E.A.M. Neugebauer W. Mutschler L. Claes (Hrsg.) Von der Idee zur Publikation 2. Auflage
E.A.M. Neugebauer W. Mutschler L. Claes (Hrsg.)
Von der Idee zur Publikation Erfolgreiches wissenschaftliches Arbeiten in der medizinischen Forschung 2. Auflage Mit 37 Abbildungen und 8 Tabellen
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Univ.-Prof. Dr. Prof. h. c. Edmund A.M. Neugebauer Universität Witten/Herdecke gGmbH Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM) Ostmerheimer Str. 200 51109 Köln
Prof. Dr. Lutz Claes Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik Helmholtzstr. 14 89081 Ulm
Prof. Dr. Wolf Mutschler Chirurgische Klinik Innenstadt Nußbaumstr. 20 80336 München
ISBN 978-3-642-16068-4 2. Auflage Springer Medizin Verlag Heidelberg ISBN 3-13-131031-6 1. Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. SpringerMedizin Springer-Verlag GmbH Ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Dr. Fritz Kraemer, Heidelberg Projektmanagement: Willi Bischoff, Heidelberg Copy-Editing: Annette Allée, Dinslaken Cover-Design: deblik, Berlin Satz: Crest Premedia Solutions (P) Ltd., Pune, India SPIN: 80020942 Gedruckt auf säurefreiem Papier
2111/WB – 5 4 3 2 1 0
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Vorwort Der Leistungsstand der klinischen Forschung, gemeint ist hier die grundlagen-, krankheits- und patientenorientierte Forschung, wird von verschiedenen Förderinstitutionen und in Stellungnahmen des Wissenschaftsrates, unbeschadet mancher hervorragender Einzelleistungen in Deutschland, insgesamt als unbefriedigend bezeichnet. Die Gründe sind einerseits eine mangelnde Institutionalisierung von chirurgischen Forschungsinstituten – obwohl in letzter Zeit einige neue W2/3-Stellen eingerichtet wurden – sowie ein wenig attraktives Klima für die Entwicklung des talentierten klinischen Nachwuchses (Zeit, Anerkennung, Ressourcen, Bezahlung), andererseits die fehlende Ausbildung zur Forschung. Eine fachspezifische und strukturierte Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Forschung ist nur an wenigen medizinischen Fakultäten etabliert. Curricula für die Ausbildung klinischer Nachwuchsforscher an Universitätskliniken fehlen zumeist. Mit der Etablierung von klinischen Studienzentren, dem Studienzentrum der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (SDGC) sowie dem Chirurgischen Netzwerk (CHIR-Net), hat sich zumindest für klinische Studien in den letzten Jahren eine positive Entwicklung ergeben. Betrachtet man das Medizinstudium, so orientiert es sich vorwiegend an dem für die Ausbildung zum Arzt Notwendigen – Ansätze zur wissenschaftlichen Bearbeitung medizinischer Fragen werden so gut wie nicht vermittelt. Im Gegenteil – das Medizinstudium ist vor allem wegen seiner Faktenüberfrachtung wissenschaftlichem Denken eher abträglich. Vieles ist hier dem Zufall und der Eigeninitiative des wissenschaftlich Interessierten überlassen. Die wenigsten akademischen Lehrer haben angesichts der umfangreichen Aufgaben in der Krankenversorgung, der Verwaltung/Selbstverwaltung und der Lehre ausreichend Zeit für die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der klinischen Forschung. Im Bewusstsein, dass die Forschung für die eigene Klinik und die Außendarstellung von größter Wichtigkeit ist und die Landeszuführungsbeiträge an die Universitäten inzwischen leistungsorientiert vergeben werden (LOM), bleibt meist nur die oberflächliche und wenig impulsive Aufforderung an die Assistenten: »Wir müssen auch etwas forschen«. Nur was und wie? Vor diesem Hintergrund wurde vor einigen Jahren die Idee geboren, hier eine Hilfestellung für den akademischen Nachwuchs in Form von Kursen anzubieten, um den aufgezeigten Mängeln zu begegnen. Teile der im vorliegenden Buch dargestellten Inhalte wurden über mehrere Jahre auf den Jahreskongressen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCh) und Unfallchirurgie (DGU) sowie der Sektion Chirurgische Forschung (SCF) in Kursen angeboten, bis sich die Herausgeber dieses Buches entschlossen haben, die Inhalte zusammenzuführen und einen Intensiv-Workshop über 3 Tage durchzuführen. Der Kurs wurde jährlich (bisher 10-mal) für eine begrenzte Zahl von maximal 25 Teilnehmern durchgeführt. Die begleitende, anonyme Evaluation der Intensiv-Workshops »Von der Idee zur Publikation« hat zu vielen Anregungen geführt, die wir aufgenommen und in den jeweiligen Folgekursen umgesetzt haben. Die durchweg sehr positive Bewertung aller Workshops sowie der kursbegleitenden Unterlagen haben uns stimuliert, 6 Jahre nach der ersten Auflage neue Inhalte in die Neuauflage aufzunehmen und die Gliederung noch stringenter an die Bedürfnisse der Leser anzupas-
VI
Vorwort
sen. So finden sich jetzt die Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne für die verschiedenen Bereiche der klinischen Forschung im Anhang A. Dies soll die Lesbarkeit des Buches vereinfachen. Sicher kann dieses Buch einen Hands-on-Workshop mit intensiver Diskussion und praktischen Übungen nicht ersetzen. Es kann aber sowohl dem »Novizen« in der Forschung als auch dem »Erfahrenen« eine wertvolle Hilfe zur Strukturierung seiner Ideen, über die Projektplanung, Durchführung und Auswertung bis hin zur Publikation bieten. Tragen Sie zur Weiterentwicklung des Faches Chirurgie und seiner Nachbardisziplinen bei: Chirurgische Forschung braucht forschende Chirurgen. Die Herausgeber verbinden mit der Neuauflage des Buches die Hoffnung, eine Steigerung der Drittmitteleinwerbung der klinischen Fächer bei den Förderinstitutionen und insgesamt eine Steigerung der Qualität der klinischen Forschung zu bewirken. Erwähnt sei an dieser Stelle noch, dass wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nennung männlicher und weiblicher Wortformen verzichtet haben. Selbstverständlich sind grundsätzlich beide Geschlechter gemeint. Abschließend möchten wir als Herausgeber Danke sagen: dem Springer Verlag und besonders Herrn Kraemer für sein Entgegenkommen und die Unterstützung beim Zustandekommen der Neuauflage, unseren jetzigen und ehemaligen Mitarbeitern und hier im Speziellen Herrn PD. Dr. Sauerland, Herrn Prof. Dr. Lefering, Herrn Prof. Dr. Maegele, Frau Prof. Dr. Schäfer, Herrn PD. Dr. Biberthaler und Herrn Prof. Dr. Schieker für ihre Beiträge. Nicht zuletzt gilt unser Dank Frau Simone Hess für die organisatorische und technische Hilfe bei der Umsetzung der Neuauflage des Buches. E. Neugebauer W. Mutschler L. Claes
Köln/München/Ulm
VII
Inhaltsverzeichnis 1
Projektplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . L. Claes, W. Mutschler und E. Neugebauer
1.1 1.2 1.3
Einführung in die Projektplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Von Ideen und wissenschaftlichem Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Von der Idee zur Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2
Projektskizze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 L. Claes, M. Schieker, E. Neugebauer, S. Sauerland und R. Lefering
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
Erstellung einer Projektskizze für experimentelle Studien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erstellung einer Projektskizze für klinische Studien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systematische Literaturrecherche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systematische Literaturbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Statistische Überlegungen bei der Studienplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
Projektplanung und Projektantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 L. Claes, E. Neugebauer, P. Biberthaler und U. Schäfer
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5
Zeit-, Personal- und Finanzplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tierversuchsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ethikantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einwerben von Drittmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drittmittelantrag, Kooperationen und Begutachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
Projektdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 M. Schieker, W. Mutschler, L. Claes, E. Neugebauer, M. Maegele und S. Sauerland
4.1 4.2 4.3 4.4
Verwaltungsaufgaben im Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstellung von Mitarbeitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitarbeiterführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeits- und Prüfanweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
Projektauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 R. Lefering und S. Sauerland
5.1 5.2 5.3
Datenerfassung und Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Grafische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Statistische Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
6
Projektabschluss und Publikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 P. Biberthaler, W. Mutschler, L. Claes und D. Rosenbaum
6.1 6.2 6.3
Abschlussbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Vortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Poster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
1
18 25 30 33 40 46
48 50 53 62 71 76
80 83 85 89 99
VIII
Inhaltsverzeichnis
6.4
Publikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 L. Claes, M. Schieker, E. Neugebauer, M. Maegele, S. Sauerland und P. Biberthaler 1 2 3
4 4.1 4.2
5
Biomechanische Studie: »Untersuchungen zur Primärstabilität eines Hüftgelenkendoprothesenschaftes unter Belastung«. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Zell- und molekularbiologische Versuche: »Hypoxie in statischen und dynamischen 3D-Zellkultursystemen für das Tissue Engineering von Knochen« . . . . . . 156 Tierexperimentelle Studie: »Untersuchung des additiven Effekts einer peripheren Verletzung auf die Ganzkörperentzündungsreaktion am Rattenmodell in Kombination mit einem Schädel-Hirn-Trauma« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Klinische Studien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Diagnosestudie: »Stellenwert der körperlichen Untersuchung im Erkennen einer Beckenfraktur bei Patienten mit stumpfem Trauma« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Therapiestudie: »Radiologische Nachuntersuchung von monoaxial und polyaxial-winkelstabilen Plattensystemen zur Versorgung von proximalen Humeruskopffrakturen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
IX
Autorenverzeichnis Biberthaler, Peter, PD Dr.
Mutschler, Wolf, Prof. Dr.
Schäfer, Ute, Prof. Dr.
Chirurgische Klinik Innenstadt Nußbaumstr. 20 80336 München
Chirurgische Klinik Innenstadt Nußbaumstr. 20 80336 München
Claes, Lutz, Prof. Dr.
Neugebauer, Edmund, A.M., Univ.-Prof. Dr. Prof. h. c.
Medizinische Universität Graz Universitätsklinik für Neurochirurgie Universitätsplatz 3 A-8010 Graz
Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik Helmholtzstr. 14 89081 Ulm Lefering, Rolf, PD Dr.
Universität Witten/ Herdecke gGmbH Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM) Ostmerheimer Str. 200 51109 Köln
Universität Witten/ Herdecke gGmbH Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM) Ostmerheimer Str. 200 51109 Köln Rosenbaum, Dieter, Prof. Dr.
Westfälische Wilhelms-Universität Klinik für Orthopädie Domagkstr. 3 48129 Münster
Maegele, Marc, Prof. Dr.
Klinikum der Universität Witten/Herdecke gGmbH Krankenhaus Köln Merheim Klinik für Unfallchirurgie Orthopädie und Sporttraumatologie Ostmerheimer Str. 200 51109 Köln
Sauerland, Stefan, PD Dr.
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Dillenburger Str. 27 51105 Köln
Schieker, Matthias, Prof. Dr.
Chirurgische Klinik Innenstadt Nußbaumstr. 20 80336 München
1
Projektplanung L. Claes, W. Mutschler und E. Neugebauer
1.1
Einführung in die Projektplanung – 2
1.2
Von Ideen und wissenschaftlichem Denken – 5
1.3
Von der Idee zur Umsetzung – 11 Literatur – 16
1
2
Kapitel 1 • Projektplanung
1.1
1
Eine sorgfältige Projektplanung ist eine Voraussetzung für das Gelingen einer Studie. Die Planung ist ein dynamischer Prozess, der ständig den neuen Erkenntnissen im Projektablauf angepasst werden muss.
Ein sehr guter Informationsstand ist die Voraussetzung für eine qualifizierte Entscheidung über die Fortführung oder das Aufgeben einer Projektidee.
Eine Projektskizze ist die Voraussetzung für Absprachen mit Projektpartnern, erste Kosten- und Arbeitsplanungen und Anträge für genehmigungspflichtige Studien. Eine Analyse der vorhandenen Infrastruktur ist die Basis für die Planung von Investitionen und neu zu etablierenden Methoden. Die Projektskizze soll von einer definitiven Fragestellung oder Hypothese ausgehen.
Einführung in die Projektplanung
Die Planung und Durchführung eines experimentellen oder klinischen Forschungsprojekts ist ein komplexer und sich dynamisch verändernder Vorgang. Es sind viele Informationen zu sammeln, Maßnahmen durchzuführen und Entscheidungen zu treffen. Deshalb gibt es systematische Planungshilfen, die es auch dem noch nicht so erfahrenen Wissenschaftler erlauben, auch komplexe Projekte mit guter Aussicht auf Erfolg durchzuführen. Eine solche Planungshilfe ist ein Flussdiagramm, welches wir in den letzten Jahren entwickelt haben und das sich als sehr hilfreich erwiesen hat. Es vermeidet, dass man wichtige Planungsschritte übersieht und damit das Projekt verzögert oder gefährdet. Das Flussdiagramm gibt einen Überblick über alle wesentlichen Planungsschritte von der Idee bis zur Publikation. Die einzelnen Schritte in diesem Diagramm werden in den verschiedenen Kapiteln dieses Buches im Detail besprochen. Am Anfang steht die Idee für ein neues Projekt. Solch eine Idee kann z. B. aus einem ungelösten klinischen Problem oder dem Wunsch nach dem besseren Verständnis bestimmter biologischer Vorgänge resultieren. Um zu klären, ob eine Projektidee auch neu und originell ist, sollte man sich gut informieren. Dabei bietet sich zuerst einmal ein Gespräch mit Kollegen an, die auf dem zu bearbeitenden Gebiet über Erfahrung verfügen (. Abb. 1.1). Es ist vorteilhaft, dies mit mehreren Ansprechpartnern zu tun, um sich einen guten Überblick zu schaffen. Kommt man zu einem positiven Urteil, so gilt es nun sehr genau, den Stand der wissenschaftlichen Literatur zum Thema des Projekts zu ermitteln. Es wird häufig unterschätzt, dass vieles durch andere Gruppen schon früher bearbeitet wurde. Überprüfen Sie aufgrund Ihres neuen Kenntnisstandes, ob eine Realisierung des Projekts aussichtsreich ist. Bereits in diesem frühen Stadium muss überlegt werden, ob die zu einer Projektdurchführung notwendigen personellen und infrastrukturellen Voraussetzungen vor Ort gegeben sind. Andernfalls ist es erforderlich, mit anderen Wissenschaftlern Kooperationen zu suchen. Dazu ist es erforderlich, das Projekt in einer Projektskizze zu beschreiben. Am Anfang sollte die Formulierung einer Hypothese oder Fragestellung stehen, die durch das Projekt beantwortet werden soll (. Abb. 1.1). Das Versuchsdesign, die erforderlichen Materialien und Methoden sowie die Verteilung der Arbeiten auf verschiedene Personen sind grob zu planen. Ist auf der Basis der Projektskizze ein Einvernehmen zwischen den beteiligten Partnern erzielt worden, kann das Projekt weiter verfolgt werden. Handelt es sich um ein neues Projekt mit bisher nicht erprobten Methoden, ist es ratsam, einen Vorversuch oder eine Pilotstudie durchzuführen. Im Falle einer klinischen Studie oder eines Tierver-
3
1.1 • Einführung in die Projektplanung
1
Idee
Sammeln von Informationen und Literatur, weitere Vorarbeiten
Diskussion der Idee ja
Idee zurückstellen ?
nein
Idee weiterverfolgen ? Ethikantrag
nein
ja
Ende
Projektskizze ausarbeiten und ggf. Anträge stellen
2
Tierversuchsantrag Projektskizze
1
. Abb. 1.1 Flussdiagramm der Projektplanung
suchs muss jedoch hier bereits eine Genehmigung der Ethikkommission oder der Tierschutzkommission vorliegen. Für solche Genehmigungen sind Anträge erforderlich, die auf dem Stand der Literatur, der Projektskizze und biostatistischen Grundlagen basieren. Nach dem Vorversuch sind die erzielten Ergebnisse zu bewerten, auf ihre Plausibilität zu prüfen und das Versuchsdesign zu überdenken. Falls erforderlich, muss die Projektskizze überarbeitet werden und unter Umständen noch einmal in einem Pilotversuch getestet werden. Kommt man zu dem Entschluss, dass das Projekt mit Erfolg durchgeführt werden kann, ist jetzt eine detaillierte Projektplanung anzufertigen (. Abb. 1.2 und 1.3). Zusätzlich zu einem Projektplan, der die einzelnen Projektschritte, Methoden und Materialien beschreibt, ist der zeitliche Ablauf zu planen und eine Kostenkalkulation durchzuführen. Auch die brillianteste Idee und das beste Projekt brauchen zur Durchführung Geld. Wenn kein Vorversuch erforderlich war, ist spätestens jetzt der Zeitpunkt gekommen, gegebenenfalls Ethikanträge oder Tierversuchsanträge zu stellen oder abzuändern. Nun gilt es, die Finanzierung sicherzustellen. In den meisten Fällen wird es erforderlich sein, Anträge an Forschungsförderungsinstitutionen zu stellen. Sind die erforderlichen Anträge genehmigt, ist
Eine Pilotstudie oder ein Vorversuch ist immer anzuraten, wenn nicht bereits Erfahrungen mit dem Studien- oder Versuchsmodell bestehen und nicht alle Methoden erprobt sind. Die Ergebnisse der Pilotstudie oder des Vorversuchs sind kritisch zu werten, auf ihre Plausibilität zu prüfen und u. U. Änderungen im Studiendesign vorzunehmen.
Liegt das Studiendesign fest, sind detaillierte Projekt-, Zeitund Kostenpläne zu erstellen. Diese sind die Basis für Anträge an Forschungsförderungsinstitutionen.
4
Kapitel 1 • Projektplanung
2
1
1
Projektskizze
Vorbereitung des Projektes
Projektskizze
evtl. Vorversuch oder Pilotstudie
Mess-/Studienprotokoll Vorversuch/ Pilotstudie
Vorgehensweise ändern ?
Mess-/Studienprotokoll Vorversuch/ Pilotstudie
ja
Projektskizze überarbeiten
nein
nein
Projekt weiterverfolgen ?
ja Kostenplan Projekt-/Zeitplan und Kostenplan erstellen (ändern)
3
Projekt-/ Zeitplan
4
. Abb. 1.2 Flussdiagramm der Projektplanung
Ist die Finanzierung gesichert und sind alle Genehmigungen erteilt, kann mit der detaillierten Ausarbeitung von Arbeitsplänen sowie dem Entwurf von Versuchs- oder Studienprotokollen begonnen werden.
mit der Verwaltung der Forschungsinstitution der Ablauf der Finanzmittelverwaltung zu klären. Für alle wissenschaftlichen Untersuchungen sind eindeutige Beschreibungen der angewandten Methoden anzufertigen (Prüf-, Arbeits-, Mess- und Studienanweisungen und entsprechende Protokolle), damit die Reproduzierbarkeit der Methoden und die eindeutige Ergebnisdokumentation gewährleistet ist. Dabei ist auch festzulegen, welche Mitarbeiter die verschiedenen Projektteile verantwortlich leiten oder durchführen. Erst danach kann das Projekt endgültig gestartet werden. Bei großen Projekten ist es sinnvoll, eine Zwischenauswertung und Zwischenbesprechung mit allen Projektpartnern durchzuführen, um sicherzustellen, dass nicht aus unvorhersehbaren Gründen eine Korrektur des Projekts erforderlich ist (. Abb. 1.4).
1
5
1.2 • Von Ideen und wissenschaftlichem Denken
Tierversuchsantrag 3
Projekt-/ Zeitplan
Förderungsantrag
ggf. Förderungs-, Tierversuchs- und Ethikantrag schreiben (ändern)
Anträge genehmigt? ?
4
Ethikantrag
nein
ja
ggf. Konto einrichten und Mittel anfordern
Mess-/Studienprotokollformulare
Mess-/Studienprotokollformulare
Erstellen von Arbeitsund Prüfanweisungen und Messprotokollformularen
Prüf-/Arbeitsanweisung
Projekt durchführen
Mess-/ Studienprotokolle
Prüf-/Arbeitsanweisung
5
. Abb. 1.3 Flussdiagramm der Projektplanung
Wenn das Projekt durchgeführt ist, erfolgt eine abschließende Auswertung der Ergebnisse mit angemessener Statistik und die Archivierung der Daten und Ergebnisse. In den meisten Fällen wird ein Abschlussbericht an die Forschungsförderungsinstitution erforderlich sein. Als krönenden Abschluss erhoffen wir eine oder mehrere Publikationen in anerkannten Zeitschriften.
1.2
Von Ideen und wissenschaftlichem Denken
Die Wissenschaften pflegen eine kollektive Psychologie, die bestimmt, welche Objekte untersucht werden und wie. Ob Objekte wissenschaftsfähig sind/werden, hängt ab vom allgemeinen Zeitgeist und dem gesellschaftlichen Auftrag an die Wissenschaft, von den allge-
Bei großen Studien ist es sinnvoll, eine Zwischenbilanz zu erstellen und die Ergebnisse auf ihre Plausibilität zu überprüfen.
6
Kapitel 1 • Projektplanung
Messprotokolle
1
5 Kostenplan Projekt-/ Zeitplan
evtl. Zwischenbesprechung
Zwischenbericht
Prüf-/Arbeitsanweisung
Projekt zu Ende bearbeiten und restliche Ergebnisse dokumentieren
Messprotokolle
Statistik Datenauswertung, statistische Analysen, Bewertung
Bewertung
Archivierung der Daten und Ergebnisse
Projektbericht und Publikation erstellen
Projektbericht Publikation
Ende
Autorenerklärung
. Abb. 1.4 Flussdiagramm der Projektplanung
Wissenschaftliche Ideen entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern sind
mein akzeptierten Denkmethoden, den zur Verfügung stehenden und zur Verfügung gestellten Methoden, den Ressourcen und der nationalen und internationalen Wissenschaftsorganisation (= Wissenschaftskultur). Beispiele: Früher war die heute verpönte Astrologie eine hoch anerkannte Wissenschaft. Die Aufklärung stellte den Menschen in den Mittelpunkt und richtete damit die Wissenschaft neu aus. In unserer neueren Geschichte hat der Nationalsozialismus gerade die medizinische Forschung instrumentalisiert und pervertiert. Das Bild von den Wissenschaftlern im »Elfenbeinturm« bezieht sich deshalb nicht so sehr auf ihre Wertfreiheit, sondern eher auf die Abgehobenheit in ihrer Sprache und ihr elitäres soziales Verhalten. Ideen (= schöpferischer Gedanke, Vorstellung) entstehen also nicht im luftleeren Raum, sondern sind eingebettet in Kultur und Zeit. Sie können einem »Mainstream« hinterherhinken, vorauseilen
1.2 • Von Ideen und wissenschaftlichem Denken
oder im Mainstream mitschwimmen. Dies sagt nichts über die Qualität einer Idee aus, eher über die Möglichkeiten ihrer Verwirklichung. Weil Ideen und Erkenntnisse kultur- und zeitgebunden sind, sind sie nicht nur objektive Wahrheiten, sondern auch soziale Konstrukte: »Die Bedeutung eines (Versuchs) ergebnisses hängt nicht nur von der wissenschaftlichen Sorgfalt ab, sondern auch davon, was die Menschen gerade zu glauben bereit sind (und was wissenschaftliche Autoritäten verkünden)« [2]. Beispiele aus der Chirurgie des 20. Jahrhunderts: Die lange verteidigte Vagotomie zur Behandlung des Ulcus duodeni, der Streit um die feuchte Wundbehandlung, das Diktum der stabilen Plattenosteosynthese und der primären Frakturheilung. Popper [7] hat die geistige Grundlage moderner Forschung so formuliert: »Das Staunen ist der Köder, der Zweifel ist die grundlegende Methode der Wissenschaft«. Ideen werden auf den Prüfstand gebracht, indem sie in eine Hypothese gefasst und dann falsifiziert oder verifiziert werden und in neue Hypothesen münden. Früher war dies anders. Über Jahrhunderte war die Entwicklung der Medizin von der Magie, der augenscheinlichen Empirie oder in den Hochkulturen von moralisch-ethischen Deduktionen aus Religion und Philosophie bestimmt. Beispiel: Gottes Allmacht und göttlicher Odem in allem, die Sonderstellung des Menschen in der Schöpfung. Das empirische Denken, das in den reinen Naturwissenschaften seit dem 17. bis 18. Jahrhundert mehr und mehr an die Stelle dieser spekulativen Deduktionen trat, setzte sich in der Medizin nur langsam durch. Erst seit gut 150 Jahren hat die damals prinzipiell neuartige naturwissenschaftliche Denkweise dann zu den bis heute anhaltenden erheblichen Fortschritten in der praktischen und theoretischen Medizin geführt. Die Medizin übernahm dabei eine Denkweise der Naturwissenschaften, die ganz überwiegend von der klassischen Physik bestimmt war und die auf Bacon und Descartes zurückgeht: Das Ganze (hier: der ganze Mensch) ist nur ein Ganzes, wenn es ungeteilt bleibt. Ungeteilt aber ist es niemals vollends erfassbar und darstellbar. Deshalb ist es notwendig, komplexe Probleme (das Ganze) in Unterprobleme zu zerlegen, die dann entsprechend überschaubar sind und so als Unterprobleme für sich zu lösen sind. Dieser erkenntnistheoretische Ansatz – das Reduktionsprinzip von Descartes – und die Anwendung ethischer Prinzipien in der medizinischen Forschung (z. B. Eid des Hippokrates, Deklaration von Helsinki) bestimmen letztlich unsere heutigen Erkenntnisinstrumente (. Abb. 1.5). Ausgehend von einer Beobachtung, einem Problem oder einer Idee formulieren wir eine Hypothese, die durch eine wissenschaftliche Beobachtung oder ein Experiment überprüft (bestätigt oder widerlegt) wird. Wir versuchen, daraus eine Gesetzmäßigkeit abzuleiten, die letztlich in ein Modell der Wirklichkeit einmündet, das
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1
eingebettet in Kultur und Zeit und deshalb auch soziale Konstrukte.
»Das Staunen ist der Köder, der Zweifel ist die grundlegende Methode der Wissenschaft« (Popper 1982).
Der Reduktionismus ist eine Grundlage der naturwissenschaftlich ausgerichteten medizinischen Forschung.
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Kapitel 1 • Projektplanung
Erkenntnistheorie
1
Wissenschaftsethik
Erkenntnisinstrumente
Wissenschaftsorganisation
. Abb. 1.5 Die Erkenntnistheorie bestimmt die Wissenschaftsorganisation
Erkenntnisinstrumente sind die wissenschaftliche Beobachtung, das Experiment, die Gesetzmäßigkeit und das Modell.
wir wiederum durch die Formulierung neuer Hypothesen und neue Beobachtungen/ Experimente überprüfen. Die wissenschaftliche Beobachtung ist unser ältestes und weiterhin unverzichtbares Hilfsmittel. Sie wird wissenschaftlich dadurch, dass sie sich strengen, vorher formulierten Regeln unterwirft und ihre Ergebnisse sorgfältig analysiert. Als entscheidende Hilfsmittel der Beobachtungsanalyse dienen die Gesetze der mathematischen Statistik. Da die Voraussetzung für eine wissenschaftliche Beobachtung die Formulierung einer Hypothese ist, kann somit die Beobachtung weder zufällig noch passiv sein. Dies rechtfertigt ihre Einstufung als gleichrangiges Hilfsmittel neben dem Experiment. Viele der Kategorien der evidenzbasierten Medizin sind diesem Erkenntnisinstrument zuzuordnen (. Abb. 1.5 und . Abb. 1.6). Das Experiment unterscheidet sich von der wissenschaftlichen Beobachtung vor allem durch die bewusste, planmäßige und zielstrebige Veränderung des zu erkennenden und zu beobachtenden Sachverhalts. Sinn des Experiments ist es, Umstand und Bedingung, Ursache und Wirkung eines Vorgangs zu definieren. Das Experiment erklärt einen Sachverhalt, der durch Beobachtung allein nicht geklärt werden konnte. Der zu beobachtende Sachverhalt wird dabei durch bestimmte Hilfsmittel verändert. Bei der klinischen Studie ist dies z. B. die Randomisierung. Die Natur der angewandten Hilfsmittel bestimmt die Natur der zu erwartenden Ergebnisse. Die Formulierung der Beobachtungsbedingungen und eine statistische Analyse der Ergebnisse sind obligat. Wissenschaftliche Beobachtung und Experiment münden in der Formulierung eines Zusammenhangs, einer Gesetzmäßigkeit. Hilfsmittel zur Sicherung oder Auffindung solcher Zusammenhänge sind wiederum die Gesetzmäßigkeiten der Statistik. Das Modell soll die statistisch gesicherte und günstigstenfalls mathematisch formulierte Gesetzmäßigkeit anschaulich oder darüber hinaus auch materiell reproduzieren. Die Qualität des Modells wird daher ebenso wie das Experiment bestimmt durch die Natur der angewandten Hilfsmittel. Das Modell ist somit die sichtbare Darstellung variabler Größen, die morphologisch und/oder funktionell gekoppelt sind und deren wechselseitige Beziehung durch wissenschaftliche Beobachtung und/oder Experiment überprüft und in einer Gesetz-
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1.2 • Von Ideen und wissenschaftlichem Denken
1
Erkenntnisinstrumente Beobachtung/Problem/Idee
Hypothese Experiment
wissenschaftliche Beobachtung
klinisch tierexperimentell Zelllabor Computersimulation
klinisch: Stufen der evidenzbasierten Medizin Gesetzmäßigkeit
Modell deterministisch stochastisch komplex . Abb. 1.6 Der Kreislauf der Erkenntnis
mäßigkeit formuliert worden ist. Modelle helfen uns, die Wirklichkeit und ihre Komplexität besser zu verstehen, weil wir sie in weniger komplexe Gebilde überführen und in Vereinfachungen denken können. Der Reduktionismus war und ist heute außerordentlich erfolgreich: Die überwältigende Mehrheit unserer Entdeckungen und Erkenntnisse wurde durch reduktionistisch-analytische Naturwissenschaftler gewonnen, die den Ursachen von Phänomenen und Problemen quantitativ messend auf den Grund gingen und sie damit zuverlässig erkennbar machten. Dieser sog. methodologische Reduktionismus wird in der medizinischen Forschung unverzichtbar bleiben. »Als Philosophie ist der Reduktionismus ein Fehlschlag. Vom methodischen Gesichtspunkt aus haben die Versuche detaillierter Reduktionen von einem fantastischen Erfolg zum anderen geführt und ihre Misserfolge waren ebenfalls sehr fruchtbar für die Wissenschaft« [8]. In jüngerer Zeit deutet sich allerdings ein Paradigmenwechsel an, der auf die Quantentheorie als Grundpfeiler der modernen Physik zurückgeht, die die althergebrachte Descartes’sche substanzielle Trennung von Res cogitans und Res externa weitgehend aufhebt. Die mathematische und physikalische Forschung der letzten Jahre, genauso wie jene der Biologie oder der Wirtschaftswissenschaften, letztlich die theoretische Erforschung aller hochkomplexen, nichtlinear-dynamischen Systeme hat uns gelehrt, dass diese Systeme sich zwar nach den
Der sog. methodologische Reduktionismus wird in der medizinischen Forschung unverzichtbar bleiben.
Der reduktionistische Denkansatz reicht folglich nicht aus, um komplexe dynamische Systeme zu verstehen.
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Kapitel 1 • Projektplanung
1
Emergenz bedeutet: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
strengen Gesetzmäßigkeiten nachweisbarer Ursache-Wirkung-Beziehungen entwickeln können, dass sie aber dennoch in ihrem Verhalten schon über relativ begrenzte Zeithorizonte hinaus nicht mit deterministischer Strenge vorhergesagt werden können. Dies führt in der Medizin zunehmend zu Betrachtungsweisen, die neben den klassischen deterministischen Systemen stochastische (Wahrscheinlichkeits-) Modelle, die Chaostheorie und andere Theorien zur Analyse komplexer dynamischer Systeme (z. B. neuronale Netze in der »computational intelligence«) berücksichtigen: Der menschliche Organismus wird als nichtlineares System von hoher Komplexität aufgefasst. Die Antwort auf die Komplexizitätsproblematik ist das Konzept der Systembiologie, die Methoden aus Biologie, Mathematik, Systemwissenschaften und Informatik verzahnt und kombiniert [9]. Das derzeit undurchdringliche Datenmaterial, beispielsweise einer Zelle, soll im Computer zu einem Gesamtbild modelliert werden. So entstehen – um im Beispiel zu bleiben – virtuelle Zellen, die die funktionellen Zusammenhänge der einzelnen Zellkomponenten von der submikroskopischen Analyse von Molekülen bis hin zu einem ganzheitlichen Verständnis der Lebensfunktionen und der Krankheiten zugrunde liegenden Mechanismen modellieren sollen und können. Das Projekt »Hepatosys« des BMBF (2006) ist ein anschauliches Beispiel für eine solche Betrachtungsweise. Es ist dies auch ein Versuch, die Denkweisen des Reduktionismus und des Holismus (»das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile«) über die Erfassung der Komplexität zu vereinen. Neue und aus den bisher erfassten Teilen heraus nicht erklärbare Eigenschaften werden als Emergenz (von »emergere«: entstehen, heraussprudeln) bezeichnet. Emergente Eigenschaften sind ein Grundprinzip der Natur. Durch die Kombination von Bestandteilen »unterer« Stufen entwickeln sich Strukturen neuer Qualität, deren Eigenschaften in der Summe mehr sind als die Summe ihrer Einzelteile. Mit Hilfe der modernen Grundlagenforschung haben Wissenschaftler heute Möglichkeiten, neues Wissen zu den jeweiligen Organisationsstufen zu erarbeiten und zu einem Gesamtbild zu fügen. Abschließend soll noch auf einen wenig beachteten Zusammenhang hingewiesen werden, der uns zur Umsetzung von Ideen, zur Systematik des wissenschaftlichen Arbeitens und zur Beurteilung und Einordnung von wissenschaftlichen Ergebnissen jedweder Art als sehr wichtig erscheint: Aus der Richtung der Fragestellung ergibt sich die Betrachtungsebene, aus der Betrachtungsebene leitet sich die geeignete Methodik ab, diese wiederum legt den Rahmen für die Art und Qualität der Ergebnisse fest. Oder umgekehrt: Sind bestimmte Ergebnisarten gefragt (z. B. Lebensqualität in klinischen Studien), ergeben sich daraus zwangsläufig bestimmte Betrachtungsebenen und methodische Ansätze (. Abb. 1.7 und . Abb. 1.8).
11
1.3 • Von der Idee zur Umsetzung
Organismus
Atome (Physik) Molekül (Molekularbiologie, Biochemie)
Organelle
methodischer Aufwand
emergente Organisation
Organ
Zelle
1
Organellen (Elektronenmikroskopie)
Gewebe/Zellen (mikroskopische Anatomie)
Molekül (Protein)
Organe (makroskopische Anatomie, Physiologie)
Atom
Mensch (Beobachtung)
. Abb. 1.7 Zunehmend emergente Organisation von Atom bis Organismus, abnehmender methodischer Aufwand von Atom bis Organismus
1.3 z
Von der Idee zur Umsetzung Woher kommen neue Ideen?
Forschung lebt von kreativen Ideen. Niemand möchte gerne Dinge wiederholen, die schon gemacht wurden (sog. »Me-too-Forschung«) oder aber Fehler begehen, die andere auch schon gemacht haben. »Me-too-Forschung« führt zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit zu positiven Ergebnissen, ist aber alles andere als »sexy«. J. Thompson [3] wählt als Vergleich: »It is like dancing with your sister/brother – that is safe but without any great prospect«. Wie im vorhergehenden Abschnitt schon ausgeführt, ist das richtige Timing entscheidend für den Erfolg einer neuen Idee. Nur wenn es aufwärts geht, verspricht Veränderung Fortschritt, geht es abwärts, kann eine Idee als Bedrohung empfunden werden. Gefährlich ist eine Idee nicht, weil sie falsch ist, sondern weil sie wahr sein könnte! Der Unternehmensberater Hermann Scherer hat einmal formuliert: »WIR brauchen Menschen, die Ideen haben statt Bedenken und nicht in Grenzen, sondern in Konsequenzen denken!« Unsere Wahrnehmung funktioniert wie ein selbst organisiertes Informationssystem, in dem sich die eintreffenden Informationen in ein Muster oder erlernte Sequenzen einfügen (kodierte, gespeicherte und jederzeit abrufbare situationsbedingte Handlungsmuster, die als Orientierungshilfe dienen). Die Zeitsequenz unserer Er-
Zur Entwicklung neuer Ideen sollten wir versuchen, uns der kontrollierenden und einschränkenden Bewertung des Gehirns zu
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Kapitel 1 • Projektplanung
Fragestellung
1
Betrachtungsebene
(Patho-)Physiologie (Patho-)Biochemie (Patho-)Biomechanik Diagnostik Therapie Epidemiologie
Zelle(n) Gewebe Organ(e) Körper Kollektive Modelle Systemanalyse
Methodik
qualitativ quantitativ in vitro in vivo
Ergebnis
. Abb. 1.8 Der Zusammenhang von Fragestellung und erzielbarem Ergebnis
entziehen. Dies kann durch systematisch angewandte Techniken des lateralen Denkens (Querdenkens) sowohl in Einzel- als auch in Gruppenarbeit erfolgen.
fahrungen trägt dabei zur Entstehung von Handlungsmustern und Wahrnehmungen bei. Das menschliche Gehirn ist aber imstande, die Sequenzen zu sprengen – es kann Denkleistungen erbringen, die in der Funktionsweise des Gehirns nicht »programmiert« sind. Den bewussten Versuch, sich der einschränkenden Bewertung des Gehirns zu entziehen und hierdurch neue Ideen zu entwickeln, kann man mit dem Begriff des »lateralen Denkens« beschreiben. Laterales Denken ist eine Spielart der Kreativität, die man erlernen und durch Üben weiterentwickeln kann – eine Technik, die auch in der Industrie von innovativen Unternehmen genutzt wird, um sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen [1]. Neben diesen bewussten Versuchen entwickeln sich neue Ideen auch auf der unbewussten Ebene durch die intensive und permanente Auseinandersetzung mit einem Thema. Kreativität braucht Dissenskultur! Dies geschieht durch Gespräche mit Kollegen, Studenten und Meinungsbildnern, das Lesen (nicht nur) der Fachliteratur, die Diskussion von Vorträgen fachspezifischer, vor allem aber auch fachübergreifender Themen. Häufig lässt sich ein Problem oder ein Zugang zu einem Problem in einem anderen Fachgebiet auf die eigene Thematik parallel verschieben.
1.3 • Von der Idee zur Umsetzung
Forschung muss vor allem aber auch »Spaß« machen. Stimuliert durch eine neue Idee sprechen Sie gleich gesinnte Kollegen an und bilden Sie eine Keimzelle. Bei der Auswahl sollten Sie darauf achten, dass über die Partner unterschiedliche Expertisen eingebracht werden. Die synergistische Interaktion in einer Gruppe kann ein starker Stimulus für jeden Beteiligten sein. Sie als Teamleader sollten für die Bearbeitung eines aus Ihrer Sicht brennenden Problems den notwendigen Enthusiasmus entfachen. Laden Sie die Gruppe zu einer Brainstorming-Sitzung ein und wenden Sie die oben angesprochenen Techniken bewusst an. Hierfür eignet sich am besten ein Umfeld außerhalb des normalen Alltags. Nach der Darstellung des Problems nutzen Sie das kreative Potenzial der Gruppe und sammeln Sie dazu geäußerte Ideen in einer so genannten Urliste. Lassen Sie anonym Karten schreiben, lassen Sie Denkzeit und nutzen Sie eine Pinnwand. z
Die Ideensammlung ist der bewusste Versuch von Einzelpersonen oder Gruppen, die Früchte der kreativen Bemühungen zu ernten. Jeder Beteiligte hat das Gefühl, sich eingebracht zu haben. Er identifiziert sich mit der Gruppe und wird demzufolge auch den weiteren Prozess begleiten.
Ideen müssen realisierbar und nutzbar sein und von allen Beteiligten angenommen werden können. Von der Ideensammlung zum Projekt ist es deshalb noch ein weiter Weg.
Ideen bearbeiten
Die Ideenbearbeitung kann viel Zeit in Anspruch nehmen, und oft ist es nicht zweckmäßig, sich mit jedem Vorschlag, der in Brainstorming-Sitzungen präsentiert wird, intensiv zu befassen. Die Entscheidung hängt von den Bedürfnissen der Gruppe, den Umständen und den Wahlmöglichkeiten (kleiner/großer Ideenpool) ab. Selbst wenn eine Idee als nützlich und realisierbar eingestuft wird, diese aber im Gesamtkontext des Problems eine untergeordnete Rolle spielt, muss sie zunächst zurückgestellt werden. Umgekehrt kann es sein, dass Ideen, die auf den ersten Blick nicht viel hermachen, sich in Folge der effektiven Bearbeitung als wahres Juwel erweisen. Hilfreich ist es in dieser Phase, die Ideen in Gruppen zusammenzufassen und innerhalb der Gruppen eine Rangfolge der Bedeutung vorzunehmen (geht gut mit Karten und Pinnwand). Bei diskrepanter Einschätzung kann man sich der Methodik des nominellen Gruppenprozesses bedienen [2]. In dieser Phase ist es wichtig, die Bedürfnisse der Gruppe bzw. des Einzelnen scharf zu formulieren. z
1
Von der Ideensammlung zur Projektskizze
Nun ist es erforderlich, an jedem einzelnen Beitrag zu arbeiten, um ihn nach Möglichkeit in ein Projekt zu verwandeln, welches sich verwirklichen lässt. Der ultimative Zweck jeder kreativen Anstrengung ist die Suche nach Ideen, die realisierbar, nutzbar und annehmbar sind. Verglichen mit den manchmal wenigen Sekunden, die es dauert, eine neue Idee ins Leben zu rufen, nimmt der Evaluationsprozess viel Zeit in Anspruch. Selbst wenn eine Idee auf den ersten Blick vollkommen erscheint, muss sie einem Bearbeitungsprozess unterzogen werden, um zu sehen, ob sie dem »2. Blick« standhält. z
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Ideen modulieren
Äußere Zwänge wie Kosten, gesetzliche Bestimmungen, wissenschaftliche Akzeptanz usw. werden nun als Einflussfaktoren ins Spiel gebracht und berücksichtigt. Lassen sich die Ideen so verändern, dass
Führen Sie eine erste orientierende Literatursuche zu den unterschiedlichen Ideen durch. Der Bearbeitungsprozess ist ein sensibler Vorgang in einer Gruppe. Eine offene, aber strukturierte Diskussion wird empfohlen. Stellen sie öfter die Relevanzfrage: Liegt ein »Need-to-know-« oder ein »Nice-to-know-Problem« vor?
Der 1. Modellierungsprozess bezieht sich vorwiegend auf die Überprüfung äußerer Zwänge.
14
Kapitel 1 • Projektplanung
sie den Anforderungen gerecht werden? Die Zwänge und Beschränkungen werden nicht als Rechtfertigung benutzt, um eine Idee zu verwerfen, sondern um sie konstruktiv zu bearbeiten. Welche lässt sich kostengünstig umsetzen? Besteht die Möglichkeit, sie so abzuwandeln, dass sie den gesetzlichen Bestimmungen entspricht?
1
z Prüfen Sie, was die eigenen Ressourcen hergeben.
z Historische Frage: Haben andere schon diese Idee gehabt? Eine systematische Literatursuche und -bewertung muss jetzt erfolgen. Gute Ideen können meist verbessert, schwache können gestärkt werden.
Ideen konsolidieren
Im nächsten Schritt sollte man sich bemühen, die Schlagkraft einer Idee langfristig zu stärken. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass die erste Formulierung einer Idee notwendigerweise auch die schlagkräftigste ist. Selbst gute Ideen können verbessert werden und schwache gestärkt werden. Schwerpunkt und Augenmerk liegen hier auf der Originalität der Idee. Durch die Bearbeitung der Idee kann sich der Fokus verändert haben. Zu prüfen ist, ob die veränderte Idee wirklich noch die ursprüngliche Originalität hat. Eine systematische Literaturanalyse (Suche und Bewertung) ist spätestens jetzt angezeigt (7 Kap. 2.3 und 2.4). z
Begrenzungsfrage: Ist die Idee konkret genug formuliert? Die Prüfung einer Idee auf Schwachstellen im Gesamtkonzept eines Projekts ist zwingend, um späteren Problemen bei der Umsetzung vorzubeugen.
Ideen maßschneidern
Während sich der 1. Modellierungsprozess in erster Linie auf äußere Zwänge bezieht, verstehen wir unter »Ideen maßschneidern«, sie auf die Mittel und Möglichkeiten der Klinik, des Instituts oder der Fakultät abzustimmen. Jede Fakultät hat inzwischen Schwerpunktthemen, die sie in lokalen Programmen fördert. Kann die Idee den verfügbaren Ressourcen angepasst werden? Diese Ressourcen umfassen Menschen, Zeit, Motivation, Geld etc. Es ist spätestens jetzt zu prüfen, ob ausreichende Vorerfahrungen zur Umsetzung der einzelnen Ideen vorhanden sind oder ob bisher nicht vorhandene Expertise durch Einbeziehung weiterer Kollegen »eingekauft« werden muss. Prüfen Sie, ob es Synergien zu parallelen Arbeitsgruppen in ihrem Umfeld gibt. Ein Ergebnis kann es sein, die Rangliste zu modifizieren. Zunehmend wichtig ist auch die Überlegung, ob sich die Idee für die Klinik oder das Institut nutzbar machen lässt.
Ideen untermauern
Als nächstes geht es nun darum, die Achillesfersen einer Idee zu identifizieren. Wir konzentrieren uns auf die Schwachpunkte einer Idee und versuchen diese herauszuarbeiten. Schwachpunkte sind eine mögliche Ursache für spätere Probleme. Querdenker stimulieren divergentes Denken und Kreativität – das nützt der Gruppe. Die Schwäche einer Idee liegt bisweilen in ihrer Vielschichtigkeit. Ist die Idee konkret genug formuliert? Vielleicht lässt sich eine immer noch zu komplexe Idee vereinfachen? Weiterhin muss die Frage gestellt werden, ob die Idee langfristig trägt. Ist Nachhaltigkeit gegeben? Wer in der Arbeitsgruppe hat von der Idee einen Nutzen? (»Win-win-Situationen« prüfen!). Evaluieren Sie auch, ob es starke konkurrierende Gruppen gibt, die möglicher-
1.3 • Von der Idee zur Umsetzung
15
1
weise durch Vorarbeiten inzwischen weiter sind als sie. Diese kritische Prüfung kann nochmals zu einer Veränderung der Idee(n) führen. z
Ideen umsetzbar?
Langsam verlagert sich unsere Aufmerksamkeit vom Inhalt der Idee zum praktischen Aspekt (Machbarkeitsfragen). Wer wird entscheiden, ob die Idee grünes Licht erhält? Wessen Unterstützung ist für den Erfolg der Idee notwendig? Ist es eine in absehbarer Zeit verwirklichbare Idee (Zeitfrage)? Reichen die eigenen personellen, finanziellen und räumlichen Ressourcen aus? Sind Umfeld-Ressourcen vorhanden? Ist die Methodik verfügbar? Einige Ideen gelangen nicht über die Reißbrettphase hinaus, weil keine Standardverfahren oder Technologien für die Umsetzung verfügbar sind. z
Ideen vergleichen
Wenn die grundsätzlichen Machbarkeitsfragen geklärt sind, muss abgewogen werden, ob die neuen Ideen wesentlich besser als die bisherigen sind. Eine wertende Gegenüberstellung der Ideen ist hier hilfreich zum Beantworten der Frage: Welche Vorteile werden durch die Bearbeitung der Idee erzielt, die es vorher nicht gegeben hat? z
Fehler und Unzulänglichkeiten
Hier ist nochmals »Schwarzhutdenken« angesagt, um möglichen Fehlern und Unzulänglichkeiten in einer Idee auf die Spur zu kommen. Es ist ein Fehler, sich hier etwas vormachen zu wollen. Die Suche sollte äußerst gründlich durchgeführt werden. Fragen sind das Hämmerchen, mit dem wir klopfend die Statik der Stützpfeiler prüfen. Versuchen Sie dann diese Fehler und Unzulänglichkeiten zu beheben. In der Regel mündet dies in eine Verbesserung und Prozessierung der Idee, und man bekommt einen Vorgeschmack auf das, was in der Evaluationsphase geschehen könnte. z
Wie unterscheiden sich meine Ideen von den bisher vorliegenden oder schon abgearbeiteten? Welche Vorteile werden erzielt? Nein – noch immer bleiben Zweifel? Versuchen Sie, Ihre Idee vom Sockel zu stoßen. Hält sie wirklich der kritischen Überprüfung stand? Querdenken ist gefragt!
Folgewirkungen
Die Folgen der Umsetzung werden bei jeder einzelnen Idee ergründet. Welche Auswirkungen könnte die Idee sofort, mittelfristig und langfristig haben? Natürlich ist man hier auf Erfahrungen und auch Spekulationen angewiesen. Der Zeitrahmen zur Realisierung der Idee muss hier nochmals betrachtet werden. Müssen Änderungen vorgenommen werden, wenn wir die Idee aus der zeitlichen Perspektive überprüfen? z
Machbarkeitsfrage: Ist es eine in absehbarer Zeit verwirklichbare Idee? Nun ist die praktische Umsetzbarkeit gefragt! Kann ich alles, was ich möchte? Gibt es ein Nadelöhr, woran alles Scheitern kann?
Testfähigkeit einer Idee
Lässt sich die Idee vorab testen? Können Sie eine Methode entwickeln, um die Idee auf Herz und Nieren zu prüfen? Eine Idee, die sich vorab austesten lässt, hat wesentlich bessere Chancen, akzeptiert zu werden. Bei einem Testlauf sammeln die Befürworter der Idee automatisch
Ist die Erkenntnis nach Umsetzung der Idee wirklich noch neu? Prüfen Sie Parallelentwicklungen und analysieren Sie mögliche Folgewirkungen für die Praxis. Vorversuche und Pilotstudien helfen immer. Für einen Forschungsantrag müssen Sie ohnehin Vorergebnisse haben. Bei klinischen Studien sollte zumindest eine Analyse des »Patientengutes« erfolgen.
16
Kapitel 1 • Projektplanung
Pluspunkte. Bei komplizierten Fragestellungen sollte immer ein Vorversuch (Pilotstudie) durchgeführt werden.
1
z Sie benötigen zur Umsetzung ihrer Idee finanzielle Mittel und müssen die Gutachter überzeugen. Kennen Sie die Kriterien? Sie sollten sie sich beschaffen!
z Der Weg bis hierher mag schmerzhaft gewesen sein. Selbst wenn Sie sich von einigen Ideen im Gesamtprojekt verabschieden mussten, was bleibt, ist auf jeden Fall belastbar. Herzlichen Glückwunsch, jetzt können Sie weitermachen.
Vorläufige Bewertung
Abschließend ist zu fragen, wie die Idee von den Entscheidungsträgern beurteilt wird, denen der Evaluationsprozess obliegt. Wie lässt sich die Idee auf die Bedürfnisse abstimmen, die als Bewertungskriterien zugrunde gelegt werden? Wie sollte man die Idee präsentieren? Kenntnisse über den Ablauf des Bewertungsprozesses und über die Entscheidungsträger sind zwingend. Deshalb sollte man sich jetzt die Kriterienkataloge der Förderinstitutionen beschaffen. Zu guter Letzt
An Ideen mangelt es meistens nicht. Entscheidend ist deren kritische Bearbeitung und Evaluation. Mangelt es dabei an der erforderlichen Sorgfalt, landet die Idee auf dem Abstellgleis und die ganze Anstrengung war umsonst. Auch Ideen, die aufgrund ihrer Neuartigkeit Pluspunkte verbuchen, brauchen den richtigen Feinschliff, damit sie erfolgreich umgesetzt werden können. Vorsicht: Organisationen fordern Ideenreichtum, aber belohnen die Anpassung! Der Schwerpunkt der Idee sollte auf dem praktischen Nutzen, der Realisierbarkeit und den für die Umsetzung verfügbaren Ressourcen sowie der Übereinstimmung mit dem Kliniks-/Instituts- oder Fakultätsprofil liegen. Beginnen Sie jetzt mit der systematischen Erstellung einer Projektskizze (7 Kap. 2).
Literatur Literatur zu Kapitel 1.2 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Briggs J, Peat D (2000) Chaos. Droemersche Verlagsanstalt, München Collins H, Pinch T (1999) Der Golem der Forschung. Berlin, Berlin Gross R, Löffler M (1998) Prinzipien der Medizin. Springer, Berlin Heidelberg New York Hanselmann R, Mutschler W (1999) Die Bedeutung der Biowissenschaften für die Unfallchirurgie. Unfallchirurg 102: 250–266 Jonas H, Technik (1985) Medizin und Ethik. Insel, Frankfurt Neugebauer E, Willy C, Sauerland S (2001) Complexity and non-linearity in shock research. Reductionism or synthesis? Shock 16: 252–258 Popper KR (1982) Logik der Forschung. Mohr, Tübingen Popper KR (1971) Objective knowledge. Clarendon, Oxford Tretter F (2007) Systemdenken in der Medizin. Bayer Ärztebl 436–437
Literatur zu Kapitel 1.3 1 2 3
Bono E de (1996) Serious Creativity. Die Entwicklung neuer Ideen durch die Kraft des lateralen Denkens. Schaeffer/Poeschel, Stuttgart Neugebauer E (1999) Development of a consensus-assisted protocol – a new approach to improve study design. Eur J Surg Suppl 584: 7–11 Thompson JC (2001) Getting started. In: Souga WW, Wilmore DW (eds) Surgical research. Academic Press, San Diego, pp 1–2
17
Projektskizze L. Claes, M. Schieker, E. Neugebauer, S. Sauerland und R. Lefering
2.1
Erstellung einer Projektskizze für experimentelle Studien – 18
2.1.1 2.1.2 2.1.3
Biomechanik – 18 Zell- und Molekularbiologie – 20 Tierexperiment – 22
2.2
Erstellung einer Projektskizze für klinische Studien – 25
2.2.1 2.2.2
Diagnostische Studie – 25 Therapeutische Studie – 28
2.3
Systematische Literaturrecherche – 30
2.4
Systematische Literaturbewertung – 33
2.5
Statistische Überlegungen bei der Studienplanung – 40 Literatur – 46
2
18
2
Kapitel 2 • Projektskizze
Die Projektskizze soll in kurzer und prägnanter Weise die wichtigsten Planungsschritte eines Projekts beschreiben. In der Einleitung sollte der wissenschaftliche Hintergrund, die Zielsetzung und Fragestellung oder Hypothese beschrieben sein.
2.1
Erstellung einer Projektskizze für experimentelle Studien
2.1.1
Biomechanik
Die Projektskizze ist die Basis für jede weitere Projektplanung und soll alle wesentlichen Schritte einer Planung, wenn auch noch nicht in detaillierter Form, beinhalten. Um den Leser der Projektskizze einzuführen, sollte in einer kurzen Vorbemerkung der wissenschaftliche Hintergrund der Studie und der Stand der Literatur dargestellt werden (ca. 1–2 Seiten). Daraus wird die Zielsetzung der Studie abgeleitet. Danach ist die Fragestellung oder Hypothese des Projekts klar und schriftlich zu formulieren. Statistisch überprüfbare Kriterien sind deskriptiven Aussagen vorzuziehen. Es ist nicht korrekt, erst einen Versuch durchzuführen und nach Vorliegen der Ergebnisse eine passende Hypothese zu formulieren. z
Versuchsdesign
Aus der Zielsetzung ergibt sich das Versuchsdesign, die Anzahl und Größe der Versuchsgruppen, die Bewertungsparameter und das statistische Testverfahren.
In einer kurzen Beschreibung der Projektplanung soll dargelegt werden, auf welche Weise die aufgestellten Hypothesen oder Fragen beantwortet werden können. Dazu ist ein Versuchsdesign festzulegen. Die Wahl der Versuchsmodelle ist genau zu prüfen, da sie das Ergebnis direkt beeinflussen. Die Anzahl der Versuchsgruppen und die Bewertungsparameter determinieren das Design. Wenn man noch wenig Erfahrung mit der Projektplanung hat, sollte man das Versuchsdesign mit einem Statistiker diskutieren, um ein geeignetes statistisches Verfahren zu wählen und sicherzustellen, dass die Hypothesen oder Fragestellungen damit getestet werden können.
Die erforderlichen Materialien oder Patientengruppen und die geeigneten Methoden sind auszuwählen und deren zeitgerechte Verfügbarkeit zu planen. Genehmigungspflichtige Methoden sind zu beantragen.
Die Anzahl und Größe der Versuchsgruppen bestimmen das erforderliche Material in einer experimentellen Untersuchung. Um kleine Unterschiede nachweisen zu können, braucht man mehr Material als für den Nachweis großer Unterschiede. Dabei sollte man sich genau überlegen, welche Materialien oder Versuchstiere man braucht. Die Beschaffung von Materialien und Versuchstieren muss frühzeitig geplant werden. Nicht selten sind langfristige Lieferzeiten bei der Materialbeschaffung zu berücksichtigen. Basierend auf dem Versuchsdesign ist zu überprüfen, ob alle erforderlichen Methoden vorhanden sind. Neue Methoden müssen rechtzeitig etabliert werden. Lieferfristen für neue Geräte und Einarbeitungszeit für die Mitarbeiter ist zu berücksichtigen. Manchmal ist es absehbar, dass ein aufwendiges Projekt nur einmal durchgeführt wird. Dann kann es sinnvoll sein, die erforderlichen Methoden nicht selbst aufzubauen, sondern mit anderen Gruppen zu kooperieren, die diese schon etabliert haben. Sind Methoden mit Genehmigungen verbunden, wie z. B. Tierversuchsgenehmigung, Ethikkommission, Strahlenschutzgenehmigung
z
Material und Methoden
2.1 • Erstellung einer Projektskizze für experimentelle Studien
19
2
oder S1-Labor für Zellversuche, sind rechtzeitig entsprechende Anträge zu stellen. z
Aufgabenverteilung
Ganz wichtig ist es, früh zu klären, wie die Aufgabenverteilung zwischen den Beteiligten sein wird. Deshalb sollten die Mitglieder einer Forschergruppe festlegen, wer für was verantwortlich sein wird und einen Projektleiter oder Koordinator benennen. Neben den Tätigkeiten der beteiligten Wissenschaftler sind die erforderlichen Aufgaben der technischen Mitarbeiter zu planen. Dies kann eine Neueinstellung von Mitarbeitern bedeuten oder die Schulung von vorhandenem Personal für neue Methoden erforderlich machen. Es mag etwas verfrüht erscheinen, sich in der Projektskizze schon Gedanken über die Beteiligung an den wissenschaftlichen Ergebnissen zu machen. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass dies durchaus sinnvoll ist. Nicht selten wird z. B. über die Reihenfolge der Autorenschaft erst nach Vorliegen der Versuchs- oder Studienergebnisse gesprochen, und es stellt sich heraus, dass die beteiligten Wissenschaftler unterschiedliche Erwartungen hatten. Dies kann zu Enttäuschungen führen, die die weitere Zusammenarbeit der Kollegen beeinträchtigt. Dies gilt in gleichem Maße für Forschungsvorhaben, die zu einem patentierfähigen Ergebnis führen. z
Finanzplanung
Nachdem die Planungen so weit gediehen sind, lässt sich eine vorläufige Kostenkalkulation durchführen, die die Basis für die Finanzplanung und Beschaffung von Forschungsmitteln ist. z
Die Aufgabenverteilung zwischen den Mitgliedern der Forschergruppe sollte festgelegt werden, ein Projektleiter oder Koordinator ist zu benennen und Vereinbarungen über Beteiligung an der Ergebnisauswertung und Autorenschaft sollten diskutiert werden.
Machbarkeitsanalyse
Sind alle oben beschriebenen Faktoren diskutiert und bearbeitet worden, ist am Ende zu überprüfen, ob alle Voraussetzungen gegeben sind, um die Studie durchzuführen. In dieser Machbarkeitsanalyse sollten sich die Beteiligten fragen, ob: 5 die erforderliche Infrastruktur vorhanden ist, 5 Material und Methoden sichergestellt sind, 5 alle Genehmigungen vorliegen oder mit Aussicht auf Erfolg beantragt werden können, 5 die Finanzierung geklärt ist, 5 qualifiziertes Personal vorhanden ist oder eingestellt werden kann, 5 die Verantwortlichkeiten geklärt sind, 5 Absprachen über die Verwertung der Forschungsergebnisse getroffen wurden.
Auf der Basis von Material und Methoden sowie der Personalplanung kann ein Finanzplan erstellt und eine Forschungsförderung gesucht werden. Am Schluss einer Projektskizze steht eine Machbarkeitsanalyse, um sicherzustellen, dass die weitere Durchführung des Projekts aussichtsreich ist.
20
Kapitel 2 • Projektskizze
2.1.2
Zell- und Molekularbiologie
Die Projektskizze ist die Basis für jede weitere Projektplanung und soll alle wesentlichen Schritte einer Planung, wenn auch noch nicht in detaillierter Form, beinhalten. Die Projektskizze für zell- und molekularbiologische Experimente entspricht in wesentlichen Teilen den in 7 Abschn. 2.1.1 und 7 Abschn. 2.1.3 dargestellten Projektskizzen für biomechanische oder tierexperimentelle Projekte. In diesem Abschnitt sollen nun speziell für zell- und molekularbiologische Studien relevante Aspekte dargestellt werden.
2
z In der Einleitung wird der wissenschaftliche Hintergrund, die Zielsetzung und Fragestellung oder Hypothese beschrieben.
z
Aus der Zielsetzung ergibt sich das Versuchsdesign, die Anzahl und Größe der Versuchsgruppen, die Bewertungsparameter und das statistische Testverfahren. Experimente auf RNA-Basis sollten in der Regel auf Proteinebene bestätigt werden. Experimente sollten in Parallelansätzen erfolgen und mindestens in drei unabhängigen Versuchen durchgeführt werden. Die erforderlichen Materialien oder Patientengruppen und die geeigneten Methoden
Wissenschaftlicher Hintergrund der Studie
Bei jeder Projektskizze wird zu Beginn der wissenschaftliche Hintergrund der Studie unter Einbeziehung der aktuellen Literatur dargestellt (ca. 1–2 Seiten) und die Zielsetzung der Studie daraus abgeleitet. Die Fragestellung oder Hypothese des Projekts ist klar und schriftlich zu formulieren und wie bei den biomechanischen Projekten sind statistisch überprüfbare Kriterien deskriptiven Aussagen vorzuziehen. Versuchsdesign
Im schriftlich festgelegten Versuchsdesign wird dargestellt, auf welche Weise die aufgestellten Hypothesen oder Fragen beantwortet werden sollen. Die Wahl der Methoden ist genau zu prüfen, da sie das Ergebnis direkt beeinflussen. Neben Untersuchungen auf RNA-Basis (PCR) sollten in der Regel zusätzliche Experimente zur Bestätigung auf Proteinebene (z. B. Western Blot, Immunzytochemie) eingeplant werden. Bei den Untersuchungen des Transkriptoms oder Proteoms (Microarray-Analysen) sind Validierungsexperimente ebenso auf RNA- bzw. Proteinbasis einzuplanen. Aufgrund der Komplexität der »-omic«Methoden empfiehlt es sich dringend, diese Experimente in Kooperation mit einem dafür spezialisierten Zentrum durchzuführen. Methoden mit quantifizierbaren Ergebnissen (z. B. quantifizierbare RT-PCR oder ELISA) sind für statistische Vergleiche verwendbar. Besonders bei zell- und molekularbiologischen Untersuchungen werden häufig noch falsche statistische Testmethoden eingesetzt. Die statistische Auswertung sollte bereits bei der Planung festgelegt werden und entsprechend den in den Kapiteln zur Statistik in diesem Buch dargestellten Methoden geplant werden. Um valide Aussagen zu erreichen, sollten zell- und molekularbiologische Experimente mindestens dreimal (unabhängig) wiederholt werden unter Verwendung von mindestens je 2–3 Parallelansätzen. z
Material und Methoden
Die Anzahl und Größe der Versuchsgruppen bestimmen das erforderliche Ausgangsmaterial in allen experimentellen Untersuchungen. Um kleine Unterschiede nachweisen zu können, braucht man ggf. mehr Wiederholungen als für den Nachweis großer Unterschiede. Dies muss aber schon in der Versuchsplanung abgeschätzt und fest-
2.1 • Erstellung einer Projektskizze für experimentelle Studien
gelegt werden. Zudem sollte man sich genau überlegen, welche Zellen oder Gewebeproben man braucht. In der Regel lassen sich Zellen aus der Primärkultur nicht in großen Mengen vermehren, sind möglicherweise inhomogen oder verändern ihre Eigenschaften durch die Kultur auf Plastik. Für manche Fragestellungen können deshalb Zelllinien besser geeignet sein. Bei allen Proben, die im Rahmen der Experimente gewonnen werden, ist auf eine richtige Lagerung zu achten, um mögliche Verfälschungen der Ergebnisse z. B. durch Kontamination oder Degradation zu vermeiden. Wie bei den biomechanischen Experimenten gilt es, das Versuchsdesign daraufhin zu überprüfen, ob alle erforderlichen Methoden vorhanden sind. Neue Methoden müssen rechtzeitig etabliert werden. Lieferfristen für neue Geräte und Einarbeitungszeit für die Mitarbeiter sind zu berücksichtigen. Besonders aufgrund der Komplexität der molekularbiologischen Nachweisverfahren und den häufig sehr teuren Analysegeräten kann es sinnvoll sein, die erforderlichen Methoden nicht selbst aufzubauen, sondern mit anderen Gruppen zu kooperieren, die diese schon etabliert haben. Sind Methoden mit Genehmigungen verbunden, wie z. B. Ethikkommission (vor allem bei Gewinnung von Primärzellen oder Gewebeproben), Strahlenschutzgenehmigung oder Labore mit Sicherheitsstufe S1 bzw. S2 für Zellversuche, sind rechtzeitig entsprechende Anträge zu stellen oder Kooperationen zu suchen. z
Finanzplanung
Basierend auf den geplanten Experimenten und den gewählten Methoden lässt sich eine vorläufige Kostenkalkulation durchführen, die die Basis für die Finanzplanung und Beschaffung von Forschungsmitteln ist. z
2
sind auszuwählen und deren zeitgerechte Verfügbarkeit zu planen. Genehmigungspflichtige Methoden sind zu beantragen. Ggf. sollten Kooperationen gesucht werden.
Aufgabenverteilung
Die Aufgabenverteilung zwischen den Beteiligten sollte genau festgelegt sein, und bei Forschungsgruppen sollte ein Verantwortlicher für die Koordination des Projektes benannt werden. Neben den Tätigkeiten der beteiligten Wissenschaftler sind die erforderlichen Aufgaben der technischen Mitarbeiter zu planen. Wie bei den biomechanischen Projekten müssen alle Mitarbeiter des Projekts für die Methoden ausführlich geschult und eingelernt sein, und die Kriterien für die Reihenfolge der Autorenschaft auf geplanten Publikationen sollten schon in der Skizze definiert sein. z
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Machbarkeitsanalyse
Zell- und molekularbiologische Projekte sind häufig sehr aufwendig, zeit- sowie kostenintensiv, und die verwendeten Analyseverfahren sind oft komplex und anfällig für methodische Fehler. In der Machbarkeitsanalyse sollte deshalb, wie bei den anderen experimentellen Projekten, hinterfragt werden, ob: 5 die erforderliche Infrastruktur vorhanden ist, 5 Material und Methoden sichergestellt und etabliert sind,
Die Aufgabenverteilung zwischen den Mitgliedern der Forschergruppe sollte festgelegt werden, ein Projektleiter oder Koordinator ist zu benennen und Vereinbarungen über Beteiligung an der Ergebnisauswertung und Autorenschaft sollten diskutiert werden. Auf der Basis von Material und Methoden sowie der Personalplanung kann ein Finanzplan erstellt und eine Forschungsförderung gesucht werden. Am Schluss einer Projektskizze steht eine Machbarkeitsanalyse, um sicherzustellen, dass die weitere Durchführung des Projekts aussichtsreich ist.
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Kapitel 2 • Projektskizze
5 alle Genehmigungen vorliegen oder mit Aussicht auf Erfolg beantragt werden können, 5 die Finanzierung geklärt ist, 5 qualifiziertes Personal vorhanden ist oder eingestellt werden kann, 5 die Verantwortlichkeiten geklärt sind, 5 Absprachen über die Verwertung der Forschungsergebnisse getroffen wurden.
2
2.1.3
Tierexperiment
Die Projektskizze soll in kurzer und prägnanter Weise die wichtigsten Planungsschritte eines Projektes beschreiben. Sie beginnen mit einer Einführung zum wissenschaftlichen Hintergrund und dem Ziel der Studie.
Die Projektskizze ist die Basis für jede weitere Projektplanung und sollte alle wesentlichen Schritte einer Planung, wenn auch noch nicht in detaillierter Form, beinhalten. Prinzipiell unterscheidet sich der Aufbau einer Projektskizze für ein tierexperimentelles Projekt nicht von Projektskizzen für z. B. klinische Projekte. Gewisse Redundanzen sind daher unvermeidbar. Die Entwicklung und Bearbeitung einer testfähigen Idee (7 Kap. 1) hat die Skizze bereits gut vorbereitet. Sie beginnen mit einer Einführung zum wissenschaftlichen Hintergrund (Rationale).
Es muss begründet werden, warum ein Tierversuch nötig ist.
Stellen sie den wissenschaftlichen Hintergrund der Studie und den Stand der Literatur kurz (1–2 Seiten) dar. Die Zielsetzung der Studie leitet sich hieraus zwangsläufig ab und beschließt das Kapitel. Wichtig: Es dürfen ausschließlich nur solche tierexperimentellen Studien durchgeführt werden, deren Fragestellungen nur in vivo, i.e. am lebenden Organismus bearbeitet werden können. Dies muss in diesem Kapitel ebenfalls begründet werden. Beim Zentrum für Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen kann man sich ggf. über mögliche Alternativen informieren.
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Wissenschaftlicher Hintergrund der Studie
Fragestellung/Hypothese
Die Fragestellung oder Hypothese des Projektes muss klar und schriftlich formuliert werden. Statistisch überprüfbare Kriterien sind deskriptiven Aussagen vorzuziehen. Es ist nicht korrekt, erst einen Versuch durchzuführen und nach Vorliegen der Ergebnisse eine passende Hypothese zu formulieren. Für die Strukturierung der primären Hypothese hat sich die Formulierung nach dem PICO-Format (Patient, Intervention, K[C]ontrolle, Outcome) als äußerst hilfreich erwiesen. Abgewandelt für das Tierexperiment sollten jetzt folgende Punkte intensiv diskutiert werden: 5 Tiere (Spezies, Modell), 5 Intervention (Therapie in Gruppe A), 5 Kontrollgruppe (Therapie in Gruppe B, Notwendigkeit weiterer Kontrollen), 5 Outcome (Zielkriterien, Festlegung primäres Zielkriterium).
2.1 • Erstellung einer Projektskizze für experimentelle Studien
Neben der Haupthypothese sollten aber auch die Nebenhypothesen und mögliche Subgruppenanalysen definiert werden. Eine exakte biometrische Planung zur Begründung der Tierzahl für die Primärhypothese ist erforderlich. Es gilt der Grundsatz: so wenig Tiere und so viel Information von einem Tier wie möglich. z
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Formulieren sie eine klare primäre Hypothese nach dem PICO-Format.
Versuchsdesign
In einer kurzen Beschreibung soll dargelegt werden, auf welche Weise die aufgestellten Hypothesen oder Fragen beantwortet werden können. Dazu ist ein Studien- oder Versuchsdesign festzulegen. In der Regel handelt es sich um eine prospektive kontrollierte Studie. Wenn immer möglich, sollten auch hier die Prinzipien der Randomisierung und Verblindung angewendet werden. Die Wahl der Versuchs- oder Studienmodelle ist genau zu prüfen, da sie das Ergebnis direkt beeinflussen können. Die Anzahl der Versuchs- oder Studiengruppen und die Bewertungsparameter determinieren das Design. Wenn man noch nicht viel Erfahrung mit solchen Projekten hat, sollte man mit dem Entwurf des Designs zu einem Statistiker gehen, um ein geeignetes statistisches Verfahren zu wählen, das sicherstellt, dass die Hypothesen oder Fragestellungen damit getestet werden können. z
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Wenn immer möglich, sollten die Prinzipien der Randomisierung und Verblindung angewendet werden.
Material und Methoden
Der Einsatz von Tieren muss, unter Beachtung ethischer Gesichtspunkte, zur Beantwortung der jeweiligen Fragestellung unumgänglich sein. Sollen in dem geplanten Projekt bislang nicht etablierte Methoden zum Einsatz kommen, ist es ratsam, Vorversuche bzw. eine Pilotstudie durchzuführen. Wichtig: Auch für die Durchführung von Vorversuchen an Tieren muss bereits eine Genehmigung der Tierschutzkommission vorliegen. Die erzielten Ergebnisse sind zu bewerten, auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen und das geplante Versuchsdesign ggf. zu überdenken. Ergeben die Vorversuche, dass das Projekt erfolgversprechend ist, kann das Vorhaben im Detail geplant werden. Die Anzahl und Größe der Versuchsgruppen bestimmen das erforderliche Material in einer experimentellen Untersuchung. Dabei sollte man sich genau überlegen, welche Materialien und welche Versuchstiere (Spezies, Stamm, Geschlecht, Gewicht) man braucht. Die Beschaffung von Materialien und Versuchstieren muss frühzeitig geplant werden. Nicht selten sind langfristige Lieferzeiten bei der Materialbeschaffung zu berücksichtigen. Basierend auf dem Versuchs- oder Studiendesign ist zu überprüfen, ob alle erforderlichen Methoden und Messgeräte vorhanden sind. Neue Methoden müssen rechtzeitig etabliert werden. Lieferfristen für neue Geräte und Einarbeitungszeit für die Mitarbeiter sind zu berücksichtigen. Wenn der Aufwand für neue Methoden sehr groß ist und diese nur für ein Projekt benötigt werden, kann es sinnvoll sein, zu überprüfen, ob nicht eine Kooperation mit einer anderen Gruppe möglich ist, bei der diese Methode bereits etabliert ist. Sind Methoden
Für nicht etablierte Methoden ist es ratsam, Vorversuche bzw. eine Pilotstudie durchzuführen.
Die Beschaffung von Materialien und Versuchstieren muss frühzeitig geplant werden.
Sind Methoden mit Genehmigungen verbunden, sind rechtzeitig entsprechende Anträge zu stellen.
24
Kapitel 2 • Projektskizze
mit Genehmigungen verbunden, wie z. B. eine Tierversuchsgenehmigung oder S1-Labor für Zelltransplantationsversuche, sind rechtzeitig entsprechende Anträge zu stellen. In zertifizierten Tierversuchseinrichtungen existieren interne Arbeitsanweisungen für Experimente mit Tieren, die genau studiert und beachtet werden müssen.
2
z
Aufgabenverteilung
Ganz wichtig ist es, früh zu klären, wie die Aufgabenverteilung zwischen den Beteiligten ist.
Das Personal ist im Umgang mit den zu verwendenden Tieren zu unterweisen, es muss mit den örtlichen Regeln vertraut sein und alle erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen und Verfahren kennen. Ganz wichtig ist es, früh zu klären, wie die Aufgabenverteilung zwischen den Beteiligten ist. Deshalb sollten die Mitglieder einer Forschergruppe festlegen, wer für was verantwortlich ist, und einen Projektleiter oder Koordinator benennen. Bei einem Kliniker als Projektleiter sollte sichergestellt sein, dass er für den Versuchszeitraum von seinen klinischen Pflichten entbunden ist. Neben den Tätigkeiten der beteiligten Wissenschaftler sind die erforderlichen technischen Mitarbeiter zu planen. Dies kann eine Neueinstellung von Mitarbeitern bedeuten oder die Schulung von vorhandenem Personal für neue Methoden. Aufgabe der Tierpflegerin ist der sachgerechte Umgang sowie die sachgerechte Pflege der Untersuchungstiere.
Auf der Basis von Material und Methoden sowie der Personalplanung kann ein Finanzplan erstellt werden. Er bildet die Basis für den zu stellenden Drittmittelantrag.
Der Zeitplan soll den logischen Ablauf der Projektteile verständlich abbilden und eine Begründung für die Dauer des Personaleinsatzes geben. Ggf. müssen Zeiten und Kosten für die Suche/Schulung von Personal sowie Lieferfristen für Materialien und Geräte berücksichtigt werden. Bei der Sachmittelplanung ist zu berücksichtigen, dass bei Geräten Kosten für Wartung und Kalibrierung und bei den Verbrauchsmaterialien Ausfälle auftreten können, die Nachbestellungen erforderlich machen. Nachdem die Planungen so weit gediehen sind, lässt sich eine vorläufige Kostenkalkulation durchführen, die die Basis für die Finanzplanung und Beschaffung von Forschungsmitteln ist (7 Kap. 3).
z
z Die Machbarkeitsanalyse soll sicherstellen, dass die weitere Durchführung des Projektes aussichtsreich ist.
