Claudia Ochsenkühn 4 Logopädin in eigener Praxis 4 Dozententätigkeit 4 Ausbildung in klientenzentrierter und hypnotherapeutischer
Gesprächsführung (C. Rogers, M. Erickson) 4 Lehrlogopädin für den Bereich kindliches Stottern und
Sprachentwicklungsstörungen, Staatliche Berufsfachschule für Logopädie an der LMU, München 4 Mehrjährige Tätigkeit als klinische Logopädin in Frühfördereinrichtung und Phoniatrie 4 Ausbildung zur Logopädin, München
Monika M. Thiel, M. A. Herausgeberin seit 2000, Gesamtkonzeption der Reihe »Praxiswissen Logopädie« 4 Inhaberin von Creative Dialogue e.K., München
© by Meinen Fotografie München
4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
(Konfliktmanagement, HR- und Kommunikationsberatung, Coaching, Training) Lehrbeauftragte für Wirtschaftsmediation der Ludwig-MaximiliansUniversität, München Studium der Psycholinguistik, Arbeits- und Organisationspsychologie und Interkulturellen Kommunikation, LMU München »Train-the-Trainer« Qualifizierung Ausbildung in Collaborative Practive/Law Weiterbildung zur Wirtschaftsmediatorin Lehrlogopädin und Leitende Lehrlogopädin, Staatliche Berufsfachschule für Logopädie an der LMU, München Ausbildung in Systemischer Supervision/Praxisanleitung für Lehrlogopäden Logopädin (Klinik, Forschung, Lehre), Bremerhaven, Frankfurt am Main, New York Ausbildung zur Logopädin, Köln Studium der Theologie, Tübingen und Münster
Caroline Ewerbeck Herausgeberin der Reihe »Praxiswissen Logopädie« seit 2006 4 Studium der Psycholinguistik, Arbeits- und Organisations4 4 4 4
psychologie und spanischer Literaturwissenschaft, LMU München Zusatzqualifikation: Kommunikationstechnik Trainerin im Bereich Kommunikation und Rhetorik Selbstständige Tätigkeit als Logopädin Ausbildung zur Logopädin, München
Praxiswissen Logopädie Herausgegeben von Monika M. Thiel und Caroline Ewerbeck
Claudia Ochsenkühn Monika M. Thiel Caroline Ewerbeck
Stottern bei Kindern und Jugendlichen Bausteine einer mehrdimensionalen Therapie 2. Auflage Mit einem Geleitwort von Professor Nitza Katz-Bernstein Mit 25 Abbildungen
1 23
Claudia Ochsenkühn Stiftsring 20 84424 Isen e-mail:
[email protected]
Caroline Ewerbeck Lohengrinstr. 8 70597 Stuttgart e-mail:
[email protected]
Monika M. Thiel Creative Dialogue e.k. Frundsbergstraße 2 80634 München e-mail:
[email protected] URL: www.creativedialogue.de
Professor Nitza Katz-Bernstein Universität Dortmund Fakultät für Rehabilitationswissenschaften Emil-Figge-Straße 50 44221 Dortmund
ISSN 1619-5159 ISBN 978-3-642-01823-7 Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Springer-Verlag GmbH ein Unternehmen von Springer Science + Business Medien springer.de © Springer Medizin Verlag Berlin,Heidelberg 2005, 2010 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literarturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung/Lektorat: Marga Botsch, Heidelberg Projekt Management: Claudia Bauer, Heidelberg Zeichnungen: Günther Hippmann, Nürnberg Layout: deblik Berlin Umschlaggestaltung: deblik Berlin Satz: medionet Publishing Services Ltd, Berlin SPIN 12567263 Gedruckt auf säurefreiem Papier
22/2122/cb – 5 4 3 2 1 0
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Geleitwort »Für komplexe Sachverhalte gibt es immer einfache Lösungen, und sie sind gewöhnlich falsch…« (nach Carey, zit. v. Branik, 2004) Was wünscht sich eine Fachperson, die sich seit 30 Jahren tagtäglich mit dem Phänomen »Kindliches Stottern« befasst, sei es therapeutisch, konzeptuell, ausbildend und/oder weiterbildend, forschend oder entsprechende Institutionen leitend? Sie wünscht sich ein praktikables und praxisnahes, leserfreundliches, aktuelles, informatives, gut recherchiertes und Überblick verschaffendes Buch über das Stottern. Und was erhofft sie sich von einem solchen Buch, wenn sie eingeladen wird, ein Geleitwort dafür zu schreiben? Eine differenzierte, integrative Herangehensweise an das Thema, die alte Konzepte, Erfahrungen und Wissen würdigt und neue Entwicklungen zu erschließen vermag. In einer solchen gebührenden »Co-Existenz der Generationen« spiegelt sich eine therapeutische und wissenschaftliche Reife, die sich wohltuend von schnelllebigen, monofaktoriellen »Erlösungsphantasien« absetzt. Solche reizvoll einfachen »Heilungsvorstellungen« begleiten das Phänomen Stottern seit jeher. »Es muss doch endlich ein Konzept geben, das das stotternde Kind von seinem Stottern befreit!«, lauten sie. Wenn einem stotternden Kind in einer Kindergruppe ein Wollknäuel in die Hand gedrückt und gesagt wird: »Stell dir vor, das wäre dein Stottern, was möchtest du mit deinem Stottern am liebsten machen?«, so ist oftmals die erste Reaktion: das Knäuel wegwerfen, sich seiner entledigen, es treten, in den Mülleimer stecken, darauf hauen, es verbrennen wollen …. Ich als Therapeutin rufe dann jedoch: »Halt, halt! Wir überlegen es uns noch einmal! Das Knäuel hat dich so lange begleitet, kennt dich so gut, vielleicht schauen wir es doch noch einmal gemeinsam an, vielleicht möchte oder kann es sich von uns noch nicht so schnell verabschieden, vielleicht will es dir noch manches erzählen, was es über dich weiß, Geheimnisse verraten oder einen echten Abschied feiern? Vielleicht hat es das als enger Begleiter verdient. Willst du ihm die Chance geben?« So einfach ist sie nämlich nicht, die geradlinige Befreiung vom Stottern. Lange Jahre Forschung haben gezeigt: Stottern lässt sich nicht generalisieren, auf einfache Erscheinungsformen oder auf einheitliche und eindeutige ätiologische Faktoren reduzieren. Genauso wenig kann es einfache, eingleisige Konzepte geben. Die Komplexität und Individualität des Phänomens muss beachtet, die Breite und Vielfalt der möglichen Ergebnisse einer Therapie im kindlichen Alter, die ungeachtet des methodischen Vorgehens von einem völligen Verschwinden aller Symptome bis hin zu einer therapieresistenten Verschlimmerung über die Pubertät hinaus reichen kann, muss berücksichtigt werden. Neben beachtenswerten, neueren deutschsprachigen Schriften zum kindlichen Stottern stellt dieses Buch eine Fortsetzung und Steigerung in eine erwünschte, erfreuliche Richtung dar, die in den letzten Jahren für Praxis, Lehre und Forschung eingeschlagen worden ist. Diese Richtung führt zu einem bausteinartigen, flexiblen und nach Bedarf einsetzbaren Aufbau der Therapie. Sie strebt danach, Methoden- und Schulenstreit zugunsten von individuell abgestimmten Möglichkeiten und Notwendigkeiten zu überwinden. Ein solcher aktueller therapeutischer Ansatz beim Stottern sollte nicht zur Entwertung von bestehenden Konzepten, zur Entwürdigung und Ablehnung von langjährigen Erfahrungen, erprobten Methoden und fundierten Forschungsergebnissen verführen, um den eigenen Ansatz hervorzuheben. Die Autorinnen dieses Buches erliegen dieser
VI
Geleitwort
Verführung an keiner Stelle – sie halten eine realitätsnahe Vieldeutigkeit aus und vermögen dennoch, eine diagnostisch und therapeutisch differenzierte und klare Vorgehensweise zu vermitteln. Eine solche Gratwanderung ist nicht leicht und daher besonders zu würdigen. Ein buntes Nachschlagewerk, das bausteinartig und integrativ in vollem Wortsinn ist, wird hier vorgelegt zum Wohle der Kinder und ihrer Angehörigen sowie für einen Zuwachs an Kompetenz der Fachpersonen. Dortmund im Juli 2004
Nitza Katz-Bernstein
Literatur: Branik, E.: Zur Klinik, Therapie und psychosozialen Dimension der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS). In: SAL-Bulletin (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Logopädie), Nr.111, März 2004, Zürich 2004 (1–16)
VII
Vorwort zur 2. Auflage Wir freuen uns, Ihnen die zweite Auflage unseres Buches mit erweitertem Autorenteam und in vollständig überarbeiteter Form präsentieren zu können. Auf die wichtigsten Neuerungen möchten wir Sie in diesem Vorwort aufmerksam machen. Im Zuge der aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen wird die Forderung nach nachweisbar effizienter Therapie immer lauter. Mit dieser Tatsache sehen sich auch Stottertherapeutinnen konfrontiert. Das stellt viele vor die Frage, was eine erfolgreiche Therapie eigentlich ausmacht. Wenn sich die Stotterrate nicht reduziert, heißt das dann automatisch, dass die Therapie erfolglos war? Welches sind die Kriterien für eine qualitativ gute Therapie? Dieses Buch widmet sich in zwei neuen Kapiteln der Beantwortung dieser zentralen Fragen. Kapitel 3 beschreibt ausführlich die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit und Gesundheit (ICF) und wendet diese praxisnah auf den stottertherapeutischen Bereich an. Dadurch wird deutlich, dass neben der Stotterrate viele weitere Faktoren als Indizien für eine erfolgreiche Stottertherapie herangezogen werden können. Das stotternde Kind rückt als ganzer Mensch – mit seinen individuellen Lebensbedingungen – in den Vordergrund. Die ICF und ihre Grundsätze wurden deutlicher als bisher in das Anamnese- und das Diagnostikkapitel eingearbeitet. Dabei entstand der neue Fragebogen »Stolperstein«, der die Auswirkungen des Stotterns untersucht und je nach Alter der Kinder zur direkten Befragung oder zur Befragung der Eltern genutzt werden kann (Kapitel 5.4.5). Kapitel 11 beschäftigt sich mit der Qualitätssicherung in der Stottertherapie und formuliert, welche Bestandteile eine qualitativ hochwertige Therapie erfüllen kann und sollte. Ansonsten wurde das bewährte Konzept dieser Buchreihe beibehalten. Es stellt einen Überblick über therapeutische Ansätze und Methoden zur Verfügung und setzt diese praxisnah, teilweise modifiziert und erweitert in Therapiebausteine um. Wichtige Grundlage für die Therapie sind die neuesten Ergebnisse der Forschung, welche in Kapitel 2 dargestellt werden. Der aktuelle Forschungsstand zeigt, dass die »Fluency-ShapingTherapie« bei stotternden Kindern sehr effektiv sein kann. Aus diesem Grund wird in Kapitel 6.5 ein größerer Schwerpunkt auf diese Methode gelegt als in der Erstauflage. Noch an vielen weiteren Stellen wurde die Erstauflage aktualisiert und erweitert. Besonders zu erwähnen ist das neue Angebot für unsere Leser: ein Downloadbereich auf der Verlagshomepage mit der Möglichkeit, alle Kopiervorlagen auszudrucken. Zusätzlich steht dort umfangreiches, stotterspezifisches Therapiematerial bereit. Besonders freuen wir uns auch, dass wir Ihnen CountBasic, ein Programm zur einfachen Messung der Stotterrate per Mouse-Click zur Verfügung stellen können. Unser Dank geht zuallererst an Manfred Maurer, der engagiert und ausdauernd das Programm CountBasic und die Tabelle zur Darstellung der Stotterrate im Verlauf programmiert und geduldig all unsere Wünsche umgesetzt hat. Dr. Anne Hearne danken wir für fachspezifische und bereichernde Diskussionen, Dr. Alexander Wolff zu Gudenberg für die vertrauensvolle Überlassung unveröffentlichten Materials und René Mittrach für die fachliche Beratung hinsichtlich der ICF. Vielen Dank auch an unsere Familien für ihre Geduld. Schließlich ein herzliches Dankeschön an Frau Botsch und Frau Bauer im Lektorat. Claudia Ochsenkühn, Monika M. Thiel, Caroline Ewerbeck Im Oktober 2009
VIII
Kein Rezeptbuch Wenn Eltern stotternder Kinder zur Therapeutin kommen, wollen sie verständlicherweise für ihr Kind die beste, wirksamste Therapie von allen. Aber welche ist denn das? Ist es Modifikation, Fluency Shaping, Atemtherapie oder doch Spieltherapie? Während es in anderen logopädischen Bereichen gar keine Frage ist, dass verschiedene Methoden kombiniert werden dürfen (man denke dabei nur an die Stimmtherapie oder den Bereich Kindersprache), wird bei der Behandlung des kindlichen Stotterns bedauerlicherweise immer noch vehement für oder gegen bestimmte therapeutische Schulen gekämpft. Letztlich stößt aber jedes starre Konzept in der therapeutischen Praxis auf Grenzen. Einen allgemein gültigen »besten« Ansatz gibt es nicht, es kann immer nur um die optimale individuelle Methodenkombination für ein Kind und seine Familie gehen. Genau dafür möchten wir das »Rüstzeug« anbieten. In einer Zeit, in der sich alle Welt vernetzt, interkultureller Austausch unser Leben bestimmt, und Manager freiwillig Selbsterfahrungsseminare besuchen, wird es glücklicherweise leichter, Grenzen aufzuweichen und neue Lösungen zu finden. Und so ist unser Anliegen auch ein zeitgemäßes, vielseitiges Therapiekonzept: eines, das flexibel genug ist, sich auf unterschiedlichste individuelle, soziale, kulturelle und dispositionelle Anforderungen einzustellen. Voraussetzung hierzu ist zum einen eine gründliche Eingangsdiagnostik, die Hypothesen über individuelle Risikofaktoren hervorbringt und die Basis zur Auswahl von Therapiebausteinen bildet. Zum anderen ist die Kontrolle des Therapieverlaufs im Sinne der Qualitätssicherung und damit auch zur Überprüfung der Wahl der therapeutischen Mittel unerlässlich. Denn bei aller Methodenvielfalt ist es erforderlich, dass der Überblick über den »Therapiefahrplan« kontinuierlich gewährleistet bleibt, um sich nicht unversehens im Netz der ausgewählten Methoden zu verheddern. Dieses Buch ist kein »Rezeptbuch«. Es bietet vielmehr einen Überblick über therapeutische Ansätze und Methoden. Im Praxisteil fließen bewährte Elemente bereits bekannter Konzepte und neue Aspekte in einer methodenübergreifenden Darstellung der relevanten Therapiebausteine zusammen. Das Buch hilft, die geeigneten Therapiebausteine auszuwählen und dabei individuelle Prioritäten zu setzen. Es will Mut machen, die große Vielfalt der Vorgehensweisen zu entdecken, auszuprobieren und die eigene Arbeit zu bereichern. Eine Reihe von Menschen unterstützte uns bei der Verwirklichung dieses Projektes. Unser besonderer Dank gilt Sabine Hammer, Sonja Stolp und Martina Schäfer für ihre fachliche Beratung und kontinuierliche moralische Unterstützung, Sabine Hammer zudem für ihre Grafik. Ein ausdrücklicher und herzlicher Dank geht an Brigitte Sohl, ohne die dieses Buch nicht fertig gestellt worden wäre. Unseren Freunden und Familien, die uns trotz der langen Phasen der Abwesenheit die Treue hielten, die uns ermutigten und sich unzählige Male die gleichen Geschichten anhören mussten: Danke, das werden wir nicht vergessen. Danke, Alex Bär für seine Nervenstärke und Danke, Luis und Jakob Ochsenkühn für den Langmut mit ihrer Mutter. Für ihre zahlreichen engagierten Fragen und Anregungen sowie für die Entwicklung des Nachsprechtextes ein herzliches Dankeschön den vielen Studierenden der Logopädie und den vielen, vielen stotternden Jungs und einigen Mädchen, die uns immer wieder zeigten, wo es lang geht!
IX Kein Rezeptbuch
Hans Thiel, Caroline Ewerbeck, Katja Schroff und Lisa Foster danken wir für ihre hervorragende Unterstützung beim Korrekturlesen und natürlich ein dickes »Danke« an Frau Botsch und Frau Bauer im Lektorat für ihre anhaltende Geduld und an Frau Sporns für die gute Zusammenarbeit beim Copy-Editing.
Claudia Ochsenkühn und Monika M. Thiel
München, im Januar 2004
Hinweis: Um alle Therapeutinnen anzusprechen, die sich mit dem Störungsbild
»kindliches Stottern« befassen, sprechen wir in vorliegender Auflage von der Sprachtherapeutin oder Stottertherapeutin statt von der Logopädin. Damit möchten wir zudem untermauern, dass jede der sprachtherapeutischen Berufsgruppen ihre besonderen Stärken hat, die Beachtung und Wertschätzung verdienen. Gelingt es den beteiligten Berufsgruppen, einander an ihren spezifischen Fähigkeiten und Kenntnissen teilhaben zu lassen, kommt dies mit Sicherheit auch der Qualität der Stottertherapie zugute. Im Sinne der Lesbarkeit wird auch in dieser Auflage darauf verzichtet, beide Geschlechterformen zu nennen und – aufgrund der Überzahl an Therapeutinnen – die weibliche Variante verwendet.
