren ist auch der im Vergleich zu den anderen Reaktortypen niedrigere oTR-Anteil, der teilweise unter 50 % liegt. Tabelle 5.2-10. Biomassengehalte von labor- und groBtechnischen Festbettreaktoren Trager- TR material Bewuchs, Trager, unten [kg/m^] 1 2 3 4 5 6 7 8 9
PVC PVC PE PE
TR Bewuchs, Trager, Mittelw. [kg/m^l 17,7
TR Fluid, Trager, Mittelw. [kg/m^] 26,4 5,0
TR Fluid, unter Trager, Mittelw. [kg/m^l
TR Gesamt, Mittelw.
[kg/m^l 44,1
oTR Gesamt, Mittelw.
oTR Gesamt Mittelw.
[%]
[kg/m^]
33
14,5
45 50 47
8,4
25,0 28,0
36,3 25,0 14,0
20,7 10,0 4,5 5,2
80,0 11,3
18,0
5-15 SIRAN
ca. 60
' = (Hall, 1982),' = (Weiland, 1988),' = (Bonastre, 1988) ^ = (Saake, 1986),' (Austermann-Haun, 1997b), ^ = (Defour, 1994), ^ = (Saake, 1988), ^ = (Henze, 1983),^ = (Jordening, 1999) Damit ergeben sich vergleichsweise niedrige oTR-Konzentrationen von ca. 5-15 kg/m^ bezogen auf das gesamte Reaktorwasservolumen. Aus der Tabelle 5.2-10 kann jedoch auch abgeleitet werden, dass bei der Wahl eines Tragermaterials mit deutlich hoherer spezifischer Oberflache (z.B. Sinterglas) i. Allg. wesentlich hohere Biomassengehalte erreicht werden konnen. CSB-Schlammbelastung Zur CSB-Schlammbelastung von groBtechnischen Festbettanlagen liegen nahezu keine Veroffentlichungen vor. Defour (1994) (siehe Beispiel 6 in der Tabelle 5.2.-10) berichtet von einer Festbettanlage, die bei einer CSBRaumbelastung von 11,4 kg CSB/(m^-d) eine CSB-Schlammbelastung von 1,35 kg/(kg-d) aufweist. Geht man von einer mittleren CSB-Raumbelastung von 10 kg CSB/(m^-d) und einer mittleren oTR-Konzentration von 12,5 kg/m^ aus, errechnet sich die CSB-Schlammbelastung zu 0,80 kg CSB/(kg oTR-d). Dies stellt bereits einen sehr hohen Wert dar, wenn man beriicksichtigt, dass die Durchmischung in Festbettreaktoren vergleichsweise schlechter ist, als in EGSB- oder FlieBbettreaktoren. Aufstromgeschwindigkeit und Gasflachenbeschickung Die Aufstromgeschwindigkeit im Reaktor (VH2O) sollte einerseits groB genug gewahlt werden, um einen guten Kontakt von Abwasser und dem ge-
326
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
samten Tragermaterial zu gewahrleisten und ein Zuwachsen des Tragermaterials zu verhindem, andererseits sollte sie nicht so hoch gewahlt werden, dass ein erheblicher Teil der suspendierten Biomasse ausgeschwemmt wird. Verschiedene Quellen empfehlen eine rechnerische Aufstromgeschwindigkeit zwischen mindestens 0,5 und maximal 2,0 m/h, wobei die hoheren Werte nur bei niedrigen CSB-Raumbelastungen gewahlt werden sollten, da hier eine geringe Gasproduktion vorliegt. Aufgrund der zuvor beschriebenen erforderlichen Begrenzung der Tragermaterialhohe ist daher i. Allg. bei nicht stark verdtinnten Abwassem eine Rezirkulation von gereinigtem Abwasser notwendig, um diese Aufstromgeschwindigkeiten zu erreichen und teilweise zusatzlich auch, um die Abwasserkonzentration zu verdtinnen. Die Gasflachenbeschickungen liegen meist zwischen 0,5 und 1,5 mV(m^'h). Einlaufsystem und Abscheider Bei Festbettreaktoren ist neben einer moglichst flachigen Einlaufverteilung auch auf eine moglichst flachige Abzugseinrichtung zu achten, um eine weitestgehende Durchstromung aller Bereiche zu gewahrleisten und ein Verstopfen des Tragers zu verhindem. Haufig wird eine Offnung pro 3 4 m^ Reaktorgrundflache gewahlt. Teilweise besteht auch die Moglichkeit durch Gaseinpressung beginnenden Verstopfungen entgegenzuwirken. In Festbettreaktoren ist kein Abscheider installiert, da die Biomasse auf, unter und zwischen dem Tragermaterial ausreichend zuriickgehalten wird. AuBerdem sammelt sich das Gas tiber dem Wasserspiegel im Reaktordeckel. 5.2.7.3 Bedeutung des Reaktortyps sowie Vor- und Nachteile Wie bereits dargestellt wurde, nimmt die Bedeutung der Festbettreaktoren zunehmend ab. Aufgrund der besonderen Vorteile (vor allem die Spezialisierung der Organismen und das hohe Schlammalter) wird aber die Anwendung dieses Verfahrens in vielen Fallen auch weiterhin interessant bleiben. Entscheidend ist auch die Weiterentwicklung von Tragermaterialien mit dem Ziel, preisgtinstige und verstopfungsresistente Trager zu entwickeln, die eine hohe Biomassenkonzentration gewahrleisten. Die wichtigsten Vor- und Nachteile der Festbettreaktoren gegenuber den anderen Typen von Anaerobreaktoren sind in der Tabelle 5.2-11 aufgelistet.
5.2 Verfahrenstechniken ziir Behandlung von Abwassern
327
Tabelle 5.2-11. Vor- und Nachteile der anaeroben Festbettreaktoren Vorteil Nachteil Teilweise hohe Kosten flir das TragerI.d.R. konnen CSB-Raumbelastungen material und die Stlltzkonstruktion. von 5-15 kg/(m^-d) erreicht werden. Bei Verwendung hochwertigerer Tragermaterialien (Sinterglas) teilweise deutlich dariiber. Trotz guter Flachenverteilung besteht Durch die Fixierung auf dem Trager konnen sehr hohe Schlammaher erzieU die Gefahr der Bildung von Kurzwerden, so dass auf komplexe Abbau- schlussstromen und anteiligen Verstopprozesse speziahsierte Organismen an- fungen. Konstruktive MaBnahmen wie Gaseinpressung erhohen die Kosten. gereichert werden konnen. Der Abwasserzufluss darf somit nur geringe Konzentrationen an abfiltrierbaren und ausfallbaren Stoffen enthalten. Die auf das gesamte Reaktorvolumen Aufgrund des Pfropfenstroms existieren entlang der Tragerhohe speziahbezogene Biomassenkonzentration ist, sierte Organismen, so dass haufig eine wenn nicht ein sehr hochwertiger TraAdaption an hohe CSB-Konzenger verwendet wird, vergleichsweise trationen bzw. toxische Stoffe moghch gering. Somit liegt bzgl. der CSBist. Schlammbelastung teilweise nicht viel Reserve vor. Cross-flow-Trager gehen i. Allg. als Die Bestimmung der Biomassenmenge verstopfungssicher. und die Detektion von Verstopfungen ist sehr aufwendig, so dass eine prazise Betriebsilberwachung erschwert wird. Die Inbetriebnahme dauert teilweise sehr lange. In der Praxis erfolgt teilweise keine ausreichend gute konstruktive Gestaltung der Ein- und Auslaufsysteme. 5.2.8 FlieRbettreaktoren 5.2.8.1 Prozessbeschreibung und Ubersicht FlieBbettreaktoren (Fluidised-Bed-Reactor) sind dadurch gekennzeichnet, dass der tiberwiegende Teil der Biomasse auf frei beweglichen, kleinen Tragermaterialen anhaftet und dass, durch eine schlanke Bauform in Verbindung mit einer entsprechend hohen Rezirkulationsrate, hohe Aufstromgeschwindigkeiten im Reaktor erreicht werden, die zu einer Bettexpansion ftihren.
328
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Wahrend im deutschen Sprachgebrauch haufig in Abhangigkeit von der Bettexpansion und der Aufstromgeschwindigkeit zwischen Schwebebettund Wirbelbettreaktoren (auch Wirbelschichtreaktoren genannt) unterscheidet, wird hier empfohlen, in Anlehnung an die angelsachsische Nomenklatur, den Namen FlieBbettreaktor als ausschlieBlichen Begriff fur alle Reaktortypen zu verwenden, deren Biomasse iiberwiegend auf frei beweglichen Tragermaterialen situiert ist. In Abhangigkeit von dem Tragermaterial (Sand, Bimssteingranulat, Sinterglas, granulierte Aktivkohle, Kunststoffpellets, etc.), der TragergroBe (0,1-0,6 mm) und der Reaktorkonstruktion werden FlieBbettreaktoren mit Aufstromgeschwindigkeiten zwischen 5 bis 30 m/h betrieben, um den gewtinschten Expandierungsgrad zu erreichen. Dabei muss die Aufstromgeschwindigkeit einerseits groB genug sein, um das Tragermaterial in dem gewiinschten Umfang in Schwebe zu halten, andererseits kann eine zu hohe Geschwindigkeit zu einer Ablosung der Biomasse von dem Tragermaterial oder zu einem Ausschwemmen der Trager fiihren. Zur Erzielung hoher Raumbelastungen ist es zwingend erforderlich, die Methanreaktoren mit einer moglichst konstanten Menge feststofffreien und ausreichend versauerten Abwassers zu beschicken. Aus diesem Grund sind alle groBtechnischen Anlagen zweistufig, d.h. mit getrennter Versauerungsstufe konstruiert worden. FlieBbettreaktoren erreichen teilweise Reaktorhohen von 30 m. Das Verhaltnis Hohe zu Durchmesser liegt bei groBtechnischen Anwendungen meist zwischen 2 und 6. FlieBbettreaktoren sind, abgesehen von den erst jtingst entwickelten EGSB-Reaktoren, ein vergleichsweise neues Verfahren, dem zunachst ein sehr groBes Potential zugebilligt wurde. So konnten in mehreren Laboranlagen mit verschiedenen Materialien CSB-Raumbelastungen von teilweise deutlich uber 100kg/(m^-d) erreicht werden (z.B. (Breitenbiicher, 1990): 206 kg CSB/(m^-d) mit SIRAN Sinterglas; (Jordening, 1996): 183 kg CSB/(m3-d) mit PORAVER Schaumglas; (Chen, 1995 erwahnt bei Jordening, 1999): 108 kg CSB/(m3-d) mit granuherter Aktivkohle). Bei der Bewertung der Daten von FlieBbettreaktoren ist darauf zu achten, dass fast alle Autoren und Anlagenbauer die Werte auf das FlieBbettvolumen (auch aktives Volumen genannt) beziehen, so dass bei einer Umrechung auf das gesamte Wasservolumen des Reaktors ein Faktor zu beriicksichtigen ist, der teilweise 1,5 und mehr erreicht, und somit die teilweise zunachst sehr optimistischen Werte deutlich relativiert. Als erster groBtechnischer FlieBbettreaktor wurde 1984 in Delft (Niederlande) ein von der Fa. Gist-Brocades entwickelter Reaktortyp errichtet, der mit dem Tragermaterial Sand (KomgroBe 0,1-0,45 mm) und Aufstromgeschwindigkeiten von ca. 15-20 m/h betrieben und mit Abwasser
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern
329
aus einer Penicillin- und Hefeproduktion beschickt wurde. Insgesamt wurden vier baugleiche Reaktoren errichtet, die zwei-straBig mit je einem Versauerungs- und einem Methanreaktor betrieben wurden. Die Reaktoren batten bei 390 m^ Gesamtvolumen ein Wasservolumen von 350 m^ wobei das FlieBbettvolumen (aktives Volumen) 215 m^ umfasste und damit 61 % des Wasservolumens ausmacht (Enger, 1986). Die bei Frankin (1992) beschriebenen Betriebsergebnisse aus dem Jahr 1989 und 1990 zeigen, dass es immer wieder zu starken Biomassenverlusten in den Reaktoren kam, so dass im Mittel lediglich 5.000 kg oTR in den Methanreaktoren fixiert werden konnten, woraus sich eine, auf das gesamte Reaktorwasservolumen bezogene oTR-Konzentration von 14,3 kg/m^ ergab. Bei einer auf das gesamte Reaktorwasservolumen bezogene CSB-Raumbelastung von 1621 kg/(m^-d) errechnet sich eine sehr hohe Schlammbelastung von 1,11,5 kg CSB/(kg oTR-d), so dass die Reaktoren nach Frankin (1992) standig einer Uberlastsituation ausgesetzt waren. Das groBtes Problem des mit Sand betrieben FlieBbettreaktors bestand jedoch darin, eine konstante Menge an Biomasse im System zu halten. Dies liegt daran, dass aufgrund des hohen spezifischen Gewichtes von Sand eine hohe Aufstromgeschwindigkeit zur Fluidisierung erforderlich ist, so dass im Anstrombereich extreme Scherkrafte auftreten, die einen signifikanten Bewuchs des Sandes im unteren Reaktorbereich verhindem und so zusatzlich einen starken MaterialverschleiB an den Behalterwanden verursachen. Dagegen fiihrt der im oberen Reaktorbereich stattfindende Aufwuchs von Biomasse zu einer starken Verringerung der Partikeldichte (Trager einschlieBlich Bewuchs) mit der Folge, dass sich die Sinkgeschwindigkeit reduziert und es daher zu einem teilweise weit reichenden Ausschwemmen der Partikel kommt. Ausgehend von diesen negativen Erfahmngen wurde Anfang der 1990er Jahre ein konstruktiv identischer Reaktor als parallele Pilotanlage errichtet, der jedoch statt mit Tragermaterial mit Pellets betrieben wurde. Die guten Ergebnisse dieser Anlage ftihrten zur Entwicklung des BIOBED®-Reaktors (siehe Kapitel 5.2.6) und nachfolgend zu einer entsprechenden Umstellung in der GroBanlage (Frankin, 1992). Ebenfalls Anfang der 1980er Jahre wurde von der amerikanischen Firma DORR-OLIVER der FlieBbettreaktor ANITRON entwickelt, der auch Feinsand (0,3-0,6 mm) als Trager verwendet. Um das Auswaschen der stark bewachsenen Partikel zu verhindern, wurden die libermaBig bewachsenen Partikel im oberen Bereich des Reaktors abgezogen und in einem Sand-Biomassen-Abtrennsystem (Zentrifugalpumpe mit gummiertem Laufrad sowie nachgeschaltetem Bogensieb) die tiberschtissige Biomasse abgetrennt, bevor der Trager dann im unteren Bereich des Reaktors wieder zugegeben wurde.
330
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Es wurden mehrere GroBanlagen in Amerika und in Indien gebaut. In der Literatur ist lediglich die Anlage eines sojaverarbeitenden Betriebes beschrieben, die aus vier Reaktoren mit je 6,1 m Durchmesser und 12,5 m Hohe besteht und mit einer maximalen Raumbelastung von 14 kg CSB/(m^-d) betrieben wurde (Becker, 1984). Weitere Angaben zur Reinigungsleistung bzw. zur Biomassenkonzentration liegen nicht vor - es gibt keine Hinweise iiber einen erfolgreichen Dauerbetrieb. ANITRONAnlagen werden heute nicht mehr gebaut. Die weltweit meisten groBtechnischen Anwendungen des FlieBbettverfahrens existieren von dem ANAFLUX®-Verfahren, dass von der franzosischen Firma Degremont (heute Fa. Ondeo) entwickelt und von diversen Lizenznehmem vertrieben wird. Neben diesem Reaktortyp gibt es derzeit nur noch einen Anlagenbauer, die deutsche Firma Braunschweigische Maschinenbauanstalt (BMA), die derzeit groBtechnische FlieBbettreaktoren zur industriellen Abwasserreinigung vertreibt. Vom BMA-FlieBbettreaktor gibt es in Deutschland in der Zuckerindustrie drei groBtechnische Anwendungen, ein weiterer Reaktor wurde in Lizenz in Italien in einer Zuckerfabrik gebaut. Beide Reaktortypen werden nachfolgend detailliert beschrieben. Beide Reaktortypen verwenden als Trager ein Bimssteingranulat von 0,3 mm Durchmesser. Dieses Material hat gegentiber Sand und Schaumglas folgende Vorteile: • Eine sehr groBe spezifische Oberflache (z.B. 2,6-10^ mVm^ bei dem in BMA-Reaktoren verwendeten Bimssteingranulat) und damit vergleichbare Werte wie von Schaumglas. • Durch innenliegende, durchlassige Poren kann, trotz der in den Reaktoren herrschenden Scherkrafte, ausreichend Biomasse im Trager gehalten werden. • Niedrige Dichte (z.B. 1.170 kg/m^ (feucht) bei dem in BMA-Reaktoren verwendeten Bimssteingranulat), so dass zur Fluidisierung vergleichsweise geringe Aufstromgeschwindigkeiten erforderlich sind. • Die Kosten fiir Bimsstein liegen mit ca. 150 € pro m^ um den Faktor drei gtinstiger als fiir Schaumglas. • Der Komdurchmesser von ca. 0,3 mm kann als optimale GroBe verstanden werden. GroBere Durchmesser fiihren zu einem deutlich erhohten Energiebedarf bzgl. der Fluidisierung. Bei geringeren Durchmessem wird die Handhabung des Materials schwieriger (Rtickhalt im System, Verstopfungen) (Jordening, 1996).
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern
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5.2.8,2 Bedeutung des Reaktortyps sowie Vor- und Nachteile GroBtechnische FlieBbettreaktoren konnten sich bistier, trotz des hohen Potentials, das ihnen auf Grund von viel versprechenden Laborversuchen zugebilligt wurde, kaum am Markt etablieren. Dies geht aus einer Umfrage hervor, die Frankin (2001) unter den weltweit groBten Anlagenbauem von industriellen Anaerobanlagen durchftihrte. Demnach betragt der Anteil der FlieBbettreaktoren an den 1.215 aufgeftihrten GroBanlagen lediglich 1,3 %. In Deutschland wurden bisher vier FlieBbettreaktoren gebaut, dies entspricht einem Anteil von ca. 2,3 %. Die wichtigsten Vor- und Nachteile der FlieBbettreaktoren gegeniiber den anderen Typen von Anaerobreaktoren sind in der Tabelle 5.2-12 aufgelistet. Tabelle 5.2-12. Vor- und Nachteile von FheBbettreaktoren Nachteil In der Literatur existieren wenige umfangreiche Datensatze zu groBtechnischen Betriebsergebnissen. Bei den Veroffentlichungen wird i.d.R. eine iiberhohte Raumbelastung angegeben, da meist der Hinweis fehh, dass sich die Angaben ledighch auf ein Teilvolumen beziehen. Die hohen Aufstromgeschwindigkei- Die Handhabung der Tragermaterialen ten ermoghchen einen sehr guten bzw. der Rlickhalt ausreichender BioStoffaustausch zwischen Abwasser masse im System steht haufig ein Probund Biomasse und damit eine erhohte lem dar. Durch den unterschiedlichen Biomassenaktivitat. Bewuchs ergebenen sich unterschiedliche Tragerdichten. So liegt zwischen der Mindestaufstromgeschwindigkeit zur Gewahrleistung des Schwebezustandes und der Maximalgeschwindigkeit, um die Biomassenverluste zu begrenzen, haufig nur ein kleiner Bereich. Vorteil Es konnen CSB-Raumbelastungen von 15-35 kg/(m^-d) erreicht warden.
332
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Aufgrund des geringen Volumens und der groBen Hohe ist nur ein sehr geringer Flachenverbrauch gegeben.
FlieBbettreaktoren konnen verglichen mit EGSB-Reaktoren teilweise nur deutlich niedrigere oTR-Konzentrationen (bezogen auf das gesamte Wasservolumen) erreichen. Dies liegt auch daran, dass ein Teil des verfiigbaren Raumes von dem inerten Trager eingenommen wird. Sie werden daher i. Allg. mit hoheren CSB-Schlammbelastungen betrieben, so dass entsprechend geringere Reserven gegen Uberlast, etc. vorliegen. Die vergleichsweise hohe Rezirkula- FlieBbettreaktoren sind, verglichen mit tionsrate ermoglicht, wie bei EGSB- EGSB-Reaktoren empfmdlicher gegenReaktoren, die Behandlung von sehr (iber Feststoffen. Hier besteht die Gefahr hoch- bzw. niedrig- konzentrierten der Umsiedlung auf alternative SiedAbwassem, sowie eine Riickfiihrung lungsflachen (z.B. Papierfasem, Spelvon Alkalinitat. zen) und so ein anteiliger Austrag von Biomasse. Die kleine Deckelflache erlaubt eine Aufgrund der sehr schlanken Form und kostengiinstige komplette Abdichder im Vergleich zum IC-Reaktor niedtung, so dass es keine Abluftrigeren Rezirkulationsrate, kann sich ein Emissionen gibt und ein Drucksystem pH-Gradient einstellen, der ggf. Hemmit integriertem Gasspeicher moglich mungen oder Ausfallungen verstarken ist. kann. Da bisher kein systemgleicher Impf^ schlamm vorliegt, bedarf es einer langeren Inbetriebnahmezeit. Ein schnelles Nachimpfen nach einem Storfall ist daher derzeit nicht moglich. Teilweise hohe Kosten fur die Tragermaterialien (bei Bimssteingranulat ca. 150 €/m^). Es besteht die Gefahr der Verblockung der Trager bei Unterbrechung der Fluidisation. Erhohte Pumpkosten aufgrund der erforderlichen Fluidisierung der vergleichsweise schwereren Materialien. |
5.2.8.3 ANAFLU)^' Reaktorkonstruktion Der von der franzosischen Firma Degremont (heute Fa. Ondeo) entwickelte ANAFLUX®-Reaktor ist der weltweit am haufigsten gebaute FlieBbettreaktor, von dem nach Hoist (1997) mehr als 25 groBtechnische Anwen-
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem
333
dungen existieren. Wahrend die Reaktorhohe meist bei ca. 17m liegt (bisher max. 23 m), variiert der Durchmesser zwischen 3,2 und 6,0 m. Der Wasserspiegel liegt ca. 0,5-1,0 m unter der Deckelhohe. Als Tragermaterial wird ein nattirliches Bimssteingranulat eingesetzt, das als Biolite R280 bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um ein poroses Aluminiumsilikat mit einem mittleren Durchmesser von ca. 0,28 mm, einer Dichte von ca. 2,0 kg/1 (ohne Beriicksichtigung der im Material enthaltenden Poren) und einer spezifischen Oberflache von ca. 4.000 m7m^ Dabei fordert nach Ehlinger (1994) die negative Ladung des Materials die anfangliche Adsorption von Kationen und organischen Makromolektilen und ermoglicht somit das erforderliche Anwachsen von hohen Konzentrationen an Biomasse. Das Abwasser wird dem Reaktor liber ein feinmaschiges Rohrverteilersystem am Reaktorboden zugegeben, wobei die nach unten gerichteten Offnungen das Abwasser zunachst in ein direkt unter den Verteilerrohren angeordnetes Kiesbett leiten, das eine bessere Flachenverteilung des Abwassers ermoglicht. Uber dem Zulaufverteiler befindet sich das expandierte FlieBbett mit dem oben beschriebenen bewachsenen Tragermaterial. Durch eine anteilige Rezirkulation des Reaktorablaufes wird die Aufstromgeschwindigkeit im Reaktor so eingestellt, dass sie immer zwischen 6 und 8 m/h liegt. Bei diesen Verhaltnissen liegt eine ca. 30 %-ige Expansion des bewachsenen Tragermaterials vor. Das Volumen des expandierten Belts (= aktives Volumen) betragt liblicherweise 50-60 % des gesamten Wasservolumens des Reaktors. Nach der FlieBbettzone flieBt das Abwasser und das gebildete Biogas zunachst durch eine Ubergangszone, bevor es dann durch die sog. Transferleitungen in den Abscheider geleitet wird. Aufgrund der hohen Geschwindigkeiten in den Transferleitungen kann das Biogas sehr gut entgasen und wird anschlieBend liber eine Offnung im Reaktordeckel abgeflihrt. Das Abwasser und einige abgeschwemmte Trager werden zunachst nach unten in einen Trichter geflihrt, wobei es dort, aufgrund der starken Reduktion der FlieBgeschwindigkeit, zu einem Absetzen der Trager kommt. Wahrend das Abwasser anschlieBend liber Uberfallwehre abflieBt, wird der RezirkulationsStrom aus einem mittig angeordneten Trichter abgezogen. Da die Trichterspitze der ANAFLUX®-Reaktoren zunachst geschlossen war, wurden sie mit einer zusatzlichen Pumpe ausgestattet, die die in der Trichterspitze abgesetzten Trager in die FlieBbettzone zuriickpumpte. Da vor allem die Trager ausgeschwemmt wurden, die durch einen hohen Bewuchs eine niedrigere Dichte aufwiesen, erfiillte die Biolite-Rlickfiihrpumpe zusatzlich den Zweck, durch die in der Pumpe entstehenden Scher-
334
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
krafte den tiberschussigen Bewuchs zu entfemen und so ein wiederholtes Ausschwemmen des Tragermaterials zu verhindem. Die Abbildung 5.2-15 zeigt den schematischen Aufbau eines ANAFLUX®-Reaktors sowie die groBtechnische Anwendung bei der Fa. CocaCola in Frankreich. Bei den 1994-1995 durchgeftihrten Versuchen zeigte sich, dass es auch moglich ist, die Trichterspitze zu offnen und so, angetrieben von dem Gaslift in den Transferleitungen, eine Kreislaufstromung zu induzieren, die auch zu einem direkten Absinken der Trager in die darunter liegende FlieBbettzone fiihrt. Weiterhin zeigte sich, dass die Stromungsgeschwindigkeit in den Transferleitungen so stark ist, dass die stark bewachsenen Trager beim DurchflieBen dieser Leitungen ausreichend von der tiberschiissigen Biomasse gereinigt werden (Hoist, 1997). ,^. . Brogas
_^
^^
Abfluss
Entgasungszone Rezirkulaion U Biolite Ruckfuhrung
Zufluss
Abb. 5.2-15. Schematischer Aufbau eines ANAFLUX'^-Reaktors sowie groBtechnische Anwendung (Firmenprospekt Fa. Degremont)
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassern
335
GrolJtechnische Beispiele und Reaktorauslegung Wie bereits erwahnt, sind in der Literatur nur wenige Betriebsdaten von groBtechnisctien ANAFLUX®-Reaktoren zu linden. Da keine Angaben zu in groBtechnischen Anlagen gemessenen Biomassengehalten vorliegen, konnen auch keine CSB-Schlammbelastungen angegeben werden. Beriicksichtigt man jedoch, dass einerseits das expandierte Tragervolumen i.d.R. lediglich 50-60 % des gesamten Wasservolumens einnimmt und dass weiterhin ein Teil dieses Raumes von inerten Materialien belegt wird, so wird deutlich, dass die auf das gesamte Wasservolumen bezogene oTRKonzentration i.d.R. niedriger ist, als bei EGSB-Reaktoren. Die Aufstromgeschwindigkeiten werden durch eine entsprechende Rezirkulation so eingestellt, dass sie einerseits 8 m/h nicht txberschreiten, um den Biomassenverlust zu begrenzen, zum anderen aber 6 m/h nicht unterschreiten, damit die Trager ausreichend in Schwebe gehalten werden. Die auf die Reaktorquerschnittflache bezogene Gasflachenbeschickung liegt i.d.R. zwischen 2,5 und 5,0 m/h. Bei den Aufenthaltszeiten werden teilweise Werte von wenigen Stunden erreicht, so betrug die rechnerischen Aufenthaltszeit der ANAFLUX®Reaktoren bei der Brauerei El Aguila ca. 3,4 h (Olivia, 1990) bzw. bei der Papierfabrik in Allard ca. 3,2 h (Grohe, 1991). Bei den in der Literatur angegebenen CSB-Raumbelastungen ist zu beriicksichtigen, dass sie sich i.d.R. lediglich auf das fluidisierte Tragervolumen beziehen, selbst wenn diese Einschrankung meist nicht erwahnt wird. So erklart sich, dass in der Literatur CSB-Raumbelastungen von bis zu 35 kg CSB/(m3-d) (Haver, 1998), bis zu 60 kg CSB/(m3-d) (Olivia, 1990) bzw. mehr als 60 kg CSB/(m3-d) (Hoist, 1997) angegeben werden. Auf Basis der in der aktuellen Referenzliste angegeben Daten und weiteren Veroffentlichungen lasst sich ftir die dort angegebenen 17 groBtechnischen Anlagen die tatsachliche, auf das Wasservolumen bezogene, CSBRaumbelastung wie folgt abschatzen. In der Referenzliste sind zwar die Durchmesser aller 17 Anlagen, jedoch nur wenige Hohen angegeben. Aus weiteren Veroffentlichungen sind insgesamt funf Hohen bekannt, und es wird aus diesen Daten deutlich, dass die Reaktorhohe von 17 m, von einer Ausnahme abgesehen, die Standardhohe darstellt. Zieht man eine Gasraumhohe von 1,0 m ab, ergibt sich als abgeschatzter Mittelwert ftir diese 17 groBtechnischen Anlagen eine auf das Wasservolumen bezogene CSBRaumbelastung von ca. 22 kg CSB/(m^-d).
336
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
5.2,8.4 BMA'Flielibettreaktor Reaktorkonstruktion Nach umfangreichen Pilotversuchen wurde 1995 in der Zuckerfabrik in Clauen (Nordzucker AG) der erste groBtechnische BMA-FIieBbettreaktor in Betrieb genommen. Der von der Universitat Braunschweig (Institut ftir Technologic der Kohlenhydrate) und der Firma Braunschweigische Maschinenbauanstalt (BMA) entwickelte Reaktor wurde auf cine maximale CSB-Raumbelastung von 50 kg CSB/(m^-d) ausgelegt (bezogen auf das gesamte Wasservolumen ergibt sich eine maximale CSB-Raumbelastung von ca. 35 kg CSB/(m^-d)) und gehort damit zu den am hochsten belasteten anaeroben Reaktoren weltweit. Bisher wurden vier groBtechnische Anwendungen gebaut (drei in Deutschland, eine in Italien), die alle der Behandlung von Schwemm- und Waschwassern in Zuckerfabriken dienen. Die baugleichen Reaktoren weisen eine Bauhohe von insgesamt 30,2 m auf Der Durchmesser betragt im zylindrischen Teil 5,92 Meter und weitet sich im Kopfteil des Reaktors auf einen Durchmesser von 9,6 m auf Als Tragermaterial wird ein nattirliches poroses Bimssteingranulat aus der Eifel verwendet, das bei einer Bandbreite von 0,14-0,56 mm einen mittleren Komdurchmesser von 0,28 mm aufweist. Die Dichte der trockenen Schixttung liegt bei 350 kg/m^ die der feuchten Schuttung bei ca. 1.170 kg/m^ Die spezifische Oberflache des Materials betragt ca. 2,6-10^ mVm^ Die Ausschwemmgeschwindigkeit liegt bei 65 m/h. Die Abbildung 5.2-16 zeigt den schematischen Aufbau sowie die groBtechnische Anwendung des Reaktors in der Zuckerfabrik in Clauen. Nach Jordening (1998) besteht der Reaktor aus folgenden Komponenten: Der Reaktorboden ist konisch - mit einem Winkel von 50° gegen die Horizontale - geformt, um Ablagerungen zu vermeiden. Aus dem gleichen Grund ist der Anstrombereich im Inneren mit einem hohenverstellbaren Doppelkegel ausgertistet, so dass in diesem Bereich die Wasseraufstromgeschwindigkeit mindestens doppelt so hoch ist, wie im dariiber liegenden zylindrischen Teil des Reaktors. Weiterhin dient die so erreichte hohe Aufstromgeschwindigkeit dem Ziel, die Trager zu selektieren, die in hohem MaBe mit Kalkablagerungen beladen sind (und dadurch gegentiber den tiberwiegenden Teil der anderen Trager deutlich hohere Sinkgeschwindigkeiten aufweisen) und sie so wahrend des Betriebs durch eine in der Bodenspitze befmdliche Abzugsschleuse aus dem System zu entfernen. Der Zufluss des mit Rezirkulationswasser vermischten Abwassers erfolgt tiber eine Ringleitung mit 12 um den Reaktorquerschnitt gleichmaBig verteilten Einlaufrohren direkt in den Anstrombereich zwischen Reaktorboden und Doppelkegel.
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandkmg von Abwassem
337
Biogas
Ablaufkasten
Redirkulation
Innerer Doppelkegel
abgezogenes Granulat
Abb. 5.2-16. Schematischer Aufbau des BMA-FlieBbettreaktors Uber dem Doppelkegel schlieBt sich die zylindrische FlieBbettzone an, die bei etwa einem Drittel der zylindrischen Hohe eine Offnung ftir die Zugabe von neuem Tragermaterial enthalt. Weiterhin ist auf etwa halber Hohe der FlieBbettzone eine zusatzliche Ringleitung angeordnet, durch die bei Bedarf ein Teil des Abwassers zugegeben werden kann, um zu starke Substratgradienten im unteren Reaktorbereich zu vermeiden (in der Abbildung nicht dargestellt). Das gereinigte Wasser und das gebildete Biogas werden im Reaktorkopf zunachst durch ein konisches Ringblech zentral nach oben geleitet, woraufhin sich das Biogas in dem ca. 1,5 m hohen Gasraum unter dem Behalterdeckel ansammelt und tiber den Deckel abgeflihrt wird. Wahrend das Rezirkulationswasser tiber einen mittigen Trichter abgezogen wird, andert das gereinigte Abwasser seine Richtung, um zunachst unter einem Zylinderblech (Tauchwand) hindurch zu flieBen und anschlieBend wieder aufzusteigen, um in die auBen liegende Ablaufrinne zu gelangen. Bedingt durch die Aufweitung des Reaktorkopfes verringert sich dabei die FlieBgeschwindigkeit des Abwassers, so dass ggf. mitgerissene Trager zwischen der Behalterwand und dem konischen Ringblech wieder in die
338
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Reaktionszone zuriicksinken konnen. Die umlaufende Ablaufrinne ist begehbar und gegen den Reaktor mit einem Gelander versehen. Aus der Ablaufrinne flieBt das gereinigte Abwasser in einen Ablaufkasten, der mit einer Tauchwand versehen ist, um den Austritt von Gas zu verhindem. Durch die entstehende Umlenkung des Wassers konnen auch die letzten mitgerissenen Trager sedimentieren und in den Reaktor zuruckgeftihrt werden. Wahrend die FlieBbettzone bei einem Durchmesser von 5,92 m und einer Hohe von ca. 18,1 m ein Volumen von 500 m^ aufweist, betragt das gesamte Wasservolumen des Reaktors 708 m^ (Schwarz, 2000). 5.2.9 Hybridreaktoren 5.2,9.1 Prozessbeschreibung und Ubersicht Ausgehend von der Art der Biomassenanreichung als Unterscheidungskriterium fur die verschieden Reaktorsysteme werden Reaktoren, die mehrere Arten der Biomassenanreicherung miteinander kombinieren als Hybridreaktoren bezeichnet. Grundsatzliches Ziel der Hybridreaktoren ist dabei, die speziellen Vorteile der jeweiligen Typen miteinander zu verbinden. GroBtechnisch werden bisher vor allem folgende Formen von Hybridreaktoren eingesetzt: 1. Anaerobes Belebungsverfahren, das wie ein UASB-Reaktor im Aufstrom betrieben wird. Dieser z.B. von der Fa. Biotim als UAC (Upflow Anaerobic Contact) bezeichnete Reaktortyp, ist ein anaerobes Belebungsverfahren (Contact-Process), das ohne interne Rtihrwerke ausgestattet ist und statt dessen liber ein feines Zulaufverteilungssystem am Boden verftigt, das einen gezielten Aufstrom erzeugt, der zur Ausbildung von schweren und gut absetzbaren Flocken fiihrt und so eine erhohte Biomassenkonzentration im Reaktor ermoglicht. Zwei groBtechnische Beispiele dieses Typs werden von Defour (1994) vorgestellt. 2. Anaerobes Belebungsverfahren im Aufstrom betrieben mit schwimmendem Teilfestbett. Diese von der Fa. Biotim als UACF (Upflow Anaerobic Contact Filter) bezeichnete Verfahren entspricht dem UACReaktor mit dem Unterschied, dass zusatzlich noch schwimmende Festbettmaterialien zugegeben werden. Dieses schwimmende Material dient einerseits als Filter zum besseren Rtickhalt der suspendierten Biomasse und ermoglicht zusatzlich einen Bewuchs mit Mikroorganismen. Defour (1994) stellt ein groBtechnisches Beispiel vor und sieht den besonderen Vorteil dieses Verfahrens bei Abwassem, die die Bildung von schlecht absetzbaren Flocken bedingen.
5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem
339
3. Festbettreaktor mit zusatzlicher Abscheideeinrichtung (Parallelplattenabscheider oder Nachklarbecken). Ausgehend von der Erkenntnis, dass bei, im Aufstrom betriebenen, Festbettreaktoren die meiste Biomasse in suspendierter Form vorliegt, wird durch die nachgeschaltete Abscheideeinrichtung diese Biomasse gezielt im Reaktor aufkonzentriert. GroBtechnische Beispiele dieses Typs sind z.B. bei Bohnke (1993) aufgefuhrt. 4. Festbettreaktor mit Pelletschlamm. Austermann-Haun (1992) beschreibt ein groBtechnisches Beispiel eines Festbettreaktors, der mit Pelletschlamm in Betrieb genommen wurde und bei dem auch nach langerem Betrieb ein groBer Teil der Biomasse in Form von Pellets vorlag. 5. UASB-Reaktor mit zusatzlichem Festbett tiber dem Gasabscheider. Diese Reaktoren werden in der englischsprachigen Literatur haufig als AHReactor (Anaerobic Hybrid) bezeichnet, wobei jedoch die Bezeichnung grundsatzlich als Oberbegriff verstanden und von daher der Reaktortyp weiter spezifiziert werden sollte. Diese Reaktoren sind vor allem bei Abwassem interessant, die die Bildung von gut absetzbaren Pellets oder eines Biofilms nur schwer ermoglichen. Hier kann durch die Filterwirkung des Festbetts ein verbesserter Riickhalt von Biomasse erzielt werden. Untersuchungen von Elmitwalli (2000) belegen u.a. die Vorteile dieses Reaktortyps bei der Behandlung von kommunalen Abwassern. Ein anderer Vorteil kann darin liegen, dass sich in dem nachgeschalteten Festbett aufgrund der erfolgten Vorreinigung eine spezialisierte Biomasse mit einem hohen Schlammalter ausbildet, die einen verbesserten Abbau schwer abbaubarer komplexer Abwasser ermoglicht. In diesem Fall stellt der Hybridreaktor einen Ubergangsbereich zu einem 2stufigen anaeroben Methanreaktorsystem dar.
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5 Anaerobe Abwasserbehandlung
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5.2 Verfahrenstechniken zur Behandlung von Abwassem
341
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342
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
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5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
343
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5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassern aus der Lebensmittelindustrie 5-3.1 Fruchtsaftindustrie Allgemeines Bedeutung der Fruchtsaftindustrie Die Fruchtsaftindustrie ist weltweit ein bedeutendes Segment im nichtalkoholischen Getrankemarkt. Man rechnet mit einer Produktion von etwa 30 Milliarden Litem und einem Wert von etwa 30 Milliarden US-Dollar. Wichtige Zentren der Fruchtsaftindustrie sind heute vor allem Europa, Nordamerika, Australien und zunehmend Femost. In der Europaischen Union als einem der Hauptmarkte mit nahezu 380 Millionen Verbrauchem und etwa 18,6 % des Welthandels (USA 16,6 %, Japan 8,2 %) sowie einem Anteil von 19,4 % am weltweiten Bmttosozialprodukt (USA 19,6 %, Japan 7,7 %) werden etwa 8,3 Milliarden Liter Fmchtsafte und Fmchtnektare produziert mit einem Wert von etwa 5 Milliarden Euro (Schobinger 2001).
344
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Ein tJberblick tiber die wesentlichen Kennzahlen der Fruchtsaftindustrie in Deutschland ist in Tabelle 5.3.1-1 gegeben. In Deutschland werden demnach ca. 50 % der in der EU hergestellten Fruchtsafte und Fruchtnektare hergestellt. Tabelle 5.3.1-1. Die deutsche Fruchtsaftindustrie in Zahlen, Geschaftsjahr 2001, Quelle: Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie e.V. (VdF), Bonn Fruchtsafthersteller: Beschaftigte: Gesamtumsatz: Industrielle Herstellung (Fruchtsaft/ -nektar/ stille Fruchtsaftgetranke): Pro-Kopf-Verbrauch (Fruchtsafte/ -nektare): Obstverarbeitung: Import: Export:
465 ca. 7.500 3,2 Mrd. € 4,4 Mrd. Liter 40,3 Liter 800.000 Tonnen 0,9 Mrd. € 0,7 Mrd. €
Der jahrliche Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland bewegt sich seit Anfang der 90er Jahre um 40 Liter (VdF 2003). Die Betrachtung der Branchenstruktur zeigt, dass ca. 80 % des GesamtBranchenumsatzes von ca. 10 % der Gesamt-Firmenzahl erbracht wird. Eine Anwendung der anaeroben Abwasserreinigung ist gegebenenfalls ftir die mittleren und groBen Betriebe sinnvoll. Ftir die groBe Zahl der Kleinbetriebe sind bei Bedarf die tiblichen Verfahren der Neutralisation, Mischung und Ausgleich mit Abwasserfrischhaltung und evtl. Vorabbau durch Beltiftung angebracht. Abwasseranfall und -zusammensetzung In der Fruchtsaftindustrie werden die Betriebe unterschieden zwischen: • Frucht und Gemtise verarbeitende Betriebe (Kampagnenbetriebe) • ausschlieBlich aufbereitende und abflillende Betriebe, • sowohl verarbeitende als auch abftillende Betriebe. Das Produktionsspektrum ist entscheidend fur die Zusammensetzung und Menge des Abwassers. Bei alien verarbeitenden Betrieben handelt es sich um Kampagnenbetriebe, deren Abwasseranfall und -zusammensetzung saisonalen Schwankungen unterworfen ist. Diese saisonbedingten Frachtschwankungen miissen bei der Auslegung der Abwasserbehandlung beachtet werden. Die Anaerobtechnik ist durch ihre ausgepragte Elastizitat bei unterschiedlichen Belastungen sehr gut geeignet, um dieser Problematik Rechnung zu tragen. Bei der aeroben Behandlung der Abwasser der Fruchtsaftindustrie bereiten insbesondere Blahschlammbildung, Schaumbildung sowie pH-Wert- und BelastungsstoBe immer wieder Probleme.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
345
Aus diesem Grund wird der Aerobstufe haufig ein Misch- und Ausgleichsbecken mit Neutralisation vorgeschaltet. Auch fur eine anaerobe Abwasserbehandlung ist ein Misch- und Ausgleichsbecken sinnvoll. Die Abwasser der Fruchtsaftindustrie enthalten vorwiegend organische Verunreinigungen aus folgenden Betriebsbereichen: • zucker- und fmchthaltige Produktreste und -verluste aus den Bereichen Kelterei, Abftillung und Tanklager, • Trub- und Kieselgurreste aus den Bereichen Schonung und Filtration, • leim- und faserhaltige Stoffe aus den Bereichen Etikettierung und Verpackung, • Reinigungslaugen und -sauren mit organischen Verunreinigungen aus der Rohrleitungs- und Behalterreinigung sowie der Flaschenreinigung (Rosenwinkel, 1988). Einen erheblichen Anteil der Abwasserbelastung machen Produktverluste aus. Bei der Bewertung der Abwasserlasten von Fruchtnektaren und Fruchtsaftgetranken ist der Verlust an zugesetztem Zucker zu beachten (ATV-M 766, 1999). Innerbetrieblich ist auch aus Abwassersicht die Vermeidung von Produktverlusten oberste Zielsetzung. Neben den hohen organischen Belastungen zeichnen sich die Abwasser durch Starke pH-Schwankungen, niedrige Abwassertemperaturen (2030 °C) und fur eine biologische Behandlung zu geringe Stickstoff- und Phosphorkonzentration aus. Die Tabellen 5.3.1-2 bis 5.3.1-5 geben Konzentrationsbereiche, spezifische Abwassermengen und Frachten sowohl ftir verschiedene Abwasserteilstrome, als auch ftir das Gesamtabwasser an. Beztiglich der Abwassertemperatur ist darauf hinzuweisen, dass diese entscheidend vom Produktionsspektrum des Betriebes abhangig ist. Der Betrieb einer Presserei erhoht die Temperatur deutlich, wahrend bei ausschlieBlich ausmischenden und abfullenden Betrieben Temperaturen auch unter 20 °C auftreten konnen. Tabelle 5.3.1-2. Beispiele ftir Abwasserlasten in Fruchtsaftbetrieben verschiedener GroBe (nach ATV M 766 und Schobinger 2001) Fruchtsafthersteller Fruchtsaftbetrieb, mittelgroB (Pressen und Abfiillen, saisonell Beeren- und Kemobst)
Einheit (Bezugsgrofie)
spez. Abwassermenge mVEinheit
spez. BSB5Fracht kg/Einheit
spez. CSBFracht kg/Einheit
1.0001 Saft
1,0-4,0
1,0-4,6
1,5-6,8
346
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Tabelle 5.3.1-3. Mittelwerte vom Gesamtabwasser eines Friichteverarbeitungsbetriebes (ohne Abfiillung) fiir mehrere Kampagnen (Rosenwinkel/ Ruffer) PH-Wert von 5,1
bis 6,1
Absetzbare Stoffe ml/1 bis von 33,4 8,7
BSB5 mg/1
CSB mg/1
von 2.000
von 4.000
bis 4.400
bis 7.500
N ges. mg/1 von 10
bis 40
P ges. mg/1 von 5
bis 25
Tabelle 5.3.1-4. Beispiele fur die Beschaffenheit von Abwasserteilstromen der Fruchtsaftherstellung (ATV M 766) Analyse CSB
BSBs Abwasseranfallstelle
Obstwasche Aroma- und Konzentratanlage TankreinigungCVorsptilwasser), CIP Schonungstrub
pHWert
original
sedim.
original
sedim.
spezifische Menge und Fracht AbwasCSB sermenge BSBs original original mVt, kg/t, mVl.OOO k^l.OOO/ kg/1.000 1 1 1
mg/1
mg/1
mg/1
mg/1
3,5-5,5
5.00015.125
1.15014.000
11.000
6.40027.500
0,1-0,3
2,01
3,39
3,0-4,4
76-685
480
8801.120
-
0,8-0,9
0,32
0,86
7,011,4
7301.200
-
9003.500
-
0,0040,014*
0,0050,007*
0,006*
3,2-3,8
67.500176.600
122.900
0,005
0,6-0,7
1,181,25
147.000295.000 315.000
* m^ bzw. kg je 30.000 1 Tank Behandlungsverfahren In Betrieben der Fruchtsaftindustrie sind anaerobe Verfahren sowohl mit dem Ziel einer Indirekteinleitung als auch in Kombination mit aeroben Verfahren zur Direkteinleitung reaHsiert worden. Im Folgenden sind als Beispiele ftir mogliche unterschiedliche Konzepte u.a. die Betriebsklaranlagen eines groBen deutschen Fmchtsaftherstellers dargestellt. Aus diesen Beispielen wird deutlich, dass die Anwendung der Anaerobtechnologie in der Fruchtsaftindustrie auch bei vergleichsweise geringem CSB und bei geringen Zulauftemperaturen moglich ist. Auch ftir die Erweiterung bestehender Anlagen, die in der Regel als Aerobstufen geplant und betrieben werden, ist die Anaerobtechnik u. U. eine wirtschaftliche Losung. Dabei kann unter Berticksichtigung anlagenspezifischer Aspekte (wie z.B. Behaltergeometrie, Korrosionsbestandigkeit) auch die Verwendung vorhandener Baugruppen sinnvoll sein.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
347
Tabelle 5.3.1-5. Jahrsdurchschnittswerte vom Rohabwasser verschiedener Betriebsarten (ATV M 766)
1 Betriebsart
spez. Abwassermenge
pHWert
Absetzbare Stoffe
BSBs
CSB
Nges
Pges
ml/1
mg/1
mg/1
mg/1
mg/1
3,6-11,5
10-150
1.7004.000
2.5004.500
5-30
3-15
2501.000 4002.000
1.5003.000 4003.000
1,2-10
1,5-12
9-25
2-14
m^/t Obst und Gemiise a.)
1,5-2,0 m^/1.000 1
Fertigware b.)*
0,55-3,8
4-11,5
0,5-11,5
c.)*
1^
3,5-11
2-30
* Das Gesamtabwasser wird stark von Einweg-/ Mehrweg-Abftillung beeinflusst. Bei der Auswertung der Umfrageergebnisse wurden die 10 % hochsten und 10 % niedrigsten Werte von der Wertung ausgeschlossen. a.) nur verarbeitende Betriebe (Halbwarebetriebe) b.) nur abfiillende Betriebe c.) verarbeitende und abfullende Betriebe ftir verschiedene VerarbeitungsKampagnen auf Basis einer Verbandsumfrage 1996 mit 105 Beteiligten (VdF, 1996) Beispiel WeserGold, Rinteln, D Im Hauptwerk des Fruchtsaftherstellers w^ird ganzjahrig Fruchtsaft ausgemischt und Mineralwasser abgefullt. Wahrend der Kampagne werden zusatzlich Apfel und Karotten zu Saft und Konzentraten verarbeitet. Verursacht durch Produktionssteigemngen batten die Abwassermengen und Abwasserfrachten in der Hauptkampagne der Obstverarbeitung GroBenordnungen erreicht, die die Auslegungswerte der vorhandenen aeroben Betriebsklaranlage zur Indirekteinleitung tiberschritten. Zur wesentlichen Verbesserung der Leistungsfahigkeit der Anlage wurde deshalb im Jahr 2000 eine Anaerobstufe gebaut. Die anaerob/aerob vorbehandelten Abwasser werden anschheBend tiber eine Druckleitung dem kommunalen Klarwerk zugefuhrt. Mit der so erweiterten Abwasservorbehandlungsanlage wird eine sichere Einhaltung der mit der Stadt vereinbarten Ablauffrachten sichergestellt. Um die gewahlte Verfahrenstechnik (anaerobe Hochleistungsreaktoren nach dem Schlammbettverfahren) abzusichem, wurde vor der groBtechnischen Realisiemng eine halbtechnische Versuchsanlage betrieben. Die Ergebnisse bestatigten die erwarteten Leistungsdaten hinsichtlich CSBRaumbelastung und Wirkungsgrad. In die Konzeption der groBtechnischen Anlage wurde aus dem Versuchsanlagenbetrieb u.a. iibemommen, dass insbesondere auf eine gut funktionierende vorgeschaltete Feststoffabschei-
348
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
dung zu achten ist. Zur Minimierung des Natronlaugeverbrauches sollte weiterhin der Recyclestrom (Riickfuhrung des anaerob behandelten Abwassers in den Zulauf) maximal sein. Aus Platzgriinden konnte ausschlieBlich ein hoher Reaktortyp zum Einsatz kommen. Eine hohe Raumbelastung war anzustreben. Die Entscheidung wurde deshalb ftir ein Hochlast-Schlammbettverfahren nach dem Biobed-Verfahren getroffen. Die Bauhohe der Reaktoren (H = 17,5 m) resultiert aus dem ftir die Durchmischung notwendigen Verhaltnis von Hohe zu Durchmesser sowie den in den Reaktor eingebauten Einrichtungen (Zulauf-Verteilung, Abscheider ftir Gas, Wasser, Schlamm). Die Anlage wurde zweistraBig gebaut. Das Abwasser durchstromt die Reaktoren von unten nach oben (Upflow-Reaktor). Im unteren Bereich der Reaktoren befindet sich das Schlammbett. Dieses Schlammbett besteht aus Schlammpellets (Durchmesser ca. 2 bis 5 mm). Der eigentliche Abbau erfolgt in diesem unteren Reaktorbereich. Abbildung 5.3.1-1 zeigt eine Ansicht der Anlage.
Fackel
Abb. 5.3.1-1. Klaranlage der Fa, WeserGold
AnaerobReaktoren
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
349
Im oberen Teil des Reaktors ist eine Abscheideeinrichtung instalhert, die das vorbehandehe Abwasser von den Schlammpellets trennt. Die Schlammpellets verbleiben im Reaktor. Das erzeugte Biogas wird ebenfalls im Reaktorkopf abgetrennt. Der Reaktor wird mit einem Druck von ca. 90 mbar betrieben. Eine weitere Druckerhohung zur Gasverwertung ist deshalb nicht notwendig. Durch die komplette Kapselung des Reaktors entsteht hier keine zu entsorgende Abluft (emissionsfreier Betrieb). Eine Abluftentsorgung fiir den Bereich Vorversauemng/Konditionierung ist notwendig und wurde hier durch Einblasen in die Belebung realisiert. Zur verfahrenstechnischen Einbindung der Anaerobreaktoren war eine teilweise Umrlistung der vorhandenen Anlagentechnik erforderlich. Das FlieBschema der erweiterten Anlage ist in der Abbildung 5.3.1-2 dargesteUt. Die wesentlichen Verfahrensstufen der erweiterten Abwasservorbehandlungsanlage sind folgende: • • • • • •
Siebung Sandabscheidung Feststoffabscheidung Mischung, Ausgleich und Vorversauerung anaerobe Behandlung aerobe Behandlung (Belebung und Nachklarung).
Tabelle 5.3.1-6. Auslegungs- und Betriebsdaten WeserGold Parameter Bemessungsdaten hydraulische Belastung, max. CSB-Fracht im Mittel CSB-Fracht maximal CSB : BSB5 BSBs-Fracht maximal Zulauftemperatur (in der Kampagne) Betriebsdaten hydraulische Belastung, max. hydraulische Belastung, mittel mittlere CSB-Fracht CSB-Reduktion durch anaerobe Behandlung CSB-Ablaufwert Anaerobreaktor, Mittelwert Zulauftemperatur Betriebstemperatur Anaerobreaktor
Einheit
Wert
mVd mVh kg/d kg/d kg/d °C
3.500 176 11.000 15.000 ca. 1,6 9.375 >27
mVd mVd kg/d % mg/1 °C ^C
4.300 2.530 7.500 83 510 21 35
350
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Siebung Pumpstation
Sandfang
MAB, Vorversauerung 1.200 m^
Sehlammstapelbehalter Stadtische KA
Abb. 5.3.1-2. FlieBschema der Klaranlage WeserGold
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
351
Bestehende Anlagenkomponenten wurden fiir die Erweiterung genutzt: eine vorhandene Flotationsanlage wurde zur Feststoffabscheidung vor der Anaerobanlage umgenutzt, ein vorhandenes Becken wurde zur Vorversauerung umgebaut. Alle vorhandenen Becken wurden in das neue Anlagenkonzept integriert. Die Belebung hat infolge des weitgehenden Kohlenstoffabbaus in der Anaerobstufe jetzt deutliche Reserven und muB nicht ganzjahrig mit vollem Volumen betrieben werden. Die Errichtung der Anaerobreaktoren an diesem Standort ist eine vortibergehende Losung. Der Neubau der Abwasserbehandlung ist langfristig an einem anderen Standort vorgesehen. Beispiel Agrozumos, Lecunberri, Spanien Die Firma Agrozumos ist im Norden Spaniens in Navarra gelegen und ein ausschlieBlich abftillender Betrieb. Im Jahre 1998 wurde eine aerobe Belebungsanlage zur Direkteinleitung nach dem Einbeckenverfahren errichtet. Die Verfahrenskette bestand aus: Siebung, Mischung und Ausgleich, Einbeckenanlage, Schlammstabilisiemng und -speicherung in extemem Behalter. Infolge von Produktionssteigerungen wurde 2002 eine Erweiterung der Klaranlage geplant und realisiert (siehe Abb. 5.3.1-3 FlieBschema). Die erweiterte Anlage wurde im Friihjahr 2003 in Betrieb genommen. Ftir die Erweiterung wurde eine Anaerobanlage nach dem UASBVerfahren vorgesehen. Eine anaerobe Technologie war auch aufgrund der hohen Schlammentsorgungskosten deutlich vorteilhaft gegentiber der Variante einer Erweiterung der Aerobstufe. Die Entscheidung ftir einen UASB-Reaktor mit geringer CSBSchlammbelastung wurde aufgrund der geringen Abwassertemperaturen getroffen. Die ortlichen klimatischen Verhaltnisse sind mit dem Allgau vergleichbar. Die produktionsspezifisch sowieso geringen Abwassertemperaturen von minimal 17 °C im Winter liegen auch im Sommer nicht hoher als maximal 25 °C. Aufgrund der mittleren CSB-Konzentration von ca. 4.000 mg/1 ist eine Abwassererwarmung durch die Energie aus dem erzeugten Biogas nur um maximal ca. 8 °C moglich. Aufgrund der hohen Anforderungen an die Ablaufqualitat wurde ein kontinuierlich betriebener Sandfilter nachgeschaltet. Die Betriebsergebnisse (siehe Tabelle 5.3.1-7) zeigen, dass mit dem gewahlten Anlagenkonzept des Betriebes bei bisher ca. 20° C (min. 17° C, bisher max. 24° C) die erwarteten CSB-Wirkungsgrade von tiber 75 % sicher erreicht werden.
352
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Auslegunqswerte:
Misch-und Zulauf- Siebung PW Ausgleichsbecken 133m=
CSB„i„3, CSB„3,
= 50 m^/h , = 32 nf/h (ohne SpOlwasser Filter) =1.050 kg/d =2.000 kg/d
Produktionsabwasser
^mEmM-*\St-^
Vorversauerung/ Konditionierung 165 m^
(p^rt3=t|;
Abb. 5.3.1-3. FHeBschema der Abwasserbehandlung Agrozumos
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
353
Tabelle 5.3.1-7. Auslegungs- und Betriebsdaten Agrozumos Parameter Bemessungsdaten hydraulische Belastung, max. Zulauf nach VergleichmaBigung CSB-Fracht im Mittel CSB-Fracht maximal CSB : BSB5 BSBs-Fracht maximal Zulauftemperatur, min. Betriebsdaten hydraulische Belastung, max. hydraulische Belastung, mittel mittlere CSB-Fracht CSB-Reduktion durch anaerobe Behandlung BSBs-Reduktion durch anaerobe Behandlung CSB-Ablaufwert Anaerobreaktor, Mittelwert CSB-Ablaufwert Aerobstufe, Mittelwert Zulauftemperatur, Mittelwert Betriebstemperatur Anaerobreaktor, Mittelwert
' ohne Wochenenden
Einheit
Wert
mVd mVh mVh kg/d kg/d
500 50 32 1.050 2.000 1,7 1.180 20
kg/d °C
mVd mVd kg/d % % mg/1 mg/1 °C
°c
228 484 1.405 ^^ 79,0 97,6 1.203 90 19 20
Beispiel Mineralquelle Zurzach, Schweiz Die Mineralquelle Zurzach fullt Mineralwasser und Limonaden ab. Das vergleichmaBigte und neutralisierte Produktionsabwasser wird in das kommunale Klarwerk eingeleitet. Infolge einer Erhohung der Produktionskapazitaten ist eine Erweiterung der Abwasserbehandlung notwendig. Die von der kommunalen Klaranlage aufnehmbare Abwasserfracht ist begrenzt und ein Vorabbau ist deshalb kiinftig notwendig. Die bisherige Abwasserbehandlung besteht aus einem Mengen- und Konzentrationsausgleich mit Neutralisation. Das Verfahrensschema der erweiterten Anlage ist in Abbildung 5.3.1-4 dargestellt. Der erste Behalter dient dem Mengenausgleich und der Vorversauerung. Zur Temperaturerhohung kann bei Bedarf Dampf aus dem werkseitig bestehenden Dampfnetz in das Pufferbecken eingeblasen werden. Der zweite Stahltank wird in einen Anaerobreaktor umgebaut. Dazu werden angepasste UASB-Abscheidemodule eingebaut (Alpha-Biopaq-UASB).
354
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Siebung
Pumpstation
Mengenausgleich, Versauerung 240 m^
Beschickungs-PW Anaerobreaktor
UASB-Reaktor 144 m^
Zyklon
Nachbeluftung 103 m^
Kanalisation
Abb. 5.3.1-4. FlieBschema der Klaranlage Mineralquelle Zurzach Tabelle 5.3.1-8. Auslegungsdaten Parameter Tagesmenge CSB-Fracht CSB-Fracht maximal Betriebstemperatiir Anaerobreaktor CSB-Wirkungsgrad
Einheit mVd kg/d kg/d °C %
Auslegung 100 900'^ 2.000 >25 >70
Maximalwert 298 2.160^^ 35 >70
^bei T > 25 °C ^^ bei T = 25 °C Auch in dieser Anaerobanlage ist eine Rezirkulation eines Teilstromes des behandelten Abwassers vorgesehen. Durch eine Rezirkulation wird die Pufferkapazitat des Abwassers erhoht, damit sinkt der Natronlaugeverbrauch zur Neutralisation und die hydraulische Beschickung des Schlammbettes ist auch bei schwankender Zulaufmenge jederzeit optimal. Eine hydraulisch gleichmaBige Beschickung ist eine fur die Pelletbildung notwendige Randbedingung.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
355
Die Nachbeltiftung erfolgt im dritten Tank mittels selbstansaugender Strahlbeltifter. Die Abluft wird aus den Behaltem abgesaugt und in einem Biofilter behandelt. Dieses Anlagenbeispiel macht deutlich, dass auch bei engen Platzverhaltnissen eine Anaerobanlage durch Umnutzung vorhandener Komponenten realisiert werden kann.
Literatur Abwassertechnische Vereinigung (1999) Merkblatt ATV - M 766: Abwasser der Erfrischungsgetranke-, der Fruchtsaftindustrie und der Mineralbrunnen, GFA, Hennef Paques (2003) Reference Systems Worldwide, Internal Circulation & Upflow Anaerobic Sludge Bed Rosenwinkel KH, Rtiffer H (1981) Reinigung von Abwassern der Fruchtsaftindustrie, dargestellt an Beispielen. Vom Wasser Bd 57, S 243-262 Rosenwinkel KH (1984) Beitrag zur Frage der wirtschaftlichen Reduziemng von Abwassermengen und Schmutzfrachten aus Brauereien und Fruchtsaftfabriken. Veroffentlichungen des Instituts flir Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universitat Hannover, Heft 56 Rosenwinkel KH (1996) Abwasserbehandlung in der Fruchtsaft-Industrie. Proceedings der 36. Intemationalen Fruchtsaft-Woche '96, 23.-25.4.1996, Karlsruhe, S 95-00 Schobinger U (2001) Frucht- und Gemiisesafte: Technologic, Chemie, Mikrobiologie, Analytik, Bedeutung, Recht. Handbuch der Lebensmitteltechnologie, 3. Aufl, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart Verband der deutschen Fruchtsaftindustrie e. V. (VdF) (2003) Pressemitteilungen Verband der deutschen Fruchtsaftindustrie e.V. (VdF) (2003) Die deutsche Fruchtsaft-Industrie in Zahlen: Geschaftsjahr 2001 und 2002 WeserGold Getrankeindustrie GmbH & Co. KG (2003) Betriebliche Daten der Betriebsklaranlagen, unveroffentlicht
5.3.2 Erfrischungsgetrankeindustrie 5.3.2.1 Allgemeines Zu den Erfrischungsgetranken gehoren Fruchtsaftgetranke, Limonade (klar, safthaltig, Cola-Getranke einschl. Cola-Mix-Getranke, Bitter-Getranke) und Brause. Die Produktpalette ist groB und wachst standig durch Neuentwicklungen, zum Beispiel kalorienreduzierte Getranke, Energy Drinks, ACE-Getranke (Provitamin A, Vitamin C und E), Gargetranke wie Kombucha oder Wasserkefir. Der jahrliche Pro-Kopf-Verbrauch an Erfrischungsgetranken ist in Deutschland seit 1950 von 5,5 Liter (VdF 1998) auf 105,7 Liter im Jahr 2000 (wafg 2000) gestiegen. Im Jahr 2000 gab es
356
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
in Deutschland 229 Betriebe der Erfrischungsgetrankeindustrie und Mineralbrunnen mit insgesamt 25.103 Beschaftigen (wafg 2003). Erfrischungsgetranke werden aus Wasser im Sinne der Trinkwasser-VO Oder der VO iiber naturliches Mineralwasser, Quellwasser und Tafelwasser (1998) unter Zusatz geschmackgebender und ggf. weiterer Zutaten hergestellt (Abb. 5.3.2-1). Zugabe von Getrankegrundstoff; ggf. Zugabe von Zucker und/ Oder SiiBstoff, CO2
Trinkwasser / Quellwasser / naturliches Mineralwasser
Mischen und Losen Abftillung Erfrischungsgetrank Abb. 5.3.2-1. Blockschema fiir die Herstellung von Erfrischungsgetranken (ATV M766 1999) Die wesentlichen Abwasserinhaltsstoffe stammen dabei vorwiegend aus folgenden Bereichen: • Zucker und fruchthaltige Produktreste und -verluste aus den Bereichen Produktlagerung, -vorbereitung und -abftillung, • Leim- und faserhaltige Stoffe aus den Bereichen Flaschenreinigung, Etikettierung und Verpackung, • Reinigungslaugen und -sauren mit organischen Verunreinigungen aus der Rohrleitungs-, Tank- und Anlagenreinigung sowie der Flaschenreinigung. • Mineralsauren und salzhaltige Sptilwasser aus der Wasseraufbereitung, • Bandschmiermittel aus dem Abfull- und Flaschentransportbereich. Die wesentlichen Belastungen stammen aus der Flaschenwasche bei der Verwendung von Mehrwegflaschen und hier insbesondere aus den in den Flaschen enthaltenen Produktresten. Ftir die Zusammensetzung der Schmutzfrachten aus dem Flaschenkeller bei der Erfrischungsgetrankeabftillung gibt Schumann (1978) die folgende Verteilung an:
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
357
Getrankereste in denFlaschen (1,6 ml/Flasche) =
242 g BSBs/m^ Getrank
Uberschaumen bei Abfiillung (0,26 ml/Flasche) =
39 g BSBs/m^ Getrank
Leim und ausgelaugte Etiketten
=
1.365 g BSBs/m^ Getrank
Summe
=
1.646 g BSBs/m^ Getrank
Die bei den Reinigungs- und Desinfektionsprozessen anfallenden Abwasser haben einen wesentlichen Einfluss auf die Beschaffenheit des Gesamtabwassers. Neben den Produktionsabwassem, die nachfolgend genauer beschrieben werden, gibt es Kiihlwasser, die nur eine Temperaturerhohung erfahren haben, Wasser aus der innerbetrieblichen Wasseraufbereitung sowie Abwasser aus dem Sanitar- und Sozialbereich. Die Abwassertemperaturen liegen haufig zwischen ca. 20 und 30 °C. Konzentrationen wesentlicher abwasserrelevanter Parameter, spezifische Wassermengen und Frachten sind in der Tabelle 5.3.2-1 fur reine Erfnschungsgetrankehersteller sowie Mischbetriebe angegeben. Die tiberwiegende Zahl der Erfnschungsgetrankehersteller sind in Deutschland Mischbetriebe, d.h. es werden sowohl Erfrischungsgetranke als auch verschiedene Wasser (Mineral- und Tafelwasser) abgefullt. Durch die Verwendung von Sauren und Laugen bei den Reinigungsprozessen werden sowohl saure als auch alkalische pH-Werte gemessen. Viele Betriebe neutralisieren ihre Abwasser daher vor der Einleitung in das Kanalnetz, um die geforderten Einleitungsbedingungen einzuhalten. Ftir die Werkstoffauswahl ist bei Betrieben mit einer Vollentsalzungsanlage zu beachten, dass unter Umstanden hohe Chloridgehalte von > 1.000 mg/1 auftreten konnen. Wie die Zahlenwerte der Tabelle 5.3.2-1 verdeutlichen, sind nur die Abwasser derjenigen Betriebe hoher belastet, die ausschlieBlich Erfrischungsgetranke herstellen und nur flir diese Betriebe wird die Anaerobtechnik interessant sein. Dass die Abwasserbelastung in auslandischen Betrieben ganz anders aussehen kann, zeigt die Tabelle 5.3.2-2. In Versuchen zur Reinigung von Erfrischungsgetrankeabwasser eines mexikanischen Betriebes wird das Abwasser, untersucht tiber einen Zeitraum von Januar bis September 1995 wie in der Tabelle 5.3.2-2 zusammengestellt, charakterisiert.
358
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Tabelle 5.3.2-1. Abwasserkonzentrationen, spezifische Wassermengen und Frachten in der Erfrischungsgetranke-Industrie ausschlieBlich Erfrischungsgetranke (Mehrweg) Rosenwinkel 1997, BGA 1994
Quelle
Temperatur pH-Wert abs. Stoffe abs. Stoffe CSB sed. CSB horn. TOC BSBs sed. BSB5 horn. N ges NO3-N P ges Sulfat Chlorid Abwasseranfall abs. Stoffe abs. Stoffe CSB sed. CSB horn. BSB5 sed. BSB5 horn. N P
°C ~ ml/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mVl.OOOL Getrank L/l.OOOL kg/1.000 L kg/1.000 L kg/1.000 L kg/1.000 L kg/1.000 L kg/1.000 L kg/1.000 L
ca. 4 860-1280 1200-3600 570-850 800-2400
8 Mischbetriebe 50-60 % Mineral wasser, 40-50 % SuBgetranke Harig 1979
107 Betriebe, davon 86 % Mischbetriebe * ATVM766 1999
20-35 6,5-8,5 0,1-1,8 8-54 350-835 200-1600,0 682 180-370 6-40
1,4-2,8
6-9 80-110 120-170 1,18-2,70
1,2-3,6
0,09-0,33 0,03-0,06 0,6-1,5
0,8-2,4
0,4-0,7
100-800,0 372 2-35, 0 13,05 0 - 1 7 , 0 5,64 0 - 1 8 , 0 6,9
0,5-3,5,0 1,56
1,06 0,58 0,0204 0,0108
* Ergebnis zweier Verbandsumfragen (BDE und VDM) des Jahres 1997 bei der Jahresmittelwerte erfragt wurden. Bei der Auswertung der Umfrageergebnisse wurden die 10 % hochsten und 10 % niedrigsten Werte von der Wertung ausgeschlossen. Von den 107 Betrieben, die sich an der Umfrage beteiligten, waren 9 reine Mineralbrunnen, 6 ausschlieBlich Erfrischungsgetranke herstellende Betriebe und die restlichen 92 Betriebe (86 %) Mischbetriebe. Nach einer Verbandsumfrage des BDE im Jahr 1997 sind in Deutschland zwei Anaerobanlagen in der Erfrischungsgetrankeindustrie im Einsatz; diese Betriebe stellen Cola-Getranke her. Die in den Anaerobanlagen der Cola-Getranke-Hersteller behandelten Abwasser sind bei der Mischung aller Teilstrome gering konzentriert mit einem CSB zwischen 2.200 und
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
359
3.200 mg/1 (siehe Kap. 5.3.2.2). Es wird jedoch auch von Anlagen berichtet, die nur die hoch belasteten Teilstrome behandeln. Im Fall einer groBtechnischen Anlage von Herding wird der CSB mit 60.000 mg/1 angegeben (Herding 2003). Durch die anaerobe Abwasservorbehandlung werden Wirkungsgrade ftir den BSB5 von ca. 80 % bei Raumbelastungen von ca. 10 kg CSB/(m^'d) erzielt. Tabelle 5.3.2-2. Abwasserkonzentrationen eines Erfrischungsgetrankeherstellers in Saltillo, Coahuila, Mexiko (Kalyuzhnyi et al. 1997) Parameter CSB gesamt CSB gelost TS oTS pH-Wert Alkalitat Stickstoff Phosphat Temperatur
Einheit g/L g/L g/L g/L g CaCOs/L gN/L gP/L °C
Grofie 1,1-30,7 1,0-27,4 0,8-23,1 0,6-15,7 4,3-13,0 1,25-1,93 0-0,05 0,01-0,07 20-32
Bei den Abwassern der Erfrischungsgetrankeindustrie hat sich eine zweistufige anaerobe Anlage, d.h. eine raumliche Trennung von Versauerung und Methanisierung als vorteilhaft erwiesen. Der Versauerungsreaktor kann gleichzeitig die Funktion eines Misch- und Ausgleichsbeckens iibernehmen. Gtinstiger ist jedoch die Trennung von Misch- und Ausgleichsbecken und Versauerung. Die Misch- und Ausgleichsbecken sollten hierbei einen Wochenausgleich ermoglichen. In der Erfrischungsgetranke- und Fruchtsaft-Industrie werden Anaerobanlagen nicht wie sonst tiblich bei Temperaturen um 36 °C betrieben, sondem bei etwa 24 bis 28 °C, da die Abwasser in diesem Temperaturbereich anfallen. Dadurch hat die anaerobe Biomasse zwar eine geringere Aktivitat, dieser Mangel kann jedoch durch einen hoheren Gehalt an Biomasse ausgeglichen werden, so dass dies letztendlich keinen Einfluss auf den Abbau hat. Eine Aufheizung des Abwassers ist somit nicht standig erforderlich. Ftir Indirekteinleiter mit einer anaeroben Abwasservorbehandlungsanlage empfiehlt sich zur Vermeidung von Geruchsbelastigungen eine Beliiftung vor der Ableitung oder eine aerobe biologische Nachbehandlung, wobei die Abluft ggf. gefasst und behandelt werden muss (ATV M 766, 1999).
360
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
In der Anaerobanlage werden die im Abwasser vorhandenen und in er Versauerung gebildeten organischen Sauren abgebaut, wodurch es zu einer pH-Wert-Anhebung kommt. Im Abwasser enthaltene Laugen werden durch das beim Abbauprozess entstehende CO2 neutralisiert. Problematischer sind Mineralsauren, diese soUten nur gleichmaBig dosiert abgegeben werden. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, sowohl Laugen als auch Sauren zu stapeln und gesteuert abzugeben. pH-Wert-Schwankungen im Zulauf von Methanreaktoren sollten genauso vermieden werden wie Temperaturschwankungen. Grundsatzlich gibt es die Moglichkeit nur die hoher belasteten Teilstrome (Sirupraum, Flaschenreinigungsmaschine, Anlagenspiilung nach Ftillende) einer anaeroben Vorbehandlung zu unterziehen oder das Gesamtabwasser. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Welcher Variante der Vorzug gegeben wird hangt unter anderem davon ab ob ein Betrieb neu errichtet wird und damit von der Rohrleitungsfuhrung eine Trennung der hoch- und niedrigbelasteten Abwasserstrome moglich ist, oder ob die Betriebsklaranlage fur einen vorhandenen gewachsenen Betrieb errichtet wird. Die Tabelle 5.3.2-3 liefert eine Zusammenstellung der groBtechnischen Anaerobanlagen in der Erfrischungsgetrankeindustrie. In jiingster Zeit gibt es den Trend hin zu den sehr leistungsfahigen EGSB-Reaktoren (Expended Granular Sludge Bed) in Turmbauweise. Weinzierl (2003) berichtet von Versuchen bei einem Coca-Cola Hersteller die mit sehr groBem Erfolg und erstaunlich kurzer Einarbeitungszeit laufen. 5-3,2.2 Beispiel Coca-Cola Knetzgau Die Betriebsklaranlage wurde in zwei Schritten errichtet: 1995 Bau der anaeroben Vorbehandlung, 1997 aerobe Reinigungsstufe zur Vollreinigung und Direkteinleitung (Weinzierl und Mtiller-Blanke 1998). Einen Uberblick tiber die Gesamtanlage zeigt das Verfahrensschema in Abb. 5.3.2-2. Die Anaerobanlage besteht aus folgenden wesentlichen Reaktoren (Weinzierl 2003): • Misch- und Ausgleichsbecken V = 3 • 300 m^ = 900 m^ Gesamtvolumen • Versauerungsreaktor V = 200 m^ • UASB-Reaktoren V = 3 • 100 m^ = 300 m^ Gesamtvolumen Die Auslegungs-Tagesabwassermenge betrug 1.300 mVd. Der CSB im Zulauf zur Anaerobstufe schwankte 1997 zwischen 2.200 und 3.200 mg/L (Weinzierl und Mtiller-Blanke 1998) und betragt heute im Mittel 2.500 mg/L (Weinzierl 2003). Das CSB:BSB5-Verhaltnis hegt im Mittel bei 2:1. Dem Abwasser wird Hamstoff und von Zeit zu Zeit Spurenele-
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
361
mente zudosiert. Bei CSB-Raumbelastungen von heute 7 bis 9 kg CSB/(m^-d) liegt der CSB im Ablauf der Anaerobanlage im Mittel bei 500 mg/L. Die Tatsache, dass von Zeit zu Zeit Pellets „geemtet" werden konnen belegt das gute Funktionieren der Anaerobanlage. Die Einleiterlaubnis dieses Direkteinleiters beinhaltetet folgende Grenzwerte: CSB 90 mg/L, BSBs 20 mg/L, NH4-N 10 mg/L, Nges 18 mg/L (NH4-N + NO3N + NO2-N) sowie Pges 2 mg/L. Tabelle 5.3.2-3. Liste groBtechnischer Anaerobanlagen in der Erfrischungsgetrankeindustrie Reaktortyp
Firma, Ort, Land
UASB
Columbien
Jahr
Volumen CSBo BSBo m^
1987
mg/L
150
Festbettreaktor Abstrombetrieb
CSBFracht
Q
T
BR,CSB
kg/d
m-Vd
12.800
168
kg CSB/mVd °C
HRT Quelle h Biothane 2003
2.000
3
10.000 7.000
4-6
15 35
Harper and Poland 1988
4 2 - Young 1991 60
Festbettreaktor crossflowModule, aufstrom
Pikeville, KY, USA
1988
85
UASB
Refrigerantes Ltda. Montes 1988 Claros, Brasilien
250
UASB
Sucocitrico Cutrale, Araraquara, Brasilien
1989 2 X 2.000
UASB
Coca-Cola, GroBbritanien
1989
UASB
Antarctica Polar, Canoz Brasilien
1990
UASB
San Pellegrino, Ruspino, I
1990
300
Hybridreaktor, crossflowModule, aufstrom
Lenexa, KS, USA
1991
1.140
UASB
Coca-Cola, Brasilien
1993
1.200
Ana flux Fliefibett
Coca-Cola Bergues, F
1994
Festbettreaktor
Coca-Cola Deizisau, D
1994
UASB
Coca-Cola Knetzgau, D
1995
Festbettreaktor
Coca-Cola Radeberg, D Werk und KA geschlosscn
1995
UASB
Asahi Hokuriku, Japan
1995
98
720
UASB
Southern Bottlers, Mzuzu, Malawi
1996
125
1.100
UASB
Columbien
1998
150
1.440
240
UASB
Columbien
1998
120
960
120
EGSB
Pepsi-Cola, Sapucaia do Sul, Brasilien
1998
160
2.880
UASB
Kyusei, Japan
1998
60
600
58
Biothane 2003
UASB
Coca-Cola, Angola
1999
250
1.900
624
Biothane 2003
EGSB
Hellena, Polen
1999
100
2.675
360
UASB
Sucrocitrico Cutrale, Guaruja, Brasilien
2000
128
1.000
675
Paques 2003
48.000
Paques 2003
4.600
700
3.024
Biothane 2003
4.600
Degremont 2003
2.620
Paques 2003 2
5.200 2.600
65
Young 1991
2.200
2.160
Biothane 2003
6.000
3.800
Degremont 2003
60.000 3 x 100
27
Herding 2003 1.6003.000
Paques 2003
10.000
Herding 2003 480
Biothane 2003 Paques 2003 Biothane 2003 Biothane 2003 Paques 2003
Biothane 2003 Paques 2003
362
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
vortianden: Rauchgasneutraiisation und Sieb
Anaerobstufe Feinsieb
Puffer
Versauemngsreaktor Gasspeicher Methanreaktoren Schlammstapelraum Aerobe Reinigung 1. Denitrifikatjon (opt. 02) 2. Belebungsreaktoren 3. TIA Hybridreaktoren mit Festbetteinbauten ARS Reaktor 4. Vorsedimentation Schlammstapelraum
5. Feinklarungen
Abb. 5.3.2-2. Verfahrensschema der anaeroben-aeroben Betriebsklaranlage in Knetzgau (Weinzierl und Miiller-Blanke 1998)
Literatur Amdt G (1999) Abwassersituation im Getrankebetrieb, in der Brauerei und Malzerei. Brauwelt, Nr. 30/31: 1378-1379 ATV M 766 (1999) Abwasser der Erfrischungsgetranke-, der Fruchtsaft-Industrie und der Mineralbrunnen. ATV-Merkblatt M766, Januar 1999, GFA Verlag fur Abwasser, Abfall und Gewasserschutz, Hennef, ISBN 3-933693-70-5 Austermann-Haun U, Rosenwinkel K-H (2000) Fruchtsaftfabriken, Erfrischungsgetrankeherstellung und Mineralbrunnen. In: ATV-Handbuch Industrieabwas-
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
363
ser Lebensmittelindustrie, Verlag Ernst & Sohn, Berlin: 279-315, ISBN 3443-01467-1 BDE (1999) Bundesverband der Deutschen Erfrischungsgetrankeindustrie e.V., Bonn BGA (1994) Biologische Testverfahren zur Feststellung gefahrhchen Abwassers im Sinne des § 7a WHO. Bundesgesundheitsamt Institut fur Wasser-, Bodenund Lufthygiene, FuE-Vorhaben 102 05 147, im Auftrag des Umweltbundesamtes Biothane (2003) Referenzliste der Fa. Biothane, 28.06.2003 www.biothane.com Degremont (2003) Referenzliste der Fa. Degremont, Le Pecq, Frankreich Harig H-J (1979) Abwasseruntersuchungen in Mineralbrunnenbetrieben. Der Mineralbrunnen, 29. Jg.: 73-77 Harper S R, Pohland F G (1988) Substrate utilization patterns in packed-bed reactors treating soft-drink wastewaters. Anaerobic digestion 1988, Pergamon press Oxford, New York: 79-89 Herding (2003) Referenzliste der Herding GmbH Filtertechnik, Amberg, Deutschland Kalyuzhnyi S V, Saucedo J V, Martinez J R (1997) The anaerobic treatment of soft drink wastewater in UASB and Hybrid Reactors. Applied Biochemistry and Biotechnology vol 66: 291-301 Paques (2003) Referenzliste der Fa. Paques B.V., Balk, Niederlande Rosenwinkel K H (1997) Kapitel 4.10 „Abwasser" im Siidzucker Handbuch Erfrischungsgetranke, 4. Auflage in 2 Banden, Stand Januar 1997 Schumann G (1978) Moglichkeiten zur wesentlichen Verringerung der Abwasserschmutzfracht - Umweltschutz im Flaschenkeller. Das Erfrischungsgetrank, 31. Jg.,Nr. 7: 113-118 VdF (1998) Geschaftsbericht 1998. Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie e.V., Bonn Verordnung iiber naturliches Mineralwasser, Quellwasser und Tafelwasser vom 1.8.1984 (BGBl. I S. 1036 ff.) i.d.F.v. 29.01.1998 (BGBl. I S 230, 297) wafg (2003) Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getranke e.V.; www.wafg.de Weinzierl R, Mtiller-Blanke N (1998) Abwasserreinigung mit Sicherheit. Das Erfrischungsgetrank, Mineralwasser Zeitung, 51. Jg. H. 1: 14-16 Weinzier R (2003) personliche Mitteilung, Juni 2003, Coca-Cola Knetzgau Young J C (1991) Factors affecting the design and performance of upflow anaerobic filters. Water Science and Technology, vol 24, No 8: 113-155
364
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
5.3.3 Brauereien AUgemeines Bedeutung der Brauereien Die Brauereien in Deutschland sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Einen Uberblick tiber die wesentlichen Kennzahlen der Brauwirtschaft in Deutschland gibt die Tabelle 5.3.3-1. Tabelle 5.3.3-1. Die deutsche Brauwirtschaft in Zahlen, Geschaftsjahr 2002 Betriebene Braustatten: Beschaftigte: Gesamtumsatz (Betriebe mit 20 Beschaftigten und mehr): BierausstoB: Bierausfuhr: Biereinfuhr: Pro-Kopf-Verbrauch
1.279 37.430 9,325 Mrd. € 108,385 Mio. hi 11,056 Mio. hi 3,305 Mio. hi 121,5 Liter
Quelle: Deutscher Brauer-Bund, Bonn Der jahrliche Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland liegt derzeit bei 121,5 Liter. Der Anteil des Bieres am Gesamtverbrauch von Getranken liegt damit bei ca. 17,4 % (Brauwelt 31/32, 2003). Seit einigen Jahren ist eine Veranderung hinsichtlich der Produktpalette von Brauerein erkennbar. Die Vielfalt der erzeugten Produkte hat deutlich zugenommen. Insbesondere bei Biermischgetranken zeigt sich eine dynamische Entwicklung. Im Hinblick auf die Abwassersituation ist beim derzeitigen Produktionsanteil noch keine deutliche Auswirkung erkennbar. Bei weiterer Steigung des Anteils an Biermischgetranken ist infolge der erhohten Reinigungshaufigkeiten von Anlagenteilen eine entsprechende Belastungszunahme zu erwarten. Auch die Zunahme des Anteiles fremdabgeftillter Produkte wird infolge des erhohten Reinigungsaufwandes bei Produktwechseln voraussichtlich die Abwasserbelastung erhohen. Die konkreten Auswirkungen sind jedoch von der Haufigkeit der Produktwechsel und spezifischen Bedingungen in der Brauerei abhangig. Ein weiterer Einfluss auf die Produktionsentwicklung besteht im derzeitigen Umbruch des Einweganteils, der starke Rtickgang des Dosenbieranteils wird teilweise durch Mehrwegabftillung kompensiert. Die langfristige Entwicklung ist noch nicht absehbar. Abwasseranfall und -zusammensetzung Brauereiabwasser zeichnen sich, bedingt durch einen diskontinuierlichen Betrieb, durch wechselnde Abwassermengen und Konzentrationen sowie
5.3 Beispiele zur Behandkmg von industriellen Abwassem
365
durch Starke Schwankungen im pH-Wert (pH 3 bis 12) aus. Die Abwasser sind weiterhin gekennzeichnet durch niedrige Temperaturen (je nach Betrieb zwischen 20 und 30 °C) sowie einem, ftir die anaerobe Abwasserbehandlung vergleichsweise geringen CSB und ein gtinstiges CSB:BSBVerhaltnis (siehe Tabelle 5.3.3-2). Tabelle 5.3.3-2. Analysenergebnisse der Gesamtabwasser von filnf deutschen Brauereien Parameter spezif. Frischwasserbedarf spezif. Abwasseranfall spezif. Schmutzfracht pH absetzbare Stoffe AFS L/or> durchm.
N P
Einheit mVhl mVhl kg CSB/hl ml/1 mg/1 mg/1 mg/1 mg/1
Mittel 0,58 0,38 1,21 26,0 805 3.240 -
von ^^ 0,40 0,32 0,79 1,4 1,0 80 1.013 22 0,8
bisi>
0,68 0,51 1,24 14 118,0 3.898 7.775 1.069 113,0
ges ^^^ aus 4-Std.-Mischprobe Quelle: Forschungsvorhaben Brauereien, Messungen von 1990 - 1992
Der spezifische Abwasseranfall einer Brauerei betragt durchschnittlich 0,25 bis 0,6 mVhl VB (Verkaufsbier). Die Mindestabwassermenge von 0,2-0,3 mVhl VB kann nur mit erheblichem Aufwand weiter gesenkt werden. Wie sich dieses Abwasser aus verschiedenen Teilstromen innerhalb einer Brauerei zusammensetzt, kann der Tabelle 5.3.3-3 entnommen werden. Behandlungsverfahren Nach aktuellen Referenzlisten der bedeutenden Anlagenhersteller sind derzeit weltweit ca. 220 Anaerobanlagen in Brauereien und in Deutschland 15 Anlagen in Betrieb. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Schlammbettreaktoren. Es werden sowohl Anlagen nach dem UASB-Verfahren als auch Hochlastverfahren eingesetzt. Die gewahlten CSB-Raumbelastungen sind im Wesentlichen abhangig von der Betriebstemperatur des Reaktors und vom Reaktortyp. Bei Temperaturen von 35 °C betragen die tiblichen Auslegungswerte ftir UASB-Reaktoren ca. 10 kg CSB/(m^-d) und ftir Hochlastverfahren ca. 25 kg CSB/(m^-d). Die erreichbaren Abbaugrade in der Anaerobstufe betragen aufgrund der guten Abbaubarkeit des Abwassers ca. 80-85 %, bezogen auf den filtrierten CSB.
366
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Tabelle 5.3.3-3. Spezifische Abwassermengen und -schmutzfrachten sowie Analysenwerte verschiedener Brauereiabwasserteilstrome einer GroBbrauerei (Rosenwinkel/ Seyfried) r.Abvv'a s s e ra nfa 11 st e 11 e spez. Abwasserrnenge q
Maschinen- u. Kesselhaus ISudhaus lAnstellkeller iGar-, Lager-, und Stabilisationskeller iGarkeller Lager- und Stabilisationskeller iFilterkeller Bierfilter, Rohr- und Schlauchreinigung Drucktankanlage Flaschen- und Fasskeller Fasskeller Flaschenkeller Gesamt/Mittel
abs. Stoffe nach 2 Std.
rn^/hl VB l/hl VB 0.049 -
spez. Schrriutzfrachte n und Analysenv-.'-erle
BSB5 CSB ml/1 kg/hi VB rng/l kg/hi VB rng/l 3 0,001 28 -
0.224 7.18 0.121 15.35
470
1.791 3.179
365
0,056 0,025 0,037
-
-
0.015 0.008 0.019
(0.022) (0.030)
-
-
(0.011) (D.008)
476 280
(0,021) (0,016)
948 539
0.090 (0.067)
-
-
0.017 (0.012)
185 172
0,042 (0,032)
464 472
(D.023) 0.169
-
-
0.620
3.66
(0.005) 0.131
223 773
(0.010) 0,214
2.162
(0.067) (0.213) 0.399
-
-
0.885 0.965
4.15 2.42
(0.051) (0.165) 0.190
754 776 475
(0,088) ff3.267) 0,375
0.031 0.008 0.052
Bemerkung
1.045
Maischetllter Flotation
716 ZKG-Tanks
443
1.315 30% Fassanteil 1 1.254 70% Flaschenantj
939
VB = Verkaufsbier 0 = ftir Gesamtmen^ :e nicht zusatzlich summiert Der gegentiber einer Aerobanlage hoheren Empfindlichkeit einer Anaerobanlage gegentiber pH-Schwankungen und Hemmungen infolge von z.B. Reinigungs- und Desinfektionsmitteln muss verfahrenstechnisch Rechnung getragen werden. Dies ist beispielsweise durch entsprechende Dimensionierung der vorgeschalteten Misch- und Ausgleichsbecken, Installation geeigneter Neutralisationseinrichtungen und tiberwachender Mess- und Regeltechnik moglich. Der Betreiber sollte auch durch Optimierung des Chemikalienverbrauches im Betrieb versuchen, das Gefahrdungspotential ftir die Anaerobanlage zu minimieren. Vor Inbetriebnahme einer Anaerobanlage sollten die eingesetzten Reinigungs- und Desinfektionsmittel hinsichtlich ihrer hemmenden oder toxischen Wirkung auf die anaerobe Biozonose untersucht werden. Gegebenenfalls mtissen einige Chemikalien ersetzt werden. Bei einer Auslegung der Anlage, die diese Aspekte beriicksichtigt, und bei sorgfaltigem Betrieb und sorgfaltiger Betriebsiiberwachung ist der Betrieb von Anaerobanlagen zur Behandlung von Brauereiabwasser sehr gut geeignet und vielfach erprobt.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
367
Beispiel Hasseroder Brauerei Wernigerode GmbH Die Abwasservorbehandlungsanlage der Hasseroder Brauerei wurde in der ersten Ausbaustufe im Jahr 1996 errichtet und in Betrieb genommen. Die Abwasserbehandlungsanlage wurde im Zuge des Brauereineubaus komplett neu gebaut. In der ersten Ausbaustufe wurde eine Anlage mit Siebung, Mengen- und Konzentrationsausgleich, Versauerung, Anaerobstufe und Nachbeliiftungstank mit Tauchbeliiftem realisiert. In der zweiten Baustufe 2000 wurde ein Deni-Circox-Reaktor zur aeroben Nachbehandlung und die Flotation mit nachgeschalteter Schlammbehandlung gebaut. Der bisherige Nachbehandlungstank wurde zur Erweiterung der Puffer- und Versauerungskapazitat genutzt. Im Jahre 2002 wurde zur Schlammruckhaltung in der Denitrifikation ein Parallelplattenabscheider zwischen die Denitrifikation und die Vorversauerung gesetzt. 2003 warden in der dritten Ausbaustufe ein dritter IC-Reaktor, ein zweiter Deni-Circox sowie eine anaerobe Schlammfaulung gebaut. Das vorbehandelte Abwasser wird der stadtischen Klaranlage zugefiihrt. Die Anlage nach der dritten Ausbaustufe ist in Abb. 5.3.3-1 als FlieBschema dargestellt. Als Anaerobstufe wurde ein Hochlastverfahren (ICReaktor, Paques) gewahlt (ausschlaggebend fiir die Wahl: Platzbedarf und Investitionskosten gering). Die Anaerobstufe wurde dreistrassig ausgeftihrt. Grund fiir die Dreistrassigkeit ist die bessere Anpassung an die verschiedenen Lastzustande. Ein Teilstrom des behandelten Wassers wird zur Erhohung der Pufferkapazitat in die Vorversauerung zuruckgefuhrt. Zur aeroben Nachbehandlung werden zwei Deni-Circox-Reaktoren eingesetzt. Die Reaktoren arbeiten nach dem Wirbelbettverfahren. Zur Abscheidung ausgeschwemmter Suspensa ist eine zweistrassige Flotation nachgeschaltet. Die dort abgeschiedenen Feststoffe werden in einem separaten Faulbehalter stabihsiert. Von der Flotation erfolgt der Ablauf zur abschlieBenden Qualitatsmessung und zur Ubergabe in das stadtische Kanalisationsnetz. Die wesentlichen Bemessungswerte und vorliegende Betriebswerte sind in Tabelle 5.3.3-4 zusammengestellt.
368
5 Anaerobe Abwasserbehandlung ZulaufPW
Siebung
Kalamitatentank
Denitrifikation looorn^
300 rrP
Abb. 5.3.3-3. FlieBschema der Klaranlage der Hasseroder Brauerei
PPA
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
369
Tabelle 5.3.3-4. Auslegungs- und Betriebsdaten der Klaranlage der Hasseroder Brauerei Parameter Bemessungsdaten hydraulische Belastung, max. CSB-Fracht Zulauftemperatur Betriebsdaten hydraulische Belastung, max. hydraulische Belastung, mittel mittlere CSB-Fracht CSB-Reduktion durch anaerobe Behandlung CSB-Ablaufwert Anaerobreaktor, Mittelwert CSB-Ablaufwert Nachbeluftung, Mittelwert Biogasertrag, mittel unterer Heizwert Energieertrag (Feuerungsleistung) Zulauftemperatur Betriebstemperatur Anaerobreaktor
Einheit
Wert
mVh kg/d °C
250 12.000 25-30 °C
mVd mVd kg/d % mg/1 mg/1 mVd kWh/m^ kWh/d kWh/h °C °C
3.000 2.000 7.500 80-85 450 130 2.750 7,8 20.000 835 25 33
Als Besonderheit der Anlage ist die aerobe Nachbehandlung im nitrifizierenden und denitrifizierenden Circox-Reaktor zu nennen. Sowohl der Anaerob- als auch der Aerobreaktor passen aufgrund der Bauhohen von 18 m bzw. 16 m baulich zu den in der Brauerei tiblichen Gar- und Lagertankhohen. Das aufbereitete Biogas wird in einem BHKW verwertet. Die Warme wird im Betrieb genutzt, der Strom wird nach EEG in das EVU-Netz eingespeist. Beispiel Licher Brauerei Vor der Errichtung der Betriebsklaranlage mit dem Ziel der Direkteinleitung betrieb die Licher Brauerei seit 1978 ein beltiftetes Misch- und Ausgleichsbecken zur Vorbehandlung vor der Uberleitung in die kommunale Klaranlage. Im Jahre 1992 wurde aufgrund gestiegener Produktionskapazitaten ein zweites beltiftetes Misch- und Ausgleichsbecken errichtet. Die Planung der Betriebsklaranlage zur Direkteinleitung wurde aus wirtschaftlichen tJberlegungen unter Beachtung der Zielrichtung eingeleitet, dass die Gesamtemissionen der kommunalen und der Brauereiklaranlage die Emissionen einer gemeinsamen Behandlung nicht tibersteigen. Die Einhaltung dieser Forderung konnte durch Messungen nach Inbetrieb-
370
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
nahme nachgewiesen werden. Die Emissionen konnten gegentiber dem friiheren Gesamtablauf deuthch vermindert werden. Verfahrenstechnisch handelt es sich bei der Anlage um eine mehrstufige biologische Anlage mit anaerober Vorbehandlung, aerober Nachbehandlung mit biologischer P-Ehminierung, Nitrifikation, Denitrifikation und einer nachgeschalteten Sandfiltration. Die Klaranlage wurde nach zwolfmonatiger Bauzeit im Oktober 1994 in Betrieb genommen. Das Verfahrenskonzept ist in Abb. 5.3.3-2 dargestellt. Zur Vermeidung von Betriebsproblemen in der Anaerobstufe wurde bei der Auslegung auf eine VergleichmaBigung des Rohabwassers und auf die Abscheidung von Feststoffen Wert gelegt. Eine vergleichmassigte Beschickung wird durch ein vorgeschaltetes Misch- und Ausgleichsbecken mit einem Nutzvolumen von 2.400 m^ sichergestellt. Das Becken wird mit fluktuierendem Wasserstand gemaB einer vorgegebenen Soll-Fiillstandskurve betrieben. Ein Restvolumen von 500 m^ verbleibt mindestens im Becken. Eine gegebenenfalls erforderliche Neutralisation mit Natronlauge und Salzsaure erfolgt hier. Eine Salzsauredosierung hat sich im bisherigen Betrieb als nicht notwendig erwiesen. Die Abscheidung von Feststoffen erfolgt durch Siebung und Sedimentation. Die Versauerung wurde aus raumlichen Griinden und zur Erhohung der verfahrenstechnischen Flexibilitat zweistufig ausgefuhrt. Die Vorversauerung 1 mit einem Volumen von 2.400 m^ dient zugleich dem Konzentrationsausgleich des Abwassers. In der Vorversauerung 2 erfolgt die Erwarmung des Abwassers auf ca. 33 °C iiber einen auBenliegenden Rohrenwarmetauscher mit Abwarme des BHKW. Die anaerobe Abwasserbehandlung erfolgt in einem zweistrassigen UASB-Reaktor. Ein Teil des Reaktorablaufes wird als Recycle in die Vorversauerung 2 zuriickgefiihrt und reduziert durch die Erhohung der Pufferkapazitat den Natronlaugeverbrauch. Der anfallende Uberschussschlamm wird im Pelletspeicher zwischengespeichert. Das entstehende Biogas wird in einem Gasspeicher (300 m^) vergleichmassigt und in einem BHKW verwertet. Eine Notfackel ist zusatzlich vorhanden. Die aerobe Nachbehandlung des Abwassers mit abschlieBender Filtration verfolgt neben der weitgehenden Kohlenstoffelelimination die Verfahrensziele Phosphorelimination, Stickstoffelimination und Suspensaentnahme. Zur Verbesserung der biologischen P-Elimination und der Rucklaufschlamm-Denitrifikation ist die Zudosierung eines Bypasses oder des Alkohol-Wassergemisches aus der Herstellung alkoholfreier Biere moglich. Das Alkohol-Wassergemisch kann auch der Anaerobstufe zugeftihrt werden. Die wesentlichen Bemessungswerte und Betriebswerte sind in Tabelle 5.3.3-5 zusammengestellt.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
371
Tabelle 5.3.3-5. Auslegungs- und Betriebsdaten der Klaranlage der Licher Brauerei Parameter Bemessungsdaten hydraulische Belastung, max. hydraulische Belastung, max. CSB-Fracht Zulauftemperatur Betriebsdaten (1995. 1996) hydraulische Belastung, Arbeitstag mittel mittlere CSB-Fracht CSB-Reduktion durch anaerobe Behandlung CSB-Ablaufwert Anaerobreaktor, Mittelwert CSB-Ablaufwert Sandfilter, Mittelwert Biogasertrag, mittel unterer Heizwert Energieertrag (elektrische Leistung) Zulauftemperatur Betriebstemperatur Anaerobreaktor Feinrechen
Mischung und Ausgleich
Sieb
Sedimentation
Einheit
Wert
mVh mVd kg/d °C
250 5.000 9.950 25-30°C
mVd kg/d % mg/1 mg/1 mVd kWh/m^ kWh/d kWh/h °C
2.600 4.800 85 400 24 1.500 8,5 4.200 175 25 33
°c VorVorversauerung versauerung 1 2
UASB-Reaktor
664 m^ 443 m^
Pi 1
ElS
-J2x240m^k- - ^
13x240 m^k '- 7 ^
•Scliiammentwasserung
Abb. 5.3.3-4. FlieBschema der Klaranlage der Licher Brauerei
372
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
In Abbildung 5.3.3-3 ist die Betriebsklaranlage der Licher Brauerei abgebildet, die der kommunalen Klaranlage Lich benachbart ist. Gut erkennbar ist die vorhandene raumliche Trennung der Vorbehandlung bis einschlieBlich Vorversauerung 1 von der weiteren Abwasserbehandlung.
Abb. 5.3.3-5. Klaranlage der Licher Brauerei und kommunale Klaranlage Lich Beispiel EFES Pilsen, Adana, Ttirkei Die EFES Pilsen Brauereigmppe betreibt an ftinf Standorten in der Ttirkei Klaranlagen mit einer Anaerob-Aerobstufe mit den Ziel einer Direkteinleiterqualitat: Adana, Istanbul, Ankara, Ltileburgaz und Izmir.
53 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
373
Die Anlagen wurden von verschiedenen Herstellem von Anaerobanlagen errichtet. Beispielhaft wird im Folgenden die 1996/1997 errichtete Anlage in Adana beschrieben. Weitertiin betreibt die Brauerei EFES am Standort Moskau eine Anaerobanlage zur Abwasservorbehandlung und am Standort Ploiesti in Rumanien (1998: 0,75 Mio. hlVB/a) eine anaerob/aerobe Klaranlage zur Direkteinleitung. Im Jahr 2003 wurden an den Standorten Almati (Kasachstan) und Rostow (Russland) ebenfalls Anaerobanlagen zur Indirekteinleitung errichtet. Das FlieBschema der Klaranlage der Brauerei EFES in Adana ist in Abb. 5.3.3-6 dargestellt. Im Anschluss an eine Siebung wird das Rohabwasser in ein Misch- und Ausgleichsbecken geleitet. Dort erfolgt der Mengen- und Konzentrationsausgleich und ein pH-Ausgleich. Der Behalter ist abgedeckt und die Abluft wird abgesaugt und der Behandlung im Belebungsbecken zugeftihrt. In der nachfolgenden Feinsiebung werden enthaltene Storstoffe entfemt. AnschlieBend gelangt das Abwasser in die Vorversauerung, in der die ggf. notwendige Neutralisation durch Saure- bzw. Laugezugabe erfolgt. Die Zugabe von Entschaumer und Eisenchlorid erfolgt bei Bedarf ebenfalls in die Vorversauerung. Der UASB-Reaktor (System Biothane) wird liber ein Pumpwerk mit gleichbleibender Zulaufmenge beschickt. Die Differenz zur Zulaufmenge der Vorversauerung wird liber eine Rezirkulation vom Ablauf UASB zur Vorversauerung ausgeglichen. Die Rezirkulation erhoht die Pufferkapazitat des Abwassers und reduziert somit den erforderlichen Chemikalieneinsatz. Das entstehende Biogas wird einem Gasspeicher und anschliefiend dem Kesselhaus der Brauerei zugeftihrt. Im Wartungs- oder Betriebsausfall des Kessels nicht verwertbares Biogas wird abgefackelt. Im Anschluss an die anaerobe Vorbehandlung erfolgt die aerobe Nachbehandlung in einer Belebungsanlage. Die Belebung ist als Anlage zur Schlammstabilisierung ausgelegt. Die Belliftung erfolgt mittels Kreiselbelliftem. Die Anlage ist mit getrennter Umwalzung ausgerlistet. Dadurch kann bei minimalem Sauerstoffbedarf eine Sedimentation im Belebungsbecken vermieden werden und eine klinftig erforderliche Stickstoffelimination (Denitrifikation) ermoglicht werden. Bisher ist aufgrund vorhandener Anforderungen eine Denitrifikation nicht notwendig. Im Belebungsbecken erfolgt die Behandlung der Abluft. Die Abscheidung des Klarschlammes erfolgt im Nachklarbecken. Das gereinigte Abwasser gelangt in den Vorfluter.
374
5 Anaerobe Abwasserbehandlung Siebung
Misch- und Ausgleichsbecken 3.000 m^
Zuiauf
Eindicker
Abb. 5.3.3-6. FlieBschema der Klaranlage der Brauerei EFES Adana Der Uberschussschlamm wird in einen Eindicker gepumpt und mittels einer Zentrifuge entwassert. Zur Inbetriebnahme wurde die Aerobstufe mit belebtem Schlamm einer anderen Klaranlage angeimpft. Vor Beschickung der Anlage wurde der
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
375
Schlamm durch Substratzugabe vermehrt. Nach Erreichen der vorgesehenen Schlammkonzentration wurde die Anaerobstufe in Betrieb genommen. Dazu wurde Impfschlamm aus der Schweiz eingefiihrt. Ftinf Wochen nach Beginn der Inbetriebnahmephase der Anaerobanlage konnte die vollstandige Abwassermenge iiber die Klaranlage gefahren werden. Die Auslegungs- und Betriebswerte der Anlage sind in Tabelle 5.3.3-6 zusammengefasst. Tabelle 5.3.3-6. Auslegungs- und Betriebsdaten der Klaranlage der Brauerei EFES Parameter Bemessungsdaten hydraulische Belastung, max. CSB-Fracht CSB : BSB5 BSBs-Fracht Betriebsdaten (1997/1998) hydraulische Belastung, mittel mittlere CSB-Fracht CSB-Reduktion durch anaerobe Behandlung CSB-Ablaufwert Anaerobreaktor, Mittelwert CSB-Ablaufwert Nachklarung, Mittelwert
Einheit
Wert
mVd mVh Kg/d kg/d
3.000 200 6.000 1,8 3.600
mVd kg/d % mg/1 mg/1
ca. 1.700 5.100 87 <400 56
Beispiel LUPO Getranke AG, CH-Hochdorf Die hier beschriebene Abwasservorbehandlungsanlage der Firma LUPO Getranke AG wurde im Jahr 2002 errichtet und im November 2002 in Betrieb genommen. Die Firma LUPO ist eine Brauerei mit angeschlossener Softdrink-Produktion. Das Mengenverhaltnis betragt ca. 30/70 %. Vor dem Bau dieser Anlage bestand die Abwasserbehandlung aus einem beltifteten Misch- und Ausgleichsbecken mit dem Behandlungsziel der Neutralisation und Frischhaltung. Die erweiterte Anlage ist in Abb. 5.3.3-5 als FlieBschema dargestellt. Das Produktionsabwasser wird mittels Glasfang und Siebung von Grobund Storstoffen befreit und im Misch- und Ausgleichsbecken vergleichmassigt. Die Anaerobstufe wurde als Hochlast-Schlammbettverfahren (System ITC) realisiert. Gas und Abwasser durchstromen den Reaktor von unten nach oben. Die Trennung der drei Phasen Schlamm, Biogas und gereinigtes Abwasser erfolgt in oberhalb des Reaktors eingebauten patentierten Abscheiderelementen. Das Funktionsprinzip des ITC-Reaktors ist mit dem IC-Reaktor der Firma Paques vergleichbar.