Finanzplanung
Machbarkeitsanalyse
Experimentelle Projekte sind meistens sehr kosten- und zeitaufwendig; die Durchführung lohnt sich generell nur, wenn die Ergebnisse neu, qualitativ hochwertig und damit publikationsfähig bzw. kommerziell verwendbar sind. Deshalb werden alle Projektideen und Forschungsaufträge intensiv im Team, oft auch zusammen mit externen Experten/dem Auftraggeber, diskutiert – ein sog. »feasibility check« (hierfür gibt es an guten Instituten eine Checkliste) sollte am Ende immer durchgeführt werden. Folgende Kernfragen sollten alle positiv beantwortet werden: 5 Die erforderliche Infrastruktur ist vorhanden? 5 Material und Methoden sind sichergestellt? 5 Alle Genehmigungen liegen vor? 5 Die Finanzierung ist geklärt?
2.2 • Erstellung einer Projektskizze für klinische Studien
25
2
5 Qualifiziertes Personal ist vorhanden oder kann eingestellt werden? 5 Die Verantwortlichkeiten sind geklärt? 5 Absprachen über die Verwertung der Forschungsergebnisse wurden getroffen?
Erstellung einer Projektskizze für klinische Studien
2.2
Eine klinische Projektskizze (»Proposal«) beschreibt die Kernpunkte eines klinischen Projekts, ohne alle Details oder den praktischen Ablauf der Studie am Patienten zu definieren. Der Textumfang beträgt daher meist nur wenige Seiten (z. B. 6 Seiten im zweistufigen BMBF/ DFG-Verfahren »Klinische Studien«). Die Projektskizze dient später als Grundlage des Studienprotokolls sowie eines Drittmittel- oder Ethikantrags. Daher sollte jede Projektskizze neben allgemeinen Angaben (Projekttitel, Autoren, Adresse) die Fragestellung und Methodik einer Studie so weit wie möglich präzisieren. Der zentrale Punkt einer Projektskizze ist das präzise Formulieren einer Hypothese (in vergleichenden Studien) oder Fragestellung (in nichtvergleichenden Studien). Nur wenn man vor Studienbeginn – also a priori – eine Haupthypothese schriftlich fixiert hat, kommt man nicht in die Versuchung, sich später nach Studienende a posteriori unter allen möglichen Hypothesen die eine Hypothese herauszusuchen, die sich gerade zufällig mit den Daten vereinbaren lässt. Neben der Haupthypothese sollten aber auch die Nebenhypothesen und mögliche Subgruppenanalysen definiert werden. Für die gedankliche Strukturierung der primären Hypothese hat sich das PICO-Format (Patient, Intervention, Kontrolle, Outcome) international als hilfreich erwiesen (. Tab. 2.1).
2.2.1 z
Eine Projektskizze sollte mindestens enthalten: 5 Hintergrund, 5 Fragestellung, 5 Methodik, 5 Organisation und Kosten, 5 Literatur.
Studienhypothesen folgen idealerweise dem PICO-Format: P = Patient I = Intervention C = Kontrolle O = Outcome
Diagnostische Studie
Patientenkollektiv
Zur klaren Festlegung eines Patientenkollektivs müssen in jeder klinischen Studie Ein- und Ausschlusskriterien definiert werden. Gerade in der Bewertung diagnostischer Test spielt das Patientenspektrum eine sehr wichtige Rolle. So untersuchen initiale Studien oft nur, ob eine diagnostische Methode zwischen eindeutig erkrankten und eindeutig gesunden Personen unterscheiden kann. Aufgrund des starken Kontrasts in einem solchen Vergleich (»diagnostische Fallkontrollstudie«) schneidet ein Diagnoseverfahren hier meist sehr gut ab. Wichtiger aber ist es zu prüfen, wie gut der Test tatsächlich zwischen Krank und Gesund unterscheiden kann, wenn man symptomatische Patienten untersucht. Idealerweise entspricht das Patientenkollektiv
Bei falsch gewähltem Patientenspektrum wird die Testgüte über- oder unterschätzt (»SpektrumBias«).
26
Kapitel 2 • Projektskizze
. Tab. 2.1 Beispiele für Hypothesenformulierungen in klinischen Studien Therapie
Diagnose
Prognose
Ätiologie
Patienten
Reduziert bei Patienten mit offener Tibiafraktur
Ist nach stumpfem Bauchtrauma
Bedingt bei Polytrauma-Patienten
Haben vorne sitzende PKW-Insassen
Intervention
eine 3-tägige Antibiose mit Substanz X
eine Peritoneal-Lavage
ein zusätzliches Schädel-Hirn-Trauma
nach einem Frontalzusammenstoß
Kontrolle
im Vergleich zu keiner Antibiose
im Vergleich zur Sonographie besser geeignet,
im Vergleich zu keinem SchädelHirn-Trauma
im Vergleich zu einem seitlichen Aufprall
Outcome
die Rate lokaler Infekte?
um relevante Blutungen zu erkennen?
eine schlechtere Lebensqualität?
ein höheres Risiko für Unterschenkelfrakturen?
2
einer Studie exakt dem Spektrum der Patienten, an denen man auch in der klinischen Routine den Test einsetzen würde. z
Testgütestudien bestehen aus dem Vergleich der Ergebnisse zwischen Indextest und Referenzstandard.
Indextest
Die meisten diagnostischen Studien zielen darauf ab, die Genauigkeit eines Tests im Sinne von Sensitivität und Spezifität zu ermitteln. Die zu untersuchende Maßnahme wird als Indextest bezeichnet. Die Befunde, die sich aus dem Indextest ergeben, werden am Ende mit einem diagnostischen Referenzstandard verglichen, der eine möglichst korrekte Einteilung der Befunde (»Goldstandard«) ermöglicht. Auf diese Weise können positive und negative Indextest-Ergebnisse später in richtig-positive und falsch-positive bzw. falsch-negative und richtig-negative Befunde eingeteilt werden, was für die Berechnung von Sensitivität und Spezifität notwendig ist. Teilweise ist es sinnvoll, in einer Studie zwei Indextests zu vergleichen. Auch hier ist jedoch ein Referenzstandard notwendig, um entscheiden zu können, ob die Ergebnisse der Indextests korrekt waren. Die Beschreibung des Indextests in der Studienskizze sollte Testdurchführung und -bewertung hinreichend genau charakterisieren. Wesentliche Geräte, z. B. bei radiologischen und laborchemischen Testverfahren, sollten benannt werden. Sofern das Testergebnis nicht automatisch positiv oder negativ ist, sollte angegeben werden, ab welchem Grenzwert ein Test als positiv gewertet wird. Falls eine qualitative Testauswertung, z. B. bei bildgebender Diagnostik, erforderlich ist, sollte man die Anzahl der auswertenden Personen und deren Qualifikation angeben. Zusätzlich kann man die Konsistenz der diagnostischen Befunderhebung im Verlauf der Studie prüfen (Interrater-Reliabilität). Wichtig ist bei untersucherabhängigen Tests auch der Hinweis, dass selbstverständlich die Befundung des Indextests in Unkenntnis des Referenzstandards erfolgt [4].
2.2 • Erstellung einer Projektskizze für klinische Studien
z
2
Referenzstandard
Als Referenzstandard sollte eine diagnostische Methode definiert werden, deren Ergebnisse möglichst unzweifelhaft sind. Ideal für den Nachweis oder Ausschluss einer Erkrankung wäre bei vielen somatischen Krankheitsbildern eine histopathologische Untersuchung. Dies ist jedoch nur bei wenigen Erkrankungen durchführbar (z. B. Resektat bei Verdacht auf Appendizitis). Gerade wenn der Referenzstandard aus einer invasiven diagnostischen Maßnahme besteht, wird es oft nicht vertretbar sein, alle Studienpatienten (inklusive der vermutlich gesunden) hiermit zu untersuchen. In diesem Fall ist es unvermeidbar, eine zweite diagnostische Methode mit als Referenzstandard zu verwenden. So ist es üblich, die gemäß Indextest vermutlich gesunden Personen lediglich klinisch nachzubeobachten, anstatt sie einer invasiven Diagnostik zu unterziehen. Sofern der Referenzstandard dann aus zwei diagnostischen Methoden besteht (sog. differenzielle Verifikation), sollte gewährleistet sein, dass beide Methoden für die jeweilige klinische Situation eine angemessen hohe Testgüte bieten. z
27
In der Projektskizze muss ein praktikabler und hinreichend verlässlicher Referenzstandard definiert werden. Der Referenzstandard sollte dem Goldstandard möglichst nahe kommen.
Auswahl des Studiendesigns
Die Evaluation diagnostischer Tests erfolgt in Phasen, und die Auswahl des Studiendesigns entspricht diesen Phasen: Nach der initialen Standardisierung der Testmethodik erfolgen meist erste klinische Studien, die prüfen, ob der Test Kranke und Gesunde bzw. schwer und leicht erkrankte Personen voneinander unterscheiden kann. Danach folgen weitere diagnostische Genauigkeitsstudien, die dann aber schon den realen Einsatz des Tests bei Personen mit Krankheitsverdacht untersuchen. Da aber diagnostische Studien stets nur untersuchen, inwieweit ein Testverfahren dem Arzt neue Informationen gibt, weiß man hierüber nicht, ob diese Informationen überhaupt hilfreich sind. Daher ist es oft erforderlich, abschließend zu prüfen, ob der Einsatz des diagnostischen Tests tatsächliche Änderungen in der klinischen Behandlung und dem Behandlungsergebnis erzielt. Notwendig sind hierfür randomisierte kontrollierte Studien [3], weil die diagnostische Intervention letztendlich in gleicher Weise wie eine therapeutische Intervention bewertet werden muss. Diagnostische Genauigkeitsstudien, die Sensitivität und Spezifität ermitteln, sind jedoch die häufigsten Studiendesigns in diesem Bereich. Grundsätzlich betrachtet handelt es sich um Kohortenstudien, die beobachtend oder interventionell sein können, je nachdem ob der Indextest bereits klinische Routine ist oder für die Studie zusätzlich hinzukommt. Prospektive Studien sind gegenüber retrospektiven vorzuziehen, weil eine prospektive Datenerhebung eine standardisierte, vollständige und unabhängige Erhebung und Bewertung des Indextests erlaubt. Für die Qualität der Studie ist es wichtig, dass Index- und Referenztest bei tatsächlich allen Patienten durchgeführt werden. Dennoch ist vor der Durchführung zusätzlicher Tests immer eine Patienteneinwilligung und ein Ethikvotum notwendig, und zu-
Die meisten Diagnosestudien sind pro- oder retrospektive Kohortenstudien.
Patientenspektrum und Güte des Referenzstandards entscheiden über die Qualität einer Diagnosestudie.
28
Kapitel 2 • Projektskizze
sätzlich muss das Bundesamt für Strahlenschutz die Studien genehmigen, die zusätzliche radiologische Diagnostik beinhalten.
2.2.2
2
z
Therapeutische Studie
Patientenkollektiv
Eine enge Definition des Patientenkollektivs erleichtert die Analyse, erschwert aber die Rekrutierung.
Klare Ein- und Ausschlusskriterien sind auch für therapeutische Studien in der Studienskizze anzugeben. Aus praktischen Gründen ist es wichtig, dass alle Ein- und Ausschlusskriterien einfach und möglichst ohne zusätzliche Diagnostik erhebbar sind. Bei der Studienplanung muss eine Balance gefunden werden zwischen einer zwar homogenen, aber zahlenmäßig zu kleinen Patientengruppe und einer zu heterogenen, dafür aber schnell zu rekrutierenden Gruppe. Auch gilt es zu beachten, dass eine Intervention vielleicht in einer Subgruppe von Patienten besser wirkt als in einer anderen. Letztendlich müssen alle Studienpatienten für beide Interventionen geeignet sein. Ein Abweichen von diesem Prinzip würde nicht nur die Studienergebnisse verfälschen, sondern würde auch ethische Probleme erzeugen. Bei interventionellen Studien (also solchen mit zusätzlichen diagnostischen oder therapeutischen Interventionen) sollten im Regelfall eine bekannte Schwangerschaft, ein Alter <18 Jahren und das Fehlen einer schriftlichen Einwilligung als Ausschlussgründe festgelegt werden.
Operationstechniken sollten innerhalb einer Studie möglichst exakt definiert werden.
In der chirurgischen Forschung kommt der zu untersuchenden Operation eine besondere Rolle zu, da es naturgemäß schwierig ist, die Qualität einer operativen Maßnahme zu standardisieren oder zu messen. Dennoch sollte man das operative Vorgehen in einer prospektiven Studie möglichst genau definieren, auch wenn dies bei größeren Studien zu Diskussionen unter den Operateuren führen wird. Neben der Technik muss dann oft für die individuell-chirurgische Erfahrung eine gewisse Mindestqualität festgelegt werden: Wenn in einer Studie zu einer neuen Operationsmethode nur unerfahrene Kollegen operieren, kann man kaum erwarten, dass sich die neue Operation dann als gut herausstellen wird. Auf der anderen Seite muss eine Studie die klinische Realität abbilden, wenn ihre Ergebnisse später für diese Realität Gültigkeit besitzen sollen.
Als Vergleichstherapie sollte die aktuelle Standardtherapie eingesetzt werden.
In der Kontrollgruppe muss die bisher bestverfügbare Standardtherapie, z. B. gemäß Leitlinie, durchgeführt werden. Es wäre unethisch, in der Kontrollgruppe wissentlich eine suboptimale Therapie anzubieten, nur damit die Interventionsgruppe besser abschneidet. Auch die Begleittherapie sollte in beiden Gruppen nachweisbar gleich sein, so dass ein eventueller Unterschied zwischen den Gruppen kausal allein auf die Studienintervention zurückgeführt werden kann. Neben der Beschreibung der Kontrollintervention sollte die Studienskizze daher
z
z
Interventionsgruppe
Kontrollgruppe
2.2 • Erstellung einer Projektskizze für klinische Studien
29
2
die allgemeine Begleittherapie und die Nachuntersuchungsintervalle festlegen. z
Zielgrößen oder -kriterien (Outcomes)
Vor Beginn einer Therapiestudie ist festzulegen, über welches primäre Zielkriterium (»Outcome«) man den Erfolg der Therapie definieren möchte. Neben dem primären Zielkriterium ist eine Reihe sekundärer Zielkriterien festzulegen. Früher wurden hierfür primär einfach messbare medizinische Parameter herangezogen, z. B. Röntgenbefunde, Laborwerte oder Operationszeiten. Doch ein Patient – und er bezahlt letztendlich für Forschung und Therapie – interessiert sich nicht für diese Endpunkte; er will wissen, wie es ihm geht [7]. Dieser Idee folgend wurden dann zunehmend neue Zielkriterien in Studien evaluiert, z. B. Körperfunktion, Schmerz, oder Lebensqualität. Meist hilft die Literaturrecherche beim Identifizieren gebräuchlicher Kriterien und Instrumente zur Outcome-Bewertung. Für alle Zielkriterien sollte definiert werden, wie oft, wann und durch wen sie erhoben werden. Sofern hierfür Nachuntersuchungen erforderlich sind, sollte deren Frequenz für den Patienten akzeptabel sein (z. B. nach 6, 12 und 36 Monaten). Oft sind auch schriftliche oder telefonische Nachbefragungen ein probates Mittel, um längerfristige Daten zu erfassen. Sehr hilfreich ist ein tabellarischer Visitenplan, der für jeden Zeitpunkt (in den Spalten) angibt, ob ein Zielkriterium (in den Zeilen) zu erheben ist. Idealerweise sollten Zielkriterien ohne Kenntnis der Therapie erhoben werden – also unter Verblindung. Dies gilt besonders für subjektive Zielkriterien, wie Schmerz oder Lebensqualität. Statt der unpräzisen Begriffe »einfach/doppelblinde Studie« sollte man einzeln definieren, ob und wie folgende Personen verblindet werden: (a) die Person, die die Therapie verabreicht, (b) die Person, die die Therapie evaluiert und (c) der Patient zum Zeitpunkt der Evaluation. z
Patientenrelevante Zielkriterien (wie z. B. Lebensqualität oder Schmerz) sind vorzuziehen gegenüber anderen Variablen, deren klinische Relevanz fraglich ist.
Wenn möglich, sollten die Zielkriterien verblindet erhoben werden.
Auswahl des Studiendesigns
Auch hier richtet sich die Festlegung des Studiendesigns nach der Hypothese, der praktischen Umsetzbarkeit und den Ergebnissen der Literaturanalyse [5]. Die randomisiert kontrollierte Studie ist zwar das unbestritten beste Studiendesign zur Beantwortung einer Therapiefragestellung, in der klinischen Realität wird man hiervon jedoch zum Teil abweichen müssen. Der hohe organisatorische und finanzielle Aufwand sowie Arzt- und Patientenpräferenzen verhindern leider oft die Durchführung von randomisiert kontrollierten Studien. Als weitere Optionen bieten sich nichtrandomisierte prospektive oder retrospektive kontrollierte Studien an [1]. Weil aber in solchen Studien oft bestimmte Patienten für die eine oder andere Therapie ausgewählt werden, unterscheiden sich die Therapiegruppen oft schon vor Therapiebeginn erheblich (»Confounding by indication«). Um dennoch einen sinnvollen Vergleich der Therapieergebnisse zwischen beiden Gruppen möglich zu machen, muss in nichtrandomi-
Eine Projektskizze ist stets ein Kompromiss zwischen Theorie und Praxis.
30
Kapitel 2 • Projektskizze
sierten Studien oft mehr Aufwand bei der Datenerhebung und der statistischen Analyse getrieben werden. z
2
Das Modell des »Einzelkämpferforschers« eignet sich nur für kleinere Studien. Kooperation schadet nie, im Gegenteil!
z Die Kosten einer klinischen Studie sind extrem variabel und bedürfen daher genauester Planung.
Studienorganisation
Parallel zu den obigen Überlegungen muss der Studienleiter die praktischen Aspekte einer Studie bedenken [6]. Eng mit der Hypothese und der Fallzahlplanung verbunden ist die Notwendigkeit eines multizentrischen Designs. In ähnlicher Weise bestimmen Größe, Aufwand und Dauer der Studie die Anzahl und Qualifikation der Studienmitarbeiter. Studien retrospektiver Natur oder mit geringer Patientenzahl werden oft von einem Arzt allein durchgeführt. Sobald der Aufwand die eigenen Kräfte übersteigt, wird dann versucht, einen Kollegen oder Doktoranden für das Projekt zu gewinnen. Wichtig ist es, die Aufgabenverteilung und Zeitplanung dann gemeinsam festzulegen, denn nur eine gute Motivation und Zielvorstellung wird Studienmitarbeiter langfristig an die Studie binden können. Die publikatorische Verwertung der Studie sollte hierbei ebenfalls frühzeitig festgelegt werden. Dies gilt speziell für multizentrische Studien, auch oder gerade dann, wenn einzelne teilnehmende Kliniken kein Interesse an wissenschaftlichen Meriten haben. Finanzplanung
Schon recht früh stellt sich bei den meisten Studien die Frage, ob man eine schnelle, kleine oder eine groß angelegte, teure Studie machen will. Wenn die Bedeutung der Fragestellung eine aufwendige Studie rechtfertigt, müssen die für die Studie notwendigen Personalund Sachmittel realistisch geschätzt werden. In der Klinik zusätzlich durchzuführende Diagnostik und Therapie darf nicht zu Lasten von Krankenversicherung oder Krankenhausträger durchgeführt werden, sondern muss über das Budget der Studie abgedeckt werden. Bei multizentrischen Studien ist es heutzutage üblich, dass vor Studienbeginn ein Fallgeld für jeden erfolgreich rekrutierten Patienten zwischen dem Studienleiter und dem Krankenhausträger vertraglich festgelegt wird. Die Gesamtkosten einer Medikamentenstudie liegen meist zwischen 5000 und 10.000 EUR pro Patient. Im nichtmedikamentösen Bereich sind für randomisierte Studien jedoch deutlich niedrigere Summen üblich. Eine gut publizierbare unfallchirurgisch-orthopädische Studie benötigt im Mittel etwa 90.000 US $ Fördermittel [2]. Lediglich nichtrandomisierte Beobachtungsstudien lassen sich relativ gut auch ohne Geld durchführen.
2.3
Systematische Literaturrecherche
Mit einer systematischen Literaturrecherche beginnt das konkrete Erarbeiten der Projektskizze. Ziel der Recherche ist es, herauszufinden, inwieweit andere Forscher die eigene Projektidee bereits untersucht
2.3 • Systematische Literaturrecherche
haben. Wenn bisher keine Studien zur Fragestellung existieren, erhöht das den potenziellen Wert einer eigenen Studie; wenn dagegen bereits viele gute Studien die Fragestellung beantwortet haben, ist es meist nicht sinnvoll, noch eine weitere Studie zu beginnen. Am häufigsten wird man nur einige wenige Studien finden, die sich bereits mit einer ähnlichen Fragestellung beschäftigt haben. Diese Publikationen sind dann sehr hilfreich, da sie darüber informieren, mit welchen Methoden man die eigene Fragestellung am besten untersuchen kann. Dieses Lernen aus den Erfahrungen anderer Wissenschaftler erhöht die Chancen für eine erfolgreiche Projektplanung und -durchführung erheblich. Nur durch eine gründliche Literaturrecherche kann man den aktuellen Stand der Wissenschaft verlässlich abbilden. Daher erwarten auch die meisten Förderinstitutionen im Antragstext eine detaillierte Literaturanalyse, um sicherzustellen, dass kein Geld in veraltete Ideen investiert wird. Darüber hinaus sind die Informationen aus Vorgängerstudien essenziell, um die Erfolgsaussichten des eigenen Projekts abschätzen zu können (z. B. in punkto Fallzahlplanung). z
2
Die Kernfragen an die Literatur sind: 5 Haben vor mir schon andere Forscher die Idee gehabt? 5 Wie sind andere Forscher die Frage methodisch angegangen? 5 Welche Ergebnisse liegen bisher vor?
Quellen für die Literatursuche
Eine Literatursuche wird immer aus mehreren Quellen schöpfen, um eine möglichst hohe Vollständigkeit zu erreichen. Erst wenn man sieht, dass die Literatursuchen immer wieder zu denselben Artikeln führen, kann man davon ausgehen, nichts Wesentliches übersehen zu haben. Meist beginnt die Suche in Literaturdatenbanken und in den bereits vorhandenen Artikeln. Hierbei lohnt sich gerade für schlecht auffindbare oder ältere Literatur der Blick in die Literaturverzeichnisse der vorhandenen Artikel. Für ganz aktuelle Themenfelder dagegen muss man auch nach bis dato noch nicht publizierten Projekten suchen. Hierzu kann man Kongressbeiträge durcharbeiten, Experten ansprechen oder die Webseiten von Universitäten oder Industrieanbietern durchsuchen lassen. Informationen zu laufenden Studien lassen sich gut in Studienregistern (z. B. http://apps.who.int/trialsearch/) finden. z
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Stets sollten mehrere Informationsquellen genutzt werden: 5 Literaturdatenbanken, 5 Literaturzitate, 5 Internetsuche, 5 Expertenkontakte.
Literaturdatenbanken
Die zentrale medizinische Literaturdatenbank ist derzeit Medline. Sie enthält insgesamt 20 Millionen medizinische Zitate aus etwa 5000 Zeitschriften und erfasst alle Bereiche biomedizinischer Forschung. Auch wenn man mittels Medline die wichtigsten Zeitschriften überblicken kann, darf nicht vergessen werden, dass Medline zahllose kleinere Zeitschriften nicht erfasst. Dies betrifft vor allem nichtenglischsprachige Spezialzeitschriften, die im Einzelfall für die Projektplanung dennoch relevant sein könnten. Hier können andere Datenbanken helfen, die allerdings meist kostenpflichtig sind, z. B. Embase. Die Cochrane-Library ist sehr hilfreich zum Finden randomisierter klinischer Studien, aber ebenfalls kostenpflichtig. Weitere Datenban-
Medline (z. B. www.pubmed. org) ist die umfangreichste medizinische Literaturdatenbank, erfasst aber dennoch nur etwa die Hälfte aller Zeitschriften.
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Kapitel 2 • Projektskizze
ken sind beim DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information) abrufbar. z
2
Sehr hilfreiche Optionen in PubMed sind die MeSH-Database und die Limits.
Die Schlagwortsuche ist gegenüber der Freitextsuche vorzuziehen.
Das Prinzip einer Datenbankrecherche beruht auf dem Bilden von Schnittmengen: 5 inhaltlicher Filter (ca. 1% Auswahl), 5 methodischer Filter (ca. 1% Auswahl), 5 Kombination beider Filter (1% ×1% = 0,01% Auswahl).
Tipps und Tricks in Medline
Für die Suche in Medline existieren zahlreiche Suchprogramme: PubMed, Knowledge Finder, WinSpirs, GratefulMed oder Silver Platter. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Programme stets nur dieselbe Datenbank Medline durchsuchen. Daher macht es wenig Sinn, mehrere dieser Programme parallel zu benutzen. PubMed ist aufgrund seiner freien Verfügbarkeit und Aktualität das meistverwendete Instrument der Literatursuche, das hier daher genauer dargestellt werden soll. Beim Suchen können Freitextbegriffe, definierte Schlagworte und methodische Filter verwendet werden. Eine einfache Freitexteingabe hat den Nachteil, dass sie durch Synonyma medizinischer Begriffe sowie eigene und fremde Tippfehler stark beeinflusst wird. So findet eine einfache Suche nach »Bechterew« fast nur deutschsprachige Einträge, weil der Morbus Bechterew im Englischen als »ankylosing spondylitis« bezeichnet wird. Viele Synonyma erkennt die PubMedSoftware jedoch schon bei der Eingabe, schlägt dann andere Begriffe vor oder erweitert die Suche selbstständig. Die Probleme der Freitextsuche lassen sich durch eine Suche nach definierten Schlagworten (MeSH, Medical Subject Heading) umgehen [2]. Hier sucht man zum eigenen Suchbegriff in der »MeSHDatabase« ein Schlagwort heraus. Für den Morbus Bechterew lautet die Suche dann: »Spondylitis, Ankylosing« [MeSH]. Da amerikanische Dokumentare dieses Schlagwort allen Artikeln in Medline zugewiesen haben, die sich mit der Erkrankung beschäftigt haben, ist diese Suche nun deutlich sensitiver als die bisherige Freitextsuche. Alle Schlagworte in Medline sind in einer baumartigen Hierarchie gegliedert. Zu jedem Schlagwort lassen sich Unterthemen, z. B. Diagnose oder Therapie, auswählen. In den letzten Jahren ist die PubMed-Suche deutlich verbessert worden, so dass heute vielfach eine automatische Schlagwortsuche stattfindet, selbst wenn der Benutzer nur einen Freitextbegriff eingegeben hat. Welche Suche durchgeführt wurde, kann unter »Search Details« im Detail nachgesehen werden. Neben inhaltlichen Filtern empfehlen sich oft methodische Filter, damit die Kombination aus beidem eine gute und überschaubare Treffermenge liefert [1]. Methodische Filter sind über das Menü »Limits« abrufbar. Besonders das Beschränken der Suche auf bestimmte Studienformen (z. B. nur randomisierte Studien), Publikationsjahre (z. B. nur die letzten 2 Jahre) oder Kollektive (z. B. nur tierexperimentelle Studien) ist sehr hilfreich. Für ausgefeiltere Suchstrategien kann man Suchbegriffe logisch verknüpfen (»AND«, »OR«) oder bestimmte Bereiche ausgrenzen (»NOT«). Hilfreich ist es auch, sich für die weitere Suche die Schlagworte einer bereits bekannten Schlüsselpublikation angeben zu lassen.
2.4 • Systematische Literaturbewertung
33
2
Es empfiehlt sich, nützliche Suchstrategien oder Suchbegriffe zu dokumentieren, damit man später hierauf wieder zurückgreifen kann. Für sehr aktive Forschungsfelder sollte die Literaturanalyse von Zeit zu Zeit wiederholt werden, um rechtzeitig neu erschienene Publikationen erkennen zu können. Es wirft ein schlechtes Licht auf einen Projektantrag, wenn wichtige aktuelle Publikationen unerwähnt bleiben. Sehr hilfreich ist die Möglichkeit, sich in PubMed unter »My NCBI« einen Account zu schaffen, über den man sich z. B. alle 14 Tage die aktuell neuesten Treffer aus seiner eigenen Literaturrecherche elektronisch zuschicken lässt. z
Literaturverwaltung
Die schnelle Beschaffung von Fachliteratur im Volltext gelingt am besten über die Elektronische Zeitschriftenbibliothek (EZB), einer Kooperation von über 500 Bibliotheken. Die meisten Universitätsmitarbeiter sind hier registrierte Benutzer. Wer über keinen solchen Zugang verfügt, muss die Literatur für ca. 5 EUR je Artikel bestellen oder die Deutsche Zentralbibliothek für Medizin in Köln aufsuchen. Die Anschaffung eines Literaturverwaltungsprogramms lohnt sich für den, der oft wissenschaftliche Texte schreibt oder im Rahmen einer umfangreichen Arbeit viel Literatur zitieren muss. Das Verwenden solcher Software erspart dank Direktimport auf PubMed das mühsame Abtippen der Zitate und erlaubt ein schnelles Zitieren per Mausklick direkt im Textverarbeitungsprogramm. Das automatische Literaturverzeichnis lässt sich einfach in verschiedenen Zitierstilen formatieren. Die Preise für solche Programme (z. B. EndNote, Reference Manager, ProCite oder RefWorks) liegen bei etwa 200 EUR.
2.4
Sehr hilfreich zur automatischen Erstellung und Formatierung von Literaturverzeichnissen sind spezielle Software-Pakete.
Systematische Literaturbewertung
Das Ziel des folgenden Kapitels ist es, eine logisch strukturierte Bewertung publizierter Studien darzustellen. Dies dient neben der Literaturübersicht auch als Vorbereitung, um für das eigene Projekt ein geeignetes hochwertiges Studiendesign auswählen zu können. Neben einigen grundsätzlichen Erwägungen, die wir voranstellen, werden experimentelle und klinische Studien getrennt zu bewerten sein. z
Grundsätzliche Aspekte eines Studiendesigns
Die meisten medizinischen Studien beschäftigen sich mit der Erfassung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen. In der klinischen Epidemiologie verwendet man hierfür die Begriffe Exposition (Exposure) und Ergebnis (Outcome), wobei Exposition sowohl einen ätiologischen Faktor als auch ein therapeutisches Eingreifen meinen kann. Neben solch analytischen Studien gibt es auch deskriptive Studien, die lediglich die Häufigkeit eines Ereignisses ermitteln wollen. Prinzipiell ist für den Nachweis einer Kausalität ein Vorher-Nachher-Vergleich notwendig. Dies bedeutet, dass fast alle Studien Beob-
Ursache-Wirkungs-Beziehungen sind meist der Fokus der Forschungsfrage.
Nur eine longitudinale Betrachtungsweise kann eine Kausalität beweisen.
34
2
Kapitel 2 • Projektskizze
Messen heißt vergleichen, daher sollten Studien vergleichend, d. h. kontrolliert sein.
Unterschiede können verursacht werden durch: 5 die interessierende Variable, 5 die Störvariablen, 5 den Zufall.
Fehlende Angaben kaschieren oft methodische Schwächen einer Studie.
achtungen über die Zeit machen, also longitudinal sind. Es ist hierbei egal, ob das Zeitintervall nur wenige Sekunden (Zugkraft führt zu Einriss einer Sehne) oder Jahre beträgt (Meniskusschaden führt zu Arthrose). Dabei bedeutet eine zeitliche Abfolge von Ereignissen nicht notwendigerweise eine Kausalität: Post hoc non ergo propter hoc. Notwendig für den Nachweis einer Kausalität ist neben der longitudinalen Betrachtungsweise auch der Vergleich. Hierbei wird eine Gruppe mit und eine Gruppe ohne den vermuteten ursächlichen Faktor geführt. Nur durch den Vergleich von Experimental- und Kontrollgruppe ist es möglich, die Stärke einer Kausalität relativ sicher zu beweisen und auch zu quantifizieren. Messen heißt vergleichen. Ganz grundsätzlich kann ein Unterschied im Ergebnis zwischen 2 Gruppen verursacht werden durch die interessierende Variable (Exposition), die Störvariablen und den Zufall. Um den störenden Einfluss anderer Variablen beim Vergleich zwischen Experimental- und Kontrollgruppe (Confounding) zu minimieren, ist es notwendig, die Versuchsbedingungen weitestgehend zu standardisieren. Oft führen nämlich schon kleine Unterschiede in den Störvariablen (Confoundern) dazu, dass sich unterschiedliche Ergebnisse zeigen, die dann fälschlicherweise der Exposition zugeschrieben werden. Der Einfluss des Zufalls lässt sich letztendlich nur durch eine große Stichprobenzahl verringern. Wer Studien kritisch liest, wird schnell bemerken, dass in vielen Publikationen entscheidende Angaben zur Studienmethodik fehlen. Zum Teil liegt dies daran, dass die Autoren bestimmte methodische Aspekte als selbstverständlich und damit nicht berichtenswert ansehen. Grundsätzlich sollte man als Leser aber kritisch bleiben: Was nicht berichtet wurde, wurde meist auch nicht gemacht. z
Die richtige Definition der Kontrollgruppe ist bei Experimenten entscheidend.
Bei falsch gewählten experimentellen Modellen kann ein Effekt eventuell extrem verstärkt oder abgeschwächt sein.
Bewertung experimenteller Studien
In nichtklinischen Studien ist es fast immer möglich, experimentelle Studiendesigns zu verwenden, bei denen durch den Untersucher 2 (oder mehr) Gruppen eingeteilt und verglichen werden. Die Qualitätsunterschiede von Studien beziehen sich daher weniger auf das Studiendesign, sondern vor allem auf den korrekten Umgang mit der Kontrollgruppe: Wie sicher ist es, dass der beobachtete Unterschied auch wirklich auf die Einflussvariable zurückzuführen ist? Oft wird in der Kontrollgruppe nicht nur die zu testende Intervention (z. B. Medikament) weggelassen, sondern auch die Begleitintervention (z. B. Flüssigkeitsgabe), so dass dann später nicht mehr sicher nachvollziehbar ist, was für den Gruppenunterschied verantwortlich ist. Oft ist es notwendig, mehr als nur eine Kontrollgruppe zu führen. In allen experimentellen Studien muss auch die Auswahl des Modells kritisch geprüft werden. Falls eine Studie keinen Unterschied zeigen konnte, könnte dies daran liegen, dass die Experimente in einer ungeeigneten Tierspezies oder Zelllinie durchgeführt wurden. Gerade weil ein Modell eine Reduktion der Realität darstellt, besteht die
Vergleicht die Studie Personengruppen?
nein
Wie viele Patienten werden betrachtet?
≤ 7 Fälle
Fallbericht(e)
> 7 Fälle
Fallserie, Kohortenstudie ohne Kontrollgruppe
2
35
2.4 • Systematische Literaturbewertung
ja
Wie ist die Betrachtungsrichtung?
Ursache und Wirkung gleichzeitig
Querschnittsstudie
retrospektiv, ggf. von Wirkung nach Ursache
prospektiv von Ursache nach Wirkung
Wonach werden die Gruppen definiert?
Ist die Vergleichsgruppe randomisiert?
nach Outcome
nach Therapie
nein
ja
FallKontrollStudie
retrospektive, kontrollierte Studie
prospektive, nicht randomisierte kontrollierte Studie
randomisiertkontrollierte Studie (RCT)
. Abb. 2.1 Algorithmus zur Klassifikation klinischer Studiendesigns. (Mod. nach [3])
Gefahr, dass die therapeutische Beeinflussbarkeit des Modells parallel auch reduziert wird. Beim Erfassen der experimentellen Messergebnisse sollten alle externen Fehlerquellen weitestgehend ausgeschlossen worden sein. Hierzu eignet sich auch in experimentellen Studien eine Verblindung der Probenanalyse. Wichtige Messungen mit technischen Geräten bedürfen einer vorherigen Eichung und Kalibrierung. Gegebenenfalls sind auch hier Doppelmessungen zur Bestimmung der Messgenauigkeit notwendig, was aber nur selten explizit berichtet wird. Der Stichprobenumfang experimenteller Studien muss als Nächstes betrachtet werden. Oft werden hierbei die Abhängigkeiten der Untersuchungseinheiten untereinander nicht beachtet, so dass durch eine scheinbar hohe Stichprobenzahl eine falsche statistische Sicherheit vorgegaukelt wird. So ist es beispielsweise in Tierversuchen nicht korrekt, mehr als 2 Ergebnisse je Tier zu verwenden, auch wenn man multiple Messergebnisse verfügbar hat. z
Niemals dürfen die Abhängigkeiten der Daten untereinander ignoriert werden.
Bewertung klinischer Studien
Beim Lesen klinischer Studien kann man sich an wenigen, aber zentralen Designaspekten orientieren (. Abb. 2.1). Entscheidend sind die Auswahl der Kontrollgruppe und die zeitliche Betrachtungsrichtung (Ursache – Wirkung, prospektiv – retrospektiv). Das Bewerten von Studien erfordert gewisse Grundkenntnisse der klinischen Epidemiologie, da neben den aufgeführten Designs zahlreiche weitere Studienformen existieren. Wichtig ist, dass das Stu-
Wichtig in klinischen Studien sind die Kontrollgruppe und die Betrachtungsrichtung. Kein Studiendesign ist für jede Fragestellung optimal.
36
Kapitel 2 • Projektskizze
. Tab. 2.2 Evidenzhierarchie für therapeutische und diagnostische Studien (vereinfacht nach Oxford Centre for Evidence-based Medicine) Evidenzgrad Therapiestudien
Evidenzgrad Diagnosestudien
I
Randomisiert-kontrollierte Studie
I
Verblindeter und unabhängiger Vergleich beider Tests (100% komplett)
II
Kontrollierte klinische Studie: – mit paralleler Kontrollgruppe – mit historischer Kontrollgruppe
II
Verblindeter und unabhängiger Vergleich, aber an einem selektionierten Patientengut (100% komplett)
III
Fall-Kontroll-Studie
III
Verblindeter und unabhängiger Vergleich, aber nicht 100% komplett
IV
Fallserie ohne Kontrollgruppe
IV
Unverblindeter oder nicht unabhängiger Vergleich
V
Expertenmeinung, nichtklinische Forschung
V
Expertenmeinung, nichtklinische Forschung
2
diendesign der gewählten Fragestellung entspricht, da kein Studiendesign für jede Fragestellung optimal ist. Mit dem Konzept der evidenzbasierten Medizin (EbM) wurde für die Bewertung von Studien eine vereinfachte Klassifikation vorgeschlagen. Hierbei werden klinische Studien je nach Fragestellung und Design in Evidenzhierarchien (. Tab. 2.2) einsortiert. Die Graduierung ist theoretisch und empirisch belegbar, dahingehend, dass Studien niedrigerer Evidenzgrade eine größere Gefahr für Trugschlüsse bieten [4]. z Vergleichende Studien sind besser zu publizieren als nichtvergleichende Studien.
Klinische Therapiestudien
Wer eine therapeutische Intervention, also z. B. eine neue Operationsmethode, untersucht, kann durch das einfache Betrachten einer Fallserie (Evidenzgrad IV) nur zeigen, dass die Therapie technisch durchführbar ist, aber nicht beweisen, dass die Methode klinisch vorteilhaft ist gegenüber einer anderen Methode. Nur ein direkter Vergleich zwischen Patienten beider Operationsmethoden kann hier sinnvolle Information liefern (Evidenzgrad II). Hierbei kann die Vergleichsgruppe sich aus Patienten zusammensetzen, die in einem früheren Zeitraum noch nach alter Technik operiert wurden. Solch eine historische Kontrollgruppe bietet den Vorteil, dass immerhin alle Patienten in derselben Klinik unter ähnlichen Bedingungen operiert wurden. Dennoch besteht auch hier das Risiko, dass die besseren Resultate mit der neuen Operationsmethode eigentlich auf andere Faktoren zurückzuführen sind, die sich im Laufe der Zeit verbessert haben, z. B. bessere Antibiose oder Krankengymnastik. Darüber hinaus wird sich bei solchen Studien oft die Art der Datenerhebung für beide Gruppen unterscheiden: prospektiv vs. retrospektiv. Eine schon recht gute Vergleichsmöglichkeit dagegen wird durch eine prospektive parallele Kontrollgruppe geboten (Evidenzgrad II). Hierbei erhalten die Patienten, die in die Studie eingeschlossen wer-
2.4 • Systematische Literaturbewertung
den, entweder Therapie A oder B. Da beide Gruppen im selben Haus zur selben Zeit versorgt werden, sind die störenden Einflüsse anderer Parameter minimiert. Das Problem, dass eventuell schwerer erkrankte Patienten bevorzugt eher mit der einen als der anderen Therapie versorgt werden, bleibt jedoch bestehen. Solch ein Selektionsbias kann eine Therapiestudie jedoch schwer verfälschen und durch statistische Methoden nur teilweise korrigiert werden [1]. Das Optimum in der Therapieforschung ist daher auch in der Chirurgie die randomisiert kontrollierte Studie (RCT). Nur sie kann als echtes Experiment gelten, weil hier der Einfluss von Störvariablen minimiert wird. Das Prinzip besteht darin, Patienten nicht mehr nach klinischen Erwägungen der Therapie- oder Kontrollgruppe zuzuordnen, sondern diese Entscheidung explizit dem Zufall zu überlassen. Hierdurch werden 2 Gruppen erzeugt, die (bei genügend großer Fallzahl) annähernd gleich sind hinsichtlich aller bekannten und auch unbekannten (!) Störgrößen. In der praktischen Durchführung hat sich die randomisiert kontrollierte Studie in den letzten Jahren immer noch verbessert. Früher hat man oft noch geglaubt, dass einfaches Alternieren eine Randomisation darstelle. Hierbei wurden die Patienten abwechselnd nach der einen oder anderen Methode versorgt. Solche Studien bergen aber das Risiko, dass der Arzt, der schon vorher die zuzuteilende Therapie absehen kann, dann bestimmte Patienten nicht in die Studie einschließt. Also führt die nicht verdeckte Therapiezuweisung (englisch: »allocation concealment«) wieder zu Selektionsbias, was eine Überschätzung des Therapieeffekts um ca. 30% bedingen kann. Eine korrekte Randomisation ist also für den Studienarzt nicht vorhersehbar. Dies erreicht man in der Praxis durch das Verwenden nummerierter, nicht durchscheinender Briefumschläge (ein Umschlag je Patient) oder noch besser durch eine Randomisation per Telefon oder Internet. Durch welches Zufallsverfahren die Reihenfolge der Therapien bestimmt wird, ist hierbei von geringerer Bedeutung. Als sehr praktisch hat sich die Webseite http://www.randomization.com erwiesen. z
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2
Nur die randomisiert kontrollierte Studie als klinisches Experiment kann eine Therapieüberlegenheit beweisen.
Randomisierung besteht aus zwei Schritten: 5 Erzeugen der Zufallsreihenfolge vor Studienbeginn, z. B. über http://www. randomization.com, 5 Verbergen der Zufallsreihenfolge, z. B. durch Präparation nicht durchscheinender Briefumschläge.
Studien zu Ätiologie und Prognosefaktoren
Wer sich dafür interessiert, ob Männer häufiger als Frauen postoperative Infekte entwickeln, kann hierzu natürlich keine Randomisierung durchführen. Hier wird das maximal mögliche eine Kohortenstudie sein, in der Patienten hinsichtlich möglicher Einflussfaktoren verglichen werden. Solche Einflussfaktoren können entweder Risiko- oder Prognosefaktoren sein. Risikofaktoren sind für das Auftreten einer Erkrankung, Prognosefaktoren für ihren weiteren Verlauf bestimmend. In der Durchführung von Studien zu ätiologischen und prognostischen Fragen kommt es vor allem darauf an, das Vorhandensein der Einflussfaktoren ohne Kenntnis des klinischen Ergebnisses zu definieren: Wer als Forscher schon weiß, dass ein Patient einen Wundin-
Risiko- und Prognosefaktoren lassen sich am besten in prospektiven Kohortenstudien untersuchen.
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2
Kapitel 2 • Projektskizze
Risiko- und Prognosefaktoren müssen hierbei möglichst vollständig und unbeeinflusst erfasst werden.
fekt erlitten hat, ist eher geneigt, einen möglichen Einflussfaktor (z. B. Rauchen) zu erfragen oder zu erfassen (Detektionsbias). Nur prospektive oder verblindete Designs bieten hier ausreichende Sicherheit. Als zweites sollten alle relevanten Störvariablen vollständig erfasst werden: Wer eine höhere Rate von Wundinfekten bei Männern findet, muss beweisen können, dass dieses Ergebnis nicht darin begründet liegt, dass die Männer in der Studie häufiger rauchten. Wird das Erfragen nur einer wichtigen Störvariable vergessen, können umfangreiche erneute Nachbefragungen aller Patienten oder Nachrecherchen in den Krankenakten notwendig werden. Ein spezielles Studiendesign stellen Fall-Kontroll-Studien dar (Evidenzgrad III), weil hier die Gruppen nicht nach der Therapie oder Exposition eingeteilt werden, sondern danach, ob das Zielereignis eingetreten ist. Dieses in der Chirurgie selten eingesetzte Design eignet sich vor allem dazu, seltene Therapienebenwirkungen zu erforschen und Fragen der Krankheitsätiologie zu beantworten. z
Kohortenstudien zur Testgüte sind das häufigste Studiendesign im Bereich von Diagnoseverfahren.
Ein diagnostischer Test sollte stets mit dem optimalen Referenztest (möglichst Goldstandard) verglichen werden.
Studien zu Diagnoseverfahren
Wer diagnostische Tests untersucht, will meist herausfinden, wie gut der Test kranke und gesunde Personen (oder leichter und schwerer Erkrankte) voneinander unterscheiden kann. Studien zu dieser Fragestellung werden allgemein als Testgütestudien bezeichnet und lassen sich formal als Kohorten- oder Fall-Kontroll-Studien einordnen. Ihr Hauptergebnis sind Sensitivität und Spezifität. Wenn dagegen der klinische Nutzen eines diagnostischen Tests belegt werden soll, muss das Diagnoseverfahren prinzipiell wie eine Therapiemethode betrachtet und daher im randomisiert kontrollierten Design untersucht werden. Der folgende Text bezieht sich aber auf Testgütestudien. Wer diagnostische Prozeduren untersucht, kann oft mehrere diagnostische Tests gleichzeitig oder hintereinander einsetzen. Hiermit ergibt sich die Möglichkeit, die Testgüte von mehreren diagnostischen Tests (als Indextest) untereinander zu vergleichen. Primär braucht jede Diagnosestudie aber auch einen Referenzstandard, gegen den die diagnostischen Indextests verglichen werden. Oft jedoch entspricht kein Referenztest allein dem diagnostischen Goldstandard, so dass für Patienten mit positiven und negativen Indextestbefunden jeweils andere Referenztests zum Einsatz kommen. Wenn eine Studie z. B. verschiedene Indextests (Laborparameter, Sonographie etc.) bei Patienten mit Verdacht auf Appendizitis untersucht, kann die Histopathologie nur als Referenztest bei den Patienten herangezogen werden, die appendektomiert werden; bei den übrigen Patienten kann jedoch die einfache klinische Nachbeobachtung gut als Referenztest dienen. Primär wichtig ist das Patientenkollektiv, das in einer Diagnosestudie untersucht wird. Wenn zu viele eindeutige Fälle (in denen die Diagnose eigentlich schon feststeht oder ausgeschlossen ist) untersucht werden, wird die Genauigkeit des Verfahrens überschätzt. Aus diesem Grunde haben diagnostische Fall-Kontroll-Studien zum Ver-
2.4 • Systematische Literaturbewertung
gleich kranker und gesunder Personen meist nur nachrangige Bedeutung. Wichtig bei Diagnosestudien ist zum Zweiten das unabhängige Erheben der einzelnen diagnostischen Informationen. Dies bedeutet, dass alle Patienten mit allen diagnostischen Verfahren (Indextests und Referenztest) untersucht werden sollten. Wenn Test A bei allen Patienten eingesetzt wird, Test B aber nur bei denen mit unklarem Befund in A, dann wird Test B schlechter abschneiden, einfach weil er die schwierigeren Fälle bewerten musste (»Verifikationsbias«). Als Drittes sollte man die Befundung beider Tests auch gegeneinander verblinden. Wenn der Befunder von Test B auch das Ergebnis von Test A heranziehen kann, wird Test B immer bessere Ergebnisse liefern als Test A. Lediglich wenn man A allein gegenüber A und B vergleichen will, erübrigt sich die Verblindung zum Teil. z
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2
Beim Vergleich zweier diagnostischer Tests sollten beide Tests unabhängig und verblindet erhoben und bewertet werden.
Sekundärforschung
Die Arbeit, die es macht, für ein eigenes Projekt die Literatur zu sichten, kann so aufwendig und interessant sein, dass es sinnvoll ist, die Ergebnisse der Literaturübersicht zu publizieren. Diese Möglichkeit wird oft genutzt, um Wartezeiten im eigenen Projekt zu überbrücken. Die Sekundärforschung, also das wissenschaftliche Bearbeiten von publizierten Daten anderer Forscher, hat sich inzwischen aber auch zu einem eigenständigen Wissenschaftszweig entwickelt. Die wichtigsten Publikationsformen in diesem Bereich der evidenzbasierten Medizin sind systematische Übersichtsarbeiten, Metaanalysen und auch Leitlinien. z
Systematische Übersichtsarbeit
Die große Zahl experimenteller und klinischer Publikation macht es heute dem Leser schwer, den Überblick über ein Thema zu behalten. Daher erfreuen sich Übersichts- oder Review-Artikel großer Beliebtheit. Während Review-Artikel früher keiner definierten Methodik folgten und nur narrativen Charakter hatten, sind heute viele Übersichtsartikel systematisch aufgebaut. Dies soll Objektivität und Transparenz bei Auswahl, Bewertung und Interpretation der zugrunde liegenden Primärstudien garantieren. Systematische Übersichten folgen damit in ihrem Aufbau den Primärstudien (d. h. inklusive eines Methodikteils) und sind in ihrem akademischen Wert ähnlich hoch einzuordnen [1]. Die Cochrane Collaboration hat sich in diesem Feld als zentrale Organisation etabliert und bietet dem Forscher viele Informationen und Hilfsmittel für systematische Übersichten und Metaanalysen. Die Arbeit an einer systematischen Übersicht beginnt mit einer Projektskizze, auf deren Basis dann eine systematische Literaturrecherche durchgeführt wird (7 Abschn. 2.3). Anhand prospektiv festgelegter Kriterien werden die in der Literatursuche gefundenen Primärstudien ein- oder ausgeschlossen. Hierbei spielt im klinischen Bereich neben der Studienfragestellung das Studiendesign die entscheidende
Eine Literaturübersicht sollte hinsichtlich Auswahl, Bewertung und Interpretation der Primärstudien systematisch vorgehen.
Bei systematischen Übersichten beruht das Fazit auf qualitativen Methoden, bei einer Metaanalyse kommt quantitative Methodik zum Einsatz.
40
Kapitel 2 • Projektskizze
Rolle. Alle eingeschlossenen Primärstudien werden ausführlich beschrieben und in ihrer Qualität bewertet. Die systematische Übersicht endet dann mit einem Fazit, das auf einer qualitativen Synthese der Studienergebnisse basiert.
2
z Metaanalysen eignen sich, wenn es mehrere hinreichend gleichartige Primärstudien gibt.
Eine starke Verschiedenheit der Primärstudien erschwert eine Metaanalyse in der Regel.
Metaanalyse
Die Metaanalyse ist eine quantitative Erweiterung der systematischen Übersicht. Hierbei werden die Ergebnisse der Primärstudien aus den Publikationen extrahiert und mit statistischer Methodik aggregiert (»Pooling«). Die statistische Methodik berücksichtigt bei der Aggregation der Studienergebnisse die Größe und Präzision einer Studie in ihrer Gewichtung. Voraussetzung für eine Metaanalyse ist das Vorhandensein einer ausreichend großen Zahl von Primärstudien, die sich untereinander sehr ähnlich sind. Ein wesentlicher Vorteil der Metaanalyse liegt darin, dass die Informationsmenge stark gebündelt wird, so dass aus vielen kleinen Einzelstudien ein gemeinsames Ergebnis berechnet wird, welches dann alle Information der Einzelstudien zusammenführt. Metaanalysen werden fast ausschließlich zu klinischen Fragen durchgeführt. Das Hauptproblem vieler Metaanalysen liegt in der Heterogenität der Primärstudien. Oft sind diese klinisch oder methodisch so verschieden, dass es inhaltlich kaum Sinn macht, alle Ergebnisse einfach zusammenzufassen. Hier kann die Metaanalyse aber oft Erklärungen liefern, warum die Primärstudien zu so drastisch unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sind. Ein zweites wesentliches Problem, das oft in Metaanalysen offenkundig wird, ist Publikationsbias. Hierunter versteht man die geringere Wahrscheinlichkeit, mit der nichtsignifikante oder sonst wie unbeliebte Ergebnisse publiziert werden. Alle systematischen Übersichten versuchen daher, durch ausgedehnte Informationssuchen und persönliche Anfragen bei Wissenschaftlern oder Firmen auch unpublizierte Studienergebnisse zu erhalten. Auch mithilfe statistischer Methoden lässt sich abschätzen, ob Publikationsbias vorliegt. z
Weitere Studienformen
Zu allen hier dargestellten Designs gibt es zahlreiche Modifikationen, wie z. B. mehrarmige Therapievergleichsstudien oder intraindividuelle Vergleiche. Zu größeren oder komplexeren Studien sowie zu allen Fragen der Literaturbewertung ist es ratsam, einen medizinischen Statistiker oder klinischen Epidemiologen hinzuzuziehen. Alternativ kommen weiterführende Lehrbücher in Frage [2][5].
2.5
Statistische Überlegungen bei der Studienplanung
Die statistische Auswertung einer Studie oder eines Experiments erfolgt zwar erst am Ende, wenn die Daten der Untersuchungen vor-
2.5 • Statistische Überlegungen bei der Studienplanung
liegen, jedoch muss das Studiendesign und damit die grundlegende Strategie der Auswertung (Statistik) bereits im Planungsstadium festgelegt und im Protokoll fixiert werden. Folgende Fragen treten typischerweise in der Planungsphase auf: 5 Brauche ich überhaupt eine Kontrollgruppe? 5 Warum soll ich unbedingt randomisieren? 5 Kann ich auch mehrere Zielgrößen verwenden? 5 Welchen statistischen Test soll ich nehmen? 5 Wie viele Fälle muss ich einschließen? Kontrollgruppen sind ein Designaspekt. Sie erhöhen die Aussagekraft der Ergebnisse erheblich. Es gibt Literaturkontrollen (publizierte Daten), historische Kontrollen (z. B. die Fälle des letzten Jahres), parallele Kontrollen (z. B. anderes Krankenhaus). Der beste Weg zu einer Kontrollgruppe ist die Randomisierung, also die zufällige Zuteilung von Patienten zur Therapie- bzw. Kontrollgruppe. Nur so erhält man eine Strukturgleichheit der Gruppen, die Voraussetzung für valide Vergleiche ist. Auch im Tierexperiment sollte, wo immer möglich, randomisiert werden, z. B. um den Faktor der zunehmenden Erfahrung bei der Durchführung eines Experiments auszugleichen. Zur Frage der Auswahl des richtigen Tests sei auf 7 Kap. 5.3 verwiesen. Die Beantwortung mehrerer Studienendpunkte wird weiter unten behandelt, nachdem das prinzipielle Vorgehen für die Auswahl einer Zielgröße und die sich daraus ergebende Fallzahlschätzung dargestellt wurde. z
Zielgröße → Fallzahl
Der Weg zur Fallzahlschätzung führt über die Auswahl einer Zielgröße, die Formulierung der Fragestellungen, die exakte Definition der Zielgrößen und das Abschätzen des erwarteten Therapieeffekts: 1. Eine primäre Zielgrößen auswählen (z. B. Schmerzen), 2. mit diesen Zielgrößen die zentralen Fragen und Hypothesen der Studie formulieren (z. B. Operation X vermindert den postoperativen Schmerz), 3. die Zielgröße eindeutig definieren (z. B. Schmerzmessung mit visueller Analogskala (0–100 Punkte) am ersten postoperativen Tag morgens in Ruhe), 4. den erwarteten Studieneffekt realistisch abschätzen (z. B. Reduktion von 30 auf 20 Punkte; Streuung der Messwerte etwa 15 Punkte) 5. und dann damit die notwendige Fallzahl berechnen.
k Ad 1
Bei der Wahl der geeigneten Zielgröße sollten die Aspekte Relevanz, Reliabilität, Änderungssensitivität sowie Robustheit eine wichtige Rolle spielen.
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2
42
2
Kapitel 2 • Projektskizze
Eine Zielgröße sollte sein: 5 klinisch und für den Patienten relevant, 5 zuverlässig messbar, 5 änderungssensitiv, 5 robust gegen äußere Einflüsse.
Relevanz besagt, dass der Messwert, der als Zielgröße den Effekt der Studienintervention beschreiben soll, klinisch relevant sein sollte, d. h. ein gefundener Unterschied kann Kritiker überzeugen. Er sollte ferner auch aus der Sicht des Patienten einen spürbaren Vorteil nachweisen. Reliabilität oder gute Messbarkeit ist ebenfalls eine unabdingbare Voraussetzung für eine »gute« Zielgröße, denn andernfalls könnte ein gefundener Unterschied rein auf Messfehlern oder auf Erhebervariationen beruhen. Die Änderungssensitivität besagt, dass ein zu prüfendes Medikament oder Verfahren auch einen deutlichen Effekt auf die Zielgröße haben sollte. Je empfindlicher eine Messgröße auf eine Intervention reagiert, desto eher lassen sich auch Unterschiede nachweisen. Unter Robustheit versteht man das Ausmaß, in welchem eine Zielgröße von externen Faktoren beeinflusst werden kann. Zwar verteilt eine Randomisierung solche Einflussfaktoren gleichmäßig auf beide Studiengruppen, jedoch wird in jedem Fall die »Streuung« der Werte vergrößert und somit der Blick auf den eigentlichen Studieneffekt zunehmend verstellt. Es gibt selten eine eindeutig »beste« Zielgröße, jede hat ihre Stärken und Schwächen. Jedoch sollte man die Schwachstellen der gewählten Zielgröße kennen und diese möglichst durch methodische Maßnahmen limitieren. Lässt sich ein Wert beispielsweise nicht sehr genau messen, können Wiederholungsmessungen hilfreich sein. In experimentellen Studien wird man das Design und den Versuchsaufbau so wählen, dass störende Einflüsse auf die Zielgröße weitestgehend eliminiert werden. In klinischen Studien dienen die Ein- und Ausschlusskriterien, einheitliche Therapievorgaben und eine verblindete Erhebung der Zielgröße diesem Zweck. k Ad 2
Fragestellung/ Hypothesen: Im Rahmen einer Studie sollte man sich in der Regel auf eine Hauptfragestellung beschränken. Für diese primäre Fragestellung hat die Studie dann beweisenden Charakter. Diese Frage sollte im Protokoll gemeinsam mit ihrer Auswertestrategie genannt werden. In gleicher Weise prospektiv im Protokoll formulierte (und mit entsprechender Auswertestrategie versehene) sekundäre Fragestellungen sind ebenfalls möglich. Die Auswertung erfolgt hier eher explorativ, bei sehr deutlichen Unterschieden ist die Interpretation aber ähnlich der Hauptfragestellung. Der Vorteil von vorab definierten sekundären Fragen ist, dass diese nicht als »data driven«, also beeinflusst von den Studiendaten, angesehen werden. Demgegenüber haftet retrospektiven Analysen immer der Beigeschmack an, sie seien »passend« ausgewählt worden (z. B. durch geeignete Definition der Zielgröße oder durch Beschränkung auf eine Subgruppe). Retrospektive Analysen haben daher immer nur einen explorativen Charakter.
43
2.5 • Statistische Überlegungen bei der Studienplanung
2
Anzahl der benötigten Fälle Sicherheit α-Fehler β-Fehler/Power
Unterschied der nachzuweisen ist
. Abb. 2.2 Zusammenhang von Fallzahl, Sicherheit und Unterschied
k Ad 3
Definition der Zielgrößen: Da die Zielgrößen eine so zentrale Rolle bei der Beschreibung der Studienergebnisse spielen, ist ihre eindeutige und nachvollziehbare Definition im Studienprotokoll eine Pflichtaufgabe. Dies trifft besonders auf grobe Begriffe wie Schmerzen oder Komplikationen zu. k Ad 4
Die letzte Voraussetzung für eine Fallzahlkalkulation ist eine vernünftige und realistische Abschätzung des zu erwartenden Unterschieds. Eine solche Schätzung ist wesentlich leichter und valider möglich, wenn bereits Daten aus eigenen Studien, Vorversuchen, Pilotstudien oder publizierten Ergebnissen bei ähnlichen Patienten vorliegen. Ist für eine klinische oder experimentelle Studie die Größe des Therapieeffekts unbekannt oder lässt er sich nicht sinnvoll schätzen, kann eine Pilotstudie mit geringer Fallzahl sehr hilfreich sein. z
Fallzahlkalkulation
Wenn die Zielgröße feststeht und die Größe des erwarteten Unterschieds realistisch benannt wurde, kann eine Fallzahlkalkulation vorgenommen werden (. Abb. 2.2). Die Berechnung der Fallzahl, die nötig ist, einen gewissen Unterschied als signifikant nachzuweisen, oder, falls der Unterschied nicht diese Größenordnung hat, dieses auch mit hinreichender Power zurückweisen zu können, ist eine »Dreiecksbeziehung«: Fallzahl; Sicherheit und Unterschied. Als »Unterschied« versteht man dabei im Falle einer dichotomen Zielgröße (wie Mortalität oder die Häufigkeit von Ereignissen) die Angabe der prozentualen Häufigkeit des Ereignisses in den beiden Studiengruppen. Bei einem stetigen Messwert ist die Angabe der Mittelwertdifferenz und der Streuung (Standardabweichung, SD) erforderlich. Kennt man von einem Messwert die Streuung nicht aus vorangegangenen Untersuchungen, kann man den nachzuweisenden Unterschied auch »relativ« in Größenordnungen der SD formulieren, z. B.: »Wie viele Fälle sind nötig, um eine Reduktion um eine halbe SD zu zeigen?«. Diese Zahl, also der Unterschied relativ zur Streuung (hier 0,5), nennt man auch »Effect Size«. Bei den Fehlerannahmen (»Sicherheit«) sind Werte von 0,05 für den α-Fehler und 0,20–0,10 für den β-Fehler (entspricht einer Pow-
Zur Fallzahlkalkulation benötigt man Angaben zur Sicherheit (α- und β-Fehler) sowie zur Größe des erwarteten Unterschieds.
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Kapitel 2 • Projektskizze
er von 80–90%) eine übliche Kombination. Der α-Fehler beschreibt das Risiko eines falsch-positiven Studienergebnisses, der β-Fehler beschreibt das Risiko, den genannten Unterschied zu übersehen (vergleiche 7 Abschn. 5.3). Wenn in dem oben genannten Dreieck 2 der 3 »Ecken« festgesetzt werden, ergibt sich die letzte durch Berechnung. So kann man auch bei vorgegebener Fallzahl berechnen, welcher Unterschied denn mit dieser Fallzahl nachweisbar ist. Die notwendige Fallzahl einer Studie wird umso größer, je kleiner der nachzuweisende Unterschied, je größer die gewünschte Sicherheit (kleinere α- und β-Fehler) oder je größer die Streuung der Zielgröße ist. Software zur Fallzahlplanung ist frei im Internet verfügbar, z. B. das Programm »PS – Power and Sample Size Calculation« von Dupont und Plummer: www.mc.vanderbilt.edu/prevmed/ps/index.htm.
2
z Mit einer p-Wert Adjustierung lassen sich auch mehrere primäre Fragestellungen beantworten.
Multiple Fragestellungen
Häufig ist die Anzahl der Fragen, die man mit der Studie beantworten möchte, groß, und die Beschränkung auf eine einzige Hauptfragestellung fällt schwer. Man möchte den Effekt mit mehreren Zielgrößen messen, Unterschiede zu verschiedenen Zeitpunkten prüfen, oder verschiedene Subgruppen untersuchen. Statistisch lässt sich dieses schon realisieren, jedoch muss man in der Regel dafür einen »Preis bezahlen«, der zumeist in einer Erhöhung der Fallzahl mündet. Folgende Optionen sind möglich: k P-Wert Korrektur
Wenn mehrere Fragen/Hypothesen konfirmatorisch (beweisend) geprüft werden sollen, muss jede einzelne Frage »strenger« betrachtet werden. Wird bei einem einzigen Test ein α-Fehler von 5% akzeptiert, ist dieser bei mehreren Tests kleiner zu wählen, damit insgesamt höchstens ein Fehler von 5% entsteht. Ein einfaches und sicheres Verfahren ist die Korrektur nach Bonferroni, wobei der Gesamtfehler (hier 5%) durch die Anzahl der durchzuführenden Tests geteilt wird. Dies ergibt dann die neue Signifikanzschranke für jeden einzelnen Test. Bei 5 Tests wäre also eine Signifikanz erst ab 1% gegeben. Dies erhöht natürlich die Fallzahl der Studie. Neben der Bonferroni-Korrektur gibt es noch weitere Verfahren (z. B. Hochberg), die etwas weniger streng sind. Hier ist aber statistische Beratung angeraten. k A priori geordnete Hypothesen
Hier werden die geplanten Fragestellungen vor Studienbeginn (also a priori) sortiert, und zwar nach der erwarteten Deutlichkeit des Unterschieds. Bei diesem Verfahren werden am Ende dann der Reihe nach die Tests zum »normalen« Niveau von 5% durchgeführt, solange bis der erste Test nicht signifikant ist.Die restlichen Fragestellungen werden dann ebenfalls als »nicht signifikant« gewertet, unabhängig vom tatsächlichen p-Wert.
45
2.5 • Statistische Überlegungen bei der Studienplanung
2
. Tab. 2.3 Beispiele für die Aufteilung des α-Fehlers für ein Design mit 2 Zwischenauswertungen (Gesamtfehler α=0,05)
z
1. Zwischenauswertung
2. Zwischenauswertung
Endauswertung
α
α
α
0,0025
0,0030
0,0483
0,0050
0,0061
0,0459
0,0075
0,0094
0,0429
0,0100
0,0127
0,0395
0,0125
0,0161
0,0356
Zwischenauswertungen
Bei der klassischen Form der Studienplanung (und auch der Fallzahlplanung) geht man von einem festen Stichprobenumfang aus, d. h. es wird berechnet, wie viele Patienten insgesamt erforderlich sind, und erst am Ende nach Einschluss aller Patienten wird ausgewertet. Aber sowohl aus ethischen wie auch ökonomischen Gründen geht man immer häufiger dazu über, Zwischenauswertungen durchzuführen. Im klassischen sequenziellen Design wird sogar nach jedem Patienten der aktuelle Studienstand ermittelt und abgebrochen, falls der »Studienpfad« vordefinierte Grenzen erreicht. Solche Grenzen werden gesetzt für Über- und Unterlegenheit einer Gruppe, aber auch für den Fall, dass sich auf absehbare Zeit kein Unterschied ergibt. Bei deutlicher Überlegenheit (oder Unterlegenheit) einer Therapie kann so die Studiendauer verkürzt werden. Bei schwachen Effekten kann eine solche Studie aber auch deutlich länger dauern. Bei gruppensequenziellen Designs mit einer vorher festgelegten Anzahl von Zwischenauswertungen muss der Gesamtfehler (meist α=0,05) auf diese »aufgeteilt« werden. Meistens werden für die ersten Auswertungen sehr strenge Signifikanzschranken (unter 1%) festgelegt, um am Ende noch mit einem hinreichend großen α-Wert testen zu dürfen. Dieses Vorgehen garantiert, dass der Gesamtfehler (über alle Auswertungen betrachtet) die Vorgabe von 5% nicht überschreitet. Die Anwendung dieser Methode ist relativ einfach, z. B. geben Flemming et al. [2] Tabellen an, aus denen man schnell die erforderlichen p-Werte für eine unterschiedliche Anzahl von Zwischenauswertungen ablesen kann. . Tab. 2.3 zeigt beispielhaft für den Fall von 2 Zwischenauswertungen fünf verschiedene Optionen zur Aufteilung des p-Wertes von 0,05 auf die drei Auswertungen. Zunehmend werden auch adaptive Designs angewendet. Bei diesem komplexeren Verfahren wird stufenweise vorgegangen und Fallzahl und Abbruchkriterien nach jeder Zwischenauswertung neu berechnet, unter Einbeziehung der bisher gewonnenen Daten. Damit ist es gewissermaßen möglich, eine Pilotstudie in die »richtige« Studie mit einzubeziehen.
Zwischenauswertungen können die Studiendauer verringern. Es gibt sequenzielle, gruppensequenzielle und adaptive Verfahren.
46
2
Kapitel 2 • Projektskizze
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Fallzahlkalkulation immer ein Kompromiss zwischen Machbarkeit, Sicherheit und vermuteter Effektstärke ist. Bei Unklarheiten sollte immer ein Statistiker zu Rate gezogen werden. Bei vielen Anträgen (z. B. Tierversuchsantrag; DFG) ist eine statistische Beratung sogar zwingend vorgeschrieben und der Berater ist namentlich zu nennen. Eine frühzeitige Kontaktaufnahme lohnt sich daher in jedem Fall.
Literatur Literatur zu Kapitel 2.2 1 2 3 4 5 6
7
Audigé L, Hanson B, Kopjar B (2006) Issues in the planning and conduct of non-randomised studies. Injury 37: 340–348 Brand RA, Karam MD, Chaw EK, Coutts RD (2002) The estimated costs of manuscripts associated with OREF funding. J Bone Joint Surg Am 84A: 1470–1472 Lijmer JG, Bossuyt PM (2009) Various randomized designs can be used to evaluate medical tests. J Clin Epidemiol 62: 364–373 Lijmer JG, Mol BW, Heisterkamp S et al. (1999) Empirical evidence of designrelated bias in studies of diagnostic tests. JAMA 282: 1061–1066 McCulloch P, Altman DG, Campbell WB et al. (2009) No surgical innovation without evaluation: the IDEAL recommendations. Lancet 374: 1105–1112 Strasberg SM (1986) So you wanted to do surgery and they keep talking about research: a discussion for the surgical resident and intern. Can J Surg 29: 64–68 Troidl H, Kusche J, Vestweber KH, Eypasch E, Koeppen L, Bouillon B (1987) Quality of life: an important endpoint both in surgical practice and research. J Chronic Dis 40: 523–528
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47
Projektplanung und Projektantrag L. Claes, E. Neugebauer, P. Biberthaler und U. Schäfer
3.1
Zeit-, Personal- und Finanzplanung – 48
3.2
Tierversuchsantrag – 50
3.3
Ethikantrag – 53
3.4
Einwerben von Drittmitteln – 62
3.5
Drittmittelantrag, Kooperationen und Begutachtung – 71 Literatur – 76
3
48
Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
3.1 z
3
Der Zeitplan soll den logischen Ablauf der Projektteile nachvollziehbar darstellen und eine Begründung für die Dauer des Personaleinsatzes geben. Erforderliche Zeiten für die Personalsuche und Lieferfristen für Materialien und Geräte sind zu berücksichtigen.
Zeitplanung
Auf der Basis des Projektplanes und der Projektskizze können erste Pläne für den zeitlichen Projektablauf, die erforderlichen Finanzmittel und das benötigte Personal gemacht werden. Dabei sollten sich die erforderlichen Finanzen und Personalmittel immer folgerichtig aus dem Umfang und dem zeitlichen Ablauf der Projektteile ergeben. Es ist deshalb sinnvoll, das gesamte Projekt in Teile aufzulösen und diese in logischer zeitlicher Reihenfolge anzuordnen. Aus solch einer Planung ergibt sich die Begründung z. B. für die Notwendigkeit und Dauer des Einsatzes verschiedener Mitarbeiter. In der Forschungsförderung ist es meistens nicht möglich, Stellen für z. B. wissenschaftliche Mitarbeiter und technische Mitarbeiter für die gesamte Laufzeit finanziert zu bekommen. Es ist deshalb nachvollziehbar zu begründen, für wie viele Monate technische und wissenschaftliche Mitarbeiter benötigt werden. In der experimentellen Forschung sind die Lieferfristen für benötigte Materialien, Instrumente, Geräte, Versuchstiere usw. zu berücksichtigen. Lieferfristen von mehr als 6 Monaten sind nicht selten. Da die genauen Lieferfristen manchmal nicht bekannt sind und auch häufig die Bewilligung eines Forschungsvorhabens länger auf sich warten lässt, sollten keine festen Termine, sondern nur Laufzeiten geplant werden. Eine Zeitplanung kann übersichtlich durch ein Balkendiagramm (. Abb. 3.1) dargestellt werden. z
Die Personalplanung sollte Zeiten und Kosten für die Personalsuche und Personalschulung berücksichtigen.
Zeit-, Personal- und Finanzplanung
Personalplanung
Bei dem dargestellten Beispiel eines Dreijahresprojekts würde dies bedeuten, dass ein wissenschaftlicher Mitarbeiter für die ganzen 3 Jahre, ein technischer Mitarbeiter jedoch nur für 18 Monate (12 Monate im 2. Jahr und 6 Monate im 3. Jahr) benötigt werden. Nicht immer wird es gerechtfertigt und möglich sein, ganze Personalstellen gefördert zu bekommen. So werden wissenschaftliche Mitarbeiter, die im Rahmen des Forschungsprojekts eine Promotion anstreben, meistens nur mit einer halben Stelle bezahlt (Deutsche Forschungsgemeinschaft [DFG], Ausnahmen sind z. B. Informatiker und Ingenieure). Auch technische Mitarbeiter können je nach Arbeitsumfang u. U. nicht voll bezahlt werden. Während die DFG meistens halbe oder volle Stellen finanziert, können beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) oder bei der Industrie z. B. auch 60% einer Stelle für eine bestimmte Anzahl von Monaten beantragt werden. Während die DFG nur Laufzeit und Gehaltsgruppe für die zu fördernden Mitarbeiter abfragt, müssen bei anderen Forschungsförderungsinstitutionen die tatsächlichen Personalkosten kalkuliert werden. Dies kann sich als problematisch erweisen, da man im Allgemeinen mit einem Durchschnittsgehalt (z. B. BAT IIa, 35 Jahre) bei
49
3.1 • Zeit-, Personal- und Finanzplanung
1. Jahr Maßnahme
Personal
Beschaffung von Material
WM
Etablierung von Methoden
WM
Vorversuch
WM
definitive Projektplanung, Prüfanweisungen
WM
Versuchsteil I
WM TM
Versuchsteil II
WM TM
Auswertung
WM
Publikation, Bericht
WM
2. Jahr
3
3. Jahr
WM: wissenschaftliche Mitarbeiter TM: technische Mitarbeiter
. Abb. 3.1 Darstellung des zeitlichen Ablaufs der Projektteile
der Antragstellung rechnet, die tatsächlichen Kosten später jedoch erheblich davon abweichen können. Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter können aufgrund ihres Alters oder Familienstandes erheblich höhere Personalkosten hervorrufen, was bei fest bewilligten Personalmitteln die Laufzeit für den Arbeitsvertrag verkürzt und damit am Ende des Projekts zu Problemen führen kann. Es ist auch zu berücksichtigen, dass neue und qualifizierte Mitarbeiter nicht schnell und einfach zu finden sind, dadurch der Projektstart verzögert werden kann und erhebliche Kosten für die Mitarbeitersuche auftreten, die meistens auch aus den Personalkosten zu bezahlen sind. Dazu zählen Kosten für Annoncen in überregionalen Zeitungen und Reisekosten von Bewerbern, die zu einem Vorstellungsgespräch kommen. Wenn keine Mitarbeiter vorhanden sind oder gefunden werden können, die das gewünschte Ausbildungsprofil haben, wird es erforderlich sein, sie zu Fortbildungen zu schicken und Einarbeitungszeiten zu berücksichtigen. Es ist deshalb sinnvoll, die Zeitplanung realistisch zu machen und eventuell noch kürzere Zeitpuffer einzuplanen.
Ein termingerechter Projektstart ist häufig durch nicht rechtzeitig gefundenes Personal verzögert und die Projektlaufzeit durch erhöhte Personalkosten verkürzt.