XI
Inhalt 1 1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3. 1.3.4
1.4 1.4.1 1.4.2
1.4.3 1.5 1.5.1
1.5.2 1.5.3 1.5.4 1.5.5 1.6 1.6.1 1.6.2 1.6.3
1.6.4
Klinik des Stotterns. . . . . . . . . . . . 1 Versuch einer Definition . . . . . . . . . 2 Häufigkeit und Verbreitung . . . . . . . 3 Unterscheidung und Definition von Kern- und Begleitsymptomen . . . . . . 3 Abkehr von überholten Begriffen . . . . 3 Funktionelle Unflüssigkeiten vs. Symptomatische Unflüssigkeiten . . . . 3 Kernsymptomatik . . . . . . . . . . . . . 4 Begleitsymptomatik und Copingstrategien . . . . . . . . . . . . . 4 Sprachliche Ebene . . . . . . . . . . . . . 5 Nicht-sprachliche Ebene . . . . . . . . . 6 Psychische Ebene . . . . . . . . . . . . . 6 Abgrenzung Sprechunflüssigkeiten – beginnendes Stottern – Stottern . . . . . 7 Altersgemäße Sprechunflüssigkeiten . . 7 Beginnendes Stottern . . . . . . . . . . . 8 Beginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Symptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Warnsignale . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Differenzialdiagnose: entwicklungsbedingte Unflüssigkeiten – beginnendes Stottern. 10 Manifestes Stottern . . . . . . . . . . . . 11 Abgrenzung gegen andere Auffälligkeiten des Redeflusses . . . . . 11 Poltern (Cluttering) . . . . . . . . . . . . 11 Definition und Ätiologie . . . . . . . . . 12 Symptomatik des Polterns . . . . . . . . 12 Tachylalie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Neurogenes Stottern. . . . . . . . . . . . 13 Wortfindungsstörungen . . . . . . . . . 14 Verbale Entwicklungsdyspraxie . . . . . 14 Strukturelle Gemeinsamkeiten des Stotterns . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Konsistenzeffekt . . . . . . . . . . . . . . 14 Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Adaptationseffekt . . . . . . . . . . . . . 15 Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Kommunikationsverantwortlichkeit . . 15 Interne Anforderungen . . . . . . . . . . 16 Anforderungen durch die Umwelt . . . 16 Inhaltliche Anforderungen . . . . . . . . 17 Prosodie und sprachliche Komplexität . 17 Einfluss motorischer Elemente auf den Redefluss . . . . . . . . . . . . . . . 17
2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2
2.3 2.3.1 2.3.2
2.3.3 2.3.4
2.3.5
2.3.6 2.3.7 3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.2 3.2.1
Wie entsteht Stottern? . . . . . . . . . Aktueller Forschungsstand . . . . . . . . Entstehungstheorien im Spiegel ihrer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktuelle Forschungsschwerpunkte und -ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . Modell zur multifaktoriellen Verursachung . . . . . . . . . . . . . . . Was soll man sich unter der Disposition vorstellen? . . . . . . . . . . . . . . . . . Modell zum Zusammenwirken der verschiedenen Faktoren. . . . . . . . . . Das Anforderungsund Kapazitäten-Modell . . . . . . . . . Faktoren, die zusammen mit Stottern beobachtet werden können . . . . . . . . Familiäre Häufung und genetische Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . Störung der zentralen Wahrnehmungsentwicklung . . . . . . . Umstellung von auditivem auf kinästhetisches Feedback . . . . . . Gestörte Timing-Prozesse . . . . . . . . Zusammenhang mit psycholinguistischen Fähigkeiten . . . . . . . . Stottern ohne Auffälligkeiten der Sprachentwicklung . . . . . . . . . . Stottern und Sprachentwicklungsverzögerung. . . . . Störungen der psychosozialen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . Persönlichkeitsmerkmale . . . . . . . . . Psychosoziale Interaktionsstörung. . . . Resultierende Risikofaktoren. . . . . . . Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19 20
ICF – Ein Denkmodell mit System. . . Vorteile und Ziele der ICF-basierten Stottertherapie . . . . . . . . . . . . . . . Ressourcenorientierung. . . . . . . . . . Gemeinsame Sprache . . . . . . . . . . . Übergreifende Zielsetzung . . . . . . . . Standardisierte Beschreibungen . . . . . Was ist die ICF? . . . . . . . . . . . . . . ICF, ICD und ICIDH – den Durchblick behalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
20 20 21 21 22 23 24 25 26 26 28 29 29 29 30 31 31 32 33
36 36 36 36 36 37 37
XII
Inhalt
3.2.2
Wichtige Begrifflichkeiten und Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . Konzepte der Körperfunktionen und -strukturen . . . . . . . . . . . . . . Konzept der Aktivitäten. . . . . . . . . . Konzept der Teilhabe . . . . . . . . . . . Kontextfaktoren . . . . . . . . . . . . . . Aktuelle Bedeutung und Schwächen . . Aktuelle Bedeutung der ICF im Gesundheitswesen . . . . . . . . . . . Schwächen der ICF . . . . . . . . . . . . Anwendung der ICF in Diagnostik und Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . ICF-orientierte Anamnese . . . . . . . . ICF-orientierte Erstellung des Befundes . ICF-orientierte Therapie . . . . . . . . .
3.2.3
3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.2 4.2.1 4.2.2
4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.2.7 4.3 4.3.1 4.3.2
5 5.1 5.2 5.2.1
38 38 39 40 41 42 42 43
5.3 5.4 5.4.1 5.4.2
44 44 44 47
Anamneseerhebung . . . . . . . . . . . 49 Situation des Erstgespräches . . . . . . . 50 Elemente und Funktionen des Erstgespräches . . . . . . . . . . . . . . . 50 Mit welchen Gefühlen und Fragen kommen die Eltern zum Erstgespräch? . 50 Anamnesefragebogen . . . . . . . . . . . 51 Beschreibung der aktuellen Symptomatik, Variabilität und Verlauf . 52 Umgang des Kindes und der Umwelt mit dem Stottern. . . . . . . . . . . . . . 52 Reaktion des Kindes: Störungsbewusstsein und Copingstrategien . . . . . . . . . . . 53 Reaktionen der Umwelt . . . . . . . . . . 54 Fragen zur emotionalen Konstitution und zum Verhalten . . . . . . . . . . . . 55 Fragen zu Aktivität und Teilhabe . . . . 55 Fragen zur kindlichen Allgemeinentwicklung . . . . . . . . . . 56 Familienanamnese. . . . . . . . . . . . . 57 Klärung der Therapiemotivation mit Eltern und Kind . . . . . . . . . . . . . . 57 Die Anamnese bei unterschiedlichen Altersstufen . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Anwesenheit des Kindes – ja oder nein? . 59 Themen des Erstgespräches mit dem stotternden Kind. . . . . . . . . . . . . . 60 Befunderhebung . . . . . . . . . . . . . Erstdiagnostik als Grundlage der Therapieplanung. . . . . . . . . . . . . . Arbeitsprinzipien . . . . . . . . . . . . . Ressourcenorientierte Diagnostik und Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.2 5.2.3 5.2.4
61 62 62 62
5.4.3
5.4.4
5.4.5 5.5 5.5.1
5.5.2 5.6
5.7
6 6.1
Der Umgang mit dem Tabu Stottern. . . Die enge Orientierung am Kind . . . . . Durchführung und Dokumentation der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befundbogen. . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsparameter und ihre Relevanz für die Therapie . . . . . . . . . Von der Diagnostik zur Therapieplanung . . . . . . . . . . . . . Untersuchung der verschiedenen Sprechleistungsstufen . . . . . . . . . . . Qualitative Untersuchung der Sprechleistungsstufen. . . . . . . . . Quantitative Auswertung der Sprechproben: CountBasic . . . . . . Methodisches Vorgehen bei der Untersuchung der Sprechleistungsstufen. . . . . . . . . Überprüfung von Konsistenz und Adaptation . . . . . . . . . . . . . . Auswertung der erhobenen Daten . . . . Differenzialdiagnose Poltern . . . . . . . Kommunikationsverantwortlichkeit als differenzialdiagnostisches Kriterium . . Diagnostik des Mischbildes Stottern – Poltern . . . . . . . . . . . . . Beobachtung von Einflussfaktoren . . . Beobachtung psychosozialer Aspekte . . Verhaltensauffälligkeiten . . . . . . . . . Eltern-Kind-Interaktion . . . . . . . . . Der Einfluss der Sprachentwicklung . . Einschätzung der motorischen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . Fragebögen zu den Auswirkungen des Stotterns . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielauswertung und Erstellung des Befundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswertung der Stichprobe. . . . . . . . Quantitative Erfassung . . . . . . . . . . Qualitative Auswertung und Interpretation . . . . . . . . . . . . . Die Formulierung des Befundes . . . . . Effiziente Methoden zur Überprüfung der Symptomatik bei Verlaufskontrollen . . . . . . . . . . . Beratungsgespräch nach Anamnese und Diagnostik . . . . . . . . . . . . . .
63 64
Ausgewählte Therapiekonzepte . . . Direkte und indirekte Therapieansätze – Eckpunkte der Stotterbehandlung . . . .
89
64 65 65 65 66 67 69
70 73 74 75 75 75 76 77 79 79 80 80 81 83 83 83 83 84
85 86
90
XIII Inhalt
6.1.1 6.1.2 6.2 6.3 6.3.1 6.3.2 6.4 6.5 6.5.1 6.5.2 6.5.3 6.5.4
6.5.5 6.5.6
6.6 6.6.1 6.7 6.7.1 6.7.2 6.8 6.9
7
7.1.1 7.1.2
Indirekter Therapieansatz. . . . . . . . . Direkter Therapieansatz . . . . . . . . . Zeitliche Abfolge. . . . . . . . . . . . . . Indikationskriterien für die Auswahl des Therapieansatzes . . . . . . . . . . . Vorbeugendes oder therapiebegleitendes Elterntraining . . . . . . . . . . . . . . . Präventivkonzept nach Irwin. . . . . . . Berliner Gruppenelterntraining nach Motsch und Schmidt (1996) . . . . . . . Spieltherapeutisch geprägte Sprachtherapie (Katz-Bernstein). . . . . Fluency-Shaping-Programme . . . . . . Beschreibung des Verfahrens. . . . . . . Wann ist die Entscheidung für ein Fluency Shaping sinnvoll? . . . . . . . . Vor- und Nachteile von FluencyShaping-Programmen. . . . . . . . . . . Die Kombination von FluencyShaping-Programmen mit modifizierenden Verfahren . . . . . . . . Beispiel für Fluency Shaping: Das Lidcombe-Programm . . . . . . . . Kasseler Stottertherapie und das FRANKA-Konzept . . . . . . . . . . . . Der Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprechtechniken – ein Überblick . . . . Welche Technik passt zu welchem Kind? Modifikationstherapie nach Dell und van Riper . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderform: KIDS. . . . . . . . . . . . . Neuere Trends in der Stottertherapie . . Vielfältige Rahmenbedingungen: ambulante oder stationäre Behandlung, Intensivtherapien und Intervallbehandlungen . . . . . . . . . . Kriterien und Voraussetzungen für die Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . Plädoyer für einen frühzeitigen Therapiebeginn . . . . . . . . . . . . . . Warum sollte die Therapie so früh wie möglich einsetzen? . . . . . . . . . . Welche Gegenargumente werden gemeinhin angeführt?. . . . . . . . . . . Gefahr der Entwicklung von »Störungsbewusstsein«. . . . . . . . Spontanremissionen . . . . . . . . . . . Individuelle Gründe . . . . . . . . . . .
90 90 91
7.2 7.2.1
91 93 93
7.2.2
94 94 96 96
7.2.3
7.2.4 96 97
97
7.3 7.3.1 7.3.2 7.4
98 103 103 103 106 106 108 108 109 111
7.4.1 7.4.2 7.4.3 7.4.4 7.5 7.5.1 7.5.2 7.5.3 8
112
8.1 8.2 8.3
115 116 116 116 116 117 117
8.3.1 8.3.2 8.3.3 8.3.4 8.3.5 8.4 8.4.1
Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . Vorschulkinder ohne Sprachstörungen, deren Eltern besorgt sind . . . . . . . . . Dilemma für die Therapeutin . . . . . . Mögliche Therapiebausteine . . . . . . . Entwicklungsbedingte Unflüssigkeiten . Mögliche Therapiebausteine . . . . . . . Kinder mit beginnendem Stottern, deren Eltern nicht besorgt sind. . . . . . Dilemma für die Therapeutin . . . . . . Mögliche Therapiebausteine . . . . . . . Kinder mit beginnendem Stottern, deren Eltern besorgt sind . . . . . . . . . . . . . . Mögliche Therapiebausteine . . . . . . . Kinder mit beginnendem bis manifestem Stottern, deren Eltern mäßig bis etwas besorgt sind . . . . . . . . . . . . . . . . . Mögliche Therapiebausteine . . . . . . . Prognosefaktoren . . . . . . . . . . . . . Verlaufsprognose . . . . . . . . . . . . . Therapieprognose . . . . . . . . . . . . . Therapeutische Grundhaltung gegenüber Kind und Bezugspersonen . . Einflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haltung gegenüber dem Kind . . . . . . Haltung gegenüber den Eltern . . . . . . Geteilte Verantwortung, Zielvereinbarungen und Motivation. . . Umgang mit dem Stottern in der Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akzeptanz des Stotterns durch die Therapeutin . . . . . . . . . . . . . . . . Sprechen über das Stottern . . . . . . . . Unflüssige und flüssige Tage . . . . . . . Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung. Die Bausteine im Überblick . . . . . . . Atemtherapie und Tonusregulation . . . Körpersprache und rhythmischmelodischer Ausdruck . . . . . . . . . . Blickkontakt und Turn taking . . . . . . Rhythmisch-melodischer Ausdruck . . . Körpersprache . . . . . . . . . . . . . . . Sprechtempo . . . . . . . . . . . . . . . . Analyse von Aufnahmen . . . . . . . . . Synthese der Einzelaspekte . . . . . . . . Emotionaler Ausdruck und kreatives Gestalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Rolle spielen Emotionen in der Therapie des Stotterns? . . . . . . . . . .
117 118 118 118 118 118 119 119 119 119 120
120 120 120 120 121 121 121 122 122 123 125 125 126 126
127 129 130 132 132 132 133 134 134 135 135 135
XIV
Inhalt
8.4.2
Das Besondere dieses Bausteins . . . . . Möglichkeiten und Grenzen spieltherapeutischer Elemente in der Logopädie . . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzipien für die Arbeit am emotionalen Ausdruck . . . . . . . . Einbeziehen der Eltern . . . . . . . . . . Zulassen und Erleben von Schutz und Geborgenheit (die Phase des Urvertrauens) . . . . . . . Ausagieren von Aggression und Wut (die Phase der Autonomie) . . . . . . . . Sich Abgrenzen – Verhandeln – Nein-Sagen – sich Durchsetzen (die Phase der Initiative) . . . . . . . . . Förderung der Sprechfreude und Abbau von Sprechängsten . . . . . . . . Spiel mit »primärer Kommunikation« . Desensibilisierung gegen negative Reize . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzipien der Desensibilisierung . . . . Desensibilisierung gegen Unterbrechungen und ungünstiges Zuhörerverhalten . . . . . . . . . . . . . Reduzierung belastender Bewertungen von Sprechunflüssigkeiten . . . . . . . . Pseudostottern . . . . . . . . . . . . . . Desensibilisierung gegen Fixierungen und Blockierung . . . . . . . . . . . . . Abbau von situativen Ängsten bei Schulkindern und Jugendlichen . . . . . Vielseitig einsetzbare Methoden in der Phase der Desensibilisierung . . . . Was tun, wenn .... . . . . . . . . . . . . . Förderung der Eigen- und Symptomwahrnehmung . . . . . . . . . Grundlegendes bei der Wahrnehmungsförderung . . . . . . . . Eigenreflexion . . . . . . . . . . . . . . . Was tun, wenn .... . . . . . . . . . . . . . Modifikation des Stotterns und Modeling . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modifikation . . . . . . . . . . . . . . . . Enge Verknüpfung zu anderen Therapiebausteinen . . . . . . . Die Nachbesserung – Das Zielmodell im Mund des Kindes . . Die Prolongation – Sprechtechnik und Vorübung zum Pull-out . . . . . . . Der Pull-out – Die Befreiung aus dem Klemme . . . . . . . . . . . . .