376
5 Anaerobe Abwasserbehandlung Glasfang
Pump- Siebung station 1
Pumpstation 2
Auslegungswerte 400 m^/d 25 m^/h -SB„3, =2.500kg/d •^d max
' ^ h max
Fackel
BHKW
biolog. Entschwefelung
Gasspeicher Biogas
Misch-und Ausgleichsbecken 460 m^
Naohbeluftung mit Biofilter
Ablaufmessung
,tttt
Abb. 5.3.3-7. FlieBschema der Klaranlage der LUPO Getranke
Kanal
5.3 Beispiele zur Behandlung von industrieilen Abwassem
377
Die aerobe Nachbehandlung (Nachbeluftung) erfolgt in dem umgebauten ehemaligen Misch- und Ausgleichsbecken. Zusatzlich zum vorhandenen Tauchbeltifter, der nur noch zur Abdeckung von Spitzenlasten dient, wurde eine feinblasige Druckbeltiftung installiert. Durch eine schrage EdelstahlTrennwand wurde innerhalb des Beckens eine Bemhigungs- und Sedimentationszone geschaffen. Aus dieser Zone erfolgt der Ablauf zur abschlieBenden Qualitatsmessung und zur Ubergabe in das stadtische Kanalisationsnetz. Die Abluft aus alien Behaltem wird abgesaugt und zunachst in die Nachbeliiftungsstufe eingeblasen. Die weitere Reinigung erfolgt tiber einen nachgeschalteten Natronlauge-Wascher und einen Biofilter. Eine Ansicht der Vorbehandlungsanlage zeigt Abbildung 5.3.3-8. Die wesenthchen Bemessungswerte und vorliegende Betriebswerte sind in Tabelle 5.3.3-7 zusammengestellt.
Abb. 5.3.3-8. Klaranlage der LUPO Getranke Tabelle 5.3.3-7. Auslegungs- und Betriebsdaten der Klaranlage der LUPO Getranke Parameter B ernes sungsdaten hydraulische Belastung, max. CSB-Fracht CSB : BSBs
Einheit
Wert
mVd mVh kg/d
400 25 2.500 1,7: 1
378
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Parameter BSBs-Fracht Zulauftemperatur Betriebsdaten hydrauUsche Belastimg, max. hydrauHsche Belastung, mittel mittlere CSB-Fracht CSB-Reduktion durch anaerobe Behandlung BSBs-Reduktion durch anaerobe Behandlung CSB-Ablaufwert Anaerobreaktor, Mittelwert CSB-Ablaufwert Nachbeluftung, Mittelwert Biogasertrag, mittel unterer Heizwert Energieertrag Betriebstemperatur Anaerobreaktor, Mittelwert
Einheit kg/d °C
Wert 1.500 26
mVd mVd kg/d % % mg/1 mg/1 mVd kWh/m^ kWh/d kWh/h °C
320 165 835 90 n.b. 480 350 350 6,5 2.275 95 29,7
Ausschlaggebend fiir den Bau einer Anaerobanlage war, dass 2001 ein Beschluss des Amtes fiir Umweltschutz des Kantones Luzem umgesetzt wurde. Nach diesem sind die kommunalen Klaranlagen im Seetal zur ganzjahrigen Nitrifikation verpflichtet. In Hochdorf wurde die Klaranlage zu 50 % mit der Schmutzfracht von zwei Industriebetrieben ausgelastet, einer davon die Firma Lupo. Diese beiden batten entweder die Erweiterung der kommunalen Klaranlage verursachergerecht mit zu tragen oder aber selbst eine Vorreinigung zu bauen. Als Besonderheit der Anlage ist auf die Gasaufbereitung und -Verwertung hinzuweisen: das entstehende Biogas wird entschwefelt und anschlieBend in einem Gasspeicher vergleichmassigt. Die Entschwefelung erfolgt mittels scbwefeloxidierender Bakterien (Tbiobazillen), die den entbaltenen Schwefelwasserstoff in elementaren Schwefel umwandeln. Das aufbereitete Biogas wird in einem BHKW verwertet (116 kW thermisch, 60 kW elektrisch). Der erzeugte Strom wird zur Abdeckung von Spitzenlasten verwendet und zum geringen Teil als regenerative Energie in das offentliche Netz eingespeist. Die erzeugte Warme wird zur Aufheizung des Abwassers verwendet.
Literatur Aquantis Water Treatment Systems (2003) Projektdaten Betriebsklaranlage LUPO Getranke AG, unveroffentlicht Austermann-Haun U, Lange R, Seyfried CF, Rosenwinkel KH (1998) Upgrading an anaerobic/ aerobic wastewater treatment plant, Wat. Sci. Tech., vol 37, No 9, pp 243-250, lAWQ
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
379
Birkenstock B u. BoBendorfer G (1996) Die neue Klaranlage der Licher Privatbrauerei, Brauwelt, vol 36, Nr 1/2, S 45-48 Brauwelt (2003) Heft 31/32 Deutscher Brauer-Bund (2003) Die Deutsche Brauwirtschaft in Zahlen, Statistiken Hasseroder Brauerei (2003) Betriebliche Daten der Klaranlage, unveroffentlicht LUPO Getranke (2003) Betriebliche Daten der Klaranlage, unveroffentlicht Muller H, Kaps J, GoBling H (1999) Modem State-of-the Art Process, Water Treatment for Large-Scale Turkish Brewery „EFES Pilsen", gwf-water/ wastewater, vol 140, No. 14, pp 35-40 Paques (2003) Reference Systems Worldwide, Internal Circulation & Upflow Anaerobic Sludge Bed Rosenwinkel KH (1984) Beitrag zur Frage der wirtschaftlichen Reduziemng von Abwassermengen und Schmutzfrachten aus Brauereien und Fruchtsaftfabriken. Veroffentlichungen des Instituts fur Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universitat Hannover, Heft 56 Rosenwinkel KH, Seyfried CF, Kunst S, Austennann-Haun U, Birkenstock B (1996) AbschluBbericht zum Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „Weitergehende Reinigung von Brauereiabwassern" bei der Licher Privatbrauerei Ihring-Melchior, UBA-FB 20441-3/6, Projekt-Nr. 7029 des Umweltbundesamtes Seyfried CF, Rosenwinkel KH, Schrewe N (1992) Ermittlung der Reststoffe und Abwasserteilstrome in den einzelnen Abteilungen der Brauerei (1990-1992). AbschluBbericht zum Forschungsvorhaben des Deutschen Brauerbundes, Institut fur Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universitat Hannover und aqua consult Ing. GmbH, Hannover, unveroffentlicht VA TECH WABAG Deutschland GmbH & Co. KG (2003) Referenzen Anaerobe Abwasserreinigung
5.3.4 Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe 5.3.4,1 Allgemeines Die Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe lassen sich hinsichtlich der Produktionsverfahren in folgende fiinf Gruppen unterteilen, wobei sich die grundsatzlichen Verfahrensschritte gleichen und aus der Schlachtung sowie der Bearbeitung und Verarbeitung des Fleisches bestehen (genaue Beschreibung der Produktionsverfahren s. Merkblatter ATV-M 767 1992 und ATV-M 770 1995): • • • • •
Schlachthofe und Versandschlachtereien, (kommunale und privatwirtschaftliche Betriebe), Fleischverarbeitende Industriebetriebe, Fleischereien, Fleischzerlegebetriebe,
380
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
• Gefltigelschlachtereien. Festzustellen ist die Tendenz einer Konzentrierung der Schlachtungen in GroBbetrieben. Die Untemehmen der Fleischindustrie sowie des Fleischerhandwerkes beziehen heute ihre Rohstoffe tiberwiegend in Form von Schlachthalften und Teilstticken, zunehmend wird auch die Zerlegung der Schlachtkorper von Spezialbetrieben durchgeftihrt. Es ist davon auszugehen, dass der Prozess der Ausgliederung bestimmter Arbeitsprozesse anhalten wird, da auch innerhalb der fleischverarbeitenden Industrie ein Trend zur Beschrankung der Produktion auf wenige Spezialprodukte besteht. Der Schlachtprozess fiihrt zu einer Reihe verschiedener Abwasserstrome und Abfalle. Die wichtigsten Funktionsschritte und Anfallstellen sind aus Abb. 5.4.3-1 zu ersehen. Relevante Stoffstrome sind: • • • •
Fltissige und feste Exkremente sowie Abschwemm- und Waschwasser beim Entladen, Aufstallen und Reinigen der Schlachttiere Tropfblut bei Entnahme der Innereien sowie bei Spaltung der Tierkorper Nahrungsreste sowie fltissige und feste Exkremente beim Entleeren der Magen, Darme und Pansen • Schmutzwasser beim Schleimen der Dtinn- und Kranzdarme • Schmutzwasser bei Reinigung der Schlachtgerate, Schlachtraume und • Transportfahrzeuge sowie beim Absptilen von Tierkorpem und Tierkorperteilen Wagen- \-*\ wasche
Stroh.Mist
Stallungen
Abb. 5.3.4-1. Stoffstrome der fliissigen und fasten Rest- und Abfallstoffe bei Schlachtbetrieben (Steiner 1993, verandert)
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
381
Die in Abb. 5.3.4-1 dargestellten Massenstrome lassen ftir das Abwasser und die festen Rest- und Abfallstoffe zwei unterschiedliche Behandlungslinien erkennen. Wegen der Verschiedenartigkeit der Behandlung fliissiger und fester Stoffstrome insbesondere auch unter dem Aspekt der Anwendbarkeit anaerober Verfahren wird im Folgenden eine entsprechende ttiematische Aufgliederung vorgenommen.
5.3.4.2 Abwasser Abwasseranfall und -beschaffenheit Das Gesamtabwasser aus Schlachtbetrieben setzt sich im Wesentlichen aus dem Schlachtwasser, dem Kutteleiabwasser sowie dem Abschwemm- und Waschwasser zusammen (Abb. 5.3.4-1). Durch den Schlacht- und Verarbeitungsvorgang ist das anfallende Produktionsabwasser organisch hochbelastet und insbesondere durch seinen Gehalt an EiweiBstoffen und Fetten sowie deren Abbauprodukten gepragt. Enthalten sowohl in geloster als auch kolloidaler Form sind femer Kohlenhydrate sowie Bestandteile des Blutes, der Gewebefltissigkeit und der Magen-, Darm und Panseninhalte. In Fallen der Darmverwertung sowie durch Salzung und Lagerung von Hauten kann es auBerdem zu erhohten Chloridgehalten im Abwasser kommen. Durch die hohen Abwassertemperaturen und den hohen Nahrstoffgehalt unterliegt das Abwasser einer raschen mikrobiellen Zersetzung mit Freisetzung geruchsintensiver Abbauprodukte. Bezeichnend sind der diskontinuierliche Anfall bestimmter Abwasserteilstrome und die ungleichmaBige Verteilung der Reinigungswasser iiber die Produktionszeit. Die spezifischen, auf die Schlacht- und Verarbeitungseinheiten bezogenen Abwassermengen und Schmutzfrachten schwanken in einem weiten Bereich und sind neben der BetriebsgroBe im wesentlichen abhangig vom Produktionsverfahren und dem AusmaB der weiteren Be- und Verarbeitung, insbesondere vom Grad der Verarbeitung der Magen, Darme und Pansen in der Kuttelei, des weiteren auch von der Qualitat der RtickhaltemaBnahmen fiir feste und fltissige Schlachtriickstande (Tabelle 5.3.4-1 und Tabelle 5.3.4-2).
382
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Tabelle 5.3.4-1. Spezifische Abwassermengen und Schmutzfrachten (sedimentiertes Abwasser) bei Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben (nach Jappelt u. Neumann 1985, verandert) Spezifische Schmutzwassermenge [1]
Bezugseinheit Schlachtung einer GroBvieheinheit (GV) (insbesondere Kinder) mit Kuttelei ohne Kuttelei Schlachtung einer Kleinvieheinheit (KV) (insbesondere Schweine) Verarbeitung einer GroBvieheinheit (GV) Verarbeitung einerKleinvieheinheit (KV) Zerlegen von 1.000 kg Fleisch in Zerlegebetrieben Verarbeitung von 100 kg Schlachtgewicht in Fleischwarenfabriken'' Schlachtung von Federvieh, bezogen auf 1 kg Schlachtgewicht Schleimen von 100 Schlagen Darmen^
Spezifische Schmutzfracht CSB [g] BSB5 [g]
500-1.000 400-800 100-300
1.400-5.000 1.250-2.000 300-600
1000-3.500 900-1.300 200-350
1.000-1.500 300^00 150-170
1.400-2.000 400-600 100-150'
1.000-1.400 300-400 75-100'''
500-700
1.000-1.300
700-900
10-30
10-40
7-20
2.000-5.000
13.000-28.000
9.000-26.000
a) Schatzwerte. b) Zusatzliche Belastung bei Belastung der Darme; ein Schlag Darm entspricht dem Darm eines Tieres. c) Bei ausschlieBlicher Verarbeitung von Briih- und/oder Kochwurst konnen diese Werte 2,5-3 fach hoher sein. Tabelle 5.3.4-2. Anfall und Zusammensetzung von Schlachthofabwasser (nach Tritt 1990), Fleischwarenfabriken: CSB ca. 800-3.000 mg/1, BSB5 ca. 500-2.500 mg/1 Parameter CSB BSB5 TKN NH4-N Pges. Temperatur
Einheit mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 °C
Spannbreite 1.000-6.000 (max. 20.000) 1.000-4.000 (max. 10.000) 250-700 (max. 950) 200-300 80-120 20-35
Reinigungsanforderungen Die Mehrzahl der Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe in der Bundesrepublik Deutschland leitet ihr Abwasser in kommunale Klaranlagen, in denen es gemeinsam mit hauslichem Abwasser gereinigt wird, jeweils etwa 5 % der GroBschlachtereien, der Fleischzerlegebetriebe und der Gefltigelschlachtereien sind Direkteinleiter. Die Mindestanforderungen fiir direkt einleitende Betriebe der Fleischwirtschaft werden in Anhang 10 der Abwasserverordnung vom 1.1.1999 festgelegt. Betreffende Mindestanforderungen ftir Direkteinleiter sind (Qualifizierte Stichprobe oder 2-Stunden-Mischprobe):
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem • • • • •
CSB: BSB5: Ammonium-Stickstoff Stickstoff gesamt Phosphor gesamt
mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 mg/
383
110 25 10 18 2
Die Anfordemngen ftir Ammonium-Stickstoff und Stickstoff gesamt gelten bei einer Abwassertemperatur von 12 °C und groBer im Ablauf des biologischen Reaktors der Abwasserbehandlungsanlage (weitere Bestimmungen s. Anhang 10 der Abwasserverordnung). Die Anfordemngen flir indirekteinleitende Betriebe ergeben sich aus den jeweiligen Ortssatzungen und orientieren sich i.d.R. am ATV-Arbeitsblatt A 115. Neben der Begrenzung allgemeiner Parameter wie Temperatur und pH-Wert sowie von absetzbaren Stoffen und Fetten wird zunehmend auch eine Einleitbegrenzung bzw. -verscharfung ftir die Parameter Ammonium-Stickstoff und Stickstoff gesamt bis zu einer GroBenordnung von etwa 50 mg/1 vorgenommen, festgelegt wird teilweise auch ein Mindestverhaltnis von CSB bzw.BSBs/Stickstoff im einzuleitenden Abwasser. Insbesondere die Auflagen ftir Stickstoff sowohl bei direkt als auch vielen indirekt einleitenden Betrieben pragen in starkem MaB die zur Anwendung kommenden Reinigungsverfahren und bestimmen iiber das ftir eine biologische Stickstoff-Ehmination sicherzustellende CSB/TKN-Verhaltnis auch die Auslegung und den Betrieb einer vorgeschalteten Anaerob-Stufe. Abwasserbehandlung allgemein Die Abwasser aus Schlachthofen und fleischverarbeitenden Betrieben sind aufgrund ihrer Herkunft und Zusammensetzung ftir biologische Verfahren der Abwasserbehandlung gut zuganglich. Verbreitet sind vor allem einstufige Belebungsanlagen mit vorgeschalteter, simultaner oder intermittierender Denitrifikation (Jappelt u. Neumann 1985; Rosenwinkel 1997) Bei zweistufigen Anlagen mit anaerober Vorbehandlung ist ftir den Fall einer biologischen Stickstoff-Elimination das C/N-Verhaltnis im Reaktor-Ablauf zu beachten (s. oben). Der biologischen Stufe sind i.d.R. Einrichtungen zur mechanischen und physikalisch-chemischen Abwasserbehandlung vorzuschalten, wobei tibliche und bewahrte Vorreinigungsverfahren sind: • • • •
Sedimentationsbecken, Grob- und Feinrechen, Siebanlagen, Misch- und Ausgleichsbecken ( ggf mit Umwalzung und Beliiftung),
384 •
5 Anaerobe Abwasserbehandlung Fettabscheider und/oder Flotationsanlagen.
Anaerobe Abwasserbehandlung Die Anwendbarkeit und Effizienz anaerober Verfahren zur biologischen Vorbehandlung von Abwasser aus Schlachthofen und fleischverarbeitenden Betrieben (verfahrenstechnische Einbindung der Anaerob-Stufe s. Abb. 5.3.4-1) ist in der Fachliteratur vielfach dokumentiert (Auswahl: Steiner 1985, 1995; Tritt 1990, 1991; Tritt et al. 1991; Rosenwinkel 1997). Gleichwohl existieren nur wenige Beispiele einer Umsetzung im technischen MaBstab, ein Anwendungsfall in der Bundesrepublik Deutschland steht bislang aus. Im Bereich der Fleischwirtschaft kamen bislang folgende AnaerobTechniken zum Einsatz, davon die beiden letztgenannten zur Behandlung fester Abfall- und Reststoffe (s. folgenden Abschnitt): • Kontaktverfahren (anaerobes Belebungsverfahren mit Schlammruckfiihrung), • Festbett-Systeme, • UASB-Systeme (einschlieBlich Clarigester-System, ein Vorganger heutiger UASB-Reaktoren), • Volldurchmischter Reaktor ohne Schlammruckfiihrung (CSTR), • Schlammbettreaktor mit periodischer Beschickung (System BIMA). Die Eignung der verschiedenen Anaerob-Systeme wird nach entsprechenden Auswertungen labor- und halbtechnischer Versuche sowie Betriebsergebnissen groBtechnischer Anlagen entscheidend beeinflusst von der Konzentration organischer Inhaltsstoffe im Reaktor-Zulauf (Steiner 1985). Abb. 5.3.4-2 zeigt in Abhangigkeit der organischen Zulaufbelastung (Umrechnung fiir Schlachthofabwasser: (1 g/1 oTR entspricht ca. 1.200 mg/ BSBs bzw. ca. 1.630 mg/1 CSB) Bereiche, in denen die verschiedenen Anaerob-Verfahren vorzugsweise einzusetzen sind sowie die dabei zu wahlenden Aufenthaltszeiten und Raumbelastungen. Danach ist als untere Grenze fiir einen sinnvollen Einsatz anaerober Verfahren im Schlachthofbereich eine BSBs-Belastung von etwa 600 mg/1 auszumachen. Fiir Abwasser mit BSBs-Werten zwischen ca. 60024.000 mg/1 eignen sich UASB- und Kontaktverfahren sowie FestbettSysteme. UASB-Verfahren sind wegen der kurzen moglichen Verweilzeiten bis zu BSBs-Belastungen von ca. 10.000 mg/1 und bei niedrigen Feststoffgehalten gtinstiger, wahrend Kontaktverfahren bei BSBs-Gehalten oberhalb ca. 6.000 mg/1 und hoheren Feststoffkonzentrationen vorzuziehen sind. Festbett-Systeme bieten sich nach den bisherigen Erfahrungen im Bereich zwischen etwa 1.500-5.000 mg/1 BSB5 an.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
385
Werden die aufgefuhrten Anaerob-Verfahren im unkritischen Belastungsbereich betrieben (s. Abb. 5.3.4-2), sind in Abhangigkeit von der Abwasserzusammensetzung Abbauwirkungsgrade von liber 95 % (BSB5) bzw. 90 % (CSB) moglich. Die Auslegung und der Betrieb der Systeme ist allerdings nicht in jedem Fall auf das Leistungsmaximum vorzunehmen, sondem je nach Zielsetzung auf die Anforderungen der nachfolgenden Aerob-Stufe abzustimmen, wobei insbesondere bei Auflagen zur StickstoffElimination auch eine zusatzliche Bypassflihmng von Rohabwasser in Betracht zu ziehen ist. [d] 40-^ 30H
20-J
suboptimal (Aniage nicht ausgelastet)
1(H 9876-
> 1 E
[h] 24 19H 14.5129.5-
instabil
7-j
kritisch
5i - I — I I I I I—I
1.0
0.50.4 0.3
1
0.2
r-
—I
0.1
' '
0.05
Organische Zulaufbelastung in % oTR
Abb. 5.3.4-2. Optimale Belastungsbereiche verschiedener Anaerobverfahren in der Fleischwirtschaft (nach Steiner 1985, verandert)
386
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
5.3,4.3 Abfall' und Reststoffe Anfall und Beschaffenheit Von den in Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben anfallenden Restund Abfallstoffen (Stoffstrome Abb. 5.3.4-1) kommen fiir eine Biomethanisierung gmndsatzlich in Betracht: • • • •
Panseninhalte, Pansenpresswasser, Magen- und Darminhalte, Rechen- und Siebgut aus Abwasservorreinigung, Flotate und Fettabscheiderriickstande.
Kenndaten zu Anfall, Beschaffenheit, Abbaubarkeit und Methanisierungspotential genannter Substrate sind Tabelle 5.3.4-3 zu entnehmen. Die verfahrenstechnische Einbindung von Anaerob-Systemen zur Feststoffbehandlung ist aus der betrieblichen Funktionsabfolge in Abb. 5.3.4-1 ersichtlich. Anzumerken ist, dass gemaB der am 1. Mai 2003 in Kraft getretenen EU-Verordnung 1774/2002 EU die in Betrieben der Fleischwirtschaft anfallenden Rest- und Abfallstoffe hinsichtlich der Zulassigkeit ihrer Behandlung in Anaerob-Anlagen in Zukunft einer differenzierten Bewertung zu unterziehen sind, was speziell bei Rinderschlachtlinien eine generelle Verwertung betreffender Substrate ausschlieBt und auch Veranderungen in Betrieb und Rohwarenspektrum bestehender groBtechnischer Anlagen (siehe Kap. 5.3.4.4) haben wird. Anaerobe Feststoffbehandlung Wie aus einer Vielzahl von Untersuchungen (Auswahl: Steiner u. Kandler 1983; Steiner 1985; Tritt 1989, 1992; Tritt et al. 1991, 1993; Wulfert-Prahl 1992; Zimmermann u. Wulfert 1994) einschlieBhch der in Tabelle 5.3.4-3 zusammengestellten Ergebnisse hervorgeht, weisen die oben genannten Abfall- und Reststoffe aus Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben eine gute bis sehr gute Abbaubarkeit auf, was zu einer deutlichen Massenreduzierung der zu entsorgenden Reststoffe ftihrt und zusammen mit dem hohen Energiepotential dieser Substrate eine wirtschaftliche Perspektive der Feststoffbehandlung aufzeigt. In Abhangigkeit von der Zusammensetzung der zu behandelnden Stoffstrome und der Auslegung des Anaerob-Systems ist von einem oTRAbbau im Bereich zwischen etwa 50-95% auszugehen (Tabelle 5.3.4-3; (Steiner 1985)), die dabei zu erwartenden Methangasmengen lassen sich in der GroBenordnung mit Hilfe der in Tabelle 5.3.4-3 fiir die verschiedenen Substrate angegebenen Werte ermitteln.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
387
Fur einen stabilen ProzeBverlauf und zur Erzielung hoher Abbauraten und Methanertrage sowie zur Sicherstellung eines gemchsneutralen Fermentationsproduktes sollten oTR-Raumbelastungen oberhalb von ca. 5 kg/m^-d nach Moglichkeit vermieden werden, zutragliche Kombinationen von organischer Substratbelastung und hydraulischer Verweilzeit sind Abb. 5.3.4-2 (CSTR-System) zu entnehmen. Tabelle 5.3.4-3. Substratspezifische KenngroBen verschiedener Rest- und Abfallstoffe der Fleischwirtschaft (nach Tritt et al. 1991, 1993) Substratbezeichnung
Spezifischer Anfall
Panseninhalt
40-80 kg / Rind
Pansenpresswasser Schweinemageninhalt Siebriickstande Flotat
Fettabscheiderriickstande
Beschaffenheit
TR: 11-13% oTR: 80-87 % d. TR 0,5-0.6 mVm^ TR: 12-15 % CSB: 10-80 g/1 Panseninhalt TR: 12-15% 0,4-1,6 kg/Schwein oTR: 80-84 % d. TR 0,15-0,30 gTR/lSch. TR: 10-20% oTR: 95-99 % d. TS 13-15 gTR/1 Rind CSB: 300-450 g/kg TR: 5-24 % 10-20 1/m^ oTR: 83-98 % d. TR Abwasser CSB: 9 5 ^ 0 0 g/kg 6g/kg TR: 35-70 % oTS:96%d. TR Lebendgewicht CSB: 600-800 g/kg
Anaer. Abbaubarkeit
44
Methanausbeute [lCH4/kg oTR zu] 300 (max. 440) 280
72-90
250
30
95-100
645
100
98-99
695
120
96-100
710
120
r% i 75-83
Mittl. Gasprodukt [mVm^] 60 15
Aufgrund der Substrateigenschaften bietet sich als Anaerob-System ein volldurchmischter Reaktor mit vorzugsweise einstufigem Betrieb an (Merkblatt ATV-M 770 1995). Zur Vermeidung von Schwimm- und/oder Sinkschichten sowie zur Einmischung von aufschwimmendem Flotat bzw. Fett sollte in definierten Zeitintervallen oder kontinuierlichem Modus eine intensive Umwalzung des Reaktorinhaltes erfolgen, wobei aufgrund der fluidmechanischen Substrateigenschaften der Auswahl und Dimensionierung der Mischsysteme besondere Aufmerksamkeit zukommt. Weitere neuralgische Punkte sind das Speicher- und Beschickungssystem sowie die freien Rohrquerschnitte und der Reaktorablauf. Bewahrt hat sich eine Behandlungstemperatur im mesophilen Bereich, die Vorteile einer thermophilen ProzeBftihrung im Hinblick eine hohere Reaktorbelastung sind nur marginal (Steiner u. Kandler 1983). Insbesondere auch vor dem Hintergrund der Anfordemngen bei einer Gasnutzung (z.B. gleichmaBige Gasproduktion) ist zumindest bei groBeren Anlagen die Zusammenflihrung und Mischung der Substratstrome in einem Pufferbecken sinnvoll, wobei nach Moglichkeit ein Wochenausgleich erfolgen sollte. Zur Auflosung und Einmischung von Schwimm- und Sinkschichten
388
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
sollte das Misch- und Ausgleichsbecken mit Rtihreinrichtungen ausgeriistet sein. Das erzeugte Biogas weist ixblicherweise einen Methangehalt zwischen etwa 65-70 % auf und kann bei kleineren Anlagen zur Brauchwassererwarmung, bei groBeren Anlagen zur kombinierten Strom- und Warmeproduktion (BHKW) genutzt werden. Je nach Proteingehalt der anaerob behandelten Substrate liegt der Schwefelwasserstoffgehalt des Rohgases im Bereich zwischen etwa 500-3.000 ppm, was abhangend von der Biogasnutzung eine Entschwefelung erforderlich machen kann. 5.3.4.4 GroRtechnische Beispiele Abfolgend werden vier Beispiele (Kurzbeschreibung und BlockflieBschema) einer groBtechnischen Anwendung von Anaerob-Verfahren im Bereich der Fleischwirtschaft gegeben, davon drei zur Behandlung von organischen Abfall- und Reststoffen und eines zur Behandlung von Schlachthofabwasser. Von den Anlagen zur anaeroben Abfall- und Reststoffbehandlung liegen bislang keine Fachpublikationen vor, die angegebenen Daten basieren auf Informationen der Betreiber sowie Planungsbtiros und Anlagenhersteller. Hinsichtlich zukiinftiger Einschrankungen einer Nutzung feststoffhaltiger Stoffstrome aus Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben in AnaerobAnlagen wird auf die Anmerkungen in Abschnitt 5.3.4.3 verwiesen. Als weitere Beispiele anaerober Abwasserbehandlungsanlagen im Schlachthofbereich sind anzuftihren: • Anaerob-Reaktor nach dem Kontaktverfahren im Schlachthof "Packerland Packing Company", Green Bay,Wisconsin/USA (Macaulay et al. 1987) • Anaerob-Reaktor nach dem Kontaktverfahren im Schlachthof "Wilson & Comp.", Albert Lea, Minnesota/USA (Steffen u. Bedker 1961) • Festbett-Reaktor im Schlachthof "Byldemp Gov Kreaturslagteri", Bylderup/Danemark (Steiner 1985) Weitere in der Literatur beschriebene Anaerob-Anlagen zur Behandlung von Schlachthofabwasser wie z. B die Anlagen in den Schlachthofen Leeds (Clarigester-System) und Den Haag (UASB-System) sind mittlerweile ebenso auBer Betrieb wie die Anaerob-Anlage zur Behandlung von Feststoffsubstraten beim Schlachthof KSH Hamburg (Wulfert-Prahl 1992).
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
389
GroBtechnisches Beispiel 1 Anaerob-Anlage zur Behandlung von Schlachthofabwasser (BlockflieBschemaAbb. 5.3.4-3) Betrieb: Schlachthof Cakung, Jakarta/Indonesien, Rinderschlachtbetrieb. Schlachtzahlen: 50-300 Rinder/d B etrieb sklaranlage: Mechanisch/biologische Klaranlage mit anaerober Vorbehandlung; Erganzung der Klaranlage um eine aerobe Nachreinigung in zweiter Ausbaustufe; Direkteinleitung in Klaranlage behandelte Teilstrome: • • • •
Abschwemm- und Waschwasser aus Stallungen, Schlachtwasser, Pansenpresswasser, Verschmutzte Oberflachenwasser.
Abwassermenge: Belastung Rohabw.:
100-200 m^/d CSB gesamt: ca. 6.000-8.000 mg/1 CSB gelost: ca. 1.500-3.000 mg/1
Anaerobe Verfahrensstufe: Anaerob-System: Festbettreaktor Inbetriebnahme: 2002 Nutzvolumen: 400 m^ Festbett: Festeinbauten aus PE-Material (Vertikale Gitterrohre, Einheiten 50 x 50 x 60 cm) Betriebsmodus: Aufstromfahrweise mit Umlaufbetrieb Reaktortemperatur: 28-30 °C (Reaktor ohne Heizeinrichtung) Hydr. Auslegung: 130 mVd HRT 3 d Auslegung Raumbel.: 6 kg CSB/m^-d CSB-Ablaufwerte: ca. 700-750 mg/1 (CSB gelost) CSB-Abbau: ca. 70-75 % (CSB gelost) Erganzende Informationen: Anlagenkonzept sieht eine Kompostiemng der anfallenden Abfall- und Reststoffe aus der mechanischen und biologischen Abwasserbehandlung (Rechen- und Siebgut, Absetzschlamm) sowie von Dung, Gras und abgepreBtem Pansen vor. Literatur:
Schuchardt u Wulfert-Prahl (1997) Padmono u. Wulfert (2003)
390
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
GroBtechnisches Beispiel 2 Anaerob-Anlage zur Behandlung von Abfall- und Reststoffen (BlockflieBschema Abb. 5.3.4-4) Betrieb: NFZ Emstek/Niedersachsen, Schweineschlachtbetrieb mit Feinzerlegung und Schinkenherstellung, Schlachtzahlen: 25.000-30.000 Schweine/w, 6.000 Schweine/at max., (5-6 Schlachttage/w). In Anaerob-Anlage behandelte Substrate: • Flotat, • Magen- und Darminhalte. Substratmenge: TR-Fracht: oTR-Fracht:
68 mVat, davon:50 mVat Flotate 18 mVat Magen-/Darminhalte 5.390 kg/at TR ca. 8 % 4.640 kg/at Anteil an TR ca. 86 %
Anaerobe Verfahrensstufe: Anaerob-System: Volldurchmischter Reaktor (CSTR) einstufiger Betrieb Inbetriebnahme: 1994 Nutzvolumen: 1.650 m^ Umwalzung: kontinuierlich mittels Schraubenschaufler (3) Reaktortemperatur: 40 °C Hydr. Auslegung: 68 mVd HRT ca. 24 d Auslegung Raumbel.: 3 kg oTR/m^-d oTS-Abbau: ca. 50-60 % Biogaserzeugung: ca. 450-550 1/kg oTR zugeftihrt Methananteil: ca. 60-65 % Erganzende Angaben: Keine Biogasentschwefelung; hohe Stickstoff-Gehalte im Zentrat bei maschineller Schlammentwasserung.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
391
GroBtechnisches Beispiel 3 Anaerob-Anlage zur Behandlung von Abfall- und Reststoffen (BlockflieBschema Abb. 5.3.4-5) Betrieb: Schlachthof Vitis/Niederosterreich, Rinderschlachtbetrieb, Schlachtzahlen: 400-500 Rinder/w (2 Schlachttage/w) In Anaerob-Anlage behandelte Substrate: • Feste und fltissige Exkremente von Aufstallung, • Abschwemmwasser, • Fettabscheidernickstande, • Panseninhalt, • Schlachtblut, • UberschuBschlamm aus Betriebsklaranlage. Substratmenge: TR-Fracht: oTR-Fracht:
ca. ca. ca. ca.
100-150 mVw 15-20 ion?/d (nach WochenvergleichmaBigung) 1.150-2.150 kg/d TR ca. 8-10 % 850-1.600 kg/d Anteil an TR ca. 75 %
Anaerobe Verfahrensstufe: Anaerob-System: Volldurchmischter Reaktor (CSTR) einstufiger Betrieb Inbetriebnahme: 2000 Nutzvolumen: 800 m^ Umwalzung: kontinuierlich mittels Propellerriihrwerk Reaktortemperatur: 36-38 °C Hydr. Auslegung: 20 mVd HRT ca. 40 d Auslegung Raumbel.: 2 kg oTR/m^-d oTR-Abbau: ca. 60 % Biogaserzeugung: ca. 4.500 m^/w Methananteil: ca. 60 % Erganzende Angaben: Misch- und Ausgleichsbecken mit Heizeinrichtung (35-38 °C).
392
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
GroBtechnisches Beispiel 4 Anaerob-Anlage zur Behandlung von Abfall- und Reststoffen (BlockflieBschema Abb. 5.3.4-6) Anlagenbetreiber: Fa. DeGeFa GmbH, Badbergen/Niedersachsen Angeschlossener Schlachtbetrieb: Fa. Artland Fleischwaren GmbH Rinder- und Schweineschlachtbetrieb mit Zerlegung und Verarbeitung (SB-Frischfleisch, Tiefktihlkost) Schlachtzahlen: ca. 1.500 Rinder/w ca. 12.000 Schweine/w (5 Schlachttage/w) In Anaerob-Anlage behandelte Substrate: • Magen- und Darminhalte (Schweine), • Panseninhalt, • Rechengut und Flotat aus mechanischer Abwasserreinigung, • Cosubstrate aus Lebensmittelindustrie. Substratmenge: ca. 100 mVd (nach WochenvergleichmaBigung) TR-Fracht: ca. 10.000-12.000 kg/d, TR ca. 10-12 % TR-Fracht: ca. 8.000-10.000 kg/d Anteil an TR ca. 80 % Anaerobe Verfahrensstufe: Anaerob-System: Volldurchmischter Reaktor (CSTR) zweistufiger Betrieb Inbetriebnahme: Mitte 2003 Nutzvolumen: 6.000 m^ (2 x 3.000 m^) Umwalzung: kontinuierlich mittels Propellerriihrwerk Reaktortemperatur: 40 °C Hydr. Auslegung: 100 mVd HRT ca. 60 d Auslegung Raumbel.: 2 kg oTR/m^-d oTR-Abbau: ca. 65 % Biogaserzeugung: ca. 4.800 mVd Methananteil: ca. 65 % Erganzende Angaben: Bei den Leistungsangaben handelt es sich um Prognosewerte. Die Anlagenkapazitat von 100 mVd soil in einer zweiten Ausbaustufe verdoppelt werden (zusatzlich geplant: zwei Anaerob-Reaktoren mit jeweils 3.000 m^ Nutzvolumen).
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem Schlachtwasser Abschwemm~und Waschwasser aus Stallungen 1 '
393
Pansenpresswasser
V
i
Verschmutztes Oberfldchenwasser 1 Grobrechen
Feinsleb Misch-und Ausgleichsbecken (Tagesausgleich) Absetzbecken Anaerob-Anlage (Festbettreaktor)
Gasverwertung in BHKW ^
Absetzbecken
Direkteinleitung
Abb. 5.3.4-3. BlockflieBschema Betriebsklaranlage Schlachthof Cakung, Jakarta (erste Ausbaustufe) Produktionsabwasser
Feinsleb Misch-und Ausgleichsbecken (Tagesausgleich,Beruftung)
I
KlarwQsserablauf
Direktleitung zu kommunder KIdranlage
Misch-und Ausgleichsbecken {2h Ausgleich) notation
i Flotot Magen- und . Darminhalte Dekantat
Voriagebehalter Anaerob-Anlage (Volldurchmischter Reaktor)
Gasverwertung in Heizkessel
Option: Maschinelle Schlammentwdsserung (Dekanter)
Schlammlagerbehditer Abgabe entwasserter Schlamm
Nassschlammabgabe
Abb. 5.3.4-4. BlockflieBschema Rest- und Abfallbehandlung Fa. NFZ Emstek
394
5 Anaerobe Abwasserbehandlung Tierische Exkremente Abschwemmwasser
Produktionsabwasser
Fettabseheider
+
Belebungsanlage
Schlachtblut
+
Nachkldrbecken
Oberschussschlamm
P
1
' 1
Misch-und Ausgleichsbecken (Wochenausgleich)
i
Anaerob-Anlage (Volldurchmischter Reaktor)
Direkteinleitung Gasverwertur^^4 in BHKW
i Schlammlagerbehalter Nassschlammabgabe
Abb. 5.3.4-5. BlockflieBschema Rest- und Abfallbehandlung Schlachthof Vitis Rechengut Magen-/Darmlnhalte Panseninhalte
Cosubstrate aus Lebensnnittelindustrie Misch-und Ausgleichsbecken
Produktionsabwasser
Feinrechen
Flotation
TZl
Hygienisierungsstufe (7Cr C, 1h)
notat Gosverwertung in BHKW
Belebungsanlage
Anaerob-Anlage (2 volldurchmischte Reaktoren in Reihenschaltung)
X Nachkldrbecken
Schlammlagerbehalter Direkteinleitung Schlomnnwasser .
Maschinelle Schlammentwdsserung Thermische Schlammentsorgung
Abb. 5.3.4-6. BlockflieBschema Rest- und Abfallbehandlung Fa. DeGeFa, Badbergen
Literatur Jappelt W, Neumann H (1985) Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe. In: ATV (Hrsg) Lehr- und Handbuch der Abwassertechnik, Bd V, 3. Aufl, W. Ernst u. Sohn, Berlin
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
395
Macaulay MN, Stebor TW, Bemdt CL (1987) Anaerobic Contact Pretreatment of Slaughterhouse Wastewater. Proc. of the 42"^ Ind. Waste Conf Purdue, pp 647-655 Merkblatt ATV-M 767 (1992) Abwasser aus Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben. ATV-Regelwerk Abwasser-Abfall Merkblatt ATV-M 770 (1995) Behandlung und Verwertung von Reststoffen aus Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben. ATV-Regelwerk AbwasserAbfall Padmono D, Wulfert K (2003) Concept and experiences with wastewater treatment plant in Cakung Slaughterhouse-PD Dharma Jaya (AbschluBseminar zum Deutsch-Indonesischen F/E-Vorhaben "Demonstrationsanlage am Schlachthof Cakung" am 19.03. in Jakarta/Indonesien) Rosenwinkel KH (1997) Aerobe und anaerobe Verfahren der Abwasserreinigung (Vortrag auf ATV-Seminar "Behandlung von Abwasser, Abfallen und Abluft aus Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben und Tierkorperbeseitigungsanstalten" am 21./22.04 in Magdeburg) Schuchardt F, Wulfert-Prahl K (1997) Konzept ftir die Abwasserbehandlung und Abfallverwertung am Schlachthof Jakarta/Indonesien. Korrespondenz Abwasser 44 (3): 511-518 Steffen AJ, Bedker M (1961) Operation of Full-Scale Anaerobic Contact Treatment Plant for Meat Packing Wastes. Proc. of the 16*^ Ind. Waste Conf Purdue, pp 423-437 Steiner A, Kandler O (1983) Anaerober Abbau von Schlachthofabfallen. In: Anaerobe Abwasser- und Schlammbehandlung, Miinchener Beitrage zur Abwasser- Fischerei- und FluBbiologie, Bayerische Landesanstalt ftir Wasserforschung (Hrsg), Bd 36,R. Oldenbourg, Miinchen, S 193-212 Steiner A (1985) Abwasser der Fleischwirtschaft. In: Stand und Entwicklungspotentiale der anaeroben Abwasserreinigung unter besonderer Beriicksichtigung der Verhaltnisse in der Bundesrepublik Deutschland. Oswald-SchulzeStiftung, Heft 9, S 563-610 Steiner A (1995) Behandlung von Abwassem aus Schlachthofen (Vortrag auf Seminar der Technischen Akademie Wuppertal "Reinigung hochbelasteter Abwasser Schwerpunkt: Anaerobe Verfahren" am 23./24.05. in Niimberg) Tritt WP (1989) Untersuchungen zum anaeroben Abbau von Pansen- und Schweinemageninhalten. Mtill- und Abfall 11: 577-583 Tritt WP (1990) Einsatz der Anaerobtechnik in Schlachthofen und Tierkorperbeseitigungsanstalten. Die Fleischmehlindustrie 9: 162-170 Tritt WP (1991) Anaerobe Behandlung von Schlachthofabwasser in Festbettreaktoren. Korrespondenz Abwasser 38 (9): 1214-1223 Tritt WP (1992) Methanisierung von Abfallen aus Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben. Korrespondenz Abwasser 39 (11): 1656-1666 Tritt WP, Schuchardt F, Hiigin D (1991) Stoffstrome und Entsorgungsmoglichkeiten der fltissigen und festen Abfallstoffe von Schlachtbetrieben. Korrespondenz Abwasser 38 (9): 1199-1212 Tritt WP, Wulfert-Prahl K, Zimmermann C (1993) Wirtschaftlichkeit von Konzepten zur Behandlung und Entsorgung von Rest- und Abfallstoffen aus
396
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben unter Einbeziehung der AnaerobTechnik. Fleischwirtschaft 73 (2): 145-148 Wulfert-Prahl K (1992) Erfahrungen mit dem neuen Entsorgungskonzept fiir den Schlachthof Hamburg (Vortrag auf ATV-Seminar "Behandlung von Abwasser, Abfallen und Abluft aus Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben" am 13./14.04. in Essen) Zimmermann C, Wulfert K (1994) Anaerobe Vergarung von Flotaten - Wirtschaftlichkeit und Ubertragungsmoglichkeiten von Praxisergebnissen. Fleischwirtschaft 74 (8): 831-834
5.3.5 Starkeherstellung 5.3.5.1 Allgemeines Bedeutung der Starkemdustrie Starke - ein industrielles Produkt aus landwirtschaftlichen Rohstoffen, hat sich in den letzten 30 Jahren zu einem bedeutenden Element der deutschen und europaischen Lebensmittelindustrie entwickelt (Tabelle 5.3.5-1) Tabelle 5.3.5-1. Bedeutung der Europaischen und der deutschen Starkeindustrie (FSI, 2002) Europ. Union (15)
lUmsatE [Produktion iRohmaterial iFirmen Werke Beschaftigte ca.
Mrd.€ Mio t / a Mio t / a
•
Deutschlancj
1998
2001
1998
2001
5,2 7,7
6,5 9,0
19,1
21.2
28 75
27 6?
1,0 1,5 4.5 8 16
19.000
17,000
2,400
1.1 1,5 4,4 8 15 2.200
1
Die Starkeproduktion befindet sich an der Nahtstelle zwischen Landwirtschaft und Industrie. Sie unterliegt einerseits mit ihren Rohstoffen den Bedingungen der EU-Agrarpolitik und andererseits mit ihren Fertigprodukten dem freien intemationalen Wettbewerb. Die Starkeindustrie der EU beliefert primar den europaischen Binnenmarkt. Sie hat aber auch erhebliche Exportinteressen und ist damit von intemationalen Handelsvereinbarungen der EU maBgeblich betroffen. Die bevorstehende Erweiterung der Gemeinschaft stellt die Starkeindustrie in der EU und den Beitrittslandem vor erhebliche Herausforderungen (FSI, 2002).
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
397
Starke wird in der EU hauptsachlich aus Mais, Weizen und Kartoffeln hergestellt. Mehr als 20 Millionen Tonnen werden pro Jahr verarbeitet, davon 4,4 Millionen Tonnen in Deutschland. Die Industrie ist deshalb ein bedeutender Partner der europaischen Landwirtschaft (Tabelle 5.3.5-2). Tabelle 5.3.5-2. Rohstoffverarbeitung und Starkeproduktion in der Europaischen Union und Deutschland (FSI, 2002) Europ. U iion (15 )
Rohstoff - Verarbeilung Kartoffeln Mais Weizen Starke - Produktlon Kartoffeln Mais Weizen
Miot/ a Mio t / a Mio t /a MIO I / a Mio t / a Mio! / a MIO t /a MIO I / a
Deutschland
1998
2001
1998
19,t 8.8 5.9 4.4
21,2 8.7 6.6 5.9 9,0 1.8 4,t 3.1
4,5 3,0 07 0,8 1,5 0,6 0,5 0,4
1.1 1.7 3.8 2.2
1
2001 4,4 2.9 0.6 0,9 1,6 0.6 0.5 0,5
AuBerhalb Europas werden auch andere starkehaltige Rohstoffe wie Reis, Tapiokawurzeln (Manioc, Cassava), Roggen, Gerste, Hafer, Milo, StiBkartoffeln (Impomea batata) sowie das Mark der Sago-Palme zur Starkeherstellung verwendet (ATV 2002). Nachfolgend wird aber nur uber die Abwasser und Abwasserbehandlungsanlagen aus dem Bereich der europaischen Kartoffel-, Mais- und Weizenstarkeherstellung berichtet, da die anderen Rohstoffe in Europa nicht Oder nur in vemachlassigbaren Mengen verarbeitet werden. Die Entwicklung der Starkeherstellung aus Kartoffeln, Mais und Weizen seit 1992 in Europa und Deutschland ist in Abb. 5.3.5-1 dargestellt (De Baere 1999, FSI 2002, Rausch 2002) Einsatzbereiche fur Starkeprodukte Fast alle Branchen der Lebensmittelherstellung, zahlreiche Sektoren der chemisch-technischen und der pharmazeutischen Industrie sowie die Futtermittelwirtschaft verwenden Starke, Starkederivate, Starkeverzuckerungsprodukte und Nebenprodukte dieser Industrie (Tabelle 5.3.5-3). Eine sehr detaillierte Ubersicht zu handelstiblichen Starkeprodukten und deren Einsatzbereichen ist in ATV (2000) dargestellt.
398
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Mio t / a 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1
"M>:-%. 'X'.y^.j'::
0
mm EU 1992 EU 1995 EU 1998 EU 2001
sKartoffelstarke
'^':^ /
/n D1992
[uMaisstarke
D1995
D1998
^ D 2001
liWeizenstarke
Abb. 5.3.5-1. Starkeproduktion in der Europaischen Union und Deutschland seit 1992 (aAc 2002, FSI 2002)
Tabelle 5.3.5-3. Verbrauch von Starkeprodukten nach Branchen in der Europaischen Union und Deutschland (FSI, 2002) Europ, Ufiiori (15)
^lo t/ a [Gesafntproduktion 1 PapierhersteJIung % Wellpappe % 1 Ch ern. ynd Techn. In do si He % 1 SuSv^^areri % Getrinks % Fruchtvefarbeitung % Ubrige Lebensmittelindystrie %
Oeutscbland
1998
2001
1998
7,3 21 6 20 14 10 6 23
8,3 21 6 18 14 12 6 23
1,5 23 6 11 20 6 8 2B
2001
1 1
1.^ 1 23 7 9 20 6 8
27
1
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
399
Produktionsverfahren zur Herstellung von Starke Die Technologie der Starkeherstellung ist je nach verwendetem Rohstoff unterschiedlich. Ubereinstimmend ist jedoch das Prinzip der „Nassmtillerei", das es erlaubt, Starke aus nachwachsenden Rohstoffen in groBer Reinheit zu gewinnen. a.) Kartoffelstarkeherstellung Die Starkekartoffeln werden im ersten Prozessschritt gewaschen, um Erde und Pflanzenreste abzutrennen. Bei der Kartoffelwasche wird Frischwasser (< 0,6 mVt) im Gegenstrom eingesetzt; zusatzhch ist ein Waschwasserkreislauf mit einer integrierten mechanischen Reinigungsstufe (Sedimentationsbecken) tiblich. 0,3 bis 0,6 m^ Wasser/t Kartoffeln verlassen die Produktion an dieser Stelle als sog. Schwemm- und Waschwasser (Abb. 5.3.52) (ATV 2000 und ATV 2002). Die gereinigten Kartoffeln werden mittels Reiben sehr fein zerkleinert. An dieser Stelle wird im allgemeinen Natriumbisulfit zur Verhinderung von Oxidationsprozessen, die mit Verfarbungen einhergehen, zugesetzt. Das beim Zerkleinem der Kartoffeln anfallenden Kartoffelfruchtwasser (Zellwasser der Kartoffel) wird z. B. tiber Zentrifugen abgetrennt und dann in aller Regel der Eiweifikoagulation zugefiihrt, um das im Fruchtwasser enthaltene Protein zu etwa 50 % abzutrennen. Das Fruchtwasser wird unter Beachtung der diinger- und futtermittelrechtlichen Bestimmungen (ATV 2002) stofflich entweder direkt als Diinger landwirtschaftlich verwertet oder eingedampft und danach als Futtermittel oder landwirtschaftlicher Diinger weiter verwertet oder auch zwecks energetischer Verwertung anaerob behandelt. Nach der Abtrennung des Fruchtwassers werden im zitierten Beispielprozess (Abb. 5.3.5-2) die Faseranteile der Reibsel von der wassrigen Suspension der Starkekomer als Ptilpe ausgewaschen, entwassert und als Futtermittel genutzt. Die verbliebene Starkesuspension wird mittels verschiedener Gegenstromauswaschungen von noch vorhandenen Fremdanteilen, wie gelosten Proteinen und Feinfasern, befreit. An dieser Stelle fallt Prozesswasser in einer GroBenordnung von 0,6 bis 1,3 mVt Kartoffeln (ATV 1994, FSI 1999) an.
400
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
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Abb. 5.3.5-2. Prinzipschema der Kartoffelstarkeherstellung (ATV 2000)
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5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
401
Es folgt eine Vorentwasserung im Filter und Trocknung zum Endprodukt native Kartoffelstarke (handelstibliche Kartoffelstarke mit einer Gleichgewichtsfeuchtigkeit von ca. 20 % (ATV,1994) oder die Weiterverarbeitung zu anderen Starkeprodukten. Die Kartoffelstarkeproduktion ist ein Kampagnenprozess, der sich in aller Regel liber einen Zeitraum von bis zu 200 Tagen, beginnend jeweils im August, erstreckt (ATV 2000). b.) Maisstarkeherstellung Der Mais wird zunachst gereinigt und danach eingeweicht mit dem Ziel, den Keim und die Starke einfacher abtrennen zu konnen. Der Quellprozess dauert ca. 1,5 Tage bei einer Temperatur von ca. 50°C unter Zusatz von Natriumbisulfit. Die loslichen Bestandteile des Maiskomes reichem sich wahrend des Quellprozesses im Wasser an. Nach dem Quellprozess wird das tiberschtissige „leichte Quellwasser" abgezogen und in Fallstromverdampfem eingedampft. Das hierbei anfallende Briidenkondensat, welches als Abwasser abgeftihrt wird, ist charakterisiert durch einen hoheren Schwefelgehalt und wasserdampffltxchtige organische Sauren; es fallt in einer Menge von 0,4 bis 0,7 mVt Reinmais an. Der zu sog. „schweren Quellwasser" eingedickte Rest wird entweder als „Proteinkonzentrat" den Maisschalen fiir das Maisglutenfutter zugesetzt oder als Substrat fur die Herstellung von Antibiotika verwendet. (Abb. 5.3.5-3). Der gequollene, nasse Mais wird grob gemahlen, und in der Keimwasche die restliche Starke und Glutenanteile herausgewaschen. Die Keime werden abgetrennt, entwassert, getrocknet und zum Maiskeimol aufbereitet. Nach der Keimwasche werden aus dem von Keimen befreiten Brei die Fasem abgetrennt. Es verbleibt eine Suspension aus Starke und Gluten (KlebereiweiB). Unter Zusatz von Frischwasser (1,4 bis 1,7 mV Reinmais) werden die Glutenanteile separiert und die Starke herausgewaschen. Die wassrige Starkesuspension kann aber auch direkt, zum Beispiel zu Starkehydrolysaten und Starkemodifiziemngsprodukten, verwertet werden. Das ausschlieBlich in der letzten Stufe der Starkeglutenseparation eingesetzte Frischwasser wird nach dieser Nutzung in die vorgeschalteten Stufen (Faserseparation, Maisvermahlung, Maisquellung) zuriickgefiihrt und durchlauft daher den Prozess der Starkegewinnung im Gegenstrom. Von dem 1,4 bis 1,7 m^/t Reinmais eingesetzten Frischwasser fallen als Abwasser/Briidenkondensat, lediglich 0,4 bis 0,7 mVt Reinmais an. Das restliche Wasser verlasst die Produktion tiber die Produkte Maisstarke, Maisgluten und Maisglutenfutter oder als Brtiden in den Trocknungsprozessen.
402
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Die Nebenprodukte, Schalenanteile und Gluten, letztere friiher auch als Kleber bezeichnet, werden entwassert, getrocknet und als Handelsprodukte Maisgluten und Maisglutenfutter verkauft. (ATV 1999) Vaf-jrnDiSuKst
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Abb. 5.3.5-3. Prinzipschema der Maisstarkeherstellung (ATV 2000) Die Maisstarkefabrikation ist kein Kampagnenbetrieb, allerdings sind Zeiten zu unterscheiden, in denen emtefrischer Nassmais oder aber Trockenmais verarbeitet wird; die Abwasserbelastung der beiden Betriebsphasen ist nicht identisch. Gegentiber der Kartoffel und dem Weizen hat Mais die hochste Ausbeute mit bis zu 99,5 % Gesamtausbeute, was die vergleichsweise geringe Abwasserbelastung erklart. Die Ausbeute setzt sich wie folgt zusammen: 65 % Starke, 25 % Futtermittel (Quellwasser, Fasern, entolte Keime, Maisbruch), 6 % Gluten und 3 % Ol (ATV 1999 und ATV 2000)
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
403
c.) Weizenstarkeherstellung Das Weizenmehl wird zum Zwecke der Starkeglutentrennung einem Nassprozess unterworfen. Die hierbei angewendeten Techniken haben zum Ziel, das EiweiB zu hydratisieren und damit die Starkeglutentrennung zu ermoglichen (Abb. 5.3.5-4). Der kontinuierlich gefuhrte Nassprozess ist prinzipiell wie bei der Maisstarkegewinnung gekennzeichnet durch den sparsamen Gebrauch von Frischwasser und durch Mehrfachnutzung von Wassem im Gegenstromprinzip. Geloste und ungeloste Anteile des Rohstoffs werden durch Kreislauffuhrung im Gegenstrom im Prozesswasser angereichert und dem Prozess im Bereich Mehlaufbereitung und Glutenseparation wieder zugefuhrt. Die Mehlwassersuspension, die den agglomerierten Gluten enthalt, wird mit weiterem im Raffinationsprozess anfallenden und rezirkulierten Prozesswasser auf ca. 20 % TS verdtinnt und zwecks Separierung der Mehlinhaltstoffe z.B. Dekantierzentrifugen zugefuhrt. Im Zentrifugalfeld erfolgt die Auftrennung in folgende Produktstrome: • Konzentratlauf (tiberwiegend A-Starke), • Dtisenlauf (tiberwiegend B-Starke und Gluten), • Greiferlauf (tiberwiegend B-Starke und Pentosane). Nach der Glutenseparation mittels Siebung aus den o. a. Prozesslaufen wird der Feuchtgluten mit ca. 30 % Trockensubstanzgehalt in z. B. Ringtrockenanlagen unter Erhaltung seiner Dehnungseigenschaften zu Vitalgluten getrocknet oder einer Modifizierung zugefuhrt. Durch nachfolgende Raffinationsschritte wird sowohl die A-Starke als auch die B-Starke gereinigt und konzentriert. Die A- und B-Starkemischung kann entweder einer Modifizierung oder Hydrolyse (Verzuckerung) zugefuhrt werden oder auch mittels spezieller Trocknungsverfahren getrocknet werden. Durch Riickfuhrung und Nutzung des Prozesswassers sowie Anwendung weiterfiihrender MaBnahmen des produktionsintegrierten Umweltschutzes wird cine Ausbeute von 98-99 % erzielt.
404
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
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Abb. 5.3.5-4. Prinzipschema der Starkeherstellung aus Weizen (ATV 2002)
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5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
405
Bei der Verarbeitung von Weizen-B-Starke zu Quellstarke wird liblicherweise die C-Starke nahezu vollstandig zugesetzt oder nur in Teilmengen als Putter verwertet. Die C-Starke sowie die fltissige, wasserige Phase nach dem Verfahrensschritt der Konzentration und ggf. auch Teilmengen des Prozesswassers werden gemaB Abb. 5.3.5-4 einzeln oder vermischt als fltissiges Futtermittel verwertet. GemaB Einstufung Futtermittel-VO handelt es sich damit dann um Getreidepiilpe. Die in der Separationsstufe anfallende wasserige Phase kann in der Landwirtschaft als Dtinger genutzt werden (ATV 2000). Abwasseranfall und -zusammensetzung a.) Kartoffelstarkeabwasser Das Produktionsabwasser der Kartoffelstarkeherstellung setzt sich aus den Teilstromen: • Kartoffelreinigung (Wasch- und Schwemmwasser), • Prozesswasser Starkeraffination und gegebenenfalls, • Briickenkondensat (aus Eindampfanlagen) zusammen. Die spezifischen Stoffstrome, Konzentrationen und Frachten der Einzelstrome sind in Tabelle 5.3.5-4 dargestellt. Tabelle 5.3.5-4. Spezifische Stoffstrome, Konzentrationen und Frachten aus der Kartoffelstarkeproduktion Parameter
Einheit
Schwemm- und Waschwasser Abeling 1991
Quelle mVt Kart.
Abwasseranfall pH-Wert CSB
mg/1
TKN
mg/1
Ges.P CSB-Fracht
mg/1 kg/t Kart.
-
FSI1999
ATV 2002
ProzeBwasser Abeling 1991
0,3-0,6
-
0,6-1,0
-
6-7 4.0008.000
5-7 3.00025.000 1.0001.500 100-200 2-25
-
0,3-0,6
6-7 2.0004.000
5-8,5 1.5005.500
200-300
200-300
120
300-600
20^0
20-100 1,0-1,6
60 0,5-1,5
20-40
-
FSI 1999, ATV 2002
2.000
-
Briidenkondensat ATV 2002 0,5-1,2
300-2.000
0,3-1,0
Je nach betriebsindividueller Prozessftihrung konnen aber stark unterschiedliche Teilstrome anfallen; aussagefahige und unter reprasentativen Produktionsbedingungen durchgeftihrte Dauerprobenahmen zur Aktualisierung/Dokumentation der tatsachlichen Abwasserkennzahlen sind nach wie vor zwingende Voraussetzung ftir die Tatigkeit planender und beratender Ingenieure.
406
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
b.) Maisstarkeabwasser Bei der Maisstarkefabrikation sind folgenden Abwasseranfallstellen zu betrachten: • • • • • •
Quellstation, Keimwasche, Starkemilchentwasserung, Gluteneindickung, Kleberentwasserung, Schalenentwasserung.
Die charakteristischen Inhaltsstoffe der Abwasser sind EiweiBstoffe, Fette, Kohlenhydrate und deren Abbauprodukte sowie Fasem und Schwefeldioxid(A1993). Durch die Kreislauffuhrungen und verfahrenstechnische Verbesserungen in der Maschinen- und Anlagentechnik konnten in den letzten Jahren Verbesserungen u. a. bei der Stofftrennung erreicht werden, so dass sich heute in etwa die in Tabelle 5.3.5-5 und 5.3.5-6 dargestellten Abwasserzusammensetzungen im Maisstarkeabwasser ergeben (ATV 2000 und ATV 2002) Tabelle 5.3.5-5. Abwasserzusammensetzung einer Maisstarkefabrik (Miiller 1997) Abwasserteilstrom Briidenkondensate Glucoseabwasser Abwasser aus modifizierten Starken Gesamt
Menge [m^/d] 600 1.200 350
CSB [kg/dl 2.400 5.400 3.400
Feststoffe [kg/dl 50 0 500
2.150
11.200
550
Tabelle 5.3.5-6. Kennwerte fiir Briidenkondensat aus dem Quellwassereindampfer (ATV 2002) Parameter Spezifischer Abwasseranfall PH-Wert CSB BSBs Nges. * = Reinmais (= gereinigter Mais)
Einheit mVt* mg/L mg/L mg/L
Wertebereich 0,4-0,7 2,3-4,5 1.500-2.500 1.000-1.700 4-8
Spezielle Untersuchungen zu Abwassermengen und Schmutzfrachten in einer Maisstarkefabrik wurden bereits von Seyfried/Rosenwinkel 1982
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
407
durchgeftihrt. In Tabelle 5.3.5-7 sind die seinerzeit ermittelten Werte gegeniibergestellt. Tabelle 5.3.5-7. Spezielle Abwassermengen und Schmutzfrachten fllr Abwasser aus der Maisstarkefabrikation (Seyfried/Rosenwinkel 1982) Abwasserart Eindampfer (Briiden) ProzeBwasser
spezif. Abwassermengen (m^/t) 0,35-0,45
BSBssed. (mg/L)
spezif. BSBsFracht (kg/t)
CSB sed. (mg/L)
spez. CSBFracht (kg/t)
1.697
0,59-0,76
2.915
1,02-1,31
0,45-0,95
11.543
5,19-10,96
17.608
7,92-16,73
c.) Weizenstarkeabwasser Der ausgeschleuste ProzeBwasserstrom bei der Weizenstarkegewinnung im NaBprozeB betrug 1962 etwa 8 bis 9 mVt Weizenmehl, 1978 noch 3 bis 6 m^/t. Nach Kreislaufftihrung der ProzeBwasser (Einsatz bei der Glutenseparation) fallt Abwasser in der Separierstufe der ProzeBschiene „CStarke (Pentosane)-Gewinnung" heute in einer Menge von 1,5 bis 2,5 mVt Weizenmehl an (Abeling 1991). Althoff berichtete 2003 anhand reprasentativer Betriebsergebnisse, dass der spezifische Abwasseranfall von 2,8 mVt Rohstoff im Jahre 1988 auf 1,3 mVt Mehl im Jahr 2003 bei gleichzeitiger Senkung der spezifischen CSB-Fracht im Produktionsabwasser zur Abwasser-behandlung (heute rd. 50-60 kg CSB/t Mehlverarbeitung) reduziert werden konnte (Kroner 2003, Althoff 2003). Als gerundete Mittelwerte fiir Rohabwasserkennwerte nennt der Arbeitsbericht der ATV-Arbeitsgruppe 7.2.4 aus dem Jahre 1994 (ATV 1994) folgende Werte: CSB 35.000 mg/L, BSB5 25.000 mg/L, Nges. (>95 % organisch gebunden) 1.500 mg/L, Pges.270 mg/L. Ausftihrlichere Zahlenwerte aus den Jahren 1982/1983, die im Rahmen halbtechnischer Versuche erarbeitet wurden, sowie heutige aktuelle Zahlenwerte liefert die Tabelle 5.3.5-8. Tabelle 5.3.5-8. Abwassercharakteristik bei der Weizenstarkeproduktion (Seyfried et al. 1984, Witt 1991, Althoff 1995, Althoff 2003) Parameter
Einheit
Temperatur pH-Wert CSB BSB5 TOC Ges.N Ges.P Ges.K
°C mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 mg/1
Durchschnittswerte 1982/83 28 4,0 30.500 17.000 10.600 975 155
-
Durchschnittswerte 1999 30 4,0 25.000-30.000 20.000-27.000
< 1.000 <200 <450
Durchschnittswerte 2002/03 32-36 4,2 33.400
700 188
-
408
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
S042-
cr
wdfl. org. Sauren Lactat TS oTS
mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 %
290 405
-
490
-
1.100-2.300'
1.260 8.900 97,3
18.000-25.000 -
26.300 >95
1
1 1
Weiterfiihrende Literatur Als weiterfiihrende Literatur sind neben den Angaben im Abschnitt 5.3.5.3 insbesondere folgende Quellen zu benennen: A (1993), ATV (2000), ATV (2002) 5.3.5.2 Anaerobe Behandlungsverfahren Vorbemerkungen
Fiir die biologische Vorbehandlung hochkonzentrierter Abwasser aus Starkefabriken hat sich in den letzten Jahren das anaerobe Verfahren als sehr leistungsfahiges, zuverlassiges und betriebsstabiles Verfahren erwiesen, sofem die allgemein als nachgewiesen geltenden BemessungsgroBen und Verfahrensparameter beachtet und eingehalten wurden. Uber die Grundlagen des anaeroben Prozessablaufs und tiber das Abbau- und Reinigungsverhalten von Abwassem aus der Starkeindustrie gibt es umfangreiche Literatur (A 1993), (ATV 2000), (ATV 2002) sowie die weiter aufgefiihrten Quellen im Literaturverzeichnis. Aussagefahige Vorversuche werden heute iiblicherweise noch immer mit halbtechnischen Pilotanlagen (V = 2-10 m^) vor Ort, mit dem tatsachlich betriebsspezifisch anfallenden Abwasser „online" und mengenproportional durchgefiihrt; nur dann konnen sie iibertragbare Bemessungswerte ftir geplante GroBanlagen liefem. Im In- und Ausland wurden fiir die Behandlung von Abwasser aus Starkefabriken eine Vielzahl von technischen Anaerobanlagen gebaut und betrieben. In den Niederlanden, Finnland, Australien und Israel kam dabei haufig das UASB-System, meist in Kombination mit vorgeschalteten volldurchmischten Versauemngsreaktoren und nachgeschalteten aerobbiologischen Endreinigungsstufen zur Anwendung. Eine groBtechnische Anlage wurde im eigentlichen UASB-Reaktor mit CSB-Raumbelastungen zwischen 15 und 20 kg/(m^-d) bei Zulaufkonzentrationen von 10 bis 12 g CSB/L erfolgreich betrieben. Dabei wurden im Dauerbetrieb Abbaugrade des loslichen CSB (incl. Vorversauemngsstufe) von 80 bis 90 % erreicht.
5.3 Beispiele zur Behandlung von indiistriellen Abwassem
409
Das Anamentverfahren, ein anaerobes Belebtschlammverfahren mit Lamellenklarern zur Rtickhaltung der Biomasse, kann als Schwachlastverfahren angesehen werden. Die der Planung zugrunde gelegte CSBRaumbelastung von 3-5 kg/(m^-d) liegt deutlich unter denen der UASBGroBanlagen und wird hauptsachlich unter dem Aspekt dauerhafter und hoher Betriebssicherheiten gewahlt. In der Bundesrepublik Deutschland sind nach (Austermann-Haun 2002) derzeit zv^ei groBtechnische Anaerob-Anlagen in der Starkeindustrie zur Abwasservorbehandlung realisiert bzw. noch in Betrieb (Ibbenbtiren, Stinching). Zu der besonderen Bedeutung der MAP-Ausfallungen, die bei einigen Anaerobanlagen beobachtet wurden und zu erheblichen Betriebsproblemen gefiihrt haben, sind in der Literatur dieses Kapitels Ausfuhrungen gemacht worden (Austermann-Haun 2002), GroBtechnisches Beispiel 1: Kartoffelstarkeabwasser (UASBVerfahren) Ein sehr gut dokumentiertes Beispiel einer groBtechnischen Anaerobanlage zur Vorreinigung von Kartoffelstarkeabwasser ist die von 1980 bis 1994 betriebene Anlage in der AVEBE-Kartoffelstarkefabrik in De Krim/Niederlande (A 1993). Die zv^eistufige Anlage mit nachgeschalteten Teichen ist als FlieBschema in Abb. 5.3.5-5 schematisch dargestellt. Der UASB-Reaktor wurde mit einer CSB-Raumbelastung von 15-20 kg/m^-d) betrieben. Der CSB-Abbaugrad lag bei 75-80 %, bezogen auf gelosten CSB bei ca. 90 %. Die Gasproduktion betrug ca. 0,3 mVkg CSB elim. bei einem Methananteil von 75 %. Wahrend des Betriebes der UASB-Anlage traten eine Reihe von Problemen auf, die letztlich aber weitgehend beseitigt werden konnten, z. B.: • Mammutpumpeneffekt an den Seitenwanden des UASB-Reaktors, dadurch • ungentigende Schlammkonzentrationen im UASB-Reaktor (Schlammauswaschung), • verschiedenartige Hemmung der Methanbakterien, z. B. bei Stickstoffkonzentrationen von 1.000 bis 1.200 mg/1. Zur Verbesserung der Reinigungsleistung wurde dem Methanreaktor spater ein zusatzlicher Vorversauerungsreaktor (2.475 m^) mit integriertem Absetzbecken (325 m^) vorgeschaltet. Die Rtickhaltung der EiweiBstoffe und die damit verbundenen langeren Feststoffdurchflusszeiten hatten eine Intensivierung der EiweiBhydrolyse zur Folge (A 1993)
410
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Abb. 5.3.5-5. Fliessschema der UASB-Anlage in DeKrim zur Behandlung von Kartoffelstarkeabwasser (A 1993)
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
411
GroBtechnisches Beispiel 2: Maisstarkeabwasser (Wirbelbettreaktoren) Bei der hier beschriebenen Anlage (ATV 2000) und (ATV 2002) handelt es sich um eine Anlage zur Vorbehandlung der Abwasser einer Maisstarkefabrik in Haubourdin (Nordfrankreich). Der Ablauf der in zwei Stufen betriebenen Anaerobanlage wird in einer kommunalen Klaranlage bis auf Vorfluterqualitat gereinigt. In der Betriebsklaranlage werden mehrere Teilstrome behandelt; dies sind im einzelnen Glucoseabwasser, Briidenkondensate sowie Abwasser aus der Herstellung modifizierter Starke. Das Verfahrensschema der Klaranlage ist Abb. 5.3.5-6 zu entnehmen. Das Abwasser der Raffinerie (Glucoseabwasser) mit einem CSB von 4.500 mg/L wird zunachst gektihlt und anschlieBend mit Spurenelementen versorgt und bei Bedarf neutralisiert (Ca(0H)2). Nach der pH-optimierten Versauerung wird der wesentliche CSB-Abbau in drei parallel betriebenen FlieBbettreaktoren vollzogen. Die Abwasser aus der Herstellung der modifizierten Starken werden aufgrund des hohen Feststoffgehaltes (im Wesentlichen ungeloste Starke) einem Hydrolysereaktor zugefuhrt. Nach erfolgter Hydrolyse gelangt der Ablauf dieser Stufe in den 2.000 m^ fassenden Versauerungsreaktor. Abb. 5.3.5-6 zeigt das FlieBschema der Abwasservorbehandlungsanlage. Die drei baugleichen ANAFLUX-Wirbelbettraktoren (Durchmesser 5 m, Hohe 16 m, V = 180 m^) werden mit einer Raumbelastung von B R - 2 5 bis 30 kg CSB/(m^-d) bezogen auf das aktive Volumen und BR^15 kg CSB/(m^'d), bezogen auf das Gesamtvolumen inklusive Abscheider betrieben. Der Anafluxreaktor besteht aus einem zylindrischen Tank, welcher ein anorganisches Tragermaterial enthalt, das durch die Aufstromgeschwindigkeit, hervorgerufen durch Zulauf und externer Rezirkulation, fluidisiert wird. Ein Dreiphasenabscheider zur Trennung von Biomasse, Biogas und Fltissigkeit ist im Reaktorkopf installiert. Die hohen Reaktorleistungen bis zu Bemessungsraumbelastungen von 35-70 kg CSB/(m^-d) je nach Abwasserart sind eine Folge der hohen Biomassenkonzentration von 30 bis 90 kg oTS/m^ Die Aufstromgeschwindigkeiten liegen zwischen 5 und 10 m/h. Als Tragermaterial dient Biolite, ein natiirliches, poroses, anorganisches Material mit einer Dichte nahe 2, welches mit einem Durchmesser von <500 |im und einer Ungleichformigkeitszahl <1,5 eingesetzt wird. Der Feststoffgehalt im Reaktorzulauf sollte kleiner 500 mg/1 betragen, da andemfalls die Leistungsfahigkeit beeintrachtigt wird. Die Anafluxreaktoren werden immer in Kombination mit einer getrennten Versauerungsstufe gebaut, die in einem pH-Bereich von 5,5 bis 6,8 betrieben werden. Diese Be-
412
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
triebsweise eriibrigt eine pH-Wert Reguliemng in den Wirbelbettreaktoren, da sich der pH-Wert dort selbstandig im neutralen Bereich stabilisiert.
Abb. 5.3.5-6. Verfahrensschema einer Anaerobanlage (Fliessbettreaktoren) zur Reinigung eines Maisstarkeabwassers (ATV 2002) Gute Erfahmngen wurden mit einem automatischen Prozesskontrollsystem zur Reaktorsteuerung gemacht. Hier wird der pH-Wert, die Biogasmengen und der Wasserstoffgehalt im Biogas gemessen. Hieraus errechnet ein Computer, ob die Zuflussmenge hemntergefahren, konstant belassen oder gesteigert werden karm und steuert dementsprechend die Zulaufpumpen. Nach Inbetriebnahme des 3. Reaktors konnten auch mit diesem System mit einer CSB-Raumbelastung (Bemessung) von 35 kg/(m^"d) irmerhalb von 10 Tagen CSB-Eliminationsleistungen von 75 % erreicht werden (Hoist et al. 1997). Der Tabelle 5.3.5-9 konnen Volumina und Belastungsdaten entnommen werden.
5.3 Beispiele ziir Behandlung von industriellen Abwassem
413
Um eine H2-S-Hemmung sowie Korrosion zu vermeiden, wird das Gas aus der Versauerung nicht, wie urspriinglich vorgesehen, zusammen mit dem Gas der Methanstufe genutzt, sondern separat liber Biofilter entsorgt. Tabelle 5.3.5-9. Volumina und Belastungsdaten der Betriebsklaranlage (Maisstarke-Abwasser) Volumen
Hydrolysebehalter Vorversauerungsbehalter Wirbelbettreaktoren
1.200 2.000 Vakt = 3-180 Vges = 3-330
tR
BR
[h]
[kg CSB/ (m^-d)]
-115 -24 -4,5 -7,2
-35 -17
T
pH-Wert [-]
28-45 37-39 35-38
5,8-6,5 5,5-6,5 6,7-7,3
GroBtechnisches Beispiel 3: Weizenstarkeabwasser (Teilfestbettreaktor) Die Weizenstarkefabrik Hermann Komer GmbH in Ibbenbtiren betreibt seit 1987/1988 eine anaerobe Anlage zur Biogasgewinnung als immissionsschutzrechtliche Nebenanlage, in der das gesamte anfallende Prozesswasser vorbehandelt wird. In der nachgeschalteten aeroben Reinigungsanlage wird das dabei anfallende Abwasser soweit nachbehandelt (Abb. 5.3.5-7), dass eine problemlose Einleitung in die kommunale Klaranlage moglich wird. Die anaerobe Stufe beinhaltet die Verfahrensstufen Vorversauerung, Methanisierung und Zwischenklarung. Die Verfahrensstufen der Energieerzeugung haben die in der Tabelle 5.3.5-10 aufgezeigten Kenndaten und Betriebswerte. Tabelle 5.3.5-10. Kenn- und Betriebswerte ftlr Biogasanlage der Weizenstarkefabrik Hermann Komer GmbH (ATV 2002) Einheit Volumen davon Festbett Flache Betriebstemperatur Verweilzeit Raumbelastung BRCSB
Oberflachenbeschickung qa
m^ m^ m^ °C d kg/(m^-d) mV(m2-h)
Versauerungs- Methanreaktor reaktor 400 2.270 900
Zwischenklarung 360 90
30 1 18
36 10 2,5-5,0 0,15
Die zurzeit genutzte Kapazitat der Biogasanlage liegt, bezogen auf die CSB-Fracht im verwendeten Prozesswasser und auf die Raumbelastung der Methanstufe, bei ca. 45 %. Die CSB-Raumbelastung kann gemaB Anlagenauslegung auf etwa 7 kg/(m^-d) angehoben werden. Versuche mit der
414
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Pilotanlage in den Jahren 1982-1984 zeigten, dass CSB-Raumbelastungen von 7-10 kg/(m^ d) moglich sind. Die Vorversauerung des Prozesswassers erfolgt in einem vertikal durchstromten geschlossenen Reaktor. Die Abluft aus dem Behalter wird zwecks Elimination von Geruchsstoffen in einem Kompostfilter behandelt. Die Methanisierung des vorversauerten Abwassers erfolgt in dem Teilfestbettmethanreaktor. Das 900 m^-Festbett vom Typ BioNet hat eine spezifische Oberflache von 150 mVm^ Die Umwalzung im Methanreaktor wird sichergestellt iiber ein Fallrohr mit auBenliegender Pumpe und Rohrleitung, in die die vorversauerte Fraktion beigemischt wird, wobei sich ein neutraler pH-Wert einstellt. Das Gemisch wird dann in den Methanreaktor am Boden tiber gelochte Rohre flachenmaBig eingespeist. Der Fiillstand im Methanreaktor bleibt wahrend des Betriebes konstant. Das im Methanreaktor gebildete Gasgemisch wird innerbetrieblich zur Erzeugung von Prozessdampfund Warmwasser genutzt. Der Ablauf aus dem Methanreaktor in das nachgeschaltete Zwischenklarbecken erfolgt iiber eine Kaskade mit Vakuumentgasung (70 mbar). Die Entgasung verbessert das Sedimentationsverhalten des Anaerobschlamms im Zwischenklarbecken. Der anaerobe Schlamm wird in den Methanreaktor zuriickgefiihrt. Der Ablauf aus dem Methanreaktor wird in das Zwischenklarbecken verdrangt. Die Tabelle 5.3.5-11 zeigt Ergebnisse tiber die Leistung der Biogasanlage ftir die Jahre 1988-2002. Beziighch der aktuellen Zusammensetzung des Produktionsabwassers wird auf die Tabelle 5.3.5-8 verweisen. Tabelle 5.3.5-11. Betriebsergebnisse einer Anaerobanlage (Anaerobstufe) in der Weizenstarkeindustrie seit 1988 (Komer 2003, Althoff 2000, Althoff 2003) 1 Parameter
|
Einhelt
19^
1990
1992
1994
1996
1998
2001
2(M)2
2,8 105 37 mQ 2^.i:co 925
2,7 ]m
27
2,1 B5
1,3 50
1,9 59
1<9 67
39.5CO 27 7 5 ]
325ffJ
31 300
26 400
33 7E0
23 SCO
24 GOO
19 250
30,350 23.800
1135
940
69D
700
TAi
715
1.3 49 34 160 I«300 700
39.5ro 315
32.5CC1
28.000
22.130
27.140
29.EW
325
344
350
354
3.05
2.91
342 279
2,17
2.53
3,24
12.9
11,2
10,4
10,2
107
9.12
0.6
0,57
0,41
0,52
0,52
0,55
] 640
•1 827
1 2m
1538
2 631
3 300
95,8
94,i
95,5
93,1
90.3
88,8
Prozes&abwasser Menge m^'tMehl spez CSB - Fracht kciCSB/tMehl mg / L CSB (Jahresmiltel) IS (J^hresmillel) rng / L mg / L N ges (Jahresmitte!)
1 Anaerobstufe mg / L 37.C03 CSS Zulauf d/a 317 Jahresbetnebs^age CSB - RaumbelasJunq kq/m'^"d 2,83 d/a 13;1 The or. Durchilusszeit Spez. Ga^bilfJurii::! m =^/Kg CSB &I D,43 mg / L 2 489 CSB Ablauf CSB-Wirkungsgrad S3<3 %
m
26.9CI]
33.400 350 2,78 10,4 0.6 3,71D 88,9
ID
f* 'I
a
t^
CD
-5
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
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tjFgl A
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415
Abb. 5.3.5-7. Verfahrensschema einer groBtechnischen Anlage (Teilfestbettreaktor) zur Vorbehandlung eines Weizenstarkeabwassers (Althoff 1995), (ATV 2000)
416
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Der Anaerobstufe nachgeschaltet ist eine aerobe Stufe, bestehend aus einem Hochlastkunststofftropfkorper mit Zwischenklarbecken liber deren Dimensionen und Reinigungsleistung ausfiihrlich in ATV (2000) und ATV (2002) berichtet wird. Die Betriebserfahmngen mit dieser Anlage seit mehr als 15 Jahren haben aber auch gezeigt, dass zuklinftig einer kontinuierlichen TS-Bilanzierung bei Festbett- und Teilfestbettreaktoren erhohte Aufmerksamkeit zukommen muss. Im o. g. Teilfestbettreaktor hatten sich liber etwa 10 Jahre in einigen Bereichen des Teilfestbettes Verstopfungen durch TS/oTS ergeben, die mittelbar auch dazu flihrten, dass sich in Teilbereichen groBere Gasblasen im Festbett bilden konnten, die einen so starken Auftrieb erzeugen konnen, dass ein unkontrollierbares Aufschwimmen des fixierten Festbettmaterials beobachtet wurde und dieses auch zu Schaden an den innenliegenden Reaktoreinbauten flihrte. Dieser nach ca. 12 Betriebsjahren beobachteten Problematik kann entgegengewirkt werden, wenn neben einer standig aktualisierten Feststoffbilanzierung liber die sich im Reaktor befindliche bzw. zunehmende Biomasse auch etwa ein- bis zweimal jahrlich die Moglichkeit der eigens daflir vorgesehenen, partiellen Gaseinpressung (z. B. mit erzeugtem Biogas oder CO2) zur Beseitigung von Verstopfungen genutzt wird.
Literatur A (1993) Anaerobtechnik, Handbuch der anaeroben Behandlung von Abwasser und Schlamm, Abschnitt 7.1.9. Starkeherstellung, ISBN 3-450-56410-1, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 1993 aAc (2002) Jahrestagung der aAc am 31. Januar 2002, Brilssel Abeling (1991) Anaerob-aerobe Behandlung von Kartoffelstarkeabwassem. Veroffentlichungen des Institutes fur Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universitat Hannover, Heft 80 (1991) S 99-115 Althoff (1995) Betriebserfahrungen mit einer Anaerob/Aerob-Betriebsklaranlage in der Weizenstarkeindustrie ATV-Seminar, IWU, Magdeburg 14.02.1995 Althoff (2003) Personliche Mitteilung 2003 ATV (1994) ATV-Arbeitsgruppe 7.2.4: Abwasser der Starke-Industrie, Arbeitsbericht. Korrespondenz Abwasser, 41 (1994) Heft 7, S 1147-1174 ATV (2000) ATV-Handbuch, Industrieabwasser Lebensmittelindustrie, 4. Auflage, 2000 ISBN 3-433-01467-1, Verlag Emst & Sohn, Berlin ATV (2002) Merkblatt ATV-DVWK-M 776 Abwasser der Starkeindustrie, Gewinnung nativer Starke, Herstellung von Starkeprodukten durch Hydrolyse und Modifikation, April 2002, ISBN 3-935669-91-7 Austermann-Haun (1998) Starkefabriken. ATV-Seminar „Abwasserbehandlung in der Ernahrungs- und Getrankeindustrie", IWU Magdeburg, 15.09.1998
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
417
Austemiann-Haun (2002) Praktische Erfahrungen und Hinweise fur Anaerobanlagen; ATV-Arbeitsbericht; KA, 2002 (49), Nr 12, S 1708-1714 De Baere (1999) Starch Policy in the European Community, Starch/Starke 51 (1999), pp 189-193 FSI (1994) Fachverband der Starke-Industrie e. V., Bonn, personliche Mitteilung 1999 FSI (2002) Fachverband der Starke-Industrie e.V., Bonn, Zahlen und Fakten zur Starke-Industrie, Ausgabe 2002 Hoist, et al (1997) Anaerobic fluidized beds: ten years of industrial experience. Wat. Sci. Tech. Vol 36, No 6-7, pp 415-422, 1997 Kroner (2003) Personliche Mitteilung 2003 Mudrack/Kunst (1982) Untersuchungen zum zweistufigen Betrieb von Reaktoren zur anaeroben Behandlung von Kohlenhydraten. Wasser/Abwasserforsch. 15, Nr. 6 (1982), S 277-287 Miiller (1997) Philipp Miiller: personHche Mitteilung der Philipp Miiller GmbH, Stuttgart, 1997 Rausch (2002) Front End to Backpipe, Membrane Technology in the Starch Processing Industry Starch/Starke 54 (2002) S 273-284 Seyfried/Rosenwinkel (1982) Abwasser der Starkeindustrie, Grundlage zur Erarbeitung der Mindestanforderungen nach § 7a (1) WHO. Forschungsbericht Nr. 10206 031/05 im Auftrag des Umweltbundesamtes (1982) Seyfried et al (1984) Seyfried, C.F., Mudrack, K., Kunst, S., Saake, M., Kroner, H., Witt, W. (1984): Untersuchungen zur anaeroben Reinigung des Abwassers der Starkeindustrie. AbschluBbericht zum BMFT-Forschungsvorhaben 02WA 236/237 Seyfried/Saake (1985) Starkefabriken, Starkezucker- und Starkesirupherstellung. Lehr- und Handbuch der Abwassertechnik, Bd. V, Ernst & Sohn, Verlag (1985)S 182-213 Wemicke/Mudrack (1981) Untersuchungen zum anaeroben Abbau von Starke und Pektin in Abhangigkeit von der Fermenter-Belastung, gwf Wasser Abwasser 122, Heft 1(1981) S 1 ff Witt (1991) Einsatz und Betriebsergebnisse der Anaerob/Aerob-Technik in der Starkeindustrie. Vortrag beim ATV-Seminar „Anaerobtechnik in der Abwasserbehandlung", 27.11.1991, BITZ, Bremen 5.3.6 Kartoffelveredelungsindustrie Kartoffeln v^erden als Futterkartoffel, als Industriekartoffel (Starkeproduktion, Brennereien, etc.) und als Speisekartoffeln verwendet. Im Wirtschaftsjahr 2002/2003 wurden in Deutschland erstmals mehr veredelte Kartoffelprodukte als frische Kartoffeln konsumiert. Der Pro-KopfVerzehr verarbeiteter Kartoffeln stieg um 2,7 auf 34,1 Kilogramm pro Jahr, wahrend der Absatz frischer Kartoffeln um 4,2 auf 34,1 Kilogramm pro Jahr sank (ZMP, 2004).
418
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Dieses Kapitel beschaftigt sich ausschlieBlich mit der Kartoffelveredelungsindustrie. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es ca. 70 Betriebe zur Herstellung von Lebensmitteln aus Kartoffeln. Die Bandbreite reicht dabei von Betrieben mit einer Verarbeitungsmenge von weniger als 10.000 Tonnen pro Jahr bis zu GroBbetrieben mit liber 100.000 Tonnen pro Jahr. Kartoffelveredelungsbetriebe sind keine Kampagnebetriebe. Abwasseranfall und Inhaltsstoffe Bei den kartoffelveredelnden Betrieben fallen neben dem Produktionsabwasser Ktihl-, Reinigungs- und Sanitarabwasser an. Das bei der Sterilisation der Produkte erforderliche Kiihlwasser ist aufgrund der indirekten Ktihlung unverschmutzt und wird meist im Kjreislauf mit einem Rtickktihler gefiihrt. Bei der Piiree- und Bratprodukteherstellung wird direkt gektihlt und das Wasser soweit wie hygienisch vertretbar im Kreislauf gefiihrt. Reinigungsabwasser fallt bei der taglichen/wochentlichen Reinigung der Apparate/Anlagen an. Besondere Beachtung ist auf Reinigungsabwasser bei der Bratprodukteherstellung (Bratpfannen und Gemchsbeseitigungsanlagen) zu legen, das mit lipophilen Stoffen in Konzentrationen von bis zu 3.000 mg/1 belastet sein kann (Scheffel, 1994). Da das Sanitarabwasser von untergeordneter Bedeutung ist und in seiner Zusammensetzung hauslichem Abwasser ahnelt, sollte es einem getrennten Entwasserungssystem zugefiihrt werden, auch damit eine Verwertung der abgetrennten absetzbaren Stoffe aus den anderen Abwasserstromen moglich bleibt. Das Produktionsabwasser fallt bei folgenden Verfahrensschritten an: • • • •
Schwemmen und Waschen Schalen/Nachschalen Schneiden je nach hergestellten Produkten: Blanchieren, Kochen, Abpressen, Sterilisation, sowie in Einzelfallen Kondensate und Trocknung
Das Produktionsabwasser aus der Kartoffelveredelung enthalt folgende Inhaltsstoffe: ungeloste Stoffe anorganisch: organisch:
Sand, Steine, Erde, Fremdkorper (z.B. Holz) Kartoffelschalen, Kartoffelteile (Abrieb, Schneidabfalle), native Starke
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
419
geloste Stoffe Zellinhaltsstoffe (Fruchtwasser): Zucker, Protein, Rohfett, Vitamine, organische Sauren verkleisterte Starke sowie Zusatzstoffe u.a. Sulfit, Phosphat. Ein wesentlicher Teil der organischen Belastung des Produktionsabwassers resultiert aus den absetzbaren Kartoffelstarkekomem. Die Notwendigkeit einer effektiven Abtrennung dieser Starkekorner zeigt sich darin, dass 1 g Starke einen Sauerstoffverbrauch (CSB bzw. BSB5) von 1.229 mg O2 bedingt. Die Zusammensetzung von Produktionsabwassem unterscheidet sich nicht nur sehr stark von Betrieb zu Betrieb, sondem unterliegt auch in einem Betrieb einem jahreszeitlichen Wandel und hangt stark vom Stand der innerbetrieblichen MaBnahmen ab. In der Tabelle 5.3.6-1 sind die spezifischen Abwassermengen und Konzentrationen den verschiedenen Verfahrensschritte der Kartoffelverarbeitung angegeben. Es zeigt sich, dass verglichen mit kommunalen Abwassem vergleichsweise hohe Konzentrationen vorliegen. Das CSB/BSBVerhaltnis betragt 1,6-2 und bestatigt damit die gute biologische Abbaubarkeit des Abwassers. Fiir einen biologischen Abbau enthalt das Abwasser in der Regel ausreichend Nahrsalze und Spurenelemente so dass meist auf eine Dosiemng dieser Stoffe verzichtet werden kann. Bei Betrieben mit einem hohen Anteil an Bratprodukten ist teilweise mit hohen Gehalten an lipophilen Stoffen im Abwasser zu rechnen. Werden bei der abendlichen Reinigung die Friteusen „abgekocht" kann dieser Abwasserstrom bis zu 15 % Fett enthalten. Problematisch sind in diesem Zusammenhang auch die hohen Temperaturspitzen zu bewerten, die zu einem Rticklosen bereits im Fettabscheider abgetrennter lipophiler Stoffe ftihren kann. Tabelle 5.3.6-1. Abwasseranfall und -belastung bei den Verfahrensschritten der Kartoffelverarbeitung (Rosenwinkel, Austermann-Haun, 1996) Verfahrensschritt
Sp. Abwassermenge
mm Waschen Mech. Schalen Dampfschalen Schneiden Blanchieren Dampfkochen Nassklosteigherstellung
0,3-0,5 0,8-1,5 0,2-0,3 <0,1 0,05-0,15 0,15-0,25 2-3
Abs. Stoffe g/1
4,5-8
CSB
BSB5
N
P
S/1
g/1
mg/1
mg/1
7-12
12-18 6-8 3,5-6
300-400
30-50
420
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Trockenkartoffelpiiree 1 Bratprodukte 1 Kartoffelchips
5-7 3-6 3,9
6-8 3,6-7,5 2-6
3-4 2-4 2-5 1-3,5
150-300 100-140 120-600 90-500
15-30 25-250 6-50
Abwasserbehandlung Unabhangig von der nachfolgenden Reinigungsstufe mussen die Abwasser der Kartoffelveredelungsindustrie zunachst immer einer mechanischen Reinigung unterzogen werden. Wahrend die Schwemm- und Waschwasserkreislaufe i.d.R. mit den Bauteilen Sandfang, Rechen und Absetzbecken ausgeriistet sind, erfolgt beim Produktionsabwasser zunachst eine Feststoffabscheidung mittels Siebanlagen (z.B. Bogensieben, Trommelsieben), Lamellen/Schragklarem oder Separatoren. Werden im Betrieb Braterzeugnisse hergesteUt, ist eine wirkungsvolle Fettabscheidung erforderhch. Da Fettabscheider aufgrund der gelegentlichen TemperaturstoBe und der niedrigen Stockpunkte der verwendeten Fette teilweise bereits zuriickgehahene Fette wieder freigeben, kommen stattdessen auch Flotationsanlagen zur Anwendung, die auBerdem eine deutliche Reduzierung der organischen Verschmutzung bewirken. Aufgrund der teilweise stark schwankenden Abwassermengen und Konzentrationen ist vor der biologischen Reinigungsstufe ein Misch- und Ausgleichsbecken zu empfehlen. Da Kartoffelabwasser sehr schnell versauert, ist das Misch- und Ausgleichsbecken neben einer guten Durchmischung mit einer ausreichenden Beltiftung zu versehen, wenn eine aerobe biologische Reinigung nachgeschaltet ist. So kann, in Verbindung mit einem anteiligen Dauerstau eine biologische Teilreinigung mit einem CSBWirkungsgrad von bis zu 50 % erreicht werden. Bei nachfolgender anaerober Reinigung erfolgt im Misch- und Ausgleichsbecken zusatzlich eine gewisse Vorversauerung des Abwassers. Die aerobe biologische Abwasserreinigung ist bei Kartoffelabwasser gut einsetzbar. Es existieren entsprechende groBtechnische Erfahrungen mit Belebungsverfahren, teilweise in Erdbeckenbauweise sowie mit Tropfkorpem. Einige ausgeftihrte Beispiele sind z.B. im ATV-Handbuch (ATV, 2000) beschrieben. Friih wurde erkannt, dass Abwasser aus kartoffelveredelnden Industrien sich besonders gut fiir anaerobe Abwasserbehandlungsverfahren eignet. Eine Zusammenstellung von Austermann-Haun (1997) belegt, dass bereits in den 1980er Jahren weltweit 27 groBtechnische Anaerobanlagen in dieser Industriebranche betrieben wurden. In Deutschland wurden bisher 10 groBtechnische Anaerobanlagen errichtet, die in der Tabelle 5.3.6-2 dargestellt sind.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
421
Tabelle 5.3.6-2. GroBtechnische Anaerobanlagen in der kartoffeiveredelnden Industrie in Deutschland Baujahr
Reaktortyp
Reaktorvolumen
1984 1987 1987 1989 1996 1996 1997 1997 1998 2001
anae. Belebung Ausschwemm UASB Festbett EGSB UASB EGSB UASB EGSB EGSB
720 720 478 1580 395 799 395 150 750 1570
J
CSB-Raumbelastung (kg/(m^-d) 5,6 1,9 2,5 21,0 10,1 21,0 12,5 14,7 21,1
1
Es zeigt sich, dass groBtechnische Erfahmngen mit alien bedeutenden Reaktortypen vorliegen. In den letzten Jahren wurden in dieser Industriebranche aber vor allem Schlammbettreaktoren (UASB und EGSB-Reaktoren) gebaut. In Schlammbettreaktoren wird die Biomasse in Form von Pellets im System gehalten. Um einen hohen Gehalt an Pellets im System zu halten, muss das dem Reaktor zugeftxhrte Abwasser folgendermaBen vorbehandelt werden: • • • •
weitgehende Reduktion der abfiltrierbaren Stoffe und der Fette anteilige Vorversauerung pH-Wert Einstellung durch teilweise Rezirkulation Gewahrleistung einer konstanten Beschickungsmenge
Da Anaerobreaktoren CSB-Wirkungsgrade von 70-90 % erreichen, aber nur in einem sehr geringen Umfang Stickstoff aus dem System entnehmen, ist in Hinsicht auf ein - fiir die Denitrifikation erforderliches - ausreichendes CSB/N-Verhaltnis ggf. der Wirkungsgrad zu begrenzen, bzw. nur ein Teilstrom des Abwassers anaerob zu behandeln. AuBerdem ist hervorzuheben, dass, um die Direkteinleitergrenzwerte nach Anhang 8 der Abwasserverordnung einzuhalten, immer eine aerobe Stufe nachgeschaltet werden muss. Dennoch belegen die Vielzahl der Anlagen, dass die in Kapitel 5.1 genannte Vorteile der anaerobe Vorbehandlung in dieser Industriebranche txberwiegend zum tragen kommen.
422
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Beispiel eines direkt einleitenden Betriebes mit einem anaeroben Festbettreaktor Dieses Beispiel beschreibt die mehrstufige Betriebsklaranlage eines Kartoffelchips herstellenden Betriebs. Das VerfahrensflieBbild sowie die Volumen der einzelnen Bauteile sind in Abbildung 5.3.6-1 dargestellt. Gasfackel I'l M
Puffertanks
'
Gasspeicher [ 200m3 j—<«
Ausgleichs - und Versduerungsreaktor
J
FestbettMethanreaktor
Zwischenkldrung
S c H a m m b e >X3 n d l u r-ig
Abb. 5.3.6-1. Verfahrensschema einer anaerob-aeroben Betriebsklaranlage zur Reinigung von Abwasser aus der Kartoffelchipsproduktion Bei der Konzeptionierung verfolgte man das Ziel, nach der innerbetrieblichen Sand- und Feststoffabscheidung und einer Siebstation ohne weitere VorbehandlungsmaBnahmen auszukommen, um die zu entsorgende Reststoffmenge zu reduzieren. Zudem verzichtete man auf eine pH-Wert Regu-
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
423
lierung. Diesen Einsparungen setzte man eine groBztigige Bemessung des Anaerobreaktors entgegen. Wahrend das Produktionsabwasser direkt in den Ausgleichs- und Versauemngsreaktor gelangt, wird das vorwiegend Freitags anfallende fetthaltige Reinigungswasser zunachst in Puffertanks gespeichert und dann konstant iiber die Woche zudosiert. Nach dem Ausgleichs- und Versauemngsreaktor gelangt das Abwasser in den Festbett-Methanreaktor, der bei einer durchschnittlichen Raumbelastung von ca. 1 kg CSB(m^-d) einen CSBWirkungsgrad von 90 % erreicht und dem aufgrund der niedrigen Belastung auch der aerobe Uberschussschlamm zugegeben wird. Es zeigte sich, dass auf eine Zwischenklarung verzichtet werden kann. Der daran anschieBende Kunststofftropfkorper dient iiberwiegend als Sicherheitsstufe und zur Abktihlung des Abwassers, bevor es in die Kaskadenbelebung mit anschlieBender Sandfiltration gelangt. Aufgrund der geforderten Denitrifikation muss etwa 25 % des Abwassers als Bypass direkt in die Denitrifikationsstufe eingeleitet werden. Die vorgestellte Anlage kann alle Einleitgrenzwerte sehr betriebsstabil einhalten und erreicht dabei CSB-Ablaufkonzentrationen von ca. 50 mg/1. Beispiel eines indirekt einleitenden Betriebes mit einem anaeroben EGSB-Reaktor Dieses Beispiel beschreibt die betriebseigene biologische Teilreinigungsanlage eines kartoffelverarbeitenden Betriebes, der ca. 70.000 Tonnen pro Jahr verarbeitet und eine breite Produktpalette mit Schwerpunkt in der Pommes-Frites-Produktion betreibt. Die im Jahr 1998 um eine anaerobe Stufe erweiterte Anlage ist in der Abbildung 5.3.6-2 dargestellt. Nach einer innerbetrieblichen Siebanlage und einem Fettabscheider gelangt das Abwasser in ein 3.600 m^ fassendes Misch- und Ausgleichsbecken, das als Versauerungsreaktor dient und im Wochenausgleich mit einer rechnerischen Aufenthaltszeit von ca. 2 Tagen betrieben wird. Von dort gelangt das Abwasser im freien Gefalle in einen Pumpenvorlagebehalter (Konditionierungsbehalter), wo es mit dem Recyclestrom (Ablauf Anaerobreaktor) vermischt wird und der pH-Wert und die Temperatur eingestellt werden. Danach flieBt das vorkonditionierte Abwasser mittels einer mit konstanter Drehzahl laufenden Kreiselpumpe kontinuierlich in den Anaerobreaktor, der einem Durchmesser von 9,0 m und ein Wasservolumen von ca. 750 m^ aufweist. Bei dem Anaerobreaktor handelt es sich um einen Biobed-Reaktor, der zu den EGSB-Reaktoren gehort und hier erstmalig in der kartoffelverarbeitenden Industrie eingesetzt wurde. Die besonderen Vorteile dieses Reaktortyps - verglichen mit den tiblichen Schlammbettreaktoren - bestehen darin, dass durch eine Optimierung der Dreiphasenabscheider
424
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
und eine erhohte Aufstromgeschwindigkeit ein auf das Gesamtvolumen bezogener erhohter Biomassengehalt und eine erhohte Biomassenaktivitat vorliegt, die entsprechend groBe Raumabbauleistungen ermoglichen. Weiterhin reagiert dieser Reaktortyp aufgrund der erhohten Aufstromgeschwindigkeit weniger empfindlich auf erhohte Gehalte an Feststoffen im Zulauf B H KW
L
3 Module
"^
K.ondensatabscheider
'
a b sc h e id e r
Heiskesselanlage U-l
*•
RTSl
Misch- und Ausgleichsbecken
Pumpenvorlage
BiobedReaktor
Parallelplattenabsch eider
Kommunale ""KA
ft. Pelletschlammspeicher
Voreindicker
Zentrilijge
Veraertung Landwirtschaft
(ohne Ablu-fbchandlunBli
Abb. 5.3.6-2. Verfahrensschema der anaeroben Vorbehandlungsanlage Das anaerob vorgereinigte Abwasser durchflieBt anschlieBend einen Parallelplattenabscheider, bevor es zur Nachreinigung der kommunalen Klaranlage zugeleitet wird. Der Betriebsergebnisse zeigen, dass dieser Reaktortyp sehr wirtschaftlich mit guten Ergebnissen in der kartoffelverarbeitenden Industrie eingesetzt werden kann. Die CSB-Raumbelastung wurde auf einen Wert von 14,7 kg CSB/(m^-d) ausgelegt und Hegt damit unter dem von dem Hersteller angegebenen Maximalwert von 20 kg CSB/(m^-d). Wahrend der CSBWirkungsgrad im Biobed-Reaktor im Mittel bei 75 % lag, konnte die gesamte betriebseigene Vorbehandlungsanlage einen CSB-Wirkungsgrad von liber 80 % erreichen. Die anfallende Biogasmenge wird in den vorhandenen Blockheizkraftwerken in Elektroenergie und Warmeenergie tiberfiihrt, wobei die elektrische Energie aufgrund des nur geringen Eigenbedarfs tiberwiegend ins Netz eingespeist werden kann und dabei eine gute Einnahmequelle darstellt. Wichtig ist jedoch auch bei diesem Reaktortyp eine wirkungsvolle
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
425
vorgeschaltete Fettabscheidung, die in diesem Betrieb gelegentlich ein Problem darstellte.
Literatur Adler G (1971) Kartoffel-Kartoffelerzeugnisse, Paul Parey Verlag ATV (1985) Lehr- und Handbuch der Abwassertechnik Band V. Ernst & Sohn Verlag, Berlin ATV-M 753 (1991) ATV-Merkblatt M 753 „Abwasser der Kartoffelveredelungsindustrie". GFA, St. Augustin ATV (2000) ATV-Handbuch Industrieabwasser Lebensmittelindustrie, Ernst & Sohn Verlag Berlin Austermann-Haun U, Seyfried CF (1992) Anaerobic-aerobic wastewater treatment plant of a potato chips factory. Water Science and Technology, vol 26, Nr 911, 1992, S 2065-2068 Austermann-Haun U (1994) Anaerobe Festbettreaktoren - GroBtechnische Erfahrungen. ATV-Seminar: „Einsatz von Festbettreaktoren", 24./25.11.1994, COM Dresden Austermann-Haun U (1995) Kartoffelverarbeitung. ATV-Seminar: „Abwasserbehandlung in der Emahmngs- und Getrankeindustrie", 02.11.1995, BITZ Bremen Austermann-Haun U (1997) Erfahrungen mit der Anaerobtechnik in der kartoffelverarbeitenden Industrie. ATV-Seminar fur die Abwasserpraxis: „Anaerobtechnik in der Abwasserbehandlung der Nahrungs-, Genuss- und Lebensmittelindustrie", TAE Esslingen, Ostfildem Nyns EJ (1994) Anaerobic wastewater treatment of the potato chips factory convent at Frankenthal. Case Study N°9 Heiss R (1996) Lebensmitteltechnologie, 5. Aufl, Springer Verlag Rosenwinkel KH (1996) Vorbehandlung von Industrieabwasser in Verbindung mit kommunalen Klaranlagen - Gesamtkonzepte und der Verbleib der schwer abbaubaren Stoffe - Vortrag auf dem Symposium „Umweltbelastung durch Umweltschutz - Energie- und Reststoffproblematik", FIW Aachen, 28./ 29.02.1996 Rosenwinkel KH, Austermann-Haun U (1996) Abwasserreinigung in der Gemtiseund Kartoffelveredelungsindustrie. awt -abwassertechnik, Heft 3, 1996, S 1521 Rosenwinkel KH, Austermann-Haun U (1997) :Abwasserreinigung in der Gemiise- und Kartoffelveredelungsindustrie, ATV-Seminar: „Abwasserbehandlung in der Emahrungs- und Getrankeindustrie" Scheffel W (1994) Kartoffelverarbeitung. ATV-Seminar: „Abwasserbehandlung in der Emahrungs- und Getrankeindustrie", 20.10.1994, ZAWA Essen ZMP (2004) Zentrale Markt -und Preisberichtsstelle fiir Erzeugnisse der Land-, Forst- und Ernahrungswirtschaft GmbH, http://www.zmp.de/
426
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
5.3.7 Pektinfabriken 5.3.7.1 Allgemeines Die Zahl der Pektinfabriken ist mit europaweit etwa einer Anlage je Land sehr gering. In Deutschland gibt es vier Pektinfabriken und zwar in GroBenbrode (Schleswig-Holstein), in Malchin (Mecklenburg-Vorpommem), in Werder bei Potsdam (Brandenburg) und in Neuenbiirg (Wiirttemberg). Pektin, ein Geliermittel, wird durch Extraktion aus Pflanzen gewonnen. Basismaterial sind tiblicherweise Zitrusschnitzel oder Apfeltrester. Forschungen zur Gewinnung von Pektin aus Zwiebelabfallen, dem Presskuchen der Olivenolgewinnung und Zuckerriibenschnitzeln laufen (EndreB 2000). Das Handelspektin (Trockenpektin) wird als Lebensmittelzusatzstoff verwendet und kommt aufgrund seiner Eigenschaften wie GeUervermogen, stabilisierende und viskositatserhohende Wirkung sowie Stabilitat und relative Hitzebestandigkeit in saurem MiHeu in einer Vielzahl von Produkten zum Einsatz; hier sind als Beispiele zu nennen: Speiseeis, Tomatenketchup, Barbecuesaucen, Gelierzucker, Konfittiren, Tortenguss, Gotterspeise, Fruchtzubereitungen fiir Joghurt und Dickmilch, FruchtsoBen, SiiBwaren, Fruchtgetrank-Konzentrate, Fruchtsaft sowie fliissige pharmazeutische Praparate. Hinsichtlich der Eigenschaften gibt es zwischen Pektinen, die aus Zitrus- oder Apfeltrestem hergestellt werden, keine gmndsatzlichen Unterschiede. Die Qualitat der Handelspektine wird im Wesentlichen durch den Herstellungsprozess bestimmt (CP Kelco Germany). Die Herstellung von handelstiblichem Rein-Pektin gliedert sich in folgende Haupt-Prozessstufen (s. Abb.5.3.7-1) (CP Kelco Germany): • Hydrolyse und Extraktion aus dem Pflanzenmaterial, • Trennung und Reinigung des fltissigen Extraktes, • Weitergehende Entesterung (bei der Herstellung niederveresterten Pektins), • Isolierung des Pektins aus der Losung, • Trocknung, Mahlung und Homogenisierung des Rein-Pektins. Die als Rohstoff verwendeten getrockneten Zitronenschalen werden mit heissem Wasser unter Zusatz von Mineralsaure (Salpetersaure) extrahiert. Das im so gewonnenen Extrakt vorhandene Pektin wird mit Alkohol ausgefallt, mehrmals gewaschen, entwassert und getrocknet. Der verwendete Alkohol wird mittels einer Rektifikationsanlage zuriickgewonnen und dem Prozess emeut zugeftihrt (WeiB 1997). In Abb. 5.3.7-1 sind die Schemata der Herstellungsprozesse unterschiedlich veresterter Pektine dargestellt (LMC-Pektin =^ niederverestertes Pektin; HM-Pektin = hochverestertes
5.3 Beispiele zur Behandkmg von industriellen Abwassem
427
Pektin; es handelt sich um Pektine mit unterschiedlichen Eigenschaften), wie sie parallel in einem Betrieb zur Anwendung kommen. Abhangig von dem Ausgangsprodukt, der FirmengroBe und dem Produktionsverfahren sind der spezifische Abwasseranfall und die Abwasserbelastung sehr unterschiedlich. Veroffentlichungen liber Menge und Belastung von Abwasser, welches aus der Verwendung von Apfeltrester resultiert, liegen nicht vor. Daten liber den spezifischen Abwasseranfall gibt es nur von einer mexikanischen Pektinfabrik, die Zitronenschalen als Rohstoff verwendet, die als Nebenprodukt bei der Gewinnung atherischer Ole anfallen. Der Abwasseranfall wird mit 550 mVt Pektin angegeben (Perez-Zamora 2002). Dieser Zahlenwert ist nicht auf deutsche Verhaltnisse libertragbar. Der im Betrieb anfallende Abwasserstrom einer Pektinfabrik mit getrockneten Zitrusschnitzel als Rohstoff setzt sich wie folgt zusammen: • ca. 75 % Sumpfwasser der Rektifikation, • ca. 20 % Splilwasser aus der Fabrik, • ca. 5 % Kesselschlammwasser (WeiB 1997). Das Abwasser einer Pektinfabrik, die getrocknete Zitmsschalen als Ausgangsprodukt genutzt, ist charakterisiert durch cine verhaltnismaBig hohe organische Belastung, hohe Nitratkonzentrationen durch die Verwendung von Salpetersaure und schwankende pH-Werte. Weder die Produktion, noch der Abwasseranfall oder die Abwasserbelastung unterliegen jahreszeitlichen Schwankungen. Die Abwasserzusammensetzung und die Abwasserbelastung unterliegen jedoch erheblichen Unterschieden und Schwankungen, da sie abhangig sind vom Ausgangsprodukt (Zitronen-, Orangen-, Grapefruitschalen oder Apfeltrester), von Herkunft, Reifegrad und Behandlung des Ausgangsproduktes, vom Produktionsverfahren als auch von der Art des hergestellten Pektins, das durch Verifikation der Gelierkraft und der Geliergeschwindigkeit auf den speziellen Einsatzfall abgestimmt werden muss. Einen Uberblick liber die Abwasserzusammensetzung zweier Fabriken liefert exemplarisch Tabelle 5.3.7-1. Die Zahlenwerte zeigen die hohe organische Belastung, hohe Nitratgehalte, die aus der Verwendung von Salpetersaure als Extraktionsmittel resultieren sowie stark schwankende pHWerte. Bei den im Abwasser enthaltenen Feststoffen handelt es sich im Wesentlichen um Perlite, welche als Filtriermittel eingesetzt werden (Bode 1985).