50
Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
z
3
Bei der Sachmittelplanung ist zu berücksichtigen, dass bei Geräten Kosten für Wartung und Kalibrierung und bei den Verbrauchsmaterialien Ausfälle auftreten können, die eine Nachbestellung erforderlich machen können.
Finanzplanung
Neben den Kosten für das erforderliche Personal sind in der experimentellen Forschung die Kosten für Versuchstiere, Verbrauchsmaterialien und u. U. Gerätenutzung zu kalkulieren. Dabei sollte man berücksichtigen, dass es zu Materialverlusten oder Komplikationen bei Tieroperationen kommen kann und dass eine Reserve dafür vorgesehen wird. Sonst kann z. B. bei einer zu knappen Probenmenge und Ausfall einiger Proben die Anzahl der Untersuchungen für eine statistische Auswertung nicht mehr ausreichend sein. Dies sollte auch bei der Kalkulation der Materialkosten berücksichtigt werden. Je nach Schwierigkeit des Versuchsmodells sind Ausfälle von 10–20% (z. B. bei einem Schockmodell) zu kalkulieren. Für die Finanzierung von neuen Geräten ist es meistens erforderlich, mehrere Konkurrenzangebote einzuholen. Die Empfehlung für ein bestimmtes Gerät ist sachlich zu begründen. Nicht immer ist das billigste Gerät das preiswerteste. Es ist z. B. zu klären, welche Kosten durch Wartung und Kalibrierung regelmäßig entstehen. Neben einem Finanzplan für die gesamte Projektlaufzeit ist es manchmal erforderlich, zusätzlich Jahresfinanzpläne zu erstellen. So ist es zwar möglich, bei der DFG ein Dreijahresprojekt zu beantragen. Ein Finanzplan ist jedoch für die ersten 2 Jahre und das 3. Jahr getrennt vorzulegen, da immer nur zuerst einmal 2 Jahre bewilligt werden.
3.2
Tierversuchsantrag
Das deutsche Tierschutzgesetz, neugefasst durch Bek. v. 18.5.2006 I 1206, 1313; zuletzt geändert durch G v. 15.7.2009 I 1950) [1] zählt zu den strengsten der Welt und garantiert Tieren einen weitgehenden Schutz – sie sind »Mitgeschöpfe« laut Gesetzestext. z
Antrag oder Anzeige?
Nicht jede Untersuchung an Tieren bedarf aber eines Tierversuchsantrags. Werden z. B. Eingriffe an Tieren vorgenommen, die ausschließlich dem Zweck der Aus- und Fortbildung dienen, so ist eine Anzeige, die über den Tierschutzbeauftragten der Universität an die zuständige Bezirksregierung gerichtet ist, ausreichend (siehe auch §§ 8a, 8b, 9 Abs. 1 und 2 und § 9a). Sie dürfen allerdings nur durchgeführt werden: 1. an einer Hochschule, einer anderen wissenschaftlichen Einrichtung oder einem Krankenhaus oder 2. im Rahmen einer Aus-, Fort- oder Weiterbildung für Heilhilfsberufe oder naturwissenschaftliche Hilfsberufe. Vor Abgabe des Tierversuchsantrags bei der Tierschutzkommission wird der Kontakt mit dem Tierversuchsbeauftragten dringend empfohlen!
Sollen allerdings Tierversuche im Rahmen einer Studie (eines Projekts) durchgeführt werden, so ist ein Tierversuchsantrag über den gleichen Weg zwingend erforderlich. Tierversuche im Sinne dieses Gesetzes sind Eingriffe oder Behandlungen zu Versuchszwecken. Die
3.2 • Tierversuchsantrag
folgenden Ausführungen beschränken sich auf den genehmigungspflichtigen Tierversuchsantrag. Der Tierversuchsantrag unterliegt festgesetzten Regeln, die für die Entscheidung durch die Bezirksregierung von gravierender Bedeutung sind. Der Antragsteller sollte sich vor Beginn der Planung darüber Gedanken machen, ob die Anwendung eines Tiermodells für die Fragestellung seines Projekts unumgänglich ist. Der Tierversuchsantrag (Vordruck entsprechend der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Tierschutzgesetz) dient einzig dem Zweck, darzulegen, dass, unter Beachtung ethischer Gesichtspunkte, der Einsatz von Tieren zur Beantwortung der wissenschaftlichen Fragestellung unumgänglich ist. Daher ist eine genaue Beschreibung der möglichen Belastung der Tiere, eine exakte biometrische Planung zur Begründung der Tierzahl (7 Kap. 2.5) und eine Darlegung der erforderlichen Qualifikation der beteiligten Personen besonders wichtig. Vieles, was in der Projektskizze steht, kann so in den Tierversuchsantrag übernommen werden. Sie machen sich also nur geringfügige Mehrarbeit. Die »drei Rs« sind in den meisten Ländern das führende Prinzip für die Untersuchung mit und an Tieren: Replacement (wenn immer möglich auf Tierversuche verzichten), Reduction (so wenig Tiere und so viel Info von einem Tier wie möglich, Refinement (Ausnutzung aller Methoden, um Schmerzen und andere Lebensbeeinträchtigungen zu vermeiden). Die Tierhaltung und die Durchführung von Tierversuchen unterliegen dem Tierschutzgesetz in der Neufassung durch Bek. v. 18.5.2006 I 1206, 1313; zuletzt geändert durch G v. 15.7.2009 I 195025.05.1998 (BGBI, § 1319) [1]. Bevor der Antragsteller mit dem Verfassen des Antrags beginnt, empfiehlt es sich, mit dem Tierschutzbeauftragten der Universität Kontakt aufzunehmen. Er hat für Fragen des Tierschutzes Weisungsbefugnis. In diesem Gespräch wird das Projekt dem Tierschutzbeauftragten erstmals vorgestellt. Er ist in der Regel Tiermediziner mit sehr viel Erfahrung in der Planung und Durchführung von Versuchen am Tier. Seine Tipps sind unersetzlich. Er ist zudem die Vertrauensperson des zuständigen Dezernenten und der zuständigen Kontrollbehörde (Veterinäramt). Der Tierschutzbeauftragte beurteilt die Tierversuchsanträge jedes Wissenschaftlers, bevor sie beim Regierungspräsidium eingereicht und von der beratenden §15-Kommission bearbeitet werden. Der Antrag wird über den Tierschutzbeauftragten an die Genehmigungsbehörde weitergeleitet; der Tierschutzbeauftragte muss eine Stellungnahme zum Antrag abgeben. Da eine Stellungnahme durch den Tierschutzbeauftragten zwingend erforderlich ist, ist eine Kontaktaufnahme unumgänglich, auch wenn auf ein beratendes Gespräch verzichtet wurde. z
Was muss ich beim Schreiben des Antrags beachten?
Der strukturelle Aufbau des Antrags ist wie oben erwähnt vorgegeben. Entsprechende Formulare sind über den Tierschutzbeauftragten erhältlich. Aus dem Antrag müssen folgende Punkte klar hervor-
51
3
Vor Beginn der Studienplanung: 5 Sind Tierversuche wirklich unumgänglich? 5 Welches Tiermodell empfiehlt sich für meine Fragestellung? 5 Wie viele Tiere werden benötigt? 5 Ist der Projektleiter für die Durchführung der Tierexperimente qualifiziert? 5 Verfüge ich über angemessene (genehmigte) Räumlichkeiten für die Durchführung von Tierversuchen?
52
3
Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
Beim Antragschreiben: 5 An die Vordrucke entsprechend der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Tierschutzgesetz halten, 5 Zweck und Unerlässlichkeit der Studie begründen, 5 Fragestellung klar definieren, 5 Stand der Forschung darlegen, 5 Darstellung der genauen Versuchsplanung, 5 Belastung der Tiere durch die Eingriffe ehrlich darlegen, 5 Schicksal der Tiere nach Versuchsende beschreiben.
Tierversuche mit operativen Eingriffen an Wirbeltieren dürfen nur von Personen mit abgeschlossenem Hochschulstudium 1. der Veterinärmedizin oder Medizin oder 2. der Biologie – Fachrichtung Zoologie, wenn diese Personen an Hochschulen oder anderen wissenschaftlichen Einrichtungen tätig sind, durchgeführt werden. Beratende Kommission bei der Genehmigungsbehörde:Der Antrag wird mit Stellungnahme des Tierschutzbeauftragten der Kommission vorgelegt. Die Tierkommission besteht aus Fachleuten und Laien. Geprüft werden die Voraussetzungen des Instituts, die Qualifikation der Projektleiter, die Art der Eingriffe, die mögliche Belastung der Tiere.
gehen: Der Zweck und die Unerlässlichkeit des Versuchsvorhabens müssen begründet sein. Das dem Antrag zugrunde liegende Problem (die Fragestellung der Studie) muss mit Hilfe entsprechender Literatur (Stand der Forschung) ausführlich dargelegt werden. Die hypothesengeleiteten Ziele müssen klar formuliert sein. Die Unerlässlichkeit des Tierversuchs muss aus dem Antrag hervorgehen! Beim Schreiben des Antrags gilt es weiterhin, die Tierart zu begründen. Die vorgesehene Anzahl der Versuchstiere ist mit einer Stichprobenkalkulation zu untermauern. Art, Durchführung und Dauer des geplanten Eingriffs müssen beschrieben werden. Hierzu gehören der Operationsbericht, das Narkoseprotokoll, der Ablaufplan sowie die Datenerfassungsblätter. Diese Dokumentation muss lückenlos für jedes einzelne Tier erfolgen! Die Aufzeichnungen sind 3 Jahre aufzuheben und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen. Entsprechend der Tierversuchsmeldeverordnung sind alle zu wissenschaftlichen Zwecken eingesetzten Wirbeltiere nach Art der Versuche jährlich der zuständigen Behörde zu melden (auch bei Tötung zu wissenschaftlichen Zwecken, die keinen Tierversuch darstellt). Die Aufzeichnungen sind von den Personen, die die Versuche durchgeführt haben, und von dem Leiter des Versuchsvorhabens zu unterzeichnen, 3 Jahre lang nach Abschluss des Versuchsvorhabens aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen. Die Art der Belastung, d. h. mögliche Schmerzen, Leiden und Schäden der Tiere, muss erörtert werden, ebenso die Vorgehensweise am Versuchsende (Tötung oder Weiterleben). Die Zucht und Haltung von Wirbeltieren darf nur in genehmigten Räumen durchgeführt werden. Es gilt also, die geeigneten vorhandenen Räumlichkeiten explizit darzustellen. Auch hierfür muss eine Genehmigung vorliegen, zuständig ist die Kreisordnungsbehörde (Veterinäramt). Tierversuche dürfen nur von Personen durchgeführt werden, die die dafür erforderlichen Fachkenntnisse haben. In der Regel ist hierfür der Nachweis einer mehr als dreijährigen Erfahrung (Projektleiter und dessen Stellvertreter) in der Durchführung von Tierversuchen erwünscht. (Belege). Beteiligte Doktoranden, MTAs, BTAs, etc. benötigen eine Ausnahmegenehmigung, die mit dem Antrag gestellt werden sollte (wird durch das Veterinäramt erteilt). Wird die Genehmigung einer Hochschule oder anderen Einrichtung erteilt, so müssen die Personen, welche die Tierversuche durchführen, bei der Einrichtung beschäftigt oder mit Zustimmung des verantwortlichen Leiters zur Benutzung der Einrichtung befugt sein. Um all diese Punkte abzuklären, empfiehlt sich wie schon oben erwähnt ein persönliches Gespräch mit dem Tierschutzbeauftragten. Der Tierschutzbeauftragte legt den ausformulierten Antrag der Genehmigungsbehörde zusammen mit seiner Stellungnahme vor. Die beratende Kommission ist in der Regel interdisziplinär mit Fachleu-
3.3 • Ethikantrag
ten und Laien besetzt. Geprüft werden hier vor allem die Voraussetzungen der forschenden Einrichtung (geeignete Räumlichkeiten, Qualifikation der Projektleiter), die Art des Eingriffs (Behandlung mit oder ohne Betäubung) und die Art und Dauer der möglichen Belastung der Tiere (Schmerzen, Verhaltensbeeinträchtigungen wie z. B. Futterdeprivation, Schlafmangel, Stress, Bewegungsdefizite). In der Regel erfolgt ein Schreiben, in dem die noch offenen Fragen dargestellt sind, mit der Option, diese in einem persönlichen Gespräch beantworten zu können. (Gilt meist nur bei Erstanträgen für ein neu beantragtes Modell.) Auch eine unangekündigte Überprüfung vor Ort durch die Kontrollbehörde kann jederzeit erfolgen. Deshalb sollte immer gelten, dass der Antragsteller bei jedweder Befragung ehrlich antwortet und sich bei der Versuchsdurchführung streng an die Vorgaben des Antrags hält. Werden an dem Antrag z. B. als Ergebnis von Pilotversuchen nachträglich Veränderungen vorgenommen, so müssen diese bei der Genehmigungsbehörde beantragt werden (Amendment, wie bei einer klinischen Studie). Veränderung meint in diesem Fall u. a. Verlängerung der Genehmigungsfrist (z. B. weil die Förderzusage verzögert eingegangen ist), die Erhöhung der Tierzahl, jede Veränderung im Versuchsprotokoll, zusätzliche Blutentnahmen etc. Der persönliche Kontakt zum Dezernenten der zuständigen Kontrollbehörde ist wichtig. Pflegen Sie diesen Kontakt durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. In der Regel entscheidet die Tierkommission 4–6 Wochen nach Einreichung des Antrags über Genehmigung oder Ablehnung. Diese Zeitspanne (auch mit möglichen Verzögerungen) muss bei der Wahl des gewünschten Studienbeginns berücksichtigt werden. Für den ersten Tierversuchsantrag sollten etwa 3 Monate Vorlaufzeit eingerechnet werden. Werden Auflagen oder Vorschläge für Veränderungen gemacht, müssen diese beachtet werden. Die Genehmigung wird in der Regel befristet für eine bestimmte Dauer (max. 3 Jahre) erteilt. Ist absehbar, dass Sie die Versuche nicht in dem genehmigten Zeitraum schaffen, denken Sie an eine frühzeitige Verlängerung. Diese wird in der Regel bei nachvollziehbarer Begründung (formlos) auch erteilt (bis max. 5 Jahre). Für eine anschließende Publikation der Ergebnisse muss nachgewiesen werden, dass ein genehmigter Antrag vorgelegen hat. Auch für das Einwerben von Drittmitteln ist ein bereits positiv begutachteter Tierversuchsantrag von Vorteil, wenn nicht sogar Voraussetzung, bevor die endgültige Entscheidung zur Genehmigung des Vorhabens ausgesprochen wird.
3.3
Ethikantrag
Ethikkommissionen wurden eingerichtet, um die ethisch-rechtliche Beurteilung von Forschungsvorhaben am Menschen durch ein un-
53
3
Genehmigung des Tierversuchsantrags ist Voraussetzung für: 5 Projektbeginn, 5 spätere Publikation, 5 Genehmigung von Drittmitteln.
Die Genehmigungsnummer des Antrags gehört mit in die Publikation. Zeitschriften nehmen Publikationen ohne nachgewiesene Genehmigung nicht mehr an.
54
Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
Ethikkommissionen beurteilen Forschungsprojekte unabhängig auf ethische und rechtliche Belange.
3
abhängiges Gremium sicherzustellen. Ziel ist es dabei, die Verbesserung der Diagnostik und Therapie von Krankheiten des Menschen zu erlauben, ohne dabei die ureigensten Grundrechte des Patienten einzuschränken. Dabei soll eine unabhängige Begutachtung den erwarteten Gewinn an Wissen abwägen gegen mögliche Nachteile der betroffenen Patienten. Die unabhängige Beurteilung geht zurück auf die Erklärung der World Medical Association (Declaration of Helsinki, 18th WMA General Assembly, 1964) und deren Novellierungen zuletzt von Edinburgh im Jahr 2000 und Helsinki aus dem Jahr 2008 [1], welche die ethischen Prinzipien medizinischer Forschung formuliert hat. Die darin enthaltenen Basic Principles for all medical Research schreiben vor, dass es die Pflicht eines Arztes oder sonstigen Wissenschaftlers in der medizinischen Forschung ist, das Leben, die Gesundheit und die Würde des menschlichem Individuums zu schützen. Diese Forderung setzt sich fort in Europäischem Recht, Bundesrecht (Arzneimittelgesetz AMG/Medizinproduktegesetz MPG) bzw. Länderrecht (Berufsordnungen der jeweiligen Landesärztekammern) der Bundesrepublik Deutschland sowie dem Heilberufsgesetz, der EU Direktive 2001/20/EU und der Strahlenschutzverordnung. Hinsichtlich multizentrischer Studien gilt die aktuellste Novelle seit dem 21.03.2010 (§ 20 MPG). Um die Einhaltung dieser Regelungen sicherzustellen, akzeptieren international angesehene Zeitschriften Publikationen, die auf Untersuchungen an Menschen oder Material menschlicher Herkunft beruhen nur noch, wenn deren Durchführungen den Maßgaben der Erklärung von Helsinki entsprechen und deren Einhaltung durch eine unabhängige Begutachtung mittels Ethikkommission gesichert wurde [3][7][8]. Projekte von universitären Institutionen werden von den Ethikkommissionen der Universitäten betreut, solche an außeruniversitären Institutionen von den Ethikkommissionen der jeweiligen Landesärztekammern. Es gibt lokale Ethikkommissionen, meist pro Fakultät eine, sowie übergeordnete Ethikkommissionen, z. B. der Landesärztekammern oder des Bundes. Diese übergeordneten Gremien beraten Projektleiter oder Projektgruppen bei Begutachtungen, z. B. im Rahmen des Medizinproduktegesetzes oder für aktuelle, kontrovers diskutierte Fragen. So wurde z. B. für die Novelle des Transplantationsgesetzes oder der Erlaubnis der Stammzellforschung eine umfassende Begutachtung durch die Zentrale Ethikkommission der Bundesärztekammer angesetzt, um die ethisch-rechtlichen Argumente möglichst unabhängig und umfassend diskutieren zu können. Im Folgenden beziehen wir uns weitgehend auf Anträge an die lokalen bzw. Landeskommissionen. Multizenterstudien erfordern derzeit noch die Begutachtung durch jede einzelne Ethikkommission des jeweiligen Studienortes. Hier ist allerdings eine Änderung geplant [1], so dass hierfür idealerweise Kontakt zu den Kommissionen aufgenommen werden sollte, um den aktuellen Stand der Dinge zu klären.
3.3 • Ethikantrag
z
55
3
Welche Projekte erfordern einen Antrag?
Alle wissenschaftlichen Projekte, die an Probanden, Patienten oder mit menschlichem Material durchgeführt werden (z. B. Serum, Biopsie etc.), sollten durch unabhängige Begutachtung vom potenziellen Vorwurf der »Menschenversuche« befreit werden. Retrospektive Analysen anhand von archiviertem Material, in deren Ausführung keinerlei Originaldaten den Arbeitsbereich verlassen, benötigen keine Begutachtung (z. B. retrospektive Aktenstudien). Bei unklarer Situation sollte man den Kontakt zum Vorsitzenden der lokalen Ethikkommission suchen, um zunächst einmal die Frage zu klären, ob das geplante Projekt einer Begutachtung unterzogen werden sollte oder nicht. Vor dem Beginn eines Projekts ist eine solche Konsultation vielleicht mit dem Mehraufwand eines Antrags verbunden. Stellt sich jedoch nach der Durchführung einer Studie die Notwendigkeit einer Begutachtung heraus, ist diese nachträglich oft nicht oder nur unter erheblichen Befindlichkeitsstörungen zu erreichen. In den meisten Fällen fördert die strukturierte Auseinandersetzung mit dem geplanten Projekt, welche sich zwangsläufig durch die Antragstellung und das Studienprotokoll ergibt, die Qualität erheblich und hilft, okkulte Fehler rechtzeitig aufzudecken, bevor viel Energie und Geld in Untersuchungen gesteckt wird, die dann nicht auswertbar sind. Wichtigste Neuerung ist sicherlich für den Sektor der Unfallchirurgie und Orthopädie, dass neue Medizinprodukte nicht nur, wie bisher, ihre biologische Unbedenklichkeit beweisen müssen, sondern eine Bewertung hinsichtlich der Vergleichbarkeit mit anderen Produkten auf dem Boden von klinischen Daten, d. h. klinischen Studien, erfolgen muss (Änderung 93/42 EWG durch RL 2007/47/EG). Bei Bezugnahme auf vergleichbare Produkte muss die Vergleichbarkeit überzeugend dargelegt werden, ansonsten müssen eigene klinische Daten erstellt werden. Daraus folgt, dass von Seiten der Implantathersteller vermehrt klinische Studien angeregt werden könnten. Aktuelle Meldungen über beispielsweise fehlerhafte Implantate, raubkopierte Fälschungen eigentlich zugelassener Implantate etc. gibt es auf der Homepage des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM (http://bfarm.de). Die Art der Finanzierung des beantragten Projekts determiniert zwei unterschiedliche Vorhaben: 1. Auftragsforschung: Die Finanzierung erfolgt durch Unternehmen der Pharmaindustrie oder Medizinproduktehersteller. Hierfür ist die zustimmende Bewertung durch eine unabhängige Ethikkommission gesetzliche Bedingung für den Beginn des Projekts. 2. Eigene Forschungsprojekte: Die Finanzierung erfolgt über öffentliche Drittmittelgeber (z. B. DFG, BMBF, etc.), welche als Voraussetzung der Bewilligung des Antrags eine positive Beurteilung durch eine Ethikkommission fordern. Bei klinikinternen Projekten ohne Drittmittelgeber wird die Beurteilung durch die Ethikkommission spätestens bei dem Versuch der Publikation evident.
Alle Projekte, welche am oder mit Material von Menschen durchgeführt werden, sollten eine unabhängige Begutachtung durch eine Ethikkommission erfahren. Retrospektive Aktenstudien brauchen keinen Antrag.
Auftragsforschung
Eigene Forschungsprojekte
56
3
Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
Kriterien für Begutachtung: 5 Innovation, 5 Versuchsplan stimmig, 5 Verhältnis Risiko/Ergebnis, 5 Aufklärung der Probanden/ Patienten, 5 Datenschutz, 5 Publizierbarkeit.
Der Antragsteller sollte als Experte dem Gremium verständlich machen können, warum sein Projekt wichtig ist. Abwägung: Risiko/Nutzen
Das positive Votum einer Ethikkommission ist dabei keine Unbedenklichkeitsbescheinigung im strengen Rechtssinn. Die ärztliche, wissenschaftliche und rechtliche Verantwortung des Forschungsprojekts liegt beim Projektleiter. Die Ethikkommission prüft lediglich, ob die niedergelegten Bestimmungen des ärztlichen Berufsrechtes, des Arzneimittelgesetzes (AMG), des Medizinproduktegesetzes (MPG), des Datenschutzgesetzes und der Strahlenschutz-/Röntgenverordnung eingehalten werden und ob die vom Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und die Gesundheit [4] bekannt gemachten Grundsätze für die ordnungsgemäße Durchführung der klinischen Prüfung von Arzneimitteln bzw. der Durchführung von wissenschaftlichen Forschungsprojekten an Menschen erfüllt sind. Im Einzelnen wird geprüft, 5 ob die zu erwartenden Ergebnisse des Projekts nicht bereits bekannt sind, d. h. ob die Belastung von Menschen (und der Aufwand von Mitteln) nicht absehbar nutzlos sind, 5 ob die Versuchsplanung in sich stimmig ist und wissenschaftlichen Standards entspricht, d. h. auch die Belastung von Menschen und der Aufwand von Mitteln durch die Versuchsplanung gerechtfertigt werden, 5 ob die mögliche Belastung und das Risiko für Menschen in einem vertretbaren Verhältnis zum erwarteten Ergebnis des Projekts stehen, 5 ob die Betroffenen über die Tatsache des Versuchs sowie über mögliche Belastungen und Risiken hinreichend aufgeklärt werden und die erforderliche Zustimmung freiwillig gegeben werden konnte, 5 ob die erhobenen Daten der Betroffenen gegen unbefugten Zugriff geschützt sind, 5 ob die Ergebnisse des Projekts ungehindert veröffentlicht werden können. Ethikkommissionen setzen sich nicht aus Experten sämtlicher Disziplinen zusammen. Sie sind interdisziplinär strukturiert und mindestens eine Person sollte die Befähigung zum Richteramt haben. Eine Person sollte beruflich mit Ethik zu tun haben, ein Patientenvertreter sowie mindestens ein Apotheker sollten vertreten sein, um die Maßgabe des MPG zu erfüllen. Die Kommission wird daher in der Mehrzahl der Fälle nur prüfen können, ob dem Projektleiter die ethisch-rechtlichen Kriterien bewusst waren und ob er sich mit ihnen auseinandergesetzt hat. Der Projektleiter kann dies leicht zeigen, indem er bei seiner Darstellung der Literatur deutlich herausstellt, welche Probleme gelöst und welche noch offen sind, welche dieser offenen Fragen bearbeitet werden sollen und welche wissenschaftlichen bzw. klinisch-praktischen Gründe es aus seiner Sicht dafür gibt, sich gerade dieses Problems anzunehmen.
3.3 • Ethikantrag
Da selbst die geringste Belastung und das geringste Risiko als ethisch nicht vertretbar gewertet wird, wenn sie keinen wissenschaftlichen oder praktischen Nutzen hat, kommt der Darstellung der Methodik größte Bedeutung zu. Sollten die Fragen mittels der beschriebenen Methoden nicht beantwortbar sein, muss die Ethikkommission das Projekt ablehnen. Um die korrekte Durchführung der Studie hinsichtlich dieser Formalien zu gewährleisten, muss dem Ethikantrag ein Studienprotokoll beigefügt werden. Zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten bei der Arzneimittel- oder Medizinproduktprüfung muss ein Good-Clinical-Practice-(ICH-GCP-)konformes Studienprotokoll vorgelegt werden (Arzneimittelgesetz § 40, 7b). Die International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for human Use ist eine weltweite internationale Organisation mit Sitz in der Schweiz (http://www.ich. org/), die es sich zur Aufgabe gemacht hat, einen minimalen Standard für die Implementierung medizinischer Weiterentwicklungen in der täglichen Diagnostik und Therapie von Patienten sicherzustellen. Dieses findet Ausdruck in einem standardisierten Protokoll für die Durchführung solcher Studien, um zu gewährleisten, dass die entsprechenden Anforderungen, wie z. B. Kontrollgruppen, Einverständniserklärungen etc., nicht übersehen werden. Wesentlich für die ethisch-rechtliche Beurteilung des beantragten Projekts durch die Ethikkommission ist die Art der Studie: Handelt es sich um einen »Heilversuch« oder eine diagnostische Untersuchung, eine rein wissenschaftliche Studie oder um eine Gewebeentnahme zu Studienzwecken?
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3
Good Clinical Practice GCP International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use: ICH
k Heilversuch
Der Heilversuch ist dadurch definiert, dass er mit einem potenziellen Nutzen für den Teilnehmer verbunden ist.
Heilversuch
Heilversuch ohne Kontrollgruppe Wenn im beantragten Projekt die Prognose der Patienten genau bekannt ist (z. B. Tumorerkrankungen) oder wenn nur eine historische Vergleichsgruppe vorgesehen ist. Heilversuch als kontrollierte Studie mit einer oder mehreren Kontrollgruppen Dieses Studiendesign erfordert die Einrichtung mehrerer
Studienarme, in der Regel als paralleler Gruppenvergleich bzw. Crossover-Design. Die Zuteilung zu den einzelnen Studienarmen erfolgt wenn möglich nach dem Zufallsprinzip (Randomisierung), um eine vergleichbare Ungewissheit zwischen den Therapiearmen herzustellen und, falls machbar, in einem doppelt blinden Design, um Einflüsse einer Erwartungshaltung von Patient und Untersucher zu vermeiden. Voraussetzung für eine kontrollierte Studie ist, dass die zu prüfende Frage offen ist, und Chancen und Risiken greifbar erscheinen. Keiner Gruppe darf eine anerkannte und indizierte Behandlung vorenthalten werden, es sei denn, es liegen überzeugende Hinweise dafür vor, dass die Prüftherapie der Standardtherapie mindestens ebenbürtig ist.
Kontrollgruppe
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Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
Placebogruppe
3
Der Heilversuch kann je nach Sachlage verschieden angelegt sein: 5 Vergleich mit Nichtbehandlung (meist unter Verwendung von Placebo), sofern es nach aktuellem Wissen keine anerkannte und indizierte Therapie gibt. Da eine indizierte Therapie keinesfalls vorenthalten werden darf, ist dieser Punkt genauestens zu diskutieren! 5 Vergleich mit einer anerkannten und indizierten Therapie. Beim Führen einer randomisierten Kontrollgruppe (oder Kontrollgruppen) sind alle teilnehmenden Patienten in gleicher Art und Weise zu informieren. Wenn die Prüftherapie nicht zusätzlich zur Standardtherapie angewandt wird, sondern an Stelle der Standardtherapie, ist darzulegen, ob mit mindestens gleichwertigen Erfolgsaussichten gerechnet werden kann.
k Diagnostische Untersuchung Diagnostische Untersuchung
Diese werden im Allgemeinen wie ein Heilversuch gehandhabt. Falls die Untersuchungen über das bei der beschriebenen Erkrankung übliche Ausmaß hinausgeht, bedarf dies besonderer Rechtfertigung und Aufklärung. k Rein wissenschaftliche Studie
Rein wissenschaftliche Studie
Weder Proband noch Versuchsperson oder Patient ziehen individuellen Nutzen aus der Teilnahme. Hier sind besonders strenge Maßstäbe an die Darlegung von Risiken sowohl im Antrag als auch im Aufklärungsschreiben anzulegen. Auch Risiken im Bereich von Alltagsrisiken sind anzugeben. k Gewebeentnahme zu Studienzwecken
Gewebeentnahme zu Studienzwecken
Hierunter fallen Untersuchungen einschließlich der Verwendung von Operationen und diagnostischen Maßnahmen bei »ohnehin anfallendem Material«. Auch hier bedarf es einer Aufklärung und Zustimmung des Patienten, ebenso wie bei zusätzlichen Blutentnahmen. Der Patient hat ein Anrecht auf Information über den Verwendungszweck des Materials und auf den Schutz seiner persönlichen Daten. z
Formale Struktur: Merkblatt der jeweiligen Kommission anfordern. »Musts« im Antrag: 5 Innovation, 5 Studiendesign, 5 Verhältnis Risiko/Nutzen, 5 Aufklärung, 5 Datenschutz.
Wie verfasst man einen solchen Antrag?
Die formale Struktur (Deckblatt, Gliederung etc.) unterscheidet sich erheblich von Kommission zu Kommission. Hierfür halten die meisten Kommissionen vorgefertigte Standardanträge bzw. entsprechende Hinweise bereit (Kontaktaufnahme im Vorfeld). Zentrale Grundlage für die Beurteilung eines Antrags stellen dabei folgende Kriterien dar: k Neuheit der zu erwartenden Ergebnisse
Einleitung/Hintergrund/Stand der Forschung: In diesem Abschnitt sollen der aktuelle Wissensstand in der internationalen Literatur dargestellt, Probleme erläutert und die potenziellen Lösungsmöglichkeiten erklärt werden.
3.3 • Ethikantrag
3
59
k Versuchsplanung, Studiendesign
In diesem Abschnitt soll dargestellt werden, was tatsächlich mit dem Probanden bzw. Patienten geschieht. Daher ist es unerlässlich, auch diejenigen diagnostischen und therapeutischen Verfahren deutlich zu machen, die auch ohne das Projekt durchgeführt werden. Hierfür sind klare Einschluss-/Ausschlusskriterien sowie Abbruchkriterien der beantragten Studie zu nennen. Da der technischen Durchführung und dem Studiendesign größte Bedeutung für die Beurteilung der ethisch-rechtlichen Akzeptanz eines Risikos für Proband oder Patient zukommen, ist die ausführliche Darstellung erforderlich. So müssen ein oder mehrere Zielkriterien (z. B. Messwerte, funktionelle Ergebnisse etc.) klar angegeben werden, anhand derer der Erfolg oder Misserfolg der beforschten Neuheit gemessen werden kann. Allgemein bekannte Parameter (z. B. Hämoglobinkonzentration in EDTA-Vollblut bei gesundem Kontrollkollektiv) brauchen nicht zusätzlich beschrieben werden. Im Gegensatz dazu benötigen unbekannte Techniken oder Verfahren eine ausführliche Darstellung. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die tatsächliche Erhebung der Daten als auch auf deren Signalunterschied zwischen einer Negativ- und Positivkontrolle zu legen, um das potenzielle Ergebnis der Studie abschätzen zu können. Der hierfür notwendige Aufwand muss kritisch gegenüber dem potenziellen Nutzen des Ergebnisses abgewogen werden und geht in die ethisch-rechtlichen Überlegungen ein (7 Kap. 2.5). Auch hierfür empfiehlt es sich, Kontakt mit dem zuständigen Statistiker zu suchen, zumal einige lokale Ethikkommissionen die namentliche Nennung eines statistischen Beraters fordern.
Studiendesign
k Belastung und Risiko für Personen
Hier sollte das individuelle zusätzliche Risiko dargelegt und ggf. dessen Vertretbarkeit relativ zum erwarteten Erfolg besprochen werden. In jedem Fall muss ein eventuelles zusätzliches Risiko im Aufklärungsgespräch erwähnt und im Bogen so dokumentiert werden.
Verhältnis Nutzen/Risiko
k Aufklärung und Zustimmung
Probanden und Patienten müssen über die geplanten Maßnahmen und ihre eventuellen Risiken aufgeklärt werden. Dies ist Vorbedingung für eine rechtskräftige Zustimmung. Die Zustimmung soll grundsätzlich schriftlich erfolgen. Der Patient soll sich zuvor mit einem ausgehändigten Informationsblatt vertraut machen und Rückfragen stellen können. Idealerweise soll das Informationsblatt mindestens 24 Stunden vor Einwilligung ausgehändigt werden. Eine Einwilligung mündlicher Art soll nur im Ausnahmefall erfolgen, und muss in der Projektbeschreibung ausführlich dargestellt werden. Ein Exemplar des Informationsblattes erhält der Proband/Patient und die Einwilligungserklärung muss beim Antragsteller verbleiben. Die Zustimmungserklärung sollte daher die Bestätigung enthalten, dass eine Abschrift des Informationsblattes dem Patienten oder Probanden ausgehändigt wurde. Der Projektleiter sollte das Informationsblatt
Aufklärung Aufklärungsblatt: 5 Studieninhalt, 5 Risiken, 5 Mehrbelastung, 5 Rücktrittsrecht, 5 Unterschrift, 5 Datenschutz.
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Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
für Probanden oder Patienten so allgemein verständlich wie möglich formulieren. Die Information sollte sich nicht nur auf die Behandlung beschränken, sie muss auch die mit der beantragten Studie zusammenhängenden Untersuchungen einschließlich des Zeitaufwands klar darstellen. Des Weiteren muss ein Hinweis enthalten sein, dass die Zustimmung jederzeit und ohne Angabe von Gründen zurückgezogen werden kann, ohne dadurch Nachteile zu erleiden. Das Informationsblatt soll Namen, Anschrift und Telefonnummer des für die Durchführung der Studie Verantwortlichen enthalten, um beispielsweise eventuelle Nachfragen zu erleichtern. Weiter sollte das Informationsblatt auch darüber aufklären, in welcher Weise die erhobenen Daten gespeichert werden (anonymisiert) oder wenn eine Übermittlung vorgesehen ist. Wenn eine Probanden- oder Patientenversicherung abgeschlossen wurde (bei klinischen Prüfungen entsprechend dem Arzneimittel-/Medizinproduktgesetz ist diese zwingend vorgeschrieben), soll diese im Informationsblatt erwähnt werden und eine Kontaktadresse der Versicherung angewiesen sein. Eine besondere Situation ergibt sich, wenn der Patient bei Einschluss in die Studie nicht in der Lage ist, aufgeklärt zu werden oder schriftlich zuzustimmen. Diese Situation liegt z. B. vor bei Untersuchungen an polytraumatisierten oder intoxikierten Patienten. Dieser gesonderten Situation wird im ICH-GCP-Protokoll folgendermaßen Rechnung getragen:
3
Studien an Patienten, welche zum Zeitpunkt des Einschließens nicht in der Lage sind, aufgeklärt zu werden oder ihr Einverständnis abzugeben
» In emergency situations, when prior consent of the subject is not possible, the consent of the subject’s legally acceptable representative, if present, should be requested. When prior consent of the subject is not possible, and the subject’s legally acceptable representative is not available, enrolment of the subject should require measures described in the protocol and/or elsewhere, with documented approval/ favourable opinion by the IRB/IEC, to protect the rights, safety and well-being of the subject and to ensure compliance with applicable regulatory requirements. The subject or the subject’s legally acceptable representative should be informed about the trial as soon as possible and consent to continue and other consent as appropriate should be requested.
«
Das heißt laut ICH-GCP ist eine Studie in Notfallsituationen auch dann möglich, wenn es keinen Konsens gibt, vorausgesetzt, das Vorgehen ist genau im Prüfplan beschrieben, es schützt die Rechte und das Wohlergehen des Patienten, und die Ethikkommission hat dieses Verfahren ausdrücklich genehmigt. In der neuen EU-Direktive vom 01.05.2001 wird in Artikel 5 festgelegt:
» Clinical trials on incapacitated adults not able to give informed legal consent… shall be allowed only if:
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3.3 • Ethikantrag
3
– the informed consent of the legal representative has been obtained; consent must represent the subject’s presumed will… – the explicit will of a subject who is capable of forming an opinion… is considered by the investigator. – such research… related directly to a life-threatening odd debilitating clinical condition from which the incapacitated adult concerned suffers. – both the risk threshold and the degree of distress shall be specially defined [in the protocol] and constantly monitored. – the EC with expertise in the relevant disease and the patient population concerned… has endorsed the protocol.
«
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der entscheidende Punkt ist, eine Prozedur zu finden, die von einer Ethikkommission akzeptiert wird. Diese sollte genauestens beschrieben werden: 5 Wer ist berechtigt, anstelle des Patienten das Einverständnis zu erteilen (Ehegatte, Verwandte ersten Grades)? 5 Es müssen Kriterien festgelegt werden, bis zu welchem Grad/wie lange der Patient ohne persönliches Einverständnis behandelt werden darf. 5 Im Dokumentationsbogen (»Case Report Form«; CRF) sollte dokumentiert werden, wann der Patient das Bewusstsein wiedererlangt hat und wann er wieder ansprechbar war, sowie das Datum (und Uhrzeit), wann er sein persönliches Einverständnis gegeben hat. Die Frage, wer dabei als »legally authorized representative« auftreten darf, wird in den verschiedenen Bundesländern allerdings unterschiedlich gehandhabt und sollte vorab mit der zuständigen Ethikkommission geklärt werden. Als Quelle für das Vorgehen kann man die obigen Richtlinien benennen. k Datenschutz
Durch Datenschutz sollen Personen davor geschützt werden, dass sie betreffende persönliche Informationen von Dritten gegen sie ausgenutzt werden können. Oberster Grundsatz ist dabei, dass die Datenverarbeitung nur zulässig ist, wenn entweder eine gesetzliche Regelung sie erlaubt oder wenn der Betroffene über die vorgesehene Datenverarbeitung informiert ist und ihr freiwillig zugestimmt hat. Da die gesetzlichen Regelungen nur für Daten gelten, die personenbezogen sind, lassen sich Datenschutzprobleme vermeiden, wenn Patientendaten in anonymisierter Form weiterverarbeitet werden. Als anonymisiert gilt ein Datensatz in der Regel dann, wenn er nicht den Vor- und Nachnamen, nicht den Geburtstag und den Geburts-
Datenschutz
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Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
monat, nicht die Anschrift, nicht die Telefonnummer, nicht den Arbeitgeber und die Versicherung, nicht den Aufnahmetag, nicht die klinikinterne Patientenidentifikationsnummer und nicht die Randomisierungsnummer enthält. Dieses Verfahren ist grundsätzlich zu empfehlen. Ist unter bestimmten Umständen eine Reidentifizierung notwendig, so kann eine Schlüsselliste angelegt werden, in der die oben genannten Daten nicht einem eindeutigen Kennzeichen des Datensatzes (laufende Studiennummer) zugeordnet wird. Anonymisierte Daten in Verbindung mit einer solchen sicher zu verwahrenden und geheim zu haltenden Schlüsselliste gelten als pseudonymisiert. Pseudonymisierung und Anonymisierung sind datenschutzrechtlich gleichwertig. Dabei ist sorgfältig darauf zu achten, dass die im Datensatz verwendeten Kennzeichen keinerlei Rückschlüsse auf die Person erlauben. Eine laufende Nummer gewährleistet dies, die Verwendung z. B. der Initialen lässt hingegen Rückschlüsse zu, insbesondere bei den oft üblichen kleinen Patientenzahlen. Um zu prüfen, ob den Erfordernissen des Datenschutzes Genüge geleistet wurde, ist es zu empfehlen, dem Antrag an die Ethikkommission einen Dokumentationsbogen (CRF) als Kopie beizufügen. Werden Daten elektronisch übermittelt, sollte die Zustimmung des Datenschutzbeauftragten eingeholt werden.
3
z Jede Änderung des Protokolls führt zum Erlöschen der Unbedenklichkeitsbescheinigung und muss der Kommission angezeigt werden! Weitere meldepflichtige Fakten: 5 Komplikationen, 5 Nebenwirkungen. Schlussbericht
Was ist nach positiver Beurteilung durch die Ethikkommission erforderlich?
Die Ethikkomissionen sind gehalten, eine Beurteilung innerhalb von 60 Tagen abzugeben, ausgenommen sind hiervon Untersuchungen an xenogenen Zelltherapeutika (§ 42 AMG). Nach positiver Begutachtung durch die Kommission kann die Studie begonnen werden. Jede Änderung des Protokolls muss der Ethikkommission bekannt gemacht werden. Neben der Anzeige der Protokolländerung sollte der Antragsteller in einem Anschreiben die Änderung zusammenfassend darstellen und begründen und seine Einschätzung abgeben, inwiefern die Protokolländerung den Charakter der ursprünglichen Studie verändert. Es müssen alle schwerwiegenden oder unerwarteten, unerwünschten Ereignisse, die während der Studie auftreten und die Sicherheit der Studienteilnehmer oder die Durchführung der Studie beeinträchtigen können, übermittelt werden. Darüber hinaus besteht eine Anzeigepflicht aller schwerwiegenden und unerwarteten aufgetretenen Nebenwirkungen bei der zuständigen Bundesbehörde, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Berlin. Der Ethikkommission sollte nach Abschluss der Untersuchungen ein Schlussbericht zugehen, in dem Publikationen aus dem Projekt, eventuelle Schwierigkeiten etc. kurz zusammengefasst dargestellt werden.
3.4
Einwerben von Drittmitteln
Forschung kostet Geld! Dieses Kapitel soll die Fördermöglichkeiten und die Voraussetzungen an den Antragsteller erläutern.
3.4 • Einwerben von Drittmitteln
Sie haben inzwischen ihre Projektskizze erstellt (7 Kap. 2), auf deren Basis Sie die benötigten Finanzmittel für Sach- und Personalbedarf für die Laufzeit Ihres Projektes (meist 2–3 Jahre) kalkuliert haben (7 Kap. 3.1). Sie wissen also, was gefördert werden soll. An diesem Ziel richtet sich die Antragstellung aus. Wenn diese Gelder weder durch Sie als Forscher noch durch den Klinik-/Institutsetat für Forschung bzw. durch vorhandenes Personal (Angestellte der Institution) aufgebracht werden können, sind Sie auf Mittel von Dritten (Drittmittel) angewiesen. Der gewünschte Förderumfang, die Bedeutung des Fördergegenstandes und die eigene Reputation stecken in der Regel den Rahmen der potenziellen Förderer ab und nicht nur das Themenspektrum. Ganz allgemein gilt: Ihr Antrag auf Drittmittel muss die Bedürfnisse und Anforderungen des Förderers erfüllen, d. h. er muss darauf abgestimmt sein. Jeder Geldgeber möchte des Weiteren ein Höchstmaß an Sicherheit, dass er für sein investiertes Geld auch ein hochwertiges Produkt erhält. Deshalb ist aus Sicht des Geldgebers nur allzu verständlich, dass er den potenziellen Geldnehmer nicht nur hinsichtlich des Inhalts des Forschungsantrags, sondern auch nach seiner Person und dessen Umfeld bewertet. Zur Person geschieht dies in der Regel dadurch, dass Sie ihr Curriculum Vitae mit ihren Publikationen zusammen mit dem Antrag auf Drittmittel einreichen müssen. Neuerdings wird Wert darauf gelegt, dass die qualitativ besten 5 Publikationen vom Antragsteller ausgewählt werden. Nicht Quantität, sondern Qualität wird als Maßstab angelegt. In jedem Falle sollten Sie auf eine ansprechende Form wertlegen und hier auch früher erhaltene Drittmittel mit aufführen. Zum Umfeld müssen Sie klar darlegen, dass Sie in der Lage sind, das Projekt durchführen zu können, wenn die beantragten Mittel gewährt werden. Hierzu zählen die vorhandene Infrastruktur, wie z. B. Laborausstattung, vorhandenes methodisches Know-how, Tier-OPs, Studiensekretariat, Einbindung in universitäre Strukturen durch Kooperationsvereinbarungen etc. In Drittmittelanträgen an größere Förderinstitutionen wird dies formalisiert ohnehin abgefragt. z
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3
Der Antrag muss auf die Anforderungen des Drittmittelgebers zugeschnitten sein.
Der Förderer bewertet auch Sie als Person und ihr Umfeld.
Wo beantragen?
Das Wichtigste ist, sich und das Forschungsvorhaben möglichst realistisch einzuschätzen. Ein aus Ihrer Sicht noch so guter und origineller Projektantrag bei der falschen Stelle beantragt, hat ebenso wenig Aussicht auf Förderung wie ein schlecht ausformulierter Drittmittelantrag. So kann ein bereits abgelehnter erfolgloser Antrag durch Modifikation durchaus erfolgreich bei einem anderen Förderer platziert werden. Versuchen Sie es, wenn Sie sich einmal die Mühe der Antragserstellung gemacht haben. Wichtig ist die gezielte Ausrichtung auf das Förderprofil der jeweiligen Förderinstitution, zu der nicht nur das Themenspektrum gehören muss, sondern auch die äußeren Rahmenbedingungen wichtig sind (s. oben).
Schätzen Sie ihr Forschungsvorhaben realistisch ein.
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Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
Welche potenziellen Drittmittelgeber stehen zur Verfügung? 5 Hochschule (Website der Universität) 5 Land (Website des Wissenschaftsministeriums) 5 Bund: – BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) – BMG (Bundesministerium für Gesundheit) – DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) – DAAD (Deutscher Akademischer Auslandsdienst) 5 Europäische Union 5 Verschiedene Stiftungen (Handbücher) 5 Industrie
3
Beachten Sie die Antragsmodalitäten! Suchen Sie sich zum Gegenlesen ihres Antrages eine erfahrene Person ihres Vertrauens.
Sie sollten sich also zunächst intensiv darum kümmern, welche Förderverfahren und Programme die einzelnen Förderinstitutionen anbieten. Nicht jeder Antragsteller kann in jedem Programm zu jeder Zeit beantragen. Beachten Sie die Antragsmodalitäten und vor allem die Fristen. Verschaffen Sie sich also zunächst einen Überblick über die Förderprogramme der in der obigen 7 Übersicht genannten Institutionen und prüfen Sie dort angegebene spezielle Voraussetzungen wie z. B. Antragstermine, Altersbegrenzung, Personenkreis, Nachwuchswissenschaftler. Es hat keinen Zweck, sich außerhalb der Kategorisierung zu bewegen. Sie werden sehr schnell merken, dass viele Programme sehr spezielle Ziele verfolgen und Voraussetzungen fordern. Die Wahl des Förderers wird durch unterschiedliche Faktoren bestimmt (folgende 7 Übersicht). So ist in den Standardprogrammen des BMBF die anwendungsorientierte Grundlagenforschung oder sogar die Anwendungsrelevanz festgeschrieben, woran der Antrag wesentlich gemessen wird. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) deckt zwar eine sehr breite Wissenschaftsförderpalette ab, ist jedoch noch immer vorwiegend auf die Förderung der Grundlagenforschung konzentriert. Wenn Sie also einen grundlagenorientierten Antrag beim BMBF oder einen anwendungsorientierten bei der DFG einreichen, erhalten Sie mit hoher Sicherheit eine Absage, nicht weil der Antrag schlecht ist, sondern weil Sie ihn bei der falschen Stelle eingereicht haben. Wenn Sie sich unsicher sind oder Zusatzinformationen benötigen, sollten Sie in jedem Falle Telefonkontakt mit dem genannten Ansprechpartner der Förderinstitution suchen. Fragen Sie auch »Alte Hasen« im Forschungsförderungsgeschäft. Faktoren, die bei der Wahl des Drittmittelgebers beachtet werden müssen 5 Thema des Forschungsvorhabens 5 Qualität und Originalität des Antrags 5 Vorarbeiten des Antragstellers
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3.4 • Einwerben von Drittmitteln
3
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Länderprogramme Europäische Union (EU) Stiftungen hochschulinterne Programme Industrie
. Abb. 3.2 Ranking der Drittmittelgeber nach Reputation für den Antragsteller und die Hochschule
5 Reputation des Antragstellers, des Mentors oder der Institution 5 Förderprogramm des Geldgebers 5 Beantragtes Volumen
Für die wissenschaftliche Reputation des Antragstellers, aber auch der Fakultät ist es wichtig, von wem die Drittmittel stammen. Drittmittel sind also nicht gleich Drittmittel! Das Ranking (. Abb. 3.2) begründet sich im Ausmaß und der Qualität des Begutachtungsverfahrens. Hiernach richten sich inzwischen auch die Zuführungsbeträge der Länder an die zugehörigen Hochschulen und die Ergänzungsunterstützungen von Hochschulen an die Antragsteller selbst (leistungsorientierte Mittelvergabe [LOM]). Die höchste Reputation kann man durch eine Unterstützung durch die DFG erzielen. Hier ist es demzufolge auch am schwierigsten, Drittmittelgelder für Sachmittelanträge (Projektanträge) zu bekommen. Dies trifft weniger auf Reisekostenunterstützung, Kongressunterstützung oder die Nachwuchsförderung mit ihren Spezifitäten zu. Die Einordnung der eigenen Forschungsarbeiten in die existierende Forschungsförderungshierachie ist wichtig. So hat es wenig Zweck, erste Gehversuche (ohne einschlägige Veröffentlichungen) auf einem neuen Forschungsfeld oder Voruntersuchungen über die großen Förderer finanzieren lassen zu wollen. Nachfolgende Vorgehensweise wird deshalb empfohlen.
Drittmittel sind nicht gleich Drittmittel!
z Förderinstrumente k Hochschule
Handelt es sich um Ihren ersten Projektantrag (Neuantrag), beginnen Sie am besten mit hochschulinternen Förderprogrammen und schaffen Sie sich damit die Voraussetzung für die Drittmitteleinwerbung außerhalb der Hochschule. Die meisten Hochschulprogramme sind auch spezifisch hierfür ausgelegt, da die Hürde für einen Erstantrag bei der DFG für einen jungen Forscher in der Regel zu hoch ist. Für
Für Erstanträge eignen sich hochschulinterne Förderprogramme.
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Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
kleinere Projekte, Geräte oder zur Anschubfinanzierung sind diese Programme meist sehr gut geeignet. Wichtig aber auch hier: beschaffen Sie sich die Antragsrichtlinien und halten Sie sich genau an die Ausschreibungsbedingungen. Suchen Sie frühzeitig den Kontakt zum Forschungsdekan ihrer Hochschule oder der dafür eingerichteten Stelle. Er wird Sie über die Möglichkeiten ihrer Hochschule aufklären und kann Ihnen weitere Informationen zu Förderungen innerhalb der Hochschule nennen. Viele Universitäten haben Sonderforschungsbereiche oder Graduiertenförderungen, in die Sie mit ihrem Antrag passen könnten. Die Begutachtung der hochschulinternen Programme erfolgt meist durch Gutachter an der Fakultät selbst. Erkundigen Sie sich über die Zusammensetzung des Gutachtergremiums und fragen Sie nach Tipps für ihren Antrag.
3
k Industrie
Forschungsanträge bei der Industrie müssen auch die Ziele des Unternehmens berücksichtigen.
Zuwendungen müssen über Verträge mit ihrer Hochschule laufen (Antikorruptionsgesetz!).
Auch die Industrie ist ein wichtiger Partner für Anschubfinanzierungen eines wissenschaftlichen Projekts. Die Suche nach dem richtigen Partner ist oft schwierig, da das eigene Projekt nicht notwendigerweise mit den Zielen des Unternehmens übereinstimmt. Häufig ist man deshalb gezwungen, sein Projekt so zu modifizieren, dass auch die Ziele des Unternehmens erfüllt werden. Cave – den Industriepartner nicht nur als Geldquelle betrachten. Die Ziele des Industriepartners müssen (mit) erfüllt werden. Es gilt der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens. Hier die Chefs frühzeitig mit einzubinden, kann sehr hilfreich sein. Bei der Zusammenarbeit mit der Industrie muss die Hochschule/ Fakultät zwingend eingebunden werden. Verträge können nur mit der Fakultät, nie mit dem Forscher selbst (Eigenschutz) geschlossen werden (Antikorruptionsgesetz). In der Regel hat Ihre Universität so genannte Musterverträge, die die Zusammenarbeit regeln. Die fachlichen Inhalte können Sie festlegen. Die Vertragsgegenstände werden in der folgenden 7 Übersicht dargestellt: Zusammenarbeit mit der Industrie/Vertragsgegenstände 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5
Vertragspartner Aufgaben und Pflichten der Institution und des Forschers Aufgaben und Pflichten des Industriepartners Berichtspflichten (formaler Bericht) Vergütungen und Zahlungsmodus Geheimhaltung Aufbewahrungspflichten Veröffentlichung Urheberrechte (Patente) Beendigung des Vertrags Gerichtsstand Unterschriften
3.4 • Einwerben von Drittmitteln
Lassen Sie den Vertrag sorgfältig durch die Rechtsberatung ihrer Universität prüfen. Heikle Punkte sind die Geheimhaltung, die Veröffentlichung und die Urheberrechte. Lassen Sie sich auf keinen Vertrag ein, der Ihnen verbietet, Ergebnisse zu publizieren, die nicht im Sinne des erwünschten Ergebnisses der Firma sind. Die Zusammenarbeit mit der Industrie ist häufig unbefriedigend weil, 5 die Ansprechpartner während der Laufzeit des Projekts wechseln können. 5 ein kompetenter wissenschaftlicher Ansprechpartner nicht immer zur Verfügung steht. Die Forschungsabteilungen der großen Firmen sitzen meist in den USA oder im europäischen Ausland. 5 die Kommunikation wegen der Einbindung verschiedener Abteilungen des Unternehmens oft schwierig ist – lange Genehmigungszeiten von bis zu einem Jahr. 5 der Industriepartner aussteigt, wenn ein erwartetes Ergebnis nach Abgabe des Zwischenberichts nicht erzielt wird. 5 Vorteilhaft ist jedoch, dass die akquirierbaren Mittel über die Industrie weit höher liegen als die öffentlicher Drittmittelgeber, wenn Sie geschickt verhandeln.
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3
Die Zusammenarbeit mit der Industrie ist nicht immer unproblematisch. Die Einbindung Ihres Chefs wird empfohlen – er ist meist verhandlungserfahrener und gewährleistet für den Industriepartner ein hohes Maß an Sicherheit.
k Stiftungen
Viele Stiftungen sind wissenschaftsfördernd tätig. Die Kenntnis ist für den Wissenschaftler von ebenso großer Bedeutung wie die der »großen« Forschungsförderer, da sie häufig Projekte fördern, die die großen Einrichtungen nicht in ihre Schwerpunktförderung einbeziehen. Sie fördern auch kleinere oder neue Fachgebiete und geben Zuschüsse zu bereits laufenden Projekten. In diesem Zusammenhang ist in erster Linie der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft zu nennen, der Initiativen aus der Wissenschaft anregt, derzeit über 300 wissenschaftsfördernde Stiftungen treuhänderisch verwaltet und die Hochschulen in der Entwicklung neuer Konzepte mit Schwerpunktprogrammen unterstützt. Die größten Stiftungen sind ist die Volkswagenstiftung und die Deutsche Krebshilfe. Kleine Stiftungen können häufig von ihrem Förderzweck einen breiten Forschungsgegenstand abdecken, sind aber oft nicht in der Lage, größere Beiträge zu leisten. Sie sind eher daran interessiert, Förderzusagen über kleinere Beträge zu Ihrem Themenschwerpunkt zu mehr als einem Projekt zu vergeben. Messlatte für die finanzielle Potenz einer kleinen Stiftung ist ihr Stiftungskapital. Eine kleine Stiftung mit 250.000 EUR Eigenkapital ist deshalb nicht einmal in der Lage, einen Forschungsantrag zur Finanzierung eines Postdocs (TVL E 13/1) zu unterstützen. Ein weiterer Nachteil ist, dass viele Stiftungen eine konkrete Förderung einer Einrichtung verfolgen. Beschaffen Sie sich also frühzeitig die Hintergrundinformation, bevor Sie einen aufwendigen Antrag schreiben. Eine aktuelle Übersicht der Stiftungen finden Sie im Handbuch der Wissenschaftspreise und Forschungsstipendien [1].
Förderungen über Stiftungen werden auch für Neuanträge empfohlen. Informieren Sie sich vorher genau über die Stiftung, das Stiftungskapital und das Begutachtungsverfahren. Nur spezifisch auf die Ziele der Stiftung ausgerichtete Anträge haben Erfolg!
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Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
k Bundesländer Meist werden vom Land Verbundprogramme oder Kompetenznetze gefördert, seltener Einzelanträge.
3
Alle Bundesländer haben neben der regulären Hochschulförderung landesspezifische wissenschaftliche Förderprogramme zur Stärkung ihrer Region als Wissenschaftsstandort. Meist sind dies so genannte Verbundprojekte, seltener Förderungen von Einzelpersonen und Einzelprojekten. Einige Bundesländer fördern bewusst die Verbindung Hochschule-Wirtschaft, die so genannte wirtschaftsnahe Forschung. Gelder kommen hier sowohl vom Wirtschafts- als auch vom Wissenschaftsministerium und den landesspezifischen Stiftungen. Mit dem Boom der molekularbiologischen Methoden stehen hier Programme mit Biotech-Firmen im Vordergrund, wobei die Firmen hier anteilig Forschungsmittel einbringen müssen. Weiterhin gibt es spezifische temporäre Förderprogramme, die von den Landesparlamenten beschlossen wurden (Beispiel: Kompetenznetz Stammzellenforschung NRW). In der Regel sind die Hochschulen Ihres Landes mit einem Sprecher an diesen Förderprogrammen beteiligt. Über Fristen der Antragstellung und Modalitäten sollten Sie sich mit den entsprechenden Personen in Verbindung setzen. Formalisierte Anträge können meist nur über den Dienstweg, d. h. über den Dekan, den Rektor an das Ministerium gestellt werden. Die gewährten Mittel bewegen sich im mittleren Bereich (50.000–100.000 Euro); mit engen Fristen. k Bund
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) sind die großen Bundesinstitutionen, über die Drittmittelgelder beantragt werden können. Beim BMBF und BMG kann man Gelder nur über eigens ausgeschriebene Programme beantragen. Hierbei handelt es sich meist um Sonderprogramme zu Themen mit hoher gesundheitspolitischer Relevanz. Die Anträge sind streng formalisiert auf Normformularen zu stellen und umfassen Mittel bis zu mehreren Millionen Euro pro Jahr. Diese Programme eignen sich nicht für isolierte Einzelvorhaben. Über die derzeit ausgeschriebenen Programme geben die Webseiten der Ministerien Auskunft. Die Programme haben in der Regel nur eine begrenzte Laufzeit von 2–3 Jahren und sind als Verbundprojekte oder Netzwerke ausgeschrieben. Prüfen Sie, ob Ihre Hochschule beteiligt ist. Anträge können meist nur zu Beginn oder aber nach 3 Jahren Laufzeit gestellt werden. Die Abwicklung der Programme erfolgt meist im Unterauftrag über das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) in Bonn. Ob sich Ihre Hochschule an einem der Programme beteiligt oder sogar federführend ist, lässt sich über die Drittmittelstelle Ihrer Universität in Erfahrung bringen. Die DFG und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) haben ein gemeinsames Förderprogramm »Klinische Studien«. Die Anträge werden in einem zweistufigen Verfahren nach einheitlichen, international anerkannten Standards entgegengenommen
3.4 • Einwerben von Drittmitteln
und evaluiert. Die Förderung des BMBF erstreckt sich auf interventionelle Studien zu pharmakologischen Therapieverfahren, Metaanalysen sowie systematische Übersichten (Reviews) von klinischen Studien. Antragsberechtigt sind Wissenschaftler mit abgeschlossener wissenschaftlicher Ausbildung (i.d.R. Promotion) an Kliniken in der Bundesrepublik Deutschland. Ganz anders läuft die Förderung bei der DFG. Sie fördert Einzelvorhaben (Sach- und Personalmittel) ohne Themenvorgabe. Einziges Kriterium ist die wissenschaftliche Qualität des Antrags und des Antragstellers. Die Sachbeihilfe im Normalverfahren bildet den Kern der Forschungsförderung durch die DFG. In Form einer Sachbeihilfe können Mittel für Personal, Vertretungskosten, wissenschaftliche Geräte, Verbrauchsmaterial, Reisen, Publikationen und für die meisten anderen Erfordernisse eines Forschungsvorhabens bereitgestellt werden. Dabei setzt die DFG voraus, dass die Institution, in der das Vorhaben durchgeführt wird, die notwendige Grundausstattung zur Verfügung stellt. Es besteht inzwischen auch die Möglichkeit, im Rahmen eines Projekts im Inland, für das ein Sachbeihilfeantrag gestellt wurde, die eigene Stelle in der Regel nach BAT IIa/BAT-O IIa bzw. vergleichbarer Entgeltgruppe TVÖD/TV-L einzuwerben. Hierfür gelten die Regelungen der Sachbeihilfe. In der praktischen Medizin tätige Forscher sind in der Regel in erheblichem Umfang durch Aufgaben in der Krankenversorgung zeitlich in Anspruch genommen. Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsvorhabens besteht deshalb die Möglichkeit, durch so genannte »Rotationsstellen« bereits in der Forschungsinstitution tätige Ärzte mit Aufgaben überwiegend in der Patientenversorgung vorübergehend von ihren klinischen Verpflichtungen freizustellen. Hierdurch soll es ihnen ermöglicht werden, sich in dieser Zeit ausschließlich einem wissenschaftlichen Projekt zu widmen und in der Forschung weiter zu qualifizieren. Dies gilt sowohl für Projekte der Grundlagenforschung als auch für Projekte der patientenorientierten, klinisch-wissenschaftlichen Forschung. Neben dieser Förderung als so genanntes Normalverfahren gibt es eine Vielzahl weiterer Förderprogramme, auf die hier nicht eingegangen werden kann (siehe www.dfg.de). Die nachfolgende 7 Übersicht fasst die Förderinstrumente der DFG zusammen: Förderinstrumente der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) 5 Einzelförderung: – Einzelförderung/Sachbeihilfe (mit Publikationsförderung) – Finanzierung der eigenen Stelle – Rotationsstellen für Ärzte – Wissenschaftliche Netzwerke – Forschungsstipendien – Emmy Noether-Programm
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Mit entsprechend einschlägigen Vorarbeiten können Sie sich an einer Förderung im Normalverfahren der DFG beteiligen – für Erstanträge nur bei guten Vorarbeiten geeignet. Über die DFG lässt sich innerhalb eines Sachbeihilfeantrages die eigene Stelle finanzieren!
In einem geförderten Forschungsvorhaben können Rotationsstellen beantragt werden!
Ein Blick auf die vielfältigen Förderprogramme der DFG (www.dfg.de) und des BMBF (http://www.bmbf.de/de/ gesundheitsforschung) lohnen sich.
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Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
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3 5
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– Heisenberg-Programm – NIH/DFG Research Career Transition Awards Program – Reinhart Koselleck-Projekte – Klinische Studien Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder – Graduiertenschulen – Exzellenzcluster – Zukunftskonzepte zum projektbezogenen Ausbau der universitären Spitzenforschung Wissenschaftliche Infrastruktur – Wissenschaftliche Geräte und Informationstechnik (WGI) – Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme (LIS) Internationales – Deutsch-Israelische Projektkooperation – Initiierung und Intensivierung bilateraler Kooperationen – Internationale wissenschaftliche Veranstaltungen – Kooperation mit Entwicklungsländern – Max Kade-Stipendium – Mercator-Gastprofessur – Trilaterale Projekte Koordinierte Programme – Sonderforschungsbereiche – DFG-Forschungszentren – Graduiertenkollegs – Schwerpunktprogramme – Forschergruppen – Klinische Forschergruppen – Kolleg-Forschergruppen Wissenschaftliche Preise – Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis – Heinz-Maier-Leibnitz-Preis – Communicator-Preis – von Kaven-Preis – Bernd Rendel-Preis für Geowissenschaften – Ursula M. Händel-Tierschutzpreis – Kopernikus-Preis – Eugen und Ilse Seibold-Preis – Albert Maucher-Preis für Geowissenschaften
k Europäische Union Eine Förderung über die EU bleibt erfahrenen, ausgewiesenen Wissenschaftlern vorbehalten. Für Neuanträge ein ungeeigneter Förderer.
Inzwischen spielen Drittmittel, die bei der Europäischen Union beantragt werden können, eine immer wichtiger werdende Rolle. Derzeit läuft das 7. Forschungsrahmenprogramm http://www.forschungsrahmenprogramm.de/) mit dem Ziel, die Kräfte innerhalb der EU besser zu bündeln. Das 7. EU-Rahmenprogramm (RP) ist von Grund auf
3.5 • Drittmittelantrag, Kooperationen und Begutachtung
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neu konzipiert worden und konzentriert sich auf Aktivitäten, die eine strukturierende Wirkung haben und einen wirklichen europäischen Mehrwert schaffen sollen. Die Ausschreibungen im 7. RP haben ein Gesamtvolumen von 6,4 Mrd. EUR und für die Medizin eine Priorisierung im Bereich Genomik und Biotechnologie und der translationalen Forschung. Die thematischen Prioritäten aller Fachgebiete werden in so genannte »Exzellenznetze« sowie »integrierte Projekte« untergliedert. Da die Bundesregierung derzeit viele Versuche unternimmt, die EU-Förderung zu steigern, wurden zur Verbesserung der Situation so genannte »nationale Kontaktstellen« eingerichtet, bei denen sich Forscher beraten lassen können. Es existieren inzwischen auch private Firmen, die bei der konkreten Antragstellung helfen. Diese Art der Förderung ist für einen einfachen Projektantrag nicht geeignet und soll deshalb an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden.
3.5
Drittmittelantrag, Kooperationen und Begutachtung
Nachdem sich die Idee zu einem Projekt entwickelt hat und die Projektplanung schon weit fortgeschritten ist, gilt es, die vorbereitenden Schritte für das Schreiben des Projektantrages in die Wege zu leiten. Sie haben sich inzwischen über die Fördermöglichkeiten (7 Kap. 3.4.) einen guten Überblick verschafft und natürlich Kontakt zur Förderinstitution aufgenommen. Alles entscheidend ist, dass sie als der Antragsteller eine klare Hauptfragestellung entwickelt haben. Sämtliche weiteren Schritte sind auf diese Fragstellung hin ausgerichtet. Ein »roter Faden« sollte erkennbar durch den gesamten Antrag zur Entwicklung der Hypothese und damit zur Formulierung des Projekts führen. Der Antrag muss klarstellen, dass sowohl die Vorarbeiten des Antragstellers als auch der Stand der Forschung die Entwicklung der Hypothese rechtfertigen. Der Stand der Forschung soll präzise, aber knapp sein, in unmittelbarer Beziehung zum konkreten Vorhaben stehen und als Begründung für die eigene Arbeit dargestellt werden. Die anzuwendenden Methoden, die sie genau beschreiben müssen, und die beantragten Mittel müssen effektiv und überzeugend zur Prüfung der Hypothese beitragen (. Abb. 3.3). Ein ausgereifter, gut durchdachter und in sich schlüssiger Antrag ist die Grundlage für eine positive Begutachtung durch die Förderinstitution. Die Fokussierung des Antrags, beginnend mit dem Stand der Forschung gehört zu den Hauptkriterien, die der Begutachtung durch Förderinstitutionen und seiner Gutachter zugrunde liegen. Der Stand der Forschung zum Thema sollte umfassend recherchiert sein. Beurteilt wird weiter die Bedeutung und Qualität der Methodik für die Beantwortung der Fragestellung(en) sowie die Plausibilität der einzelnen detailliert aufgeschlüsselten Arbeitsschritte in Form eines Arbeitsprogrammes. Das Arbeitsprogramm selbst sollte etwa die Hälf-
Die erfolgreiche Einwerbung von Drittmitteln hängt von vielen Faktoren ab. An erster Stelle steht die wissenschaftliche Qualität des Antrags. Daneben spielt die wissenschaftliche Reputation des Antragstellers/der Antragsteller eine wichtige Rolle.
Es muss deutlich werden, wo Sie als Antragsteller Ihre eigenen Arbeiten im Vergleich zu den bisher vorliegenden Daten anderer einordnen und zu welchen offenen Fragen Sie einen Beitrag leisten wollen.
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Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
Die Originalität der Idee, eine in der Projektskizze klar herausgearbeitete Fragestellung (Hypothese), Vorarbeiten und vorhandenes Methoden-»know-how« sind Voraussetzungen für einen Drittmittelantrag – Entwicklung einer klaren Fragestellung – Ausrichtung aller weiteren Schritte auf diese Fragestellung – »roter Faden«
3
eigene Forschung
Stand der Forschung Vorarbeiten
Hypothese
Ziele Arbeitsprogramm (Methoden; zeitliche und finanzielle Planung) . Abb. 3.3 Aufbau eines Drittmittelantrags
Junge Wissenschaftler haben es schwerer als erfahrene, mit vielen Publikationen ausgestattete etablierte Forscher.
Ein falsch berechnetes Entgeld für den Mitarbeiter, unangemessen hohe Reisekosten oder zu wenig Informationen über die Vorarbeiten können einen ansonsten guten Antrag zum Kippen bringen.
te des Antrags ausmachen. Es ist nach klar umrissenen, nachvollziehbaren Meilensteinen zu gliedern. Erläutern Sie Nah- und Fernziele und zeigen Sie Alternativen auf, für den Fall dass bestimmte Ziele nicht erreicht werden (Risikoabschätzung). Aus dem Arbeitsprogramm leiten sich direkt die Personal- und Sachmittel ab, die Sie beantragen wollen. Entscheidend für eine positive Begutachtung sind auch die projektbezogenen Vorarbeiten und die wissenschaftliche Reputation des Antragstellers (7 Kap. 3.4). Stellen Sie möglichst schlüssig Ihre spezielle Expertise dar (methodisch, inhaltlich) und belegen Sie Ihre Vorarbeiten durch Publikationen in guten Journalen. Im Antrag selbst sind Sie bei der Angabe von eigenen Publikationen nicht beschränkt. In dem mit einzureichenden Curriculum des Antragsstellers müssen Sie sich, nach den neuen DFG-Kriterien, für die fünf besten eigenen Arbeiten entscheiden. Verweisen Sie unbedingt auf frühere erfolgreiche Drittmittelanträge, auch wenn Sie »nur« Ko-Antragsteller waren. Wichtig für die Begutachtung ist weiter, dass die beantragten Personal- und Sachmittel für das Vorhaben angemessen sind. Dabei gilt es zu beachten, dass sowohl eine zu hohe, als auch eine zu geringe Forderung negativ beurteilt werden kann. In beiden Fällen kann die Kompetenz des Antragstellers in Frage gestellt werden. Eine detaillierte Zeit-, Personal- und Finanzplanung wird zur Entscheidungsfindung positiv beitragen (7 Kap. 3.1). Neben den formalen Kriterien wird durch die Förderinstitution (d. h. die Gutachter) die Relevanz der Fragestellung und die interna-
3.5 • Drittmittelantrag, Kooperationen und Begutachtung
tionale Bedeutung des Forschungsvorhabens als wichtige Richtlinie zur Entscheidungsfindung herangezogen. Der Umfang eines Antrags steht in der Regel im direkten Verhältnis zur Höhe der beantragten finanziellen Mittel. Je vielschichtiger die Fragestellung und/oder je mehr Arbeitsgruppen an dem Projekt beteiligt sind (Multizenterstudien), umso höher ist in der Regel die notwendige finanzielle Unterstützung zur Realisierung des Forschungsvorhabens. Es bedarf einer ausführlichen, überzeugenden Darstellung, um den Kostenträger zu veranlassen, große Summen für ein Forschungsprojekt zur Verfügung zu stellen. Andererseits ist für einen Antrag, der geringe Mittel einfordert, eine weitläufige Ausarbeitung und Darstellung unzweckmäßig. Der Zeitaufwand für das Bearbeiten des Antrags durch den Gutachter würde in keinem Verhältnis zu den beantragten Mitteln stehen. Der Umfang wird meist durch die Förderinstitution vorgegeben. Bleiben Sie unbedingt im vorgegebenen Rahmen und verweisen Sie auf Anhänge zur vertiefenden Darstellung. Denken Sie aber immer daran, dass der Antrag auch ohne die Anlagen für sich verständlich und nachvollziehbar sein muss! Gutachter leiden unter chronischem Zeitmangel und wollen sich nicht durch den Dschungel vieler Anlagen wühlen. Ebenso verärgern viele Rechtschreibfehler und eine schlechte Grammatik (Schachtelsätze) die Gutachter. Als grobe Richtlinie für Anträge bei der DFG gelten 15–20 Seiten (nicht eingerechnet Literaturverzeichnisse, Lebenslauf etc.). Publikationen als Anlage mitzuschicken ist nur dann sinnvoll, wenn Sie bestimmte Vorarbeiten und damit Ihr spezifisches Wissen verdeutlichen wollen. Fördermittel für medizinische Projekte werden von einer Reihe von Einrichtungen zur Verfügung gestellt. Dazu zählen hochschulinterne Programme, Stiftungen, der Bund, die EU oder auch die Industrie (7 Kap. 3.4). Jede dieser Förderinstitutionen hat ihre eigenen Richtlinien, nach denen der Antrag erstellt werden sollte. Ein gutes Beispiel für den strukturierten Aufbau eines Antrags sind die Richtlinien der DFG (DFG-Merkblätter, http://www.dfg.de). Die von der DFG vorgeschlagenen Richtlinien zur Antragstellung wurden mittlerweile von vielen anderen Fördereinrichtungen übernommen. Neben den Richtlinien zur Antragstellung sollte das für die Fördereinrichtung spezifische Begutachtungsvorgehen berücksichtigt werden. Bei größeren Förderinstitutionen wie der DFG, werden die eingereichten Anträge durch externe Fachgutachter beurteilt. Die fachlich zuständigen Programmdirektoren müssen dabei gewährleisten, dass jeder wesentliche Aspekt eines Antrags durch kompetente Gutachter abgedeckt wird. Sie arbeiten ehrenamtlich. Die Geschäftsstelle achtet sorgfältig darauf, dass Befangenheiten durch Kooperation oder Konkurrenz, Lehrer-Schüler-Beziehungen, gegenseitige Begutachtungen etc. vermieden werden. Die Auswahl der Gutachter wird von den Fachkollegien überprüft. Die Gutachter sind auf ihrem jeweiligen Gebiet ausgewiesene Forscher und haben den für eine sachliche
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Umfang des Antrags: Je mehr Mittel beantragt werden und je mehr Arbeitsgruppen an dem Projekt beteiligt sind, desto umfangreicher der Antrag. Die Förderinstitution gibt meist den Umfang vor.
Vorsicht: Ständiges Verweisen auf Anlagen ist ebenso schädlich wie zu knappe Ausführungen – es zwingt den Beurteiler, ständig zu blättern und vermittelt den Eindruck, der Antragsteller komme nicht auf den Punkt.
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3
Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
Begutachtungskriterien aller Förderinstitutionen sind: 5 Stand der Forschung zum Thema, 5 Relevanz und Originalität der Fragestellung, 5 Vorarbeiten des Antragstellers, 5 Relevanz der Methodik für die Beantwortung der Fragestellung, 5 Plausibilität der Arbeitsschritte und Zeitplanung, 5 Angemessenheit der beantragten Mittel, 5 internationale Bedeutung des Forschungsvorhabens. Telefonkontakt mit der Förderinstitution: 5 Ist die Förderinstitution wirklich die richtige Adresse für meinen Antrag? 5 Passt mein Antrag in das Themenspektrum des Förderers? 5 Welche Fördertypen und -modalitäten muss ich beachten? 5 Welche Begrenzungen im Fördervolumen pro Antrag liegen vor? 5 An wen kann ich mich bei Rückfragen wenden? Gewährte Mittel: 5 Eine Grundausstattung wird vorausgesetzt. 5 Zusätzliche technische Geräte werden nur finanziert, wenn diese für das Projekt zwingend nötig sind. 5 Gewährt werden Sach- und Personalmittel, Publikationskosten sowie Reisekostenbeihilfen.