8.4.3
8.4.4 8.4.5
8.5 8.5.1 8.5.2
8.5.3
8.5.4
8.5.5 8.5.6 8.5.7
8.6 8.6.1
8.7 8.7.1
136
136 137 137
138
8.7.2
139
8.8
141 143 143 143 144
8.8.1 8.8.2 8.8.3 8.8.4
8.8.5 8.8.6 8.9
145 145 145
Reduzierung der Anzahl der Wiederholungen . . . . . . . . . . . 165 Veränderung von Dehnungen . . . . . . 166 Die Werkzeugkiste – Ein vielseitiges Spiel zur Modifikation der Sprechweise . . . . 166 Die Ampel . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Abbau von Mitbewegungen . . . . . . . 168 Bearbeitung negativer Einstellungen . . 168 Rolle der Eltern . . . . . . . . . . . . . . 168 Modeling – Modifikation für kleine Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Bedeutung der Gruppentherapie und des sozialen Lernens. . . . . . . . . . . . 169 Gruppe als Ort der Kommunikation . . 169 Gruppe als Katalysator . . . . . . . . . . 170 Wann ist eine Gruppe sinnvoll? . . . . . 170 Auf die Mischung kommt es an – Hinweise zur Zusammenstellung einer Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Welche Auswahlkriterien gibt es? . . . . 171 Inhalte der Gruppentherapie . . . . . . 172 Therapie des Polterns . . . . . . . . . . . 174 Aspekte der Poltertherapie . . . . . . . . 174 Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Übungen zur Verbesserung der Artikulationsschärfe und Reduzierung der Artikulationsrate . . . . . . . . . . . 175
150 9 150 151 154
9.1 9.2
155
9.2.1
155 158 158
9.2.2
159 159 159 160
9.2.3 9.3
161 162
9.3.1 9.3.2
Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training . . Die Bausteine im Überblick . . . . . . . Information zum Stottern und zu beeinflussenden Faktoren. . . . . . . . . Auseinandersetzung mit Diagnose und Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Frage nach den Ursachen . . . . . . Was steht hinter diesen Vermutungen und der Frage nach den Ursachen? . . . Umgang mit den Erklärungsversuchen . . . . . . . . . . . Wie kann die Therapeutin mit den Schuldgefühlen umgehen? . . . Die Frage nach anderen, besonders erfolgreichen Therapieformen . . . . . . Aufzeigen einer Perspektive . . . . . . . Hilfestellung zur Akzeptanz und zum Umgang mit dem Stottern . . . . . . . . Stottertagebuch . . . . . . . . . . . . . . Metaphern und Analogien . . . . . . . .
177 179 180 180 180 181 181 181 181 181 182 182 183
XV Inhalt
9.3.3
9.3.4 9.4 9.5 9.5.1
9.5.2 9.5.3 9.6 9.6.1 9.6.2 9.6.3 9.7
9.8 9.8.1 9.8.2 9.8.3
Gelassener Umgang mit dem Stottern. . Körpersprachliche Signale . . . . . . . . Systemischer Aspekt. . . . . . . . . . . . Sprechen über das Stottern . . . . . . . . Allgemeine Förderung des flüssigen Sprechens. . . . . . . . . . . . . . . . . . Reduktion von sozialem Stress . . . . . . Emotionale Verunsicherung . . . . . . . Förderung des Selbstvertrauens . . . . . Kultur des Zuhörens und des Gespräches . . . . . . . . . . . . Aufregung und kritische Lebensereignisse . . . . . . . . Ruhe als zusätzliche Leistung unter Stress . . . . . . . . . . . Geschwisterrivalität . . . . . . . . . . . . Leistungsdruck. . . . . . . . . . . . . . . Demütigende Erfahrungen . . . . . . . . Umgang mit Veränderungen und neuen Situationen . . . . . . . . . . Konflikte bezüglich Grenzen und Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . Medienkonsum . . . . . . . . . . . . . . Verhaltensauffälligkeiten . . . . . . . . . Zeitlicher Stress . . . . . . . . . . . . . . Umsetzung im Alltag . . . . . . . . . . . Mobilisierung der Väter. . . . . . . . . . Besondere Rolle der Väter . . . . . . . . Was machen Väter anders? . . . . . . . . Chancen durch Einbeziehen der Väter . Sprachliches Kommunikationsverhalten Reduzieren des Sprachniveaus und der sprachlichen Komplexität. . . . . . . . . Verzicht auf Sprechaufforderungen . . . Sprechdruck . . . . . . . . . . . . . . . . Aufregung . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gut gemeinte Ratschläge . . . . . . . . . Kultur des Zuhörens. . . . . . . . . . . . Feste Spiel- oder Gesprächszeit . . . . . Besonderheit beim Baustein Modifikation . . . . . . . . . . Fluency Shaping durch die Eltern . . . . Was tun wenn ...? . . . . . . . . . . . . . Erarbeitung der Bausteine in Elterngruppentrainings . . . . . . . . . . Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswertung von Videoaufnahmen . . . Regeln für Rückmeldungen aus der Gruppe. . . . . . . . . . . . . . .
184 184 184 184
9.9
185 185 186 186
10 Wann ist die Therapie beendet? . . . 10.1 Gute Gründe, eine Therapie zu beenden . 10.1.1 Die rechtzeitige Vorbereitung auf das Ende der Therapie mit dem Kind . . . . 10.1.2 Die Chancen einer »endlichen« Therapie für Jugendliche . . . . . . . . . 10.2 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . .
186
9.9.1
Zusammenarbeit mit Erzieherinnen und Lehrerinnen. . . . . . . . . . . . . . 196 Informationsabend für Erzieherinnen und Lehrerinnen . . . . . . . . . . . . . 196 199 200 200 201 201
186 11 186 186 187 188 188 188 188 189 189 189 190 190 190 191 191
12
12.2 12.2.1 12.2.2 12.3
191 192 192 192 192 192 192 192
12.4 12.5
12.6
12.7 193 193 193 194 194 195 195 196
12.8 12.9 12.10 12.11
Qualitätssicherung in der Stottertherapie . . . . . . . . . . . . . . Fachkompetenz . . . . . . . . . . . . . . Sozial- und Selbstkompetenz. . . . . . . ICF-Orientierung . . . . . . . . . . . . . Evidenzbasiertes Arbeiten und (Selbst-) Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . .
203 204 204 204 204
Anhang Kopiervorlagen für die Praxis . . . . . 207 Anamnesefragebogen für Stottern bei Kindern und Jugendlichen . . . . . . 209 Befundbogen für Stottern bei Kindern und Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . 215 Ergänzungsbogen für Klein- und Vorschulkinder . . . . . . . . . . . . . . 218 Ergänzungsbogen für Schulkinder und Jugendliche . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Protokoll zur quantitativen Auswertung von Sprechproben ohne CountBasic . . . 223 Protokoll zur Verlaufsdiagnostik. . . . . 224 Grafik zur Veranschaulichung der ermittelten Stotterraten verschiedener Sprechleistungsstufen . . . . . . . . . . . 226 Leergrafik zur Darstellung der Stotterrate im Therapieverlauf zum Ausfüllen per Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Das Anforderungs- und KapazitätenModell zur individuellen Anpassung . . 227 Das Anforderungs- und KapazitätenModell (nach Starkweather) . . . . . . . 228 Tabelle Differenzialdiagnostik Stottern . 229 Stolperstein – Fragebogen zu den Auswirkungen des Stotterns für Schüler . 230 Stolperstein – Auswertung des Fragebogens zu den Auswirkungen des Stotterns für Schüler . . . . . . . . . 233
XVI
Inhalt
12.12
Stolperstein-E: - Fragebogen zu den Auswirkungen des Stotterns für Eltern jüngerer Kinder . . . . . . . . . . . . . . 237 Stolperstein-E: Auswertung des Fragebogens zu den Auswirkungen des Stotterns für Eltern jüngerer Kinder . . . . . . . . . . 239 Merkblatt für Eltern . . . . . . . . . . . . 242 Merkblatt für Lehrerinnen . . . . . . . . 243 Merkblatt für Erzieherinnen . . . . . . . 245 Informationsabend für Erzieherinnen und Lehrer . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Therapiebausteine mit dem Kind in Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training . . . 250
12.13
12.14 12.15 12.16 12.17 12.18 12.19
13
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
14
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . 259 Internet-Materialien . . . . . . . . . . . 264
1 Klinik des Stotterns 1.1
Versuch einer Definition
–2
1.2
Häufigkeit und Verbreitung
1.3
Unterscheidung und Definition von Kern- und Begleitsymptomen – 3
1..3.1
Abke ehr von überholten Begrriff iffen
1.3.2
Fun nk nktionelle Unflüssigkeite en vss. Symptomatische Unflüssigk gkeiten n
1.3.3.
Ke ernsymptomatik
1.3.4
Begleitsymptomatik und Co Copingstrategien – 4
1.4
Abgrenzung Sprechunflüssigkeiten – beginnendes Stottern – Stottern – 7
1.4.1 1
Altersgemäße Spre echunflüssigkeiten
1.4 4. 4.2
Beginnendess Stotttern
1..4.3
Manifestes Stotttern
1.5
Abgrenzung gegen andere Auffälligkeiten des Redeflusses
1.5.1
Poltern (Clutttering) – 11
1.5.2
Tachylaalie
1.5.3
Neuro ogen nes Stottern – 13
1.5.4
Worttfi find dungsstörungen
1.5.5
Verb bale Entwicklungsdyspra raxie e
1.6
Strukturelle Gemeinsamkeiten des Stotterns – 14
1.6.1
Ko onsisstenzeffekt
1.6.2
Adap ptationseffekt
1.6.3
Kom mmunikationsveranttwo ortlichkeit
1.6.4
Einfl fluss motorischer Ele eme ente auf den Rede efluss
–3
–3 –3
–4
–7
–8 – 11
– 12 – 14 – 14
– 14 – 15 5 – 15 – 17 7
– 11
2
Kapitel 1 · Klinik des Stotterns
7
Stottern ist kein einheitliches Krankheitsbild, sondern ein Syndrom, das sich aus individuell sehr unterschiedlichen sprachlichen, motorischen und psychosozialen Symptomen zusammensetzt. Die Redewendung »Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe« hat für das Störungsbild Stottern große Gültigkeit. Unterschiedliche Lern- und Entwicklungsgeschichten beeinflussen die Ausformung der Symptomatik erheblich. So ist das Erscheinungsbild trotz vieler Gemeinsamkeiten individuell sehr verschieden, da selbst gleiche Symptome verschiedenartige Ursachen haben können. Die folgenden Kapitel bilden mit der Beschreibung von Symptomen und Regelhaftigkeiten des Stotterns sowie der Abgrenzung zu anderen Störungen des Redeflusses die Grundlage der Diagnostik und der am Einzelfall orientierten Therapieplanung.
8
1.1
1 2 3 4 5 6
9 10
Versuch einer Definition Stottern ist kein ein einheitliliche c s Krankh kheitsbild, d, sondern der n ein ein Syn Syndrom, das ass si s ch au aus individ duell seh hr hr unterschiedlich ichen e sprach en hlic li hen n, motoris ischen und d psych psychosozialen en Sy S mpto om n zusamm omen mensetzt zt. zt
13 14 15 16
Vielfältige Auffälligkeiten. Stottern ist eine intermittierend auftretende Störung des Sprechablaufs, die bei längerem Bestehen die gesamte Kommunikation und Sozialisation des Stotternden stark beeinträchtigen kann. Auffälligkeiten im Redefluss. Die Rede ist gekennzeichnet von häufigen Unterbrechungen durch Wiederholungen, Dehnungen oder völligen Blockierungen von Lauten, Silben und Wörtern. Die Sprechunflüssigkeiten können in Begleitung anderer Auffälligkeiten auftreten, welche die Kommunikation und die Lebensqualität des Stotternden zusätzlich stören.
17 18 19 20 21
Psychosoziale Einschränkungen. Auch im Bereich psychosozialer Fähigkeiten kommt es möglicherweise zu deutlichen Beeinträchtigungen. Eine große Rolle spielt hierbei ein durch spezifische Ängste verursachtes sprachliches und situatives Vermeideverhalten, mit dessen Hilfe unangenehme Momente entweder vermieden oder erträglicher gemacht werden sollen. Diese Verhaltensweisen haben häufig eine zunehmende soziale Isolation des Stotternden zur Folge. In . Übersicht 1.1 sind die möglichen betroffenen Teilbereiche zusammenfassend dargestellt. > Beachte
11 12
. Üb bersicht 1.1 1 Mögllicche h Auffällig gkeiten in nnerhalb a dess Syndroms ms Stottern 4 Stö törrung der Re ede 4 Sprracchliche Phään nom omene 4 Auff ffäll ä igk ig eiten im Be Berreic ei h nonverbaler Kom mmunika katio ion 4 Mitbewegu egunge ng n 4 Psychosozial ale e Auffä uff lligkeiten
Gestörte Kommunikation. Dazu gehören sowohl sprachliche Phänomene (z. B. der Einsatz von Füllwörtern, das Weglassen, Ersetzen oder Hinzufügen einzelner Laute und Wörter) als auch nichtsprachliche Erscheinungen wie Mitbewegungen des Gesichtes (z. B. Blinzeln, Tremore der Lippen, des Kiefers und der Wangen) und des Oberkörpers sowie Veränderungen der Atmung. Reduzierte Gestikk und Mimik können die nonverbale Kommunikation behindern.
Bei länger bestehender und fortgeschrittener Ausformung der Symptomatik gerät bei vielen Stotternden dann im Jugendlichen- und Erwachsenenalter die gesamte Lebensgestaltung zunehmend unter das Diktat des Stotterns, sodass die Auswirkungen des Stotterns oft bedeutsamer sind als die Sprechunflüssigkeiten selbst.
Flüssige und unflüssige Phasen können einander abwechseln. Die Symptomatik ist häufig von äußeren Faktoren abhängig. So können sich bestimmte Situationen, wie z. B. Telefonieren oder Hektik, negativ auf den Redefluss auswirken. Auch interne Faktoren wie die subjektiv erlebte oder tatsächliche Kommunikationsverantwortlichkeit haben Einfluss auf das Stottern (7 Kap. 1.6.3).
3 1.3 · Unterscheidung und Definition von Kern- und Begleitsymptomen
Fazit 4 Ein ne einheitliiche h Definiition de des Stottterns ist au ufgru g nd derr Ko Komplexittät ä der Störung un nd ihrrer vielfältige en Ursachenkon ko stellatio kon tio ion nen ersscchw hwert. 4 Stotte tern rn ist in der Reg ege el kein konstantes Ph hänomen n, sond o ern tritt situa uativ t v in un unter tersc sch hied iedlicher Ausp sprrägu äg ng auf. 4 Betroffen istt di d e ges ge amte Kommunikation.
1.2
Häufigkeit und Verbreitung Bei aller individu duell el en Sym ell ymptomatikk zeigt das as Syndro Syn drom m Stot St tern doch och ch auch statistisch c belegt gte gt Gemeinsamkei keiten te en. Diese e Daten n können n beglei-tend d zur zur Elternberatu attung verrwendet d werd den.
Spontanremissionen. In der Bundesrepublik Deutschland weisen 3–5% aller Kinder, jedoch nur noch 1% aller Erwachsenen eine Stottersymptomatik auf. Bei vielen Kindern kommt es, spontan oder bedingt durch eine Therapie, zu einer Remission der Störung. Johannsen (2001b) beschreibt jene Faktoren, die eine Rückbildung der Symptomatik erschweren: 4 früher Beginn des Stotterns, ohne vorherige Phase flüssigen Sprechens, bei ansonsten weitgehend unauffälliger Sprachentwicklung, 4 männliches Geschlecht, 4 weitere stotternde Familienmitglieder, 4 hartnäckige, schwer beeinflussbare Symptomatik, 4 Linkshändigkeit. Das Verhältnis von männlichen zu weiblichen Stotternden verschiebt sich von 3:1 in der Kindheit auf ca. 9:1 im Erwachsenenalter. Physiologische Unflüssigkeiten. Etwa 80% aller Kinder (vgl. Böhme 2003, S. 123; Johannsen u. Johannsen 1998, S. 478) machen eine Phase mehr oder minder ausgeprägter physiologischer Unflüssigkeit im Rahmen ihrer Sprachentwicklung mit, die sich nach wenigen Wochen bis Monaten wieder legt. Frühe Entstehung. 66% aller Stotternden entwickeln die Störung bis zum 6. Lebensjahr (vgl. Wirth 2000). Auch der Eintritt in die Pubertät gilt als kritische Phase zur Entstehung von Stottern. Erwachsene
1
beginnen sehr selten zu stottern. Die Ursachen hierfür dürften überwiegend neurogener oder psychogener Natur sein.
Fazit 4 Stotterrn entstehtt mei m st in n der d sensiblen n Phase des Sprache herwe r rbes. 4 In dieserr Phase komm mmt mt es eher zu Spontan nremission re ne en n.
Unterscheidung und Definition von Kern- und Begleitsymptomen
1.3
Die Klassifikation auftretender Sy Sympt m ome istt für ü Diagnostik, Therap piep ieplanung sowie zu zur prognosstische ti h n Beur B rtei teilun lu g gleiche chermaßen relev evant. In diesem Kapitel ist neben be einer er Auseinander ersetzung zun g mit der Te T rminologiie eine e ge genaue Bescchre h ibung von Kern- und u Begleitsym ymptom ym omen zu finden.