428
5 Anaerobe Abwasserbehandlung Rohstoff
Wasser Saure
^
Extraktion
Dampf
T piitr
^i
Viehfutter
Abb. 5.3.7-1. FlieBschema der Herstellung nieder- und hochveresterten Pektins (WeiB 1997) Aufgrund der hohen organischen Belastung von Abwasser der Pektinindustrie, welche getrocknete Zitrusschnitzel als Ausgangsmaterial einsetzen, bietet sich in der Kegel eine anaerobe Vorbehandlung an. Der Anaerobstufe mtissen zur Sicherstellung eines stabilen Anlagenbetriebes folgende Verfahrensschritte vorgeschaltet werden: • Neutralisation zum Ausgleich der starken pH-Wert-Schwankungen, • Denitrifikation zur Elimination des Nitrates (ca. 2.000 g/L NO3-N).
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
429
Tabelle 5.3.7-1. Abwasserkennwerte von Pektinabwassern
1 Quelle 1 Parameter Einheit CSB BSB5 Nges NO3-N PO4-P pH-Wert Ca Mg Na TS
mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L g/L
Weifi 1997
Weifi 2003
August-Oktober 1997 min./max./Mittel 14.065/20.370/0 17.352 3.350/7.378/0 4.287 1.910/2.523/0 2.214 1.020/2.770/0 1.970 0 39 2,2/12,0/06,5
Januar 2003 Mittel 19.089 9.629
1,03/1,27/0 1,13
0,42
2.256
PerezZamora 2002 Junil997 Mittel
6.793 891 5,22-6,64* 386 90 804
* nach erfolgter Neutralisation Die Abwasser der in Malchin neu errichteten Pektinfabrik werden in der Aerobstufe der kommunalen Klaranlage von Stavenhagen mitbehandelt. Ansonsten verfiigen die in der Literatur beschriebenen Pektinfabriken tiber eine anaerobe Vorbehandlung mit einem anaeroben Belebungsverfahren als Methanstufe. Die CSB-Raumbelastungen der Methanreaktoren Hegen libereinstimmend bei etwa 3 kg CSB/(m^-d). 5.3,7.2 Beispiel Pektinfabrik in GroRenbrode, Deutsctiland Die existierenden Veroffentlichungen (iber Pektinabwasser beziehen sich im Wesentlichen auf eine Pektinfabrik in GroBenbrode, da hier umfangreiche Forschungsarbeit geleistet wurde und wird (WeiB 1997, Sixt 1979, Mudrack und Wemecke 1981, Kunst 1982, Seyfried und Saake 1984, Bode 1985, Seyfried 1985, Sixt 1985, Bode et al 1987, Austermann-Haun 1993, 1995, 2000, Austermann-Haun und Seyfried 1994). Bode (1985) erforschte die Hochlastdenitrifikation des Rohabwassers. Untersucht wurden: • • • • •
Einfluss verschiedener Betriebstemperaturen, Abhangigkeit zwischen pH-Wert und Denitrifikationsgeschwindigkeit, Reaktionskoeffizienten und Auslegungsparameter, Menge und Art des entstehenden Uberschussschlammes und geeignetste Reaktorbauart (Festbettreaktor, Ausschwemmreaktor, anoxisches Belebungsverfahren).
Im Rahmen seiner Untersuchungen variierte er die Temperatur zwischen 30 und 83 °C, den pH-Wert zwischen 5,5 und 7,7; die theoretische Durch-
430
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
flusszeit zwischen 0,5 und 15 Stunden, die Nitrat-Raumbelastung zwischen 2,3 und 84,5 kg N03-N/(m^-d). Die Abwassersituation stellte sich wahrend der Versuche wie folgt dar: CSB 11.200 bis 14.900 mg/L, BSB5 7.000 bis 9.400 mg/L; NO3-N 1.200 bis 2.700 mg/L; pH-Wert 1-2; Temperatur 65 °C. Line Auswahl wesentlicher Ergebnisse sei hier vorgestellt. • pH-Wert: Zu einer vollstandigen Denitrifikation kam es nur bei pHWerten iiber 7 (Abb. 5.3.7-2). • Temperatureinfluss: Bis zu einer Temperatur von 62 °C kam es zu einer vollstandigen Denitrifikation. Eine Temperatur zwischen 62 und 72 °C fiihrte zu einer Beeintrachtigung der Denitrifikationsleistung; ab einer Temperatur tiber 82 °C kam die Denitrifikation zum Erliegen. • Schlammcharakteristik: Die Flockenbildung war im mesophilen Temperaturbereich wesentlich besser als im thermophilen. • Reaktor system: GroBe Probleme bereiteten die Verstopfung des Festbettreaktors, sodass sich herausstellte, dass ein Festbettreaktor ftir eine Hochlastdenitrifikation nicht geeignet ist. Die hochste Betriebssicherheit zeigte sich beim anoxischen Belebungsverfahren. Eine vollstandige Denitrifikation wurde unter Verwendung des anoxischen Belebungsverfahrens bei Raumbelastungen bis zu 19 kg NOx-N/(m^-d), bei Schlammkonzentrationen zwischen 8 und 15 g/L und unter thermophilen Bedingungen erreicht. ^ NO3-N (%i 100.
8.0
PHR
Abb. 5.3.7-2. Abhangigkeit zwischen NOx-N-Elimination und pH-Wert im Reaktor bei unterschiedhchen Betriebstemperaturen (Bode 1985)
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
431
Die Betriebsklaranlage hat sich in mehreren Ausbaustufen zeitlich wie folgt entwickelt, wobei jeweils die Jahre der Inbetriebnahme genannt sind: 1982: Zweistufige Neutralisationsanlage mit einem Gesamtvolumen von 25 m^ und einer anaeroben Abwasservorbehandlung bestehend aus einer anaeroben Belebungsanlage, ausgelegt fiir eine Tageswassermenge von 792 mVd bei 24-stundigem Betrieb, bestehend aus Methanreaktor (V=3.500 m^), Vakuumentgasung und Absetzbecken (V=480 m^; A=175m^). 1986: Denitrifikationsstufe vor der Anaerobstufe wegen instabilen Betriebs der Anaerobstufe durch Wechsel zwischen Denitrifikation und Ammonifikation. Denitrifikation bestehend aus zwei in Reihe geschalteter Denitrifikationsbecken (V=120 m^ und 80 m^) mit einem Absetzbecken (V=165 m^, A=64 m^) welches mit einem Boden- und einem Oberflachenraumer ausgestattet ist, da ein Teil des Denitrifikationsschlammes sedimentiert und ein anderer Teil flotiert. Aerobstufe bestehend aus vier in Reihe geschalteter Belebungsbecken mit einem Volumen von je 1.100 m^ und einer Nachklarung (V=290 m^ A=95 m^). Das erste Becken wird als vorgeschaltetes Denitrifikationsbecken betrieben. 1992: Probebetrieb eines kontinuierlich gesptilten Sandfilters (A=5 m^) im Ablauf der Nachklarung. 1998: Inbetriebnahme eines zweiten kontinuierlich gesptilten Sandfilters, einer erweiterten Denitrifikation (840 m^) sowie einer Simultanfallung. Femer ging ein 500 m^ Misch- und Ausgleichsbecken in Betrieb mit dem Ziel, hierdurch erhebliche Mengen an Neutralisationsmitteln einzusparen. 2001: Erweiterung der Denitrifikationsstufe vor der Anaerobanlage; neuer Tank mit V=900 m^ Der heutige Aufbau der Betriebsklaranlage ist Abb. 5.3.7-3 zu entnehmen. Belastungs- und Betriebsdaten der Hochlastdenitrifikation im Ausbauzustand des Jahres 1994 und 2003 nach erfolgter Erweiterung sind Tabelle 5.3.7-2 zu entnehmen. Die im Sedimentationsbecken abgetrennte Biomasse wird in den ersten Denitrifikationstank zurlickgeftihrt. Die Denitrifikation arbeitet aufgrund des exothermen Prozesses mit Betriebstemperaturen zwischen 43 und 55 °C bei einer Abwasserzulauftemperatur von 30 °C. Um die Temperatur im Methanreaktor nicht zu tiberschreiten, kann ein Vakuumktihler bei Bedarf im Nebenstrom betrieben werden.
432
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Tabelle 5.3.7-2. Belastungs- und Betriebsdaten einer groBtechnischen Hochlastdenitrifikationsstufe (Monatsmittelwerte Januar 2003) Parameter Denitrifikationsvolumen Zulauf: CSB NO3-N CSB-Tagesfracht 1 NOs-N-Tagesfracht 1 N03-N-Raumbelastung TS-Gehalt 1 NOa-N-Schlammbelastung N-Elimination Ablauf: CSB NO3-N
1
NH4-N
Einheit m^ mg/L mg/L kg CSB/d kg N03-N/d kg N03-N/(m3 • d)
g/L kg N03-N/(kg TS • d)
% mg/L mg/L mg/L
1994 240 18.770 2.200 1L600 L378 5,74 11,6 0,49 80 10.285 20 403
2003
1
900 19.089 2.256 13.970 1.651 1,83 5,3 0,35 97,2 7.156 < 0,23
62,11
1
Die Erweiterung der Denitrifikationsstufe ftihrt dazu, dass die Nitratgehalte im Ablauf immer unter der Nachweisgrenze liegen. Zudem sind die Ammoniumkonzentrationen deutlich reduziert und die CSB-Elimination von urspriinglich 45 % auf nunmehr 62,5 % durch den Kohlenstoffbedarf ftir die Denitrifikation gestiegen. Beachtenswert ist ferner, dass der Gehalt an Ammonium-Stickstoff gegeniiber dem Zulauf gestiegen ist. Dieser Effekt ist auf die teilweise stattfindende Ammonifikation des NitratStickstoffs zuruckzufiihren, eine Beobachtung, die bereits von (Bode 1985) gemacht wurde. In der Methanstufe werden bei diesen geringen Belastungen weitere 80 % bzw. heute aufgrund geringerer Zulauffrachten 68 % des CSB abgebaut, wie Tabelle 5.3.7-3 zeigt, in der exemplarisch die Messdaten der Monate Oktober 1994 und Januar 2003 ausgewertet sind. Bei dieser Belastungssituation und den Ablaufwerten der Anaerobstufe ist es erforderlich, einen Teilstrom vom Ablauf der Denitrifikationsstufe als Bypass, um die Anaerobstufe herum, direkt in das Denitrifikationsbecken der Aerobstufe zu leiten.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
433
Qmax = 792 m^/d Misch-und Ausgieichsbeha iter 40-60%iger Dauerstau Neutralisation
Hochlastdenitrifikation
900 rrf
Anaerobes Belebungsverfahren
Aerobstufe mit vorgeschalteter Denitrifikation und Simultanfailung
Kontinuieriich gespijlte Filter mit Nachfailung 2 x 5 m^ 5 mg/L 150mg/L ss = QOmgL CSB = 600 mg/L 2 GF = Pges
Uberwachungswerte
=
'^anorg~
Abb. 5.3.7-3. Verfahrensschema der anaeroben-aeroben Betriebsklaranlage in GroBenbrode, Stand 2003 Auf einige Besonderheiten der Betriebsklaranlage, die sich durch die ungewohnliche Abwassersituation ergeben, sei gesondert hingewiesen: • Zunachst war beabsichtigt, den pH-Wert zweistufig mit Kalkmilch und Natronlauge anzuheben; in der Praxis erwies sich dies jedoch wegen Kalkausfallungen als zu problematisch, so dass nach wenigen Monaten Betriebszeit auf die Verwendung von Natronlauge und Soda zuruckgegriff en wurde.
434
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
• Der Ablauf der Betriebsklaranlage ist klar aber dunkelbraun gefarbt. Untersuchungen zur Ursache fur diese Farbung und deren Elimination ergaben (Kennwerte des untersuchten Klaranlagenablaufes CSB 488 mg/L; BSBs 3,4 mg/L; Huminstoffe 876 mg/L; Proteine 446 mg/L, Gesamtzucker 93 mg/L), dass das Abwasser keinen biologisch abbaubaren CSB mehr enthalt, was aus dem Verhaltnis von CSB/BSB5 von 144:1 hervorgeht. Der Anteil an Huminstoffen am CSB ist sehr hoch, was die Ursache ftir die starke Farbung ist. Die ebenfalls sehr hohen Werte an Proteinen und Gesamtzuckem zeigen, dass die hier gemessenen Proteine und Zucker ebenfalls als refraktare Substanzen vorliegen (Kunst und Gerhardy, 1997). Verfahren zur Elimination der Huminstoffe und des damit verbundenen Rest-CSB sind derzeit nicht wirtschaftlich einsetzbar. • Der auf 36 % TS entwasserte Klarschlamm wird landwirtschaftlich verwertet. • Die Betriebskosten beliefen sich 1997 auf 8-10 DM/m^ gereinigten Abwassers (WeiB 1997). Tabelle 5.3.7-3. Belastungs- und Betriebsdaten des Methanreaktors Parameter Zulauf: CSB CSB-Tagesfracht CSB-Raumbelastung TS-Gehalt oTS-Gehalt CSB-Schlammbelastxing CSB-Elimination pH-Wert Ablauf: CSB BSB5 X org. Sauren NO3-N NH4-N
Einheit mg/L kg CSB/d kg CSB/(m3 • d)
g/L g/L kg CSB/(kg oTS • d)
% ~ mg/L mg/L mg/L mg/L mg/L
Okt. 1994 10.285 6.356 1,8 31,8 10,0 0,18 80 8,2 2.000 550 350 20 403
Jan. 2003 7.156 5.237 1,5 16,5 7,6 0,20 68 8,2 2.296 649
~ < 0,23 334
5,3,7.3 Beispiel Pektinfabrik in Kopenhagen, Danemark (Nyns 1986) Hergestellt werden Pektin aus Zitrusschalen und Carragenan aus Algen. Die Inbetriebnahme der betriebseigenen Klaranlage erfolgte 1969, es folgten Erweiterungen in den Jahren 1974 und 1984. Der Aufbau der Anlage sah bis in die 1990er Jahre wie folgt aus: • Anhebung des pH-Wertes im Rohabwasser mit Ca(0H)2 auf pH 4,5.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
435
• Zwei Tanks a 200 m^ zum Mengen- und Konzentrationsausgleich; danach betrug die sttindliche Abwassermenge ca. 100 mVh. • Anaerobstufe bestehend aus vier Reaktoren mit einem Gesamtvolumen von 7.970 m^ von denen ein Reaktor (V=1.470 m^) den drei anderen parallel betriebenen vorgeschaltet ist. Die Schlammmckfuhmng erfolgt in alle Reaktoren. • 1.090 m^ Belebungsbecken mit Oberflachenbeltiftem und SauerstoffBegasung. Die Klaranlage wurde in den 1990er Jahren erweitert.
5.3.7.4 Beispiel Pektinfabrik in Redon (lle-et-Vilaine), Frankreich Die Inbetriebnahme der anaeroben Belebungsanlage erfolgte 1979. Die Betriebsklaranlage war zu diesem Zeitpunkt wie folgt aufgebaut (Nyns 1986): • 300 m^ Mischbehalter zur Neutralisation • 150 m^ Denitrifikationsbecken (NO3-N0 = 2-3 g/L) • 3.000 m^ Methanreaktor ( B R = 3 , 5 kg CSB/(m2-d), tR=4,8 d, CO,CSB= 17.000 mg/L, Ce,csB=^2.500 mg/L) • Lagunenlagemng des anaerob vorbehandelten Abwassers. Es wird von Ausfallungsproblemen in Rohrleitungen aufgrund hoher Alkalitat berichtet.
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436
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
EndreB H-U (2000) Gehobene Qualitat durch Produkt-Integrierten Umweltschutz - PIUS. Fruit Processing, H. 7, http://www.herbstreith-fox.de/pdf/pres2_d.pdf Kunst S (1982) Untersuchungen zum anaeroben Abbau polymerer Kohlenhydrate zur Optimierung der Versauerungsstufe bei anaeroben Abwasserreinigungsverfahren. Veroffentlichungen des Instituts ftir Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universitat Hannover, Heft 54 Kunst S, Gerhardy K (1997) Untersuchungen zur Entstehung des Rest-CSB im Ablauf der Betriebsklaranlage der Fa. Pomosin. Gutachten des Instituts fur Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universitat Hannover, unveroffentHcht Mudrack K, Wemecke S (1981) Untersuchungen zum anaeroben Abbau von Starke und Pektin in Abhangigkeit von der Fermenterbelastung. Das Gas- und Wasserfach,Heft 1: 1-9 Nyns E J, Demuynck M (1986) Compendium "Biogas plants in Europe - a practical handbook" Bd. I-III, Solar Energy R+D in the European Community Publication EUR 9096 Perez-Zamora O (2002) Effect of industrial waste water application on the physical and chemical properties of soil. Ensayo en Agrociencia 36: S 279-290 (www.colpos.mx/agrocien/bimestral/2002/may-jun/art-2.pdf) Pomosin GmbH (1994) Pektin. Informationsbroschiire der Pomosin GmbH, GroBenbrode Seyfried C F (1985) Die biologische Behandlung schwieriger Industrieabwasser Beispiele aus Forschung und Praxis. Korrespondenz Abwasser (32), H. 11: S 932-939 Seyfried C F, Saake M (1984) Anaerobe Abwasserbehandlung eines Pektinabwassers - Erfahrungen mit dem Betrieb einer GroBanlage. ATV-Fortbildungskurs D/4 Sixt H (1979) Reinigung organisch hochverschmutzter Abwasser mit dem anaeroben Belebungsverfahren am Beispiel von Abwassem der Nahrungsmittelherstellung. Veroffentlichungen des Instituts ftlr Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universitat Hannover, Heft 50 Sixt H (1985) Pektinfabriken. In: Lehr- und Handbuch der Abwassertechnik, Bd. V, Verlag Ernst & Sohn, Berlin: S 214-219 WeiB U (1997) Personliche Mitteilung, Abteilungsleiter Produktion, Pomosin GmbH, GroBenbrode WeiB U (1997) Betriebserfahrungen mit einer Anaerob-Aerob-Betriebsklaranlage in der Pektinindustrie. ATV-Seminar "Anaerobtechnik in der Abwasserbehandlung der Nahrungs-, Genuss- und Lebensmittelindustrie", 2.12.1997, TAE, Ostfildern
5.3.8 Zuckerindustrie In Deutschland betrug der Pro-Kopf-Verbrauch von Zucker im Jahr 2002 36,4 kg, wobei der groBte Teil von der Emahrungsindustrie und hier vor allem von den Herstellern von SiiBwaren und Getranken abgenommen
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
437
wird, so dass der direkte Bezug als Haushaltszucker lediglich ca. 16,4 % betragt. Wahrend weltweit die Gewinnung aus dem Zuckerrohr tiberwiegt, wird in Europa der Zucker (Saccharose) aus der Zuckerriibe gewonnen, die neben 73-76,5 % Wasser und anderen Stoffen ca. 14-20 % Saccharose enthalt. Auch in den letzen Jahren hat der Konzentrierungsprozess weiter zugenommen, so dass heute in Deutschland (Stand 2003) noch 27 Zuckerfabriken existieren (von 43 Anlagen im Jahre 1993). Dem steht jedoch eine hohere Verarbeitungsmenge pro Fabrik gegeniiber, die heute im Durchschnitt ca. 10.000 t Ruben pro Tag betragt, wahrend 1993 im Mittel 7.270 t pro Tag umgesetzt wurden. Zuckerfabriken sind Kampagnebetriebe, die tiblicherweise von Ende September bis Mitte Dezember betrieben werden (Verein der Zuckerindustrie 2004). Produktionsverfahren Die angelieferten Rtiben werden zunachst nass oder trocken abgeladen und zur Reinigungsstufe transportiert. Nach der Separation von Steine, Erde und Rtibenkraut in einer Waschanlage gelangen sie in den Betrieb. In Schneidmaschinen werden dann Rtibenschnitzel hergestellt, die in einer Gegenstrom-Schnitzelmaische bei Temperaturen von ca. 70 °C gebriiht werden. Von dort gelangen die Schnitzel in den Extraktionsturm, in dem der Zucker im Gegenstrom aus den Schnitzeln herausgelost wird. Wahrend die Schnitzel der Entwasserung zugeftihrt werden, wird der Extraktionssaft (Rohsaft) in der nachsten Verfahrensstufe, der Saftreinigung, weitgehend von Nichtzuckerstoffen (Pektin, Proteine, Sauren, etc,) befreit. Dazu wird in der Fabrik Kalkstein mit Koks im Kalkofen gebrannt und mit Wasser geloscht, um dann als Kalkmilch zur Alkalisierung und Reinigung des Rohsafts eingesetzt zu werden. Dem so entstandenen Dtinnsaft wird dann in mehreren hintereinander geschalteten Verdampfungsapparaten solange Wasser (das so genannte Kondensat) entzogen, bis er als dickfliissiger Sirup einen Feststoffgehalt von ca. 70 % aufweist. Dieser Dicksaft wird in einem Verdampfungskristallisator (Kochstation) unter vermindertem Druck so weit eingedickt, bis sich ein bestimmtes Ubersattigungsverhaltnis einstellt. Durch Zusatz von Kristallisat setzt dann die Kristallisation ein. Da fur die der Kristallisation folgende Abtrennung des Zuckers in Zentrifugen die FlieBfahigkeit erhalten bleiben muss, darf der Kristallgehalt einen bestimmten Grenzwert nicht tiberschreiten. Aus diesem Grunde kann der Zucker nur durch mehrstufige Prozesse weitgehend gewonnen werden. Dazu wird der Ablauf nach der Zentrifugation der ersten Kristallisation einem weiteren Verdampfungskristallisator zugeftihrt. Der Ablauf der letzten Kristallisationsstufe nach der Zentrifugation stellt die Melasse dar. Der verminderte Druck in den Verdampfungskristallisatoren wird durch barometrische Kondensation (Niederschlag durch kaltes Wasser) der anfallen-
438
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
den Brtiden im Fallwasserkreislauf erreicht. Neben Zucker als Hauptprodukt fallen in einer Zuckerfabrik als Nebenprodukte Melasse, Trockenschnitzel und Carbokalk an. Abwasseranfall und Inhaltsstoffe Obwohl ftir die Verarbeitung von einer Tonne Ruben insgesamt bis zu 17 m^ Wasser erforderlich sind, ist heute durch Verwendung des in den Riiben enthaltenden Wassers (ca. 0,75 mVt Rtiben) sowie einer weitestgehenden Kreislaufeinengung, der Frischwasserbezug soweit minimiert, dass insgesamt lediglich ca. 0,6 m^ Abwasser pro Tonne Rtiben anfallen. In der Abbildung 5.3.8-1 sind die Wasserkreislaufe in der Zuckerfabrik dargestellt. Verdampfung
Kondensat
Waschwasser
n Rubenwasche
Fall wasser Rubentransport Schwemmwasser Kristallisation
^
Sedimentation^
Nitrifikation
n Auflandebecken
Hydroiyse
Abb. 5.3.8-1. Wasserkreislaufe in der Zuckerfabrik (ATV 2000) Das bei der Safteindickung in den Verdampfungsapparaten anfallende Kondensat sowie das bei der Kristallisation (Kochstation) in den Fallwasserkreislauf tiberfiihrte Kondensat wird tiberwiegend zur Aufftillung der Wasch- und Schwemmwasserkreislaufe genutzt. Lediglich das tiberschtissige Kondensat (ca. 0,3 mVt Rtiben) ist als Abwasser zu behandeln. Die Belastung dieses Wassers ist gekennzeichnet durch Ammonium, organische Substanzen in geringen Konzentrationen sowie Warme. Die Konzentrationen der wichtigsten Inhaltsstoffe sind in der Tabelle 5.3.8-1 aufgeftihrt.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
439
Tabelle 5.3.8-1. Spezifische Abwassermengen sowie die Konzentrationen der wichtigsten Parameter Anfall PH ICSB N, anorganisch 1 Calcium
mV(t Rliben) g/i g/i g/i
Kondensat 0,3 8,5-9,5 0,2-0,4 0,1-0,3 -
Schwemmwasser 1 0,3 6-11 6-14 0,02-0,04
0,8-2,5
1
Das Schwemmwasser fallt beim Transport der Rtiben tiber Schwemmrinnen zum Riibenlager oder zur Rtibenwasche an. Es nimmt die von den Rtiben abgesptilten Erdreste und Steine auf. Daneben enthalt es heraus geloste Rtibeninhaltsstoffe (Zucker, Salze) sowie Rtibenbruchstiicke und Krautanteile. Wie aus der Abb. 5.3.8-1 zu entnehmen ist, wird das Schwemmwasser weitestgehend im Kreislauf gefahren, wobei die sedimentierbaren Stoffe durch entsprechende Verfahren abgeschieden werden. Die notwendige Auffdllung des Schwemmwasserkreislaufs erfolgt mittels Waschwasser, welches prinzipiell die gleichen Verunreinigungen wie das Schwemmwasser enthalt. In deutschen Fabriken wird zur Frischhaltung des Wassers (Verminderung der Mikroorganismenaktivitat) und zur besseren Sedimentation der erdigen Feststoffe das Schwemm- und Waschwasser durch Zugabe von Kalk auf einen pH-Wert von ca. 11 eingestellt. Trotz dieser MaBnahme miissen ca. 0,3 m^ Abwasser pro Tonne Rtiben aus dem Kreislaufsystem ausgeschleust werden und durch liberschtissiges Kondensat ersetzt werden. Aufgrund der engen Kjreislaufflihrung kommt es mit zunehmender Kampagnezeit zu einem zunehmenden Konzentrationsanstieg im Schwemm- und Waschwasser, dessen Bandbreite der Tabelle 5.3.8-1 entnommen werden kann. Die wichtigsten MaBnahmen des produktionsintegrierten Umweltschutzes liegen in dem schonenden Transport der Rtiben mittels trockener Verfahren sowie in der Reduzierung des Erdanhanges mittels bereits auf dem Feld eingesetzter Rtibenreinigungsmaschinen (Kramer 1999, ATV 2000). Abwasserbehandlung Die in der Vergangenheit eingesetzten Verfahren der Verregnung oder Abwasserbehandlung in un- oder beltifteten Teichverfahren kommen heute in Deutschland nahezu nicht mehr zum Einsatz. Die Verregnung ist heute i.d.R. unwirtschaftlich, da entweder eine entsprechende Vorreinigung erforderlich ist oder aufgrund der gesetzlichen Vorgaben (z.B. der Dungeverordnung) die Aufbringung nur in der Wachstumsperiode mit entsprechend geringen Intensitaten erlaubt ist.
440
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Die im Batch-Betrieb betriebenen Abwasserteiche haben die Nachteile des groBen Platzbedarfs, der Geruchsemission, der Gefahr einer Entwicklung von Algen (die trotz Beendigung des biologischen Abbaus eine hohe Belastung mit CSB und Stickstoff verursachen konnen) sowie der Schwierigkeit eine weitgehende Stickstoffehmination betriebsstabil zu gewahrleisten. Als Abwasserbehandlungsverfahren hat sich heute in Deutschland nahezu durchgehend eine anaerob-aerobe Verfahrenkombination durchgesetzt, bei der das Schwemmwasser nach den Aufladeteichen (in den aufgrund einer mehrtagigen Aufenthaltszeit bereits eine weitgehende Versauerung erfolgt) zunachst anaerob vorbehandelt wird und anschlieBend gemeinsam mit dem uberschtissigen Kondensat in einer aeroben Belebung nachgereinigt wird. In der Kegel wird dabei ein Teil des Schwemmwassers als Bypass um die Anaerobstufe herumgefiihrt, um so in der Belebungsanlage ausreichend organischen Kohlenstoff ftir die notwendige Denitrifikation zur Verfixgung zu stellen. Durch diese Verfahrenskombination konnen die Mindestanforderungen nach Anhang 18 der Abwasserverordnung betriebsstabil eingehalten werden, die ftir die 2-Stunden-Mischprobe folgende Grenzwerte vorsehen: BSB < 25 mg/1; CSB < 200 mg/1; Nges, anorganisch < 30 mg/1 Ammoniumstickstoff < 10 mg/1 und Phosphor, gesamt < 2 mg/l. Die Tabelle 5.3.8-2 verdeutlicht, dass in den Zuckerfabriken in Deutschland eine Vielzahl von Anaerobanlagen gebaut wurden, wobei in der Zuckerindustrie das anaerobe Belebungsverfahren bisher tiberwiegend das Verfahren der Wahl darstellte. Erst in den letzen Jahren wurde vermehrt ein speziell von der Zuckerindustrie entwickelter Hochleistungsreaktor (BMA-FlieBbettreaktor) eingesetzt. Der Vorzug des anaeroben Belebungsverfahrens in der deutschen Zuckerindustrie erklart sich aus der in Deutschland iiblichen Kalkung des Schwemmwassers, dass in alien Anaerobanlagen zu hohen Kalziumkarbonatausfallungen ftihrt. Im Gegensatz zu den iiblichen Schlammbett- und Festbettverfahren bedingen diese Kalkausfallungen beim anaeroben Belebungsverfahren aber zunachst keine betrieblichen Einschrankungen. Der Kalk muss jedoch nach Ende der Kampagne aus dem Reaktor entfemt werden, welches dann einen nicht unerheblichen Aufwand darstellt und u.a. dadurch zur Entwicklung des BMA-FlieBbettreaktors gefiihrt hat. Ein Vorteil des hohen Kalziumkarbonatgehaltes des Abwassers liegt darin, dass dadurch eine Beschwerung der anaeroben Biomasse und somit eine sehr gute Abscheidung und eine hohe Biomassenkonzentration in der Anaerobanlage erreicht werden kann. Neben der guten Abbaubarkeit des Abwassers und der weitgehenden Vorversauerung in den Auflandeteichen ist die vergleichsweise hohe Biomassenkonzentration dafiir verantwortlich.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
441
dass die anaeroben Belebungsverfahren auf CSB-Raumbelastungen von teilweise liber 10kg/(m^-d) ausgelegt sind. Trotz dieser hohen Belastung sind aufgrund der genannten Aspekte CSB-Wirkungsgrade von 90-95 % in der Anaerobstufe erreichbar. Tabelle 5.3.8-2. GroBtechnische Anaerobanlagen in der Zuckerindustrie in Deutschland (teilweise nicht mehr in Betrieb) lOrt
Baujahr
Reaktortyp
Reaktorvolumen
CSB-Raumbelastung (kg/(m3d)
Euskirchen Nordstemmen Bruhl Wevelinghoven Rethen Dormagen Konigslutter Lehrte Ochsenfurt Offstein Ameln Jiilich Kalkar Plattling Bedburg Zeil am Main GroBmunzel Schladen Regensburg Schleswig GroB Gerau Elsdorf Lage Zeitz Konnem Anklam Uelzen Clauen Rain a.Lech Sudzucker AG Wierthe Giistrow
1979 1980 1981 1981 1981 1982 1982 1982 1982 1983 1983 1985 1985 1985 1986 1987 1989 1989 1989 1990 1990 1991 1992 1993 1993 1994 1995 1995 1996 1998 1998 2000
an. Belebung an. Belebung UASB an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung UASB UASB an. Belebung Ausschwemm an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung an. Belebung FlieBbett an. Belebung an. Belebung FlieBbett FlieBbett
5.000 16.000 1.500 6.000 4.000 1.500 3.000 5.100 2.300 2.200 4.000 3.200 7.000 3.700 8.500 9.580 4.100 3.200 15.000 2.800 3.200 3.200 3.200 2.200 9.600 7.140 3.600 700
700 700
3,0 0,5 4,7 1,8 12,0 5,0
10,5 10,0 4,3 9,5 3,9 2,1 4,9 8,8 2,4 10,4 11,7 11,3 10,9 9,4 4,8 4,9 11,1 > 20,0 6,7 6,7 > 20,0 > 20,0
Beim kompletten Neubau der Zuckerfabrik Klein Wanzleben 1994 wurde dagegen auf eine anaerobe Vorbehandlung verzichtet. Ausgangspunkt
442
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
hierfur war, dass durch eine weitestgehende Installation modemster technischer Einrichtungen sowie der Vorreinigung auf dem Feld die anfallenden spezifischen Abwasserfrachten um mehr als Faktor zwei reduziert werden konnten (Jakobiak et al. 1996). Aufgrund der jahrlichen Betriebszeit von lediglich ca. 85 Tagen liegt in der Zuckerindustrie die anaerobe Reinigung trotz der, verglichen mit der aeroben Reinigung, deutlich geringeren taglichen Betriebskosten in den Jahreskosten ggf. hoher, da die bei Anaerobanlagen i.d.R. erhohten Investitionen tiber die geringe Betriebszeit abgeschrieben werden miissen. Aus dem gleichen Grund ist in den Zuckerfabriken eine Verstromung des anfallenden Biogases in Blockheizkraftwerken nicht rentabel. Der von der Zuckerindustrie speziell entwickelte BMA-FlieBbettreaktor, der 1995 zum ersten Mai im groBtechnischen MaBstab in Betrieb genommen wurde, ist in Kapitel 5.2 ausftihrlich beschrieben. Die ersten Betriebsergebnisse dieses neuen Reaktortyps sind nachfolgend in den Beispielen aufgefuhrt. Beispiel des Einsatzes eines anaeroben Belebungsverfahrens in der Zuckerindustrie Das heute tibliche, oben beschriebene Verfahrenskonzept der zweistufigen anaerob-aeroben Behandlung wurde in Deutschland erstmalig 1985 in der Zuckerfabrik Jiilich eingesetzt. Die Anaerobanlage besteht aus einer anaeroben Belebung mit einem Methanreaktorvolumen von 3.200 m^, einer nachgeschalteten Entgasung und einem Sedimentationsbecken. Trotz der langen Aufenthaltszeit in den Auflandeteichen ist der Anaerobanlage zusatzlich ein ca. 3.000 m^ fassender Versauerungsreaktor vorgeschaltet, der eine nahezu vollstandige Versauerung des Abwassers gewahrleistet. Der Methanreaktor ist auf eine CSB-Raumbelastung von 10 kg /(m^-d) ausgelegt, wobei das Volumen des Sedimentationsbeckens in diese Berechnung nicht mit einflieBt. Die Umwalzung des Reaktors erfolgt mittels Gaseinpressung. Bei Thome-Kozmiensky (1995) sind aus der Kampagne 1987 die Verlaufe der Zu- und Ablaufkonzentrationen sowie die Ganglinien der organischen und anorganischen Feststoffkonzentrationen im Methanreaktor dargestellt. Jordening berichtet im ATV-Handbuch (ATV 2000), dass nachtraglich zu der klassischen Belebungsanlage mit vorgeschalteter Denitrifikationsstufe aufgrund von Kapazitatserhohungen eine zweite StraBe mit einem weiteren Nitrifikations/Denitrifikationsreaktor installiert wurde. Daraus ergibt sich eine hohe Flexibilitat des Betriebs, da entweder hohe Frachten (parallele Schaltung) oder ein hoher Stickstoffeliminationsgrad (serielle Schaltung) moglich ist. Bei der seriellen Schaltung werden
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
443
so Stickstoffeliminationsraten von 92-98 % erreicht. Die CSB-Ablaufkonzentration liegt unter 100 mg/1. Beispiel des Einsatzes eines BMA-FlieUbettreaktors Die Konstruktion und grundsatzliche Betriebsweise des neu entwickelten BMA-FlieBbettreaktors ist ausfiihrlich in Kapitel 5.2 beschrieben. tjber die ersten beiden Betriebsjahre (Kampagne 1995 und 1996) des ersten BMAFlieBbettreaktors in der Zuckerfabrik in Clauen ist in einer Vielzahl von Veroffentlichungen berichtet worden (Ktister 1996, Urban 1997, Jordening 1997 & 1998). Die wichtigsten Ergebnisse werden nachfolgend wiedergegeben. In den Kampagnen 1995 und 1996 lagen am Kampagnenende die maximalen CSB-Tagesfrachten mit 10.500 kg/d bzw. 11.800 kg/d deutlich unter dem maximalen Auslegungswert von 25.000 kg/d, so dass die auf das gesamte Wasservolumen bezogene CSB-Raumbelastung statt der geplanten 35 kg/(m^-d) bei ca. 15 bzw. 17kg/(m^-d) lag. Nach (Jordening, 2002) wurden in der Anlage in Gustrow auf das FlieBbett bezogene CSBRaumbelastungen von 40 kg/(m^-d) erreicht, welches bezogen auf das gesamte Wasservolumen einer CSB-Raumbelastung von ca. 28 kg/(m^-d) entspricht. Die Reaktoren werden tiblicherweise mit 300 m^ Tragermaterial und einem Fluidisierungsgrad von 50 % betrieben. Dazu wird von der FU-geregelten Zulaufpumpe eine Aufstromgeschwindigkeit von ca. 12-15 m/h eingestellt. Steigt aufgrund der zunehmenden Kalkbeladung der Trager der Gegendruck an, muss die Pumpe mit einer hoheren Frequenz arbeiten, um die gleiche Aufstromgeschwindigkeit zu halten. Dies veranlasst den Betreiber die stark beladenen Trager zu entnehmen und durch neue Trager zu ersetzen. Auf diese Weise konnen unerwtinschte Kalkablagerungen im Reaktor nahezu vollstandig vermieden werden, obwohl sich die Kalziumkonzentration von ca. 2.000 mg/1 im Zulauf auf ca. 500 mg/1 im Ablauf reduziert. Daftir mtissen jedoch pro Kampagne ca. 60-100 m^ Trager ausgeschleust und ersetzt werden. Der Einfluss der Verkalkung der Trager auf die Bettexpansion und die Biomassenaktivitat ist bei Jordening (1998) beschrieben. Anhand von Hohenprofilen konnte gezeigt werden, dass die oTRKonzentrationen bei den hier vorliegenden porosen Tragem, im Gegensatz zum Tragermaterial Sand, im unteren Reaktorteil die hochsten Werte erreichen. Diese lagen bei ca. 30 kg oTR/m^ Ausgehend von dem Hohenprofil betragt die, auf das gesamte Reaktorvolumen bezogene, oTR-Konzentration ca. 16 kg oTR/m^ Daraus errechnet sich fiir die Kampagne 1995 die CSB-Schlammbelastung zu ca. 0,92 kg CSB/(kg oTR-d), welches einen vergleichbar hohen
444
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Wert darstellt. Bei der Bewertung ist jedoch zu berucksichtigen, dass aufgrund einer Aufenthaltsdauer von 5-30 Tagen im Versauerungsreaktor das Abwasser einen sehr hohen Versauerungsgrad von ca. 80 % aufweist. In diesem Reaktortyp warden unter den beschriebenen Randbedingungen CSB-Wirkungsgrade von liber 90 % erreicht. Literatur ATV (1985) Lehr- und Handbuch der Abwassertechnik Band V. Ernst & Sohn Verlag, Berlin ATV (2000) ATV-Handbuch Industrieabwasser Lebensmittelindustrie, Ernst & Sohn Verlag Berlin Jakobiak, Bruhns, Wunsch (1996) Die Zuckerfabrik Klein-Wanzleben Planung , Bau und Inbetriebnahme. Zuckerindustrie 121 Jordening H (1996) "MaBstabsvergroBerung und Betrieb von anaeroben FlieBbettreaktoren." Zuckerindustrie Ausgabe 121 (1996)(Nr. 11): S 847-854 Jordening H (1997) "Betriebserfahrungen mit einem anaeroben FlieBbettreaktor zur Behandlung von Zuckerfabriksabwasser." Zuckerindustrie Ausgabe 122 (1997)(Nr. 12): S 934-936 Jordening H (2002) Personliche Mitteilung Jordening H, Buchholz K (1999) Fixed film stationary bed and fiuidized bed reactors. Biotechnology, vol 11a, Environmental Processes I. H.-J. Rehm. Weinheim, Wiley-VCH-Verlag Jordening H, Mosche M (1998) Konstruktion und Betrieb eines 500 m^ FlieBbettreaktors zur anaeroben Abwasserreinigung. Technik anaerober Prozesse. H. Markl. Frankfurt am Main, DECHEMA Kroiss H, Svardal K (1999) CSTR Reactor and Contact Processes in Industrial Wastewater Treatment. Biotechnology, vol 11a, Environmental Processes I. H.-J. Rehm. Weinheim, Wiley-VCH-Verlag Kiister W, Ahring G (1996) Neue Abwasserreinigungsanlage fur die Zuckerfabrik Clauen. Zuckerindustrie. vol 121: S 347-351 Kramer, Nahle (1999) Diskussion liber die besten verftigbaren Techniken. Zuckerindustrie 124 Nr 8, S 640-643 Thome-Kozmiensky (1995) Biogas, Anaerobtechnik in der Abfallwirtschaft. EFVerlag fur Energie und Umweltschutz Urban (1997) "BMA-Symposium in Clauen: FlieBbettreaktor fiir die anaerobe Abwasseraufbereitung." Zuckerindustrie Ausgabe 122 (1997)(Nr 12): S 937938 Verein der Zuckerindustrie (2004) Wirtschaftliche Vereinigung Zucker/Verein der Zuckerindustrie. http://www.zuckerverbaende.de/
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
445
5.3.9 Brennereien und Hefefabriken In Brennereien wird mittels Garung und Destination aus zucker- und starkehaltigen Stoffen landwirtschaftlichen Urspmngs Alkohol gewonnen, der tiberwiegend ftir den menschlichen Verzehr aber auch ftir die Essigherstellung, Kosmetik und Pharmazie verwendet wird. Pro Jahr werden in Deutschland aus landwirtschaftlichen Produkten etwa 1,5 Mio. Hektoliter reiner Alkohol gewonnen, der jeweils zu ca. 35 % aus Kom bzw. Kartoffeln, zu ca. 13 % aus Melasse sowie aus Obst, Wein und sonstigen Stoffen gewonnen wird. Es existiert eine Vielzahl von keinen Brennereien, die tiberwiegend Obst brennen. Bei den groBeren Betrieben handelt es sich um Kom- Kartoffel oder Melassebrennereien, die bis zu 50.000 Hektoliter reinen Alkohol pro Jahr erzeugen. In Hefefabriken wird Backhefe, Hefe ftir die pharmazeutische Industrie sowie Hefeextrakt hergestellt. Als Substrat ftir die Hefeproduktion wird tiberwiegend Melasse eingesetzt. Die nach der Separation der Hefe verbleibende alkoholhaltige Wtirze wird in einigen Betrieben zur Alkoholherstellung genutzt. Nach ATV-DVWK (1999) gibt es in Deutschland 7 Produktionsstatten ftir Backhefe, von denen 5 tiber ein Brennrecht verfiigen. Produktionsverfahren Alkohol (Ethanol) aus landwirtschaftlichen Rohstoffen wird durch die alkoholische Garung von Glucose (Traubenzucker) mittels Hefebakterien gewonnen. Vor der Vergarung werden die Rohstoffe zunachst gewaschen, zerkleinert sowie durch Wasserzugabe angemaischt. Handelt es sich um starkehaltige Ausgangsstoffe (Kom, Kartoffeln) ist zunachst eine enzymatische Verzuckemng der Starke notwendig, welches heute meist tiber einen dmcklosen Starkeaufschluss (DSA-Verfahren) erfolgt. Im Anschluss an die Garung wird die bis zu 10 % Alkohol enthaltende Maische durch einen ersten Destillationsvorgang, das „Brennen", in ihren destillierbaren Anteil (Rohbrand, bestehend aus Wasser, Alkohol und bestimmten Nebenprodukten aus der alkoholischen Gamng) und den Destillationsruckstand (Schlempe) getrennt. Daran anschlieBend wird durch eine zweite Destination der so genannte Feinbrand mit bis zu 86 % Alkohol oder durch Rektifikation Feinbrand oder Neutralalkohol mit bis zu 96 % Alkohol erzeugt. Das bei der zweiten Destination anfallende Abwasser wird Lutterwasser genannt.
446
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Abwasseranfall und Inhaltsstoffe In Brennereien konnen folgende Abwasserstrome anfallen: Waschwasser, Dampf- oder Fruchtwasser, Schlempen, Lutterwasser, Reinigungswasser, Ktihlwasser, Sanitarabwasser. Waschwasser Waschwasser fallt nur an, wenn Kartoffeln oder Wurzeln verwendet werden. Die spezifische Menge liegt zwischen 0,2 und 0,5 mVt Kartoffeln, die BSB-Konzentration zwischen 300 und 1.700 mg/1. Heute wird die Wasche i.d.R. beim Zuheferer durchgeftihrt. Dampf- Oder Fruchtwasser Das Dampfen von Kartoffeln zwecks enzymatischer Verzuckerung wird heute tiberwiegend nicht mehr durchgeftihrt. Das bei der Dampfung anfallende Kondensat-Fruchtwassergemisch wird ansonsten i.d.R. der Maische zugesetzt. Schlempen Der Schlempeanfall hangt vom Rohstoff ab und betragt bei Kombrennereien ca. 0,8-1,0 m^ pro Hektoliter Alkohol (hi A), bei Kartoffeln 0,51,0 m^/hl A, bei Weinbrennereien 0,8-0,9 m^/hl A und bei Melassebrennereien im Batchbetrieb ca. 0,9 mVhl A. Die Beschaffenheit der verschiedenen Schlempen ist in der Tabelle 5.3.9-1 dargestellt. Bei Schlempen liegen teilweise hohe Kupferkonzentrationen von bis zu 50 mg/1 vor. Lutterwasser Der Lutterwasseranfall betragt 14-135 Liter pro Hektoliter Alkohol. Der CSB des Lutterwassers liegt, abhangig von der Zusammensetzung der Rohalkohole, zwischen 10-100 mg/1 bei Kombrennereien und 100550 mg/1 bei Melassebrennereien. Tabelle 5.3.9-L Beschaffenheit von Schlempen (ATV-DVWK, 1999 bzw. Bischofsberger et al, 1993) Parameter PH(-) TS (g/1) oTS (g/1) CSB (g/1)
Kartoffelschlempe 62 50 72
Weizenschlempe 58 55 71
Weinschlempe 2,5-2,9 0-1,5 0-0,13 10-39
Obstschlempe 2,9-4,0 1,7-35 1,5-28 24-95
Melasseschlempe 3,6-6 40-140 30-100 15-176
5.3 Beispiele ziir Behandlung von industriellen Abwassem 1 BSBs (g/1) TKN (g/1) P(g/1) 1 Milchs. (g/1)
44 2,5 6,5
32 2,8 0,19 12,5
6-25 0,24-0,45 0,04-0,09 -
20-55 0,5-1,1 0,05-0,1 -
447
7-95
1
0,6-8,9 0,03-0,68
1
Abwasserbehandlung Wie aus den vor beschriebenen Abwasserteilstromen zu erkennen ist, wird die Abwasserfracht maBgeblich von der Schlempe bestimmt. Da Schlempen sehr hohe Konzentrationen enthalten, sollten ftir sie zunachst alternative Wege als die Zugabe in den Abwasserstrom gepriift werden. So konnen Schlempen aus Korn- Kartoffel- und Obstbrennereien haufig verfuttert werden. Als Alternative fur die Vielzahl der kleineren Brennereien bietet sich auch die Vergarung in landwirtschaftlichen Biogasanlagen bzw. eine Mitbehandlung im kommunalen Faulbehalter (CoVergarung) an. Dies ist z.B. in Rheinland-Pfalz und Baden-Wtirttemberg seit Jahrzehnten gangige Praxis. Bei groBeren Brennereien und bei Hefefabriken hat sich die anaerobe Abwasserreinigung bewahrt. Darunter gibt es auch Anaerobanlagen in denen ausschlieBlich Schlempe behandelt wird. Bei Melassebrennereien und Hefefabriken fiihrt die unverdtinnte Melasse aufgrund des hohen Salzgehalts sowie der hohen Sulfit- und Ammoniumkonzentrationen zu Hemmungen in der Anaerobstufe. Daher wird die Melasseschlempe haufig zunachst in einer Eindampfanlage eingedampft und nur das Briidenkondensat anaerob behandelt. In Deutschland gibt es zurzeit eine Hefefabrik und vier Melassebrennereien die Eindampfanlagen betreiben. Dort werden die hochbelasteten Teilstrome auf einen Trockenriickstand von ca. 70-75 % aufkonzentriert. Die Eindampfanlagen werden zur hoheren Energieausnutzung mehrstufig und unter Vakuum betrieben. In der vorletzten Verdampferstufe wird kristallines Kaliumsulfat ausgefallt, welches in der Regel mittels Zentrifugen angetrennt und als Dtingemittel (Vinassekali) verkauft wird. Das dann verbleibende „entbitterte" Konzentrat (Vinasse) wird als Futterzusatz verwendet. Das bei der Eindampfung entstehende Briidenkondensat enthalt geringe Mengen Ethanol und fltichtige Fettsauren (C2 bis C5), wobei Essigsaure deuthch tiberwiegt. Da der CSB je nach Verfahren zwischen 2.000 und 12.000 mg/1 betragt, bietet sich hierfiir eine anaerobe Behandlung an. Bischofsberger et al. (1993) enthalt eine Zusammenstellung groBtechnischer Anaerobanlagen zur Behandlung von Abwassem der Brennereiindustrie. Die Tabelle 5.3.9-2 stellt die groBtechnischen Anaerobanlagen in Brennereien und Hefefabriken in Deutschland gegentiber. Es ist zu erkennen, dass Erfahrungen mit jedem Reaktortyp vorliegen. Bei dem 1988 in Betrieb genommenen Festbettreaktor wurde als Trager-
448
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
material offenporiges Sinterglas verwendet, das sehr hohe spezifische Oberflachen und gute Anhaftbedingungen ftir Mikroorganismen bietet. Dies erklart die sehr hohe CSB-Raumbelastung. In den beiden letzt genannten Anlagen wird die Schlempe zunachst eingedampft, so dass aus dem Schlempestrom lediglich das Brtidenkondensat anaerob behandelt wird. Tabelle 5.3.9-2. GroBtechnische Anaerobanlagen in Brennereien und Hefefabriken in Deutschland (teilweise Anaerobanlage nicht mehr in Betrieb) Baujahr
Reaktortyp
1972 1983 1985 1985 1985 1986 1987 1988 1993 1994 2001
Ausschwemm Festbett Festbett Festbett anaer. Belebung Festbett Festbett Festbett Festbett EGSB EGSB
Reaktorvolumen [m^] 420 300 2.200 700 1.900 140 1.800 22 2.000 250 125
CSB-Raumbelastung [kg/(m^-d]) 3,3 2,2 6,5 3,7 8,0 38,6 11,2 26,4
Beispiel 1: Einsatzes eines Biobed-Reaktors in einer Brennerei Das 1. Beispiel beschreibt einen Brennereibetrieb auf Melassebasis, der sein Abwasser in einer Anaerob-Aerob-Anlage auf Direkteinleiterqualitat reinigt. Der Anaerob-Aerob-Anlage vorgeschaltet ist zunachst eine 5-stufige Vakuum-Eindampfanlage, in der die Schlempe von ca. 13 % auf 68-72 % eingedampft wird. Die dabei anfallenden Briidenkondensate werden anschlieBend mittels lonenaustauscher so weit von Ammonium befreit, dass gerade noch ausreichend hohe Stickstoff-Konzentrationen fiir die nachgeschaltete biologische Reinigung vorhanden sind. AnschlieBend wird das Brtidenkondensat zusammen mit dem Lutterwasser der Anaerobstufe zugeftihrt, dessen Kernsttick ein ca. 250 m^ fassender Biobed-Reaktor darstellt. Der Reaktor ist auf eine CSBRaumbelastung von ca. 11 kg/(m^-d) ausgelegt. Er reduziert den CSB von ca. 5.000 mg/1 im Zulauf auf ca. 700-1.000 mg/1 im Ablauf der Anaerobstufe. Um optimale Bedingungen in der Anaerobstufe einzustellen, werden dem Abwasser zuvor in einem Konditionierungsbehalter (mit einem Volumen von 35 m^) Nahrsalze wie Phosphor und Schwefel, Spurenelemente
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
449
(u.a. K, Zn, Mn), Eisen, Kalzium und Neutralisationsmittel (Natronlauge) zugeftihrt, wobei der pH-Wert im Zulauf auf einen Wert zwischen 6,8 und 7,2 eingestellt wird. AnschlieBend gelangt das anaerob vorbehandelte Abwasser in die Aerrobstufe, die als klassische Belebungsanlage aufgrund der vorangegangenen Stickstoffelimination mit einer BSBs-Schlammbelastung von ca. 0,2 kg BSB/(kg TS'd) vergleichsweise hoch belastet werden kann, da sie ausschlieBlich fur die Kohlenstoffelimination auszulegen war. Die Einleitererlaubnis schreibt eine CSB-Maximalkonzentration von 250 mg/1 vor. Im Mittel wird eine CSB-Ablaufqualitat von ca. 100 mg/1 erreicht, 150 mg/1 werden nicht tiberschritten. Stickstoff und Phosphor sind nur in sehr geringer Hohe nachzuweisen, da ihre Konzentrationen im Zulauf zur Aerobstufe nur so hoch eingestellt werden, wie es den dortigen biologischen Erfordemissen entspricht. Beispiel 2: Einsatzes eines IC-Reaktors in der Brennerei Die iiberwiegend auf Melassebasis betriebene Brennerei reinigt das anfallende Abwasser zunachst in einer Anaerob-Aerob-Vorbehandlungsanlage, bevor es der stadtischen Kanalisation tibergeben wird. Das Verfahrensgrundbild der Vorbehandlungsanlage der Brennerei ist in der Abbildung 5.3.9-1 dargestellt. Das Abwasser wird zunachst in einen 275 m^ fassenden Behalter gepumpt, der mittels fluktuierenden Wasserstands vor allem der VergleichmaBigung der Abwassermengen und dem Ausgleich von Konzentrationsspitzen dient. Obwohl ein gewisser Mindestwasserstand gehalten wird, findet dort, angesichts des niedrigen pH-Werts des Abwassers, nur eine sehr geringe weitere Versauerung des Abwassers statt. Die Umwalzung des Behalterinhaltes erfolgt tiber eine auBen liegende Umwalzpumpe und zwei Mischdtisen. Aus dem Speicher gelangt das Abwasser tiber einen Konditioniemngsbehalter und einen Warmetauscher (im Verfahrensgrundbild nicht dargestellt) in den Anaerobreaktor. Der Konditionierungsbehalter dient vor allem der Vermischung des Abwassers mit bereits anaerob gereinigtem Abwasser und ermoglicht so mittels Beschickungspumpe, IDM und Regelklappe eine konstante hydraulische Beschickung des Anaerobreaktors. Der Anaerobreaktor hat bei einem Durchmesser von 2,85 m und einer Wasserhohe von ca. 20 m ein Wasservolumen von ca. 126 m^ Es handelt sich um einen IC-Reaktor, der neben einem Abscheider direkt unterhalb des Wasserspiegels, etwa in der Mitte der Reaktorhohe einen zweiten Gasabscheider aufweist, der einen Gaslift ermoglicht und so eine interne Umwalzung des Reaktorinhalts erreicht. Nach der Anaerobstufe erfolgt eine
450
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
aerobe Nachreinigung in einer Belebungsanlage, bevor das Abwasser in die stadtische Kanalisation eingeleitet wird. GasSpeicherl
Speicher
ICReaktor
275 m3 Konditionierungj 32 m^
126 m3
hm
Fackel
Belebungsbecken 140 m^
Nachklamnd kommunale Klaranlage
PelletSpeicher
Abb. 5.3.9-1. Verfahrensgrundbild der Vorbehandlungsanlage der Brennerei Der Anaerobreaktor ist mit einer pH-Wert-Regelung ausgestattet, wobei die Dosiemng der Natronlauge in den Konditioniemngsbehalter erfolgt. Um die Natronlaugemenge zu reduzieren und um eine gute Pelletstruktur zu halten, wird neben der extemen Rezirkulation des IC-Reaktorablaufs zusatzlich eine gewisse Menge an aerob gereinigtem Wasser in den Konditioniemngsbehalter gegeben. Aufgrund der Abwasserzusammensetzung bzw. um eine gute Pelletstruktur zu gewahrleisten, erfolgt weiterhin eine Dosiemng von Phosphor, Spurenelementen und Kalzium in den Konditioniemngsbehalter. Das entstehende Biogas wird derzeit mittels einer Gasfackel verbrannt, eine Gasnutzung ist zuktinftig vorgesehen. Die Anaerobanlage ist auf eine maximale Wassermenge von 240 m^/d und eine maximale CSB-Fracht von 3.600 kg/d ausgelegt. Das Abwasser des Industriebetriebes besteht zum groBten Teil aus dem Produktionsabwasser einer Melasse-Brennerei. Bei diesem Abwasserstrom handelt es sich um das Briidenkondensat aus der Eindampferanlage, das jedoch vergleichsweise hoch konzentriert ist, da der Betrieb tiber eine kontinuierliche Fermentation verftigt. Weiterhin fallt Abwasser aus dem Produktionsbereich Rektifikation und Absolutiemng sowie aus dem Produktionsbereich Alkoholrecycling an. Die Mittelwerte der wichtigsten Parameter des Abwassers in der 3-monatigen Inbetriebnahmephase sind in der Tabelle 5.3.9-3 dargestellt.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
451
Beztiglich des filtrierten CSB enthalt das Abwasser verhaltnismaBig hohe Konzentrationen, die im tiblichen Betrieb zwischen ca. 10.000 und 20.000 mg/1 schwanken. Die wichtigsten Einzelbestandteile des CSB sind Essigsaure und Ethanol. Aufgrund der Tatsache, dass es sich iiberwiegend um ein Briidenkondensat handelt, liegen i.d.R. nur niedrige Feststoffgehalte vor, so dass der homogenisierte CSB nur geringftigig tiber dem filtrierten CSB liegt. Der Versauemngsgrad des Abwassers betragt ca. 39 %, wobei das Abwasser aufgrund eines mittleren pH-Wertes von 4,3 auch bei langerer Lagerung nicht erwahnenswert weiter versauert. Aufgrund des Briidenkondensats besteht ein Mangel an dem Nahrsalz Phosphor und bei den Spurenelementen. Lediglich Ammonium liegt in ausreichend hohen Konzentrationen vor. Tabelle 5.3.9-3. Mittlere Zulaufmengen und -konzentrationen des Abwassers der Brennerei Parameter Zuflussmenge pH-Wert ^^t^homCSBfiit.
organische Sauren Versauemngsgrad Nges. Pges.
Einheit mVd mg/1 mg/1 mg/1 % mg/1 mg/1
Abwasser der Brennerei 132 (bei Brennereibetrieb) 4,3 16.555 16.021 6.250 39 150 10
Der IC-Reaktor wird mit einer Menge von 35 mVh beaufschlagt, so dass die sich daraus ergebene rechnerische Aufstromgeschwindigkeit (ohne Berticksichtigung der intemen Rezirkulation und der sich aus dem Gasaufstieg ergebenen Erhohung) ca. 5,3 m/h betragt. Da die gesamte Reaktoroberflache mit dem Abscheider abgedeckt ist, bezieht sich dieser Wert sowohl auf den unteren Reaktorquerschnitt als auch auf den oberen Abscheider. Im unteren Reaktorteil ist zusatzlich zu dem o.g. Wert die sich aus der intemen Rezirkulation ergebene Aufstromgeschwindigkeit zu addieren. Wahlt man den vom Hersteller genannten spezifischen Wert von 1,8 m^ Wasser pro m^ aufsteigendem Biogas und geht vereinfachend davon aus, dass 90 % des Biogases im unteren Reaktorteil generiert werden, ergibt sich bei einer mittleren gemessen Gasmenge von. 780 m^/d eine zusatzliche Aufstromgeschwindigkeit von im Mittel 8,2 m/h. In der Summe erhalt man so im unteren Reaktorteil eine mittlere Aufstromgeschwindigkeit von ca. 13,5 m/h. Die auf den unteren Reaktorteil bezogene rechnerische Gasflachenbelastung betragt bei der gemessenen mittleren Gasmenge von 780 mVd und der
452
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Annahme, dass 90 % des Biogases im unteren Reaktorteil generiert warden, ca. 4,6 m/h. Bei der nach Herstellerangaben maximal moglichen Gasmenge von 65 mVh lage sie bei ca. 9,2 m/h. Wahrend die CSB- Zulaufkonzentrationen zwischen ca. 10.000 und 24.000 mg/1 schwankten, stellte sich die CSB-Ablaufkonzentration nach anfanglichen Schwankungen, vergleichsweise stabil in einem Konzentrationsbereich von ca. 1.000 mg/1 ein. Die nachfolgende Abbildung zeigt die CSB-Ablaufkonzentration in Abhangigkeit von der CSB-Schlammbelastung. Dabei ist zu erkennen, dass sich die Ablaufkonzentrationen mit steigender Belastung erhohen und eine zunehmend groBere Streuung aufweisen. Weiterhin zeigt sich aber auch, dass in der Anlage CSB-Schlammbelastungen von mehr als 1,0 kg CSB/(kg oTR-d) gefahren wurden und dabei vergleichsweise gute Ergebnisse erzielt wurden. 't.ouu -
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Schlammbelastung auf 35 Grad normiert [kg CSB/(kg oTS*d]
Abb. 5.3.9-2. CSB-Ablaufkonzentration in Abhangigkeit von der CSB-Schlammbelastung
Literatur ATV (1985) Lehr- und Handbuch der Abwassertechnik Band V. Ernst & Sohn Verlag, Berlin ATV (2000) ATV-Handbuch Industrieabwasser Lebensmittelindustrie. Emst & Sohn Verlag, Berlin ATV-DVWK (1999) Abwasser aus Brennereien und der Spirituosenherstellung ATV-DVWK-Merkblatt 772.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
453
Bohnke, Bischofsberger, Seyfried (1993) Anaerobtechnik - Handbuch der anaeroben Behandlung von Abwasser und -Schlamm. Springer-Verlag, Berlin Hansen, C (1992) Aufbereitung der Abwasser aus der Hefe- und Alkoholproduktion in Grenaa, Danemark, VH-Fachtagung 1992: " Backhefeproduktion unter den Aspekten der Forderungen der Backbetriebe und des Umweltschutzes, VH Berlin Riiffer H, Slomka T, Verink J (1986) Untersuchungen liber die CSB-Elimination aus Abwassem der Hefeindustrie durch eine anaerobe, aerobe und anaerobaerobe Behandlung, gwf-Wasser-Abwasser 127 van der Merwe-Botha M, Britz TJ (1993) Anaerobic treatment of raw bakers yeast effluent using an anaerobic filter and hybrid digester, Biores.Tech. 43 Seyfried CF, Saake M (1984) Verbesserung der anaeroben Reinigung aus der Hefeherstellung. Forschungsbericht UBA 10206401/01. Vinas M, Berzacconi L, Martinez J (1994) Anaerobic treatment of yeast manufacturing waste water in UASB reactors. Environ. Technol. 15 Yuca H, Lettinga G (1990) Anaerobic treatment of vinass wastewaters in a modified UASB system Water Treatment 5 Fiebig R, Dellweg HW (1989) Anaerobe Behandlung von Ablaufen der Melassebrennerei; gwf- Wasser-Abwasser 9 Racault Y (1990) Treatment of distillery waste waters using an anaerobic downflow stationary fixed film reactor: performance of a large plant in operation for four years. Water Sci. Technol. 22 Bischoffsberger et al. (1986) Stand und Entwicklungspotentiale der anaeroben Abwasserreinigung unter besonderer Berlicksichtigung der Verhaltnisse in der Bundsrepublik Deutschland Ciftci T, Otztlirk I (1993) Anaerobic treatment of high strength wastes from the yeast industry, Wat. Sci. Technol. 28
5.3.10 SuRwarenindustrie 5,3.10.1 Allgemeines Bedeutung der Industrie a) Definition SliBwaren SiiBwaren sind nach (Al 1998 und Andresen 1993) eine Gruppenbezeichnung flir Lebensmittel, die Saccharose und/oder andere Zuckerarten bzw. Austauschstoffe als flir Geschmack und Charakter maBgebliche Bestandteile enthalten. Ferner werden Produkte zu den SliBwarenerzeugnissen gezahlt, die wenig oder keinen Zucker enthalten, jedoch von der SliBwarenindustrie hergestellt werden. Die wichtigsten SiiBwaren sind: • Zuckerwaren,
454 • • • • •
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Schokoladen- und Kakaoerzeugnisse, Dauerbackwaren (DBW), Speiseeis, Rohmassen aus Samenkemen sowie mit Zucker angereicherte Massen, Chips, Kunsthonig, Fltissigzucker.
Nicht zu den SliBwaren zahlen • • • •
Konfittire, Marmelade, Konditoreierzeugnisse, Frischbackwaren, Limonaden,
die anderen Branchen des Ernahmngsgewerbes zugeordnet werden. Als Roh- und Hilfsstoffe ftir die Herstellung von SliBwaren sind ausschlieBlich Lebensmittel zugelassen; diese sind insbesondere • • • • • • • • •
Saccharose, Glucosesimp, Speisefette, Schokolade, Kakao, Fruchtmark, Fruchtkonzentrate, Lakritze, Milcherzeugnisse/Milchpulver/Sahne, Starke, Starkemehl, Farbstoffe (fur die Lebensmittelindustrie zugelassene).
b) Wirtschaftliche Bedeutungen der SiiBwarenindustrie Nach einer 2002 durchgefiihrten Studie (ZWS 2002) stellt der globale Zuckerwarenmarkt ein Wert von rd. 35 Milliarden $ dar. GemaB Tabelle 5.3.10-1 ergeben die zehn wichtigsten Markte rd. 75 % des Volumens; lediglich zwei der oberen 10 Zuckerwarenmarkte, Deutschland und GroBbritannien befinden sich in West-Europa (Tabelle 5.3.10-2). Aus den Zuwachsraten von 10-15 % (Tabelle 5.3.10-1) in Westeuropa und Nordamerika in der Zeit von 1994 bis 1998 ist ein stark steigender Trend hinsichtlich Produktionserweiterungen belegbar, der sich bis 2002/2003 tendenziell fortgesetzt hat. In der Bundesrepublik Deutschland wurden 2000/2001 etwa 3.300.000 t SliBwaren produziert; die herstellenden Betriebe erwirtschafteten damit einen Umsatz von rd. 12 Mrd. €. Die Marktanteile verschiedener Branchen des Ernahmngsgewerbes in Deutschland sind in Abb. 5.3.10-1 (ZWS 2001) dargestellt; danach betragt der Anteil der SiiBwarenindustrie etwa 10%.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
455
Tabelle 5.3.10-1. Weltweiter Zuckermarkt 1998 und Zuwachs 1994 bis 1998 (ZWS 2002) Westeuropa Nordamerika Osteuropa Asien/Pazifik Lateinamerika Afrika und Naher Osten Australien Gesamt
[1.000 t] 1.249 1.198 1.017 799 713 229 53 5.258
% 23,8 22,8 19,3 15,2 13,6 4,3 1,0 100
Zuwachs [1.000 t] + 134 + 156 -282 + 126 + 52 + 42 +8 + 236
Zuwachs [%] + 12,0 + 15,0 -21,7 + 10,7 + 7,8 + 22,9 + 18,6 + 4,7
Sonst. Nahrungmittelindustrie15%
Fleisch-Industrie 11%
Abb. 5.3.10-1. Marktanteile verschiedener Branchen des Ernahrungsgewerbes in Deutschland
Tabelle 5.3.10-2. Die wichtigsten zehn Markte der Zuckerwarenindustrie (ZWS 2002) Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Markt USA Russland China Brasilien GroBbritannien Deutschland Ttirkei Indien Japan Ukraine
Volumen [1.000 t] 1.173 658 550 368 242 225 192 180 173 159
Pro-Kopf [kg/Jahr] 4,3 4,5 0,5 2,2 4,2 2,7 3,0 0,2 1,4 3,1
456
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Insgesamt ist auch in der StiBwarenindustrie eine Konzentration der Zuwachsraten auf einige namhafte, international tatige Untemehmen/Konzeme festzustellen. Der Pro-Kopf-Verbrauch an StiBwarenerzeugnissen betrug 1997 in der Bundesrepublik Deutschland (Abb. 5.3.10-2) insgesamt rd. 30 kg. Beztiglich des Pro-Kopf-Verbrauches an Schokolade (rd. 8,5lOkg/Jahr) nimmt die Bundesrepublik, neben der Schweiz, international einen Spitzenplatz ein (Abb. 5.3.10-3).
Dauerbackwaren 8,8 kg 30%
Abb. 5.3.10-2. Jahrlicher Pro-Kopf-Verbrauch an SiiBwaren in Deutschland Produktionsabwasser Das in der StiBwarenindustrie anfallende Produktionsabwasser entsteht, mehr oder weniger ausschlieBlich bei den erforderlichen Reinigungsvorgangen in Lager-, Misch- oder Vorratsbehaltern sowie bei der taglichen Reinigung von Behaltnissen und/oder Maschinen (Produktionsanlagen), als auch der FuBbodenreinigung. Die wesentlichen Inhaltsstoffe des Abwassers resultieren aus den erzeugten Produkten und sind hauptsachlich Zuckerverbindungen, Glucosesirup, Speisefette, Frucht- und Obstmarkreste, Schokolade, Starke und Reste von Milcherzeugnissen.
5.3 Beispiele zur Behandlimg von industriellen Abwassem Portugal Griechenland
H.e 1 2,8
Itaiien
1 3,5
Spanien
1 3,5
Finnland
Z]4,7 1 4,8
Niederlande
il
Schweden Frankreich
5,8
117,1
Norwegen
|8.
1
a, 1
Belgien
mm 8,5
Grossbritannien Irland
iiiliil 9
Danemark
iiiii:|9,1
Osterreich
»ii:l9,1
Deutschland Schweiz
457
mmmm 1
9,9
110,8
Abb. 5.3.10-3. Jahrlicher Pro-Kopf-Verbrauch an Schokolade (in kg/E ; 2000) In den ersten Sptil- und Reinigungsabwassem aus CIP-Anlagen oder der manuellen Reinigung konnen stoBartig auch hohere Konzentrationen an Bandschmiermitteln, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln sowie Laugenund Saurereste mit der Folge von kurzzeitig hohem/niedrigen pH-WertSpitzen sein. Grundsatzlich ist aber davon auszugehen, dass das Produktionsabwasser aus der StiBv^aren-Herstellung biologisch leicht abbaubar ist, auch wenn speziell zu betrieblichen Reinigungszeiten Abwasser aus diesen Produktionsanlagen abflieBen, deren Konzentrationen an oxidierbaren Verbindungen (BSB5/CSB) ein Vielfaches der Konzentrationen annehmen, die hausliches Abwasser aufweist. Inhaltsstoffe, Konzentrationen, Abwassermengen und Frachten im Produktionsabwasser unterliegen innerhalb der einzelnen Betriebe sehr starken Schwankungen und sind messtechnisch nur mit relativ groBem Aufwand (langere Dauerprobenahmephasen, mengenproportionale Probenahmen) nachvollziehbar darzustellen und bestimmten Produktionssituationen eindeutig zuzuordnen. Wochenbilanzierungen bei reprasentativen Produktionssituationen sollten als Basis fiir die weitere Entscheidung zur Planung von Abwasservorbehandlungsanlagen aber grundsatzlich erarbeitet werden. Weitergehende Hinweise zu Abwasserbeprobungen und Planungen gewerblich-industrieller Abwasser-Vorbehandlungsanlagen sind u.a. den ATV-Arbeitsblattem (A102 1990, A115 1994, A163 1992 und Saake 2000) zu entnehmen.
458
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Innerbetriebliche MaBnahmen Durch die nach wie vor zu empfehlenden, innerbetrieblichen Mess- und KatastermaBnahmen wird in vielen Fallen erkannt, dass hohe Abwasserkonzentrationen oftmals „Produkt an falscher Stelle" charakterisieren. Der Sauerstoffbedarf (CSB und BSB5), der aus Rohstoffen oder Produkten im Abwasser entsteht, kann anhand folgender GroBen abgeschatzt werden: Stofffg)
Sauerstoffbedarf (mg/1) CSB BSB, 1.000 500 1.200 550 1.400 600 2.500 2.000
Kohlenhydrate, z. B. Glukose Starke, z. B. Starkepuder EiweiB, z. B. Kasein Fett, z. B. Sojaol
Aus diesem Grunde ist besonders darauf zu achten, dass Produktverluste (z. B. aus Abftill- und GieBmaschinen) nicht ins Abwasser gelangen, sondem getrennt aufgenommen und separat verwertet werden (bzw. als Viehfutterbeimischungen). Ein Teil der Abwasserfrachten, die z.B. aus Starkepuder entstehen, konnen dadurch vermieden werden, dass eine zentrale Starke-Absauganlage installiert wird. Mit Hilfe dieser Anlage sollten die Produkt- oder Starkereste aufgesaugt werden, bevor mit einer Nassreinigung der Maschinen oder FuBboden begonnen wird. In einem Beitrag (Saake 2000) wird iiber die Effizienz ahnlicher innerbetrieblicher MaBnahmen (IBM) berichtet. Durch die separate Fassung der ersten hochbelasteten Spiilwasser aus Behaltem und Maschinen eines StiBwarenbetriebes konnte die spezifische CSB-Fracht um rd. 60 % und die spez. Abwassermenge um rund 58 % reduziert werden (Tabelle 5.3.10-3). Die zuriickgehaltenen, hochkonzentrierten ersten Reinigungschargen konnen z. B. der Viehfutterindustrie zur Weiterverwertung zugefiihrt werden (Al 1998, A2 1993). Tabelle 5.3.10-3. Effizienz von innerbetrieblichen MaBnahmen (IBM) zur Abwasser- und Frachtreduzierung in einem StiBwaren-Betrieb Parameter Abwassermengen spez. Abwasserm. max. Tagesm. mittl. Tagesm. CSB-Fracht spez. CSB-Fracht max. Wochenfr. max Tagesfracht
Kiirzel
q V d , max V d , mittel
bcsB CSB, max B d , CSB, max
CSB-Konzentr.
C e , CSB
Einheit
mVt mVd mVd kg/t kg/Wo kg/d mg/1
Ist-Messung
Ist-Messung
Reduzierung durch IBM
3,62 178 167
1,52 161 123
58% 10% 26%
40,91 > 14.000 4.591 5.285
16,2 7.888 2.234 10.674
60% 44% 51 %
-
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem 1 BSBs-Fracht spez. BSBs-Fracht max Tagesfracht 1 BSBs-Konzentr.
besBS B d . BSB5. max C e , BSB5
kg/t kg/d mg/1
18,85 2.386 11.653
9,41 1.266 n.b.
459
50% 47%
-
* 1 vor der Durchfiihrung innerbetrieblicher MaBnahmen *2 nach der Durchfuhrung innerbetrieblicher MaBnahmen Auch bei umfassenden und weit reichenden innerbetrieblichen MaBnahmen zur Minderung der Abwassermengen und -frachten sollten zum Schutz von nachgeschalteten Anaerob-Anlagen (gegen nie ganz ausschlieBbare Spitzenbelastungen) ausreichend bemessene Starke- und Fettabschneider sowie Misch- und Ausgleichsbehalter vorgeschaltet werden. Auch die regelmaBige, ordnungsgemaBe Kontrolle und Reinigung der Abscheideranlagen ist eine wichtige Voraussetzung fur einen storungsfreien Betrieb von nachgeordneten Anaerob-Anlagen. Zusammensetzung und spezielle GroCen bestimmter Produktionsabwasser der SiiBwaren-Industrie Eine umfassende Darstellung der wesentlichen Produktionsverfahren in der StiBwarenindustrie ist in Saake (2000) und ATV 6 (2000) gegeben. Je nach Produktionsverfahren, hergestelltem Produkt und Realisierung innerbetrieblicher VermeidungsmaBnahmen schwanken die Produktionsabwasserparameter in einem weiten Bereich. Einen Uberblick zu den charakteristischen Daten des Produktionsabwassers aus verschiedenen Produktbereichen gibt Tabelle 5.3.10-4. Vor der Bemessung und Neuerstellung von Anaerobanlagen sollten in jedem Fall betriebsspezifische Kontrollmessungen zur Absichemng der Anlagenauslegung vorgenommen werden. Weiterfiihrende Literatur Weiterfiihrende Literatur zum Themenbereich „Abwasser der StiBwarenindustrie" sowie zu „Anaerobanlagen in der StiBwarenindustrie" kann dem Literaturverzeichnis dieses Beitrages entnommen werden. Besonders hinzuweisen ist auf den ATV-Arbeitsbericht „Praktische Empfehlungen und Hinweise fiir Anaerobanlagen" (ATV 2 2002), in dem praxisrelevante Hinweise zu Bemessung, zur Verfahrenstechnik und zum Betrieb von Anaerobanlagen gegeben werden, die grundsatzlich auch fiir derartige Abwasservorbehandlungsanlagen im Bereich der StiBwarenindustrie gelten.
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5 Anaerobe Abwasserbehandlung
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Tabelle 5.3.10-4. Charakteristische Zusammensetzung des Abwassers aus verschiedenen Produktionszweigen der SiiBwarenherstellung
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5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
461
5.3.10,2 Grolitechnisches Beispiel 1 In Belgien wird seit 1993 in einem Betrieb der Fmchtgummi-Herstellung eine Anaerob-Anlage (hinter einer Fettabscheideranlage, ahnlich DIN 4040) betrieben. Die wesentlichen Produktions-, Abwasser- und Anlagendaten (Indirekteinleiter) sind nachfolgend aufgeftihrt. • Produktion: Abwasserdaten:
Anlagendaten:
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spezifische GroBen: q~ 1,4-1,6 mVtProdukt bcsB'-30kg/tProdukt ~250EGWi2o/tProdukt Reinigungsleistung: bei BR^CSB-^ 3-5 kg/m^ • d
Baukosten: 1993 Personalaufwand:
ca. 70-85 % bezogen auf BSB5 ca. 60-70 % bezogen auf CSB 750.000,00 € ca. 1,0-2,0 h/d
Die Abflusskonzentrationen aus dieser Anlage (CSB ~ 2.000-3.000 mg/1) stellen sicher, dass dieser Betrieb keine Starkverschmutzerzuschlage zu zahlen hat und in die stadtische Kanalisation einleiten darf. 5.3.10.3 Grolitechnisches Beispiel 2 Vorbemerkungen In einem Produktionsbetrieb der deutschen StiBwarenindustrie wurde nach innerbetrieblicher Bestandsaufnahme und Entflechtung des Sanitarabwassers sowie anderer gering belasteter Teilstrome (z. B. Abschlemmwasser aus der Kesselanlage) 1995 die Entscheidung zum Bau einer anaerobaeroben Vorbehandlungsanlage ftir das organisch hochbelastete Produkti-
462
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
onsabwasser getroffen. Uber die Bemessung, die Realisierung und Inbetriebnahme dieser Anlage wird in Kraushaar u. Saake (1997), ATV 6 (2000) und Saake (2000) berichtet. Anlagentechnik/Verfahrenstechnik Die Anlage arbeitet nach dem UASB-Upflow-Verfahrensprinzip; die wesentlichen technischen Daten sind: Kompaktgebaude M + A-Becken Durchlaufzeit Vorklarung Vorversauerung (VV) Durchlaufzeit Reaktortyp Reaktorvolumen (MR) Raumbelastung Nachbeltiftung Durchlaufzeit Nachklarung Pelletschlammspeicher Biofilter/Abluftbehandlung
ca. 310 m^ Grundflache, Hohe ca. 6 m 230 m^ 12-4 Std. 15 m^ (Fettabscheiderprinzip) 80 m^ ca. 4-6 Std. UASB-Prinzip 2 • 125 m^ < 10 kg CSB/m^ • d 60 m^ ca. 2-4 Std. 20 m^ 125 m^ 15 m^ (1.500 mVh)
Das Foto der Anlage (Abb. 5.3.10-4) zeigt die als Kompaktanlage in Industriebauqualitat realisierte Betriebsklaranlage in einem Gewerbegebiet. Alle Anlagenteile sind abgedeckt und an die Abluftbehandlungsanlage (Biofilter-Anlage nach VDI-Richtlinie 3477) angeschlossen. Seit Inbetriebnahme der Anaerob-Anlage arbeitet dieses System ohne Probleme. Bei einer Flachenbeschickung des Biofilters von < 100 mVm^ • h sind noch keine Probleme beztiglich Geruchsemissionen im umgebenden Gewerbegebiet bekannt geworden. Betriebsergebnisse seit 1997 Nachfolgend sind die Betriebsergebnisse seit 1997 zusammengefasst dargestellt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Normallastphase (1997-2000) in der die Anlage bemessungsgemaB betrieben wurde. Durch Produkterweiterungen, Verfahrensumstellungen und Produktionssteigerungen ergab sich ab 2001 eine Spitzenlastphase (2001 und 2002), in der die Belastungsgrenzen erreicht und zum Teil auch deutlich tiberschritten wurden. In Tabelle 5.3.10-5 sind die wesentlichen Betriebsparameter dieser zwei Belastungsabschnitte (Normallast (1997-2000) und Spitzenlast (2001 und 2002)) gegentibergestellt.
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5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
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5 Anaerobe Abwasserbehandlung
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Abb. 5.3.10-4. Foto der Abwasservorbehandlungsanlage (wahrend der jahrlichen Wartungsarbeiten) Normallastphase (1997-2000) Die Auswertung der Betriebsaufzeichnungen (Werte & Darstellungen errechnet und dargestellt aus Monatsmittelwerten im Abb. 5.3.10-5 bis Abb. 5.3.10-7) zeigt, dass eine sehr weitgehend betriebsstabile Anlagenund Reinigungsleistung gewahrleistet ist, wenn die CSB-Raumbelastungen < 5,0 kg/m^-d und die hydraulischen Belastungen < 200 mVd eingehalten werden konnen. Die von Januar 2000 bis April 2000 erkennbare Reduzierung des CSB-Wirkungsgrades auf etwa 70 % resultiert aus Sondersituationen (Einarbeitungsphase nach Jahreswechsel, Verstopfungen im ZulaufRohrsystem, Storungen des technischen Normalbetriebes durch Schlammentsorgung und technische Wartungsarbeiten). Insgesamt ist aber festzustellen, dass eine auslegungskonforme Reinigungsleistung der Anlage (6295 %) mit einer Biogasproduktion von rd. 155.000 mVa (0,475 m^ Biogas /kg CSB-Elimination) liber mehrere Jahre gegeben ist. Die CSBAblaufkonzentration in den kommunalen SW-Kanal betrug im 4-JahresMittel < 1.450 mg/1. Die gute und weitgehende CSB-Elimination in einem bestimmungsgemaB betriebenen Up-flow-Reaktor wurde auch durch die relativ geringe Konzentration der fltichtigen organischen Sauren < 1.500 mg HAC/L (im Mittel etwa 420 mg HAL/L) iiber 4 Jahre bestatigt.
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
465
Bedingt durch die (aerobe) Schlammentwicklung und den Schlammaustrieb aus dem Methan-Reaktor in die nachgeschaltete Nachbeltiftung ergaben sich oftmals etwas hohere CSB-Konzentrationen im Abfluss zum kommunalen SW-Kanal (etwa + 10%) als im Ablauf Methanreaktor. Spitzenlastphase (2001-2002) Durch Rezeptummstellungen, Produktionssteigerungen und Verwendungen neuer Rohstoffe kam es ab etwa der 06. KW 2002 zu Spitzenbelastungen • CSB-Raumbelastung > 10 kg/m^-d und • hydraulischen Belastungen > 240 m^/d, die dazu fuhrten, dass es zu einem instabilen Anlagenbetrieb mit schlechten CSB-Reinigungsleistungen kam (Abb. 5.3.10-8 bis 5.3.10-10, Daten ermittelt und dargestellt aus Wochenmittelwerten). Alle charakteristischen Betriebsparameter zeigten schlechtere CSBAblaufwerte in den SW-Kanal (im Mittel etwa 2.500 mg/1), hohere org. Sauren (> 1.000 mg/1, im Mittel 1.500 mg/1), geringere Methankonzentrationen im Faulgas und geringere Biogasproduktion.
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466
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
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5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
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5 Anaerobe Abwasserbehandlung fm^^T^
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Abb. 5.3.10-10. CSB - Raumbelastung und CSB - Wirkungsgrad 2001 und 2002 Kosten und Wirtschaftlichkeit Hauptgrund fiir die 1995 getroffene Entscheidung, eine betriebliche Anaerob-Anlage zu bauen und zu betreiben, war auch die Tatsache, dass steigende Starkverschmutzungszuschlage bei Einleitung in den kommunalen SW-Kanal zu zahlen waren: • 1990: 0,94 DM/kg CSB, • 1995: 1,68 DM/kg CSB, • 2000: 1,40 DM/kg CSB. Dieser Zuschlag wird fiir CSB-Konzentrationen bzw. Frachten berechnet, die oberhalb der Konzentrationen hauslichen Abwassers liegen. Die Investitionen fur die Errichtung der Abwasservorbehandlungsanlage beliefen sich 1995 auf rd. 2,0 Mio. DM netto. Diese entfielen auf das Bauwerk und die fiir die Betreibung der Anlage notwendigen Aggregate (Maschinenund E-Technik). Des Weiteren fielen Kosten fiir die Erstellung der Statiken, Energieanschltisse, Sanitarentflechtung, Pilotversuche und AuBengestaltung an. Aus einer Vergleichsrechnung der Betrieb- bzw. Abwasserkosten vor und nach Inbetriebnahme der Anaerob-Anlage (Saake, 2000) ergab sich, dass jahrlich etwa 422.000 DM an Einspamngen (hauptsachlich geringerer Starkverschmutzerzuschlag) erwirtschaftet werden konnten, so dass eine Amortisation der Anaerob-Aerob-Anlage nach einem Zeitraum von etwa 4-5 Jahren gegeben war. Die heutigen Betriebskosten der Anlage (ohne restliche Kapitalkosten, mit Starkverschmutzerzuschlag) belaufen sich auf
5.3 Beispiele zur Behandlung von industriellen Abwassem
469
etwa 2,50 €/m^ Abwasser; ohne Anaerob-Aerob-Anlage ware ftir das heutige Produktionsabwasser ein Starkverschmutzerzuschlag von rd. 7,00 €/m^ bei direkter Einleitung in den stadtischen SW-Kanal zu zahlen. (Ein Teil der abwassertechnischen Datenauswertung wurde im Rahmen eines PlUS-Check, gefordert durch die Effizienz-Agentur NordrheinWestfalen, Duisburg, ermoglicht.)
5.3.10.4 Zusammenfassung Anaerob-Anlagen in der StiBwaren-Industrie sollten nur mit einer CSBRaumbelastung von hochstens 5-lOkg/m^-d bemessen (und betrieben) werden. Auch wenn im „Vorfuhrbetrieb" von Lieferantenanlagen unter der Verantwortung von Lieferanten- Fachpersonal kurzzeitig, deutlich hohere CSB-Raumbelastungen nachgewiesen werden konnen, muss ftir den spateren Praxis-Dauerbetrieb unter Personalverantwortung des StiBwarenherstellers davon ausgegangen werden, dass CSB-Raumbelastungen oberhalb von lOkg/m^-d eine erhohte Gefahr von Betriebsstorungen im AnaerobProzess bedeuten. Anzuempfehlen ist aus „Sicherheitsgrunden" auch ein VorspeicherTank oder Misch- und Ausgleichsbehalter mit Versauerungsfunktion, der deutlich groBer ist als 1,5-2-Qd, derm es kann im Praxisbetrieb nie ausgeschlossen werden, dass besondere Produktionsbedingungen hydraulische Spitzenbelastungen erzeugen, die andemfalls den Wirkungsgrad der Anaerob-Anlage deutlich und nachhaltig negativ beeinflussen.
Literatur Anonymus 1 (1993) Analysenergebnisse des Instituts fur Tierernahrung der Tiermed. Hochschule Hannover, 1993 Anonymus 2 (1993) Analysenergebnisse der Landwirtschaftlichen Untersuchungsund Forschungsanstalt, Miinster, 1993 Anonymus 3 (1996) SuBwaren-Taschenbuch 1996 des Bundesverbandes Deutscher SuBwarenindustrie i. V. B. Behr's Verlag, Hamburg Anonymus 4 (1987) Abwassertechnisches Regelwerk „SiiBwaren-Industrie" Zuckerwaren/Schokolade unveroffentlicht, November 1987 ZWS 1 (1998) Zucker- und SuBwaren-Wirtschaft ZSW, 1998, 1-2, S 7 ZWS 2, (2001) Zucker- und SuBwaren-Wirtschaft ZSW, 2001, 1-2, S 34 ZWS 3, (2002) Zucker- und SiiBwaren-Wirtschaft ZSW, 2002, 1-2, S 32-33 Andersen G (1993) Abwassersituation in der Zuckerwaren-Industrie, Zucker- und SuBwaren Wirtschaft ISSN 0373-0204, 46. Jahrgang, Heft 11/1993, S 547 ff ATV 1 (1998) Entsorgung der Rtlckstande aus Abscheideranlagen fur Fette, Arbeitsbericht in Korrespondenz Abwasser 1998 (45), Heft, S 971-988 ATV 2 (2002) ATV-Arbeitsbericht: Praktische Empfehlungen und Hinweise fLlr Anaerobanlagen
470
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
ATV 3 (1990) ATV-Arbeitsblatt A 102: Allgemeine Hinweise fllr die Planung von Abwasserabteilungsanlagen und Abwasserbehandlungsanlagen bei Industrie- und Gewerbebetrieben (November 1990) ATV 4 (1994) ATV-Arbeitsblatt A 115: Einleiten von nicht haushchem Abwasser in eine offentliche Abwasseranlage (Oktober 1994) ATV 5 (1992) ATV-Arbeitsblatt A 163 Teil 1: Indirekteinleiter, Erfassung (November 1992) ATV 6 (2000) ATV-Handbuch: Industrieabwasser, Lebensmittelindustrie, 4. Auflage, 2000, Verlag Ernst & Sohn, Berlin ISBN 3-433-01467-1; S 441-470 KA (2002) Korrespondenz Abwasser, Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall, 2002 (49), Nr. 12, S 1708-1714 Kraushaar D, Saake M (1997) Betriebserfahrungen mit einer Anaerob-AerobAnlage in der SiiBwaren-Industrie, ATV Seminar 6/96, „Anaerobtechnik in der Abwasserbehandlung der Nahrungs-, Genuss und Lebensmittelindustrie", 02.12.1997 in Ostfildem, TAE Rosen winkel KH, Saake M (1992) Stand und Trends bei der Abwasserentsorgung in der Lebensmittelindustrie VDI-Tagung 28./29.10.1992, Miinchen, Tagungsbeitrag Saake M 1 (1993) Die Abwassersituation in der Zucker- und SuBwaren-Industrie Probleme und Problemlosungen - Zuckerwaren-Symposium 1993 20.22.09.1993, Solingen Saake M 2 (1993) Vorgehensweise, Umfang und Aufstellung von innerbetrieblichen Abwasser-Katastern - Anspruch und Moglichkeiten - HdT-Seminar Nr. S50-218-093-3 am 18.02.1993 in Essen: Indirekteinleiter-Verordnung und innerbetriebliche Abwasserkataster fiir Gewerbe- und Industriebetriebe Saake M (1997) Abwasserbehandlung in der Emahrungs- und Getrankeindustrie SiiBwaren-Industrie - 18.09.1997, Fraunhofer-Institut fiir Lebensmitteltechnologie und Verpackung / LV, Freising (ATV-Seminar) Saake M (2000) Abwasserbehandlung in der Emahrungs- und Getrankeindustrie; Technische Akademie Esslingen, 19.10.2000, Seminarvortrag
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassern 5.4.1 Zellstoff- und Papierfabriken 5.4,1.1 Allgemeines Die Anlagen zur Erzeugung von Papier, Karton und Pappe werden hier unter „Papierfabriken" zusammengefasst. Das Wort „Papier" wird gleichzeitig als Oberbegriff und als Bezeichnung fur einlagige Produkte bis zu einem Flachengewicht (korrekter „flachenbezogene Masse") von 225 g/m^ (Papier nach DIN 6730) benutzt. „Karton" bezeichnet Produkte im Bereich von etwa 150 bis 600 g/m^, die haufig mehrlagig sind. Der Begriff ist nicht
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassern
471
genormt und wird deshalb auch im rechtlichen Bereich (Umweltrecht) nicht verwendet. „Pappe" bezeichnet Produkte mit mehr als 225 g/m^ (DIN 6730), meist auch mehrlagig, aber oft nach anderen Herstellungsverfahren erzeugt als Karton. Die (Jbergange zwischen diesen Produktklassen sind im praktischen Gebrauch flieBend, nur die Norm gibt die angegebene scharfe Definition nach dem Flachengewicht. Wenn hier von Papier gesprochen wird, so ist dies als Oberbegriff ftir alle durch Absiebung einer wasserigen Faserstoffsuspension gewonnenen Produkte zu verstehen (siehe 5.4.1.3.1), soweit nichts anderes gesagt wird. Die anaerobe Abwasserbehandlung fand in den letzten 25 Jahren weitere Verbreitung in der Papier- und Zellstoffindustrie. Die wesentlichsten Grlinde dafur sind der geringe Energiebedarf und die geringe Uberschussschlammproduktion dieses Abwasserbehandlungsverfahrens im Vergleich zur tiblichen aeroben Behandlung. Am haufigsten wird das Verfahren bei den Herstellern von Verpakkungspapieren aus Altpapier, insbesondere bei den Wellpappenrohpapieren, die mit geringen spezifischen Abwassermengen produzieren konnen, angewendet. Auch die Briidenkondensate aus der Eindampfung verbrauchter Kochsaure oder Ablauge aus der Zellstofferzeugung (EDA-Kondensate) eignen sich sehr gut ftir die anaerobe Reinigung, die im Bereich der Sulfitzellstofferzeugung auch verbreitet technisch eingesetzt wird. Anaerob behandelte Abwasser miissen vor der Einleitung in ein Gewasser immer aerob nachbehandelt werden, da eine anaerobe VoUreinigung d.h. Behandlung mit vollstandigem BSB-Abbau auf < 20 mg/1 - nach bisherigem Kenntnisstand nicht moglich ist. Ein wesentlicher Vorteil des anaeroben Verfahrens bei der Behandlung von Abwassern der Papiererzeugung liegt darin, dass leicht abbaubare organische Wasserinhaltsstoffe, die bei der aeroben Behandlung je nach Verfahrensweise mehr oder weniger zur Blahschlammbildung beitragen konnen, unter Energiegewinn abgebaut werden. Mikrobiologie und Verfahrenstechnik der anaeroben Abwasserbehandlung wurden bereits dargestellt, auf die einschlagigen Kapitel wird hier verwiesen. Bisher werden in der Zellstoff- und Papierindustrie vorwiegend mesophile Verfahren der anaeroben Abwasserreinigung angewendet, thermophile Verfahren haben sich aber bereits bewahrt und konnen vor allem dort Erfolg versprechend angewendet werden, wo hohere Abwassertemperaturen vorliegen (Pauly u. Deschildre 2001; van Lier u. Boncz 2002). Die grundlegenden verfahrenstechnischen Forderungen werden von den Verfahren, die heute vorrangig ftir die Behandlung von Abwassern der Zellstoff- und Papierindustrie verwendet werden, erfiillt.
472
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Je nach Verfahren laufen die ersten beiden Teilschritte - Hydrolyse und Versauerung - in einer vom eigentlichen „Methanreaktor" getrennten Vorstufe, dem „Versauerungsreaktor", ab. Dieser kann auch gleichzeitig Puffertank sein. Bei anderen Verfahren linden die Verfahrensschritte Hydrolyse, Vorversauerung und Methanisierung in einem Reaktor statt. Die Bemessung von anaeroben Reaktoren erfolgt nach der CSB-Raumbelastung, der hydraulischen Aufenthaltszeit (hydraulic retention time, HRT), der Gasflachenbelastung und der Aufstromgeschwindigkeit/ Flachenbelastung. Bei geringen CSB-Konzentrationen (CSB < 1200 mg/1) kann die Bemessung nach HRT Vorrang gewinnen, dadurch werden die Reaktoren spezifisch teurer, das Verfahren kann unwirtschaftlich werden. Ftir die Anwendung der Anaerob-Technologie in der Zellstoff- und Papierindustrie sind die folgenden Randbedingungen zu beachten: • Hohe Konzentrationen von suspendierten Stoffen (AFS) im Zulauf zum Anaerobreaktor sind durch geeignete VorbehandlungsmaBnahmen zu vermeiden. Welche Feststofffrachten im Mittel und als kurzzeitige StoBbelastungen toleriert werden, ist vom Reaktorsystem abhangig. Zu beachten ist dabei auch die Art der Feststoffe (z.B. Fasem, anorganische oder organische Stoffe) • Geringe Sulfat-Konzentrationen im Verhaltnis zur CSB-Konzentration. Folgende Richtwerte konnen zugrunde gelegt werden - CSB 4 g/1, Sulfat moghchst < 100 mg/1, maximal 560 mg/1, - CSB 3 g/1, Sulfat moglichst < 70 mg/1, maximal 420 mg/1, - CSB 2 g/1, Sulfat moglichst < 50 mg/1, maximal 280 mg/1. • In Abhangigkeit des Reaktorsystems konnen zeitweise hohere Sulfatkonzentrationen einen weitgehend storungsfreien Betrieb erlauben (Brockmann et al. 2000). • Calciumgehalte sollten moglichst gering sein um Ausfallungen zu vermeiden (Rtiffer u. Boeck 1986). Durch die Optimierung der Betriebsbedingungen kann in Abhangigkeit des Reaktorsystems die Ausfallungsneigung verringert werden. • Keine Stoffe einsetzen, die toxisch ftir die anaeroben Mikroorganismen sind, insbesondere ftir die methanogenen Mikroorganismen. GroBte Vorsicht bei der Auswahl von Hilfsmitteln, insbesondere von Mikrobiziden und Reinigem. • Temperatur und pH-Wert des Abwassers sind vor Eintritt in den eigentlichen Methanreaktor einzustellen. Richtwerte sind pH 6,9 bis 7,2 und T 36 bis 39 °C. Der pH-Wert kann bei Eintritt in den Methanreaktor < 7 sein, wenn sichergestellt wird, dass nach Methanisierung der organischen Sauren der pH-Wert neutral ist.
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
473
Die Betriebsbedingungen fur Anaerobanlagen zur Behandlung der Abwasser von Zellstoff- und Papierfabriken richten sich in erster Linie nach der Art des Verfahrens und konnen deshalb hier nicht in allgemeiner Weise genannt werden. Hinsichtlich der Betriebsbedingungen gilt grundsatzlich ftir alle Verfahren: • Schockbelastung mit organischer Fracht ist zu vermeiden. Sie fiihrt zu einer libermaBigen Produktion organischer Sauren, die nicht schnell genug methanisiert werden konnen. Damit sinkt der pH-Wert des Reaktors unter den fiir die Methanisierung geeigneten Bereich. Der Prozess wird beeintrachtigt oder kommt ganz zum Erliegen. Ist dies eingetreten, sollte die Zufuhr organischer Fracht unterbrochen werden und der pH-Wert durch Akalidosierung wieder in den Neutralbereich eingeregelt werden. Danach ist die Zufuhr organischer Fracht nur langsam entsprechend der Entwicklung der methanogenen Aktivitat wieder zu steigem. • Das zugefuhrte Abwasser darf keine nicht neutralisierten Mineralsauren enthalten. Bin durch organische Sauren verursachter schwach saurer pHWert wird dagegen durch Methanisierung im Reaktor neutralisiert, wenn dieser nicht iiberlastet ist. • Temperatursprixnge sind zu vermeiden. Ein rascher Temperaturanstieg oder -abfall kann die gleichen Folgen haben, wie eine Uberlastung mit organischer Fracht. • Uberlastung der Methanisierungsstufe des anaeroben Abbaus, sei es durch zu hohe Frachtzufuhr oder durch Leistungsabfall, kann im Ablauf des Reaktors am zuverlassigsten durch analytische KontroUe der wasserdampffltichtigen organischen Sauren erkannt werden. Der pH-Wert ist nicht immer ein ausreichend zuverlassiger Indikator. • Empirisch wird eine fiir den Normalbetrieb des Reaktors typische Konzentration der organischen Sauren ermittelt, die durch regelmaBige Kontrollmessungen tiberwacht wird. Fiir die laufende Kontrolle konnen vereinfachte Methoden angewendet werden. • Die Zugabe von Eisen(III)salzen hat sich bei verschiedenartigsten Betriebsproblemen in Anaerobanlagen bewahrt. Der Wirkmechanismus ist dabei oft nicht klar, vielfach wird aber die Sulfidbindung (Ausfallung von unloslichem Fe2S3) hilfreich sein. • Ausreichendes Nahrstoffangebot (N und P) und das Vorhandensein von Spurenelementen miissen sichergestellt sein.