Beurteilung notwendigen Überblick. Der Gutachter kennt deshalb die Literatur! In kleineren Stiftungen wird die Begutachtung oft intern vorgenommen. Die Begutachtung des Antrags durch fachfremde Gutachter verlangt eine für Laien verständliche Darstellung des Forschungsvorhabens. Fachspezifisches Grundlagenwissen sollte in diesem Fall nicht vorausgesetzt werden. Informationen zum Begutachtungsverfahren und zu den Richtlinien der Antragsstellung sollten schon in der Anfangsphase der Formulierung des Forschungsvorhabens bei den entsprechenden Fördereinrichtungen eingeholt werden. Der persönliche telefonische Kontakt mit der Fördereinrichtung nimmt bei der Antragstellung einen besonderen Stellenwert ein. In der Regel sind die zuständigen Ansprechpartner (Referenten oder Sachbearbeiter) der Fördereinrichtungen hilfsbereit und den Antragstellern wohlgesinnt. In einem persönlichen Gespräch kann erörtert werden, ob Ihr Thema in das Konzept der Förderinstitution passt, ob die von Ihnen beantragten Mittel möglicherweise den Rahmen der Institution überschreiten und ob das Thema Ihres Forschungsvorhabens in eine aktuelle Ausschreibung zu integrieren ist. Der persönliche Kontakt kann neben der Informationsbeschaffung dazu beitragen, das anonyme Einreichen eines Antrags zu vermeiden. Generell gilt, dass für ein Forschungsprojekt Sachmittel, Personalstellen und Reisekostenbeihilfen beantragt werden können. Standardgeräte, die zur funktionierenden Ausstattung eines Labors gehören, können in der Regel nicht über Drittmittel eingeworben werden. Die Ausstattung eines Labors sollte von der Universität finanziert werden. Zusätzliche Geräte werden nur in Ausnahmefällen, wenn sie für die Durchführung der Studie zwingend nötig sind und nicht zur Grundausstattung gehören, bewilligt. Die Infrastruktur zur Durchführung des Antrags muss vorhanden sein. Dies muss im Antrag belegt werden. Immer häufiger muss der Antragsteller eine Eigenbeteiligung nachweisen. Dies müssen nicht zwangsweise Geldwerte sein. Zur Eigenbeteiligung des Antragstellers kann die anteilige Arbeitszeit des Antragstellers oder anderer Mitarbeiter sowie die durch die Universität garantierte Wartung von Geräten zählen (ca. 10% der Antragsumme ist die Regel). Ob Overheadmittel mit beantragt werden können, sollte mit dem Drittmittelgeber im Vorfeld geklärt werden. Die Regelungen sind derzeit noch uneinheitlich. z
Kooperationspartner
Der Drittmittelantrag wird zwar in der Regel von einem Hauptantragsteller gestellt, nicht selten aber auch in Kooperation mit weiteren Wissenschaftlern, besonders wenn es sich um multizentrische Versuchsvorhaben handelt oder aber der Antrag die methodische oder inhaltliche Expertise weiterer Kooperationspartner erforderlich macht. Hierbei ist es wichtig, mit dem Kooperationspartner vor An-
3.5 • Drittmittelantrag, Kooperationen und Begutachtung
tragstellung klar zu regeln, ob er als Antragsteller aufgeführt werden möchte oder aber in der Liste aller Kooperationspartner innerhalb der Arbeitsgruppe. Dies ist ein wesentlicher Unterschied in Bezug auf die spätere Verfügungsberechtigung der Drittmittel. Nur als Mitantragsteller kann er über eigene Drittmittel verfügen (separate Ausweisung durch Drittmittelgeber). Auch für seine eigene Reputation ist es wertvoller, Mitantragsteller zu sein. Der Eigenanteil muss allerdings ein entsprechendes Gewicht im Gesamtantrag haben, um dies zu rechtfertigen. Ein Kooperationspartner wird mit Ihnen als Antragsteller zusammenarbeiten, wenn: 5 Ihr Projekt in das Forschungsprofil des Kooperationspartners »passt«, 5 er sich über den Drittmittelantrag Forschungsmittel verschaffen kann, 5 eine Zusammenarbeit sein Ansehen stärkt, 5 sich über das Projekt hinaus möglicherweise langfristige Perspektiven ergeben. Sie sollten einen Kooperationspartner dann in Ihren Antrag oder Ihre Arbeitsgruppe aufnehmen, wenn hierdurch Ihr Antrag eine Stärkung in methodischer oder inhaltlicher Kompetenz erfährt. Es muss ein echtes »Win-win-Verhältnis« entstehen. Der Partner sollte Ihr volles Vertrauen haben und unkomplizierte Kommunikationsstrukturen sollten gegeben sein. Oft merken Sie schon bei der gemeinsamen Antragstellung, wie die künftige Zusammenarbeit läuft. Sprechen Sie Schwierigkeiten im Umgang frühzeitig an und stellen Sie diese ab. Geht dies nicht, verzichten Sie auf diesen Partner. Sehr oft können auch die für die internationale Kooperation erforderlichen Mittel mit beantragt werden. Förderrichtlinien lesen! z
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5 Oft wird eine Eigenbeteiligung des Antragstellers erwartet. Kooperationspartner können auch Mitantragsteller sein.
Kooperationspartner können Ihren Antrag stärken. Gegenseitiges Vertrauen ist die Basis für eine fruchtbare Zusammenarbeit.
Begutachtungsverfahren
Ohne Antrag keine Förderung! Unabhängig von der Förderinstitution sollten Sie mit einem Bearbeitungszeitraum für Ihren Antrag von mindestens 6 Monaten rechnen (bei der DFG ist ein Zeitraum von bis zu 9 Monaten nicht unüblich, zum Verfahren siehe http://www. dfg.de/foerderung/antragstellung/index.html). Reichen Sie Ihren Antrag also früh genug ein, um den gewünschten Studienbeginn nicht zu überschreiten. Mit dem Antrag sollten gleichzeitig der Tierversuchsantrag bzw. bei klinischen Projekten der Ethikantrag eingereicht werden. Die Zeit der Begutachtung sollten Sie nutzen, um Anträge bei den Kommissionen durchzubringen. Die meisten Förderinstitutionen machen die Freigabe der Gelder vom Vorliegen der positiven Voten abhängig. Nur selten passiert ein Antrag ohne Kritik oder Kürzung die Gutachterhürden. Es ist die Aufgabe des Gutachters, die Schwachstellen zu finden. Bleiben Sie am Ball und beantworten Sie die Gutachtereinwände peinlich genau. Jeder Antrag hat seine Achillesferse – gehen Sie in den Antworten an die Gutachter ehrlich damit um.
Die Dauer des Begutachtungsverfahrens muss bei der Zeitplanung Ihres Projektes unbedingt berücksichtigt werden.
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Kapitel 3 • Projektplanung und Projektantrag
Zusammenfassung der wichtigsten Stichworte für die Antragserstellung 1. 2. 3.
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4. 5. 6. 7. 8.
Aus der Idee und der Projektskizze eine fokussierte Fragestellung entwickeln Um die Fragestellung herum das Gerüst für den Antrag aufbauen (roter Faden) Eigene Vorarbeiten, Stand der Forschung, Material und Methoden, beantragte Mittel auf die Fragestellung beziehen Die beantragten Mittel in direkten Zusammenhang zum Umfang des Antrags stellen Die geeignete Förderinstitution suchen Mit der Institution in Kontakt treten Die Richtlinien der Institution beim Schreiben des Antrags beachten Den Antrag rechtzeitig einreichen
Literatur Literatur zu Kapitel 3.2 1
Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), das zuletzt durch das Gesetz vom 15. Juli 2009 (BGBl. I S. 1950) geändert worden ist, Fünfter Abschnitt Tierversuche, § 7–9a
Literatur zu Kapitel 3.3 1 2 3 4 5 6
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Beckerling A (2003) Theorie und Praxis: Wie viele Ethikvoten sind nötig? Deutsches Ärzteblatt 96 (26): 2256–2258 Boos J. et al. (2007) Nutzen und Schaden aus klinischer Forschung am Menschen. Hans Neuffer Stiftung, Deutscher Ärzte Verlag, Köln Emanuel EJ, Wendler D, Grady C (2000) What makes clinical research ethical? JAMA 283: 2701–2711 Grundsätze für die ordnungsgemäße Durchführung der klinischen Prüfung von Arzneimitteln (1987) Bundesanzeiger 39(243): 16617–16618 Marckmann G (2008) Ethische Aspekte der pädiatrischen Forschung Hans Neuffer Stiftung, Deutscher Ärzte Verlag, Köln Raspe H et al. (2006) Empfehlungen zur Begutachtung klinischer Studien durch Ethikkommissionen. Hans Neuffer Stiftung, Deutscher Ärzte Verlag, Köln Refshauge W (1977) The place for international standards in conducting research on humans. Bull World Health Organ 55 Suppl 2: 133–45 Reitsma AM, Moreno JD (2002) Ethical regulations for innovative surgery: the last frontier? J Am Coll Surg 194: 792–801 World Medical Association Declaration of Helsinki 2 (2001) Ethical principles for medical research involving human subjects. Bull World Health Organ 79: 373–4
Adressen zu Kapitel 3.3 1 2
Arbeitsgemeinschaft für angewandte Humanpharmakologie. http://www. agah-web.de Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. http://www.bfarm.de
Literatur
3
4
International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for human Use. http://www.ich.org/, E-Mail:
[email protected] Zentrale Ethikkommission, Geschäftsstelle bei der Bundesärztekammer, Herbert-Lewin-Str. 1, 50931 Köln, Tel. 0221/4004–460, Fax: 0221/4004–386
Literatur und Adressen zu Kapitel 3.4 1 2
3 4 5 6 7
Herrmann D (2006) Handbuch der Wissenschaftspreise und Forschungsstipendien. Alpha, Lampertheim Herrmann D, Spath C (2008) Forschungshandbuch 2008/2009: Förderprogramme und Förderinstitutionen für Wissenschaft und Forschung. Alpha, Lampertheim ALPHA Informationsgesellschaft mbH, Finkenstr. 10, 68623 Lampertheim, Tel. 06206/939–240, Fax: 06206/939–243. E-Mail:
[email protected] Bundesministerium für Bildung und Forschung: http://bmbf.de/index-foeder01.html Forschungszentrum Jülich: http://www.fz-juelich.de/ptj/bmbf-auskunft_home-html Deutsche Forschungsgemeinschaft: http://www.dfg.de Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: http://www.bmwi.de/ homepage/, http://foederdatenbank/de
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Projektdurchführung M. Schieker, W. Mutschler, L. Claes, E. Neugebauer, M. Maegele und S. Sauerland
4.1
Verwaltungsaufgaben im Projekt – 80
4.2
Einstellung von Mitarbeitern – 83
4.3
Mitarbeiterführung – 85
4.4
Arbeits- und Prüfanweisungen – 89
4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4
Biomechanik – 89 Zell- und Molekularbiologie – 91 Tierexperiment – 92 Klinische Studien – 95
Literatur – 99
4
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Kapitel 4 • Projektdurchführung
4.1 Die einzelnen Bestimmungen können an verschiedenen Universitäten im Detail unterschiedlich geregelt sein und sollten bei der zuständigen Verwaltung erfragt werden.
4
Nach erfolgreicher Begutachtung und Genehmigung des geplanten Projekts sind bei der Durchführung verschiedene Verwaltungsaufgaben zu beachten. Die Bestimmungen können an den jeweiligen Universitäten im Detail unterschiedlich festgelegt sein, so dass im Folgenden nur wichtige Regelungen aufgeführt werden. Die genauen Bestimmungen sollten jeweils bei den zuständigen Verwaltungen erfragt werden. z
Drittmittel sind Zuwendungen, die die Hochschule von öffentlichen oder privaten Drittmittelgebern erhält.
Bei der Einwerbung von Drittmitteln sind das Trennungs-, das Transparenzund das Dokumentationsprinzip zu beachten.
Die Drittmittel dürfen nur von der Hochschule angenommen werden. Diese übernimmt die Verwaltung der Mittel. Bei privaten Mitteln kann ein Gemeinkostenanteil (Overhead) erhoben werden. Aus Drittmitteln finanzierte Gegenstände gehen in das Eigentum der Hochschule über.
Verwaltungsaufgaben im Projekt
Drittmittel
Als Drittmittel werden Zuwendungen, Sponsoring, Spenden und sonstige Leistungen angesehen, welche die Hochschule zur Erfüllung ihrer Aufgaben aus einseitig verpflichtenden oder gegenseitigen Verträgen erhält. Öffentliche Drittmittel sind dabei Zuwendungen und Mittel im Zusammenhang mit Forschungsaufträgen öffentlicher Einrichtungen, private Drittmittel sind alle Mittel, die nicht von öffentlichen Einrichtungen gewährt werden. Folgende Grundsätze sind bei der Einwerbung von Drittmitteln zu beachten: 5 Das Trennungsprinzip besagt, dass die Zuwendungen keinen Einfluss auf Beschaffungsentscheidungen nehmen dürfen. 5 Das Transparenzprinzip meint, dass die Leistungsbeziehungen zwischen Drittmittelgeber und -empfänger der Hochschule gegenüber offen gelegt werden müssen. 5 Zuletzt beschreibt das Dokumentationsprinzip, dass die Leistungen an die Hochschule sowie Gegenleistungen schriftlich fixiert und aufbewahrt werden müssen. Der einwerbende Mitarbeiter ist nicht zur Annahme von Drittmitteln berechtigt. Sowohl öffentliche als auch private Drittmittel können nur von der Leitung der Hochschule angenommen werden. Die Hochschule übernimmt die Verwaltung der Drittmittel und kann die Annahme von privaten Drittmitteln von der Zahlung eines Gemeinkostenanteils (Overhead) abhängig machen. Dieser Betrag sollte bereits bei der Beantragung nichtöffentlicher Drittmittel im Kostenplan berücksichtigt werden. Die Verwendung der Mittel erfolgt nach dem vom Drittmittelgeber bestimmten Zweck, wobei die Mittel nur zur Förderung der den Hochschulen obliegenden Aufgaben verwendet werden dürfen. Aus Drittmitteln finanzierte Gegenstände gehen in das Eigentum der Hochschule über, wobei der Übergang auf das Hochschulmitglied ausgeschlossen ist. Die Einwerbung, Verwaltung und Verwendung der Drittmittel ist nur im Rahmen der geltenden Gesetze erlaubt. Einzelne Richtlinien geben Hilfestellungen zur rechtmäßigen Vorgehensweise, z. B. die »Verwaltungsvorschriften zur Annahme und Verwendung von Mitteln Dritter an Hochschulen (Drittmittelrichtlinien – DriMiR)« in
4.1 • Verwaltungsaufgaben im Projekt
der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 21.10.2002. Die Mittel werden projektbezogen auf Drittmittelkonten geführt. Über die genaue Durchführung mit Einnahmen und Ausgaben muss am Ende des Projekts Rechenschaft abgelegt werden. Öffentliche Drittmittelgeber erwarten nach Projektabschluss einen wissenschaftlichen Abschlussbericht und einen genauen Nachweis über die verwendeten Fördermittel, welche in der Regel von der für die Kontoführung zuständigen Verwaltung bestätigt werden muss. Es versteht sich von selbst, dass die Mittel nur entsprechend des Antrags verwendet werden dürfen. So verbietet es sich z. B., aus Sachmitteln Computer für den Eigengebrauch zu kaufen, sofern diese nicht explizit beantragt wurden. In der Regel stehen aus Drittmitteln Personalmittel, Verbrauchsmaterialien, Geräte/Investitionen bzw. Reisemittel zur Verfügung. Die zeitliche Limitierung der meisten Projekte macht eine sehr genaue Planung der Ausgaben notwendig. Dies ist vor allem bei den Personalkosten wichtig, damit nicht gegen Ende des Projekts Geldmittel zur Beschäftigung der Mitarbeiter fehlen, besonders wenn Sonderausgaben wie Urlaubs-/Weihnachtsgeld mit einberechnet werden müssen. Im Allgemeinen erfolgt die Bestellung und Anschaffung der Verbrauchsmaterialien bzw. Geräte durch den zentralen Einkauf der Universitätsverwaltungen. Begründeter Vorteil der Zentralisierung ist dabei die Möglichkeit zur Verhandlung günstigerer Einkaufskonditionen. Dennoch ist vor allem bei der Anschaffung spezieller Geräte eine enge Rücksprache mit dem zuständigen Verwaltungsangestellten vonnöten, damit nicht ein ähnliches, kostengünstigeres, jedoch für den speziellen Gebrauch ungeeignetes Produkt eingekauft wird. Bei Geräten/Investitionen müssen vor der Bestellung verschiedene Kostenvoranschläge eingeholt bzw. eine Ausschreibung getätigt werden. Zumeist übernimmt die zuständige Verwaltungsabteilung diese Aufgaben. Für größere Investitionen muss zudem geklärt werden, ob die Folgekosten (Wartung, Reparaturen) aus Lehrstuhlfinanzmitteln übernommen werden können. Reisekosten müssen darüber hinaus gesondert beantragt und abgerechnet werden. Insgesamt sollte also genau darauf geachtet werden, dass bei mehreren Projekten eine genaue Unterscheidung der Abrechnungen zwischen den verschiedenen Konten erfolgt und dass der Antragsteller selbst möglichst einen aktuellen und detaillierten Überblick über die einzelnen Konten behält. z
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4
Am Ende des Projekts muss Rechenschaft über die Verwendung der Drittmittel abgegeben werden.Drittmittel untergliedern sich in Personalmittel, Verbrauchsmaterialien, Geräte/Investitionen und Reisemittel.
Der Einkauf von Verbrauchsmaterialien und Geräten erfolgt in der Regel zentral durch die Verwaltung.
Vor der Bestellung von Geräten müssen Kostenvoranschläge mehrerer Anbieter eingeholt werden. Dies geschieht in der Regel durch die Verwaltungsmitarbeiter. Wenn man mehrere Projekte mit verschiedenen Kostenstellen leitet, ist es wichtig, die einzelnen Ausgaben projektspezifisch zu verbuchen.
Sicherheitsvorschriften
In jedem Labor ist ein Sicherheitsbeauftragter benannt, welcher durch die Teilnahme an speziellen Lehrgängen qualifiziert sein muss. Jeder Mitarbeiter muss durch ihn einmal jährlich belehrt werden. Die Hauptgefahren bei der Laborarbeit entstehen durch den Umgang mit infektiösem Material, Chemikalien sowie durch Labor- und Bürounfälle. Deshalb ist die Arbeit im Labor nur nach vorheriger Si-
Im Labor müssen die Zugangskontrolle, das Tragen von Schutzkleidung, die
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Kapitel 4 • Projektdurchführung
Beschriftung und Datierung der Substanzen geregelt sein.
4
Die Sicherheit im Labor umfasst Fluchtwege, Erste-Hilfe-Vorkehrungen, Feuerlöscher und ähnliche Schutzeinrichtungen. Die Sicherheitsdatenblätter zu allen im Labor verwendeten Materialien müssen im Labor gut zugänglich abgelegt sein.Gefahrstoffe werden durch R-Sätze (Risiken) und S-Sätze (Sicherheit) näher charakterisiert. Die Abfallentsorgung wird von einem Abfallbeauftragten überwacht. Eine jährliche Belehrung der Mitarbeiter ist vorgeschrieben.
Die Entsorgung der Abfallstoffe ist entsprechend der Einteilung in 5 Kategorien speziell geregelt. Der Hautschutz zur Vermeidung berufsbedingter Hauterkrankungen ist in der Unfallverhütungsvorschrift geregelt. Vor Projektbeginn sollten die jeweils zuständigen Beauftragten konsultiert werden.
cherheitseinweisung, die jährlich wiederholt werden muss (GefStoffV § 20[2]), gestattet. Die allgemeinen Laborregeln erfassen die Zugangskontrollen, den Konsum von Lebensmitteln, das Schminken, das Tragen von Laborschutzkleidung, die Minimierung der verwendeten Menge an Materialien, die sorgfältige Beschriftung und Datierung der Substanzen im Labor. Zudem ist auf die sorgfältige Reinigung und Desinfektion der Arbeitsplätze zu achten. Fluchtwege müssen unbedingt ausgewiesen und freigehalten werden. Zudem müssen die erforderlichen Erste-Hilfe-Kästen, Feuerlöscher und ähnliche Sicherheitsvorkehrungen regelmäßig überprüft werden. Eine Beschriftung der einzelnen im Labor verwendeten Materialien ist Vorschrift. Zudem muss ein Ordner mit den entsprechenden Sicherheitsdatenblättern zu allen verwendeten Materialien angelegt werden. Es wird unterschieden zwischen toxischen, kanzerogenen, teratogenen, mutagenen und allergisierenden Chemikalien. Eine nähere Charakterisierung der Gefahrstoffe erfolgt über so genannte R-Sätze (Risiken), z. B. R1: »In trockenem Zustand explosionsgefährlich«, R22: »Gesundheitsschädlich beim Verschlucken« und R40: »Reversibler Schaden möglich«. Außerdem über S-Sätze (Sicherheit), z. B. S1: »Unter Verschluss aufbewahren«, S22: »Staub nicht einatmen«, S45: »Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt hinzuziehen«. Auch die Abfallentsorgung, insbesondere die Entsorgung von Sondermüll, ist speziell geregelt und wird von einem Abfallbeauftragten überwacht (§ 11 AbfG). Auch hier ist eine jährliche »Müllbelehrung« der Mitarbeiter erforderlich. Die infektiösen Abfälle können in 5 Kategorien eingeteilt werden: 5 Haus- und Restmüll, 5 krankenhausspezifische Abfälle, 5 infektiöse Abfälle, 5 Sonderabfälle (Chemikalien), 5 medizinische Abfälle (Körperteile, Organabfälle, Blut/ Blutkonserven). Die Lagerung und Entsorgung der einzelnen Abfallstoffe ist entsprechend der einzelnen Kategorien speziell geregelt. Darüber hinaus gibt es weitere Vorschriften, wie z. B. den Hautschutzplan, welcher den Hautschutz zur Vermeidung berufsbedingter Hauterkrankungen gesetzlich regelt. Die Unfallverhütungsvorschrift GUV 0.1 »Allgemeine Vorschriften« besagt hierzu in § 4: »Der Arbeitgeber hat geeignete persönliche Schutzausrüstung zu stellen« und in § 14: »Die Arbeitnehmer haben die zur Verfügung gestellten persönlichen Schutzausrüstungen zu benutzen.« Um eine Einhaltung aller Regeln zu gewährleisten, sollten vor Beginn der Labortätigkeit im neu beantragten Projekt die jeweiligen zuständigen Beauftragten konsultiert werden, um den speziellen und für die einzelnen Projekte teils unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden.
4.2 • Einstellung von Mitarbeitern
Zuletzt soll auf die sehr wichtige Dokumentationspflicht hingewiesen werden. Alle durchgeführten Arbeitsschritte müssen im Laborbuch dokumentiert werden. Hierbei ist auch darauf zu achten, dass die Seiten des Buches fortlaufend nummeriert sind, keine Seiten herausgerissen werden und das Laborbuch auch nach Abschluss des Projekts im Labor aufbewahrt werden muss. Eine sorgfältige Dokumentation erleichtert das Erstellen eines Abschlussberichts bzw. die Vorbereitung einer Publikation am Ende des Projekts.
4.2
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4
Die Dokumentation aller Arbeitsschritte erfolgt im Laborbuch. Dieses Dokument bleibt immer im Labor und muss auch über das Projektende hinaus aufbewahrt werden.
Einstellung von Mitarbeitern
Nach erfolgreicher Antragstellung und Bewilligung von Personalmitteln sollten ein Anforderungsprofil erstellt, die Stelle ausgeschrieben und Bewerbungsgespräche geführt werden. Das gilt sowohl für die Anstellung einer studentischen Hilfskraft für ein paar Stunden pro Woche als auch für die Suche nach einer MTA oder einem wissenschaftlichen Mitarbeiter. Im Folgenden soll nun ein Überblick über die Notwendigkeiten bis hin zum ersten Arbeitstag des neuen Mitarbeiters gegeben werden. Warum ist es wichtig, sich Gedanken über die Einstellung von Mitarbeitern zu machen? Da »der neue Mitarbeiter« auf lange Sicht eine Unterstützung sein soll, ist eine optimale Besetzung der freien Stelle vonnöten. Denn nur wenn jedes Rädchen im wachsenden Team ineinander greift, ist eine erfolgreiche Arbeit möglich. Es gilt also, ein möglichst genaues Anforderungsprofil zu erstellen, anschließend auf dem Arbeitsmarkt »die Richtige oder den Richtigen« zu finden und sie oder ihn dann, unter Einhaltung der »Formalitäten« der Universität, für die Arbeitsgruppe zu gewinnen. Bei der Erstellung des Anforderungsprofils sollte man sich klar werden, wen man sucht und welche Aufgaben der neue Mitarbeiter zu erfüllen hat. Es ist dabei auch wichtig, klar zu definieren, welche Qualifikationen mitgebracht werden sollen. Abhängig davon muss man überlegen, ob mit den zugewiesenen Personalmitteln eine qualifizierte Besetzung der Stelle erzielt werden kann. Steht die wissenschaftliche Arbeit im Labor im Vordergrund, so ist das Methodenspektrum, d. h. welche Methoden der Bewerber bereits erlernt und durchgeführt hat, besonders relevant. Eine weitere Aufgabe könnte auch die Einarbeitung bzw. Mitbetreuung von Doktoranden sein. Zudem sollte überlegt werden, welchen Anteil der neue Mitarbeiter bei der Erstellung von Publikationen und neuen Drittmittelanträgen (Fortsetzungsanträgen) spielt. Entsprechend der zu erfüllenden Aufgaben ergeben sich die notwendigen Qualifikationen. Hier sind neben den wissenschaftlichen Fähigkeiten (Methodenspektrum, absolvierte Kurse, Fort- und Wei-
Nach der Bewilligung von Drittmitteln müssen Anforderungsprofile erstellt, Stellen ausgeschrieben und Bewerbungsgespräche geführt werden.Um Unterstützung für das Team zu finden, müssen Stellen optimal besetzt werden. Im Anforderungsprofil werden die Aufgaben sowie notwendige Qualifikationen festgelegt.Entsprechend der Art der genehmigten Stelle (Mediziner, Biologe, Techniker, studentische Hilfskraft) und der Ziele der Arbeitsgruppe sollte ein genaues Aufgabenprofil erstellt werden. Das Aufgabenprofil kann folgende Tätigkeiten umfassen: wissenschaftliche Arbeiten, technische Arbeiten (Routine), Einarbeitung/Betreuung von Doktoranden, Mitarbeit bei der Erstellung von Anträgen/ Publikationen.
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Kapitel 4 • Projektdurchführung
Zu Qualifikationen werden Methodenspektrum, Kurse, Fortbildungen, Publikationen, Sprachkenntnisse, Auslandserfahrung und »soft skills« gezählt. Eine weitere Anforderung kann die Fähigkeit zum eigenständigen und selbstständigen Arbeiten sein.
4
Vor allem befristete Verträge können eine optimale Stellenbesetzung erschweren. Deshalb sollten möglichst Verlängerungsoptionen geschaffen werden. Mit Inseraten, Internetplattformen, Aushängen und Meldung beim Arbeitsamt kann man auf angebotene Stellen aufmerksam machen.
Stellenanzeigen und Inserate sind meist sehr teuer, deshalb sollte man möglichst Gemeinschaftsanzeigen nutzen.
Vor der Einladung zum Vorstellungsgespräch sollten die Bewerbungsmappen sorgfältig durchgearbeitet werden. Richtig geführte Vorstellungsgespräche sind sehr zeitaufwendig! Eventuell kann eine Hospitation oder »Probearbeit« zum besseren Kennenlernen angeboten werden.
terbildungen, Noten, Publikationen) auch Computerkenntnisse und Sprachkenntnisse (Englisch) von entscheidender Bedeutung. Zudem zählen Flexibilität, Teamfähigkeit und Umgang mit Mitarbeitern zu den sehr wichtigen »soft skills«. Nachdem die Anforderungen und die notwendigen Qualifikationen klar definiert wurden, muss geklärt werden, ob die zugewiesenen Personalmittel eine optimale Besetzung der Stelle erlauben. Hierbei spielt für die Bewerber eine Rolle, ob es sich um eine »Haus- oder Drittmittelstelle« handelt und vor allem ob die Stelle auf einen bestimmten Zeitraum befristet ist. Durch Schaffung von Verlängerungsoptionen verhindert man nicht nur das Abwandern von qualifizierten Mitarbeitern und ihren Qualifikationen, sondern schafft auch bessere Voraussetzungen, eine optimale Stellenbesetzung zu erreichen. Um den richtigen neuen Mitarbeiter zu finden, muss man ihn auf die angebotene Stelle aufmerksam machen. Wenn man nicht durch Zufallsbewerbungen oder auch über Empfehlungen (z. B. Kollegen, PJ-Studenten) geeignete Bewerber findet, wo soll man dann inserieren? Anzeigen in Tageszeitungen bzw. speziellen Zeitschriften (auch für MTA) sind häufig effektiv, aber sehr teuer. Vor allem im Internet gibt es aber viel besuchte und häufig auch günstige Stellenmärkte. Auch die Bundesagentur für Arbeit (http://www.arbeitsagentur.de) bietet im Netz eine kostenlose Plattform an. Zuletzt sollte man aber auch die sehr einfache, billige Möglichkeit eines Aushangs nicht vergessen. Ein interessant gestalteter, großer Aushang an gezielter Stelle ist häufig von Erfolg gekrönt. Wer bezahlt die Inserate? Wenn die Anzeige nicht über die Abteilung finanziert wird, sollten die Kosten bereits bei der Antragstellung berücksichtigt werden. Zudem besteht bei Inseraten in großen Zeitschriften die Gefahr, dass sie aufgrund der hohen Kosten häufig sehr klein und einfarbig gestaltet werden und deshalb in der großen Menge von Anzeigen übersehen werden. Viele Universitäten bieten daher die Möglichkeit zu Gemeinschaftsanzeigen. Hier können dann auch die z. T. im öffentlichen Dienst fest vorgeschriebenen Anzeigentextanteile integriert werden. Bestenfalls erhält man auf die Anzeigen mehrere Bewerbungsmappen. Bevor man nun die Bewerber zum Gespräch einlädt, sollten jedoch die schriftlichen Bewerbungen sorgfältig durchgearbeitet werden. Nur wenige Bewerber werden genau das erstellte Anforderungsprofil erfüllen und nur diese sollten dann auch eingeladen werden, wobei man beachten muss: Ein Vorstellungsgespräch ist sehr zeitaufwendig und sollte gut vorbereitet werden! Während des Gesprächs sollte man die eigenen Ziele und die Erwartungen an den Bewerber klar vorstellen (auch der Bewerber sollte sich klar werden, ob er die Anforderungen der Stelle erfüllen kann). Darüber hinaus sollte dem Bewerber genügend Zeit gegeben werden, seine bisherigen Erfahrungen, aber auch seine Ziele darzulegen. Sehr wichtig ist, dass der Bewerber den zukünftigen Mitarbeitern vorgestellt wird. Manchmal
4.3 • Mitarbeiterführung
bietet es sich auch an, ausgewählten Bewerbern die Möglichkeit zur Mitarbeit (Hospitation) für einen halben Tag zu geben, um die Kollegen und das Aufgabenfeld kennen zu lernen. Auf diese Weise kann der Bewerber insgesamt besser beurteilt werden und sich selbst ein umfassendes Bild von der Stelle und seinen zukünftigen Aufgaben machen. Im Falle einer Absage sollte diese möglichst begründet werden. In speziellen Fällen muss bei Absagen der Personalrat bzw. der Schwerbehindertenbeauftragte informiert werden. Was muss vor der Einstellung geklärt werden? Folgende Fragen gilt es vor der Einstellung zu klären: Erlauben die genehmigten Drittmittel auch eine Bezahlung von Überstunden? Anzahl der Urlaubstage? Probezeit? Kündigungsfristen? An was sollte man nun am ersten Arbeitstag denken? Je besser neue Mitarbeiter eingewiesen und angelernt werden, desto besser und effektiver können sie auch ihrer Arbeit nachgehen. Am Anfang sollte ein Arbeitsplatz zugewiesen und der Mitarbeiter den Kollegen vorgestellt werden. Bei der Einweisung ins Labor darf die Belehrung durch den Sicherheitsbeauftragten nicht vergessen werden (s. auch 7 Kap. 4.1). Hat man dann einen motivierten und qualifizierten neuen Mitarbeiter gefunden, so gilt es, diesen an die Arbeitsgruppe zu binden und durch geeignete Mitarbeiterführung für die Arbeit zu motivieren.
4.3
85
4
Absagen sollten begründet werden. Vor der Einstellung müssen mit der Verwaltung wichtige Punkte wie Gehalt, Urlaubstage, Probezeit geklärt werden. Am ersten Arbeitstag erfolgt die Zuweisung eines Arbeitsplatzes, sorgfältige Einarbeitung, Sicherheitsbelehrung und Laboreinweisung.
Mitarbeiterführung
Ziel dieser Ausführungen ist es, Ihnen einige Anregungen zur Überprüfung und Entwicklung eines eigenen Führungsstiles zu geben und dazu Stichworte aus der modernen Führungstheorie auf Ihre Aufgabe als Führungskräfte in der Forschung zu beziehen. Denn Führung fängt nicht erst auf der Chef- oder Oberarztebene an, sondern schon bei der Betreuung von Doktoranden und MTA. Je früher Sie sich damit beschäftigen, desto mehr werden Sie auch in Ihrer persönlichen Entwicklung davon profitieren. »Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr«. Da hier nur ein ganz kurzer Abriss gegeben werden kann, empfiehlt es sich, ein entsprechendes Seminar zu besuchen. Führungstheorien sind Gesellschaftstheorien und insofern kultur- und zeitabhängig und sehr starken Wertewandeln unterworfen. Die sogenannte 4. industrielle Revolution mit ihren Eckpfeilern kapitalistisch orientierte Weltwirtschaft, Informationstechnologie und Globalisierung verlangt nach allgemeiner Ansicht anstelle autoritärer Hierarchien lern- und wandlungsfähige Teams und umschreibt dies mit Begriffen wie Flexibilität, flache Hierarchien, rascher Wandel und Kreativität, aber auch Zeit- und Konkurrenzdruck. Führung wird heute am ehesten als Organisation von Lernprozessen, Förderung der Mitarbeiter zu Selbstverantwortung und Motivation zum Erreichen gemeinsamer Ziele verstanden. Dies wird auch für die Medizin und
Mitarbeiterführung fängt bei der Betreuung von Doktoranden/MTA an.
Führung heißt heute: 5 Organisation von Lernprozessen, 5 Motivation von Mitarbeitern, 5 Erreichen gemeinsam festgelegter Ziele.
86
Kapitel 4 • Projektdurchführung
Kohäsion und Lokomotion sind die zwei wichtigsten Führungsfunktionen.
4
die Forschung postuliert. Gerade in der Forschung ist ein Klima zu schaffen, das Offenheit, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Genauigkeit und Kreativität erlaubt, der Komplexität von Forschungsprozessen gerecht wird und dynamisch und leistungsorientiert ist. Werte/Visionen, Ziele und Personen sind immer wieder aufeinander zu beziehen. Dadurch entsteht verantwortliches, sachgerechtes, menschenwürdiges und persönlich integres Handeln. Von Führungskräften werden letztlich zwei Führungsfunktionen verlangt: 5 Kohäsion = das Herbeiführen und Aufrechterhalten der Stabilität einer Gruppe, 5 Lokomotion = das Beeinflussen einer Gruppe zum Erreichen des Gruppenzieles. Bei der Kohäsion geht es um die Vermittlung von Sinn und Identität, um die Zusammengehörigkeit und die menschlichen Aspekte im Arbeitsbezug. Die Lokomotion zielt darauf ab, die Mitarbeiter von den Arbeitszielen zu überzeugen, zu Innovation und Leistung anzuregen; der sachliche Bezug steht hier im Vordergrund. Dafür bedarf es zweier Führungsfähigkeiten: 5 »Social sensibility« = Gespür für das Verhalten von Individuen und Gruppen zu entwickeln, 5 »Action flexibility« = sich auf wechselnde Situationen flexibel einstellen. Solche Vorstellungen von Führung dienen nicht einer Psychologisierung des Alltags oder als Manipulationsanleitung von Mitarbeitern, sondern sie sind Modelle, wie man am besten ziel- und ergebnisorientiert sowie situationsbezogen handelt. Zielorientierung und Mitarbeiterorientierung ermöglichen effizientes Führungsverhalten. Dies kann mit ganz verschiedenen Führungsstilen erreicht werden, die nicht ihrer reinen Form gelebt werden (können) und je nach Situation und Aufgabe »Färbungen« und Mischformen mit fließenden Übergangen aufweisen werden. Beispiel: Sie informieren ihre Mitarbeiter über ihre Absichten. Nachdem gemeinsam über das Problem und die Zielerreichung diskutiert wurde, treffen Sie eine richtungsweisende Entscheidung. Im Wesentlichen unterscheidet man folgende Führungsstile: 5 Autoritärer Stil: Sehr hierarchisch, Chef entscheidet und weist an, Mitarbeiter erhalten nur begrenzte Informationen, viele Kontrollen und Sanktionen. 5 Patriarchalischer Stil: Kombiniert das Autoritäre mit der Fürsorge für die Mitarbeiter ähnlich dem fürsorglichen Vater, nicht frei von einem gewissen Maß an Willkür und mangelnder Transparenz. 5 Laissez-faire-Stil: Verzicht auf klare Vorgaben oder Hilfestellungen; Wohlfühl-Atmosphäre mit wenig Leistungsforderung.
87
4.3 • Mitarbeiterführung
4
Kreislauf der Führung Ziele vereinbaren
Leistungsstandards vereinbaren
Kontrolle als »Holschuld« oder »Bringschuld«
entsprechend dem Reifegrad des Mitarbeiters
Zielerreichung überprüfen
Korrekturmaßnahmen entwickeln
. Abb. 4.1 Der Kreislauf der Führung hilft, Projekte zu strukturieren
5 Kooperativer Stil: Mitarbeiter sind am Entscheidungsprozess beteiligt und dafür umfassend informiert, fachlich begründete Arbeitsteilung, Initiative wird gefördert, Teilaufgaben werden zur selbstständigen Bearbeitung übertragen, Team-Gedanke wird mit Vorgaben verbunden. Ihre eigene Führungseinstellung überprüfen Sie am besten durch das ehrliche Abfragen behindernder oder fördernder »Glaubenssätze«. Nach heutiger Auffassung sind behindernde Glaubenssätze z. B. »Ich muss alles unter Kontrolle haben. – Ohne mich läuft der Laden nicht. – Ich muss es allen Mitarbeitern recht machen. – Bevor ich es meinen Mitarbeitern erkläre, kann ich es schneller selber machen«. Als fördernde Glaubenssätze sind anerkannt: »Ich vertraue auf die Eigenverantwortung jedes Einzelnen. – Meine Mitarbeiter sind so qualifiziert, dass sie auch wissen, was zu tun ist, wenn ich nicht da bin. – Meine Mitarbeiter lernen mehr, wenn ich auch Konflikte riskiere. – Wenn ich delegiere, qualifiziere ich meine Mitarbeiter und schaffe mir selbst Freiräume«. Selbst für scheinbar banale Aufgaben wie die Betreuung einer Doktorarbeit, die Leitung eines kleinen experimentellen Labors oder die Organisation einer klinischen Studie lohnt es sich, den sog. Kreislauf der Führung als Struktur zur Durchführung des jeweiligen Projekts zugrunde zu legen (. Abb. 4.1): Bei der Zielvereinbarung kann man z. B. nach der GROW-Methode vorgehen: G = Ziele (»goals«) vorbereiten und vereinbaren, R = Realität prüfen, O = Optionen prüfen, W = Handlungsplan (»word«) festlegen.
Ihren eigenen Führungsstil charakterisieren Sie am besten durch die ehrliche Abfrage von »Glaubenssätzen«.
Zielvereinbarungen sind nach der GROW-Methode standardisierbar.
88
Kapitel 4 • Projektdurchführung
Leistungskontrolle ist der Schlüssel zum Erfolg Ihres Führungsmodells.
Der Reifegrad von Mitarbeitern ist projektbezogen.
4
Reifegradorientierte Führung bedeutet, dem einzelnen Mitarbeiter gerecht zu werden.
Eine Problemanalyse bei nicht erreichten Zielen lässt sich am besten in Frageform vornehmen.
Leistungsstandards sind nach Qualität, Quantität und Zeitschiene genau zu definieren, z. B. durch Arbeits- und Prüfanweisungen. In der Kontrolle liegt der Schlüssel zum Erfolg Ihres Führungsmodells, Ihres konkreten Führungsverhaltens und der Motivation Ihrer Mitarbeiter. Kontrollen üben Sie z. B. durch regelmäßige, vorbereitete Gruppensitzungen mit schriftlichem Protokoll, etwa in Form von wöchentlichen Laborbesprechungen, Führen eines Laborbuches, klinikinterner Präsentation zum Fortgang des Projekts etc. aus. Wie Sie die einzelnen Mitarbeiter einbeziehen, hängt von ihrem Reifegrad ab. Dieser ist von den vereinbarten Zielen abhängig (z. B. kann ein Facharzt für Chirurgie einen hohen Reifegrad für das selbstständige Operieren und einen niedrigen Reifegrad für das experimentelle Arbeiten haben) und wird deshalb von den Fähigkeiten und Fertigkeiten, dem Wissen sowie der Motivation und dem Verantwortungsbewusstsein für das jeweilige konkrete Projekt bestimmt. Den Reifegrad festzustellen, ist gar nicht so einfach. Er wird am besten im gemeinsamen Gespräch anhand der konkreten Aufgabe ermittelt. Reifegradorientierte Führung bedeutet bei niedriger Reife: Informieren – Unterweisen – Strukturieren; bei mittlerem Reifegrad: Überzeugen und Beteiligen und bei hohem Reifegrad: Delegieren von Verantwortung, Kompetenz, aber auch Erfolg. Bei niedrigem Reifegrad (das ist kein Werturteil!) haben Sie meist eine Bringschuld –Sie müssen den Mitarbeiter motivieren, anleiten und ihm helfen (z. B. Doktoranden). Bei hohem Reifegrad liegt eher eine »Holschuld« vor: Ihr Mitarbeiter wird Ihnen berichten, das Projekt verantwortlich weiterbringen und Sie entlasten (z. B. erfahrene MTA). Zielerreichung: Ist das Ziel erreicht, d. h. alle Aufgaben sind in dem vorgegebenen Zeit-, Sach- und Personalrahmen erfüllt worden, dürfen Sie sich freuen. Ist das Ziel jedoch nicht erreicht, nehmen Sie eine Problemanalyse vor, am besten mit Hilfe der folgenden Fragen und gemeinsam mit allen Beteiligten: Liegt ein Weiß-nicht-, Kann-nicht-, Will-nicht-, Darf-nicht-, Zeit-, Ressourcen-kombiniertes Problem vor? Hier sind Sie gefordert, genau in ihre Mitarbeiter hineinzuhören: gerne wird ein »weiß nicht« für ein »will nicht« vorgeschoben; hinter »darf nicht« kann ein ernstes Konkurrenzproblem stecken; die notwendige Ruhe und Zeit für die Forschung aus dem klinischen Alltag abzuzwacken ist ein Dauerproblem des forschenden Chirurgen, und wozu sind dann die notwendigen personellen und sachlichen Ressourcen tatsächlich an Ort und Stelle? Sind Sie und Ihre Mitarbeiter sich in der Problemanalyse einig, entwickeln Sie daraus wiederum das Ziel zur Lösung des Problems möglichst konkret nach Muss- und Wunschziel. Sammeln und bewerten Sie gemeinsame Lösungsmöglichkeiten, analysieren Sie deren Risiko und legen Sie dann den Aktionsplan, gegliedert nach Prioritäten, fest.
4.4 • Arbeits- und Prüfanweisungen
Mitarbeiterführung ist ein in der Medizin noch vernachlässigtes, weil unterschätztes Aufgabengebiet. Viele medizinische Chefs auf unterschiedlichen Hierarchiestufen versagen nicht wegen fachlicher, sondern wegen menschlicher und Führungsinkompetenz. Führen kostet Zeit, ist in der Medizin sicherlich auch aufgrund unserer historischen politischen Erfahrungen mit Abwehr besetzt oder unreflektiert und erscheint lästiger als »Vor-sich-hin-Operieren« oder »Vor-sich-hin-Forschen«. Abwehrhaltungen, die Ausdruck finden in Kommentaren wie »Überflüssiges, unakademisches überhöhtes Gequatsche. – Es reicht doch der gesunde Menschenverstand. – Was wollen Sie mit Führungsmethoden aus der Industrie im Öffentlichen Dienst/in der Medizin? – Haben Sie das nötig?« sind auf allen Hierarchieebenen anzutreffen und machen Ihnen sicherlich oft das Leben schwer. Trotzdem: Nach unserer Auffassung sind Menschen unser wertvollstes Kapital. Eine gute Führung Ihrer Mitarbeiter wird deshalb Zinsen tragen. Für Sie.
4.4
Arbeits- und Prüfanweisungen
4.4.1
Biomechanik
Die Arbeits- und Prüfanweisung dient dazu, alle wichtigen Arbeitsabläufe reproduzierbar und nachvollziehbar zu beschreiben. Damit kann sichergestellt werden, dass Projekte beim Wechsel von Mitarbeitern, z. B. durch Krankheit, Urlaub oder Weggehen ordnungsgemäß weitergeführt werden. Gut dokumentierte Arbeitspläne erlauben auch Jahre nach Abschluss eines Projekts eine Wiederholung durch ein neues Projekt unter vergleichbaren Bedingungen. Sollten in einer Studie Fehler auftreten, ist bei einem gut dokumentierten Arbeitsablauf die Fehlersuche besser möglich. z
89
4
Mitarbeiterführung wird in der Medizin vernachlässigt.
Menschen sind unser wertvollstes Kapital.
Alle wichtigen Arbeitsabläufe sind reproduzierbar und nachvollziehbar zu beschreiben, um Verzögerungen und Fehler im Projektablauf zu vermeiden, wie sie z. B. bei Personalwechsel auftreten können.
Dokumentform
Alle Dokumente, die im Rahmen eines Projekts erstellt werden, sollten eindeutig zuzuordnen sein. Dies kann z. B. dadurch geschehen, dass ein Projekt eine Nummer oder/und einen Namen erhält und diese auf allen Dokumenten angegeben sind. Zusätzlich sollten Angaben zu dem Auftraggeber (z. B. DFG, BMBF oder Industrie), verantwortlichen Projektleiter oder Koordinator und weiteren beteiligten Mitarbeitern gemacht werden. Es ist außerdem sinnvoll, anzugeben, wer das Dokument, wie z. B. den Arbeitsplan, erstellt hat (Verfasser) und wer diese Information erhalten soll (Verteiler). Da solche Dokumente häufig geändert werden, ist es sehr wichtig, das Datum der letzten Änderung anzugeben. Bei Arbeitsplänen, die mehrere Seiten füllen, ist es ratsam, die fortlaufende Seitenzahl und Gesamtseitenzahl in der Fußzeile anzugeben, da es sonst geschehen kann, dass einzelne Seiten verloren gehen und
Alle Dokumente eines Projekts sollten durch eine Bezeichnung eindeutig dem Projekt zuzuordnen sein und alle erforderlichen Informationen für die am Projekt beteiligten Mitarbeiter beinhalten.
90
Kapitel 4 • Projektdurchführung
dies nicht bemerkt wird. Die Kopf- und Fußzeilen eines Arbeitsplanes können entsprechend dieser Vorschläge folgendermaßen aussehen: 5 Projektnummer, 5 Projektbezeichnung, 5 Auftraggeber, 5 Projektleiter, 5 Mitarbeiter, 5 Verteiler, 5 Verfasser, 5 Seite 1 von 3, letzte Änderung 01.01.2010.
4
z
Kurze Zielbeschreibung
Da technische Mitarbeiter meistens nur einen spezifischen Arbeitsplan erhalten und über die Gesamtplanung im Allgemeinen keine Informationen erhalten, kann es sinnvoll sein, auch auf dem Arbeitsplan einen kurz gefassten Einblick in die Ziele des Projekts zu geben. z Materialien sind eindeutig zu identifizieren und zu bezeichnen. Bedingungen für den Transport und die Lagerung von Materialien müssen berücksichtigt werden.
z Alle Verfahren zum Studienablauf, zu Messverfahren und Auswerteverfahren sind zu beschreiben. Eine Liste der verwendeten Hilfsmittel, Geräte und Software ist zu erstellen. Es ist sicherzustellen, dass alle Messgeräte ordnungsgemäß kalibriert sind.
Materialien
Die verwendeten Materialien sind genau zu beschreiben und Angaben zur eindeutigen Identifizierung zu machen. Manchmal wird es erforderlich sein, die Materialidentifikation zu verschlüsseln, wie es z. B. bei Patientenproben der Fall ist. Außerdem ist es für einige Untersuchungen sinnvoll, das Datum der Lieferung der Materialien und des Abschlusses der Prüfung zu dokumentieren. Dies gilt insbesondere für Materialien, die nur eine begrenzte Haltbarkeit haben oder sich während der Lagerung verändern. Hierzu gehören auch Angaben über die Transport- und Lagerbedingungen. Methoden
Die anzuwendenden Methoden sollten so detailliert beschrieben werden, dass auch bei wechselndem Personal stets ein reproduzierbares Ergebnis erzielt werden kann. Dazu gehört eine Beschreibung des Arbeitsablaufs, der verwendeten Hilfsmittel und eine Liste der eingesetzten Geräte. Die Geräteliste sollte Angaben über den Gerätetyp, den Hersteller, die Seriennummer, die Messgrößen und Messgenauigkeiten beinhalten. Bei Messgeräten ist zu überprüfen, ob die Kalibrierung in regelmäßigen Abständen erfolgte und noch nicht zu lange zurückliegt. Ist dies nicht gesichert, so sollte vor Versuchsbeginn eine neue Kalibrierung erfolgen und diese dokumentiert werden. z
Dokumentation
Zu den Methoden zählen auch die Verfahren, die angewendet werden, um die erzielten Messwerte zu dokumentieren und auszuwerten. Die Dokumentation kann in Papierform oder elektronisch erfolgen. Häufig werden beide Formen angewendet, wobei es wichtig ist, im Arbeitsplan genau zu vermerken, wo die Ergebnisse dokumentiert sind. Bei Änderungen muss sichergestellt sein, dass sie in allen Do-
4.4 • Arbeits- und Prüfanweisungen
91
4
kumenten durchgeführt werden und diese Änderung mit Datum vermerkt werden. Die Auswerteverfahren sind genau festzuhalten. Dies können Verfahren sein, die entweder mittels kommerziell verfügbarer oder selbst entwickelter Software vorgenommen werden. Wichtig ist es, die genaue Softwarebezeichnung zu dokumentieren.
4.4.2
Zell- und Molekularbiologie
Wie bei den biomechanischen und tierexperimentellen Projekten soll der Projektplan für zell- und molekularbiologische Projekte alle wichtigen Arbeitsabläufe reproduzierbar und nachvollziehbar beschreiben. Damit kann sichergestellt werden, dass Projekte beim Wechsel von Mitarbeitern ordnungsgemäß weitergeführt werden können und auch Jahre nach Abschluss eines Projekts eine Wiederholung durch ein neues Projekt unter vergleichbaren Bedingungen möglich ist. Sollten in einer Studie Fehler auftreten, ist bei einem gut dokumentierten Arbeitsablauf die Fehlersuche besser möglich. Aufgrund der Komplexität der molekularbiologischen Analyseverfahren sollten die etablierten Methoden bereits in allgemeinen Arbeits- und Prüfanweisungen im Labor definiert sein. Auch Arbeiten in der Zellkultur (z. B. Einfrieren und Auftauen von Zellen, Ablösen der Zellen aus der Kulturschale, Zellzählungen) sollten standardisiert und reproduzierbar durchgeführt werden. Die einzelnen Arbeitsschritte sind dabei in den standardisierten Arbeits- und Prüfanweisungen genau definiert und können im Projektplan zitiert werden. z
Alle wichtigen Arbeitsabläufe sind reproduzierbar und nachvollziehbar zu beschreiben, um Verzögerungen und Fehler im Projektablauf zu vermeiden, wie sie z. B. bei Personalwechsel auftreten können.
Dokumentform
Für alle experimentellen Projekte gilt, dass alle Dokumente, die im Rahmen eines Projekts erstellt werden, eindeutig zuzuordnen sein sollten. Dies kann z. B. dadurch geschehen, dass ein Projekt eine Nummer oder/und einen Namen erhält und diese auf allen Dokumenten angegeben sind. Zusätzlich sollten Angaben zu Auftraggeber (z. B. DFG, BMBF oder Industrie), verantwortlichem Projektleiter oder Koordinator und weiteren beteiligten Mitarbeitern gemacht werden. Die Kopf- und Fußzeilen eines Arbeitsplanes sollten folgende Informationen enthalten: 5 Projektnummer, 5 Projektbezeichnung, 5 Auftraggeber, 5 Projektleiter, 5 Mitarbeiter, 5 Verteiler, 5 Verfasser, 5 Seite 1 von 3, letzte Änderung 01.01.2010.
Alle Dokumente eines Projekts sollten durch eine Bezeichnung eindeutig dem Projekt zuzuordnen sein und alle erforderlichen Informationen für die am Projekt beteiligten Mitarbeiter beinhalten.
92
Kapitel 4 • Projektdurchführung
z
Kurze Zielbeschreibung
Auf dem Arbeitsplan sollte ein kurzer Einblick in die Ziele des Projekts geben werden. z
4
Materialien sind eindeutig zu identifizieren und zu bezeichnen. Bedingungen für den Transport und die Lagerung von Materialien müssen berücksichtigt werden.
Alle Verfahren zum Studienablauf, zu Messverfahren und Auswerteverfahren sind zu beschreiben. Eine Liste der verwendeten Hilfsmittel, Geräte und Software ist zu erstellen. Es ist sicherzustellen, dass alle Messgeräte ordnungsgemäß kalibriert sind.
Materialien und Methoden
Zell- und Gewebeproben sind genau zu beschreiben und Angaben zur eindeutigen Identifizierung zu machen. Zu beachten ist dabei, dass in der Regel eine Rückverfolgung der Proben auf den Spender nicht gegeben sein darf. Entsprechende Vorgaben der Ethikkommission zu Anonymisierungsschritten sind einzuhalten. Die Art des Transportes und der Lagerung der Proben muss ebenfalls, ggf. in standardisierten Protokollen definiert sein. Die anzuwendenden Methoden sollten detailliert beschrieben sein, ggf. kann auf standardisierte Arbeits- und Prüfanweisungen zur Zellkultur oder Analyseverfahren verwiesen werden. Dies gilt auch für verwendete Zellkulturmedien, Lösungen oder Puffer, die standardisiert hergestellt werden müssen. Hierfür können die Arbeitsprotokolle ebenfalls als standardisierte Protokolle im Labor hinterlegt sein und im Projektplan zitiert werden. Insgesamt sollte im Projektplan eine komplette Beschreibung des Arbeitsablaufs, der verwendeten Methoden und eine Liste der eingesetzten Geräte dargestellt werden. Auch bei den zell- und molekularbiologischen Projekten ist bei Messgeräten (vor allem Pipetten und Waagen) zu überprüfen, ob die Kalibrierung in regelmäßigen Abständen erfolgte und noch nicht zu lange zurückliegt. Ist dies nicht gesichert, so sollte vor Versuchsbeginn eine neue Kalibrierung erfolgen und diese dokumentiert werden. z
Dokumentation
Die Dokumentation der Ergebnisse der einzelnen Experimente erfolgt im Laborbuch des jeweiligen Mitarbeiters. Der Projektleiter sollte Kopien in einem Projektordner (in Papierform oder digital) ablegen und archivieren. Wichtig ist eine eindeutige und nachvollziehbare Beschriftung der Dokumente sowie eine Sicherungsstrategie, um Datenverlust zu verhindern.
4.4.3 Die Erstellung von Projektplänen für die Durchführung des Tierversuchsvorhabens orientiert sich an dem im 7 Kap. 1.1 dargestellten allgemein gültigen Flussdiagramm.
Tierexperiment
Der im Folgenden dargestellte Projektplan beschreibt die Arbeitsabläufe für die in der Projektskizze in 7 Abschn. 2.1.3 beschriebenen tierexperimentellen Studie. Praktisch werden jetzt die in der Skizze nur grob angesprochenen Bereiche konkreter ausgeführt. Der Teufel steckt im Detail! Die Erstellung von Projektplänen für die Durchführung des Tierversuchsvorhabens orientiert sich an dem im 7 Kap. 1.1 dargestellten allgemein gültigen Flussdiagramm. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Projektplanes sind bereits erarbeitet oder auf dem Wege: die Projektskizze mit systematischer Literaturrecherche, der
4.4 • Arbeits- und Prüfanweisungen
93
4
Antrag an die Tierversuchskommission, ein Zeit-, Personal- und Finanzplan sowie ein Antrag an eine Forschungsförderungsinstitution. Darüber hinaus wurde ggf. ein Vorversuch durchgeführt, so dass mit der detaillierten Planung der Arbeitsabläufe, der Arbeitsanweisungen und Mess- und Studienprotokolle begonnen werden kann. Alle wichtigen Arbeitsabläufe sind hier reproduzierbar und nachvollziehbar zu beschreiben. Damit kann sichergestellt werden, dass Projekte beim Wechsel von Mitarbeitern, z. B. durch Krankheit, Urlaub oder Weggehen ordnungsgemäß weitergeführt werden. Gut dokumentierte Arbeits- und Verfahrensanweisungen erlauben auch Jahre nach Abschluss eines Projektes eine Wiederholung durch ein neues Projekt unter vergleichbaren Bedingungen. Diese dienen dazu, einen Qualitätsstandard für die Durchführung von Forschungstätigkeiten zu definieren. z
Dokumentform
Alle Dokumente, die im Rahmen eines Projektes erstellt werden, sollten eindeutig zuzuordnen sein. Dies kann z. B. dadurch geschehen, dass ein Projekt eine Nummer oder/und einen Namen erhält und diese auf allen Dokumenten angegeben sind. z
Dokumentkopf
Bezeichnung des Projekts, der möglichen Auftraggeber, Mitarbeiter, zu informierende Personen und kurze Zielbeschreibung. 5 Projektnummer: 001, 5 Projektbezeichnung: Titel des Projekts, 5 Projektleiter: Dr. med. Mustermann, 5 Mitarbeiter: Frau Schmidt, Herr Meier, Frau Müller, 5 Verteiler: Laborleiter, Klinikleiter, 5 Verfasser: Dr. med. Mustermann.
z
Kurze Zielbeschreibung
Da technische Mitarbeiter meistens nur die Arbeits- und Messanweisungen erhalten und über die Gesamtplanung im Allgemeinen nicht im Detail informiert sind, kann es sinnvoll sein, auch auf den Arbeitsund Prüfanweisungen einen kurz gefassten Einblick in die Ziele des Projektes zu geben. z
Projektablauf
Chronologische Darstellung des Projektablaufs; ggf. Hinweis auf möglicherweise durchzuführende Vorversuche. z
Materialien und Arbeitsplan
Die für die Untersuchung notwendigen Tiere werden kommerziell erworben und zunächst für 1 Woche zur Akklimatisation im laboreigenen Tierstall in Gruppenhaltung gehalten. Nach Ablauf dieser
Bezeichnung des Projektes, der Auftraggeber, Mitarbeiter, zu informierende Personen und kurze Zielbeschreibung.
94
Kapitel 4 • Projektdurchführung
. Tab. 4.1 Inhaltsverzeichnis für den »Dokumentenindex Experimentelle Forschung« Inhaltsverzeichnis
4
Untersuchungsmaterial, Beschaffung und Darstellung der einzelnen Untersuchungsschritte. Beschreibung der genutzten Modelle einschließlich der durchzuführenden operativen Verfahren. Beschreibung der Probengewinnung und Kurzdarstellung der weiteren Probenverarbeitung.
Seite
Methodenkompetenz Experimentelle Forschung
VA03-F »Experimentelle Studie«
Interne Arbeitsanweisungen
2
Interne Arbeitsanweisungen Tierlabor
3
Betriebsanweisungen
4
Sicherheits-Datenblätter
5
Gerätebeschreibungen
7
Externe Arbeitsanweisungen/Anleitungen
7
Arbeitssicherheit
8
Gesetze und Verordnungen
9
Vorlagen für Aufzeichnungen
10
Eingewöhnungszeit erfolgt die Randomisierung der Tiere in die Untersuchungsgruppen. Die verwendeten Materialien sind genau zu beschreiben und Angaben zur eindeutigen Identifizierung zu machen. Alle Verfahren zum Studienablauf, zu Messverfahren und Auswerteverfahren sind konkret zu beschreiben. Hierzu gehören: Vorbereitung, Narkoseeinleitung und -führung, Blutabnahmen, Operationsdurchführung, Messungen und Dokumentation. Eine Liste der verwendeten Hilfsmittel, Geräte und Software ist zu erstellen. Es ist sicherzustellen, dass alle Messgeräte ordnungsgemäß kalibriert sind. Hilfreich für die Vorbereitung sind bereits vorhandene Arbeitsund Verfahrensanweisungen für tierexperimentelle Vorhaben, wie sie am Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM) als Ergebnis der Zertifizierung nach ISO 9001 vorhanden sind. In . Tab. 4.1 ist beispielhaft das Inhaltsverzeichnis für den »Dokumentenindex Experimentelle Forschung« dargestellt. Zu den Methoden zählen auch die Verfahren, die angewendet werden, um die erzielten Messwerte zu dokumentieren und auszuwerten. Die Dokumentation kann in Papierform oder elektronisch erfolgen. Häufig werden beide Formen angewendet, wobei es wichtig ist, in der Arbeits- und Prüfanweisung genau zu vermerken, wo die Ergebnisse dokumentiert sind. Im Dokumentenindex existieren hierfür Vorlagen, die verwendet werden sollten. z
Messparameter
Für die Messungen von Plasma- oder Blutproben sollten standardisierte Protokolle zur Verfügung stehen.
4.4 • Arbeits- und Prüfanweisungen
z
95
4
Prozedere und Auswerteverfahren
Aufarbeitung der zu definierten Zeitpunkten entnommenen Blutproben: Zentrifugation, Abpipettieren des Plasmaüberstandes, Fraktionierung und Einfrieren der fraktionierten Proben bis zum Gebrauch. z
Datenablage
5 Daten in Papierform: Projektordner 001 bei Dr. med. Mustermann, 5 Daten in elektronischer Form: Im Verzeichnis Projekt 001 auf dem Server unter Dr. med. Mustermann mit Datum. Kurzdarstellung der Datendokumentation/-archivierung. z
Statistik
Die erhaltenen Datensätze werden unter Einsatz einer multifaktoriellen Varianzanalyse (ANOVA) auf statistisch signifikante Unterschiede hin geprüft und graphisch dargestellt. z
Darstellung der eingesetzten statistischen Verfahren.
Publikation
Die Ergebnisse der dargestellten Untersuchungen werden als Manuskript in einer medizinischen Fachzeitschrift publiziert. Die Reihenfolge der Autoren wurde im Vorfeld geklärt und resultiert aus den entsprechenden Beiträgen zu der Arbeit.
4.4.4
Zusammenfassung der erarbeiteten Ergebnisse in Form eines publizierfähigen Manuskripts und Veröffentlichung.
Klinische Studien
In der klinischen Forschung sind die Begriffe Projektplan, Arbeitsund Prüfanweisungen unüblich. Das zentrale Dokument, das alle wesentlichen Informationen bündelt, wird hier als Studienprotokoll oder Prüfplan bezeichnet. Die wesentlichen Inhalte eines Studienprotokolls sind in . Tab. 4.2 zusammengefasst. Das Studienprotokoll hat insbesondere in der Medikamentenforschung rechtliche Bedeutung, weil anhand dieses Dokuments die Genehmigung der Studie durch Ethikkommission und Bundesoberbehörden erfolgt. Aus diesem Grund sind nachträgliche Änderungen im oder Abweichungen vom Studienprotokoll nicht erlaubt. Ferner muss das Studienprotokoll von allen Studienbeteiligten unterzeichnet werden. Der Umfang eines Studienprotokolls richtet sich nach methodischem Niveau und Größe der Studie und variiert daher sehr stark. Während retrospektive Beobachtungsstudien oft auf wenigen Seiten ausreichend darstellbar sind, umfassen randomisierte klinische Studien inklusive diverser Anhänge meist einige Hundert Seiten Studienprotokoll. Gerade in multizentrischen Studien ist es sehr wichtig mithilfe eines klaren Studienprotokolls eine möglichst einheitliche Studiendurchführung in allen teilnehmenden Kliniken zu gewährleisten [6]. Auch die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse wird erst durch exakte Festlegungen im Studienprotokoll möglich.
Das Studienprotokoll (= Prüfplan) ist für eine klinische Studie von zentraler wissenschaftlicher, rechtlicher und organisatorischer Bedeutung.
Je größer und komplexer eine klinische Studie ist, umso mehr Details müssen im Studienprotokoll festgelegt werden.
96
Kapitel 4 • Projektdurchführung
. Tab. 4.2 Gliederung und wesentliche Inhalte eines Studienprotokolls für eine klinische Studie
4
Kapitelüberschrift
Wesentliche Inhalte
Titelseite
Studientitel, Studienleiter (mit Adresse), Studiennummern, Versionsnummer bzw. Datum
1.
Einleitung
Klinischer Hintergrund zur Studie
2.
Ziel der klinischen Studie
Fragestellung der Studie
3.
Organisationsstruktur
Regelung der Verantwortlichkeiten
4.
Studienplan
4.1.
Allgemeines Studiendesign
Studientyp und Verfahren zur Gruppenbildung
4.2.
Auswahl der Studienpopulation
Ein- und Ausschlusskriterien
4.3.
Behandlungen
Beschreibung der Studienintervention (separat für Interventions- und Kontrollgruppe) sowie der allgemeinen Behandlung vor, während und nach der Studienintervention
4.4.
Zielkriterien
Primärer Endpunkt, sekundäre Endpunkte, Anzahl und Zeitpunkte der Untersuchungen (Visitenplan)
4.5.
Dokumentation und Datenqualität
Art der Datenerfassung, ggf. Überprüfungsmechanismen
5.
Ethische und regulatorische Aspekte
Ethik (mit Verweis auf Anhang), rechtlicher Rahmen, Datenschutz, ggf. Versicherung
6.
Statistische Methoden
Fallzahlplanung, geplante statistische Analysen
7.
Komplikationen/Unerwünschte Ereignisse
Mögliche Komplikationen der Studieninterventionen oder der nachfolgenden Untersuchungen, Nutzen-Risiko-Abwägung
8.
Verwendung der Daten und Publikation
Berichtswesen und Publikation (Autorenschaft, Rechte, etc.)
9.
Literatur
10.
Anhänge
Good Clinical Practice (GCP) definiert für Studien zu Medikamenten und bestimmten Medizinprodukten einheitliche Qualitätsstandards.
Patienteninformation und –aufklärungsbogen, spezifische in der Studie verwendete Fragebögen, technische Manuale oder Gebrauchsinformationen zu Studieninterventionen, etc.
Für Medikamentenstudien und Studien gemäß Medizinproduktegesetz (MPG) sind die offiziellen Bestimmungen unter dem Titel »Good Clinical Practice« (GCP, gute klinische Praxis) europaweit festgelegt worden. Diese Vorschriften sind in ähnlicher Form auch im Arzneimittelgesetz (§§ 40–42), der Berufsordnung der deutschen Ärzte und anderen Empfehlungen fixiert. Eine nach GCP-Standards durchgeführte Studie beinhaltet u. a. eine umfassende Einverständniserklärung, ein Abgleich von Studien- und Rohdaten durch Studienmitarbeiter bzw. den Sponsor (Monitoring bzw. Auditierung), ggf. eine Inspektion der Studie durch eine Behörde, eine Bestandskontrolle der Medikamentenausgabe, eine sofortige Meldepflicht von unerwünschten Ereignissen, einen umfassenden Abschlussbericht, und eine Aufbewahrung der Unterlagen über 15 Jahre.
4.4 • Arbeits- und Prüfanweisungen
Es empfiehlt sich, vor Studienbeginn den Prüfplan einer klinischen Studie von erfahreneren Kollegen durchsehen zu lassen. Neben universitären Instituten für chirurgische Forschung, klinische Epidemiologie, medizinische Statistik oder klinische Pharmakologie sind seit einigen Jahren auch die 15 deutschen Koordinierungszentren für klinische Studien (KKS) sehr kompetent in der Planung und Durchführung von klinischen Studien. Einige KKS haben sich zu einem Netzwerk für chirurgische Studien zusammengeschlossen (CHIRNet), welches vom Studienzentrum der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (SDGC) in Heidelberg geleitet wird [1]. Daneben gibt es viele freie Forschungszentren (englische Abkürzung CRO), die aber ihren Schwerpunkt auf der Medikamentenforschung haben. z
4
Die Koordinierungszentren für klinische Studien (KKS) können beim Verfassen des Studienprotokolls helfen: http://www.kks-netzwerk.de http://www.chir-net.de
Dokumentform
Alle Dokumente zu einer klinischen Studie müssen sich eindeutig dieser Studie zuordnen lassen. Klinische Studien erhalten daher neben dem Studientitel oft auch eine Kurzbezeichung (z. B. ein Akronym). Einrichtungen, die mehr als eine Studie durchführen, sollten auch eine interne Studiennummer vergeben. Für randomisierte Studien ist auch eine ISRCTN (International Standard Randomized Controlled Trial Number) zu beantragen, sowie eine EudraCT-Nummer (European Union Drug Regulating Authorities Clinical Trials) für Medikamentenstudien. Auf der ersten Seite des Studienprotokolls sind neben dem Studientitel sämtliche Nummern zu nennen. Ferner sind der Gesamtverantwortliche (so genannter Sponsor) mit voller Adresse, eine eventuelle finanzielle Förderung der Studie, die Versionsnummer des Protokolls und das Datum anzugeben. Innerhalb des Studienprotokolls sollte jede Seite den Studien(kurz)titel sowie Datum und Versionsnummer in der Kopfzeile tragen. Die Fußzeile sollte eine fortlaufende Seitennummer enthalten und kann zusätzlich den Namen des Sponsors enthalten. Auch alle weiteren Dateien sind in ähnlicher Weise zu kennzeichnen. Die gilt insbesondere für die Patienteninformation/-aufklärung und die Dokumentationsbögen. z
97
Das Titelblatt des Studienprotokolls soll den Studientitel, die Studiennummer (ggf. inkl. ISRCTN und EudraCT), den Sponsor, sowie Version und Datum enthalten.
Über Kopf- und Fußzeile muss jedes zur Studie gehörige Dokument der Studie eindeutig zugeordnet werden.
Studienablauf (Patienten und Methoden)
Während eine Studienskizze die Ein- und Ausschlusskriterien nur nennt, müssen diese im Studienprotokoll möglichst exakt definiert werden. Hierbei muss bedacht werden, dass nicht für jeden Patienten die gewünschten diagnostischen Vorinformationen vollständig vorliegen. Dies muss insbesondere bei multizentrischen Studien berücksichtigt werden, weil hier durch die unterschiedliche apparative Ausstattung der kooperierenden Kliniken unterschiedliche Standards für die Festlegung einer Diagnose existieren. Eine präzise Festlegung der Studieninterventionen ist essenziell, weil hierüber die Variabilität der Ergebnisse minimiert wird [4]. Allerdings ist es gerade bei chirurgischen Studien enorm schwierig, sich mit den oft zahlreichen Studienbeteiligten auf eine einheitliche
Die diagnostischen Maßnahmen, die für Einund Ausschlusskriterien erforderlich sind, müssen spezifiziert werden.
In chirurgischen Studien ist es besonders wichtig, Interventionen möglichst zu standardisieren.
98
Kapitel 4 • Projektdurchführung
Im Studienprotokoll müssen primäre und sekundäre Zielkriterien und deren Diagnostik genau definiert werden.
4
Therapiemethode zu einigen. Hierbei kann man auf formale Konsensustechniken zurückgreifen [3]. Auf die Definition der primären Zielgröße ist besondere Sorgfalt zu verwenden. Auch hier sollte exakt festgelegt werden, wann wer mit welcher Diagnostik prüft, ob ein Zielkriterium erfüllt ist. Wichtig ist es vor allem, fehlende Werte zu vermeiden und eine möglichst reliable Datenerhebung zu erzielen. In abgeschwächter Weise gilt dies auch für sekundäre Zielkriterien. Im chirurgischen Bereich gehören Komplikationen (z. B. Wundinfekt oder Serom) zu den besonders schwierig definierbaren Zielkriterien. Alle Festlegungen zu Zielkriterien sollten den internationalen Standard (z. B. Empfehlungen von Fachgesellschaften oder Behörden, Abgleich mit früheren Studien) berücksichtigen. z
Patienteninformation und Einwilligungserklärung sind aus Patientensicht die zentralen Dokumente zur Studie.
Der Name des Patienten erscheint nur in der Einwilligung und in der Patientenrekrutierungsliste.
Auch die nicht rekrutierten Patienten sollten zahlenmäßig mit erfasst werden.
z Umfang und Verständlichkeit der Datenerfassungsbögen (»CRFs«) entscheiden über den Erfolg einer Studie mit.
Patientenaufklärung und -rekrutierung
Gemäß den rechtlichen und ethischen Regularien (7 Kap. 3.3) sind alle Teilnehmer klinischer Studien über die Studie ausführlich zu informieren und müssen ihr Einverständnis zur Studienteilnahme schriftlich erklären. Hiervon gibt es nur wenige Ausnahmen (z. B. retrospektive Beobachtungsstudien). Üblicherweise werden für Aufklärung und Einverständnis zwei getrennte Papiere von jeweils 4–10 Seiten erstellt. Die Patienteninformation informiert in laienverständlicher Sprache umfassend über die Studie. Die Einverständniserklärung muss die Freiwilligkeit der Studienteilnahme und den Datenschutz erklären. Beide Dokumente müssen Studientitel, Name des Studienleiters, Versionsnummer und Datum enthalten. Sie sind dem Patienten in Kopie auszuhändigen. Sobald ein Patient in die Studie eingewilligt hat, können Randomisation und/oder Studienintervention erfolgen. Alle eingeschlossenen Patienten sollten in einer Liste (»Patient Recruitment Log«) geführt werden, so dass das Studienpersonal sich hier stets informieren kann, welcher Patientenname zu welcher Patientennummer gehört. Aus Gründen des Datenschutzes sind die Einwilligungserklärung und die Patientenliste die einzigen studienbezogenen Dokumente, die den Namen des Patienten tragen. Sollten Patienten aufgrund ihrer Diagnose zwar prinzipiell für die Studie in Frage kommen (»Eligibilität«), aber aufgrund von Ausschlusskriterien nicht rekrutiert werden, können diese Fälle separat und anonym registriert werden, um später einen Überblick über die Selektion der Studienpatienten gewinnen zu können. Hierzu gehören auch die Patienten, die nicht in die Studie einwilligen. Dokumentation
Im Regelfall sind alle studienbezogenen Daten in den Patientenakten, den so genannten Quelldaten, vorhanden. Für die Studie müssen die Daten nun übernommen werden, was entweder direkt in elektronischer Form oder über Papierbögen erfolgen kann. Derlei Papierbögen, die auch als Patientendokumentationsbögen oder Case Report
Literatur
Forms (CRFs) bezeichnet werden, sind derzeit noch sehr gebräuchlich. Formal müssen diese Dokumentationsbögen ebenfalls in Kopf-/ Fußzeile eindeutig der Studie, der Klinik oder Abteilung und dem Patienten zuordenbar sein. Gerade bei multizentrischen Studien ist es wichtig, dass für die Datenerhebung möglichst kurze, übersichtliche und allgemeinverständliche Erhebungsbögen verwendet werden. Bei aufwendigeren Studien sind CRFs mit automatischem Durchschlagspapier üblich, so dass Studienleiter und Studienarzt stets die gleiche Information in den Händen halten [2]. Damit aus den erhobenen Daten später statistische Analysen gerechnet werden können, sollte die Datenerhebung primär über dichotome (z. B. Fieber ja/nein), kategorielle (z. B. kein, unsicher, sicher), ordinale (z. B. kein Fieber, leichtes Fieber, hohes Fieber) oder kontinuierliche (Fieber in °C) Variablen erfolgen. Wenn eine Variable nur offen abgefragt wird (»Fieber?«), ohne dass Antwortkategorien vorgegeben werden, wird die Datenerhebung dann in ganz unterschiedlichen Formaten erfolgen, die letztendlich nicht verwertbar sind. Textvariablen sollten sparsam erfasst werden. Zum Teil ist es erforderlich, festzulegen, wer welche Informationen erfassen darf. In einzelnen Studien ist es daher üblich, dass bestimmte Einträge (z. B. zu Komplikationen und deren mutmaßlicher Ursache) nur von ausgewählten Personen (z. B. Fachärzten) vorgenommen werden dürfen. Andere Einträge dagegen, die nur aus der klinischen Routinedokumentation abgeschrieben werden müssen, können auch von nichtärztlichen Mitarbeitern vorgenommen werden [5]. Letztendlich aber muss der Studienarzt die gesamte Dokumentation zur Studie überwachen und bei Medikamentenstudien auch regelhaft per Unterschrift als vollständig und korrekt bestätigen. Wichtig ist auch, dass die Dokumentation zeitnah erfolgt, damit nicht erst bei der retrospektiven Datenerfassung aus der Patientenakte festgestellt wird, dass wichtige Daten nicht erhoben wurden.