1.3.1
Abkehr von überholten Begriffen
Lange Jahre wurden die Begriffe Primär- und Sekundärsymptomatik zur Beschreibung des Stotterns verwendet. Diese Nomenklatur wird in der neueren Fachliteratur (z. B. Sandrieser u. Schneider 2008, Ochsenkühn u. Thiel 2005) übereinstimmend als nicht mehr haltbar beschrieben, da Beobachtungen von Entwicklungsverläufen keine zwingende Reihenfolge der Entstehung von Symptomen belegen konnten (z. B. Ambrose u. Yairi 1999, Onslow u. Packman 1999b). Aus diesem Grund werden inzwischen die Begriffe Kernund Begleitsymptomatik (7 Kap. 1.3.3 und 1.3.4) präferiert. Auch wird auf die Begriffe »klonisches« und »tonisches« Stottern zugunsten einer qualitativen Beschreibung von Stotterereignissen verzichtet.
1.3.2
Funktionelle Unflüssigkeiten vs. Symptomatische Unflüssigkeiten
Nicht jede auftretende Sprechunflüssigkeit ist als Stottersymptom zu bewerten. Funktionelle Unflüssigkeiten entstehen meist als Folge von Unregelmäßigkeiten in der Sprach-Handlungs-Planung. Sie dienen dabei
4
1 2 3 4
Kapitel 1 · Klinik des Stotterns
dem Zeitgewinn für den Wortabruf, der syntaktischen Planung bzw. der gedanklichen Strukturierung der Aussage und kommen bei allen Sprechern vor. Natürlich können diese Unflüssigkeiten auch bewusst eingesetzt werden, um nicht unterbrochen zu werden. Typische funktionelle Unflüssigkeiten sind Wiederholungen ganzer Phrasen oder die lockere Wiederholung eines ganzen Wortes, der Einschub von Flicklauten wie »ähm« aber auch Unflüssigkeiten, die in Folge von Umstrukturierungen des Satzes während des Sprechens entstehen. Sie alle sind anstrengungsfrei, beein-
5
trächtigen das natürliche Zusammenspiel von Prosodie und Sprechrhythmus nicht und wirken daher auf den
6
14
Zuhörer auch bei größerer Auftretenshäufigkeit nicht unbedingt störend. Symptomatische Unflüssigkeiten hingegen betreff fen kleinere Einheiten: Es werden Silben und Laute wiederholt, die ursprüngliche Form des Wortes geht zunehmend verloren. Sie sind meist begleitet von mehr oder weniger stark ausgeprägtem Anstrengungsverhalten. Symptomatische Unflüssigkeiten führen zur für das Stottern typischen »Zertrümmerung« der Wortform. Verzögerungen, Dehnungen und Blockierungen stören den Sprechrhythmus und -ablauf. Je nach Ausprägung kann sekundär auch die Sprechatmung mit betroffen sein. Auf quantitativer Beschreibungsebene spricht man erst von Stottern, wenn mehr als 3% der gesprochenen Silben den symptomatischen Unflüssigkeiten zuzuordnen sind (Ambrose u. Yairi 1999). So lange die auftretenden Unflüssigkeiten weniger als 3% der gesprochenen Silben betragen, sollten der Qualität der Unflüssigkeiten sowie der Dauer der Störung besonders große Aufmerksamkeit hinsichtlich der Differenzialdiagnose »beginnendes Stottern« gewidmet werden (7 Kap. 1.4.2).
15
1.3.3.
7 8 9 10 11 12 13
16 17 18 19 20 21
Kernsymptomatik
Für die Diagnose Stottern relevante Symptome des Redeflusses bezeichnet man als Kernsymptome. Sie bestehen aus: Ganzwortwiederholungen: wenn sie spannungsreich sind und mit schnellen Wiederholungen hervorgebracht werden (vgl. Ambrose u. Yairi 1999) Teilwortwiederholungen: »Be-be-be-be-bestimmt gewinne ich wieder!« Iterationen von Lauten: »K-k-k-k-kann ich noch was haben? Lautdehnungen: »Sssssssiehst du das Auto da unten?« unfreiwilligen Blockierungen: » Ich b- - rauche noch eine Schere.« Sie werden i. d. R. von großem Kraftein-
satz begleitet; oft mit sichtbarer Anspannung der an der Artikulation beteiligten Muskulatur. > Beachte Da das Ausmaß der Beeinträchtigung des Sprechablaufes durch die Kernsymptome sehr unterschiedlich sein kann, sollten sie stets durch Attribute wie »spannungsreich«, »eher locker« o. ä. und ggf. mit Hinweis auf ihre Häufigkeit näher beschrieben werden. (7 Kap. 5.5.2)
1.3.4
Begleitsymptomatik und Copingstrategien
Individuelle Symptomatik. Begleitende Auffälligkeiten entstehen aus dem Bedürfnis des Stotternden, die Kontrolle über seinen Sprechablauf wieder zu erlangen und entwickeln sich individuell. Während man die unbewussten Bewältigungsreaktionen als Begleitsymptome bezeichnet, wird jegliches bewusste und absichtliche Bewältigungsverhalten als Copingstrategie bezeichnet. Dabei verlaufen nicht alle Bewältigungsversuche gleichermaßen erfolgreich. Einige dieser Kompensationsversuche erscheinen zwar zunächst erfolgreich (z. B. Vermeidung unangenehmer Sprechsituationen), haben jedoch unmittelbar negative Konsequenzen für das Kind (z. B. soziale Isolation oder die Entwicklung von Sprechängsten). Positive Copingstrategien hingegen tragen zur Verbesserung des Redeflusses bei, so z. B. die Verlangsamung des Sprechtempos oder weiche Stimmeinsätze. Eine eindeutige Unterscheidung von negativen Copingstrategien und Begleitsymtomatik ist häufig nicht möglich, da allein aus der Beobachtung selten erkennbar ist, ob die Bewältigungsreaktion des Kindes auf seine Unflüssigkeiten bewusst gesteuert oder durch zufällige, unbewusste Lernprozesse entstanden ist. Tragfähige Hinweise auf das Vorhandensein von Copingstrategien sind daher nur über konkrete Aussagen des Kindes, z. B. durch den Fragebogen »Stolperstein« (7 Kap. 5.4.5) zu gewinnen. > Beachte Während v. a. bei motorischen Begleitstörungen noch nicht hinreichend geklärt ist, ob sie unabhängig von der Kernsymptomatik entstehen können, spricht das Vorhandensein negativer Copingstrategien eindeutig für bewusste Ankämpfreaktionen gegen das Stottern und damit für vorhandenes Störungsbewusstsein.
5 1.3 · Unterscheidung und Definition von Kern- und Begleitsymptomen
> Beachte Eine synonyme Verwendung der Begriffe »Begleitsymptomatik« und »negative Copingstrategie« sollte daher vermieden werden.
Zur genauen Erstellung des Befundes sollte nicht nur beschrieben werden, was ein Stotternder macht, es müssen auch Hypothesen gebildet und später überprüft werden, warum er sich auf diese Weise verhält. Hieraus werden Ansatzpunkte für das therapeutische Vorgehen entwickelt. Die Beschreibung möglicher Begleitsymptome und Copingstrategien folgt zur besseren Orientierung dem Aufbau des Befundbogens. Eine Kopiervorlage des Protokolls befindet sich im Internet.
Sprachliche Ebene Embolophrasien und Embolophonien. Sie sind sogenannte »Flickwörter« und »Flicklaute« und werden eingesetzt, um eine spannungsreiche Blockierung so lange zu verzögern, bis das Wort evtl. flüssig oder mit geringerer Anspannung gesprochen werden kann. Sie sind somit eine Symptom des sog. Aufschubverhaltens. Beispiel: »hm«, »äh«, »nnnn«, »eben«, »also so« aber auch sinnlose Lautfolgen wie »anga«, »obba« o.ä. Werden die Füllwörter geschickt gesetzt, fallen sie teilweise erst bei genauerem Hinhören auf. Mitunter ist ihre Abgrenzung von Startern schwierig. Starter. Als Starter werden Silben, Wörter oder Redewendungen bezeichnet, die vom Stotternden relativ sicher flüssig gesprochen werden. Häufig werden sie in Situationen erhöhten Sprechdrucks eingesetzt und dienen als »Starthilfe« für schwierig empfundene Wörter und Wortanfänge. Beispiel: »also, ich meine«, »ich sag mal«. Stop-and-go. Der Stop-and-go-Mechanismus bezeichnet einen Zyklus von mehrmaligen Anfängen und Abbrüchen des Wortes nach der Blockade. Es kommt dabei zu einem Zurückschnellen mit zum Teil sehr hoher Geschwindigkeit. Ziel dieses Verhaltens ist das Hinauszögern des Weitersprechens bis die Spannung weitgehend reduziert und damit die eigentlich Blockierung überwunden werden kann. Z. B. »mein Lie-- mein Lie-- mein Liii-- mein Lilliliee-- mein Liiieblingstier«; Möglich sind auch Neuanfänge mit anderen Wörtern. Beispiel: »Der D-d-d- der D-d-d-d-d- der Schulleiter«. Eine starke Beschleunigung des Sprechtempos im Satz wird als Propulsion bezeichnet.
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Verbales Vermeiden. Verbales Vermeiden ist das Ergebnis des Versuches, Blockaden sprachlich zu umgehen. Dazu gehören der Ersatz von Wörtern oder Satzteilen durch subjektiv einfacher auszusprechende Wörter oder Phrasen, Satzabbrüche mit und ohne Neustrukturierung und Umschreibungen. > Beachte Je besser der Wortschatz und die sprachlichen Fähigkeiten entwickelt sind, desto geschickter und unauff fälliger kann vermieden werden (z. B. »meine T-- die Schwester meiner Mutter«, »Der Mann, der die Post bringt«).
Schwa-Laut. Der sog. Schwa-Laut (»Halbvokal«) tritt bei Wiederholungen anstelle des Vokals auf. Er ist ein wichtiger differenzialdiagnostischer Hinweis auf Stottern (7 Kap. 1.4.2), da nicht nur die Struktur des Wortes zerstört, sondern auch der Vokal selbst in seiner Qualität verändert wird. Als Folge einer missglückten Koartikulation1 hat das Kind z. B. bei dem gestotterten Wort »H∂-H∂-Hand« das Ansatzrohr während der Bildung des Lautes /h/ noch nicht auf die Vorbereitung des nachfolgenden Vokals /a/ eingestellt. Da der Schwa-Laut mit geringerer Intensität gebildet wird und daher leichter realisierbar ist, belässt das Kind stattdessen die Artikulatoren in relativ neutraler Position (vgl. Randoll u. Jehle 1990, S. 140). Additionen, Substitutionen und Elisionen. Trotz gleicher Terminologie ist die hier beschriebene Veränderung der Aussprache nicht auf eine phonologische Störung zurückzuführen. Vielmehr können sie der Vermeidung schwieriger Laute oder Lautverbindungen dienen und treten normalerweise erst bei älteren Kindern mit ausgeprägter Lautfurcht auf. Bei derartigen Veränderungen muss immer auch differenzialdiagnostisch an Poltern oder eine Polterkomponente gedacht werden. Im Zusammenhang mit Poltern entstehen diese Symptome vor allem durch Flüchtigkeit und durch eine mangelhafte Integration der am Sprechen beteiligten Komponenten (7 Kap. 1.5.1). Auffälliges Sprechverhalten. Auffälliges Sprachverhalten kann bedeuten, dass ein Kind begonnen 1 Um ein flüssiges Sprechtempo zu gewährleisten, werden die Laute eines Wortes physiologischerweise nicht einzeln realisiert, sondern immer in Bezug auf den Folgelaut. So verändert sich die Einstellung des Ansatzrohres bei der Bildung des Lautes je nach folgendem Laut z. T. ganz entschieden.
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Kapitel 1 · Klinik des Stotterns
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hat, sich zurückzuziehen und nur noch in bestimmten, besser kontrollierbaren Situationen spricht bzw. dass es Situationen, in denen es wenig sprechen muss, bevorzugt. Andere Kinder hingegen verfallen auf das genaue Gegenteil: Sie werden zu »Dauersprechern« (vgl. Dell 1996), neben denen es schwer ist, sich sprachlich durchzusetzen. Unterschiedliche Gründe können das Kind zu diesem Verhalten veranlassen. Vielleicht glaubt es, nur so die Aufmerksamkeit auf sich lenken zu können, oder es will einer Unterbrechung durch den Zuhörer zuvorkommen, da jeder Neuanfang beim Sprechen ein erhöhtes Risiko zu stottern bedeutet. Auch der Einsatz künstlicher »Denkpausen« dient oft der Vermeidung und wird zum auff fälligen Sprechverhalten gezählt.
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> Beachte
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Veränderungen im Bereich des Sprechverhaltens sind oftmals bewusst gewählte Copingstrategien im Umgang mit auftauchenden Stottersymptomen.
Nicht-sprachliche Ebene Mitbewegungen. Als Parakinesen bezeichnet man Mitbewegungen der Extremitäten, des Oberkörpers oder des Kopfes. Gestik und Gebärden werden häufig durch Behelfshandlungen wie Fingerschnippen, auf die Oberschenkel schlagen oder Ähnliches ersetzt. Bei sehr ausgeformter Symptomatik ergeben sich manchmal ganze Abfolgen verschiedenster Mitbewegungen beim Versuch, Blockaden zu überwinden. Wurde die ursprüngliche Strategie unwirksam, kann eine neue Mitbewegung hinzukommen. Bei Vorschulkindern findet man eher selten Mitbewegungen, da die Redeflussstörung zur Ausformung mehrerer Mitbewegungen oftmals noch nicht lange genug besteht. Tremore des Kiefers oder der Lippen, die infolge erhöhter körperlicher Anspannung im Block entstehen, sind dagegen auch bereits bei jüngeren stotternden Kindern zu finden. Auch orale Geräusche wie Schmatzen oder Schnalzen treten mitunter bei sehr spannungsreichen Blockierungen auf und dienen dem zeitlichen Aufschub oder als Starthilfe. Veränderung des non-verbalen Kommunikationsverhaltens. Mimik und Gestik können als Reaktion auf das Stottern reduziert oder übertrieben beobachtet werden. Die Haltung kann unnatürlich unbewegt und starr wirken. Möglicherweise ist der Blickkontakt nur im Block oder aber allgemein reduziert. Auch dies ist ein Hinweis auf vorhandenes Störungsbewusstsein und hat differenzialdiagnostische Bedeutung.
Vegetative Reaktionen. Erröten, Zittern, Schweißausbrüche, erhöhter Puls oder Magenschmerzen können infolge von erhöhtem Stress begleitend auftreten. Stimmstörung. Infolge des allgemein erhöhten Körpertonus kann es zu einer hyperfunktionellen Stimmgebung kommen. Der Ventilton ist bei Blockaden mit deutlich erhöhter Anspannung oft hörbar. Beim Glottisstopp wird die Stimmgebung während der Phonation unvermittelt auf Glottisebene abgeschnürt. Suprasegmentale Elemente. Durch die Zunahme der Anspannung während der Blockade kann es zu einem Anstieg der Lautstärke und/oder der Tonhöhe kommen. Weiter kann es zu Veränderungen des Sprechtempos, des Rhythmus und der Atmung kommen. Bei den Atemauffälligkeiten treten Atemvorschub (spannungsreiche, hörbare Ausatmung vor dem Sprechbeginn), inspiratorisches Sprechen, Sprechen auf Restluft aufgrund der Überziehung der Atemmittellage, Schnappatmung oder paradoxe Atembewegungen auf (7 Kap. 1.7.3, Abschn. »Prosodie und sprachliche Komplexität«).
Psychische Ebene Störungsbewusstsein und Leidensdruck. Das Vorhandensein von Störungsbewusstsein und ggf. von Leidensdruck (7 Kap. 4.2.2) ist im Sinne der Differenzialdiagnose bezüglich beginnenden Stotterns und Entwicklungsunflüssigkeiten von großer Bedeutung (siehe auch 7 Kap. 1.4). > Beachte Störungsbewusstsein zeigt sich auf viele verschiedene Arten und äußert sich gerade bei Vorschulkindern in den seltensten Fällen durch eindeutige Äußerungen über das Stottern (7 Kap. 4.2.2, Abschn. »Reaktion des Kindes: Störungsbewusstsein und Copingstrategien« sowie 7 5.4.4, Abschn. »Störungsbewusstsein und Leidensdruck«).