474
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
5A. 1.2 Zellstofffabriken 5.4.1.2.1
Produktion, Abwasseranfall, Abwasserbeschaffenheit
Die wesentliche Aufgabe der Zellstoffherstellung aus pflanzlichen Produkten besteht darin, durch einen chemischen Aufschluss die CelluloseBegleitstoffe aus dem Pflanzenmaterial herauszulosen. Bei Holz, welches der wichtigste Rohstoff der Zellstofferzeugung ist, sind dies vorwiegend Lignin und Hemicellulosen. Der Cellulose-Anteil der verwendeten Holzarten liegt zwischen 38 und 43 %, so dass mehr als 50 % der Holzsubstanz beim Holzaufschluss in Losung zu bringen sind (Mobius 2003). Verschiedene Aufschlussverfahren ebenso wie verschiedene Holzarten ergeben Zellstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften. Normalerweise wird die Herstellung moglichst reiner Cellulose angestrebt. Zu diesem Zweck wird der Aufschluss durch cine Bleiche erganzt, die farbende Verunreinigungen, vor allem Restlignin, entfernt. Als Aufschlussverfahren werden hauptsachlich angewendet Sulfat- und Sulfitverfahren. Weltweit dominiert das Sulfatverfahren, welches einen fiir die Papierherstellung wegen hoher Festigkeiten besonders geschatzten Faserstoff liefert. Als Aufschlusslosung wird dabei eine wassrige Losung aus Natronlauge und Natriumsulfid verwendet. Die Bezeichnung Sulfatverfahren ergibt sich aus dem Einsatz von Natriumsulfat bei der Chemikalienrlickgewinnung. Der Aufschluss erfolgt bei 170 bis 190 °C in 2 bis 6 Stunden. Aus der verbrauchten Kochlauge („Schwarzlauge") konnen durch Eindampfen und Verbrennen die Aufschlusschemikalien nach zusatzlicher chemischer Umsetzung zurtickgewonnen werden (recovery). In Deutschland wird das Sulfatverfahren seit dem Jahr 2000 wieder angewendet. Zurzeit arbeiten vier der ftinf deutschen Zellstoffhersteller nach dem Sulfitverfahren. Der Aufschluss erfolgt dabei mit einer wassrigen Hydrogensulfitlosung („Kochsaure"), die einen tJberschuss an gelostem SO2 enthalt. Der Aufschluss erfolgt bei 120 bis 145 °C in 7 bis 10 Stunden. Die Bleiche der durch den Aufschluss gewonnenen Cellulose erfolgt heute tiberwiegend in mehreren Stufen unter Verwendung von Chlordioxid, Sauerstoff und Peroxid als Oxidationsmittel (elementarchlorfrei, ECF). Altemativ kann auf Chlorverbindungen ganz verzichtet werden (total chlorfrei, TCF), was bei der Sulfitzellstofferzeugung typisch ist. Aktuell werden weltweit etwa zwei Drittel des Marktzellstoffs nach dem ECF-Verfahren produziert. TCF-Zellstoff hat seit 1995 stagnierend einen Anteil von ca. 5 % (2002: 7 %), andere Verfahren (darunter vor allem die Bleiche mit Elementarchlor) gehen entsprechend dem Ansteigen des ECFAnteils standig zurtick und hatten 2002 noch einen Anteil von 25 % (Hamm u. Gottsching 2003). Betrachtet man die skandinavische Produktion allein, so war der Anteil ECF 2001 bei 78 %, TCF bei 22 % und andere
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
475
Verfahren waren nicht vertreten. TCF-Zellstoffe werden in Nordamerika nur in geringem Umfang erzeugt, auf diesem Gebiet hat Skandinavien eine ftihrende Rolle. Bei der Zellstoffherstellung gibt es neben kleineren, meist wenig belasteten Abwasserteilstromen nur zwei Hauptanfallbereiche, namlich die bei der Eindampfung gebrauchter Aufschlusslosung entstehenden Briidenkondensate im Sulfitverfahren und die Abwasser aus dem Bleichprozess (im Sulfit- und Sulfatverfahren, bei letzterem die Hauptquelle von Abwasser). Bei der Eindampfung der verbrauchten Aufschlusslosung (oft als „Ablauge" bezeichnet, „Schwarzlauge" bei dem Sulfatverfahren, „Kochsaure" bei dem Sulfitverfahren) sind die Verfahren Sulfit und Sulfat zu unterscheiden. Die bei der Eindampfung entstehenden Briiden werden kondensiert. Die Kondensate („Brudenkondensat", „EDA-Kondensat") weisen eine hohe Belastung mit biologisch leicht abbaubaren Verbindungen auf Sie werden bei dem konventionellen Sulfitverfahren als Abwasserteilstrom der Behandlung zugefiihrt. Bei dem Sulfatverfahren in heute tiblichen Konfigurationen werden die Kondensate (getrennt in unterschiedlich belastete Fraktionen) teilweise gestrippt und dann wiederverwendet. Die Strip-Gase werden verbrannt. In das Abwasser gelangen dabei nur geringe Mengen zufalliger Verluste (spills). Der Eindampfriickstand kann wegen seines hohen Energieinhalts erfolgreich als Energietrager verbrannt werden. Bei alien genannten Aufschlussverfahren wird eine moglichst weitgehende Riickgewinnung der Aufschlusschemikalien aus dem Verbrennungsriickstand {recovery) angestrebt. Die Briidenkondensate aus der Eindampfung verbrauchter Kochsaure aus der Sulfitzellstofferzeugung (EDA-Kondensate), die praktisch frei von ungelosten Feststoffen sind und zu einem erheblichen Anteil aus Essigsaure bestehen (einem Zwischenprodukt der anaeroben Umsetzung organischer Stoffe zu Methan), eignen sich sehr gut fiir die anaerobe Behandlung. Dies wurde bereits friih erkannt (Sahm 1984). Bei der Umsetzung in die technische Praxis wurden erste grundsatzliche Erfahrungen gesammelt (von der Emde u. Kroiss 1983). Die Ursache vorher ungeklarter Schwierigkeiten fand man darin, dass der wegen des hohen Gehaltes an Essigsaure ftir unwesentlich gehaltene 2. Schritt des Anaerobprozesses, gemeinhin als „Versauerung" bezeichnet, ftir die Umsetzung hemmend wirkender Inhaltsstoffe der Briidenkondensate sehr entscheidend ist (Brune et al. 1982). So lieBen sich Unterschiede zwischen Leistung und Betriebsstabilitat verschiedener technischer Anlagen erklaren. Der Gehalt an Spurenelementen reicht bei den Brtidenkondensaten fur die Versorgung der Biomasse nicht aus, so dass diese zusatzlich zu den
476
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Nahrstoffen N und P addiert werden mtissen (Sahm 1984). Die Addition erfolgt in Form einer empirisch auf der Grundlage des Spurenelementgehaltes der Biozonose zusammengestellten Mischung. Die allgemeinen Anforderungen („Mindestanforderungen") an die Beschaffenheit von gereinigtem Abwasser aus der Zellstofferzeugung fiir die Einleitung in Oberflachengewasser werden in Deutschland in Anhang 19 zur Abwasserverwaltungsvorschrift definiert. 5.4.1.2.2
Behandlungsverfahren und Praxisbeispiele
Bei der Behandlung von Zellstofffabriks-Abwassem (EDA-Kondensat) hat sich ein Vorreaktor mit einigen Stunden Aufenthaltszeit in der Art der sonst verwendeten Vorversauerung aus dem vorher erwahnten Grund als sinnvoll erwiesen, obwohl der Anteil an organischen Sauren hoch ist. Bisher wurden fiir die anaerobe Behandlung von Briidenkondensaten vorwiegend groBvolumige Kontaktanlagen verwendet. Die CSB-Raumbelastung wird bei total durchmischten Reaktoren (Kontaktverfahren) zwischen 2 und 4 kg/m^-d gewahlt. Die meisten dieser Anlagen konnen nur mit CSB-Raumbelastungen von etwa 2 kg/m^-d betrieben werden, die deutlich unter den Auslegungsbelastungen liegen. Soweit die Anlagen emeuert werden, wahlt man gewohnlich andere Verfahren (siehe Tab. 5.4.1-1). Die vier Sulfitzellstofffabriken in Deutschland behandeln die EDAKondensate anaerob. Die Bleicherei-Abwasser und die Abwasser der integrierten Papiererzeugungsanlagen werden iiberwiegend nur aerob behandelt. Die Abwasserreinigungsanlagen werden in Tabelle 5.4.1-1 kurz beschrieben. Sulfatzellstofffabriken mit modernen Wasserkreislaufkonzepten haben normalerweise keine anaerobe Reinigungsstufe, weil kein dafiir geeignetes Abwasser anfallt. Tabelle 5.4.1-1. Die Abwasserbehandlung der Sulfitzellstofffabriken in Deutschland im Jahr 2003 Werk
Produktion
Anaerob
Sappi Alfeld AG, Alfeld
Sulfitzellstoff und Grafische Papiere Sulfitzellstoff und Grafische Papiere Sulfitzellstoff und Hygienepapiere
zuerst Festbett, umgertistet auf Biobed-Reaktor Kontaktschlamm
M-real Stockstadt GmbH SCA Hygiene Products GmbH, Mannheim
Kontaktschlamm
Aerob (nachgeschaltet) einstufige Belebung
Inbetriebnahme 1989/ 2003
CSB-Fracht Auslegung [kg/dl 50.000
Sauerstoffbelebung (Kaskade) einstufige Belebung
1990
9.000
1990
18.000
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem Sappi Eliingen AG, Ehingen
Sulfitzellstoff und Grafische Papiere
Kontaktschlamm, einstiifige erweitert mit Kon- Belebung taktschlamm
1992/ 2003
477
50.000
5 A. 1.3 Papierfabriken 5.4.1.3.1
Produktion, Abwasseranfall, Abwasserbeschaffenheit
Papier ist ein Werkstoff, der vorwiegend aus Fasem pflanzlichen Ursprungs besteht, die durch Oberflachenanziehungskrafte miteinander zu einem Blatt im Wesentlichen regellos verbunden sind. Die Anziehungskrafte werden tiberwiegend durch den zwischen den Fasem befindlichen diinnen Wasserfilm (Ausbildung von Wasserstoffbrlickenbindungen) ermoglicht. Das Fasemetzwerk wird technisch in der Kegel durch Absieben aus wasseriger Suspension erzeugt. Wasser gehort deshalb zu den wichtigsten Hilfsmitteln bei der Herstellung von Papier. Die allgemeinen Anforderungen („Mindestanforderungen") an die Beschaffenheit von gereinigtem Abwasser aus der Papiererzeugung ftir die Einleitung in Oberflachengewasser werden in Deutschland in Anhang 28 zur Abwasserverwaltungsvorschrift definiert. Die bei der Papiererzeugung eingesetzten Faserstoffarten sind hauptsachlich: Holzstoff, Zellstoff und Altpapierstoff. Die Papierfabriken in Deutschland kaufen Zellstoff tiberwiegend als Handelsprodukt. Es gibt in Deutschland nur wenige Zellstofffabriken (2003: ftinf Werke, die vier Sulfitzellstoffwerke sind „integriert", d.h. tibemehmen den Zellstoff aus eigener Produktion). Holzstoff und Altpapierstoff werden tiberwiegend von den Papierfabriken selbst erzeugt, die dann in Bezug auf diese Halbstoffe ebenfalls integriert sind. Diese Art der Integration ist in Anhang 28 der Abwasserverordnung beriicksichtigt, nicht jedoch die Integration mit der Zellstofferzeugung. Die Faserstoffe werden unter Zugabe von Wasser in periodisch oder kontinuierlich arbeitenden Anlagen zunachst verteilt und anschlieBend zum Stoff gewtinschter Gtite - abhangig von der Art des zu erzeugenden Papiers - mehr oder weniger intensiv gemahlen. Verschiedene Faserstoffe werden miteinander gemischt, Ftillstoffe, Leim, Farbstoffe und andere Papierhilfsmittel werden zugesetzt und mit dem Stoff intensiv gemischt. Durch Verdtinnen - tiberwiegend mit dem zuriickgefiihrten Siebwasser - wird der so vorbereitete Papierstoff auf den gewiinschten Feststoffgehalt („Stoffdichte") eingestellt. Nach Verdtinnung und Stoffdichteregelung wird der Stoff in verschiedenartig gestalteten Sortierstufen von festen Verunreinigungen befreit. AnschlieBend wird - gegebenenfalls nach emeutem Zusatz von Hilfsmitteln, z. B. Retentionsmitteln - der Stoff liber den Stoffauflauf dem Papiermaschinensieb zugefiihrt.
478
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Dieses ist ein endloses umlaufendes Band, auf dem sich die Fasem absetzen und die Papierbahn („Blatt") bilden. Nach weiterer Entwassemng auf dem Sieb wird die Papierbahn den Pressen zugefuhrt, in denen die mechanische Entwassemng bis zu einem Trockenstoffgehalt zwischen 40 und 55 % erfolgt. AnschlieBend gelangt die Papierbahn in die thermische Trocknung, die vorwiegend mit Hilfe von dampfbeheizten MetallzyHndem auf einen Restwassergehah von unter 10 % erfolgt. Abwasser fallt in diesem Prozess im Prinzip nur als liberschiissiges, durch eingesetztes Frischwasser verdrangtes Kreislaufwasser an. Der groBere Teil des anfallenden Abwassers hat dementsprechend die Konzentration des Kreislaufwassers, die wiedemm durch die eingebrachte Fracht an wasserloslichen Stoffen (mit typischen Werten ftir bestimmte Produktarten) und den Grad der Kreislaufeinengung, gekennzeichnet durch die spezifische Abwassermenge, gegeben ist. Hoher konzentrierte Teilstrome in nennenswerten Mengen, die unter Umstanden einer getrennten (auch anaeroben) Vorbehandlung unterworfen werden konnen, fallen nur bei bestimmten, nicht tiberall angewendeten Prozessen an, so z. B. bei der Altpapieraufbereitung mit dem Deinking-Verfahren. Unterschiede in der spezifischen Abwassermenge sind durch die Produktsorten gegeben, ftir die sehr verschiedene Herstellungsverfahren angewendet werden, die unterschiedliche Anfordemngen an die Reinheit des Produktionswassers stellen. Ftir die wichtigsten Sortenbereiche konnen die in Tabelle 5.4.1-2 angegebenen typischen spezifischen Abwassermengen genannt werden (hohere oder geringere Werte konnen in Einzelfallen technisch gerechtfertigt sein): Die Qualitat des abgeleiteten und zu behandelnden Abwassers wird auBer durch die eingesetzten Roh-, Halb- und Hilfsstoffe vor allem durch die spezifische Abwassermenge bestimmt. Beides ist kennzeichnend fur die Art der Produktion, weshalb man von einer produktionsspezifischen Abwasserzusammensetzung spricht (Tabelle 5.4.1-3). Weitere Informationen dazu in (Mobius 2003). Tabelle 5.4.1-2. Typische spezifische Abwassermengen der Papiererzeugung Programm holzfreie Papiere hochausgemahlene und Spezialpapiere holzhaltige Papiere gestrichene Papiere Papier aus Altpapier
von 5 30 5 7 0
bis 70 200 25 30 20
1/kg 1/kg 1/kg 1/kg 1/kg
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassern
479
Tabelle 5.4.1-3. Produktionsspezifische Abwasserzusammensetzung Programm holzfreie Papiere hochausgemahlene und Spezialpapiere holzhaltige Papiere gestrichene Papiere 1 Papier aus Altpapier
5.4.1.3.2
BSBs von bis 20 550 40 10 500 125 260 170 3000 250
CSB von bis 1100 50 110 20 1300 320 360 540 540 5500
mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 mg/1
Behandlungsverfahren und Praxisbeispiele
Die Verfahrenstechnik und die Bedingungen, unter denen das anaerobe Verfahren technisch und wirtschaftlich sinnvoll anwendbar ist, werden von der Mikrobiologie des anaeroben Abbaus organischer Wasserinhaltsstoffe bestimmt (Mobius u. Demel 1986). Ftir die anaerobe Behandlung wurden verschiedene Verfahrenstechniken entwickelt, die an anderer Stelle eingehend beschrieben wurden. Ftir die Behandlung von Papierfabriksabwassern haben sich das UASBVerfahren und die davon abgeleiteten Hochreaktortypen durchgesetzt. Ftir das UASB-Verfahren v^ird als BemessungsgroBe meist ein Wert zw^ischen 6 und 10 kg/m^-d gewahlt. Unter gtinstigen Umstanden arbeiten UASB-Anlagen in Papierfabriken auch bei bis zu 18 kg/m^-d stabil. Ahnliche Belastungen werden ftir das Hybridverfahren berichtet. Die weiterentwickelten UASB/ Pelletreaktoren wie der IC-Reaktor mit Gaslift {Internal-Circulation (IC)Reaktoren, Hochreaktoren) oder der Biobed-Reaktor werden hoher belastet (BR^CSB 17-25 kg/m^-d). Diese Hochlastreaktoren finden zunehmend Anwendung. Ktirzere Aufenthaltszeiten (HRT) sind hier zulassig. Anaerobe Filter und FlieBbett-Reaktoren (zusammengefasst als Filmreaktoren) sind abhangig von der verftigbaren Biomasse sehr unterschiedlich belastbar. In der Praxis der Papier- und Zellstoffindustrie sind Belastungen von 15 bis 30 kg/m^-d als betriebssicher erwiesen. In Deutschland sind derzeit keine Festbett- bzw. FlieBbettanlagen in Betrieb. Drei ehemals betriebene Anlagen mussten wegen erheblicher Verstopfungs- und Ablagerungsproblemen auBer Betrieb genommen werden. In Abhangigkeit der Verfahrenstechnik werden von den jeweiligen Anlagenlieferanten in Abhangigkeit der Verfahrenstechnik Empfehlungen ftir die Auslegungsparameter (CSB-Raumbelastung, Aufenthaltszeit HRT, Gasflachenbelastung, Aufstromgeschwindigkeit/ Querschnittsflachenbelastung, zulassige Feststoffbelastung) und die Betriebsbedingungen gegeben. Die ftir die anaeroben Umsetzungen erforderliche Aufenthaltszeit HRT ist mehr von der Abwasserzusammensetzung als vom Verfahren abhangig
480
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
(ATV 1994). Sie liegt bei Papierfabriksabwassem tiblicherweise bei 4 12 h. Bei alien Verfahren kann die hydraulische Querschnittsflachenbelastung qA durch Ruckflihrung des Abwassers auf jeden gewtinschten Wert angehoben werden, was zur Umwalzung erforderlich sein kann. Die obere Grenze limitiert aber bei wirtschaftlicher Reaktorhohe die Raumbelastung. Bei Kontaktanlagen wird qA hauptsachlich durch die Funktion der Biomasse-Abscheider diktiert. Fur die UASB-Anlagen ist qA in einem engen Bereich zu halten, der nach unten durch stromungstechnische Erfordemisse fur die Pelletbildung (qA ca. 0,8 m/h) und nach oben durch die Sinkgeschwindigkeit von Pellets und Mikroorganismen-Flocken (qA ca. 1,2 m/h) begrenzt ist. Bei den weiterentwickelten hochbauenden Pelletreaktoren kann durch mehrstufige Verfahrensweise eine sehr viel hohere Querschnittsflachenbelastung gewahlt werden, z. B. bei dem IC-Reaktor qA bis zu 8 m/h. Bei Hybridanlagen hat es sich bewahrt, qA ftir den unteren Flockungsraum hoch, ftir den oberen Teil mit Biomassetrager dagegen gering zu halten (< 1 m/h), um die Biomassertickhaltung zu sichem. Daher sind zwei getrennte interne Kreislaufe erforderlich. In anaeroben Filtem ist ebenfalls qA durch die Erfordemis der Biomassertickhaltung begrenzt. In FlieBbett-Reaktoren dagegen ist qA hoch genug zu halten, um die Expansion des Bettmaterials zu sichem. Dabei kann allerdings nur die fest am Tragermaterial haftende Biomasse zurtickgehalten werden. Die damit bewirkte Selektion der Mikroorganismen wirkt sich erfahmngsgemaB positiv auf die Stabilitat der Reinigungsleistung aus (sofem der Biomasseverlust nicht zu hoch ist). Die Belastbarkeit kann dadurch begrenzt werden. Typische Probleme bei der Behandlung von Papierfabriksabwassem sind: • Anreichemng von ungelosten (inerten) Stoffen und eine dadurch bedingte Verdrangung der Biomasse bei Systemen ohne Biomassetrager, vor allem die Behindemng der Pelletbildung beim UASB-Verfahren. • Hohere Sulfat-Konzentrationen bewirken durch Sulfidbildung im reduzierenden Milieu eine hemmende oder gar toxische Wirkung auf die Methanbildner und damit eine Verdrangung dieser Organismen (Kardahar et al. 1987, Maillachemvu et al. 1993). Ein hoher Anteil der Sulfatreduktion am gesamten Abbauvorgang mindert auBerdem erheblich die gebildete Methanmenge und beeintrachtigt damit den Energieertrag des Prozesses. Das UASB-Verfahren ist daftir besonders anfalhg, well die Sulfatreduktanden nicht zur Pelletbildung beitragen. Dabei ist weniger die absolute Sulfat-Konzentration entscheidend als vielmehr das Verhaltnis von eliminierbarem CSB zu reduzierbarem Schwefel. Liegt das
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
481
Verhaltnis CSBei/Sred unter 100, so muss mit Problemen gerechnet werden. 1st das Verhaltnis kleiner als 15, so ist eine anaerobe Behandlung nicht sinnvoll durchflihrbar (Kroiss et al. 1985). Schon ab einer SulfatKonzentration von etwa 100 mg/1 ist mit einer Hemmung der Methanbildung durch das gebildete Sulfid zu rechnen, die allerdings mit bestimmten Mitteln vermieden werden kann (Koster et al. 1986, Kardahar et al. 1987; Samer et al. 1988). Durchmischte Anaerobreaktoren erwiesen sich als deutlich empfindlicher gegeniiber den storenden Einfliissen des aus der Sulfatreduktion gebildeten Sulfids als Filmreaktoren (Maillachemvu et al. 1993). Eine Anlage in einer Papierfabrik kann mit kurzzeitig sehr hohen Sulfatkonzentrationen (1.500 mg/1) erfolgreich betrieben werden (Brockmann et al 2000). Hohere Calciumkonzentrationen ftihren durch die Reaktion mit dem gebildeten Kohlendioxid im neutralen Medium zu CalciumcarbonatAusscheidungen. Durch die Niederschlage wird bei den Verfahren ohne Biomassetrager die biologische Aktivitat gemindert (Rtiffer u. Boeck 1986), bei Verfahren mit Biomassetragem kann es zur Blockierung der Aufwuchsflachen kommen. Je nach Prozessbedingungen kann die Ablagerung von CaCOs auf Folgestufen verlagert werden, andemfalls muss eine Ca-Elimination vor der anaeroben Stufe erfolgen oder die Kalkabscheidung inhibiert werden (Hamm et al. 2001, van Lier u. Broncz 2002). Eine Reihe von Hilfsmitteln fiir die Papiererzeugung wirken toxisch auf die methanogenen Mikroorganismen (Rtiffer u. Boeck 1986). Aktuelle Betriebserfahmngen zeigen immer wieder, dass einen Verminderung der Abbauleistung eintreten kann, die durch eine ungtinstige Zusammensetzung des Abwassers verursacht wird. Dabei konnen Inhaltsstoffe, die durch das Altpapier eingetragen werden einen storenden Einfluss austiben. Um die Ursachen naher zu spezifizieren sind eingehende analytische Untersuchungen erforderlich. Ftxr den anaeroben Prozess werden wesentlich weniger Stickstoff und Phosphor benotigt als beim aeroben Prozess. Es ist aber darauf zu achten, dass keine instabilen Betriebszustande auftreten und die Versorgung der nachgeschalteten Aerobstufe sichergestellt ist. Der Einsatz von Spurenelementen ist sehr umstritten. Es gibt Anlagenbetreiber, die ohne Dosierung der Spurenelemente zurechtkommen. Es wird empfohlen eine Spurenelementanalyse durchflihren zu lassen, um vorliegende Defizite zu erkennen und dann ggf Spurenelemente zu dosieren. In einigen Fallen erfolgt unbewusst eine essentielle Spurenelementdosierung durch Dosierung von technischen Eisensalzen.
482
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Bei den Sortenprogrammen holzhaltige Papiere und Papier aus Altpapier lassen sich als bevorzugte verfahrenstechnische Variante die Wasserkreislaufe so gestalten, dass hoher konzentrierte Teilstrome, insbesondere aus dem Bereich der Halbstoffaufbereitung, unmittelbar aus dem Wasserkreislaufsystem abgeleitet werden, die sich dann unter bestimmten Voraussetzungen besonders gut fiir die anaerobe Behandlung eignen (Mobius 2003). Die anaerobe Behandlung von Kreislaufwassem der Papierfabriken konnte ein Mittel zur weiteren Minderung des spezifischen Wasserbedarfs sein. Allerdings ist zu bedenken, dass wesenthches Ziel der anaeroben Kreislaufwasserbehandlung die Senkung der CSB-Konzentration im Kreislaufwasser ist. Hier ergeben sich theoretische Begrenzungen fiir die Anwendbarkeit des Verfahrens: Wenn der angestrebte Zielwert der Konzentration geringer ist als die technisch-wirtschaftliche Konzentrationsschwelle des anaeroben Verfahrens, scheidet dieses als Problemlosung aus. Die fiir eine solche Betrachtung erforderlichen Berechnungsmodelle wurden veroffentUcht (Huster 1991, Huster et al. 1991). Eine Nachbehandlung vor der Wiederverwendung in der Produktion wird fiir erforderlich gehalten. Biologische Verfahren konnten dafiir geeignet sein (Buisman u. Lettinga 1990). Zu untersuchen bleibt, wie weit die einfache und kostengtinstige Beltiftung oder Peroxid-Dosierung zur Nachbehandlung ausreichen kann. Die Behandlung des Kreislaufwassers von Altpapier verarbeitenden Papierfabriken mit geschlossenem Wasserkreislauf mit einer anaerob-aeroben biologischen Reinigung wurde mehrfach realisiert (Diedrich et al. 1997; Biilow et al. 2003). Ein friihes und sehr gelungenes Beispiel fiir die technische Anwendung stellte der bei der Papierfabrik Roermond in den Niederlanden erbaute UASB-Reaktor dar (Habets et al. 1984). Seit seiner Inbetriebnahme (Ende 1983) bis Ende 2000 wurde der Reaktor (erst 1992 durch einen zweiten UASB-Reaktor erganzt) weitgehend storungsfrei bei einer anfanglichen mittleren Raumbelastung von 10 kg CSB/m^-d, die spater nahezu verdoppelt wurde, betrieben. Ab Januar 2001 nach 17 Betriebsjahren wurde der UASB-Reaktor durch einen IC-Reaktor ersetzt. Dabei wurden mittlere Abbauwerte von 70 % beim CSB und 80 % beim BSB5 erzielt. Neben der Anlage in Roermond ist vor allem die nach dem gleichen Verfahren arbeitende Anlage der Industriewater Eerbeek zu nennen, die ein vollig anders zusammengesetztes Abwasser reinigt. Der Schwerpunkt der Anwendung des Anaerobverfahrens in der Papierindustrie liegt bei der Wellpappenrohpapiererzeugung. Weil bei diesem Erzeugungsprozess normalerweise kein Aluminiumsulfat eingesetzt und Sulfat deshalb nur mit dem Altpapier eingetragen wird, andererseits die Art der Produktion geringe spezifische Abwassermengen zulasst (die meis-
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
483
ten Beispiele fur geschlossene Wasserkreislaufe gibt es in dieser Produktionssparte) liegt das CSB-Sulfat-Verhaltnis meist in einem Bereich, der die erfolgreiche Anwendung des dann besonders wirtschaftlichen UASBVerfahrens (und weiterentwickelter Pellet-Verfahren, z. B. dem IC-Reaktor) zulasst. In Nordamerika - vereinzelt auch in Europa - sind Anlagen in Betrieb, die nach dem Hybridverfahren mit unterschiedlichen Anteilen an Tragermaterial betrieben werden. Untersuchungen in halbtechnischem MaBstab bestatigten die erwarteten Vorteile dieses Verfahrenstyps fur Papierfabriksabwasser. Typische Ergebnisse des anaeroben Abbaus von Papierfabriksabwassem sind Wirkungsgrade TJCSB 70 % und TIBSB 80 %. Hohere Wirkungsgrade konnen unter gunstigen Umstanden erreicht werden, was aber nicht immer wirtschaftlich ist. Auch bei geringeren Wirkungsgraden kann die anaerobe Behandlung ein wirtschaftlich sinnvoller Prozessschritt sein. Dabei werden ca. 0,3-0,4 Nm^ Biogas pro kg CSBeiiminiert produziert. Die typische Zusammensetzung des Biogases ist 70-80 % Methan, 20-30 % CO2, < 5 % H2S und Spuren anderer Gase. Der typische Energieinhalt des Biogases ist ca. 7,5 kWh/Nm^. Bei der CSB-Elimination werden also ca. 2,5 kWh/kg CSB gewonnen. Der anaerobe Abbau ftihrt nur zu einer geringen Biomasseproduktion von etwa 0,05 kg/kg CSB-Abbau. Entsprechend gering ist der Nahrstoffbedarf, der in der Praxis empirisch ermittelt werden muss. Eine Ubersicht tiber die im Jahr 2003 in der deutschen Papierindustrie betriebenen anaeroben Abwasserreinigungsanlagen gibt Tabelle 5.4.1-4. Die in der Tabelle enthaltenen Daten stammen aus der Literatur und den Referenzlisten der Anlagenlieferanten. In den deutschen Papierfabriken werden derzeit UASB-, IC- und Biobed-Reaktoren betrieben. Drei Werke haben diese Reinigungsstufe in einem geschlossenen Kreislauf (Nr. 11, 23, 24), die anderen zur Behandlung des Restabwassers mit anschlieBender aerob biologischer Stufe bzw. Weiterbehandlung in einer offentlichen Abwasserreinigungsanlage.
484
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Tabelle 5.4.1-4. Anaerobe Abwasserreinigungsanlagen in der deutschen Papierindustrie Nr.
Werk
Rohstoff*
1 2
Roman Bauemfeind Holding GmbH, Raubling Tillmann Papier- und Wellpappenfabriken, Ziilpich Europa Carton GmbH, Papierfabrik Hoya Klingele Papierwerke GmbH & Co., Papierfabrik Weener SCA Packaging Containerboard Deutschland GmbH, Aschaffenburg Adolf Jass GmbH & Co. KG, Papierfabrik, Fulda DVG Delkeskamp Verpackungswerke GmbH, Nortmp Papierfabrik Schoellershammer, Heinr. Aug. Schoeller Sohne GmbH & Co. KG, Dtiren Papier- u. Kartonfabrik Varel SCA Packaging Containerboard Deutschland GmbH, Witzenhausen Kappa Ztilpich Papier GmbH, Zlilpich Julius Schulte Trebsen, Trebsen Euler Greiz GmbH & Co. KG, Greiz
AP AP
Prod.** Sortenbereich W Verpackung Verpackung w
AP AP
w w
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AP
w
Verpackung
AP AP
w w
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AP,ZS
D,K, W
Grafisch, 1 Verpackung Verpackung Verpackung 1
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
AP AP AP AP AP, HS,ZS AP AP
K,W
w w w
K
Verpackung Verpackung Grafisch, Verpackung Verpackung Verpackung
Kappa Wellpappe Wiesloch, Wiesloch w Hans Kolb Papierfabrik GmbH & Co., Kaufbeuw ren K Papierfabrik Rieger GmbH & Co. KG, Trostberg AP 16 Verpackung 1 K AP Moritz J. Weig GmbH & Co. KG, Mayen 17 Verpackung AP, ZS, T WEPA Papierfabrik P. Krengel GmbH & Co. 18 Hygiene KG, Giershagen AP W Smurfit Haupt CD. Haupt Papier- und Pappen19 Verpackung fabrik GmbH & Co. KG, Diemelstadt W LEIPA Georg Leinfelder GmbH, Werk Schwedt AP Verpackung 20 AP H,W Carl Macher GmbH & Co., Hof 21 Verpackung AP Z Stora Enso Sachsen GmbH, Eilenburg 22 Verpackung AP H Julius Schulte Sohne GmbH & Co. KG, Dtissel23 Verpackung dorf AP W Papierfabrik Palm GmbH & Co. KG, Worth 24 Verpackung | * Abktirzungen: AP = Altpapier, ZS = Zellstoff, HS = Holzstoff, CTMP - Chemothermomechanical Pulp ** Abkiirzungen: D = Dmckpapier, H = Htilsenwickelpapier, K = Karton, W = Wellpappenrohpapier, T = Tissue, Z = Zeitungsdmckpapier
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassern
485
Tabelle 5.4.1-4. (Fortsetzung) Aerob* Jahr der Inbe- CSB-Fracht 1 triebnahme Auslegung kg/d BB 1 1 22.000 UASB / Biobed 1987/1999 BB 1 2 UASB nicht mehr in Betrieb 1988/2000 BB 1 UASB 25.000 1989/1998 3 BB 1 1990/2002 4 11.000 Festbett, Umbau Biobed BB 1 UASB 1990 12.000 5 BB2 1991/2001 40.000 6 Festbett, Umbau Biobed BB 1 7 UASB 1991/1998 8.000 Ind 1990 9.000 8 UASB BB 1 1992/2002 UASB, Erweiterung Biobed 22.000 9 BB2 1992 29.000 10 UASB BB 1 1995 26.000 11 UASB BB 1 12 UASB 7.200 1997 BB 1 13 UASB 4.000 1997 BB2 14 UASB 6.000 1997 BK 15 UASB 2.500 1997 BB 1 9.250 1997 16 UASB 15.500 1997/2002 17 UASB, Erweiterung IC-Reaktor BK BK IC-Reaktor 1998 9.000 18 BB 1 IC-Reaktor 12.000 1998 19 BB 1 IC-Reaktor, Erweiterung IC 28.000 1999/2003 20 SBR 21 UASB 12.000 2000 BK 22 22.000 IC-Reaktor 2001 Bel 3.000 IC-Reaktor 2002 23 Bel 24 IC-Reaktor 2002 60.000 1 * Abktirzungen: BB 1 = einstufige Belebung, BB 2 ^ zweistufige Belebung, BK = Belebungskaskade, Bel = Beliiftungsbecken, Ind = Indirekteinleitung (aerobe Stufe in offentlicher Abwasserreinigungsanlage), SBR = Sequencing Batch Reactor iNr.
Anaerob
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486
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
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5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
487
von der Emde W, Kroiss H (1983) Erfahrungen mit der anaeroben Behandlung der Brildenkondensate. in: K Aurand u. H Irmer (Hrsg.), Zellstoffabwasser und Umwelt, Stuttgart: G. Fischer 1983, S. 67-74 5.4.2 Tierkorperbeseitigungsanstalten 5.4.2.1 Allgemeines Tierkorperbeseitigungsanstalten (TEA) bzw. Tierkorperverwertungsanstalten (TVA) dienen der schadlosen Entsorgung von Tierkorpem, Tierkorperteilen und tierischen Erzeugnissen entsprechend den Bestimmungen des Tierkorperbeseitigungsgesetzes und der Tierkorperbeseitigungsanstaltenverordnung. Zentraler Verfahrensschritt der Verarbeitung ist die Sterilisation, bei der das Rohmaterial mit einer maximalen PartikelgroBe von 50 mm tiber eine Dauer von mindestens 20 Minuten bei einer Temperatur von 133 °C und einem Druck von 3 bar gehalten wird. Der Sterilisation folgt die Trocknung und Entfettung des Materials, Endprodukte der Verarbeitung sind das sog. Tiermehl und Tierfett (s. Produktlinie in Abb. 5.4.2-1). Betreffende Produkte sind seit 1. Dezember 2000 im Zusammenhang mit der BSEProblematik thermisch zu entsorgen. Die ab 1. Mai 2003 geltende EURichtlinie 1774/2002 EU lasst in Abhangigkeit des zu verarbeitenden Rohmaterials differenzierte Entsorgungs- und Verwertungsmoglichkeiten zu und regelt auch die Auflagen der Verarbeitungsmethoden neu. 5.4.2.2 Abwasseranfall und -beschaffenheit Wahrend des Produktionsprozesses fallen verschiedene Abwasserteilstrome an (s. Abwasserlinie in Abb. 5.4.2-1), von denen die Briidenkondensate aus der Sterilisation und Kochung sowohl hinsichtlich Menge als auch Belastung die hochsten Anteile stellen. Die Menge an Briidenkondensaten entspricht bei Einsatz der heute tiblichen Oberflachenkondensatoren dem Wassergehalt des verarbeiteten Rohmaterials und stellt mit ca. 0,6-0,7 mVt eine relativ konstante GroBe dar. Zusammen mit den anderen Teilstromen ergibt sich ein spezifischer Abwasseranfall, der bei der heute praktizierten wassersparenden Betriebsweise i.d.R. zwischen etwa 0,9-1,2 m^/t Rohmaterial liegt (weitergehendere Ausflihrungen s. Merkblatt ATV-M 710 1996). Die Beschaffenheit des Abwassers aus Tierkorperbeseitigungsanstalten wird zu einem erheblichen Teil von der Art und insbesondere vom Zustand des zu verarbeiteten Rohmaterials bestimmt. Je langer die Zeitspanne zwischen Schlachtung und Verarbeitung und je hoher die wahrend dieser Zeit
488
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
einwirkende Temperatur, desto ausgepragter sind die mikrobiellen Zersetzungsvorgange, was eine Anreicherung kurzkettiger wasserdampffluchtiger Abbauprodukte im Rohmaterial zur Folge hat und uber die Brtiden bzw. Briidenkondensate zu einer entsprechenden Zunahme der Abwasserbelastung fiihrt. Die mitunter extremen Schwankungen der Abwasserverschmutzung zwischen der kalteren und warmeren Jahreszeit konnen als typisch fiir Tierkorperbeseitigungsanstalten gelten, haben sich in den letzten Jahren aufgmnd getroffener MaBnahmen zur Rohwarenkuhlung und schnelleren Rohwarenverarbeitung allerdings reduziert. Reine Seite
Unreine Seite Anliefemng
Abluftbeh an dlung
Kfz-Reinigung und -Desinfektion
Brauchwasseraufbereitung
Rohwarenmulde
Dampfkesselanlagen
Schlachtraum Enthautung Zerlegung
Sterilisation
1^
Trocknung Entfettung
Abwasser der Abluftbehandlung Regenerationsabwasser ,
Abschlammabwasser
T Briidenkondensat
OS
spiil- und Reinigungsabwasser „Reine Seite" Hauteraum
Lagerraume =03
Spiil- und Reinigungsabwasser „Unreine Seite"
FahrzeugauBenwasche und verschmutztes Regenwasser
Sanitare Raume Btiro, Kantine, Wascherei Tierarztraum
JSchlammfang piabscheider
Hausliches Abwasser
Kiihlwasser
Produktlinie Abwasser unverschmutztes Regenwasser
Regenwasser
Abb. 5.4.2-1. Stoffstrome und Abwasseranfallstellen bei Tierkorperbeseitigungsanstalten (nach Metzner 1984, verandert) Abwasser aus Tierkorperbeseitigungsanstalten ist mit CSB-Gehalten von teilweise tiber 10 g/1 organisch hoch belastet, wobei die Schmutzstoffe vorwiegend in geloster Form vorhegen. Wesentliche Komponenten sind die wasserdampffliichtigen Fettsauren C2-C5, hier vor allem Essigsaure,
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassern
489
Propionsaure und n-Buttersaure, die annahemd quantitativ den gelosten CSB ausmachen. Zu den gelosten Abwasserinhaltsstoffen gehoren femer Amine, Sulfide, Mercaptane, Skatole und ahnliche stark geruchsintensive EiweiBzersetzungsprodukte. Die filtrierbare organische Fraktion ist vorwiegend kolloidaler Natur und besteht hauptsachlich aus Fetten und EiweiBstoffen. Hervorzuheben sind die sehr hohen Ammonium-Konzentrationen von fallweise liber 1.500 mg/NH4-N, die zur organischen Belastung in enger Beziehung stehen, sowie der relativ geringe Gehalt an Phosphor, Spurenelementen und Mineralstoffen einschlieBlich der Hartebildner. Kennzeichnend ist die sehr gute biologische Abbaubarkeit des Abwassers, was sich auch in dem engen CSB/BSBs-Verhaltnis von deutlich kleiner 2/1 ausdriickt. Eine Grobcharakterisierung des Abwassers aus Tierkorperbeseitigungsanstalten, wie es auf einen Grofiteil der Betriebe zutrifft, ist unter Beriicksichtigung der tiblichen Streubreite in Tabelle 5.4.2-1 vorgenommen. Die angegebenen Werte beziehen sich auf eine TagesvergleichmaBigung des Abwassers. Noch hohere Abwasserbelastungen sind z.B. bei Storungen im Produktionsprozess (Fettdurchbruche etc.) oder bei Mitverarbeitung von ungekiihltem Blut zu erwarten. Tabelle 5.4.2-1. Beschaffenheit von Abwasser aus Tierkorperbeseitigungsanstalten (Werte nach TagesvergleichmaBigung) Parameter CSB BSB5 TKN NH4-N Pges. pH-Wert El. Leitf. CSB/BSB5 CSB/TKN
Einheit mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 mS/cm
Spannbreite 2.000-15.000 1.500-12.000 350-1.750 300-1.500 1-20 6,5-9,5 2-9 1,3-1,8 4-10
5.4.2,3 Reinigungsanforderungen Die Mindestanforderungen fur direkt einleitende Betriebe der Fleischwirtschaft sind in Anhang 20 der Abwasserverordnung vom 01.01.1999 festgelegt. Betreffende Mindestanforderungen einer Direkteinleitung sind (Qualifizierte Stichprobe oder 2-Stunden-Mischprobe):
490
5 Anaerobe Abwasserbehandlung CSB BSB5 Stickstoff gesamt AOX
mg/1 mg/1 mg/1 mg/1
150 25 50 0,1
Die Anforderungen fur Stickstoff gesamt gelten bei einer Abwassertemperatur von 12 °C und groBer im Ablauf des biologischen Reaktors der Abwasserbehandlungsanlage. Ebenso wie bei direkt einleitenden Betrieben sind Auflagen zur Stickstoff-Elimination heute auch ftir Indirekteinleiter ublich. Die Einleitgrenzwerte fiir Ammonium-Stickstoff oder Stickstoff gesamt liegen oftmals in der gleichen GroBenordnung wie bei Direkteinleitem und erfordem somit i.d.R. auch einen vergleichbaren reinigungstechnischen Aufwand. 5.4.2.4 Abwasserreinigung allgemein Die bei Tierkorperbeseitigungsanstalten zur Anwendung kommenden Behandlungsverfahren der Abwasserreinigung sind im Wesentlichen durch die Auflagen zur Stickstoff-Elimination mit einem teilweise geforderten Wirkungsgrad von deutlich iiber 90 % gepragt. Verbreitet sind einstufige Belebungsanlagen mit simultaner, intermittierender oder KaskadenDenitrifikation (Neumann 1986, Kayser 1991). Daneben existieren zweioder mehrstufige Reinigungsverfahren mit anaerober Vorbehandlung und/oder physikalisch-chemischer Stufe zur selektiven StickstoffEntfemung (Metzner 1991, Temper u. Carozzi 1997). 5.4.2.5 Anaerobe Abwasserbetiandlung Anwendbarkeit und Leistungsvermogen anaerober Abwasserreinigungsverfahren im Bereich der Tierkorperbeseitigung sind durch mehrere Untersuchungen mit Schwerpunkt im Zeitraum zwischen etwa 1980-1990 gut dokumentiert. Die weltweit erste Anaerobanlage im technischen MaBstab wurde im Jahr 1986 bei der TBA Oberding/Bayem in Betrieb genommen. Die hier iiber eine Dauer von mehreren Jahren im Rahmen eines F/EVorhabens (BMFT-Projekt) gewonnenen Betriebserfahrungen sind einschlieBlich den Ergebnissen aus Versuchsreihen mit Laborfermentem sowie weiteren Praxisanlagen in den abfolgenden Punkten zusammengefasst (s. hierzu auch: Temper et al. 1988; Temper u. Metzner 1989): • Abwasser aus Tierkorperbeseitigungsanstalten ist hinsichtlich Konzentration und Zusammensetzung in besonderer Weise fiir eine anaerobe Vorbehandlung geeignet und gewahrleistet eine ausreichende Versorgung an Nahrstoffen und Spurenelementen. Eine Neutralisation erweist
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassern
491
sich lediglich bei Abwassern mit permanent erhohten pH-Werten (> ca. 9,0) als notwendig. Die organischen Inhaltsstoffe sind unter anaeroben Bedingungen praktisch vollstandig abbaubar, sodass bei entsprechender Auslegung der Anaerob-Einheit auch CSB-Eliminationsraten von deutlich tiber 90 % zu erreichen sind. Auf eine zweistufige Anaerob-Behandlung mit raumlich getrennter Versauerungs- und Methanisierungsstufe kann verzichtet werden, da der tiberwiegende Teil der organischen Inhaltsstoffe bereits aus Hydrolysebzw. Versauerungsprodukten besteht. Die Uberschussschlammproduktion liegt im Bereich von etwa 40-60 g TS pro kg eliminiertem CSB. Eine mit Hilfe von Laborfermentem unter steady-state-Bedingungen vorgenommene Nahrstoffbilanzierung ergab einen Bedarf von ca. 1,2 mg Phosphor und ca. 12 mg Stickstoff pro 1 g eliminiertem CSB entsprechend einem CSB/N/P-Verhaltnis von ca. 900/10/1. Die Ammoniumgehalte im Ablauf der Anaerob-Stufe liegen bis zu 1015 % tiber den betreffenden Zulaufkonzentrationen. Der beim anaeroben Abbau von organischen Stickstoffverbindungen freigesetzte Ammonium-Stickstoff iibersteigt damit die Stickstoff-Fixierung durch Biomasseneubildung. Das CSB/BSBs-Verhaltnis des anaerob behandelten Abwassers ist bis zu CSB-Abbauwerten von tiber 90 % kleiner 2/1 und driickt eine gute mikrobielle Verfiigbarkeit der organischen Reststoffe aus. Die Behandlung von anaerob vorgereinigtem TBA-Abwasser in nachgeschalteten Einheiten zur biologischen Stickstoff-Elimination ist prinzipiell problemlos. Gegentiber ausschlieBlich aerob behandeltem TBA-Abwasser verschlechtert sich der C-Abbaugrad nicht. Frtihere nach Laboruntersuchungen (Bode 1986) diesbeztiglich geauBerte Befiirchtungen fanden im Praxisbetrieb keine Bestatigung, was auch flir die anderen TBABetriebsklaranlagen dieser Verfahrenskonfiguration zutrifft. Die aus dem Anaerob-Reaktor ausgetragenen Mikroorganismen werden in der nachfolgenden Aerob-Stufe weitgehend verstoffwechselt und fiihren dort nicht zur Anreicherung physiologisch inaktiver Biomasse. Ein Abzug von anaerobem Uberschussschlamm in einer dem AnaerobSystem nachgeschalteten Sedimentationseinheit ist somit nur in den Fallen einer abfolgenden Stufe zur physikalisch-chemischen StickstoffElimination erforderlich. Pro 1 kg eliminiertem CSB werden etwa 390-440 1 Biogas mit einem Methangehalt von tiber 80 % gebildet. Der Volumenanteil an Schwe-
492
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
felwasserstoff liegt bei etwa 0,5 +/- 0,2 %, was in Abhangigkeit der Nutzung des Gases gegebenenfalls eine Entschwefelung erfordert. • Untersuchungen im Rahmen des F/E-Vorhabens ergaben eine hohe Stabilitat des Anaerob-Prozesses gegentiber Temperaturschwankungen. Abweichungen der Soll-Temperatur (35 °C) von etwa +/- 5 °C im taglichen Wechsel blieben bei eingefahrenen Fermentem ohne Auswirkung auf Abbauleistung und Gasproduktion. Von den modemen Anaerob-Verfahren mit Schlammriickhaltung kommen aufgrund der Spezifitat des vorliegenden Abwassertyps insbesondere Festbettsysteme in Betracht, die auch das Gros der Praxisanlagen stellen (s. unten). Beztiglich des Einsatzes der UASB-Technologie ist aus der Literatur lediglich ein Versuch im kleintechnischen MaBstab bekannt (De Zeeuw u. Lettinga 1983); Probleme waren bei diesem Verfahren evtl. bei der Pelletisierung infolge des sehr geringen Calzium-Gehaltes in TBA-Abwasser zu erwarten. Wie die bisherigen Anwendungsfalle von Festbettsystemen zeigen, erfolgt die Auslegung der Anlagen tiblicherweise bei Raumbelastungen im Bereich zwischen etwa 5-10 kg/m^-d. Bei Einsatz spezieller Verfahrenstechniken einschlieBlich der Aufwuchskorper sind auch Raumbelastungen bis zu etwa 35 kg/m^-d moglich (Breitenbiicher 1989, Oberthtir et al. 1990; Aivasidis 1992). Bewahrt hat sich ein Reaktorbetrieb im mesophilen Temperaturbereich. Zu empfehlen sind der Anaerob-Stufe vorgeschaltete Einrichtungen zur mechanischen Abwasserbehandlung wie Fettabscheider, Sieb- und Flotationsanlagen sowie Misch- und Speicherbecken zur WochenvergleichmaBigung. Bei Auflagen einer weitgehenden Stickstoff-Elimination ist bei Wahl biologischer Verfahren im Zulauf zum aeroben Behandlungsteil ein CSB/TKN-Verhaltnis von ca. 5/1 sicherzustellen, was in Anbetracht der vorliegenden Abwasserbeschaffenheit (s. Tabelle 5.4.2-1) die Anwendbarkeit anaerober Verfahren zur Abwasservorbehandlung stark einschrankt und in jedem Fall eine Bypassflihrung von Rohabwasser in die AerobStufe erforderhch macht. Die Alternative hierzu besteht in Form physikalisch-chemischer Verfahren zur Stickstoff-Entfemung vorzugsweise durch Ammoniak-Strippung oder Ammonium-Konvertiemng. Hinsichtlich weiterer Untersuchungen zur anaeroben Behandlung von Abwasser aus Tierkorperbeseitigungsanstalten wird auf folgende Literaturquellen verwiesen: Morper 1984, Braun et al. 1986, Lind u. Metzner 1993.
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
493
5.4.2.6 GroRtechnische Beispiele Die Verbreitung der Anaerob-Technik im Bereich der Fleischmehlindustrie beschrankt sich bislang auf den deutschsprachigen Raum. In den Jahren 1986 bis 1995 wurden hier bei acht Tierkorperbeseitigungsanstalten insgesamt zehn Anaerob-Einheiten erstellt, davon neun Festbettreaktoren und ein Anaerob-Reaktor nach dem Kontaktverfahren. Zwei der Anlagen sind mittlerweile wieder auBer Betrieb, drei weitere sind voriibergehend stillgelegt, sodass sich aktuell noch ftinfAnaerob-Anlagen in Funktion befinden. Im Folgenden werden vier Beispiele von TBA-Betriebsklaranlagen mit anaerober Vorreinigungsstufe vorgestellt, davon jeweils zwei Anlagen mit biologischer und physikalisch-chemischer Stickstoff-Elimination. Die wichtigsten Verfahrensstufen der betrieblichen Abwasserreinigung sowie die verfahrenstechnische Einbindung der Anaerob-Systeme sind aus den jeweiligen BlockflieBschemen zu entnehmen. Die Abwasserbelastung liegt in alien vier Fallen im Rahmen der in Tabelle 5.4.2-1 angegebenen Werte. Mit Ausnahme der Betriebsklaranlage der TBA Oberding in einem friiheren Ausbauzustand liegen, von den betreffenden Anwendungsbeispielen keine Fachpublikationen vor. Die zu den einzelnen Anlagen angegebenen Daten basieren auf betrieblichen Angaben sowie Kenntnissen durch Eigenplanung der Autoren. 5.4.2.6.1 GroBtechnisches Beispiel 1 Betriebsklaranlage TBA Oberding/Bayem (BlockflieBschema s. Abb. 5.4.2-2) Spezifikation:
Auslegungsdaten: Abwassermenge: CSB-Fracht: TKN-Fracht: Einleitanfordemngen: CSB: Stickstoff gesamt:
Mechanisch/biologische Klaranlage; Belebungsverfahren mit intermittierender Denitrifikation und anaerober Vorbehandlung; Direkteinleitung lOmVh 2.450 kg/d 330 kg/d
240 mVd
150mg/l 50 mg/1
Anaerobe Verfahrensstufe: Anaerob-System: 2 Festbettreaktoren in Parallelbetrieb Anaerob-Reaktor 1: Inbetriebnahme: 1986 Nutzvolumen: 82 m^ Festbettanteil: 94 %
494
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Lose Schtittung aus PVC-Rohrabschnitten (Flocor-R-Material, Spezif. Oberflache 320 mVm^) Abstromfahrweise mit Umlaufbetrieb Betriebsmodus: 35 +/- 3 °C Reaktortemperatur: HRT ca. 27 h Hydraul. Auslegung: 3 mVh Auslegung RaumbeL: 8 kg CSB/m^-d CSB-Abbau: 75-85 % bei Auslegungsbelastung Festbett:
Anaerob-Reaktor 2: Inbetriebnahme: Nutzvolumen: Festbettanteil: Festbett:
1993 llOm^ 66% Festeinbauten aus PVC-Material (Terrapak-200, Spezif. Oberflache 100 mVm^) Aufstromfahrweise mit UmlauflDetrieb Betriebsmodus: 35 +/- 3 °C Reaktortemperatur: HRT ca. 26 h Hydraul. Auslegung: 5 mVh Auslegung RaumbeL: 8 kg CSB/m^-d CSB-Abbau: 75-85 % bei Auslegungsbelastung Erganzende Informationen: Die tiber mehrere Jahre in Betrieb befindliche Ammoniak-Strippanlage zur Behandlung der Brlidenkondensate (Metzner 1996) wurde wegen nicht zu losender Probleme bei der Biofilterbehandlung der Strippabluft nach Ausbau der Betriebsklaranlage auf biologische Stickstoff-Ehmination auBer Betrieb genommen; Kriterium fiir Belastung und Betrieb der AnaerobReaktoren einschlieBlich Bypassmenge: CSB/TKN-Verhaltnis im Zulauf zur Aerob-Stufe ca. 5/1. 5.4.2.6.2 GroBtechnisches Beispiel 2 Betriebsklaranlage TBA Plattling/Bayem (BlockflieBschema s. Abb. 5.4.2-3) Spezifikation:
Auslegungsdaten: Abwassermenge: CSB-Fracht: TKN-Fracht: Einleitanforderungen: CSB: Stickstoff ges.:
Mechanisch/biologische Klaranlage; Belebungsverfahren mit Kaskaden-Denitrifikation und anaerober Vorbehandlung; Direkteinleitung 15mVh 3.900 kg/d 475 kg/d 150mg/l 50 mg/1
336 mVd
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
495
Anaerobe Verfahrensstufe: Anaerob-System: Festbettreaktor Inbetriebnahme: 1992 Nutzvolumen: 415 m^ 80% Festbettanteil: Lose Schtittung aus PVC-Rohrabschnitten Festbett: (Flocor-R-Material, Spezif. Oberflache 320 mVm^) Abstromfahrweise mit Umlaufbetrieb Betriebsmodus: 33 +/- 3 °C Reaktortemperatur: HRTca. 1,75 d Hydraul. Auslegung: lOmVh Auslegung Raumbel. 8 kg CSB/m^-d CSB-Abbau: 75-85 % bei Auslegungsbelastung > 90 % bis zu BRca. 4 kg CSB/m^-d Erganzende Angaben: An TBA ist Blutverwertungsanlage angeschlossen; Kriterium fiir Belastung und Betrieb des Anaerob-Reaktors einschlieBlich Bypassmenge: CSB/TKN-Verhaltnis im Zulauf zur Aerob-Stufe ca. 5/1, weswegen das Anaerob-System nur zu ca. 10-30 % der Auslegung belastet werden kann. 5.4.2.6.3 GroCtechnisches Beispiel 3 Betriebsklaranlage TBA Kraftisried/Bayem (BlockflieBschema s. Abb. 5.4.2-4) Spezifikation:
Auslegungsdaten: Abwassermenge: CSB-Fracht: TKN-Fracht: Einleitanforderungen: CSB: Stickstoff ges.:
Mechanisch/biologische Klaranlage mit physikalisch-chemischer Stufe zur Stickstoff-EHmination; Belebungsverfahren mit intermittierender Denitrifikation, anaerober Vorbehandlung und Ammoniak-Strippung (Luftstrippung mit saurer Wasche); Direkteinleitung 8mVh 1.730 kg/d 260 kg/d
192 mVd
150mg/l 50 mg/1 (> 12 °C)
Anaerobe Verfahrensstufe: Anaerob-System: Festbettreaktor Inbetriebnahme: 1990 Nutzvolumen: 100 m^ Festbettanteil: 80 %
125 mg/1 (< 12 °C)
496
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Festbett:
Lose Schtittung aus PVC-Rohrabschnitten (Flocor-R-Material, Spezif. Oberflache 320 mVm^) Betriebsmodus: Abstromfahrweise mit Umlaufbetrieb Reaktortemperatur: 35 +/- 3 °C Hydraul. Auslegung: 4 mVh HRT ca. 24 h Auslegung RaumbeL: 9 kg CSB/m^-d CSB-Abbau: 75-85 % bei Auslegungsbelastung > 90 % bis zu BR ca. 4 kg CSB/m^-d Erganzende Angaben: Die Klaranlage ist auf biologische Stickstoff-Elimination ausgelegt; die Zuschaltung der Ammoniak-Strippanlage erfolgt bei Bedarf, speziell zur Sicherstellung der Stickstoff-Einleitgrenzwerte auch im Winterbetrieb; Verwendung der Ammonium-Sulfatlosung aus der Ammoniak-Strippung entweder in der Landwirtschaft oder Industrie. 5.4.2.6.4 GroBtechnisches Beispiel 4 Betriebsklaranlage TBA Chemnitz/Sachsen (BlockflieBschema s. Abb. 5.4.2-5) Spezifikation:
Auslegungsdaten: Ab was sermenge: CSB-Fracht: TKN-Fracht: Einleitanforderungen: CSB: Ammonium-N.:
Mechanisch/biologische Klaranlage mit physikalisch-chemischer Stufe zur Stickstoff-Elimination; Anaerobe Vorbehandlung mit Ammoniak-Strippung (Dampfstrippung mit Erzeugung von Ammoniak-Wasser); Indirekteinleitung 2 mVh 450 kg/d 45 kg/d
48 mVd
3.000 mg/1 (weitgehende Geruchsfreiheit) 80 mg/1
Anaerobe Verfahrensstufe: Festbettreaktor Anaerob-System: 1995 Inbetriebnahme: 100 m^ Nutzvolumen: 70% Festbettanteil: Lose Schtittung aus PVC-Rohrabschnitten Festbett: (Flocor-R-Material, Spezif Oberflache 320 mVm^) Abstromfahrweise mit Umlaufbetrieb Betriebsmodus: 35 +/- 3 °C Reaktortemperatur: Hydraul. Auslegung: 2 mVh HRT ca. 2 d
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem Auslegung Raumbel.: CSB-Abbau:
497
4,5 kg CSB/m^-d 80-90 % bei Auslegimgsbelastung
Erganzende Angaben: Keine aerobe Nachreinigung; Verwertung des erzeugten Ammoniak-Wassers aus der Dampfstrippung zur Entstickung in Kraftwerken. Betriebsabwasser
Fettabscheider
I
Felnsieb Pufferbecken (Wochenausgleich) Rotation
I Gasverwertung in Helzkessel
Bypossl
:E
I
Anaerob-Anlage (2 Festbettreaktoren in Parallelbetrieb) Belebungsanlage nnit intermittierender Denitrifikation Nachkldrbecken
Direkteinleitung
Abb. 5.4.2-2. BlockflieBschema Betriebsklaranlage TBA Oberding
498
5 Anaerobe Abwasserbehandlung !betriebsabwasser Pufferbecken fWochenausqIeich)
+ Feinsieb
i Flotation 1
Bypass
Gasverwertung in Heizkessel
Anaerob-Anlage (Festbettreaktor)
r—
1 J
Belebungsanloge mrt Kaskaden-Denitrifikation
1 Nachkldrbecken Direkteinleitung A b b . 5 . 4 . 2 - 3 . BlockflieBschema Betriebsklaranlage T B A Plattling Betriebsabwasser Fettabscheider
+
Pufferbecken 1 (Wochenausgleich)
i Feinsieb
* Pufferbecken 2 t
^ p aisl Ammoniak-Srippanlage (Luftstrippung, Saure Wdsche)
'f
Bypaiil
Gasverwertung in Heizkessel
Anaerob-Anlage (Festbettreaktor)
* ^ ^
Belebungsanlage mit intermittierender Denitrifikation
i Nachkl'drbecken
DirBkteinieitung
Abb. 5.4.2-4. BlockflieBschema Betriebsklaranlage TBA Kraftisried
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
499
Betriebsabwasser
Feinsieb
I
Pufferbecken (Wochenausgleich) Anaerob-Anlage (Festbettreaktor) Sedimentationseinheit Alkolisierungsstufe (Natronlauge) Ammoniak-Srippanlage (Dampfstrippung) mit vorgeschaltener Decarbonisierung Neutrallsierungsstufe (Salzsaure)
IT Indirekteinleitung
Abb. 5.4.2-5. BlockflieBschema Betriebsklaranlage TBA Chemnitz
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500
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
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5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassern
501
5.4.3 Aniagen mit anorganischen Abwassern
5.4.3.1 Allgemeines Neben den gut bekannten biologischen Oxidationsprozessen, die zum Beispiel im Bereich Bioleaching zum Einsatz kommen, sind mehr und mehr Prozesse entwickelt worden, in denen die biologische Reduktion die zentrale Reaktion ist. Anaerobe Bakterien sind in der Lage, oxidierte Schwefelverbindungen und Metalle zur niedrigsten Oxidationsstufe zu reduzieren. Diese Prozesse konnen vorteilhaft bei der Rtickhaltung oder Entfemung von Metallen aus Prozess- und/oder Abwasserstromen eingesetzt werden (Hammack 1993, Vegt 1998, Dijkman 1999, Boonstra 2001, Copini 2000). Sehr niedrige verbleibende Metallkonzentrationen konnen hiermit in den behandelten Stromen erreicht werden, simultan kann Sulfat auf Werte unter 200 mg/1 entfemt werden, falls dies erforderlich ist. Unter Nutzung hoch belasteter, gut geplanter Reaktorsysteme und Festlegung der unter Verfahrens- und Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten optimalen Verfahrenskette konnen biologische Prozesse effektiv und wirtschaftlich angewendet werden. In vielen Fallen decken die Erlose aus der Verwertung der rlickgewonnenen Metalle die Investitions- und Betriebskosten. Dreizehn industrielle Aniagen, die speziell fiir die Entfemung von Schwefelkomponenten konzipiert wurden, arbeiten erfolgreich im kontinuierlichen Betrieb. Die dabei angewandte Technologic wird unter dem Markennamen THIOPAQ® vermarktet.
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Abb. 5.4.3-1. Kumulative Anzahl Aniagen THIOPAQ* S-Entfemung
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502
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Schwefelwasserstoffproduktion Die Gmppe der anaeroben Bakterien, die als sulfatreduzierende Organismen charakterisiert werden konnen, sind in der Lage, oxidierte Schwefelverbindungen zu Hydrogensulfid oder Schwefelwasserstoff zu reduzieren. Hierzu nutzen die Bakterien ein Substrat, das bei der Reaktion oxidiert wird. Ftir diese Aufgabe konnen organische Verbindungen wie Ethanol genutzt werden, ftir GroBanwendungen wird Wasserstoff, der vor Ort durch Umwandlung von Erdgas, Fltissiggas oder Naptha gewonnen wird, verwendet (Vegt 1998, Dijkman 1999). Dieser so genannte Elektronendonor oder Reduktionsmittel bestimmt die Betriebskosten. beladene Losung
reine Losung
Metallruckgewinnung
S-Feed
t H2S j
1 j
1
•
MeS
•
Red.Mittel — ^
Bioreaktor
Abb. 5.4.3-2. Blockfliessbild Metallrtlckgewinnung mit biogenem H2S Die Reaktionsgleichungen ftir die Sulfatreduktion mit Ethanol und Wasserstoffgas lauten: 3 SO4 + 2 C2H5OH ^ 3 HS- + 3 H2O + 3 HCOs" + CO2 SO4'" + 4 H2 + H^ -> HS + 4 H2O Dieses biologisch produzierte oder biogene H2S kann unmittelbar zur Niederschlagung von Metallen aus Losungen genutzt werden. Wenn die Entfernung von Sulfat aus der Fltissigkeit im Einzelfall nicht der kostengtinstigste Weg zur Produktion von Hydrogensulfid ist, kann die Reduktion von elementarem Schwefel genutzt werden (Boonstra 2001, Ruitenberg 2001). Nur zwei Elektronen werden fiir diesen Schritt benotigt, wahrend zum Sulfatumsatz acht Elektronen erforderlich sind: 6 S° + C2H5OH + 3 H2O -> 6 H2S + 2 CO2
5.4 Beispiele zur Behandkmg von sonstigen industriellen Abwassern
503
In solchen Fallen werden relativ kleine Bioreaktoren mit einem Schwefelstrom und einem Reduktionsmittel beschickt. Der gebildete Schwefel wird in einer Gas/Fliissigreaktionsstufe mit dem zu behandelnden Strom in Kontakt gebracht. In diesem Fall besteht also kein direkter Kontakt zwischen Bakterien und zu behandelndem Strom. Anstelle der Beschickung des Bioreaktors mit Schwefel konnen lokale Bedingungen den Gebrauch anderer oxidierter Schwefelverbindungen wie Abfallschwefelsaure oder SO2 interessant machen. H2S Handhabung Die Verwendung von H2S ftihrt in der Kegel zu besseren Metallabscheidegraden und zu einem Produkt, das kompakter, stabiler und besser verwertbar ist als Metallhydroxide oder -carbonate. Schwefelwasserstoff wurde schon seit langerem in Bergbau und metallurgischen Prozessen groBtechnisch zur Niederschlagung von Metallen aus Prozesswasser, Abschlagen und Abwasserstromen genutzt. Wie auch immer, diese traditionellen Schwefelquelle (z.B. NaHS und H2S) sind teuer und die Transportkosten je Tonne Sulfid hoch. Des Weiteren erfordert die Lagerung und die Handhabung groBer Mengen Sulfid vor Ort aufwandige SicherheitsmaBnahmen. Die H2S Produktion vor Ort unter Nutzung eines chemisch-katalytischen Prozesses ist nur bei hohen Tonnagen wirtschaftlich. Die Verwendung sulfatreduzierender Bakterien kann H2S bedarfsgerecht, wirtschaftlich und sicher vor Ort produziert werden und eine attraktive Alternative zur Nutzung traditioneller Sulfidquellen sein kann (Dijkman, 1999). Dies wird nachfolgend in den Fallbeispielen ftir Kovehute und Caribou unterstrichen. Selektive Metallriickgewinnung Schwefelwasserstoff wird gebraucht, um Schwermetalle wie Kupfer und Zink tiber die Bildung ihrer schwerloslichen Sulfidverbindungen niederzuschlagen (Peters RW 1985, Peters AS 1999, Ruitenberg 2001). Sehr niedrige Gelostkonzentrationen an Metallen im ppb-Bereich kann fiir einen weiten Bereich an Metallen erreicht werden. Jedes Metall hat zweifelsohne sein eigenes pH-Optimum fiir die sulfidische Fallung, was es jedoch ermoglicht, selektive Niederschlage bei verschiedenen pH-Werten zu realisieren. Beispielsweise konnen Arsen, Kupfer und Zink in einer dreistufigen Fallung jeweils bei verschiedenen pH-Werten selektiv niedergeschlagen und zuriickgewonnen werden.
504
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Metallreduktion Einige Metalle konnen bei bestimmten Wertigkeiten nicht als Metallsulfid niedergeschlagen werden. In diesem Fall konnen anaerobe Bakterien genutzt werden, um die Metalle zu niedrigeren Wertigkeiten zu reduzieren und die Fallung zu ermoglichen. Dies kann in Form von Sulfiden, aber auch als Metalloxid, -carbonat oder selbst als elementares Metall erfolgen. Beispiele hierfur sind Selen, Molybdan und Uran. Sulfatentfernung Wenn neben Metallen auch Sulfate auf niedrige Konzentrationen zu entfernen sind, wird der anaeroben biologischen Behandlung, die Sulfat zu Sulfid reduziert hat, eine zweite biologische Stufe nachgeschaltet, in der die tiberschiissigen Hydrogensulfide zu elementarem Schwefel oxidiert werden (Vegt 1998): HS" Verbunden mit der Gleichung SO4 + 4 H2 + H"^ -> HS- + 4 H2O ftihrt dies zur Summenformel: H2SO4 + 4 H2 + VS O2 -> S^ + 5 H2O Es ist wichtig festzuhalten, dass bei Anwendung dieses Prozesses Aziditat ohne Zugabe alkalischer Chemikalien entfemt werden kann. Dies ist spezielle von Interesse bei der Behandlung von Abfallschwefelsaure oder sauren Abwassem, die Sulfate und Schwermetalle enthalten, wie etwa den sauren Grubenwassem aus dem Metallbergbau. Bei Anwendung dieses Verfahrens kann Sulfat auf unter 200 mg/1 reduziert werden, was weitaus weniger ist als die 1500 mg/1, die mit traditioneller Kalkfallung erreichbar sind. Anstelle (kontaminierten) Gipses wird Elementarschwefel produziert, der nur etwa 20 % des Gipsschlammvolumens aufweist und die Moglichkeit des Wiedereinsatzes in der Schwefelsaureproduktion bietet. 5,4.3,2 Grofitechnisches Beispiel 1: Budel Zink, Niederlande Budel Zink B.V., eine Fabrik von Pasminco Ltd., betreibt seit 1973 eine Zinkverhtittung in Budel-Dorplein in den Niederlanden. Uber 200.000 Tonnen werden jahrlich produziert. Der konventionelle Prozess produziert verschiedene Abwasserstrome, die Sulfat und Zink enthalten. Bis Mitte
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
505
2000 wurden diese Strome konventionell durch Neutralisation mit Kalk, unter Produktion von Gips behandelt. Steigende gesetzlich Anforderungen untersagten eine weitere Produktion dieser Reststoffe ab Juli 2000, so das alternative Abwasserbehandlungsverfahren iiber mehrere Jahre auf die Moglichkeiten der gipsfreien Reinigung und der Einhaltung scharferer Einleitbedingungen tiberpriift wurden. Ausgewahlt wurde ein anaerober Bioprozess, diese Hochleistungsbiologie wandelt Zink und Sulfat in ein Zinksulfidprodukt um, das in der Produktion rlickgewonnen wird (Copini 2000).
Abb. 5.4.3-3. Ubersichtszeichnung der groBtechnischen Anlage ZnS04 Reduktion Bei Budel Zink werden zwei Strome mit diesem „Bioconversion"-Prozess behandelt: • Waschturmsaure (Wascherablauf aus der Saureanlage der Rostung). Dies sind normalerweise etwa 25 mVh mit 10 g/1 H2SO4, 0.5g/lHF, lg/lHClund0.5g/lZn. • Magnesiumablauf. Diese Ableitung ist erforderlich, um Akkumulation von Magnesium im Elektrolyten zu verhindem. Normalerweise werden daher 0.5 mVh gereinigte Losung und/oder verbrauchter Elektrolyt zur Regelung des Magnesiumgehaltes aus dem Kreislauf ausgeschleust. Diese Magnesiumausschleusung enthalt 15g/lMg und bis zu 300 g/1 Sulfat. Die anaerobe Sulfatreduktionsanlage bei Budel Zink wurde 1999 realisiert und stellt das Herzstiick der Prozesskonfiguration der weitgehenden Sulfatwasserbehandlung dar (Blockschema Abb. 5.4.3-4).
506
5 Anaerobe Abwasserbehandlung VIg Bleed
2
4
Oalcine (ZnU) Y
Waschturm Saure
Crystalactor
^
Bioreaktor T ^
3 A
1
H2
CO2
T
CaFo Pellets Reformer
Erdgas
Entwasserungl
ZnS zur Rostung
1. Neutralisation der Waschturmsaure mit Calcin (ZnO), 2. Fluoridentfemung durch Niederschlagung als CaF2 im Crystalactor®, 3. Mischung mit Magnesium bleed (Zn-Elekrolyt), 4. Biologische Umsetzung von ZnS04 zu ZnS unter Nutzung von Wasserstoff als Elektronendonor. Wasserstoff wird vor Ort in einer Reformeranlage, die Erdgas und Dampf in H2 and CO2 umsetzt, hergestellt, 5. Fallung und Abtrennung des produzierten ZnS, 6. Entwasserung des produzierten ZnS, 7. Behandlung des Ablaufes in der bestehenden Paques' Grundwasserbehandlungsanlage, in der die Sulfide biologisch zu Elementarschwefel umgesetzt werden. Abb. 5.4.3-4. Schematisches Fliessbild der Bio-Prozess-Route
Tabelle 5.4.3-1. Die Kemdaten der Anlage lassen sich wie folgt zusammenfassen: Auslegungsdaten Produktion Wasserqualitat
H2S
Zulauf ZnS CaF2 in ppm SO4 Zn F-
3.200 kg/Tag 40 mVh 10 t/Tag 0-0.9 t/Tag Zulauf Ablauf 15.000 <300 10.000 < 0.2 500 < 50
Umwelteffekt Die Behandlung der Waschturmsaure mit der konventionellen Neutralisation ftihrte zur Produktion groBer Mengen Gips (18 t/Tag), ohne das die Ablaufwerte den gesetzlichen Vorschriften entsprachen. Mit der erfolgreichen Einfiihrung der THIOPAQ®-Technologie unter Nutzung des Hoch-
5.4 Beispieie zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassern
507
last-Bioreaktors wird kein Gips mehr produziert, die Verbesserung der Wasserqualitat ist erreicht. Zusatzlich werden verwertbares Calciumfluorid und wertvolles Zinksulfid erzeugt, das Zinksulfid (lOt/Tag) wird in die Rostung zuruckgefuhrt. 5A.3.3 GroRtechnisches Beispiel 2: Caribou Mine, Kanada Die kanadische Firma BioteQ Environmental Technologies Inc. errichtet derzeit eine Schwefelreduktionsanlage auf der Caribou Mine der Breakwater Resources Ltd in New Brunswick, Canada. BioteQ hat den patentierten BioSulphide Process'^^ fur Metallriickhaltung und Sulfatreduktion entwickelt, der sich primar auf die Behandlung von Ablaufen der Bergbauindustrie richtet (Patent 1996) und Ahnlichkeiten zum Paques-Sulfatreduktionsverfahren aufweist. Im Rahmen eines Lizenzabkommens hat Paques Entwurf und Planung fur die "THIOPAQ® biogenic H2S-production technology" fiir Caribou an BioteQ geliefert, die die Gesamtanlage entwerfen und bauen. Caribou ist eine Zinkmine, die derzeit infolge niedriger Weltmarktpreise nicht arbeitet. Dennoch muss die Mine eine Kalkbehandlung fiir die sauren Grubenwasser betreiben, das im Jahresmittel mit 700 mVTag anfallt. Die Grube hat des Weiteren eine Abraumdeponie, die signifikante Mengen an Pyrit, Zink und Kupfer enthalt. Im Laufe der Jahre haben diese Halden sich infolge Oxidation zu einer Quelle von Sauren und gelosten Metallen entwickelt, so dass auch hier eine Losung zu finden ist. BioteQ hat mit Breakwater Resources einen Vertrag zur Realisierung einer Anlage, die im ersten Schritt die Metalle aus dem sauren Grubenwasser vor der Kalkanlage entfemt. Diese Anlage ist im Oktober 2001 in Betrieb gegangen. Nach erfolgreicher Inbetriebnahme dieser Stufe wird in einer zweiten Phase eine Erweiterung realisiert, die auch die Behandlung der Abwasser aus den Halden erlaubt. Die Anlage aus Phase 1 zur Behandlung aller sauren Grubenwasser ist schematisch in Abb. 5.4.3-5 dargestellt. Diese Anlage wird ein verkaufsfahiges Zink/Kupfer-Konzentrat austrennen und Cadmium und Blei vor der bestehenden Kalkanlage, mit der Eisen und Aluminium entfemt werden, entfemen. Die behandelten Wasser werden unter Einhaltung aller gesetzlichen Anforderungen in die Gewasser vor Ort eingeleitet. Zusatzlich zu den Erlosen aus dem Verkauf der Konzentrate wird der Kalkverbrauch der Anlage um 51 % und der Schlammanfall um 53 % sinken, des weiteren nimmt die Metallkonzentration im Gipsschlamm deutlich ab. Einsparungen im Kalkbedarf, Reduktion der Schlammentsorgungskosten und die Verkaufserlose werden die Betriebskosten mindestens
508
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
ausgleichen oder gar in Abhangigkeit von den Metallpreisen einen leichten Uberschuss zur Folge haben. Saures Grubenwasser
CaO
i
1 Gas - Liquid Contactor
Entwasserung
•
bestehende Kalkanlage
i
Gas 1 Recycle | Schwefel
H2S y
Zinksulfid
•
T
Schlamm
1
Able
Bioreaktor
e-donor
Abb. 5.4.3-5. Schema Phase 1 Behandlungsanlage flir Caribou Sind die erwarteten Reinigungsleistungen erreicht, werden BioteQ und Breakwater diese erste Stufe erweitem, um die Behandlung der belasteten Halden, die momentan separat gelagert werden, zu ermoglichen. Diese Halden enthalten Metalle, die liber kontrolliertes Leaching mit dem vorhandenen sauren Grubenwasser ausgewaschen und in der BioSulphide^^Anlage ausgetrennt werden. Die behandelten Halden konnen dann umgelagert werden. Diese zweiten Phase, schematisch in Abb. 5.4.3-6 dargestellt, hat eine Entwurfskapazitat von 2.100 mVTag und ermoglicht die Behandlung von 210t/Tag kontaminierter Halde. Zusatzlich zur weiterlaufenden Behandlung der sauren Grubenwasser, wird die Anlage in der zweiten Phase selektiv Kupfer und Zink aus den ausgewaschenen Halden austrennen und Cadmium und Blei-Konzentrationen in den Halden reduzieren. Etwa 500 t Kupfer und 2.100 t Zink werden jahrlich entfemt werden. 5A,3A Zusammenfassung Gut konzipierte Hochleistungsbioreaktoren eroffnen viele Moglichkeiten ftir den Einsatz in Bergbau und Metallurgie zur Behandlung „anorganischer" Abwasser. Die Reduktion von Schwefelverbindungen mit der darauf folgenden Produktion von wieder verwertbarem Schwefel oder Schwefelwasserstoff ist im industriellen MaBstab bewiesen und Stand der Technik. Sichere und robuste anaerobe biologische Prozesse konnen helfen, Metalle ruckzugewinnen und Schwefelverbindungen zu entfemen. In einigen
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
509
Fallen kann die Rixckgewinnung der Metalle als verkaufsfahiges Produkt zu sehr profitablen Abwasserbehandlungsanlagen ftihren. Bergehalden
—•
Halden auswaschung Grubenwasser—•
^Behandelte Halden
Gas Recycle A
t
Gas - Liquid Contactor
Bioreaktor kL
H2S
A
Gas - Liquid Contactor A
1r
Schwefel e-donor
1—•
Entwasserung \r Kupf(srsulfid
CaO
i
^^ Entwasserung \ Zinksulfid
best. Kalkanlage
•
\ Schlamm
Abia
Abb. 5.4.3-6. Schema Phase 2 Behandlungsanlage fur Caribou
Literatur Boonstra J, Dijkman H and Buisman CJN (2001) Novel Technology for the Selective Recovery of Base Metals, Waste Proessing and Recycling in Mineral and Metallurgical Industries IV, Eds SR Rao et al, MetSoc, 2001, 317-323 Copini CFM et al. (2000) Recovery of sulfides from sulfate containing bleed streams using a biological process, Lead-Zinc (2000), eds Dutrizac JE et al, TMS, 2000, 891-901 Dijkman H, Bayer HG, Buisman CJN, (1999) Biotechnology in the Mining and Metallurgical Industries: Cost Savings through Selective Precipitation of Metal Sulfides. Copper 99 International conference. Phoenix, Arizona, Oct 10-13 1999, 113-126 Hammack RW, Dvorak DH and Edenbom HM (1993) The Use of Biogenic Hydrogen Sulfide to Selectively Recover Copper and Zinc from Severely Contaminated Mine Drainage, Biohydrometallurgy Technologies I, Bioleaching Processes, Torma AE, Wey JE, and Lakshmanan VI, Eds, TMS, Warrendale, PA, 1993,631-640 Koch M and Niklas H (1989) Processing of lead-acid-battery-scrap: The Varta Process. Productivity and technology in the metallurgical industries. Eds Koch M and Taylor JC, TMS, 1989, 495-400 Patent (1996) US Patent 5,587,079, Process for treating solutions containing sulfate and metal ions, December 24, 1996
510
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
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5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
511
Tabelle 5.4.4-1. Umsatz, Beschaftigte und Betriebe nach GroBenklassen September 2000
kleine Betriebe (< 100 Beschaftigte) mittlere Betriebe (100 bis 499 Beschaftigte) groBe Betriebe (500 und mehr Beschaftigte)
Anteil der Chemiebetriebe in Prozent nach nach nach Beschaftigten Anzahl Umsatz 9,8 57,7 8,7 31,5
25,3
27,3
10,8
64,9
64,0
Quelle: Statistisches Bundesamt Produktionsstruktur Die chemische Industrie ist ein sehr heterogener Industriezweig, der eine breite Palette an Produkten fiir die verschiedensten Lebensbereiche herstellt. Dazu gehoren Vorprodukte fiir die Produktion in anderen Industriezweigen ebenso wie Erzeugnisse, die in den Bereichen Gesundheit, Umwelt und Emahrung zum Einsatz kommen. Den groBten Anteil am Produktionswert hatte im Jahre 2001 die Sparte der Fein- und Spezialchemikalien mit 24,3 Prozent. Auf den weiteren Platzen folgen die Polymere (21,1 Prozent) und die pharmazeutischen Erzeugnisse (20,2 Prozent). Tabelle 5.4.4-2. Produktionswerte der Chemiesparten 2001 Sparte Anorganische GrundchemikaUen Petrochemikalien u. Derivate Polymere Fein- und Spezialchemikalien Pharmazeutika Agrochemikalien Wasch- und Korperpflegemittel Veredelung von Erzeugn. dieser Gtiterabteil. Chemische Industrie
in Mrd. EURO Anteil in Prozent 5,4 5,4 16,3 16,3 21,1 21,1 24,4 24,3 20,2 20,2 3,8 3,8 8,0 8,0 0.9 0.9 100,1 100,0
Quelle: Statistisches Bundesamt Strukturwandel Die Ausrichtung der Untemehmen auf dem Weltmarkt bringt auch erhebliche Veranderungen in der Untemehmensstruktur selbst mit sich. Spektakularstes Beispiel in Deutschland war der Umbau des Hoechst-Konzerns zu Aventis. Dieser Fall zeigte zwei typische Entwicklungen, die miteinander zusammenhangen und die Entwicklungen im Untemehmenssektor in der chemischen Industrie derzeit bestimmen. Erstens konzentrieren sich die Chemiefirmen zunehmend auf das, was sie als ihre Kemgeschaftsfelder definieren, dies konnen Life Sciences, aber auch die Herstellung von che-
512
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
mischen Grundstoffen im Verbundsystem oder die Herstellung von Spezialchemikalien sein. Zweitens benotigen Firmen extemes Wachstum, um auf den Weltmarkten gegen groBe Wettbewerber bestehen zu konnen. Die Folge hiervon ist eine erhebliche Zahl von Fusionen und Ubemahmen, die das Bild der Firmenlandschaft verandem. 5AA.2 Abwasseranfall und -zusammensetzung Kennzeichnende Merkmale Gegen Ende der 1980er Jahre waren nur wenige Anaerobanlagen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie tiberhaupt in Betrieb. In der Kegel befasste sich die Anaerobtechnik zu der Zeit gerade mit labor- und halbtechnischen Testreihen. Literaturdaten, Fachveroffentlichungen waren nur sehr sparlich verftigbar. Keine abwasserproduzierende Branche ist so heterogen zusammengesetzt und aufgestellt, wie die chemisch/pharmazeutische Industrie. Insofem ist es grundsatzlich bis heute noch nicht moglich, allgemein anerkannte Regeln der Technik oder den Stand der Technik ftir die Abwasser der chemisch/pharmazeutischen Industrie aufzustellen. Wesentlich ist dariiber hinaus der Umstand, dass der GroBteil der Abwasser seinen Ursprung aus geschiitzten Herstellungsverfahren bestimmter Produkte und Produktgruppen nimmt. Die Inhaltsstoffe gewisser Abwasserstrome konnten, kamen sie an die Offentlichkeit, Riickschliisse auf Herstellungsverfahren, Ausbeuten und Umsatzzahlen einzelner Produkte zulassen. Wohl keine Branche ist daher (aus Sicht der Herstellerfirmen verstandlich) so zurtickhaltend in der Herausgabe und Veroffentlichung ihrer Abwasserinhaltsstoffe. Der Planer und Verfahrensentwickler von Abwasserbehandlungsverfahren ist daher ein besonderes MaB an Vertrauen und Loyalitat seinem Auftraggeber schuldig. Haufige Verfahrensumstellungen und Verfahrensweiterentwicklungen sowie schnelle Umsetzung prozessintegrierter MaBnahmen charakterisieren ebenso diese Abwasser wie die stetige Reduzierung der Abwassermengen und -frachten, hervorgerufen durch KreislaufschlieBungen und Teilstrombehandlungen. Die Erkenntnis von Riiffer (1986) hat bis heute seine Gtiltigkeit bewahrt. Er schreibt hierzu: "Es ist leicht einsehbar, dass die groBe Zahl vollig unterschiedhcher Produkte und damit unterschiedhcher Herstellungsverfahren, die untibersehbare Zahl der Rohstoffe, Zwischen- und Fertigprodukte und schlieBlich die Tatsache, dass zumeist eine Vielzahl von Produkten gleichzeitig, z.T. periodisch hergestellt werden, in den Werken zu weit differenzierenden Abwasserqualitaten ftihren. Allgemein giiltige Feststellungen beziiglich
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
513
des Abwassers der Pharma-Industrie sind weniger moglich als bei den moisten sonstigen Industriezweigen." Weil die moisten chemisch/pharmazeutischen Rohstoffe der organischen Industrie entspringen, war es nur allzu konsequent, die Anaerobtechnik gmndsatzlich in Betracht zu ziehen. Zunachst versuchsweise, dann groBtechnisch anzuwenden. Seit den 1990er Jahren bis heute werden nahezu monatlich mit zunehmender Intensitat, mittlerweile auf systematische Grundlagenforschung und empirische Versuchsreihen basierend, neue Anwendungsfalle iiber die anaerobe Behandlung neuer Stoffe und Stoffgruppen bekannt. Tabelle 5.4.4-3. Organische Verbindungen, die der anaeroben Behandlung zuganghch sind (Auszug) Acetaldehyd Essigsaurenhybrid Aceton Acrylsaure Adipinsaure AniHn 1 - Amino-2-Propanol 4-Aminobuttersaure Benzoesaure Butanol Butylaldehyd Butylenglycerin Brenzkatechin Kresol (Methylphenol) Krotonaldehyd Diacetonsaure Dimetoxische Benzoesaure Athanol Athylacetat (Essigsaureathylester)
Athylacrylat Eisensaure Formaldehyd Ameisensaure Fumarsaure Glutaminsaure Glutarsaure Glycerin Hexansaure Hydrochinon Isobutansaure Isopropanol Milchsaure Maleinsaure Methanol Methylacetat Methylathylketon Methylformiat Nitrobenzol
Pentraerithrytol Pentanol (Amylalkohol) Phenol Phthalsaure Propanal (Propylaldehyd) Propanol (Propanalkohol) Isopropylalkohol propionsaures Salz Propylenglycol Protobrenzkatechinsaure Resorcin (Dioxybenzol) Sec-Butanol Sec-Butylamin Sorbinsaure Syringaldehyd Syringinsaure Bemsteinsaure Tert. Butanol Vanilinsaure Vinylacetat
Macarie (2001) listet 65 groBtechnische anaerobe Fermentationsanlagen ftir die Abwasser der chemischen und petrochemischen Industrie bis zum Jahre 1999 auf Diese Liste zeigt das Spektrum einer groBen Anzahl sehr unterschiedlicher Abwasserarten auf Es beginnt zunachst mit relativ einfach zusammen gesetzten Abwassem, im Wesentlichen bestehend aus fltichtigen Fettsauren, Methanol und Glykol. Hier zahlt die anaerobe Fermentation scheinbar schon zu der gebrauchlichen Form der Abwasserbehandlung. Auch die Behandlung von Abwassem aus der Produktion von DMT (Dimethylterephtalat, 4 Anlagen) und PET (Polyathylen Therephtha-
514
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
lat, 6 Anlagen) haben sich bereits ftir die Anaerobtechnik etabliert. Als vorteilhafte Vorbehandlung hat sich die Anaerobtechnik auch bei hochkonzentrierten AOX-haltigen Teilstromen aus der Herstellung pharmazeutischer Zwischenprodukte, aber auch die Vorbehandlung Dimethylformamid (DMF)-haltigen Abwassers gezeigt. Alle iibrigen Anlagen, mit ca. zwei Dritteln die Mehrzahl der Anlagen, sind aus Einzelpilotierungen hervorgegangen. Wie weitere erfolgreiche Untersuchungen im Labor- bzw. PilotmaBstab zeigen, ist es sichtbar, dass die Anaerobtechnik weiteren Chemieabwassem zuganglich ist. Tabelle 5.4.4-4. Laborstudien mit erfolgreichen Chemieabwassem Type of wastewater
Type of Reactor reactor volume [L]
Production of acrylic acid and related esters Synthetic wastewater containing hydroquinone Refinery sour water stripper bottoms Furfural production Production of phenolic resins and phenol molding compounds Plasticizer production and effluent from a resin distillation column Synthetic effluent containing benzaldehyde and saccarose Production of styrenedivinylbenzene polymeric resins 2,4-dichlorophenoxyacetic acid production Styrene polumer synthesis plant
UAF UAF FB with GAC UAF Fb with CAC
Wastewater COD fgO^/L]
Organic loading rate [kg DCO/ m^dl
COD removal [%1
5
19
2,6
97
0,5
1-4
3,2-6,0
47-100
-
1,5
2-11
63-91
9,5
10-16
23
92
30
39
5,6
98
1
17
12
58
2
-
4,8
84
6
8-10
4,5
78
710
2,5-6,3
14-38
85-90
4
2,2
4,3
>75
Hybrid
UASB
UASB
FB with CAC UASB
Quelle: Macarie (2001) Weil es sich bei Chemieabwassem in der Regel um relativ feststofffreie Abwasserstrome handelt, kommen nahezu alle am Markt erprobten und bewahrten Reaktortypen vor. Es ergibt sich in etwa folgende Aufteilung:
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassem
515
Tabelle 5.4.4-5. Reaktortypen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie Reaktortyp Festbett (up und downflow) UASB (Upflow Anaerobic Sludge Blanket) EGSB (Expanded Granular Sludge Bed) Hybrid Sonstige (Kontaktschlamm, Schwachlast, FlieBbett) Gesamt
Anzahl 32 28 12 11 14 97
Deutlich wird in der chemischen Industrie der Trend zu immer hoheren Raum-/Zeit-Ausbeuten in den Fermentationsreaktoren. Waren zunachst in den I980er und den Anfangen der 1990er Jahren Schwachlastreaktoren vorherrschend, so sind es heute Hochlastreaktoren mit deutlich geringerem Platzbedarf. Beispielhaft wird das verdeutlicht bei den in den Niederlanden entwickelten und sich heute zu den Marktfuhrem etablierten so genannten Pelletschlammreaktoren. Hier am Beispiel UASB-Reaktoren versus EGSB Reaktoren in der Tabelle 5.4.4-6 dargestellt (gleicher CSB-Abbau vorausgesetzt). Tabelle 5.4.4-6. Gegentlberstellung UASB / EG SB-Reaktoren CSB Raumbelastung Bauhohe Aufstromungsgeschwindigkeit Fliissigkeit und Gas im Reaktor Erforderliche Grundflache
[kg CSB/m^-d] [m]
UASB 10-15 6
EGSB 20-30 12-18
[%]
1-fach 100
5-7-fach 25
Unter dem kennzeichnenden Stichwort „Vom Erlenmeyerkolben zur GroBanlage" ergibt sich folgender empfehlenswerter Planungsablauf: • • • • •
Analyse des Rohabwassers Toxizitatstests Erste Abbaubarkeits-Batch-Tests Kontinuierliche Behandlungsuntersuchungen im LabormaBstab Pilotierung im halbtechnischen MaBstab vor Ort oder im lieferanteneigenen Technikum • Design und Ausftihrung der groBtechnischen Anlage • Inbetriebnahme, Probebetrieb und Betriebsoptimierung
516
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
5.4.4.3 Abwasserbehandlung - Beispiel aus der Backhefe- und Penicilinabwasser Behandlung Die erste groBtechnische Anaerobanlage wurde 1984 in Delft (NL) in Betrieb genommen. Die von der Firma Gist brocades (heute DSM) geplante Anlage zur Behandlung von Backhefe- und Penicillinabwasser bestand zunachst aus zwei gleich groBen Wirbelbettreaktoren. Bin Versauerungsreaktor und ein Methanreaktor. 1987 wurde diese Anlage um zwei weitere Reaktoren gleicher Bauart, jedoch mit modifiziertem Drei-PhasenAbscheider, erweitert, so dass sich dadurch die Anlagenkapazitat verdoppelte. Spater wurde die Anlage von einer reinen Vorreinigungsanlage zur Indirekteinleitung um eine aerobe Belebungsanlage vom Typ CARROUSEL® als Vollreinigungsanlage zur Direkteinleitung erweitert. Diese erste Anlage ist insofem auch noch bis heute erwahnenswert, weil diese Anlage zunachst nach ausgiebigen halbtechnischen Pilotversuchen mit einem Versuchsreaktor mit einer original Reaktorhohe im l:l-MaBstab als FlieBbettreaktor mit einem inerten Tragermaterial als Aufwuchsflache der Mikroorganismen ausgestattet wurde. Diese Anlage, die liber Jahre hinaus auch als groBtechnische Pilotanlage und mit zur Entwicklung der heute gebrauchlichen Hochlast-Pelletreaktoren gefiihrt hat, arbeitet heute als EGSB-Reaktor (expanded granular sludge bed) ohne Tragerstoff. Beispiel aus der Insulinproduktion- Abwasserbehandlung Im Industriepark Frankfurt/Main-Hochst ist speziell ftir die Abwasser einer Humaninsulinproduktion eine anaerobe/aerobe Vorbehandlungsanlage in der Ausfiihrung. Die organische Belastung wird biologisch abgebaut und das dabei entstehende Biogas wird nach vorangegangener biologischer Entschwefelung im Blockheizkraftwerk thermisch und elektrisch verwertet. Grundlage der Planung waren vorangegangene parallele systematische Pilotierungen durch drei im Wettbewerb stehenden Untemehmen und daraus resultierend mit drei verschiedenen Reaktortypen und zugehorigen Raum/Zeit-Belastungen. Jeder der drei in Frage kommenden TechnologieAnbieter konnte insofem im Rahmen der Pilotierung eingehende Kenntnisse gewinnen zur Anaerobtechnik und der Teilspektren • storende / limitierende Abwasserbestandteile, • sicherer Betriebsweise sodass im darauf folgenden Wettbewerb ftir die Errichtung der groBtechnischen Anlage von Betreiberseite geforderte Verfahrensgarantien zugesichert werden konnten.
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassern
517
Tabelle 5.4.4-7. Rohabwasser - Zulaufdaten Parameter
Einheit
Durchsatz Rohabwasser
mVd mVh mVh kg/d kg/d mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 mg/1
Durchsatz mit Verdunnungswasser CSB-total CSB filtriert TSS NH4-N P04-P CI S04 Kalzium PH 1 Temperatur
°C
Werte fiir eine StraBe/Reaktor 750 33 100 11.000 10.000 2.000 450 700 3.000 650 100 3-11
18-35
1
Anaerobe Abwasseranlage, System BIOBED® Aus den Puffertanks wird das Abwasser in die Konditioniemngstanks der 3-straBigen, anaeroben Abwasserbehandlungsanlage gepumpt. Die Pumpen sind so bemessen, dass bei Bedarf aus jedem Puffertank die gesamte Abwassermenge zu den Konditionierungsbehaltem gefordert werden kann. Die Anaerobanlage besteht aus drei BIOBED®-Reaktoren mit jeweils einem vorgeschalteten Konditioniemngstank. Verfahrenskonzept • • • • • •
Puffer/ Misch- und Ausgleichsbecken Biologische Stufe (2-stufig) 1. Stufe: Anaerobe Hochlaststufe 2. Stufe: Aerobe Tragerstoffbelebtschlammanlage Biogasentschwefelung Hilfsstoffversorgung
Puffer Das produktionsbedingt in Chargen zulaufende Abwasser wird in drei Puffertanks gefordert. Der Puffertank dient primar dem Ausgleich hydraulischer Spitzen und Belastungsspitzen. Im Bedarfsfall kann hier eine Restversauerung stattfinden. Ansonsten ist das Abwasser bereits weitgehend versauert, so dass eine separate Versauerungsstufe nicht erforderlich ist. Reaktorvolumen Anaerobstufe Durchflusszeit Bauhohe Bauart
3 • 800 m^ ca. 6 h 20 m Stahl, beschichtet, isoliert
518
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Gasraum
Abscheider
Abb. 5.4.4-1. BIOBED®-Reaktor In den Konditionierungstanks wird das Abwasser ftir den biologischen Abbauprozess in den nachfolgenden Anaerobreaktoren (System BIOBED®) optimal eingestellt. • Neutralisation
• Nahrstoffzugabe
• Rezirkulation
Neutralisationsmittelzugabe zur Einstellung des fur den anaeroben Prozess optimalen pH-Wertes mit Natronlauge oder Salzsaure fiir eine optimale Aktivitat der Mikroorganismen in der biologischen Stufe konnen bei Bedarf die notwendigen Nahrstoffe wie Stickstoff, Phosphor, Eisen und Spurenelemente zudosiert werden Beim BIOBED®-Verfahren wird ein Teilstrom aus dem Ablauf der Reaktoren in die Konditionierungsbehalter zunickgefiihrt (Rezirkulation). Damit ist es moglich, den NeutraHsationsmittel-
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassern
519
verbrauch durch Rtickfuhrung von Pufferkapazitat auf ein erforderliches Minimum zu reduzieren • Temperaturerhohung und Durchmischung durch Entnahme eines Teilstromes, der tiber einen Plattenwarmetauscher gepumpt und tiber eine Strahldtise wieder in den Konditionierungstank zuruckgefuhrt wird. Als Heizmedium wird HeiBwasser aus den BHKW entnommen. Biologische Biogasentschwefelung Das biologische Gasentschwefelungssystem besteht aus einem Tropfkorper mit speziell selektierten Mikroorganismen, die reduzierte Schwefelverbindungen im Biogas (Schwefelwasserstoff, Mercaptane etc.) zu Schwefel und Sulfat oxidieren. Die Mikroorganismen sind auf Ftillkorpem immobilisiert und werden in regelmaBigen Abstanden mit den notwendigen Nahrstoffen versorgt. Diese Nahrstoffe werden tiber das Abwasser aus der Abwasserbehandlungsanlage zugefiihrt. Die gebildete Sulfatlosung wird pHWert-gesteuert aus dem System abgeftihrt. Mit Hilfe der biologischen Entschwefelungsanlage wird im Normalbetrieb eine H2S-Reingaskonzentration von 100 ppm erreicht, ohne dass Chemikalien dosiert werden mtissen. Zur Sicherstellung dieses Reingaswertes unter alien Betriebsbedingungen ist ein chemischer Natronlaugewascher nachgeschaltet. Biologische Entschwefelung
Ausschleusung Sulfatlosung
Chemischer
Wascher
Biogas mit HjS
Abb. 5.4.4-2. Verfahrensschema Biologische Biogasentschwefelung
Biogas ohne H2S
520
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Die wesentlichen Vorteile dieses Biogasentschwefelungssystems sind: • Vollstandige Oxidation der Schwefelverbindungen bis zum Sulfat, dadurch keine Entsorgung von ggf. verunreinigtem elementarem Schwefel • Der H2S-Reingaswert wird ausschlieBlich durch die biologische Stufe erreicht, daher im Normalbetrieb kein Verbrauch von Natronlauge • AuBerst stabiles Abbauverhalten, da die selektierten Mikroorganismen an die Milieubedingungen optimal angepasst sind • Hohe Verfahrenssicherheit durch nachgeschalteten Natronlaugewascher Aerobe Nachreinigungsstufe Das Grundprinzip besteht in der Nutzung eines Biofilmverfahrens. Als Biofilmtrager konnen verwirbelbare Kunststoffkorper eingesetzt werden. Die tragerfixierten Mikroorganismen sind in der Lage, einen GroBteil der im Abwasser enthaltenen organischen Verbindungen abzubauen. Damit werden stark und mittelstark geruchsintensive Stoffe ebenfalls wirksam eliminiert. Der aerobe Wirbelbettreaktor wird kontinuierlich beschickt, so dass das Nutzvolumen permanent zur Verfugung steht. Der Lufteintrag zur Sauerstoffversorgung der aeroben Biozonose erfolgt tiber Membrantellerbeltifter, die bei Absperren der Luftzufuhr wasserdicht schlieBen. • Biofilmtrager: verwirbelbare Kunststoffkorper mit einer Dichte von < 1 g/cm^, Durchmesser von ca. 8 mm, altem. > Ig/m^ ebenfalls moglich • Tragermaterialfiillgrade des aeroben Reaktors von ca. 30 % bis 45 % • Die tragerfixierten Mikroorganismen sind in der Lage, 40 % der im Abwasser enthaltenen organischen Verbindungen abzubauen. • Kontinuierliche Beschickung des aeroben Wirbelbettreaktors. • Die intensive Verwirbelung der Biofilmtrager sorgt ftir eine wirksame Abreinigung sich bildender Biofilme (Ausschwemmreaktor) • Erzielbare Raumumsatzleistungen liegen in der GroBenordnung von 3,5 bis 5 kg CSB/m^-d. Beispiel aus der Textilveredelungsabwasser Behandlung Integrierter Umweltschutz in der Textilveredlungsindustrie Unter integriertem Umweltschutz fasst man alle MaBnahmen zusammen, die das Ziel verfolgen Umweltbelastungen (SchadstoffausstoB, Energieverbrauch) durch eine umweltorientierte Produktionsgestaltung zu vermindem. Dazu zahlt die Wiederverwendung durch Kreislaufftihrung (Recycling) von Wasser. Aus Abwasser wird wieder Brauchwasser. Die Anaerobtechnik als Vorreinigungsstufe bei der Kreislaufftihrung ist eine geeignete Verfahrenstechnik. Bei Einsatz der Anaerobtechnik zur Entfarbung von
5.4 Beispiele zur Behandlung von sonstigen industriellen Abwassern
521
Azofarbstoffen wird Energie eingespart, auf Chemikalieneinsatz verzichtet und der Schlammanfall signifikant reduziert. Anaerob-aerobe Verfahrenskombination Eine entsprechende Verfahrenskombination wurde an der Technischen Universitat (TU) Braunschweig vom Institut fur Bioverfahrenstechnik (Rtiffer 1986) entwickelt. Bei diesem speziell fiir die Textilveredlungsindustrie entwickelten mehrstufigen Verfahren spalten die anaeroben Mikroorganismen zunachst den Azofarbstoff auf und in der zweiten, aeroben Stufe, werden dann die Bruchstucke veratmet. Ohne das Aufspalten der aromatischen Ringverbindungen in der Anaerobstufe ware es, wie die laufende Praxis beweist, den Aerobiem nicht moglich, die Farbstoffe abzubauen. Deshalb ist es z. Zt. noch iiblich, die Farbstoffe vor Eintritt in die Aerobic durch Flockung/Fallungskombination zu eliminieren. Die entsprechende, haufig sehr kostenaufwandige Schlammentsorgung durch Deponie oder thermische Verwertung entfallt bei dieser neuen Verfahrenskombination. Wahrend der Abbau sulfonierter Azoverbindungen durch Bakterien der Gattung Streptomyces und Phanerochaete chrysosporium seit etwa Anfang der neunziger Jahre bekannt ist, handelt es sich beim anaeroben Vorgang noch um eine neuerliche Erkenntnis.
Zulauf Ablauf (teilw. geschlitztes Rohr zur Tragerabscheidung)
Ablauf rohr Belufter
c> cp
O
/ ? 9 Reinigungsbelufter
Abb. 5.4.4-3. Wirbelbettreaktor
Querschnitt Tragermaterial EvU
o
522
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
anaerobe Stufe
Puffertank mit Restversauerung Konditionierung
mm —• Ablaufschacht
Verdunnungswas ser
IT biologische Gasentschwefelung
Gasmembranspeicher
pH-Korrektur Biogasentschwefelung / NaOH-Wascher
Trockner und Nacherwarmung KlargasvenA/ertung 3BHKW
Abb. 5.4.4-4. FlieBbild Anaerobe/aerobe Abwasservorbehandlungsanlage in der Humaninsulinherstellung
Abwasserstrom anaerobe Stufe
Biomassenabtrennung Kommunale Klaranlage
Textilveredelung
0^ Vorbehandlung
D>^ Rii9hlg^f§9hlgnim
Farberei Druckerei
Recyclingstrom
Spannerei Wascherei
anaerobe Stufe
t
t Speicherbecken
m
Uberschussschlamm aerobe Hochlaststufe Biomassenabtrennung
Biomembran \ -filtration
^ Rucklaufschlamm Ozon zur Restentfarbung
Recyclingwasser
Abb. 5.4.4-5. FlieBbild Abwasserbehandlungs- und Recyclingprozess in der Textilindustrie
5.5 Beispiele zur Behandlung von kommunalen Abwassem
523
Literatur Anonym (2002) Die chemische Industrie in Deutschland. Verband der Chemischen Industrie e.V. (VCI), Karlstr. 1, Frankfurt am Main Macarie H (2001) Overview of the application of anaerobic treatment to chemical and petrochemical waste waters. In: Water Science and Technology vol 42, Nos 5-6, S 201-214 Riiffer H (1986) Pharmazeutische Industrie. In: Lehr- und Handbuch der Abwassertechnik. Band VI, Verlag Ernst & Sohn, Berlin, S 348-374 Schilling Jo (2003) Konzentrierte Aktion gegen Farbe. In: Chemische Rundschau Nr. 1 14.01.2003, S 16-17
5.5 Beispiele zur Behandlung von kommunalen Abwassem 5.5.1 Einleitung Die Abwasserreinigungsanlagen in den Industrielandem bestehen in der Regel aus kleinraumigen Systemen auf hohem technischem Niveau, die vergleichsweise hohe Investitionen und Betriebskosten (z.B. aufgrund des hohen Strombedarfs) erfordem. Neben der guten Ausstattung resultiert die gute und betriebsstabile Reinigungsleistung der Anlagen aus der umfangreichen Betreuung durch qualifiziertes Betriebspersonal. In nicht industriellen Landem sind diese Voraussetzungen haufig nicht gegeben. Daher sind dort alternative Verfahren auszuwahlen, die trotz der begrenzten Ressourcen akzeptable Reinigungsleistungen ermoglichen. Derzeit sind in Entwicklungslandem Teichsysteme die am haufigsten angewandten Systeme. Nachteilig an diesen Systemen sind aber u.a. der hohe Flachenbedarf und die Emission von Geruchen und klimaschadigenden Gasen. In diesen Landem entwickelt sich die Anaerobtechnik seit einiger Zeit zu einer interessanten Alternative. Dabei werden neben der klassischen anaeroben Behandlung von Schlammen zunehmend Anlagen ftir hausliches Abwasser gebaut. Im Rahmen des Sektor-Projekts (GTZ/TBW 1998) wurden weltweit 78 groBtechnische Anaerobanlagen ermittelt, die mit kommunalem Abwasser betrieben werden. Dazu sind ca. 200 Anlagen in Brasilien zu addieren, die kommunales Abwasser von mehr als 1.000 Einwohnem behandeln. Eine Vielzahl von Anlagen existieren in Siidamerika (vor allem in Brasilien, Mexiko, Kolumbien und Ecuador) und in Asien (vor allem in China und Indien). In Afrika ist im Jahr 2000 die erste Anaerobanlage mit kommunalem Abwasser in Betrieb genommen worden (De Mes 2003).
524
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
5.5.2 Vor- und Nachteile der Anaerobtechnik bei kommunalem Abwasser Im Folgenden werden die wichtigsten Vor- und Nachteile der Anaerobtechnik gegeniiber der konventionellen aeroben Abwasserreinigung fiir kommunales Abwasser aufgefiihrt. Vorteile: • Niedrigere Investitionen, da vergleichsweise einfache Konstruktion, ein geringer Anteil an maschinen- und elektrotechnischer Ausriistung und eine kombinierte Abwasser- und Schlammbehandlung • Niedrige Betriebskosten, da vergleichsweise geringer Strombedarf, geringer Unterhaltungsaufwand fur die maschinen- und elektrotechnische Ausriistung und Energiegewinn, wenn das Biogas genutzt wird. • Bedienung durch technisch wenig geschultes Personal moglich, da geringer Anteil an maschinen- und elektrotechnischer Ausrustung • Geringer Strombedarf (bei geschickter Einbindung in Hohenlage ggf. kein Strombedarf) oder ggf. Eigenstromerzeugung und damit weitgehend unabhangig von Stromversorgung und Stromausfallen • Verminderter Aufwand fiir Schlammbehandlung und Schlammentsorgung aufgrund der deutlich reduzierten spezifischen Schlammmenge. Dariiber hinaus ist der Schlamm sehr gut stabilisiert und weist sehr gute Entwassemngseigenschaften auf. • Der Diingewert des Abwassers vor allem beziiglich der Nahrsalze Stickstoff und Phosphor bleibt weitestgehend erhalten. • Geringer Flachenverbrauch verglichen mit Teichanlagen oder mit konventionellen Schlammtrockenbeeten. Nachteile: • Um akzeptable Reinigungsleistungen zu erreichen, sollte die Abwassertemperatur im gesamten Jahr mindestens 15 °C betragen. Somit ist das Verfahren lediglich fiir tropische und subtropische Lander interessant. • Eine alleinige anaerobe Reinigungsstufe reicht i.d.R. nicht aus, um die geforderten Grenzwerte einzuhalten, so dass eine aerobe Reinigungsstufe (z.B. Teichanlage) nachzuschalten ist, die jedoch kleiner ausfallen kann. • Teilweise bestehen Vorbehalte gegeniiber der Anaerobtechnik, da sie in den Industrielandern nicht das Standardverfahren der kommunalen Abwasserreinigung darstellt und da in vielen Landem noch vergleichsweise wenig groBtechnische Erfahrungen vorliegen.
5.5 Beispiele zur Behandlung von kommunalen Abwassem
525
5.5.3 Reaktortypen Die verschiedenen anaeroben Reaktortypen sind in Kapitel 5.2 beschrieben. Aufgrund des bei kommunalem Abwasser vergleichsweise hohen Feststoffgehaltes bezogen auf die CSB-Konzentration ist neben der Reinigung des gesamten Abwassers in einem Reaktor ggf. auch eine Abtrennung der Feststoffe und eine separate anaerobe Behandlung beider Strome sinnvoll. Ftir feststoffreiche Strome werden ausschlieBlich Ausschwemmreaktoren (CSTR-Reaktoren) verwendet, da eine Entkoppelung der Aufenthaltszeit der Feststoffe und anaeroben Biomasse von der hydraulischen Aufenthaltszeit nicht moglich ist. Die anaerobe Behandlung kommunaler Abwasser (Gesamtstrom oder feststoffreduzierter Strom) erfolgt nahezu ausschlieBlich in UASBReaktoren. Wahrend bei mit industriellem Abwasser betriebenen UASBReaktoren die Biomasse immer in Form so genannter Pellets vorliegt, ist dies bei UASB-Reaktoren nur dann der Fall, wenn vergleichsweise geringe Feststoffgehalte vorliegen. Ansonsten liegt der Schlamm im UASB in suspendierter bzw. flockiger Struktur vor, welches eine geringere Biomassenkonzentration im Reaktor ermoglicht. Anaerobe Festbettreaktoren werden bei kommunalem Abwasser meistens mit UASB-Reaktoren kombiniert, wobei das Festbett direkt liber dem UASB-Reaktorteil angeordnet ist und neben der Nachreinigung einen verbesserten Rtickhalt der Biomasse ermoglichen soil. Halbtechnische Erfahrungen zeigen, dass in einem anaeroben Membranbioreaktor kommunales Abwasser so weit reichend gereinigt werden kann, dass eine direkte Wiederverwertung als Beregnungswasser gegeben ist (Fitzke 2003). Es besteht jedoch noch Entwicklungsbedarf, da die hohe Viskositat der anaeroben Biomassensuspension und die starke Deckschichtbildung einen hohen Energiebedarf und eine geringe Fluxrate durch die Membran bedingen. 5.5.4 EinflussgroRen und Bemessungsparameter der anaeroben Reinigung kommunaler Abwasser Bevor im Detail auf die wichtigsten EinflussgroBen und Bemessungsparameter der anaeroben Reinigung kommunaler Abwasser eingegangen wird, erfolgt in der Tabelle 5.5-1 zunachst eine Gegentiberstellung der wichtigsten Werte von einigen ausgewahlten UASB-GroBanlagen. Auch alle nachfolgenden Ausfiihrungen dieses Kapitels beziehen sich ausnahmslos auf UASB-Reaktoren.