Literatur Literatur zu Kapitel 4.3 1 2 3 4
Langmaack B, Brunne-Krickau M (2000) Wie die Gruppe laufen lernt. Beltz, Weinheim 2000 Malik F (2000) Führen Leisten Leben, 6. Aufl. DVA, Stuttgart Rosenstiel L v, Regnet E, Domsch M (2003) Führung von Mitarbeitern. Schäffer-Poeschel, Stuttgart Whitmore J (1994) Coaching für die Praxis. Campus, Frankfurt
Literatur zu Kapitel 4.4 1
Fischer L, Bruckner T, Diener MK, Kadmon M, Wente MN, Sauerland S, Seiler CM (2009) Four years of teaching principles in clinical trials: A continuous evaluation of the postgraduate workshop for surgical investigators at the study center of the German Surgical Society. J Surg Educ 66: 15–19
99
4
Die Datenerfassung braucht klar vorgegebene Antwortkategorien.
Teile der Datenerfassung können und sollten an nichtärztliches Personal delegiert werden.
100
Kapitel 4 • Projektdurchführung
2 3 4 5
6
4
Herschel M (2009) Das KliFo-Buch – Praxishandbuch Klinische Forschung. Schattauer, Stuttgart Neugebauer EAM (1999) Development of a consensus-assisted protocol: A new approach to improve study design. Eur J Surg (Suppl) 584: 7–11 Neugebauer E, Rothmund M, Lorenz W (1989) Konzept, Struktur und Praxis prospektiver klinischer Studien. Chirurg 60: 203–213 Otto C, Siewe J, Zarghooni K, Kaulhausen T, Sauerland S, Eysel P, Cornely OA (2010) Klinische Forschung in der Orthopädie: Aufbau eines Studienzentrums in der Orthopädie/Unfallchirurgie. Z Orthop Unfall 148: 145–148 Schumacher B, Schulgen G (2008) Methodik klinischer Studien: Methodische Grundlagen der Planung, Durchführung und Auswertung, 3. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio
101
Projektauswertung R. Lefering und S. Sauerland
5.1
Datenerfassung und Beschreibung – 102
5.2
Grafische Darstellung – 106
5.3
Statistische Analysen – 112 Literatur – 121
5
102
Kapitel 5 • Projektauswertung
5.1
Datenerfassung und Beschreibung
Die statistische Auswertung einer Studie oder eines Experiments ist das »Ernten« der Früchte, die man mit viel Zeitaufwand gesät hat. Aber vor der Anwendung statistischer Verfahren liegen die nicht zu unterschätzenden Schritte der Datengewinnung und Dokumentation. z
5 Die Datenerfassung beginnt bereits vor Durchführung der Studie.
Prinzipien der Datengewinnung und Dokumentation: 5 einheitlich, 5 vollständig, 5 richtig, 5 eindeutig, 5 objektiv, 5 reliabel, 5 verständlich.
Die Bögen zur Datenerhebung sind mit großer Sorgfalt zu erstellen, da nachträglich Fehler oder Versäumnisse kaum zu korrigieren sind.
Dokumentation
Jede Studie und jedes Experiment produziert Daten, und das Endergebnis kann nur so gut und valide sein, wie der gesamte Prozess der Datengewinnung und Dokumentation. Die Kette reißt an ihrer schwächsten Stelle, daher sind alle Punkte wichtig: die »Daten-Produktion« (das Messen, der Fragebogen etc.), die Dokumentation und die zumeist elektronische Weiterverarbeitung und Aufbereitung der Daten. Die Kette beginnt bereits vor Durchführung der Studie mit der Festlegung der zu erhebenden Daten. Auch muss die Art und Weise der Erhebung im Voraus festgelegt werden (z. B. wie wird postoperativ die Schmerzintensität erhoben: Welche Schmerzskala? In Ruhe oder in Bewegung? Zu welchem Zeitpunkt? Durch wen?). Auch bei experimentellen Untersuchungen muss vor Studienbeginn festgelegt werden, welche Daten wann von wem dokumentiert werden. Um eine möglichst valide Basis für die Auswertung zu schaffen und die Rate möglicher Fehler zu minimieren, sollte die Datengewinnung und -dokumentation gängigen Prinzipien folgen: Sie sollte einheitlich, vollständig, richtig, eindeutig, objektiv, reliabel und verständlich sein. Obwohl diese Prinzipien selbstverständlich erscheinen, lohnt sich die Mühe, die einzelnen Dokumentationsschritte wie auch die zu dokumentierenden Daten kritisch anhand dieser Kriterien zu prüfen. Im Nachhinein festgestellte Versäumnisse lassen sich rückwirkend kaum korrigieren. Bei der Auswahl der zu dokumentierenden Daten sollte darauf geachtet werden, dass möglichst bekannte und etablierte Scores, Skalen, Einteilungen, Graduierungen, Definitionen oder Klassifikationen benutzt werden. So erhobene Ergebnisse lassen sich dann später viel leichter kommunizieren und publizieren. Der klassische Weg der Datenerhebung läuft über eine papiergestützte Dokumentation, d. h. es werden Fragebögen oder Protokolllisten erstellt, die alle Studiendaten, zumeist in der konsekutiven Folge ihrer Erhebung, abbilden. Werden Teile dieser Bögen direkt vom Patienten ausgefüllt, ist besondere Sorgfalt auch auf ihre äußere Gestaltung (Wortwahl, Schriftgröße, Optik etc.) zu legen. Ein kleiner Probelauf mit Freunden oder Bekannten (Nichtmediziner!) liefert hier oft hilfreiche Verbesserungsvorschläge. Aber auch Erhebungsbögen, die nur von Studienbeteiligten ausgefüllt werden, sollten hohen Anforderungen genügen, denn eine nachträgliche Fehlerkorrektur ist sehr aufwendig und oft nicht möglich. Hier einige Tipps zur optimalen Gestaltung von Erhebungsbögen:
5.1 • Datenerfassung und Beschreibung
103
5
5 jedes Dokumentationsblatt eindeutig kennzeichnen (Studiennummer, Datum), 5 optisch strukturieren, 5 Platz für Einträge deutlich kennzeichnen (Kästchen, Linien), 5 ggf. erklärende Texte oder Definitionen hinzufügen, 5 Maßeinheiten angeben, 5 Zahlenformate festlegen (Nachkommastellen), 5 Hinweis, was bei fehlenden Angaben zu tun ist, 5 evtl. Freitextangaben (werden in der Regel nicht per EDV ausgewertet). Durch den Fortschritt der Computertechnologie wird zunehmend die Erhebung der Studiendaten direkt per Computer durchgeführt, um damit den Aufwand der Erstellung von Datenerfassungsbögen zu sparen. Insbesondere bei experimentellen Studien lässt sich so ein Dokumentationsschritt sparen. Vorteil der direkten Computereingabe ist neben der Möglichkeit der Fehler- und Vollständigkeitskontrolle bei der Eingabe auch die die Verfügbarkeit der Daten für Zwischenauswertungen. Bei direkter Erfassung mit dem Computer sollte aus Gründen der Datensicherung ein Ausdruck der Daten angefertigt und abgelegt werden. z
Datenverarbeitung
Die Überlegungen zur Übertragung der Daten in den Computer müssen bei direkter Erfassung per Computer bereits vor Studienbeginn, andernfalls im Laufe der Datenerhebung geklärt werden. Die Wahl der Software spielt dabei eine nicht ganz so ausgeprägte Rolle, denn es gibt vielfältige Softwarelösungen auf dem Markt (auch als Public Domain). Eine spezielle Datenbanksoftware ist hier jedoch gegenüber einer allgemeinen Tabellenkalkulation wie Excel vorzuziehen, da diese durch die Vorgabe beispielsweise von erlaubten Bereichen helfen, Fehleingaben zu vermeiden. Wichtiger als die Software ist, sich über die prinzipielle Struktur der Datenbanken Gedanken zu machen. Fallen die Daten pro Patient nur einmal an, oder wiederholen sich die Daten, z. B. täglich, oder bei mehreren Nachuntersuchungen oder Messreihen? Jeder Eintrag in einer Datenbank ist eindeutig zu kennzeichnen, z. B. über die Studiennummer, evtl. in Kombination mit dem Erhebungstag. Dies gilt parallel auch für experimentelle Untersuchungen, wo häufig Probennummer, Messzeitpunkt oder die Versuchsreihe zur Kennzeichnung verwendet werden. So kann der gesamte Datenumfang auf mehrere einzelne Datenbanken verteilt vorliegen. Es ist auch zu überlegen, welche Daten in die Datenbank aufgenommen werden sollen. Für jeden erhobenen Messwert oder jeden Befund ist eine Variable anzulegen und zu benennen. Prinzipiell macht es nur für solche Daten Sinn, die man auch mit Hilfe statis-
Eine spezielle Datenbanksoftware zur Dateneingabe ist unbedingt empfehlenswert.
104
5
Kapitel 5 • Projektauswertung
tischer Verfahren auswerten kann. Freitextangaben machen nur bedingt Sinn, es sei denn, man gruppiert und kodiert sie. Ferner sollte zu jeder Datenbank immer ein »Data Dictionary« angelegt werden. Dies ist eine Übersicht über alle Variablen einer Datenbank und erläutert Inhalt, Datenformat und gegebenenfalls die Bedeutung der verwendeten Codes (z. B. 1 = ja; 2 = nein). Mit einem Data Dictionary kann jemand auch Jahre nach dem Experiment noch nachvollziehen, was die Daten in der Datenbank bedeuten. Plausibilitätsprüfungen können bereits bei der Dateneingabe durchgeführt werden, wenn die Software dieses erlaubt (Wertebereiche, Zeitfolgen etc.). Die Fehlerrate bei der Dateneingabe (Tippfehler etc.) liegt bei etwa 1%. Bei 20 Patienten mit jeweils 50 Daten ist daher etwa mit 10 Eingabefehlern zu rechnen. Daher wird eine Doppeleingabe aller Daten gefordert. Generell können Fehler auf jeder Stufe der Datengewinnung entstehen, von der Messung über die Erfassung bis zur Auswertung. Nicht jede Fehleingabe ist relevant, und zufällige Tippfehler erfolgen nicht gerichtet. Schwerwiegender sind aber systematische Fehler bei der Datenerhebung, z. B. eine uneinheitliche Kodierung bei mehreren Erhebern. z
Beginn der Auswertung
Vor Beginn der Auswertungen müssen alle Variablen Stück für Stück überprüft werden. Hierzu eignen sich Häufigkeitsauszählungen, aber auch grafische Methoden wie Histogramme oder Box-Plots zur Identifizierung von Extremwerten. Solche Extremwerte, wenn sie nicht auf Tipp- oder Messfehler beruhen, dürfen nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden. Scatter-Plots können den Zusammenhang zweier Variablen verdeutlichen (7 Kap. 5.2). Fehlende Werte stellen einen Mangel dar, der sich auch durch ausgefeilte Methoden im Nachhinein kaum ausgleichen lässt. Prinzipiell ist also eine gewissenhafte Datenerhebung mit einer (evtl. unabhängigen) Vollständigkeitskontrolle die beste Methode zur Vermeidung fehlender Daten. Sollten trotzdem fehlende Daten in der Datenbank vorliegen, kann man generell zwei Wege gehen: 1. Ausschluss der Patienten/Fälle mit fehlenden Daten und Betrachtung nur der Fälle mit vollständigen Daten (»Complete Cases Analysis«) oder 2. Anwendung von Verfahren zum Ersetzen fehlender Werte (»Imputation«). Beide Optionen besitzen Nachteile: Die Complete Cases Analysis lässt vorhandene Informationen unberücksichtigt, und beim Ersetzen fehlender Werte können Ergebnisse »künstlich« verfälscht werden. Als Methoden für das Ersetzen fehlender Werte stehen folgende Optionen zur Verfügung:
105
5.1 • Datenerfassung und Beschreibung
Rohdaten 5, 6, 8, 9, 10, 10, 12, 13, 15, ... . Mittelwert = 10
.
.
. .
10, 10, 10, 10, 10, 10, ... 9, 9, 9, 10, 10, 10, 11, 11, 11, ... 0, 0, 0, ... 20, 20, 20, ...
. Abb. 5.1 Informationsreduktion durch statistische Kennwerte
5 Mittelwert: Dabei wird der fehlende Wert mit dem Durchschnitt der vorhandenen Messwerte ersetzt. Dieses Verfahren ändert den Mittelwert nicht. 5 LOCF: Dieses Kürzel steht für »last observation carried forward« und bedeutet, dass bei Wiederholungsmessungen so lange der letzte Messwert fortgeschrieben wird, bis ein neuer gültiger Messwert vorhanden ist. 5 Kontextbezogenes Ersetzen: Bei dieser Methode wird versucht, aus anderen Angaben desselben Falles den vermutlichen Wert an der Fehlstelle herzuleiten. Wenn beispielsweise ein Patient eine Frage in einem Fragebogen nicht beantwortet hat, kann man aus den Antworten zu ähnlichen Fragen den vermutlichen Wert ableiten. In jedem Fall gehören die Angabe der Rate fehlender Werte wie auch die Beschreibung der verwendeten Methode zum Umgang damit (z. B. die Ersetzungsmethode) in den Studienbericht. Für wichtige Zielgrößen sollte man den Umgang mit fehlenden Daten bereits im Studienprotokoll/Projektplan festlegen. z
Deskriptive Statistik
Die deskriptive oder beschreibende Statistik hat die Aufgabe, den großen Umfang der gewonnenen Daten »lesbar« zu machen. Kaum jemand kann die in den Rohdaten enthaltene Information erkennen, wenn er auf eine Matrix von Tausenden von Zahlen schaut. Erst das Auszählen von Ereignissen, das Verknüpfen mit anderen Ereignissen, die Berechnung von Durchschnittswerten oder die Identifizierung von Extremwerten ermöglichen einen Zugang zu den Studienergebnissen. Es darf aber nicht vergessen werden, dass bei einer statistischen Komprimierung der Daten in wenige kennzeichnende Größen eine Reduktion des Informationsgehalts stattfindet. Ein Mittelwert von 10 kann beispielsweise aus vielen unterschiedlichen Rohdaten hervorgehen (. Abb. 5.1). Es liegt in der Verantwortung des Auswertenden, diese Reduktion möglichst »ehrlich« vorzunehmen.
5
106
Kapitel 5 • Projektauswertung
Bei kategoriellen Daten Fallzahl und Prozente angeben, bei Messwerten ein Lage- und ein Streumaß.
SE=SD/√n
5
Dichotome Größen, Indikatorvariablen (kodiert als 0/1) oder kategorielle Daten werden als Häufigkeiten mit Prozentangabe dargestellt, für stetige Messwerte wird in der Regel ein Lagemaß und ein Streumaß angegeben. Lagemaße sind z. B. der Mittelwert oder der Median. Der Median ist derjenige Wert, der in der sortierten Reihenfolge aller Werte genau in der Mitte liegt, d. h. die Hälfte der beobachteten Werte ist größer, die andere Hälfte ist kleiner als der Median. Streumaße sind die Standardabweichung (SD, von »standard deviation«), der Bereich (Minimum-Maximum) oder der Interquartilbereich (vgl. Box-Plot in 7 Kap. 5.2). Der Standardfehler (SE oder SEM; »standard error of the mean«) beschreibt nicht die Streuung der Einzelwerte, sondern beschreibt die »Unsicherheit« des Mittelwertes. Mit wachsender Fallzahl nimmt diese Unsicherheit natürlich ab und der SE wird damit kleiner, während sich die Standardabweichung bei wachsender Fallzahl stabilisiert. Diesen Zusammenhang kann man auch an der Formel zur Berechnung des SE erkennen: SE=SD/√n Die SD beschreibt die Streuung der Rohwerte und gibt damit einen Eindruck von der Verteilung der Rohwerte um den Mittelwert, der deutlich kleinere SE dagegen beschreibt die (Un-)Sicherheit des Mittelwertes. Den SE verwendet man beispielsweise, um mit der Formel M±1,96×SE das 95%-Konfidenzintervall für den Mittelwert M zu berechnen, d. h. ein Bereich, wo mit 95%iger Wahrscheinlichkeit der »wahre« Mittelwert liegen wird (7 Kap. 5.3).
5.2 Daten kann man in Text-, Tabellen- oder Grafikform präsentieren.
Ein Vortrag kann viele Grafiken enthalten, ein Zeitschriftenartikel wird weniger Raum hierfür bieten.
Grafische Darstellung
Grafische Darstellungen dienen vor allem dazu, die Ergebnisse eines Experiments oder einer Studie dem Leser eingängig darzustellen. Viele, vor allem komplexe Sachverhalte lassen sich grafisch deutlich leichter kommunizieren als in Text- oder Tabellenform. Dass auch nichtstatistische Abbildungen (z. B. anatomische Zeichnungen, Skizzen zum Versuchsaufbau, Befunde aus bildgebender Diagnostik, Algorithmen etc.) den Wert einer Publikation erheblich steigern können, ist bekannt, bleibt aber im Folgenden unberücksichtigt. Die richtige Wahl der Präsentationsform hängt neben der Art und dem Umfang der Daten auch von dem Präsentationsanlass ab. Ein Vortrag muss knapp die wichtigsten Ergebnisse darstellen (d. h. viele Grafiken), eine Publikation kann ausführlichere Tabellen enthalten, und schließlich ein Forschungsbericht oder eine Doktorarbeit kann sehr ausführlich mit Tabellen, Anhängen und auch vielen Grafiken berichten. Neben der externen Ergebnispräsentation können Grafiken aber auch in der internen Diskussion oder bei der Auswertung (z. B. zur Identifizierung von Ausreißern oder von ungewöhnlichen Wertekombinationen) hilfreich sein.
5.2 • Grafische Darstellung
z
107
5
Grafiktypen
Die Auswahl des geeigneten Grafiktyps ist primär bestimmt durch die Form der Analyse (uni-, bi-, multivariat), die Eigenschaften der Variablen (dichotom, kategoriell, kontinuierlich etc.) und die Detailliertheit der Darstellung (jeder Messwert einzeln oder nur die statische Zusammenfassung). Abschließend sollte man immer prüfen, ob die Grafik überhaupt die gewünschte Information vermitteln kann, oder ob vielleicht Text oder Tabelle hierfür geeigneter sind.
Die Auswahl des Grafiktyps ist bestimmt durch die Form der Analyse, die Art der Daten und die gewünschte Detailliertheit.
k Kuchendiagramm (»pie chart«)
Kuchendiagramme eignen sich lediglich zur univariaten Darstellung einer Häufigkeitsverteilung. In fast allen Fällen lassen sich solche Informationen einfacher im Text oder in einer kurzen Tabelle darstellen. Ohne die zusätzliche Angabe beispielsweise der Prozentwerte ist optisch schwer erkennbar, welches »Kuchenstück« größer oder kleiner ist. Es gibt daher nur seltene Indikationen für diesen Grafiktyp.
Kuchendiagramme sind nur selten sinnvoll.
k Säulen- oder Balkendiagramm (»bar chart«)
Säulen- und Balkendiagramme unterscheiden sich nur durch ihre senkrechte bzw. waagerechte Ausrichtung. Beide Diagrammtypen eignen sich zur uni- und bivariaten Darstellung. Hierbei wird ein Merkmal (z. B. Mittelwerte oder Prozente) für verschiedene Kategorien aufgetragen. Das Histogramm stellt eine Spezialform eines Balkendiagramms dar; es dient der Darstellung der Häufigkeitsverteilung einer einzigen stetigen Messgröße, z. B. Altersangaben. Bei allen Säulen- und Balkendiagrammen ist es wichtig, die Anzahl der Kategorien und Säulen sinnvoll zu begrenzen, da mehr als ca. 20 Säulen oder Balken die Verständlichkeit der Grafik stark herabsetzen. Bei Histogrammen sollte die Einteilung der Kategorien, z. B. Altergruppen, über gleiche Intervalle, z. B. 10-Jahres-Abstände, erfolgen. In der einfachsten Form wird nur ein Balken je Kategorie dargestellt. Man kann aber auch mehrere Balken für jede Kategorie verwenden. Gruppierte Balken können nebeneinander oder aufeinander gestapelt dargestellt werden. Gestapelte Balkengrafiken sind besonders dann sinnvoll, wenn die prozentualen Häufigkeiten in jeder Kategorie in der Summe 100% ergeben (. Abb. 5.2). Balkendiagramme zur vergleichenden Darstellung von kontinuierlichen Messergebnissen (z. B. Mittelwerte) sollten zusätzlich ein Maß für die Streuung enthalten, oft als aufgesetzte Linie. Hierbei muss in der Legende angegeben werden, ob die Fehlerbalken SD, SEM oder 95%-Konfidenzintervall darstellen. Das Verwenden dreidimensionaler Säulen liefert keine zusätzliche Information, lenkt aber ab und ist daher nicht zu empfehlen. In ähnlicher Weise sollte auch sehr zurückhaltend bei der Farbwahl vorgegangen werden. Meist reichen Graustufen zum Unterscheiden von Gruppen und Kategorien völlig aus. Achsenskalierungen sollten im Regelfall bei 0 (bzw. dem niedrigst
Balkendiagramme sind häufig zu finden. Sie stellen Mittelwerte oder Prozentwerte in Kategorien dar.
Dreidimensionalität und Farbigkeit sind fast immer verzichtbar.
108
Kapitel 5 • Projektauswertung
Bewegungsumfang im Gelenk (MW mit 95%-KI)
50
präop.
postop.
40 30 20 10 0 OP-Methode A
OP-Methode B
. Abb. 5.2 Säulen- oder Balkendiagramm (»bar chart«)
5
möglichen Messwert) beginnen. Anderenfalls kann der Unterschied zwischen zwei Säulen optisch überhöht werden. k Punktdiagramm (»point chart«)
Punktdiagramme können uni- oder bivariat sein. Sie haben den Vorteil, dass alle einzelnen Messpunkte dargestellt werden. Wenn die Anzahl der Messpunkte jedoch groß ist, überlagern sich immer mehr Punkte, und die eigentliche Aussage der Grafik verschwindet hinter einer Punktwolke. Die Anzahl der Messpunkte je Grafik sollte 50 nicht deutlich überschreiten. k Streudiagramm (»scatter plot«) Streudiagramme beschreiben den Zusammenhang zweier stetiger Messwerte.
Das Streudiagramm trägt 2 kontinuierliche Variablen gegeneinander auf. Wie beim Punktdiagramm wird jedes Wertepaar als Punkt dargestellt, mit dem gleichen Problem der Überlagerung von Punkten bei mehreren identischen Messwertkombinationen (. Abb. 5.3). Am häufigsten werden Streudiagramme eingesetzt, um die Assoziation zwischen 2 Variablen nachzuweisen (Korrelationen, z. B. »je größer X, desto größer Y«). Dazu kann auch eine Regressionsgrade berechnet und eingezeichnet werden. Optische Übereinstimmung in Streudiagrammen und hohe Korrelationskoeffizienten beweisen aber weder einen Kausalzusammenhang, noch die Tatsache, dass 2 Messmethoden X und Y das gleiche messen. Hierzu muss auch der absolute Unterschied zwischen X und Y betrachtet werden und in so genannten standardisierten ResiduenPlots (Bland-Altman-Plots) dargestellt werden. Prinzipiell können auch dreidimensionale Streudiagramme erstellt werden, jedoch lässt sich im (zweidimensionalen) Ausdruck nicht erkennen, ob Datenpunkte vorne oder hinten im Raum liegen. Zusätzliche grafische Elemente wie z. B. Lote auf die Grundfläche führen aber häufig eher zur Verwirrung, so dass diese Grafikform selten zu finden ist.
5
109
5.2 • Grafische Darstellung
Body Mass Index in kg/m2
45 40 35 30 25 20 15 0
10
20
30
40 50 60 Alter in Jahren
70
80
90
100
Krankenhausaufenthaltsdauer (MW mit SD)
. Abb. 5.3 Streudiagramm
10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 2001
2002
2003
2004 2005 2006 Jahr der Operation
. Abb. 5.4 Liniendiagramm
k Liniendiagramm (»line chart«)
Liniendiagramme haben viel Ähnlichkeit mit den Balkendiagrammen, nur dass hier die Datenpunkte nicht als Balken dargestellt, sondern durch eine Linie verbunden werden (. Abb. 5.4). Dies setzt voraus, dass unter den so verbundenen Datenpunkten auch eine inhaltliche Beziehung besteht. Beispielsweise lassen sich wiederholte Messungen derselben Variable im Zeitverlauf am selben Kollektiv sehr gut mit Liniendiagrammen darstellen.
2007
2008
2009
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Kapitel 5 • Projektauswertung
Bei der Angabe von p-Werten muss der Bezug in der Grafik klar ersichtlich sein.
In einen Liniendiagramm Mittelwerte darzustellen, ist nur sinnvoll, wenn dies zur Verteilung der Variable passt. Ferner sollten, wenn möglich, Angaben zur Streuung (SD, SEM, 95%-KI) in die Grafik integriert werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden diese Fehlerbalken (»error bars«) oft auch nur einseitig eingezeichnet. Auch die Ergebnisse statistischer Vergleiche werden oft in Grafiken integriert. Das Einfügen einer Bemerkung »p < 0,05« ist nur gerechtfertigt, wenn die Zuordnung klar ist (was wurde womit verglichen?). Für das oft zu findende Setzen von Sternchen (»* p < 0,05; ** p< 0,01; *** p < 0,001«) in Liniendiagrammen zur Kennzeichnung von Signifikanzen gilt das Gleiche. Die zugrunde liegende Anzahl der Beobachtungen sollte im Text, in der Legende oder in der Grafik selbst genannt sein.
Der Box-Plot ist eine sehr effektive Darstellung der Verteilung einer Variablen.
Ein Box-Plot trägt seinen Namen wegen des Kastens (»box«), der 50% der Datenpunkte umfasst. Zum Verständnis dieser attraktiven Darstellungsmethode stelle man sich vor, man ordne alle Werte der Größe nach und bestimme danach den Wert, der genau in der Mitte liegt; dies ist der Median. Für die Werte ober- und unterhalb verfährt man genauso und bestimmt jeweils wieder die Mitte: Diese Werte heißen Quartile, weil sie die Daten zusammen mit dem Median in 4 gleich starke Gruppen teilen. Der Bereich zwischen dem unteren und dem oberen Quartil (IQR = Interquartile Range) enthält somit die Hälfte aller Daten und stellt die Box im Box-Plot dar. Die aufgesetzten Linien beschreiben den Bereich vom Minimum bis zum Maximum. Die bisweilen ober- oder unterhalb der Linien zu findenden Einzelwerte liegen um mehr als das 1,5-Fache des IQR ober- oder unterhalb der Box (. Abb. 5.5).
5
k Box-Plot
k Überlebenskurve (»survival curve«) Überlebenskurven stellen das Auftreten eines Ereignisses im Zeitverlauf dar. Sie berücksichtigen auch Fälle mit unterschiedlich langer Follow-up-Zeit.
Überlebenskurven stellen kumulativ das Auftreten eines (dichotomen) Ereignisses über die Zeit dar (. Abb. 5.6). Dabei kann das Ereignis sowohl negativ (Tod, Auftreten einer Komplikation etc.) als auch positiv (Krankenhausentlassung etc.) sein. Hierbei steht das gesamte Zeitintervall im Vordergrund, weniger die absolute Ereignisrate zu einem bestimmten Zeitpunkt. Patienten bzw. Versuchstiere, bei denen das Ereignis nicht eintritt, bestimmen so lange den Verlauf der Kurve mit, wie sie unter Beobachtung waren. Dies ermöglicht also auch noch sinnvolle Darstellungen bei sehr stark variierenden Follow-up-Zeiten. Naturgemäß sind daher Überlebenskurven am Anfang sehr exakt und werden mit zunehmendem Zeitverlauf unsicherer (Fallzahlen angeben). Die Kurven errechnen sich kumulativ, mit Änderungen bei jedem beobachteten Ereignis (Kaplan-Meier) oder nach festen Intervallen (Cutler-Ederer). z
Für spezielle Zwecke ist die Anschaffung spezieller Grafiksoftware notwendig.
Software
Häufig werden Datenanalyse und -präsentation mit allgemeiner Software (z. B. Microsoft Excel) durchgeführt. Aufgrund der arg be-
111
5.2 • Grafische Darstellung
40 Extremwerte die mehr als 1,5 Boxlängen oberhalb (oder unterhalb) der Box liegen
30
* Maximum
20 Median
Interquartilbereich
10 Minimum 0 N=
56 Klinik 9
. Abb. 5.5 Box-Plot
Patienten ohne wiederkehrende Stenose (%)
100
95
PTFE
90 direkte Naht
85
80
75
70
0 0
6
12
18 Monate
. Abb. 5.6 Überlebenskurve
grenzten Fähigkeiten dieser Programme eignen sie sich nur für sehr einfache Grafiken. Oft sind sie auf nichtwissenschaftliche Nutzer zugeschnitten, so dass die Grafiken aufwendig nachbearbeitet werden müssen. Bei den Statistikprogrammen (z. B. SPSS, SAS) liegt der Schwerpunkt meist auf der Statistik und weniger auf der Grafik. Den-
24
5
112
Kapitel 5 • Projektauswertung
noch sind diese Programme für die meisten Anwendungsbereiche hinreichend. Für spezielle Zwecke dagegen ist die Anschaffung spezieller Grafiksoftware notwendig. Hierbei sind Origin und SigmaPlot die Marktführer. z
5
Checkliste zur abschließenden Prüfung einer Grafik
5 Ist die Grafik überhaupt notwendig? Oder könnte die Information besser und kürzer in anderer Form (Text, Tabelle) vermittelt werden? 5 Ist das, was ich mit der Grafik belegen möchte, auch wirklich zu sehen? Oder ist ein anderer Grafiktyp besser geeignet? 5 Stimmt die Information in der Grafik mit der im Text überein? Entsprechen statistische und grafische Methoden einander? 5 Sind die Achsen eindeutig beschriftet und mit Einheiten versehen? 5 Sind auch wirklich alle Daten dargestellt oder liegen einige Messpunkte außerhalb der Grafikgrenzen? 5 Ist nachvollziehbar, aus wie vielen Messwerten sich die Grafik (und ihre einzelnen Punkte) zusammensetzt? 5 Sofern Fehlerbalken in der Grafik vorkommen, sind diese als SD, SEM, IQR, oder 95%-KI kenntlich gemacht? 5 Sofern statistische Vergleiche vorkommen, sind diese explizit erläutert hinsichtlich Vergleichsgruppen, Teststatistik und Testauswahl? 5 Sofern Farben oder dreidimensionale Darstellungen verwendet werden, sind diese wirklich notwendig? 5 Wenn mehrere Grafiken desselben Typs verwendet werden, sind diese untereinander konsistent hinsichtlich Beschriftung, Achsenbereich, Skalierung etc.? 5 Ist die Legende zur Grafik prägnant, hinreichend ausführlich, aber nicht zu umfangreich? Abschließend sei bemerkt, dass hier nur die einfachsten und häufigsten Grafiken behandelt werden können. Das Thema ließe sich beliebig vertiefen [1], da immer noch weitere Ideen für neue grafische Methoden entwickelt werden.
5.3
Statistische Analysen
Zu den wesentlichen Elementen der analytischen Statistik gehört das vergleichende Prüfen von Unterschieden mit statistischen Testen und das Konzept der Konfidenzintervalle. Eng mit dem Begriff der Signifikanz ist auch der Begriff der Power verbunden. Doch zuerst soll man sich über die zu vergleichenden Gruppen klar werden.
5.3 • Statistische Analysen
z
113
5
Gruppenvergleiche Intention-to-Treat
Beim Vergleich zweier Studiengruppen ist zuerst zu klären, welche Fälle betrachtet werden sollen. In randomisierten Studien ergibt sich die Gruppenzugehörigkeit durch die Randomisierung. Doch kann es bei der Studiendurchführung zu Verwechselungen kommen (d. h. der Patient erhält eine andere als die zurandomisierte Therapie, oder es kommt zu Protokollabweichungen. In diesem Zusammenhang spielen die Begriffe »Intention-to-Treat«, »Per-Protokoll« oder »As-Treated« eine Rolle. Wenn die Randomisierung ohne Probleme verläuft, jeder Patient das ihm zurandomisierte Medikament oder Verfahren bekommt und schließlich eine Outcome-Erhebung von allen Patienten vorliegt, sind alle 3 oben genannten Analyseformen identisch. Erst wenn es im Ablauf der Studie zu Unregelmäßigkeiten kommt (und die gibt es aus Erfahrung in jeder Studie), muss man sich über die Wahl der Vergleichsgruppen Gedanken machen. Probleme, die bei Studienpatienten auftreten können, sind: 5 trotz Randomisierung zum einen Verfahren wird das andere durchgeführt, 5 das randomisierte Verfahren wird zwar durchgeführt, aber nicht so (vollständig), wie im Protokoll geplant (bei Medikamenten z. B. nicht die volle Dosis, oder bei laparoskopischen Operationen die »Umsteiger«).
Die Intention-to-Treat-Analyse vergleicht die Gruppen gemäß ihrer randomisierten Zuteilung, unabhängig vom tatsächlich durchgeführten Verfahren.
Die Per-Protokoll-Analyse betrachtet nur die korrekt randomisierten und therapierten Patienten aus beiden Gruppen; die oben genannten Sonderfälle werden ausgeschlossen. Die As-Treated-Analyse wertet die Patienten gemäß der tatsächlich erhaltenen Therapie aus. Die Intention-to-Treat-Analyse (ITT) betrachtet alle Fälle und ordnet sie den randomisierten Gruppen zu (»analyze as randomized«). Als einzige Form der Auswertung hält die ITT-Analyse die randomisierte Gruppeneinteilung aufrecht und wahrt so die durch Randomisierung erzeugte Vergleichbarkeit der Gruppen. Daher wird diese Analyseform primär für jede Auswertung empfohlen. In nichtrandomisierten Studien ist die Darstellung der Vergleichbarkeit der Gruppen von entscheidender Bedeutung für die Glaubwürdigkeit des Ergebnisses. Werden erhebliche Ungleichgewichte z. B. bei wichtigen Prognosefaktoren festgestellt, kann ein Unterschied im Outcome auch hierauf beruhen, und nicht so sehr auf den verglichenen Therapieverfahren. Mögliche Ansätze zur Auswertung nichtrandomisierter Studien bei mangelnder Vergleichbarkeit der Gruppen sind: 5 Subgruppenanalysen: Outcome-Vergleiche nur innerhalb homogener Subgruppen; 5 Parallelisieren: Ausschluss von Fällen mit bestimmten Merkmalen, um eine bessere Vergleichbarkeit der übrigen Fälle zu erhalten;
Die Per-Protokoll-Analyse wertet nur die korrekt randomisierten und therapierten Patienten aus.
In nichtrandomisierten Studien kann man die Vergleichbarkeit der Gruppen nur anhand der dokumentierten Parameter beurteilen.
114
Kapitel 5 • Projektauswertung
5 Bewertung des Outcomes eines jeden Patienten relativ zu seinem »erwarteten« Outcome (z. B. das Überleben relativ zu dem Wert eines Prognosescores); 5 Matched-Pair-Analyse: Bildung von Patientenpaaren aus beiden Gruppen anhand wichtiger Merkmale (Alter, Geschlecht, Schweregrad) und Outcome-Vergleich nur innerhalb dieser gepaarten Gruppen. Cave: Alle diese Verfahren können nur bekannte Einflussfaktoren korrigieren. z
5
Das Prinzip des statistischen Testens auf Unterschied: Man nimmt »Gleichheit« an und widerlegt diese Annahme.
Prinzip des statistischen Testens
Der statistische Test ist ein weit verbreitetes Instrument, um die Gültigkeit aufgestellter Hypothesen an Hand vorliegender Daten zu prüfen. Die häufigste Anwendung (auf die wir uns hier beschränken wollen) ist die Prüfung eines Unterschieds, vor allem im Vergleich von 2 Gruppen. Tests auf Äquivalenz oder Gleichheit laufen im Prinzip ähnlich, nur kann man nicht direkt Gleichheit nachweisen, sondern nur dass beide Gruppen in einem bestimmten Bereich mit hoher Wahrscheinlichkeit übereinstimmen. Daher ist eine Aussage der Form »A und B sind äquivalent« immer von der Größe des Bereichs abhängig, der noch als vergleichbar betrachtet wird. Um mit einem statistischen Test einen Unterschied nachzuweisen, geht man genau andersherum vor: man schließt die Gleichheit aus. Zuerst nimmt man also an, es bestehe kein Unterschied (beide Verfahren sind gleich; »Nullhypothese«), und versucht dann, diese Annahme anhand der Daten zu widerlegen bzw. als sehr unwahrscheinlich darzustellen. Der p-Wert eines statistischen Testes ist in diesem Sinne nichts weiter als die Chance oder Wahrscheinlichkeit, dass die Nullhypothese doch richtig ist. Ein p-Wert ist also die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein beobachteter Unterschied nur durch Zufall aufgetreten ist und beide Verfahren in Wahrheit »gleich gut« sind. Der p-Wert ist die Wahrscheinlichkeit für »Gleichheit« beim Test auf Unterschied. Abhängig vom p-Wert eines Testes wird man sich dann entscheiden müssen: Ist »Gleichheit« noch möglich, oder ist die Chance dafür so gering, dass man tatsächlich von einem Unterschied sprechen kann? Es hat sich eingebürgert, diese Grenze für den Fehler, den man bereit ist, in Kauf zu nehmen, bei 5% zu setzen. Ist der p-Wert kleiner als 5%, entscheidet man sich für einen Unterschied und nennt ihn dann »signifikant«. Diese Grenze ist aber eher willkürlich und nur eine Konvention. Sie kommt aus dem Bestreben, übergreifend einen einheitlichen Grenzwert zu haben; statistisch ist dieser Wert nicht begründet.
115
5.3 • Statistische Analysen
Fehler 1. Art α »Behandlung falsch«
Fehler 2. Art β »übersehen«
Fehlalarm
kein Alarm bei Feuer
Rechtsprechung
Verurteilung eines Unschuldigen
einen Verbrecher laufen lassen
klinische Studie
Unterschied nur zufällig »signifikant«
Unterschied übersehen
Feuermelder
5
. Abb. 5.7 Vergleich zwischen Fehler 1. Art (α) und Fehler 2. Art (β)
Die Aussage »Unterschied« ist aber auch im Falle der Signifikanz nicht absolut sicher. Wie gesagt, kann in 5% der Fälle (oder einem entsprechenden p-Wert) trotzdem noch »Gleichheit« richtig sein, und man irrt sich mit der Aussage »Da ist ein Unterschied«. Diesen Fehler nennt man Fehler 1. Art und bezeichnet ihn häufig mit α. z
Fehler 1. Art: Entscheidung für »Unterschied«, obwohl keiner vorhanden ist. Fehler 2. Art: Entscheidung für »Gleichheit«, obwohl ein Unterschied besteht.
Power
Andererseits kann aber auch ein tatsächlich vorhandener Unterschied übersehen werden, aufgrund zufälliger Schwankungen oder wegen einer zu geringen Fallzahl. Diesen Fehler 2. Art (β) umschreibt man häufig auch mit dem Begriff »Power«, die definiert ist als das Komplement zu β (Power = 1–β). Vergleiche aus dem täglichen Leben verdeutlichen diese beiden Arten von Fehlern, die beim statistischen Testen auftreten können (. Abb. 5.7). In klinischen Studien wird der Fehler 1. Art immer streng eingegrenzt (max. 5%), während gleichzeitig versucht wird, den Fehler 2. Art möglichst niedrig zu halten. In der Regel sollte der Fehler 2. Art nicht größer als 20% sein. Die häufig gestellte Frage: »Welche Power hat denn die Studie?« lässt sich so nicht ganz korrekt beantworten. Power-Berechnungen werden in der Regel in zwei Situationen durchgeführt: 5 vor Beginn der Studie bei der Fallzahlplanung, 5 nach Abschluss der Studie, wenn kein signifikantes Ergebnis gefunden wurde. Im zweiten Fall war der beobachtete Unterschied in einer Studie zu gering, um als signifikant nachgewiesen zu werden; die Studie hatte dafür nicht genug Power. Ein größerer Unterschied hätte sich aber mit der vorhandenen Fallzahl sehr wohl nachweisen lassen. Und je größer dieser Unterschied wäre, desto sicherer, d. h. mit größerer Power, hätte er auch entdeckt werden können. Beispiel: Eine 10%ige Reduktion der Komplikationsrate konnte mit den vorliegenden Daten nicht (si-
Die Frage »Welche Power hat die Studie?« ist von der Größe des Unterschieds abhängig.
116
Kapitel 5 • Projektauswertung
gnifikant) nachgewiesen werden, aber dass das neue Verfahren 20% weniger Komplikationen verursachen soll, ist unwahrscheinlich. Soviel »Power« hat die Studie, um diesen Unterschied zurückzuweisen. Für die nachträgliche Powerberechnung kann man ebenfalls das in 7 Kap. 2.5 erwähnte Programm »PS« zur Fallzahlkalkulation verwenden, oder man nutzt Tabellen, wie sie z. B. von Detsky und Sackett für eine 25%ige oder 50%ige Reduktion der Zielgröße angegeben werden. z
5
Wahl des richtigen Tests
Es gibt eine Vielzahl verschiedener Testprozeduren. Welchen Test soll, muss, darf ich in welcher Situation anwenden? Diese Frage hängt vom Datentyp der zu vergleichenden Werte, der Verteilung der Werte sowie der Anzahl der zu vergleichenden Gruppen ab. Es existieren folgende Datentypen: 5 dichotom (nur 2 Werte, z. B. ja/nein, Geschlecht); 5 nominal (mehrere Werte; kein innerer Zusammenhang; z. B. Blutgruppe, Beruf); 5 ordinal (mehrere Werte mit einer inneren Ordnung; z. B. immer/ häufig/selten/nie); 5 metrisch (klassische Messwerte auf einer Skala; z. B. Alter, Blutdruck); 5 rechts-zensierte Daten (Zeit bis zum Auftreten eines Ereignisses, z. B. Überlebenszeiten). Dichotome, ordinale und nominale Variablen bezeichnet man auch als kategoriell. Die Verteilung der Daten spielt insbesondere bei metrischen Variablen eine Rolle (s. unten). Bei den zu vergleichenden Gruppen ist es wichtig zu unterscheiden, ob die Daten von unabhängigen Individuen stammen oder ob sie durch wiederholtes Messen der gleichen Individuen gewonnen wurden. Im zweiten Fall spricht man von gepaarten (»paired«) Tests; diese bilden zuerst die interindividuellen Differenzen und prüfen diese auf Abweichung von Null. Schließlich ist es wichtig zu unterscheiden, ob nur 2 oder mehr als 2 Gruppen miteinander verglichen werden. Beim Vergleich mehrerer Gruppen beispielsweise in einer Varianzanalyse besagt ein signifikantes Testergebnis lediglich, dass die Hypothese »alle Mittelwerte sind gleich« nicht gehalten werden kann. Wo genau jedoch die Unterschiede liegen, kann erst durch weitergehende Analysen, z. B. durch paarweise Vergleiche der einzelnen Gruppen, ermittelt werden. . Tabelle. 5.1 gibt einen Überblick über die verschiedenen Situationen und die dazu passenden Testverfahren. Die folgenden häufig auftretenden Situationen geben immer wieder Anlass zur Diskussion:
117
5.3 • Statistische Analysen
5
. Tab. 5.1 Spektrum der Situationen mit passenden Testverfahren Vergleich von Datentyp
2 unabhängigen Gruppen
mehreren Gruppen
gepaarten Daten
Dichotom
Chi2-Test Fishers exakter Test
Chi2-Test Fishers exakter Test
McNemar-Test, VorzeichenTest
Nominal
Chi2-Test
Chi2-Test
Chi2-Test
Ordinal
U-Test (Mann-Whitney)
Kruskal-Wallis
Wilcoxon oder VorzeichenTest
Metrisch
t-Test, U-Test
ANOVA, Kruskal-Wallis
t-Test für gepaarte Daten, Wilcoxon
Rechts-zensiert
Log-Rank, Breslow
Log-Rank, Breslow
–
ANOVA Varianzanalyse.
k Chi2 oder Fishers exakter Test bei 4-Felder-Tafeln
Der Chi2-Test ist relativ einfach zu berechnen und wird schon lange angewendet, ist aber bei schwach besetzten Zellen ungenau. Man hat dann versucht, durch Korrekturen (Yates-Korrektur) dieses Manko zu beheben. Der exakte Test nach Fisher ist zwar aufwendiger, liefert aber genaue Ergebnisse und sollte daher dem Chi2-Test vorgezogen werden. k t-Test oder U-Test bei metrischen Variablen
Durch seine einfache Art der Berechnung wurde der historisch ältere t-Test früher in jeder Gelegenheit angewendet. Bei normalverteilten Daten ist er auch formal-statistisch der bestmögliche Test. Zudem ist er aber auch robust gegen Abweichungen von der Normalverteilungsannahme. Der U-Test dagegen ist ein nichtparametrischer Rangtest, den man bei jeder Verteilung der Daten anwenden kann. Vorsichtige Nutzer wenden daher nur den U-Test an; wenn die Daten allerdings grob normalverteilt erscheinen und keine erheblichen Extremwerte vorliegen, wäre der t-Test die bessere Alternative. z
Konfidenzintervalle
Konfidenzintervalle (KI) machen das Anliegen der Statistik sehr anschaulich, nämlich die Darstellung der mit der Messung und Schätzung von Kennwerten verbundenen statistischen Unsicherheit. Daher finden sie zu Recht in jüngster Zeit immer mehr Anwendung. Kern der Methode ist, dass statistisch berechnete Größen wie Prozente oder Mittelwerte ja nur auf einer beschränkten Zahl von Beobachtungen beruhen und damit eine gewisse Unsicherheit bergen. Das KI macht diesen Grad der Unsicherheit deutlich. Es gibt einen Bereich an, in dem mit hoher Wahrscheinlichkeit (zumeist 95%) der »wahre« Wert liegt.
Konfidenzintervalle machen das Ausmaß der statistischen (Un-)Sicherheit plastisch deutlich.
118
Kapitel 5 • Projektauswertung
Hanleys 3er-Regel: 3/n – ein Konfidenzintervall für 0-Inzidenzen.
5
Wie wird ein KI berechnet? Im Prinzip nimmt man verschiedene »wahre« Werte an und berechnet für diese Werte die Wahrscheinlichkeit für die vorliegende Beobachtung. Alle »wahren« Werte, bei denen die vorliegende Beobachtung unwahrscheinlich ist, liegen außerhalb des KI. Je größer die Fallzahl, desto enger wird das KI. Konfidenzintervalle kann man für eine Vielzahl von geschätzten Größen berechnen: Mittelwerte, Mittelwertunterschiede, Prozente, Prozentunterschiede, Korrelationskoeffizienten, Odds-Ratios etc. [5]. Eine besondere Form des KI ist diejenige für 0%-Inzidenzen, d. h. bei den Beobachtungen ist kein Ereignis eingetreten. Auch für diesen Fall lässt sich ein KI für die Inzidenz berechnen: Untergrenze des möglichen »wahren« Wertes ist natürlich Null. Die Obergrenze berechnet sich nach einer sehr einfachen Näherungsformel, die etwa ab einem n > 20 sehr dicht am wahren Wert liegt: 3/n (Hanleys 3er-Regel [4]). z
Diagnostischer Test und ROC-Kurve
Hier soll ein weiteres häufig verwendetes statistisches Verfahren kurz dargestellt werden, was nicht mit dem klassischen Gruppenvergleich zu tun hat. Es kommt zur Anwendung, wenn ein Messwert mit einem Zielereignis in Verbindung gebracht werden soll. Der Messwert kann dabei ein Laborwert, ein Untersuchungsbefund oder auch ein Scorewert sein. Das zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht bekannte Zielereignis ist bei diagnostischen Fragestellungen die definitiv gesicherte Diagnose, bei prognostischen Studien das Outcome des Patienten. Um zu prüfen, ob ein Messwert zur Diagnose bzw. Prognose taugt, wird er zuerst in »auffällig« und »normal« eingeteilt, üblicherweise anhand eines Grenzwertes (Cut-off ). Der Zusammenhang mit dem Zielereignis lässt sich dann mit folgenden Kenngrößen beschreiben: 5 Sensitivität: unter den Betroffenen (d. h. Patienten mit Zielereignis), wie viele haben einen auffälligen Messwert? 5 Spezifität: unter den Nichtbetroffenen (ohne Zielereignis), wie viele haben einen normalen Messwert? 5 Positiver Vorhersagewert: unter denen mit einem auffälligen Messwert, wie viele sind tatsächlich betroffen? 5 Negativer Vorhersagewert: unter denen mit einem normalen Messwert, wie viele sind tatsächlich nicht betroffen? Das Ergebnis dieser Berechnungen hängt natürlich von dem gewählten Cut-off-Punkt ab. Variiert man diesen, erhält man auch andere Werte für Sensitivität und Spezifität. Um die Bedeutung eines Messwertes für die Diagnose/Prognose beurteilen zu können, sollten diese Ergebnisse ebenfalls berücksichtigt werden. Dies ermöglicht die Darstellung in einer so genannten ROC-(Receiver-Operating-Characteristic-)Kurve, wo auf der einen Achse die Rate der Richtig-Positiven (= Sensitivität) und auf der anderen Achse die Rate der Falsch-Positiven (= 100 – Sensitivität) eingetragen werden, und zwar für jeden
119
5.3 • Statistische Analysen
5
100
Richtig-Positive = Sensitivität
80
60
40
20
0 0
20
60 40 80 Falsch-Positive = 100 - Spezifität
100
. Abb. 5.8 ROC-(Receiver-Operating-Characteristic-)Kurve
Cut-off-Punkt (. Abb. 5.8). Verbindet man diese einzelnen Punkte im Diagramm, erhält man eine Linie, die ROC-Kurve, die mehr oder weniger bauchig von links unten nach rechts oben verläuft. Als Maßzahl für die Gesamtbewertung einer ROC-Kurve wird üblicherweise die Fläche unter der Kurve herangezogen (AUC, »area under the curve«), die zwischen 0,5 (im Falle einer Diagonale) und 1,0 liegt. Je höher der Wert, desto besser ist der betrachtete Messwert zur Diagnose/ Prognose geeignet. z
Multivariate Verfahren
Im Gegensatz zur univariaten Statistik, die immer nur einen einzelnen Faktor bzw. Einflussgröße in seiner Wirkung auf eine Zielgröße hin untersucht, betrachtet die multivariate Statistik zugleich mehrere Faktoren. Sie ist immer eine nachgeschaltete Form der Analyse, nach deskriptiver und univariater Statistik. Die Palette der statistischen Verfahren ist vielfältig und von der Form der Daten, der Art der Zielgröße und der Fragestellung abhängig. In der Medizin relativ häufig zu finden ist die logistische Regression, wo ein binäres Zielereignis (z. B. Überleben ja/nein) mit mehreren Einflussvariablen (Prognosefaktoren) in Verbindung gebracht wird. Ein Anwendungsbeispiel in der Unfallchirurgie sind der TRISSund der RISC-Score, die die Überlebenswahrscheinlichkeit eines
Multivariate Verfahren verknüpfen gleich mehrere Einflussvariablen.
120
Kapitel 5 • Projektauswertung
Voroperation Faktor A
Alter
Vorerkrankungen
Ernährungsstatus Faktor B
Ergebnis/Outcome
5
. Abb. 5.9 Multivariate Verfahren verknüpfen gleich mehrere Einflussvariablen
Traumapatienten in Abhängigkeit von bekannten Faktoren wie Verletzungsschwere, Alter, Bewusstsein oder Blutdruck angibt [8]. Ein solches mit aufwändigen statistischen Verfahren anhand vieler Daten berechnetes Modell erlaubt dann die Anwendung für einzelne Patienten (Interpretation!) wie auch die Abschätzung der Bedeutung der einzelnen Prognosefaktoren (über die Größe der – multivariat adjustiertern – Koeffizienten) (. Abb. 5.9). Die Anwendung multivariater Verfahren sollte unbedingt in enger Kooperation mit einem Statistiker erfolgen, da die Einstellungen und Optionen oft sehr vielfältig sind, was zu nicht optimaler oder gar fehlerhafter Anwendung der Verfahren führen kann. z Bei den statistischen »Tricks« muss man unterscheiden zwischen: 5 absolut verbotenen Methoden, 5 unsauberen Methoden und 5 Verfahren der explorativen Datenanalyse.
Statistische »Tricks«
Der Ausspruch: »Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selber gefälscht habe« wurde Winston Churchill durch die deutsche Propaganda in den Mund gelegt, trotzdem wird hier ein Problem angesprochen. Natürlich ist es möglich, durch gewisse »Tricks« das Ergebnis in die eine oder andere Richtung zu lenken. Dabei ist häufig sogar Unkenntnis und kein böser Wille die Ursache. Erschwerend kommt hinzu, dass längst nicht jede statistische Manipulation als solche erkennbar ist. Man kann unterscheiden zwischen definitiv verbotenen (weil bewusst verfälschenden) Methoden, nicht ganz sauberen Analysen und »Tricks« im positiven Sinne, die versuchen, den vorhandenen Informationsgehalt möglichst optimal aus den Daten zu extrahieren. Zu den absolut verbotenen Maßnahmen gehören: 5 das Hinzufügen erfundener Werte, 5 das Weglassen oder Ändern realer Beobachtungen 5 die Manipulation der Fallzahlangabe.
Literatur
Zu den unsauberen Methoden zählen: 5 die retrospektive Auswahl der Studienpopulation (Veränderung der Ein-/Ausschlusskriterien) und Darstellung so, als wäre diese Gruppe die primär beabsichtigte; 5 die selektive Darstellung einer speziellen Subgruppe, in der das Ergebnis besonders positiv ist (es muss dann ja auch Gruppen geben, in denen es besonders negativ aussieht); 5 das Durchführen mehrerer Tests und die bewusste Nennung nur des »schönsten« p-Wertes; 5 die selektive Berichterstattung, z. B. werden nur solche Zielkriterien berichtet, die ein besonders positives Bild zeigen. Bei diesen Verfahren handelt es sich prinzipiell um »normale« statistische Verfahren zur näheren Erforschung eines Datensatzes (explorative Statistik). Subgruppenanalysen können beispielsweise zur Homogenisierung der Vergleichsgruppen dienen. Die Betrachtung mehrerer Zielgrößen oder auch deren Kombination kann dazu dienen, einen realen, aber schwachen Effekt sichtbar zu machen. Das große Problem dabei ist nur, dass nur selten die vorgenommenen Analyseschritte prospektiv geplant und in ihrem Umfang beschrieben werden. Generell besteht in der explorativen Analyse immer das erhöhte Risiko von Zufallsbefunden, die sich letztlich nur durch unabhängige Validierungsstudien überprüfen lassen. Eine vorsichtige Interpretation ist daher unbedingt angebracht. Literatur Literatur zu Kapitel 5.2 1 2 3 4
5
6 7 8
Briscoe MJ (1996) Preparing scientific illustrations: A guide to better posters, presentations, and publications, 2nd edn. Springer, New York Connelly DP, Lasky LC, Keller RM, Morrison DS (1982) A system for graphical display of clinical laboratory data. Am J Clin Pathol 78: 729–737 Cooper RJ, Schriger DL, Tashman DA (2001) An evaluation of the graphical literacy of Annals of Emergency Medicine. Ann Emerg Med 37: 13–19 De Amici D, Klersy C, Tinelli C (1997) Graphic data representation in anaesthesiological journals: A proposed methodology for assessment of appropriateness. Anaesth Intensive Care 25: 659–664 Schriger DL, Cooper RJ (2001) Achieving graphical excellence: Suggestions and methods for creating high-quality visual displays of experimental data. Ann Emerg Med 37: 75–87 Tufte ER (1983) The visual display of quantitative information. Graphics Press, Cheshire Wainer H, Velleman PF (2001) Statistical graphics: Mapping the pathways of science. Annu Rev Psychol 52: 305–335 William S (1993) Cleveland WS: Visualizing data. Hobart Press, Summit, NJ
Literatur zu Kapitel 5.3 1
Afifi AA, Clark V (1990) Computer-aided multivariate analysis. Van Nostrand, New York (gute Darstellung multivariater Verfahren, mit Beispielen)
121
5
122
Kapitel 5 • Projektauswertung
2
3
4
5 6
5
7 8
Beck-Bornholdt HP, Dubben HH (1997) Der Hund, der keine Eier legt. Erkennen von Fehlinformation durch Querdenken. rororo, Reinbeck (eines der wenigen vergnüglich zu lesenden Statistik-Bücher) Detsky AS, Sackett DL (1985) When is a «negative clinical trial« big enough? Arch Intern Med 145: 709–712 (mit Tabellen zur Bestimmung der Power einer nichtsignifikanten Studie) Eypasch E, Lefering R (1995) Probability of adverse events that have not yet occurred: A statistical reminder. Brit Med J 311: 619–620 (einfaches Konfidenzintervall für Null-Inzidenzen) Gardner MJ, Altman DG (1989) Statistics with confidence. Brit Med J (Formeln zur Berechnung von Konfidenzintervallen für fast alle Gelegenheiten) Lefering R (2009) Development and validation of the Revised Injury Severity Classification score for severely injured patients. Europ J Trauma Emerg Med 35: 437–447 (Beispiel für die Anwendung multivariater Verfahren und von ROC-Kurven) Sacks L (1992) Angewandte Statistik. Springer, Berlin Heidelberg New York (ein Klassiker zum Nachschlagen, nicht zum Durcharbeiten) Weiß C (2005) Basiswissen medizinische Statistik. Springer, Heidelberg (gutes Lehrbuch für Studenten und ärztliche Gelegenheitsstatistiker)
123
Projektabschluss und Publikation P. Biberthaler, W. Mutschler, L. Claes und D. Rosenbaum
6.1
Abschlussbericht – 124
6.2
Vortrag – 124
6.3
Poster – 131
6.4
Publikation – 134 Literatur – 146
6
124
Kapitel 6 • Projektabschluss und Publikation
6.1 Ein Abschlussbericht dient der Dokumentation der eigenen Leistung und der Leistung gegenüber Drittmittelgebern.
6
Inhalt: 5 knappe Darstellung der wichtigsten Ergebnisse, unter 10 Seiten, 5 aus dem Projekt resultierende Folgeprojekte, Perspektiven, Publikationen.
Abschlussbericht
Nach Abschluss der Untersuchungen eines Projekts wird von den meisten öffentlichen Drittmittelgebern (DFG, Stiftungen etc.) ein Abschlussbericht gefordert. Denn Organisationen der öffentlichen Hand sind angehalten, die Ergebnisse der von ihnen geförderten Projekte zu veröffentlichen (s. DFG-Jahresbericht). Damit soll deren Effizienz und Effektivität transparent gemacht werden. Häufig werden die Drittmittelgeber die Zusammenfassung Ihres Abschlussberichts übernehmen. Kommen Sie der Aufforderung nach einem solchen Bericht nicht nach, so wird es beim nächsten Antrag möglicherweise keine Unterstützung geben. Da viele Gutachter bei mehreren Drittmittelgebern tätig sind, kann sich die negative Wirkung eines fehlenden Berichts schwerwiegend auswirken. Besondere Bedeutung gewinnt dies dadurch, dass viele der Gutachter in mehreren Gremien gleichzeitig über Anträge urteilen. Somit potenziert sich die negative Wirkung des versäumten Berichts teilweise noch erheblich. Das stärkste Argument für einen solchen Bericht ist jedoch, dass Sie hierbei die Chance auf die Präsentation Ihrer Leistung bekommen, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Der Abschlussbericht sollte 10 Seiten nicht überschreiten. Dabei empfiehlt es sich, die Ziele des Projekts und die Methoden, wie diese realisiert werden sollten, ganz knapp zu umreißen. Mehr Wert sollte auf den Ergebnisteil und die kritische Diskussion der Ergebnisse gelegt werden. Ein bis zwei grafische Darstellungen sowie ein kleines Literaturverzeichnis über Arbeiten, die in dem Zeitraum zwischen Ihrer ursprünglichen Antragstellung und dem Abschlussbericht aktuell zu Ihrem Thema erschienen sind, runden Ihre Darstellung ab. Sollten Publikationen aus Ihrer Hand bereits erschienen oder zumindest »in press« sein, so empfiehlt es sich umso mehr, diese hier zu nennen.
6.2
Vortrag
Symposien und Kongresse sind nach wie vor sehr beliebte Möglichkeiten, das Fachwissen zu bereichern und in kurzer Zeit an Informationen zu kommen, die andernfalls ein längeres Literaturstudium erfordern. Gerade für wissenschaftliche Fragestellungen werden darüber hinaus Ergebnisse von Experten präsentiert, die so aktuell sein können, dass sie noch nicht oder nicht vollständig publiziert sind. Auch in Zeiten der leistungsorientierten Mittelvergabe, die sich an Drittmitteleinwerbung und Publikationsleistungen orientiert, ist die Einladung zu einer wissenschaftlichen Präsentation Lohn für viele Mühen. Ob Sie 6 Minuten für die Darstellung von wissenschaftlichen Daten, ob Sie 10 Minuten für ein Einleitungsreferat oder ob Sie 20 Minuten Redezeit für eine »State-of-the-Art-Übersicht« erhalten: Sie gehören damit zur »Scientific Community«, Sie werden persönlich bekannt. Seien Sie stolz darauf, freuen Sie sich auf Ihren Auftritt, und
6.2 • Vortrag
nehmen Sie ihn ernst. Denn die Teilnehmer einer jeden Veranstaltung wenden oft beträchtliche Zeit und Geld auf und erwarten dafür eine Gegenleistung in Form eines Zugewinns an Wissen. Gute Vorträge weisen bestimmte Gemeinsamkeiten auf. Hierzu gehören: 5 eine durchstrukturierte Präsentation der Informationen mit einer strategischen Ausrichtung auf einleitende Worte und Schlussbemerkungen, 5 eine klare Einschätzung der Zuhörerschaft und die Fähigkeit, eine Beziehung zu den Zuhörern aufzubauen, 5 das Können, die Zuhörer während des gesamten Vortrags zu fesseln, und der geübte Einsatz verbaler und nonverbaler Kommunikationstechniken, 5 Begeisterung für das Gebiet des Vortrags und die Vermittlung von fachlicher Kompetenz. Setzen wir Ihre fachliche Kompetenz als gegeben voraus, so ist Ihr Erfolg also von Ihrem didaktischen Geschick und rhetorischen Können abhängig. Eine Präsentation ist keine abgelesene Publikation. Versuchen Sie nicht alles, was Sie wissen, in ihre Präsentation hineinzupressen. Vergegenwärtigen Sie sich stattdessen die Grundlagen der Kommunikation: Sie als Sender übermitteln eine Botschaft an eine Gruppe von Empfängern, die ihrerseits eine Reaktion zeigen. Ihr grundlegendes Ziel muss es sein, den Zuhörer zu gewinnen für ein abschließendes Gefühl, etwa in dem Sinne: »Hier habe ich etwas Wichtiges/Neues gehört, was mich angeht und weiterbringt.« z
6
Gute Vorträge sind durchstrukturiert, zuhörerorientiert und in verbaler und visueller Strategie genau abgestimmt.
Der Erfolg der Präsentation hängt von der fachlichen Kompetenz und dem didaktisch-rhetorischen Können ab.
Grundregel 1: Nehmen Sie eine Zielgruppenanalyse vor
Ihre Präsentation wird gelingen, wenn Sie sich schon bei der Vorbereitung Ihres Vortrags in die Lage Ihrer Zuhörer hineinversetzen. Versuchen Sie, aus den Hinweisen des Veranstalters so viel als möglich über Ihre Zuhörer in Erfahrung zu bringen: Wie viele Teilnehmer werden erwartet? Aus welchen Berufsgruppen setzt sich Ihr Publikum zusammen? Was könnte der aktuelle Wissensstand und das besondere Interesse der Zuhörer sein? Falls Sie dies nicht wissen, werden Sie entweder über Ihren Zuhörern schweben und damit Unverständnis und Ablehnung hervorrufen oder unter dem Niveau bleiben, Langeweile auslösen. z
125
Nehmen Sie eine Analyse des aktuellen Wissenstandes und der besonderen Interessen der Zuhörer vor.
Grundregel 2: Formulieren Sie das Ziel der Präsentation
Ein gutes Hilfsmittel in der Vorbereitung ist es, Ihr Vortragsziel konkret schriftlich zu formulieren: Der Zuhörer soll … begreifen, verstehen, sich begeistern für … Überlegen Sie, wo Sie den Zuhörer abholen und wohin Sie ihn mitnehmen wollen. Dabei sollten Sie sich der Tatsache bewusst sein, dass die Zuhörer nur etwa 10–20 % Ihres Vortragsinhaltes behalten werden. Stellen Sie sicher, dass Ihre Zielsetzung darin enthalten ist.
Das Vortragsziel soll konkret schriftlich formuliert werden.
126
Kapitel 6 • Projektabschluss und Publikation
k Vorbereitung
Ein Probevortrag ist durch nichts zu ersetzen.
6
Gegen Lampenfieber helfen gute Vorbereitung, Sprachübungen und »öffentliche Reden« vor dem eigentlichen Vortrag z. B. als Diskutant.
Ein Probevortrag und eine geprobte Diskussion zuhause vor den (über)kritischen Kollegen sind durch nichts zu ersetzen, verhindern eine spätere Blamage und vermitteln Ihnen das notwendige Selbstbewusstsein. Und: Es nimmt auch Ihre Koautoren in die Pflicht. Worauf sollten Sie dabei achten? Am wichtigsten ist die Einhaltung der vergebenen Zeit. Mit einer Stoppuhr können Sie dabei auch die gute Gewichtung ihrer Untereinheiten Einleitung, Hauptteil und Schluss kontrollieren. Lassen Sie die Interaktion von gesprochenen Texten und Visualisierung überprüfen, Schreibfehler in den Folien entdecken und ihre nonverbale Kommunikation beurteilen. Am Vortragsort ist es klug, rechtzeitig die eigene Präsentation auf Vollständigkeit und Ablauf zu überprüfen (z. B. laufen meine Videoclips?) und das Rednerpult, Mikrofon und Zeiger etc. zu kennen. Informieren Sie sich über die Redner vor und nach Ihnen. Wenn Sie in etwa einschätzen können, was in Ihrer Sitzung noch präsentiert wird, können Sie sich z. B. einleitende Allgemeinaussagen, die die Redner vor Ihnen auch alle formuliert haben, sparen und stattdessen auf den besonderen Wert Ihrer Aussagen hinarbeiten. Informieren Sie sich auch über die wissenschaftlichen Interessen und Verdienste der Vorsitzenden Ihrer Sitzung. Das schützt vor unerwarteten Fragen. Die rechtzeitige persönliche Vorstellung bei den Vorsitzenden oder bei den Organisatoren des Symposiums ist ein Gebot der Höflichkeit. Jeder Redner ist vor seinem Vortrag mehr oder weniger nervös. Besonders zu Beginn einer wissenschaftlichen Laufbahn ist dies völlig normal und sogar in gewisser Weise gut, da Ihre Konzentration maximal aktiviert sein wird. Setzen Sie diesen positiven Effekt um, ohne hyperaktiv zu werden. Dies gelingt am besten, wenn Sie sich als Anfänger jeden Satz Ihrer Präsentation vorher zurechtgelegt haben und an den Formulierungen bis ca. 14 Tage vor Ihrem Auftritt feilen. Dann verändern Sie nichts mehr und üben diese Version so lange textgleich ein, bis Sie unabhängig von Bildschirmhilfen den Text reproduzieren können. Als Anfänger üben Sie die Präsentation dann am besten »vorwärts und rückwärts« weiter ein, ggf. unter ablenkenden Bedingungen. So werden Sie die Sätze bei der endgültigen Präsentation nicht auswendig herunterleiern, sondern sich genauso darstellen, wie Sie es für richtig halten. Als erfahrener Redner werden Sie immer mehr dazu übergehen können, sich in der Ausarbeitung und Einübung des Textes auf Stichworte, Halbsätze und auswendig gelernte Kernsätze zu beschränken. Machen Sie sich einen kleinen Ausdruck ihrer Folien, den Sie »für alle Fälle« zum Rednerpult mitnehmen. So können sie, falls die Technik ausfällt oder Sie den roten Faden verlieren, den Vortrag souverän zu Ende bringen. Ein guter Tipp ist es, sich bereits vor dem Vortrag entweder zur Diskussion zu melden oder einige Sätze mit Zuhörern im kleinen Kreis zu wechseln, damit Sie Sicherheit gewinnen. Vermeiden Sie auf
6.2 • Vortrag
127
6
jeden Fall die Einnahme von sedierenden oder stimulierenden Pharmaka (hierzu gehört auch der Kaffeegenuss). z
Grundregel 3: Der rote Faden
Sagen Sie Ihren Zuhörern, was Sie Ihnen vortragen werden, tragen Sie dies vor und fassen Sie dann zusammen. Mit dieser Faustregel kann eine Präsentation nicht schief gehen, denn dahinter verbirgt sich nichts anderes als der klassische Aufbau einer jeden mündlichen oder schriftlichen Präsentation in Einleitung, Hauptteil und Schluss. z
Grundregel 4: Anfang und Schluss sind wichtiger als der Hauptteil
Der Anfang jedes Vortrags bietet Ihnen die nur einmal gegebene Chance, eine Verbindung zu Ihren Zuhörern aufzubauen und Aufnahmebereitschaft zu erzeugen. Setzen Sie den Anfang wirkungsvoll in Szene, indem Sie mit dem Publikum Blickkontakt aufnehmen, bei voller Raumbeleuchtung die ersten Sätze ohne Blick ins Manuskript frei sprechen und keine Bildpräsentation vor der Formulierung des Themas und seiner Bedeutung einspielen. Anstatt der üblichen Floskeln, wie: »Das …-Problem stellt nach wie vor eine Herausforderung dar« oder gar »das erste Dia bitte« (zeugt von extremer Hilflosigkeit), bauen Sie einen »Eisbrecher-Abschnitt« ein. Knüpfen Sie an ein aktuelles Ereignis an oder verweisen Sie auf etwas Unerwartetes oder Spannendes. Für den Hauptteil geben Sie am besten ein klares Gerüst vor, an dem sich der Zuhörer »entlanghangeln kann«. Sie müssen dabei für einen wohl dosierten Spannungsbogen sorgen. Für den Schluss empfiehlt es sich, wieder bei voller Raumbeleuchtung mit maximal 3 Kernsätzen eine »Take-home message« zu formulieren. Ein häufiger Fehler dabei ist es, »den Mund zu voll zu nehmen«, was in der folgenden Diskussion unweigerlich einen Bumerang-Effekt nach sich zieht. z
Versuchen Sie einen intelligenten und spannenden Anfang zu finden.
Im Schlussteil formulieren Sie die »Take-home message«.
Grundregel 5: Auch die nonverbale Kommunikation entscheidet über Ihre Akzeptanz
Alle Kommunikationswissenschaftler stimmen darüber überein, dass ein großer Teil der Kommunikationsinhalte auf der nonverbalen Ebene interpretiert wird. Der erste Eindruck innerhalb von Sekunden entscheidet über die Grundstimmung im Saal. Deshalb gehen Sie zunächst selbstsicher und ruhig zum Rednerpult und schenken Sie Ihrem Publikum einen freundlichen Blick (s. oben), anstatt im Manuskript zu wühlen oder auf den Bildschirm zu starren. Trainieren Sie eine offene echte Mimik und suchen Sie den direkten Blickkontakt auch während des ganzen Vortrags. Sie unterhalten sich nicht mit Ihrer Präsentation – bis hin zu der Unsitte, mit dem Rücken zum Publikum zu stehen – sondern mit dem Zuhörer! Trainieren Sie sich nervöse Gesten ab und fummeln z. B. nicht mit dem Lichtzeiger oder mit dem Schlüssel in der Hosentasche herum. Wechseln Sie nicht
Ein großer Teil der Kommunikation findet nonverbal statt.
128
Kapitel 6 • Projektabschluss und Publikation
Trainieren Sie Ihre Körperhaltung und Gestik rechtzeitig.
ständig von einem Fuß auf den anderen oder laufen während des Vortrags hin und her. Anerkannte Regeln zu Körperhaltung und Gestik sind vielmehr: Stehen Sie mit beiden Beinen fest am Boden, denn das wirkt sich auf Ihre Selbstsicherheit und Stimmqualität aus. Halten Sie Ihre Hände nicht durchgehend auf dem Rücken oder in Betstellung vor den Bauch gefaltet. Benutzen Sie das Rednerpult souverän und nicht als Klammerstütze. Setzen Sie Arm- und Handbewegungen bewusst ein, um Aussagen zu unterstreichen und gestikulieren Sie nicht zu viel. Ihre Kleidung sollten Sie angemessen wählen und mindestens so gut gekleidet sein wie Ihre Zuhörer. z
6
Grundregel 6: Sprechregeln
Es gibt anerkannte Sprechregeln, die hier stichwortartig zusammengefasst sind: 5 Nicht das Manuskript ablesen. 5 Deutlich artikulieren mit natürlicher Betonung im Satzfluss. 5 Das Sprechtempo soll etwas geringer als bei einer normalen Unterhaltung sein. Damit kein Gefühl des Leierns entsteht, sind das Sprechtempo und die Lautstärke zu variieren. 5 Achten Sie auf präzise und kurze Sätze anstatt weitschweifiger Floskeln, z. B. »ich würde sagen«, »im Grunde genommen«, »wenn Sie so wollen«, »es erscheint besonders wichtig, herauszustellen«. 5 Äußern Sie während des Vortrags keine Entschuldigungen und Gefühle und vermeiden Sie jedes unnütze Pathos oder Klischees. 5 Es empfiehlt sich, rhetorische Fragen einzubauen, die Sie sich vorher als »W-Fragen« notieren können: Was ist daraus abzuleiten, wie sind die bisher mitgeteilten Daten zu werten, warum …, wann …? Zwischen den 3 großen Abschnitten – Anfang, Hauptteil, Ende – formulieren Sie am besten gute Überleitungen aus und lernen diese auswendig (vgl. Grundregel 3). z
Grundregel 7: Das Sehen hat Vorrang vor dem Hören
Wir sind alle Augenmenschen. Überprüfen Sie dazu selbst Ihre Reaktion: Sobald ein Bild oder gar ein Videoclip auf der Leinwand erscheint, hören Sie einem Redner nicht mehr zu, sondern schauen das präsentierte Bild an. Historisch gesehen stand früher der Redner in der Mitte einer Bühne am Rednerpult, alle Augen waren auf ihn allein ausgerichtet. Dann rückte die Projektionsleinwand in den Mittelpunkt der Bühne und der Redner immer mehr an den Rand. Wenn Sie in Ihre Bildschirmpräsentation nun auch noch das gesprochene Wort und viele bewegte Bilder einbauen, werden Sie als Redner tendenziell überflüssig. Um dies zu vermeiden, beachten Sie folgende Regeln: 5 Bildtext und Vortragstext müssen aufeinander abgestimmt sein.
6.2 • Vortrag
129
6
5 Sie müssen mit Ihrem Vortragstext das Bild vorbereiten. 5 Beschränken Sie die Zahl Ihrer Präsentationen auf 1–2/min und machen Sie sich nicht zum Sklaven Ihres Beamers. k Bildschirmgestaltung
Die exzessive visuelle Gestaltung von Vorträgen scheint eine Eigenart, ja Unsitte und Marotte der Mediziner zu sein, die man z. B. bei den geisteswissenschaftlichen Disziplinen nicht findet. Damit Bildschirmpräsentationen unterstützen und nicht stören, halten Sie sich an bewährte formale Regeln: Hintergrund/Farben: Regenbogenfarborgien, über den Bildschirm huschende Männchen, Pfeile, Kästchen und Linien lenken ab und ermüden. Wählen Sie stattdessen einen ruhigen und stets gleichen, hellen Hintergrund. Für die Textgestaltung gilt die 5 × 7-Regel als Richtschnur (7 Übersicht).