Eingeschränkte Frustrationstoleranz. Durch fortgesetzte negative Erfahrungen mit dem Redefluss kann es zu einer allgemeinen Einschränkung der Frustrationstoleranz kommen. Die Erwartung vom Misserfolgen schwebt über dem Kind in allen anderen Bereichen. Es kann nicht verlieren, kann nicht abwarten oder kann Grenzen nur schlecht akzeptieren. Ängste. Manche Kinder werden allgemein ängstlich, entwickeln Wort- und Lautängste und/oder neigen zu situativem Vermeideverhalten indem sie z. B. andere für sich sprechen lassen oder bestimmte Situ-
7 1.4 · Abgrenzung Sprechunflüssigkeiten – beginnendes Stottern – Stottern
ationen und Personen meiden. Sie trauen sich allgemein immer weniger zu und entwickeln infolgedessen ein negatives Selbstkonzept. Weitgehende soziale Einschränkungen. Bleiben diese Symptome unbehandelt, werden sie sich zunehmend auf die Kontakte und damit auf die soziale Integration des Kindes auswirken. Möglicherweise wählt sich das Kind seine Hobbys oder seinen späteren Beruf allein nach dem Kriterium der sozialen Anforderung aus. Tatsächliche Interessen und Fähigkeiten werden dabei nicht berücksichtigt.
Fazit 4 Syymp ptomatische Unflüssigkkeiten besste t he en im Wesentlich hen aus Te Teilwortwiederh e olun nge en, spannung gsreichen n Blockierung gen un nd Dehnungen. Sie werden n auch alss Kernsym mpttome des Stott ttterns bezeichnet. 4 Die Beg egleitsymptomaatik t kann sich auf der spracchliichen, der nicht-spr spr prachlichen un nd/ oder der emo e tionalen Ebene man anif ifestieren und präg ägt das individuelle Erscheinungsbild des Stotter erns. 4 Bewusste Ver ersuc s he Unflüssigkeiten zu verändern werden als Cop Co ing ngstr s ategien bezeich chnet. Sie können sich pos positi i v oder negativv auf d Redefluss auswirken. den Vor or allem em die psychische Ebene der Begleitsymptomat atik sol so lte wegen ihrer Bedeutung für die Gesamtent ntwicklu klung des Kindes mit großer Sorgfalt beurteilt we werden n.
1.4
Abgrenzung Sprechunflüssigkeiten – beginnendes Stottern – Stottern Der differenzialdiagnostische Befu ef nd zwischen en alters alt ersgem gemäße äßen n Unflüssigkeiten, beg ginn in endem und manifestem Stotte ttern r bestimmt die Au A swahl der therapeutis tische chen Methode che oden. Im Rahmen en der Verlaufskontrollen ist jede ed Verän nder d ung des Befund fun des ei ein mögl mög icher Indika kator t fürr die to d Wirksamkeit der ausgewähl äh hlten te Therapie emet m ho oden (vgl. 7 Kap. 5.6).
1.4.1
1
Altersgemäße Sprechunflüssigkeiten
Begriffsvielfalt. Synonym verwendet werden physiologische Disfluency, Entwicklungsunflüssigkeiten, frühkindliche Sprechunflüssigkeiten und frühe Unflüssigkeiten. Von der Verwendung der Begriffe »physiologisches Stottern« oder »Entwicklungsstottern« wird wegen der Implikation eines pathologischen Zustandes abgeraten. Gerade in der Elternberatung können derartige Begriffe zu Verwirrung und Verunsicherung führen. Unreifes Sprachsystem. Im Rahmen der kindlichen Sprachentwicklung kommt es im Alter von 2 bis 5 Jahren häufig zu funktionellen Unflüssigkeiten der Rede, die auf die Unreife des gesamten Sprachsystems zurückzuführen sind 7 Kap. 1.3.2. Um einen Satz zu sagen, muss das kleine Kind viele, noch nicht gefestigte Einzelleistungen, wie z. B. Wortfindung, Satzplanung, artikulatorische Planung und schließlich die motorische Realisation koordinieren. Daneben wirken auf das Kind unterschiedliche situative Anforderungen ein (7 Kap. 2). Es ist nahe liegend, dass ein Vorschulkind dabei öfter »ins Stolpern« gerät als ein Kind mit weitgehend abgeschlossener Sprachentwicklung. Erscheinungsbild. Die Form des Wortes bleibt erhalten. Es kommt zu anstrengungsfreien Satzteil-, Wort- und gelegentlichen Silbenwiederholungen. Die wiederholte Einheit ist somit relativ groß. Es treten Pausen, kurze, spannungsfreie Dehnungen (unter 1 Sekunde) und Interjektionen auf, die der Planung dienen und den normalen Sprechfluss in Rhythmus und Prosodie nicht stören. In der Regel dauert diese Verunsicherung des Systems nicht wesentlich länger als ca. 6 Monate. i Tipp Bei längerem Bestehen der in . Übersicht 1.2 beschriebenen Unflüssigkeiten sollte neben einer sorgfältigen Stotterdiagnostik auch die allgemeine Sprachentwicklung umfassend begutachtet werden, da bestehende sprachliche Defizite für die auftretenden Unflüssigkeiten verantwortlich sein können. Zur genaueren Beschreibung der einzelnen Faktoren vgl. 7 Kap. 2.3.4 sowie 7 Kap. 5.4.4, Abschn. »Der Einfluss der Sprachentwicklung«.
Konsequenzen der Diagnose. Werden Entwicklungsunflüssigkeiten diagnostiziert, sollte im Rahmen eines Elterngespräches auf mögliche Verunsiche-
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Kapitel 1 · Klinik des Stotterns
. Übersicht 1.2 Kennzeichen funkt kttioneller Unfl flüssigkeite en 4 Maximal 6 Wie ederholunge en je 100 Wörte er 4 Wiederholung g von Satzte eilen und Wörterrn (maximal 2-m mal) weil, we eil, weil ich ... 4 Gelegentliche e Wiederholung von Silben (maximal 3-mal je Teilwortwie ederholung): wewe-we-wenn 4 Auftreten von In nterjektionen (max maxiimal 3 je 100 Wörter) 4 Stille Pausen zur Or Organisation der Äußerung 4 Vereinzelt spannungsfre freie Dehnungen, kür fre ürür ze er als 1 Sekunde 4 Unv nvollständige Sätze und Wörter im Sinne e err Revision (maximal 3 je 100 Wörter) ein 4 Vo Vorkom mmen von maximal 3 verschiedenen Forrmen m de d r hier genannten Sprechunflüssigkeitsttype y n Die oben besschr c ieb bene e n Kriterien sind eine Zusammenstellung g pra p xissrel re evanter Beobachtungen folgender Auto oren re : : Rand andoll oll u. u Je Jehle hle 1990, 19 : Johnson (1989), : Wend en landt 1998. Die hierr zusammengetragenen Daten diene nen n ledi lediglich als Anhaltspunkte zur besseren Einschätzung und stellen keine verbindlichen Schwellenwerte dar.
. Üb bersicht 1.3 Krritissche Signale, diie engere Ko Kontrollen von En ntw wicklungsunflüsssigkeiten n oder eine Ku urzze eitintervention erffordern 4 Die Auftretensh häufigkeit der d Symptomaatik überschreitet diie oben gen nannten Wer erte. 4 Es sind mehr als 3 Sprechunfl flüss ü ig gke eitstypen zu beo ob obachten (vgl. . Übersiccht 1.2). 4 Dass Kind zeigt weitere e Auffälligkeiten in sei eiei ner Sprachentwicklung. 4 Ess lieg gt eine familiäre Disposition für Stottern n ode er Sprachstörungen vor. 4 Das Ki Kind befi b ndet sich in einer problematischen n fami f miliä l ren Situation (Trennung, Umzug, Tod, fin finanzziel i le Sorgen o. Ä.). 4 Eltern oder Kin Kind werd erden durch die auftretenden Sprechun nflüs fl sigkei keiten ten stark stark beu beunruhigt. 4 Auf die Familie wird von Personen des näheren Umfeldes (Erzieher, Großeltern, Freunde e .) wegen der Unflüssigkeiten Druck ausetc geü eübt. b
1.4.2
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rungen eingegangen werden. Zur Veranschaulichung kann hierbei die . Tabelle 1.1 »Gegenüberstellung von altersgemäßen Unflüssigkeiten und beginnendem Stottern« herangezogen werden. i Tipp Die Möglichkeit, bei Bedarf erneut Kontakt zur Therapeutin aufnehmen zu können, wirkt sich in den meisten Fällen auf die familiäre Situation entlastend aus und beeinflusst damit die weitere Entwicklung der Sprechunflüssigkeiten indirekt positiv.
> Beachte Ist der Befund für die Therapeutin nicht eindeutig, muss das Kind in jedem Fall in regelmäßigen Abständen betreut und beobachtet werden, bis eine klare Entscheidung gefällt werden kann. Als Indikatoren für dieses Vorgehen sind die in . Übersicht 1.3 genannten kritischen Signale zu betrachten.
Beginnendes Stottern
Die Verwendung des Begriffes »beginnendes Stottern« weist auf qualitative Unterschiede zu physiologischen Unflüssigkeiten hin. Die Symptomatik ist in ihrem Erscheinungsbild noch nicht eindeutig festgelegt: Es treten altersgemäße Unflüssigkeiten gepaart mit echten Stottersymptomen auf. Die Dauer der bestehenden Symptomatik sollte hierbei eine untergeordnete Rolle spielen, da einige Kinder lange Zeit in diesem »Schwebezustand« verharren, während andere sehr schnell eine eindeutige Stottersymptomatik entwickeln.
Beginn Der Beginn des Stotterns ist nicht an einen bestimmten Zeitpunkt innerhalb der Sprachentwicklung gebunden. Zwar zeigen die meisten Kinder eine zunächst unauffällige Entwicklung des Redeflusses, bevor sie zu stottern beginnen; dennoch gibt es immer wieder Kinder, die bereits mit dem ersten Wort stottern. Hier ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine organische Komponente anzunehmen, die jedoch in dieser Altersgruppe meist nicht eindeutig geklärt werden kann. Je weiter ein Kind in seiner Sprachentwicklung fortgeschritten ist und je gefestigter die erworbenen
9 1.4 · Abgrenzung Sprechunflüssigkeiten – beginnendes Stottern – Stottern
1
. Tabelle 1.1. Gegenüberstellung von altersgemäßen Unflüssigkeiten und beginnendem Stottern Symptomatik
physiologische Unflüssigkeiten
beginnendes Stottern
Wort- und Silbenwiederholungen
ja
ja
Lautwiederholungen
–
ja
stumme Blockaden
–
ja
Dehnungen
kurz und spannungsfrei
Spannung bemerkbar; Dauer länger als 1 Sek.
Zahl der Unflüssigkeiten/ 100 Wörter
symptomatische Unflüssigkeiten: max. 3 und funktionelle Unflüssigkeiten: max. 6
über 3 symptomatische Unflüssigkeiten
Pausen
ja, zur linguistischen Planung
ja, zur linguistischen Planung und als Folge von Blockierungen der Atmung und Artikulation
Atmung
unauffällig; Schnappatmung bei engagiertem Erzählen
Atemauffälligkeiten vor oder im Wort
Schwa-Laut
–
ja
Phonationsabbruch
–
ja
Veränderung des Sprechtempos
–
ja
Veränderung des Sprechrhythmus
–
ja
Störungsbewusstsein
–
unklar
Begleitsymptomatik
–
–
Fähigkeiten sind, desto unwahrscheinlicher ist es, dass das Kind noch zu stottern beginnt. Im späten Jugendlichen- und Erwachsenenalter entstandenes Stottern findet sich häufig in Verbindung mit neurologischen Grunderkrankungen (7 Kap. 1.5.3).
Symptomatik Beim beginnenden Stottern dürfen alle Eigenheiten der normalen Sprechunflüssigkeiten, jedoch nur wenige des manifesten Stotterns vorkommen. Die Kennzeichen des beginnenden Stotterns sind in . Übersicht 1.4 genau aufgestellt. Im Gegensatz zu Entwicklungsunflüssigkeiten geht beim Stottern die natürliche Form der gesprochenen Wörter verloren 7 Kap. 1.3.2. Bei funktionellen Unflüssigkeiten werden Wortgrenzen beibehalten, bei beginnendem Stottern kommt es zu symptomatischen Unflüssigkeiten: das Wort wird auch außerhalb seiner natürlichen Grenzen »zertrümmert«. Es
kommt zu Lautwiederholungen; bei Silbenwiederholungen kann aufgrund von Problemen der Koartikulation der Schwa-Laut eingeschoben werden. Auch ein Abbruch der Phonation bei Vokalen, der sog. Glottisstopp, gekennzeichnet mit // (z. B. Wi–Wi– Wiese), spricht für beginnendes Stottern.
Warnsignale Sowohl die Verwendung des Schwa-Lautes (7 Kap. 1.3.4, Abschn. »Sprachliche Ebene«) als auch des Glottisstopps sprechen für den Versuch des Kindes, bestehende Wiederholungen zu überwinden. Diese Bemühungen stellen somit eine ungünstige Copingstrategie für auftretende Unflüssigkeiten dar und müssen unbedingt als Warnsignal verstanden werden. Weiter kann es zu einer Steigerung der Anspannung beim Sprechen kommen, die sich in Dehnungen (maximal 1 Sekunde), in stummen Blockaden, in
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Kapitel 1 · Klinik des Stotterns
. Üb bersicht 1.4 Kenn nzeichen des be eginnenden n Stotternss 4 Es sind mehr alss 3 Sprechu unflüssigkeitstypen hörb bar . 4 Es treten mehr als 3% sym mptomatische Unflüssigkeiten au uf . 4 Das Kind zeigt Ve eränderunge gen des Sp Sprechrhythmus und des Sprechtempos bei rh Siilben- und Wortwi wiederholungen. wi 4 Es kommt zu Lautde ehnu h ngen (>1 Sekunde) e)) , . 4 Be Bei Wiederholungen wird der er Schwa Schwa hwa-Laut ein ngeffügt ü (m∂–m∂–meine Puppe) , , . 4 Das Ki K nd d produziert Glottisstopps (ge-gege-ge geeesster t n) und/oder stumme Blockaden , . 4 Atemauffäl ällig li kei eiten t vor oder in einem Wort , sind hörrbar b . Die oben beschriebenen Krit ri erien sind eine Zu Zusammenstellung praxisrelevanter Beobachtungen folgender Autoren: Randoll u. Jehle tu (19 990) 9 , Johnson (1989), Wendlandt (1998), Am mbro b se u. Yairi (1999).
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Verspannungen der am Sprechakt beteiligten Muskulatur, in der Veränderung des Sprechtempos und/oder des Rhythmus im Block sowie in Atemauffälligkeiten äußern. > Beachte
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Schnappatmung, die bei kleineren Kindern bei engagiertem Erzählen relativ häufig auftritt, kann in diesem Zusammenhang nicht als Symptom des Stotterns bewertet werden.
! Cave Scheinbar fehlender Leidensdruck und Störungsbewusstsein sind kein verlässlicher Parameter in der differenzialdiagnostischen Beurteilung des beginnenden Stotterns.
Differenzialdiagnose: entwicklungsbedingte Unflüssigkeiten – beginnendes Stottern Die Gefahr, dass beginnendes Stottern irrtümlich als altersgemäße Sprechunflüssigkeiten eingeschätzt wird, ist durchaus gegeben, da es sowohl Anteile funktioneller als auch symptomatischer Unflüssigkeiten aufweist. Dies würde im schlechtesten Falle bedeu-
. Übe ersiicht 1.5 Aussch hlu uss funktionelller Unflüsssigkeiten n beim Auftre eten folgender Symptom me 4 Sppannnungsreiche Blockadeen (Glottisstoopp, stu umme Blockaden n) 4 Spaannnungsreiche Laautdehnungen 4 Schhw waa-Laut 4 Veränndeerungen des Sprech ec tempos inner ech erh er halb eines Wortes or 4 (Unklaree) Hi Hinweise auf das Störungsbewusstsein 4 Mitbewegung ngen 4 Vermeideverhaltten e Die beiden zuletzt genannten Symptome sind D ein nd deu utig tige Hinweise auf eine bereits ausgeformte Sto otte t rsy symptomatik und sprechen somit auch gegen das as Vorha rhandensein von beginnendem Stottern.
ten, dass ein Kind nicht oder erst viel zu spät therapeutisch versorgt wird und sich die Störung u. U. bereits verfestigt hat. Daher kommt der Differenzialdiagnose hier ein besonders hoher Stellenwert zu. Zum besseren Überblick werden in . Übersicht 1.5 Symptome aufgeführt, die eindeutig für das Vorhandensein von Stottern sprechen und somit physiologische Unflüssigkeiten ausschließen. Die . Tabelle 1.1 stellt altersgemäße Unflüssigkeiten und beginnendes Stottern zusammenfassend gegenüber. Sie dient der Differenzialdiagnose und der Beratung von Eltern normal unflüssiger Kinder. i Tipp In einer Kopie dieser Tabelle ( Ê Downloadbereich) können Symptome angekreuzt und Schwerpunkte der Störung optisch verdeutlicht werden.
Frühzeitiger Therapiebeginn. Je früher die Therapie bei Kindern mit beginnendem Stottern aufgenommen wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Ausformung des Stotterns aufzuhalten und die Symptomatik zurückzuführen ist. Es muss individuell entschieden werden, ob es sinnvoller ist, nur mit Kind oder Eltern oder aber parallel mit Eltern und Kind zu arbeiten (7 Kap. 6.2).