526
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Tabelle 5.5-1. Gegenuberstellung der wichtigsten Bemessungsparameter der anaeroben Reinigung kommunaler Abwasser Stadt (Land) Cali (Kolumbien) Kanpur (Indien) Bucaramanga (Kolumbien) Sumare City (Brasilien) Alexandria (Agypten) Mangueira (Brasilien)
AbwasserTemperatur (°C)
Aufenthaltszeit (h)
Raumbelastung (kg BSB / m^d)
Aufstromgeschwindigkeit (m/h)
-
5,0
-
-
20-32
5,8
1,25
0,87
>20
5,2
1,0
0,78
>20
7,0
-
-
20-30
6,7
1,4
0,67
30
9,7
0,8
0,52
Abwassertemperatur Die Abwassertemperatur hat maBgeblichen Einfluss auf die Aktivitat der anaeroben Biomasse und damit auf die mogliche Reinigungsleistung der Anlage. Um eine ausreichende methanogene Aktivitat zu erzielen, sollte die Abwassertemperatur im gesamten Jahr immer tiber 15 °C, vorzugsweise liber 20 °C liegen. Wenn die Temperatur zeitweise unter 20 °C absinkt, muss entweder eine ausreichende Biomassenreserve vorhanden sein, die die geringere Aktivitat kompensiert oder es kommt zu einer Verschlechterung der Abbauleistung, die auch die Gefahr einer Versauerung mit einschlieBen kann. Die Tabelle 5.5-1 zeigt, dass bei den ausgeftihrten Anlagen i.d.R. immer Abwassertemperaturen tiber 20 °C vorliegen. Aufenthaltszeit Die Aufenthaltszeit und die Raumbelastung sind die maBgeblichen Bemessungsparameter einer Anaerobanlage. Bei einer hohen Abwasserkonzentration ist die Raumbelastung maBgeblich, wahrend bei niedrigen Konzentrationen (dies ist bei kommunalem Abwasser in der Regel der Fall) die Aufenthaltszeit der maBgebliche Bemessungsparameter ist. Van Haandel und Lettinga (1994) empfehlen, dass die Aufenthaltszeit in kommunalen UASB-Reaktoren mindestens vier Stunden betragen sollte. Die oben aufgefiihrten Beispiele zeigen, dass in der Praxis die Werte mit 5-10 Stunden teilweise deutlich hoher liegen. Dies ermoghcht einen etwas hoheren Abbaugrad bzw. eine gewisse Sicherheit bei Mengen- und Temperaturschwankungen.
5.5 Beispiele zur Behandlung von kommunalen Abwassem
527
Die Wahl der mittleren rechnerischen Aufenthaltszeit ist der einzigste Parameter, der die ReaktorgroBe bestimmt. Wahlt man z.B. statt vier Stunden Aufenthaltzeit eine mittlere Verweildauer von sechs Stunden, erhoht sich das Reaktorvolumen um 50 %. Raumbelastung Wie bereits erwahnt, ist bei kommunalem Abwasser aufgrund der niedrigen Konzentrationen die Raumbelastung keine BemessungsgroBe. Die oben dargestellte Tabelle zeigt, dass in der Praxis die BSB-Raumbelastung ca. 0.8-1,5 kg BSBs/Cm^-d) betragt. Aufstromgeschwindigkeit Die mittlere Aufstromgeschwindigkeit im Reaktor (m/h) bzw. (mV(h-m^) errechnet sich aus der stiindlichen Abwassermenge dividiert durch die Reaktorgrundflache. Durch die flachige Abwasserzugabe am Boden und die damit induzierte vertikale Durchstromung des Reaktors, werden die Austauschprozesse zwischen dem Abwasser und der Biomasse ermoglicht. Da diese Durchstromung die einzige Umwalzung darstellt, sollte die Aufstromgeschwindigkeit einen Mindestwert einhalten, der tiblicherweise mit 0,5 m/h angegeben wird. Bei UASB-Systemen ist eine gewisse Aufstromgeschwindigkeit auch deshalb erforderlich, um die Biomasse, die gute Absetzeigenschaften hat, im System anzureichem. Wahlt man dagegen die Aufstromgeschwindigkeit zu hoch, kann es, besonders bei Zulaufspitzen, zum Ausschwemmen von Biomasse kommen. Daher sollte sie bei Abwasserspitzen nicht tiber 1,5 m/h liegen. Reaktorhohe Bei den ausfiihrten UASB-Reaktoren, die mit hauslichem Abwasser betrieben werden, wurde eine Wassertiefe zwischen 4 m und 6 m gewahlt. Abwasserkonzentration Obwohl der anaerobe Abbau kommunaler Abwasserbestandteile auch bei niedrigen Konzentrationen moglich ist, kommen die Vorteile der Anaerobtechnik gegeniiber anderen Verfahren erst dann zum tragen, wenn eine ausreichend hohe Konzentration vorliegt. Nach Gate/GTZ (2001) gilt dies ab CSB-Konzentrationen tiber 400 mg/1. Die in der Tabelle 5.5-2 aufgefiihrten Beispiele zeigen, dass dort durchweg CSB-Konzentrationen tiber 400 mg/1 vorliegen.
528
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
5.5.5 Technische Details bei kommunalen UASB-Reaktoren Von den ersten groBtechnischen Anwendungen wurde berichtet, dass es teilweise Probleme mit Verstopfiingen, Schwimmdeckenbildung und Entweichen von Biogas gab. Werden die folgenden Empfehlungen beriicksichtigt, kann diesen Problemen entgegengewirkt werden, bzw. konnen sie ohne viel Aufwand behoben werden. Da das Abwasser und speziell der Gasraum tiber dem Abwasser sehr korrosiv sein kann, ist auf eine entsprechende Auswahl und Verarbeitung der Materialien zu achten. Einlaufsystem Eine gleichmaBige Verteilung des Abwassers tiber die Reaktorflache ist aufgrund der dadurch induzierten Umwalzung von maBgeblicher Bedeutung. Van Haandel und Lettinga (1994) empfehlen eine Zulaufzufiihrung pro 1 m^, wenn der Reaktor mit wenig Schlamm betrieben wird und eine Zulaufzufiihrung pro 4 m^, wenn mit einem hohen Schlammgehalt gerechnet wird. Bei den groBtechnischen Beispielen der vor genannten Tabelle liegt die Bandbreite zwischen einer Zulaufzufiihrung pro 2 m^ (Sumare City) und einer Zulaufzufiihrungen pro 3,7 m^ (Kanpur). Abweichend von den industriellen Anwendungen, bei der der Abwasserzufluss mittels weniger Rohre, die jeweils eine Vielzahl von Offnungen (Zulaufzufiihrungen) aufweisen, zugegeben wird, haben die Erfahrungen mit kommunalem Abwasser gezeigt, dass jede Zulaufzufiihrung mit einem separaten Rohr beschickt werden sollte. Dabei wird der Abwasserstrom durch mehrstufige, im freien Uberfall betriebene, Verteilerkasten (splitterboxes) so weit aufgeteilt, dass jede Zulaufzufiihrung gleichviel Abwasser erhalt. Dieses System hat folgende Vorteile: • • • •
Einfache Kontrolle, ob eine Zulaufzufiihrung verstopft ist Einfache Spulung der Zulaufzufiihrungen wahrend des Betriebs moglich Gewahrleistung einer flachigen Beschickung des Reaktors Keine Zulaufpumpe erforderlich
Drei-Phasen-Abscheider Im Drei-Phasen-Abscheider erfolgt eine teilweise Abtrennung und Riickfiihrung aufgetriebenen Schlammes aus der Wasserphase sowie die Abscheidung des gebildeten Biogases. Folgende technische Details werden empfohlen: • Um das komplette Biogas aufzufangen, sollte die gesamte Reaktoroberflache mit Drei-Phasen-Abscheidem ausgestattet sein
5.5 Beispiele zur Behandlung von kommunalen Abwassem
529
Es sollten mindestens zwei Linien an Gasabscheidem iibereinander angeordnet sein, wobei die Gasabscheider sich mindestens um 20 cm uberlappen sollten Um das Heruntermtschen des Schlammes aus den Drei-Phasen-Abscheidem zu ermoglichen, sollte der Winkel mindestens 50° betragen Das Geschwindigkeitsprofil liber dem Drei-Phasen-Abscheider sollte moglichst symmetrisch sein, wobei die Wassergeschwindigkeit zwischen den Elementen des Drei-Phasen-Abscheiders kleiner als 5 m/h liegen sollte Der Drei-Phasen-Abscheider sollte modular aufgebaut sein um eine einfache Demontage eines Moduls zu ermoglichen um so z.B. Schwimmdecken zu entfemen 5.5.6 Beispiele von UASB-Reaktoren zur kommunalen Abwasserreinigung In Tabelle 5.5-1 wurden die Bemessungsparameter von sechs groBtechnischen UASB-Reaktoren zur kommunalen Abwasserreinigung vorgestellt. Die ReaktorgroBen liegen dabei zwischen 64 m^ (Cali) und 6.600 m^ (Bucaramanga). In der Regel sind der Anaerobanlage ein Grobrechen und ein Sandfang vorgeschaltet. In der Tabelle 5.5-2 sind die wichtigsten Zu- und Ablaufkonzentrationen sowie die entsprechenden Abbaugrade im UASB-Reaktor angegeben. Tabelle 5.5-2. Zu- und Ablaufkonzentrationen sowie Abbaugrade bei der anaeroben Reinigung kommunaler Abwasser Stadt (Land)
Cah (Kolumbien) Kanpur (Indien) Bucaramanga (Kolumbien) Sumare City (Brasilien)
CSB Zufluss Abfluss Abbaugrad 65% 597 mg/1 166mg/l 72% 426 mg/1 145 mg/1 66% 900 mg/1 232 mg/1 74%
BSB Zufluss Abfluss Abbaugrad 80% 221 mg/1 53 mg/1 76% 195 mg/1 39 mg/1 80% 515 mg/1 102 g/1 80%
Abfiltr. Stoffe Zufluss Abfluss Abbaugrad 70% 455 mg/1 95 mg/1 79% 69% 450 mg/1 50 mg/1 89 %
530
5 Anaerobe Abwasserbehandlung
Mangueira (Brasilien)
563 mg/1 202 mg/1 64%
-
204 mg/1 80 mg/1 61%
Es zeigt sich, dass BSB-Abbaugrade zwischen ca. 75 und 80 % erreicht werden. Beim filtrierten CSB liegt der Abbaugrad in der gleichen GroBenordnung, betrachtet man aber den homogenisierten CSB werden lediglich ca. 65-75 % erreicht. Damit verbleibt eine Restkonzentration an organischer Belastung, die eine nachgeschaltete aerobe Reinigung erfordert, die bei den vorgestellten Anlagen tiberwiegend in Form eines unbeltifteten flachen Teiches mit einer Aufenthaltszeit von ca. 1-1,5 Tagen erfolgt, der bei Sonneneinstrahlung auch eine entsprechende Entkeimung ermoglicht. 1st das Verhaltnis der abfiltrierbaren Stoffe zum CSB 0,5 oder kleiner, liegt die Biomasse tiberwiegend in Pelletform vor. Ansonsten tiberwiegt Schlamm mit flockiger Struktur. Bei pelletformigem Schlamm konnen in der unteren Reaktorhalfte Biomassengehalte von bis zu 40 g/1 sowie organische Schlammaktivitaten von 0,10-0,25 kg CSB/(kg oTR-d) erreicht werden.
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5.5 Beispiele zur Behandlung von kommunalen Abwassem
531
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6 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen
6.1 Verfahrenstechniken 6.1.1 Historische Entwicklung und Einordnung Bei landwirtschaftlichen Vergarungsanlagen besteht das Anwendungsziel in der Gewinnung von Energie sowie in der Verbesserung der Anwendungseigenschaften der eingesetzten Substrate, die nach der Vergarung in der Regel ohne eine weitergehende Aufbereitung als Diinger auf landwirtschaftlichen Produktionsflachen ausgebracht werden. Bei den zur Vergarung eingesetzten Substraten handelt es sich um wirtschaftseigene Abfalle, wie Giille, Festmist und Emtertickstande, sowie um organische Abfalle aus Industrie, Gewerbe und Konsum. Neben diesen verschiedenartigen organischen Abfallstoffen werden in zunehmendem MaBe auch nachwachsende Rohstoffe eingesetzt, die speziell ftir die Erzeugung von Biogas angebaut werden. Sowohl die Zielstellung der Anwendung als auch die eingesetzten Substrate unterscheiden sich daher grundlegend von den im kommunalen und industriellen Bereich eingesetzten Verfahren zur Abwasser- und Klarschlammbehandlung, weshalb es fruhzeitig zu einer eigenstandigen Entwicklung landwirtschaftlicher Vergarungsanlagen kam (Weiland 2001). Wahrend des Zweiten Weltkriegs wurden in Deutschland und Frankreich erstmals Verfahren zur Biogaserzeugung aus den in der Landwirtschaft anfallenden organischen Abfallstoffen im LabormaBstab erprobt und bis zur praktischen Nutzanwendung entwickelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte eine lebhafte Entwicklung unterschiedlicher Reaktorsysteme ein, die ausschlieBlich fiir die Vergarung von Festmist konzipiert waren, der in einer Vorgrube mit Wasser und Faulschlamm vermischt wurde. Bis Ende der 1950er Jahre wurden tiber 50 Biogasanlagen in Deutschland errichtet, von denen viele aufgrund mangelhafter Funktion haufig bereits nach kurzer Betriebszeit wieder stillgelegt wurden. Wenngleich das Motiv zum Anlagenbau in erster Linie die Energiegewinnung war, so spielte wegen der bestehenden Dtingemittelknappheit die Nutzung der Garriickstande zur Dtingung bereits eine wichtige Rolle. Mit dem Aufkommen von preiswertem Heizol und Mineraldunger ab Mitte der 1950er Jahre sank das Interesse an der Biogaserzeugung, und die meisten Anlagen
534
6 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen
wurden stillgelegt. Erst mit der Olkrise im Jahre 1972 stieg emeut das Interesse an dieser Technik und es wurden neue Verfahren fur die in der Zwischenzeit eingeftihrte Fltissigmisttechnik entwickelt, die durch einstreulose Aufstallung der Tiere auf Spaltenboden oder Gitterrosten moglich wurde. Nach einer europaweit durchgeftihrten Erhebung waren 1985 in Deutschland etwa 75 landwirtschaftliche Biogasanlagen in Betrieb (Palz 1985). Zwischen 1985 und 1990 ging der Bau neuer Anlagen stark zuriick, so dass bis 1990 der Bestand auf lediglich 100 Biogasanlagen anstieg. Erst mit Einftihrung einer gesetzlichen Regelung zur Einspeisevergtitung von Strom aus Biogas begann ab 1990 eine stetige Zunahme der Zahl landwirtschaftlicher Biogasanlagen, die mit Einftihrung des „Enieuerbare Energien Gesetzes (EEG)" im Jahr 2000 erheblich beschleunigt wurde (Abb. 6.1-1). Mit dem EEG wird eine hohere und flir 20 Jahre gesetzlich abgesicherte Vergtitung gewahrleistet, wodurch erstmals die notwendige Planungssicherheit ftir Investitionen im Bereich der Biogaserzeugung gegeben ist (EEG 2000). Zahl der Anlagen
; 1.050 ^850^ 617
_ 100
120
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1990
1991
1992
159
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1994
1995" ' 1996
1997
1999
2000
2001
2002
2003* * geschatzt
Abb. 6.1-1. Entwicklung der Zahl der Biogasanlagen in Deutschland seit 1990 Bis Ende 2003 stieg die Zahl der landwirtschaftlichen Biogasanlagen auf ca. 2.000 an; gleichzeitig nahm das durchschnittliche Reaktorvolumen deutlich zu (Weiland 2003). Begtinstigt wurde diese Entwicklung durch die Mitbehandlung auBerbetrieblicher organischer Abfallstoffe, welche bis dahin vorwiegend deponiert oder anderweitig verwertet wurden und gemaB den Auflagen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetztes seit 1994 einer Verwertung zugefiihrt werden mtissen (KrW-/AbfG 1994). Diese unter dem Begriff Kofermentation bezeichnete gemeinsame Vergarung von Gtille oder Festmist zusammen mit auBerlandwirtschaftlichen organischen Abfallen fixhrt zu einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Biogasan-
6.1 Verfahrenstechniken
535
lagen, da aus den Abfallen zusatzliche Energie gewonnen wird, fur die Verarbeitung der Abfalle haufig ein Entsorgungserlos gezahlt wird und mit den Abfallstoffen gleichzeitig ein kostenloser Bezug von Nahrstoffen erfolgt (KTBL 1998). Die Kofermentation stellt bei landwirtschaftlichen Vergamngsanlagen daher die derzeit am haufigsten eingesetzte Verfahrenstechnik dar. Wahrend anfanglich nur Abfallstoffe und Nebenprodukte aus der Verarbeitung und Verwertung landwirtschaftlicher Rohstoffe als Kosubstrate genutzt wurden, finden zunehmend auch eigens zur Vergarung angebaute Energiepflanzen als Kosubstrate Anwendung (Weiland et al 2004). Gemessen an der Zahl der landwirtschaftlichen Biogasanlagen ist Deutschland europaweit flihrend auf diesem Gebiet. Um das Potential an geeigneten Abfallstoffen und nachwachsenden Rohstoffen technisch zu nutzen, sind je nach AnlagengroBe zwischen 30.000 und 40.000 Biogasanlagen in Deutschland erforderlich. Da der beschleunigte Ausbau der Nutzung emeuerbarer Energien zu den zentralen MaBnahmen der nationalen Klimavorsorge gehort, und wirtschaftliche Anreize fur die Produktion und Nutzung von Biogas bestehen, zielt eine konsequente Weiterentwicklung dieser Technik darauf ab, durch Standardisierung von Anlagenelementen die Wirtschaftlichkeit zu verbessern, um gegentiber fossilen Energietragem konkurrenzfahig zu werden. Femerhin zeichnet sich ab, dass die Grenzen zwischen der industriellen anaeroben Abwasser- und Abfallbehandlung und dem Betrieb landwirtschaftlicher Vergamngsanlagen zunehmend verschwimmen, da landwirtschaftlich gepragte Kofermentationsanlagen unmittelbar am Standort agrarindustrieller Verarbeitungsbetriebe errichtet werden, um die dort anfallenden Abwasser und Abfalle gemeinsam mit nachwachsenden Rohstoffen und landwirtschaftlichen Abfallen zu verarbeiten. Dies ermoglicht nicht nur eine ressourcenschonende und energiesparende Abwasser- und Abfallbehandlung, sondem tragt auch dazu bei, durch SchlieBung von Nahrstoffkreislaufen und Einsparung von Betriebsmitteln den Anbau und die energetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe kostengtinstig durchzufiihren. 6.1.2 Herkunft und Potential der eingesetzten Substrate Ftir die Vergarung in landwirtschaftlichen Biogasanlagen eignen sich gmndsatzlich alle fltissigen, pastosen und festen biogen-organischen Abfalle, die einen hohen Anteil an Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten enthalten und deren Verhaltnis von Kohlenstoff zu Stickstoff (C/N-Verhaltnis) zwischen 15:1 und 40:1 Hegt. Ungeeignet sind verholzte Materialien,
536
6 Landwirtschaftliche Vergamngsanlagen
wie Baum- und Strauchschnitt, da diese aufgrund des hohen Ligningehaltes anaerob nicht abgebaut werden konnen (Weiland 1999). Fltissigmist und Festmist von Rindem und Schweinen stellen nicht nur mengenmaBig mit einem Jahresanfall von ca. 150 Mio. t bzw. 50 Mio. t die groBte organische Abfallfraktion dar, sondem werden auch am haufigsten in landwirtschaftlichen Biogasanlagen entweder als Monosubstrat oder als Basissubstrat ftir Kofermentationsprozesse eingesetzt. Rindergtille eignet sich aufgrund ihres Gehaltes an Methanbakterien sehr gut ftir die Vergarung und kann auch zum Animpfen von Biogasanlagen genutzt werden. Der in der Regel hohe Trockensubstanzgehalt (TS) erfordert bei Kofermentation jedoch die Verwendung TS-armer Kosubstrate oder die Verdtinnung mit Prozesswasser. Schweinegtille ist aufgrund des geringeren TS-Gehaltes fiir Kovergarungsverfahren daher besser geeignet und weist eine hohere Gasausbeute auf Bei Gefltigelkot sowie Festmist von Rindem und Schweinen ist aufgrund des hohen Gehaltes an organischer Trockensubstanz (oTS) der auf die Frischmasse bezogene Biogasertrag wesentlich hoher. Bei Anwendung der iiblichen Nassvergarungsverfahren ist eine Verdtinnung bis zum pumpfahigen Zustand erforderlich, die bei Kofermentationsverfahren durch Verwendung dtinnfltissiger Kosubstrate, wie z.B. Schlempe, Molke oder Kartoffelfruchtwasser, erreicht werden kann. Die wichtigsten Stoffdaten und der mogliche Biogasertrag der unterschiedlichen Abfalle aus der Tierhaltung zeigt Tabelle 6.1-1. Tabelle 6.1-1. Stoffdaten und Biogasertrag von Fliissig- und Festmist unterschiedHcher Tierarten Substrat Rindergtille Rindermist Schweinegulle Schweinemist Huhnertrockenkot
TS 6-11 20-25 2,5-9 20-25 25-30
oTS [% der TS] 70-85 70-90 60-85 75-90 70-80
CH4-Ausbeute [1/kg oTS,J 200-260 200-300 260-450 200-300 200-430
Neben den Abfallen aus der Tierhaltung fallen in der Landwirtschaft fernerhin diverse Emterriickstande, wie Rtibenblatt und Kartoffelkraut, aber auch Futterreste, wie Grassilage und Heu, sowie Aufbereitungsriickstande, z.B. Getreideausputz, an, die zusammen mit Fltissigmist zur Biogaserzeugung genutzt werden. Wie aus Tabelle 6.1-2 zu ersehen ist, eignen sich die wirtschaftseignen Reststoffe gut zur Biogaserzeugung, da im Vergleich zu Gtille und Festmist ein wesentlich hoherer Anteil der organischen Substanz biologisch abbaubar ist.
6.1 Verfahrenstechniken
537
In zunehmendem Umfang werden eigens zur Vergarung angebaute nachwachsende Rohstoffe eingesetzt, die bezogen auf die Frischmasse einen 4- bis 8-fach hoheren Gasertrag im Vergleich zu Fliissigmist liefem (Weiland 2000). Tabelle 6.1-2. Stoffdaten und Biogasertrag von Emteruckstanden und Futterresten TS
Substrat Rubenblatt Kartoffelkraut Getreidestroh (gehackselt) Grassilage Heu
CH4-Ausbeute n/kg oTS J 400-430 350-420 180-300 280-320 200-300
oTS [% der TSl 78-80 78-80 90-94 85-90 88-93
r%i 15-18 20-25 85-90 35-45 86-90
Diese Substrate werden tiblicherweise zur Lagerung durch Silierung konserviert, so dass sie ganzjahrig verfugbar sind. Von den verschiedenen zum Einsatz kommenden Rohstoffen weisen Futterriiben, Silomais und Weidegras in Bezug auf den erzielbaren Methanertrag eine besonders hohe Vorztiglichkeit auf, da diese Stoffe neben einem hohen spezifischen Gasertrag gleichzeitig einen hohen Biomasseertrag pro Hektar liefem (Abb. 6.1-2). I
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Grunpflanzen
Abb. 6.1-2. Methanertrag verschiedener Energiepflanzen Samtliche wirtschaftseigenen Abfalle und Rohstoffe unterliegen bisher nicht dem Abfallrecht, so dass eine Genehmigung zur Verarbeitung dieser
538
6 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen
Stoffe allein durch das Dtingemittelrecht geregelt wird. Demgegeniiber unterliegt die Mitverarbeitung von Produktionsrlickstanden aus der Aground Emahrungsindustrie dem Abfallrecht, so dass nur die in der Positivliste der Bioabfall-Verordnung aufgeftihrten Stoffe verarbeitet werden diirfen (BioAbfV 1998). Bei Erfiillung bestimmter Anforderungen an die Prozessund Produkthygiene ist auch die Verwertung beseitigungspflichtiger Stoffe, z.B. von Speiseabfallen und Fettrtickstanden aus Schlachtbetrieben zulassig. Fiir einige ausgewahlte Produktionsriickstande sind in Tabelle 6.1-3 die in Deutschland anfallenden Mengen und deren spezifische Methanausbeute dargestellt (Schattauer A, Weiland P 2002). Tabelle 6.1-3. Potenzial & Methanausbeute ausgewahlter Produktionsriickstande Branche Brauereien Brennereien Obstverarbeitung Starkeindustrie Weinkellereien Zuckerindustrie
Abfallstoff Biertreber Schlempe Obsttrester Kartoffelpiilpe Weintrester Riibenschnitzel
Menge [lO^Mg/al 2.120 781 808 270 246 1.950
CH4-Ausbeute [1/kgoTSJ 370-390 250-320 350-400 220-270 350-400 340-390
Die agroindustriellen Abfalle sind in der Kegel fiir eine Vergarung gut geeignet, da sie arm an Schad- und Storstoffen sind und meist bereits eine homogene Struktur aufweisen. Fiir den Einsatz in landwirtschaftlichen Biogasanlagen problematisch sind kommunale Abfalle, wie Bioabfall, Kiichenabfalle und Fettabscheiderinhalte, da sie gewisse Anteile an Storstoffen enthalten und infolge der Inhomogenitat zerkleinert werden miissen. Dariiber hinaus ist eine Pasteurisierung bei 70 °C fiir 1 Stunde erforderlich, wobei die Stoffe vor der Hygienisierung auf < 10 mm zerkleinert werden mussen (BioAbfV^ 1998). 6.1.3 Verfahrenskonzepte In der Landwirtschaft wird eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren eingesetzt, die sich entsprechend dem Trockenmassegehalt im Fermenter in Nass- und Trockenvergarungsanlagen unterteilen lassen (Abb. 6.1-3). Derzeit finden iiberwiegend Nassvergamngsverfahren Anwendung, bei denen der Trockensubstanzgehalt im Fermenter auf <13 % TS begrenzt ist, um herkommliche Pump- und Mischaggregate einsetzen zu konnen. Dabei kommen sowohl ein- als mehrstufige Verfahren zum Einsatz. Trockenvergarungsverfahren, die mit einem TS-Gehalt zwischen 20-35 % betrieben werden, finden bisher erst versuchsweise in verschiedenen Pilot- und De-
6.1 Verfahrenstechniken
539
monstrationsvorhaben Anwendung. Bei der Nassvergarung kommen fast ausschlieBlich kontinuierlich betriebene Verfahren zum Einsatz, wohingegen bei der Trockenvergarung aus Kostengriinden diskontinuierlich betriebene Verfahren bevorzugt werden. In der Regel erfolgt der anaerobe Abbau bei mesophilen Temperaturbedingungen (33-42 °C), lediglich bei Einsatz fetthaltiger Substrate wird meist der thermophile Temperaturbereich (52-55 °C) gewahlt. Wegen der bei Verstromung des Biogases meist nur unzureichenden Moglichkeit der Verwertung der anfallenden Abwarme ist die Tendenz zu einer starkeren Nutzung der thermophilen Betriebsweise zu beobachten, da hiervon ein besserer Hygienestatus des Garriickstands sowie eine erhohte Gasausbeute erwartet wird. Biogas-
Nassverfahren
Verfahren
Trockenverfahren
diskontinuierlich
kontinuierlich
diskontinuierlich
__ I kontinuierlich
Batchverfahren
DurchfluO.verfahren
Perkolationsverfahren
Durchflufiverfahren
Speicherverfahren
DurchflufiSpeicherverfahren
Abb. 6.1-3. Verfahrenskonzepte bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen
6.1.3.1 Nassvergarung Nahezu samtliche Nassvergarungsverfahren werden als Kofermentationsprozess betrieben. Aufgrund der stoffiichen Unterschiede zwischen dem Basissubstrat Gtille und den Kosubstraten, die mit Storstoffen belastet sein konnen oder aus seuchenhygienischen Grtinden pasteurisiert werden mtissen, bestehen Kofermentationsanlagen in der Regel aus getrennten Annahmestrangen fiir die Kosubstrate und die wirtschaftseigene Gtille (Abb. 6.1-4). Der Annahmebereich fiir die Kosubstrate besteht je nach Art und Herkunft der Stoffe aus dem Annahmebehalter, einer Zerkleinerung, der Storstoffabtrennung und Hygienisierung. Bei sttickigen Kosubstraten ist eine Zerkleinerung notwendig, um den mikrobiellen Abbau zu beschleunigen, das FlieBverhalten des Garsubstrats zu verbessern und eine sichere Hygie-
540
6 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen
nisierung bei seuchenhygienisch bedenklichen Stoffen zu erreichen. Die Abtrennung von Storstoffen, wie Holz, Kunststoffen, Metallen, Glas, Sand und Steinen, ist notwendig, um die Funktion des Vergarungsprozesses zu gewahrleisten und fiir die landwirtschaftliche Verwertung des Garriickstands die erforderliche Qualitat sicherzustellen. Die Abtrennung der Storstoffe erfolgt entweder durch Siebung, Handsortierung oder durch Schwimm-Sink-Trennung. Zur Schwimm-Sink-Trennung muss in der Regel bereits ausgefaultes Garsubstrat im daftir eingesetzten Suspenser oder Pulper vorgelegt werden, um eine ausreichende Sinkgeschwindigkeit fur Sand, Steine, Metallteile sowie Glas und Knochen zu erreichen. Folien und andere Leichtstoffe bilden eine Schwimmschicht, die relativ leicht abgetrennt werden kann. Zur Hygienisierung werden meist zwei diskontinuierlich betriebene Behalter eingesetzt, die wechselweise beftillt, pasteurisiert und anschlieBend entleert werden. Material der Kategorie 2 der EGHygieneverordnung 1774 muss mindestens 60 Minuten lang bei mindestens 70 °C behandelt werden (EG-Verordnung 1774 2002). Strom Warme
Zerkleinerung Kosubstrat
Kosubstratlager
Storstoffab- Hygienisierung trennung
Biogas
ll t BHKW
X Anaerobreaktor
Konditionierung |-H
Gargutlager
Ausbringung Guile
GOIIelager
Abb. 6.1-4. Verfahrensschema einer Kofemientationsanlage Bevor die Substrate dem Fermenter zugefiihrt werden konnen, mtissen Basis- und Kosubstrat in einer Vorgrube so konditioniert werden, dass der Zulauf zum Fermenter einen TS-Gehalt von ca. 13 % nicht tibersteigt. Diese Technik ist bei samtlichen Nassfermenterbauarten und alien Kosubstraten anwendbar. Fiir die Durchmischung der Substrate werden in der Kegel Stabmixer mit zwei Fltigeln oder Drehkolbenpumpen mit Rtihrdiise eingesetzt (Abb. 6.1-5). Speziell fur nachwachsende Rohstoffe und andere Feststoffe, die keine weitere Vorbehandlung erfordem, warden verschiedene Direkteinspeisesysteme entwickelt, die eine unmittelbare Zugabe der Feststoffe in den Fermenter ermoglichen (Abb. 6.1-6). Hierdurch kann der Energiebedarf fiir das Einmischen wesentlich verringert werden und unkontrollierte Ge-
6.1 Verfahrenstechniken
541
ruchsemissionen aus der Vorgrube, die insbesondere bei Einmischung sauerer Silagen auftreten, konnen vermieden werden. Zulauf Fiussigphase
Vorgrube mit Stabmixer
Drehkolbenpumpe
Ablauf
Vorgrube mit Drehkolbenpumpe
Abb. 6.1-5. Festoffeinbringtechnik Zur Anwendung kommen Eintragsschnecken, Eintragskolben sowie Einsptilsysteme (Koberle 2001). Eintragsschnecken werden meist seitlich, kurz unterhalb des Fliissigkeitsspiegels, am Fermenter angeordnet und mittels Radlader oder tiber einen Futtermischwagen beschickt. Dieses System eignet sich fur rieselfahige und kurzfaserige Materiale und benotigt nur cine geringe Antriebsleistung. Voraussetzung ist ein konstantes Fliissigkeitsniveau im Reaktor, da ansonsten die Gefahr ftir ein Austreten von Biogas besteht. Bei den Kolbensystemen wird der Feststoff tiber zwei gegenlaufige Schnecken in den Zylinderraum gefordert und tiber einen hydraulisch angetrieben Kolben in den Reaktor gepresst. Im Gegensatz zum Schneckeneintragssystem ist das Eintragskolbensystem fltissigkeitsdicht, so dass die Beschickung des Fermenters in Bodennahe erfolgen kann. Hierdurch wird eine gute Vermischung des zugeftihrten Feststoffs mit dem Fermenterinhalt erreicht (Block 2002). Nicht nur fiir trockene Feststoffe, sondem auch ftir pastose und klebrige Abfallstoffe, wie sie haufig in der Agrarund Emahrungsindustrie anfallen, konnen Einsptilsysteme eingesetzt werden. Sie bestehen in der Regel aus einem an der Reaktorwand angeordneten Schacht mit Einfulltrichter, in den das Gargut mittels Radlader oder Futtermischwagen eingebracht wird. Mit einem Sprtihstrahl, der bei groBen Trichterdurchmessem auch schwenkbar ausgeftihrt sein kann, wird das Kosubstrat in den Fermenter gesptilt.
542
6 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen
Bei den kontinuierlich betriebenen Duchflussverfahren, die derzeit am haufigsten in der Landwirtschaft eingesetzt werden, kommen zur Vergarung sowohl stehende als auch liegende Fermenter zum Einsatz. (Abb. 6.17). Eintragsschnecke
Eintragskolben
Einspulschacht Feststoff
Feststoff
Feststoff
A
Biogasreaktor
Abb. 6.1-6. Feststoff-Direkteintragsysteme Vollstandig durchmischte Reaktoren G
^ ' ~ ^ ^ .
c) L-
Illlllllll
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Pfropfenstromungs-Reaktoren ^G
mm
Abb. 6.1-7. Typische Reaktorbauformen fiir Nassvergarungsverfahren Stehende Fermenter werden stets mit rundem Querschnitt aus Beton, emailhertem Stahl oder Edelstahl hergestellt. Sie werden oberirdisch und unterirdisch sowie halb unterirdisch angeordnet. Die unterirdische Bauweise hat den Vorteil, dass kein zusatzlicher Platzbedarf besteht und die umgebende Erde eine gute zusatzliche Warmeisolation darstellt. Nachteilig ist, dass fiir die Warmeisoliemng teure feuchtigkeitsbestandige Dammstoffe eingesetzt werden mtissen und spatere Anderungen am Reaktorsystem
6.1 Verfahrenstechniken
543
nur erschwert moglich sind. Die oberirdische Bauweise wird stets bei groBen Anlagen und hohem Grundwasserspiegel gewahlt. Zur Warmedammung konnen preiswerte Materialen, wie Mineralwolle, Mineralfasermatten oder Schaumstoffe eingesetzt werden, die zum Wetterschutz mit Holzoder Metallprofilblechen verkleidet werden (Schulz u. Eder 2001). Die stehenden Behalter werden in der Regel vollstandig durchmischt betrieben. Die Durchmischung erfolgt mechanisch durch ein Zentralriihrwerk, durch auBen angeordnete Seitenrtihrwerke oder durch Tauchriihrwerke, die in Hohe und Stromungsrichtung verstellbar angeordnet sind. Vereinzelt werden auch Langachsriihrwerke eingesetzt, die mit einem Winkel von ca. 45° durch die Behalterdecke oder die obere Behalterwand eingefuhrt sind. Bei Fermentem mit liber 1.200 m^ Reaktorvolumen dominieren Zentralriihrwerke. Eine pneumatische Durchmischung durch Einpressen von Biogas findet ebenfalls bevorzugt bei groBen Reaktoren mit tiber 1.200 m^ Reaktorvolumen statt. Zur Verbesserung der Durchmischung sind diese Reaktoren haufig noch mit mehreren Leitrohren ausgestattet, um nach dem Airliftprinzip eine Schlaufenstromung im Reaktor zu erreichen. Eine spezielle Form der pneumatischen Vermischung wird nach dem von Pfefferkom entwickelten und patentierten Gasdruck-Mischverfahren (VSP-System) erzielt, bei dem der Druck des gebildeten Biogases zur Fltissigkeitsdurchmischung genutzt wird (Nyns 1994). Bei diesem System besteht der Reaktor aus zwei Kammem, der ringformigen Hauptgarkammer und der zentralen Nachgarkammer, die flussigkeitsseitig tiber einen Kanal verbunden sind (Abb. 6.1-8). GasLiberstromventii CD)/ (geschlossen) ^
Gasuber1 stromventil c ^ (offen) 4r
Ablauf
Hauptgarkammer"
> Ablauf
E^
Zulauf
Nachgarkammer Sinkschlamm""C> abzug
Sinkschiamm-C> abzug vor dem Mischen
nach dem Mischen
Abb. 6.1-8. Gasdruck-Mischverfahren nach Pfefferkom
544
6 Landwirtschaftliche Vergamngsanlagen
Solange das im ringformigen Hauptgan*aum gebildete Biogas durch Sperren der Gasleitung nicht zum Gasspeicher abflieBen kann, bewirkt der steigende Druck im Hauptgarraum einen Anstieg des Fltissigkeitsspiegels in der Nachgarkammer. Durch das Offnen des Gasiiberstromventils in der Gasleitung sinkt schlagartig der Druck in der Hauptgarkammer und die Flussigkeit der Nachgarkammer stromt mit hoher Geschwindigkeit zuriick in den Ringraum. Das Gasdmck-Mischververfahren erfordert keine zusatzliche Energie ftir Vermischung und ist verschleiBfrei. Von Nachteil sind jedoch der hohe Bauaufwand und die aufwandige Abdichtung des Reaktors, um bei den hohen dynamischen Druckanderungen Gasverluste zu vermeiden. Bei stehenden Fermentem mit mechanischer Durchmischung wird der Behalter haufig mit einer Folienhaube abgedeckt, die gleichzeitig die Funktion der Gasspeicherung ubemimmt. Verschiedene Konstruktionen kommen zur Anwendung (Abb. 6.1-9). Luft
Folienhaube mit fester Bedachung
Garsubstrat
Garsubstrat
Doppelfolie mit Holzunterkonstruktion
Doppelfolie nach demTragluftprinzip
Abb. 6.1-9. Fermenter mit unterschiedlichen Folienabdeckungen Bei den Folienhauben mit fester Bedachung oder Folienbedachung mit Holzunterkonstruktion befindet sich unter dem Schutzdach eine formgeschweiBte Folic, die an der inneren Wandung des Fermenters unterhalb der Fltissigkeitsoberflache befestigt wird, um Gasdichtigkeit zu erreichen. Die Gasspeicherung erfolgt meist nahezu drucklos bei < 5 mm WS, so dass zur Gasverwertung ein Verdichter notwendig ist. Als Folienmaterial kommen PVC-beschichtete Chemiefasergewebe sowie unverstarkte Folien aus dem Copolymersat Polyethylen/Ethylen-Vinylacetat zum Einsatz. Am haufigsten werden Doppelfolien nach dem Tragluftprinzip eingesetzt, bei denen in den Gasraum zwischen der Gasspeicherfolie und der Dachhaut mit einem Geblase Luft eingetragen wird, um die Dachhaut straff aufzublahen (Schulz u. Eder 2001). Der zum Aufblahen der Dachhaut notwendige
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Sttitzdruck betragt max. 30 mm WS. Da der gleiche Druck auf der inneren Gasfolie lastet, erfolgt die Speicherung des Biogases stets bei leicht erhohtem Vordruck. Je nach Gasproduktion bzw. Gasverbrauch bewegt sich die innere Folie zwischen Behalteroberflache Tragluftdach. Unterhalb der Gasfolie ist meist fiir Montage und Wartung eine Stiitzkonstruktion aus Holz angebracht. Als Dachhaut wird in der Regel eine formgeschweiBte gewebeverstarkte PVC-Folie eingesetzt, wahrend fiir die Gasfolie haufig EPDM-Kautschuk gewahlt wird. Beide Folien werden am Behalterrand durch ein umlaufendes Stahlprofil mit eingelegtem Druckluftschlauch gasdicht befestigt. Als liegende Fermenter kommen meist zylindrische Stahltanks oder in Betonbauweise errichtete Behalter mit quadratischem Querschnitt zum Einsatz, die ein Durchmesser/Lange-Verhaltnis von 1:5 bis 1:10 aufweisen und tiber ein langsgerichtetes Paddelriihrwerk verftigen. Aufgrund der Geometric des Reaktors und der vorzugsweise quer zur Stromungsrichtung erfolgenden mechanischen Durchmischung liegt ein pfropfenstromungsahnliches Mischverhalten vor, so dass sich frisches Substrat mit bereits ausgefaultem Material weniger vermischt als bei Reaktoren mit stehender Bauweise. Hierdurch kann ein etwas hoherer Abbaugrad und besserer Hygienisierungseffekt erreicht werden. Da sehr langsam drehende leistungsfahige Rtihrwerke eingesetzt werden, ist meist ein sicherer Betrieb auch noch oberhalb von 13 % TS moglich. Daher werden Fermenter mit liegender Bauweise haufig als erste Prozessstufe von Anlagen mit mehrstufiger Prozessfiihrung eingesetzt. Der Einsatz von Fermentem mit Hegender Bauweise ist auf BaugroBen bis etwa 500 m^ begrenzt, da ansonsten fiir die mechanische Durchmischung teure Rtihrwerkskonstruktionen notwendig werden. Von Nachteil ist bei liegenden Fermentem der hohe Platzbedarf und das ungtinstige Oberflachen-A^olumen-Verhaltnis, das erhohte Warmeverluste vemrsacht. Sofem als Basissubstrat keine Rindergiille bzw. Rinderfestmist eingesetzt wird, muss ein gewisser Anteil des Garriickstands als Animpfmaterial zuruckgeftihrt werden, um ein Auswaschen der Methanbakterien zu verhindem. Bei neu errichteten Biogasanlagen sind liegende Systeme daher nur mit weniger als 20 % vertreten. Vorzugsweise werden die Nassvergamngsanlagen als sog. Durchflussanlagen mit quasi-kontinuierlicher Beschickung betrieben, wohingegen Speicheranlagen nur noch vereinzelt Anwendung finden. Die verschiedenen Varianten zeigt Abb. 6.1-10. Bei den Speicher-Verfahren dient der Fermenter gleichzeitig als Lagerbehalter. Die Beschickung erfolgt quasi-kontinuierlich und die Entnahme erfolgt bedarfabhangig, sobald der Garriickstand als Dtinger benotigt wird. Nach der Entnahme muss stets ein Rest vergorenen Substrats als Animpf-
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6 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen
material im Fermenter verbleiben. Diese sehr kostengtinstige Betriebsform findet ausschlieBlich bei reinen Gtillevergamngsverfahren Anwendung. Meist werden bei den Speicheranlagen Folienabdeckungen gewahlt, die bei Entnahme von Gargut den Eintrag von Luft in den Reaktor verhindem. Wegen der notwendigen langen Lagerzeiten wahrend der Sperrzeiten mit Ausbringverbot weisen Speicheranlagen relativ hohe spezifische Warmeverluste auf, weshalb diese Anlagen zumeist bei Temperaturen unterhalb von 30 °C betrieben werden. Von Nachteil ist die unstetige Gasproduktion, die eine Verwertung erheblich erschwert, sofern nicht ein sehr groBes Gasspeichervolumen vorhanden ist. ^Biogas
i
•Biogas
Entnahme
]
Lager
i Entnahme
Durchfluf3.-Anlage
Speicher-Anlage
>• Biogas
Reaktor Zulaufi
Nachgarlager
Entnahme
Durchflufi-Speicheranlage Abb. 6.1-10. Typische Verfahrenskonzepte landwirtschaftlicher Biogasanlagen Die meisten Anlagen werden nach dem Durchfluss-Verfahren betrieben Die Substratzugabe erfolgt einmal taglich oder bis zu einmal sttindlich, wobei gleichzeitig eine adaquate Menge an ausgefaultem Substrat durch freien Uberlauf ausgetragen wird. Der Uberlauf wird in einem offenen oder abgedeckten Lagerbehalter gesammelt, der jedoch nicht gasdicht ist, so dass bei der Lagerung gebildetes Biogas entweicht. Da je nach Substrat und Betriebsweise des Fermenters wahrend der mehrmonatigen Lagerung im Lagerbehalter noch zusatzlich zwischen 5 und 20 % der im Fermenter gebildeten Biogasmenge entstehen, ist diese Betriebsweise klimaschadlich und im Hinblick auf die energetische Ausschopfung des Gaspotentials ungtinstig. Aufgrund der etwa 21fach hoheren Klimawirksamkeit von Methan im Vergleich zu Kohlendioxid wird der positive Klimaeffekt der energetischen Biogasverwertung bereits aufgehoben, wenn etwa 5 % der
6.1 Verfahrenstechniken
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gebildeten Biogasmenge aus dem Lagerbehalter entweicht (Rieger u. Weiland 2001). Durchfluss-Speicheranlagen, bei denen der Lagerbehalter gasdicht verschlossen ist und das gebildete Biogas der Gasverwertung zugeftihrt wird, stellen das derzeit okologisch vorteilhafteste Verfahrenskonzept dar. Da mit der zusatzlichen Gasnutzung auch okonomische Vorteile erreicht werden, nimmt der Einsatz dieser Verfahrensvariante stetig zu. Der geschlossene Lagerbehalter ist in der Regel nicht isoliert und nicht beheizt und mit einer Folienabdeckung versehen. Da bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen die anfallende Abwarme meist nur zu einem geringen Teil genutzt werden kann, wird die Uberschusswarme vereinzelt an das Garrtickstandslager abgeftihrt, um den Nachgarprozess zu beschleunigen. Diskontinuierliche Verfahren, bei denen der Reaktor einmal gefullt und nach Ablauf der Verweilzeit weitgehend entleert wird, spielen derzeit nur noch ganz vereinzelt eine Rolle, da einerseits die Gasproduktion sehr ungleichmaBig ist, und fiir das Beftillen und Entleeren zusatzliche Lagerbehalter gleicher GroBe erforderlich sind. Lediglich aus hygienischer Sicht weist die diskontinuierliche Betriebsweise Vorteile auf, da eine vorgegebene Verweilzeit exakt eingehalten werden kann, ohne dass eine Vermischung mit frischem Substrat stattfindet. 6,1,3.2 Trockenvergarung Trockenvergarungsverfahren konnen halbfeuchte schtittfahige oder stapelbare Substrate mit einem Trockensubstanzgehalt bis zu ca. 35 % verarbeiten. Sie eignen sich daher sowohl ftir die Vergarung landwirtschaftlicher Reststoffe, wie Festmist von Rindern, Schweinen und Gefliigel als auch ftir die energetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe, die in der Regel in Form von Ganzpflanzensilage bereitgestellt werden (Hoffmann 2003, Aschmann u. Mitterleitner 2002). Obgleich derzeit erst wenige Anlagen nach diesen Verfahrenskonzept betrieben werden, ist mit einer schnellen Verbreitung dieser Technik zu rechnen, sobald die Produktionskosten ftir den Anbau von Energiepflanzen durch Ziichtung neuer ertragreicher Sorten sowie durch Verbesserung der Rahmenbedingungen sinken. Die intensive Ztichtungsarbeit bei Energiemais zeigt, dass aufgrund der veranderten Zuchtziele gegentiber Futtermais bereits heute eine Verdopplung der Trockenmasseertrage moglich ist, so dass eine Monovergarung von Mais mittels Trockenvergarung ein wirtschaftliches Energiefarming verspricht (Kesten 2003). Bisher kommen aus Wirtschaftlichkeitsgriinden ausschlieBlich diskontinuierlich betriebene Verfahren zum Einsatz, die iiber keinerlei Einrichtungen zur Durchmischung der Substrate verfiigen. Um eine gleichmaBige
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6 Landwirtschaftliche Vergamngsanlagen
Gasproduktion zu erreichen mtissen mindestens drei Trockenfermenter parallel betrieben werden, die jeweils zeitversetzt gestartet bzw. entleert werden. Zu unterscheiden ist zwischen Perkolations-Verfahren, bei denen das Substrat mit Prozessfltissigkeit beregnet und durchrieselt wird und Verfahren ohne Perkolation, bei denen das Substrat zu Beginn mit einer ausreichenden Menge an bereits ausgefaultem Material vermischt wird. Bei den Perkolationsverfahren kommen Boxen-Fermenter zum Einsatz, die sich im Aufbau und der Art der Befiillung unterscheiden. Im einfachsten Fall dient ein gasdichter Container als Fermenterhiille, in den eine mobile Gitterbox oder ein handelsiiblicher Abrollcontainer mit perforiertem Boden eingeschoben wird, in dem sich das Gargut befindet (Loock 1999). Der Vorteil dieses Konzeptes besteht darin, dass die Befiillung des Behalters und die Vergarung an verschiedenen Orten erfolgen kann (Abb. 6.1-11). I B e f u l l e n der Gitterbox
2. Aerobe Startphase Abluft^
Substrat
Reaktor
Luft-
Gitterbox 3. Trockenvergarung mit Perkolation
4. Aerobe Nachbehandlung
Biogas
Abluftj^
Luft-
Abb. 6.1-11. Trockenvergarung mit mobiler Substratbox Eine Weiterentwicklung stellen garagenformige Boxen aus Stahl oder Fertigbeton dar, die iiber ein stimseitiges Tor mit einem Radlader befiillt und entleert werden konnen. An der Decke befmden sich Dtisen fiir die Perkolatverteilung und im Fermenterboden Abzugsvorrichtungen fiir das Perkolat. Der Trockenfermenter ist mit einem Perkolattank gekoppelt, in dem das Perkolat gelagert und temperiert wird. Die Perkolationsfltissigkeit ist mit den am anaeroben Abbau beteiligten Bakterien angereichert und dient daher sowohl zum Animpfen des Trockenvergarungsprozesses als auch zum Befeuchten des Substrats (Abb. 6.1-12).
6.1 Verfahrenstechniken
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Der Fermenter wird nach Beftillung mit dem Gargut in der Regel zunachst fiir 1-2 Tage beltiftet, um durch aerobe Rottevorgange auf biologischem Wege die zur Vergarung erforderliche mesophile Prozesstemperatur zu erreichen. AnschlieBend wird der Reaktor gasdicht verschlossen und das Gargut mit Perkolationswasser berieselt, um das Substrat anzuimpfen und eine gleichmaBige Feuchte im Gargut einzustellen. Je nach Gargut ist nach 4-6 Wochen die Methanproduktion weitgehend beendet. Um den Reaktor gefahrlos offnen und entleeren zu konnen, ist zuvor eine kurzzeitige Nachbeluftung erforderlich, die bei ausreichender Beliiftungsdauer auch zur Nachrotte des Garriickstands genutzt werden kann. Die Gargase mtissen dabei liber einen Mehrschicht-Biofilter abgezogen werden, um Geruchsbelastungen und die Freisetzung besonders klimawirksamer Spurengase zu vermeiden. Trockenfermentation BefullungA/orbeluftung
Trocken-Nass-Simultanverqarunq •Bioga BefiJilunaA/orbeluftuna
Nachbeluftung/Entleemng
Abb. 6.1-12. Trockenvergarungsverfahren mit Boxenfermentem und Perkolation Eine Sonderform ergibt sich durch Kombination der Trockenvergarung mit einer herkommlichen Nassvergarung. Bei dieser sog. Trocken-NassSimultanvergarung ist der Trockenfermenter statt mit dem Perkolationstank mit einem Nassfermenter gekoppelt, in dem die organische Fracht des Perkolationswassers unter Bildung von Biogas anaerob abgebaut wird. Diese Verfahrenslosung eignet sich auch zur Nachrlistung von Nassvergarungsverfahren, die aus technischen Griinden fiir eine Mitverarbeitung fester Substrate nicht geeignet sind (Loock 2003). Bei der Trockenvergarung ohne Perkolation wird eine sehr einfache Technologic eingesetzt. Als Trockenfermenter dient ein Siloschlauch, wie
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6 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen
er tiblicherweise zur Siliemng von Futtermitteln eingesetzt wird, der zur Temperierung auf einer beheizten Bodenplatte gelagert wird (Abb. 6.1-13). Da nach der maschinellen Befullung des Siloschlauchs mittels Ftillpresse keine Moglichkeiten zur Animpfung und Prozesssteuerung existieren, muss das Gargut vor der Befullung mit einer ausreichenden Menge von bereits ausgefaultem Material vermischt werden, um einen geordneten Garverlauf ohne Versauerung zu erreichen. Befullen/Entleeren
Folienschlauch
Beheizte Bodenplatte Vergaren
Abb. 6.1-13. Trockenfermentation ohne Perkolation mit dem Schlauchverfahren Hierzu muss das Gargut in der Regel zu gleichem Anteilen mit dem Garriickstand einer bereits abgeschlossenen Trockenvergarung vermischt werden. Die Mischung wird dann zwei bis drei Tage vor der Befullung des Folienschlauches gelagert, so dass sich durch Eigenerwarmung die notwendige Fermentationstemperatur einstellt. Um den Prozessenergiebedarf wahrend der Vergarung gering zu halten, muss der Folienschlauch mit einer Isolierschicht abgedeckt werden. Nach einer Mindestverweildauer von 60 Tagen wird der Schlauch durch Aufschneiden zerstort und das Material mittels Frontlader entnommen. Die Garschlauche haben einen Durchmesser von ca. 3 m und eine Lange von bis zu 75 m, so dass je nach Zusammensetzung der Biomasse das Einlagem von bis zu 400 t Gargut moglich ist (Linke et al. 2002). Wahrend die Container-, Boxen- und Schlauchfermenter bereits in der Praxis eingesetzt werden, befmden sich einfache Mietenverfahren erst in der Erprobung. Hierzu gehort das 3A-Verfahren, bei dem das Gargut seg-
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mentweise in eine Fermentierwanne eingebaut wird (Steffen 2002). Zeitlich und raumlich aufeinander folgend erfolgt eine aerobe, anaerobe und wiederum aerobe Behandlung. In der aeroben Phase erwarmt sich das Material auf 60 bis 70 °C und wird dabei teilweise mikrobiell aufgeschlossen, in der nachfolgenden fakultativen Phase erfolgt eine Perkolation mit anaerobem Sickerwasser, bevor anschlieBend die eigentliche Methanbildung unter mesophilen Temperaturbedingungen erfolgt. Durch die segmentweise Beftillung und Behandlung befindet sich zwischen dem aktuell eingebauten aeroben Segment und den bereits anaeroben Segmenten stets ein fakultatives Segment, das als natiirliche Trennschicht dient und den Eintrag von Sauerstoff in den anaeroben Bereich verhindert. Den schematischen Ablauf dieses Mietenverfahrens zeigt Abb. 6.1-14. fakultativ aerob fakultativ
an aerob
Abb. 6.1-14. Schema des 3A-Mietenverfahrens zur Trockenvergarung
6.1.4 Aufbereitung und Speicherung von Biogas Bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen gentigt fiir die motorische Verwertung des Biogases, die derzeit bei fast samtlichen Biogasanlagen zur kombinierten Strom- und Warmeerzeugung zur Anwendung kommt, eine Entschwefelung und Trocknung des Gases.
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6 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen
Zur Entschwefelung des Biogases werden tiberwiegend biologische Verfahren eingesetzt, bei denen durch bakterielle Oxidation der im Biogas vorhandene Schwefelwasserstoff zu elementarem Schwefel, Schwefelsaure und Wasser umgewandelt wird. Der aerobe Abbau erfolgt durch Bakterien der Gattung Thiobacillus, die in Gtille stets vorhanden sind und daher nicht gezielt zugeftihrt werden mtissen. Diese Bakterien sind obligat chemolithoautotroph und nutzen den Schwefelwasserstoff als Energiequelle. Zum Stoffumsatz benotigen sic femerhin als Kohlenstoffquelle gasformiges Kohlendioxid, sowie Nahrstoffe und Spurenelemente, die in landwirtschaftlichen Garsubstraten in der Regel in ausreichender Konzentration vorhanden sind (Schneider u. Prechtl 2000). Die Entschwefelung erfolgt tiberwiegend durch Eintrag von Luft in den Gasraum des Fermenters oder in den Gasraum des Garriickstandslagers, sofem dieses zur Gasspeicherung genutzt wird. Die eingetragene Luftmenge sollte je nach Schwefelwasserstoffgehalt des Biogases zwischen 3 und 5 Vol.-% der produzierten Gasmenge betragen. Eine Uberdosierung muss vermieden werden, da durch die Anreicherung des Luftstickstoffs im gereinigten Biogas die Ztindeigenschaften des Biogases nachteilig verandert werden. Da der mikrobielle Oxidationsprozess temperaturabhangig ist, erfolgt die Entschwefelung unter den mesophilen Betriebsbedingungen des Fermenters schneller als im Garriickstandslager, in dem die Temperatur meist unter 25 °C liegt. Eine gleichmaBige Verteilung der eingetragenen Luft im Gasraum ist nicht nur zur Erzielung einer hohen Stoffumsatzleistung erforderlich, sondem auch notwendig, um lokale Ablagemngen von Schwefel zu vermeiden, die zu Betriebsstorungen fiihren konnen. Da die Abbaukapazitat von der Bakterienkonzentration an der Fltissigkeitsoberflache begrenzt wird, kann der Grad der Entschwefelung nicht verfahrenstechnisch beeinflusst werden. Bei Einsatz der tiblichen landwirtschaftlichen Garsubstrate kann bei richtiger Luftdosierung ein Entschwefelungsgrad von bis zu 95 % erreicht werden (Koberle 1992). Hohere Abbauleistungen mit Entschwefelungsgraden bis zu 99 % sind durch Einsatz von extemen biologischen Entschwefelungskolonnen moglich. Zum Einsatz kommen beheizte Rieselkolonnen mit Einbauten, die einen intensiven Stoffaustausch ermoglichen und den Mikroorganismen gleichzeitig als Aufsiedlungsflache dienen. Biogas und die Sptilfltissigkeit, welche die erforderlichen Nahrstoffe und Spurenelemente enthalt, werden im Gegenstrom geftihrt. Die Regelung der Luftdosierung erfolgt meist liber die Messung der Sauerstoffkonzentration im Reingas, die ca. 1 Vol.-% nicht tibersteigen sollte. Durch den Einsatz einer pH-Wert-Regelung kann der Austausch der Spiilfliissigkeit automatisiert werden. Das Sptilwasser kann aufgrund des hohen Schwefelgehaltes landwirtschaftlich verwertet werden.
6.1 Verfahrenstechniken
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Zur Trocknung des Biogases dient haufig eine erdverlegte Ringleitung, in der das Biogas auf Umgebungstemperatur abktihlt und das gebildete Kondenswasser tiber einen Kondenswasserabscheider abgezogen werden kann. Eine weitergehende Entwasserung ist meist nicht erforderhch, da die Gastemperatur vor Eintritt in das BHKW wieder angehoben wird, so dass kein weiteres Kondensat ausfallen kann. Zur Gasspeicherung kommen ausschheBHch Niederdruckfohengasspeicher zur Anwendung, die sich in Bauart, GroBe und Betriebsdruck unterscheiden (Abb. 6.1-15). Relativ weit verbreitet sind Abdeckungen des Fermenters mit einer Folienhaube, die gleichzeitig als Gasspeicher dienen. Zur Anwendung kommen Doppelfolien und Tragluftfolien, wie sie in Abb. 6.1-9 beschrieben wurden. Diese Form der Gasspeicherung ist besonders kostengtinstig, da die Folic sowohl zur Behalterabdeckung als auch zur Gasspeicherung dient.
Luft-^^-^
Tragluftdach mit Doppelfolie
Folienschlauch im Leichtgebaude
Kissenspeicher auf Fermenterdach
Folienschlauch im Hochsilo
Abb. 6.1-15. Niederdruckgasspeicher flir Biogas Im Vergleich zu Fermentern mit fester Behalterdecke haben Folienhauben zudem den Vorteil, dass bei Bedarf der Reaktor groBflachig geoffnet werden kann, um z.B. Schwimmdecken zu beseitigen. Bei Fermentern mit Be-
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6 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen
tondecke werden Foliengasspeicher haufig unmittelbar auf der Behalterdecke gelagert und durch eine tJberdachung vor Wittemngseinflussen geschtitzt. Ftir eine exteme Gaslagerung kommen liegende oder hangende Folienspeicher zur Anwendung, die durch ein Leichtgebaude oder ein Hochsilo aus Holz bzw. Stahl vor Wittemngseinflussen geschtitzt werden. Der Betriebsdruck von Folienhauben und Folienspeichem betragt lediglich 0,5--5 mm WS, so dass ftir die motorische Verwertung in der Kegel ein Druckerhohungsgeblase notwendig ist. Der geringe Uberdruck stellt hohe Anforderungen an die Uberdrucksicherung, die je nach Gasspeicherbauart bei Uberschreitung eines Drucks von 5-20 mm WS ansprechen muss. Literatur Aschmann V, Mitterleitner H (2202) Trocken vergaren: Es geht auch ohne Giille. In: Biogas - Strom aus Giille und Biomasse, Landwirtschaftsverlag, MiinsterHiltrup, pp 22-25 BioAbfV (1998) Verordnung liber die Verwertung von Abfallen auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich und gartnerisch genutzten Boden. BGBl. Teil I, 2955-2972 Block K (2002) Neue Einbringtechniken von Feststoffen in den Fermenter. In: Biogas - die universelle Energie von morgen. Tagungsband zur 11. Jahrestagung des Fachverbandes Biogas, Fachverband Biogas, Freising, pp 81-90 EEG (2000) Gesetz far den Vorrang Emeuerbarer Energien. BGBl I, Nr. 13: 305-309 EG-Verordnung 1774 (2002) Hygienevorschriften fiir nicht zum menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte. EG Amtsblatt L 273/1-L 273/95 KTBL (1998) Kofermentation. Landwirtschaftsverlag, Mlinster-Hiltrup Koberle E (1992) Entschwefelung von Biogas, Praxiserfahrungen mit dem biokatalytischen Entschwefelungsverfahren. Hermannsdorfer Entwicklungsgesellschaft, Sonnenhausen Koberle E (2001) Feststoffeinbringtechnik In: Biogas - mit neuer Energie Ressourcen schonen. Tagungsband zur 10. Jahrestagung des Fachverbandes Biogas, Fachverband Biogas, Freising KrW-/AbfG (1994) Gesetz zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfallen. BGBl. Teil I, Nr 66, 2705-2728 Kesten E (2003) Energiefarming - Neue Aufgaben fur die Pflanzenziichtung. In: Biogas - Energietrager der Zukunft, VDI-Berichte 1751, VDI-Verlag, Diisseldorf,pp 81-90 Hoffmann M (2003) Trockenfermentation in der Landwirtschaft - Entwicklung und Stand. In. Biogas - Energietrager der Zukunft, VDI-Berichte 1751, VDIVerlag, Dusseldorf, pp 193-201 Linke B, Miersch St, Gegner M (2002) Trockenvergarung im Siloschlauch. In: Biogas - die universelle Energie von morgen. Tagungsband zur 11. Jahrestagung des Fachverbandes Biogas, Fachverband Biogas, Freising, pp 70-80
6.1 Verfahrenstechniken
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6 Landwirtschaftliche Vergamngsanlagen
6.2 Beispiele landwirtschaftlicher Vergamngsanlagen 6.2.1 Vorbemerkungen In der Landwirtschaft gibt es, trotz vielfaltiger Bestrebungen eine gewisse Standardisiemng beim Bau von Biogasanlagen zu erreichen, bisher tiberwiegend individuelle Einzellosungen, die jeweils an die spezifischen Bedtirfnisse eines jeden einzelnen Betriebes angepasst sind. Je nach Art und Menge der verwendeten Substrate, der AnlagengroBe sowie standortspezifischer Faktoren kommen ganz unterschiedliche Anlagenkonzepte zum Einsatz, weshalb allgemein keine landwirtschaftliche Biogasanlage der anderen gleicht. Hinzu kommt, dass beim Bau von Biogasanlagen aus Kostengrtinden teilweise bereits vorhandene Behalter und Maschinen in das Anlagenkonzept mit eingebunden werden, so dass die Anlagenplanung unter besonderer Beriicksichtigung der bestehenden Infrastruktur des Betriebes erfolgen muss. Nachfolgend konnen daher nur ftir einzelne Anlagenklassen typische Praxisbeispiele dargestellt werden, die jedoch nicht reprasentativ flir ein bestimmtes Anlagensystem sind. 6.2.2 Einstufige Kofermentation Bei dem in Abb. 6.2-1 dargestellten Beispiel handelt es sich um eine typische einstufige Anlage, bestehend aus einer An- und Vormischgrube mit 130 m^ Speicherraum, einem stehenden Betonfermenter mit 610 m^ Arbeitsvolumen und einem offenen Endlager von 1.000 m^ Speichervolumen. Die Biogasanlage steht auf einem Hof mit 2.000 Schweinemastplatzen, der von einem Kooperationsbetrieb Festmist von ca. 17.000 Legehennen mitverarbeitet. Der Hof bezieht femerhin von einem agrarindustriellen Verarbeitungsbetrieb ein fltissiges Kosubstrat aus der RME-Produktion, das in einem separaten Lagertank zwischengespeichert wird. Einmal wochentlich wird in der Vorgmbe eine Mischung aus Schweinegiille, Gefltigelfestmist und dem fliissigen Kosubstrat hergestellt, mit der die Biogasanlage dann quasikontinuierlich beschickt wird. Die Zugabemenge betragt im Durchschnitt 82 t pro Woche. Hieraus resultiert eine durchschnittliche hydraulische Verweilzeit von 52 Tagen und eine Raumbelastung von 1,5 kg/oTR/(m^-d). Das Mischsubstrat setzt sich zusammen aus 84 Teilen Schweinegiille, 9 Teilen Gefltigelfestmist und 8 Teilen fltissiges Kosubstrat aus der RME-Produktion.
6.2 Beispiele landwirtschaftlicher Vergarungsanlagen
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Huhnerfestmist
4-QuadrantenStromzahler Lagerbehalterfur flussiges Kosubstrat
Abb. 6.2-1. Einstufige Vergarungsanlage Der Reaktor ist mit einem 10 kW Tauchriihrwerk ausgestattet und wird mesophil bei 35 °C betrieben. Der Austrag aus dem Reaktor in das offene Endlager erfolgt tiber einen natlirlichen Uberlauf. Der Reaktor ist mit einer Folienabdeckung versehen, die gleichzeitig zur Gasspeicherung dient. Zur biologischen Entschwefelung wird eine geringe Menge Luft in den Gasraum eingetragen. Das entschwefelte Gas, das ca. 60 Vol.-% Methan enthalt, wird in einem BHKW mit 70 kWepZiindstrahlmotor zur Strom- und Warmegewinnung genutzt. Mit dieser Anlage werden wochentlich ca. 10.000 kWh Strom in das offentliche Netz eingespeist. Die anfallende Warme wird zur Aufbereitung des Schweinefutters sowie zur Erwarmung des Reaktors eingesetzt. 6.2.3 Zweistufige Kofermentation Die in Abb. 6.2-2 schematisch dargestellte Biogasanlage ist beispielhaft fur eine zweistufige Anlage mit Direkteinspeisung von Feststoffen tiber eine Schnecke (Holz 2002). Die Anlage steht auf einem Hof mit 12.000 Mastputen und 700 Mastschweinen und verarbeitet neben der anfallenden Schweinegtille und dem Putenmist Gemtiseabfalle, die zusammen mit der Gtille tiber eine Exzenterschneckenpumpe direkt aus dem Sammelkanal des Schweinestalls in den Reaktor gepumpt werden. Femerhin werden Silomais, Karottenabfalle und Getreideausputz eingesetzt, die zusammen mit dem Putenmist tiber den Feststoffeintrag zugeftihrt werden. Die wochentliche zugefiihrte Substratmenge betragt 93 t.
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6 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen
Silomais Putenmist Karottentrester Getreideabfalle
Feststoffeintrag
4-QuadrantenStromzahler
Abb. 6.2-2. Zweistufige Biogasanlage mit Direkteinspeisung von Feststoffen Die Biogasanlage besteht aus zwei stehenden Betonfermentem unterschiedlicher GroBe, die liber einen nattirlichen Uberlauf verbunden sind. Die erste Stufe weist ein Volumen von 625 m^ auf, wohingegen die zweite Stufe mit 845 m^ ein ca. 35 % groBeres Reaktorvolumen besitzt. Beide Reaktoren sind jeweils mit zwei Tauchruhrwerken ausgeriistet, um die Bildung von Schwimmdecken bei Einsatz des strohhaltigen Putenmistes zu vermeiden. Das Hauptriihrwerk mit 10 kW Nennleistung ist waagerecht eingebaut und das kleinere Riihrwerk mit 5 kW Nennleistung senkrecht angeordnet. Beide Reaktoren werden im mesophilen Temperaturbereich bei ca. 38 °C betrieben. Die erste Stufe weist bei einer hydraulischen Verweilzeit von ca. 50 Tagen eine Raumbelastung von 3,9 kg oTR/(m^-d) auf, wohingegen die zweite Stufe bei einer hydraulischen Verweilzeit von 75 Tagen nur noch mit einer Raumbelastung von 0,5 kg oTR/(m^-d) beaufschlagt wird. Der Uberlauf der zweiten Stufe wird in einem offenen Endlager von 750 m^ gespeichert. Beide Reaktoren sind mit einem Doppelfoliendach ausgestattet, das gleichzeitig zur Gasspeicherung dient. Zur biologischen Entschwefelung wird eine geringe Menge Luft in den Kopfraum beider Fermenter eingetragen. Das entschwefelte Gas wird in einem Ztindstrahl-BHKW mit 100 kWei zur Strom- und Warmeerzeugung genutzt. Der Strom wird in das Netz eingespeist und die anfallende Abwarme fiir die Beheizung der Stallungen und des Wohnhauses sowie zur Beheizung
6.2 Beispiele landwirtschaftlicher Vergarungsanlagen
559
der beiden Methanreaktoren genutzt. Die wochentliche Stromproduktion betragtca. 13.500 kWei. 6.2.4 Zweistufige Kofermentation mit thermischer Desintegration Zweistufige Kofermentationsanlagen werden teilweise auch mit unterschiedlichen Temperaturen in den einzelnen Prozessstufen betrieben. Eine Sonderform stellt dabei die zweistufige Prozessftihrung dar, bei der zwischen beiden Prozessstufen eine thermische Desintegration durchgefiihrt wird, die sowohl zur Hygienisierung als auch zur Verbesserung der biologischen Abbaubarkeit dient (Nacke 2002). Die in Abb. 6.2-3 dargestellte Anlage wird auf einem Schweinemastbetrieb eingesetzt, der 70 Muttersauen halt und ca. 400 Mastplatze aufweist. Neben der Schweinegiille werden zur Biogaserzeugung Silomais und Grassilage von 16 ha Stillegungsflachen eingesetzt, sowie die Obst- und Gemiiseabfalle eines Saftherstellers, die jedoch nur wahrend der Verarbeitungskampagne verfligbar sind.
Stallungen 4-QuadrantenStromzahler
Abb. 6.2-3. Zweistufige Biogasanlage mit thermischer Desintegration Ftir die erste Prozessstufe wird ein liegender 200 m^-Stahlfermenter eingesetzt, der mittels Haspelrlihrwerk tiber der gesamten Lange durchmischt wird. Dieser Reaktor wird im mesophilen Temperaturbereich bei ca. 35 °C betrieben. Die Schweinegiille wird dem Reaktor tiber eine Pumpe zugeftihrt, die Feststoffe tiber einen Schneckenforderer. Die erste Stufe wird bei
560
6 Landwirtschaftliche Vergamngsanlagen
einer relativ kurzen hydraulischen Verweilzeit von 26 Tagen und einer Raumbelastung von 4,2 kg oTR/(m^-d) betrieben. Der Ablauf der ersten Stufe wird mittels einer Pumpe der thermischen Desintegrationsstufe zugeflihrt, in der das Substrat bei einer Haltezeit von 1 h auf 70 °C erhitzt wird. Das so zwischenbehandelte Garsubstrat wird der zweiten Prozessstufe zugefuhrt, in der bei ca. 50 °C die Nachgarung erfolgt. Der Nachgarbehalter besteht aus einem geriihrten Betonfermenter mit 350 m^ Arbeitsvolumen, der nicht beheizt wird, da allein iiber die Zufuhr des heiBen Substrats aus der thermischen Desintegrationsstufe die thermophile Prozesstemperatur gehalten werden kann. Der Nachgarbehalter wird bei einer Verweilzeit von durchschnittlich. 50 Tagen und einer geringen Raumbelastung von ca. 1 kg oTR/(m^-d) betrieben. Der Ablauf aus der zweiten Stufe gelangt durch freien tJberlauf in einen abgedeckten Betonbehalter von 750 m^ Speichervolumen, der friiher als Gtillespeicher diente. Die biologische Entschwefelung des Biogases durch Eintrag von Luft in den Gasraum erfolgt ausschlieBlich in der zweiten Stufe, die mit einer Tragluft-Folienhaube versehen ist. Eine biologische Entschwefelung in der ersten Prozessstufe ist nicht moglich, da keine ausreichende Kontaktflache zwischen dem Garsubstrat und dem Gasraum besteht. Das Gas wird in einem Ztindstrahl-BHKW von 80 kWei-Nennleistung verwertet. Aus den eingesetzten Substraten kann wochentlich eine Strommenge von ca. 8.000 kWh gewonnen und ins Netz eingespeist werden. 6.2.5 Kofermentations-Gemeinschaftsanlage mit Garruckstandskonditionierung Bei dieser Anlage handelt es sich um eine landwirtschaftliche Zentralanlage, an der tiber 70 Landwirte beteiligt sind (Kassel 2002). Die Biogasanlage ist in unmittelbarer Nachbarschaft von einer Kartoffelstarkefabrik angesiedelt und verarbeitet jahrlich ca. 160.000 t/a landwirtschaftlicher Rohund Reststoffe. Verarbeitet werden etwa 14.000 t/a Rinder- und Schweinegiille, tiber 37.000 t/a Maissilage und etwa 10.000 t/a Rohstoffe aus der landwirtschaftlichen Uberproduktion. Femerhin werden aus dem Kartoffelstarkewerk ca. 90.000 t/a Kartoffelfmchtwasser und ca. 6.000 t/a Kartoffelptilpe verarbeitet. Durch den hohen Anteil an Kartoffelfmchtwasser wird die Verarbeitung der Maissilage unter Einsatz eines Nassvergarungsverfahrens moglich. Um den Transportaufwand fiir den Garriickstand zu vermindem, erfolgt bei dieser Anlage erstmals eine Vakuumeindampfung unter Ausnutzung der BHKW-Abwarme, die bei der Verstromung des Biogases zwangslaufig anfallt und bis auf den Prozessenergiebedarf am Anlagenstandort ansons-
6.2 Beispiele landwirtschaftlicher Vergarungsanlagen
561
ten nicht nutzbringend verwertet werden kann. Der Substratmix ermoglicht einerseits eine kostengtinstige Behandlung der Abwasser und Abfalle der Kartoffelstarkefabrik und gleichzeitig eine effiziente Verwertung von nachwachsenden Rohstoffen in einem groBtechnischen Nassvergarungsverfahren. Die etwa 70 Landwirte, welche die Anlage mit Mais und Giille versorgen, sind gleichzeitig Abnehmer des durch Vakuumeindampfung gewonnenen Biodtingers, wodurch ein geschlossener regionaler Nahrstoffkreislauf realisiert werden kann. Das Verfahren ist in Abb. 6.2-4 als vereinfachtes BlockflieBbild dargestellt. Die verschieden festen und fltissigen Substrate werden zunachst nach einer festen Rezeptur im Annahmebehalter vermischt und dann in einem 1.700 m^-Vorlagebetialter zwischengespeichert. AnschlieBend wird diese Substratmischung in drei wechselweise betriebenen Hygienisierungsbehaltem bei 70 °C und einer Haltezeit von 1 Stunde pasteurisiert. Das hygienisierte Material wird dann zwei Methanreaktoren von je 4.800 m^ Reaktorvolumen zugefuhrt, die parallel betrieben werden. Die Zugabe erfolgt absatzig, um Kurzschlussstromungen zu vermeiden. Wahrend ein Reaktor beschickt wird, wird aus dem anderen ausgefaultes Material abgezogen. Zur Anwendung kommen stehende Fermenter in Stahl-Segmentbauweise, die tiber ein langsam drehendes Zentralriihrwerk verfiigen. Zur Vermeidung von Schwimm- und Sinkschichten ist der Antrieb mit einer automatischen Drehrichtungsumkehr ausgestattet. Beide Fermenter werden im mesophilen Temperaturbereich bei ca. 38 °C betrieben. Der Ablauf der Methanreaktoren wird einem Ausgasbehalter mit 1.500 m^ Nutzvolumen zugefiihrt, der gleichzeitig als Gasspeicher dient. Der Behalter ist mit einer doppelten Folienhaube gasdicht verschlossen. Das vergorene Substrat aus dem Ausgasbehalter wird anschlieBend zur mechanischen Entwasserung einer Siebschneckenpresse zugefiihrt. Die feste Phase wird in der Landwirtschaft als Bodenverbesserungsmittel eingesetzt und die fliissige einer dreistufigen Vakuum-Eindampfung zugefiihrt. Das eingedampfte Konzentrat wird als organischer Diinger landwirtschaftlich verwertet und das anfallende Kondensat einer kommunalen Klaranlage zugefiihrt. Die Abluft aus dem Annahmebehalter, dem Vorlagebehalter, der Maschinenhalle sowie der Eindampfanlage und dem Konzentratspeicher wird zum Abbau von Geruchsstoffen einem Biofilter zugefiihrt. Das Biogas beider Fermenter wird einem Festbettreaktor zugefiihrt, in dem die biologische Entschwefelung erfolgt. Die beheizte Entschwefelungskolonne ist zur Immobilisierung der Mikroorganismen mit Tragermaterialien gefiillt. Zur Oxidation des Schwefelwasserstoffs wird am Boden der Kolonne Luft zugefiihrt und zur Versorgung der Mikroorganismen mit Nahrstoffen eine Nahrfltissigkeit im Gegenstrom zur Gasphase kopfseitig aufgegeben. Um eine Aufkonzentrierung von Schwefel und Schwefelsaure
562
6 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen
zu vermeiden, wird Spulfliissigkeit regelmaBig ausgeschleust und durch frische Fltissigkeit ersetzt. Das gereinigte Gas wird in zwei BHKW mit einer elektrischen Leistung von insgesamt ca. 2.400 kWei zur Strom- und Warmeproduktion genutzt. Der Einsatz eines dritten BHKW ist geplant. GiJlle, Fruchtwasser,Puipe, Mais
Anmischtank
Strom Warme
t
Vorlagetank
BHKW
1
X
Hygienisierung l| |Hygienisierung III [Hygienisierung III Biol. Entschwefelung Methanreaktor 11
GarriJckstandslager
Methanreaktor II
Verdampfung I H Verdampfung IIHVerdampfung II
Mech. Entwasserung Rohkompost
DungerKondensat konzentrat (zum Klarwerk)
Abb. 6.2-4. Schema der Kofermentations-Gemeinschaftsanlage mit Garriickstandskonditionierung
6.2.6 Trocken-Nass-Simultanvergarung Bei dem gezeigten Beispiel einer Trocken-Nass-Simuhanvergarung handelt es sich um die erste Anlage dieser Bauart (Loock 2002, 2003). Die Trockenvergarung wurde hier als Erganzung zu einer bereits vorhandenen Nassvergarungsanlage errichtet, die fiir eine Mitverarbeitung von festen Substraten, wie Silomais, Grassilage, Huhnertrockenkot und Pferdemist, urspriinglich nicht konzipiert war (Abb. 6.2-5). Die Anlage befindet sich auf einem Schweinemastbetrieb, bei dem jahrlich ca. 8.000 m^ Giille anfallen, die zusammen mit betriebseigenen Stoffen, wie Silomais und Grassilage zur Energiegewinnung eingesetzt werden. Femerhin werden von Fremdbetrieben Huhnertrockenkot und Pferdemist angenommen. Die Anlage besteht aus zwei Trockenfermentem von je 150 m^ Arbeitsvolumen, die spater durch vier weitere Einheiten erganzt werden sollen. Die aus Stahl gefertigten Trockenfermenter weisen eine containerahnliche Bauweise auf und wurden fertig montiert per Tieflader auf dem Hof angeliefert. Der modulare Aufbau ermoglicht eine einfache Erweiterung der
6.2 Beispiele landwirtschaftlicher Vergarungsanlagen
563
Anlage zu einem spateren Zeitpunkt. Die nach dem Perkolationsprinzip betriebenen beiden Trockenfermenter sind liber den Perkolationsfliissigkeitskreislauf mit der Nassvergarung gekoppelt. Die Nassvergarung besteht aus zwei vollstandig durchmischten Fermentem mit je 1.570 m^ Faulraumvolumen, deren Ablauf einem gasdichten 3.690 m^ groBen Nachgarbehalter zugefiihrt wird. Beide Nassfermenter und der Nachgarer sind mit einer Folienabdeckung versehen und dienen gleichzeitig als Gasspeicher. Der Ablauf aus dem Nachgarer wird in einem 3.690 m^ groBen Endlager bis zur Ausbringung gespeichert. Schweinegulle Strom Warme
Vorgrube BHKW
1 Nassfermenter I Maissilage Grassilage Huhnertrockenkot Pferdemist
Nassfermenter II
I
Nachgarer
1..
Maissilage Grassilage HOhnertrockenkot Pferdemist I
Trockenfermenter II
Trockenfermenter I Garruckstandslager
I Wirtschaftsdunger (fest)
Wirtschaftsdunger (flussig)
Wirtschaftsd unger (fest)
Abb. 6.2-5. Trocken-Nass-Simultanvergarung Die beiden Trockenfermenter werden wechselseitig per Radlader tiber ein frontseitiges Tor mit Hiihnertrockenkot, Pferdemist, Grassilage und Maissilage beschickt. AnschlieBend wird das Material flir 2-3 Tage beltiftet, um durch aerobe Rottevorgange eine Erwarmung auf mesophile Betriebstemperatur zu erreichen. Nach Beendigung der aeroben Phase wird das feste Substrat mit Fltissigkeit aus dem Nachgarer kontinuierlich bespriiht und das am Fermenterboden gesammelte Perkolat dem Nassfermenter zugefiihrt. Nach ca. 8 Wochen ist die Gasbildung abgeschlossen und der Trockenfermenter wird aus sicherheitstechnischen Griinden kurzzeitig beltiftet, bevor er geoffnet, mittels Frontlader entleert und emeut beftillt wird. Die Abluft wird tiber einen Kompostfilter geleitet, um Gemchsemissionen zu vermeiden. Die Vergarung erfolgt bei ca. 38 °C. Zum Ausgleich von Warmeverlusten kann die Perkolationsfltissigkeit zusatzlich erwarmt werden. Das Biogas von alien fiinf Fermentern wird zur Strom- und Warmeerzeugung zwei Gasmotoren mit einer elektrischen Leistung von je 300 kWei zugefiihrt. Sowohl die festen Garrlickstande aus der Trockenvergarung als
564
6 Landwirtschaftliche Vergarungsanlagen
auch die fltissigen Ablaufe aus der Nassvergarung werden als Wirtschaftsdtinger genutzt.
Literatur Holz G (2002) Biogasanlagen. Firmenprospekt BIOGAS NORD, Bielefeld Kassel K F (2002) Strom und Warme aus Biogas. VDI nachrichten 7:10 Loock R (2002) Von der Trockenfermentation zur Trocken-Nass-Simultan-Vergarung von Biomasse. In: Biogas und Bioenergie in der Landwirtschaft. Tagungsband zur 11. IBBK-Jahrestagung, Internationales Biogas und Bioenergie Kompetenzzentrum IBBK, Kirchberg/Jagst, pp 64-74 Loock R (2003) Anbau und Nutzung landwirtschaftlicher Biomasse zur Vergarung. In: Biogas - Energietrager der Zukunft. VDI-Verlag, Diisseldorf, pp 6780 Nacke O (2002) Biogastechnologie. Firmenprospekt ARCHEA GmbH, HessischOldendorf
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
7.1 Status quo Die gezielte Vergarung organischer Abfalle wird im Bereich der Abwasserreinigung (Klarschlamm) und der Landwirtschaft (Gtille) schon seit langem praktiziert. Anaerobtechnologien zur Verarbeitung fester Abfallstoffe, wie Bioabfall und Teilfraktionen des Restabfalls, konnten sich dagegen erst in den 1990er Jahren zur Praxisreife entwickeln. Hohe Investitions- und Betriebskosten, die fur Anaerobverfahren gegentiber Aerobverfahren aufgewandt werden mussten, hemmten anfangs deren Etablierung - trotz vielfaltiger okologischer Vorteile, die der Anaerobtechnologie zu attestieren sind. Zwar sind fiir Vergarungsanlagen nach wie vor hohere Investitionskosten zu veranschlagen, die Kostendifferenz zu Aerobanlagen fallt jedoch heute deutlich geringer aus als noch Mitte der 90er Jahre. Bedingt durch die Energieerlose, die mit Anaerobverfahren erzielt werden konnen, befinden sich die Betriebskosten fur Anaerob- und Aerobtechnologien mittlerweile auf gleichem Niveau. Finanzpolitisch sind durch das EEG und die BiomasseV positive Rahmenbedingungen fiir Anaerobtechnologien gesetzt worden. Untersttitzung finden Vergarungsverfahren auch durch die hoheren Anforderungen an die Begrenzung der Abluftemissionen durch die novellierte TA-Luft und die 30. BImSchV (Anonym 2002b und Anonym 2001b). Vergarungsverfahren zur Verwertung von Bioabfallen Nach einer Erhebung der Bundesgutegemeinschaft Kompost (BGK) stand in Deutschland im Jahr 2001 fiir die Verwertung von Bio- und Griinabfallen eine jahrliche Verarbeitungskapazitat von 12 Mio. Mg zur Verfiigung (Anonym 2002a). Hiervon werden 2,4 Mio. Mg/a durch Vergarungsanlagen bereitgestellt (Tabelle 7-1). Die Verarbeitungskapazitat von 12 Mio. Mg bzw. 2,4 Mio. Mg gilt nicht alleine fur Bio- und Gninabfall, sondem schlieBt feste und flussige Reststoffe aus der Landwirtschaft, Agrarindustrie und dem Gewerbe ein. Insgesamt werden ca. 630.700 Mg/a Bioabfall der Vergarung zugefiihrt, wobei • ca. 320.700 Mg (etwa 51 %) in Nassverfahren,
566
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
• ca. 286.000 Mg (etwa 45 %) in Trockenverfahren und • ca. 24.000 Mg (etwa 4 %) in Perkolationsverfahren verarbeitet werden In der Boomphase der Installation des Systems Getrenntsammlung und Verwertung von Bioabfallen, 1988-1995, verfugte die Vergarungstechnologie noch nicht iiber den erforderlichen Entwicklungsstand. Erst in den letzten Jahren gewann die Vergarung an Bedeutung. In diesen Zeitraum fallt auch der Bau der meisten Anlagen. Die Einfiihrung der Getrenntsammlung ist mittlerweile weitgehend abgeschlossen, somit besteht kaum Bedarf an einem Ausbau der Verarbeitungskapazitaten. Einsatzmoglichkeiten ftir die Vergarungstechnologie bestehen daher im Rahmen von Umbau-, Nachriistungs-, Sanierungs- und ErsatzbeschaffungsmaBnahmen. Eine Aufstellung der Vergarungsanlagen zur Behandlung von Bioabfallen ist in Tabelle 7-2 wiedergegeben. Vergarungsverfahren zur Behandlung von Restabfallen Ende 2002 waren 28 mechanisch-biologische Restabfallbehandlungsanlagen mit einer Verarbeitungskapazitat von ca. 2 Mio. Mg in Betrieb (Tabelle 7-1). Bei den bisher realisierten Anlagen wurden fast ausschlieBlich rein aerobe Verfahren (24 Anlagen) angewandt. Lediglich an 4 Standorten sind Vergarungsstufen integriert (Anonym 2003a). Die Anlagen unterscheiden sich hinsichtlich der Zielsetzung z.B. biologische Stabihsierung (22 Anlagen) oder biologische Trocknung (6 Anlagen) sowie im verfahrens- und bautechnischen Standard beachtlich voneinander (Tabelle 7-2). Tabelle 7-1. Status quo Behandlungsanlagen fur die Bio- und Griinabfallverwertung und sonstige qualitativ hochwertige organische Abfallstoffe sowie fiir die Restabfallbehandlung (MBA) - Stand 2002 Bio- und Griinabfallverwertung Installierte Behandlungskapazitat Anzahl Anlagen ges. Kompostanlagen Verarbeitungskapazitat Vergarungsanlagen Verarbeitungskapazitat (Bioabfalle, Abfalle aus Landwirtschaft, Agrarindustrie und Gewerbe Verarbeitungskapazitat Bioabfall Restabfallbehandlung (MBA) Installierte Behandlungskapazitat Anzahl Anlagen ges. Rotteanlagen Verarbeitungskapazitat Vergarungsanlagen Verarbeitungskapazitat (Durchsatz der Gesamtanlage)
12 Mio. Mg/a 885 810 9,6 Mio. Mg/a 75 2,4 Mio. Mg/a 0,63 Mio. Mg/a 2,0 Mio. Mg/a 28 24 1,83 Mio. Mg/a 4 165.000 Mg/a
7.1 Status quo
567
Tabelle 7-2. Vergamngsanlagen zur Behandlung von Bio- und Restabfallen in Deutschland, Stand 200 Verfahren
o B 3A AN Biocomp Biostab Biopercolat BRV
Steffen-Ing. AN Maschinenbau T.B.W. Roediger Wehrle-Werke Linde-BRV
x'^ x^^
X
X
x^^^
BTA/MAT
GarTec Vergamngsanlagen BioEnergie ISKA®
Methacomp Valorga
Mannesmann-Lentjes (ML) ^^ Hese Umwelt GmbH ^^
X
X
X
X
X
Babcock''^
X
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X
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X X
X
X
X
X X
X
WABIO
X
X
X
KCA Linde-KCA KOMPOGAS Biihler/KOGAS
X
X
X
GAR TEC IMK Perkolation
X
X
X
Dywidag
X
X
X
D.U.T.
X X
X
X
Organic Waste Systems
p
X 4) X '
X
X
X
X
Durchsatz [Mg/a]
1o
s
53
X
X
Dranco
o
X
X
BTA
Anlagenstandort
Verfahrensmerkmal
Hersteller
X X X
Delitzsch Ganderkesee Kehlheim/Teugn Miinster Boden Kahlenberg (RM) '^ Heppenheim Lemgo Hoppstadten-Weiersbach Baden-Baden Erkheim Florsheim-Wicker Karlsruhe Kaufbeuren Kehlheim Miinchen Wadem-Lockweiler Miihlheim Kaiserslautem (RM) Bassum (RM) Pohlscher Heide '"^ (RM) Singen Peine/Mehrum Brilon Herten Buchen (RM) ^^ Heilbronn'"^ (RM) Radeberg ^^ Kempten Miinchen/Eitting Braunschweig Simmern Alzey-Worms Frankfurt WeiBenfels Mogglingen Engelskirchen/Leppe Freiburg Hannover '"^ (RM) Bottrop
1.800 6.000 13.000 18.000 25.000 25.000 33.000 38.000 23.000 5.000 11.500 20.000 8.000 3.000 13.000 20.000 20.000 22.000 25.000 15.000 40.000 87.000 10.000 2.500 18.000 25.000^^ 70.000 55.000 10.000 20.000 20.000 10.000 24.000 15.000 12.000 2.000"^^ 35.000 36.000 115.000 6.500
RM== Restmiill, nicht gesondert gekennzeichnete Anlagen verarbeiten Bioabfalle '^ 3-stufiges Verfahren; ^^^^ ^.1. Stufe mesophile Hydrolyse als Perkolation; ^^ 1. Stufe mesophil, 2. Stufe thermophil;• "^^ V Stufe mesophile Hydrolyse als Perkolation; ^^ Organikfraktion aus Gesamtabfall, keine getrennte Sammlung von Bioabfall; ^-^ Erweiterung der Anlage auf 150.000 Mg/a bis 2004; ^^ gemeinsame Verwertung von Bioabfall und Klarschlamm; ^^ Erweiterang der Anlage auf 10.000 Mg/a geplant; ^-^ ehemals Steinmtiller-Rompf Wassertechnik, ^ in Bau; ^ Vermarktung durch Lizenzgeber Outtocumpo EcoEnergy
568
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
7,2 Rechtliche Rahmenbedingungen Der Umgang mit Abfallen und Abwassem unterliegt einer Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien fir die Genehmigung und den Betrieb der Anlagen sowie die Verwertung und Entsorgung diverser Anlagenoutputstrome wie Kompost und Abwasser. Vergarungsverfahren zur Verwertung von Bioabfallen Die maBgebenden Gesetze und Verordnungen ftir die Genehmigung und den Betrieb von Anlagen zur Verwertung von Bioabfall sind insbesondere: • Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG), Bioabfallverordnung (BioAbfV), • Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG), Bundes-Bodenschutzverordnung (BBodSchV), • Wasserhaushaltsgesetz (WHG), • Abwasserabgabegesetz (AbwAG), Abwasserverordnung (AbwV), • Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), 4. Bundes-Immissionsschutzverordnung (4. BImSchV), Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft), Technische Anleitung zum Schutz vor Larm (TA-Larm), • Gesetz tiber die Umweltvertraglichkeitsprtifung (UVPG), • Diingemittelgesetz (DtiMG), Dtingemittelverordnung (DiiMV), Dtingeverordnung (DtiV), • Emeuerbare-Energien-Gesetz (EEG), Biomasseverordnung (BiomasseV), • EU-Verordnung 1774/2002: Hygienevorschriften ftir nicht ftir den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte. Ftir den Bau und Betrieb von Anlagen zur Verwertung von Abfallen sind genehmigungsrechtlich das BImSchG und das UVPG und deren Verordnung relevant. Die Festlegung der Genehmigungsbedtirftigkeit und des anzuwendenden Genehmigungsverfahrens erfolgt durch die 4. BImSchV. Weitergehende Anforderungen an den Bau einer Anlage resultieren aus den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften wie der TA-Luft und TA-Larm. Die Anforderungen betreffen hierbei nicht nur die Abluftemissionen aus dem Anlagenbetrieb, sondem ebenfalls aus der Nutzung des Biogases beispielsweise in Blockheizkraftwerken (BHKW). Die Anforderungen an die Ableitung von Abwassem werden durch §7a des WHG geregelt. Anforderungen an die Ableitung von Abwassem aus
7.2 Rechtliche Rahmenbedingungen
569
verschiedenen Herkunftsbereichen werden in der AbwV festgelegt. Anforderungen ftir Abwasser aus Bioabfallvergamngsanlagen sind derzeit in der AbwV jedoch nicht explizit festgelegt. Die Behandlung der Abwasser wird aufgrund der nicht auszuschlieBenden Gefahrdung der nattirlichen Kreislaufe durch die Art und Konzentration der Abwasserinhaltsstoffe in der Regel durch die zustandigen Genehmigungsbehorden nach dem Stand der Technik gefordert. Wesentliche Zielsetzung der Bio- und Griinabfallverwertung ist die Erzeugung eines qualitativ hochwertigen organischen Bodenverbesserungsmittels und Sekundarrohstoffdiingers. Die Verwertung von Abfallen als Sekundarrohstoffdtinger auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich und gartnerisch genutzten Flachen wird nach §8 des KrW-/AbfG prinzipiell zugelassen. Die Durchfuhrung wird in Rechtsverordnungen wie der BioAbfV und DiiMG geregelt. Besonderen Einfluss auf die Verwendung von Abfallen als Sekundarrohstoffdtinger haben das BBodSchG und die zugehorige BBodSchV, deren Zweck die nachhaltige Sicherung und Wiederherstellung der Funktion des Bodens ist. Qualitatsanforderungen werden auch durch den Markt vorgegeben, z.B. durch die RAL-Giitesicherung Garprodukte der Bundesgtitegemeinschaft Kompost (BGK). Vergarungsverfahren zur Behandlung von Restabfallen Bau und Betrieb von Anlagen zur mechanisch-biologischen Behandlung von Restabfallen unterliegen im Wesentlichen denselben Gesetzen und Verordnungen wie die Anlagen zur Verwertung von Bioabfallen. MBAspezifische Anfordemngen sind in der Artikelverordnung festgelegt (Anonym 2001a u. 2001b): 1. Verordnung tiber die umweltvertragliche Ablagerung von Siedlungsabfallen (AbfAblV), 2. 30. Bundes-Immissionsschutzverordnung (30. BImSchV), 3. Verordnung zur Anderung der Abwasserverordnung (AbwV Anhang 23). Die AbfAblV gilt lediglich fur MBA-Verfahren, bei denen Teilstrome nach der Behandlung deponiert werden sollen und legt in Anhang 2 die Kriterien fur die Deponierung mechanisch-biologisch vorbehandelter Abfalle fest (siehe Kapitel 7.4.4.3). Die 30. BImSchV beinhaltet im WesentHchen Emissionsgrenzwerte ftir die Ableitung der Abluftstrome und definiert Anfordemngen an die Kapselung der Anlage (siehe Kapitel 7.5.2), wahrend im Anhang 23 der AbwV die Anfordemngen an die Ableitung von Abwassern in Gewasser bzw. vor der Vermischung mit anderen Abwassem zur weitergehenden Behandlung festgelegt werden (siehe Kapitel
570
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
7.6.2). Die Anfordemngen des kommunalen Satzungsrechtes sind bei der Einleitung in die Kanalisation ebenfalls zu beriicksichtigen.
7.3 Mengen, Qualitaten und Potenziale 7.3.1 Verwertung von Bioabfallen und sonstiger qualitativ hochwertiger organischer Abfallstoffe Zur Erzeugung landbaulich verwertbarer organischer Diingemittel sind nur organische Abfallarten geeignet, die aus Sicht des Bodenschutzes als qualitativ hochwertig einzustufen sind. Hiemnter fallen Abfallarten, die als Monochargen vorliegen oder iiber den Weg der Getrenntsammlung mehr oder weniger sortenrein erfasst werden. Tabelle 7-3 enthalt eine Zusammenstellung diesbeziiglich ausgewahlter organischer Abfallstoffe. Tabelle 7-3. Mengen ausgewahlter organischer Abfallstoffe in Deutschland und ihre Eignung far verschiedene Verwertungsprozesse - Stand 2002/12 Abfallart
Bioabfall Grunabfall (Holz) Griinabfall (Weichorganik) Speiseabfalle ^ Schlachthofabfalle Weintrester Hefetrub Apfeltrester (nass) "•* Brauereiabfalle Schlempen (hi) Rinde Summe
Abfallmenge
fur die Vergarung geignete Abfallstoffe
Mg 4.264.000 1.500.000 2.307.000 358.000 3.500.000 150.000 66.000 250.000 2.125.000 780.000 3.750.000
Mg 3.496.480 0 2.007.090 358.000 2.100.000 150.000 66.000 250.000 2.125.000 780.000 0
19.050.000
11.332.570
fiir die in Kompostierung Biomassekraftwerken verwertbare geeignete Abfallstoffe Abfallstoffe "^ Mg Mg 205.000 4.050.800 1.500.000 1.500.000 2.307.000 0 0 358.000 0 3.500.000 0 150.000 0 66.000 250.000 ol 2.125.000 0 780.000 0 3.750.000 3.750.000 18.836.800
5.455.000
^^ Lang 1998 2^ Vogt et al. 2002 '^ abzgl. 8% Storstoffe
Die derzeit giiltigen Schwermetallgrenzwerte aus der Bioabfall- und Klarschlammverordnung und mittlere Schwermetallgehalte von Bioabfallkomposten und Klarschlammen zeigt Tabelle 7-4. Prozesskenndaten und Nahrstoffgehalte ausgewahlter organischer Abfallstoffe sind in Tabelle 7-5 aufgelistet. Abfallstoffe aus der Land- und Forstwirtschaft werden im vorliegenden Beitrag nicht betrachtet. Eine Auflistung grundsatzlich geeigneter
7.3 Mengen, Qualitaten und Potenziale
571
organischer und mineralischer Abfallstoffe bzw. Zuschlagstoffe enthalt Anhang 1 der Bioabfall- und Kompostverordnung (BioAbfV, 1998). Samtliche beschriebene organische Abfallstoffe sind regenerative Energietrager nach der Biomasseverordnung (BiomasseV, 2001). Tabelle 7-4. Grenzwerte und mittlere Schwermetallgehalte in Bioabfallkomposten und Klarschlammen - Angaben in mg/kg in der TS Pb Cr Grenzwerte ^^ Cd Kompost ^^ 100 150 1,5 Kompost ^^ 1,0 70 100 Klarschlamm 10,0 900 900 mittl. Schwermetallgehalte Klarschlamm ^^ Mittelwert 63 46 1,4 Bioabfallkompost ^^ Mittelwert 49 0,5 23 10%Perzentil 14 0,27 28 90% Perzentil 0,87 40 87 '^BioAbfV, 1998 u. AbfKlarV, 1992 ^^Daten zur Umwelt, 2000 ^^Kehres2002 ^^ Ausbringungsmenge < 20 Mg Komposttrockenmasse ^^ Ausbringungsmenge < 30 Mg Komposttrockenmasse
Cu 100 70 800
Ni 50 35 200
Hg 1,0 0,5 8,0
Zn 400 300 2.500
274 45 28 74
23 14 7,3 27
1,0 0,14 0,08 0,30
809 183 126 277
innerhalb von 3 Jahren innerhalb von 3 Jahren
Tabelle 7-5. Prozesskenndaten und Nahrstoffgehalte ausgewahlter organischer Abfallstoffe OTS %TS 34-81 32-70
N %TS 0,6-2,1 0,3-1,9
P2O5
%FS 52-80 48-80
%TS 0,3-1,5 0,4-1,4
K2O %TS 0,6-2,1 0,4-1,6
CaO %TS 2,2-6,8 0,7-7,4
MgO %TS 0,2-1,7 0,3-1,2
25-52
65-85
0,1-0,4
0,1
0,3-0,5
0,5-1
65-85
15-40
4,0 -5,3 4,75,2
0,3-0,5
5,7-8,2
0,10,15 0,8-1,2
45-75 75-95
60-85
0,2-0,6
0,3-1,5
0,4-1,3
0,1-0,2
75-75 90-95 80-90 62-79
1,5-2,5 1,1 1,3-1.2 0,2-0,8
3,4-5,3 1,57 0,5-0,6 0,020,1
1,4-2,4 1,1 2,0 0,5-1,5
0,21 0,2 0,6 0,1-0,4
H2O
Bioabfalle Griinabfalle, (Weichorganik) Grtinabfalle (Baumund Strauchschnitt) Klarschlamm (gefault) Rinde Speiseabfalle Traubentrester Obsttrester Panseninhalte^^ Papier
70-80 10-20 25-30
90-95 Schlempen^^ 40-60 Hefetmb Kuhn 1995, Weiland 1999
90-95 90-95
0,1-0,2 1,0-1,5 0,8-1.2 0,2- 0,6 1,1-1,6 0,150,6 0,8-1,8 1,4-2,0
572
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
7.3.2 Behandlung von Restabfallen Die Menge fester Siedlungsabfalle - die Summen aus Restabfall und verwertetem Abfall - betrug 2000 ca. 46,3 Mio. Mg. Sie wird fiir das Jahr 2006 auf ca. 40 Mio. Mg prognostiziert. Angaben zu Wertstoff- und Restabfallmengen, differenziert nach Wertstoff- und Abfallarten, sind in Tabelle 7-6 aufgeftihrt (Alwast et al. 2003). Bei einer zurzeit vorhandenen Behandlungskapazitat von ca. 15.300.000 Mg/a mtissen zur Erfiillung der Anforderungen der Ablagerungsverordnung (Anonym 2001a) bis Mitte 2005 zusatzliche Restabfallbehandlungskapazitaten von mindestens ca. 5,5 Mio. Mg/a bereitgestellt werden. Zusatzlich sind die derzeit deponierten ca. 1,5 Mio. Mg Klarschlamm einer Behandlung zuzufiihren. Bei Ausschluss der landbaulichen Verwertung von Klarschlammen mtissen fiir weitere 9,3 Mio. Mg Klarschlamme Behandlungskapazitaten bereitgestellt werden. Ftir die Restabfallbehandlung sind mehrere Optionen verfiigbar: • Mechanisch-biologische Restabfallbehandlung (MBA) mit und ohne Einbindung der Vergarungstechnologie; • Thermische Abfallbehandlung (MVA); • Energetische Verwertung von Sekundarbrennstoffen aus Restabfall in Kraftwerken und Produktionsanlagen; • Verwertung von Biomasse in Biomassekraftwerken. Nach Erhebungen der LAGA Ende 2002 (mdl. Mittlg.) befinden sich derzeit Anlagen mit einer jahrlichen Behandlungskapazitat von ca. 4,0 Mio. Mg im Bau oder konkreter Planung, wobei ca. 50 % als MBA und ca. 50 % als MVA ausgeftihrt werden. Tabelle 7-6. Status und Prognose der festen Siedlungsabfall- Wertstoff- und Restabfallmengen (Alwast et al. 2003) Abfallart Haus- und Geschaftsmtlll Sperrmiill Gewerbeabfalle Summe Wertstoffe Summe feste Siedlungsabfalle zu behandelnde Restabfalle
2000 (Mg/a) 14.959.419 2.927.526 8.623.634 19.195.143 46.247.879 27.052.736
2006 (Mg/a) 14.290.400 2.801.900 3.303100 19.023.300 39.848.700 20.825.400
Ftir die biologische Restabfallbehandlung kommen Abfallarten in Frage, die relevante Mengen an biologisch abbaubarer organischer Substanz (OTSbio) aufweisen. Hierzu gehoren vor allem Ktichen- und Gartenabfalle, Windeln, Holz, Teilmengen der Textilien (Baumwollprodukte), Papierund Pappereste sowie Kartonverbundverpackungen. Ebenso zahlen hierzu
7.3 Mengen, Qualitaten und Potenziale
573
organische produktionsspezifische Abfalle, die aufgrund ihrer minderen Qualitat nicht fur die Erzeugung qualitativ hochwertiger organischer Bodenverbesserer und Dtingemittel verwendbar sind. Nicht zuletzt sind auch Abfalle aus der Abwasseraufbereitung zu beriicksichtigen, wie z.B. Klarschlamm, Sandfang und Rechengut. Die Zusammensetzung der relevanten Restabfallarten und die korrespondierenden behandlungsspezifischen Parameter zeigt Tabelle 7-7. Tabelle 7-7. Charakterisierung der Abfallarten beziigHch der Parameter TS, GV, OTSbio aerob, OTSbio anaerob, Inertstoffanteil sowie unterer Heizwert (Hu) und oberer Heizwert (Ho) Relevante Parameter TS(%mderFS) GV (% in der TS) OTSbio (% in der TS ^ A obio anaerob
Resthaus- und Geschaftsabfall 55-65 72-82 42-47 33-40
Sperrmiill 78-83 82-90 50-64 3-7
hausmiiUahnL Gewerbeabfall 69-80 66-85 18-29 11-19
Baustellenmischabfalle 79-87 35-55 12-16 4-8
18-28
10-18
15-34
45-65
8.300
13.200
11.400
7.400
15.400
17.400
16.600
10.100
(% in der TS) Inertstoffe ^^ (% in der TS) unterer Heizwert (MJ/Mg FS) oberer Heizwert (MJ/Mg TS)
^ inkl. Glas und Metalle Haus- und Geschaftsmiill eignet sich fur thermische und mechanischbiologische Vorbehandlungsmethoden gleichermaBen. Diese Abfallart enthalt einen vergleichsweise hohen OTSbio-Anteil. Als biologische Verfahren eignen sich sowohl aerobe als auch anaerob-aerobe Technologien. Der OTSbio-Gehalt im Haus- und Geschaftsmiill betragt im Mittel ca. 44 %. Hiervon sind nach Mtiller 1995 und Fricke et al. 2002b ca. 83 % einem anaeroben Abbau zuganglich. Der sehr hohe OTS-Gehalt von Sperrmiill ist vorwiegend auf den groBen Anteil an Holz- und Verbundmobeln zuruckzufiihren. Aus diesem Grund ist auch der biologisch abbaubare Anteil (OTSbio) von Sperrmiill mit 56 % und der untere Heizwert mit 13.200 MJ/Mg FS als vergleichsweise hoch einzustufen. Die anaeroben Prozessen zuganglichen Abfallbestandteile fallen mit 3-7 % entsprechend gering aus. Es kommen lediglich Aerobverfahren zum Tragen. Allerdings werden holzige Bestandteile auch im Aerobprozess nur sehr langsam und dies auch nur bei intensiver mechanischer Aufbereitung abgebaut. Sperrmiill ist aufgrund des hohen Anteils an heizwertreichen Fraktionen eindeutig fiir die thermische Behandlung bzw. energetische Verwertung pradestiniert. Die Zusammensetzung der hausmiillahnlichen Gewerbeabfalle
574
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
wird bestimmt durch die Gewerbestruktur im Sammelgebiet, die Daten aus Tabelle 7-7 sind daher nur zur groben Orientierung geeignet und nicht auf spezifische Regionen tibertragbar. Hausmtillahnliche Gewerbeabfalle enthalten relevante Anteile biologisch abbaubarer Abfallstoffe. Deren tatsachlicher Umfang und dessen anaerob abbaubarer Anteil weisen wegen der groBen regionalspezifischen Einfltisse groBe Schwankungsbreiten auf Im Planungsfall ist eine Einzellfallbetrachtung zwingend erforderlich. Baumischabfalle und StraBenkehricht sind nicht ftir biologische Behandlungsverfahren geeignet. Auf Grundlage der durchschnittlichen Abfallzusammensetzung errechnen sich die in Tabelle 7-8 aufgefiihrten Anteile regenerativer Energietrager. Tabelle 7-8. Anteil regenerativer Energien in verschiedenen Abfallarten Abfallart
Regenerativer Anteil
Restmiill (Haus- und Geschaftsmiill) Hausmiillahnlicher Gewerbeabfall Sperrmiill
55-62%
Gesamtenergiepotenzial^^ ca. 114 PJ/a
36-44%
51PJ/a
44-55%
27 PJ/a
Kem u. Wiemer 2002
7.4 Aniagen- und Verfahrenstechnik Anlagenkonzepte ftir die Verwertung von Bioabfallen und die mechanischbiologische Restabfallbehandlung beinhalten, mit Ausnahme von Sonderverfahren, im Grundsatz die gleichen Techniken. Der Verfahrensablauf kann in mehrere Hauptfunktionsbereiche unterteilt werden (Abb. 7-1). handlung
w; Biogasaul^ i ;.;™% ^ bereitung [ ''''W Bi ogas
Organise he , Abfallstoffe I Iplii
^-^^
Aniieferung
J
Mechanische Aufbereitung :
>T Vergarung
Konfektionierung
Lagemng Wert- und Reststoffe Abwasserbehandlung
Abluft Biogas
Abwasser L
Proffis s/Abwasse r ProzBs swasserk reislauf
Abb. 7-1. Schematischer Verfahrensablauf von Vergarungsanlagen zur Behandlung von Bio- und Restabfallen
7.4 Anlagen- und Verfahrenstechnik
575
7.4.1 Aniieferung Abfallannahme, Zwischenlagemng und erste Stor- und Problemstoffentnahmen sind die Hauptaufgaben im Anlieferungs- und Lagerungsbereich. Zur Annahme und Zwischenlagemng der angelieferten Abfalle werden verschiedene Arten von Bunkersystemen eingesetzt. Folgende Bauarten sind in der Praxis von Bedeutung: • • • • •
Flachbunker; Tiefbunker; kombinierter Flach-ZTiefbunker; Direktaufgabebunker; Tanks/Silos.