Halten Sie sich an die anerkannten Regeln für die Bildschirmpräsentation.
5 × 7-Regel der Textgestaltung Nur 5 Wörter im Titel Nicht mehr als 7 Zeilen Weniger als 7 Wörter in der Zeile
Der Name des Redners, des Instituts und die Archivnummer jedes Bildes gehören nicht auf den Bildschirm. Sie lenken ab und interessieren nicht. Die Verwendung zahlreicher Zeichen und Symbole wie Ausrufezeichen, Alarmglocken, Finger etc. zeigen zwar, dass Sie aus dem vollen Repertoire Ihres Grafikprogramms schöpfen, aber auch von mangelnder didaktischer Ausbildung. Heben Sie stattdessen Wichtiges durch einfache Markierungspunkte am Beginn der Zeile hervor! Verwenden Sie im Text die übliche Schreibweise mit Groß- und Kleinbuchstaben. Wählen Sie Schrifttypen ohne Schnörkel. Anstatt von Verbalsätzen – z. B. »Eine adjuvante Therapie kann empfehlenswert sein« – verwenden Sie Nominalsätze – z. B. »• adjuvante Therapie«. In vielen Vorträgen werden unübersichtliche, ellenlange Tabellen und Abbildungen aus Büchern oder Zeitschriftenartikeln zum Beleg der wissenschaftlichen Seriosität angeboten. Vielen Rednern ist die Unsinnigkeit dieses Vorgehens bewusst, erklären Sie doch sogleich
Verwenden Sie nur wenige Zeichen und Symbole.
Tabellen und Graphiken müssen übersichtlich sein.
130
Kapitel 6 • Projektabschluss und Publikation
Füllbilder sind überflüssig.
entschuldigend »Es tut mir leid, aber vermutlich kann man den Text nicht genau lesen …, aber das ist auch nicht schlimm, ich wollte nämlich nur darauf hinweisen, dass …«. Auch hier gilt also: Beschränkung auf wesentliche Daten, übersichtliche Tabellen, übersichtliche Grafiken. Die besonders beliebten dreidimensionalen multifarbigen Säulendiagramme lassen sich z. B. viel aussagekräftiger zweidimensional wenigfarbig darstellen. Noch ein Wort zu Füllbildern: Kein Zuhörer interessiert sich dafür, ob Sie besonders gekonnt Berge, Blumen, Frau und Kinder, Krankenhäuser etc. fotografieren können. Setzen Sie auch Karikaturen, Zitate von Goethe und Schiller oder andere Belege Ihrer umfassenden Bildung sehr sehr sparsam ein. z
6
Grundregel 8: Die Überschreitung der Redezeit ist eine Brutalität
Denn Sie zeigen damit, dass Sie Ihren Auftrag, in einer bestimmten Zeit ein bestimmtes Thema abzuhandeln, nicht erfüllen können und dass Sie ohne Rücksicht auf Vor- und Nachredner Ihr Ego in den Mittelpunkt stellen. Überziehen Sie zu lange, schneidet Ihnen der Vorsitzende das Wort ab und nimmt Ihnen damit die Möglichkeit der Schlussaussage. Selbst wenn Sie diese Grundregel akzeptieren, können Sie immer noch 3 grundlegende Fehler machen: 5 Sie packen durch zu schnelles Reden und zu viele Bildschirmpräsentationen zu viel in die vorgegebene Zeit – Ihre Kernbotschaft verpufft, Sie hinterlassen einen schlechten Eindruck! 5 Sie jammern über die Kürze und Begrenztheit Ihres Auftrittes – wer möchte das hören? 5 Sie akzeptieren die Grundregel zwar im Prinzip, setzten sich aber trotzdem darüber hinweg – passiert dies öfter, werden Sie nicht mehr so häufig eingeladen. z
Grundregel 9: Diskutieren ist schwieriger als Präsentieren
Zu jeder wissenschaftlichen Präsentation gehört die Diskussion, vor der manche Redner mehr Angst als vor dem Vortrag selbst haben. Gefürchtet sind u. a. Killerfragen und Korreferenten aus dem Auditorium. Killerfragen sind z. B. bei experimentellen Fragestellungen: »Wo bleibt denn die klinische Bedeutung?« oder bei klinischen Fragestellungen: »Wo ist eigentlich Ihre experimentelle Grundlage?« Stellen Sie gemäß den dargestellten Grundregeln Ihre Daten plakativ übersichtlich dar, kommt sicherlich die Frage: »Wo bleiben denn die Details?« Stellen Sie dagegen alle Details vor, wird unweigerlich vermerkt: »Wo bleibt die Übersichtlichkeit?« In solchen Fällen zeigen Sie Souveränität: Verweisen Sie auf den Rahmen Ihres Vortrags, den Sie ja in der Einleitung skizziert haben. Gute Vorsitzende und Moderatoren werden Sie hier in Schutz nehmen und Ihnen auch helfen, Koreferenten aus dem Auditorium abzublocken.
6.3 • Poster
Abschließend seien einige goldene Regeln für die Diskussion genannt: 5 Hören Sie dem Fragenden aufmerksam zu und fallen ihm nicht ins Wort! Formulieren Sie Ihre Antwort präzise und kurz, denn Sie haben ja bereits Gelegenheit gehabt, Ihre Daten zu präsentieren! 5 In der Diskussion können Sie durchaus Ihre persönlichen Meinungen aussprechen, hier sind »Bekenntnisse« erlaubt. 5 Erkennen Sie konstruktive Kritik an, und gestehen Sie Schwachstellen ein! 5 Gestehen Sie auch Wissensdefizite ein, demonstrieren aber die Kenntnis anderer wesentlicher Daten zu dem abgehandelten Problem! 5 Sagen Sie nicht »Das ist eine gute Frage« oder »Diese Frage habe ich erwartet«! 5 Vermeiden Sie Improvisationen oder Lügen! 5 Formulieren Sie bei kontroverser Diskussion möglichst positiv, z. B. anstatt »Sie haben mich vollkommen falsch verstanden«, besser »Vielleicht habe ich mich nicht ganz deutlich ausgedrückt« oder anstatt »Das ist vollkommener Blödsinn«, besser »Ich bin sehr verwundert, dass Sie meinen …«. 5 Achten Sie auf Ihre nonverbalen Signale von Nervosität und Unsicherheit wie Nesteln an der Krawatte, Spielen mit dem Lichtzeiger, Zupfen am Haar oder Bart, Treten auf der Stelle.
131
6
Goldene Regeln für die Diskussionsführung sind: 5 kurze höfliche Antworten, 5 Eingestehen von Schwachstellen, 5 Vermeiden von Floskeln, Lügen und Übertreibungen.
Nicht empfehlenswert ist die gerade bei internationalen Kongressen immer wieder beobachtete »Feuerschutz-Taktik«. Darunter versteht man, dass ein Redner Personen seines Vertrauens im Publikum positioniert, die dann vorab besprochene Fragen stellen. Sie reduzieren dadurch zwar die Wahrscheinlichkeit, unvorbereitete Fragen beantworten zu müssen, aber aufmerksame Zuhörer und hier vor allem die für Ihre Karriere wichtigen »Profis« registrieren diese Taktik und stufen Sie zu Recht als unseriös ein. Eine wissenschaftliche Präsentation nach den hier skizzierten anerkannten Grundregeln wird dem Erkenntnisgewinn der Zuhörer dienen, Ihnen selbst viel Freude bereiten und Ihnen den berechtigten Beifall Ihrer Zuhörer einbringen.
6.3
Poster
Ein Poster ist ein visuelles Medium, auf dem eine »Botschaft« aus dem Bereich der Medizin und der Naturwissenschaft so attraktiv durch Inhalt und Design transportiert werden soll, dass der Betrachter davon gefesselt wird und sich mit dieser Botschaft auseinandersetzt. Ein gut konzipiertes Poster spricht für sich selbst, d. h. es bedarf keiner weiteren Erläuterung zum Verständnis des Inhalts. Der Haupt-
Vorteile des Posters
132
Kapitel 6 • Projektabschluss und Publikation
Nachteile des Posters
6
vorteil des Posters liegt in seiner vielseitigen Verwendungsmöglichkeit. Es ist halbtagsweise, tageweise oder während einer ganzen Kongressdauer präsent. Dem Betrachter ist kein Zeitlimit auferlegt, und er kann durch individuelle Selektion bestimmen, welchem Poster er seine Zeit widmen will. Bei Präsentation des Posters durch den Autor ergibt sich eine intensive Teilnahme und Interaktion der Betrachter mit dem Autor. Dieser kann dann im kleineren Diskussionskreis durch verbale Informationen die Botschaft des Posters verstärken. Die Nachteile im Vergleich zum »Konkurrenzprodukt« Kurzvortrag liegen klar auf der Hand. Es besteht eine simultane Konkurrenz mit zahlreichen anderen Postern. Die Autoren erhalten, falls keine Posterpräsentation stattfindet, kein direktes Feedback. Von manchen Kongressveranstaltern wird das Poster leider als eine günstige Gelegenheit missbraucht, eine größere Anzahl aktiver (und damit zahlender) Kongressteilnehmer zu gewinnen. Dies hat zu einer manchmal etwas stiefmütterlichen Positionierung im Kongressablauf geführt, z. B. Posterbegehungen während der Mittagspause durchzuführen, nur abgelegene Räume zur Verfügung zu stellen und zu kleine Stellflächen zu gewähren. Daraus ist der Ruf entstanden, ein Poster sei eine nur zweitrangige Form der Darstellung wissenschaftlicher Ergebnisse. Dabei finden sich gerade zu den Posterpräsentationen eine erhebliche Anzahl an Führungskräften und Entscheidungsträgern ein, die den Kontakt zu Nachwuchskräften mit innovativen Ideen suchen. Aus dem dabei entstandenen Dialog haben sich schon häufig entscheidende Kontakte für die Karriere der Autoren ergeben. Neuere Literatur plädiert für eine Aufwertung des Posters gerade mit der unmittelbaren Gesprächsmöglichkeit und gibt gute Anleitungen zur Erstellung und Präsentation vor dem Poster oder im Poster-Kurzvortrag. Allerdings gibt es vor allem bei großen Kongressen auch die Tendenz, das unpersönliche, IT-basierte »Media-Poster« zu bevorzugen. z
Struktureller Aufbau des Posters
Der Aufbau und die Herstellung eines Posters wird bestimmt durch: 5 Inhalt, 5 Design, 5 technische Erstellung. z Inhalt: IMRAD = 5 Introduction, 5 Method, 5 Results, 5 And, 5 Discussion.
Inhalt
Der Inhalt des Posters soll sich an der Frage orientieren: »Was ist meine Kernbotschaft und wie präsentiere ich diese am besten?«. Die Darstellung orientiert sich an der klassischen IMRAD-Form: 5 Einleitung (Introduction), 5 Methodik (M), 5 Ergebnisse (Results), 5 und (And),
6.3 • Poster
133
6
5 Diskussion (D) und Schlussfolgerungen sowie dem Literaturverzeichnis. Vor der Einleitung steht die Zusammenfassung mit der Kernbotschaft. Um effektiv zu sein, muss die Posterpräsentation zwei Hauptkriterien erfüllen: 5 Sie muss – das bleibt entscheidend – wissenschaftliche Substanz haben. 5 Sie muss Interesse wecken und Besucher so gut und so schnell wie möglich über die vorgestellte Arbeit informieren: 5 Wichtige Arbeitsabschnitte müssen leicht identifiziert werden können. 5 Die Arbeitsabschnitte müssen schnell aufgenommen bzw. gelesen werden können. z
Design
Das Poster ist ein visuelles Instrument, welches durch Form und Inhalt bestimmt wird. Die Form wird durch das Design determiniert, welches als »Eye catcher« dienen soll. Nur so kann das Poster seinen Vorteil ausspielen und die Aufmerksamkeit aus einer Vielzahl von anderen Postern auf sich lenken. Dabei empfiehlt sich ein nüchterner Stil unter der Vermeidung von unnötigen Symbolen, Unterstreichungen oder Farben. Grafiken und Tabellen enthalten gewöhnlich den Hauptanteil an Information bei einem gelungenen Poster, Grafiken sollten dominieren, Tabellen werden ab einer Spaltenzahl von mehr als 6 zunehmend unverständlich. Abbildungen sollten prinzipiell einen Zuwachs an Information enthalten. Redundante Präsentation von Information ist nur im Ausnahmefall sinnvoll. Die Schrift sollte durch leichte Lesbarkeit bestimmt sein, z. B. serifenlose Schrifttypen wie Arial, Helvetica etc. Besondere Bedeutung hat der Titel des Posters. Dieser sollte knapp, prägnant und interessant formuliert sein, die Buchstaben eine Größe von mindestens 5 cm aufweisen. z
Postertitel
Ein evtl. Logo der Institution kann zu einer Corporate Identity beitragen, hier gilt jedoch, dass zu viel visuelle Information leicht vom Hauptaspekt des Posters ablenken kann. z
Design: 5 Titel prägnant, 5 »Eye catcher«, 5 Grafiken dominieren, 5 nicht zu viel Text, 5 Schrifttyp optimal lesbar.
Logo der Institution
Technik
Die technische Erstellung eines Posters wird idealerweise von einer professionellen Grafikabteilung abgewickelt. Institutionen ohne eigene Grafikabteilung müssen einige der Produktionsschritte in externe Fotolabors oder Copyshops auslagern. Im Gegensatz zu früher ist die Herstellung eines Posters durch die Entwicklung von Computern und entsprechenden Softwareprogrammen wesentlich beschleunigt und vereinfacht worden. Die Erzeugung des Posters erfolgt dabei z. B. als PowerPoint-Dokument. Dies hat den großen Vorteil, dass das Poster
Technik: 5 PowerPoint, 5 multimedial anlegen.
134
Kapitel 6 • Projektabschluss und Publikation
nicht nur in dem Format 90 cm × 120 cm ausgedruckt werden kann, in dem die Präsentation auf einem Kongress üblicherweise erfolgt, sondern auch multimedial z. B. als Hand-out ausgelegt oder mittels Beamer projiziert werden kann. z Präsentation: 5 unter 3 Minuten bleiben, 5 für jeden Abschnitt (vgl. IMRAD) nur einen Satz, 5 Hand-outs vorbereiten.
6
6.4 Eine Publikation soll der Öffentlichkeit eine Botschaft oder neue Erkenntnis mitteilen, was gelingt, wenn sie in einer angesehenen und weit verbreiteten Zeitschrift erscheint.
Ein Kriterium für die Bewertung der Leistung eines Wissenschaftlers ist die Anzahl und Qualität seiner Publikationen.
Präsentation
In der Posterpräsentation soll das Poster nicht vorgelesen werden, sondern die Kernbotschaft fachlich kompetent kurz und knapp dargestellt werden. Idealerweise holt man die Zuhörer dabei auf ihrem Wissenstand ab und vermittelt den Zuwachs an Erkenntnis durch die präsentierten Ergebnisse. Hand-outs sind DIN-A4-Kopien des Posters zum Mitnehmen. Sie sollen dem interessierten Zuhörer die Möglichkeit geben, das Poster noch einmal in Ruhe durchzuarbeiten und bei anderer Gelegenheit verfolgen zu können.
Publikation
Ein Antrieb für eine Publikation ist der Wunsch, der Öffentlichkeit eine Botschaft oder neue Erkenntnis mitzuteilen und verfügbar zu machen. Dieses Ziel wird man erreichen, wenn ein Manuskript in einer angesehenen und weit verbreiteten Zeitschrift zum Druck angenommen wird. Gute Zeitschriften haben heute jedoch Ablehnungsquoten von bis zu 75% und nur die besten Manuskripte werden publiziert. Gute Studien und noch so bedeutende Erkenntnisse haben deshalb keine Chance, publiziert zu werden, wenn es den Autoren nicht gelingt, dies auch in geeigneter Weise in einem gut geschriebenen Manuskript darzulegen und damit den Editor und die Gutachter einer Zeitschrift zu überzeugen. In zunehmendem Maße werden zur Beurteilung der Leistung des Wissenschaftlers die Qualität und Anzahl der Publikationen herangezogen. Dies gilt nicht nur für die Vorleistung zu einer Habilitation oder bei Berufungsverfahren, sondern auch in zunehmendem Maße z. B. bei der Evaluation der Leistungen innerhalb einer Universität. Da es bei einigen Universitäten bereits leistungsbezogene Budgetzuteilungen gibt, kann die Publikationsaktivität eine unmittelbare Auswirkung auf die Finanzen einer Universitätsabteilung haben. Die Auswahl der Zeitschrift, in der die Publikation erscheinen soll, ist von erheblicher Bedeutung. Als Erstes ist es wichtig, die richtige Zeitschrift unter dem Gesichtspunkt der bearbeiteten Thematik auszusuchen. Wenn das Manuskript nicht in das »Profil« der Zeitschrift passt, wird der Editor die Annahme sofort ablehnen. Außerdem sollte man sich fragen, welchen Leserkreis man erreichen möchte und welche Zeitschrift dafür am besten geeignet ist. Für jedes Fachgebiet gibt es in der Regel eine größere Anzahl von Zeitschriften, die jedoch ein unterschiedliches Ansehen genießen und von der Zitierhäufigkeit (Impact Factor) stark differieren. Anstreben wird man eine
6.4 • Publikation
Publikation in einer quantitativ hochwertigen Zeitschrift, was häufig die Publikation in englischer Sprache erfordert. Die im Folgenden beschriebene Anleitung zum Anfertigen eines Manuskripts mag dem vor allem noch jungen und noch nicht so erfahrenen Autor helfen, ein gut strukturiertes Manuskript zu erstellen und damit seine Chancen auf eine qualifizierte Publikation zu erhöhen. Wesentliche Anregungen für diesen Artikel erhielten wir durch die Arbeiten von Apley [1], Baue [2], Cowell [3], Zeiger [6] und durch die Diskussion mit Dr. Richard Brand, dem Herausgeber der Zeitschrift Clin Orthop Rel Research, sowie durch unsere jahrelange Tätigkeit als Gutachter bei verschiedenen Zeitschriften. z
135
6
Ein Manuskript sollte zu einer angesehenen Zeitschrift geschickt werden, in deren »Profil« das bearbeitete Thema passt und die jene Leserschaft hat, denen ich meine Erkenntnisse mitteilen möchte.
»Eine Frage des Stiles«
Beim Schreiben sollte beachtet werden, dass nicht jeder Leser der Zeitschrift den gleichen Kenntnisstand wie der Autor hat. Fachjargon sollte vermieden werden, damit der Text auch für den »durchschnittlichen« Leser informativ ist. Es ist ein Fehler zu glauben, dass lange Wörter und Sätze mehr Eindruck machen als kurze. »In der Kürze liegt die Würze«. Daher sollte man kurze, prägnante Sätze formulieren (nach Zeiger nicht länger als 22 Worte), die einen Gedanken beinhalten und in denen das Subjekt das zu erläuternde Thema und das Prädikat die Aktion darstellt. Eine Häufung von Substantiven sollte vermieden werden. Werden Pronomina verwandt, ist auf eine eindeutige Zuordnung zu achten (Negativbeispiel: »Nachdem die Hunde durch die Tierärzte narkotisiert worden waren, führten sie die Operation durch«). Bei der Verwendung von Vergleichen oder der Beschreibung von Unterschieden etc. sollte eindeutig sein, welche Gruppen miteinander verglichen werden. »Vergleiche zwischen Äpfeln und Birnen« sind zu vermeiden. Die Autoren sollten ihre Gedanken klar, knapp und präzise übermitteln. Jeder Abschnitt sollte eine Idee, ein Konzept, einen Gedankengang enthalten, und die Abfolge der einzelnen Abschnitte sollte sich logisch hintereinander ergeben. Soweit möglich empfiehlt es sich, die Kernaussage des Absatzes im ersten Satz zu beschreiben und im folgenden Satz genauer zu belegen. Der »rote Faden« ergibt sich dann durch die Aneinanderreihung der jeweils ersten Sätze jedes Abschnitts. Mit Hilfe des letzten Satzes im Abschnitt kann die Kontinuität des Geschriebenen sichergestellt werden, indem man auf das Thema des nächsten Abschnitts verweist. Übergangswörter zu Beginn des neuen Abschnitts unterstützen das Bestreben, die logische Abfolge der einzelnen Themen zu erhalten: »roter Faden«.
»In der Kürze liegt die Würze«. Kurze, prägnante Sätze formulieren.
Jeder Abschnitt sollte eine Idee, ein Konzept, einen Gedankengang enthalten, und die Abfolge der einzelnen Abschnitte sollte sich logisch hintereinander ergeben.
136
Kapitel 6 • Projektabschluss und Publikation
z Teile des Manuskripts k Titel Der Titel ist der »Aufmacher« für die Story und soll den Leser bewegen, den ganzen Artikel zu lesen. Der Titel sollte so informativ wie möglich sein und kann die Kernaussage der Studie schon vorwegnehmen.
Der endgültige Titel wird zwar häufig erst am Ende einer Arbeit festgelegt, ist aber hinterher der »Aufmacher« für die Story und als solcher von besonderer Bedeutung. Der Titel sollte kurz gehalten werden, da er sich besser einprägt; er kann durch einen Untertitel sinnvoll erweitert werden. Der Titel sollte so informativ wie möglich sein und kann unter Umständen die Kernaussage der Studie schon vorwegnehmen (z. B.: »Zum Einfluss regelmäßigen Zuckerkonsums auf die kindliche Zahnqualität« wird weniger Interesse wecken als »Regelmäßiger Konsum von Süßigkeiten führt zu frühzeitigem Verlust der Zähne«). Als Informationen können die untersuchte Spezies oder Population, die untersuchten Variablen, der experimentelle Ansatz, der Innovationscharakter erwähnt werden. Im Untertitel können Zusatzinformationen wie z. B. die Art der Studie (prospektiv, retrospektiv), die Anzahl der untersuchten Patienten etc. erscheinen. Nicht immer gern gesehen wird anscheinend die Formulierung einer rhetorischen Frage im Titel. Denn wenn die Frage mit »Ja« beantwortet werden könnte, hätten die Autoren es im Titel getan, bei einem »Nein« als Antwort macht eine Frage die Studie hingegen auch nicht interessanter. Der Titel »Ist die Totalentfernung des medialen und lateralen Meniskus vorteilhaft für eine Fußballerkarriere?« suggeriert oder impliziert schon eine negative Antwort. Daher ist es ehrlicher, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen und zu formulieren: »Die Totalentfernung des medialen und lateralen Meniskus bedeutet ein sicheres Ende einer Fußballerkarriere«. Ein »running title« wird häufig in der Kopfzeile einiger Zeitschriften verwandt. Er sollte eine erkennbare Kurzfassung des Titels sein (also die gleichen Begriffe bei der Formulierung benutzen).
Bei der Fülle der Informationen wird häufig nur die Zusammenfassung gelesen und nur diese ist auch auf den Literatur-Suchprogrammen verfügbar.
Die Zusammenfassung erscheint zwar zu Beginn eines Artikels, wird aber in der Regel zum Abschluss eines Manuskriptes geschrieben. Die wichtigsten Informationen (Zielsetzung, Material, Methoden, Ergebnis) sollten prägnant dargestellt werden. Eröffnet wird in der Regel mit der Fragestellung (»Um XY zu untersuchen, benutzten wir …«). Der experimentelle Ansatz und der innovative Charakter sowie die wichtigsten Ergebnisse (und Daten) werden dargestellt. Die Bedeutung der Studie beschließt die Zusammenfassung. Der Zusammenfassung kommt eine sehr große Bedeutung zu, da bei der Fülle der Informationen häufig nur die Zusammenfassungen gelesen werden und diese heute auch in den Datenbanken verfügbar sind. Nur wenn die Zusammenfassung sehr informativ ist und das Interesse des Lesers weckt, wird häufig die ganze Publikation gelesen. Von den Zeitschriften wird die maximale Anzahl der Worte meistens vorgegeben. Sie liegt in der Regel zwischen 150 und 250 Worten.
6
k Zusammenfassung (und englisches Abstract)
6.4 • Publikation
Auch wird vorgegeben, ob Daten in Form von Zahlen und Signifikanzniveau erwünscht sind oder nur die Hauptaussage dargestellt werden soll. Wenn die Studie eine klinische Bedeutung hat, sollte diese herausgestellt werden.
137
6
Die Strukturierung der Zusammenfassung wird heute häufig von der Zeitschrift vorgegeben.
k Einleitung: »Warum habe ich die Studie durchgeführt?« »Try to start with a bang and try not to go on and on; if you don’t strike oil quickly, stop boring« [1].
Dieser Abschnitt soll dazu dienen, dem Leser zu verdeutlichen, dass der gegenwärtige Kenntnisstand zur untersuchten Thematik Lücken aufweist und unzureichende Erkenntnisse vorliegen. Dazu sollten nur wichtige und relevante Artikel zitiert werden, nicht jede zu dem Thema geschriebene Arbeit. Diese Auswahl ist notwendig, weil der Leser in der Einleitung entscheidet, ob er vom Thema gefesselt wird und weiterliest. Die Funktion der Einleitung ist, Interesse zu wecken, den Leser zur Fragestellung hinzuführen und mit den speziell in der Arbeit zu beantwortenden Fragen oder Hypothesen zu enden. Dazu beginnt man mit dem Bekannten aus der Literatur und folgt mit dem Unbekannten oder mit Problemen des Bekannten. Als direkte Konsequenz daraus sollte die Fragestellung unausweichlich folgen. Bei der Formulierung der Fragestellung können die unabhängigen und abhängigen Variablen sowie die methodische Vorgehensweise schon erwähnt werden (z. B.: »Um die Auswirkungen von XY zu untersuchen, benutzten wir …«).
Die Funktion der Einleitung ist, Interesse zu wecken, den Leser zur Fragestellung hinzuführen und mit den speziell in der Arbeit zu beantwortenden Fragen oder Hypothesen zu enden.
k Material und Methoden: »Was habe ich womit gemacht?«
Funktion dieses Abschnitts ist es, alle notwendigen Informationen zu geben, damit andere Wissenschaftler die Studie ggf. wiederholen können, um die veröffentlichten Ergebnisse selbst zu überprüfen. Im ersten Teil wird das Versuchsmaterial beschrieben (Chemikalien, Medikamente, experimentelle Materialien wie Zellkulturen, Gewebeproben etc., Versuchstiere oder Probanden). Bei klinischen Studien mit Patienten sind neben den anthropometrischen Daten insbesondere die Auswahl- und Einschlusskriterien zu erläutern. Die Anzahl der Versuchs- und Kontrollpersonen (oder -tiere) oder Präparate wie auch die Kriterien für die Auswahl der Patienten sollten angegeben werden. Wenn Versuchsgruppen gebildet werden, sollten sie getrennt beschrieben werden. Bei tierexperimentellen Studien hat ein Hinweis auf eine Tierversuchsgenehmigung (Genehmigungsstelle, Tierversuchsnummer) und bei Patientenstudien ein Hinweis auf die Genehmigung einer Ethikkommission zu erfolgen. Bei der Beschreibung der Methoden werden die Vorbereitungen des Versuchsgutes, ggf. die Operationstechnik, der Versuchsaufbau, die benutzten Apparate, Datenaufnahme, -verarbeitung, -reduktion und -analyse erläutert und möglichst auch begründet.
Die Beschreibung der Materialien und Methoden soll alle notwendigen Informationen geben, damit andere Wissenschaftler die Studie gegebenenfalls wiederholen können.
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6
Kapitel 6 • Projektabschluss und Publikation
Dieses Kapitel wird in der Regel in der Vergangenheitsform geschrieben. Vorsicht ist bei verwandten Verben geboten, die ähnlich benutzt werden, aber dennoch eine spezielle Bedeutung haben: Die Begriffe »messen« (»measure«), »berechnen« (»calculate«), »abschätzen« (»estimate«) sollten nur angewandt werden, wenn die Parameter auch mit dem entsprechenden Verfahren bestimmt wurden. Als Oberbegriff für mehrere Verfahren kann »bestimmen« (»determine«) dienen. Bei der Frage der Überschriften für einzelne Absätze (»subheadings«) scheiden sich die Geister. Einige Zeitschriften benutzen sie, andere wiederum empfehlen, sie zu vermeiden. Wenn zu Beginn jedes Absatzes ein zusammenfassender Satz steht, sind Überschriften eigentlich überflüssig. Auf jeden Fall sollte man darauf achten, dass in jedem Absatz nur ein Thema behandelt wird, also für jedes neue Thema ein neuer Absatz begonnen wird. Zu der Beschreibung der verwendeten Methoden gehört auch die Angabe des eingesetzten statistischen Verfahrens. Dabei ist generell zu beachten, dass keine unzulässigen Verfahren verwendet werden. So wird häufig der Fehler gemacht, die beliebten Student t-Tests und Varianzanalysen zu benutzen, ohne dass sichergestellt ist, dass die getesteten Daten einer Normalverteilung gehorchen. Es ist deshalb dringend anzuraten, sich durch einen Statistiker beraten zu lassen oder sich in der Literatur zuvor kundig zu machen [5]. Besonders bei der Verwendung seltener statistischer Verfahren ist es sinnvoll, das gewählte Verfahren zu begründen. k Ergebnisse: »Was habe ich herausgefunden?«
In diesem Kapitel sollen nur die zur Fragestellung gehörenden und relevanten Ergebnisse dargestellt werden. Allerdings sollten alle relevanten Ergebnisse berichtet werden, unabhängig davon, ob sie die Hypothese unterstützen oder widerlegen. Dabei ist sicherzustellen, dass für jedes Ergebnis die Methode, mit der es erhalten wurde, im vorherigen Kapitel beschrieben wurde. Die Ergebnisse können nach Wichtigkeit, nach Thematik oder chronologisch geordnet werden. Direkt im Anschluss an das ausformulierte Ergebnis sollten die entsprechenden Daten präsentiert werden. Die Signifikanz der Ergebnisse sollte mit Hilfe der p-Werte angegeben werden. Dabei kann man entweder feste Grenzen verwenden (signifikant: p < 0,05, hoch signifikant: p < 0,01, höchst signifikant: p < 0,001) oder besser noch die tatsächlichen p-Werte für die signifikanten wie für die nicht signifikanten Ergebnisse angeben und den Leser entscheiden lassen, ob ein p = 0,049 für ihn schon signifikant ist. Dabei sollte der Begriff Signifikanz nur für die Ergebnisse benutzt werden, die mit Hilfe geeigneter Testverfahren [5] auf statistische Signifikanz überprüft wurden. Um eine Zahlenfülle im Text zu reduzieren, kann man im Text nur die prozentualen Unterschiede nennen und auf die zugrunde liegenden Daten in Tabellenform verweisen. Eine Wiederholung der Daten im Text, in Tabellen und in Abbildungen ist überflüssig und
6.4 • Publikation
kann den Eindruck erwecken, man blähe die Arbeit unnötig auf. Bei einer großen Datenmenge bietet sich eine übersichtliche Darstellung in Tabellenform an. Eine grafische Präsentation von Daten ermöglicht das Erfassen von Zusammenhängen mit einem Blick. Hinweise auf Tabellen und Abbildungen sollten im Text hinter den entsprechenden Stellen (in Klammern) gegeben werden. Ganze Sätze wie z. B. »Tabelle XY fasst die Daten zusammen.« oder »Abbildung XY zeigt…« sind überflüssig, da sie keine neue Information enthalten. Von besonderer Bedeutung ist die sorgfältige Behandlung der Zahlen. Die in Tabellen, Abbildungen und im Text präsentierten Daten müssen übereinstimmen bzw. auftretende Diskrepanzen müssen erklärt werden. Auch sollten Rechenfehler vermieden werden, da sonst die Sorgfalt angezweifelt wird und die Glaubwürdigkeit des Autors sinkt. Die Anzahl der Patienten in dem Methodenabschnitt muss mit der in den Ergebnissen angegebenen übereinstimmen. Falls Differenzen auftreten, sollten sie erklärt werden, damit der Eindruck vermieden wird, die nicht in das Bild passenden Daten werden unter den Tisch gekehrt. Ergebnisse werden häufig in langen Sätzen mit endlosen Zahlenkolonnen präsentiert. Wenn diese ermüdenden Sätze überhand zu nehmen drohen, sollten die Zahlen vorzugsweise in Form von Tabellen oder Abbildungen aufbereitet werden. Daher sollten im Text nur die Highlights der Ergebnisse beschrieben werden.
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Es sollen nur die zur Fragestellung gehörenden und relevanten Ergebnisse dargestellt werden. Eine Wiederholung der Daten im Text, in Tabellen und in Abbildungen ist überflüssig.
k Diskussion: »Wen interessiert es, was ändert es?«
Dies ist häufig der schwierigste Abschnitt, da man (nicht zuletzt sich selbst) jetzt die Frage nach dem Sinn und Nutzen der Studie beantworten muss. In diesem Kapitel sollen die Antworten auf die einleitend gestellten Fragen gegeben werden. Dabei ist auf eine möglichst genaue Übereinstimmung zwischen Fragen (in der Einleitung) und Antworten (in der Diskussion) zu achten. Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, wie der Beginn einer Diskussion geschrieben werden sollte. Wir bevorzugen es, am Anfang der Diskussion die Fragestellung oder Hypothese zu wiederholen und die Antworten darauf zu geben bzw. die Hypothese durch die Hauptergebnisse zu unterstützen oder zu widerlegen. Wichtig ist dabei, sich streng an die gefundenen Ergebnisse zu halten und die Ergebnisse in ihren Aussagen und nicht in ihren Messwerten darzustellen. Werden mehrere Fragen beantwortet, sollte sich die Reihenfolge nach der Rangfolge der Fragen richten. Spekulationen sollten vermieden oder deutlich als solche bezeichnet werden. Im Anschluss daran wird ausgeführt, warum die gefundenen Ergebnisse die Antworten zulassen und unterstützen und inwieweit die Antworten mit dem derzeitigen Wissensstand übereinstimmen. Die Signifikanz der Studie wird jetzt diskutiert und im Zusammenhang mit der bestehenden Literatur beleuchtet. Ähnliche Ergebnisse, Messwerte in vergleichbaren Größenordnungen sollten erwähnt werden. Außerdem müssen »nicht passende« Ergebnisse, unerwartete
Die Diskussion soll die Antworten auf die in der Einleitung gestellten Fragen oder Hypothesen geben. Werden mehrere Fragen beantwortet, sollte sich die Reihenfolge nach der Rangfolge richten.
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Kapitel 6 • Projektabschluss und Publikation
Die Bedeutung der Studie soll diskutiert und im Zusammenhang mit der bestehenden Literatur beleuchtet werden. Unterschiede zu vorherigen Veröffentlichungen und widersprüchliche Ergebnisse sollten möglichst erklärt werden.
6
Ergebnisse und Unterschiede zu vorherigen Veröffentlichungen erklärt werden. Widersprüchliche Ergebnisse werden gegenübergestellt und möglichst erklärt, z. B. anhand von Unterschieden zwischen den Versuchsgruppen oder in der Methodik. Bei der Ergebnisdiskussion sollte vermieden werden, die numerischen Werte aus dem Ergebnisteil zu wiederholen. Die Ergebnisse sollten nur im Hinblick auf ihre Wirkung zur Beantwortung der gestellten Fragen diskutiert werden. Der Neuigkeitswert der gefundenen Antworten sollte nochmals herausgestellt werden. Zur Diskussion gehört auch ein Abschnitt über die Unzulänglichkeiten, Schwachpunkte und Einschränkungen (»limitations«) der Studie. Diese sollte man ehrlich anführen und direkt diskutieren. Dadurch kann man die Kritik im Vorfeld schon entkräften und die Gefahr einer Ablehnung des Manuskripts reduzieren. Man sollte den Leser davon überzeugen können, dass die Einschränkungen der Studie die Ergebnisse nicht generell in Frage stellen. Abschließend sollte man sich mit der Bedeutung der Studie, speziell der klinischen Relevanz auseinandersetzen. Daraus ergeben sich häufig noch weiterleitende Fragestellungen, die als Ausblick auf zukünftige Arbeiten erwähnt werden. Zusammenfassend die 3 Teile der Diskussion: 5 Antworten auf Fragestellung geben; evtl. Fragestellung und Population kurz wiederholen. 5 Antworten mit Daten unterstützen, begründen; abweichende Ergebnisse erklären; Bedeutung der Ergebnisse erläutern; Zusammenhänge und Unterschiede mit der Literatur diskutieren; Einschränkungen angeben. 5 Schlussfolgerungen ziehen und Abschlussstatement formulieren.
k Literaturliste Die in der Literaturliste enthaltenen Informationen sind für die zukünftigen Leser wichtig, um die zitierten Artikel evtl. selbst nachzulesen. Daher ist es wichtig, dass die Angaben vollständig und korrekt sind.
Die in der Literaturliste enthaltenen Informationen sind für die zukünftigen Leser wichtig, um die zitierten Artikel evtl. selbst nachzulesen. Daher ist es wichtig, dass die Angaben vollständig und korrekt sind, denn nur so können die Artikel problemlos gefunden werden. Auch hier gilt, dass Ungenauigkeiten ein schlechtes Licht auf den Autor werfen und eine unzureichende Sorgfalt auch bei der Anfertigung der anderen Abschnitte suggerieren. Alle verwandten Quellen sollten im Interesse der Autoren der Originalarbeiten ehrlich zitiert werden, allerdings sollten auch alle aufgelisteten Artikel im Text erwähnt werden. Bei der Literaturliste sollte beachtet werden, dass es dabei auf die Qualität (alle relevanten Publikationen) und nicht auf die Quantität ankommt. Die Formatierung ist den Hinweisen für die Autoren (»author’s instructions«) zu entnehmen und sollte für die jeweilige Art der Literaturstelle (Artikel, Kongressband, Buchkapitel, Buchbeitrag, Dissertation) genau beachtet werden.
6.4 • Publikation
141
6
k Abbildungen
Grafische Darstellungen von Ergebnissen helfen dem Leser, komplexe Zusammenhänge auf einen Blick zu erfassen (wenn sie gut gemacht sind). Allerdings sollten sie nicht nur Informationen wiederholen, die in anderer Form schon präsentiert wurden. Die Abbildungen sollten einheitlich gestaltet sein. Eine vollständige Beschriftung der Achsen beinhaltet den Namen der Messgröße und deren Einheit [in eckigen Klammern]. Die Unterschriften der Abbildungen (»figure captions«) sollten alle notwendigen Informationen zum Verständnis der Grafik enthalten, ohne dass es einer weiteren Erläuterung bedarf. Allerdings kann man bei allzu aufwendigen Erklärungen auf die im Text gelieferte Hintergrundinformation verweisen. Die Wahl des Grafiktyps hängt von der Art der darzustellenden Daten ab. Bei Mittelwerten ist eine Darstellung der Streubreite wünschenswert (Box-Plot, Standardabweichung, in Ausnahmefällen der Standardfehler des Mittelwertes). Welche Darstellung gewählt wird, hängt davon ab, ob die Daten normal verteilt sind oder nicht. Bei »entliehenen« Abbildungen ist der Fairness halber die Referenz zum Erstautor zu berücksichtigen (auch wenn die Abbildung nicht kopiert, sondern nur »nachempfunden« wurde (»modified after XY et al. Jahr«), bei Zeitschriften muss in der Regel wegen des Copyrights eine Einverständniserklärung des Erstautors oder des Verlags eingeholt werden. Bei der Darstellung von Versuchsaufbauten sind meistens Schemazeichnungen besser als Fotografien, da sie das Herausheben des Wesentlichen erlauben, während auf Fotografien häufig nebensächliche Dinge mit abgebildet werden. Die Entscheidung zwischen Schwarz-Weiß- oder Farbdarstellungen wird bei Zeitschriften aufgrund des höheren Aufwands und der dadurch entstehenden Druckkosten in der Regel zugunsten der SchwarzWeiß-Darstellung gefällt. Fotografien müssen auf Hochglanzpapier vergrößert oder im geforderten Datenformat geliefert werden. Auch hier gilt, dass ein Farbfoto um ein Vielfaches informativer sein muss als ein Schwarz-Weiß-Foto, um trotz höherer Kosten gedruckt zu werden.
Grafische Darstellungen von Ergebnissen helfen dem Leser, komplexe Zusammenhänge auf einen Blick zu erfassen. Sie sollten jedoch nicht Informationen wiederholen, die in anderer Form schon präsentiert sind.
k Tabellen
Tabellen können helfen, eine Vielzahl von Informationen kompakter darzustellen, als dies in Textform möglich ist. Voraussetzung ist jedoch, dass Tabellen sorgfältig aufgebaut sind, um die Zahlenfülle übersichtlich zu halten. Aufwendige Tabellen für wenige Zahlen sind überflüssig, wenn die Informationen auch kurz im Text dargestellt werden können. Der Titel einer Tabelle ist kurz und kann Informationen über die Anzahl der Probanden enthalten, wenn diese für die gesamte Tabelle gelten. Im Titel können auch Angaben über die Art der Daten (»mean ± standard deviation«, »median and range« etc.) gemacht werden. Standardabweichungen können neben oder unter den Mittelwerten erscheinen, sollten aber immer eindeutig zuzuordnen sein.
Tabellen helfen, eine große Anzahl von Daten übersichtlich darzustellen. Titel und Fußnoten sollten kurz und prägnant sein.
142
Kapitel 6 • Projektabschluss und Publikation
. Tab. 6.1 Schulnoten der ersten Klasse nach Geschlechtern getrennt (Mittelwert ± Standardabweichung) Mädchen (n = 23)
Jungen (n = 18)
Gesamt (n = 41)
Lesen
2,5 ± 1,2
2,2 ± 1,0
2,4
Schreiben
2,4 ± 0,8
2,1 ± 0,9
2,1
Rechnen
2,1 ± 1,4
2,7 ± 1,3*
2,5
Gesamt
2,3 ± 1,1
2,3 ± 1,2
2,3
* Signifikanter Unterschied zwischen Jungen und Mädchen, p < 0,05.
Mit Hilfe von Indizes und Fußnoten können Informationen über Signifikanzen gegeben werden, wobei eindeutig klar sein muss, welche Gruppen miteinander verglichen wurden (»* significantly different from Control Values, p < 0,01«). Die Beschriftung der Tabellen sollte in der Regel selbst erklärend sein, so dass es keiner weiteren Erläuterung im Text bedarf. Es wird von vielen Zeitschriften gefordert, dass keine vertikalen Linien verwandt werden. In der Regel reichen 3 horizontale Linien aus, um die Tabelle oben und unten zu begrenzen und den Tabellenkopf von den Daten zu trennen (Beispiel: . Tab. 6.1).
6
k Danksagung (»acknowledgements«) In der Danksagung sollten Institutionen und Personen genannt werden, die zum Gelingen der Arbeit oder Studie wesentlich beigetragen haben, ohne direkt wissenschaftlich beteiligt gewesen zu sein.
An dieser Stelle sollte man ehrlicherweise die Personen und Institutionen erwähnen, die zum Gelingen der Arbeit oder Studie in irgendeiner Weise beigetragen haben, ohne direkt wissenschaftlich involviert gewesen zu sein. Zuerst sollten die finanziellen Förderer oder Sponsoren, also öffentliche Institutionen oder Firmen genannt werden, die Forschungsgelder direkt für die Untersuchung oder indirekt als Unterstützung eines der beteiligten Wissenschaftlers bereitgestellt haben. Dann sollte man an dieser Stelle die »guten Geister« im Hintergrund erwähnen, die bei Auswertearbeiten, statistischer oder grafischer Aufbereitung der Daten, handwerklicher Unterstützung etc. geholfen haben und so zum Gelingen beigetragen haben, ohne wissenschaftliche Impulse zu setzen. Zuletzt kann man den kritischen Lesern danken, die durch Korrekturen geholfen haben, die Arbeit oder das Manuskript sprachlich und inhaltlich zu verbessern. z
Die Reihenfolge der Autoren sollte sich an ihrem Anteil an der Publikation orientieren. Alle Autoren übernehmen eine inhaltliche Verantwortung für die Publikation.
Autorenschaft
Das ist ein schwieriges Thema für sich und sollte mit Hilfe von guter Kommunikation und Fairness der Beteiligten und vor allem mit gesunder Selbsteinschätzung zu bewältigen sein. Gibt es Uneinigkeit, kann der Anteil der Beiträge der Einzelnen bewertet und nach einem Punkteschema aufaddiert werden. Die meisten Punkte sollten dann die Erstautorenschaft bringen [4]. Grundsätzlich sollten nur jene Personen Autoren sein, die am Manuskript mitgewirkt haben und auch bereit sind, die Verantwor-
6.4 • Publikation
143
6
tung dafür mitzutragen. Fehlverhalten, wie Erfinden und Fälschen von Daten steht im krassen Widerspruch zur Ethik des wissenschaftlichen Arbeitens und doch kommt es immer wieder vor. Es beginnt mit dem Aussortieren von nicht »passenden« Daten und hört beim Erfinden überhaupt nicht gemessener Daten auf. Wird es entdeckt, hat der Wissenschaftler nicht nur mit dem Verlust seines Ansehens zu rechnen, sondern auch dienstrechtliche oder zivilrechtliche Maßnahmen zu erwarten. Viele Universitäten verlangen deshalb eine Autorenerklärung, mit der jeder Autor erklärt, die inhaltliche Verantwortung für seinen Anteil an der Publikation sowie die Mitverantwortung an der Gesamtpublikation zu übernehmen. Bei einigen Zeitschriften muss nicht nur der Erstautor, sondern müssen auch die Koautoren ein Copyright Assignment vor der Akzeptierung des Manuskripts unterzeichnen. z
»Reine Formsache«
In jeder Zeitschrift sind die geltenden Anforderungen an den Autor (»instructions for authors«) auf einer Seite zusammengefasst. Diese Hinweise sollten genau durchgelesen und befolgt werden, um zumindest die formalen Kriterien zu erfüllen. Es werden die notwendigen Begleitschreiben, die Anzahl der einzureichenden Originale und Kopien, der gewünschte Aufbau des Artikels, Art der akzeptablen Abbildungen, die genauestes zu befolgende Formatierung der Literaturliste etc. erwähnt. Es gibt Unterschiede im Stil und in der Strukturierung von Publikationen in verschiedenen Zeitschriften. Es ist deshalb ratsam, sich ähnliche Artikel wie der zu schreibende in jener Zeitschrift genau anzusehen, in der man publizieren möchte. z
Die formalen Anforderungen der Zeitschrift an die Gestaltung des Manuskriptes sind genau einzuhalten, um Verzögerungen bei der Publikation zu vermeiden.
»Und das Urteil lautet:…« – Der Review-Prozess
Ziel dieser häufig frustrierenden und aufreibenden Vorgehensweise sollte es sein, dem Autor zu helfen, seine Aussage entsprechend deutlich auszudrücken. Dabei sollten sich die beteiligten Parteien (Editor, Reviewer und Autoren) als Partner verstehen, die dem gleichen Ziel dienen: Die aus einer guten Studie gewonnenen neuen Informationen in verständlicher Weise zu veröffentlichen und die Leserschaft nicht mit belanglosen Informationen zu überfluten. Dabei sollte jede »Runde« des Kritisierens, Überarbeitens und erneuten Einsendens zu einer Verbesserung des Manuskripts führen, auch wenn es demjenigen, der sich schon lange mit dem Zusammenschreiben beschäftigt hat, oftmals schwer fällt, die Kritik anzunehmen, so konstruktiv sie auch sein mag. In der Regel hilft es, wenn sich ein Außenstehender mit der Thematik auseinandersetzt, um zu entscheiden, ob die Arbeit allgemeinverständlich geschrieben ist. Der Autor selber sieht nach intensiver Überarbeitung oft den Wald vor lauter Bäumen nicht. Spätestens nach der zweiten nicht angenommenen Revision sollte man sich ernsthaft überlegen, die Arbeit bei einer anderen Zeitschrift
Der Review-Prozess dient der Verbesserung des Manuskripts. Editor, Reviewer und Autoren sind Partner in einem interaktiven Prozess, der zu einer verständlichen und aussagefähigen Publikation führt.
144
Kapitel 6 • Projektabschluss und Publikation
einzureichen, da weitere Argumentationen in der Regel zwecklos sind und nur zu zeitlichen Verzögerungen führen. k Editor »Some editors are failed writers, but so are most writers.« (T. S. Eliot)
Der Editor entscheidet, ob das Manuskript in seine Zeitschrift passt und benennt 2–3 Gutachter. Er fasst die Aussagen der Gutachter zusammen und trifft auf dieser Basis eine Entscheidung.
6
Der Editor bekommt das Manuskript heute meist online zugesandt und hat zunächst die Aufgabe zu entscheiden, ob das Thema der Studie mit der Zielsetzung der Zeitschrift übereinstimmt. Danach wählt er die 2 oder 3 Gutachter (Reviewer) aus, die er für geeignet hält, die Arbeit aufgrund ihrer eigenen Arbeitsschwerpunkte gerecht beurteilen zu können. Nach Rückmeldung der Kritik der Reviewer entscheidet der Editor auf der Basis der vorliegenden Urteile, ob die Arbeit anzunehmen oder abzulehnen ist. Es liegt auch in der Hand des Editors, die unvoreingenommenen Reviewer auszuwählen bzw. zu erkennen, wenn nicht nur fachliche Gründe, sondern eventuell auch persönliche Animositäten zu einer Ablehnung oder Annahme führen. Eine letzte wichtige Aufgabe hat der Editor zu erfüllen, da er dafür sorgen muss, dass der gesamte Vorgang ohne große Zeitverluste abläuft und somit möglichst aktuelle Arbeiten erscheinen. Dazu ist es auch notwendig, die Reviewer dazu anzuhalten, ihre Beurteilung zeitig zurückzuschicken (3 Wochen werden in der Regel zugestanden, längere Zeiten sind jedoch nicht selten). k Die Reviewer
Gutachter (Reviewer) lesen als Experten stellvertretend für den Leser das Manuskript, kritisieren Schwachstellen und stellen Fragen bei Unklarheiten. Der Autor sollte versuchen, alle Fragen der Gutachter Punkt für Punkt zu beantworten.
Die Reviewer repräsentieren entweder Fachleute auf dem zu beurteilenden Gebiet oder lesen stellvertretend für die interessierte, aber fachlich nicht voll involvierte Leserschaft. Sie bekommen in der Regel einen Beurteilungsbogen, um verschiedene Kategorien speziell zu bewerten. Ferner werden sie aufgefordert, dem/den Autoren ihre Kritikpunkte darzulegen und zu begründen, so dass die Beurteilung nachvollziehbar wird. Diese Meinungsbilder werden den Reviewern bei einigen Zeitschriften gegenseitig zugeschickt, damit auch sie eine Rückkoppelung über ihre Meinung im Vergleich zu der von anderen Kollegen erhalten. z Die Urteile k Abgelehnt (»rejected«)
Eine Ablehnung eines Manuskriptes kann berechtigt sein, weil die Studie schwerwiegende Schwächen hat. Eine Ablehnung kann jedoch auch erfolgen, weil man ein gutes Manuskript an die falsche Zeitschrift geschickt hat.
Schade! Die Arbeit hat aufgrund von unüberwindlich erscheinenden Schwächen und Fehlern im Studiendesign oder in der Methodik keine Gnade vor den Augen der Reviewer gefunden. Die Ablehnung sollte begründet werden und dadurch zumindest nachvollziehbar sein. Sollte die Begründung auf offensichtlich unzureichendem oder falschem Verständnis der Reviewer beruhen, kann man den Versuch wagen, das Manuskript unter Richtigstellung der unzutreffenden Kritikpunkte und nach sorgfältiger Berichtigung der gerechtfertigten Kritikpunkte trotzdem noch einmal einzureichen. Allerdings sollte
6.4 • Publikation
145
6
vorher in unnachgiebiger Eigenkritik überprüft werden, ob die Reviewer nicht vielleicht doch Recht haben und wichtige Details oder Grundsätze im Studiendesign und in der Durchführung unberücksichtigt blieben. k Mit größeren Änderungen angenommen (»accepted with major revisions«)
O. K.! Der erste Fuß ist in der Tür, jetzt gilt es, die Tür ganz zu öffnen. Die Studie sollte in diesem Stadium in den Grundzügen akzeptiert sein. Was fehlt, ist evtl. eine Überarbeitung der Datenauswertung, die Überprüfung der Gütekriterien (z. B. Reproduzierbarkeit der Messungen) oder einzelne Experimente, die helfen sollten, noch offene Fragen zu klären. Die Überarbeitung sollte im eigenen Interesse schnell erfolgen, um nicht zu lange Zeit vergehen zu lassen, bis die Reviewer sich mit dem Thema erneut beschäftigen. Einige Herausgeber verlangen eine Punkt-für-Punkt-Beantwortung der ungeklärten Punkte, die es dem Reviewer, aber auch dem Autoren einfacher machen, die Änderungen schnell nachzuvollziehen und auf Vollständigkeit zu überprüfen. Die endgültige Annahme hängt immer noch davon ab, ob die Kritikpunkte zur Zufriedenheit der Reviewer beantwortet werden konnten. Es ist zu ändern, was verlangt wurde oder schlüssig zu begründen, warum die Änderungen nicht durchgeführt wurden. k Mit kleineren Änderungen angenommen (»accepted with minor revisions«) New Review Weiter so! Die Arbeit ist in den Augen der Reviewer
grundsätzlich in Ordnung, kann aber durch die geforderten Änderungen noch verbessert werden. Die Änderungen erfordern in der Regel keine neuen Experimente, evtl. neue Analysen der Daten und eine »Glättung« einzelner Passagen der Einleitung oder der Diskussion. Allerdings wollen die Reviewer das Manuskript noch einmal lesen, um zu prüfen, ob die Änderungen in ihrem Sinne vorgenommen wurden.
Änderungen sollten möglichst schnell entsprechend den Anforderungen der Gutachter korrigiert und an den Editor zurückgeschickt werden. Auch ein zweites Review muss manchmal akzeptiert werden.
No Further Review Required Fast geschafft! Die Arbeit hat den Review-Prozess so gut wie bewältigt, kleinere Änderungen sind fast immer notwendig und sollten schnell zu erledigen sein. Also nicht lange warten, sondern direkt überarbeiten und zurückschicken. Zeit kann auch auf dem Schreibtisch des Autoren verloren gehen, nicht immer sind die Reviewer schuld. Die Reviewer überlassen es in diesem Fall dem Editor, zu entscheiden, ob die Änderungen entsprechend durchgeführt wurden und das Manuskript nach der Überarbeitung annehmbar ist.
k Angenommen (»accepted without revisions«)
Glückwunsch! Diese Situation tritt beim ersten Einreichen einer Arbeit bei einem guten Journal mit ähnlicher Wahrscheinlichkeit ein wie ein Lottogewinn mit 6 Richtigen inklusive Zusatzzahl.
Manuskript zur Publikation angenommen. Das Ziel ist erreicht. Nun gilt es nur noch, die Druckfahne zu korrigieren und auf den Druck zu warten.
146
Kapitel 6 • Projektabschluss und Publikation
Literatur Literatur zu Kapitel 6.2 1 2 3 4 5 6
Bourne PE (2007) Ten simple rules for making good oral presentations. PLoS Comput Biol 3: 593–594 Bruner JS (1966) Toward a theory of instruction. Harvard University Press; Cambridge Prokop A, Rehm K, Isenberg J, Hahn U, Schiffer G (2006) Der grottenschlechte Vortrag. Zentralbl Chir 131: 358–361 Roemer A van de (2001) Regeln der Vortragsoptimierung. Zentralbl Chir 126: 845–846 Smith R (2000) How not to give a presentation. Br Med J 321: 1570–1571 Volkenandt M (2001) Das erste Dia bitte… Didaktik medizinischer Fachvorträge. Zuckschwerdt, München
Literatur zu Kapitel 6.3 1
6
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Erren T, Bourne P (2007) Ten simple rules for a good poster presentation. PLoS Comput Biol 3: 777–778 Euteneier A, Mutschler W (2001) Das Poster: Qualitätskriterien, Herstellung und Bedeutung. Zentralbl Chir 126: 831–834 Hess G, Tosney K, Liegel L (2009) Creating effective poster presentations: AMEE Guide no. 40. Medical Teacher 31: 319–321 Miller J (2007) Preparing and presenting effective research posters. Health Services Res 42: 311–328 Woolsey JD (1989) Combating poster fatigue: How to use visual grammar analysis to effect better visual communications. TINS 12: 325–332 Wright V, Moll JHM (1987) Proper poster presentation: A visual and verbal ABC. Br J Rheumatol 26: 292–294
Literatur zu Kapitel 6.4 1 2 3 4 5 6
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147
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne L. Claes, M. Schieker, E. Neugebauer, M. Maegele, S. Sauerland und P. Biberthaler
148
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
1
z Eine ausreichende Primärstabilität ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Prothesenimplantation. Diese lässt sich in vitro durch Messung der Interfacebewegungen zwischen Knochen und Prothese unter gleichzeitiger Belastung der Prothese bestimmen.
Das Ziel der Studie ist zu prüfen, ob ein neuer Prothesentyp A bessere Primärstabilitäten erreicht als ein klinisch erfolgreich eingesetzter Prothesentyp B und ob die Interfacebewegungen unter einem kritischen Wert von 150 μm bleiben.
Biomechanische Studie: »Untersuchungen zur Primärstabilität eines Hüftgelenkendoprothesenschaftes unter Belastung« Projektskizze
Voraussetzung für eine langfristige Fixierung eines Implantats im umgebenden Knochen (sekundäre Stabilität) ist eine hohe Primärstabilität (vgl. Literatur). Unterstützt durch eine entsprechende konstruktive Gestaltung, insbesondere des Prothesenschaftes, soll direkt postoperativ ein sicherer Sitz des Implantats im Knochenlager gewährleistet werden. Beschreiben lässt sich die primäre Stabilität durch die direkt postoperativ unter Belastung auftretenden Mikrobewegungen an der Grenzfläche zwischen Prothese und Knochen (Interface). Die Größe dieser Bewegungen hängt von einer Reihe von Faktoren wie z. B. der Implantatgeometrie, der Oberflächenstruktur der Prothese, der Kongruenz zwischen Prothese und Knochenlager, den Materialeigenschaften des Knochen-Implantat-Verbunds sowie seiner mechanischen Belastung ab. Die Interfacebewegung lässt sich näherungsweise in vitro an Femurpräparaten mit implantierten Prothesen testen. Quantitative Kriterien für eine ausreichende Primärstabilität sind bisher nur wenig bekannt. Deshalb ist es sinnvoll, sie von Prothesentypen in vitro zu bestimmen, die in vivo über viele Jahre ein gutes klinisches Ergebnis gebracht haben und diese Werte als Maßstab zu nehmen. Tierexperimentell konnte gezeigt werden, dass Interfacebewegungen über einer kritischen Größe (>150 μm) [8] die knöcherne Integration der Prothese vermeiden und zu einer Bindegewebsschicht im Interface (Lockerung) führen. Das Ziel der Studie ist zu prüfen, ob ein neuer Hüftgelenkendoprothesenschaft A eine ausreichende Primärstabilität hat. Hypothese I: Der neue Hüftgelenkschaft A weist unter Belastung eine geringere Interfacebewegung auf als ein klinisch über lange Zeit bewährter Hüftgelenkschaft vom Typ B. Hypothese II: Die Interfacebewegungen des neuen Hüftgelenkschaftes A liegen unter der kritischen Interfacebewegung von 150 μm. k Versuchsdesign
Die Primärstabilität der neuen Hüftgelenkprothese vom Typ A soll im Vergleich mit der seit Langem klinisch mit Erfolg eingebauten Hüftgelenkprothese vom Typ B unter Belastung getestet werden. Die Simulation einer »physiologischen Belastung« der Hüftprothese ist nicht möglich, da es je nach Gangphase oder Lage des Femurs zum Becken viele Belastungsvariationen gibt und die Simulation aller Muskelkräfte und Gangphasen am proximalen Femur experimentell nahezu unmöglich ist. Es wird deshalb ein vereinfachter Lastfall gewählt, der eine Axialkraft in proximal-distaler Richtung, ein Biegemoment in der Frontalebene und Sagittalebene und ein Torsionsmo-
1 Biomechanische Studie
149
ment um die Längsachse des Femurs erzeugt. Diese Lastbedingung entspricht vereinfacht der Situation im Einbeinstand [1]. k Material und Methoden
Die Prothesen sollen in Femurpräparate von einem erfahrenen Chirurgen unter klinischen Bedingungen eingesetzt werden. Um annähernd vergleichbare Voraussetzungen beim Versuchsmaterial zu erreichen, werden geeignete Femura nach Knochendichtemessung (pQCT) im Hinblick auf ihre Anatomie und Knochendichte verwendet. Um individuelle anatomische Einflüsse möglichst gering zu halten, werden die Prothesentypen A und B jeweils in die linken oder rechten Femura (Zufallszuordnung) eines Paares implantiert. Um eine statistische Auswertung zu erlauben, sollen in beiden Versuchsgruppen (Prothesentyp A und Prothesentyp B) mindestens je 6 Femura mit Prothesen getestet werden. Da nicht von einer Normalverteilung der Daten ausgegangen werden kann, ist ein verteilungsfreier Test (Wilcoxon-Paar-Differenz-Test) vorgesehen. Ein Antrag an die Ethikkommission der Universität für die Invitro-Untersuchung ist zu stellen und die Knochenpräparate sind zu beschaffen. Es ist geplant, die Primärstabilität mit Hilfe von induktiven Wegaufnehmern im Interface zwischen Prothesenoberfläche und Knochen unter definierter Belastung der Prothese zu messen. Die Messung soll an mehreren Stellen erfolgen, um alle Translationen und Rotationen der Prothese im Knochenlager zu erfassen. Die Belastung erfolgt durch eine Materialprüfmaschine, die eine axiale Druckkraft auf den Kopf der Hüftgelenkprothese erzeugt. Durch eine leicht schräge Fixation des Femurs in der Materialprüfmaschine werden die gewünschten Momente in Frontal- und Sagittalebene sowie in Längsrichtung der Prothese erreicht.
Femurpaare vergleichbarer Anatomie und Knochendichte sind zu beschaffen (Ethikantrag). Die Implantation der Prothesentypen A und B erfolgt in die linken und rechten Knochen eines jeden Paares. Die Messergebnisse sollen in einem Wilcoxon-Paar-DifferenzTest auf Unterschiede geprüft werden.
Die Interfacebewegung soll unter Belastung der Prothese mit induktiven Messgeräten erfasst werden. Die Belastung wird so gewählt, dass sie annähernd der Beanspruchung des Femurs im Einbeinstand entspricht.
k Aufgabenverteilung
Die Forschergruppe wird aus einem Chirurgen und einem Biomechanik-Ingenieur bestehen. Der Chirurg ist für die Implantation der Prothesen verantwortlich und hilft bei der Durchführung der Messungen. Der Ingenieur koordiniert das Projekt und ist für die biomechanischen Experimente und die Auswertung der Daten verantwortlich. Es ist vorgesehen, nach Vorliegen der Ergebnisse 2 Manuskripte zu publizieren, ein methodenorientiertes Manuskript durch den Ingenieur in einer biomechanischen Zeitschrift und ein ergebnisorientiertes Manuskript durch den Chirurgen in einer klinischen Zeitschrift.
Die Forschergruppe wird aus einem Chirurgen (Prothesenimplantation, Mithilfe bei Messungen) und einem Ingenieur (Messtechnik, Datenauswertung) bestehen.
k Finanzplanung
Eine Kostenkalkulation für Verbrauchsmaterialien, Maschinenkosten, Messmittel und Personalkosten ergibt einen Mindestfinanzbedarf. Die Finanzierung des Projekts ist durch eine Zusage der Firma, die die Prothese vom Typ A auf den Markt bringen möchte, gesichert.
Der Mindestfinanzbedarf ist kalkuliert und Zusage der Industrie für die Finanzierung ist erfolgt.
150
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
k Machbarkeitsanalyse
Der Ethikantrag wird vom Chirurgen bis Ende des Monats verfasst und erfahrungsgemäß 2 Monate nach Einreichung genehmigt. In 6 Monaten können alle Voraussetzungen für den Start des Projekts erfüllt sein. 5 Für die Beschaffung von Materialien und Messmitteln ist mit Lieferzeiten von 6 Monaten zu rechnen. 5 Die Methoden zur Belastung der mit Prothesen ausgerüsteten Femura sind etabliert. 5 Die Materialprüfmaschine und der Ingenieur sind im geplanten Zeitraum verfügbar. 5 Der Chirurg ist für die experimentellen Untersuchungen von der Klinik freigestellt. 5 Eine Absprache über die Verteilung der Zuständigkeiten und Autorenschaften ist erfolgt. 5 Damit kann das Projekt in voraussichtlich 6 Monaten beginnen.
z
Projektplan
Der im Folgenden dargestellte Projektplan beschreibt die Arbeitsabläufe für die in der Projektskizze beschriebene biomechanische Studie. k Dokumentkopf
Bezeichnung des Projekts, der Auftraggeber, Mitarbeiter, zu informierenden Personen und kurze Zielbeschreibung.
5 5 5 5 5 5 5
Projektnummer: 007, Projektbezeichnung: Primärstabilität von Femurschaftprothesen, Auftraggeber: Endoprothesenfirma, Projektleiter: Dipl.-Ing. Meier, Mitarbeiter: Dr. med. Müller, Verteiler: Abteilungsleiter, Klinikdirektor, Verfasser: Dipl.-Ing. Meier.
k Kurze Zielbeschreibung
Das Ziel der Studie ist, zu prüfen, ob ein neuer Hüftgelenkendoprothesenschaft A eine ausreichende Primärstabilität hat. Hypothese I: Der neue Hüftgelenkschaft A weist unter Belastung eine geringere Interfacebewegung auf als ein klinisch über lange Zeit bewährter Hüftgelenkschaft vom Typ B. Trifft die Hypothese zu, wären unter dem Gesichtspunkt der Primärstabilität die Voraussetzungen für ein vergleichbares Ergebnis wie bei dem bewährten Prothesentyp B gegeben. Hypothese II: Die Interfacebewegungen des neuen Hüftgelenkschaftes A liegen unter der kritischen Interfacebewegung von 150 μm. Zeigt Hüftgelenkschaft A größere Interfacebewegungen als B, aber liegen die Interfacebewegungen noch deutlich unter 150 μm, sind die Voraussetzungen für eine knöcherne Integration gegeben.
151
1 Biomechanische Studie
Verantwortlicher
voraussichtlicher Termin
Dipl. -Ing. Meier
Projektstart
Dipl. -Ing. Meier
Erstellung der Dokumentation
September 2010 Arbeitsund Prüfanweisung
Implantation der Prothesen
Facharzt Dr. Müller
September 2010
Februar 2011
Dipl. -Ing. Meier
Arbeitsund Prüfanweisung
Messung
Ergebnisprotokoll
März 2011
Dipl. -Ing. Meier
Ergebnisprotokoll
Auswertung
Prüfbericht
April 2011
Publikation der Ergebnisse
Publikation
ab April 2011: – Bericht an Prothesenfirma – Publikation der Ergebnisse
Arbeitsund Prüfanweisung Dipl. -Ing. Meier Facharzt Dr. Müller
Prüfbericht
Ende
. Abb. 1.1 Die Arbeits- und Prüfanweisung ist die Voraussetzung für einen reproduzierbaren und nachvollziehbaren Projektablauf
Ein Vergleich mit den Langzeitergebnissen des Typs B ist jedoch nicht möglich. k Projektablauf
Auf einen Vorversuch kann verzichtet werden, da eine ähnliche Studie mit anderen Prothesentypen bereits einmal durchgeführt wurde. . Abb. 1.1 zeigt das Flussdiagramm des Arbeitsplanes. k Materialien und Materialvorbereitung
Sechs Paar Femurpräparate werden nach Knochendichtebestimmung (pQCT) und Röntgenaufnahmen (a.-p. und seitlich) ausgewählt. Das Alter soll zwischen 75–85 Jahren und die Knochendichte im Schenkelhals zwischen 80 und 150 mg/cm3 liegen. Persönliche Angaben werden anonymisiert und Femurpaare laufend durchnummeriert von 1–6. Die Knochen werden von den Weichteilen freipräpariert und bei –20°C in Folien eingeschweißt bis zur Prothesenimplantation gelagert. Die Prothesen werden inklusive der Instrumentarien vom Prothesenhersteller zur Verfügung gestellt. Die tiefgefrorenen Femura werden 24 h vor Implantation bei Raumtemperatur aufgetaut und mit Mullbinden, die in physiologischer Kochsalzlösung getränkt sind, feucht gehalten.
Beschaffung, Charakterisierung und Anonymisierung von geeigneten Oberschenkelknochen.
152
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
Die Implantation der Prothesen erfolgt unter klinischen Bedingungen durch einen Facharzt für Orthopädie (Dr. med. Müller). Es werden 6 Prothesen vom Typ A und 6 Prothesen vom Typ B randomisiert implantiert. Die Auswahl der Prothesengrößen erfolgt nach Röntgenbildern und Prothesenschablonen der Hersteller. Danach werden von den Oberschenkelknochen die distalen Kondylen abgesägt und die distalen Enden in einem Stahlzylinder mit Hilfe von Methylmethacrylat eingegossen (Technovit 3040, Fa. Heraeus Kulzer, Darmstadt). Die freie Länge der Oberschenkelknochen soll dabei (vom Trochanter major bis zur Einbettung) konstant 370 mm betragen. Das Einbetten der Knochen erfolgt in einer speziellen Haltevorrichtung, die es erlaubt, die Oberschenkelknochen reproduzierbar mit einer Kippung von 8° nach lateral und 6° nach dorsal zu fixieren. . Abb. 1.2 Femur mit Wegaufnehmern an 6 Positionen
Implantation der Prothesen in die Oberschenkelknochen, Ausrichtung und Einbettung in die Haltevorrichtung für den biomechanischen Versuch. Beschreibung des Vorgehens zur Bestimmung der Interfacebewegung zwischen Prothese und Knochen, Angaben zu den gewählten Wegmesssystemen, den zu verwendenden Messgeräten und ihren Kalibrierungen.
k Versuchsaufbau und Messtechnik
Zum Messen der Mikrobewegungen werden jeweils unter 90° zueinander versetzte Bohrungen (d = 3 mm) auf 2 Ebenen in der Kortikalis angebracht, die durch den Knochen bis auf die Prothesenoberflächen reichen. Die proximale Transversalebene ist auf Höhe des kleinen Trochanters, die distale Transversalebene 50 mm unterhalb. Mit Montagehilfen werden induktive Wegaufnehmer (HBM W1/ W10) so über den Bohrungen fixiert, dass die Spitzen der Wegaufnehmer direkt auf der Prothesenoberfläche aufsitzen (. Abb. 1.2). Zusätzlich wird am proximalsten Punkt des großen Trochanters eine Schanz-Schraube in den Femur eingedreht. An dieser Schraube wird ein weiterer induktiver Wegaufnehmer (Tesa) parallel zur Femurachse angebracht. Mit diesem Wegaufnehmer wird die axiale Bewegung der Prothese im Femur gemessen. Ein weiterer Sensor (Tesa) wird ebenfalls am proximalen Ende des Präparats angebracht. Der Wegaufnehmer wird durch eine zweite Schanz-Schraube, die von ventral in den Trochanter major eingebracht wird, so fixiert, dass er auf der proximal-ventralen Fläche des Hüftendoprothesenschaftes (möglichst weit nach medial) aufsetzt. Dieser Wegaufnehmer erfasst die Rotation der Prothese um die Schaftachse. Die Messanordnung ist der . Abb. 1.2 zu entnehmen. k Belastungsprotokoll
Die vertikale Einleitung einer Druckkraft auf den Kopf der TEP führt bei einem schräg stehenden Femur zu einer kombinierten Biege- Torsionsund Axiallast des ProthesenKnochen-Verbunds. Lasten bis zu 1600 N werden appliziert.
Idealerweise müssten zur genaueren Belastung des proximalen Femurs zusätzlich zur Hüftkontaktkraft noch mehrere Muskelkräfte simuliert werden. Dadurch wird jedoch der Versuchsaufbau sehr komplex. Bei einer vereinfachten Versuchsdurchführung ist sicherzustellen, dass die Biegemomentverläufe entlang der Schaftachse des Femurmodells nicht zu stark von der Realität abweichen. Der vorgenommene Aufbau mit Kippungen des Femurmodells in zwei Ebenen und einer querkraftfreien vertikalen Lasteinleitung stellt einen guten Kompromiss dar.
153
1 Biomechanische Studie
F
Zwick S1 Kugelkissen Gelenkpfanne
S2
S3
S5
S4
S6
Stahlzylinder feste distale Einspannung
. Abb. 1.3 Schema der Belastungsmethode
Wichtig ist, dass die vertikal eingeleitete »axiale« Kraft querkraftfrei eingeleitet wird. Dies kann durch ein Kugelkissen erreicht werden, das zwischen Lastmessdose und Hüftgelenkkopf eingesetzt wird (. Abb. 1.3). Für die Testung werden vertikale Lasten von 200/400/600/800/ 1000/1200/1400 und 1600 N durch die Traverse der Prüfmaschine aufgebracht. Die Belastungsgeschwindigkeit wird mit 1 mm/min gewählt. Jede Messung wird 3-mal durchgeführt und die dritte Messung wird protokolliert. k Messparameter
Gemessen wird die Relativbewegung zwischen Prothesenoberfläche und Femur nach Erreichen der Prüflast (reversible Verformung und bleibende Verformung) und nach Entlastung (bleibende Verformung). Außerdem werden alle wichtigen geometrischen Bedingungen protokolliert. Die Interfacebewegung wird bei Volllast und nach Entlastung gemessen und protokolliert. Die Messungen erfolgen mit dem Vielstellenmessgerät UPM60. Alle Messgeräte sind in . Tab. 1.1 aufgelistet.
154
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
. Tab. 1.1 Geräteliste Gerät
Typ
Hersteller
Serien-Nr.
Messbereich
Genauigkeit
Materialprüfmaschine
1454
Zwick
73.246
Kraftmessdose
Z12
HBM
D54679
10 kN
± 0,5%
jährlich durch Fa. Zwick
Wegaufnehmer
GT 22
Tesa
6 Y0261
2 mm
± 5 μm
jährlich intern
Wegaufnehmer
GT 22
Tesa
6 U0037
2 mm
± 5 μm
jährlich intern
Wegaufnehmer
W1
HBM
12289
1 mm
± 0,2%
vor Gebrauch (Messkette)
Wegaufnehmer
W10
HBM
18046
10 mm
± 0,2%
vor Gebrauch (Messkette)
Wegaufnehmer
W10
HBM
001
10 mm
± 0,2%
vor Gebrauch (Messkette)
Wegaufnehmer
W10
HBM
002
10 mm
± 0,2%
vor Gebrauch (Messkette)
Verstärker und Anzeigegerät
TT60
Tesa
6 T001 V1.2
jährlich intern
Vielstellenmessgerät
UPM60
HBM
8255
vor Gebrauch (Messkette)
Kalibrierung erfolgt
jährlich durch Fa. Zwick
k Auswertungen Zusätzlich zu den gemessenen Interfacetranslationsbewegungen werden unter Berücksichtigung der geometrischen Bedingungen die Rotationen der Prothese im Knochen berechnet.
Zusätzlich zu den gemessenen Translationen im Interface werden unter Berücksichtigung der geometrischen Größen und trigonometrischen Funktionen die Rotationen der Prothese im Knochen berechnet (. Abb. 1.4 und . Abb. 1.5). Bei der Berechnung der Rotation um die Prothesenlängsachse handelt es sich um eine näherungsweise Berechnung, da der Prothesenschaft nicht gerade ist und die genaue Rotationsachse nicht bekannt ist. Es wird davon ausgegangen, dass der Prothesenschaft um seine Mittelachse im Bereich der Diaphyse rotiert. Dabei gilt für Sagittalebene und Frontalebene:
Rotationswinkel: α = arctan
Messwertproximal − Messwertdistal Sensorabstand
Abstand zum Rotationszentrum (. Abb. 1.4) bezüglich proximalem Sensorpaar
=
Messwertproximal tan(α)
155
1 Biomechanische Studie
Abstand Sensor S2–Schaftmittelachse
Resektionskante Messwert proximaler Sensor
Abstand Rotationsachse – proximales Sensorpaar
Rotationswinkel Messwert distaler Sensor Schaftmittelachse
. Abb. 1.4 Geometrische Lage der Sensoren
Messwert proximaler Sensor
Abstand proximaler–distaler Sensor
Sensoren
Messwert distaler Sensor Rotationswinkel
. Abb. 1.5 Berechnung der Rotationswinkel
und für die Rotation um die Schaftmittelachse:
Messwert S2 β = arctan Abstand S2 von der Schaftmittelachse k Datenablage
5 Daten in Papierform: Projektordner 007 bei Dipl.-Ing. Meier, 5 Daten in elektronischer Form: im Verzeichnis Projekte 007 auf der Festplatte von Dipl.-Ing. Meier.