11 1.5 · Abgrenzung gegen andere Auffälligkeiten des Redeflusses
1
> Beachte In keinem Fall ist Abwarten die Vorgehensweise der Wahl. Warten bedeutet, den Dingen ihren Lauf zu lassen und Kind und Eltern wichtige Hilfestellungen zu verwehren.
1.4.3
Manifestes Stottern
unterschiedliche Folgen. Je älter das Kind ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Eltern bereits intensiv beraten wurden, das Kind schon einige Therapieerfahrungen gesammelt hat und mitunter bereits eine gewisse Ernüchterung bezüglich des Therapieziels eingetreten ist. Dies muss bei Aufnahme der Therapie und in der Beratung berücksichtigt werden.
Terminologie. Synonym werden häufig die Begriffe chronisches Stottern oder Stottern verwendet. Manifestes Stottern unterscheidet sich vom beginnenden Stottern in der Ausformung der Kern- und Begleitsymptomatik und dem Grad der Bewusstheit. Somit besteht eine schlechtere Prognose hinsichtlich seiner Rückbildungstendenzen.
Fazit 4 Die Ab bgrenzung in nnerhalb des Stotte ersyndro omss nach Schwe eregrad hat therapeu utiscche e und prognosstische Konsequenzzen. 4 Die Un nterscheidung g zwischen en ph physi ysio ologisch hen n Unflüssigkeit itten und beginnendem Stotte ern n hat für die Prä äve v tion besondeven re Bedeut e tung u , ist jedoch miitun tunter t sch ter schwierig. hw Bei Unkla larhe heiten sollte das Kind mehrmals wieder vorge rg st stellt werden. 4 Es gibt für jed de For orm der Unflüssigkeiten sowohl charakterist stisc i he Mer M kmale als au uch solche, die in anderen n Stuf Stufen der Unflüsssig sigkeit vorkommen. Den »kritischen Signalen« ke so lte sol te die besondere Aufmerksamkeit des Untters e uch chers gelten. 4 Das Alter er dess Ki Kindes ist kein differenzialdiagnostisches Kri Kriterium m.
Symptomatik. Alle Symptome des beginnenden Stotterns können auch beim manifesten Stottern auftreten. Die Zahl der Silbenwiederholungen nimmt zu, der Kraftaufwand und die Körperspannung während der Blockade als Versuch, diese zu überwinden, steigen. Daher kommt es oft zu einem Anstieg von Tonhöhe und Lautstärke im Block und zu Tremoren im Gesichtsbereich. Hinzu kommt eine mehr oder weniger ausgeformte Begleitsymptomatik k mit Störungsbewusstsein/ Leidensdruck, Vermeidungsverhalten und ggf. emotionaler Beeinträchtigung wie Angst, Wut, Scham, Lautund Wortfurcht sowie negativer Selbstbewertung. Die verschiedenen Symptome des manifesten Stotterns sind in . Übersicht 1.6 zusammengefasst. Berücksichtigung der Therapieerfahrung. Je nach Alter des Kindes hat die Diagnose manifestes Stottern
. Übersicchtt 1.6 Symptoma atiik des maniffesten St Stotterns 4 Spannnunngsreiche Wiederhoolungen; Deehnung ode er Blockieru ungen >1 1 Sek S und nde 4 Mit Spaannnung verbund ndene Pausen nd 4 Tremoree im m Mund- und Gesi e chtsbereich es ch h 4 Anstieg voon Ton T höhe und Lautstärke 4 Auffälliger Blic li kko kk ntakt, symptomunabhängig 4 Sta St rre Körperhaltung g 4 SSprrach a liches und soziales Vermeid eidungsverhal alten te 4 Störunngs gsb bew ewusstsein 4 Emotionalee Beei Be intr nträch ä tigungen N h Wendlandt (1998) Nac
Abgrenzung gegen andere Auffälligkeiten des Redeflusses
1.5
Stottern ist im Rahmen der Differe erenzialdiagno os ostikk nicht nur gegen n Entwicklungsunflü E flüssigkeiten, n n, sond dern auch uch ge gegen g ander dere Auffälligkeite it n im Redefluss, wie z. B. Pol olter ol t n, Tach te achylalie, neurrogenes gen es Sto Stotte ttern rn oder Wortfin fin ung find gsst s örungen n aba zugrenzen, da sich h je nach Dia iaagno g se e unterschiied e liche Vorgehensweise sen n er e geben. n.
1.5.1
Poltern (Cluttering)
Neben vielen stotterähnlichen Symptomen kommt es beim Poltern zu ganz spezifischen Symptomen, die auch in der Therapieplanung berücksichtigt werden müssen.
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Kapitel 1 · Klinik des Stotterns
Definition und Ätiologie Beim Poltern handelt es sich um eine sprachliche Gestaltungsschwäche, die durch eine Störung der Gedankenprogrammierung verursacht wird. Es ist die Folge einer Serialitätsstörung (Störung der zeitlich aufeinander abgestimmten Verarbeitung verschiedener Reize), bei der die zeitliche Integration einzelner an der Sprachproduktion beteiligter Komponenten misslingt (vgl. Graichen 1985, S. 39). Symptomatisch bedeutsam sind nach Sick (2000, S. 15) im Gegensatz zu früheren Annahmen nicht nur die Parameter Sprechtempo und Unflüssigkeiten, sondern auch phonetische Auffälligkeiten. Poltern tritt familiär gehäuft auf und kommt wesentlich seltener vor als Stottern. Nur 0,78% der Kinder in der Gruppe der 7- bis 8-Jährigen zeigen eine Poltersymptomatik. Die Zahl der polternden Jungen weicht mit 1,41% deutlich von den 0,12% polternder Mädchen der vergleichbaren Stichprobe ab. (Böhme 2003, S. 135). Unklar ist, ob sich Poltern aus Stottern entwickeln kann oder ob es sich um eine vom Stottern unabhängige Symptomatik handelt. Tatsächlich ähneln sich einige Stotter- und Poltersymptome. Jedoch hat jedes der beiden Störungsbilder spezifische und unverwechselbare Symptome, die entsprechend zur Differenzialdiagnostikk zwischen Stottern und Poltern herangezogen werden.
Symptomatik des Polterns
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Tachylalie. Das auffälligste Symptom des Polterns ist die Tachylalie (hastige Sprechweise) mit undeutlicher und nachlässiger Artikulation. Es kommt zu Wiederholungen, Elisionen (Auslassungen) und Kontaminationen (Zusammenziehen) von Wörtern, Silben und Lauten. Das Verschlucken von Wortendungen und die Reduzierung von Konsonsantenclustern tragen oft zu einer erschwerten Verständlichkeit bei. Bei der so genannten Antizipation werden die im Wort später positionierten Laute oder Silben vorgezogen (z. B. felefonieren statt telefonieren). Auch auf Satzebene findet man Umstellungen in der Wort- und Silbenabfolge, wie z. B.: »Das habe ich verlegentlich versehen« statt: »Das habe ich versehentlich verlegt«. Sick (2000) betont den Stellenwert phonetisch-phonologischer Auffälligkeiten im Rahmen des Syndroms. Sie »sind als eigenständige Symptome von Poltern zu betrachten (...) Möglicherweise werden Unflüssigkeiten beim Poltern eher durch phonologisch/phonetische Störungen, als allein durch hohe Artikulationsraten verursacht.« (Sick 2000, S. 15) Dieser in der Therapie des Polterns neue Aspekt hat Konsequenzen für die Gestaltung und Schwerpunktsetzung in der Therapie (7 Kap. 8.9, Abschn. »Übungen zur Verbesserung
der Artikulationsschärfe und Reduzierung der Artikulationsrate«). Sprache in Aufruhr. Durch das stark erhöhte Sprechtempo entstehen auf der Ebene der sprachlichen Gestaltung und der Wortfindung weitere Probleme. Flickwörter (Embolophonien) wie »äh« oder »mm« haben hier die Funktion eines »Pausenfüllers« und verhindern eine Unterbrechung durch den Zuhörer. Lockere Dehnungen sind weniger das Zeichen einer Stotterkomponente als ein Hinweis auf strukturelle Schwierigkeiten in der gedanklichen Vorbereitung einer Äußerung. Gestörter Rhythmus. Schwankungen im Sprechtempo verursachen Veränderungen im Sprechrhythmus. Dadurch entstehen Stockungen oder starke Beschleunigungen im Sprechablauf (Propulsionen) sowie Auff fälligkeiten im Bereich der Sprechatmung. Auswirkungen auf den nichtsprachlichen Bereich. Die Poltersymptomatik erstreckt sich auch auf den nichtsprachlichen Bereich. Psychomotorik und Gestik sind möglicherweise ebenso ungesteuert und überschießend wie der Sprechablauf selbst. Im Kommunikationsverhalten fällt häufig eine gewisse Missachtung von Gesprächsregeln auf (ins Wort fallen, monologisieren etc.), die bisweilen weit reichende soziale Konsequenzen haben kann. Begleitstörungen. Häufige Begleitstörungen des Polterns sind Sprachentwicklungsstörungen, mangelnde Konzentrationsfähigkeit, Wortfindungsstörungen, Lese-Rechtschreib-Schwäche und auditive Verarbeitungsstörungen (vgl. Sick 2000, S. 16) sowie Lernstörungen, die nicht mit einer Intelligenzminderung verbunden sind (St. Louis u. Myers 1998, S. 1). > Beachte Ein für Polternde typisches mangelndes Störungsbewusstsein erschwert die Therapie zum Teil erheblich. Poltern tritt auch in Kombination mit Stottern auf. Im Gegensatz zum Polternden weiß ein Stotternder, was er sagen möchte, auch wenn er vorübergehend nicht dazu in der Lage ist, es zu tun (vgl. St. Louis u. Myers 1998, S. 1). Bei reinem Poltern ist keine Begleitsymptomatik zu beobachten.
Dennoch fällt die genaue Diagnostik und die Zuordnung der Symptome zu den beiden Syndromen nicht immer leicht und kann teilweise erst nach einigen Sitzungen eindeutig vorgenommen werden. Die Kri-
13 1.5 · Abgrenzung gegen andere Auffälligkeiten des Redeflusses
1
. Tabelle 1.2. Relevante Parameter zur Abgrenzung von Stottern und Poltern modifiziert nach Wirth (2000) und Weiss (1967) Stottern
Poltern
Symptomatik
Teilwort- und Lautwiederholungen; Blockierungen
polternde Wiederholungen größerer Einheiten
Sprechtempo
häufig insgesamt verlangsamt
meist stark erhöht
Aussprache
in der Regel unauffällig
nuschelnd, polternd, mit Elisionen und Kontaminationen
Sprechen bei Zuwendung der Aufmerksamkeit auf das Sprechen
schlechter
besser
Sprechen bei geringer Kommunikationsverantwortlichkeit
besser
schlechter
Gestik
evtl. reduziert
großzügig, unbehindert, z.T. überschießend
Adaptationseffekt*
setzt ein
bleibt aus
Störungsbewusstsein*
vorhanden
fehlt
Lautfurcht*
meist vorhanden
fehlt
Verlauf der Störung
fluktuierend; evtl. schwere sekundäre Symptome
kontinuierlich; keine sekundären Symptome
* Die markierten Parameter sind nur bei älteren Kindern oder Jugendlichen aussagekräftig, da Vorschulkinder in der Regel noch keine erkennbaren Lautängste oder Störungsbewusstsein entwickelt haben bzw. kleinere Schulkinder über zu schlechte Lesekenntnisse verfügen, als dass man den Adaptationseffekt ausreichend beurteilen könnte.
terien in . Tabelle 1.2 erleichtern die Abgrenzung von Poltern und Stottern.
1.5.2
Tachylalie
Unter Tachylalie versteht man eine sehr schnelle, aber flüssige Sprechweise. Aufgrund des erhöhten Sprechtempos und der daraus resultierenden verkürzten Planungsphase kann es zum Einsatz von Flicklauten oder Flickwörtern kommen. Ansonsten treten keine für das Poltern oder Stottern typischen Symptome auf.
1.5.3
Neurogenes Stottern
Definition und Ätiologie. Der Beginn der Störung lässt sich klar mit der Entstehung einer hirnorganischen Erkrankung in Beziehung setzen. Eine neurologische Grunderkrankung muss für eine eindeutige
Differenzialdiagnose nachgewiesen sein. Störungen des Redeflusses sind nach Hirntraumen und bei chronisch verlaufenden hirnorganischen Erkrankungen, wie z. B. bei Epilepsie und Tumoren oder nach Schlaganfällen, bekannt. Für die Diagnostik k des kindlichen Stotterns sollte hierfür eine ausführliche Anamnese bezüglich des Kommunikationsverhaltens und der allgemeinen Sprachentwicklung vor dem Ereignis durchgeführt werden. Früher bestehende Unflüssigkeiten können durch die Erkrankung wieder hervorgetreten sein. In diesem Fall dürfte eine eindeutige Unterscheidung zwischen herkömmlichem Stottern und organisch bedingtem Stottern – auch wegen der Möglichkeit eines Mischbildes – schwierig sein. Die Differenzialdiagnose bei neurologischen Störungen vor Beginn der Sprachentwicklung (z. B. durch eine perinatale Asphyxie oder eine Zerebralparese) ist erschwert bzw. oft nicht möglich. Hier kann die Vorgeschichte nur einen möglichen Anhaltspunkt zur Genese des Stotterns liefern (vgl. Johannsen u. Schulze 1992, S. 68f.).
14
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Kapitel 1 · Klinik des Stotterns
Symptomatik. Im Unterschied zum herkömmlichen Stottern ist die Symptomatik weniger vielfältig und von äußeren Stressoren weitgehend unabhängig. Es kommt kaum zu Schwankungen in der Schwere der Symptome. Die auftretenden Schwierigkeiten sind gleichmäßig verteilt, d. h. alle Wortklassen sind gleichermaßen betroffen, Blockaden können häufiger bei Endsilben auftreten. Auch bei mehrmaligem Lesen eines Textes kommt es zu keiner Adaptation (7 Kap. 1.6.2). Therapie. Es muss im Einzelfall entschieden werden, ob eine medizinische, eine sprachtherapeutische Behandlung oder eine Kombination der Verfahren indiziert ist (vgl. Johannsen u. Schulze 1992, S. 70). Im Rahmen der logopädischen Arbeit stehen dabei überwiegend übende Verfahren im Vordergrund. Mögliche Schwerpunkte sind dabei 4 die Reduktion des Sprechtempos, 4 Üben weicher Stimmeinsätze, 4 Arbeit mit Rhythmus und Betonung, 4 Erlernen von Sprechtechniken.
1.5.4
11
Stottern und Sprachentwicklungsstörung. Eine besondere Rolle bei der Differenzialdiagnose spielen kindliche Wortfindungsstörungen im Rahmen einer Sprachentwicklungsstörung. Bei dem ursprünglichen Sprachproblem kommt es oft in Folge von Kompensationsstrategien zu funktionellen Unflüssigkeiten, wie z. B. Embolophonien, Wortwiederholungen, Satzumstellungen mit und ohne Neukonstruktion sowie zu stummen, in der Regel spannungsfreien Pausen. Mitunter fallen betroffene Kinder auch bei Wortschatztests [z. B. Aktiver Wortschatztest für drei- bis fünfjährige Kinder -Revision (AWST -R) von KieseHimmel (2005)] auf. Hier ist neben einer quantitativen Auswertung vor allem eine qualitative Beschreibung der Ergebnisse relevant. So zeigen die Kinder bei der Untersuchung Umschreibungen und Wortneuschöpfungen, oder sie versuchen, das Zielwort mit Hilfe von Gesten darzustellen. Wörter, zu denen sie keinen Zugriff finden, können sie sich oft mit semantischen und/oder phonematischen Hilfen erschließen.
13 14 15 16 17 18 19 20 21
Durch die besondere Berücksichtigung von Wortfindungsstörungen in der Therapieplanung können die Kapazitäten des Kindes gestärkt und damit der Redefluss oftmals deutlich verbessert werden.
1.5.5
Verbale Entwicklungsdyspraxie
Mitunter kommt es auch bei Kindern mit einer Verbalen Entwicklungsdyspraxie (VED) zu stotterähnlichen Unflüssigkeiten aufgrund einer fehlgesteuerten Bewegungsplanung. Typischerweise ist jedoch mit der VED eine ausgeprägte und hartnäckige Artikulationsstörung verbunden. Fehler treten wechselhaft und unsystematisch auf. Im Extremfall finden sich bei den betroffenen Kindern Suchbewegungen. Inwieweit eine leichte dyspraktische Störung Einfluss auf die Ausbildung von Redeflussstörungen hat, ist derzeit unklar (7 Kap. 2.3.3).