Die Entlade- und Bunkerflache liegt bei Flachbiinkern auf gleichem Niveau. Lieferfahrzeuge entleeren die Abfalle unmittelbar im Flachbunker (Abbildung 7-2). Dieses Bunkerkonzept bietet die Moglichkeit, spezifische Abfallqualitaten in speziellen Bunkersegmenten oder Boxen zwischen zu lagem, um sic dem Abfallstrom gezielt zudosieren oder speziellen Aufgabepunkten zufuhren zu konnen. Eine gezielte Stoffstromtrennung im Bunkerbereich in vergarbare und nicht vergarbare Abfallkomponenten ist bei diesem Bunkerkonzept moglich. Die Ubergabe des Materials in die Aufbereitung erfolgt mittels Radlader, bei der Restabfallbehandlung auch mit mobilem oder stationarem Bagger mit Polypgreifer. Die Aufgabepunkte werden als aufgestanderte Aufgabetrichter und/oder als im Bunkerboden eingelassene Abzugsbander ausgeftihrt. Die aufgestanderte Konzeption bietet im Hinblick auf den konstruktiven Aufwand und die Sicherheit gegen unbeabsichtigtes Hinunterstiirzen, die Zuganglichkeit bei Reparaturen sowie die Steighohe Vorteile auf. Die Lieferfahrzeuge entleeren bei diesem Bunkerkonzept, iiberwiegend auf Anlagen zur Restabfallbehandlung eingesetzt, die Abfalle unmittelbar an einer Abkippkante in den Tiefbunker. Die Bunkerauslegung erfolgt in Abhangigkeit der geforderten Speicherkapazitat, der erforderlichen Abkippstellen, der FlachenverfUgbarkeit und des Baugrundes. Die Ubergabe des Materials in die Aufbereitung erfolgt vorwiegend mittels Bnickenkrananlagen mit Polypgreifem. Tiefbunker mit Kratz- oder Schubboden als Entleerung und Dosiervorrichtung, wie vereinzelt bei Vergamngsanlagen von Bioabfallen im Einsatz, sind fiir die Bunkemng von Restabfallen nicht geeignet. Insbesondere die begrenzte Schtitthohe - Verhindemng von Briickenbildungen und Verkantungen - lassen diese Tiefbunkermodifikation als nicht wirtschaftlich/praktikabel erscheinen. Die vollstandige Entleemng und Reinigung des Tiefbunkers ist im Gegensatz zu anderen Bunkerkonzepten schwierig. Die Ausbildung des Bunkers sollte daher der Greiferge-
576
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
ometrie angepasst und die Bunkersohle gegen eine Beschadigung durch den Greifer geschtxtzt werden. Die Auskleidung des Tiefbunkers mit einer speziellen Betonschicht (Opferbeton) zum Schutz vor mechanischen Beschadigungen wird ebenfalls praktiziert. Eine gezielte Stoffstromtrennung im Bunkerbereich in vergarbare und nicht vergarbare Abfallkomponenten ist bei diesem Bunkerkonzept nicht moglich. Kombinierte Flach-ZTiefbunkerkonzepte versuchen, die Vorteile des Flach- und Tiefbunkers zu vereinigen. Die anliefemden Fahrzeuge entleeren den Restabfall iiber eine Kippkante von maximal 3 m Hohe in einen Flachbunker. Die Materialaufgabe in die Aufbereitung oder Zw^ischenlagerungsboxen erfolgt in der ftir die Flachbunker bereits beschriebenen Weise. Bei Direktatifgabebunkern entladen die Lieferfahrzeuge direkt, in Abhangigkeit von der Anlieferfrequenz, in einen oder mehrere nebeneinander, ebenerdig angeordnete, mit einem Abzugsband versehene Bunker. Als Fordereinrichtung haben sich Kettengurte und Plattenbander bewahrt. Dieser Bunkertyp kann in den geschlossenen Annahmebereich integriert oder separat installiert werden. Im letzteren Fall ist der Direktaufgabebunker vollstandig gekapselt mit Abluftfassung auszuftihren. Vergarungsverfahren eignen sich im Gegensatz zur Kompostierung insbesondere flir die Verarbeitung fliissiger und pastoser Abfalle, die iiberwiegend in der Nahrungsmittel- und Agroindustrie anfallen. Die stofflichen Eigenschaften der Abfalle machen in der Regel eine von den festen Abfallen getrennte Lagerung erforderlich. Die fltissigen und pastosen Abfalle werden von den anliefemden Fahrzeugen zumeist direkt tiber einen Tankstutzen in ein Schlammsilo oder einen Tank abgepumpt, um Geruchsemissionen zu vermeiden. Die Behalter sind kontinuierlich oder periodisch zu durchmischen, um die Bildung von Schwimm-, Sinkschichten und Sedimenten zu verhindem. Speise- und Kantinenabfalle werden in separaten fltissigkeitsdichten Mtilltonnen, MtillgroBbehaltem oder Containem angeliefert, die meist direkt in den Aufgabetrichter einer Zerkleinerungsmtihle entleert werden. Die notwendige Reinigung der geleerten Transportbehalter sollte moglichst unmittelbar in der Annahmehalle erfolgen, sofem die Transportfahrzeuge nicht tiber eine eigene Behalterreinigung verfugen (ATV 2003).
7.4 Anlagen- und Verfahrenstechnik
577
11
nnnnn •DDDD
mm
1. Vorzerkleinerer, 2. Unterfiur-Aufgabeband, 3. Steuerwarte, 4. Fe-Scheider, 5. Siebanlage, 6. Austrag Biologic Vergarung, 7. Ballenpresse, 8. Austrag heizwertreiche Fraktion, 9. Austrag Wert-/Storstoffe, 10. Mobile Anschiittwand, 11. Ballenlager, 12. Rollenband, (HA) Annahme fiir Haus- und Geschaftsmiill, (GA) Annahme fiir Gewerbeabfallc Abb. 7-2. Lageplan cincs MBA-Flachbunkcrs - Aufsicht
578
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
7.4.2 Mechanische Aufbereitung vor der Vergarung Die mechanische Abfallaufbereitung vor der biologischen Behandlung umfasst selbst drei Funktionsbereiche: 1. Abtrennung von Stor- und Schadstoffen, 2. Stoffstromtrennung, 3. Konfektionierung ftir den biologischen Behandlungsprozess. Bedingt durch materialspezifische Anfordemngen beztighch der zum Einsatz kommenden Vergarungstechniken - trockene oder nasse Prozessfiihrung - bietet sich eine Systematisierung der Aufbereitung nach zwei prinzipiell unterschiedlichen Methoden an: • Trockene Aufbereitung, • nasse Aufbereitung. Die zur Aufbereitung der Stoffstrome eingesetzten Verfahrensschritte bestehen aus den Hauptkomponenten Zerkleinerung, Siebung und FeScheidung. Hierbei handelt es sich in der Regel um Standardaggregate, die nicht spezifisch den Anaerobtechnologien zuzuordnen sind. Nasse Aufbereitungsverfahren dagegen, wie Hydroklassierer, Pulper/ Stoffloser und Perkolatoren, kommen vomehmlich bei Verfahren mit integrierter Anaerobstufe zu Einsatz. Eine Ubersicht der eingesetzten Aggregate, ihre Funktionsweisen sowie die genutzten Abfalleigenschaften zeigt Tabelle 7-9. Im vorliegenden Kapitel werden zunachst Aufgaben der drei Funktionsbereiche erlautert, anschlieBend beispielhaft, speziell der Vergarungstechnologie zuzuordnende Aufbereitungsverfahren beschrieben. Tabelle 7-9. Genutzte Eigenschaften und Aggregate zur mechanischen Aufbereitung von Abfallgemischen vor der Vergarung Aggregate Zerkleinerer
Siebe
genutzte Stoffeigenschaften Aufbau, Harte, Sprodigkeit und Spaltbarkeit
PartikelgroBe
Funktionen
Ausfiihrungen
VergroBemng der spezifischen Oberflache, KorngroBenverkleinemng, Offnung von Gebinden, Voliimenverkleinemng/ -vergroBerung, Homogenisierung Trennung in Komklassen, Offnung von Gebinden, Homogenisierung
Hammermuhle, Schneidmlihle, Kugelmtihle
Trommelsieb, Spannwellensieb, Sternsieb
7.4 Anlagen- und Verfahrenstechnik 1 Windsichter Gleichfalligkeit
Fliehkraft, SinkgeschwinHydroklasdigkeit sierer Perkolatoren Loslichkeit
Trennimg in Leicht- und Schwerfraktion
Magnetscheider
Magnetisierang
Trennung in Leicht- und Schwerfraktionen Trennung in losHche fltissige und nicht losHche feste Phasen Offnung von Gebinden, VergroBemng der spezifischen Oberflache, KomgroBen verkl einerung, Anmaischung Trennung in flachige und rollende Abfallbestandteile Fe-Metallscheidung
Elektrosortierer
Oberflachenleitfahigkeit
Ne-Metallscheidung
Stoffloser
Aufbau, Harte, Dichte, Sprodigkeit, Spaltbarkeit, Quellfahigkeit, Loslichkeit
Schragband- Haftfahigkeit Rollfahigkeit sortierer
579
Vertikal-, Zickzack-, Rotationswindsichter, Zyklon Hydrozyklon, Stoffloser/Pulper Perkolator
Stoffloser/Pulper
Schragbandsortierer Uberbandmagnet, Trommelmagnete Wirbelstromseparator, Hochspannungsscheider
1. Abtrennung von Stor- und Schadstoffen Die Abtrennung von Abfallkomponenten, die den Verfahrensablauf und die Transportfahigkeit in den Fordersystemen beeintrachtigen, sind elementare Bestandteile der mechanischen Aufbereitung. Die erste Storstoffentnahme findet im Anlieferungsbereich statt. Sie werden manuell und durch Ladegerate aussortiert. In der mechanischen Aufbereitung erfolgt cine systematische Storstoffabtrennung vorwiegend tiber Siebstufen, Sortierstationen und Metallscheider. Grobe und sperrige Abfallbestandteile werden vor der Aufgabe in nachgeschalteten Aufbereitungs- und Behandlungsstufen zerkleinert, um die Transportfahigkeit in den Fordersystemen zu gewahrleisten; Gebinde (z.B. verschlossene Mtillsacke) werden durch den Zerkleinerungsvorgang geoffnet. Den Forderungen nach weitestgehender Fremdstofffreiheit bei organischen Bodenverbesserern und Diingemitteln macht cine intensive Fremdstoffelimination bei der Bioabfallverwertung unumganglich. Sie erfolgt bei trockenen Aufbereitungsverfahren in der Regel durch manuelle Aussortierung vom Sortierband aus dem gesamten Stoffstrom oder aus dem mit Storstoffen angereicherten Siebtiberlauf in einer gesonderten Sortierstation. Nasse Verfahren nutzen das Schwimm-Sink-Prinzip, vereinzelt auch in Verbindung mit Siebschnitten. Grobe Schwerstoffe (z.B. Glasscherben, Steine, Ne-Metalle und Fe-Metalle) werden nach einem Stoff-
580
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
losungs-ZAnmaischprozess tiber die Schwerstoffschleusen am Boden der Aufbereitungsbehalter abgezogen. Aufschwimmende grobe Storstoffe (z.B. Kunststoffe, Textilien, Holz) werden tiber so genannte Leichtstoffrechen abgezogen oder durch spezielle nasse Siebstufen abgetrennt (siehe auch Abbildung 7-7). 2. Stoffstromauftrennung vor der biologischen Behandlung Die Stoffstromauftrennung erfolgt mit dem Ziel, spezielle Abfallkomponenten abzutrennen, um sie unterschiedlichen nachgelagerten Verwertungs- und Behandlungsverfahren zuzufiihren. Bei MBA-Verfahren werden insbesondere die heizwertreichen Komponenten abgeschieden und der thermischen Behandlung und/oder energetischen Verwertung zugeftihrt. Die Fe- und Ne-Metall-Scheidung erfolgt mit dem Ziel der Metallverwertung und der Schadstoffentfrachtung des Materials. Einzelne Behandlungskonzeptionen sehen eine Inertstoffscheidung vor, mit der Zielsetzung der Verwertung, der Entlastung nachgelagerter Verfahrensstufen und der Steigerung der Produktqualitat der verbleibenden Reststoffe far thermische Verwertungs- und Behandlungsprozesse. Insbesondere bei der Bioabfallverwertung, vereinzelt auch bei der Restabfallbehandlung, wird eine Auftrennung der biologisch abbaubaren Fraktion in einen Stoffstrom Anaerobprozess und einen Stoffstrom Aerobprozess vorgenommen. Bei der Bioabfallverwertung findet eine Stoffstromtrennung zusatzlich als Hilfsmittel fiir die Storstoffentnahme statt. Verschiedene Methoden der Storstoffentnahme sehen z.B. eine Abtrennung der storstoffangereicherten Grobfraktion vor, um diese separat zu konfektionieren (Abbildung 7-3). 3. Aufbereitung fiir den biologischen Behandlungsprozess Die Aufbereitung far den biologischen Behandlungsprozess ist far Verwertungs- und Behandlungsverfahren gleichermaBen von Bedeutung. Wesentliche Funktion der Konfektionierung ist die Schaffung optimaler Abbaubedingungen. Folgende Konfektioniemngsschritte sind der Vergarung vorzuschalten: • Zerkleinerung zur Verbesserung des Materialaufschlusses und der Transportfahigkeit, • Einstellung des gewtinschten Nahrstoff- und Wassergehaltes, • Homogenisierung. Es wird nach trockenen und nassen Aufbereitungsverfahren unterschieden.
7.4 Anlagen-und Verfahrenstechnik Bioabfalle
Griinabfalle
und nicht zerkleinerungsbedurftige Grunabfalle
zerkleinerungsbedurftig
Aniieferung
Aniieferung
Sichtung und grobe Storstoffauslese
Sichtung und grobe Storstoffauslese
Siebung 60-100 mm Kiassierung, Homogenisierung
Grobfraktion
Fe-Scheidung
581
^ — • Storstoffe
Sortie rstat ion
> Storstoffe
Zerkleinerung < 30 - 40 mm
Vergarung (trockene| Prozessfiihrung)
Entwasserung
Feststoffe
Aufbereitung/ Konfektionierung
I Abwasserbehandlung
Kompostierung
Abb. 7-3. Schematische Darstellung des Verfahrensablaufes bei der Bio- und Griinabfallvergarung - Beispiel trockenes Verfahren
Trockene Aufbereitung Die trockene Aufbereitung besteht im Wesentlichen aus den Verfahrensschritten Siebung und Zerkleinerung und kommt bei trockenen Anaerobverfahren zum Einsatz. Der Fermenterinput wird bei trockenen Anaerobverfahren auf KomgroBen von maximal 30-40 mm eingestellt. Dies erfolgt durch kombinierte Sieb- und Zerkleinerungsschritte. Die Siebung trennt Stoffe unterschiedlicher KomgroBen in die durch die Siebweite vorgegebenen KomgroBenklassen. Bei der Siebung von Abfallgemischen kann neben der Klassiemng nach der KorngroBe auch gleichzeitig eine Sortiemng nach Stoffen erfolgen, sofem sich bestimmte Stoffarten in eingegrenzten Komklassen aufhalten. Somit ist die Siebung auch zur Stoffstromtrennung verwendbar. Bei Verwertungs- und Behandlungs-
582
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
verfahren mit integrierter Vergarung sind vorwiegend Trommelsiebe im Einsatz. Trommelsiebe konnen als die klassischen Siebaggregate in der Abfallaufbereitung bezeichnet w^erden. In der mechanischen Aufbereitungsstufe fur Haus- und Geschaftsmtill liegen die verwendeten Siebschnitte ftir unzerkleinerte Abfalle in der Regel zwischen 100 und 150 mm (siehe auch Abbildung 7-4). [Gew.%]
Abb. 7-4. KomgroBenverteilung Resthaus- und Geschaftsmull bei Einsatz unterschiedlicher Zerkleinerungsaggregate Ftir vorzerkleinerte Abfalle wird haufig ein Siebschnitt bei 80-100 mm gewahlt (Tabelle 7-10). Bei trockenen anaeroben Verfahren erfolgt die Aufbereitung in der Regel in mehreren Sieb- und Zerkleinerungsstufen. Der Einsatz einer Siebung mit einem Siebschnitt von 40 mm unmittelbar vor der Vergamngsstufe erlaubt den Verzicht auf einer zweiten Zerkleinerungsstufe. Die Kenntnis tiber die KomgroBenverteilung im Ausgangsmaterial und die Wirkung verschiedener Zerkleinerungsaggregate auf die KomgroBenverteilung in den einzelnen Abfallfraktionen sowie tiber ausgewahlte verwertungs- und behandlungsspezifische chemisch-physikalische KenngroBen ist Gmndvoraussetzung fiir die Ausgestaltung der Aufbereitungsstufe zur Stoffstromtrennung vor der Vergamng. Fiir Hammermtihlen, Schneckenmtihlen und Kugelmtihlen liegen belastbare Daten vor. Kenndaten fur ausgewahlte Fraktionen aus den Haus- und Geschaftsmtill werden nachfolgend dargestellt. Die vollstandigen Ergebnisse sind Fricke et al. 2002b
7.4 Anlagen-und Verfahrenstechnik
583
zu entnehmen. Die Fraktion Organik befindet sich bereits unzerkleinert tiberwiegend in den unteren KomgroBen. Im Unterkom <80 mm sind 80 % der Organik zu finden (Abbildung 7-5) Nach der Zerkleinerung reichem sich bei alien Untersuchungen tiber 80 % der Organik in der Kornfraktion <40 mm an. Durch die Zerkleinerung mit der Kugelmtihle konnte die Organikfraktion vollstandig in die Fraktion <80 mm tiberftihrt werden. Im unzerkleinerten Zustand finden sich ca. 20-30 % der Fraktion Papier/ Pappe im Uberkom >150 mm, ca. 60-70 % im tJberkom >80 mm und tiber 80 % im Uberkom >40 mm. Die Gesamtfraktion wird durch Zerkleinemng in der Kugelmtihle in die Fraktion <80 mm tiberftihrt, immerhin knapp 80 % befinden sich in der Kornfraktion <40 mm. Ahnlich hohe Zerkleinemngswirkungen sind durch die Hammermtihle zu erzielen. Tabelle 7-10. Geeignete Siebschnitte bei der Aufbereitung von Bioabfall, Restmtlll aus Haus- und Geschaftsmtill (HGM) Ziel imzerkleinerter Bioabfall vor der Biologic - aerob zerkleinerter Bioabfall vor der Biologic - anaerob, trockene Prozessfiihrung Bioabfall nach der anaerobcn und aeroben Bchandlung unzerkleincrtcr Restmtill aus HGM vor Biologic - aerob vorzerklcinerter Restmull aus HGM vor der Biologic - aerob vorzerklcinerter Restmull aus HGM vor der Biologic -anaerob Restmull aus HGM nach der Biologic
Storstoffabtrennung, Homogenisicmng Storstoffabtrennung und KomgroBenbegrenzung Storstoffabtrennung und KomgroBenbegrenzung Abtrennung der heizwertrcichen Fraktion und Storstoffe libcr Grobkom Abtrennung der heizwertrcichen Fraktion und Storstoffe tiber Grobkom Abtrennung der nicht vergarbaren Komponcnten und Storstoffe tiber Grobkom Abtrennung heizwcrtreicher Bcstandteile tiber Grobkom (Anfordemngen aus AbfAblV)
geeigneter Siebschnitt 70-100 mm 30-40 mm
8-25 mm 100-150 mm
80-100 mm
30-40 mm
40-60 mm
Die Menge an OTSbio im Restabfall setzt sich aus den biologisch abbaubaren Anteilen unterschiedlicher Fraktionen zusammen. Dazu zahlen insbesondere Ktichen- und Gartenabfalle, Papier/Pappe, Windeln und Kartonverbundverpackungen. Der OTSbio-Gehalt im unzerkleinerten Zustand ist in alien Siebfraktionen gleich (Abbildung 7-6). Durch die Zerkleinemng findet eine deutliche Massenanreicherung in den Unterkomfraktionen statt. In verstarktem MaBe trifft dies ftir die Kornfraktion <40 mm zu. In den groBeren Kornklassen wird der OTSbio durch die Fraktionen Windeln und
584
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
Papier bestimmt, in den kleineren Komklassen besteht er hauptsachlich aus der nativen Organik. [Gew.-% FS]
100'
Abb. 7-5. KomgroBenverteilung der Fraktion Organik beim Einsatz unterschiedlicher Zerkleinerungsaggregate Mengenanteil (Gew.% FS)
oTS-bio (Gew.% TS
100%
80%
40%
f 40%
20%
f 20%
< 80 mm
< 40 mm
oTS-bio-Gehalt E^ffl Restabfall unzerkl. [ZZH Hammermuhle 1 = ^ Rottetrommel EZZa Walzenmuhle-QuarzbichI -Walzenmuhle-QuarzbichI -Hammermuhle -A—Rottetrommel Mengenanteil - Restabfall unzerkl.
Abb. 7-6. OTSbio-Gehalt und Mengenanteil im Unterkorn verschiedener Kornfraktionen
7.4 Anlagen-und Verfahrenstechnik
585
Nasse Aufbereitung Nasse Verfahren zur Aufbereitung und Konfektionierung kommen vor nassen Vergamngsstufen zum Einsatz. Die Behandlung unterhegt folgenden Zielsetzungen: • Stoffstromauftrennung in Schwimm- und Sinkstoffe sowie Fltissigphase, ggf Klassierung der Sinkstoffe nach KomgroBen, • Aufschluss durch Friktion und Einstellung des gewtinschten Wassergehaltes, • Uberfiihrung der fur die Vergarung nutzbaren Organik in eine pumpfahige Maische, • Abtrennung anaerob abbaubarer Substanzen durch eine Kombination von Hydrolyse, mechanischer Aufbereitung und Perkolation/ Auswaschung. Bei nassen Verfahren erfolgt die Konfektionierung vorwiegend in Pulpem/ Stofflosem. In der jiingeren Vergangenheit wurden zur Stoffstromtrennung und Konfektionierung Perkolationsaggregate eingesetzt. Hierbei handelt es sich um Verfahren, die physikalische und biologische Prozesse miteinander verbinden, sie werden daher im Kapitel 7.4.3.4 Verfahrenskonzepte beschrieben {ISKA®-Perkolationsverfahren, IMK-Verfahren). Der Pulper/ Stoffloser kombiniert die Verfahrensschritte Zerkleinerung, Anmaischen und Klassieren. Der Stoffloser selbst erfullt die Funktionen des Zerkleinems und des Anmaischens, gleichzeitig erfolgt eine Schwimm-Sink-Trennung. (Abbildung 7-7). Das Aggregat stammt ursprtingHch aus der Altpapieraufbereitung und wurde dem Eingangsmaterial angepasst. Zunachst als Batchverfahren konzipiert, arbeitet das Verfahren mittlerweile auch semi-kontinuierlich. Zuerst werden Prozesswasser und Abfallstoffe in den Behalter eingeflillt, sodass eine Suspension mit ca. 5-12 % Trockensubstanz entsteht. Die Prozesswasserzudosierung hierfiir ist variabel einstellbar und flir das jeweilige Inputgemisch anpassbar. Durch einen kontinuierlich mit hoher Drehzahl laufenden Rotor wird das eingefullte Abfallgemisch in eine flieBfahige Suspension iiberfiihrt, Scherbeanspruchung ausgesetzt, intensiv durchmischt und in der wassrigen Phase aufgeschlossen. Durch die zentrisch unten am Behalter angeflanschte Schwerstoffschleuse werden die schweren Storstoffe (Steine, Glasscherben, Metalle usw.) abgezogen. Nach einer bestimmten Auflosezeit wird der gesamte Behalterinhalt in eine mechanische Nachbehandlungsstufe eingetragen. Sie trennt die aus dem Stoffloser gewonnene Rohsuspension in eine vergarbare Suspension und in verschiedene Reststofffraktionen. Die Rohsuspension flieBt durch ein stehendes zylinderformiges Sieb. Innerhalb des Siebes verbleiben die
586
7 Vergarung von Bio- iind Restabfallen
Teile, die groBer als die Sieblochung (ca. 15 mm) sind. Zur Unterbindung von Verstopfungen dreht sich zentrisch ein Siebrotor, ahnlich einer Schnecke, der das Sieb frei raumt. 1st die Suspension abgeflossen, wird durch Zugabe von Waschwasser die im Sieb verbliebene Storstofffraktion (Siebgut) gewaschen. Das Waschwasser kann anschlieBend wieder als Prozesswasser fur den Mtillaufloser verwendet werden. Nach dem Waschvorgang erfolgt ein Pressvorgang, indem durch den Siebrotor das Siebgut gegen die Riickwand gedriickt wird. Danach wird ein Schieber an der Rtickwand geoffnet und das Siebgut aus dem Multisorter ausgeworfen. Ein an der tiefsten Stelle des Multisorters angebauter Wendelforderer fordert iiber einen weiteren Wendelforderer abgesetzte Teilchen in einen Container. Anti;ieb ^ntrie Prozesswasser (M)
Lagerung
Stoffloser LMC
Z^,
Waschwasser
Dispergierscheibe Auslassschieber
Schwerstoffschleuse
Schwerteilwendelforderer
Auslassschieber
Abb. 7-7. Abfall-Nassaufloser und Siebaggregat, Maschinenbau Lohse GmbH, Heidenheim-Oggenhausen, Anlage in Ischgl, Osterreich
7.4.3 Vergarung 7A.3.1 Systematik Die Vergarung kann prozesstechnisch nach folgenden Verfahrensmerkmalen untergliedert werden (siehe auch Abb. 7-8): Trockensubstanzgehalt des dem Reaktor zugeftihrten Materials, Prozesstemperatur,
7.4 Anlagen-und Verfahrenstechnik
587
• Prozessfuhrung, • Stofffluss. Trockene und nasse Prozessfuhrung Die Vergarungsverfahren werden je nach Trockensubstanzgehalt im Reaktorzulauf in nasse und trockene Verfahren unterghedert. Trockenverfahren arbeiten bei Trockensubstanzgehalten von 20-40 %. Feststoffgehahe oberhalb 40 % ftihren zu Abbauhemmungen infolge von Wassermangel, ebenso kann durch hohe Konzentrationen fltichtiger Fettsauren Prozessinstabilitaten hervorgerufen werden. Bei den Nassverfahren wird durch die Zugabe von Prozesswasser das Substrat auf einen Trockensubstanzgehah unterhalb von 15 % angemaischt, sodass eine pump- und rtihrfahige Suspension entsteht. Der Bereich zwischen 15 und 20 % Trockensubstanz wird als SemiTrockenvergarung bezeichnet, spielt aber in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle. Nassverfahren weisen gegenliber den Trockenverfahren Vorteile in folgenden Bereichen auf: • • • •
Verwendung konventioneller Forder- und Mischtechnik, giinstigere Substratdurchmischung im Fermenter, giinstigere Warme- und Stoffaustauschbedingungen, erleichterte Gasfreisetzung.
Als nachteilig sind folgende Aspekte zu nennen: • GroBere Stoffstrome ftihren zu hoherer Durchsatzleistung, Apparate und Maschinen miissen entsprechend groBer ausgelegt werden, • deutlich groBere Behaltervolumen ftir Speicherung und Vergarung. Die GroBenordnung der Abwasserstrome von Nass- und Trockenverfahren sind ahnlich, falls durch Verfahrensschritte kein zusatzliches Wasser in den Prozess eingebracht wird. Die Hohe der Abwassermenge wird - bei gleichem OTS-Abbau - bestimmt durch den Wassergehalt des Input-Materials und den angestrebten Wassergehalt nach der Anaerobstufe. Ersterer wird vorgegeben durch den Abfallrohstoff und ist daher nicht verfahrensspezifisch. Der angestrebte Wassergehalt nach der Vergarung wird bestimmt durch die Entwasserbarkeit des Garrestes und die Anforderungen, die sich aus der weiteren Behandlung, in der Regel die Nachkompostierung, ergeben. Die hier geforderten Wassergehalte liegen, je nach Materialstruktur, zwischen 50 und 60 %.
588
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
Mesophile und thermophile Prozessfiihrung Ahnlich wie bei aeroben Prozessen, sind unterschiedliche Organismen fiir den Abbau verantwortlich, deren Art, Leistungsfahigkeit und spezifische Aufgaben von der Prozesstemperatur abhangig ist. Bei den mikrobiellen Prozessen existieren drei eng umgrenzte Temperaturbereiche, in denen die jeweiligen Organismen ihr Leistungsoptimum aufweisen: • psychrophiler Temperaturbereich • mesophiler Temperaturbereich • thermophiler Temperaturbereich
<25°C, 30-37°C, 50-60°C.
Die psychrophile Garung ist in den hiesigen Breitengraden von untergeordneter Bedeutung. Langsame Abbauvorgange und der damit verbundene groBe Bedarf an Behaltervolumen lassen diese Verfahren in der Regel als nicht wirtschaftlich erscheinen, ausgenommen vorhandene Behaher konnen genutzt oder mitbenutzt werden. Die thermophile Prozessfiihrung fiihrt gegentiber der mesophilen Prozessfiihrung zu hoheren Abbauraten. Die hohere Prozesstemperatur fiihrt ebenso zu einer verbesserten mikrobiellen Verfiigbarkeit fetthaltiger Substrate und damit zu einer hoheren Gasausbeute und bei einer ausreichend langen Verweilzeit ebenfalls zu einem hoheren Hygienisierungsgrad. Der erhohte thermische Energiebedarf thermophiler Prozesse stellt in der Regel gegentiber einer mesophilen Betriebsweise keinen realen Nachteil dar, da die tiberschtissige Warme lediglich unter speziellen von dem Anlagenstandort abhangigen Randbedingungen nutzbar ist. Die mesophile Prozessfiihrung ist demgegentiber durch eine hohere Prozessstabilitat gekennzeichnet, da eine hohere mikrobielle Artenvielfalt vorliegt und die Hemmwirkung von Ammoniumstickstoff aufgrund des geringeren Anteils hemmend wirkendem fieien Ammoniak geringer ist (Weiland 2001). Der vergleichsweise breite Temperaturkorridor fiir den thermophilen anaeroben Abbau von 50-60 °C basiert u.a. auf Ergebnissen, die bei der Restabfallvergarung ermittelt wurden (Fricke et al. 1999). Einstufige und zweistufige Prozessfiihrung Der anaerobe Abbau organischer Substanzen lauft in vier aufeinander ft)lgenden Schritten ab, an denen verschiedene Mikroorganismen beteiligt sind: • • • •
Hydrolyse, Versauerung, Acetatbildung und Methanisierung.
7.4 Anlagen-Lind Verfahrenstechnik
589
Bei einstufigen Verfahren laufen alle Abbauschritte in einem Behalter ab und die Bedingungen konnen nicht an die spezifischen Milieuanfordemngen der verschiedenen am Abbau beteiligten Mikroorganismen angepasst werden. Der simultane Ablauf der Abbauschritte bedingt daher eine erhohte Gefahr fur Prozessinstabihtaten. Besonders die Vergarung von leicht abbaubaren Abfallstoffen kann zu einer Anreicherung von Versauemngsprodukten ftihren, die eine Hemmung des Prozesses hervorrufen. Ebenso weisen einstufige Prozesse eine hohere Gefahrdung einer Ammoniakhemmung auf, da die Moglichkeit einer Adaption der Mikroorganismen an hohere Konzentrationen weitgehend fehlt. Einstufige Verfahren werden sowohl als Nass- als auch als Trockenverfahren angeboten und konnen mesophil sowie thermophil betrieben werden. Die im Vergleich zum zweistufigen Verfahren pro Zeiteinheit geringere Abbauleistung kann durch eine langere Aufenthaltszeit im Reaktor kompensiert werden. Die Aufenthaltsdauer betragt je nach Verfahren zwischen 15 und 30 Tagen. Zweistufige Verfahren trennen den Hydrolyseschritt und die einsetzende Bildung niedermolekularer Sauren von der Methanisierung. Die Trennung der Abbauschritte eroffnet bei zweistufigen Verfahren die Moglichkeit, die Prozessbedingungen den jeweiligen Milieubedingungen der Mikroorganismen anzupassen, ftihrt jedoch zu einem erhohten apparativen und baulichen Aufwand (Tabelle 7-11). 1st eine Abtrennung der Feststoffe zwischen dem Hydrolyse- und Methanreaktor vorgesehen, wird ein weiterer Entwasserungsschritt notwendig. Die Abtrennung der Feststoffe bietet aber die Moglichkeit, kompakte Hochleistungsreaktoren einzusetzen. Hochleistungsreaktoren bieten den Vorteil, aufgrund hoherer erzielbarer Raumbelastung durch Rtickhaltung oder Fixierung der Mikroorganismen, ktirzere Verweilzeit und dadurch geringere Reaktorvolumen zu realisieren. Die Aufenthaltsdauer betragt zwischen 4 und 20 Tagen. Tabelle 7-11. Milieuanforderungen bei der Vergarung biogener Roh- und Reststoffe(Weiland2001) Einflussgrofie Temperatur pH-Wert C:N-Verhaltnis Feststoffgehalt Redox-Potenzial NahrstoffbedarfC:N:P:S Spurenelemente
Hydrolyse/Versauerung 25-35 °C 5,2-6,3 10-45 < 40 % TS +400 - -300 mV 500 : 15 : 5 : 3 keine spez. Ansprilche
Methangarung mesophil: 32-42 °C thermophil: 50-58 °C 6,7-7,5 20-30 < 30 % TS < -250 mV 600 : 15 : 5 : 3 essentiell: Ni, Co, Mo, Se
590
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
Die Berucksichtigung der mikrobiologischen Gmndlagen, wie beispielsweise der sequentielle Abbau organischer Verbindungen unter anaeroben Bedingungen und die spezifischen Milieubedingungen der beteiligten Mikroorganismen fiihren zu einer Vielzahl moglicher Verfahrensvarianten. Die in der Praxis bevorzugt angewandten Verfahrensvarianten sind schematisch in Abbildung 7-8 dargestellt. mesophil Methanisierung bei 30-37°C
^ 'r Trockenverfahren 20 bis 40 % TS
V
T
Nassverfahren 5 bis 15%TS
^ 'r
1r
einstufig
thermophil Methanisierung bei 50-60°C
einstufig
T
zweistufig
T
Trockenverfahren 20 bis 40 % TS
T
einstufig
Abb. 7-8. Typisierung von Vergarungsverfahren nach deren Prozessfuhrung
7,4,3.2 Reaktorsysteme Ein Kriterium ftir die Einteilung der anaeroben Reaktoren und Verfahrenstechniken ist die Art der Biomasseanreicherung und -riickhaltung. Die Reaktoren werden unterteih in • Reaktoren ohne Biomasseanreicherung und • Reaktoren mit Biomasseanreicherung durch - eine Abtrennung und Riickfuhrung, - eine Bereitstellung von Aufwuchsflachen und - eine Aggregation der Biomasse beispielsweise in Form von Pellets und Flocken. Die verschiedenen Anaerobreaktoren, differenziert nach der Art der Durchmischung, enthalt Tabelle 7-12. Voll durchmischte Reaktoren als Ausschwemmreaktoren ohne eine Bakterienrtickhaltung sind unter Beriicksichtigung der Generationszeiten der am anaeroben Abbauprozess beteiligten Mikroorganismen auszulegen. Ausschwemmreaktoren werden zumeist bei der Verwertung von Substraten mit einer ausreichenden Versorgung mit aktiver Biomasse eingesetzt, wie beispielsweise in landwirtschaftlichen Biogasanlagen zur Vergarung von Rinder- und Schweinefliissigmist. Reaktoren nach dem Pfropfstromprinzip werden ausschlieBlich bei der Trockenvergarung (z.B. Bioabfall und Restabfall) eingesetzt, da bei
7.4 Anlagen-iind Verfahrenstechnik
591
Nassverfahren eine Vermischung des Reaktorinhaltes aufgrund des wassrigen Garsubstrates nicht vermieden werden kann. Schlamm-, Fest-, Schwebe- und Wirbelbettreaktoren sind Hochleistungsreaktoren und werden tiberwiegend als Methanreaktor in zweistufigen Vergarungsverfahren eingesetzt, da aufgrund der Biomassefixierung und -ruckhaltung hohe Abbaukapazitaten erreicht werden konnen. Die anaeroben Verfahrenstechniken sind in Tabelle 7-13 beschrieben. Tabelle 7-12. Charakterisierung anaerober Reaktoren (erweitert nach ATV 1990) Reaktorbezeichnung durchmischter Reaktor Pfropfstromreaktor Schlammbettreaktor Festbettreaktor Schwebebettreaktor Wirbelbettreaktor
Durchmischung mechanisch, hydraulisch, Gasumwalzung mechanisch, Gasumwalzung hydraulisch hydraulisch, auf- oder abwarts gerichtete Durchstromung hydraulisch hydraulisch, Gasumwalzung
Tabelle 7-13. Beschreibung anaerober Verfahrenstechniken (ATV 1990) Verfahrenstechnik Ausschwemmreaktor Pfropfstromreaktor
Bionnassekonzentrationsverhaltnis im Reaktor geringe Unterschiede geringe Unterschiede
Kontaktreaktor (anaero- geringer Gradient angebes Belebungsverfahstrebt Schlammbettreaktor
ausgepragte Konzentrationsgradient
Festbettreaktor
stark unterschiedlich
Schwebebett- und Wirbelbettreaktor^^
geringe Unterschiede
Biomasseanreicherung, -abtrennung ohne externe Abtrennung und RiJckfuhrung externe Abtrennung und RiJckfuhrung interne Abtrennung und RiJckfuhrung, Aggregation, die Abscheidung aggregierten Schlammes ist ebenfalls integriert Aufwuchs auf unbeweglichem Tragermaterial Aufwuchs auf beweglichen Tragermaterial, Abtrennung und Ruckfuhrung intern und extern
Biomassewachstum suspendiert suspendiert, oberflachenfixiert suspendiert
suspendiert, Pellets (aggregierter Schlamm)
oberflachenfixiert, suspendiert (im Idealfall untergeordnet) oberflachenfixiert. suspendiert (untergeordnet)
7.4.3,3 Substraterwarmung Anaerobprozesse weisen im Gegensatz zu Aerobprozessen eine ausgesprochen geringe biogen-exotherme Warmetonung auf, sodass zur Einstellung der Prozesstemperatur in technischen Vergarungsanlagen eine Substraterwarmung erforderlich ist. Die praxisrelevanten Prozesstemperaturen liegen im mesophilen (30-37 °C) und thermophilen Bereich (50-60 °C). Die erforderliche thermische Prozessenergie wird in der Kegel durch die Nutzung des Biogases in Blockheizkraftwerken (BHKW) zur Verfiigung ge-
592
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
stellt. Die Auskopplung der Nutzwarme erfolgt zumeist als Heizwasser aus der Motor- und Abgaswarme des BHKW auf einem Temperatumiveau von 85-95 °C. Nutzwarme steht aufgrund der standortspezifischen Rahmenbedingungen zumeist an den Anlagenstandorten wegen fehlender anderweitiger Nutzungsmoglichkeiten in ausreichendem MaBe zur Verfdgung, sodas s eine Warmeriickgewinnung und eine optimale Warmedammung der Reaktoren nicht zwingend erforderlich sind. Nutzwarme auf einem hoheren Temperatumiveau kann durch die separate Nutzung der mit etwa 420460 °C anfallenden Abgase der Verbrennungsmotoren realisiert werden. Etwa 35-40 % der thermischen Nutzwarme wird aus der Abgaswarme gewonnen. Das Temperatumiveau von 85-95 °C ist fixr die Bereitstellung der Prozesswarme ausreichend. Weitergehende Anfordemngen an die Produkthygiene, wie beispielsweise die Hygienisiemng von Gastronomie- und Kantinenabfallen bei 70 °C iiber eine Stunde, lassen sich ebenso bei diesem Temperatumiveau verwirklichen. Die Verarbeitung von Abfallen, die nach dem Tierkorperbeseitigungsgesetz zu sterilisieren sind, erfordert jedoch zusatzliche technische Aufwendungen. Das erforderliche Temperatumiveau von 133 °C ist iiber die Zeitdauer von mindestens 20 Minuten aufrecht zu erhalten und bedingt Betriebsdriicke von 3 bar in der Sterilisationseinheit. Dieses Temperatumiveau kann durch die Nutzwarmeauskopplung aus dem Ktihlkreislauf von Standard-BHKW nicht mehr direkt erreicht werden. Die Sterilisation kann durch die Einspritzung von Dampf direkt in das Material oder durch die Aufheizung des Materials an einer Warmetibertragerflache erfolgen (ATV 2003). Die Auswahl des Warmetibertragers ist wesentlich von der Art und den stofflichen Eigenschaften des Substrates abhangig. In der anaeroben Abfallbehandlung werden bevorzugt Doppelrohr- und Spiralwarmetibertrager eingesetzt, in Einzelfallen auch Plattenwarmetibertrager. Die Warmetibertragungskoeffizienten verschiedener Warmetibertrager sind in Tabelle 7-14 dargestellt. Doppelrohr-Warmeiibertrager weisen aufgmnd der niedrigeren Warmetibertragungskoeffizienten gegentiber Spiral-Warmetibertragem eine wesentlich groBere Bauform und dadurch einen hoheren Flachenbedarf auf. Die einfache Bauweise kann jedoch zu Kostenvorteilen fuhren. Spiralwarmetibertrager sollten bei Einsatz zur Erwarmung von Abfallsuspensionen mit Kanalhohen von 25-50 mm ausgeftihrt werden, auBerdem sind Distanzstifte in den produktseitigen Kanalen zu vermeiden, da es dort zum Aufbau von Pfropfen durch Faserstoffe kommen kann (Langhans 2000b).
7.4 Anlagen- und Verfahrenstechnik
593
Tabelle 7-14. Warmedurchgangszahlen fiir Warmeilbertragertypen (Produkt Heizwasser) unter Betriebsbedingungen (Langhans 2000a) Doppelrohr-Warmeiibertrager Spiral-Warmeiibertrager DoppelmantelleitrohrWarmetlbertrager 1 Platten-Warmeiibertrager
k-Wert in W/Cm^-K) 250-700 800-1100 100-150 (reaktorintegriert)
1
800-1000
1
Bio- und Restabfalle neigen zur Bildung von Verkrustungen auf Warmetibertragungsflachen, die durch einen mehr oder weniger hohen Wartungsund Reinigungsaufwand entfernt werden mtissen. Die Verschmutzungen sind daher bei der Dimensionierung als Fouling-Faktor zu beriicksichtigen. Die Warmetibertragungskoeffizienten konnen hierdurch auf bis zu 50 % des theoretischen Wertes reduziert werden. Die Verbesserung der Wartungsfreundlichkeit und die Verlangerung der Standzeit steht bei verschiedenen Sonderanfertigungen von Warmetibertragem im Vordergrund. So kommen beispielsweise umlaufende Btirsten fur die produktseitige Reinigung konzentrischer Warmetibertragungsflachen zum Einsatz. Die Einbaumoglichkeiten bei solchen Systemen sind allerdings eingeschrankt, sodass nur eine problemspezifische Analyse uber einen sinnvollen Einsatz entscheiden kann (ATV 2003). Die Vorwarmung des Gargutes wird bei Nass- und Trockenverfahren bevorzugt mit vorweg platzierten Warmetibertragem realisiert (Abbildung 7-9). Die Vorwarmung des Gargutes bei Trockenverfahren erfolgt in einigen Verfahren durch die Injektion von Dampf in das Material. Der Dampf wird hierbei gleichzeitig als Verdtinnung des Gargutes zur Einstellung des notwendigen Trockensubstanzgehaltes genutzt. Ein Verzicht auf eine Vorwarmung kann durch die Nutzung der Eigenerwarmung aerober Prozesse erreicht werden. Hierfiir wird der Abfall gezielt in einem Speicher beliiftet und der Aerobprozess in Gang gesetzt. Eine genaue Einstellung der erforderlichen Prozesstemperatur ist hierdurch jedoch nur beschrankt moglich. Der Ausgleich von Abstrahlungsverlusten erfolgt zumeist durch innenund auBenliegende Warmeiibertrager (Abbildung 7-10). Die Warmeiibertrager sind bei Reaktoren in Stahlbauweise durch innen oder auBen aufgeschweiBte Heizschlangen realisiert, wahrend die Heizrohre bei Reaktoren in Betonbauweise zumeist in der Behalterwand eingegossen werden. Innenliegende Warmeiibertrager konnen als Leitrohr mit Doppelmantel ausgefiihrt werden, der vom Prinzip einem Doppelrohrwarmetauscher entspricht. Eine weitere Moglichkeit besteht darin, den Reaktorinhalt iiber einen auBenliegenden Warmeiibertrager gemeinsam mit dem Reaktorzulauf zu erwarmen.
594
7 Vergarung von Bio- imd Restabfallen Dampf-lnjektion
ZulaufwarmeiJbertrager
Abfall •
®-
-Ablauf
itzfciS^
Dampf—i>*
Zulauf biologische Aufwarmung
Abfall
n
Abluft I
7iiliiff—^
-L
fe#
(M>
->—Feststoff
(M>
-•-Ablauf
Abb. 7-9. Schematische Darstellung der Moglichkeiten zur Erwarmung des Reaktorzulaufes auRenliegender Warmeiibertrager im Bypass
innenliegender WarmeiJbertrager (Leitrohr mit Doppelmantel)
-* •^—Ablauf —•
i
Zulauf-
^ - • — Ablauf
4-
auRenliegender Warmeiibertrager (Heizrohre)
->
Zulauf-
i^ki—d
•*—
Ablauf
Abb. 7-10. Schematische Darstellung der Moglichkeiten zum Ausgleich der Abstrahlungsverluste In der Praxis werden haufig Mischformen der beschriebenen Systeme verwendet. Die alleinige Erwarmung des Garsubstrates im Zulauf macht eine Uberhitzung des Inputs erforderlich, sodass der Warmeinhalt die Abstrahlungsverluste des Garreaktors ausgleicht. Die Warmeiibertragungsleistung
7.4 Anlagen- und Verfahrenstechnik
595
muss in Abhangigkeit der zyklischen Dosiermenge festgelegt werden, da aus verfahrenstechnischen Grlinden vielfach eine quasikontinuierliche Beschickung erfolgt. Die Warmetibertragungsleistung kann entsprechend kleiner ausgelegt werden, wenn der Warmetibertrager kontinuierlich im Bypass betrieben wird. Die Warmertickgewinnung aus dem Ablauf der Vergarungsstufe ist nur in einem begrenzten Umfang moglich, sodass wegen der nur unvollstandig moglichen Rtickgewinnung zur Erwarmung des Substrates und zum Ausgleich der Abstrahlungsverluste tiber die Reaktorwand eine zusatzliche Erwarmung des Substrates erforderlich ist. Der erste Substrat beaufschlagte Warmetibertrager erfordert hierbei einen hoheren Wartungsaufwand. Eine energetische Bilanzierung ist ftir die Auslegung des Warmeeintragssystems unverzichtbar. Der erforderliche Prozesswarmebedarf setzt sich aus der thermischen Energie zur Erwarmung der Substrate auf die Faulraumtemperatur und den Ausgleich von Verlusten zusammen: (^gesamt
VSubstraterwamiung "•" VVerluste
Die Substraterwarmung und der Ausgleich von Verlusten ist auch im Fall extremer Temperaturverhaltnisse, absehbarer saisonaler und langfristiger Schwankungen in der Zusammensetzung und Menge der Abfalle sowie eine gewisse Reserve zum Ausgleich von Verschmutzungseinfltissen der Warmetibertrager sicherzustellen. Die Berechnung des Warmebedarfs lediglich mit durchschnittlichen Jahreswerten kann daher zu Engpassen in der Prozesswarmebereitstellung ftihren. Die Substrate sind auf die erforderliche Prozesstemperatur zu erwarmen, in der Regel auf mesophile oder thermophile Temperaturen. Die erforderliche Warmemenge wird neben dem Anlagendurchsatz vorwiegend von der Temperaturdifferenz zwischen der Substrateingangstemperatur und der Faulraumtemperatur und der spezifischen Warmekapazitat der Substrate bestimmt (siehe auch Tabelle 715). VSubstraterwarmung
I^Susbtrat ' Cp^Substrat * v'^Reaktor
^SubstratJ
Mit zunehmendem Wassergehalt des Materials wird die Warmekapazitat durch den Wasseranteil bestimmt, sodass ftir Nassverfahren mit einem Trockensubstanzgehalt von ca. 5 bis 15 % im Reaktorzulauf die Warmekapazitat von Wasser ftir die Berechnungen genutzt werden kann. Die Warmekapazitat des Reaktorzulaufes bei Trockenverfahren ist auf Grund des hoheren Trockensubstanzgehaltes von 30 bis 35 % geringer.
596
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
Tabelle 7-15. Spezifische Wannekapazitaten verschiedener Stoffe bei einer Temperatur von 20 °C (Kranert 1988, Jescha et al. 1990) Material
Warmekapazitat c Material
rkj/ckg-K)i Wasser Holz -Buche -Eiche -Tanne Papier Leder (trocken)
4,19 2,0 2,4 2,7 1,2, 1,47 1,5
Warmekapazitat c [kJ/(kg-K)l Polyathylen 2,30 Polyvinylchlorid (PVC) 0,96 1,42 Hartgummi Faulschlamm 1,13-1,26 Schlammkompost 1,2 0,65 Kompost aus Schweinemist Mtlllkompost 1,15
Die erforderliche thermische Energie zur Erwarmung des Substrates bei einem Nassverfahren auf eine Faulraumtemperatur von 35 °C betragt etwa 41 kWh/Mg, auf eine Faulraumtemperatur von 55 °C hingegen etwa 64 kWh/Mg. Wird das Substrat mit Prozesswasser aus dem Reaktorablauf angemaischt, stellt sich eine Maische mit einer entsprechenden Mischungstemperatur ein. Die Mischungstemperatur kann je nach Prozesswasseranteil bei ca. 30 bis 60 % der Faulraumtemperatur liegen und ftihrt zu einer erhebliche Reduzierung des thermischen Energiebedarfs (Langhans 2000). Die Verluste setzten sich aus mehreren Anteilen zusammen, wie Abstrahlungsverlusten liber die Reaktorwand, Warmeverluste liber das produzierte Biogas und diffuse Verluste liber Rohrleitungen und Behalter, wie beispielsweise Behalter zur Zwischenlagerung von Prozesswasser zum Anmaischen der Abfalle. ({Verluste '
cReaktorabstrahlung
(CBiogas
+ Q,diffus
Die Abstrahlungsverluste liber die Reaktorwandung werden insbesondere durch die Geometric des Reaktors, den Wandaufbau und der Art der eingesetzten Materialien bestimmt. Ohne eine genaue Kenntnis der Reaktorgeometrie konnen die Abstrahlungsverluste als Warmedurchgang durch eine ebene Platte gemaB der Formel Q = k • A • (T3] Reaktor "
1^,Umgebung.
abgeschatzt werden. Der Warmedurchgangskoeffizient k berechnet sich gemaB der Formel
7.4 Anlagen- und Verfahrenstechnik
597
Die Wanddicken s werden durch den Aufbau der Reaktorwand bestimmt, wahrend die Warmeleitkoeffizienten X eine stoffspezifische Eigenschaft der verwendeten Materialien sind. Die Warmeleitkoeffizienten konnen im Allgemeinen fur kleine Temperaturdifferenzen wie bei Vergamngsverfahren als konstant angesehen werden. Die Warmetibergangskoeffizienten a[ und aa bezeichnen den konvektiven Anteil des Warmedurchgangs und werden daher durch den Stromungszustand des fluiden Garmaterials im Reaktorinneren und Umgebungsluft beeinflusst. Ein wesentlicher Warmeverlust erfolgt iiber das produzierte Biogas. Die aus dem System durch das Biogas ausgetragene Warmemenge setzt sich zusammen aus dem Warmetransportvermogen des trockenen Biogases und der Verdampfungsenthalpie des Wasserdampfanteils, der bei der Prozesstemperatur und dem Prozessdruck durch das Biogas im Sattigungszustand ausgetragen wird: VBiogas
I^Biogas, trocken * v^p,Biogas ' ^Biogas ' ^H20 * tloampf/
Die spezifische Warmekapazitat des Biogases lasst sich aus den spezifischen Warmekapazitaten der beiden Hauptkomponenten Kohlendioxid und Methan unter Berticksichtigung der Temperaturabhangigkeit und der Konzentrationen der einzelnen Komponenten abschatzen (Langhans 2000). Eine Reduzierung der Warmeverluste wird durch eine Minimierung des Warmedurchgangskoeffizienten k erreicht. Verfahrenstechnisch wird dies durch Isolation des Behalters mit einem Material mit moglichst geringer Warmeleitfahigkeit wie beispielsweise Dammmaterial (Stein-, Glaswolle etc.) realisiert. 7.4.3.4 Verfahrenskonzepte Im folgenden Kapitel werden die relevanten Verfahren der Rest- und Bioabfallbehandlung dargestellt. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Vergarungstechnik. Andere Verfahrensschritte werden nur erlautert, wenn diese eine verfahrensspezifische Besonderheit darstellen und sich hierdurch Unterscheidungsmerkmale gegentiber anderen Verfahren ergeben. Die Beschreibung erfolgt in Anlehnung an das Verfahrensmerkmal Trocken- und Nassvergamng. Die Perkolationsverfahren nehmen aufgrund der Materialvorbehandlung eine Sonderstellung ein und werden daher als eigenstandige Verfahren aufgeftihrt. Eine Zusammenstellung ausgewahlter Betriebsund Prozesskenndaten der Verfahren zur Bioabfallverwertung und Restabfallbehandlung ist in Kapitel 7.8 wiedergegeben.
598
7 Vergamng von Bio- und Restabfallen
Trockenvergarung Die Aufbereitung und Konditionierung der Rest- und Bioabfalle erfolgt bei den Trockenverfahren verfahrensunabhangig tiberwiegend durch eine Zerkleinerung, Klassierung und S tors toffentfrachtung. Verfahrensbedingt konnen bei der Trockenvergarung zwei grundsatzlich unterschiedliche Verfahrenskonzeptionen eingesetzt werden. Die Trennung der verschiedenen an dem Abbau der organischen Substanzen beteiligten Mikroorganismen wird bei den quasi-volldurchmischten Reaktoren nicht vorgenommen, wahrend bei dem Pfropfstrom- bzw. Plug-Flow-Prinzip die Ausbildung einer Hydrolyse- und Versauerungszone sowie einer Methanisierungszone angestrebt wird. Trotz der Viskositat des Materials und der Art der Durchmischung ist zu vermuten, dass Kurzschlussstromungen und Riickvermischungen auch bei Pfropfstromverfahren nicht vollstandig unterbunden werden. Die Prozessstabilitat von Pfropfstromverfahren wird durch die Rtickfiihrung aktiver Biomasse in den Reaktorzulauf gesteigert. KOMPOGAS- Verfahren Bioabfalle werden bei dem KOMPOGAS-Verfahren vorzerkleinert bzw. auf KomgroBen < ca. 80 mm gesiebt, einer Fe-Scheidung unterzogen und in einer zweiten Zerkleinerungsstufe mit einer Schneidscheibenmtihle auf eine KomgroBen <40 mm konfektioniert und in einem Zwischenbunker gespeichert (Abbildung 7-11). Grobzerkleinerung
WJ —• Storstoffe —• Fe-Metalle
X Q O
/Feinzerkleinerung
> Feststoff *• Uberschuss-
Abb. 7-11. Schematische Darstellung des KOMPOGAS-Verfahrens fur die Verarbeitung von Bioabfallen Die Speicherkapazitat ist auf einen Zeitraum von ca. drei Tagen ausgelegt und ermoglicht eine kontinuierliche Beschickung der Vergamng auch tiber das Wochenende. Eine gezielte aerobe Hydrolyse wird nicht vorgenom-
7.4 Anlagen- und Verfahrenstechnik
599
men. Die aufbereiteten Bioabfalle werden mit Prozesswasser auf einen Trockensubstanzgehalt zwischen ca. 25 und 30 % angemaischt und mittels Feststoffpumpen quasi-kontinuierlich in den Reaktor eingetragen. Der liegende Reaktor arbeitet nach dem Pfropfstrom- bzw. Plug-Flow-Prinzip (Abbildung 7-12). Ein axial angeordnetes Rtihrwerk durchmischt das Garsubstrat im Reaktor. Zusatzlich soil hiermit eine bessere Gasfreisetzung bewirkt und die Bildung von Schwimmschichten unterbunden werden. Die anaerobe Behandlung des Substrates erfolgt ausschlieBlich bei thermophilen Temperaturen zwischen ca. 55 und 58 °C. Der Reaktorzulauf wird in Doppelrohr-Warmetibertragem erwarmt, wahrend die Abstrahlungsverluste tiber eine Reaktorbeheizung ausgeglichen werden. Die Verweilzeit im Reaktor betragt etwa 15-20 Tage. Der Reaktorablauf wird teilweise zur Animpfung des Inputmaterials mit aktiver Biomasse ruckgeftihrt. Das iiberschtissige Material wird in einer zweistufigen Entwasserung mittels Siebschneckenpresse und Dekanter behandelt und der Dekanterablauf teilweise zur Anmaischung der Abfalle genutzt. Die weitergehende Aufreinigung des Prozesswassers erfolgt in der Regel unter Zuhilfenahme von Flockungshilfsmitteln, wodurch der Trockensubstanzgehalt des Abwassers auf unter 2 % reduziert wird (Hiittner et al. 1998). Erfahrungen liegen ftir Bio- und Restabfalle vor.
8>-
Pressentwasserung Rezirkulation
Abb. 7-12. Schematische Darstellung eines horizontal ausgefiihrten Pfropfstromreaktors (Beispiel KOMPOGAS-Fermenter) LINDE-BR V- Verfahren Die aufbereiteten Abfalle werden bei dem LINDE-BRV-Verfahren ebenfalls in einem Zwischenpuffer gespeichert und nach einer Feinkalibrierung auf eine KomgroBe <30 mm kontinuierlich der Vergarung zugefuhrt. Die Aufenthaltszeiten im Zwischenbunker betragen ca. 2-4 Tage. Der Zwischenpuffer wird gezielt beliiftet und zur aeroben Hydrolyse des Materials
600
7 Vergarung von Bio- iind Restabfallen
genutzt. Der aerobe Abbau fiihrt dariiber hinaus zu einer Eigenerwarmung des Materials, sodass auf eine Erwarmung des Reaktorzulaufes mittels Warmeiibertrager verzichtet wird. Die Beschickung des Reaktors erfolgt mit einer Fermenterdosierschnecke, die einen vergleichsweise schonenden und verschleiBarmen Materialeintrag in den Reaktor gewahrleistet. Die Einstellung des Trockensubstanzgehaltes von ca. 30 % wird durch die Zudosierung von Prozesswasser in den Eintragsbereich erreicht. Die Dosierschnecke fordert das angemaischte Substrat in den Reaktor. Die Abdichtung des Reaktors wird durch den standig im Forderrohr verbleibenden Pfropfen sichergestellt. Die Reaktoren werden in der Regel in Betonbauweise als liegende Garreaktoren gefertigt (Abbildung 7-13). vorbeh. FeinAbfall zerkleinerer
Abb. 7-13. Schematische Darstellung des LINDE-BRV Reaktors Das Substrat durchstromt den liegenden Reaktor in Langsrichtung als quasi-kontinuierlicher Pfropfstrom ahnlich dem KOMPOGAS-Verfahren. Die mittlere hydraulische Verweilzeit betragt etwa 21 Tage. Der Reaktor ist mit mehreren quer angeordneten Rtihrwerken mit Rixhrpaddeln ausgestattet. Die Drehrichtung der Rtihrwerke ist zur Vermeidung einer Forderung gegenlaufig und wird periodisch geandert. Bei der Vergarung von Abfallen anfallende inerte Stoffe wie Steine, Sand und Glas konnen sich im Reaktor absetzen und werden mittels eines Schubbodens zum Reaktoraustrag gefordert und dort entnommen. Das Garsubstrat wird am Reaktoraustrag durch mehrere tiber die Reaktorhohe angeordnete Absaugrohre mittels Vakuumsystem entnommen. Die Rohre am Reaktorboden werden fur die Entnahme der durch den Schubboden geforderten Sedimente genutzt. Der Garrest wird entwassert und nachkompostiert (Rindelaub et al. 2001). a W.S.-DRANCO-Verfahren Bei dem DRANCO-Verfahren wird zur Aufbereitung von Bioabfallen zunachst eine manuelle Storstoffabtrennung vorgenommen. AnschlieBen erfolgt eine Zerkleinerung und Siebung auf KomgroBen <40 mm (Abbildung
7.4 Anlagen- und Verfahrenstechnik
601
7-14). Auf der MBA Kapiteltal Kaiserslautern ist vor der Vergarungsstufe eine Kugelmiihle platziert, mit der die zu vergarenden Restabfalle aufbereitet werden. Der Siebunterlauf gelangt nach einer Fe-Scheidung in eine Dosiereinheit, mit deren Hilfe Anlieferungsschwankungen aufgefangen werden. Eine gezielte aerobe Hydrolyse findet nicht statt. In einem Mischer wird das Material auf einen Trockensubstanzgehalt von ca. 25-35 % angemaischt und mit Hilfe einer Kolbenpumpe mit Vorpresseinrichtung in den Reaktor eingetragen. Die Vergarung wird ausschlieBlich im thermophilen Temperaturbereich betrieben, wobei die Erwarmung des Materials durch die Zugabe von Sattdampf erfolgt.
Bioabfall
- • Storstoffe
K
-•Fe-Metalle
Fe-Scheldung
- ^ Siebuberiauf Kompostierung Deponiegas
Endschwefelung
Fackel - • Biogas
Beladungs-
.
. Feststoff Kompostierung -•Abwasser
Abb. 7-14. Schematische Darstellung des DRANCO-Verfahrens flir die Verarbeitung von Bioabfallen Die Reaktoren werden als stehende zylindrische Behalter in Betonbauweise erstellt. Die Entnahme des Materials erfolgt am konisch ausgefiihrten Boden des Reaktors, wahrend die angemaischten Abfalle und das rezirkulierte Material am Reaktorkopf zugefiihrt werden, sodass das Material den Reaktor nach unten durchstromt. Die hydraulische Verweilzeit betragt etwa 20-30 Tage. Durch den groBen Umwalzstrom bei dem Substrateintrag wird der Reaktorinhalt innerhalb zweier Arbeitstage umgewalzt, es liegt
602
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
somit eine quasi-volldurchmischte Betriebsweise vor. Die Entwasserung des Garrestes erfolgt mittels Siebschneckenpressen unter Zugabe von Flockungshilfsmitteln. VALORGA-Verfahren Das VALORGA-Verfahren weist in der Aufbereitung der Abfalle Ahnlichkeiten mit dem DRANCO-Verfahren auf. Die Abfalle werden zunachst zerkleinert, auf eine KomgroBe <40 mm abgesiebt und die Feinfraktion dem Reaktor nach Anmaischung auf TS-Gehalte von 25 bis 35 % mit einer Feststoffpumpe in den Reaktor gefordert. Die Erwarmung des Garsubstrates erfolgt sowohl durch die Erwarmung des Prozesswassers fiir die Anmaischung als auch durch Eindosierung von Sattdampf in den Reaktor. Ausgeflihrt sind die Reaktoren als stehende zylindrische Betonbehalter (Abbildung7-15). Biogas
Zufluss
GaseindiJsung
Abb. 7-15. Schematische Darstellung eines vertikal ausgefiihrten Pfropfstromreaktors (Beispiel VALORGA-Fermenter) Eine Besonderheit des Reaktors stellt die Mittelwand im Reaktor dar, die liber etwa 2/3 des Reaktorsdurchmessers verlauft. Sie trennt den Ein- und Austrittsbereich des Garmaterials, wodurch Kurzschlussstromungen vermieden werden sollen. Das Garmaterial wird somit zu einer horizontalen kreisformigen Forderrichtung gezwungen, sodass das System als Pfropfstromverfahren angesehen werden kann. Die Durchmischung des Reaktorinhaltes erfolgt ohne mechanische Einbauten durch ein pneumatisches System. Periodisch wird Biogas im Kreislauf unter einem Druck von bis zu ca. 10 bar liber Dlisen am Reaktorboden vertikal eingepresst und auf diese
7.4 Anlagen- und Verfahrenstechnik
603
Weise eine effektive Durchmischung angestrebt. Die Betriebsweise erfolgt wahlweise mesophil oder thermophil, mit hydraulischen Verweilzeiten zwischen etwa 14 und 28 Tagen. Ohne den Einsatz mechanischer Fordereinrichtungen werden die Garreststoffe mittels Schwerkraft ausgetragen. Die Entwasserung ist zweistufig und besteht zumeist aus Siebschnecken- und Bandfilterpresse. Bei Bedarf wird eine Abscheidung feiner Inertstoffe aus dem Prozesswasser durch Hydrozyklone (Sandabscheidung) und Zentrifugen durchgeflihrt (Fa. Steinmuller-Rompf 1998). Nassvergarung Anwendung finden sowohl ein- als auch zweistufige Nassverfahren. Zweistufige Systeme eroffnen, neben der Einstellung der spezifischen Milieubedingungen der Mikroorganismen, die Moglichkeit, Feststoffe nach der Hydrolyse abzutrennen und nur die Fltissigphase dem Methanreaktor zuzuftihren. Die Abtrennung der Feststoffe ermoglicht den Einsatz von Hochleistungsreaktoren zur Vergarung der fliissigen Phase, wahrend die Reaktoren einstufiger Verfahren in der Regel als volldurchmischte Behalter ausgeflihrt sind. Ziel ist es, eine Erhohung der aktiven Biomasse zu erreichen, da Methanbakterien vergleichsweise hohe Generationszeiten aufweisen (Dellweg 1987). Die Riickhaltung bzw. Rtickflihrung von konzentriertem Schlamm in den Methanreaktor ermoglicht es, die mittlere Aufenthaltszeit der Mikroorganismen gegeniiber der hydraulischen Verweilzeit (HRT) des Substrates zu erhohen und somit die Stoffumsetzungsrate zu beschleunigen. Grundlegende Voraussetzung flir eine Betriebsweise mit Hochleistungsmethanreaktoren ist die effektive Trennung von Schlammund Wasserphase. Charakteristisch flir Nassverfahren ist der Einsatz von Aufl^ereitungsverfahren mit einer Leicht- und Schwerstoffabtrennung. Im Wesentlichen kommen hierbei Pulper oder Stoffloser zum Einsatz, in denen durch Zugabe von Prozesswasser die grob zerkleinerten Abfalle in Losung gebracht werden. Die Abtrennung der Storstoffe erfolgt aufgrund des Dichteunterschiedes. Einstufige Nassvergarung mit und ohne Fest-ZFliissigtrennung WABIO- Verfahren (Einstufiges
Nassverfahren)
Grob zerkleinerte Bioabfalle werden bei dem WABIO-Verfahren zunachst abgesiebt, die Feinfraktion <50 mm in einen Aufbereitungsbehalter zusammen mit einer vortemperierten Prozesswasservorlage eingebracht und durch ein Rtihrwerk homogenisiert, bis eine Suspension mit einem Trockensubstanzgehalt von etwa 15 % erreicht ist (Abbildung 7-16). Schwer-
604
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
stoffe setzen sich wahrend der Homogenisierung ab und werden aus dem Aufbereitungsbehalter entnommen, organische Anhaftungen mittels einer Waschvorrichtung abgetrennt und in den Prozess zuruckgefiihrt. Mit Hilfe einer Paddelvorrichtung werden Leichtstoffe abgeschopft und ausgetragen (Oesterschlink 2001). Die Suspension wird kontinuierlich iiber Drehkolbenpumpen der Vergarung zugeftihrt. Bioabfall
KA/\J>^—•Schnecken muhie
1
1
Storstoffe/ *' Leichtstoffe
Trommelsieb (50 mm)
- > Storstoffe/ Schwerstoffe Aufbereitungsbehalter
Frischmaterial
Prozesswasserbehalter
m
Zwischenbehalter
Hygenienisierungsbehalter —• Prozessiiberschu!
^ ^ Schneckenpresse
entwasserter ""*' Garriickstand (Kompostierung)
Abb. 7-16. Schematische Darstellung des WABIO-Verfahrens fiir die Verarbeitung von Bioabfallen Der Reaktor wird im mesophilen Temperaturbereich betrieben bei einer hydraulischen Verweilzeit von ca. 14-20 Tagen. Mittels eines pneumatischen Rtihrsystems wird die Suspension durchmischt. Hierzu wird verdichtetes Biogas tiber einen Diisenring am Behalterboden eingepresst und eine elliptische, vertikale Schlaufenstromung induziert. Eine Zonenbildung unterschiedlicher Materialzusammensetzung, die zu einer Versauerung des Fermenterinhaltes ftihren kann, soil durch die homogenisierende Wirkung der Schlaufenstromung unterdriickt werden. In einem Behalter wird die vergorene Suspension - TS ca. 10 % - bei 70 °C iiber eine Stunde hygienisiert und anschlieBend mittels Siebschneckenpresse unter Zugabe von Flockungshilfsmitteln entwassert (WeiBenfels 1994). BTA-Verfahren (Einstuflges Nassverfahren) Bioabfalle aus der getrennten Sammlung werden vorzerkleinert - Restabfalle gelangen in eine Trommelsiebung, in der die heizwertreiche Fraktion abgetrennt wird. In der sich anschlieBenden Nassaufbereitung in einem Stoffloser (BTA-Abfall-Pulper) werden Schwer- und Leichtstoffe ausge-
7.4 Anlagen- und Verfahrenstechnik
605
schleust. Unter Zugabe von Prozesswasser wird eine pumpfahige Maische im Pulper mit ca. 10-12 % TS erzeugt und tiber einen Siebboden (Lochung 8 mm) abgezogen. Die Leichtstoffe werden durch einen Rechen abgeschopft, wahrend die Schwerstoffe durch eine Schleuse aus dem Stoffloser entnommen werden. Um die nachfolgenden Aggregate vor hoher Abrasion, Sedimentation und Verstopfungen zu schiitzen, wird die Suspension einem so genannten BTA-Grit-Abscheider (Hydrozyklon) zugeflihrt - hier werden kleinkomige Inertstoffe entfemt (Abbildung 7-17). Grobzerkleinerung
Y Q
O /
Fe-Scheidung
n^?f
—• Schwere und leichte Storstoffe Sandabscheidung
Stoffloser/Pulper
—• Biogas
Biogasreaktor
. Feststoff (Aerobe Nachbehandlung)
Prozesswasserspeicher
—• Uberschusswasser (Fliissigdiinger Abwasserbehandlung)
Abb. 7-17. Schematische Darstellung des einstufigen BTA-Verfahrens fiir die Verarbeitung von Bioabfallen Eine Zwischenspeicherung der Suspension zur kontinuierlichen Beschickung des Reaktors wird bei Bedarf vorgenommen. Bei dem Reaktor handelt es sich um ein volldurchmischtes System, das bevorzugt pneumatisch durch Einpressen von Biogas liber Gaslanzen schlaufenfl)rmig durchmischt wird. Die Methanisierung wird vorwiegend im mesophilen Temperaturbereich betrieben mit hydraulischen Verweilzeiten zwischen 15 und 20 Tagen. Zweistufige Nassvergarung mit und ohne Fest-ZFliissigtrennung LINDE-KCA-Verfahren (Zweistufiges Nassverfahren) Als Beispiel fiir ein zweistufiges Nassverfahren ohne Abtrennung der Feststoffe nach der Hydrolyse wird das Linde-KCA-Verfahren dargestellt. Die aufl3ereiteten Abfalle werden in einem Stoffloser/Pulper einer Nassaufbereitung unterzogen (siehe Kapitel 7.4.2). Die von Schwer- und Leichtstoffen befreite Suspension weist einen Trockensubstanzgehalt von ca. 9 % auf
606
7 Vergamng von Bio- und Restabfallen
und wird in ein Hydrolysebecken geleitet (Abbildung 7-18). Hier findet in einem Zeitraum von 1-3 Tagen unter mesophilen Betriebsbedingungen die Versauerung und Hydrolyse statt. In Abhangigkeit vom Substrat konnen optional durch eine Beltiftung aerobe Verhaltnisse (intermittierende Hydrolyse) eingestellt werden. Das Hydrolysebecken ist zur Homogenisierung mit Ruhrvorrichtungen ausgertistet. Das vorversauerte Substrat wird anschlieBend mittels einer selbstschneidenden Pumpe auf eine KomgroBe von 5 mm zerkleinert und quasi-kontinuierlich in den Methanreaktor gefordert. LINDE KCA-Verfahren
Prozesswasser Leicht/Storstoffe > Biogas
^ — • Garreststoffe >• Uberschusswasser >. Schwerstoffe
Abb. 7-18. Schematische Darstellung des LINDE-KCA-Verfahrens Der Reaktor ist mit einem Leitrohr versehen (Schlaufenreaktor), das als Doppelmantelrohr ausgeftihrt ist und als Warmetibertrager genutzt wird. Die Durchmischung des Reaktorinhaltes erfolgt pneumatisch durch die Einpressung von Biogas in das Leitrohr. Das mittig im Leitrohr zugefuhrt Biogas steigt auf und reiBt Substrat aus dem Rohrinnenraum nach oben, sodass eine vollstandige Durchmischung des Reaktorinhaltes gewahrleistet wird. Die Zufiihrung der Suspension erfolgt am Reaktorkopf, die Garrestentnahme am Reaktorboden. Unterhalb des Leitrohres sinken die mineralisierten Bestandteile der Suspension aufgrund der geringeren Stromungsgeschwindigkeiten ab und konnen dort abgezogen werden. Der Reaktorboden ist mit einer um etwa 10° geneigten Bodenflache ausgestattet, sodass durch den „Teetasseneffekt" das Sediment zum Zentrum verschoben wird und hierdurch signifikante Sedimentschichten vermieden werden konnen (Langhans 1996). Die Vergamng wird in Abhangigkeit von Substrat sowohl mesophil als auch thermophil betrieben bei hydraulischen Verweilzeiten von ca. 16 Tagen.
7.4 Anlagen- und Verfahrenstechnik
607
BTA-Verfahren (Zweistufiges Nassverfahren) Das BTA-Verfahren wird beispielhaft flir ein zweistufiges Nassverfahren mit einer Feststoffabtrennung nach der Hydrolysestufe dargestellt (Abbildung 7-19). Die Aufbereitung der Abfalle erfolgt in der gleichen Weise wie beim einstufigen Verfahren. Die zwischengespeicherte Suspension wird entwassert und die Fltissigphase einer Methanisierungsstufe zugefiihrt, wahrend die Feststoffe mit Fltissigkeit versetzt und dem mesophil betriebenen Hydrolysereaktor zugefiihrt werden. Abfall
Grobzerkleinerung • I \ O O y
Fe-Scheidung >
Schwer- und Leichtstorstoffe
>- Hydrolyserest Kompostierung
> Abwasseraufbereitung
Abb. 7-19. Schematische Darstellung des zweistufigen BTA-Verfahrens mit Abtrennung der Feststoffe nach der Hydrolysestufe Bei dem Hydrolysereaktor handelt es sich um einen volldurchmischten Behalter, der vorzugsweise mit einem pneumatischen Mischsystem ausgestattet ist. Die suspendierten Feststoffe verbleiben etwa vier Tage in der Hydrolysestufe, ehe sie emeut entwassert und aus dem Prozess ausgeschleust werden. Die mit hydrolysierten Stoffen angereicherte Fltissigphase wird einem im Upflow-Modus betriebenen Festbettreaktor, ausgestattet mit einer losen Fiillkorperschtittung, zugefiihrt. Die Methanisierung erfolgt bei mesophiler Temperatur mit Verweilzeiten von ca. zwei Tagen. Eine pneumatische oder hydraulische Durchmischung des Systems wird nicht vorgenommen.
608
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
Perkolationsverfahren Das Perkolationsverfahren besteht aus einer aeroben Vorbehandlung, der Perkolation und einer nachgeschalteten Vergarung. Das Verfahrenskonzept der Perkolation geht auf ein bereits 1978 von Gosch beschriebenes zweistufiges, zweiphasiges biologisches Verfahren zum schnelleren Abbau von organischen Substanzen in Reaktordeponien zurtick. In der ersten Stufe v^ird der feste Abfall einer anaeroben Hydrolyse unterworfen. Die entstehenden loslichen Abfallprodukte werden von der zugegebenen wassrigen Phase aufgenommen und anschlieBend einem Fermenter zugeftihrt. Das Verfahren wurde u.a. von Rijkens (1981) und Hoffenk et al. (1985) mit organischen Abfallen (Gemiise und Friichte, Schlachtereiabfalle, Mist etc.) weiterentwickelt und optimiert. Es wurde zweimal im industriellen MaBstab umgesetzt als sog. AN-Verfahren in Ganderkesee, mit dem ca. 3.000 Mg/a Bioabfalle behandelt werden, und in Breda als PrethaneRudad-Verfahren, mit dem Gemuseabfalle behandelt werden. Wellinger und Suter (1986) sowie Widmer et al. (1985) fiihrten in den 1980er Jahren weitere Versuche zum zweistufigen, zweiphasigen Abbau von organischen Abfallen (Festmist, Markt- und Schlachthofabfalle) durch. Dabei konnte die Extraktionsleistung der Perkolationsstufe und dementsprechend der Biogasertrag durch eine Beltiftung des Perkolationsreaktors sowie durch Einbau eines Riihrwerks deutlich erhoht werden. In Laborversuchen und Versuchen im halbtechnischen MaBstab zeigten Wellinger und Widmer (1998) die gmndsatzliche Anwendbarkeit des Perkolationsverfahrens auch ftir Restabfalle. 1997 wurde eine erste mobile Demonstrationsanlage mit einer Jahreskapazitat von 500 Mg in Ravensburg installiert. Als Beispiel fur ein Perkolationsverfahren wird das ISKA®-Perkolationsverfahren und das IMK-Verfahren erlautert. ISKA ^ -Perkolationsverfahren Bei dem als Demonstrationsanlage auf der Deponie Sansenhecken, Neckar-Odenwaldkreis, umgesetzten ISKA®-Perkolationsverfahren handelt es sich um eine zweistufige Anlage mit vorgeschalteter mechanischer Aufbereitung. Die zunachst fur eine Behandlungskapazitat von 25.000 Mg/a ausgelegte Anlage wird zurzeit auf eine Verarbeitungsmenge von 150.000 Mg/a ausgebaut. Der Abfallinput besteht aus Gesamtmtill, eine getrennte Biomiillsammlung wird im Neckar-Odenwaldkreis nicht durcligefiihrt. In der mechanischen Aufoereitung v/erden Abfallgebinde in einem SackaufreiBer geoffnet und anschlieBend iiber ein Trommelsieb (Siebschnitt 140 mm) in eine heizwertreiche Grobfraktion und eine mit abbaubarer Organik angereicherte Feinfraktion getrennt (Abbildung 7-20). Die
7.4 Anlagen- und Verfahrenstechnik
609
Fraktion <140 mm wird liber einen Metallscheider gefiihrt und gelangt anschlieBend direkt in den Perkolationsreaktor. Bioabfall Restmull
__^ - —• ™
'" 1 Sackaufreifler 1 rrrr-trri L n:
Trommelsieb
1
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— , „™„ ^ Prozesswasseraufbereitung
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Sand- L nd Faserabsche der
Anaerobreaktor Uberschuss >
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biogas
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Abluft
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Perkolator
FEMfitalle
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0)
k y
Fasern
Oberlauf
Abb. 7-20. Anlagenschema ISKA^'-Perkolationsanlage fiir die Verarbeitung von Restmull (Anlage Buchen, Odenwaldkreis) Im Perkolator wird das Material durch ein axial angeordnetes Rtihrwerk umgewalzt und durch den Reaktor transportiert. Durch zyklisches Eindtisen von Luft vom Reaktorboden wird das Material im mesophilen Temperaturbereich aerob hydrolysiert, um vermehrt organische Substanzen in die losliche Phase zu tiberfiihren. Quasi-kontinuierlich zugegebenes Waschwasser durchstromt das Material und bewirkt eine Auswaschung der loslichen organischen Substanzen bzw. eine Uberfuhrung der organischen Substanz aus dem Abfall in die fliissige Phase. Nach Durchlauf durch den Perkolator (Retentionszeit 2-4 Tage) wird der Feststoff entnommen und mittels Schneckenpresse entwassert. Das Prozesswasser wird tiber den Siebboden des Perkolators abgeleitet, zusammen mit dem Presswasser aus der Entwasserung einer Sandwasche und Faserscheidung unterzogen und anschlieBend einem nach dem UASB-Prinzip arbeitenden Hochleistungsreaktor zugeftihrt (Abbildung 7-21). Der so genannte Hybrid-Reaktor ist ein stehender Behalter, in den das Prozesswasser am Reaktorboden eingespeist und am Reaktorkopf entnommen wird. Der Reaktor ist eine Kombination aus Schlamm- und Festbettreaktor. Der untere Teil wird als Schlammbett betrieben, wahrend der obere Teil mit einem Festbett ausgeriistet ist. Das Festbett besteht aus einer losen Fiillkorperschuttung. Die Durchmischung des Reaktors erfolgt hydraulisch durch das Umwalzen eines Teilstromes des ausgegorenen Prozesswassers. Der Reaktorinhalt kann ebenfalls pneumatisch durch das Einpressen von Biogas durchmischt wer-
610
7 Vergarung von Bio- iind Restabfallen
den. Die Einpressung von Biogas wird vorwiegend zum Abspiilen tiberschtissiger Bakterienmasse im Festbett eingesetzt. Noch im Presswasser vorhandene Feststoffe werden im Reaktor zuriickgehalten, sodass eine Entkopplung der fliissigen und festen Phase erfolgt. Die inerten Feststoffe werden daher periodisch aus dem System ausgetragen. Die optimale Raumbelastung des Reaktors liegt zwischen 8 und 12 kg CSB/m^-d (mtindliche Mitteilung Wellinger 2003). Der Reaktor wird mesophil betrieben, die Verweilzeit betragt 2-6 Tage. Teilstrome des behandelten Prozesswassers werden direkt als Waschwasser in der Perkolationsstufe eingesetzt. Zur Unterbindung einer StickstoffAnreicherung im Prozesswasserkreislauf mtissen Teilmengen des Prozesswassers vor der emeuten Nutzung einer Entstickung unterzogen werden.
£A Umwalzung
Beschickung Prozesswasser Perkolator
A
h I
B'oaasverwertung
Biogas-Eindiisung
Abb. 7-21. Schematische Darstellung eines Hybrid- Reaktors, einer Kombination aus Schlamm und Festbettreaktor IMK-Verfahren Das IMK-Verfahren wurde bisher nur in der Anlage Herten zur Verarbeitung von ca. 18.000 Mg Bioabfallen angewendet (Abbildung 7-22). Bioabfalle werden durch eine Zerkleinerung, Siebung (Siebschnitt 80 mm) und Fe-Scheidung aufbereitet und einem Hydrolysereaktor zugeftihrt. Mit Prozess- und Brauchwasser wird der Feststoff im Batch-Betrieb gefahrenen
7.4 Anlagen-und Verfahrenstechnik
611
Hydrolysereaktor auf einen Trockensubstanzgehalt von ca. 25 % angemaischt, durch mehrere schrag eingebaute Schnecken umgewalzt und zur Einstellung einer aeroben Hydrolyse intensiv beltiftet. Nach einer Verweilzeit von ca. einem Tag wird das Material mechanisch mit Siebschneckenpressen entwassert und erneut in den Hydrolysereaktor eingebracht. Der Vorgang der Stofflosung wird zweimal wiederholt, ehe der Feststoff der Nachrotte zugefiihrt wird. Vor der Einspeisung in die Methanisierung werden Inertstoffe aus dem Prozesswasser durch einen Hydrozyklon abgeschieden. Beim verwendeten Reaktor handelt es sich um einen voll durchmischten Behalter, der mit seitlich am Reaktorboden angeordneten Propellernihrwerken ausgestattet ist. Die Verweilzeit im mesophil betriebenen Reaktor betragt ca. 10-14 Tage. Die Bakterienmasse wird nach der Methanisierung zur Steigerung der Prozessstabilitat mittels Hydrozyklon abgetrennt und teilweise in den Reaktor zurlickgefuhrt. Verbleibendes Prozesswasser wird zum Anmaischen in die Hydrolyse zuriickgeftihrt, das tiberschtissige Prozesswasser nach einer Abwasserbehandlung an eine kommunale Klaranlage abgegeben. IMK-Verfahren
•• Feststoff (Kompostierung)
> Uberschusswasser (Abwasserreinigung)
•Uberschussschlamm
Abb. 7-22. Schematische Darstellung des IMK-Verfahrens fur die Verarbeitung von Bioabfallen
7.4.4 Konfektionierung nach dem Vergarungsprozess Die Garreste miissen nach dem Vergarungsprozess fiir die weiteren Verwertungs- und Behandlungsprozesse konfektioniert werden. Die Verwertung des Garrestes bei der Bioabfallbehandlung besteht aus
612
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
• direkter Ausbringung auf landwirtschaftliche Flachen oder • der aeroben Nachbehandlung zur Erzeugung eines Fertigkompostes. Eine landbauliche Verwertung des Garrestes aus der Restabfallbehandlung ist nicht moglich. Die Konfektionierung der Garreste aus Restabfallen erfolgt mit dem Ziel, • deponierungsfahige Abfalle nach AbfAblV (Anonym 2001a) oder • Sekundarbrennstoffe fiir die energetische Verwertung zu erzeugen. Die Konfektionierung umfasst folgende Verfahrensschritte: • Entwasserung, • aerobe Nachbehandlung zur Hygienisierung und Erzeugung eines Fertigkompostes, • aerobe Stabilisierung zur Erzeugung deponiemngsfahiger Abfalle nach AbfAblV (Anonym 2001a), • aerobe oder/und physikalische Trocknung zur Erzeugung von Sekundarbrennstoffen, • Feinkonfektionierung.
7AAA Entwasserung Die Entwasserung ist als erster Schritt der Konfektionierung nach dem eigentlichen Vergarungsprozess anzusehen. Dieser Verfahrensschritt ist sowohl bei Trockenverfahren als auch Nassverfahren vorzusehen und gilt fiir die Bioabfallverwertung und Restabfallbehandlung gleichermaBen. Fiir die weiteren Verwertungs- und Behandlungsprozesse sind die Garreste aus Bioabfallen und Restabfallen auf Wassergehalte von ca. <45-50 % zu entwassern. Falls eine aerobe Nachbehandlung des Gargutes vorgesehen ist, konnen bei Zugabe von Stmkturmaterialien auch hohere Wassergehalte akzeptiert werden (siehe auch Kapitel Abwasseremissionen 7.6). Entwasserung von Garresten aus der Trockenvergarung Die Entwasserung erfolgt bei Trockenverfahren aufgrund des Trockensubstanzgehaltes oberhalb von 20 % im Reaktorablauf in erster Linie mittels langsamdrehender Siebschneckenpressen. Der Feststoffanteil im Pressat kann bis zu 15 % betragen, je nach Input in die Vergarungsanlage ggf mit hohen Feinsandbestandteilen. Der Feinsand ftihrt in den nachgeschalteten Aggregaten zu einem tiberhohten VerschleiB, sodass mit Hilfe von Sandabscheideanlagen (z.B. Hydrozyklone) im Anschluss an die Pressentwasserung haufig die Feinsandbestandteile abgeschieden werden. Auf einer Anlage wird die Vakuumsiedetrocknung zur Trocknung von Garresten eingesetzt (Anlage Hopfstadten, Weitersbach). Bei diesem Verfahren er-
7.4 Anlagen-Lind Verfahrenstechnik
613
folgt die Trocknung in Trocknungsbehaltem, ausgestattet mit einer Mantelheizung, in denen ein Vakuum von -0,95 bar herrscht. Bei diesem Druck liegt die Verdampfungstemperatur des Wassers bei 50 °C. Anbackungen und Verklebungen fallen bei diesen Temperaturen geringer aus. Zur Trocknung kann die Abwarme eines BHKW (Blockheizkraftwerks) genutzt werden. Entwasserung von Garresten aus der Nassvergarung Das ausgegorene Material weist bei Nassverfahren aufgrund der intensiven Aufbereitung des Materials im Pulper eine geringe KomgroBe und einen niedrigen Trockensubstanzgehalt von ca. 5-10 % auf. Die Entwasserung erfolgt bei diesen Verfahren daher zumeist mittels Zentrifugen. Die Entwasserung mittels Siebschneckenpressen ist bei mittleren und groberen Komungsgraden >30 mm moglich, jedoch ist hier der Einsatz von Flockungshilfsmitteln erforderlich. Die Nachkompostierung dieser Feststoffe ist unter Umstanden ohne eine Zumischung von Strukturmaterial moglich. 7AA,2 Aerobe Nachbehandlung zur Hygienisierung und Erzeugung eines Fertigkompostes Die landbauliche Verwertung von Bioabfallen ist nur nach einer Behandlung moglich, in deren Verlauf eine seuchen- und phytohygienische Unbedenklichkeit der Produkte erreicht wird. Die Hygieneanforderungen fiir eine Verwertung von Bioabfallen auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich und gartnerisch genutzten Boden werden durch die BioAbfV vorgegeben. Hygieneanforderungen an die Restabfallbehandlung bestehen hingegen nicht. Die Anforderungen der BioAbfV fiir die Behandlung von Bioabfall in Anaerobanlagen umfassen die Einhaltung einer Mindesttemperatur von 55 °C tiber einen zusammenhangenden Zeitraum von mindestens 24 Stunden. Die hydraulische Verweilzeit muss hierbei mindestens 20 Tage betragen. Die Durchfiihrung einer Vorbehandlung des Garrestes bei einer Temperatur von 70 °C tiber eine Stunde oder die Nachrotte des Garrestes wird bei Nichteinhaltung dieser Rahmenbedingungen vorgeschrieben. Die hygienische Unbedenklichkeit der Produkte aus der biologischen Behandlung ist durch mehrere Priifschritte vorzunehmen: • direkte Prozessprlifung, • indirekte Prozessprlifung und • Produktprufung. Die direkte Prozessprlifung erfolgt durch die Einbringung von Test- oder Indikatororganismen zur Uberprlifung der Wirkung des Verfahrens fiir den gesamten Verfahrensablauf Als Testorganismen werden fiir die Prlifung
614
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
der Seuclienhygiene Salmonellen, fur die Priifung der Phytohygiene Kohlhemie, Tabak-Mosaik-Virus und Tomatensamen eingesetzt. Die Testorganismen sollen hierbei mit entsprechenden Priifkorpem durch den Verfahrensprozess geschleust und anschlieBend deren Inaktivierung beurteilt werden. Die direkte Prozessprtifung wird jedoch aufgrund der schwierigen Berticksichtigung der tatsachlichen Stromungsverhaltnisse in den Reaktoren kritisch bewertet. Die indirekte Prozessprtifung sieht die Messung der Temperatur in den ftir die Hygienisierung maBgeblichen Verfahrensschritten der Behandlungsanlage vor. Die Temperaturen sind hierbei arbeitstaglich aufzunehmen und automatisch zu protokollieren. Die Produktpriifung soil die hygienische Unbedenklichkeit der Produkte gewahrleisten und ist daher in regelmaBigen Abstanden vorgeschrieben. Die Priifung erfolgt auf den Nachweis von Salmonellen und keimfahiger Samen oder austriebsfahigen Pflanzenresten. Bei Sicherstellung der Hygienisierung konnen Garreste grundsatzlich ohne aerobe Nachbehandlung der Verwertung zugeftihrt werden. Im Gegensatz zu Kompostprodukten mit Rottegraden zwischen II und III aus der aeroben Behandlung weisen Garreste mit gleichem Rottegrad starke Geruchsemissionen auf - insbesondere hervorgemfen durch Ammoniakverbindungen, die unmittelbar nach Austritt aus dem Fermenter noch im erheblichen Umfang im Produkt enthalten sind. Pflanzenvertragliche Kompostprodukte sind nur mit einer nachgeschalteten Aerobbehandlung zu erzielen. Ftir die aerobe Nachbehandlung von Vergarungsrtickstanden stehen vielfaltige Technologien zur Verfiigung. Einfluss auf die Wahl des geeigneten Verfahrens nehmen folgende Aspekte: • Menge und Zusammensetzung der zu behandelnden Abfalle, • Produktanforderungen, • Flachenverfiigbarkeit, Standortbedingungen und genehmigungsrechtliche Anforderungen, insbesondere die Anfordemngen der TA-Luft (Anonym 2002b) an den Kapselungsgrad. Ftir die heute marktgangigen Verfahren erfolgt die Einteilung nach Baumustem, in der hauptsachlich die Gestaltung des Rotteraumes und die BeItiftung Grundlage der Systematisierung sind (Tabelle 7-16). Die Eignung der verschiedenen Rotteverfahren ftir die Nachbehandlung von Vergarungsriickstanden zeigt Tabelle 7-17. Je nach angestrebtem Reife- bzw. Rottegrad ist cine Nachrotte von 2-6 Wochen erforderlich. Die Nachbehandlung sollte in den ersten ca. 7 Tagen mit aktiver Be- und Entltiftung durchgefiihrt werden, da, bedingt durch den reduktiven Prozess, verstarkt Methan und geruchsintensives Ammoniak freigesetzt werden. Bei einer Durchsatzleistung der Anlagen ab
7.4 Anlagen-und Verfahrenstechnik
615
10.000 Mg/a ist nach TA-Luft die Hauptrotte geschlossen auszufuhren (siehe auch Kapitel 7.5.1). Ftir kurze Behandlungszeiten von 1-3 Wochen in geschlossenen Systemen sind Aerobtechnologien nach Baumuster I und II besonders geeignet. Gmndsatzlich kann die Nachrotte, insbesondere die extensive 2. Phase mit offenen Kompostverfahren, wie z.B. der Mietenkompostierung (Baumuster IV und V), praktiziert werden. Tabelle 7-16. Systematisierung der Kompostierungsverfahren nach Baumuster Baumuster Baumuster I Baumuster Baumuster Baumuster Baumuster Baumuster
II III IV V VI
Verfahren Boxen- und Containerkompostierung Tunnel- und Zeilenkompostierung Rottetrommel Mietenkompostierung - belllftet Mietenkompostierung - unbeliiftet Sonderverfahren
gekapselt gekapselt/eingehaust gekapselt eingehaust/offen eingehaust/offen eingehaust/offen
Tabelle 7-17. Einsatzgebiete der verschiedenen Rottesysteme fur die Nachbehandlung von Garresten Rottesysteme Tafelmietenverfahren Zeilenmietenverfahren Tunnelverfahren Rottetrommelverfahren Brikollareverfahren Offene Dreiecksmietenverfahren
Nachrotte intensiv Nachrotte extensiv Nachrotte (gesamt) (1-6 Wochen) (1-3 Wochen) (3-6 Wochen) -
-
++
+
-
++
++
-
++
+
-
-
+
-
+
-
++
-
7AA.3 Aerobe Stabilisierung zur Erzeugung deponierungsfahiger Abfalle nach Abfallablagerungsverordnung Seit dem 1. Marz 2001 ist die Verordnung tiber die umweltvertragliche Ablagerung von Siedlungsabfallen (Anonym 2001a) in Kraft. Sie definiert Zuordnungskriterien ftir die Beschaffenheit von Siedlungsabfallen vor der Ablagerung und regelt die Ausstattung und Betriebsweise von Deponien. Die relevanten Grenzwerte aus der AbfAblV sind nachfolgend aufgefiihrt:
616
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen Obere Heizwert Ho
< 6.000 kJ/kg TS oder
TOCpeststoff
^ 18%,
AT4 GB21 TOCEiuat
< 5mg 02/g TS Oder <20Nl/kgTS, < 250mg/l.
Bei den Stabilitats- und Eluatparametem hat sich der TOCEiuat ^250 mg/1 als scharfster Grenzwert herauskristallisiert. Bei Unterschreitung des TOCEiuat-Grenzwertes werden demzufolge auch die tibrigen Stabilitats- und Eluatgrenzwerte aus dem Anhang 2 der AbfAblV sicher eingehalten. Die biologische Stabilisiemng wird maBgeblich durch den Abbau der biologisch abbaubaren organischen Substanz (OTSbio) bewirkt. Die Hohe des Abbaus der OTSbio zum Erreichen der geforderten Stabilitatsgrenzwerte aus der AbfAblV liegt zwischen 50 und 65 %. Anaerobe Behandlungsprozesse konnen bei der Behandlung von Restabfallen Abbauraten von ca. 50-55 % erzielen (Tabelle 7-35)). Die Grenzwerte der AbfAblV konnen durch eine alleinige Anaerobstufe nicht sicher erreicht werden, eine aerobe Nachbehandlung ist zwingend erforderlich (Abbildung 7-23). Einstufige trockene Vergarungsverfahren erzielen bei stabiler Prozessftihrung die oben genannten OTSbio-Abbauraten von 50-55 % bei Fermenter-Aufenthaltszeiten von 2-3 Wochen. Mehrstufige Vergarungsverfahren erreichen diese hohen Abbaugrade in ktirzeren Aufenthaltszeiten. Praxisversuche zeigen, dass bei trockenen einstufigen, thermophil betriebenen Vergarungsverfahren mit Aufenthaltszeiten von 2 3 Wochen die Stabilitatskriterien (TOCEiuat ^ 250 mg/1) mit einer Nachrottedauer von ca. 4-6 Wochen realisiert werden konnen (Fricke et al. 2001, Wallmannetal. 2001). Auf Grundlage der Forderungen aus der 30. BImSchV muss die Nachrotte gmndsatzlich in geschlossenen Systemen durchgefiihrt werden. Ausnahmeregelungen sind nach §16 der 30. BImSchV moglich. Die ersten ein bis zwei Wochen der Nachrotte mussen auch bei Erteilung einer Ausnahmeregelung nach §16 der 30. BImSchV geschlossen ausgefuhrt werden (siehe Kapitel 7.5.2). Fiir kurze Behandlungszeiten von 2-3 Wochen in geschlossenen Systemen sind Aerobtechnologien nach Baumuster I und II besonders geeignet. Gmndsatzlich kann die Nachrotte, insbesondere die extensive 2. Phase ( 3 . 6. Woche) mit offenen Kompostverfahren, wie z.B. der Mietenkompostierung (Baumuster IV und V), praktiziert werden. Bei der vergleichsweise langen Gesamtrottezeit von 4-6 Wochen konnen auch eingehauste Tafelmietenverfahren zum Einsatz kommen.
7.4 Anlagen-und Verfahrenstechnik
Vergarung
617
Nachrotte " Linde-BRV; 3 W. Vergarung ' Kogas; 2 Wochen Vergarung "Valorga; 3 Wochen Vergarung
0
1
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16
Rottedauer (Wochen)
Abb. 7-23. Veranderung des TOCEiuat durch die anaerobe und nachgeschaltete aerobe Behandlung von Restabfallen
7AAA Biologische und physikalische Trocknung zur Erzeugung von Sekundarbrennstoffen Anlagen zur Erzeugung von Sekundarbrennstoffen aus Garresten im EntsorgungsmaBstab existieren bisher nicht. Auf Demonstrationsanlagen werden zurzeit Versuche zur Trocknung von Garresten durchgefuhrt. Uberpriift werden biologische und physikalische Verfahren. 7.4.5 Biogasverwertung Der Energiegewinn der anaeroben Bakterien betragt nur etwa 1/20 des Energiegewinns der aeroben Bakterien. Der groBte Teil der Energie der verstoffwechselten Substrate bleibt im Biogas erhalten und steht somit fiir eine Nutzung zur Verfiigung. Die Biogaszusammensetzung und -qualitat hangt sowohl von den eingesetzten Substraten als auch von den Prozessparametem wie Temperatur, Verweilzeit und Raumbelastung ab. Der Methangehalt des Biogases thermophil betriebener Reaktoren ist beispielsweise aufgrund der tiberproportional gegentiber Methan sinkenden Loslichkeit von Kohlendioxid mit steigender Temperatur geringfiigig geringer als der
618
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
von mesophil betriebenen Reaktoren. Die wesentlichen Komponenten sind Methan und Kohlendioxid, jedoch sind auch Spuren von Schwefelwasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff nachweisbar. Typische durchschnittliche Biogaszusammensetzungen von verschiedenen Abfallen sind in Tabelle 718 aufgefuhrt. Tabelle 7-18. Typische Zusammensetzungen von Biogas verschiedener Abfalle und Reststoffe Substrat
Bioabfall Restabfall
Biogaskomponenten
Literaturquelle
CH4
CO2
H2S
[Vol.-%] 57-65 62-74 •^ 65-69
[Vol.-%] 35-43 26-38 35-31
[Vol.-%] <0,05 k.A. (0,07-0,09)^^ 0,40-0,45 0,01-0,02
Fricke et al. 2002 FrickeetaL1993, 2002 Santen et al. 2003
Restabfall31-42 58-69 perkolation Hiittner 1997 0,05-1,0 Fltissigmist 53-69 (80)'^ (15)'^ 30-46 0,001-0,004'^ Tentscher 2002 Klarschlamm 55-65 35^5 Tentscher 2002 45-55 0,005-0,03 Deponiegas"^^ 30^0 ^^ Biogaszusammensetzung der Methanisierung zweistufiger Verfahren ^^ Hochleistungsreaktor, beschickt mit leicht abbaubaren organischen Verbindungen ^^ abhangig von der Abwasserzusammensetzung Konzentrationen bis zu 0,2 Vol.-% moglich 4) Stickstoffgehalte von 5-15 VoL-% moglich
Die im Biogas gespeicherte Energie wird bevorzugt zur Bereitstellung der thermischen und elektrischen Prozessenergie verwendet. Die Energiebereitstellung tibertrifft in der Regel den Energiebedarf der Anlage, sodass elektrische und thermische Energie zu einer anderweitigen Nutzung zur Verftigung steht (siehe Kapitel 7.1.7). Wahrend die iiberschussige elektrische Energie in das offentliche Netz eingespeist werden kann, ist die Nutzung der tiberschussigen thermischen Energie am Anlagenstandort aufgrund der zumeist eingeschrankten Verwertungsmoglichkeiten nur begrenzt moglich. Nutzbare Energie kann als • thermische Energie in Form von Kalte, HeiBwasser oder Dampf und • elektrische Energie bereitgestellt werden. Die haufigste Art der Biogasnutzung ist die Verstromung als Kraft-Warme-Kopplung in speziell hierfiir konzipierten oder modifizierten Motoren. Neben der Aufbereitung des Biogases auf Erdgasqualitat, die bereits Anfang der 1990er Jahre erprobt wurde, befmdet sich der Einsatz von Brennstoffzellen zur effizienteren Nutzung der elektri-
7.4 Anlagen-und Verfahrenstechnik
619
schen Energie in der Erprobungsphase. Die Moglichkeiten der Biogasnutzung zeigt Abbildung 7-24. Biogas
Aufbereitung
Aufbereitung
r- J ,. Erdgasnetz
Kraftstoff
Strom
Aufbereitung
Industriegas ^
Warme
Dampf
Kalte
Abb. 7-24. Moglichkeiten der Verwertung des anfallenden Biogases Abhangig vom Verwertungsverfahren werden unterschiedliche Anforderungen an die Biogasaufbereitung gestellt. Einfluss nehmen auch genehmigungsrechtliche Anforderungen. Die Biogasreinigung setzt sich je nach Verwertungsverfahren aus einer Kombination der folgenden Aufbereitungsverfahren zusammen: • • • •
Entstaubung/Partikelabscheidung, Entfeuchtung/Trocknung, Entschwefelung, selektive Abtrennung von Biogaskomponenten.
Partikel im Biogas konnen zu mechanischen Beschadigungen der Verbrennungsmotoren und Feuerungsanlagen fuhren. Die Abscheidung von mitgerissenen Partikeln und Schaumresten aus dem Reaktor erfolgt zumeist in Kiesfiltem (Grobfilter). Ebenso wird hierdurch eine Vorabscheidung von Kondensat erzielt. Eine weitergehende Staubabscheidung wird tiberwiegend direkt an den Aggregaten vorgenommen. Das Biogas verlasst den Reaktor vollstandig wasserdampfgesattigt. Der Wassergehalt des Biogases hangt von der Gartemperatar im Reaktor ab und betragt fiir mesophil betriebene Anlagen ca. 4 % und fiir thermophil betriebene Anlagen ca. 12 %. In den Rohrleitungen fallt aufgrund der Tau-
620
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
punktunterschreitung Kondensat aus und kann in Verbindung mit Schwefelwasserstoff zu Korrosion ftihren. Das in den Rohrleitungen anfallende Kondensat wird in Kondensatfallen gesammelt und tiber Ablasseinrichtungen abgefuhrt. Die anfallenden Mengen sind gering und konnen in den Prozess zuruckgefiihrt werden. Die Nutzung des Biogases in Brennstoffzellen sowie als Erdgassubstitut und Kraftstoff setzt eine vollstandige Entfeuchtung des Biogases voraus. Durch Ktihlung des Gases auf Temperaturen von etwa 4 °C wird eine nahezu vollstandige Trocknung bewirkt. Nach der Kondensatabscheidung wird das Biogas auf eine Temperatur von 15-20 °C erwarmt. Schwefelwasserstoff und aus der Verbrennung resultierendes Schwefeldioxid wirken in Verbindung mit Kondensat stark korrosiv. Der Schwefelwasserstoffgehalt wird durch die eingesetzten Substrate bestimmt. Die tolerierbaren Schwefelwasserstoffkonzentrationen unterscheiden sich je nach eingesetztem Verwertungsverfahren erheblich. Bei der Verwertung des Biogases in BHKW und Dampf- oder Heizkesseln erfordert erst ab einer Schwefelwasserstoffkonzentration von 0,1-0,15 Vol.-% eine Entschwefelung. Eine Entschwefelung von Biogas aus der Verwertung von Bioabfallen ist aufgrund der geringen Schwefelwasserstoffkonzentration von weniger als 0,05 VoL-% zumeist nicht erforderhch, wahrend sie bei Biogas aus der Restabfallverwertung aufgrund der Schwefelwasserstoffkonzentrationen von bis zu 0,4 VoL-% vorgenommen werden sollte (Tabelle 7-18). Hingegen ist eine vollstandige Entschwefelung fixr die Verwendung des Biogases in Brennstoffzellen sowie als Erdgassubstitut oder Kraftstoff unverzichtbar. Ftir die Schwefelreduktion stehen verschiedene Verfahren zur Verfiigung wie • die Sorption an Eisenhydroxid oder Aktivkohle, • das Einbringen von Eisenschlammen oder Eisen-(II)-chlorid bzw. Eisen(Ill)-chlorid in den Reaktorzulauf, • die biologische Entschwefelung mittels spezieller Bakterien und • die Luftdosierung in den Reaktorraum. Die adsorptive Entfernung des Schwefelwasserstoffs erfolgt an fester Reinigungsmasse. Hierfur werden vor allem mit eisenhydroxidhaltiger Reinigungsmasse oder Aktivkohle gefiillte Kolonnen eingesetzt. Die Entfernung des Schwefelwasserstoffs durch Eisenhydroxid erfolgt durch die Bildung von Eisensulfid nach der Reaktionsgleichung 2 Fe (0H)3 + 3 H2S -^ FcsSs + 6 H2O.