156
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
z Projektauswertung und Publikation k Statistik
Die Hypothese I wird mit einem Wilcoxon-Paar-Differenztest auf ihre Gültigkeit getestet (Anova-Software). Die Hypothese II wird durch einen Vergleich mit dem Grenzwert 150 μm geprüft. k Verweis auf die tatsächlichen Publikationen
Zwei Publikationen sind nach einem sehr ähnlichen Projektplan durchgeführt und publiziert worden: Claes L, Fiedler S, Ohnmacht M, Duda G (2002) Initial stability of fully and partially cemented femoral stems. Clin Biom 15: 750–755 Götze CH, Steens W, Vieth V, Poremba CH, Claes L, Steinbeck J(2002) Primary stability in cementless femoral stems: Custom-made versus conventional femoral prosthesis. Clin Biom 17: 267–273
2
Zell- und molekularbiologische Versuche: »Hypoxie in statischen und dynamischen 3D-Zellkultursystemen für das Tissue Engineering von Knochen«
z Projektskizze k Wissenschaftlicher Hintergrund
Tissue Engineering weckt große Hoffnungen für die Behandlung von Knochendefekten. Aus Zellen, Leitschienen und Wachstumsfaktoren soll im Labor neues Gewebe gezüchtet werden, welches individuell angepasst ist und eine Wiederherstellung der Defekte erlaubt.
Trotz intensiver Forschungsbemühungen ist es bis heute in der rekonstruktiven Chirurgie nicht gelungen, Therapieoptionen zu entwickeln, die es erlauben, vorfabrizierte patientenindividuelle Ersatzmaterialien zum Ersatz großer Gewebedefekte zum Einsatz kommen zu lassen. Für die Behandlung von Knochendefekten stellen autogene bzw. allogene Knochentransplantationen nach wie vor den Goldstandard dar [12], wobei diese Methoden gravierende Nachteile aufweisen. Diese liegen in der beschränkten Verfügbarkeit von benötigtem transplantationsfähigen Knochen, besonders bei der Überbrückung größerer Substanzdefekte, sowie in zusätzlichen operativen Eingriffen, immunologischen Abstoßungsreaktionen oder etwa in der Gefahr der Infektionsübertragung. Das so genannte Tissue Engineering (TE) weckt jedoch große Hoffnungen für die Behandlung von Defekten, seien diese durch Trauma, Tumore oder kongenitale Malformationen bedingt. Der Begriff des TE wurde erstmals 1988 eingeführt und das relativ junge Forschungsgebiet der »Gewebeherstellung im Labor« entwickelte sich vor allem durch die Pionierarbeiten der Herren Langer und Vacanti [3]. Prinzipiell sind alle Bestrebungen im Rahmen des TE darauf ausgerichtet, in vitro funktionellen Gewebeersatz zu schaffen, welcher individuell auf die Bedürfnisse des betroffenen Patienten abgestimmt ist und nach Implantation sowie einer gewissen Einwachs- und Einheilungsphase
2 Zell- und molekularbiologische Versuche
eine restitutio ad integrum ermöglicht. Um dies zu erreichen, müssen verschiedene Elemente die für einen erfolgreichen Heilungsprozess unabdingbar sind, – Zellen, Leitschienen, Wachstumsfaktoren – bereits im Labor zusammengeführt werden. Ein wesentliches Problem sind jedoch die Zellkulturbedingungen, um das Zellüberleben im Inneren von zellbesiedelten Trägermaterialien sicher zu stellen. Mit zunehmender Größe der besiedelten Konstrukte konnten Gradienten in der Gewebequalität nachgewiesen werden. Dies zeigt sich in Unterschieden bei der Zellproliferation und Differenzierung zwischen den äußeren Bereichen der Konstrukte im Vergleich zu den zentralen Arealen [4][5], [10][15][6], welche am ehesten durch ungleiche Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff hervorgerufen werden. Die maximale Diffusionsstrecke zwischen Zellen und Kapillaren in lebenden Geweben konnte in einem Bereich zwischen 20 und 200 μm nachgewiesen werden [8] und auch in vitro wurden maximale Diffussionsstrecken von 100–200 μm gezeigt [2] [7]. Besonders zu betonen ist, dass Hypoxie der limitierende Faktor für das »Upscaling« von 3D-Kulturen in vitro ist [5][1]. Die Sauerstoffkonzentration beeinflusst Zellen in ihrem Zellzyklus, Proliferation, Apoptose, Glukose-Metabolismus und auch in der osteogenen Differenzierungsfähigkeit [5][6][9][11][14]. Jedoch ist trotz der erheblichen Relevanz nur sehr wenig über Sauerstoffkonzentrationen in dreidimensionalen Zellkultursystemen bekannt. Vor allem für klinisch relevante Konstruktgrößen von mehreren Millimetern zur Knochendefektbehandlung gibt es bisher keine Studien, welche die Sauerstoffkonzentrationen in verschiedenen Bereichen der zellbesiedelten Konstrukte unter verschiedenen Kulturbedingungen untersuchen. Das Ziel dieser Studie ist deshalb, zu prüfen, ob in zellbesiedelten Konstrukten unter statischen und dynamischen Zellkultursystemen Sauerstoffgradienten nachweisbar sind und ob diese einen Einfluss auf das Zellüberleben im Zentrum der Konstrukte haben. Hypothese I: Bei statischer und dynamischer Zellkultur lassen sich Sauerstoffgradienten zwischen der Peripherie und dem Zentrum der zellbesiedelten Konstrukte nachweisen. Hypothese II: Eine verminderte Sauerstoffkonzentration führt zum Zelltod im Zentrum der Konstrukte.
157
Hypoxie ist der limitierende Faktor in der Gewebezucht im Labor. Mit zunehmender Größe der Konstrukte entstehen Gradienten in der Gewebequalität, welche durch ungleiche Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff hervorgerufen werden. Die maximale Diffusionsstrecke von Sauerstoff im Gewebe ist 200 μm.
Das Ziel dieser Studie ist, zu prüfen, ob in zellbesiedelten Konstrukten unter verschiedenen Kulturbedingungen Sauerstoffgradienten nachweisbar sind und ob diese einen Einfluss auf das Zellüberleben im Zentrum der Konstrukte haben.
k Versuchsdesign
In dreidimensionalen Zellsystemen soll unter statischen und dynamischen Zellkulturbedingungen im bereits etablierten Bioreaktorsystem die Sauerstoffkonzentration kontinuierlich über einen Zeitraum von 7 Tagen im Zentrum des Konstruktes und im umgebenden Zellkulturmedium gemessen werden. Als Zellen werden schnell teilende Präosteoblasten einer Mauszelllinie (MC3T3-E1) verwendet, welche unter im Labor etablierten Bedingungen standardisiert auf zylindrische Trägermaterialien besiedelt werden. Als Trägermaterial wird sterilisierte, demineralisierte Knochenmatrix, hergestellt aus Rinder-
In dreidimensionalen Zellsystemen soll unter statischen und dynamischen Zellkulturbedingungen im bereits etablierten Bioreaktorsystem die Sauerstoffkonzentration kontinuierlich über einen Zeitraum von 7 Tagen im Zentrum des Konstruktes und
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Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
im umgebenden Zellkulturmedium gemessen werden. Zusätzlich wird ein »Live-deadAssay« durchgeführt, bei dem lebende Zellen farblich von toten Zellen abgegrenzt werden können.
knochen, eingesetzt. Zur Beurteilung des Zellüberlebens in den besiedelten Konstrukten wird an den Tagen 3 und 5 sowie nach Ende der Sauerstoffmessungen am 7. Tag ein »Live-dead-Assay« durchgeführt, bei dem lebende Zellen farblich von toten Zellen abgegrenzt werden können. Durch Auszählung im Mikroskop kann eine Quantifizierung der lebenden Zellen erfolgen. In einem Folgeprojekt sollen die Experimente mit humanen mesenchymalen Stammzellen durchgeführt und der Einfluss von hypoxischer Präkonditionierung der Zellen auf das Zellüberleben im Zentrum der 3D-Konstrukte untersucht werden. k Material und Methoden
Die Expansion und Kultivierung der schnell teilenden Präosteoblasten einer Mauszelllinie (MC3T3-E1) geschieht nach etabliertem Protokoll. 5 × 104 Zellen werden nach standardisiertem Protokoll auf zylindrische Trägermaterialien besiedelt, wobei eine sterilisierte, demineralisierte Knochenmatrix der Firma Tutogen Medical, hergestellt aus Rinderknochen, mit einem Durchmesser von 9 mm und einer Höhe von 5 mm, verwendet wird. Die dreidimensionale Zellkultur der besiedelten Konstrukte erfolgt unter statischen Bedingungen in 24-well Platten mit Medienwechsel alle 2 Tage. Die dynamische Zellkultur erfolgt in etablierten Bioreaktorsystemen wie von Seitz et al. in [13] beschrieben. Über einen Zeitraum von 7 Tagen werden im Zentrum des Konstruktes und im umgebenden Zellkulturmedium kontinuierlich die Sauerstoffkonzentrationen gemessen. Alle Messungen im Zentrum der Konstrukte und die Messungen im umgebenden Medium im statischen System sowie im dynamischen System (Bioreaktor), sowohl im zugeführten als im abgeführten Medium, werden mit Hilfe von nadelartigen Sauerstoffmikrosensoren der Firma Presens (NSFx) durchgeführt. Am 3., 5. und 7. Tag werden die Konstrukte mittels Live-dead-Assay (Färbung mit Fluorescindiazetat und Propidiumjodid) angefärbt, wobei lebende Zellen grün, tote Zellen rot färben. Die Auszählung der lebenden Zellen erfolgt manuell im Mikroskop in ausgewählten Gesichtsfeldern nach standardisiertem Protokoll. Um eine statistische Auswertung zu erlauben, werden alle Untersuchungen mit jeweils 2-fachen Versuchsansätzen in drei unabhängigen Experimenten durchgeführt. k Aufgabenverteilung Die Forschergruppe besteht aus einem Assistenzarzt der chirurgischen Klinik, einer medizinisch-technischen Assistentin (MTA), einem medizinischen Doktoranden und einem Ingenieur der kooperierenden Firma.
Das Projekt erfolgt im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsverbundes. Die Projektplanung und -koordination erfolgt durch einen Assistenzarzt der chirurgischen Klinik. Die Expansion und Zellkultur der murinen Präosteoblasten erfolgt durch die im Labor angestellte medizinisch-technische Assistentin (MTA). Die Zellbesiedelung, der Aufbau und die Durchführung der Experimente sowie die Anfärbung der Konstrukte erfolgt durch einen medizinischen Doktoranden mit Unterstützung durch die MTA. Die Auswertung der Sauerstoffmes-
2 Zell- und molekularbiologische Versuche
159
sungen erfolgt durch den medizinischen Doktoranden in Zusammenarbeit mit dem chirurgischen Assistenzarzt in enger Kooperation mit einem Ingenieur der Firma Presens. Es ist vorgesehen, die erarbeiteten Ergebnisse in einem Manuskript in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift zu publizieren. k Finanzplanung
Die Kostenkalkulation für benötigte Verbrauchsmittel, Bioreaktoren und Personalkosten ergeben den Mindestbedarf. Die Finanzierung des Projekts soll über einen Drittmittelantrag bei einer Landesstiftung in Kooperation mit den Firmen Presens und Tutogen Medical erfolgen. Presens wird die Sauerstoffmesssonden, Messgeräte, Auswertesoftware und die Beratung durch einen Ingenieur bei der Auswertung der Daten in das Projekt einbringen. Tutogen Medical wird die notwendigen Trägermaterialien für das Projekt speziell herstellen und steril verpackt zur Verfügung stellen.
Die Mindestfinanzierung wurde kalkuliert, die Finanzierung des Projekts soll über Drittmittel erfolgen. Das Projekt erfolgt in Kooperation mit Industriepartnern.
k Machbarkeitsanalyse
Der Assistenzarzt verfasst zusammen mit den Kooperationspartnern den Drittmittelantrag; dieser wird im Idealfall etwa 5 Monate nach Einreichen genehmigt. Die Zellkultur- und Auswertemethoden sind im Labor etabliert. Für die Beschaffung von zusätzlichen Bioreaktoren ist mit Lieferzeiten von ca. 1 Monat zu rechnen. Die Sauerstoffmessungen erfolgen in einer bestehenden engen Kooperation mit der Firma Presens, wobei der Versuchsaufbau im Labor bereits etabliert und getestet ist. Der Assistenzarzt ist für das Schreiben des Antrags für insgesamt einen Monat vom Klinikdienst freigestellt. Eine Absprache über die Verteilung der Zuständigkeiten und Autorenschaften ist erfolgt, somit kann das Projekt in ca. 6 Monaten beginnen. z
In ca. 6 Monaten könnten alle Voraussetzungen für die Durchführung des Projekts erfüllt sein.
Projektplan
Der im Folgenden dargestellte Projektplan beschreibt die Arbeitsabläufe für die in der Projektskizze beschriebene zell- und molekularbiologische Studie. k Dokumentkopf
5 Projektnummer: 001, 5 Projektbezeichnung: Hypoxie in statischen und dynamischen 3D-Zellkultursystemen 5 Projektleiter: Dr. med. C. Mustermann, 5 Mitarbeiter: Frau L. Meier (MTA), Herr cand. med. D. Müller, 5 Kooperationspartner: Firma Presens (Herr Dipl.-Ing. C. Beispiel), Firma Tutogen Medical (Frau C. Exampel), 5 Verteiler: Laborleiter, Klinikleiter, Kooperationspartner, 5 Verfasser: Dr. med. C. Mustermann.
Bezeichnung des Projekts, der möglichen Auftraggeber, Mitarbeiter, zu informierenden Personen und kurze Zielbeschreibung.
160
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
k Kurze Zielbeschreibung Beschreibung des Studienziels und Definition der Hypothesen.
Das Ziel dieser Studie ist, zu prüfen, ob in zellbesiedelten Konstrukten unter statischen und dynamischen Zellkultursystemen Sauerstoffgradienten nachweisbar sind und ob diese einen Einfluss auf das Zellüberleben im Zentrum der Konstrukte haben. Hypothese I: Bei statischer und dynamischer Zellkultur lassen sich Sauerstoffgradienten zwischen der Peripherie und dem Zentrum der zellbesiedelten Konstrukte nachweisen. Hypothese II: Eine verminderte Sauerstoffkonzentration führt zum Zelltod im Zentrum der Konstrukte. k Projektablauf
Auf Vorversuche kann verzichtet werden, da alle verwendeten Methoden bereits ausreichend beschrieben und charakterisiert wurden. Die Systeme zur Sauerstoffmessung wurden in Vorversuchen in Kooperation mit der Firma Presens im Labor etabliert und getestet. Der medizinische Doktorand wurde über einen Zeitraum von 2 Monaten in die Zellkulturarbeiten eingelernt; durch die Unterstützung durch die MTA liegt eine ausreichende Expertise in der praktischen Umsetzung der Experimente vor. k Materialien und Arbeitsplan Darstellung der verwendeten Zellen und Trägermaterialien.
Zellkultur (MC3T3-E1) Die Expansion und Kultivierung der schnell teilenden Präosteoblasten einer Mauszelllinie (MC3T3-E1) geschieht nach etabliertem Protokoll (s. standardisiertes Protokoll »Zellkultur MC3T3-E1« auf der Experimed-Datenbank). Verwendetes Medium: Minimum Essential Medium alpha mit L-Glutamin (MEMalpha; Invitrogen, Carlsbad, Kalifornien) ergänzt mit 10% fetalem Rinderserum (FBS; Sigma, München) und 40 IU/mL Penicillin/Streptomycin (PAA Laboratories GmbH, Pasching, Österreich). Trägermaterialien Als Trägermaterialien werden sterilisierte, demineralisierte Knochenmatrixzyinder (DBM) der Firma Tutogen Medical, hergestellt aus spongiösem Rinderknochen, mit einem Durchmesser von 9 mm und einer Höhe von 5 mm verwendet. Die Materialien wurden aus einer Charge produziert und lagern einzeln und steril verpackt bei Raumtemperatur im Materialschrank (Beschriftung: Projekt 001, Proben 1–40). Zellbesiedelung Mc3T3-E1-Zellen werden entsprechend des standar-
disierten Protokolls »Zellbesiedelung von Konstrukten« auf die zylindrischen Trägermaterialien (DBM) besiedelt: Vor der Besiedelung werden die DBM in oben genanntem Medium für 5 Minuten bei 500G zentrifugiert, um Luft aus dem Trägermaterial zu entfernen. Die MC3T3-E1-Zellen werden trypsiniert, zentrifugiert und in oben genanntem Medium resuspendiert (Zielkonzentration: 7,5 × 104 Zellen pro ml). Die DBM werden in jeweils
2 Zell- und molekularbiologische Versuche
161
1 well einer 48-well-Platte (NUNC, Wiesbaden, Germany) eingelegt. Anschließend werden 666 μl der Zellsuspension (entspricht 5 × 104 Zellen) auf die DBM pipettiert. Alle 20 min werden die DBM gedreht und die Zellsuspension erneut auf die DBM pipettiert. Nach 2 h werden die zellbesiedelten Konstrukte entweder in die 24-well-Platten oder in die Bioreaktoren (MINUCELLS and MINUTISSUE GmbH, Bad Abbach, Germany) transferiert. Pro Experiment werden jeweils 12 DBM besiedelt (6 für statische, 6 für dynamische Kultur). Statische Zellkultur Die Zellkultur der besiedelten Konstrukte erfolgt unter statischen Bedingungen in 24-well-Platten im Brutschrank bei 37°C, 5% CO2 mit Medienwechsel (Medium s. oben) alle 2 Tage. Dynamische Zellkultur Die dynamische Zellkultur erfolgt in etablierten Bioreaktorsystemen wie von Seitz et al. in [1] beschrieben und im standardisierten Protokoll »3D-Kultur im Bioreaktor« beschrieben: Die Bioreaktoren werden unter sterilen Bedingungen im Laminar-Air-System mit Silikonschläuchen mit einem Medium Reservoir (Medium s. oben) und einer Flasche zum Sammeln des verbrauchten Mediums verbunden. Die zu- und abführenden Schläuche werden in eine Roller-Pumpe (Fa. Ismatec, Schweiz) eingespannt, so dass ein Medium-Fluss durch den Bioreaktor mit einer Geschwindigkeit von 18μl/min gewährleistet ist. Die Kultur erfolgt im Brutschrank bei 37°C, 5% CO2.
k Messparameter und Auswerteverfahren Sauerstoffkonzentration Über einen Zeitraum von 7 Tagen wer-
den im Zentrum des Konstruktes und im umgebenden Zellkulturmedium kontinuierlich die Sauerstoffkonzentrationen gemessen (s. standardisierte Protokolle »Sauerstoffmessung im Konstrukt« sowie »Sauerstoffmessung im Medium«): Insgesamt werden 3 unabhängige Experimente mit jeweils 2 Proben in statischer und 2 Proben in dynamischer Kultur durchgeführt. Die Messungen erfolgen computergesteuert, stündlich über einen Zeitraum von 7 Tagen. Alle Messungen werden mit Hilfe von nadelartigen Sauerstoffmikrosensoren der Firma Presens (NSFx) durchgeführt. Diese Sensoren befinden sich an der Spitze von optischen Fasern mit einem Durchmesser von 50 μm und werden durch eine Nadel (Durchmesser 0,4 mm) geschützt. Die Sensoren in der Nadelspitze werden nach 2-Punkt-Kalibrierung (Raumluft mit 21% Sauerstoff und 100% CO2 als sauerstofffreier Referenzwert) mit Hilfe der Zielinstrumente in der Mitte der besiedelten Trägermaterialien eingebracht und anschließend fixiert. Zusätzlich werden Sensoren im Medium im statischen System und in den zuführenden sowie abführenden Teil im Bioreaktor eingebracht und fixiert.
Darstellung der Methodik zur Besiedelung der Trägermaterialien und Beschreibung der statischen und dynamischen Zellkulturbedingungen.
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Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
Live-dead-Assay Zusätzlich zu den für die Sauerstoffmessungen be-
siedelten Konstrukten werden pro Experiment weitere 4 statische und 4 dynamische Zellkulturen im gleichen Versuchsaufbau, jedoch ohne Sauerstoffmessung, durchgeführt. Am 3. bzw. 5. Tag werden jeweils 2 Proben pro Versuchsgruppe entnommen und mittels Live-deadAssay gefärbt. Zusätzlich werden die Proben aus dem Versuchsaufbau zur Sauerstoffmessung nach Versuchsende am 7. Tag gefärbt (s. auch standardisiertes Protokoll »Live-dead-Assay«): Es erfolgt eine Doppelfärbung der frischen Proben mit Fluorescindiazetat und Propidiumjodid (Fluka/Sigma, München), wobei lebende Zellen grün, tote Zellen rot färben. Für die Auswertung im Fluoreszenzmikroskop (Axiovert 100, Zeiss, Deutschland) werden die Konstrukte im vorgefertigten Schneideapparat in der Mitte geteilt. Die Bildaufnahmen mit einer digitalen Schwarz-Weiss-Kamera (AxioCam MRm, Zeiss) erfolgen standardisiert unter Verwendung der Filtersets #10 und #15 (beide Fa. Zeiss) für rote und grüne Fluoreszenz. Insgesamt werden 16 Gesichtsfelder pro Probe ausgewertet, wobei die Auszählung der lebenden Zellen manuell durch 3 unabhängige Untersucher erfolgt. k Datenablage Kurzdarstellung der Datendokumentation/ -archivierung.
5 Daten in Papierform: Projektordner 001 bei Dr. med. Mustermann, 5 Daten in elektronischer Form: Im Verzeichnis Projekt 001 auf dem Experimed-Server, Verzeichnis von Dr. med. Mustermann.
z Projektauswertung und Publikation k Statistik Darstellung der eingesetzten statistischen Verfahren.
Um eine statistische Auswertung zu erlauben, werden alle Untersuchungen mit jeweils 2-fachen Versuchsansätzen in drei unabhängigen Experimenten durchgeführt. Die erhaltenen Datensätze werden unter Einsatz einer multifaktoriellen Varianzanalyse (ANOVA) auf statistisch signifikante Unterschiede hin geprüft und in Box-Plots graphisch dargestellt.
Zusammenfassung der erarbeiteten Ergebnisse in Form eines publizierfähigen Manuskripts und Veröffentlichung.
Die Ergebnisse der dargestellten Untersuchungen werden als Manuskript in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift publiziert. Die Reihenfolge der Autoren wurde im Vorfeld geklärt und resultiert aus den entsprechenden Beiträgen zu der Arbeit.
k Publikation
k Verweis auf die tatsächlichen Publikationen
Volkmer E, Drosse I, Otto S, Stangelmayer A, Stengele M, Kallukalam BC, Mutschler W, Schieker M (2008) Hypoxia in static and dynamic 3D culture systems for tissue engineering of bone. Tissue Eng Part A 14(8): 1331–1340.
3 Tierexperimentelle Studie
163
Volkmer E, Kallukalam BC, Maertz J, Otto S, Drosse I, Polzer H, Bocker W, Stengele M, Docheva D, Mutschler W, Schieker M (2010) Hypoxic preconditioning of human mesenchymal stem cells overcomes hypoxia-induced inhibition of osteogenic differentiation. Tissue Eng Part A 16(1): 153–164
3
Tierexperimentelle Studie: »Untersuchung des additiven Effekts einer peripheren Verletzung auf die Ganzkörperentzündungsreaktion am Rattenmodell in Kombination mit einem Schädel-Hirn-Trauma«
z Projektskizze k Wissenschaftlicher Hintergrund der Studie
Die Hälfte aller Patienten mit einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) weist gleichzeitig andere Verletzungen an Extremitäten, Thorax oder Becken im Sinne eines Polytraumas auf [1][16]. Das Ausmaß der Verletzung bei Polytrauma setzt sich zusammen aus dem durch den Unfall ausgelösten Primärschaden (irreversibel) und der Entwicklung so genannter Sekundärschäden (reversibel). Als Ursachen sekundärer Schäden, insbesondere von Hirnschäden, werden neben intrakraniellen Raumforderungen, z. B. durch posttraumatische Blutungen oder Ödeme, auch damit in Zusammenhang stehende ischämische oder inflammatorische Prozesse [22] diskutiert. Letztere resultieren vermutlich aus einer traumaassoziierten Störung des ZNS bei der Kontrolle des sensiblen Gleichgewichts zwischen pro- und antiinflammatorischer Immunantwort unter Beteiligung unterschiedlicher Zytokine und Mediatoren als Bindeglieder zwischen Neuroendokrinium, sympathischem Nervensystem und Immunsystem. Eine traumatische Hirnverletzung induziert eine starke intrakranielle inflammatorische Antwort. Sie ist durch die Freisetzung unterschiedlicher pro- und antiinflammatorischer Zytokine charakterisiert [13][18] und häufig von einer starken Ausschüttung verschiedener Stressfaktoren, (die über Lymphozyten- und Monozyteninaktivierung zu einer ZNS-vermittelten Immundepression mit Begünstigung peripherer Infektionen führen können) begleitet [21]. Eine ähnliche Beteiligung der neuroendokrinen Achse ist als Ursache für hypermetabole Zustände nach SHT vorstellbar [7][10][20]. Im schlimmsten Szenario resultiert eine systemische Entzündungsreaktion mit Einoder Mehrorganversagen (MOF) [14], wobei insbesondere Patienten mit einem Kombinationstrauma (SHT plus Polytrauma) signifikant häufiger ein MOF entwickeln als Patienten mit isoliertem SHT (58% vs. 25%). Diese Daten stammen aus Vorauswertungen von 328 Patienten durch die Arbeitsgruppe Neugebauer im Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsverbunds »Neurotrauma NRW«. Weitere Konsequenzen einer generalisierten Ganzkörperentzündungsreaktion
Die Hälfte aller Patienten mit einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) weist gleichzeitig andere Verletzungen an Extremitäten, Thorax oder Becken im Sinne eines Polytraumas auf. Klinische Befunde deuten auf eine bidirektionale Interaktion zwischen zentraler und peripherer Verletzung hin.
164
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
Ein kliniknahes tierexperimentelles Kombinationstraumamodell wurde entwickelt, um die in der Praxis häufig auftretende Situation einer Kombinationsverletzung aus Schädel-Hirn-Trauma und extrakranieller Verletzung (hier Tibiafraktur) zu simulieren.
Das Ziel der Studie ist die Untersuchung des additiven Effekts einer mit einem Neurotrauma kombinierten peripheren Verletzung auf die Ganzkörperentzündungsreaktion im Vergleich zum isolierten Neurotrauma über Bestimmung eines proinflammatorischen Zytokins.
(SIRS) sind Störungen der Blutgerinnung, des Stoffwechsels und der Frakturheilung [3][5][6][8][14][17]. Umgekehrt können schockbedingte Perfusionsstörungen eine prognoselimitierende Hypoxie des Gehirns verursachen [4]. Eine Zusammenfassung zur Interaktion lokaler und systemischer Mediatorwirkungen beim schweren SHT mit und ohne begleitendes Polytrauma wurde von der Arbeitsgruppe Neugebauer et al. [12] publiziert. Ein weiteres Argument, das für die Interaktion zwischen zentraler und peripherer Verletzung spricht, ist die enge Verknüpfung des zellulären Immunsystems mit dem ZNS über Rezeptoren für Neurotransmitter auf Immunzellen sowie umgekehrt das Vorhandensein von Zytokinrezeptoren auf verschiedenen Hirnzellen [9][10][15][19][20]. In welchem Ausmaß die bidirektionale Interaktion zwischen zentraler und peripherer Verletzung beim Kombinationstrauma jedoch im Einzelfall erfolgt, ob additiv, synergistisch oder gegenregulatorisch, ist bislang nicht untersucht und bleibt Gegenstand der Forschung. Mit dem unten skizzierten tierexperimentellen Modell wird erstmalig der Versuch unternommen, die in der Praxis häufig auftretende Situation einer Kombinationsverletzung aus Schädel-Hirn-Trauma und extrakranieller Verletzung (hier Tibiafraktur) kliniknah zu simulieren und Einblick in die komplexen pathophysiologischen und inflammatorischen Mechanismen des Polytraumas zu ermöglichen (Grundlagenforschung). Unter Einsatz dieses Modells gewonnene Erkenntnisse tragen dazu bei, derzeit angewendete Therapiemaßnahmen kritisch zu überprüfen und in neue therapeutische Konzepte zur besseren Versorgung polytraumatisierter Patienten zu integrieren (anwendungsbezogene Forschung). Das Ziel der Studie ist die Untersuchung eines möglicherweise additiven Effekts einer mit einem Neurotrauma kombinierten peripheren Verletzung (hier: Tibiafraktur) auf die Ganzkörperentzündungsreaktion im Vergleich zum isolierten Neurotrauma. Hypothese: Das mit einer peripheren Tibiafraktur kombinierte Neurotrauma ist im Vergleich zum isolierten Neurotrauma mit dem Nachweis erhöhter systemischer Konzentrationen pro-entzündlicher Zytokine im Plasma (Interleukin-6) und dem histologischen Nachweis verstärkter entzündlicher Organinfiltrationen assoziiert. k Versuchsdesign
Unter Einsatz standardisierter tierexperimenteller Modelle (SHT via »Fluid-Percussion« und Tibiafraktur) soll im Vergleich zu einer isolierten Schädel-Hirn-Verletzung der zusätzliche Einfluss einer peripheren Fraktur im Sinne eines kombinierten Neurotraumas auf Plasmakonzentrationen proinflammatorischer Zytokine und das Ausmaß der entzündlichen Organinfiltration untersucht werden. Zur Traumatisierung eingesetzt werden das Modell der standardisierten Schädel-Hirn-Verletzung via Fluid-Percussion nach McIntosh et al. [11] und das Modell zur isolierten Tibiafraktur nach Bourque et al. [2]; insgesamt sind 3 Untersuchungsgruppen erforderlich:
3 Tierexperimentelle Studie
165
1. isoliertes SHT, 2. isolierte Fraktur, 3. Kombinationstrauma aus SHT + Fraktur. Parallel zu den Untersuchungen mitlaufende Kontrolltiere werden operativ für die entsprechenden Traumatisierungsverfahren vorbereitet, jedoch nicht läsioniert. (SHAM-Tiere). Als Überlebenszeiten werden ein früher Zeitpunkt (6 h) und ein später Zeitpunkt (24 h) definiert.
Die Untersuchungstiere werden in Gruppen unterschiedlichen Traumatisierungsmustern zugeführt.
k Material und Methoden
Die hier skizzierten Untersuchungen sind Finalversuche und erfolgen an männlichen Sprague-Dawley-(SD-)Ratten (Gewicht 300–350 g). Je nach Gruppenzugehörigkeit werden die Untersuchungstiere unter Narkose entweder einem isolierten Schädel-Hirn-Trauma via FluidPercussion [11] oder einer isolierten Tibiafraktur [2] oder einer Kombinationsverletzung aus beiden Traumatisierungsmustern zugeführt. Die Tiere werden zunächst mit Pentobarbital i.p. narkotisiert. Nach Ablauf der Überlebenszeiten (6 h und 24 h) erhalten die Tiere einen kurzen Etherrausch. Die Blutabnahmen erfolgen über linkskardiale Punktion; anschließend werden die Tiere mit 4% Paraformaldehyd (PFA) perfusionsfixiert. Die gewonnen Blutproben werden bei +4°C zentrifugiert und der Überstand für die anschließenden Zytokinuntersuchungen eingefroren. Die Bestimmung des proinflammatorischen Zytokins Interleukin-(IL-)6 erfolgt via ELISA-Technik. Gehirn und Schockorgane (Thymus, Lunge, Milz, Leber, Nieren, Nebennieren, Pankreas) werden präpariert und anschließend histologisch unter Einsatz unterschiedlicher Färbeverfahren und Immunohistochemie aufgearbeitet. Um eine statistische Auswertung zu erlauben, sollen in den 3 Untersuchungsgruppen jeweils 7 Tiere plus 3 SHAM-Kontrollen untersucht werden. Zur statistischen Auswertung der Ergebnisse ist eine einfaktorielle Varianzanalyse (ANOVA) zur Darstellung signifikanter Unterschiede zwischen den einzelnen Untersuchungsgruppen vorgesehen. Ein Antrag an die Tierschutzkommission der Universität für die hier geplanten Untersuchungen ist zu stellen; ferner sind die infrastrukturellen Voraussetzungen zur Durchführung der Untersuchungen zu prüfen, insbesondere die Tierhaltungsbedingungen sind zuvor in Absprache mit der Tierschutzkommission der Universität zu klären.
Es erfolgen Finalversuche an männlichen SD-Ratten. Unter Narkose werden die Tiere je nach Gruppenzugehörigkeit den 3 unterschiedlichen Traumatisierungsmustern zugeführt. Nach Ablauf der Überlebenszeiten erfolgen Blutabnahmen, Perfusion und histologische Organaufarbeitung. Plasmaproben werden via ELISA-Technik auf das proinflammatorische Zytokin Interleukin(IL-)6 untersucht. Gehirn und Schockorgane werden unter Einsatz unterschiedlicher Färbeverfahren und Immunohistochemie auf Entzündungszeichen untersucht. Zur statistischen Auswertung der Ergebnisse ist eine einfaktorielle Varianzanalyse (ANOVA) zur Darstellung signifikanter Unterschiede zwischen den einzelnen Untersuchungsgruppen vorgesehen. Ein Tierversuchsantrag wird gestellt.
k Aufgabenverteilung
Die Forschergruppe wird aus einem Chirurgen, einer medizinischtechnischen Assistentin (MTA), einem medizinischen Doktoranden und einer Tierpflegerin bestehen. Der Chirurg ist für die Koordination der Untersuchungen verantwortlich; ferner führt er die operativen Eingriffe einschließlich der Traumatisierung am lebenden Tier
Die Forschergruppe wird aus einem Chirurgen, einer medizinisch-technischen Assistentin (MTA), einem medizinischen Doktoranden und einer Tierpflegerin bestehen.
166
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
durch. Abschließend unterstützt er die Durchführung der Zytokinmessung, die histologische Gewebeaufarbeitung sowie die Dokumentation. Die MTA ist für die Zytokinmessungen und die histologische Gewebeaufarbeitung verantwortlich; sie erhält hierbei Unterstützung seitens des Doktoranden, der selber für die Dokumentation verantwortlich ist. Aufgabe der Tierpflegerin ist der sachgerechte Umgang sowie die sachgerechte Pflege der Untersuchungstiere prä- und posttraumatisch. Es ist vorgesehen, die erarbeiteten Ergebnisse in einem Manuskript in einer medizinischen Fachzeitschrift zu publizieren. k Finanzplanung Die Mindestfinanzierung wurde kalkuliert, die Finanzierung des Projekts ist über eingeworbene Drittmittel gesichert.
Die Kostenkalkulation für benötigte Verbrauchsmittel, Messgeräte und Personalkosten ergeben den Mindestbedarf. Die Finanzierung des Projekts ist über selbst eingeworbene Drittmittel (universitätsinterne Förderprogramme zur Anschubfinanzierung) gesichert. k Machbarkeitsanalyse
In ca. 2 Monaten könnten alle Voraussetzungen für die erfolgreiche Durchführung des Projekts erfüllt sein.
Der Chirurg verfasst den Tierversuchsantrag; dieser wird erfahrungsgemäß etwa 2 Monate nach Einreichen genehmigt. Ferner koordiniert er die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern (Institut für Pathologie) und stellt diese sicher. Für die Beschaffung von Materialien, Messgeräten und Tierbestand ist mit Lieferzeiten von ca. 1 Monat zu rechnen. Alle Methoden und operativen Verfahren zur Induktion beider Traumamuster sowie zur Zytokinbestimmung sind etabliert. Der Chirurg ist für die Dauer der Untersuchungen vom Klinikdienst freigestellt. z
Projektplan
Der im Folgenden dargestellte Projektplan beschreibt die Arbeitsabläufe für die in der Projektskizze beschriebene tierexperimentelle Studie (. Abb. 3.1). k Dokumentkopf Bezeichnung des Projekts, der möglichen Auftraggeber, Mitarbeiter, zu informierende Personen und kurze Zielbeschreibung.
5 Projektnummer: 001, 5 Projektbezeichnung: Inflammation beim kombinierten Neurotrauma, 5 Projektleiter: Dr. med. Mustermann, 5 Mitarbeiter: Frau Schmidt, Herr Meier, Frau Müller, 5 Verteiler: Laborleiter, Klinikleiter, 5 Verfasser: Dr. med. Mustermann. k Kurze Zielbeschreibung
Das Ziel der Studie ist die Untersuchung des möglicherweise additiven Effekts einer mit einem Neurotrauma kombinierten peripheren Verletzung (hier: Tibiafraktur) auf die Ganzkörperentzündungsreaktion im Vergleich zum isolierten Neurotrauma am Rattenmodell. Hypothese: Das mit einer peripheren Tibiafraktur kombinierte Neurotrauma ist im Vergleich zum isolierten Neurotrauma mit dem
167
3 Tierexperimentelle Studie
verantwortlich
Termin/ Monat Projektstart
01
Arbeitsund Prüfanweisung
CHIR
Erstellung der Dokumentation Tierversuchsantrag
CHIR
Operation der Tiere Traumatisierung
03
CHIR
nach Ablauf der Überlebenszeit: – Blutentnahme – Perfusion – Organpräparation
03
Messung Histologie
04/05
MTA CHIR
Ergebnisprotokoll
CHIR DOK
Auswertung
ALLE
Publikation der Ergebnisse
Prüfbericht
01
06/07
08
Ende
. Abb. 3.1 Flussdiagramm einer tierexperimentellen Studie
Nachweis erhöhter systemischer Konzentrationen proentzündlicher Zytokine im Plasma (Interleukin-6) und dem histologischen Nachweis verstärkter entzündlicher Organinfiltrationen assoziiert. Trifft die Hypothese zu, entspräche der an dem hier eingesetzten Tiermodell erhobene Befund der klinischen Situation und böte ein exzellentes kliniknahes Modell für zukünftige Arbeiten im Bereich der Polytraumaforschung einschließlich seiner Pathophysiologie. k Projektablauf
Auf Vorversuche kann verzichtet werden, da beide Traumatisierungsmuster in bereits ausreichender Weise beschrieben und charakterisiert wurden. Hinsichtlich der praktischen Umsetzung liegt eine ausreichende Expertise vor.
Chronologische Darstellung des Projektablaufs; ggf. Hinweis auf möglicherweise durchzuführende Vorversuche.
168
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
. Abb. 3.2 Schematische Darstellung der Apparatur zur Induktion einer standardisierten Schädel-Hirn-Verletzung via Fluid-Percussion
k Materialien und Arbeitsplan Untersuchungsmaterial, Beschaffung und Darstellung der einzelnen Untersuchungsschritte. Beschreibung der genutzten Modelle einschließlich der durchzuführenden operativen Verfahren. Beschreibung der Probengewinnung und Kurzdarstellung der weiteren Probenverarbeitung. Hier: SD-Ratten (männlich 300–350 g), Narkose, Fluid-Percussion, isolierte Tibiafraktur oder Kombinationstrauma, Überlebenszeiten, Etherrausch, Blutgewinnung, Perfusion, Organpräparation.
Die für die Untersuchung notwendigen Tiere (männliche SD-Ratten, Gewicht 300–350 g) werden kommerziell erworben und zunächst für 1 Woche zur Akklimatisation im laboreigenen Tierstall in Gruppenhaltung gehalten. Nach Ablauf dieser Eingewöhnungszeit erfolgt die Randomisierung der Tiere in die 3 Untersuchungsgruppen: 5 isoliertes Schädel-Hirn-Trauma (SHT), 5 isolierte Fraktur, 5 Kombinationstrauma (SHT + Fraktur). Anschließend erfolgt die Traumatisierung unter Pentobarbital-Narkose i.p. (20 ml/kg KG). Traumamodelle: 5 standardisiertes Schädel-Hirn-Trauma via Fluid-Percussion-Methode [2], 5 Frakturmodell nach Bourque et al. [1]. Zu Schädel-Hirn-Trauma via Fluid-Percussion Zunächst Rasieren der Kopfhaut, Fixierung in einem stereotaktischen Rahmen, Bohrlochtrepanation mittig zwischen Lambda- und Bregma-Naht linksseitig, Präparation zum Anschluss an das Fluid-Percussion-Gerät, Induktion eines standardisierten mittelschweren Traumas (2,1 atm), Entfernung des Untersuchungstieres vom Gerät und Wundverschluss via Hautnaht (. Abb. 3.2, . Abb. 3.3).
169
3 Tierexperimentelle Studie
3 1
2 4
a
b
. Abb. 3.3a, b Makroskopische (a) und mikroskopische (b) Darstellung der via Fluid-Percussion induzierten Läsion bestehend aus 1 Subduralhämatom, 2 kortikaler Kontusion, 3 reproduzierbarem Blutungsmuster, 4 Massenverlagerung auf die kontralaterale Hirnhälfte als Folge des traumainduzierten Ödems, 5 neuronalem Zellverlust, vor allem im benachbarten Kortex sowie in der CA-2- und CA-3-Region des ipsilateralen Hippocampus und 6 Mikro- und Astrogliaaktivierung (5 und 6 hier nicht gezeigt)
Zu Fraktur Einspannen des Unterschenkels des Tieres in den Frak-
turapparat, Herunterdrücken des Frakturstempels zur Frakturinduktion (. Abb. 3.4). Die Gruppenstärke der einzelnen Tiergruppen beträgt 7 Tiere; dies ist erfahrungsgemäß die Anzahl von Tieren, die für eine verlässliche statistische Auswertung notwendig ist [2]. Im Anschluss an die Induktion beider Traumata werden die Untersuchungstiere zum Aufwachen und zum Schutz gegen Auskühlen auf eine Wärmematte gelegt; nach Erwachen aus der Narkose Rückführung der Tiere in Einzelkäfige. Nach Ablauf der im Tierversuchsantrag festgelegten und genehmigten Überlebenszeiten (6 h und 24 h) erhalten die Tiere einen Etherrausch, werden intrakardial zur Blutentnahme punktiert (Abnahme einer 7,5-ml-EDTA-Monovette) und mit 0,1 M PBS/4% PFA perfusionsfixiert. Entnahme von Schockorganen (Thymus, Lunge, Milz, Leber, Nieren, Nebennieren, Pankreas) und Nachfixierung in 4% PFA. k Messparameter
Gemessen werden die Konzentrationen des proinflammatorischen Zytokins Interleukin-(IL-)6 im Plasma zu 2 unterschiedlichen Zeitpunkten (6 h und 24 h) nach Trauma (1. isoliertes SHT, 2. isolierte Tibiafraktur und 3. Kombinationstrauma) bei männlichen SD-Rat-
170
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
. Abb. 3.4a, b Frakturapparat nach Bourque et al. (1992) (a) und radiologische Darstellung der induzierten Fraktur (b)
Beschreibung der durchzuführenden Plasmauntersuchungen auf Interleukin-(IL-)6 mittels ELISA-Technik. Kurzdarstellung der histologischen Gewebeuntersuchungen auf Entzündungszellen (HE-Färbungen).
ten unter Einsatz von ELISA-Technik. Histologischerseits erfolgt eine Abschätzung über das Ausmaß der entzündlichen Organinfiltration über die Auszählung von Entzündungszellen in einem definierten Gesichtsfeld anhand standardisierter HE-Schnittpräparate verschiedener Schockorgane (Thymus, Lunge, Milz, Leber, Nieren, Nebennieren, Pankreas). Zu beiden Verfahren stehen standardisierte Protokolle im Dokumentenindex Experimentelle Forschung des IFOM zur Verfügung. k Prozedere und Auswerteverfahren
Aufarbeitung der zu definierten Zeitpunkten entnommenen Blutproben: Zentrifugation, Abpipettieren des Plasmaüberstandes, Fraktionierung und Einfrieren der fraktionierten Proben bis zum Gebrauch. Bestimmung des proinflammatorischen Zytokins Interleukin-(IL-)6 im Zeitverlauf nach Trauma via etablierter ELISA-Verfahren und Erstellung eines Profils. Histologische Aufarbeitung von Organen/ Schockorganen (Thymus, Lunge, Milz, Leber, Nieren, Nebennieren, Pankreas) einschließlich HE-Färbungen zum Nachweis von Entzündungszellen, Mikroskopie mit Beschreibung und Auszählung von Entzündungszellen in einem standardisierten Gesichtsfeld. k Datenablage
Kurzdarstellung der Datendokumentation/-archivierung.
5 Daten in Papierform: Projektordner 001 bei Dr. med. Mustermann, 5 Daten in elektronischer Form: im Verzeichnis Projekt 001 auf dem Server des IFOM, Verzeichnis von Dr. med. Mustermann.
4 Klinische Studien
171
z Projektauswertung und Publikation k Statistik
Die erhaltenen Datensätze werden unter Einsatz einer multifaktoriellen Varianzanalyse (ANOVA) auf statistisch signifikante Unterschiede hin geprüft und in Box-Plots graphisch dargestellt.
Darstellung der eingesetzten statistischen Verfahren.
k Publikation
Die Ergebnisse der dargestellten Untersuchungen werden als Manuskript in einer medizinischen Fachzeitschrift publiziert. Die Reihenfolge der Autoren wurde im Vorfeld geklärt und resultiert aus den entsprechenden Beiträgen zu der Arbeit.
Zusammenfassung der erarbeiteten Ergebnisse in Form eines publizierfähigen Manuskripts und Veröffentlichung.
k Verweis auf die tatsächliche Publikation
Maegele M, Riess P, Sauerland S, Bouillon B, Hess S, McIntosh TK, Mautes A, Brockmann M, Koebke J, Knifka J, Neugebauer EAM (2005) Characterization of a new rat model of experimental combined neurotrauma. Shock 23(5): 476–481
4
Klinische Studien
4.1
Diagnosestudie: »Stellenwert der körperlichen Untersuchung im Erkennen einer Beckenfraktur bei Patienten mit stumpfem Trauma«
z Projektskizze k Wissenschaftlicher Hintergrund der Studie
Frakturen des Beckens kommen bei Unfallverletzten je nach Schwere des Traumas in 5–10% der Fälle vor [5]. Die Mortalität nach einer Beckenfraktur beträgt im Mittel ca. 5–10%, liegt aber bei komplexen Beckenverletzungen und im höheren Alter deutlich höher [1][3]. Das heterogene Spektrum der Beckenfrakturen wird gemäß der AO-Klassifikation unterteilt in stabile (Typ A), rotationsinstabile (Typ B) und rotations- und vertikalinstabile Frakturen (Typ C) [4]. Während die höhergradigen Frakturen eher im Rahmen von schweren Traumata vorkommen und in seltenen Fällen sogar als offene Frakturen auftreten, werden einfache Abrissfrakturen bei älteren Personen auch nach Bagatelltraumen beobachtet. Die Therapie ist abhängig vom Grad der Dislokation der Fragmente und von den Auswirkungen auf die Kraftübertragung von den Beinen in die Wirbelsäule. Falls die Knochenfragmente nicht wesentlich verschoben sind und wesentliche Anteile der Lastübertragung nicht betroffen sind, kann die konservative Therapie erfolgen. Liegt jedoch eine erhebliche Verschiebung der Fragmente vor oder liegt die Verletzung in einer der direkten Belastungszonen, wird im Regelfall eine offene Reposition und Osteosynthese erforderlich sein.
Beckenfrakturen sind sehr unterschiedlich hinsichtlich Schweregrad und klinischen Konsequenzen.
172
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
Gegenwärtiger Standard ist neben der körperlichen Untersuchung eine radiologische Abklärung.
Es gibt Hinweise, dass bei einem Teil der Patienten die körperliche Untersuchung diagnostisch ausreichend ist, um eine Beckenfraktur auszuschließen.
Eine radiologische Diagnostik mit Computertomographie (CT) oder auch konventionellem Röntgen gehört zum Standard bei schwerverletzten Patienten. Auch bei leichteren Verletzungen (z. B. Treppenstürzen, leichtes Anfahrtrauma) kommt eine bildgebende Diagnostik meist routinemäßig zum Einsatz. Die körperliche Untersuchung des Beckens beginnt mit der Inspektion, wobei insbesondere auf lokale Hämatome und Blutungen aus Urethra und Anus zu achten ist. Bei der manuellen Untersuchung wird das Becken seitlich und ventrodorsal komprimiert, um eine Instabilität des Beckenrings erkennen zu können. Schließlich sollten die Beweglichkeit im Hüftgelenk, die Beinlängen und eventuelle neurologische Ausfälle an den unteren Extremitäten geprüft werden. Ob die körperliche Untersuchung Beckenfrakturen mit hinreichender Sicherheit erkennen oder ausschließen kann, ist bislang nur teilweise untersucht [2][6][7]. Die bisherigen Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die Verlässlichkeit der körperlichen Untersuchung von verschiedenen Variablen (Bewusstseinszustand des Patienten, Erfahrung des Untersuchers etc.) abhängt [6]. Besäße die körperliche Untersuchung zumindest für einen Teil der Patienten eine gute Treffsicherheit, würde dies einen Verzicht auf radiologische Diagnostik erlauben, was helfen würde, Strahlenbelastung und Behandlungskosten zu reduzieren. Auch juristische Aspekte spielen hierbei aber eine Rolle. k Fragestellung
Ziel der Studie ist es, zu prüfen, ob eine körperliche Untersuchung eine Beckenfraktur mit hinreichender Sicherheit ausschließen kann. Zusätzlich sollen einzelne Symptome und Untersuchungsbefunde in ihrer diagnostischen Wertigkeit untersucht werden. k Patienten und Methoden Geplant ist eine diagnostische Kohortenstudie.
Möglichst alle Patienten mit Verdacht auf eine Beckenfraktur werden konsekutiv eingeschlossen.
Die vorliegende Studienskizze vergleicht die diagnostische Genauigkeit der körperlichen Untersuchung (= Indextest) mit dem radiologischen Befund (= Referenzstandard). Es handelt sich um eine prospektive nichtvergleichende diagnostische Kohortenstudie. Eingeschlossen werden alle erwachsenen Patienten mit stumpfem Beckentrauma. Nicht eingeschlossen werden Fälle, in denen eine Beckenfraktur aufgrund von Unfallmechanismus und/oder Patientencharakteristika sehr unwahrscheinlich ist. Ausgeschlossen werden polytraumatisierte Patienten, die mit akut lebensbedrohlichen Verletzungen anderer Körperregionen aufgenommen werden, weil hier eine körperliche Untersuchung oft nur eingeschränkt möglich ist. Ebenfalls ausgeschlossen werden Patienten mit einer bereits präklinisch eindeutig feststellbaren Beckenfraktur und schwangere Frauen. Ferner werden Patienten ausgeschlossen, die keine nachträgliche Einwilligung zur Verwendung ihrer Daten geben. Nach der körperlichen Untersuchung wird für jeden Patienten notiert, ob eine Beckenfraktur klinisch vermutlich nachgewiesen
4 Klinische Studien
(= testpositiv) oder mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen (= testnegativ) werden kann. Als dritte Möglichkeit ist es möglich, einen Untersuchungsbefund als unklar anzugeben. Die körperliche Untersuchung erfolgt in Unkenntnis der radiologischen Diagnostik. Zur Dokumentation der körperlichen Untersuchung wird ein Formblatt verwendet, das die einzelnen Untersuchungsteile (Kompressionsschmerz, Hämatom etc.) einzeln abfragt. Von allen Patienten wird ein Übersichtsröntgenbild des Beckens im anterioposterioren Strahlengang angefertigt. Dieses kann entsprechend den klinischen Erfordernissen ergänzt werden durch weitere konventionelle oder auch eine CT-gestützte Bildgebung. Die abschließenden radiologischen Befunde werden durch einen Facharzt in Unkenntnis der körperlichen Untersuchungsbefunde dokumentiert und bei Entlassung des Patienten aus den Akten in ein Dokumentationsblatt übernommen. Hierbei werden die Art der durchgeführten Bildgebung und die erhobenen Befunde (inklusive des genauen Frakturtyps) für die Studie erfasst. Demographische Variablen, eine Klassifizierung des Verletzungsmechanismus, Angaben zu Begleitverletzungen und Komorbiditäten und der medizinische Zustand des Patienten bei Krankenhausaufnahmen werden bei Entlassung des Patienten aus den Akten übertragen. Ferner wird die Art der Therapie einer eventuellen Fraktur grob erfasst.
173
Durchführung und Dokumentation der körperlichen Untersuchung erfolgen in standardisierter Form.
Indextest (= körperliche Untersuchung) und Referenzstandard (= Radiologie) werden wechselseitig verblindet.
k Aufgabenverteilung
Die Studie wird von einem Oberarzt und einem Assistenzarzt geführt. Hinzugezogen wird ein Statistiker. Die Datenerhebung erfolgt im Rahmen der klinischen Tätigkeit durch alle ärztlichen Mitarbeiter der Abteilung. Der Oberarzt konzipiert die Studie, verfasst Studienprotokoll und Ethikantrag und kontrolliert die kontinuierliche Erhebung der Daten durch die Kollegen. Der Assistenzarzt ist für die Dateneingabe verantwortlich. Gemeinsam konzipieren Oberarzt und Assistenzarzt eine klinikinterne Fortbildung, in der die standardisierte körperliche Untersuchung des Beckens und die wesentlichen Ziele der Studie vermittelt werden.
Oberarzt und Assistenzarzt leiten die Studie durch und teilen sich wesentliche Aufgaben.
k Finanzplanung
Da im Rahmen der Studie keine zusätzliche apparative Diagnostik erfolgt, fallen hierfür keine Kosten an. Die Mehrarbeit der Studienbeteiligten wird nicht finanziell vergütet, sondern durch die Beteiligung an der Publikation gerechtfertigt. Der Assistenzarzt nutzt das Projekt als Basis einer Dissertation. k Machbarkeitsanalyse
Das Klinikum, an dem die Studie durchgeführt wird, verfügt als Level-I-Traumazentrum mit etwa 50–100 Patienten mit einer Beckenfraktur als Haupt- oder Nebendiagnose über ein ausreichend großes Patientengut. In einer Pilotstudie wird die körperliche Untersuchung
Das Projekt wird ohne Finanzierung durchgeführt.
174
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
Etwa 3 Monate sind für Studienvorbereitung, Protokoll und Ethikvotum einzuplanen.
des Beckens für die Studie standardisiert, und die einheitliche Befunddokumentation wird an 10–20 Patienten getestet. Ein Studienprotokoll wird verfasst, welches dann als Basis für einen Ethikantrag dient. Die Einwilligung der Patienten ist nicht für den initialen Zeitraum in der Notfallambulanz vorgesehen, sondern soll erst im weiteren Verlauf eingeholt werden, was für eine rein beobachtende Studie adäquat ist. Als Vorbereitungszeit für die Studie sind etwa 3 Monate anzusetzen. z Projektplan k Hypothese
Die körperliche Untersuchung des Beckens erlaubt es, bei Patienten mit stumpfem Beckentrauma eine Fraktur mit hinreichender Sicherheit (Sensitivität >97%) auszuschließen, so dass eine radiologische Diagnostik verzichtbar ist. k Studienablauf Die Datenerhebung erfolgt zu 2 Zeitpunkten.
Alle Patienten müssen erfasst und gemeldet werden.
Patientendaten werden zu zwei Zeitpunkten erhoben. Der erste Untersuchungszeitpunkt bezieht sich auf die initiale Untersuchung und ggf. stationäre Aufnahme des Patienten. Als Zweites erfolgt eine Datenerhebung im Intervall, nämlich üblicherweise vor der Entlassung des Patienten oder bei der ambulanten Nachkontrolle. Geeignete Patienten werden in der Notfallaufnahme identifiziert, was es erforderlich macht, dass alle ärztlichen Mitarbeiter über die Studie informiert sind. In der Notfallambulanz werden zur Vereinheitlichung der Befunddokumentation einseitige Bögen bereitgestellt, auf denen die Untersuchung des Beckens schrittweise erfasst wird. Sobald ein Patient für die Studien eingeschlossen wird, informiert der aufnehmende Arzt den Studienleiter oder seinen Mitarbeiter. Diese führen eine Liste, in der alle Studienpatienten mit Namen, Geburtsund Aufnahmedatum geführt werden. Im Laufe des stationären Aufenthalts erhalten dann alle eingeschlossenen Patienten eine schriftliche Patienteninformation und Einwilligungserklärung, deren Inhalte von den beiden Studienleitern erläutert werden. Danach werden alle klinischen Variablen für die Studie aus der Krankenakte übernommen. k Dokumentation
Die Datenerfassung erfolgt papiergebunden.
Anonymisierte und nicht anonymisierte Daten werden getrennt gelagert.
Nach erfolgter Einwilligung werden alle für die Studie relevanten Daten in einen ca. 10-seitigen Dokumentationsbogen übertragen. Alle wesentlichen Angaben sind hierbei bereits durch Ankreuzoptionen vorgruppiert. Textvariablen mit der Notwendigkeit, Information in ganzen Worten niederschreiben zu müssen, werden soweit als möglich vermieden. Die vollständigen Dokumentationsbögen sind pseudonymisiert, tragen also nur eine Nummer und den Studiennamen in der Kopfzeile jeder Seite. Der Studienleiter legt für die Studie mehrere Aktenordner an. In einem Ordner ist das Studienprotokoll, die Korrespondenz mit der
4 Klinische Studien
175
Ethikkommission und eventuelle Literatur abgelegt. In einem zweiten Ordner befinden sich alle Einverständniserklärungen sowie die Gesamtliste aller Patienten. Im dritten Ordner werden alle Dokumentationsbögen (leer oder ausgefüllt) gesammelt. Schließlich können leere Formblätter zur klinischen Befunderhebung und zur Patientenaufklärung in einem vierten Aktenordner in der Notfallambulanz bereitgestellt werden. Im Laufe der Studie werden die pseudonymisierten Daten in eine einfache Tabelle (z. B. Excel, Access etc.) eingegeben. Hierbei werden die wesentlichen Variablen kategoriell definiert (z. B. 1= männlich, 2= weiblich), und die entsprechenden Codes dokumentiert. Später wird die Datei in eine Statistiksoftware eingelesen. k Fallzahlplanung
Es soll eine mindestens 97%ige Sensitivität nachgewiesen werden. Dies bedeutet, dass die körperliche Untersuchung maximal 3% der Patienten mit einer Beckenfraktur übersieht (falsch-negativer Befund). Wenn man auf der Basis der Literatur eine Sensitivität von 99% annimmt [6][7], würden 99 von 100 Patienten mit Beckenfraktur erkannt. Das untere 95%-Konfidenzintervall würde in diesem Fall bei 97% liegen, so dass diese Patientenzahl ausreichend erscheint. Schätzt man, dass etwa ein Drittel aller Studienpatienten tatsächlich eine Beckenfraktur hat, sind für die Studie insgesamt also 300 Fälle einzuschließen.
Die Studie benötigt geschätzte 300 Patienten, die binnen 2 Jahren rekrutiert werden können.
z Projektauswertung und Publikation k Statistik
Die primäre Analyse bezieht sich auf die Sensitivität der körperlichen Untersuchung. Hierbei werden Sensitivität und Spezifität mit 95%-Konfidenzintervallen berechnet. Ergänzend können weitere Testgütekriterien berechnet werden. Eine statistische Hypothesetestung erfolgt nicht. In der sekundären Analyse werden einzelne Symptome und Befunde in gleicher Weise aufgearbeitet. Schließlich wird die primäre Analyse für definierte Subgruppen (Alter, Bewusstseinsstatus, höhergradige Frakturen etc.) wiederholt. k Publikation
In einem Absatz des Studienprotokolls wird schriftlich festgehalten und mit Unterschrift bestätigt, dass der Oberarzt als Studienleiter die Studienergebnisse als Erstautor publizieren darf, und dass der Assistenzarzt die Daten für seine Dissertation verwenden wird. In einer eventuell zweiten Publikation kann analysiert werden, ob die manuelle Untersuchung des Beckens nicht nur das Vorhandensein, sondern auch den Frakturtyp feststellen kann.
Die Berechnung von Sensitivität und Spezifität dient der primären Analyse.
176
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
4.2
Therapiestudie: »Radiologische Nachuntersuchung von monoaxial und polyaxial-winkelstabilen Plattensystemen zur Versorgung von proximalen Humeruskopffrakturen«
z Projektskizze k Wissenschaftlicher Hintergrund der Studie . Abb. 4.1 Monoaxiale Winkelstabilität. Diese Graphik verdeutlicht das Prinzip der winkelstabilen Verankerung von Schrauben in deren Plattenlager über ein Kopfgewinde (A; siehe Pfeil) und dem korrespondierenden Plattengewinde (B). (Mit freundlicher Genehmigung der Fa. Synthes, Umkirch, Deutschland)
. Abb. 4.2 Limited contact. Diese Querschnitts-Schemazeichnung zeigt das Prinzip des Plattenfixateurs. Die Platte wird durch die winkelstabile Verbindung mit der knochenfixierten Schraube nicht auf das Periost gepresst (siehe Abstand δ). Damit bleiben dessen Perfusion sowie die damit verbundene Knochenregenerationsfähigkeit erhalten. (Mit freundlicher Genehmigung der Fa. Synthes, Umkirch, Deutschland)
Zur Therapie von komplexen gelenknahen Mehrfragment-Frakturen des Humeruskopfes werden derzeit kontroverse Behandlungsrichtlinien diskutiert [9]. Eckpunkte dieser Diskussion stellen dabei einerseits die komplett konservative Behandlung mit Ruhigstellung der betroffenen Schulter bis zu 6 Wochen, andererseits die operative Reposition, Osteosynthese und funktionelle Nachbehandlung der Schulter dar. In diesem Zusammenhang wurde als großer Nachteil der konservativen Therapie der damit verbundene Verlust von Bewegungsmöglichkeit bei regelhaftem Teil-Einsteifen des Schultergelenkes durch die lange Ruhigstellung identifiziert [9]. Im Gegensatz dazu ermöglichte die operative Stabilisierung mittels Schrauben- bzw. Plattenosteosynthese zwar die rasche postoperative Mobilisierung, jedoch ließen sich die bislang verwendeten Systeme, wie T-, L- oder Kleeblatt-Platten im häufig osteoporotisch veränderten Knochen nicht ausreichend fixieren, so dass sekundäre Implantatlockerungen oder Schrauben-Dislokationen eine häufige Komplikation darstellten [5][4]. In jüngerer Vergangenheit wurde ein Implantat entwickelt, welches die winkelstabile Verankerung der Schrauben mit der Platte erlaubt. Die Gewindebohrungen im Plattenlager sind dabei so vorgefertigt, dass die Schrauben in vorgegebenen Richtungen stabil gehalten werden (. Abb. 4.1). Damit lässt sich gerade in osteoporotischem Knochen eine erhebliche Steigerung der Verankerungsfestigkeit erzielen und das Risiko einer sekundären Dislokation reduzieren [9] [1]. Darüber hinaus erfordert die Implantation solcher winkelstabiler Platten nicht deren direkte Auflage auf dem humeralen Periost (»limited contact«, . Abb. 4.2). Damit kann auch das Risiko periostaler Durchblutungsstörungen bzw. damit verbundener sekundärer Humeruskopfnekrosen reduziert werden. Erste Veröffentlichungen zur Anwendung dieses innovativen Prinzips weisen vielversprechende Ergebnisse auf [5][6], so dass das System der winkelstabilen Plattenosteosynthese eine stetig zunehmende Verbreitung in der Versorgung der Humeruskopf-Mehrfragmentfraktur findet. Als relativer Nachteil des Systems wurde jedoch das nach wie vor relativ große operative Trauma über einen anterioren deltoidopektoralen Zugang mit den damit verbundenen postoperativen Schmerzen identifiziert [10]. Obwohl diese winkelstabile Verbindung schon einen erheblichen Vorteil hinsichtlich der Verankerungsstabilität gegenüber klassischen nichtwinkelstabilen Platten-/Schraubensystemen aufweist, zwingt das vorgefertigte Gewinde im Plattenlager die Schraube in eine vor-
4 Klinische Studien
. Abb. 4.3 Diese Röntgenaufnahme einer Schulter in True-a.p.-und OutletviewTechnik zeigt eine der typischen Komplikationen nach Humeruskopffraktur und Plattenosteosynthese: Die Humeruskopf ist varisch abgekippt und die winkelstabilen Schrauben bohren sich durch den Knochen hindurch und stehen dann frei ins Gelenk
gegebene Richtung (. Abb. 4.3), so dass Schraubenfehllagen beschrieben wurden [5]. Um diesen Nachteil auszugleichen, wurde nun in einer jüngsten Weiterentwicklung das Plattengewinde so modifiziert, dass ein Winkel von bis zu 30° in alle Richtungen vom Operateur für die gewünschte Schraubenposition gewählt werden kann und diese Stellung dann mit einer Überwurfmutter in der Platte fixiert wird. Somit entsteht ebenfalls eine winkelstabile Verbindung bei freier Wahl des Anstellwinkels. . Abb. 4.4 stellt das Prinzip dieser Entwicklung dar. Um zugleich noch das operative Trauma zu reduzieren, kann das neu entwickelte Plattensystem auch in minimalinvasiver Technik implantiert werden, da mittels eines Zielbügelsystems auch die perkutane Verankerung der schaftfixierenden Schrauben möglich ist [3] (. Abb. 4.5). Dieses Verfahren ist zugelassen und wird bereits in der klinischen Routine eingesetzt. Dieses neuartige System könnte somit dazu beitragen, die Häufigkeit von postoperativen Fehllagen von Schrauben zu reduzieren sowie postoperative Schmerzen aufgrund der minimal-invasiven Implantation zu minimieren. Bislang liegen hinsichtlich der Verwendung des Implantats jedoch nur Anwendungsbeobachtungen vor, die zwar die risikoarme Implantation des Systems aufzeigen, jedoch keinen Vergleich mit einem etablierten System vorlegen [3]. Ziel der Studie ist es somit, nachzuweisen, ob sich mittels eines neuartigen winkelstabilen Plattensystems eine Verbesserung des Re-
177
. Abb. 4.4 Polyaxiale Winkelstabilität. Das Plattengewinde ist so modifiziert, dass ein Winkel von bis zu 30° gewählt werden kann. Diese Lage wird dann mit einer Überwurfmutter fixiert. (Mit freundlicher Genehmigung der Fa. Zimmer, Freiburg, Deutschland)
. Abb. 4.5 Minimalinvasive Implantation. Abgebildet ist das Einbringen des neu entwickelten NCB-PH- Plattensystems (A) in minimalinvasiver Technik per Zielbügel (B) mit perkutaner Verankerung der schaftfixierenden Schrauben. (Mit freundlicher Genehmigung der Fa. Zimmer, Freiburg, Deutschland)
178
Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
positionsergebnisses und Reduktion von Schraubenfehllagen erzielen lässt. k Hypothese
Lässt sich in Patienten mit operationspflichtigen proximalen Humeruskopffrakturen die Häufigkeit postoperativer Repositionsverlustes und Schraubenfehllage anhand eines neuartigen polyaxialen Plattensystems reduzieren im Vergleich zum herkömmlichen monoaxialen System? k Versuchsdesign
Die oben genannte Fragestellung soll anhand einer prospektiv randomisierten klinischen Studie beantwortet werden. Dabei sollen Patienten mit proximalen Humeruskopffrakturen Typ Neer III und IV sowie Dislokationskriterien nach Resch operativ entweder mit einem herkömmlichen monoaxialen Plattensystem oder mit einem neuartigen polyaxialen System versorgt werden. k Material und Methoden
In die prospektiv randomisierte klinische Studie sollen folgende Patienten eingeschlossen werden: 5 Vorliegen einer primär dislozierten 2-, 3- oder 4-Fragmentfraktur (n. Neer [7][8]), 5 Erfüllen der Kriterien zur operativen Versorgung nach Resch [9]: 5 Tuberkulumversatz >5 mm, 5 Schaftversatz >10 mm, 5 metaphysäre Trümmerzone, 5 Achsenabweichung >45°, 5 Stufenbildung innerhalb der Gelenkfläche >2 mm, 5 keine Voroperationen an der betroffenen Extremität, 5 Alter: 18–95 Jahre. Ausgeschlossen sollen folgende Patienten werden: 5 offene Fakturen, 5 Läsionen der Gefäße oder Nerven, 5 Vorliegen einer pathologischen Fraktur, 5 polytraumatisierte Patienten (ISS >16 Punkte), 5 Strafgefangene, Schwangere und Patienten mit bekannter Betreuung, 5 entzündliche Grunderkrankung wie: Sepsis, Meningitis, HIV, Hepatitiden etc., 5 neurologisch-psychiatrische Grunderkrankung.
k Zielparameter
Repositionsergebnis, Position der Implantate, Cutt-out der Schrauben und Implantatversagen.
4 Klinische Studien
179
k Radiologische Nachuntersuchungen
Bei allen Patienten werden direkt postoperativ, nach 6 Wochen, 3 Monaten und 6 Monaten Röntgenaufnahmen in True-a.p.- und Outlet-view-Technik aufgenommen. In diesen Aufnahmen werden die Zielparameter beurteilt. k Aufgabenverteilung
Die Forschergruppe wird aus dem klinischen Studienleiter, einem Assistenzarzt und einem Doktoranden bestehen. Der Chirurg ist für die Koordinierung der Studie, Erstellung des Ethikantrages, Information der Mitarbeiter und Schulung der Mitoperateure, korrekte Klassifikation der Verletzungen verantwortlich. Der Assistenzarzt ist für die Einholung sämtlicher Unterlagen, Einverständniserklärungen, Nachuntersuchungstermine und Auswertung der Daten verantwortlich. Darüber hinaus wird die radiologische Auswertung von einem Radiologen durchgeführt. Der Doktorand ist für die Datenerhebung und Dokumentation verantwortlich. Es ist vorgesehen, die Ergebnisse in einem englischsprachigen Journal zu veröffentlichen. k Finanzplanung
Die Studie erfordert nur einen sehr geringen Finanzaufwand (Papier, Ordner), der aus Klinikmitteln bestritten werden kann. k Machbarkeitsanalyse
Der Chirurg verfasst den Ethikantrag und stellt die Studie allen Mitarbeitern vor, damit bei entsprechenden Patienten der Studienassistent informiert wird. Danach erfolgt die Aufklärung des Patienten und ggf. der Einschluss in die Studie. Alle operativen Methoden sind etabliert. In ca. 3 Monaten können die Voraussetzungen für das Projekt erfüllt sein. z Projektplan k Dokumentenkopf
5 Projektnummer: 002, 5 Projektbezeichnung: monoaxial vs. polyaxial winkelstabile Plattenstudie, 5 Projektleiter: PD Dr. Mustermann, 5 Mitarbeiter: Dr. Musterfrau, Dr. Mustermann, 5 Verteiler: Klinikleitung, Leitung Unfallchirurgie, Leitung Notaufnahme, 5 Verfasser: PD Dr. Mustermann. k Kurze Zielbeschreibung
Das Ziel der Studie ist es, nachzuweisen, ob die Verwendung eines neuartigen Plattensystems (polyaxial winkelstabile Platten) einen Vorteil gegenüber monoaxial winkelstabilen Plattensystemen für die Versorgung von proximalen Humeruskopffrakturen aufweist.
Bezeichnung des Projektes, der Mitarbeiter, zu informierenden Personen und kurze Zielbeschreibung.
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Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
Hypothese: Lässt sich in Patienten mit operationspflichtigen proximalen Humeruskopffrakturen die Häufigkeit postoperativen Repositionsverlustes und Schraubenfehllage anhand eines neuartigen polyaxialen Plattensystems reduzieren im Vergleich zum herkömmlichen monoaxialen System? k Projektablauf
Eine Lernkurve beider operativer Systeme besteht nicht, da beides etablierte Systeme sind. Hinsichtlich der praktischen Umsetzung liegt eine ausreichende Expertise vor, der Studienleiter ist Prüfarzt für klinische Studien. In der Klinik werden pro Jahr ca. 100 fragliche Verletzungen operativ versorgt, so dass bei einer Ausfallrate von 40% bei Nichteinverständnis etc. die Zielzahl von 60 Patienten innerhalb eines Jahres erreicht werden sollte. Chronologische Darstellung des Projektablaufes: 5 Start: Schreiben des Ethikantrages, 5 3 Monate: Beginn Einschluss Patienten, 5 15 Monate: Beginn Nachuntersuchungsphase, 5 33 Monate: Abschluss aller Nachuntersuchungen, Beginn Auswertung, Publikation. k Patienten und Arbeitsplan
Die für die Untersuchung in Frage kommenden Patienten werden in der Notaufnahme rekrutiert. Einschlusskriterien: 5 Vorliegen einer primär dislozierten 2-, 3- oder 4-Fragmentfraktur (n. Neer [7][8]), 5 Erfüllen der Kriterien zur operativen Versorgung nach Resch [9]: 5 Tuberkulumversatz >5 mm, 5 Schaftversatz >10 mm, 5 metaphysäre Trümmerzone, 5 Achsenabweichung >45°, 5 Stufenbildung innerhalb der Gelenkfläche >2 mm; 5 keine Voroperationen an der betroffenen Extremität, 5 Alter: 18–95 Jahre. Ausschlusskriterien: 5 offene Fakturen, 5 Läsionen der Gefäße oder Nerven, 5 Vorliegen einer pathologischen Fraktur, 5 polytraumatisierte Patienten (ISS >16 Punkte), 5 Strafgefangene, Schwangere und Patienten mit bekannter Betreuung, 5 entzündliche Grunderkrankung wie: Sepsis, Meningitis, HIV, Hepatitiden etc. 5 neurologisch-psychiatrische Grunderkrankung.
4 Klinische Studien
Dann erfolgt durch Studienleiter eine Informationsveranstaltung aller Mitarbeiter über Art und Inhalt der Studie sowie über die notwendigen Schritte. Diese sehen wie folgt aus: Erfüllt ein Patient die auf mehreren in Folie eingeschweißten und an den Wänden aushängenden Zielparameter, erfolgt die Aufklärung über die Studie durch den anwesenden Dienstarzt. Nachdem der Patient schriftlich zugestimmt hat, erfolgt die Randomisierung entsprechend einem vorbereiteten Briefumschlagsystem, in dem nach laufenden Nummern die unterschiedlichen Verfahren zugeteilt werden. Danach wird der Patient in das OP System eingepflegt und der Studienleiter informiert. Nach erfolgter Operation erfolgt die standardisierte Nachuntersuchung entsprechend der Nachuntersuchungsprotokolle. k Zielparameter
5 5 5 5
Schrauben-Fehllage in [%] Dislokation der Fragmente >5 mm in [%] Durchbau der Fraktur Achsenstellung (Humeruskopf – Humerusschaft)
k Fallzahlkalkulation
Im Rahmen der geplanten Studie wird folgende Gruppe prospektiv untersucht: Untersuchungsgruppe: 60 Patienten mit 2-, 3-, 4-Fragmentfraktur des proximalen Humerus, die operativ versorgt werden. Diese Gruppe wird randomisiert unterteilt in die Gruppen: 5 Gruppe 1: 30 Patienten offen chirurgisch mit Philos, 5 Gruppe 2: 30 Patienten offen chirurgisch mit NCB-PH. Die Größe von insgesamt 60 bzw. 30 Patienten pro Gruppe berechnet sich aus der Fallzahlkalkulation wie folgt: Geplantes statistisches Verfahren: Chi2-Test 5 α-Fehler: 0,05 5 β-Fehler: 0,8 5 Ereignis monoaxialSchrauben-Fehllage: 17% 5 Ereignis polyaxialSchrauben-Fehllage in Pilotstudien: 2% 5 Verhältnis Fall1-Fall2-Kontrolle: 1:1 5 n = 60 Die Auswertung erfolgt dabei nach der Intention-to-treat-Strategie. k Randomisierungsplan
Die Randomisierung wird anhand eines zufallsgeneratorbestimmten Planes festgelegt und die jeweilige Therapie in einem verschlossenen Briefumschlag in den jeweiligen Notaufnahmen hinterlegt. Erfüllt ein Patient die Einschlusskriterien und zeigt sich nach der Aufklärung einverstanden mit der Teilnahme an der Studie, wird vom Prüfarzt oder seinem Stellvertreter der nächste Briefumschlag geöff-
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net und die damit angezeigte Therapieform gewählt. Der Randomisierungsplan bleibt unter Verschluss bis zum Ende der Studie. k Nachuntersuchungsprotokoll
Die Patienten werden direkt postoperativ sowie nach 6 Wochen, 3 Monaten und 6 Monaten nachuntersucht. Dabei werden die oben beschriebenen Zielparameter erhoben und dokumentiert. k Datenablage
5 Daten in Papierform: Projektordner 002 bei PD Dr. Mustermann, 5 Daten in elektronischer Form: im Verzeichnis XY auf dem Server XY. z Projektauswertung und Publikation k Statistik
Die Überprüfung der Zielparameter auf statistische Signifikanz erfolgt nach Datenqualität. Korrelationen zwischen klinischen Parametern und radiologischen Ergebnissen erfolgt durch die Berechnung des Korrelationskoeffizienten nach Spearman, die Daten der Gruppen werden mittels des nichtparametrischen Testverfahrens für unverbundene Stichproben, Mann-Whitney-U-Test, verglichen. Zur Analyse der Daten im zeitlichen Verlauf einer Gruppe wird der WilcoxonTest berechnet. In allen statistischen Berechnungen wird ein p-Wert von <0,05 als signifikant angesehen. k Publikation
Die Ergebnisse der dargestellten Studie werden in einer englischsprachigen Zeitschrift publiziert. Die Autorenreihenfolge wurde schriftlich vorab wie folgt festgelegt: Mustermann-1, Mustermann-2, Musterfrau. k Verweis auf die tatsächliche Publikation
Die beschriebene Studie wurde wie folgt publiziert: Ockert B, Braunstein V, Kirchhoff C, Körner M, Kirchhoff S, Kehr K, Mutschler W, Biberthaler P (2010) Monoaxial versus polyaxial screw insertion in angular stable plate fixation of proximal humeral fractures: Radiographic analysis of a prospective randomized study. J Trauma 2010 Mar 15 [Epub ahead of print].