Fazit
10
12
> Beachte
4 Sto otttern musss von ande eren Stö törung nge en de er er Red de abgegren enzzt werden n. 4 Trittt Stottern in K Ko ombination n mit Pol Poltern lte oderr Wort o findung gssst störu ö ngen auf, kann es zu u negatiivven en Wechselwi wirku rk kunge ngen kommen n, die in der Th he era rapie p planung berü rücks cksich ichtig tigtt werd müssen. den n.
Wortfindungsstörungen
Stottern und Mehrsprachigkeit. Bei mehrsprachig erzogenen Kindern sollte bei frühen kindlichen Unflüssigkeiten immer auch an eine Wortfindungsproblematik gedacht werden.
1.6
Strukturelle Gemeinsamkeiten des Stotterns Stottern Stotte rn unt unterl e iegt vielen Schwankungen. Nich ht immer lassen sich Gründe nde da dafür finden, warum der Stotternde gerade eine flüssig ige e oder unflüssige Phase durchläuft. Einige Abhängigk gkeit ei en des Stotterns von inneren und äußeren Faktore oren sind bekannt, ande ndere re hingegen lassen sich (noch) h) nicht erklären. Gerade beim ki kindlichen Stottern kann es zu unkl nklare nkl aren are n Schwankungen en mit längeren störungsfreien Intervallen n kom k men. Im ko m FolF genden werden die Phänomene ne e de d r Konsist istenz und Adapt Adaptati ation o , die Kommunikations n erantw nsv wort o lichkeit sowie i de derr Einfl influss u motorischer El Elemente auf den Redefluss bescchri h ebe eb n und ihre Bed ed uede tung für Diagnostikk und Ther herapi apie erläutert.
15 1.6 · Strukturelle Gemeinsamkeiten des Stotterns
1.6.1
Konsistenzeffekt
1.6.2
1
Adaptationseffekt
Definition
Definition
Wird bei mehrmaligem Lesen des gleichen Textes auffallend häufig an denselben Stellen gestottert, so spricht man vom sog. Konsistenzeffekt. Für das Vorliegen des Effektes müssen mindestens zwei Drittel der ursprünglichen Blockaden nach mehreren Durchgängen erhalten bleiben. Dieses Phänomen kann über einige Wochen hinweg bestehen bleiben (vgl. Fiedler u. Standop 1994, S. 11).
Bei wiederholtem Lesen einer Textstelle zeigt sich eine Abnahme der Stotterhäufigkeit. Dieses Phänomen entspricht dem Adaptationseffekt und ist ein Hinweis auf eine gewisse »Abhärtung« gegen Stressoren. Je geringer der zeitliche Abstand zwischen den Lesedurchgängen ist, desto stärker stellt sich der Effekt dar. Werden bei weiteren Lesedurchgängen Umweltvariablen verändert (z. B. Zahl oder Art der Zuhörer), ist der Effekt wieder rückläufig, bis sich der Sprecher auf die neuen Stressoren eingestellt hat.
> Beachte Bei einer hohen Konsistenz der Blockaden wird eine negative Bewertung des Sprachmaterials durch den Stotternden angenommen.
Bedeutung für Diagnostik und Therapie > Beachte
Allein durch die Erwartung, bei bestimmten Wörtern zu stottern, steigt die innere Anspannung und damit die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich zu stottern. Daneben lässt sich auch am Wort- und Satzanfang sowie bei mehrsilbigen Wörtern und bei Inhaltswörtern eine hohe Konsistenz beobachten. Nach Fiedler u. Standop (1994, S. 13) wird im Deutschen bei ca. 80% der Wörter die erste Silbe betont. Zudem befinden sich inhaltlich bedeutsame Passagen meist am Satzanfang.
Bei älteren Kindern und Jugendlichen mit auffälliger Adaptation ist daher eine intensive Desensibilisierungsphase gegen Stressoren sinnvoll. Zur Ermittlung und Auswertung des Adaptationseffektes 7 Kap. 5.4.2, Abschn. »Lesen«.
> Beachte
> Beachte
Zur Therapieplanung muss individuell entschieden werden, ob Laut- und Wortängste vorliegen und/oder ob der Konsistenzeffekt an spezifische suprasegmentale Eigenheiten (z. B. Prosodie, Betonung oder Rhythmus der Wörter) gebunden ist.
Bedeutung für Diagnostik und Therapie Im Rahmen der Erstdiagnostik werden unmittelbar hintereinander mindestens 3, besser noch 5 Leseproben desselben Textes erhoben und wiederkehrende Blockaden auf mögliche Muster oder Regelhaftigkeiten untersucht (zur genauen Durchführung der Untersuchung 7 Kap. 5.4.2, Abschn. »Lesen«). Lässt sich erkennen, dass vorwiegend suprasegmentale Elemente Stottern verursachen, müssen in der Therapie je nach Problemstellung z. B. bestimmte Lautübergänge, Sprechtechniken für den Satzanfang oder die Verbindung von Sprechen mit Rhythmus und Prosodie eingeübt werden. Sind hingegen Laut- und Wortängste die Ursache für eine hohe Konsistenz des Stotterns, werden entsprechend Vermeideverhalten, Wort- und Lautängste sowie innere Einstellungen bearbeitet (vgl. 7 Kap. 8.5.4, Abschn. »Absichtliches Stottern des Kindes«).
Ein hoher Adaptationseffekt wird im Allgemeinen als ein Hinweis auf die Abhängigkeit des Stotterns von Umweltreizen interpretiert.
Bei einem völligen Ausbleiben des Adaptationseff fektes ist differenzialdiagnostisch abzuklären, ob stark ausgeprägte Ängste oder eine zugrunde liegende organische Störung die fehlende Anpassung an situative Stressreize verursachen (7 Kap. 1.5.3).
Mit einer Umkehrung des beschriebenen Effektes ist bei Poltern oder einer Polterkomponente zu rechnen, da die Unflüssigkeiten bei wachsender Vertrautheit mit Umgebung und Text zunehmen. Bei Veränderung der Umweltbedingungen ist eher eine Verbesserung zu erwarten (7 Kap. 1.5.1). > Beachte Hohe Werte bei Konsistenz oder Adaptation beschreiben die Wirksamkeit stotterverstärkender oder -hemmender Faktoren. Sie treffen jedoch keine Aussage bezüglich Prognose oder Schweregrad der Störung.
16
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Kapitel 1 · Klinik des Stotterns
Interne Anforderungen . Übersicht 1.7 Zunahme der Kom mmunikations nsverantwor ortlichkeit durch Interne Faktoren 4 Erwartung be estimmter Reaktionen 4 Erwartung ein nes bestimm mten Verlaufs ein ner Situation 4 Laut- und Worttängste Umweltfaktoren 4 Zahl der Zuhörer 4 Art der Zuhörer 4 Zuhörerverhalten 4 Sprechen auf Verlangen 4 Be eantworten von (unangenehmen) Fragen 4 Tellefo e nieren Inhalt ltliche he Anforderungen 4 Kom omple exit x ät des Sprachmaterials 4 Bede eutung ngsgehalt der Aussage Prosodie und nd sprac achliche Komplexität 4 Wort- und Satzakze zent 4 Wortlänge 4 Betonung von bedeu deutungstragenden Wörtern 4 Wechsel zwischen Stimmlosigkeit und Stimmhaftigkeit
12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
1.6.3
Kommunikationsverantwortlichkeit
Je bedeutsamer eine Sprechsituation aufgrund ihrer inhaltlichen oder sozialen Anforderungen wahrgenommen wird, desto größer ist in der Regel der Druck auf den Sprecher, flüssig zu sprechen. Die tatsächliche oder vermeintliche Anforderung, sich inhaltlich und formal korrekt zu äußern, wird Kommunikationsverantwortlichkeit genannt. Große Kommunikationsverantwortlichkeit löst bei nahezu allen Sprechern Sprechdruck und infolgedessen eine Zunahme der Eigenkontrolle aus. Für Stotternde sind die Folgen denkbar ungünstig: Die Aufmerksamkeit wird auf den Redefluss und die Verhinderung von Unflüssigkeiten gelenkt. Durch verstärktes Anstrengungsverhalten nimmt die Zahl der Blockaden zu. Die einzelnen Aspekte der Kommunikationsverantwortlichkeit werden im Folgenden genauer beschrieben und in . Übersicht 1.7 zusammenfassend dargestellt.
Allein die Erwartung einer möglichen Situation oder Reaktion, die sog. Erwartungsangst, kann Sprechdruckk und damit Stottern erzeugen. Sie tritt bei frühem kindlichen Stottern seltener auf, da die Störung zur Entwicklung spezifischer Ängste meist noch nicht lange genug besteht. Jugendliche hingegen berichten häufig von einer Zunahme der inneren Anspannung und einem Anstieg der Stotterstärke in einer von ihnen negativ bewerteten Situation. Aber auch Lautund Wortängste erhöhen die innere Spannung und damit die Auftretenswahrscheinlichkeit des Stotterns.
Bedeutung für Diagnostik und Therapie Im Rahmen der Diagnostik sollten Laut- und Wortängste, ebenso wie negative Selbstbewertungen und Einstellungen mit den Eltern und älteren Schulkindern besprochen werden. In der Therapie wird am Vermeideverhalten, an der Desensibilisierung gegen Wort- und Lautängste und an negativen inneren Einstellungen gearbeitet (7 Kap. 8.5.4, 7 Kap. 8.5.5, 7 Kap. 8.5.6).
Anforderungen durch die Umwelt Art und Zahl der Zuhörer. Die Art und Zahl der Zuhörer sind die auffälligsten Einflussgrößen auf den Redefluss. Der Sprechdruckk ist meist bei (vermeintlichen) Autoritäten, z. B. bei Erwachsenen, Lehrern oder Ärzten, wesentlich höher als beispielsweise bei Gleichaltrigen. In Gesprächen mit sehr kleinen Kindern, mit Tieren oder in Selbstgesprächen hingegen wird häufig kein oder nur geringer Druck empfunden. Viele Stotternde sind in diesen Situationen nahezu völlig flüssig. Mit zunehmender Zahl der Zuhörer steigt in der Regel die Kommunikationsverantwortlichkeit und damit der Sprechdruck. Zuhörerverhalten. Auch das Zuhörerverhalten wirkt sich sehr deutlich auf den Redefluss aus. So sind alle eher aversiven Verhaltensweisen dazu geeignet, den Redefluss zu hemmen, während empathisches Zuhörerverhalten meist eine Stabilisierung oder eine Verbesserung mit sich bringt. Sprechen auf Verlangen. Das Einfordern sprachlicher Leistungen (»Erzähl doch mal der Oma, was du heute im Kindergarten gemacht hast!« oder aber: »Sag‘s noch mal schön!«) erzeugt ebenso Druck wie das Stellen vieler Fragen. In beiden Fällen kann das Kind nicht selbst entscheiden, wann es zu sprechen beginnt und was es erzählen möchte. Telefonieren verschärft diesen Effekt noch, da das Kind auf ein Signal
17 1.6 · Strukturelle Gemeinsamkeiten des Stotterns
hin (Telefonklingeln) zu einem festgelegten Zeitpunkt sprechen muss bzw. es mit einem zunächst unbekannten Gesprächspartner zu tun hat, dessen nonverbale Reaktionen nicht zu beobachten sind.
Bedeutung für Diagnostik und Therapie In der Anamnese sollten situative Veränderungen des Stotterns sehr detailliert erfragt werden (7 Kap. 4.2, Kap.12.1, Ê Downloadbereich) sowie der Fragebogens »Stolperstein – Fragebogen zu den Auswirkungen des Stotterns für Schulkinder und Jugendliche « (7 Kap. 5.4.5, Kap. 12.10, Kap. 12.12, Ê Downloadbereich). Ein eindeutiger Hinweis auf das Wirken von Stressoren liegt vor, wenn bei bestimmten Personen und Situationen Stottern verstärkt auftritt. Im Laufe von Diagnostik und Therapie erhält man durch die Beobachtung des kindlichen Verhaltens und die Beobachtung verschiedener Stressoren weitere wertvolle Informationen über die Abhängigkeit des Stotterns von äußeren Faktoren. Je nach Alter und Störungsgrad werden in der Therapie Erwartungsängste und innere Einstellungen bearbeitet. Überwiegend bei älteren Kindern und Jugendlichen findet eine intensive Phase der Desensibilisierung gegen kommunikativen Stress statt.
Inhaltliche Anforderungen Gerade Kinder, die sich noch in der Phase der Sprachentwicklung befinden, werden durch sprachliche Anforderungen schnell überfordert (7 Kap. 1.4.1). Bei großer Vertrautheit mit dem »Sprachmaterial« oder bei auswendig gelerntem Text fällt die inhaltliche Kommunikationsverantwortlichkeit dagegen weitgehend weg. Der Redefluss verbessert sich. Die Länge der Äußerung hat einen ebenso deutlichen Einfluss auf die Stotterwahrscheinlichkeit. Mit steigenden Anforderungen an sprachliche Kodierungsprozesse nimmt die Zahl der Stotterereignisse zu.
Bedeutung für Diagnostik und Therapie Mit der Überprüfung der verschiedenen Sprechleistungsstufen ergeben sich erste Hinweise auf eine mögliche Abhängigkeit des Redeflusses von inhaltlichen Anforderungen. Eine inhaltliche und formale Reduk-
tion des Sprachmaterials (starke Verkürzung der Äußerungslänge, Nonsens-Sprache) bringt hier meist eine deutliche Verbesserung des Redeflusses mit sich. Dieser Effekt ist spielerisch gut anzubahnen und daher bereits für die Behandlung sehr junger Stotternder gut geeignet (7 Kap. 8.3 sowie 7 Kap. 8.5.1).
1
Prosodie und sprachliche Komplexität Zahlreiche Untersuchungen zu prosodischen Merkmalen der Sprache und ihre Beziehung zu Stotterereignissen belegen einen engen Zusammenhang zwischen Stottern und Prosodie, Rhythmus sowie zum Satz- und Wortakzent (vgl. Fiedler u. Standop 1994, S. 11–13). Die hier beschriebenen Phänomene sind auch bei kleinen Kindern häufig zu beobachten. Wortposition im Satz. Zu Beginn der sprachlichen Äußerung ist die Wahrscheinlichkeit zu stottern erheblich größer als am Ende eines Satzes. Ebenso gefährdete Positionen im Satz sind Phrasenanfänge, da es an diesen exponierten Stellen häufig zu Betonungen im Satzakzent kommt. Wortakzent. Da die Betonung normalerweise auf der ersten Silbe des Wortes liegt, ist die Wahrscheinlichkeit viel größer, zu Beginn statt in der Mitte oder im Auslaut zu stottern. Länge des Wortes. Stottern tritt eher bei längeren als bei kurzen Wörtern auf. Auch dies hängt mit den oben beschriebenen rhythmisch-prosodischen Elementen zusammen. Bei jüngeren Kindern sollten Schwierigkeiten bei der phonologischen Planung und Realisierung eines Wortes nicht vernachlässigt werden. Inhaltswörter vor Funktionswörter. Bedeutungstragende Wörter (Substantive, Verben, Adverbien und Adjektive) werden im Satz betont. Bei diesen Wörtern kommt es wesentlich öfter zu Stottersymptomen als bei Funktionswörtern. Lautübergänge. Für Stotternde ist in der Regel nicht die Realisation einzelner Laute als vielmehr der Übergang zwischen den Lauten problematisch 7 Kap. 2.3.3. Besondere Schwierigkeiten scheint der Wechsel zwischen stimmloser und stimmhafter Lautbildung am Wortanfang bzw. das Halten des stimmhaften Anteils zu bereiten. > Beachte Je mehr der beschriebenen Elemente auf ein Wort zutreffen, umso größer ist das Stotterrisiko.
Bedeutung für Diagnostik und Therapie So weit es möglich ist, sollten in der Differenzialdiagnostikk Schwierigkeiten in den einzelnen Bereichen der Prosodie von Schwierigkeiten mit sprachlich-inhaltlichen Anforderungen abgegrenzt werden. Je nach Störungsschwerpunkt erhalten schließlich im Therapie-
18
1 2 3 4
plan der Baustein 7 8.3 »Körpersprache und rhythmisch-melodischer Ausdruck« und 7 8.6 »Förderung der Eigen- und Symptomwahrnehmung« eine größere Bedeutung. Zum Trainieren der Lautübergänge eignen sich besonders die Übungen »Spürendes Sprechen« und »Lokalisation der Anspannung«. Ist eine eindeutige Zuordnung des Störungsschwerpunktes nicht möglich, müssen erste Arbeitshypothesen erstellt werden, die dann im Laufe der Verlaufsdiagnostik erneut überprüft werden.
5 1.6.4
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Kapitel 1 · Klinik des Stotterns
Einfluss motorischer Elemente auf den Redefluss
Die Kombination von Sprechen und Bewegung findet man bei vielen Sprechtechniken wieder (z. B. Metronomsprechen, Gehen und Sprechen, Fingerschnippen und Sprechen). Vermutlich strukturiert und rhythmisiert die Bewegung den häufig unrhythmischen Redefluss und trägt so zur Verbesserung bei (van Riper 1986, S. 216). > Exkurs Viele Mitbewegungen sind durch die zunächst positive Wirkung von Bewegungen auf den Redefluss entstanden. Da Mitbewegungen, die ursprünglich zur Kompensation eingesetzt wurden, dazu neigen, sich der Kontrolle des Sprechers zu entziehen und selbst Teil der Stottersymptomatik werden, sind sie als dauerhafte Sprechtech-
niken nicht geeignet (7 Kap. 1.3.3, Abschn. »Nichtsprachliche Ebene«).