7.4 Anlagen-und Verfahrenstechnik
621
Die Regenerierung der Reinigungsmasse ist in einem gewissen Umfang wahrend des Prozesses durch die Zugabe von Sauerstoff nach der Reaktionsgleichung Fe2S3 + 1,5 O2 + 3 H2O -> 2 Fe(0H)3 + 3 S moglich. Die Regeneration fuhrt zu einer Ablagerung von elementarem Schwefel auf der Reinigungsmasse, sodass ein periodischer Austausch der Reinigungsmasse zur vollstandigen Regeneration unumganglich ist. Insbesondere die Regeneration fuhrt als exotherme Reaktion zu einer erheblichen Warmeentwicklung, die bei der Anlagenplanung zu beachten ist. Die Zudosierung von Metallsalzen kann bereits eine Reduzierung der Schwefelwasserstoffkonzentration im Reaktor bewirken. Hierfiir werden vorwiegend Eisenschlamme, Eisen-(II)-chlorid oder Eisen-(III)-chlorid in den Anlagenzulauf zudosiert. Der im Garprozess gebildete Schwefelwasserstoff wird so bereits im Reaktor zu Eisensulfid reduziert und verbleibt in der Fliissigkeit:
Metallsalze werden in der Abwassertechnik als Fallungs- und Flockungsmittel eingesetzt, sodass der tatsachliche Verbrauch aufgrund von Konkurrenzreaktionen wie beispielsweise der Bildung von Eisenphosphat liber dem stochiometrisch erforderlichen Bedarf liegt (Bever et al. 1995). Die mikrobielle Entschwefelung von Biogas ist ein vergleichsweise junges Verfahren. Der Schwefelwasserstoff wird durch Bakterien zu elementarem Schwefel oder Sulfat umgesetzt. Die Mikroorganismen sind omniprasent und miissen daher nicht kiinstlich zugesetzt werden. Neben Nahrstoffen und Spurenelementen benotigen die Bakterien Sauerstoff zum Abbau des Schwefelwasserstoffes gemaB den folgenden Abbaureaktionen:
Die Zudosierung des Sauerstoffs erfolgt in landwirtschaftlichen Anlagen durch das Einblasen geringer Mengen Luft direkt oberhalb der Garmaterialoberflache in den Reaktorraum. Der stochiometrische Luftbedarf liegt zwischen ca. 4-6 % Luft im Biogas. Die erforderliche Oberflache zur Reinigung von ca. 20 mVd Biogas betragt ca. 1 m^ (Koberle 1999). Die Reini-
622
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
gung des Biogases in industriellen und kommunalen Vergamngsanlagen erfolgt in der Regel in separaten Fiillkorperkolonnen mit Aufwuchsflachen ftir die Bakterien. Die Trennung der Schwefelwasserstoffentfernung bietet neben der Vermeidung von Beeintrachtigungen der Methanbildung den Vorteil, dass der Schwefel nicht im Reaktor verbleibt und emeut in Schwefelwasserstoff umgesetzt werden kann. Die gebildete Schwefelsaure wird in den Ftillkorperkolonnen mit dem im Kreislauf geftihrten Waschwasser ausgeschleust. Die Biogasproduktion ist bei einer kontinuierlichen Beschickung der Anlagen nahezu konstant. Temporare Unterbrechungen der Beschickung wirken sich jedoch auf die Biogasproduktion aus und ftihren zu einer Abnahme der Biogasmenge. Eine Zwischenspeicherung des Biogases ftir eine weitgehende Verwertung ist daher zumeist bei diskontinuierlich beschickten Anlagen und zur Uberbrtickung von Betriebsunterbrechungen der Biogasverwertung aufgrund von Wartungs- und Reparaturarbeiten erforderlich. Die SpeichergroBe kann, bedingt durch die geringe Energiedichte des Biogases, nur auf den Ausgleich kurzfristiger Schwankungen ausgerichtet werden. Die tFberbriickung langfristiger Unterbrechungen der Biogasverwertung ist zumeist nicht moglich und zur umweltgerechten Entsorgung des Biogases ist daher eine Notfackel vorzusehen. Die Speicherung des Biogases kann in Niederdruck- und Druckspeichem erfolgen. Niederdruckspeicher werden in Systemen mit Driicken von wenigen Millibar eingesetzt und finden daher tiberwiegend in Biogasanlagen Verwendung. Das Biogas wird durch den Eigendruck des Systems in den Speicher gefordert. Der Zwang zur Kostenreduzierung hat in jtingster Zeit dazu gefiihrt, dass der Gasraum oberhalb der Garmaterialoberflache als Speicher zur Uberbrtickung kurzfristiger Betriebsstomngen genutzt wird. Die Verwendung von Druckspeichern fiihrt aufgrund der Verdichtung zu einer wesentlichen Volumenreduktion. Die Investitionskosten ftir Druckspeicher sind aufgrund des erforderlichen apparativen Aufwandes deutlich hoher und der Betrieb der Druckspeicher unterliegt einer Bewilligungs- und Prtifungspflicht. Die Installation eines Druckspeichers ist in der Regel nur im Zusammenhang mit der Verwendung des Biogases als Treibstoff ftir Kraftfahrzeuge zu rechtfertigen.
7,5 Abluftemissionen Emissionen von Abfallbehandlungsanlagen nehmen im Hinblick auf genehmigungsrechtliche Belange, okologische Bewertung sowie Akzeptanz
7.5 Abluftemissionen
623
in der Bevolkemng eine Schltisselstellung ein. Dies gilt insbesondere ftir Abluftemissionen.
7.5.1 Abluftemissionen bei der Bioabfallverwertung Bei der Bioabfallvergarung sind vor allem die Geruchs- und Keimemissionen relevant. Als Regelwerk ist die TA-Luft Ziffer 5.4.8.6.1 (Anonym 2002b) maBgeblich. Wesentliche Fordemngen sind nachfolgend aufgeftihrt: „Bei Anlagen mit einer Durchsatzleistung von 10 Mg Abfallen je Tag oder mehr soil bei der Errichtung ein Mindestabstand a) bei geschlossenen Anlagen (Bunker, Vergarung, Nachrotte) von 300 m, b) bei offenen Anlagen von 500 m zur nachsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung nicht unterschritten werden. Der Mindestabstand kann unterschritten werden, wenn die Emissionen an Geruchs stoffen durch primarseitige MaBnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt wird. Folgende bauliche und betriebliche MaBnahmen sind anzuwenden: • Aufgabebunker sind geschlossen mit einer Fahrzeugschleuse zu errichten; bei geoffneter Halle und beim Entladen der Mtillfahrzeuge sind die Bunkerabgase abzusaugen und einer Abgasreinigungseinrichtung zuzuftihren. • Die bei der Beliiftung der Mieten (Nachrotte) auskondensierten Briiden und die anfallenden Sickerwasser dlirfen bei nicht umhauster Kompostierung nur dann zum Befeuchten des Kompostes verwendet werden, wenn Geaichsbelastigungen vermieden werden. • Abgase aus der Nachrotte von belufteten Mieten sind einem Biofilter oder einer gleichwertigen Abgasreinigungseinrichtung zuzuftihren. Die staubformigen Emissionen im Abgas dtirfen die Massenkonzentration 10 g/m^ nicht iiberschreiten. Bei Anlagen mit einer Durchsatzleistung von 30 Mg Abfallen je Tag oder mehr dtirfen die Emissionen an gemchsintensiven Stoffen im Abgas die Geruchsstoffkonzentration 500 GE/m^ nicht iiberschreiten. Die Moglichkeiten, die Emissionen an Keimen und Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende MaBnahmen zu vermindem, sind zu priifen". Anlagen zur Bioabfallvergarung sollten moglichst geschlossen ausgeftihrt werden. Dies gilt insbesondere ftir solche Anlagen, die geruchsintensive nasse oder strukturarme Bioabfalle (z.B. Ktichen- oder Kantinenabfalle) oder Schlamme verarbeiten. Beztiglich der aeroben Nachbehandlung sind auch die Anfordemngen ftir Kompostanlagen (Ziffer 5.4.8.5 Anlagen der Nummer 8.5) zu beriicksichtigen. Bei einer Durchsatzleistung der An-
624
7 Vergamng von Bio- und Restabfallen
lagen von 10.000 Mg/a oder mehr sind die Anlagenbereiche (Bunker, Hauptrotte) geschlossen auszufiihren. Die von einer Vergarungsanlage ausgehenden Geruchsemissionen beschranken sich im Wesentlichen auf die Annahme- und Aufbereitungshalle sowie auf die Nachrotte. Im Bereich der eigentlichen Vergarungsanlage konnen aus offenen Pufferbehaltem sowie bei eventuellen Storfallen Geruchsstoffe austreten. Die Reststoffe aus der Vergarung weisen unmittelbar nach Austritt aus dem Reaktor noch erhebliche Geruchsintensitaten auf, die jedoch innerhalb eines Tages stark abklingen. Die Hauptkomponente ist das Ammoniak (NH3). Werte bis zu 400 ppm treten auf. Sie liegen zum Teil iiber den maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen. Zudem ist zu beachten, dass Biofilter in der iiblichen Auslegung nicht geeignet sind eine befriedigende Desodorierung der Abluft vorzunehmen. Eine nicht zu vernachlassigende Komponente ist die Nachkompostierung. Die Geruchsemissionen sind zwar gegentiber der Verarbeitung von frischem Bioabfall wesentlich geringer, tragen aber zum Emissionsgeschehen erheblich bei. Tabelle 7-19 zeigt die zu erwartenden Abluftvolumenstrome und Geruchskonzentrationen (Roh- und Reingas) einer Vergarungsanlage differenziert nach den relevanten Prozessbereichen beispielhaft ftir eine Anlage mit einem Jahresdurchsatz von 10.000 Mg. Tabelle 7-19. Geruchsemissionen einer Bioabfallvergariingsanlage (Jahresdurchsatz 10.000 Mg) Emissionsquelle
Annahme Aufbereitung Nachrotte
geruchsbeladene Abluft Maximum Mittel [GE/m^l fOE/m^l 220 1.000 1.200 260 42.000 6.500
gereinigte Abluft Mittel Maximum [GE/m^l [GE/m^l 100 9 100 10 150 250
7.5.2 Abluftemissionen bei der Restabfallbehandlung Ergebnisse vollstandiger Inventaranalysen ftir die Inhaltsstoffe der Abluft von Aerobverfahren sind verftigbar (Fricke et al. 1997). Dagegen liegen vergleichbare Daten von Aerobverfahren mit vorgeschalteter Anaerobstufe bisher nicht vor. Die TOC-Konzentrationen beider Verfahrenskonzepte sind jedoch weitgehend identisch, fiihren jedoch wegen der geringeren spezifischen Abluftmengen (2.000-6.000 mVMg) zu deutlich geringeren Frachten (Tabelle 7-20). Wie auch bei reinen Rotteverfahren treten die TOC-Emissionen hauptsachlich innerhalb der ersten zwei Rottewochen (Nachbehandlung) auf (Abbildung 7-25).
7.5 Abluftemissionen
625
Tabelle 7-20. Rohgas Abluftmengen iind Qualitaten im Vergleich zu den relevanten Grenzwerten der 30. BImSchV
TOC mg/Nm^ TOC g/Mg Abluftmenge mVMg Anlageninput Lachgas g/Mg Geruch GE/m^ PCDD/F ng TE /Nm^
Grenzwert 30. BImSchV 20/40 55
100 500 0,1
Rohgas Aerobverfahren bis 1.000 400-800 6.000-10.000
Rohgas Anaerob/ Aerob-Verfahren bis 800 200-400 2.000-6.000 200-400 bis 80.000 «0,1
k.A. bis 100.000 «0,1
Tabelle 7-21. Behandlimgszeiten zum Erreichen der Stabilisierungsparameter aus der AbfAblV und des AT4-Wertes gemaB § 16 der 30. BImSchV Zeit in Wochen 10-14 3-6
Behandlungszeit - Stabilitatskriterien (AbfAblV) Aerobverfahren aerobe Nachbehandlung von Vergamngsriickstanden Geschlossene Behandlung, gemafi § 16 der 30. BimSchV Aerobverfahren anaerob vorbehandelte Restabfalle
2-6 0^>-2
^ Grenzwert wird eingeh., offene Rotte wg. Geruch und Schadstoffemiss. nicht moglich mg/Nm^ bzw. g/Mg
Nm^ Abluft/Mg
400
4000 Maximalkonzentrationen 3./4. Rottetaq (mq/Nm^): TOC: 470 CH4: 360
— TOC (mg/Nm^) -^)CH4(mg/Nm3) 'r|vCH4-C (mg/Nm^)
300
i n Nm^/Mg
3000
• • T O G (g/Mg) s»CH4(g/Mg) ii:PCH4-C(g/Mg)
3. Umsetzen
200
2000
1000
TOC-Grenzwert 30. BImSchV: 20 mg/Nm^ (HMW) aa-'ji
K1^%'-^^^''^T^
0
Rottedauer (Wochen)
Abb. 7-25. Gesamtkohlenstoff (TOC) im Verlauf der Nachrotte am Beispiel des KOMPOGAS-Verfahrens (Fricke et al. 2001) Der im Garrest enthaltene Stickstoff liegt auf Gmnd der Mineralisierung der organischen Stickstoffverbindungen vorwiegend als Ammonium und
626
7 Vergarung von Bio- iind Restabfallen
Ammoniak vor und wird in der ersten Phase der Nachrotte in Form von leicht fliichtigem Ammoniak ausgetragen. Die Reduzierung der Ammoniakkonzentration durch den Austrag tiber die Rotteabluft ftihrt zu einer verstarkten Ammoniak-Nachliefemng aus der Ammoniumfraktion, da Ammonium und Ammoniak in einer Gleichgewichtsbeziehung stehen (siehe Abbildung 7-26). Der Austrag der Stickstofffracht in Form von Ammoniak tiber den Abluftpfad kann hierbei bis zu etwa 25 % des im Ausgangsmaterial vorliegenden Gesamtstickstoffs betragen. Die wesentlichen Ammoniak-Emissionen treten in der ersten Rottewoche auf und konnen bis zu 1.000 mg/Nm^ betragen, wie Versuchsergebnisse zur Nachrotte von Garmaterial aus einer Valorga-Anlage zeigten (IGW 2001). Die Emissionen klingen in den folgenden Rottewochen ab und bereits gegen Ende der 3. Rottewoche lagen die Konzentrationen um 100 mg/Nm^ Ahnliche Ammoniak-Konzentrationsverlaufe konnten in vergleichbaren Untersuchungen festgestellt werden (Fricke et al. 2001). Die effektive Abscheidung des Ammoniaks aus der Abluft ist durch den Einsatz eines sauer betriebenen Luftwaschers moglich. Die erreichbaren Abscheidgrade konnen dabei nahezu 100 % betragen. Als Waschsauren konnen beispielsweise Schwefel- oder Salpetersaure eingesetzt werden, sodass als Reststoffe eine Ammoniumsulfat- oder Ammoniumnitrat-Losung entstehen. Die Verwertungsmoglichkeiten dieser Reststoffe ist bisher nicht abschlieBend geklart, jedoch ist bei einer ausreichend hohen Stickstoffkonzentration der Einsatz als Dtingemittel in der Landwirtschaft oder zur Rauchgasreinigung bei der Miillverbrennung denkbar. Die thermisch-regenerative Behandlung ammoniakhaltiger Abluft ftihrt ebenfalls zu einer Reduzierung. Die Abscheideleistung weist dabei einen engen Zusammenhang mit der Brennkammertemperatur der thermischen Anlagen auf und steigt mit Erhohung der Brennkammertemperatur deutlich an. Als Konsequenz der verstarkten Ammoniakverbrennung, steigen jedoch auch die Stickoxidkonzentrationen im Reingas der thermischen Anlage an (Wallmann et al. 2001). Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Abscheidung von Ammoniak durch eine saure Wasche vor der thermischen Abluftbehandlung zwingend erforderlich ist. Ohne saure Wasche tragt Stickstoffdioxid aus der Verbrennung des Ammoniaks, das sehr geruchsrelevant ist, zu erheblichen Gemchsemissionen im Reingas bei und kann zu einer Uberschreitung des Grenzwertes der 30. BImSchV von 500 GE/m^ fiihren. Lachgas-Emissionen finden wegen der hohen Klimarelevanz Beriicksichtigung in der 30. BImSchV. Bei der Lachgas-Problematik muss differenziert werden zwischen:
7.5 Abluftemissionen
627
• primarem Lachgas (rohgasseitigem, im Verlauf der Rotte gebildetem Lachgas) und • sekundarem Lachgas (wahrend der thermischen Abluftbehandlung neu gebildetem Lachgas). Lachgas wird bei der Nachrotte der festen Garriickstande wahrend der mikrobiellen Umsetzungen im Rottematerial gebildet. Bei nicht sachgemaBer Rottesteuemng konnen Emissionen auftreten, die den Grenzwert der 30. BImSchV von 100 g N20/Mg MBA-Input tiberschreiten. Lachgas kann als Zwischenprodukt sowohl der Nitrifikation als auch der Denitrifikation entstehen. Die organische Substanz wird durch heterotrophe Mikroorganismen abgebaut, wobei deren Aktivitat die Temperatur in den Mieten erhoht. Mit dem Abbau der organischen Substanz nimmt die Menge an verftigbarem Ammoniumstickstoff zu. Dieser Umbau der Stickstoffverbindungen erfolgt bei der Vergarung bereits in der Anaerobstufe und kann als weitgehend abgeschlossen betrachtet werden. Einen geringen Teil des Ammoniumstickstoffs benotigen die heterotrophen Mikroorganismen zur Neubildung von Biomasse, wahrend der Rest als freier Ammoniumstickstoff vorliegt. Ein erheblicher Anteil des Stickstoffs wird in Form von Ammoniak tiber die Rotteabluft ausgetrieben. Im Laufe der Rotte nimmt die Menge an mikrobiell verfligbarem Kohlenstoff ab, die mikrobielle Aktivitat der heterotrophen Mikroorganismen wird eingeschrankt. Als Konsequenz sinkt die Temperatur in der Miete. Bei niedrigeren Temperaturen wachsen die autotrophen Nitrifikanten, die den vorliegenden Ammoniumstickstoff mittels Sauerstoff tiber Nitrit und Nitrat oxidieren bzw. nitrifizieren. Die Oxidation des Ammoniumstickstoffs zu Nitrat kann jedoch durch hohe Ammoniak- und Nitrit-Konzentrationen gehemmt werden. Die Hemmung wird insbesondere durch pH-Werte tiber 7 und hohe Ammonium-Konzentrationen im Rottematerial begtinstigt. Deshalb kann es zu einer Akkumulation von Nitrit kommen, womit eine Lachgasbildung einhergehen kann (Wallmann et al. 2003). Lachgas kann weiterhin auch wahrend der Denitrifikation gebildet werden, d.h. wahrend der Reduktion des Nitrats zu elementarem Stickstoff Das gebildete Lachgas wird nicht zwangslaufig emittiert, da es wahrend der Passage durch die Miete weiter zu elementarem Stickstoff reduziert werden kann. Hierfiir ist jedoch ein leicht verftigbarer Kohlenstoff notwendig, der gegen Ende der Rotte nahezu aufgebraucht ist. Abluftuntersuchungen zeigen, dass die Lachgasbildung zu Beginn der Nachrotte von Garrtickstanden, der ersten zwei Rottewochen, relativ gering ausfallt (siehe Abbildung 7-26). Die hohe Ammoniak-Konzentration in dieser Phase kann hingegen, wenn keine Ammoniakabscheidung durch eine saure Wasche vorgesehen ist, zu einer sekundaren Lachgasbildung in
628
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
der thermischen Abluftbehandlung fiihren. Gegen Ende der 2. Rottewoche zeigten sich dann jedoch gegenlaufige Entwicklungen der Ammoniak- und Lachgas-Konzentrationen im Rohgas. mg/Nm^ tr.
mg/l Eluat
1000
400 i -
4
5
6
Rottedauer (Wochen)
Abb. 7-26. Lachgaskonzentrationen im Rohgas und Stickstoffverbindungen im Eluat im Verlauf der Nachrotte (Wallmann et al., 2001) Aus den Versuchsergebnissen lassen sich MaBnahmen hinsichtlich der Betriebsfuhrung der Nachrotte zur Minimierung der Lachgas-Emissionen ableiten (Wallmann et al. 2003): • Wahrend der ersten Phase der Nachrotte, in der hohe Mietentemperaturen von > 60 °C auftreten konnen, sollte das Material intensiv beltiftet und moglichst haufig umgesetzt werden (aerobe Stabilisierung). Dadurch wird Ammoniak ausgetrieben und in einem sauren Wascher vor der TRO eliminiert. Dieser Ammoniakanteil ist fur die Nitrifikation nicht mehr verfugbar, sodass entsprechend weniger Lachgas entstehen kann. Intensives Beltiften und haufiges Umsetzen verringert zusatzlich die Aktivitat methanogener Mikroorganismen. • Die Umsetzhaufigkeit kann reduziert v^erden, wenn die Mietentemperatur unter etwa 45 °C absinkt. Die Durchfuhrung dieser MaBnahme erfordert jedoch eine Kontrolle einer etwaigen Bildung von Methan. Grundsatzlich fordert die 30. BImSchV die Kapselung/Einhausung der gesamten Nachrotte. GemaB §16 der 30. BImSchV kann die Genehmigungsbehorde auf Antrag des Betreibers - abweichend von der in den §§4 und 5 geforderten vollstandigen Kapselung der gesamten Anlage - bei einer
7.6 Abwasseremissionen
629
mehrstufigen biologischen Behandlung eine Nachrotte in nicht gekapselten Einrichtungen zulassen, wenn der zur Nachrotte zugelassene Abfall den AT4-Wert von 20 mg Oi/g TS unterschreitet. Bei Vergamngsverfahren wird der AT4-Grenzwert von 20 mg Oi/g TS in der Kegel bereits nach 1020tagiger anaerober Behandlung erreicht (Fricke et al. 2001 u. Wallmann et al, 2001). Weniger intensive Verfahren bediirfen einer Nachrotte von ca. 1-2 Wochen (Abbildung 7-27). Vor dem Hintergrund, dass die wesentlichen Methan, TOC- und Ammoniakemissionen in den ersten zwei Rottewochen entstehen, ist jedoch eine geschlossene Nachrotte mit Abluftfassung und -behandlung fur diesen Zeitraum erforderlich. Eine anschliessende unbeltiftete offene Nachrotte zur abschlieBenden Stabilisierung der Abfalle ist aus Sicht der Autoren gerechtfertigt. Die Bereiche Abfallannahme und Zwischenlagerung sind grundsatzlich gekapselt bzw. eingehaust auszuftihren, um geruchs-, staub-, keim- und schadstoffbelastete Abluft fassen und behandeln zu konnen. Nachrotte
Linde-BRV; 3 W. Vergarung Kogas; 2 Wochen Vergarung Valorga; 3 Wochen Vergarung
Abb. 7-27. Veranderung der Atmungsaktivitat (AT4) durch die anaerobe und nachgeschaltete aerobe Behandlung von Restabfallen
7.6 Abwasseremissionen Bei den Verfahren zur Bioabfall- und Restabfallbehandlung mit integrierter Vergarungsstufe fallen, im Gegensatz zu reinen Aerobverfahren, rele-
630
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
vante Prozess- bzw. Abwassermengen an (Abbildung 7-28). Abwasser bzw. Uberschusswasser entsteht vorwiegend bei der Entwasserung der Garreststoffe. Die Kreislauffuhrung des feststoffentfrachteten Abwassers aus der Entwasserungsstufe wird bei der Restabfallvergamng bei alien Systemen der Trocken- und Nassverfahren praktiziert. Bei der Bioabfallvergarung kommt auch die direkte Ausschleusung der Prozesswasser iiber den Weg der landwirtschaftlichen Verwertung zum Einsatz. Das Prozesswasser wird sowohl zum Anmaischen, Perkolieren und Animpfen der Frischsubstanz als auch als Brauchwasser - j e nach Aufreinigungsgrad - in unterschiedlichen Anlagenbereichen eingesetzt. Teilmengen des Uberschusswassers werden zur Bewasserung des nachgeschalteten Aerobprozesses verwendet.
i AufbereJtung Konditionierung
i. ->-
Vergarung
Entwasserung
Abwasser
—>-
Nachrotte/ Machretfe
-*^Kondit'iortrerung
Kompost/
y
y.
[i;^^,
\
t
EZy
L
k
•
LZy^
Abwasser
Abluft landwirtschftL Verwertung
Prozesswassernutzung landwirtschaftliche Verwertung, nur bei Bioabfall vergarung eriaubt
Abb. 7-28. Abwasser- und Prozesswasserstrome sowie Wasser zur Verwertung einer Vergarungsanlage fur Bio- und Restabfalle Die Menge an Ab- bzw. Uberschusswasser wird durch vielschichtige EinflussgroBen bestiromt: • Wassergehalt des Inputmaterials, • geforderte Wassergehalte der nachgeschalteten spezifischen Verwertungs-, Behandlungs- bzw. Beseitigungsformen wie z.B. far eine aerobe Nachbehandlung(ca. 50-55 % H20-Gehalt) Trocknung fiir die energetische Verwertung (ca. 15 % H2O); oder Stabilisierung und Konfektionierung far die Deponierung (27-36 % H2O), • Hohe des oTS-Abbaus, • H20-Austrag tiber Wertstoff/Materialentnahme und • H20-Austrag iiber Abluftpfad. Bioabfalle weisen gegentiber Restabfallen deutlich hohere Wassergehalte auf, sodass die durchschnittliche Abwassermenge einer Bioabfallvergamngsanlage mit etwa 200 bis 500 1/Mg Input (Loll 1994, Gessler et al. 1995, Ktibler 1996). deuthch hoher ausfallt, als die einer mechanisch-bio-
7.6 Abwasseremissionen
631
logischen Restabfallbehandlungsanlage mit integrierter Vergarung mit etwa 100 bis 170 1/Mg Input (Fricke et al. 2004).
7.6.1 Abwasseremissionen bei der Bioabfallbehandlung Anfordemngen an die Reinigung von Abwassern aus Vergarungsanlagen zur Verwertung von Bioabfallen bestehen derzeit weder in der deutschen noch der europaischen Gesetzgebung. Bislang orientierten sich die zustandigen Genehmigungsbehorden am Anhang 51 der Rahmen-Abwasser-Verwaltungsvorschrift fiir die Reinigung von Abwasser aus der oberirdischen Ablagerung von Abfallen. Nach dem Inkrafttreten des Anhangs 23 fiir die Reinigung von Abwasser aus Anlagen zur mechanisch-biologischen Behandlung von Abfallen ist zu erwarten, dass sich die Genehmigungsbehorden hieran orientieren. Die Grenzwerte des Anhangs 23 sind in Tabelle 722 dargestellt. Tabelle 7-22. Mindestanforderungen far einige relevante Parameter nach Anhang 23 an die Einleitung von Abwasser aus Anlagen zur Behandlung von Siedlungsabfallen Mindestanforderung an das Abwasser vor der Vermischung fur die Einleitstelle 200/400^^ 20 70 3 0,5 10 2
mg/1 CSB mg/1 BSBs N mg/1 P mg/1 -L ges mg/1 AOX mg/1 Kohlenwasserstoffe Fischgiftigkeit Schwermetalle 0,05 mg/1 Quecksilber mg/1 Cadmium 0,1 0,5 mg/1 Chrom mg/1 Chrom VI 0,1 1 mg/1 Nickel mg/1 0,5 Blei 0,5 mg/1 Kupfer 2 mg/1 Zink mg/1 Arsen 0,1 0,2 mg/1 Cyanid^^ 1 mg/1 Sulfid ' Grenzwert fiir die Indirekteinleitung, ^ leicht freisetzbar
-
632
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
In Tabelle 7-23 sind anhand theoretischer Berechnungen die Veranderungen der zu erwarteten Abwassermengen einer Anlage mit einer Jahreskapazitat von 20.000 Mg in Abhangigkeit vom Wassergehalt der angelieferten Bioabfalle und der entwasserten Garreststoffe dargestellt. Der Abschatzung ist ein Trockenverfahren mit einer zweistufigen Entwasserung mittels Siebschneckenpresse und Dekanter ohne Einsatz von Flockungshilfsmittel zur weitergehenden Feststoffabtrennung zu Grunde gelegt. Die spezifischen Abwassermengen von Praxisanlagen konnen durch verfahrensspezifische Besonderheiten sowie einer intemen Nutzung, wie die Ruckftihrung und anderweitigen Nutzung des Abwassers (Mietenbefeuchtung), geringer ausfallen. Die angegebenen Zahlenwerte sollen daher nur die prinzipiellen Auswirkungen wiedergeben. Der Wassergehalt des Bioabfalls tibt den groBten Einfluss aus. Die Reduzierung der Abwassermenge durch die Variation des Wassergehaltes der entwasserten Garreststoffe ist hingegen nur in einem geringeren Umfang moglich. Tabelle 7-23. Theoretische Abschatzung der Veranderungen des Anteiles von Uberschusswasser in Abhangigkeit vom Wassergehalt (WG) des angelieferten Bioabfalls und des Entwasserungsgrades (Vergarungsanlage mit einer Jahreskapazitat von 20.000 Mg) Feststoffmit55%WG UberschiLsswasser Bioabfall WG [mVa] [1/Mginout] [%1 11.200 560 70 450 65 9.000 320 60 6.400
Bioabfall mit 65% WG Feststoff Uberschiisswasser WG [mVa] [l/Mginputl [%] 60 370 7.400 450 55 9.000 510 50 10.200
Ein abwasserfreier Betrieb ist nur unter gtinstigen standortspezifischen Rahmenbedingungen moglich, sodass ein Verwertungs- oder Entsorgungsweg fiir das Uberschusswasser in den Planungen zu berucksichtigen ist. Angaben zu den Schad- und Nahrstoffbelastungen von Abwassem aus Bioabfallvergarungsanlagen sind in Tabelle 7-24 zusammengestellt. Abwasser aus der Vergarung von Feststoffen weisen prozessbedingt im hohen MaBe abfiltrierbare Stoffe auf. Gleiches trifft fur geloste Stoffkomponenten zu (Loll 2001). Die CSB-Belastungen liegen zwischen 3.000 und 30.000 mg/1. Der anaerobe Abbauprozess bewirkt, dass der Stickstoff im Ablauf einer Vergamngsanlage nahezu vollstandig als Ammonium und zu einem geringen Anteil als organisch gebundener Stickstoff vorliegt. Es treten Prozesswasserbelastungen von 800 mg bis 2.600 mg/1 NH4 auf Die Einhaltung der Grenzwerte fiir die Ableitung des Uberschusswassers ist ohne eine weitergehende Reinigung bei nahezu alien relevanten Parametem nicht moglich. Die Notwendigkeit der Abwasser- bzw. Prozess-
7.6 Abwasseremissionen
633
wasseraufbereitung resultiert dariiber hinaus aus den Qualitatsanspmchen an genutzte Prozesswasser im Vergarungsprozess, insbesondere betrifft dies die Problematik der Ammoniumanreicherung. Tabelle 7-24. Belastung der Ablaufe aus Bioabfallvergamngsanlagen Kautz 1994
abfiltrierb. Stoffe CSBges.
CSB "elost
BSBs N NH4-N
[mg/1] 4.80015.700 3.03028.600 2.2002.500 74010.050 k.A. 2292.000
Bidlingmaier 1995 [mg/1] k.A. 10.900 k.A. 2.300 k.A. 610
Kubler 1996
Bonin gl999
Graja 1999
Gallert 2002 '^
[mg/1] 9.60020.610 7.30028.300 2.1804.900 1.6507.100 k.A.
[mg/1] '' k.A.
[mg/1] '^ k.A.
[mg/1] k.A.
[mg/1] k.A.
5.040
10.930
k.A.
k.A.
920
1.800
4.4605.800 4.1005.250 1.875
1.500
2.330
5102.800
1.180
1.740
9.40014.300 4.1009.000 1.8008.000 1.0101.760 5071.267
923 707
^Presswasser einer mesophil betriebenen Bioabfallvergamngsanlage, Rezirkulationsrate (Prozess-ZFrischwasser) 80% ^^ Presswasser einer thermophil betriebenen Bioabfallvergarungsanlage, Rezirkulationsrate (Prozess-ZFrischwasser) 80% ^^ Entwasserung mittels Dekanter und Flockungshilfsmittelzugabe Der Reinigung von Uberschusswassem aus Vergamngsanlagen spielte in der Vergangenheit aufgrund fehlender gesetzlicher Anforderungen in der Planung und Umsetzung eine untergeordnete Rolle. In den bestehenden Bioabfallvergamngsanlagen wurde zumeist die Abgabe des von Feststoffen weitgehend befreiten Uberschusswassers in die Landwirtschaft oder an kommunale Klaranlagen praktiziert. In Tabelle 7-25 sind beispielhaft die Verwertungs- und Entsorgungswege einiger Bioabfallbehandlungsanlagen fur das Uberschusswasser dargestellt. In jtingster Zeit wird allerdings, v. a. aufgrund verscharfter Anforderungen seitens der Genehmigungsbehorden sowie steigender Starkverschmutzerzuschlage fiir die Indirekteinleitung der Vermeidung, Verwertung, Aufbereitung und Reinigung des Uberschusswassers groBere Aufmerksamkeit beigemessen. Systematische Untersuchungen zur Reinigung von Ablaufen von Vergamngsanlagen wurden in einem BMBF-Forschungsprojekt zur umweltgerechten Gtilleverwertung durchgeftihrt. In fiinf groBtechnischen Demonstrationsanlagen wurden aus der Abwassertechnik bekannte Verfahren wie Membrantechnik, Dampfstrippung, NitrifikationZDenitrifikation sowie Fallung und Eindampfung zur Teil- und Totalaufbereitung von Abwassem aus Anlagen zur Verarbeitung von landwirtschaftlichen und agrarindustriellen
634
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
Reststoffen eingesetzt (Htittner et al. 1997). Erfahmngen hinsichtlich der Reinigung von Uberschusswasser aus Restabfallbehandlungsanlagen liegen zurzeit nur im geringen Umfang vor. Prinzipiell geeignete Verfahren zur Behandlung von Abwassem aus Vergarungsanlagen zeigt Tabelle 726. Tabelle 7-25. Beispielhafte Aufstellung der Verwertungs- und Entsorgungswege fur Uberschusswasser verschiedener Bioabfall und Restabfallbehandlungsanlagen Anlage Alzey Boden Braunschweig Buchen Bitting Frankfurt a.M. Herten Hoppstetten, Lemgo Ottelfmgen Riimlang Simmem
Entsorgungs-ZVerwertungsweg Deponiesickerwasserreinigung^ ^ biologische Reinigung Klaranlage Nitri-ZDenitrifikation. Versuchsweise Ultrafiltration und Strippung Landwirtschaft Membranbiologie Membran- und Strippanlage Vakuum-Siede-Eindampfung^^ biologische Behandlung, Umkehrosmose biologische Behandlung, Umkehrosmose Landwirtschaft pr PljinnnaQrvhaQf' nirVit iimaf»<5Pt7t
* interne Verwertung des Brtidenkondensats Tabelle 7-26. Prinzipiell geeignete Verfahrensschritte zur Reinigung von Abwassem aus Vergarungsanlagen CSB
BSBs
AOX Stickstoff
Phosphor
physikalisch Feststoff- Separierung Flockung Membranverfahren Adsorption Verdampfung Feststoff-Separierung Flockung Membranverfahren Membranverfahren Adsorption Feststoff-Separierung Membranverfahren Adsorption Desorption (Strippen) Eindampfung Feststoff-Separierung Membranverfahren
chemisch Nassoxidation
biologisch Belebungsverfahren
Nassoxidation
Belebungsverfahren
Nassoxidation
Belebungsverfahren
Fallung/ Knickpunktchlorung
Nitrifikation/ Denitrifikation
Fallung
Belebungsverfahren
7.6 Abwasseremissionen
635
7.6.2 Abwasseremissionen bei der Restabfallbehandlung Mit Greifen der 30. BImSchV und dem daraus notwendigen Einsatz thermisch-regenerativer Abluftbehandlungsverfahren wird der Abluftminimierung besondere Bedeutung zukommen. Es ist zu prtifen, welche Abwassermengen bei optimierten Abluftbedingungen bei der aeroben Nachbehandlung tiber den Abluftpfad entsorgt werden konnen. Restabfalle weisen im Mittel einen Wassergehalt von 35-45 % und einen Anteil biologisch abbaubarer Substanzen (OTSbio) von 42-47 % auf. Zum Erreichen der Stabilisiemngsparameter nach AbfAblV mtissen im Gesamtprozess, bestehend aus anaerober und aerober Behandlung, ca. 5560 % der OTSbio abgebaut und ein Endwassergehalt von 27-36 % eingestellt werden. Unter Berticksichtigung dieser Parameter werden ca. 100170 1 Wasser/Mg Abfall-Input freigesetzt. Tabelle 7-27. Abwasser/Prozesswasserbelastung aus Aerobstufen mechanischbiologischer Abfallbehandlungsanlagen (Fricke et al. 2004) BONNING et a l , 2002 Verfahren
CSB CSBgeiQst
BSB5 pSBg geigst NH4-N
kes. P r ges.
Pb Cr Cu Cd Ni Zn AOX
mesophil filtriert zentriert
TU BRAUNSCHWEIG, IGW, 2003 SCHMITT,2001
thermophil ISKA-Perkolation ISKA-Perkolation filtriert zentriert nach der N-Senke
1-Stllflg
thermophil
mg/1
mg/1
mg/1
mg/1
mg/1
mg/1
mg/1
3.735
12.910
3.763
15.534
-
-
-
3.390 1.370 604 184 1.000
1.240 919 50 23 39
99.350
-
-
-
-
1,3 0,3 0,8
0,8 <0,1 0,2
23,5
1.496
-
1.978
-
860 16
768 1.308 60
1.214 17
1.036 1.569 62
0,03 0,10 0,11
1,2 0,43 2,1
0,03 0,13 0,17
14 0,45 2,1
-
0,18 0,25
-
-
0,36 9,0 0,59
-
0,22 0,37
-
-
0,41 9,7 1,0
4.153
-
0,7 6
0,5 0,5
-
0,16 3,1 57,1
-
-
-
-
Bei einer spezifischen Abluftmenge (abluftoptimierte Verfahren) von 2.000-6.000 mVMg Abfall-Anlageninput, einer Lufteingangstemperatur von ca. 20 °C in die Nachrotte und von 40 °C in die TRO bei jeweils 100 %iger Wassersattigung, kann bei einer Abluftmenge von ca. 4.000 mVMg eine Abwassermenge von ca. 134 1/Mg tiber die Abluft abgefiihrt werden. Bei einer Eingangstemperatur in die TRO von 50 °C liegt der Wert bei ca. 260 1/Mg. (Tabelle 7-28). Die 100 %ige Wassersattigung der Luft wird in der Regel im sauren Wascher erreicht. Als geeignete Ein-
636
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
gangstemperaturen in die TRO wird seitens verschiedener Hersteller ein Bereich von 15-60 °C angegeben. Bei der Zuftihrung der wassergesattigten Abluft zur TRO muss der Kondensatbildung in den Rohrleitungen entgegengewirkt werden. Tabelle 7-28. Wassermenge in der Abluft in Abhangigkeit unterschiedlicher Temperaturen und Abluftmengen 1 Lufttem- Wasserperatur gehalt [°C] 20 25 30 35 40 45 50 55
Masse Wasser [kg]
bei 100% rF in [g/m^]
4.000 m^ Beliiftung/Mg
17,3 23,1 30,4 39,7 51,1 65,4 82,3 104,0
69,2 92,4 121,6 158,8 204,4 261,6 329,2 416,0
WasserausWasseraustrag bei 20 °C trag bei 30 °C Lufteintrags- Lufteintragstemperatur temperatur 0 23,2 0 52,4 37,2 89,6 135,2 82,8 192,4 140,0 260,0 207,6 294,4 346,8
WasserausWasseraustrag bei 20 °C trag bei 30 °C Lufteintrags- Lufteintragstemperatur temperatur 0 86,5 29,0 115,5 152,0 65,5 0 112,0 198,5 46,5 255,5 169,0 103,5 240,5 327,0 175,0 325,0 411,5 259,5 433,5 520,0 368,0
5.000 m^ Beliiftung/Mg
Der energetische Mehraufwand ftir die Verbrennung von MB A-Abluft mit entsprechend hoheren Wassergehalten ist nach tiberschlagiger Berechnung zu vemachlassigen. Die spezifische Verdunstungsleistung wahrend der aeroben Nachrotte ist abhangig vom vorhandenen Energiepotenzial im Rotteprodukt nach der Vergarung, das beim aeroben OTS-Abbau freigesetzt wird und die Selbsterhitzung bzw. die Verdunstung bewirkt. Der vorgeschaltete anaerobe OTS-Abbau fiihrt zu einer deutlichen Verringerung des rotteproduktspezifischen Energiepotenzials, sodass die beim Abbau freigesetzte Energie in der Regel nicht ftir die vollstandige Verdunstung der o. g. Wassermengen ausreicht. E[ier bietet es sich an, die fur die Beltiftung vorgesehene Luft durch exteme Energie, z.B. Abwarme BHKW, zu erwarmen und damit den Wasseraustrag tiber die Abluft entsprechen zu erhohen. Ist eine Entsorgung des Uberschusswassers tiber den Luftweg nicht moglich, muss es entweder auf Indirekt- oder Direkteinleiterqualitat aufgereinigt werden. Die Entsorgung erfolgt anschlieBend durch die Einleitung in die offentliche Kanalisation mit anschlieBender Behandlung in der kommunalen Klaranlage oder in einen Vorfluter. Ein wesentlicher Behandlungsschritt der weitergehenden Abwasserreinigung besteht in der Reduzierung des Feststoffanteils im Uberschusswasser. Die weitergehende Feststoffreduzierung erfolgt - j e nach Einleitbedingungen bis auf ca. 2 % TS - mit konventionellen Dekanter-Zentrifugen oder auch Siebbandpressen unter Zuhilfenahme von Flockungshilfsmitteln. Das Fugat kann entweder direkt in die Kanalisation geleitet und anschlie-
7.7 Energiebilanz
637
Bend z.B. einer kommunalen Klaranlage zugeftihrt oder mittels einer der Vergarungsanlage angegliederten Abwasserreinigungsanlage bis auf Einleitqualitat konditioniert werden. Das im Dekanter bzw. in der Siebbandpresse erzeugte Zentrat mit Trockensubstanzgehalten von ca. 30-35 % wird bei Trockenverfahren dem Feststoff aus der Schneckenpresse beigemengt und gemeinsam nachgerottet. Die Entwassemngsaggregate der Nassverfahren werden hingegen direkt mit Flockungshilfsmittel betrieben, sodass ein zweites Entwasserungsaggregat entfallen kann.
7.7 Energiebilanz Im Rahmen der mechanischen Aufbereitung werden die angelieferten Abfalle durch verschiedene Behandlungsschritte - in der Regel Zerkleinerung, Siebung und Metallscheidung - fur die nachgelagerten Prozesse entsprechend ihrer stoffspezifischen Eigenschaften konfektioniert. Erfolgt die biologische Behandlung durch eine Kombination aus Vergarung und anschlieBender Nachrotte, sind i.d.R. zusatzliche Aufbereitungsschritte wie eine weitergehende Zerkleinerung sowie Misch- und Pumpvorgange mit entsprechendem elektrischen Energiebedarf erforderlich. Wahrend der aeroben biologischen Behandlung sind insbesondere die Mietenbeltiftung, das Umsetzen der Mieten sowie die Entliiftung der Rottehalle als wesentliche Stromverbraucher zu nennen. Beim Vergarungsprozess wird verfahrensbedingt in unterschiedlichen Temperaturbereichen und entsprechend unterschiedlichen Warmeanfordemngen gearbeitet. Bei mesophilen Verfahren liegt die Fermentertemperatur bei ca. 30-37 °C, wahrend der anaerobe Prozess im thermophilen Anlagenbetrieb bei ca. 5060 °C verlauft. Vor diesem Hintergrund ist der Warmebedarf fur den Vergarungsprozess in Tabelle 7-29 als Spanne von 10-30 kWh/Mg MBAInput bzw. 20-60 kWh/Mg Bioabfall-Input ausgewiesen, wobei der untere Bereich fur mesophile und der obere ftir thermophile Verfahren anzusetzen ist. Neben thermischer Energie wird wahrend der Vergarung bzw. der anschlieBenden Aufbereitung vor der Nachrotte auch elektrische Energie benotigt. Als wesentlicher Stromverbraucher ist die Entwasserung der Garreste zu betrachten, die erforderlich ist, um den Wassergehalt im Hinblick auf die Anforderungen der folgenden Nachrotte einzustellen. Wassergehalte im Fermenter-Output von ca. 88-95 % (Nassverfahren) bzw. 65-82 % (Trockenverfahren) sind auf ca. 55-60 % zu reduzieren, um optimale Feuchtebedingungen ftir die Nachrotte zu erreichen. Die Entwasserung erfolgt i.d.R. mehrstufig, wobei verschiedene Aggregate, wie z.B. Schneckenpressen, Siebbandpressen, Zentrifugen, Dekanter und Zyklone, eingesetzt werden. Die Entliiftung der Entwasserungshalle erfolgt durch
638
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
elektrisch betriebene Geblase. Dariiber hinaus wird bei der Vergarung Strom ftir den Betrieb von Rezirkulierungspumpen benotigt, die eine kontinuierliche Durchmischung des Garmaterials im Fermenter gewahrleisten. Bei einigen Verfahren erfolgt die Warmezufuhr durch Einblasen vorgewarmter Luft (HeiBdampf), wodurch ebenfalls elektrische Energie ftir den Betrieb der Geblase benotigt wird. Tabelle 7-29. Energieaufwand und -ertrage bei der Bio- und Griinabfallverwertung und bei der mechanisch-biologischen Restabfallbehandlung (MBA) mit Einbindung der Deponie (Wallmann et al. 2002) Strom kWh/Mg Anlagen-Input Restabfallbehandlung Intensivrotte 40-70 mit Nachrotte Vergarung 50-80 mit Nachrotte Bioabfallbehandlung Intensivrotte 30-60 mit Nachrotte Vergarung 30-70 mit Nachrotte
Aufwand Warme kWh/Mg
Diesel Liter/Mg ^^
Biogas NmVMg
Ertrag '^ Strom kWh/Mg
Warme kWh/Mg
-
ca. 0,5
-
-
-
10-30
ca. 0,5
60-110
120-220
210-390
-
ca. 0,5
-
-
-
20-60
ca. 0,5
100-180
200-350
350-600
^^eizwert Biogas ca. 23 MJ/m^ Wirkungsgrad BHKW: 30% elektrisch, 55% thermisch (GEMIS, 1999) 2) Biologie-Input bei Restabfallvergarung ca. 50%), bei Bioabfallvergamng bis zu 90%)
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Stromverbrauch einer MBA mit integrierter Vergamngsstufe mit 50-80 kWh/Mg MBA-Input hoher ausfallt als bei rein aeroben Verfahren mit 40-70 kWh/Mg MBA-Input. Ftir die Bioabfallbehandlung liegt der spezifische Stromverbrauch ftir reine Aerobverfahren und auch ftir Anaerobverfahren aufgrund der weniger aufwendigen Abfallaufbereitung mit 30-60 kWh/Mg (aerob) und 3070 kWh/Mg (anaerob) erwartungsgemaB niedriger. Im Bereich der Bioabfallvergamng ist sowohl ftir die Aerobbehandlung als auch ftir die Anaerobbehandlung jeweils ein Einzelfall bekannt, bei dem der Strombedarf oberhalb 100 kWh/Mg liegt. Ein wesentlicher Vorteil der Vergamngsverfahren gegentiber reinen Rotteverfahren ist die prozessbedingte Erzeugung von Biogas, bestehend aus ca. 60-65 Vol.-% Methan (CH4) und ca. 35 Vol.-% Kohlendioxid (CO2). Je Mg MBA-Input konnen 60-110 Nm^ Biogas, bzw. je Mg Bioabfall 120-180 Nm^ Biogas gewonnen werden. Der Heizwert des Biogases wird von dem Methangehalt bestimmt und liegt bei den genannten Methangehalten zwischen etwa 21 und 23 MJ/Nm^. Der Gesamtwirkungsgrad der Energiewandlung hegt bei dem Einsatz des Biogases z.B. in Block-
7.8 Ausgewahlte Leistungsdaten
639
heizkraftwerken zur Bereitstellung von Strom und Warme in Abhangigkeit von der AggregatgroBe zwischen 80 und 90 %. Die Energiebereitstellung betragt unter Zugrundelegung eines Gesamtwirkungsgrades von ca. 85 % erreicht (30 % elektrisch und 55 % thermisch) nach Gemis (1999) je Mg MBA-Input betragt 120-220 kWh Strom und 210-390 kWh Warme. Nach Abzug des Energie-Eigenbedarfs ergeben sich ftir die Restabfallvergarung tJberschusse an Strom (40-170 kWh/Mg MBA-Input) und Warme (180380 kWh/Mg MBA-Input), die zur Nutzung an Dritte (z.B. Haushalte, Gewerbe und Industrie) abgegeben werden konnen. Die MBA mit integrierter Vergarungsstufe kann demnach - mit Ausnahme des Bedarfs an Dieselkraftstoff - energieautark betrieben werden.
7.8 Ausgewahlte Leistungsdaten 7.8.1 Leistungsdaten der Bioabfallvergarung Die im folgenden Kapitel aufgeftihrten Leistungsdaten zur Bioabfallvergarung enthalten im Wesentlichen Angaben zum Abbau und zur Massenbilanz. Zur Beschreibung des Abbauprozesses finden bei der Bioabfallvergarung die Parameter Biogasproduktion und Abbaugrad der biologisch abbaubaren organischen Substanz (OTSbio.) Verwendung. Als Kriterium zur Beurteilung des Stabilisierungsgrades des Rottegutes dient der Rottegrad und verwertungsbezogen die Pflanzenvertraglichkeit. Ftir den Rottegrad eines Kompostes ist die im so genannten Selbsterhitzungsversuch erreichte Maximaltemperatur oder der tiber den Zeitraum von vier Tagen verbrauchte Sauerstoffbedarf (AT4) kennzeichnend. Die Skalierung erfolgt von I bis V, mit zunehmendem Rottefortschritt bzw. Reifegrad steigt der Rottegrad. Mit dem Abbau der organischen Substanzen ist eine Zunahme der Stabilitat der organischen Substanz und Pflanzenvertraglichkeit verbunden. Die Hohe des Abbaus der biologisch abbaubaren organischen Substanz (OTSbio) zum Erreichen des Rottegrades IV liegt zwischen 45 und 60 %. Ftir einstufige Vergarungsverfahren ist ein Abbau der organischen Substanz bei stabiler Prozessfiihrung von ca. 53 % mit Aufenthaltszeiten von ca. 18 Tagen erzielbar (Tabelle 7-31). Zweistufige Verfahren erreichen Abbauleistungen von ca. 62 % in einem Zeitraum von 4-10 Tagen bei Nassverfahren mit Test-/ Fltissigtrennung - bei Nassverfahren ohne Fest-/ Fltissigtrennung in 16-20 Tagen. Die in der Praxis erzielten spezifischen Biogasertrage liegen bei einstufigen Verfahren bei ca. 400 mVMg OTS und bei zweistufigen Verfahren bei ca. 460 mVMg OTS.
640
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
Tabelle 7-30. Einteilung der Rottegrade entsprechend den Maximaltemperaturen im Selbsterhitzungsversuch (Anonym 1995) Rottegrad I II III IV V
Produktbezeichnung Kompostrohstoff Frischkompost Frischkompost Fertigkompost Fertigkompost
A max* [ ^ J
<60 50-60 40-50 30-40 <30
Der Abbaugrad der OTSbio-Abbgr. wird nach folgender Formel bestimmt: T^ OTS bio-Abbgr . - 1
V OT^
-^ ^ mill -Input -^ ^ -^ ^ bio -Output
TS -*- "^ min -Output
OTSbio-Abbgr. TSmin-Input. TS,min-Output OTSbio-output OTSbio-input
YOTS
xlOO
^ ^ -»- ^ bio -Input
= Abbaugrad der biologisch abbaubaren organischen Substanz = Mineralische Trockensubstanz im Input = Mineralische Trockensubstanz im Output = biologisch abbaubare organische Substanz im Output ^ biologisch abbaubare organische Substanz im Input
Tabelle 7-31. KenngroBen einstufiger und zweistufiger Vergarungsverfahren bei der Verwertung von Bioabfallen Input (% TS in der FS) Biogas (% von FS) Spezifische Gasproduktion (m^/Mg OTS Input) CH4-Gehah (Vol.-%) Heizwert (kWh/Nm^) Garrest (% von FS Input) Garrest (TS in % der FS) Abbau in % OTS Abbau in%TS Rottegrad Abwasser (1/Mg) Behandlungszeit (d) ^^ Nassverfahren mit Fest-ZFlussigtrennung ^^ Nassverfahren ohne Fest-/Fltissigtrennung
einstufig 25-30 10-16 290-510 57-65 5,7-6,5 40-66 25-40 52-55 38-42 II-III 200-540 15-30
zweistufig 20-30 9-18 280-580 62-74 6,2-7,4 40-63 20-40 52-67 38-50 III-IV 200-560 4-10^\ 16-20^^
Die Massenreduktion wahrend der biologischen Behandlung wird bestimmt durch die Abnahme des Wassergehaltes und der Trockensubstanz. Ausschlaggebend fiir die Gewichtsabnahme durch Wasserverluste ist die Differenz zwischen Anfangswassergehalt und gewtinschtem Wassergehalt im Endprodukt. Entscheidend fiir die Verringerung der Masse an Trocken-
7.8 Ausgewahlte Leistungsdaten
641
substanz sind der Abbaugrad der biologisch abbaubaren organischen Substanz und deren prozentualer Anteil in der TS. Massenfltisse ftir einen Vergamngsprozess mit nachgeschalteter Aerobstufe, berechnet fiir einen Standardbioabfall, sind in Abbildung 7-29 dargestellt. Eintrag Bioabfall 100% 65 % Wasser 23%TSbio
Prozesswasser
Grobaufbereitung Siebung Storstoffauslese Stoffloser **
5 % Storstoffe
Eintrag Vergarung 95 % Prozesswasser
Abbau der organischen Substanz Austrag Vergarung 55%
Nachkompostierung
>i
11%Bi ogas
u
29 % Abwasse
24 % Rotteverluste 18,4 OT^i, 220,4 Wasser
Feinaufbereitung Siebung Storstoffabscheidung
Kompost
29% 10,2% Wasser8,2 % OT^io" 10,7%Ts^i/*
* Wassergehalt 35 % Gluhverlust/OT^io 43 % i. d. TS
Abb. 7-29. Massenbilanz einer Bioabfallvergarungsanlage mit nachgeschalteter Kompostierung am Beispiel eines Standardbioabfalls In Tabelle 7-32 und 7-35 sind Betriebs- und Prozesskenndaten der in Kapitel 7.4.3.4 beschriebenen Vergarungsverfahren ftir die Verwertung von Rest- und Bioabfallen dargestellt. Die theoretische hydraulische Verweilzeit der Abfalle in den Reaktorsystemen betragt sowohl bei den Nass- als
642
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
auch Trockenverfahren zwischen etwa 15 und 20 Tagen und liegt damit im Rahmen der ftir die anaeroben Mikroorganismen bekannten Generationszeiten. Die Nass- und Trockenverfahren unterscheiden sich allerdings deutlich hinsichtlich der zulassigen organischen Belastung der Reaktoren. Tabelle 7-32. Betriebs- und Prozesskenndaten ausgewahlter Vergarungsverfahren zur Bioabfallverwertung und Restabfallbehandlung Verfahrcn
Substrat Reaktor
Ver ProzeBstufen
niage Zulauf
Betriebsweise Beschickung
T„.„,™
Verweilzeit
Betriebsdaton Raumbelaslung
Quelle
[kgoTS/(tTi^d)]|lkgoTSi,i„/(nf d)] BTA
Bioabfall
volldurchinischt
1
nass
diskontinuierlich
mesophil
12
3.4-4.1
Plauen WABIO
Bioabfall Bioabfall
1
nass
kontinuierlich kontinuierlich
mesophil
voUdurchmischt
11 - I7-' 15-20
6.1 5-7
ISKA
Restabfall
Hybiidreaktor
2
nass
kontinuierlich
mesophil
2-4.2-6"
8- I2kgCSB
Linde-KCA
Bioabfall"
Schlaufenreaktor
2
nass
kontinuierlich
mesophil
20
2.5
Bioabfair'
Schlaufeiireaktor
2
nass
kontinuierlich
thermophil
18
4.2
Restabfall
Schlaufenreaktor
2
nass
semi-kontinuierlich
thermophil'
16- 1'/'
Restabfall
voUdurchmischt
1
trocken
diskontinuierlich
thermophil
37
8 - 10"
4-5
ISAH
Bioabfall Bioabfall Bioabfall
voUdurchmischt voUdurchmischt voUdurchmischt
1 1 1
themiophil thermophil thermophil
21 20
7 - 14-' 1 3 - 15
k.A.
trockeii trocken
diskontinuierlich diskontinuierlich diskontinuierlich
Dranco BIDLINGMAIER.2001 FRICKE. 2002
iDranco
Valorga
Linde-BRV
RestabfalP'
Pfropfstrom
1
trocken
diskontinuierlich
mesophil
Pfropfstrom
1
trocken
diskontinuierlich
mesophil
12-18
7.5-9
Pfropfstroin
1
trocken
diskontinuierlich
thermophil
1 2 - 18
10-13
Pfropfstrom Propfstrom Propfstrom
1 1 1
trocken trocken trocken
diskontmuierlich kontinuierlich kontinuierlich
themiophil thermophil
20-30 15-20 20
14-25
Propfstrom Propfstrom
1 1
trocken trocken
semi-kontinuierlich kontinuierlich
' therinophil
11-21
4.7 - 9,4
Restabfall" Bioabfall
WELLINGER. 2003 Linde 1 Linde 2
12
Restabfall"
13
GALLERT. 2002 KLINKMULLER. 1994 GRUNDMAKN. 1994
6.5
Restabfall" Bioabfall KOMPOGAS Bioabfall Bioabfall
2.9 - 3,5
14
FRICKE. 2002
SAINT-.10LY, 1992 BIDLINGMAIER.2001 BIDLINGMAIER,2001 4-6 7-9
FRICKE. 2002 KUGLER. 1994 FRICKE. 2002
7-9
FRICKE. 2001 FRICKE, 2002
' Co-Vergiinmg von Bioabfall mit Klarschlamin -' Co-Vergarung von Bioabfall mit landwirtschaftlichen Reststoffen ^' hausliche Abfalle olme Getrenntsaminlung •" Hydrolyse im psychropliilen Temperatiirbereich •''' Verweilzeit von Hydrolyse (3 - 5 Tage) und Methanisiening ( 8 - 1 2 Tage *"' wahlweise mesophiler oder thennophiler temperaturbereich " Hydrolyse im inesophilen Temperaturbereich '"" Verweilzeit von Hydrolyse (1 - 3 Tage) und Methanisiening (16 Tage) '" Ergebnisse aus einem Versuchsreaktor '"' Beschickung einmal tiiglich liber 7 Tage pro Woche " ' 2 - 4 Tage Perkolation/Hydrolyse, 2-6 Tage Methanisiening
Die zulassige Raumbelastung der Reaktoren beeinflusst wesentlich das erforderliche Faulraumvolumen ftir die storungsfreie Vergarung der Abfalle. In Tabelle 7-33 ist beispielhaft ftir ein Nass- und Trockenverfahren die Berechnung des erforderlichen Faulraumvolumens und der theoretischen hydraulischen Verweilzeit ftir einen tiblichen Bioabfall dargestellt. Der Anlagendurchsatz betragt 10.000 Mg/a. Die maximal zulassige Raumbelastung wird mit 4 und 9 kg oTS/m^-d angenommen. Das erforderliche Faulraumvolumen berechnet sich aus der taglich dem Reaktor zugeftihrten organischen Trockensubstanz und der maximal zulassigen Raumbelastung und ist bei einem Trockenverfahren mit etwa 700 m^ um ca. 55 % geringer als bei einem Nassverfahren. Die hydraulische Verweilzeit des Nassverfahrens betragt unter Annahme einer 9 %-igen Suspension die dem Reaktor zugeftihrt wird, lediglich 13 d und liegt damit deutlich unter der hydraulischen Verweilzeit des Trockenverfahrens.
7.8 Ausgewahlte Leistungsdaten
643
Tabelle 7-33. Berechnung des Faulraumvolumens iind der theoretischen hydraulischen Verweilzeit fllr Nass- und Trockenverfahren fur die Verwertung von Bioabfall
Anlagendurchsatz Bioabfall TS oTS RaumbelasUmg Faulraumvolumen Reaktorvolumen hydraulische Veiiveilzeit
Vergarungsverfahren nass 10.000 Mg/a 35% 65% 4 kg oTS/m^-d 1.558 m^ 1.948 m^ 13,4 d
Vergarungsverfahren trocken 10.000 Mg/a 35% 65% 9 kg oTS/m^-d 693 m^ 866 m^ 20,8 d
7.8.2 Leistungsdaten der mechanisch-biologischen Restabfallbehandlung Anaerobe Behandlungsprozesse konnen bei der Behandlung von Restabfallen Abbauraten von ca. 50-55 % erzielen. Bezogen auf die anaerob abbaubaren Komponenten (OTSbio anaerob), ermittelt liber den Gartest, liegt der Abbau bei ca. 75 % (Tabelle 7-35). In Tabelle 7-34 sind exemplarisch Ergebnisse einer differenzierten Stoffgruppenanalyse nach Van Soest 1967 fiir das In- und Outputmaterial eines Vergarungsversuchs dargestellt. ErwartungsgemaB unterliegen die leicht loslichen organischen Verbindungen mit 82 % dem hochsten Abbau. Auch die Zellulosefraktion wurde mit 57 % zu einem wesentlichen Teil anaerob umgesetzt, wahrend Lignin in der Vergarung erwartungsgemaB nicht angegriffen wurde. Die erzielten Biogasertrage liegen, bezogen auf den Anlageninput, in einem Bereich zwischen 113 und 160 m^/Mg TS Anlageninput. tJber den Gesamtprozess, bestehend aus Anaerobstufe und nachgeschalteter Aerobstufe, liegen insbesondere Leistungsdaten fiir einstufige, trockene Vergarungsprozesse nach dem KOMPOGAS-, dem VALORGAund dem Linde-BRV-Verfahren vor (Fricke et al. 2001, Wallmann et al. 2001). Durch die Vergarungsstufe wird der AT4 von 60-70 mg 02/g TS auf Werte von 7-29 mg 02/g TS reduziert. Die TOCRiuat-Werte konnen von 3.000-4.500 mg/1 auf 310-1.000 mg/1 gesenkt werden, die Grenzwerte der AbfAblV sind durch eine alleinige Anaerobstufe nicht einhaltbar. Zu deren Einhaltung ist eine aerobe Nachbehandlung zwingend erforderlich. Einstufige trockene Vergarungsverfahren erzielen bei stabiler Prozessftihrung die oben genannten OTSbio-Abbauraten von 50-55 % bei Fermenter-Aufenthaltszeiten von 2-3 Wochen. Mehrstufige Vergarungsverfahren erreichen diese hohen Abbaugrade in ktirzeren Aufenthaltszeiten. Praxisversuche zeigen, dass bei trockenen einstufigen, thermophil betriebenen
644
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
Vergarungsverfahren mit Aufenthaltszeiten von 2-3 Wochen die Stabilitatskriterien (TOCEiuat ^ 250 mg/1) mit einer Nachrottedauer von ca. 4 - 6 Wochen realisiert werden konnen (Fricke et al. 2001, Wallmann et al. 2001). Tabelle 7-34. Ergebnisse der Van Soest-Analyse und weitere Stoffparameter fur unbehandelten und anaerob behandelten Restabfall Rohfett org. leicht Zellulose Lignin OTSbio loslich %TS %TS %TS %TS %TS 19,4 51 22,3 Input Vergarung 4,50 8,8 30 4,12 5,7 11,9 Output Vergarung 11,7 82 7 57 58 36 Abbau (%)
*^ A O ^[Q anaerob abbaubar
%TS 42 18 69
% OTSbio 82 60
Tabelle 7-35. Leistungsdaten fur die mechanisch-biologische Restabfallbehandlung mit integrierter Vergarungsstufe Aniage
Einheit Quarzbich!
Ravensburg
(TU Braunschweig/ IGW 2004)
(Fricke etal. 1999)
(Sievers 1997)
Status Material
Wald (Muller1995)
Tage
mg/1
Zellulose/Liqnin Parameter Output Nachrotte Wochen Nachrottedauer IVIasseabbau % oTS Naclirotte mg 02/g AT4 TS GB21 I/kg TS
Bassum
Munster
Kufstein
(Niewieler 1998)
(Walter 1999)
(Fricke etal. 2001)
einstufige thermophile Trockenvergarung (Dranco); 8 Wo beluftete Nachrotte
einstufige mesophile Nassvergarung; Batch-Betrieb; keine Nachrotte
einstufige Trockenvergarung (Kompogas); 7 Wo Nachrotte
Betriebsanlage
Demostrationsanlage
Versuchsanlage
Restabfall ^> <140 mm
Restabfall <40mm
Restabfall <6D/<70 mm
Restabfall vorzerkleinert
Restabfall <40mm
Restabfall <50/<20 mm
Restabfall <15mm
2 bis 3; 2 bis 6 ^)
19
26
7
21
n.b.
14
47 bis 53
63 bis 78
44 bis 52
37
56
Abbauleistung in % OTS 24 bis der Vergarunq m^/Mg Biogasertrag je OTS Fermenterinput Biogasertrag je m^/Mg TS 130 bis Fermenterinput Biogasertrag je 117 bis m'/Mg TS Aniagenlnput Statbilitatsparameter Output Vergarung mg AT4 34 bis 0+B13/g TS GB21 49 bis I/kg TS TOCEIUH,
Z A W Donau-
einstufige Hydrolyse und einstufige mesophile zweistufige mesophile Perkolation mit Trockenvergarung Nassvergarung Trockenver-garung (Linde-BRV); anschlieliender (BTA); 6 Wo (Linde-BRV); 12 Wo beluftete Hochleistungsverg beluftete aerobe beluftete Nachrotte aerobe Nachrotte Nachrotte DemonstraVersuchsanlage Versuchsanlage Versuchsanlage tionsanlage
System
Aufenthaltsdauer
ISKA Buchen
34
380
310 bis 340
345 bis 391
173
221
190 bis 208
237
254
156
113 bis 162
121 bis 133
133
125
60
25
15 bis 25
21 bis 29
90
52
13
37 bis 44
390 0,4 bis 0,6
200 bis 300
486
400 bis 450
87 bis 125
23
10 bis 25 7 bis 17
739
1000
<8
12
k.A.
16
bis 50
20
12 bis 43
35 bis 38
<5
3
<5
4 bis 6
1 bis 3
<20
16
7
7
2 bis 5
132
200 bis 500
64 bis 236
n o b i s 170
T0CEI„3, mg/1 <250 1) ohne Abschopfung der Bioabfalle 2) 2 bis 3 Tage Perkolation und Hydrolyse; 2 bis 6 Tage H^
7 ca. 20
Nachfolgend werden fiir unterschiedliche MBA-Konzeptionen beispielhaft Massenbilanzen aufgezeigt, die Hilfestellung bei der Aufstellung von Massenstromdiagrammen geben sollen. Es werden sowohl Daten fiir die MBA vor der Deponie als auch ftir MBA-Konzepte vor der thermischen Behandlung bzw. energetischen Verwertung prasentiert (Tabelle 7-36).
7.9 Ausblick
645
Tabelle 7-36. Massenbilanz verschiedener MBA-Konzeptionen fiir die Behandlung von Haus- und Geschaftsmiill
Input Storstoffe Metalle Rotteverlust (H2O, CO2 CH4) Massenstrom zur therm. Behandlung und/oder energetischen Verwertung Schwerstoffscheidung Massenstrom zur Deponie
MBA-vor Deponie MBA-Trocknung ohne Deponie Aerobstufe 100% 100% 5% 5% 3% 3% 23% 21% 30%
MBA-Trocknung 1 ohne Deponie Anaerob-/Aerobstufe 100 5% 3% 32%
59%
48%
12%
12%
39%
7.9 Ausblick Die Anaerobtechnik zur Verarbeitung fester Abfallstoffe hat im Laufe der letzten Jahre an Bedeutung gewonnen. Massive Unterstiitzung erhalt diese Technologie durch die Aufwertung regenerativer Energien hinsichtlich ihrer nachhaltigen Funktion fur den Klima- und Ressourcenschutz, dokumentiert auch durch das Energie-Einspeisegesetz und die Biomasseverordnung. Okologisch wirksam sind diese Verfahren aber nur bei hohem energetischen Wirkungsgrad. Dieser wird im Wesentlichen bestimmt durch • die spezifische Energieproduktion und • den Eigenenergiebedarf der Behandlungsanlage. Wahrend dem Vergarungsprozess selbst mittlerweile ein hoher Entwicklungsstand attestiert werden kann, trifft dies nicht gleichermaBen zu ftir die • Aufbereitung vor der Vergarung und Verfligbarkeit der anaerob abbaubaren organischen Substanz bzw. spez. Gasausbeute und • Konfektionierung der festen Vergarungsriickstande zur Herstellung von Sekundarbrennstoffen. Dies gilt generell fiir feste Biomasse und ist besonders ausgepragt bei diversen Siedlungsabfallen. Durch Entwicklungs- und Optimierungsarbeiten in den oben genannten zwei Verfahrenssegmenten kann die Energieeffizienz der Vergarungstechnologie gesteigert und deren Bedeutung als integriertes Verfahren zur Biomassenutzung bzw. Restabfallbehandlung nachhaltig verbessert werden.
646
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
Weiterer Entwicklungsbedarf liegt im Bereich der Entwasserung/ Trocknung der Garriickstande und bei der Abwasserbehandlung. In der jtingeren Vergangenheit sind bei trockenen Anaerobverfahren, speziell bei liegenden Fermentern, Probleme mit Sedimenten, gebildet hauptsachlich durch Kies, Sand, Glas und Metalle, aufgetreten. Hierdurch konnen vor allem mechanische Einrichtungen im Fermenter beeintrachtigt und das verfiigbare Faulraumvolumen verringert werden. Welcher Massenverlust letztendlich anzustreben ist, wird durch die nachgeschalteten spezifischen Verwertungs- bzw. Behandlungskosten vorgegeben. Es muss dartiber hinaus beriicksichtigt werden, dass ein erhohter Massenverlust in der Kegel auch mit einem erhohten Behandlungsaufwand einhergeht, der sich entsprechend kostenwirksam auf die MBA auswirkt. Generell gilt, dass sich mit zunehmenden nachgeschalteten Verwertungsbzw. Behandlungskosten eine hohe Massenreduktion positiv auf die Gesamtkosten - zusammengesetzt aus MBA und nachgeschalteter Verwertung und Behandlung - auswirkt. Hingegen sinkt die Bedeutung des Massenverlustes bei geringen nachgeschalteten Verwertungs- bzw. Behandlungskosten. Erst bei Kenntnis der verbindlichen nachgeschalteten Verwertungs- und Behandlungskosten kann entschieden werden, welcher Massenverlust im konkreten Planungsfall erzielt werden soil. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht abzusehen, wie sich der Markt zur energetischen Verwertung von geeigneten Abfallfraktionen entwickeln wird. Falls die Kosten ftir die energetische Verwertung deutlich sinken, kann es sinnvoll werden, ab einem bestimmten Grenzkostenpunkt den Anteil der heizwertreichen Fraktion bei MBA-Varianten vor der Deponie zu erhohen oder gar das gesamte Behandlungsziel zu andem. Ziel ware nicht mehr, Restabfalle biologisch zu behandeln, um groBere Teilmengen zu deponieren. Das Behandlungsziel ware dann die Erzeugung grofier Mengen heizwertreicher Komponenten, die Funktion der MBA lage dann bei der Trocknung bzw. Trocknung und Mineralstoffscheidung. Zwangspunkt hierbei ist die Zielanforderung, dass das Material hochverdichtet eingebaut und entsprechend geringe Durchlassigkeitsbeiwerte erzielt werden mtissen. In der AbfAblV wird dartiber hinaus der Heizwert Ho im Deponat auf 6.000 kJ/kg TS bzw. altemativ der TOC mit 18 % in der TS begrenzt. Somit ist - zumindest fixr den deutschen Raum - der Handlungsspielraum im Bereich Mengenflexibilitat ftir heizwertreiche Abfallkomponenten im Deponat eingeschrankt. Als Berechnungsgrundlage werden die Abfallqualitaten fiir Haus- und Geschaftsmtill, wie sie in Kapitel 7.3.2 aufgeftihrt sind, berticksichtigt. Mogliche Massenreduktionen durch Wertstoffentnahmen sind im Text nicht weiter beschrieben. Die Wertstoffentnahme beschrankt sich im Wesentlichen auf die Fe-Scheidung. Ftir Fe-Scheider wird ein Wirkungsgrad
7.9 Ausblick
647
von 70 % angesetzt. Aufgrund des geringen Ne-Metallpotenzials im Rest-, Haus- und Geschaftsmull und den vergleichsweise schlechten Wirkungsgraden liegen die Abschopfungsquoten nach jetzigem Kenntnisstand unterhalb 0,5 %, bezogen auf den Gesamt-Input. Insgesamt wird ein Massenverlust durch Metallscheidung in einer GroBenordnung von ca. 3 % in Ansatz gebracht. Der Wirkungsgrad ftir die Mineralstoffscheidung liegt in der GroBenordnung von 50-85 %. Ftir die MBA-Varianten vor der Deponie findet der Abbaugrad fur die OTSbio von 60 % Verwendung. Dies entspricht dem Abbaugrad, wie er ftir das Erreichen der Stabilitatsparameter erforderlich ist. Entsprechend den Anforderungen an den hochdichten Einbau, wird ein Endwassergehalt von 32 % angesetzt.
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648
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
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7.9 Ausblick
649
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650
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
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7.9 Ausblick
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652
7 Vergarung von Bio- und Restabfallen
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7.9 Ausblick
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8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
8.1 Allgemeines Bei biologischen Abbauprozessen unter Sauerstoffausschluss, d.h. unter anaeroben Prozessbedingungen, werden organische Stoffe iiberwiegend zu energiereichem Faulgas, auch Klargas oder Biogas genannt, umgewandelt. Faulgas ist ein Gasgemisch, das nahezu ausschlieBlich aus Methan (CH4) und Kohlendioxyd (CO2) besteht. Spuren anderer Stoffe konnen vor allem in Abhangigkeit von der Zusammensetzung des Ausgangsmaterials vorhanden sein. Anaerobe Verfahren werden eingesetzt: • zur Stabilisierung der als Endprodukt bei der Abwasserreinigung anfallenden Schlamme (Schlammfaulung), • zur Reinigung organisch hoch belasteter Abwasser (Industrieabwasser), • zur anaeroben Behandlung von Wirtschaftsdungem tierischer Herkunft, • zur anaeroben Stabilisierung von Bioabfall. Faulgas ist ein hochwertiger Energietrager, der quasi als Abfallprodukt der erforderlichen Behandlungsprozesse anfallt und dessen zielgerichtete Bewirtschaftung und Nutzung aus okologischer und okonomischer Sicht zwingend geboten ist. Die nachfolgenden Ausfiihmngen orientieren sich im Wesentlichen an der Schlammfaulung, die als Standardverfahren ftir die Schlammstabilisierung mittlerer und groBerer Klaranlagen zu sehen ist, sie sind jedoch weitestgehend auf die anderen Anwendungsbereiche iibertragbar.
8.2 Faulgasanfall Menge und Zusammensetzung des Faulgases hangen von einer Reihe von Faktoren ab, wie z.B.:
656
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
• Menge und spezifische Inhaltsstoffe des Rohschlammes sowie Abbaubarkeit der organischen Schlamminhaltsstoffe - diese Kriterien werden durch die eingeleiteten Abwasser sowie das angewendete Verfahren der Abwasserreinigung beeinflusst, • Einfluss hemmender oder storender Inhaltsstoffe, insbesondere durch industrielle Einfliisse, • Technik der Schlammfaulung (Verfahren, Verfahrenstechnik, Faulzeit), • Betrieb der Schlammfaulungsanlage. Die in Abhangigkeit von der angewendeten Verfahrenstechnik der Abwasserreinigung zu erwartenden spezifischen Faulgasausbeuten sind in der nachfolgenden Tabelle 8-1 aufgelistet. Tabelle 8-1. Abhangigkeit der zu erwartenden spezifischen Faulgasausbeuten von der praktizierten Verfahrensart der Abwasserreinigung (ATV-DVWK 2002) Betriebsweise der biologischen Reinigungsstufe 1
Schlammalter (BB)tTs = 8 d (Nitrifikation im Sommer, ggf. Teildenitrifikation)
2
Schlammalter (BB)tTs = 15 d (weitgehende Nitrifikation und Denitrifikation ganzjahrig) 3 Schlammalter (BB)tTs ^ 15d
4
Schlammalter (BB)tTs = 15d
5
Aerobe Stabilisationsanlage mit tjs = 25 d
organische Belastung von Vorklarung und JBelebuyn^^ Zulauf Belebung 35 g BSB5/(EW • d)
Zulauf Belebung 35 g BSB5/(EW • d)
Zulauf Belebung 48 g BSB5/(EW • d) (kleine Vorklarung, Grobentschlammung) Zulauf Belebung 60 g BSB5/(EW • d) (ohne Vorklarung) Zulauf Belebung 60 g BSBs/CEW • d) (ohne Vorklarung)
zu erwartende spezifische Faulgasausbeute Mittelwert: 20,75 1/(EW • d) Schwankungsbreite: 14,5-25 1/(EW-d) Mittelwert: 18,3 1/(EW-d) Schwankungsbreite: 16,5-221/(EW-d) Mittelwert: 13,21/(EW-d) Schwankungsbreite: 10,5-15,9 l/(EW-d) Mittelwert: 7,8 1/(EW • d) Schwankungsbreite: 6,2 - 9,4 1 /(EW • d) Mittelwert: 4,45 1 /(EW • d) Schwankungsbreite: 3,5-5,35 l/(EW-d)
Deutlich erkennbar ist, dass durch MaBnahmen der weitergehenden Abwasserreinigung wie Verktirzung der Aufenthaltszeit in der Vorklarung sowie Erhohung des Schlammalters in der Belebungsanlage die spezifische Faulgasausbeute zunickgeht. Der wesentliche Bemessungsparameter ftir die Schlammfaulung ist die Aufenthaltszeit (Faulzeit). Gangige BemessungsgroBe ist eine Faulzeit von 20 Tagen. Den Einfluss der Aufenthalts-
8.2 Faulgasanfall
657
zeit auf die spezifische Gasproduktion fiir verschiedene Klarschlamme zeigtdie Abb. 8-1. CD
N C/) hO
o (D C7^ C CD
E CO D
O
CD J= O CO N CD
CL
in
20
30
40
Aufenthaltszeit tjg in d Abb. 8-1. Spezifische Gasmenge GQTSZ in Abhangigkeit von der Aufenthaltszeit tTs (Kapp 1984) Zusammensetzung und Menge des erzeugten Faulgases hangen von den abgebauten Schlamminhaltsstoffen ab. Tabelle 8-2 zeigt fur die drei typischen Schlamminhaltsstoffe Kohlenhydrat, Fett und EiweiB Mittelwerte der spezifischen Gaserzeugung. Tabelle 8-2. Stoffspezifische Gaserzeugung Stoffart
Kohlenhydrat organische Fette EiweiBstoffe
Abbauspezifische Gaserzeugung^ 0,79 m^N/kg 1,27 mVkg 0,70 mVkg
Methangehalt im Faulgas 50 % Vol.-% 68 Vol.-% 71 Vol.-%
abbauspezifische Methangaserzeugung 0,40 m^N/kg 0,86 mVkg 0,50 m^N/kg
Anhand der Werte ist ersichtlich, dass aus Fetten eine hohe Gasausbeute erzielt werden kann. Fette sind allerdings relativ schwer abbaubar. Die geringste CH4-Gasausbeute liefem Kohlehydrate. Primarschlamm ist relativ leicht abbaubar mit Abbaugraden von bis zu 60 % und zufuhrspezifischen Gaserzeugungsraten von 0,5 bis 0,6 m^n/kg
658
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
oTR zugef- Uberschussschlamm hingegen ist schwerer abbaubar. Die Abbaubarkeit nimmt mit zunehmendem Schlammalter und Abnahme der Schlammbelastung ab - mit Abbaugraden zwischen 30 und 40 % und einer resuhierenden zuflihrspezifischen Gaserzeugungsrate von 0,25-0,3 m^N/kg oTR zugef- Die Gaserzeugung aus Primarschlamm ist somit im Allgemeinen etwa doppelt so hoch wie aus Uberschussschlamm (Roediger et al. 1990). tjbliche Gaserzeugungsraten fiir Mischschlamm (Rohschlamm aus Primar- und Uberschussschlamm) liegen im Bereich zwischen 0,35 und 0,45 m^N/kg oTR zugef.Der Faulgasanfall unterliegt jahreszeitlichen Schwankungen, deren Amplituden von den ortlichen Rahmenbedingungen abhangen. Abb. 8-2 zeigt auf der Grundlage von zwei umfangreichen Datenerhebungen typische Jahresganglinien. Einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Gasausbeute hat auch die Betriebsfiihrung der Schlammfaulanlage, insbesondere die Umwalzung des Faulbehalters.
0^90-.|
, W Feb
,
J M^rz
, April
, Mai
, Junl
J Juli
A
1979/80 Faulgasanfall
#
1990Faufgasanfail
^ Aug
-, Sept
, Okt
—^ Nov
J Dez
Abb. 8-2. Normierte Jahresganglinie des Faulgasanfalls, bezogen auf den jeweiligen Jahresmittelwert (Dichtl et al. 1997) Die Intensitat des Gasanfalles wird in starkem MaBe durch Art und Menge der Rohschlammbeschickung beeinflusst. Diskontinuierliche Beschickung, d.h. z.B. einmal pro Tag mit der gesamten Rohschlammmenge, wie friiher auf vielen Anlagen praktiziert, fiihrt zu ausgepragten Spitzen beim Gasanfall, was entsprechendes Gasspeichervolumen erfordert. Ist dieses Gasspeichervolumen nicht verftigbar, kann es passieren, dass bei maximalem Anfall Gas abgefackelt werden muss, zu einem spateren Zeitpunkt jedoch die gespeicherte Gasmenge den Verbrauch nicht deckt und z.B. der Kessel
8.2 Faulgasanfall
659
mit Zweitenergie zur Abdeckung des Warmefehlbedarfes betrieben werden muss. Anzustreben ist daher immer eine moglichst konstante Rohschlammbeschickung tiber 24 h/d oder, wo dies auf Grund der GroBenordnung der Anlage nicht moglich ist, eine getaktete „quasi-kontinuierliche" Beschickung. Bei der Auslegung der Anlagen zur Faulgasbewirtschaftung und insbesondere der Nutzung sind die vorgenannten Erfahrungswerte in geeigneter Weise zu berucksichtigen, dies betrifft insbesondere Schwankungen des Gasanfalls. Generell zeigt die Erfahrung, dass die Gasausbeute meist zu hoch angesetzt wird und die tatsachlichen Gasmengen erheblich unter den prognostizierten Werten liegen. Eine gute Moglichkeit zur Steigerung der Gaserzeugung - als absolute Menge - und damit die Moglichkeit einer gesteigerten Stromerzeugung bietet die sogenannte Co-Vergarung, d.h. die gemeinsame Faulung von Klarschlamm und organischen Bioabfallen (Schmelz 2000). Sie bietet sich insbesondere dort an, wo ideale Voraussetzungen gegeben sind, d.h. getrennte Bioabfallsammlung einerseits und ausreichende Faulraumkapazitat andererseits. Die Gaserzeugung kann ohne wesentliche quantitative und qualitative Auswirkungen auf den Faulschlamm deutlich erhoht werden und die Co-Vergarung ist daher sowohl okologisch als auch okonomisch eine sehr interessante Verfahrensvariante. Uberschussschlamme sind der anaeroben Stabilisierung (Faulung) weitaus weniger zuganglich als Primarschlamm. Zur Verbesserung der Abbaubarkeit von Uberschussschlammen werden daher in jtingster Zeit in zunehmendem MaBe Anlagen zur Desintegration von Uberschussschlamm unter Anwendung von Hochleistungsultraschall eingesetzt. Mit dieser Technologic werden z.T. beachtenswerte Verbesserungen des oTR-Abbaus in einer GroBenordnung von 25 % mit entsprechender Steigerung des Gasanfalls und mehr erzielt (Wacker 2001). Ein weiterer, positiver Aspekt der Klarschlammdesintegration ist, dass die Schaumbildung im Faulbehalter wirkungsvoll unterdrlickt werden kann. Die aus der Desintegration resultierenden Vorteile Gasmehrertrag, geringere Faulschlammmenge mit entsprechend geringeren Kosten fur die Entwasserung und Entsorgung amortisieren die Investition einer Klarschlammdesintegration in den meisten Fallen in relativ kurzer Zeit.
660
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
8.3 Eigenschaften von Faulgas Faulgas enthalt verschiedene Komponenten, die die Handhabung und Verwertung beeinflussen, ihre Kenntnis und Beachtung ist daher von besonderer Bedeutung. Die typische Zusammensetzung von Faulgas bzw. dessen Eigenschaften sind in der Tabelle 8-3 dargestellt. Tabelle 8-3. Zusammensetzung und Eigenschaften von Faulgas Parameter CH4 (Vol. %) CO4 (Vol. %) H2S (Vol. %) N2 (Vol. %) H2 (Vol. %) O2 (Vol. %) DichteCH4kg/m^N DichteC02kg/m^N Dichte Faulgas kg/m^N Heizwert Hu kWh/m^N Ziind-ZExplo s ionsgrenze Vol.-% in Luft
Bandbreite 60 - 70 % 30-40% 0 - 0,7 % 0 - 0,2 % 0 - 0,2 % ggf Spuren *
Mittelwert 65% 35%
-0,71 -1,96 -1,16 -6,4 5-15%(Methan) 5 - 1 9 % (Faulgas)
* Anm.: Wenn hohere 02-Gehalte im Gas festgestellt werden, kann dies zumeist auf eine fehlerhafte Probenahme zuriickgefuhrt werden. Faulgas in tiblicher Zusammensetzung (65 % CH4, 35 % CO2) ist leichter als Luft und entweicht daher nach oben. Bei hoheren C02-Anteilen im Faulgas z.B. wahrend der Phase der Einarbeitung von Schlammfaulanlagen kann Faulgas jedoch auch schwerer sein als Luft, d.h. das Gas kann sich an Tiefpunkten ansammeln. Dies ist ein Punkt, der unter sicherheitstechnischen Aspekten besonders relevant und zu beachten ist. Faulgas ist kein Reingas, wie z.B. Erdgas, es enthalt vielmehr eine gauze Reihe von Schmutzpartikeln insbesondere Schlamm- und Schaumbestandteile, die erhebliche betriebliche Probleme verursachen konnen. Es sind daher entsprechende Einrichtungen zur Abscheidung dieser Stoffe vorzusehen, auf die in Kapitel 8.6 eingegangen wird. Dariiber hinaus enthalt Faulgas eine relativ groBe Menge an Feuchtigkeit, d.h. es ist in der Regel wasserdampfgesattigt. Durch die zwangslaufige Abktihlung des Gases konnen daher erhebliche Kondensatmengen anfallen, die durch geeignete Einrichtungen aus dem Gassystem zu entfemen sind. Dabei ist zu be-
8.3 Eigenschaften von Faulgas
661
achten, dass das Kondensat einen sehr niedrigen pH-Wert aufweist und besonders korrosiv ist. Faulgas enthalt nach heutigem Kenntnisstand neben Schwefelwasserstoff (H2S) keine nennenswerten umweltrelevanten Verunreinigungen (Loll 1996). H2S kann im Faulgas in einer relativ groBen Bandbreite zwischen etwa 0 bis 0,7 Vol. % (0,1 Vol. % ^ 1.000 ppm ^ 1,54 g/m^n) enthalten sein. Die H2S-Konzentration im Faulgas wird im Wesentlichen bestimmt durch den Gehalt an Schwefelverbindungen im Abwasser und durch den Anteil, der durch Reduktionsprozesse wahrend der Faulung (Desulphurikation) vorrangig zu Schwefelwasserstoff reduziert wird. Insbesondere bei der Nutzung/Verwertung des Faulgases in Gasmotoren (BHKW) kann es erforderlich sein, eine Faulgasaufbereitung zur Entfernung von Schwefelwasserstoff (siehe Kapitel 8.6.1) vorzuschalten. Als Grenze ftir eine notwendige Entschwefelung wird von BHKW-Herstellem tiblicherweise ein Wert von < 1.500 ppm H2S genannt. Dieser Wert ist allerdings nicht als starrer Wert zu betrachten, da durch betriebliche MaBnahmen wie z.B. Verktirzung der Olwechselintervalle entsprechende GegenmaBnahmen getroffen werden konnen. Es ist in diesem Zusammenhang auch zu beachten, dass die H2S-Konzentrationen z.B. saisonalbedingt infolge industrieller Einleitungen starken jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen konnen. Die Gaszusammensetzung ist daher in regelmaBigen Abstanden je nach GroBenordnung der Anlage, spezifischen Randbedingungen, Art der Gasnutzung usw. durch eine Laboranalyse zu ermitteln. Mittels einfacher Methoden (Prufrohrchen) sollte die Gaszusammensetzung in Bezug auf den CH4-/C02-Gehalt regelmaBig und in kiirzeren Abstanden kontrolliert werden. Diese Werte charakterisieren sehr gut den Zustand des Faulprozesses und geben daher wertvolle betriebliche Hinweise. Insbesondere die Veranderung des C02-Gehaltes des Gases ist ein guter Indikator - weit mehr als der pH-Wert - fur mogliche Veranderungen des Prozesses bzw. Prozessstorungen, wodurch der Betrieb frlihzeitig in die Lage versetzt wird, GegenmaBnahmen zu ergreifen. Schwefelwasserstoff im Faulgas ist femer Ursache ftir Geruchsemissionen, d.h. Schwefelwasserstoff erzeugt den bekannten Gestank nach faulen Eiem. Dies gilt jedoch nur fur H2S-Gehalte bis 500 ppm, ftir hohere Gehalte besteht keine Gemchsempfindung mehr. Hierin liegt eine besondere Gefahrdung fiir das Klaranlagenpersonal, denn H2S wirkt humantoxikologisch und ab 5.000 ppm in wenigen Sekunden todlich (Ries 1993). In den letzten Jahren haufen sich Falle, bei denen organische Siliziumverbindungen (Siloxane) im Faulgas Probleme bei der Verwertung des Gases in Gasmotoren bereiten. Siliziumhaltige Verbindungen und Additive werden in Produkten der Waschmittel-, Kosmetik-, Bau- und Textilindust-
662
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
rie verwendet und gelangen tiber die Entsorgungswege aucli auf Klaranlagen und damit letztendlich auch ins Gas. Bei der Verbrennung des Gases werden die eigentlich harmlosen organischen Silizium-Verbindungen zu anorganischem Siliziumdioxid (Si02) oxidiert, das sich in kristalliner Form in den Verbrennungsraumen der Motore ablagert. Dort wirkt das Si02 wie ,Schmirgelpapier' bzw. ,Sand im Getriebe' mit der Folge von erhohtem mechanischen VerschleiB und hoherem Wartungsaufwand bis hin zu gravierenden Schaden und Totalausfall (Hohmann 2001). Bei kritischen Siloxan-Gehalten im Faulgas (- 6 mg/m^n) sind daher ggf. MaBnahmen zur Entfemung des Siloxans erforderlich (s. Kap. 8.6.3).
8.4 Faulgastransport und -speicherung 8.4.1 Faulgastransport Das bei der Faulung im Faulbehalter erzeugte Gas muss durch geeignete technische MaBnahmen zu den Verbrauchsstellen, ggf. iiber Zwischenschritte wie Gasaufbereitung / Gasspeicherung, geleitet werden. Durch die Gaserzeugung im Faulbehalter entsteht ein Uberdruck im Gassystem, dessen GroBenordnung bei druckbelasteten Gasbehaltem durch den gewahlten Systemdruck des Gasbehalters bestimmt wird. Ublicherweise werden druckbelastete Gasbehalter auf einen Systemdruck von 350 mmWS (-35 mbar) ausgelegt, dementsprechend baut sich im Faulbehalter ein FlieBdruck auf, der dem Druck des Gasbehalters zuzliglich der Reibungsverluste zwischen Faulbehalter und Gasbehalter entspricht, z.B. 400 mmWS (- 40 mbar). Die sicherheitstechnischen Einrichtungen am Faulbehalter werden unter Beachtung des FlieBdruckes zuzliglich eines Sicherheitszuschlages ausgelegt, z.B. auf 500 mmWS (- 50 mbar). Bei drucklosen Gasbehaltem hingegen baut sich im Faulbehalter nur ein FlieBdruck auf, der dem Dmckverlust zwischen Faulbehalter und Gasbehalter entspricht. Der erforderliche FlieBdruck am Ausgang des Gasbehalters und damit die Frage einer evtl. notwendigen Druckerhohung hangt von den Druckverlusten im System und dem erforderlichen FlieBdruck an den Verbrauchsstellen ab. Bei druckbelasteten Gasbehaltem reicht der Behalterdmck in den meisten Fallen zur Erzeugung des notwendigen Verbrauchsdmckes aus. In Sonderfallen ist eine Gasdmckerhohungsanlage erforderlich. Bei dmcklosen Gasbehaltem hingegen ist immer eine Gasdmckerhohungsanlage erforderlich. Eingesetzt werden hierfur in der Regel Radialgeblase (Seitenkanalverdichter).
8.4 Faulgastransport und-speicherung
663
Faulgas enthalt erhebliche Mengen an Kondensat. Dies erfordert eine sehr sorgfaltige Rohrleitungsverlegung, um Wassersacke und Tiefpunkte zu vermeiden. Andemfalls besteht die Gefahr, dass durch Kondensatansammlung der Leitungsquerschnitt eingeengt wird und dadurch erhohte Druckverluste und Pulsationen auftreten. Zur Ableitung des Kondensates sind die Gasleitungen mit Gefalle zu verlegen und mit Kondensatsammlem - vorteilhafterweise mit selbsttatigen Entwassemngen - auszuriisten. Faulgas bzw. das im Gas enthaltene Kondensat ist sehr korrosiv. Ftir Rohrleitungen und Einbauteile (Wassertopfe, Filtertopfe, usw.) sind daher korrosionsbestandige Werkstoffe zu wahlen. Bewahrt hat sich hierfur und daher heute nahezu ausnahmslos verwendet - nicht rostender Stahl, Werkstoff 1.4571 (so genannter V4A-Edelstahl). Schwachstellen hinsichtlich der Korrosionsbestandigkeit von nicht rostendem Stahl sind die SchweiBnahte. An die Ausfuhrung von SchweiBarbeiten fiir Gasleitungen aus nicht rostendem Stahl sind daher besondere Anforderungen zu stellen. Die VerhaltnismaBigkeit sollte hierbei allerdings gewahrt bleiben, d.h. es sollten nicht unbedingt die Kriterien fiir Rohrleitungen in Kemkraftwerken angelegt werden. Neben Gasleitungen aus nicht rostendem Stahl werden fur erdverlegte Gasleitungen auch HDPE-Rohre verwendet. Hier gilt noch mehr als fur Rohre aus nicht rostendem Stahl die Notwendigkeit einer sorgfaltigen Verlegung, weil HDPE-Rohre weniger starr sind und es deshalb sehr leicht zu Absenkungen und der Bildung von Wassersacken kommen kann. In der Vergangenheit sind fiir Gasleitungen in Gebauden sehr haufig PVC-Rohre verwendet worden. Auf alteren Anlagen sind derartige Installationen auch heute noch in Betrieb. Wegen der geringen Schlagzahigkeit (Bruchgefahr) und der Brandgefahr (Dioxinbildung) ist der Einsatz von PVC-Rohrleitungen in Gebauden nicht mehr zulassig. Ftir Raume mit Faulgas fiihrenden Leitungen und Geraten (Gasraum) sowie die gesamte Faulungsanlage kommen besondere sicherheitstechnische Vorschriften zur Anwendung. 8.4.2 Faulgasspeicherung Faulgasspeicher, d.h. so genannte Gasbehalter, haben die Aufgabe, quantitative und qualitative Schwankungen des Gasanfalls auszugleichen. Dariiber hinaus bestimmen Gasbehalter (allerdings nur dmckbelastete) den Systemdruck im Gassystem. Zur Erfullung dieser Aufgaben wird der Gasbehalter meistens zwischen Faulbehalter und Verbrauchern im so genannten „Hauptschluss" angeordnet, d.h. samtliches anfallendes Gas wird durch den Gasbehalter geleitet.
664
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
Das erforderliche Speichervolumen eines Gasbehalters wird vor allem durch die Betriebsweise des Faulbetialters einerseits und die Gasverwertung andererseits beeinflusst. Im Einzelnen sind folgende Faktoren von Bedeutung. Die Schwankungen des Gasanfalls sind bedingt durch die Betriebsweise der Faulung und entscheiden iiber die Art der Gasnutzung: • • • •
Verbrennung im Heizkessel zur Faulbehalter- und Gebaudeheizung, Verbrennung in Gasmotoren im Grundlastbetrieb, Verbrennung in Gasmotoren mit Spitzenlastbetrieb, Verbrennung in einer Trocknungsanlage, die z.B. nur werktags betrieben wird anderweitige Nutzung.
Das erforderliche Speichervolumen hangt sehr stark von den jeweiligen Rahmenbedingungen in Bezug auf Gasanfall und -verbrauch ab. Dementsprechend groB ist der Schwankungsbereich zwischen ca. 20 und 150 % Speichervolumen, bezogen auf den taglichen Gasanfall. Im Einzelfall ist eine Bemessung nach der fluktuierenden Gasmenge vorzunehmen. (Meyer et al. 1983) nennen aufgrund einer Datenerhebung einen Mittelwert flir das spezifische Speichervolumen von 10,4 1/E. Tendenziell ist festzustellen, dass das spezifische Volumen mit steigender KlaranlagengroBe abnimmt. Unter allgemeinen betrieblichen Gesichtspunkten hingegen gilt: „Je mehr, desto besser!" (Sixt 1997). Bei den auf Klaranlagen zum Einsatz kommenden Gasbehaltem wird im Wesentlichen zwischen zwei Bauarten unterschieden, Niederdruckgasbehalter oder druckloser Gasbehalter. In Sonderfallen kommen auch Hochdruckspeicher bis 10 bar tJberdrucks zum Einsatz. 8,4.2.1 Niederdruckgasbehalter Niederdruckgasbehalter sind Behalter mit einem Betriebsdruck < 1.000 mmWS (-lOOmbar). Sie werden in zwei Bauarten unterteilt, Niederdruck-Nassgasbehalter oder Niederdruck-Trockengasbehalter. Niederdruck-Nassgasbehalter, so genannte Glockengasbehalter, sind Behalter, bei denen eine z.T. eingetauchte Gasglocke in einer Wassertasse schwimmt. Der Speicherraum ist der Raum zwischen Glockendecke und Wasseroberflache in der Wassertasse, die Anderung des Ftillungsgrades erfolgt durch vertikale Bewegung der Glocke. Der Gasdruck wird durch das Gewicht der Glocke bestimmt. In den Ringspalt zwischen Tassenwand und Glockenwand wird eine Immunolschicht als Sperr- und Schmiermittel eingebracht. Der Ringspalt wird beheizt. Nassgasbehalter werden heute nicht mehr eingesetzt, sie sind aber auf alteren Anlagen durchaus noch vorhan-
8.4 Faulgastransport und-speicherung
665
den. Bei Ersatz oder Neuanlagen kommen heute fast ausnahmslos Trockengasbehalter zum Einsatz. Der Niederdruck-Trockengasbehalter mit Membrandichtung besteht aus einem zylindrischen Blechgehause mit aufgesetztem konischem Stahlblechdach. Die Speicherung des Gases erfolgt unter einer gewichtsbelasteten Scheibe. Hierzu ist in halber Hohe der Behalterwand eine kegelstumpfformige Membrane in einem Flanschring eingespannt. Die Membrane dichtet den Raum zwischen dem Blechgehause und der Scheibe ab und erlaubt wahrend des Ftill- und Entleemngsvorganges die Bewegung der Scheibe vom Boden des Behalters bis zum Dach. Die gewichtsbelastete Scheibe wird durch ein zentral angeordnetes Teleskoprohr gefuhrt. Der durch den Gasbehalter erzeugte Systemdruck wird durch die auf die Scheibe aufgebrachten Gewichte in der Regel Betonteile bestimmt. Alternativ dazu gibt es auch Bauarten, bei denen der Systemdruck auf die Membrane durch eine Verdichtung des Luftraumes zwischen Membrane und Gasbehalterdach erzeugt wird. Einen Schnitt durch einen Niederdruck-Trockengasbehalter mit gewichtsbelasteter Membrane zeigt die Abb. 8-3. T
Zeigerwerk Gasbehalterdach
Ff- Gasbehaltermantel
Montagemannloch ^ Hydraulische Uberdrucksjcherung
Mannloch DN 600
Abb. 8-3. Niederdruck-Trockengasbehalter mit gewichtsbelasteter Membrane (Eisenbau-Heilbronn)
666
8 Einrichtungen zur Nutzimg / Verwertung von Faulgas
Das Gasbehalterblechgehause wird auf eine Betonfundamentplatte aufgesetzt. Zum Gasbehalter gehort ein Gasbehaltervorschacht mit den Zufuhrund Entnahmeleitungen einschl. flutbarer Wassertopfe, die u.a. zur Absperrung fur Reparaturfalle dienen, von auBen bedienbaren Absperrarmaturen sowie ein Kondensatsammel- und -ableitsystem. Femer gehoren zu einem derartigen Trockengasbehalter sicherheitstechnische Einrichtungen (tjberdruck- und Vakuumsicherung, Blitzschutz) sowie eine Inhaltsanzeige mit Kontakten zur Fernubertragung. Das Blechgehause des Behalters besteht aus Normalstahlblechen, die vor Ort zusammengeschweiBt werden. Die Innen und AuBenflachen werden mit entsprechendem Korrosionsschutz versehen. Die AuBenflachen werden oftmals farblich sehr interessant und ansprechend gestaltet. Niederdruck-Trockengasbehalter der vorbeschriebenen Bauart werden fiir den Einsatz auf Klaranlagen tiblicherweise in GroBen zwischen 200 m^ und 5.000 m^ gebaut. Ftir geringere Speichervolumen zwischen 10 und 125 m^ werden so genannte Wannen-Gasbehalter als liegende, zylindrische Blechgehause eingesetzt, deren gmndsatzliche Funktion ahnlich ist wie die des zuvor beschriebenen Gasbehalters. 8A.2.2 Drucklose Gasbehalter Drucklose Gasbehalter bestehen in der Kegel ebenfalls aus einem Stahlblechgehause, in das eine raumveranderliche Kunststofffolie eingespannt ist. Im Faulbehalter baut sich hierbei lediglich ein Systemdruck als FlieBdruck auf, der ausreicht, um das Gas vom Faulbehalter zum Gasbehalter zu transportieren und die Folic aufzublasen. Die Speicherung erfolgt somit durch reine Volumenausdehnung. Da ein Gegendruck nicht besteht, ist der Speicher dmcklos (Muche). Der drucklose Gasbehalter erzeugt keinen Systemdruck, der zur Versorgung der Gasverbraucher genutzt werden kann. Der Verbrauchsdruck muss daher durch eine Gasdmckerhohungsanlage erzeugt werden. Die sonstigen Einrichtungen und auch die GroBenordnungen sind weitestgehend identisch mit denen des Niederdruckgasbehalters. Drucklose Gasbehalter sind hinsichtlich der Investitionskosten eine preiswerte Alternative zu Niederdruckgasbehaltem, sie weisen jedoch hohere Betriebs- und Wartungskosten auf Es kommt hinzu, dass eine Uberwachung der Kunststofffolie bei diesen Behaltem nicht moglich ist, so dass ein gewisses Gefahrenpotenzial besteht. Ein weiterer Nachteil ist, dass keine genaue Inhaltsanzeige tiber Schaltpunkte moglich ist. Bei einem Vergleich beider Systeme mtissen daher Vor- und Nachteile sehr genau gegeneinander abgewogen werden und vor allem Gesamtkostenbetrachtungen angestellt werden.
8.5 Ausrustungsteile fllr das Gassy stem
667
8A. 2,3 Druckspeicherung Unter bestimmten Randbedingungen kann es erforderlich sein, groBere Gasmengen zu speichem, z.B. fur einen Wochenendausgleich. Wenn das dafur erforderliche Volumen mit herkommlichen Gasbehaltem sinnvoll bzw. wirtschaftlich nicht abgedeckt werden kann, bietet sich eine Druckspeicherung an. Faulgas ist kompressibel und das Volumen vermindert sich dem aufgebrachten Druck entsprechend. Druckspeicheranlagen werden tiblicherweise ftir einen Speicherdruck von 10 bar tJberdruck gebaut, d.h. es kann im Vergleich zu einem herkommlichen Gasbehalter die 10fache Menge gespeichert werden. Als Speicherbehalter werden liegende Zylinder oder Kugeln verwendet. Aus betrieblichen und sicherheitstechnischen Griinden (Sixt 1997) wird zwischen Faulbehalter und Druckspeicher meistens ein NiederdruckMembranbehalter zwischengeschaltet, der als Saugvorlage zur Beschickung der Druckbehalter mittels Verdichteranlage dient. Die Versorgung der Verbraucher kann tiber die Entspannungsanlage direkt erfolgen. Druckspeicheranlagen sind betrieblich aufwendiger, insbesondere im Hinblick auf die sicherheitstechnischen Anforderungen und Bestimmungen ftir Druckbehalter, so dass sich ihr Einsatz nur unter entsprechenden Rahmenbedingungen rechnet.