5 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
5
Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
Aus: Deutsche Forschungsgemeinschaft (1998) Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Empfehlungen der Kommission »Selbstkontrolle in der Wissenschaft«. Wiley-VCH, Weinheim z
Vorbemerkung
Der Anlaß, der die Kommission zusammengeführt hat, war ein besonders schwerwiegender (1) Fall wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Er führte zu einer breiten Diskussion in Politik, Administration und Öffentlichkeit darüber, ob Vergleichbares häufiger vorkommt und ob die Wissenschaft in ihren Institutionen über hinreichende Kontrollmechanismen zur Qualitätssicherung verfügt. Wie konnte es geschehen, daß sie über so lange Zeit außer Funktion gesetzt wurden? Fast alle betroffenen wissenschaftlichen Arbeiten erschienen in internationalen Zeitschriften mit Gutachtersystem. Bei allen Promotionen, Habilitationen und Berufungen wurden die gängigen Kontrollmechanismen der Selbstergänzung der wissenschaftlichen Gemeinschaft ohne formale Fehler in Tätigkeit gesetzt, ohne daß Unregelmäßigkeiten entdeckt wurden. Gleiches galt für Anträge auf Fördermittel bei der DFG und bei anderen Förderungsorganisationen über lange Zeit. Weitere Fragen schlossen sich an: Ist ein Eingreifen des Staates, sind neue Regelungen erforderlich, um die staatlich finanzierte Wissenschaft und die auf ihre Ergebnisse angewiesene Öffentlichkeit vor mißbräuchlichen Praktiken zu schützen? Nach bestem Wissen und gestützt auf alle greifbaren Erfahrungen in anderen Ländern können diese Fragen so beantwortet werden: Wissenschaftliche Arbeit beruht auf Grundprinzipien, die in allen Ländern und in allen wissenschaftlichen Disziplinen gleich sind. Allen voran steht die Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und anderen. Sie ist zugleich ethische Norm und Grundlage der von Disziplin zu Disziplin verschiedenen Regeln wissenschaftlicher Professionalität, d. h. guter wissenschaftlicher Praxis. Sie den Studierenden und dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu vermitteln, gehört zu den Kernaufgaben der Hochschulen. Die Voraussetzungen für ihre Geltung und Anwendung in der Praxis zu sichern, ist eine Kernaufgabe der Selbstverwaltung der Wissenschaft. Der hohe Leistungsstand des Wissenschaftssystems macht täglich erfahrbar, daß die Grundprinzipien guter wissenschaftlicher Praxis erfolgreich angewendet werden. Gravierende Fälle wissenschaftlicher Unredlichkeit sind seltene Ereignisse. Jeder Fall, der vorkommt, ist aber ein Fall zu viel; denn nicht nur widerspricht Unredlichkeit – anders als der Irrtum – fundamental den Grundsätzen und dem Wesen wissenschaftlicher Arbeit; sie ist auch für die Wissenschaft selbst eine große Gefahr. Sie kann das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft ebenso untergraben wie
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das Vertrauen der Wissenschaftler untereinander zerstören, ohne das erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit nicht möglich ist. Unredlichkeit kann in der Wissenschaft so wenig vollständig verhindert oder ausgeschlossen werden wie in anderen Lebensbereichen. Man kann und muß aber Vorkehrungen gegen sie treffen. Dafür bedarf es keiner staatlichen Maßnahmen. Erforderlich ist aber, daß nicht nur jeder Wissenschaftler und jede Wissenschaftlerin, sondern vor allem auch die Wissenschaft in ihren verfaßten Institutionen – Hochschulen, Forschungsinstitute, Fachgesellschaften, wissenschaftliche Zeitschriften, Förderungseinrichtungen – sich die Normen guter wissenschaftlicher Praxis bewußt macht und sie in ihrem täglichen Handeln anwendet. Gute wissenschaftliche Praxis bildet daher den Kern der folgenden Empfehlungen; sie ist Voraussetzung für eine leistungsfähige, im internationalen Wettbewerb anerkannte wissenschaftliche Arbeit. Der Gegensatz zu guter wissenschaftlicher Praxis, den es zu verhindern gilt, ist wissenschaftliche Unredlichkeit (scientific dishonesty), die bewußte Verletzung elementarer wissenschaftlicher Grundregeln. Der breitere Begriff »wissenschaftliches Fehlverhalten« (scientific misconduct) wird dort verwendet, wo nach dem Zusammenhang (z. B. bei Verfahrensregeln) die Normverletzung als Tatbestand das ist, was es zu klären gilt. Die Empfehlungen richten sich vornehmlich an die verfaßten Institutionen der Wissenschaft, über sie aber auch an alle ihre Mitglieder. Im Vordergrund stehen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis, die nicht neu sind, deren tägliche bewußte Einhaltung aber die wirksamste Vorbeugung gegen Unredlichkeit darstellt. Gestützt auf ausländische Erfahrungen enthalten die Empfehlungen auch Grundregeln für den Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Alle wissenschaftlichen Einrichtungen sollen dafür ein faires Verfahren, das die Interessen der Beteiligten und Betroffenen ebenso schützt wie ihren eigenen guten Ruf, für ihren jeweiligen Bereich erörtern, ausgestalten und in Kraft setzen. Adressaten sind somit an erster Stelle die Hochschulen, vor allem die Universitäten, und Forschungseinrichtungen, weil Forschung und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ihre ureigenen Aufgaben bilden. Die Pflege guter wissenschaftlicher Praxis und der angemessene Umgang mit Vorwürfen von Fehlverhalten sind institutionelle Aufgaben. Die Verantwortung für ihre Erfüllung tragen die Leitung jeder Einrichtung und ihre für Grundsatzfragen zuständigen Organe. Das ergibt sich nicht nur aus ihrer tatsächlichen Nähe zu den forschenden Wissenschaftlern, sondern auch aus ihrer Rolle als deren Arbeitgeber oder Dienstherr und für die Hochschulen aus ihrem Monopol für die Verleihung akademischer Grade. Die Empfehlungen sind – auch wenn sie nicht für alle Wissenschaftsgebiete in gleicher Weise angewendet werden können – absichtlich nicht als detailliertes Regelsystem ausgestaltet. Sie bieten vielmehr den Institutionen des Wissenschaftssystems einen Rahmen für eigene Überlegungen, die sie selbst jeweils gemäß ihrer äußeren
5 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
und inneren Verfassung und ihren Aufgaben entwickeln müssen. In den Begründungen und Erläuterungen sind – auf Erfahrungen im In- und Ausland zurückgehende – Anregungen enthalten, wie dies geschehen kann. Wissenschaftliche Arbeit unterliegt auf vielen Gebieten rechtlichen und standesrechtlichen Regelungen, Verhaltensregeln wie der Deklaration von Helsinki und professionellen Normen. Die Empfehlungen sollen diese Normen und Regelungen in keinem Punkt ersetzen, sondern durch allgemeine Grundsätze ergänzen. Sie entfalten und detaillieren wissenschaftsethische Prinzipien, wie sie in vielen ausländischen Universitäten gelten (2) und wie sie in Verhaltenskodizes, z. B. dem der Gesellschaft Deutscher Chemiker (3) niedergelegt sind. z
Empfehlung 1
Regeln guter wissenschaftlicher Praxis sollen – allgemein und nach Bedarf spezifiziert für die einzelnen Disziplinen – Grundsätze insbesondere für die folgenden Themen umfassen: 5 allgemeine Prinzipien wissenschaftlicher Arbeit, zum Beispiel 5 lege artis zu arbeiten, 5 Resultate zu dokumentieren, 5 alle Ergebnisse konsequent selbst anzuzweifeln, 5 strikte Ehrlichkeit im Hinblick auf die Beiträge von Partnern, Konkurrenten und Vorgängern zu wahren, 5 Zusammenarbeit und Leitungsverantwortung in Arbeitsgruppen (Empfehlung 3), 5 die Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses (Empfehlung 4) 5 die Sicherung und Aufbewahrung von Primärdaten (Empfehlung 7), 5 wissenschaftliche Veröffentlichungen (Empfehlung 11). z
Empfehlung 2
Hochschulen und außeruniversitäre Forschungsinstitute sollen unter Beteiligung ihrer wissenschaftlichen Mitglieder Regeln guter wissenschaftlicher Praxis formulieren, sie allen ihren Mitgliedern bekanntgeben und diese darauf verpflichten. Diese Regeln sollen fester Bestandteil der Lehre und der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sein. kErläuterungen
Hochschulen »dienen der Pflege und der Entwicklung der Wissenschaften durch Forschung, Lehre und Studium«; sie »fördern den wissenschaftlichen Nachwuchs« (§ 2 HRG). Sie sind damit in umfassender Weise legitimiert, aber auch verpflichtet, ihre innere Ordnung so zu gestalten, daß Wissenschaft entsprechend ihren immanenten Werten und Normen betrieben werden kann. Ähnliches gilt mit den durch Rechtsform und Aufgaben bedingten Modifikationen für die öffentlich finanzierten außeruniversitären Forschungseinrichtungen (4).
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Die Freiheit der Wissenschaft in Forschung, Lehre und Studium ist in Deutschland in der Verfassung garantiert. Freiheit der Wissenschaft gehört dabei untrennbar zusammen mit Verantwortung; das gilt für jeden Wissenschaftler ebenso wie für die Institutionen, in denen Wissenschaft verfaßt ist. Jeder, der Wissenschaft zum Beruf hat, trägt Verantwortung dafür, die grundlegenden Werte und Normen wissenschaftlicher Arbeit zu pflegen, in seinem Handeln täglich zu verwirklichen und für sie einzustehen. Wenn daher in Hochschulen und außeruniversitären Forschungsinstituten Regeln guter wissenschaftlicher Praxis verbindlich formuliert werden, so müssen sie durch die Beteiligung eines Gremiums der wissenschaftlichen Selbstverwaltung auf die Grundlage eines Konsenses ihrer wissenschaftlichen Mitglieder gestellt werden. Dem wissenschaftlichen Nachwuchs kann nur durch eine als Vorbild geeignete wissenschaftliche Arbeitsweise der erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und durch Gelegenheit zur Diskussion der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis einschließlich ihrer (im weiten Sinne) ethischen Aspekte ein starkes Fundament für die Wahrnehmung der eigenen Verantwortung vermittelt werden. Daher sollen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis in die akademische Lehre und in die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses integriert sein. z
Empfehlung 3
Die Leitung jeder Hochschule und jeder Forschungseinrichtung trägt die Verantwortung für eine angemessene Organisation, die sichert, daß in Abhängigkeit von der Größe der einzelnen wissenschaftlichen Arbeitseinheiten die Aufgaben der Leitung, Aufsicht, Konfliktregelung und Qualitätssicherung eindeutig zugewiesen sind und gewährleistet ist, daß sie tatsächlich wahrgenommen werden. kErläuterungen
Wie auf allen Gebieten können Grundwerte auch in der Wissenschaft letztendlich nur von jedem einzelnen gelebt werden. Die Verantwortung für sein eigenes Verhalten trägt jeder Wissenschaftler allein. Wer Leitungsaufgaben wahrnimmt, trägt damit aber zugleich Verantwortung für die Verhältnisse in der ganzen Einheit, die ihm oder ihr untersteht. Mitglieder einer Arbeitsgruppe müssen sich aufeinander verlassen können. Nur auf der Grundlage wechselseitigen Vertrauens sind die Gespräche, Diskussionen – bis hin zu Auseinandersetzungen (5) – möglich, die für lebendige, produktive Gruppen charakteristisch sind. Die eigene Arbeitsgruppe ist für den einzelnen Forscher nicht nur seine institutionelle Heimat, sie ist auch der Ort, wo Ideen im Gespräch zu Hypothesen und Theorien werden, wo die Interpretation und Einordnung einzelner, überraschender Ergebnisse in Zusammenhänge stattfindet.
5 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
Das Zusammenwirken in wissenschaftlichen Arbeitsgruppen muß so beschaffen sein, daß die in spezialisierter Arbeitsteilung erzielten Ergebnisse wechselseitig mitgeteilt, kritisiert und in einen gemeinsamen Kenntnisstand integriert werden können. Dies ist auch für die Ausbildung der Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in der Gruppe zur Selbständigkeit besonders wichtig. In größeren Gruppen empfiehlt sich dafür eine geregelte Organisationsform (z. B. regelmäßige Kolloquien). Dasselbe gilt für die wechselseitige Überprüfung von Arbeitsergebnissen. Der primäre Test eines wissenschaftlichen Ergebnisses ist seine Reproduzierbarkeit. Je überraschender, aber auch je erwünschter (im Sinne der Bestätigung einer liebgewordenen Hypothese) ein Ergebnis ist, um so wichtiger ist die unabhängige Wiederholung des Weges zu ihm in der Gruppe, ehe es außerhalb der Gruppe weitergegeben wird. Sorgfältige Qualitätssicherung ist ein Merkmal wissenschaftlicher Redlichkeit. Arbeitsgruppen müssen nicht hierarchisch organisiert sein. Auch wenn sie es nicht sind, ergibt sich aber zwangsläufig eine funktionelle Teilung der Verantwortung, indem z. B. eine Person die Federführung für einen Antrag auf Forschungsmittel und damit gegenüber der fördernden Institution die Rechenschaftspflicht nach deren Regeln übernimmt. Im Regelfall hat eine Arbeitsgruppe eine Leiterin oder einen Leiter. Ihr oder ihm fällt die Verantwortung dafür zu, daß die Gruppe als ganze ihre Aufgaben erfüllen kann, daß die dafür nötige Zusammenarbeit und Koordination funktioniert und daß allen Mitgliedern der Gruppe ihre Rechte und Pflichten bewußt sind. Diese Forderung hat unmittelbare Folgen für die optimale bzw. die maximale Größe einer Arbeitsgruppe. Eine Leitungsfunktion wird leer, wenn sie nicht verantwortlich in Kenntnis aller dafür relevanten Umstände wahrgenommen werden kann. Die Leitung einer Arbeitsgruppe verlangt Präsenz und Überblick. Wo sie (z. B. auf der Ebene der Leitung großer Institute oder Kliniken) nicht mehr hinreichend vorhanden sind, müssen Leitungsaufgaben delegiert werden, was nicht zu komplexen hierarchischen Strukturen führen muß. Die »Führungsspanne« darf nicht zu groß werden. Institutionen der Wissenschaft sind gehalten, Organisationsstrukturen zu gewährleisten, die eine lebendige Wechselwirkung der beschriebenen Art mindestens ermöglichen, im Idealfall: fördern. Hochschulen als mitgliedschaftlich verfaßte Institutionen – und analog außeruniversitäre Forschungsinstitute – müssen die Voraussetzungen dafür garantieren, daß alle ihre Mitglieder den Normen guter wissenschaftlicher Praxis gerecht werden können. Auf der Ebene der Leitung der Institution ist die Verantwortung dafür angesiedelt, daß eine geeignete Organisationsstruktur vorhanden und bekannt ist, daß Ziele und Aufgaben festgelegt werden und ihre Einhaltung kontrolliert werden kann und daß schließlich Mechanismen der Regelung für Konflikte vorhanden sind.
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Empfehlung 4
Der Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses muß besondere Aufmerksamkeit gelten. Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen Grundsätze für seine Betreuung entwickeln und die Leitungen der einzelnen wissenschaftlichen Arbeitseinheiten darauf verpflichten. kErläuterungen
Da Arbeitsgruppen in aller Regel aus älteren und jüngeren, erfahreneren und weniger erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bestehen, schließt die Leitung einer Gruppe die Verantwortung dafür ein, daß für jedes jüngere Mitglied der Gruppe, vor allem Doktorandinnen und Doktoranden, aber auch fortgeschrittene Studierende und jüngere ,postdocs‘, eine angemessene Betreuung gesichert ist. Für jede(n) von ihnen muß es eine primäre Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner geben (6). Auf Arbeitsgebieten, wo alle darin tätigen Gruppen im intensiven Wettbewerb zueinander stehen, können gerade für die jüngeren Mitglieder der Gruppe rasch Situationen vermeintlicher oder tatsächlicher Überforderung entstehen. Eine lebendige Kommunikation innerhalb der Arbeitsgruppe und gesicherte Betreuungsverhältnisse sind die wirksamsten Mittel, einem Abgleiten (der jüngeren wie der erfahreneren Mitglieder der Gruppe) in unredliche Verhaltensweisen vorzubeugen. Wer eine Arbeitsgruppe leitet, trägt Verantwortung dafür, daß diese Voraussetzungen jederzeit gegeben sind. Es empfiehlt sich, wie Erfahrungen im In-und Ausland zeigen, für Doktoranden neben der primären »Bezugsperson« eine Betreuung durch zwei weitere erfahrenere Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler vorzusehen, die für Rat und Hilfe und bei Bedarf zur Vermittlung in Konfliktsituationen zur Verfügung stehen, aber auch den Arbeitsfortschritt in jährlichen Abständen diskutieren. Sie sollten örtlich erreichbar sein, aber nicht alle derselben Arbeitsgruppe, auch nicht notwendig derselben Fakultät oder Institution angehören; mindestens eine(r) sollte vom Doktoranden selbst bestimmt sein. z
Empfehlung 5
Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen unabhängige Vertrauenspersonen/ Ansprechpartner vorsehen, an die sich ihre Mitglieder in Konfliktfällen, auch in Fragen vermuteten wissenschaftlichen Fehlverhaltens, wenden können. kErläuterungen
In Fragen guter wissenschaftlicher Praxis soll ein neutraler und qualifizierter Ansprechpartner (oder eine entsprechend besetzte Kommission) die Mitglieder der Hochschulen und Forschungseinrichtungen beraten. Er/sie hat auch die Aufgabe, eventuelle Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens vertraulich entgegenzunehmen und im Bedarfsfall an die verantwortliche Stelle weiterzugeben. Er oder sie
5 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
sollte aus dem Kreis der Wissenschaftler der jeweiligen Institution kommen. Es ist wichtig, für diese auch im Sinne der Prävention wissenschaftlicher Unredlichkeit wesentliche Funktion Personen bewährter persönlicher Integrität auszuwählen und ihnen eine ihrer Aufgabe gemäße unabhängige Stellung zu verleihen. Dafür (ggf. als Vorsitzender eines Gremiums, wenn diese Lösung gewählt wird) käme die Stellung eines Prorektors für (Forschung und) wissenschaftlichen Nachwuchs – in außeruniversitären Instituten ein Mitglied der Leitung – in Betracht. Hochschul-oder Institutsangehörige werden ihre Probleme in der Regel bevorzugt einer örtlich erreichbaren Instanz mit Kenntnis der lokalen Verhältnisse vortragen wollen. Sie sollen dazu aber selbstverständlich nicht verpflichtet sein, wenn sie es vorziehen, sich unmittelbar an den (weiter unten – Empfehlung 16 – vorgeschlagenen) überregionalen »Ombudsman« zu wenden. z
Empfehlung 6
Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen ihre Leistungs-und Bewertungskriterien für Prüfungen, für die Verleihung akademischer Grade, Beförderungen, Einstellungen, Berufungen und Mittelzuweisungen so festlegen, daß Originalität und Qualität als Bewertungsmaßstab stets Vorrang vor Quantität haben. kErläuterungen
Dem einzelnen Forscher können die Bedingungen seiner Arbeit und ihrer Bewertung die Wahrung guter wissenschaftlicher Praxis erleichtern oder erschweren. Bedingungen, die unredliches Verhalten begünstigen, müssen abgebaut werden. Kriterien, die vorrangig Quantität messen, erzeugen Druck zur Massenproduktion und bieten daher keinen geeigneten Maßstab für die Beurteilung qualitativ hochwertiger Wissenschaft. Quantitative Kriterien sind heute meist informell, teilweise sogar förmlich festgelegt, als Maßstab für die Bewertung von Qualifikationsleistungen aller Art (Magisterprüfung, Promotion, Habilitation etc.; Umfang der schriftlichen Arbeit, Zahl der Publikationen), bei der Sichtung von Bewerbungen und bei der Begutachtung von Anträgen auf Forschungsmittel oft gängige Praxis. Diese Praxis bedarf der Überprüfung mit dem Ziel der Rückkehr zu qualitativen Maßstäben. Die Überprüfung sollte bei den Prüfungsanforderungen beginnen und alle akademischen Qualifikationsstufen umfassen. Bei Bewerbungen sollte prinzipiell eine maximale Zahl als Leistungsnachweis vorzulegender Veröffentlichungen festgelegt werden. Da Veröffentlichungen die wichtigsten Produkte wissenschaftlicher Arbeit sind, lag es nahe, im Leistungsvergleich Produktivität als Zahl der Produkte, also Veröffentlichungen, pro Zeiteinheit zu messen. Doch führte dies zu Mißbräuchen wie sehr kleinteiligen sogenannten »Salamiveröffentlichungen«, Doppelpublikation und Orientierung am Prinzip der »least publishable unit«. Da Produkti-
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vitätsmaße ohne Ergänzung durch Qualitätsindikatoren wenig aussagen, ist die Orientierung an der Länge der Veröffentlichungsliste rasch durch zusätzliche Kriterien wie das Ansehen der Zeitschriften, in denen publiziert wird, quantifiziert im »impact factor« (s. u. Abschnitt 2.5), ergänzt worden. Sowohl das Zählen von Publikationen als auch das Nachschlagen (womöglich mit folgender Addition) von »impact factors« sind jedoch offenkundig für sich genommen keine angemessene Form der Leistungsbewertung. Von einer Würdigung dessen, was die Qualität wissenschaftlicher Leistung ausmacht, nämlich ihrer Originalität, ihrer »Innovationshöhe«, ihres Beitrags zum Erkenntnisfortschritt, sind sie weit entfernt, und ihr immer häufigerer Gebrauch bringt sie in Gefahr, von Hilfsmitteln zu Surrogaten des Qualitätsurteils zu werden. Quantitative Leistungsindikatoren können sich dazu eignen, große Kollektive (Fakultäten, Institute, ganze Länder) im Überblick zu vergleichen oder Entwicklungen im Zeitverlauf anschaulich darzustellen; dafür stellt die Bibliometrie heute vielfältige Instrumente bereit, die freilich in der Anwendung spezifischen Sachverstand voraussetzen. Die angemessene Würdigung der Leistung eines einzelnen oder einer kleinen Arbeitsgruppe erfordert dagegen stets qualitative Kriterien im engeren Sinn: Die Veröffentlichungen müssen gelesen und mit dem Stand des Wissens und den Beiträgen anderer Individuen und Arbeitsgruppen zu ihm kritisch verglichen werden. Diese inhaltliche Auseinandersetzung, die Zeit und Sorgfalt kostet, ist der Kern des »peer review«, der durch nichts ersetzt und durch den oberflächlichen Gebrauch von quantitativen Indikatoren nur entwertet oder verschleiert werden kann. Für die Praxis der wissenschaftlichen Arbeit und für die Anleitung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern ergeben sich daraus klare Regeln; sie gelten spiegelbildlich für Begutachtung und Leistungsbewertung: 5 Auch auf Arbeitsfeldern, wo intensiver Wettbewerb dazu zwingt, möglichst rasch zu publizieren, muß die Qualität der Arbeit und der Veröffentlichung oberstes Gebot sein. Ergebnisse müssen, wo immer tatsächlich möglich, kontrolliert und repliziert werden, ehe sie zur Veröffentlichung eingereicht werden. 5 Wo Leistungen – in der Forschungsförderung, im Personalmanagement, bei Bewerbungen – zu bewerten sind, müssen die Bewertenden, die Gutachter, ermutigt werden, die Qualität vor allem anderen explizit zu würdigen. Ihnen sollten daher nur jeweils möglichst wenige, nach Auffassung der Autoren besonders wichtige oder gelungene Veröffentlichungen zur Beurteilung vorgelegt werden.
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Empfehlung 7
Primärdaten als Grundlagen für Veröffentlichungen sollen auf haltbaren und gesicherten Trägern in der Institution, wo sie entstanden sind, für zehn Jahre aufbewahrt werden. kErläuterungen
Ein wissenschaftliches Ergebnis ist in aller Regel ein komplexes Produkt vieler einzelner Arbeitsschritte. In allen experimentellen Wissenschaften entstehen die Ergebnisse, über die in Veröffentlichungen berichtet wird, aus Einzelbeobachtungen, die sich zu Teilergebnissen summieren. Beobachtung und Experiment, auch numerische Rechnungen, sei es als eigenständige Arbeitsmethode, sei es zur Unterstützung der Auswertung und Analyse, produzieren zunächst »Daten«. Vergleichbares gilt in den empirisch arbeitenden Sozialwissenschaften. Experimente und numerische Rechnungen können nur reproduziert werden, wenn alle wichtigen Schritte nachvollziehbar sind. Dafür müssen sie aufgezeichnet werden. Jede Veröffentlichung, die auf Experimenten oder numerischen Simulationen beruht, enthält obligatorisch einen Abschnitt »Materialien und Methoden«, der diese Aufzeichnungen so zusammenfaßt, daß die Arbeiten an anderem Ort nachvollzogen werden können. Wiederum gilt Ähnliches in der Sozialforschung mit der Maßgabe, daß es immer mehr üblich wird, die Primärdaten nach Abschluß ihrer Auswertung durch die Gruppe, die die Erhebung verantwortet, bei einer unabhängigen Stelle zu hinterlegen. Auf die Aufzeichnungen später zurückgreifen zu können, ist schon aus Gründen der Arbeitsökonomie in einer Gruppe ein zwingendes Gebot. Noch wichtiger wird dies, wenn veröffentlichte Resultate von anderen angezweifelt werden. Daher hat jedes Forschungsinstitut, in dem lege artis gearbeitet wird, klare Regeln über die Aufzeichnungen, die zu führen sind, und über die Aufbewahrung der Originaldaten und Datenträger, auch wenn dies nicht ohnehin vorgeschrieben ist, z. B. durch Rechtsnormen wie das Arzneimittelgesetz, das Gentechnikgesetz, dasTierschutzgesetz und die dazu erlassenen Verordnungen oder durch Regelwerke vom Typ »Good Clinical Practice«. In den USA ist es üblich, daß derartige Regeln eine Aufbewahrung der Originaldaten (mit Zugangsmöglichkeit auch für berechtigte Dritte) 5 in dem Labor, wo die Daten entstanden sind, 5 für acht bis zehn Jahre nach der Entstehung fordern, wobei regelmäßig auch das Verfahren bei Ortswechsel des für die Entstehung der Daten verantwortlichen Arbeitsgruppenmitglieds festgelegt wird: in der Regel bleiben die Originalunterlagen am Entstehungsort; es können aber Duplikate angefertigt oder Zugangsrechte bestimmt werden.
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In renommierten Labors hat sich die Regel bewährt, daß der komplette Datensatz, der einer aus dem Labor hervorgegangenen Publikation zugrunde liegt, als Doppel zusammen mit dem Publikationsmanuskript und der dazu geführten Korrespondenz archiviert wird. Bei Verwendung platzsparender Techniken (Diskette, CD-ROM) ist dies ohne großen Aufwand möglich. Die Berichte über wissenschaftliches Fehlverhalten sind voll von Beschreibungen verschwundener Originaldaten und der Umstände, unter denen sie angeblich abhanden gekommen waren. Schon deshalb ist die Feststellung wichtig, daß das Abhandenkommen von Originaldaten aus einem Labor gegen Grundregeln wissenschaftlicher Sorgfalt verstößt und prima facie einen Verdacht unredlichen oder grob fahrlässigen Verhaltens rechtfertigt (7). z
Empfehlung 8
Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens vorsehen. Diese müssen von dem dafür legitimierten Organ beschlossen sein und unter Berücksichtigung einschlägiger rechtlicher Regelungen einschließlich des Disziplinarrechts folgendes umfassen: 5 eine Definition von Tatbeständen, die in Abgrenzung zu guter wissenschaftlicher Praxis (Empfehlung 1) als wissenschaftliches Fehlverhalten gelten, beispielsweise Erfindung und Fälschung von Daten, Plagiat, Vertrauensbruch als Gutachter oder Vorgesetzter, 5 Zuständigkeit, Verfahren (einschließlich Beweislastregeln) und Fristen für Ermittlungen zur Feststellung des Sachverhalts, 5 Regeln zur Anhörung Beteiligter oder Betroffener, zur Wahrung der Vertraulichkeit und zum Ausschluß von Befangenheit, 5 Sanktionen in Abhängigkeit vom Schweregrad nachgewiesenen Fehlverhaltens, 5 Zuständigkeit für die Festlegung von Sanktionen. kErläuterungen
Das Disziplinarrecht hat gesetzlichen Vorrang vor diesen institutionsinternen Verfahren, soweit es um die Verhängung auf das Dienstverhältnis bezogener Sanktionen geht. Auch die übrigen gesetzlichen Maßstäbe z.B. des Arbeitsrechts und des Rechts der akademischen Grade können nicht durch interne Regelungen entkräftet werden. Die vorliegenden Empfehlungen sollen diese vorhandenen Wege nicht ersetzen, sondern in Erinnerung rufen und ergänzen. Die gesetzlichen Verfahren erfassen nicht alle Konstellationen von Fehlverhalten in der Wissenschaft und schützen zum Teil andere Rechtsgüter als die Vertrauenswürdigkeit und Funktionsfähigkeit der Wissenschaft. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsziele und -zusammenhänge stellen sie zum Teil zusätzliche Voraussetzungen auf, die über wissenschaftliches Fehlverhalten als solches hinausgehen oder andere Akzente setzen. Sie sind nicht auf die Interessenlage im Falle eines Vorwurfs wissenschaftlichen Fehlverhaltens zugeschnitten und tragen
5 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
daher den Interessen des Verdächtigten, seiner Forschungsinstitution und gegebenenfalls des »whistle blower« nicht optimal Rechnung. Meist brauchen die gesetzlichen V0erfahren für ihren Weg durch verschiedene Instanzen mehrere Jahre. Trotz ihrer zum Teil gegensätzlichen Rollen teilen der Beschuldigte, seine Institution und derjenige, der Zweifel an der Arbeit geäußert hat, das Ziel einer möglichst schnellen Aufklärung der vorgebrachten Verdächtigungen ohne öffentliches Aufsehen. Allen dreien liegt an dem Schutz ihres Rufes. Die für das Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens aufzustellenden Regeln müssen sich an diesem gemeinsamen Interesse orientieren. Sie sollten daher zweckmäßigerweise ein abgestuftes Verfahren vorsehen: Die erste Phase des Verfahrens (Vorermittlung) dient der Ermittlung einer Tatsachengrundlage zur Beurteilung des geäußerten Verdachts. Sie balanciert Vertraulichkeit von Informationen über den Angeschuldigten und denjenigen, der Vorwürfe erhebt, mit einer genauen Feststellung des Geschehens in vorgeschrieben kurzer Zeit. Besonders in dieser ersten Phase steht der Schutz des potentiell Unschuldigen im Vordergrund. Am Schluß der ersten Phase steht die Entscheidung, ob sich der Verdacht verdichtet hat und daher weitere Untersuchungen erforderlich macht oder ob er sich als gegenstandslos erwiesen hat. Eine zweite Phase (Hauptverfahren) umfaßt zusätzlich erforderliche Untersuchungen, insbesondere Beweisaufnahmen, die förmliche Feststellung, daß wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt oder nicht, und schließlich die Reaktion auf einen bestätigten Verdacht. Die Reaktionen können die Gestalt von Schlichtungen oder Schiedssprüchen, Empfehlungen an Vorgesetzte oder andere oder den Ausspruch von Sanktionen – etwa auch die Verpflichtung, als unkorrekt erwiesene Veröffentlichungen zurückzuziehen oder zu korrigieren – durch die dazu legitimierte Instanz der jeweiligen Einrichtung annehmen. Der Vertrauensschutz der Wissenschaft in der Öffentlichkeit macht es erforderlich, nicht nur Ermittlung und Aufklärung, sondern auch Reaktion an einem zeitlichen Maßstab zu messen. Das Verfahren findet, wie erläutert, seine Grenze dort, wo gesetzliche Regelungen greifen. Die genaue Einordnung eines Vorfalls in der ersten Phase der Ermittlungen wird nicht immer möglich sein, so daß die Gestaltung der Vorermittlungen an den Anforderungen verwandter Verfahren gemessen werden muß, wenn Ermittlungsergebnisse gegebenenfalls auch in diesen verwertet werden sollen. Das Verhältnis der institutionsinternen Verfahren zu den gesetzlich geregelten, wie denen des Disziplinarrechts, beschränkt sich nicht auf eine Abgrenzung der Rechtsprechungskompetenzen bei unter Umständen gemeinsam geführten Ermittlungen. Interne Regelungen können je nach Art und Schwere des Fehlverhaltens Wege zu einvernehmlichen Lösungen im Wege der Schlichtung vorzeichnen. Diese haben allgemein den Vorteil, daß sie Verfahren auf der Basis einer Einigung der Beteiligten, d. h. ohne streitentscheidendes Urteil eines
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Dritten, zügig beenden. Dadurch geben sie dem Verhältnis der Beteiligten für die Zukunft eine Chance. Der oft auf Dauer angelegte Charakter von Arbeits-und Dienstverhältnissen legt ein solches Verfahren in vielen Fällen nahe, wie die gesetzlich vorgesehene Güteverhandlung im arbeitsgerichtlichen Prozeß zeigt. Damit die Vorteile solcher Lösungswege nicht durch unbegrenzte Verzögerungen bei der Einigung über die Person des Schlichters und das Schlichtungsergebnis ausgehöhlt werden, sollen die internen Regelungen Fristen bestimmen, nach welchen Zeiträumen auf die formalen, gesetzlichen Verfahren (mit allen ihren Vor-und Nachteilen) zurückgegriffen wird. Eine Verfahrensbeilegung auf der Basis einer Einigung hat Potential zur Befriedung und kann unter Umständen dem Einzelfall besser gerecht werden als ein Urteil auf der Grundlage abstrakt gefaßter Tatbestände und Rechtsfolgen. Gleichzeitig darf diese Flexibilität aber nicht zur persönlichen Bevorzugung führen oder dazu, daß Vorwürfe ungeklärt unter den Teppich gefegt werden. Bei der Einrichtung neuer Verfahrensarten zur Konfliktregelung hat sich im Ausland bereits bewährt, von Beginn der Umsetzung an Daten zur Bewertung der Verfahren, z.B. durch die Beteiligten und die betroffenen Institutionen, einheitlich zu erfassen. Dadurch läßt sich eine Grundlage für eine kritische Betrachtung nach einer gewissen Anlaufphase und mögliche Verbesserungsvorschläge schaffen. Je nachdem, welche Eingriffe institutionseigene Verfahren in die Rechte der Beteiligten vorsehen, ist ihr hoheitlicher Charakter zu beachten, der sie einer Überprüfung durch die Gerichte aussetzt. Derartige Eingriffe können bereits in der Phase der Ermittlung vorkommen und sind sicherlich bei der Verhängung konkreter Sanktionen gegeben. Beide Verfahrensabschnitte,Vorermittlung und Hauptverfahren, müssen den folgenden Grundsätzen genügen: a. Aus der Regelung muß vor dem Eintreten eines konkreten Vorfalls hervorgehen: 5 wer die Aufgabe wahrnimmt, Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens entgegenzunehmen, 5 wann Ermittlungen einzuleiten sind, von wem genau und in welcher Form, 5 in welchen Schritten vorgesehene Entscheidungsgremien einzurichten sind, seien es Ad-hoc-Gruppen, ständige Kommissionen oder eine Mischform, z.B. mit einem ständigen Vorsitzenden und im übrigen im Einzelfall berufenen Mitgliedern aus der Institution selbst oder von außerhalb. Letztendlich sollen die wissenschaftlichen Mitglieder das Verfahren in den Händen halten und in den entscheidenden Gremien die Mehrheit der Mitglieder stellen. Die Beiziehung externer Sachverständiger kann aber der Objektivierung immer dienen und wird in kleineren Institutionen unerläßlich sein.
5 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
b. Befangenheit eines Ermittlers muß sowohl durch ihn selbst als auch durch den Angeschuldigten geltend gemacht werden können. c. Dem von Vorwürfen Getroffenen ist in jeder Phase des Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. d. Bis zum Nachweis eines schuldhaften Fehlverhaltens sind die Angaben über die Beteiligten des Verfahrens und die bisherigen Erkenntnisse streng vertraulich zu behandeln. e. Das Ermittlungsergebnis ist zu einem geeignetem Zeitpunkt nach Abschluß der Ermittlungen betroffenen Wissenschaftsorganisationen und Journalen mitzuteilen. f. Die einzelnen Verfahrensabschnitte müssen innerhalb angemessener Fristen abgeschlossen werden. g. Die Vorgänge und Ergebnisse einzelner Verfahrensabschnitte sind schriftlich und gut nachvollziehbar zu protokollieren. Die Umsetzung dieser Empfehlung wird, wie aus dem Vorstehenden deutlich wird, ein hohes Maß an juristischer Erfahrung erfordern. Es empfiehlt sich daher, daß eine zentrale Institution, beispielsweise die Hochschulrektorenkonferenz, sich der Aufgabe annimmt, für die Hochschulen eine Muster-Verfahrensordnung zu erarbeiten (siehe auch Empfehlung 9 für die außeruniversitären Forschungsinstitute). Die Kommission weist in diesem Zusammenhang noch auf folgendes hin: Gerichtliche Auseinandersetzungen in Fällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens führen zu neuen und schwierigen Rechtsfragen. Diese betreffen zum einen die Rolle wissenschaftseigener Standards innerhalb der Vorschriften staatlichen Rechts, zum anderen auch den Nachweis wissenschaftlicher Unredlichkeit und die dabei anzuwendenden Regeln der Beweislastverteilung. Fragen dieser Art können nur gelöst werden, wenn alle Interessen freier Wissenschaft umfassend in den Blick genommen werden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft sollte zu einem mehr als nur gelegentlichen Diskurs zwischen Vertretern unterschiedlicher Forschungsrichtungen und praktizierenden Juristen einladen. Der Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in der Vergangenheit offenbart die unterschiedlichen Zusammenhänge, in denen sich Wissenschaft und Rechtspflege bewegen. An dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Reaktion der Justus Liebig-Universität auf Fälschungsvorwürfe gegen einen Professor (8) läßt sich das Bild der Wissenschaft aus juristischer Sicht ablesen. Es stellt die Wissenschaft dar als einen Diskurs, in dem alles Geltung und damit den Schutz der grundgesetzlich verbürgten Forschungsfreiheit verlangen kann, was als ernsthafter Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist (9). Damit haben die Richter die Ausgrenzung eines Vorhabens und seines Urhebers aus dem Schutz der Wissenschaftsfreiheit recht weitgehend von dem Willen des letzteren abhängig gemacht. Es kann sich zwar auch nach Auffassung der Bundesverwaltungsgerichts nie-
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mand allein durch seinen Willen unter den Schutz der grundrechtlich garantierten Wissenschaftsfreiheit begeben, dieser endet jedoch nur durch eine »zweifelsfreie Feststellung«, daß ein Werk den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG verfehlt (10). Das Urteil zeigt das Bestreben der Gerichte, durch eine weite Definition grundrechtlich geschützter Wissenschaft die Ausgrenzung unkonventioneller Ansätze und Methoden durch Universitätsgremien zu verhindern. Der hohe Rang der Wissenschaft in der Verfassung legt eine hohe Meßlatte an jede gesetzliche Regelung und jede administrative oder gerichtliche Entscheidung, die zum Schutz anderer Rechtsgüter eine Einschränkung der Freiheit der Wissenschaft bedeutet. Freilich dürfen dabei in der jeweiligen Disziplin anerkannte Forschungsstandards, Verantwortungsregeln und Sorgfaltspflichten – einschließlich ihrer beweisrechtlichen Konsequenzen (im entschiedenen Fall war das Datenmaterial, auf dem die Publikationen und die darin enthaltenen Behauptungen beruhten, nicht mehr vorhanden) – nicht außer acht bleiben. Das Urteil zeigt damit, daß die Schnittstellen zwischen dem Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in den Organen der Selbstverwaltung auf der einen und den förmlichen Verfahren der Justiz auf der anderen Seite in ähnlicher Weise diskutiert zu werden verdienen, wie dies in den Vereinigten Staaten geschehen ist (11). Die Kommission schlägt der Deutschen Forschungsgemeinschaft daher vor, in regelmäßigen Abständen Rechtspraktiker, Rechtswissenschaftler und Vertreter anderer Wissenschaftszweige zu Rundgesprächen einzuladen. Dabei könnten u.a. die folgenden Themen zur Diskussion stehen: 5 die rechtliche Definition von Wissenschaft und die Berücksichtigung wissenschaftsimmanenter Normen, 5 Beweislast und Beweiswürdigung bei der Feststellung wissenschaftlichen Fehlverhaltens im Zusammenhang mit der Führung von Laborbüchern, 5 die Einbindung von Wissenschaftlern in hochschulrechtliche und beamtenrechtliche Strukturen, 5 alternative Wege zur Konfliktlösung in der Wissenschaft, wie z. B. Schiedsgutachterverfahren, Schiedsverfahren und Schlichtungsverfahren, 5 die Formen der Beteiligung eines Wissenschaftlers an dem Fehlverhalten seiner Mitarbeiter und ihre Folgen, 5 die institutionelle Verantwortung für Organisations-und Arbeitsstrukturen und die wissenschaftliche Selbstverwaltung. z
Empfehlung 9
Für außeruniversitäre Forschungsinstitute, die nicht in einer Trägerorganisation zusammengeschlossen sind, kann sich insbesondere für das Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens (Empfehlung 8) ein gemeinschaftliches Vorgehen empfehlen.
5 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
kErläuterungen
Die Max-Planck-Gesellschaft hat im November 1997 für alle ihre Institute eine Verfahrensordnung bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten (12) beschlossen; ihr Präsident hat die Ausarbeitung von Regeln guter wissenschaftlicher Praxis angekündigt. Für selbständige wissenschaftliche Einrichtungen kann einerseits, wie für die Hochschulen, von Bedeutung sein, daß die für sie geltenden Regeln guter wissenschaftlicher Praxis ihren Aufgaben angemessen sind und sie im Konsens ihrer wissenschaftlichen Mitglieder beschlossen werden. Andererseits kann es sich empfehlen, daß Verhaltenskodizes und Verfahrensregeln der hier empfohlenen Art für mehrere Institute im Verbund erarbeitet werden, sowohl wegen der erwünschten Einheitlichkeit der Maßstäbe als auch im Interesse der Vermeidung eines Übermaßes an Beratung. So bietet es sich an, daß z.B. die in der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren oder auch die in der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz zusammengeschlossenen Institute gemeinsame Grundsätze ausarbeiten und andere außeruniversitäre Institute in diesem Sinne zusammenarbeiten. z
Empfehlung 10
Wissenschaftliche Fachgesellschaften sollen für ihren Wirkungsbereich Maßstäbe für gute wissenschaftliche Praxis erarbeiten, ihre Mitglieder darauf verpflichten und sie öffentlich bekanntgeben. kErläuterungen
Wissenschaftliche Fachgesellschaften (13) haben wichtige Funktionen in der gemeinsamen Willensbildung ihrer Mitglieder, nicht zuletzt in Fragen fachbezogener Standards und Normen professioneller Arbeit sowie im Hinblick auf forschungsethische Richtlinien. Eine Anzahl von deutschen Fachgesellschaften hat in ihren Statuten oder selbständig auf deren Grundlage teils allgemeine, teils auch fachspezifische Verhaltenskodizes, insbesondere für die Forschung, festgelegt und veröffentlicht, wie dies in den USA seit längerer Zeit üblich ist, so beispielsweise die Gesellschaft Deutscher Chemiker (3), die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (14), die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (15) und andere. In jüngerer Zeit beginnen deutsche Fachgesellschaften, die solche Richtlinien noch nicht haben, damit, sie zu entwickeln (16). Diese Bemühungen um die Festlegung von Maßstäben sind ein wichtiges Element der Qualitätssicherung für die Forschung und verdienen noch weitere Verbreitung. Da für viele wissenschaftliche Disziplinen inzwischen europäische Fachgesellschaften bestehen, empfiehlt sich eine Diskussion von Fragen guter wissenschaftlicher Praxis auch im europäischen Rahmen. Analog können – unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Rechtsnatur – die Richtlinien der Ärztekammern, insbesondere der Bundesärztekammer, gesehen werden, auf deren Empfehlung seit 1979 bundesweit Ethik-Kommissionen zur Beurteilung von Forschungs-
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vorhaben mit Patienten und Probanden eingerichtet worden sind. Sie haben sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, deren Geschäftsführung bei der Bundesärztekammer angesiedelt ist. Seit der fünften Novelle zum Arzneimittelgesetz von 1995 sind den Ethik-Kommissionen über die Beratung der Projektleiter hinaus wesentliche Aufgaben bei der Qualitätssicherung klinischer Studien zugewachsen (17). Zwischen den standesrechtlichen Kodizes der Ärzte und den Grundprinzipien wissenschaftlicher Arbeit bestehen beachtenswerte Parallelen. Im Rahmen der Bewertung ärztlichen Verhaltens spielen z.B. auch Organisations-und Dokumentationspflichten sowie die Einwirkung auf Beweismittel eine Rolle. Die Verletzung dieser Pflichten kann in bestimmten Fällen auch die Beweislast beeinflussen (18). Diese Parallelen bieten der Wissenschaft die Möglichkeit, unter einzelnen Aspekten aus Erfahrungen der Ärztekammern im Umgang mit Fehlverhalten zu lernen. z
Empfehlung 11
Autorinnen und Autoren wissenschaftlicher Veröffentlichungen tragen die Verantwortung für deren Inhalt stets gemeinsam. Eine sogenannte »Ehrenautorschaft« ist ausgeschlossen. z
Empfehlung 12
Wissenschaftliche Zeitschriften sollen in ihren Autorenrichtlinien erkennen lassen, daß sie sich im Hinblick auf die Originalität eingereichter Beiträge und die Kriterien für die Autorschaft an der besten international üblichen Praxis orientieren. Gutachter eingereichter Manuskripte sollen auf Vertraulichkeit und auf Offenlegung von Befangenheit verpflichtet werden. kErläuterungen
Wissenschaftliche Veröffentlichungen sind das primäre Medium der Rechenschaft von Wissenschaftlern über ihre Arbeit. Mit der Veröffentlichung gibt ein Autor (oder eine Gruppe von Autoren) ein wissenschaftliches Ergebnis bekannt, identifiziert sich damit und übernimmt die Gewähr für den Inhalt der Veröffentlichung. Zugleich erwirbt der Autor und/oder der Verlag des Publikationsorgans dadurch dokumentierte Rechte (Urheberrecht, copyright etc.). Im Zusammenhang damit hat das Datum der Veröffentlichung eine wesentliche Bedeutung im Sinne der Dokumentierung der wissenschaftlichen Priorität erlangt; alle guten naturwissenschaftlichen Zeitschriften berichten, wann ein Manuskript eingegangen und wann es (meist nach Überprüfung durch Gutachter) akzeptiert worden ist. Wegen ihrer Bedeutung als Prioritäts-und Leistungsnachweis sind Veröffentlichungen seit langem Gegenstand vielfältiger Konflikte und Kontroversen. Aus ihnen haben sich jedoch allgemein anerkannte Regeln (19) für die geläufigsten Konfliktpunkte, nämlich die Originalität
5 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
und Eigenständigkeit des Inhalts und die Autorschaft herausgebildet, die im folgenden zusammengefaßt sind: Veröffentlichungen sollen, wenn sie als Bericht über neue wissenschaftliche Ergebnisse intendiert sind, 5 die Ergebnisse vollständig und nachvollziehbar beschreiben, 5 eigene und fremde Vorarbeiten vollständig und korrekt nachweisen (Zitate), 5 bereits früher veröffentlichte Ergebnisse nur in klar ausgewiesener Form und nur insoweit wiederholen, wie es für das Verständnis des Zusammenhangs notwendig ist. Viele gute und angesehene Zeitschriften verlangen in ihren Autorenrichtlinien eine schriftliche Versicherung, daß der Inhalt eines Manuskripts nicht schon ganz oder teilweise anderweitig publiziert oder zur Publikation eingereicht wurde. Sie akzeptieren Manuskripte insbesondere dann nicht, wenn ihr Inhalt zuvor (ehe er von Gutachtern und von der Fachöffentlichkeit geprüft werden konnte) dem allgemeinen Publikum bekanntgegeben wurde; Ausnahmen werden bei der ausführlichen Publikation zuvor nur in Kongreßbeiträgen (»abstracts«) referierter Ergebnisse zugelassen. Als Autoren einer wissenschaftlichen Originalveröffentlichung sollen alle diejenigen, aber auch nur diejenigen, firmieren, die zur Konzeption der Studien oder Experimente, zur Erarbeitung, Analyse und Interpretation der Daten und zur Formulierung des Manuskripts selbst wesentlich beigetragen und seiner Veröffentlichung zugestimmt haben, d. h. sie verantwortlich mittragen. Einige Zeitschriften verlangen, daß dies durch Unterschrift aller Autoren bekundet wird, andere verpflichten jedenfalls den korrespondierenden Autor als den für alle Einzelheiten einer Publikation Verantwortlichen zu einer entsprechenden Versicherung. Für den Fall, daß nicht alle Koautoren sich für den gesamten Inhalt verbürgen können, empfehlen manche Zeitschriften, die Einzelbeiträge kenntlich zu machen. Mit dieser Definition vor Autorschaft werden andere – auch wesentliche – Beiträge wie 5 Verantwortung für die Einwerbung der Förderungsmittel, 5 Beitrag wichtiger Untersuchungsmaterialien, 5 Unterweisung von Mitautoren in bestimmten Methoden, 5 Beteiligung an der Datensammlung und -zusammenstellung, 5 Leitung einer Institution oder Organisationseinheit, in der die Publikation entstanden ist, für sich allein nicht als hinreichend erachtet, Autorschaft zu rechtfertigen. Eine »Ehrenautorschaft« ist sowohl nach den Richtlinien der besten Zeitschriften als auch nach den Verhaltenskodizes der bekanntesten amerikanischen Forschungsuniversitäten keinesfalls akzeptabel. Als angemessene Formen der Erwähnung werden beispielsweise Fußnoten oder Danksagungen empfohlen.
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Zur Vermeidung von Konflikten über die Autorschaft empfehlen die Zeitschriften – um so mehr, je größer die Zahl der an der Erarbeitung der Ergebnisse Beteiligten ist – frühzeitig klare Vereinbarungen zu treffen, die bei Dissens eine Orientierung ermöglichen. Fast alle guten Zeitschriften verpflichten ihre Gutachter, denen sie eingesandte Manuskripte zur Prüfung anvertrauen, auf strikte Vertraulichkeit und auf Offenlegung von Befangenheiten, die dem Herausgeber und seinem Beratungsgremium bei der Auswahl entgangen sein könnten. Viele gute Zeitschriften verpflichten sich außerdem gegenüber ihren Autoren zu einer Rückmeldung innerhalb definierter, kurzer Zeit und setzen dementsprechend ihren Gutachtern kurze Fristen für die Abgabe ihres Kommentars. Die Kommission hält eine Diskussion der hier zusammengefaßten Fragen der Qualitätssicherung in noch breiterem Umfang, als sie sich in jüngsten Veröffentlichungen (20) andeutet, auf europäischer oder internationaler Ebene für wünschenswert. z
Empfehlung 13
Einrichtungen der Forschungsförderung sollen nach Maßgabe ihrer Rechtsform in ihren Antragsrichtlinien klare Maßstäbe für die Korrektheit der geforderten Angaben zu eigenen und fremden Vorarbeiten, zum Arbeitsprogramm, zu Kooperationen und zu allen anderen für das Vorhaben wesentlichen Tatsachen formulieren und auf die Folgen unkorrekter Angaben aufmerksam machen. kErläuterungen
Forschungsförderung findet in verschiedenen Rahmen statt, seien es Bundes-oder Landesministerien, öffentlich-oder privatrechtliche Stiftungen und Fördereinrichtungen oder die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Anders als in Forschungseinrichtungen und Hochschulen, an denen direkt Forschung betrieben wird, reichen die Beziehungen der Förderinstitutionen zu einzelnen Wissenschaftlern meist über ihren eigenen organisatorischen Rahmen hinaus. Sie stehen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaftlern, die Anträge auf Forschungsförderung stellen, und solchen, die Anträge begutachten. Die Förderinstitutionen legen ein großes Maß an Vertrauen in den einzelnen Wissenschaftler, einerseits, wenn sie seine Angaben in einem Antrag als Grundlage der Beurteilung seines Vorhabens anerkennen, und andererseits, wenn sie seinem Kollegen den Antrag, der schutzwürdige neue Ideen enthält, zur Begutachtung übergeben. In dem Schutz dieser unentbehrlichen Vertrauensgrundlage liegt das eigene Interesse aller Förderinstitutionen an der Einhaltung von Grundprinzipien in der wissenschaftlichen Arbeit und in der Begutachtung. Förderinstitutionen spielen für den einzelnen Wissenschaftler eine essentielle Rolle, weil sie Forschung finanziell unterstützen. In-
5 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
dem sie den einzelnen als Antragsteller oder Empfänger von Förderungsmitteln ansprechen, können sie Einfluß auf die Festigung von Standards wissenschaftlicher Arbeitsweise und ihren Schutz ausüben. Durch Ausgestaltung ihrer Antragskriterien und Förderbedingungen können sie Umstände abbauen, die zu Fehlverhalten verleiten. Auf den Umgang mit einem Fall, in dem sie finanziell oder in ihrem Ruf durch das Fehlverhalten eines Wissenschaftlers selbst direkt betroffen werden, müssen die Förderorganisationen sich vorbereiten. Derartige Fälle können durch falsche Angaben in Anträgen, durch den Mißbrauch von gewährten Mitteln oder schließlich durch unredlichen Umgang mit zur Begutachtung überantworteten Anträgen ausgelöst werden. Um die Grundlage des Vertrauens gegenüber den Antragstellern zu schützen und ihnen eine Orientierung zu geben, sollten Forschungsförderer in ihren Antragsformularen oder -anleitungen klar und deutlich solche Maßstäbe nennen, denen ein qualifizierter Antrag genügen muß: 5 Vorarbeiten sind konkret und vollständig darzustellen. 5 Eigene und fremde Literatur ist genau zu zitieren. Noch nicht erschienene Publikationen sind klar zu kennzeichnen als »im Druck in …«, »angenommen bei …« oder »eingereicht bei …«. 5 Projekte sind nach bestem Gewissen inhaltlich so zu beschreiben, wie der Antragsteller beabsichtigt, sie durchzuführen. 5 Kooperationen können bei der Antragsbewertung nur Berücksichtigung finden, wenn alle Beteiligten die erklärte Absicht und die Möglichkeit zu der angestrebten Zusammenarbeit haben. Die Antragsteller sollen durch ihre Unterschrift auch ihre Kenntnis dieser Grundsätze dokumentieren. z
Empfehlung 14
In den Richtlinien für die Verwendung bewilligter Mittel soll der/die für das Vorhaben Verantwortliche auf die Einhaltung guter wissenschaftlicher Praxis verpflichtet werden. Ist eine Hochschule oder ein Forschungsinstitut allein oder gleichberechtigt Empfänger der Mittel, so müssen dort Regeln guter wissenschaftlicher Praxis (Empfehlung 1) und für den Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens (Empfehlung 8) etabliert sein. An Einrichtungen, die sich nicht an die Empfehlungen 1 bis 8 halten, sollen keine Fördermittel vergeben werden. kErläuterungen
Das Verhältnis einer Förderorganisation zu einem Antragsteller gestaltet sich zunächst einseitig. Die Bewilligung nach Begutachtung begründet eine engere zweiseitige Verbindung, die weitere Möglichkeiten eröffnet, den einzelnen Wissenschaftler anzusprechen. Zum Schutz der Organisation vor dem Fehlverhalten einzelner Beihilfeempfänger sollen die Forschungsförderer ihrer Rechtsform entspre-
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chend das Rechtsverhältnis eigener Art (21) mit geförderten Wissenschaftlern gestalten und darin normative Maßstäbe und Reaktionen verankern und bekanntgeben. Die Definition wissenschaftlichen Fehlverhaltens an sich soll den Institutionen überlassen werden, an denen Forschung tatsächlich stattfindet, um Homogenität innerhalb einer Forschungsumgebung zu schaffen. Gleiches gilt für tatsächliche Ermittlungen, die zur Aufklärung eines Verdachts erforderlich werden. Dagegen müssen die Förderorganisationen ihre Reaktionen auf Verhalten, das sie selbst finanziell oder in ihrem Ruf betrifft, in ihren Förderbedingungen festlegen und bekanntgeben. Statt der geläufigen Möglichkeit, auf der Grundlage des bürgerlichen Rechts in solchen Fällen auf das Bereicherungs-und Deliktsrecht zurückzugreifen, können sie z. B. Vertragsstrafen für bestimmte Konstellationen mit ihren Beihilfeempfängern vereinbaren, deren Inhalt nicht unbedingt Geldzahlungen sein müssen, sondern die auch Verwarnungen, Ausschlüsse u. a. umfassen können (22). z
Empfehlung 15
Förderorganisationen sollen ihre ehrenamtlichen Gutachter auf die Wahrung der Vertraulichkeit der ihnen überlassenen Antragsunterlagen und auf Offenlegung von Befangenheit verpflichten. Sie sollen die Beurteilungskriterien spezifizieren, deren Anwendung sie von ihren Gutachtern erwarten. Unreflektiert verwendete quantitative Indikatoren wissenschaftlicher Leistung (z. B. sogenannte impact-Faktoren) sollen nicht Grundlage von Förderungsentscheidungen werden. kErläuterungen
Auch Gutachtern können formulierte Standards zur Orientierung bei ihrer Arbeit dienen. Die Vertraulichkeit des fremden Ideenmaterials, zu dem ein Gutachter Zugang erlangt, schließt die Weitergabe an Dritte, und sei es auch nur zur Hilfe bei der Begutachtung, absolut aus. Um eine objektive und an wissenschaftlichen Kriterien ausgerichtete Bewertung zu sichern, müssen die Förderorganisationen ihre Gutachter so auswählen, daß Befangenheit und jeder Anschein von ihr vermieden werden. Wo dies im Einzelfall nicht gelungen ist, müssen Gutachter eventuelle Interessenkonflikte oder Befangenheiten, die in der Person des Antragstellers oder dem angestrebten Projekt begründet sein können, anzeigen. Die Anzeige von Interessenkollisionen liegt auch im Interesse des Gutachters, der seinen Ruf als den eines fairen und neutralen Sachverständigen festigt. Die Richtlinien über Vertraulichkeit und den Umgang mit Befangenheit müssen als Anknüpfung für Reaktionen auf Mißbrauch der Gutachterposition taugen. Anders als in den Richtlinien für Antragsteller kommen freilich Vertragsstrafen, die vor dem Beginn einer Begutachtung zu vereinbaren wären, nicht in Betracht. Die Gutachtertätigkeit ist ein Ehrenamt. Jede auch nur hypothetische Unterstellung unredlichen Verhaltens würde hier abschreckend und demotivierend wirken. Daran ändert das Auftragsverhältnis, das im rechtlichen Sin-
5 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
ne möglicherweise zwischen den Gutachtern und der Förderorganisation zustande kommt, nichts (23). Reaktionen auf Fehlverhalten von Gutachtern sollten daher allgemein in den Regelungen der Förderorganisationen vorgesehen sein, im Gegensatz zu Vereinbarungen mit jedem einzelnen. Für den Fall des Verdachts der Verwendung fremder Ideen für eigene Projekte oder anderer gravierender Formen des Vertrauensbruchs durch einen Gutachter empfiehlt die Kommission den Einsatz von Sachverständigen zur schnellstmöglichen Aufklärung. Ein Gutachter, dem dergestalt Mißbrauch von vertraulichen Antragsinformationen nachgewiesen wird, darf nicht mehr gehört werden und muß, beruht seine Tätigkeit auf einem Wahlamt, dieses verlieren. Die Mitteilung eines belastenden Befundes an andere Forschungsförderer kann ebenfalls sinnvoll sein. Unredlicher Umgang eines Gutachters mit vertraulichen Antragsinhalten kann die Aufhebung seiner Anonymität gegenüber dem geschädigten Antragsteller rechtfertigen, um diesem zu ermöglichen, seine Rechte gegen den Gutachter durchzusetzen. Analoge Regelungen sind für die Mitarbeiter und die Mitglieder von Entscheidungsgremien vorzusehen, die im Rahmen ihres Amtes Zugang zu vertraulichen Antragsunterlagen haben. In vergleichbar zurückhaltender Form wie die Anforderungen an die Vertraulichkeit und Neutralität müssen auch die Kriterien vorgegeben werden, deren Anwendung eine Förderorganisation von ihren Gutachtern erwartet. Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Begutachtung sind gleichwohl notwendig, schon deshalb, weil unterschiedliche Förderungsprogramme neben den allgemeinen Kriterien wissenschaftlicher Qualität unterschiedliche Akzente setzen, die den Gutachtern bekannt sein müssen; sie sind daher auch weithin üblich (24). Noch schwieriger als die Sicherung der Vertraulichkeit der Begutachtung ist die Sicherung ihrer wissenschaftlichen Qualität, d. h. die Auswahl der für die Beurteilung eines Antrags am besten qualifizierten Gutachter, auch solcher, die sich nicht mit einfachen Zugängen zur oberflächlichen Abschätzung der Produktivität der antragstellenden Arbeitsgruppe begnügen, sondern die Mühe der inhaltlichen Beschäftigung mit dem vorgestellten Projekt und den Vorarbeiten dazu nicht scheuen. Für die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Förderorganisationen liegt hierin eine ständige, große Herausforderung. Auch wenn die Begutachtung von Förderungsanträgen generell kein geeigneter Weg sein kann, wissenschaftliches Fehlverhalten aufzudecken, sind Laborbesuche bei örtlichen Begutachtungen, indem sie Gelegenheit zum Informationsaustausch mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Arbeitsgruppe bieten, eine wichtige Informationsquelle. z
Empfehlung 16
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft soll eine unabhängige Instanz – etwa in Gestalt eines Ombudsmans oder auch eines Gremiums von
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wenigen Personen – berufen und mit den nötigen Arbeitsmitteln ausstatten, die allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zur Beratung und Unterstützung in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis und ihrer Verletzung durch wissenschaftliche Unredlichkeit zur Verfügung steht und jährlich darüber öffentlich berichtet. kErläuterungen
Die Formulierung von Normen und Vorgaben für gute wissenschaftliche Praxis legt für ihre Verwirklichung nur eine Grundlage. Schwierigkeiten bei der Einhaltung von Grundprinzipien treten in allen Lebensgebieten erst bei ihrer Umsetzung in einem konkreten Fall auf, in dem Gegenpole von »redlich« und »unredlich« aufgrund von Verflechtungen und Wertungskonflikten im Einzelfall weniger klar zu trennen sind. Dies gilt sowohl bei Fragen, die eigenes wissenschaftliches Verhalten betreffen, als auch für Zweifel an dem Verhalten anderer. Letzteres stellt besonders junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die noch am Aufbau ihrer Karriere arbeiten, zumindest subjektiv häufig vor die Frage, ob das Interesse an der Offenlegung des unredlichen Verhaltens eines älteren, u. U. vorgesetzten Wissenschaftlers das Risiko für die eigene Karriere, das dadurch entstehen kann, aufwiegt. Sie kommen dadurch in einen schwerwiegenden Konflikt. »Whistle blowers« oder »Informanten« geraten leicht in den Verdacht der Denunziation. Um allen Wissenschaftlern, insbesondere dem Nachwuchs, aus dieser einsamen Konfliktlage einen Ausweg zu öffnen, empfiehlt die Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Berufung eines Ombudsmans oder mehrerer Ombudsleute für die Wissenschaft. Eine derartige Vertrauensperson oder -kommission soll mit einer gewissen Autorität ausgestattet werden, die ihre Grundlage z. B. in der Wahl durch den Senat der DFG und einer jährlichen Berichterstattung an ihn finden kann. Sie soll nicht eigene Ermittlungen nach dem Vorbild des heutigen »Office of Research Integrity« des amerikanischen Public Health Service führen (25), sondern vor allem durch ihre persönliche Autorität, Integrität und Neutralität den Wissenschaftlern ein kompetenter und vertrauenswürdiger Ansprechpartner sein, der gegebenenfalls erhebliche Verdachtsmomente aufnimmt und zur Aufmerksamkeit der sachnahen Institutionen bringt. Wichtig ist der Kommission, daß diese Vertrauensperson(en) allen Wissenschaftlern zugänglich ist (sind), unabhängig von ihrem Bezug oder dem eines betroffenen Projekts zur Deutschen Forschungsgemeinschaft. Durch die Einrichtung einer derartigen Appellationsinstanz kann die Deutsche Forschungsgemeinschaft das öffentliche Vertrauen in die gute wissenschaftliche Praxis erhalten, indem sie die Aufmerksamkeit demonstriert, die die Wissenschaft ihrer eigenen Selbstkontrolle schenkt (26). Die Empfehlung an die Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Vertrauensleute zu benennen, soll damit nicht ihre Grundlage verlieren, sondern ergänzt werden.
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Chudik SC, Weinhold P, Dahners LE (2003) Fixed-angle plate fixation in simulated fractures of the proximal humerus: A biomechanical study of a new device. J Shoulder Elbow Surg 12: 578–588 Constant CR, Murley AH (1987) A clinical method of functional assessment of the shoulder. Clin Orthop Relat Res 160–164 Gebhard F, Roederer G, Kinzl L (2005) Minimal-invasive Plattenosteosynthese von Oberarmkopffrakturen mit einem winkelstabilen Implantat. In: Knetsch J, Ropers J, Zachert M: 82. Jahrestagung der Bayerischen Chirurgen e.V. Abstractband Chirurgie auf neuen Wegen, 22.06.2005, Bamberg Gerber C, Hersche O, Berberat C (1998) The clinical relevance of posttraumatic avascular necrosis of the humeral head. J Shoulder Elbow Surg 7: 586–590
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Anhang A Beispiele für Projektskizzen und Projektpläne
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Hente R, Kampshoff J, Kinner B, Fuchtmeier B, Nerlich M (2004) Treatment of dislocated 3- and 4-part fractures of the proximal humerus with an anglestabilizing fixation plate. Unfallchirurg 107: 769–782 Hessmann M, Baumgaertel F, Gehling H, Klingelhoeffer I, Gotzen L (1999) Plate fixation of proximal humeral fractures with indirect reduction: Surgical technique and results utilizing three shoulder scores. Injury 30: 453–462 Neer CS (1970a) Displaced proximal humeral fractures. I. Classification and evaluation. J Bone Joint Surg Am 52: 1077–1089 Neer CS (1970b) Displaced proximal humeral fractures. II. Treatment of threepart and four-part displacement. J Bone Joint Surg Am 52: 1090–1103 Resch H (2003) Fractures of the humeral head. Unfallchirurg 106: 602–617 Siebert HR, Beck A (2005) Trauma surgery in the elderly. Chirurg 76: 139–150
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Stichwortverzeichnis
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Stichwortverzeichnis
A abgelehnt 144 Abschlussbericht 5, 124 Analyse – retrospektive 43 Änderungen 145 Anforderungsprofil 83 Angenommen 145 Anonymisierung 61 Antikorruptionsgesetz 66 Antragsteller 63, 71 Antragsumfang 73 Äquivalenz 114 Arbeits- und Prüfanweisung 89 Arbeitsablauf 89, 91, 92 Arbeitsplan 165, 172 Arbeitsplatz 85 Arbeitsprogramm 71 Arzneimittelgesetz 54, 56 Aufgabenprofil 83 Aufgabenverteilung 19, 21, 24, 152, 163, 170, 177, 183 Aufklärung 59 Auftragsforschung 55 Auswertung 157, 166 Auswertungen 179 Autoren 143 Autorenschaft 19
B Beckenfraktur 175 Begrenzungsfrage 192 Begutachtung 54, 72 Begutachtungsverfahren 74 Belastung 59 – von Menschen 56 Beobachtung – wissenschaftliche 8 Bewerber 84 Bewerbungsgespräch 84 Bewerbungsmappe 84 BMBF 64, 68 BMG 68 Bonferroni 44 Box-Plot 110 Bundesärztekammer 54 Bundesländer 68
C Case Report Form (CRF) 61, 99 Cochrane-Library 32
Computereingabe 103 Confounding 30, 34 Copyright 141 Copyright Assignment 143 Curriculum 72 Curriculum Vitae 63
D Danksagung 142 Data Dictionary 104 Datenschutz 61 Datenschutzgesetz 56 Datenverarbeitung 61, 103 Declaration of Helsinki 54 Denken – empirisches 7 – laterales 12 Design – sequenzielles 45 Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 64, 68, 79 Deutsche Krebshilfe 67 Diskussion 124, 130, 139 Dokumentation 83, 92, 102, 124 Dokumentationsbogen 61 Dokumentationsprinzip 80 Dokumentenindex 94 Drittmittel 63, 80 Drittmittelantrag 63, 71 Drittmittelgeber 63, 80, 124 Drittmittelkonten 81
E EbM (evidenzbasierte Medizin) 36 Editor 143, 144 Effect Size 44 Eigenbeteiligung 74 Einleitung 137 Einschlusskriterien 59 Einschränkungen 140 Einwilligungserklärung 59, 98 Elektronische Zeitschriftenbibliothek (EZB) 33 Emergenz 10 Ergebnisse 138 Erhebungsbogen 102 Ersetzen – fehlender Werte 104 Ethikantrag 53, 75 Ethikkommission 53, 62 Europäische Union 70 Evaluationsprozess 13, 16
evidenzbasierte Medizin (EbM) 36 Experiment 9 Exposition 33 EZB (Elektronische Zeitschriftenbibliothek) 33
F Fallgeld 30 Fall-Kontroll-Studie 38 Fallzahl 43 Fallzahlkalkulation 43 Fehler – 1. Art 115 – 2. Art 115 Finanzplan 19 Finanzplanung 19, 24, 152, 164, 171, 177, 184 Fluid-Percussion 169 Flussdiagramm 2, 4 Förderinstitution 63, 73 Fördermöglichkeiten 62 Förderprogramme 64 Forschungsprojekt 2, 55 Fragestellung 22, 25, 137, 140 – sekundäre 42 Führungsstil 86 Führungstheorien 85
G Gemeinkostenanteil 80 Genauigkeitsstudien – diagnostische 27 Geräteliste 157 Gewebeentnahme 58 Goldstandard 27 Good Clinical Practice (GCP) 57, 96 Gutachter 73, 144
H Hauptfragestellung 42 Heilversuch 57 Humeruskopffraktur 179 Hypothese 7, 18, 22, 25, 137, 151, 153, 162, 165, 171, 177, 182
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Stichwortverzeichnis
I Idee 6, 11 Ideenbearbeitung 13 Ideensammlung 13 Impact Factor 134 Indextest 26, 38 Informationsblatt 59 Inserat 84 instructions for authors 143 International Standard Randomized Controlled Trial Number (ISRCTN) 97 Interquartile Range (IQR) 110 IQR (Interquartile Range) 110 ISRCTN (International Standard Randomized Controlled Trial Number) 97
K KKS (Koordinierungszentrum für klinische Studien) 97 Kohäsion 86 Kommunikation – nonverbale 127 Kompetenznetz 68 Konfidenzintervall 106, 117 Kooperationspartner 74 Koordinierungszentrum für klinische Studien (KKS) 97 Kuchendiagramm 107
L Lagemaß 106 Liniendiagramm 109 Literaturliste 140 Literaturverwaltungsprogramm 33 Lokomotion 86
M Machbarkeitsanalyse 19, 153, 164, 171, 177, 184 Machbarkeitsfrage 192 Manuskript 135 Material 137, 183 Materialien 82, 92, 94 Median 106, 110
Medical Subject Heading (MeSH) 32 Medizinproduktegesetz 54, 56, 96 Medline 31 Messparameter 156, 166, 173 Messtechnik 155 Messverfahren 94 Metaanalyse 40 Methoden 90, 137, 183 Me-too-Forschung 11 Mitantragsteller 75 Mitarbeiter 83 – Einstellung 83 Mitarbeiterführung 85, 89 Mittelwert 105 Modell 9 – tierexperimentelles 34, 169 Modellierungsprozess 14 Monitoring 96
N Nullhypothese 114
P Patienteninformation 98 Per-Protokoll-Analyse 113 Personalmittel 83 Personalplanung 19 Personalstellen 74 PICO-Format 22, 25 Pilotstudie 16 Planungsschritte 22 Plausibilität 5 Plausibilitätsprüfung 104 Polytrauma 168 Primärschaden 168 Proband 59 Probevortrag 126 Prognosefaktor 38, 120 Projektablauf 2, 154, 165, 185 Projektantrag 71 Projektauswertung 174 Projektlaufzeit 49 Projektleiter 19 Projektplan 3, 92, 148, 153, 164, 177, 184 Projektplanung 2, 4 Projektskizze 18, 20, 22, 151, 161, 175, 179 Prüfplan 95 Publikation 123, 134, 167, 174
A–S
Publikationsbias 40 p-Wert 114
Q Qualifikation 83
R Randomisierung 23, 37 Randomisierungsplan 186 Ranking 65 Redezeit 130 Reduktionismus 7, 9 Referenzstandard 38 – diagnostischer 26 Regression – logistische 119 Reifegrad 88 Reisekostenbeihilfen 74 Relevanz 42 Relevanzfrage 13 Reliabilität 42 Reviewer 143, 144 Richtlinien – zur Antragstellung 73 Risiko 59 Risikofaktoren 37 Röntgenverordnung 56
S Sachmittel 74 Säulendiagramm 107 Schädel-Hirn-Trauma 168 Schlussfolgerungen 140 SD (Standardabweichung) 106 SE (Standardfehler) 106 Sekundärschaden 168 Sensitivität 118, 175 Sicherheitsbeauftragter 81, 85 Signifikanz 115 Software 103 Spektrum-Bias 26 Spezifität 118 Sponsor 97 Sprechregeln 128 Standardabweichung (SD) 106 Standardfehler (SE) 106 Statistik 167, 174 – deskriptive 105
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Stichwortverzeichnis
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft 67 Stiftungen 67 Strahlenschutzverordnung 56 Streumaß 106 Studie – analytische 34 – deskriptive 34 – experimentelle 18 – randomisiert kontrollierte 29 Studiendesign 23 Studienprotokoll 95 Studienregister 31 Subgruppenanalyse 23 Systembiologie 10
T Tabellen 141 Take-home message 127 Test 116 – diagnostischer 118 – statistischer 114 Tibiafraktur 169 Tierart 52 Tierhaltung 52 Tiermediziner 51 Tierpfleger 170 Tierschutzbeauftragter 50 Tierschutzgesetz 50 Tierschutzkommission 51, 170 Tierversuch – Antrag 50 – Genehmigung 24, 53 – Unerlässlichkeit 52 Tierversuchsantrag 75, 171 Tissue Engineering 161 Titel 136 Transparenzprinzip 80 Trennungsprinzip 80
U Überlebenskurve 110 Unterschied 43 U-Test 117
V Validierungsstudie 121 Varianzanalyse 95, 170 Verblindung 23, 29 Verbundprojekte 68 Verifikation – differenzielle 27 Verifikationsbias 39 Versuchsaufbau 155 Versuchsdesign 18, 20, 23, 151, 162, 183 Versuchsplanung 59 Versuchstiere 23 Verwaltungsaufgaben 80 Veterinäramt 51 Visitenplan 29 Volkswagenstiftung 67 Vorhersagewert 118
W Wert – fehlender 104 Win-win-Situation 14 Win-win-Verhältnis 75
Z Zeitplanung 48 Zielbeschreibung 93, 153, 164, 171, 184 Zielgröße 29, 42, 98 Zielgruppenanalyse 125 Zielsetzung 18 Zielvereinbarung 87 Zusammenfassung 136 Zwischenauswertung 45 Zytokin 168 Zytokinmessung 170