8.5 Ausrustungsteile ftir das Gassystem Eine generelle Ubersicht zu einem Gassystem ftir eine Schlammfaulungsanlage mit den zugehorigen Einbauteilen gibt die Abb. 8-4. A r**T—®~
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Gasbehalter
^
r"^ db
(^(D-]5 Kessel
BHKW
Abb. 8-4. Gassystem einer Schlammfaulungsanlage
HJ"
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^
668
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
8.5.1 Gashaube/Schaumfalle Das im Faulbehalter produzierte Gas wird tiber einen Entnahmestutzen/dom in der Gashaube dem Faulbehalter entnommen und weitergeleitet. Die Gashaube ist mit einer Uber- und Unterdrucksicherung zumeist als Wasservorlage ausgertistet, in der Regel ausgelegt flir 50 mmWS (~ 5 mbar) Unterdruck und 500 mmWS (~ 50 mbar) Uberdruck. In vielen Fallen wird in das Gasanfallsystem auch eine Schaumfalle eingebaut. Schaumfallen haben in jtingster Zeit an Bedeutung gewonnen, seit Faulbehalter insbesondere auf Klaranlagen mit weitergehender Abwasserreinigung zum Schaumen neigen. Herstellerabhangig ist die Schaumfalle integraler Bestandteil der Gashaube/des Gasentnahmedoms bzw. separates Einbauteil, das im Schlammschacht am Faulbehalterkopf installiert wird. Die Schaumfalle ist als Zyklon ausgebildet, in den das Gas tangential eingeleitet wird. Die Schaumabscheidung wird durch Besprtihung mit Wasser unterstiitzt, wobei die Wasserbesprtihung durch ein automatisches Detektionssystem ausgelost wird. 8.5.2 Gasfackel Uberschiissiges Faulgas darf nicht unverbrannt in die Atmosphare abgelassen werden. Die Gasanlage einer Schlammfaulung ist daher mit einer Fackel als Sicherheitseinrichtung auszuriisten, in der nicht genutztes Faulgas verbrannt werden kann. Die Leistung der Fackel ist dabei so zu bemessen, dass die stiindlich maximal anfallende Gasmenge abgefackelt werden kann. Verfahrenstechnisch angeordnet wird die Fackel zumeist zwischen Faulbehalter und Gasbehalter. Gasfackeln werden mit offener Flamme und mit nicht sichtbarer Flamme gebaut, die Bauarten sind herstellerbedingt insbesondere im Hinblick auf den Brenner und das Ziindsystem sehr unterschiedlich. 8.5.3 Entwasserungseinrichtungen Faulgas ist in der Regel immer wasserdampfgesattigt, deshalb muss stets mit Kondensatanfall gerechnet werden. An Tiefpunkten sind daher Entwasserungseinrichtungen, so genannte Wassertopfe oder Kondensattopfe, vorzusehen, in denen das Kondensat gesammelt und zielgerichtet abgeleitet werden kann. Bewahrt haben sich hier insbesondere bauartzugelassene automatisch arbeitende Kondensatableitungssysteme. Von Hand zu bedienende Kondensatablasse hingegen sind immer als problematischer Betriebspunkt anzusehen und nach Moglichkeit zu vermeiden.
.5 AusrCistungsteile fiir das Gas system
669
8.5.4 Gasfilter Faulgas enthalt neben Kondensat erhebliche Anteile an Schlamm- und Schaumpartikeln, die aus dem Gas zu entfemen sind, um betriebliche Probleme zu vermeiden. Dazu werden so genannte Wasser-Kies-Topfe/ Kiesfilter verwendet. Diese Filter sind mit grobem Kies geftillt und dienen zur Abscheidung sowohl von Kondensat als auch von Schmutzpartikeln. In den meisten Fallen ist eine Gasreinigung durch einen Kiesfilter ausreichend ftir die Verwertung in Kesseln oder Gasmotoren. Oftmals wird dem Kiesfilter jedoch noch ein Feinfilter nachgeschaltet. Feinfilter sind Keramikfilter mit speziellen Filterkerzen aus Kunststoff, wodurch auch feinste Schmutzpartikel aus dem Gas entfemt werden. 8.5.5 Flammenriickschlagsicherungen Vor potenziellen Ztindquellen im Gassystem wie Gasfackel, Brenner, Gasmotoren, Verdichter usw. sind Flammenriickschlagsicherungen vorzusehen, die ein Rtickschlagen offener Flammen in das Gassystem verhindem sollen. Es dtirfen nur bauartzugelassene Flammenriickschlagsicherungen eingebaut werden. 8.5.6 Messeinrichtungen Die Erfassung und Aufzeichnung der Gasvolumenstrome einer Schlammfaulungsanlage ist sowohl fiir die Prozesskontrolle wie auch ftir die Bilanzierung von besonderer Bedeutung. Da Faulgas kein Reingas ist, ist die Gasmengenmessung aufgrund folgender Punkte jedoch nicht ganz unproblematisch: • • • •
Geringer sowie schwankender Druck im Gassystem, Hoher Feuchtigkeitsgehalt im Gas, Korrosivitat des Gases, insbesondere durch H2S, Mechanische Verschmutzung des Gases durch Schlammpartikel, Fasem, Schaum, • Schwankende Gaszusammensetzung, • Temperaturschwankungen, • GroBe Messbereiche. Gas ist ein kompressibles Medium, dessen Dichte vom Druck und der Temperatur abhangt. Um den Durchfluss zu ermitteln, mtissen Massendurchfluss qu oder Volumendurchfluss qv ermittelt werden, die in folgendem Verhaltnis zueinander stehen: qM = qv • P
670
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
Die Dichte p ist abhangig vom Betriebszustand des Gases (pi, ti) und kann wie folgt auf Normwerte (0 °C, 1013 mbar) umgerechnet werden. 273
p
^1+273 1013 Zur korrekten Bilanziemng mtissen die Normwerte (Normkubikmeter) herangezogen werden. An dieser Stelle liegt jedoch bereits ein Hauptproblem der Gasmessung. Viele Messverfahren ermitteln nur Betriebskubikmeter, well zugehorige Parameter wie Druck und Temperatur fehlen, um die Werte in Normkubikmeter umrechnen zu konnen. Folgende Messverfahren stehen zur Verfixgung: • • • •
volumetrische Messverfahren (Zahler verschiedenster Bauart), Blendenmessung (Wirkdruckverfahren), Wirbeldurchflussmessung, Massendurchflussmessung auf der Basis der Differenztemperatur (FCI).
Gaszahler haben den Vorteil, dass sie sehr genau arbeiten, aber sehr empfindlich gegentiber mechanischen Verschmutzungen und Korrosivitat reagieren. Sie sind daher flir Faulgas wenig geeignet. Die Blendenmessung war bzw. ist auf Klaranlagen sehr verbreitet, well das Verfahren einfach, unempfindlich und preisgiinstig ist. Wesentliche Nachteile der Blendenmessung sind jedoch die relativ hohe Messungenauigkeit, der eingeschrankte Messbereich sowie der relativ hohe Druckverlust. Bewahrt haben sich in jiingster Zeit insbesondere FCI-Massendurchflussmessungen, bei denen eine sich in Abhangigkeit vom Gasdurchsatz einstellende Differenztemperatur ermittelt wird, die eine reproduzierbare GroBe proportional zum Gasdurchfluss darstellt. Der Vorteil dieses Messverfahrens ist einerseits die hohe Messgenauigkeit, die Ermittlung von Normkubikmetem sowie quasi kein Druckverlust. Neben der Gasmengenmessung wird das Gassystem in der Regel ausgerustet mit Druckmessungen und Temperaturmessungen. Auf groBeren Klaranlagen werden oftmals auch Gasanalysegerate eingesetzt, die den CH4- bzw. C02-Gehalt, ggf auch weitere Parameter, kontinuierlich ermitteln. Grundsatzlich gilt fur alle MessverfahrenZ-gerate, dass aufgrund der besonderen Medieneigenschaften des Faulgases nur solche Verfahren/Gerate zum Einsatz kommen sollten, deren Praxiseignung langerfristig unter Beweis gestellt werden konnte.
8.6 Faulgasaufbereitung
671
In Gebaudebereichen, in denen eine erhohte potentielle Gefahrdung durch Gasaustritt bestetit, sind entsprechende Messgerate vorzusehen, die bei Erreichen vorgegebener Gaskonzentrationen Alarm auslosen, d.h. so genannte Gaswamanlagen.
8.6 Faulgasaufbereitung 8.6.1 Entschwefelung Durch Reduktionsvorgange wahrend des Faulprozesses kann Schwefelwasserstoff in Konzentrationen entstehen, die eine Entschwefelung erforderlich machen. Dariiber hinaus fordert das Bundesimmissionsschutzgesetz, dass (sowohl in genehmigungspflichtigen wie auch in nicht genehmigungspflichtigen Feuerungsanlagen) Faulgas nur verbrannt werden darf, wenn es weniger als 1.000 ppm (0,1 Vol.-%) Schwefelverbindungen gemessen als Schwefel enthalt. Aus dieser gesetzlichen Regelung leitet sich gleichermaBen die Notwendigkeit zur Entschwefelung ab. Zur Reduzierung des Schwefelwasserstoffgehaltes bieten sich folgende Moglichkeiten an: • Gezielte Entfemung durch Entschwefelungsanlagen, • Ungezielte bzw. nur bedingt gezielte Entfemung durch Zugabe von Fallmitteln auf Eisenbasis, insbesondere zur Phosphatfallung. 8.6.1.1 Entschwefelungsanlagen Die Gasreinigungsverfahren zur Entschwefelung unterscheiden sich grundsatzlich in folgende Varianten (Ries 1993): • chemisch/adsorptive Trockenentschwefelung, • adsorptive Nasswasche, • biologische Entschwefelung. Klassisches Entschwefelungsverfahren ist der mit Raseneisenerz FeO(OH) gefullte Entschweflerturm. Hierbei wird das Gas im Aufwartsstrom durch den Turm geleitet und der Schwefelwasserstoff durch Eisen chemisch gebunden, indem Eisensulfid entsteht. Durch den chemischen Prozess wird Raseneisenerz „verbraucht". Die Ftillmasse muss daher regeneriert werden, was zum Teil durch standige Luftzugabe erfolgt. Wenn sich nach langerer Betriebszeit jedoch zuviel elementarer Schwefel an der Oberflache abgelagert hat, muss die Masse ausgetauscht werden.
672
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
Bei der Nasswasche wird der Schwefelwasserstoff mit Hilfe einer Waschfltissigkeit aus dem Gas entfemt. In der Regel wird Natronlauge als Waschfltissigkeit verwendet, wodurch H2S als Natriumsulfid bzw. Natriumsulfat gebunden wird. Bei den biologischen Entschwefelungsverfahren werden Mikroorganismen auf Tragermaterialien eingesetzt z.B. „Thiobacillus", die unter aeroben Bedingungen H2S zu elementarem Schwefel bzw. Sulfat oxidieren. Alle zuvor genannten Verfahren sind praxisbewahrte Verfahren, durch die die H2S - Konzentration auf Werte < 20 ppm gesenkt werden kann. 8.6,1.2 H2S'Bindung durch Eisensalze Durch den Einsatz von eisenhaltigen Fallmitteln zur Phosphatfallung hat sich auf vielen Klaranlagen die H2S-Problematik entscharft bzw. gelost, well das zu diesem Zweck dosierte Eisen mit dem Schlamm in den Faulbehalter gelangt und auch dort ftir die H2S-Bindung zur Verftigung steht. Dies gilt sowohl ftir Eisensulfat wie auch fur Eisenchlorid. Diese Erkenntnis, die erstmals von Stachowske (1991) gezielt untersucht worden ist, wird auch zur direkten H2S-Bindung genutzt, indem Eisensalze direkt dem Rohschlammstrom vor der Faulung zudosiert werden. 8.6.2 Aniagen zur Gastrocknung Faulgas ist wasserdampfgesattigt. Durch Abktihlung des Gases fallen daher erhebliche Kondensatmengen an. Ftir bestimmte Anwendungsfalle z.B. wenn das Gas tiber weitere Entfemungen transportiert werden soil kann es daher notwendig werden, das Kondensat aus dem Faulgas zielgerecht zu entfemen. Dies erfolgt durch eine Abktihlung des Gases unterhalb des Taupunktes, indem das Gas durch einen Warmetauscher geleitet wird, der im Gegenstrom mit einem Kaltemittel beaufschlagt wird. Das abgektihlte Gas wird durch einen zweiten Warmetauscher geleitet, in dem das Gas durch Abnahme der Energie des Kaltemittels wieder erwarmt wird. Eine Gastrocknungsanlage besteht somit im Wesentlichen aus folgenden Komponenten: • Warmetauscher zur Abktihlung des Gases, • Warmetauscher zur Wiedererwarmung des Gases, • Kalteaggregat ftir die Bereitstellung des Kaltemittels. Die Temperatur, auf die das Gas abgekiihlt wird, hangt von den speziellen Rahmenbedingungen ab.
8.7 Gasverwertung
673
8.6.3 Aniagen zur Siloxanentfernung Betriebliche Probleme bei Gasmotorenanlagen sind zu erwarten, wenn der Siliziumgehalt 6 mg/m^N tiberschreitet. Zur Siloxanentfernung stehen folgende Aufbereitungsverfahren zur Verftigung: • Gaswasche/Adsorption mittels Ol, • GastrocknungZ-ktihlung, • Aktivkohleadsorption. Alle drei Verfahren sind praxiserprobt. Im Vergleich der Verfahren untereinander hat z.B. die Emscher-Genossenschaft gute Erfahmngen gesammelt mit der Aktivkohleadsorption ftir kleinere Aniagen und der GastrocknungZ-ktihlung ftir groBere Aniagen (Hohmann 2001).
8.7 Gasverwertung 8.7.1 Allgemeines Sowohl unter okonomischen wie auch okologischen Gesichtspunkten (Faulgas zahlt zu den regenerativen Energien und gilt hinsichtlich der Nutzung als C02-neutral) ist die zielgerichtete Verwertung von Faulgas zwingend geboten. Ftir die Verwertung bieten sich gmndsatzlich folgende Moglichkeiten an: • Heizkesselanlage, • BHKW-Anlage: - Gasmotoren-Anlage, - Gasturbinen-Anlage, • Abgabe, ggf. unter vorheriger Aufbereitung, zur anderweitigen Nutzung. Auf die Verwertungsmoglichkeiten wird nachfolgend naher eingegangen, wobei Gasturbinen aus Griinden des Umfanges nicht behandelt werden. 8.7.2 Energiebedarf auf Klaranlagen 8.7,2,1 Warmebedarf Der iiberwiegende Teil des Warmebedarfs einer Klaranlage entfallt auf die Schlammfaulung, d.h. • die Rohschlammerwarmung auf die Faulbehalterprozesstemperatur,
674
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
• sowie die Abdeckung der Warmeverluste durch Abstrahlung des Behalters sowie der Rohrleitungen. Die Abstrahlverluste eines Faulbehalters sind eine Funktion der Behalteroberflache, sie werden getrennt fiir den ober- und unterirdischen Teil des Faulbehalters unter Einbeziehung der Warmedammung und des Grundwasserstandes berechnet. Als Mittelwert konnen rd. 4,0 kJ/(m^ • h • K) angesetzt werden. Flir die Betriebsgebaudeheizung werden im Mittel 250 kJ/h Heizleistung pro m^ umbautem Raum, wenn 50 % der Raume beheizt werden, angesetzt. Abb. 8-5 zeigt den Warmebedarf fiir eine Modellklaranlage fur 100.000 EW.
Q Betriebsgebaude n Strahlungsverluste 0 Schlammaufheizung
Warmebedarf (10\J/Mon) Betriebsgebaude Strahlungsverluste Schlammaufheizung Summe
Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
1,2
1,2
1,2
1,2
0,6
0
0
0
0,6
0,6
1,2
1,2
1,9
1,9
1,8
1,6
1,4
1,2
1,1
1,1
1,2
1,5
1,7
1,9
4,5
4,5
4,4
4,1
3,7
3,2
3,1
3
3
3,3
3,8
4,1
7,6
7,6
7,4
6,9
5,7
4,4
4,2
4,8
5,4
6,7
7,2
4,1
Abb. 8-5. Beispiel fur den Warmebedarf einer Modellanlage fur 100.000 EGW bei 100 % Auslastung in lO^kJ/Monat (Meyer et al. 1983)
8.7 Gasverwertung
675
Heizungsanlagen auf Klaranlagen warden in der Regel als HeiBwasseranlagen mit Vorlauftemperaturen von 90 °C und einer Temperaturspreizung von 15-20 °C betrieben. Das erzeugte HeiBwasser wird in einen Verteiler eingespeist, bei mehreren HeiBwassererzeugem, d.h. z.B. Kessel und BHKW, wird zumeist eine hydraulische Weiche vorgeschaltet, von wo aus das Wasser mittels Heizungsumwalzpumpen zu den Verbrauchsstellen gefixhrt wird. Der Rticklauf erfolgt gleichermaBen tiber einen Riicklaufverteiler. Die Faulbehalterheizung erfolgt iiber einen Warmetauscher. Als Warmetauscherarten kommen in Frage: • Doppelmantel-Rohrenwarmetauscher, • Spiralwarmetauscher. In der tiberwiegenden Zahl der Falle werden die in ihrer Bauart einfachen, aber wirkungsvollen Doppelmantel-Rohrenwarmetauscher eingesetzt, bei denen der Schlamm durch das innere Rohr gefuhrt wird und das Heizwasser im Gegenstrom durch den auBeren Rohrmantel. Die Warmetibergangswerte sind insbesondere abhangig von der FlieBgeschwindigkeit im Warmetauscher, vom Feststoffgehalt des Schlammes und dem Werkstoff, sie liegen in etwa zwischen 500 und 900 Watt/ [m^ • K]. 8.7. Z 2 Strombedarf Der Bedarf an elektrischer Energie fiir eine Klaranlage hangt im Wesentlichen ab von • der angewendeten Verfahrenstechnik, • der GroBenordnung der Klaranlage, • sowie anlagenspezifischen Randbedingungen. Abb. 8-6 zeigt die Abhangigkeit des Stromverbrauches vom Reinigungsverfahren. Darliber hinaus besteht eine Abhangigkeit zwischen GroBe der Klaranlage und spezifischem Verbrauch: Der spezifische Verbrauch bzw. die spezifisch installierte Leistung nimmt mit zunehmender AnlagengroBe ab, wie Tabelle 8-4 zeigt. Einen wesentlichen Einfluss hat auch der Auslastungsgrad der Klaranlage, d.h. die spezifischen Verbrauche nehmen mit steigendem Auslastungsgrad ab. In der Tabelle 8-5 sind fiir eine Modellklaranlage fiir 100.000 EW die Verbrauche fiir die Hauptverfahrensschritte aufgelistet.
676
Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas Stromverbrauch Gesamtanlage mit Schlammbehandlung, ohne Flockungsfiltration
140% 120% 100% 80% 60% 40% : 20% 0% Tropfkorper, Nltrifikation
mit Belebung CElimination; VK 2h
Belebung C+NElimination; VK 1h
Belebung C+NElimination; ohne VK
Abb. 8-6. Abhangigkeit des Stromverbrauchs vom Reinigungsverfahren (Murl 1999)
Tabelle 8-4. AnlagengroBe und installierte Leistung (Murl 1999) AnlagengroBe nach Entwurf E < 50.000 > 50.000 bis < 100.000 > 100.000 bis < 200.000 > 200.000 bis < 400.000 > 400.000
mittlerer Gesamtanschlusswert kW 255 460 745 1.480 2.655
mittlerer spezifischer Gesamtanschlusswert kW/1.000 E 7,0 6,1 5,3 5,4 3,0
Tabelle 8-5. Verbrauch an elektrischer Energie der einzelnen Verfahrensstufen einer Modellklaranlage mit 100.000 EW (Murl 1999) Verfahrensstufe a) Abwasserreinigung Abwasserhebewerk fiir 3 m Forderhohe Rechen Sandfang - beltifteter Langsandfang Vorklarung einschl. Primarschlammpumpwerk
Stromverbrauch spezi fisch Wh/m^ kWh Abwasser '^ EW-a 13,9 1,24 1,0 0,09 5,5 0,49 0,10 1,1
Modellanlage kWh/d 340 25 134 28
8.7 Gasverwertung Belebung mit Stickstoffelimination insgesamt (einschl. Umwalzimg, Denitrifikation und Rucklaiifschlammfordemng) Nachklarung einschl. Uberschussschlammp.w. 1 Fallmitteldosierung Simultanfallung Filtration jeweils einschl. Hebewerk (als abwarts durchstromter Raumfilter) Summe Abwasserreinigung Modellanlage 100.000 EW b) Schlammbehandlung Grobstoffentfernung Voreindickung Primarschlamm Voreindickung Uberschussschlamm Stabilisierung Entwasserung
Schlammsiebung statisch
185,7
4.550
1,6 0,5
0,15 0,04
22,5
2,01
551
232,0
20,7
5.680
spezifisch kWh Wh/m^ Abwasser ^^ | EW*a 0,03-0,06 0,05-0,09
40 12
Modellanlage kWh/d 13
0,12-0,35
0,07-0,22
20
0,2-0,4
0,45-0,90
200
1,6-2,3
0,91-1,30
300
1,2-2,2
0,68-1,24
200
Siebtrommel
anaerob-mesophil Hochentwasserungszentrifuge Schlammpumpwerk Faulschlamm Summe Schlammbehandlung Modellanlage 100.000 EW c) Infrastruktur Betriebsmittel Trinkwasser abNetz Brauchwasser internes Netz Druckluft internes Netz Heizung Luftungsanlagen Abluftreinigung (von ortlichen Gegebenheiten abhangig) Summe Infrastruktur Modellanlage 100.000 EW
16,61
677
sind den Verfahrensstufen zugeordnet |
extern 0,25-0,5 ^^ 0,1')
Summe Gesamtanlage
2,7
733
0,26 0,05 0,37 0,15
70 13 100 40
0,58
160
1,6
433
25,0
6.846 1
) pro 1 m^ Brauchwasser , ) pro 1 m^ Druckluft (Ansaugmenge) Ftir die Modellanlage ergibt sich ein spezifischer Stromverbrauch von 25,0 kWh/EW-a. In Abhangigkeit von der GroBenordnung und der Verfahrenstechnik der Klaranlage bewegt sich dieser Wert in einer Bandbreite von etwa 15 bis 35 kWh/EW-a. 8.7.3 Gasverwertung in Heizkessein Durch die Einftihrung beheizter Faulbehalter Mitte der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts (erste Anlage war die Klaranlage Rellinghausen des
678
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
Ruhrverbandes, ausgeriistet durch Oswald Schulze) entstand auf Klaranlagen ein enormer Warmebedarf. Diesem Warmebedarf steht jedoch das gewonnene Faulgas gegentiber, das durch Verbrennung in einem Kessel und Erzeugung von HeiBwasser zur Abdeckung des Warmebedarfs herangezogen wird. Bei Kesselwirkungsgraden von heute ungefahr 90 % kann damit fast ausnahmslos der gesamte Warmebedarf der Klaranlage (Faulbehalterund Gebaudeheizung, Warmwassererzeugung) abgedeckt werden, d.h. die Anlage ist warmeautark. In vielen Fallen tibersteigt die Gasproduktion den Gasverbrauch, so dass zusatzlich noch Gas abgefackelt werden muss. Die Heizkessel werden mit Zweistoffbrennem Faulgas/01 oder Faulgas/Gas (Erdgas oder Propangas) ausgeriistet, so dass auch wahrend der Anfahrphase, wenn noch kein Faulgas zur Verfiigung steht bzw. im Notfall, wenn nicht gentigend oder aufgrund einer Stoning kein Faulgas zur Verfiigung steht, die erforderliche Warme erzeugt werden kann. Der thermische Wirkungsgrad von BHKW ist mit ca. 50 % geringer als der von Heizkesseln. Bei vollstandiger Verwertung des Faulgases in BHKW ist daher in vielen Fallen kein ganzjahriger, warmeautarker Betrieb moglich. Zur Abdeckung des Warmefehlbedarfs - aber auch aus Betriebssicherheitsgriinden - wird daher in aller Regel parallel zur BHKW-Anlage auch eine Heizkesselanlage vorgehalten, die mit Zweitenergie gefahren wird. Im Zusammenwirken mit der BHKW-Anlage muss diese Anlage jedoch nicht unbedingt 100 % des Warmebedarfs abdecken. 8.7.4 Verwertung in BHKW Gasmotorenanlagen nach dem Prinzip der Kraft-Warme-Kopplung werden heute tiblicherweise als Blockheizkraftwerke, so genannte BHKW bezeichnet. Das Grundprinzip der BHKW-Technik ist, dass durch die Verbrennung eines Primarenergietragers in diesem Fall Faulgas sowohl • mechanische/elektrische Energie als auch • thermisch nutzbare Energie erzeugt wird mit einem mechanischen/elektrischen Wirkungsgrad von ca. 35-40 % und einem thermischen Wirkungsgrad von ca. 50-55 %. Daraus resultiert ein Gesamtwirkungsgrad von ca. 85-90 %, wie die Abb. 8-7 zeigt.
8.7 Gasverwertung
679
normal nutzbar y im Klaranlagenbetrieb
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Belostung [%]
Abb. 8-7. Wirkungsgrade von Gasmotoren in Abhangigkeit von der Belastung (Deutz/MWM) Die Auslegung der BHKW-Anlage und das Betriebskonzept hangen von einer ganzen Reihe von ortlichen Rahmenbedingungen und EinflussgroBen ab. Generell bieten sich in Anlehnung an Dichtl et al. (1997) folgende Betriebskonzepte an: • Netzparallelbetrieb: • Grundlastbetrieb zur Stromerzeugung, • Hochlastbetrieb zur Stromerzeugung, • Betrieb mit Warmevorrang, mit oder ohne Warmespeicher, • Direktantrieb von Aggregaten, z.B. Luftverdichter, • Komplette Einspeisung des erzeugten Stromes in das offentliche Netz gem. EEG. Femer sind anlagenspezifische Randbedingungen (Dichtl et al. 1997) zu beriicksichtigen, wie: • • • • •
Zweitenergieversorgung (Erdgas, Propangas, Dieselol), Autarkic in der Strom- und Warmeerzeugung, Warmesubstitution durch Heizkesselbetrieb, Integrierter Notstrombetrieb, Trennung von Motor- und Abgasktihlung.
680
8 Einrichtungen zur Nutzimg / Verwertung von Faulgas
8JA.1 Motoren Kemstiick aller BHKW-Anlagen ist der Gasmotor. Gasmotoren sind Verbrennungskraftmaschinen, die nach Art der Ziindung unterschieden werden konnen in • Gas-Otto-Motoren und • Gas-Diesel-Motoren. Gas-Diesel-Motoren werden nur fur relativ groBe Leistungen, d.h. in Sonderfallen eingesetzt, gleiches trifft zu ftir Gas-Turbinen. In der Kegel kommen Gas-Otto-Motoren auf der Basis von robusten Industriemotoren zum Einsatz. Versuche mit modifizierten PKW-Motoren konnten auf Dauer keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielen. Auf der Basis von Industriemotoren werden BHKW fur Faulgas angeboten in einer Leistungsspanne zwischen ca. 25 kWeiektr. und ca. 2.500 kWeiektr.Das Prinzip der BHKW-Technik beruht darauf, dass neben der mechanisch/elektrisch nutzbaren Energie rund 50 % des Primarenergieeinsatzes als thermisch nutzbare Warme anfallen. Circa 2/3 davon kommen aus der Motorktihlung und ca. 1/3 aus der Abktihlung der Abgase auf 120 °C. Bei einem Warmetiberangebot kann diese Abgaswarme ixber eine so genannte Abgasumlenkklappe ungenutzt iiber den Kamin abgefuhrt werden. Sofem das Warmeangebot dann immer noch groBer ist als der Bedarf, muss die tiberschtissige Warme ixber ein Notktihlsystem abgefuhrt werden. Gasmotoren mtissen gem. der TA-Luft folgende Abgaswerte einhalten: • CO: 1.000 mg/m\tr. bei 5 % O2 (< 3 MW) • NOxi 500 mg/m3N,tr.bei 5 % O2 Um diese Abgasemissions-Grenzwerte einhalten zu konnen, werden die Gasmotoren im so genannten Magerbetrieb mit Lufttiberschuss in einem )i-Bereich zwischen 1,6 und 1,67 betrieben. Die durch den Magerbetrieb verursachte LeistungseinbuBe kann durch eine Gemischaufladung weitestgehend kompensiert werden. Andere Verfahren zur Einhaltung der Abgasemissionswerte wie z.B. der geregelte 3-Wege-Katalysator haben sich bei dem Brennstoff Faulgas nicht bewahrt. BHKW-Anlagen mit einer Feuerungsleistung (Primarenergieeinsatz) von > 1 MW sind nach dem BundesImmissionsschutzgesetz genehmigungspflichtig, kleinere Anlagen anzeigepflichtig. 8 J .4.2 Angetriebene Maschinen In den meisten Fallen werden die Gasmotoren mit Generatoren zur Stromerzeugung gekoppelt. Synchron-Generatoren werden eingesetzt, wenn
8.7 Gasverwertung
681
die BHKW auch Netzersatzbetrieb ubemehmen, d.h. Inselbetrieb fahren. Asynchron-Generatoren hingegen werden eingesetzt fur reinen NetzParallelbetrieb, wobei der zur Magnetisierung erforderliche Blindstrom aus dem offentlichen Netz bezogen wird. In Abhangigkeit vom Gasanfall einerseits und dem Strombedarf andererseits konnen unter normalen Bedingungen bis zu 60 % des Strombedarfs der gesamten Klaranlage durch Eigenstromerzeugung abgedeckt werden. Bin stromautarker Betrieb, d.h. ohne Strombezug aus dem offentHchen Netz, ist in der Regel nicht moglich. Der Direktantrieb von Arbeitsmaschinen z.B. der Luftverdichter ftir die Belebungsanlage ist trotz eines geringfligig besseren Wirkungsgrades die Ausnahme. 8J.4.3 Grundlastbetrieb Der Grundlastbetrieb von BHKW-Anlagen ist sowohl unter maschinentechnischen Gesichtspunkten wie auch anlagentechnischen Gesichtspunkten (Warmeeinbindung, Gasspeichervolumen) die gtinstigste Betriebsvariante. Die Anlagenkonfiguration ist so zu wahlen, dass die gesamte Faulgasmenge moglichst konstant ohne haufiges An- und Abfahren von Maschinen tiber 24 h abgefahren werden kann. Fur Dauerlaufer lassen sich dabei unter giinstigen Voraussetzungen Betriebsstundenzahlen von 7.500 bis 8.000 Betriebsstunden/Jahr erreichen. Sofem durch entsprechende Reserveaggregate und Vorhaltung einer Zweitenergie sichergestellt ist, dass eine gewisse Grundlast an elektrischer Energie ganzjahrig durch Eigenerzeugung abgedeckt werden kann, kann die Vorhalteleistung durch das EVU entsprechend gekiirzt werden. Neuere Stromlieferkonditionen sehen allerdings keinen separaten Beitrag fiir Vorhaltekosten mehr vor. 8,7.4.4 Spitzenlastbetrieb Bei Spitzenlastbetrieb werden die BHKW „stromvorrangig" zur Kappung von Stromspitzen betrieben mit dem Ziel, den Strombezug vom EVU zu vergleichmaBigen und eine hohe Benutzungsdauer zu erreichen. Die BHKW werden bei dieser Betriebsart nur einige Stunden am Tag betrieben, verbunden mit haufigeren Start- und Abschaltvorgangen. Anlagentechnisch hat der Spitzenlastbetrieb den Nachteil, dass samtliche Aggregate und zwar insbesondere der Gasmotor selbst und die warmetechnischen Anlagen sehr groB ausgelegt werden mtissen. Des Weiteren muss auch entsprechend groBes Gasspeichervolumen vorgehalten werden. Maschinentechnisch hat der Spitzenlastbetrieb den Nachteil, dass die Maschinen sehr haufig an- und abgefahren werden mtissen, was hoheren VerschleiB zur Folge hat.
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8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
8 J .4,5 Zweitenergieversorgung Wenn eine standige Verftigbarkeit der BHKW-Anlage sichergestellt sein muss, ist eine Zweitenergieversorgung notwendig. Zweitenergie ist vor allem auch dann erforderlich, wenn die BHKW-Anlage in das Notstromkonzept der Klaranlage integriert ist. Als Zweitenergie kommen Erdgas und Propangas aus einer Tankanlage in Betracht. Die Frage der Wirtschaftlichkeit muss hierbei besonders geprlift werden. 8.7.4,6 Wirtschaftlichkeit der Gasverwertung in BHKW Die Bezugskosten ftir elektrische Energie waren in den letzten 20 Jahren standigen Veranderungen unterworfen. Bis zur Deregulierung des Strommarktes Anfang der 90er Jahre sind die Arbeitspreise (DM/kWh) stetig angestiegen. Die umfangreichen Datenerhebungen von Dichtl et al. (1997) zeigen mittlere spezifische Stromkosten in Hohe von 0,1604DM/kWh e 0,082 €/kWh) im Zeitraum 1979/80 und 0,2274 DM/kWh (^0,1163 €/kWh) im Zeitraum 1990, d.h. einen Anstieg von rund 42 % in 10 Jahren. Durch die Deregulierung des Strommarktes sind die Arbeitspreise drastisch gefallen, teilweise auf weniger als 0,06 DM/kWh netto (^ 0,0307 €/kWh). Hinzu kommt allerdings die zusatzlich zu entrichtende Okosteuer, die nach schrittweiser Anpassung im Jahre 2003 0,04 DM/kWh netto (^ 0,0205 €/kWh) betragt. Diese drastische Senkung des Arbeitspreises und die dadurch entstandenen Rahmenbedingungen hatten zunachst zur Folge, dass die Wirtschaftlichkeit einer BHKW-Anlage in der Regel nicht mehr nachweisbar war, insbesondere wenn die Sicherheitsphilosophie des Anlagenkonzeptes eine spezifisch teure Anlage zur Folge hatte. Der Markt fiir BHKW-Anlagen auf Klaranlagen kam damit praktisch zum Erliegen. Neue Rahmenbedingungen sind jedoch durch das am 01. April 2000 in Kraft getretene EEG (Emeuerbare Energien Gesetz) entstanden. Das EEG regelt die Abnahme und Vergtitung von Strom, der aus regenerativen Energien erzeugt wird. Danach sind die Netzbetreiber (EVU) verpflichtet, derartige Anlagen an ihr Netz anzuschlicBen und den gesamten angebotenen Strom vorrangig abzunehmen und zu vergtiten. Die Abnahmevergtitungspflicht beschrankt sich dabei nicht nur auf den so genannten Uberschussstrom, sondem gilt fur den gesamten, dem Netz angebotenen Strom, und zwar unabhangig vom Zeitpunkt der Einspeisung und von der Hohe der Einspeiseleistung. Diese Regelung hat den besonderen Vorteil, dass im Prinzip keine Reserveaggregate und keine Zweitenergie vorgehalten werden mtissen und die BHKW-Anlagen somit sehr kostengtinstig gebaut werden konnen.
8.7 Gasverwertung
683
Das EEG gilt fur Anlagen zur Faulgasverstromung mit einer Leistung < 5 MW. Der Strom wird bei Leistungen < 500 kW mit mindestens 0,15 DM/kWh (= 0,0767 €/kWli) vergtitet. Bei Leistungen zwischen 500 und 5.000 kW erfolgt eine abgestufte Minderung bis auf 0,13 DM/kWh (= 0,0665 €/kWh). Durch die Kaufpflicht ftir den Strom aus Faulgas und die besonderen Rahmenbedingungen kann es wirtschaftlich sehr interessant sein, den kompletten Strom ins offentliche Netz einzuspeisen - d.h. zu verkaufen - und auf der anderen Seite den gesamten Strom ftir die Klaranlage zu gtinstigen Konditionen vom EVU zu beziehen. Abb. 8-8 zeigt auf der Basis von Modellrechnungen ftir einen Faulgasanfall von 18,3 1/E-d die spezifischen Stromerzeugungskosten (inkl. Mehrwertsteuer) ftir eine BHKW-Anlage, die in Anlehnung an die Rahmenbedingungen des EEG konzipiert ist. Die Abbildung zeigt sehr deutlich, dass die Erzeugungskosten (Gesamtkosten aus Kapitaldienst, Vollwartung. Personal, Versicherung, usw.) z. T. erheblich unter dem Erlos von 0,15 DM/kWh (= 0,0767 €/kWh) hegen und somit diese Betriebsvariante wirtschaftlich sehr interessant macht.
0,10
0,05
50.000
100.000
250.000
•
EW
Abb. 8-8. Spezifische Stromerzeugungskosten (inkl. MwSt.) mittels BHKW zur Netzeinspeisung gem. EEG in Abhangigkeit von der AnlagengroBe (Niehoff 2002) Allerdings muss auch hierbei die Gesamtwirtschaftlichkeit gesehen werden, die entscheidend von den Konditionen abhangt, zu denen der gesamte
684
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
Strom, d.h. ohne Eigenstromversorgung vom EVU, bezogen werden kann. Das daraus entstehende Problem kann dann darin liegen, dass dann fiir den kompletten Stromfremdbezug • Okosteuer zu zahlen ist, die nochmals mit der Mehrwertsteuer beaufschlagt wird, d.h. Steuer auf Steuer, • zusatzlich ggf. Umlagen gemaB EEG bzw. KWKG erhoben werden, • der Leistungspreis, sofem er noch in dieser Form berechnet wird, fur die komplette Anschlussleistung, d.h. ohne Beriicksichtigung der Stromerzeugung durch das BHKW in Rechnung gestellt wird. Unter diesen Voraussetzungen wird der Betrieb von BHKW wirtschaftlich wieder uninteressant und der Sinn des EEG „ad absurdum" gefuhrt, mit der Konsequenz fiir Klaranlagenbetreiber, dass sich nur die Verwertung in Heizkesseln rechnet und die Restgasmenge abgefackelt wird. Diese Zusammenhange sind durch das EEG nicht eindeutig geregelt, sie scheinen vielmehr zumindest zum Teil Verhandlungssache zu sein. Wenn der Klaranlagenbetreiber nach dieser MaBgabe gtinstige Vertragsbedingungen mit dem EVU erreichen kann, ist die Verstromung von Faulgas gem. EEG wirtschaftlich auBerst interessant. Es zeichnet sich ab, dass die Strompreise ansteigen und das alte Niveau wieder erreichen bzw. tiberschreiten. Demgegentiber ist kurzfristig mit einer Anhebung der Vergtitung gemaB EEG nicht zu rechnen. Die Eigenstromerzeugung wird daher in dem MaBe wieder interessant, in dem die Differenz zwischen Erlos gemaB EEG und Strombezugskosten geringer bzw. negativ wird.
8.8 Sonstiges 8.8.1 StromiJbergabe ins Netz 8.8,1,1 Netzparallelbetrieb Ftir die wechselseitige Einspeisung und Entnahme von elektrischer Energie in das bzw. aus dem Netz sind spezielle Zahleinrichtungen erforderlich, die eine spezifizierbare Abrechnung der Leistungen mit dem Elektrizitatsversorgungsuntemehmen (EVU) ermoglichen. Diese Einrichtungen werden im Allgemeinen durch das EVU installiert und gewartet.
8.8 Sonstiges
685
8.8.1.2 Betrieb gem. EEG Bei dieser Betriebsweise hangt die Gestaltung der tJbergabeeinrichtungen sehr von der Verhandlungsbereitschaft des EVU ab. Unter gtinstigen Voraussetzungen, d.h. klaren Abrechnungsmodalitaten und Ausschluss des Betriebes der Gasmotoren mit Fremdenergie, braucht keine separate Einspeisestation gebaut werden, d.h. es wird nur virtuell eingespeist und entsprechend „quer verrechnet". Gegebenenfalls muss jedoch eine neue, separate Einspeisung mit Transformator zur wirkHchen Einspeisung des „EEG-Stromes" in das Netz errichtet werden. In diesem Fall gehen die Transformatorverluste noch zu Lasten des Erzeugers, d.h. sie mindem den Ertrag. 8.8.2 Bauliche Hinweise Die Anforderungen an Bauwerke unter sicherheitstechnischen Gesichtspunkten z.B. Sicherheitsabstande in Gasanlagen, Zuganglichkeit von Gasmessraumen usw. werden in Kap. 9 behandelt. Ftir Gasmotoren ist aus statischen Grlinden und zur Vermeidung von Schallbrlicken bei Motoren mit groBer Leistung ggf. die Errichtung eines separaten Fundamentblocks erforderlich. Bei kleineren Motoren gentigt iiblicherweise eine Schwingungsdampfung durch elastische Lagerung. Eine elastische Lagerung erfordert allerdings flexible Anschlussverbindungen ftir die Rohrleitungen (Gasleitung und Heizwasserleitungen). AuBerdem sind Rohrwanddurchfiihrungen elastisch zu lagem, um Schall-tibertragungen zu vermeiden. Insbesondere bei den Abgasleitungen ist die Temperaturausdehnung ausreichend zu benicksichtigen. Die Leitungen mtissen auBerdem isoliert werden. Die Abgasleitungen werden mit Schalldampfem ausgeriistet. Zur Schallisolierung konnen entweder die Betriebsraume mit einer Schallisolierung ausgerustet werden oder die BHKW-Module werden mit einer Schallhaube ausgeriistet. Ftir groBte Motoren werden dabei oftmals begehbare Schallhauben gewahlt, die optimale Bedingungen ftir das Betriebspersonal bieten. Der Aufstellraum des BHKW bzw. die Schallkapsel ist mit einer ausreichenden Be- und Entliiftungsanlage auszuriisten, um einerseits die erforderliche Verbrennungsluft sowie die Luft zur Abfiihrung der Strahlungswarme - - 10-15 % der Feuerungswarmeleistung - zuzufiihren sowie die Ktihlungsluft abzufiihren. Als kostengiinstige Variante gegentiber der Massivbauweise werden in jtingster Zeit BHKW-Anlagen oftmals auch in Containem aufgestellt.
686
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
8.9 Beispielrechnung ^^ Energetische Betrachtung einer Schlammbehandlungsanlage am Beispiel einer Musteranlage fur 100.000 EW mit einer einstufigen mesophilen Faulting.
8.9.1 Annahmen AnlagengroBe Primarschlamm, statisch eingedickt auf 6 % TR Uberschussschlamm, maschinell eingedickt auf 6 % TR Rohschlanun (PS + US) Gasanfall Methangehalt des Faulgases (6,4 kWh/m^) Faulbehaltertemperatur Aufenthaltszeit im Faulbehalter r| Kessel r| therm. Gasmotor r| elektr. Gasmotor r| ges. Gasmotor Jahresbetriebsstunden Gasmotor Auslastung der Anlage Mittlerer spezifischer Stromverbrauch Abstrahlungsverluste Faulbehalter Warmebedarf (Betriebsgebaude) spez. Energiebedarf fiir Schlammaufheizung Heizwert von Erdgas Volumen Betriebsgebaude mittlere Rohschlammtemperatur min. mittlere Rohschlammtemperatur max. mittlere Lufttemperatur min. mittlere Lufttemperatur max.
100.000 EW 0,6 1/E-d
0,8 1,4 18,3 23.000 37 20 90 50 35 85 7.750 100 23 4,0 250 4,19 36.000 500 7,5 17 4 17
1/E-d 1/E-d 1/E-d kJ/m' °C d % % % % Bh % kWh/EW-a ^^ kJ/m^-h-K kJ/m^-h MJ/m^-K kJ/m^ m^ °C
°c °c °c
^^ Durch die Begrenzung des Umfanges kann nicht der komplette Rechengang dargestellt werden ^^ Modellanlage ohne Filtration
^.9 Beispielrechnung 1)
687
8.9.2 Bemessung des Faulbehalters QRS = 1,4 1/EW-d-100.000 EW = 140 mVd erf. VFB= 140 mVd-20 d = 2.800 m^ gew. = 1 Faulbehalter mit 2.800 m^ mit einem Verhaltnis von Oberflache zu Volumen = 0,45 AFB =2.800-0,45 = 1.260 m^ 8.9.3 Energiebedarfsberechnung der gesamten Aniage Warme Gesamtwarmebedarf Abstrahlungsverluste Gebaudeheizung Rohschlammerwarmung Gesamt
Winter MJ/Monat 1,20 • 10^ 0,9 • 10' 5,19- 10' 7,29 10'
Sommer MJ/Monat 0,73 • 10' 3,52 • 10' 4,25 10^
Strom 23kWl 23 kWh/EW • a / 12 Mon/a • 100.000 EW • 3.600 kJ/kWh = 6,9 • 10^ MJ/Mon::^ 6.390 kWh/d 8.9.4 Energieangebot Faulgas 18,3 1/EW • d • 100.000 EW • 23 MJ/m^ • 30 d/Mon = 12,6 • 10^ MJ/Mon 8.9.5 Energienutzung und -deckung 8.9.5.1 Ausschlietiliche Nutzung des Gases in der Kesselanlage zur Erzeugung von Warme • Mogliche Erzeugung von therm, nutzbarer Energie (Warme) 12,6 • 10^ MJ/Mon • 0,9 ^ 11,3 • 10^ MJ/Mon ^ 54.900 m^ Gas/Mon • Abzufackelndes Gas Winter: 19.372 m^ Gas/Mon ^ 646 m^ Gas/d Sommer: 33.961 m^ Gas/Mon ^ 1.132 m^ Gas/d • Erforderliche Brennerleistung =365 kW Brennerleistung = 350 m^ • Gasbehalter: 20 % V. Qc Der gesamte Strombedarf i. H. von 6.390 kWh/d muss aus dem Netz bezogen werden.
688
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
8.9.5.2 Verwertung des Gases in Gasmotoren (Verstromung) Vollstandige (100 %) ganzjahrige Verwertung in Gasmotoren Netzparallelbetrieb Verstromung gem. EEG Gasmotoren 3 Aggregate a 1 Aggregat gew.: 8 0 - -100 kW (2 + 1) 160 - 180 kW (1 + 0) Energieangebot des Faulgases Eelektr. = 12,6 ' lO' MJ/Mon • 0,35 = Etherm. = 12,6 ' 10
4,41 • 10^ MJ/Mon
MJ/Mon • 0,50 = 6,30- 10^ MJ/Mon Differenz Bedarf zu Angebot
3,88 • 10^ MJ/Mon
5,54 • 10^ MJ/Mon
Winter: J^therm. -t^elektr.
0,99- 10^ MJ/Mon 2,49- 10^ MJ/Mon
1,75 MJ/Mon n.z.
-2,03 • 10^ MJ/Mon 2,49- 10^ MJ/Mon
- 1,25 MJ/Mon n.z.
Sommer: -tl'therm. -t!/elektr. "~
Strombezug/-verkauf bei Betrieb gem. EEG Eelektr. Bedarf= n.z. Bezug vom EVU Eelektr. Erzeuguug = Verkauf/ n.z. Einspeisung ins Netz
6,9- 10^ MJ/Mon^ 6.390 kWh/d 3,88- 10^ MJ/Mon^ 3.592 kWh/d
Anm.: n.z.: nicht zutreffend Der Warmetiberschuss im Sommer wird tiber den Abgaskamin (Abgasumlenkklappe) bzw. tiber einen Notkiihler abgeftihrt. Der Warmefehlbedarf im Winter wird durch eine Heizkesselanlage unter Verwendung von Erdgas abgedeckt.
^.9 Beispielrechnung 1)
=3,3-10^ MJ/d ^102mVdErdgas
Verstromung gem. EEG - 5,83 10' MJ/d ^ 180 mVd Erdgas
165 kW
365 kW
Netzparallelbetrieb Warmefehlbedarf Winter
689
Kesselanlage (Brenner) gew.: Brennerleistung: Gasbehalter
600 m^
Differenzierte Faulgasverwertung fur Netzparallelbetrieb • Winterbetrieb 80 % des Faulgases werden den Gasmotoren, 20 % der Kesselanlage zugeftihrt: Etherm. = 7,3 • 10^ MJ/MOU Eeiektr.= 3,52 10^ MJ/Mou • Energiedefizit: -ti'therm. ~
^
Eeiektr. =
6,9 • 10^ - 3,52 • 10^ = 3,38 • 10^ MJ/Mon = 3.130 kWh/d
• Sommerbetrieb Im Sommer werden 100 % des Faulgases in den Gasmotoren genutzt (s.Kap. 8.9.5.2.1). • Gasmotoren (s. Kap. 8.9.5.2.1). • Kesselanlage (Brenner) erf. Brennerleistung: 476 mVd • 23 Milm? • 0,9 / 24 / 3,6 - 114kW • Der Brenner gem. Kap. 8.8.6.2.1 ist damit ausreichend. • Gasbehalter (s. Kap. 8.9.5.2.1).
690
8 Einrichtungen zur Nutzung / Verwertung von Faulgas
8.9.6 Vergleich der ermittelten Werte fur die gewahlten Arten der Gasnutzung Tabelle 8-6. Vergleich der ermittelten Werte flir die gewahlten Arten der Gasnutzung AusschlieBliche Nutzung in der Kesselanlage zur Erzeugung von Warme SomWinter mer Erforderl. Strombezug aus dem Netz kWh/d Stromverkauf/-abgabe anEVU kWh/d Bedarf an Fremdenergie (Erdgas) kWh/d Brennerleistung kW Leistxing der Gasmotoren
Betrieb gem. EEG
Netzparallelbetrieb Sommer
Winter
Sommer
Winter
Differenzierte Faulgasverwertung bei Netzparallelbetrieb Sommer
Winter
6.390
6.390
2.306
2.306
6.390
6.390
2.306
3.130
-
-
-
-
3.592
3.592
-
-
-
-
-
102
-
180
-
-
365
165
365
165
-
3 (2+1) x ~ 85 kW
1 (1+0) x ~ 170 kW
3 (2+1) x ~ 85 kW
Eelektr. k W
Volumen des Gasbehalters
Vollstandige, ganz ahrige Verwertung in Gasrnotoren
350
600
600
Literatur: ATV-DVGW (2002) Merkblatt M 363 "Herkunft, Aufbereitung und Verwertung von Biogasen" des ATV-Fachausschusses 3.8 „Biogas". GFA, Hennef Deutz/MWM: Firmenprospekt. MWM Diesel- und Gastechnik GmbH, Carl-BenzStraBe 5, 68167 Mannheim Dichtl N, Mayer H, Niehoff H-H (1997) Technische/wirtschaftliche Aspekte der Faulgasverwertung in Gasmotoren auf Klaranlagen im Zusammenwirken von Abwasserreinigung, Schlammbehandlung, Energieautarkie und Berticksichtigung weitergehender Emissionsaspekte Mitteilungen der Oswald SchulzeStiftung, Heft 22, Eigenverlag Gladbeck Eisenbau Heilbronn: Firmenprospekt. Eisenbau Heilbronn GmbH, Briiggemannstr. 39 - 43, 74076 Heilbronn Hohmann R (2001) Verfahren zur Siloxanabscheidung im Vergleich ATVDVKW-Energietage „Biogas" vom 31.05. bis 01.06.2001 in Essen
8.9 Beispielrechnung 1)
691
Kapp H (1984) Schlammfaulung mit hohen Feststoffgehalten. Stuttgarter Berichte zur Siedlungswasserwirtschaft, Band 86 Kommissionsverlag R. Oldenbourg, Mlinchen Loll U (1996) Biogasmengen und -eigenschaften. Beitrag anlasslich des ATVSeminars „Biogas, Verwertung und Aufbereitung" am 22.723. Oktober 1996 in Fulda Meyer H, Kaudelka A, Podewils W (1983) Technische/ wirtschafthche Aspekte der Klargasverwertung auf Klaranlagen im Zusammenwirken von Abwasserreinigung und Energieautarkie, Mitteilungen der Oswald-Schulze-Stiftung, Heft 4, Eigenverlag, Gladbeck Muche-Anlagenbau GmbH: Katalog Klargas-Technik Muche-Anlagenbau GmbH, GroBer Schratweg 19, 32657 Lemgo MURL NRW (1999) Handbuch Energie in Klaranlagen Herausgeber: Ministerium fiir Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes NordrheinWestfalen, Diisseldorf Niehoff H-H (2002) Die Praxis der Faulgasbewirtschaftung und -nutzung Miillhandbuch, Kennzahl 3088. Erich Schmidt Verlag, Berlin Ries T (1993) Reduzierung der Schwefelwasserstoffbildung im Faulraum durch die Zugabe von Eisenchlorid Schriftenreihe Siedlungswasserwirtschaft Bochum, Bd 25 Roediger H, Roediger M, Kapp H (1990) Anaerobe alkalische Schlammfaulung 4. Auflage, R. Oldenbourg Verlag, Mtinchen/Wien Schmelz KG (2000) Co-Vergarung von Klarschlamm und Bioabfallen. Manuskript zur Abfallwirtschaft, Hrsg W. Bidlingmeier, Bauhaus Universitat Weimar Sixt H (1997) Faulgasaufbereitung und -speicherung ATV-Schriftenreihe, Bd 9, GFA, Hennef Stachowske M (1991) Verfahrensgrundsatze zur Minimierung der Schwefelwasserstoffkonzentration im Faulgas mit Eisensalzen. Schriftenreihe Siedlungswasserwirtschaft Bochum, Bd 19 Wacker J (2001) Fersonliche Mitteilung Darmstadt
9 Sicherheitsaspekte im Umgang mit Faulgas
9.1 Allgemeine sicherheitstechnische Hinweise 9.1.1 Allgemeines Faulgas ist ein brennbares und in Verbindung mit Luft bzw. Sauerstoff in einem bestimmten Mischungsverhaltnis explosives Gas. Folgende Gefahren bzw. Risiken konnen aufgrund seiner Zusammensetzung bzw. Eigenschaften auftreten: • Lebens- und Gesundheitsgefahrdung durch Ersticken oder Vergiftung in Schachten, Kanalen und Behaltem, • Explosion durch ztindfahige Gas-/Luft-Gemische, • Entstehung von Branden, • Einfrieren von Gasleitungen und dadurch bedingtes unabsichtliches Absperren der Leitungen, • Kondensatbildung, insbesondere durch Abktihlung des wasserdampfgesattigten Gases mit der Gefahr des Einfrierens und des VerschlieBens von Leitungen, • Korrosion durch aggressive Gasbestandteile, wie insbesondere Schwefelwasserstoff. Faulgas birgt somit ein erhebliches Gefahrenpotential in sich und Unfalle infolge Gaseinwirkens bei Arbeiten in Schachten und Kanalen sowie Reparaturarbeiten enden haufig todlich. Die Beachtung und Einhaltung der einschlagigen Hinweise und Vorschriften bzw. der sachgemaBe Umgang mit Faulgas ist daher lebensnotwendig. 9.1.2 Erstickungsgefahr Erstickungsgefahr tritt bei Sauerstoffmangel in der Luft ein. Normale Luft besteht aus einem Gemisch von ca. 21 Vol.-% Sauerstoff und 78 Vol.-% Stickstoff Sofem der Sauerstoffanteil der Luft durch Anwesenheit anderer Gase oder Dampfe in der Umgebungsluft sinkt, besteht unterhalb einer Sauerstoffkonzentration von 14 Vol.-% Erstickungsgefahr fur den Men-
694
9 Sicherheitsaspekte im Umgang mit Faulgas
schen. Bei Unterschreitung eines Sauerstoffanteils von 17 Vol.-% ist mit Gesundheitsgefahrdung zu rechnen. Erstickungsgefahr besteht also auch, wenn sich z.B. ungiftige Gase in der Umgebungsluft befinden. Bei schwerer korperlicher Arbeit und Anwesenheit fremder Gase besteht schnell Erstickungsgefahr. Die Erstickung ktindigt sich nicht vorher an. Bei Sauerstoffmangel wird man innerhalb ca. 1 Sekunde bewusstlos. Sauerstoffmangel kann insbesondere in geschlossenen Raumen eintreten, wenn infolge Gasaustrittes (z.B. aus einer Klargasleitung oder aus einem Behalter) oder auf Grund der Bildung von speziellen Gasen in Graben oder Schachten (z.B. durch erstickende Gase) der Sauerstoffanteil in der Luft sinkt. 9.1.3 Vergiftungsgefahr Vergiftungsgefahr besteht bei Anwesenheit von giftigen Gasen oder Dampfen (Stauben) in der Umgebungsluft, die bei bestimmter Konzentration Gesundheitsschadigungen hervorrufen konnen. Ein MaB far die Gefahrlichkeit von Gasen oder Dampfen sind die sogenannten MAK-Werte. MAK ist die Abkiirzung ftir "Maximale Arbeitsplatzkonzentration". Als MAK-Wert wird diejenige Konzentration eines gas-, dampf- oder staubformigen Arbeitsstoffes in der Luft am Arbeitsplatz bezeichnet, die nach der derzeitigen Kenntnis bei taglich 8-stiindiger Einwirkung im Allgemeinen die Gesundheit der dort Beschaftigten nicht schadigt. Der MAK-Wert darf nicht dauerhaft tiberschritten werden. Die MAK-Werte aller gesundheitsschadlichen Gase, Dampfe und Staube sind in einer speziellen MAK-Wert-Liste zusammengestellt. Einige Gase oder Dampfe verursachen schon bei geringer Konzenteration in der Luft Vergiftungen, andere erst bei groBerer Konzentration. In geringen Konzentrationen sind z.B. folgende Gase gefahrlich: MAK= lOppm • Schwefelwasserstoff MAK= 30ppm • Kohlenmonoxid MAK= 5.000 ppm • Kohlendioxid ppm = parts per million (1 Vol.-% = 10.000 ppm) 1 ppm = 1 cm^ Gas auf Im^ Luft Der MAK-Wert von Schwefelwasserstoff (H2S) betragt 10 ppm, d.h. bei 10 cm^ H2S- Gas in 1 m^ Luft besteht noch keine Gesundheitsgefahr. Sobald aber hohere Werte als 10 cm^ Schwefelwasserstoff erreicht werden, besteht Vergiftungsgefahr. Je niedriger der MAK-Wert eines speziellen Gases ist, desto gefahrlicher ist das Gas. H2S ist ein sehr giftiges, brennba-
9.1 Allgemeine sicherheitstechnische Hinweise
695
res Gas. Durch seinen strengen Geruch (nach faulen Eiem) wird er schon in geringsten Konzentrationen (1 ppm) wahrgenommen. Bei steigenden Konzentrationen tritt jedoch eine Betaubung des Geruchssinnes ein, so dass H2S gerade dann, wenn er in gefahrlichen Konzentrationen auftritt, vom menschlichen Geruchssinn nicht mehr wahrgenommen wird. Schon bei 0,2 Vol.-% Raumanteil wirkt H2S in wenigen Minuten todlich! Dieses Gas ist etwas schwerer als Luft, es kann im Faulgas bis zu 1 Vol.-% vorhanden sein. AuBerdem kann Schwefelwasserstoff in Schachten oder Gruben in gefahrlichen Konzentrationen auftreten. 9.1.4 Explosionsgefahr Alle brennbaren Gase (Dampfe und auch Staube) konnen mit einer bestimmten Menge Luft ein explosionsfahiges Gemisch bilden. In diesem pflanzt sich eine Verbrennung nach Ztindung von der Ztindquelle aus in das unverbrannte Gemisch hinein selbstandig fort. Voraussetzungen fiir das Zustandekoromen einer Explosion sind: • ein explosionsfahiges Gas-Luftgemisch, • wenn im Uberdruckbereich austretendes Gas in kritischer Menge in Raume eintritt, • wenn im Unterdmckbereich Luft in das im Normalbetrieb geschlossene Gassystem infolge Betriebsstorungen eintritt, • eine Ztindquelle. Fehlt eine der beiden Voraussetzungen, entweder (a) das Gas-Luft-Gemisch oder (b) die Ztindquelle, kann keine Explosion erfolgen. Zu a): Bei explosionsfahigen Gas-Luft-Gemischen unterscheidet man eine untere und eine obere Explosionsgrenze, dazwischen liegt der eigentliche Ztindbereich. Ztindbereich von Gasen in Luft: Methan von Faulgas von
5-15 Vol.-%: Ztindtemperatur 595 °C 5-19 Vol.-%: Ztindtemperatur 650 °C
Die heftigste Explosion erfolgt, wenn das Methan-Luft-Gemisch etwa in der Mitte der Explosionsgrenzen liegt, z.B. bei etwa 9,5 Vol.-% Methan und 90,5 Vol.-% Luft. Zu b): Die zweite Voraussetzung fiir das Auslosen einer Explosion ist eine Ztindquelle. Ztindquellen konnen je nach Gasart z.B. sein:
696
9 Sicherheitsaspekte im Umgang mit Faulgas
• offene Flammen, • heiBe Oberflachen (mit Temperaturen oberhalb der Ztindtemperatur der Gase), • Funken durch elektrische Strome (z.B. an elektrischen Geraten, Lichtschaltem, bei Benutzung von Steckdosen, insbesondere an selbsttatig schaltenden elektrischen Geraten, an netz- oder batteriebetriebenen Radiogeraten, Handys, Funkgeraten, Heizltiftem, Ventilatoren, Taschenlampen, Baumaschinen und ahnlichen Geraten), • Funken infolge elektrostatischer Aufladung, • Elektromagnetische Felder (z.B. Handy), • Schlag- und Reibungsfunken (z.B. durch Werkzeuge oder Schuhe mit Beschlag), • Rauchen, • Funken durch Blitzschlag. Die verschiedenen Zundquellen wie z.B. Funken an elektrischen Geraten und insbesondere Funken infolge von elektrostatischer Aufladung konnen plotzlich und unerwartet auftreten. Die sicherste Methode eine Explosion zu vermeiden ist die Verhinderung der Bildung eines explosionsfahigen Gas-Luft-Gemisches, z.B. durch gute Ltiftung oder gefahrlose Abftihrung von brennbaren Gasen ins Freie. Das Eindringen von Luft in den Faulbehalter wird im Normalfall dadurch verhindert, dass der Faulbehalter bzw. das Gassystem unter leichtem Uberdruck steht. Eine gewisse Gefahr besteht jedoch, wenn Schwimmschlamm schwallartig abgezogen wird und nicht geniigend Gas aus dem Gasbehalter zurtickstromen kann. Hier ist entsprechende Sorgfalt des Betriebspersonals erforderlich. Besonders hohe Explosionsgefahrdung entsteht bei ReparaturmaBnahmen am Gassystem. Vor Aufnahme derartiger Arbeiten z.B. an Leitungen sind diese zu sptilen, vorzugsweise mit Wasser, und das Nichtvorhandensein einer explosiven Atmosphare ist durch Messungen zu tiberpnifen. Bei Vergabe solcher Arbeiten an Fremdfirmen ist in Bezug auf Erfahrung und Fachkompetenz ein besonders hoher MaBstab anzulegen. In explosionsgefahrdeten Raumen (z.B. Gasraum) und in explosionsgefahrdeten Bereichen (z.B. Luftraum im Membrangasbehalter) dtirfen keine Zundquellen vorhanden sein. Nach der Unfallverhtitungsvorschrift 1 „A11gemeine Vorschriften" §44 sind explosionsgefahrdete Raume und Bereiche durch ein Schild „Explosionsgefahr" und zusatzlich durch das Schild „Feuer, offenes Licht und Rauchen verboten" zu kennzeichnen.
9.1 Allgemeine sicherheitstechnische Hinweise
697
9.1.5 Beispiele ex-gefahrdeter Bereiche bei Paul- und Gasbehaltern Explosionsgefahrdete Bereiche werden nach der Wahrscheinlichkeit des Auftretens gefahrlicher explosionsfahiger Atmosphare (g.e.A.) in Zonen eingeteilt: Ftir Bereiche, die durch Gase, Dampfe oder Nebel explosionsgefahrdet sind, gilt (gemaB BetrSichV): • Zone 0: g.e.A. standig oder langzeitig vorhanden, • Zone 1: g.e.A. tritt gelegentlich auf, • Zone 2: g.e.A. tritt nur selten und dann nur kurzzeitig auf. Ftir die Bestimmung der Ex-Zonen sind die folgenden SchutzmaBnahmen und deren Kombinationen ausschlaggebend: • Vermeidung explosionsfahiger Atmosphare, • Vermeidung wirksamer Ztindquellen, • Konstruktive MaBnahmen, welche die Auswirkungen einer Explosion auf ein unbedenkliches MaB beschranken. Es gelten folgende Schutzabstande: Beispiel Faulbehalter: Faulbehalterkopf: • Ex-Zone 1:1m um Austrittsoffnung, • Ex-Zone 2:3 m um Austrittsoffnung. Schlammschacht am Faulbehalter: • Zone 1: ganzer Raum im Schacht, • Zone 2:3 m um Schachtoberkante. Beispiel Gasraum: Bei Entwasserungshahnen oder offenen Wasserverschltissen ist mit der Bildung einer gefahrlichen explosionsfahigen Atmosphare infolge Durchschlag oder Austrocknen der Wasserverschliisse oder infolge Fehlbedienung zu rechnen; damit gilt bei natiirlicher Ltiftung: • Ex-Zone 1: im ganzen Raum, • Ex-Zone 2 : 1 m um Offnungen des umschlossenen Raumes. Beispiel Trockengasbehalter mit Membrandichtung: Gasbehalter: • Ex-Zone 1: oberhalb der Membran,
698
9 Sicherheitsaspekte im Umgang mit Faulgas
• Ex-Zone 2:6 m um den Behalter (in diesem Abstand um den Gasbehalter darf damit auch keine StraBe ftihren). Unmittelbar ins Freie mtindende tJberdmckentlastungen: • Ex-Zone 1:1m um Austrittsoffnung, Ex-Zone 2:3 m um Austrittsoffnung.
9.2 Mess- und Kontrolleinrichtungen Die Messung von Konzentrationen gesundheitsschadlicher oder explosiver Gase in geschlossenen Raumen oder an der Arbeitsstelle kann durch verschiedene Messgerate vorgenommen werden: • Gassptirgerate mit Prufrohrchen zur Beurteilung der Gesundheitsgefahr, • Gasmessgerate (Prinzip der Warmetonung oder Warmeleitfahigkeit) zur Beurteilung der Zundgefahr, • Messgerate zur Feststellung der Gaszusammensetzung oder von Einzelkomponenten im Gas, z.B. Photo-Ionisations-Detektor (PID) zur Detektierung und Registrierung der Konzentrationen von Gasen. Mit der Kombination von Prufrohrchen und Prufrohrchen-Pumpen kann die Konzentration von vielen gefahrlichen, explosiven oder toxischen Gasen und Dampfen quantitativ bestimmt werden. Die Prufrohrchen bestehen aus impragniertem Granulat, welches hermetisch in einem Glasrohr eingeschmolzen ist, und werden zum Gebrauch an den ausgezogenen Spitzen aufgebrochen. Nachdem die Luft mit Hilfe der Priifrohrchenpumpe durch das Rohrchen gesaugt wurde, andert das Anzeigen-Granulat seine Farbe, wenn der gesuchte Schadstoff in der Luft vorhanden ist. Die Lange oder Farbe der Anzeige ist ein MaB ftir die Konzentration des Schadstoffes in der Luft. Eine Skala zur Ablesung der Konzentration ist auf jedem Rohrchen aufgedruckt. Die Ztindfahigkeit von Faulgas lasst sich mit einem Kohlendioxid-Prtifrohrchen feststellen. Wird kein Kohlendioxid gemessen, kann auch kein Methan vorhanden sein. Die Bergmannslampe (Davy'sche Sicherheitslampe) darf zur Feststellung brennbarer Gase nicht mehr verwendet werden, well bestimmte Gase, wie Sauerstoffgas oder Benzindampfe, durch das Drahtsieb der Sicherheitslampe durchschlagen. Das Sensorelement eines Photo-Ionisations-Detektors (PID) ist eine Messkammer, in der die zu untersuchende Probe dem Licht einer hochenergetischen Gasentladungslampe (VUV-Lampe) ausgesetzt wird. Tritt im elektrischen Feld der Messkammer ein nachweisbarer Stromfluss auf,
9.4 Vorschriften
699
so ist dies ein Zeichen daftxr, dass Probenbestandteile durch das UV-Licht ionisiert worden sind. Die natiirlichen Bestandteile der Luft (N2, O2, CO2, H2O, Edelgase) werden durch die verwendete Lampe nicht nennenswert ionisiert. Darauf beruht die Fahigkeit des PID, geringfugigste Beimengungen in normaler Luft nachzuweisen. Ein geringer Gmndstrom wird durch Nullabgleich kompensiert. Durch Temperatur- und Feuchtekompensation ist der PID in fast jeder Umgebung einsetzbar. Auf vielen Anlagen werden Gaswarnanlagen installiert. Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn Propangas als Zweitenergie Verwendung findet und Kessel oder Gasmotoren im Keller aufgestellt sind, weil Propangas schwerer ist als Luft und somit nicht entweicht, sondem sich an Tiefpunkten sammelt.
9.3 Bauliche Hinweise Gasraume dienen insbesondere zur Installation von: • • • •
Wasserkiestopfen, Gasfiltem, Gasmessgeraten, Gasdruckerhohungsaggregaten.
Gasraume mussen so gebaut werden, dass sie von auBen zuganglich sind und keine Verbindung zu anderen Raumen haben. Die Zugangsttir muss nach auBen aufschlagen und abschlieBbar sein. Die Schutzabstande zu Gasanlagen (z. B. Gasbehalter) sind in den einschlagigen Vorschriften enthalten.
9.4 Vorschriften Faulgas ist - wie bereits mehrfach erwahnt - kein Reingas und auch kein defmiertes Gas gemaB DVGW-Arbeitsblatt G260/I „Gasbeschaffenheit". Es gibt jedoch ein DVGW-Merkblatt G 262 „Nutzung von Deponie-, Klarund Biogasen" und es hat sich in der Praxis bewahrt, auch flir Faulgasanlagen sinngemaB auf das DVGW-Regelwerk zuriickzugreifen. Nachfolgend eine Auflistung - einiger - der flir den Betrieb von Abwasserbehandlungsanlagen wesentlichen Unfallverhtitungsvorschriften, Richtlinien, Merkblattem und sonstigen Schriften der Gemeindeunfallversicherungsverbande bzw. der Bemfsgenossenschaft der Gas-, Fernwarmeund Wasserwirtschaft bzw. der chemischen Industrie:
700
9 Sicherheitsaspekte im Umgang mit Faulgas
Herkunft, Aufbereitung und Verwertung von Biogasen Feuerloscheinrichtungen ASR13/1,2 Betriebssicherheitsverordnung: BetrSichV Verordnung liber Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, uber Sicherheit beim Betrieb iiberwachungsbedtirftiger Anlagen und iiber die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes Gase BGVB6 Anlagen fiir Gase der offentlichen GasversorBGVC6 gung Arbeiten an Gasleitungen BGVD2 Sicherheitsregeln fllr landwirtschaftliche BioBundesverband der landw. gasanlagen Berufsgenossenschaft e.V. Errichten elektrischer Anlagen in explosionsgeDIN VDE 0165/02.91 fahrdeten Bereichen Elektrische Betriebsmittel fur explosionsgeDIN VDE 0170/0171 fahrdete Bereiche Blitzschutzanlage DIN VDE 0185 Ortsfeste Gaswarneinrichtungen DVGWGllO Arbeitsblatt Gasbeschaffenheit DVGW G260 /1 Merkblatt Nutzung von Deponie-, Klar- und DVGW G262 Biogasen Richtlinien flir die Aufstellung und den Betrieb DVGW G 430 von Niederdmck-Gasbehaltem Richtlinien flir die Herstellung von NiederDVGW G 431 druckgasbehaltem mit Hinweisen fiir Liefervereinbarungen Arbeitsblatt Gasleitungen bis 4 bar DVGW 462 /1 Uberwachen von Gasrohmetzen bis 4 bar DVGW 461/I Verdichterstation DVGW 497 Prlifung von Gasleitungen DVGW G 600 Technische Regeln fiir Gasinstallationen DVGW-TRGI 86/96 Automatische Absperrventile flir Gasbrenner DIN EN 161 und Gasgerate Zlindtemperatur von Fllissigkeiten und Gasen DIN 51794 Verordnung liber elektrische Anlagen in exploElexV sionsgefahrdeten Raumen VDMA-Einheitsblatt 24169, Bauliche ExplosionsschutzmaBnahmen an Ventilatoren Teill Richtlinien flir die Vermeidung von Gefahren ZHl /10 [GUV 19.8] durch explosionsfahige Atmosphare mit Beispielsammlung Explosionsschutz-Richtlinien (Ex-RL) ATV-DVWK-M 363
9.4 Vorschriften ZH 1/177
ZH 1/200 [GUV 19.7] ZH 1 / 201 [GUV 10.10] ZH 1/701 94 / 9 / EG
701
Sicherheitsregeln fiir Arbeiten in umschlossenen Raumen von abwassertechnischen Anlagen - Betrieben Zllndgefahren infolge elektrostatischer Aufladung Ausnistung von Arbeitsstatten mit Feuerloschern Regeln fiir den Einsatz von Atemschutzgeraten EG-Richtlinien fiir Ex-Bereiche
10 Verzeichnis der verwendeten Abkiirzungen und Symbole
Symbol
Bedeutung
ADP AF
Adeno s indipho sphat Anaerober Filter Grundflache Faulbehalter Adenosintriphosphat Flachenbelastung CSB - Fracht CSB - Schlammbelastung Raumbelastung CSB - Raumbelastung Biochemischer Sauerstoffbedarf (5 d) BSB5 - Konzentration von der sedimentierten Probe Schlammbelastung beziehungsweise Konzentration im Fliissigkeitsstrom circa Cadmium Abflusskonzentration Methan Konzentration im Zufluss CSB - Konzentration im Zufluss Kohlendioxid Chrom Konzentration im Rlicklaufschlamm Chemischer Sauerstoffbedarf CSB - Elimination „Emgang" - CSB Abgebauter chemischer Sauerstoffbedarf CSB - Konzentration von der sedimentierten Probe
AFB
ATP BA,TS Bd,CSB BoTS,CSB
BR BR,CSB
BSB5 BSBssed BTS
bzw. C ca. Cd Ce CH4
Co Co,CSB
C02 Cr CR
CSB CSBei
CSBo CSBred CSBsed
Dimension m^ kgTS/m^-h kg/d kgCSB/kgTS kg/m^-d kgCSB/m^-d mg/1, g/1 g/l, g/1 kg/kgTS mg/1, g/1 mg/1, g/1 mg/1, g/1 mg/1, g/1 mg/1, g/1 mg/1, g/1 kg/m^ mg/1, g/1 mg/1, g/1
704
10 Verzeichnis der verwendeten Abkiirzungen und Symbole
Symbol
Bedeutung
Cu D d.h. Dm DNA E AE' ^Abstr ^Bel ^Bio
Kupfer Durchmesser das heiBt Maximale Verdiinnungsrate Desoxyribonucleinsaure Enzym Potentialgefalle Abstrahlungsverluste Energie zur Schlammaufheizung Energie aus exothermen, biochemischen Stoffwechselprozessen Energie zur Lufterwarmung Energie zur Rohschlammerwarmung et cetera eventuell Einwohnerwert Verdampfungsenergie Faradaysche Konstante Wachstumsrate Maximale Wachstumsrate Generationszeit Freie Energie gegebenenfalls Gltihverlust Hohe Wasserstoff S chwefelwas ser stoff Essigsaureaquivalent Sattigungsdruck von Wasserdampf Quecksilber Luftdruck Hydraulic Retention Time (hydraulische Verweilzeit) Inhibitor im allgemeinen in der Regel im Mittel Schlammindex Redaktionsgeschwindigkeit Michaelis - Menten - Konstante Verbrauch an Kaliumpermanganat als Oxidationsmittel Warmeleitzahl Maximale Arbeitsplatzkonzentration
EL-ERW ER-ERW
etc. evtl. EW ^W-Verd F 1^ M-max
G AG' ggfGV H H H2S HAc ho Hg hL'PL HRT I i.a. i.d.R. i.M. ISV
H
'm KMn04-V. L MAK
Dimension m 1/h V MJ/d MJ/d MJ/d MJ/d MJ/d E MJ/d C/mol 1/h 1/h h,d kJ/Reaktion % m mg/1, g/1 hPa hPa h,d ml/1 mol/1 mg/1, g/1 MJ/d-m-K -
Abkilrzungen und Symbole Symbol
Bedeutung
'^W N ^^CSB
Wasseraufnahme Stickstoff CSB - Abbaugrad Gesamt - Stickstoff Nickel oder ahnliche oben genannte Organische Trockenriickstand Organische Trockensubstanz Eliminierte (abgebaute) organische Trockensubstanz Zugeftihrte organische Trockensubstanz Organische Trockenmassekonzentrati-
Nges
Ni o.a. o.g. oTR oTS oTSei oTSo 0TSR,e oTSzui p p Pb PBCI
p pH q qA
J- ges
qA,Gas
Qd QL QRS qRu
qtjs qv Qzu rd. RNS RS RTo RV S ^red
ss
B
on Zulassige organische Trockenmassesubstanz Bakterienertrag Phosphor Blei Leistungsdichte fiir Umwalzung und Beltiftung Gesamt - Phosphorkonzentration pH-Wert Zuflussrate Flachenbeschickung Gasflachenbeschickung Abwasservolumenstrom Luftmenge Rohschlammmenge Riicklaufschlammvolumenstrom Uberschussschlammvolumenstrom Verdampfungswarme Beschickungsmenge rund Ribonucleinsaure Rohschlamm Technischer Abbaugrad organischer Stoffe Riicklaufverhaltnis Schwefel Reduzierter Schwefel Suspended Sohds (TS Aufkonzentrierungsfaktor
Dimension kg/m^ % mg/1, g/1 mg/1, g/1 mg/1, g/1 mg/1, g/1 mg/1, g/1 mg/1, g/1 mg/1, g/1 g/h W/m^ mg/1, g/1 1/h mVm^-h m^Gas/m^-h 1/d, mVd mVd 1/h, mVd 1/h, mVh 1/h, mVh MJ/kg 1/h, mVh, mVd % mg/1, g/1 mg/1, g/1 -
705
706
10 Verzeichnis der verwendeten Abkiirzungen und Symbole
Symbol
Bedeutung
T TKN TOC
Temperaturdifferenz Total Kjeldahl Stickstoff Total Organic Carbon Hydraulische Verweilzeit, Durchflusszeit Trockensubstanzgehalt Feststoffgehalt im Zufluss Feststoffgehalt Trockenmassekonzentration Trockenmassekonzentration: im Abfluss Trockenmassekonzentration: imZufluss Trockenmassekonzentration: im Riicklaufschlamm Feststoff - Verweilzeit Total Volatile Solids (Summe der fluchtigen Stoffe) und ahnliche und andere unter Umstanden und so weiter Geschwindigkeit Reaktorvolumen Volumen Gasbehalter Brutto - Volumen Volumen Faulbehalter Gasvolumen des Reaktors Faulgasproduktion vergleiche Netto - Volumen Reaktorvolumen Wassergehalt Leistungsdichte Organismenkonzentration im Reaktor Organismenkonzentration im Abfluss Organismentkonzentration im Rilcklaufschlamm zum Beispiel zum Teil Zinn
tR
TR TRo TS TSR TSR^C TSRO
TSRS
'TS TVS u.a. u.a. u.U. usw. V
V Va VB VFB VG
Voas
vgl. VN VR
WG WR X Xl XR
z.B. z.T. Zn
Dimension °C mg/1, g/1 mg/1, g/1 h, d mg/1, mg/1, mg/1, mg/1, mg/1,
g/1 g/1 g/1 g/1 g/1
mg/1, g/1 mg/1, g/1 h,d mg/1, g/1 m/s, m/h \,m' m' \,m' l,m^ m^ 1/h, mVh, mVd l,m^ l,m^ % W/m^ g/1 g/1 g/1 -
Sachwortverzeichnis
3-Schichten-Modell 35 Abbauprodukte 381 Abbauwirkungsgrade 385 Abfallschwefelsaure 503 Ablagerungen 272 Abluftbehandlungsanlage 462 Abluftemission 565, 623 Abluftentsorgung 349 Abrasion 605 Abraumdeponie 507 Abscheider 290,312,326 Absetzbecken 409 Absetzeinrichtung 289 Abstrahlungsverluste 594 Abstrom 320 Abwasseranfall 365 Abwasseraufbereitung 573 Abwasserinhaltsstoffe 569 Abwasserkonzentration 527 Abwassertemperatur 345, 526 Abwasservorbehandlungsanlage 347 Acetat- und Methanstufe 8 Acetatbildung 588 acetogene Bakterien 28 acetogene Reaktionen 29 Acetogenen-Phase 25 Acetogenese 42 Adaption 255 Adaptionsphase 279 ADI-BVF®-Prozess 294 ADUF®-Verfahren 295 Aerob-Anaerob-Verfahren 140 Aerobreaktor 141 Aerobstufe 431,449 aerob-thermophile Schlammstabilisierung (ATS) 165
Aerobverfahren 624 Aggregation 590 AH-Reactor 339 Alkohol 445 alternative Verfahren 523 Ammoniak-Strippung 496 Ammonium-Konvertierung 492 Amortisation 468 Anaerob-Aerob-Verfahren 142 Anaerobanlagen 409 anaerobe Abwasserbehandlung 471 anaerobe Belebung 287, 289 anaerobe Belebungsverfahren 289, 440 anaerobe Festbettreaktoren 525 anaerobe Feststoffbehandlung 386 anaerobe Filter 321,479 anaerobe Schlammstabilisierung 103 anaerober Batch-Test 255 anaerober Membranbioreaktor 525 anaerobe Teiche 288 anaerober Abbau 24 anaerobes Belebungsverfahren 338 Anaerobreaktor 141 ANAFLUX® 332 ANAFLUX®-Reaktor 332 ANAFLUX®-Verfahren 330 ANAFLUX-Wirbelbettreaktoren 411 Anamentverfahren 409 ANITRON 329 ANITRON-Anlagen 330 Anlagendurchsatz 595 Ascherung 267 A-Starke 403 Aufbereitung 551
708
Sachwortverzeichnis
Aufenthaltszeit 288,299,310,319, 324, 335, 479, 526 Aufladeteiche 440 Aufstrom 320 Aufstromgeschwindigkeit 301,312, 319, 325, 335, 411, 451, 526, 527 Aufwuchsflachen 622 Ausschwemmreaktor 287, 288, 525 Bandfilterpressen 201 Bandschmiermittel 457 Batchverfahren 585 Baumischabfalle 574 Behalterreinigung 576 Behandlungstemperatur 387 Beispielrechnung 686 Belebungsverfahren 495 Bemessungsbeispiel 130 Bemessungsparameter 126 Bemessungsraumbelastungen 411 Bemessungswerte 122 Beschickung 280 Betriebskosten 468, 524 Betriebsprobleme 271 Betriebsstorungen 469 BHKW 369,591 Biermischgetranke 364 Bimssteingranulat 336 Bio- und Griinabfall 565 Bioabfall 250, 260, 566 BioAbfV 613 BIOBED®-Reaktor 304, 307 Biobed-Reaktor 423,448,483 biochemische Desintegration 150 Biofilter 271,462,624 Biogas 285, 349, 483, 597, 655 Biogasanlage 413,447,556 Biogasausbeute 132, 254 Biogasentschwefelung 517 Biogasgewinn 279 Biogasmenge 424 Biogasproduktion 464 Biogasverwertung 617 Bioleaching 501 Biolite 333,411 biologische Verfahren 552
Biomasse 359 Biomasseanreicherung 286, 590 Biomasseneubildung 491 Biomassegehalt 299,311,319,324 Biomassehohe 299,311,319 Biomasseproduktion 483 Biomethanisierung 386 BIOPAC-IC®-Reaktor 304 BIOPAQ®- System 297 Biozonose 366 Blahschlammbildung 344 Blockheizkraftwerk 424, 568 BMA-FlieBbettreaktor 330, 336, 440, 442, 443 Bodenschutz 570 Bodenverbesserungsmittel 561 Boxen-Fermenter 548 Brande 693 Bratprodukteherstellung 418 Brauereien 364 Brennereien 445 Brennereischlempen 269 Brennstoffzellen 618 Brudenkondensat 401,447,450, 471,487,494 B-Starke 403 BTA-Verfahren 257 Bunkersysteme 575 Buttersauregarung 28 Bypass 370, 385, 423, 440, 595 Calciumcarbonat-Ausscheidungen 481 Cambi-Verfahren 147 chemische Desintegration 148 chemische Industrie 510 chemischer Klarschlammaufschluss 150 chemisch-katalytisch 503 Chloridkonzentrationen 264 CIP-Anlagen 457 Co-Fermentation 246 Co-Substrate 247, 392 Co-Vergarung 246,447 CSB-Abbau 411 CSB-Konzentration 351
Sachwortverzeichnis CSB-Raumbelastung 284, 298, 309, 317, 323, 335, 413, 441,465, 472 CSB-Schlammbelastung 293, 301, 312,319,325,444 CSB-Wirkungsgrade 441 C-Starke 405 CSTR-Reaktoren 525 Dammmaterial 597 Dampf- Oder Fruchtwasser 446 Dampfstrippung 497, 633 Darmverwertung 381 Deinking-Verfahren 478 Dekantierzentrifugen 403 Denitrifikation 633 Denitrifikationsstufe vor der Anaerobstufe 431 Deponat 646 Desinfektionsmittel 457 Desintegrate 145 Destination 445 Desulfurikanten 30 Direktaufgabebunker 576 Direkteinleitung 360,516 Direkteinspeisesysteme 540 Disproportionierung 33 Doppelmantel 593 Drei-Phasen-Abscheider 296, 302, 516,528 Druckbeltiftung 377 drucklose Gasbehalter 666 Druckmesssonden 268 Druckspeicher 622 Druckspeicherung 667 duale biologische Stabilisierung 165 Duchflussverfahren 542 Diingemittel 626 Dlingewert 524 Diingewirkung 256 Durchfluss-Speicheranlagen 547 Durchfluss-Verfahren 546 EAK (Europaische Abfall-Kennzahl) 252 EDA-Kondensate 471,475
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EGSB 287 EGSB-Reaktor 304,421,423 Eh-Gruben (Faulgruben) 1 Einarbeitungszeit 360 Eindampfanlage 447 Eindicker 374 Eindickung 184 Einfahrphase 113 Einlaufsystem 301,312,319,326, 528 Einlaufverteilersystem 313 Einleitbegrenzung 383 Einleiterlaubnis 361 Einleitungserlaubnis 274 einstufige Betriebsweise 143 einstufige Kofermentation 556 Einzelpilotierungen 514 Eisenchlorid 373 EiweiB 458 EiweiBhydrolyse 410 EiweiBkoagulation 399 EiweiBstoffe 409 EiweiBzersetzungsprodukte 489 EKJ-Reaktor 293 Elektrolyt 505 Elektronendonor 502 Eluatparameter 616 Emissionen 370 Emissionsgrenzwerte 569 Emscher Brunnen 3 Endprodukte 510 energieautark 639 Energiebedarf 673 Energieerlose 565 Energieerzeugung 413 Energiegewinn 23 Energieinhalt des Biogases 483 Energiepflanzen 537 Energiepotential 386 Enterobacteriaceen 162 Entfeuchtung 619 Entschwefelung 552, 619, 620 Entschwefelungsanlagen 671 Entseuchung mit Branntkalk 166 Entseuchungsleistung 161 Entseuchungsverfahren 163
710
S achwortverzeichnis
Entsorgungsvertrag 277 Entstaubung 619 Entwasserbarkeit 273 Entwasserungseinrichtungen 668 Entwasserungskennwert 168 Entwicklungslander 523 Erdgassubstitut 620 Erfrischungsgetranke 356 Erlaubnisse 273 Ernterriickstande 536 Erstickungsgefahr 693 erweiterte Denitrifikation 431 Essigsaure 447 Explosion 693 Explosionsgefahr 695 Explosionsgrenze 695 Exzenterschneckenpumpe 557 Ex-Zonen 697 Fallstromverdampfer 401 Fallung 212 Faserscheidung 609 Faulbehalter 6, 697 Faulgas 655,693 Faulgasanfall 131,655 Faulgasaufbereitung 671 Faulgasausbeute 656 Faulgasbewirtschaftung 659 Faulgasspeicher 663 Faulgastransport 662 Faulraumtemperatur 596 Faulschachte 1 Faulschlamm 91 Faulzeit 247 Feinkonfektionierung 612 Fermentationsanlagen 513 Fe-Scheidung 601 Festbettmaterial 416 Festbettreaktor 287, 320, 321, 339, 448 Festbettumlaufreaktor 321 Festmist 536, 556 Feststoffanteil 636 Feststoffdurchflusszeiten 410 Feststoffe 286 Feststoffgehalt 258,411
Feststoffkonzentration 384 Fett 387, 458 Fettabscheider 419, 492 Fettabscheiderinhalte 249 Fettabscheiderriickstande 391 Fette 249, 255, 270 Fettsauren 587 Filmreaktor 479 Filtration 181 Filtrationsverfahren 290 Filtrationswiderstand 94, 181 Flachbunker 575 Flammenriickschlagsicherungen 669 Flaschenkeller 356 Fleischindustrie 380 Fleischmehlindustrie 493 FlieBbett-Reaktoren 287,327,411, 479 Flockungshilfsmittel 192, 599, 613 Flotat 269, 387 Flotation 187,290,367 Flotationsanlagen 420 Fluidised-Bed-Reactor 327 FlUssigmist 536 FlUssigschlammentseuchung 164 Folienbedachung 544 Folienhauben 544 Frachtschwankungen 344 Frucht- und Obstmarkreste 456 Fruchtgummi-Herstellung 461 Fruchtsaftgetranke 355 Fruchtsaftindustrie 343 Fruchtwasser 419,446 Fugat 636 FuBbodenreinigung 456 Garung 445 Gas-Diesel-Motoren 680 Gasdruck-Mischverfahren 543 Gaseinpressung 416 Gasentschwefelungssystem 519 Gaserzeugungsraten 658 Gasfackel 668 Gasfilter 669 Gasflachenbelastung 452
S achwortverzeichnis Gasflachenbeschickung 312,319, 325 Gasfreisetzung 587 Gashaube 668 Gaslanzen 605 Gaslift 313,450 Gas-Luftgemisch 695 Gasmotoren 661 Gas-Otto-Motoren 680 Gasqualitat 271 Gasraum 697, 699 Gasspeicherung 553 Gassystem 667 Gastrocknung 672 Gastronomic 260 Gasverwertung 673 Gaswarnanlagen 699 Gaszusammensetzung 661 Gefahrdungspotential 366 Geflugelfestmist 556 Gegenstromprinzip 403 Gelatine 265 Gelatineherstellung 265 Genehmigungen 273,274 Genehmigungsverfahren 568 Gerste 397 Geruchsbelastigung 271,273,359 Geruchsemissionen 462 Geruchsstoffe 414 Gesamtmtill 608 geschUtzte Herstellungsverfahren 512 geschwindigkeitslimitierender Abbauschritt 44 Gesetze 273 Gesundheitsgefahrdung 693 Getreidepiilpe 405 Getrenntsammlung 566 Gips 505 Glucoseabwasser 411 Glucosesirup 456 Gliihriickstand 92 Gliihverlust 92 Gliihverlust (GV) 169 Gluten 401 Glutenseparation 403
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Grenzkostenpunkt 646 Grubenwasser 507 Gmndlastbetrieb 681 Grunschnitt 259 H2-Partialdruck 27 H2-S-Hemmung 413 Hafer 397 Haftung 277 Hammermiihlen 582 Haspelrlihrwerk 559 Hauptkampagne 347 Haus- und Geschaftsmiill 573 hausmtillahnliche Gewerbeabfalle 573 Hefefabriken 445 HeiBdampf 638 Heizkessel 678 Heizwert 94 Hemmung 256 Hilfsstoffversorgung 517 hochbelastete Anaerobreaktoren 46 Hochdruckhomogenisatoren (HDH) 154 Hochlastkunststofftropfkorper 416 Hochlastreaktoren 515 Hochlastsysteme 286 Hochlastverfahren 365 Hochleistungspulstechnik (HLPT) 154 Hochleistungs-UASB 304 Homogenisierung 255 Humaninsulinproduktion 516 Hybrid 287 Hybridreaktoren 321 Hybridverfahren 479, 483 hydraulische Verweilzeit 387 hydraulische Aufenthaltszeit 472 Hydrolyse 26, 39, 403, 585, 588, 598 Hydrolyse- und Versauerungsstufe 8 Hydrolysegeschwindigkeit 39 Hydrolyse-Phase 25 Hydrolysereaktor 411,607 Hydrozyklon 603, 605
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Sachwortverzeichnis
Hygienisierung 259, 538, 540, 559 Hygienisiemngsgrad 588 IC®-Reaktor 313,449 Imhoff-Tank 3 immobilisiert 519 Impfschlamm 375 Impfung 114 Indirekteinleitung 373 Industriebranchen 283 industrielle Anaerobanlagen 283 inerte Tragermaterialien 192 intermittierende Denitrifikation 383 intermittierende Hydrolyse 606 Internal Circulation 313 Internal-Circulation-Reaktor 479 Interspecies-Hydrogen-Transfer 42 Investitionen 468 lonenaustauscher 448 ITC-Reaktor 304 Kalk 439 Kalkablagerungen 443 Kalkhydratbehandlung 166 Kalkmilch 267, 437 Kalkseifen 267 Kalkung 267 Kammerfilterpressen 198 Kampagnebetriebe 285, 344 Kampagnezeit 262 Kapazitaten 279 kapillare FlieBzeit 181 Kapitalkosten 468 Kartoffelchips 422 Kartoffelfruchtwasser 399 Kartoffeln 397, 399, 402 Kartoffelstarkeabwasser 405 Kartoffelstarkefabrik 560 Kartoffelstarkeherstellung 399 Kartoffelstarkeproduktion 401 Kartoffelveredelungsindustrie 418 Kaskadenbetrieb 134 Kaskaden-Denitrifikation 490 KatastermaBnahmen 458 Keimwasche 401 Kerngeschaftsfelder 511
kinetische Parameter 41, 43 Klaranlagenbetreiber 274 Klargas 655 Klarschlammbeseitigung 144 Klarschlammdesintegration 144 Klarschlammentseuchung 142, 160 Klarschlammmengen 94 Klarschlammstabilisierung 144 Klarschlammvererdung 195 Klarschlammverordnung 160 Kleber 402 Kofermentation 534 Kofermentations-Gemeinschaftsanlage 560 Kohlendioxid 694 Kohlenhydrate 255, 381, 458 Kohlenmonoxid 694 kommunale Bioabfalle 257 kommunales Abwasser 523 Komponentenrecycling 221 Kompostfilter 414, 563 Kompostieren in Reaktoren 167 KompressibiHtat 94, 181, 182 Kondensat 437, 438 Kondensatbildung 636, 693 Konditionierungsbecken 313 Konditionierungsbehalter 449 Konditionierungstank 517 Konfektionierung 578 Kontaktverfahren 9, 384, 476, 493 kontinuierlich gespUlter Sandfilter 431 Kontrolleinrichtungen 698 KorngroBen 585 Korperschaften 277 Korrosion 272, 413, 693 Kosten 468 Kosubstrat 556 Kraft-Warme-Kopplung 618,678 Krahlwerke 190 KreiselbelUfter 373 Kreislaufeinengung 438 Kreislauffuhrung 403, 439 KjeislaufschHeBungen 512 Krepro-Prozess 149 Kristallisation 437
Sachwortverzeichnis Kugelmuhlen 582 Kuhlung 190 Kuhlwasser 418 Kutteleiabwasser 381 LabormaBstab 515 Lachgas 626 LAGA (Lander-Arbeitsgemeinschaft Abfall) 252 Lagerung 381 Landwirtschaft 565 landwirtschaftliche Vergarungsanlagen 533 Leprox-Verfahren 148 liegende Fermenter 545 Limonade 355 Limus-Verfahren 147 lipophile Stoffe 419 Lutterwasser 445,446 Lysat-Zentrifugen-Technik (LYZT) 154 Magen- und Darminhalte 390 Mais 397,402 Maische 445, 585 Maisgluten 401 Maisglutenfutter 401 Maiskeimol 401 Maisschalen 401 Maisstarke 401 Maisstarkeabwasser 406 Maisstarkefabrik 406 Maisstarkeherstellung 401 Maisvermahlung 401 MAK-Werte 694 MAK-Wert-Liste 694 MAP 316 MARS®-Verfahren 295 maschinelle Entwasserung 198 Materialeintrag 600 Mazerator 260,269 mechanische Klarschlammdesintegration 151 mechanische Konditionierung 193 Mehlwassersuspension 403 Mehrwegabfiillung 364
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Melasse 437,445 Melassebrennereien 447 Membranbioreaktor 287 Membranfilterpressen 200 Membranfiltrationseinheit 295 Membrantechnik 633 membranunterstiitzte Anaerobreaktoren 295 Merkblatter 699 mesophil 588, 604 mesophile Betriebstemperatur 563 mesophile Temperaturbedingungen 539 Messeinrichtungen 669, 698 Messgerate 698 Messverfahren 670 Metalle 501 Metallriickgewinnung 503 Metallruckhaltung 507 Metallsalze 621 Methanausbeute 255 Methanbakterien 1,31 Methangehalt 491 Methanisierung 359, 588 Methanogenen-Phase 25 Methanogenese 33, 43 Methanosaeta 32 Methanosarcina 32 Methanospirillum 29 Methanreaktor 516 Mietenkompostierung 166 Mietentemperatur 628 Milieubedingungen 590 Milo 397 Mindestanforderungen 477 Mineralstoffscheidung 647 Misch- und Ausgleichsbecken 420, 431 Mischbetriebe 357 Motoren 680 Multisorter 586 Murein 31 Nachreinigungszone 313 Nachrottedauer 644 nachwachsende Rohstoffe 537
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S achwortverzeichnis
Nahrstoff- und Spurenelementbedarf 45 Nahrstoffbedarf 45, 483 Nahrstoffbelastungen 632 Nahrungs- und Genussmittelindustrie 248 nasse Aufbereitung 585 Nassmais 402 Nassverfahren 565 Nassvergarung 539 Nassvergarungsverfahren 538 native Kartoffelstarke 401 Natronlauge 266 Natronlaugewascher 519 natlirliche Entwasserung 193 Neutralisation 370,505 Niederdruckfoliengasspeicher 553 Niederdruckgasbehalter 664 Niederdruck-Nassgasbehalter 664 Niederdruck-Trockengasbehalter 665 Nitrifikation 633 Notfackel 622 Oko-Bilanz 274 Organik 583 organische Substratbelastung 387 oTR-Konzentration 292 Otztal 260 Oxidationsprozesse 501 Panseninhalte 381 Pansenpresswasser 389 Parallelplattenabscheider 290, 367 Partikelabscheidung 619 PartikelgroBenverteilung 172 P-Eliminierung 370 Pelletbildung 36 Pelletreaktoren mit Gaslift 479 Pellets 34, 296, 361, 525 Pelletschlammreaktoren 515 Pelletspeicher 370 Pelletstruktur 37 Perkolation 563, 608 Perkolationsverfahren 548, 566 Pfropfstromprinzip 590
Phosphor 45 Phosphorriickgewinnung 150 Photo-Ionisations-Detektor 698 pH-Schwankungen 366 pH-Wert 93, 430 Plug-Flow-Prinzip 599 Polymerkonditionierung 176 Porteus-Verfahren 146 Positivliste 275 Pressat 612 Primarschlamm 88 Primarschlammdesintegration 151 Produkthygiene 592 Produktionsabwasser 353, 418, 456 produktionsintegrierter Umweltschutz 439 Produktionsriickstande 538 Produktverluste 458 Propellerriihrwerk 611 Propionsaurekonzentration 40 Proteine 255 ProzesskontroUsystem 412 Prozesspriifung 613 Prozessschritte 38 Prozessstabilitat 279, 588 Prozesswasseranfall 206 Prozesswasseraufbereitung 210 Prozesswasserbewirtschaftung 207 Prufrohrchen 661,698 psychrophil 588 Puffer 258 Pufferkapazitat 266, 354 Puffertank 517 Pulper 250, 258, 585 Raumbelastung 411,526,527 Reaktionsenergie 23 Reaktorbeschickung 112 Reaktordurchmischung 105 Reaktorheizung 109 Reaktorhohe 527 Reaktorkopf 349, 606 Reaktorsteuerung 412 Reaktorsystem 430 Reaktortypen 16 Reaktorzulauf 593
Sachwortverzeichnis Rechengut 392 Recyclestrom 348,423 Reduktionsmittel 503 reduktive Methanbildung 33 Reinigungsabwasser 418 Reis 397 Rektifikation 445 Ressourcenschutz 645 Restabfallbehandlung 597 Reste von Milcherzeugnissen 456 Restversauerung 517 Retentionszeit 609 Rezirkulation 354, 373, 518 Richtlinien 699 Rinder- und Schweineflussigmist 590 Ringspaltmiihlen 153 Risiken 693 Roggen 397 Rohschlamm 90 Rohschlammbeschickung 114 Rohwarenverarbeitung 488 Ruckbelastung 256 Ruckbelastung der Klaranlage 205 Ruckgewinnungsverfahren 225 Riihrwerkskugelmiihlen (RWKM) 153 SackaufreiBer 608 Sago-Palme 397 Salmonellen 162 Salzung 381 Sandfilter 351 Sanitarabwasser 418 Sauerkrautlake 262 Sauerstoffmangel 694 Saureverbrauch 93 Schaumbildung 344 Schaumen 271 Schaumfalle 668 Schellfaulung 9 Schildraumer 293 Schlachtblut 391 Schlachthofabwasser 388 Schlachtriickstande 381 Schlachtung 379
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Schlammaustrieb 465 Schlammbett 348 Schlammbetthohe 300 Schlammcharakteristik 430 Schlammeindicker 184 Schlammentsorgungskosten 351 Schlammentwicklung 465 Schlammkonditionierung 176 Schlammkonzentrationen 409 Schlammpasteurisierung 164 Schlammsilo 576 Schlammstabilisierung 100, 373 Schlammwasserabtrennung 168 Schlauchverfahren 550 Schlaufenreaktor 606 Schlempen 269, 446,447 Schneckenmiihlen 582 Schockbelastung 473 Schokolade 456 Schraubenmiihle 257, 260 Schwachlastreaktoren 515 Schwarzlauge 474 Schwebebett- und Wirbelbettreaktoren 328 Schwebebett-Verfahren 15 Schwefelkomponenten 501 Schwefelreduktion 620 Schwefelsaureproduktion 504 Schwefelwasserstoff 502, 693, 694 Schweinegulle 556 Schweinemageninhalte 269 Schwemmwasser 439 Schwermetallgehalte 570 Schwimmdecke 8, 272 Schwimm-Sink-Trennung 540 Sedimentation 373, 605 Sedimentationsverhalten 414 Sekundarbrennstoffe 612 Sekundarrohstoffdtinger 569 Sekundarschlamm 89 Selbsterhitzungsversuch 639 Selektionsprozess 296 Senkgruben 2 separate Versauerungsstufe 517 Septic Tank 2 Sicherheitslampe 698
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Sachwortverzeichnis
Siebaggregate 582 Siebschneckenpressen 611 Siloxanentfernung 673 Simultanfallung 431 Speicherung von Biogas 551 Speicher-Verfahren 545 Speisefette 456 Sperrmull 573 Spezialchemikalien 511 spezifisches Faulraumvolumen 121 spezifischer Abwasseranfall 427 spezifische Stromerzeugungskosten 683 Spitzenlastbetrieb 681 Spitzenlastphase 462 splitter-boxes 528 Spulwasser 458 Spurenelemente 47 Stabilisierung 566 Stabilisierungskriterien 101 Stabilisierungsparameter 635 Stabilisierungsreaktor 144 Stabilitatskriterien 644 Standardbioabfall 641 Starke 396,397,401,456,458 Starkederivate 397 Starkefabriken 408 Starkeherstellung 396 Starkehydrolysate 401 Starkeindustrie 396, 408 Starkekorner 399 Starkemodifizierungsprodukte 401 Starkeproduktion 396 Starkepuder 458 Starkesuspension 399, 401 Starkeverzuckerungsprodukte 397 Starkverschmutzungszuschlage 461,468 stehende Fermenter 542 Sterilisation 487 Stickstoff 45 Stickstoffbedarf 46 Stickstoffelimination 285 Stoffgruppenanalyse 643 stoffliche Verwertung 219 Stoffloser 250, 258, 585, 603
stoffspezifische Gaserzeugung 657 Stoffstromtrennung 578 Storstoffabscheidung 258 Storstoffe 256, 373 Storstoffentfrachtung 598 Storstoffentnahme 580 Strahlbelufter 355 Strainpress 261 StraBenkehricht 574 Strippung 213 Strombedarf 524, 675 Stromerzeugung 680 Stromiibergabe 684 Substrate 535 Substrateigenschaften 36 Substraterwarmung 591 Substratuberschuss 40 Substratiiberschusshemmung 263 Sulfat 501 Sulfatreduktion 502 sulfidische Fallung 503 Super BIOSAVER® 305 Suspension 258, 585 SuBkartoffeln 397 SiiBwaren 453 SiiBwaren-Herstellung 457 SiiBwarenindustrie 453 Syntrophie 38 Tafelmietenverfahren 616 TA-Larm 568 TA-Luft 568 Tank 576 Tapiokawurzeln 397 Tauchriihrwerk 557, 558 technischer Abbaugrad (Abbaugrenze) 117 Teichanlage 8,524 Teichverfahren 439 Teilfestbettmethanreaktor 414 Teilfestbettreaktor 321,413,416 Teilstrombehandlungen 512 Teilstrome 359 Temperatureinfluss 430 Tertiarschlamm 90 theoretischer Abbaugrad 117
Sachwortverzeichnis thermische Desintegration 146, 559 thermophil 588,606 thermophiler Temperaturbereich 539 thermophiler B etrieb 141 Tiefbunker 575 Tierkorperbeseitigungsanstalten 488 Tierkorperbeseitigungsgesetz 259 Toxizitatstest 515 Tragermaterial 443 Travis-Becken 3 trockene Aufbereitung 581 Trockengasbehalter 697 Trockenmais 402 Trockenmasse 45 Trocken-Nass-Simultanvergarung 549, 562 Trockenriickstand 92 Trockenriickstand (TR) 169 Trockensubstanz 585, 642 Trockensubstanzgehalt 605 Trockenverfahren 566 Trockenvergarung 547 Trockenvergarungsverfahren 538, 547 Trocknung 619 des Biogases 553 Trocknungsverlauf 173 Tropfkorper 519 TS-Bilanzierung 416 UAC 338 UACF 338 UASB 287,421 UASB-Reaktor 13, 14, 34, 295, 370, 525 UASB-System 408 UASB -Upflo w-Verfahrensprinzip 462 UASB-Verfahren 479 tjberlastungen 264 tjberschussschlammanteil 171 tjberschussschlammdesintegration 152 tjberschussschlammproduktion 284
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tjberschusswasser 630 tjberwachung 278 Ultraschallhomogenisatoren (UH) 154 Umwalzstrom 601 Umwalzung 6, 414 Unfallverhiitungsvorschriften 699 Upflow Anaerobic Contact Filter 338 Upflow-Modus 607 Upflow-Reaktor 464 Vakuumeindampfung 560 Vakuumentgasung 191,414 Vakuumentgasungsverfahren 291 Verarbeitungskapazitat 565 Verbrennung 220 Verdampfungsapparate 437 Vererdungsanlagen 196 Verfahrensstufen 349 Vergarung 565 Vergiftungsgefahr 694 Vergleichsrechnung 468 Verkaufsbier 365 Verkrustungen 593 VermeidungsmaBnahmen 459 Verordnungen 273 Verregnung 439 versauernde Bakterien 26 versauerte Abwasser 46 Versauerung 27, 39, 263, 359, 475, 588 Versauerungsgrad 444,451 Versauerungsphase 25 Versauerungsreaktor 408,472, 516 Verstopfungen 267, 272, 416 Verstromung 688 Verteilerkasten 528 Verwaltungsvorschrift 631 Verzuckerung 445 Vinasse 447 Vinassekali 447 Viskositat 265 volldurchmischter Faulbehalter 133 Vollentsalzungsanlage 357 Vollreinigung 360
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S achwortverzeichnis
Vollreinigungsanlage 516 Vorbehandlung 265, 369 Vorbehandlungsaufwand 255 Vorbehandlungsverfahren 279 Vorschriften 699 Vorteile 284 Vorversauemng 351 Warmebedarf 673 Warmetibertrager 592 Waschanlage 437 Waschturmsaure 506 Waschwasser 446, 610 Wasseranteil 172,595 Wasseraustrag 636 Wassermangel 587 Wasserrecht 275 Weizen 397,402 Weizen-B-Starke 405 Weizenmehl 403 Weizenstarkeabwasser 407 Weizenstarkeherstellung 403 Wendelforderer 586 Wertstoffnutzung 219 Wertstoffpotenzial 217, 229 Wertstoffriickgewinnung 216 Wiederverwertung 525 Wirbelbettreaktoren 411,516 Wirbelbettverfahren 367
Wirbelschichtreaktoren 328 Wirkungsgrad 347 Wirtschaftlichkeit 468, 682 Wurmeier 162 Zellwande 31 Zentrifugation 178 Zentrifuge 202, 258 Zerkleinerung 256 Zerkleinerungsstufe 582 Zimpro-Verfahren 147 Zucker 436 Zuckerfabriken 437 Zuckerverbindungen 456 Zuckerwarenmarkte 454 Zulaufbelastung 384 Zulaufmenge 373 Zulauf-Rohrsystem 464 Zulauftemperaturen 346 Ziindquelle 695 zweistufige Kofermentation 557 mit thermischer Desintegration 559 zweistufige Neutralisationsanlage 431 zweistufige Schlammfaulung 5 zweistufige Verfahren 135 Zwischenklarung 413 Zwischenprodukte 514