Möglicherweise ist der Effekt auf die Ablenkung vom Sprechablauf selbst und auf die Reduzierung der auditiven Eigenkontrolle zurückzuführen.
Bedeutung für die Therapie Gerade bei indirekten Therapieansätzen finden sich neben psychomotorischen Elementen immer wieder Spiele, die Rhythmus, Bewegung und Sprechen miteinander verbinden. Da jedoch überwiegend bei jüngeren Kindern Unflüssigkeiten durch ungeeignete Bewegungen verstärkt werden können (z. B. durch Bewegungsabläufe, die ein erhöhtes Maß an Koordination und Konzentration erfordern), sollte genau beobachtet werden, welche Art von Bewegung dem Redefluss förderlich ist.
Fazit 4 Das Auftre ete en von Sto ottern unterliegtt in un nterschiedllicher Gewicchtung g den Ein nflüsse en äußerer un nd innerer Stre ressoren, sprachlich re her u nichtspr und prac achlicher Anfor forder for d ungen n soso wie der Funkti tion n und Position des Wortes im SSat atz. 4 Die ie ge genaue Analyse e wir w ksa ksamer Faktoren ren istt sinnvvoll, ll, da sie eine effiziente nte Auswa Auswahl hl th therapeutisc ische her Methoden und eine Schwerpunktsetzung ung in der Beratung der Eltern ermöglicht.
2 Wie entsteht Stottern? 2.1
Aktueller Forschungsstand – 20
2.1.1
Entstehungsthe En eorien im Spiegel ihrer Zeit
2.1.2
Aktuelle Forscchungsschwerpunkte und -e -ergeb bnisse
2.2
Modell zur multifaktoriellen Verursachung
2.2..1
Was so ollll man sich unter der Disp spositio ion vorstellen?
2..2.2
Mode ell zum Zusammenwirke en de er verschiedenen Faktoren
2.3
Faktoren, die zusammen mit Stottern beobachtet werden können – 24
2.3.1
Familiäre Häufung und ge genetische Komponente
2.3.2
Störung der zentraalen Wahrnehmungsentwickl klung g
2.3.3
Gestörte Timing--Prozzesse
2.3.4 4
Zusammenhan ng mit psycholinguistischen n Fäh higkeiten
2.3 3.5
Störungen de er pssychosozialen Entwicklu ung g
2..3.6
Resultierend de Ri Risikofaktoren
2.3.7
Ausblick – 33 3
– 20 – 20
– 21 – 21
– 25 5 – 26
– 28
– 32
– 30
– 29
– 22
1 2 3 4 5 6
20
Kapitel 2 · Wie entsteht Stottern?
2.1
Aktueller Forschungsstand Nach einem kurzen Überblick ck üb ü er Trends und d Ergebnisse der bisherigen Stotterfor forschung werden die verschi hiede edenen n ätiologischen Fak Faktoren besschr chrieb ieben, ieb en die heute in der d Diskussion sind in . Welches Bündel unt nters e chiedlich er icher Komponen nten an der Entstehung de es Stotterns n beteiligt ist, t kann ann nur nur ind i ivi ividue d ll für jedess ei e nzelne ne Kind festgestellt und teilw weis ei e nicht mehr hr al a s verm rmutet werden.
12
Es bleibt unbefriedigend: Alle bisherigen Untersuchungen zur Entstehung des Stotterns konnten keine eindeutige Ursache aufzeigen. Vielmehr muss man von einer Vielzahl von Faktoren ausgehen, die bei der Entstehung und Aufrechterhaltung des Stotterns möglicherweise eine Rolle spielen und sich gegenseitig beeinflussen. Die weitaus meisten Studien zur Ätiologie des Stotterns beziehen sich auf Untersuchungen an erwachsenen Stotternden. Es ist noch unklar, inwieweit die darin gewonnenen Ergebnisse auf Kinder übertragen werden können. Zudem gibt es bislang kaum Langzeitstudien, und viele Tests wurden nur mit einer sehr begrenzten Zahl von Probanden durchgeführt. Die hier vorgestellten Faktoren können also nicht mehr als Forschungstrends wiedergeben.
13
2.1.1
7 8 9 10 11
14 15 16 17 18 19 20 21
Entstehungstheorien im Spiegel ihrer Zeit
Wissenschaftliche Hypothesen werden bekanntlich vom Kontext, d. h. gesellschaftlichen Strömungen und allgemein favorisierten Denkmodellen geprägt. Auch die Theorien zur Entstehung des Stotterns haben sich mit dem gesellschaftlichen Wandel verändert. War man noch bis Anfang der 70er-Jahre davon überzeugt, dass die Ursachen von Redeflussstörungen maßgeblich im Elternverhalten und bei sozialen Faktoren zu suchen seien, so entsprach das durchaus der zu dieser Zeit eher sozialpsychologisch und systemisch orientierten Krankheitsauffassung. Diese Denkweise deutete sich bereits in der sog. diagnosogenen Theorie von John-
son an1 (Johnson 1959), die inzwischen vielfach widerlegt wurde. Die darauf aufbauenden Therapieansätze konzentrierten sich folgerichtig auf die Beeinflussung der Umweltvariablen: Vorrangiges Ziel war lange Zeit die Veränderung von Einstellungen und Verhaltensmustern der Eltern gegenüber dem Kind. Es kam zu einem Paradigmenwechsel (Kuhn 1984), als neuere Untersuchungen (z. B. Cooper 1979; Jehle u. Randoll 1984) zeigten, dass Eltern stotternder Kinder sich nicht anders verhalten als andere Eltern. Die Forschung konzentrierte sich dann auf den Zusammenhang von Stottern und linguistischen Fähigkeiten und auf die neuromotorischen Abläufe und eventuelle Besonderheiten oder Abweichungen bei Stotternden. > Beachte Je nachdem, welches Modell die jeweilige Therapeutin favorisiert, beeinflusst dies die Auswahl der Therapiemethoden.
2.1.2
Aktuelle Forschungsschwerpunkte und -ergebnisse
Mit den neu gewonnenen Erkenntnissen über humangenetische, neurophysiologische, neuroanatomische und neuropsychologische Zusammenhänge haben in den letzten zwanzig Jahren Erklärungsansätze zunehmend an Bedeutung gewonnen, die von einer genetischen und körperlichen Veranlagung zum Stottern ausgehen. So konnte die Humangenetikk in den letzten Jahren vermehrt Chromosomen isolieren, die als Dispositionsort für Stottern in Frage kommen (vgl. Suresh et al. 2006, Riaz et al. 2005) (7 Kap. 2.3.1). Die Neurowissenschaftler fanden bei stotternden Erwachsenen Aktivierungen und Deaktivierungen von Gehirnregionen, die bei nicht-stotternden Personen in dieser Form nicht auftreten (7 Kap. 2.3.2, Abschn. »Hemisphärenambivalenzen und Lateralität«). Auch die Reihenfolge der Aktivierung der zur Sprechplanung und Sprechen notwendigen Gehirnareale scheint bei Stotternden gestört zu sein, was eine Störung der Sprechmotorikkontrolle bzw. ein Timing-Problem im 1 Die diagnosogene und symptomatogene Theorie (Johnson 1959) ging davon aus, dass das Stottern quasi im Ohr der Eltern entstehe. Dies stellte sich Johnson folgendermaßen vor: Sind die Eltern erst einmal zu ihrer Diagnose Stottern gelangt, verändert sich ihr Verhalten bei auftretenden Sprechunflüssigkeiten des Kindes. Die so verursachten Negativreaktionen auf die Sprechweise des Kindes verursachen letztlich die Ausprägung und Aufrechterhaltung des Stotterns.
21 2.2 · Modelle zur multifaktoriellen Verursachung
Zusammenhang mit der Sprechplanung und -ausführung bewirken kann (7 Kap. 2.3.3). Zusätzlich konnten strukturelle Abweichungen im Gehirn stotternder Personen nachgewiesen werden. Bisherige Untersuchungen legen nahe, dass der Einsatz von FluencyShaping-Methoden (7 Kap. 6.5) bzw. von Sprechtechniken (z. B. Prolongationen) eine effektive Maßnahme zur Kompensation der neurophysiologischen und -anatomischen Besonderheiten darstellt (z. B. De Nil et al. 2008, Neumann 2007).
2
Fazit 4 Die Auseinan nde ersetzun ng mit der d Ätio ologie e de es Stotterns ist st sowohll für die Dia Diagnose este ellu ung als auch ch im Hinbliliick auf die Th Therapiepla planung von n Bedeutung. 4 Aus derr jeweiligen H Hyypot po hese zu den verur ur-sachen nd den en Faktoren dess Stot Stotter terns ns erg ergebe eben sich der Th The erap ra ieansatz und die individuell a epasste Au ang usw wahl a der Therapiebausteine.
> Beachte Die aktuellen Befunde bezüglich neuroanatomischer Auffälligkeiten bei stotternden Erwachsenen sind Grundlage der Läsions-Kompensations-Theorie (Neumann 2007). Diese nimmt an, dass Mehraktivierungen bestimmter Hirnregionen bei Stotternden kompensatorischer Natur sind und versuchen, anatomische Anomalien auszugleichen.
Eine andere aktuell gängige Theorie geht davon aus, dass es sich im Wesentlichen um eine Verarbeitungsstörung bei der Umstellung willkürlicher Vorgänge der Sprechplanung auf den automatisierten Ablauf handelt (z. B. Hansen u. Iven 2002). Sicher passt diese Sichtweise zum funktionalen Verständnis des Menschen in der heutigen computerisierten, effizienzorientierten Gesellschaft. Für das therapeutische Vorgehen ergeben sich daraus direktere und pragmatische Ansätze, die darauf zielen, die »defekte« Sprechfunktion zu kontrollieren. Im Einzelfall muss bei jedem stotternden Kind genau geprüft werden, welche ungünstigen und günstigen (!) Umweltfaktoren und personenbezogene Faktoren (vgl. 7 Kap. 3.2.2, Abschn. »Kontextfaktoren«) eine Rolle spielen. Es geht also auch um eine Individualisierung der ätiologischen Theorie und infolgedessen der Therapieplanung. Nachfolgend werden die Faktoren, die nach heutigem Kenntnisstand für die Entwicklung des Stotterns in Frage kommen, im Detail erläutert. > Beachte Die Entstehung von Stottern ist ein komplexes, multifaktorielles Geschehen. Für eine monokausale Betrachtungsweise gibt es keinerlei wissenschaftliche Grundlage.
Modell zur multifaktoriellen Verursachung
2.2
Nach Nac h einf einf inführ üh enden Ged ühr Ge anken zum m Begriff der Disposition wird d ein pr p axiista st ugliches, ve v ranschaul sch aulich ichend en es Modelllll fü f r die e Entstehun ng des Stotterns vorge este s llt: das »A »Anforrder d ungs- und u Kapazitäten-Modell« nac a Starkkwea ach w ther.
Allgemein wird heute davon ausgegangen, dass zur Entstehung und Aufrechterhaltung des Stotterns immer mehrere Faktoren zusammentreffen müssen. Die verschiedenen Modelle unterscheiden meist Ursachen, die beim Kind selbst liegen (personenbezogene Faktoren), und umweltbedingte Faktoren (Umweltfaktoren). Letztlich ist diese Unterscheidung interner und externer Faktoren stark vereinfachend, da in der kindlichen Entwicklung immer beide Aspekte ineinander fließen. Ursache und Reaktion, genau wie angeboren und gelernt, lassen sich hier nicht klar abgrenzen.
2.2.1
Was soll man sich unter der Disposition vorstellen?
Es ist mittlerweile wohl unumstritten, dass es so etwas wie eine Veranlagung, also eine Disposition zum Stottern gibt. Disposition bedeutet hier die »erhöhte körperliche Bereitschaft (...) Stottern (...) auszubilden« (Weikert 2000, S. 39). Inhaltlich kann diese Disposition jedoch noch nicht genau beschrieben werden. Es gibt keine eindeutige genetische oder körperliche Ursache, die allein für das Entstehen des Stotterns verantwortlich gemacht werden kann.2 Die Forschung beschäftigt sich 2 Nur in ganz vereinzelten Fällen des neurogenen Stotterns konnte die Ursache eindeutig nachgewiesen werden.
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Kapitel 2 · Wie entsteht Stottern?
allerdings intensiv damit, entsprechende Komponenten zu isolieren und hat bereits erste Erfolge in diese Richtung zu verzeichnen (vgl. 7 Kap. 2.1.2). Im Bereich Stottern wird der Begriff »Disposition« in der Literatur meist in einer erweiterten Form benutzt und beschreibt nicht nur die Anlagen, mit denen das Kind auf die Welt kommt. Stattdessen umfasst er neben den vermuteten genetischen Faktoren einzelne beobachtbare Ausprägungen in der kindlichen Entwicklung, die als »mögliche Verursachungsmomente« (Hansen u. Iven 1992, S. 243) angesehen werden. Im Einzelnen sind das: 4 neurophysiologische/-anatomische oder motorische Defizite, 4 mangelnde linguistische Fähigkeiten, 4 neuropsychologische Störungen oder auch 4 mangelnde psychische Stabilität. Vieles deutet darauf hin, dass die so verstandene »Disposition« ein multifaktorielles Phänomen ist (vgl. Weikert 2000, S. 39 f., und 7 Kap. 2.1). Allerdings scheint diese Verwendung des Begriffs verwirrend. Treffender wäre es, statt von Disposition hier von verschiedenen Faktoren zu sprechen, die zusammen mit Stottern beobachtet werden können und als Ursachen diskutiert werden. Die Unterscheidung zwischen hereditären (ererbten), organischen und erworbenen Faktoren bleibt zwangsläufig spekulativ, v. a. solange keine eindeutige genetische Ursache nachgewiesen werden kann. In der kindlichen Entwicklung beeinflussen sich diese verschiedenen Faktoren gegenseitig. Es lässt sich nicht mit Gewissheit feststellen, was das Kind an Anlagen hatte, was es schon früh erworben bzw. gelernt hat und in welchem Zusammenhang damit eventuelle organische Besonderheiten stehen. Entsprechend sind die organischen Zeichen nicht zwangsläufig als Ursache zu betrachten. Vielmehr sind auch sie als Ausdruck und Ergebnis einer interaktiven Störung in einem multifaktoriellen Bedingungsgefüge anzusehen. Ähnlich problematisch, weil spekulativ, ist die traditionell vorgenommene Unterscheidung von verursachenden und aufrechterhaltenden Faktoren. Der verwirrende Dispositionsbegriff wird daher im Folgenden durch die inhaltliche Beschreibung von Faktoren, die zusammen mit Stottern auftreten, ersetzt. In diesen fließen Anlagen, erworbene Fähigkeiten und Umwelteinflüsse stets zusammen und können nicht definitiv getrennt werden. Die Faktoren sind konkret und praxistauglich (z. B. hinsichtlich der Aufklärung der Eltern). Im Sinne einer einzelfallorientierten The-
rapieplanung sind sie individuell unterschiedlich zu gewichten. i Tipp Für die Elternberatung ist es irrelevant, welche Faktoren evtl. verursachenden oder aufrechterhaltenden Charakter haben. Wichtigster Bezugspunkt und von vorrangiger Bedeutung sind der Ist-Zustand und die Möglichkeiten, die die Eltern haben, flüssiges Sprechen zu fördern.
> Beachte Auf den Dispositionsbegriff wird verzichtet, weil er in der ausgeweiteten Form nicht zur inhaltlichen Klärung beiträgt. Eine genetische Anlage zum Stottern scheint plausibel, konnte bisher aber nicht eindeutig nachgewiesen werden. Diskutiert wird ein darauf auff bauendes, noch nicht entschlüsseltes, multifaktorielles Ursachengefüge.
2.2.2
Modell zum Zusammenwirken der verschiedenen Faktoren
Gemeinhin werden als Voraussetzungen 2 Erklärungsebenen unterschieden:
4 organisch-konstitutionelle und 4 psycholinguistische Faktoren. Ob es sich dabei um Folgen einer Reifungsstörung innerhalb der kindlichen Entwicklung oder um eine von Anfang an vorhandene genetische Besonderheit handelt, ist ungeklärt. Die Sprachentwicklung ist ein komplexer und störanfälliger Prozess, während dessen es zu vielfältigen Störungen kommen kann. Diese können vom einen Kind mehr, vom anderen weniger kompensiert werden. Bei einem hohen Prozentsatz der Kinder treten im Rahmen des Spracherwerbs physiologische Unflüssigkeiten auf. Diese bilden die Basis für die Entwicklung des primären Stotterns: Kommen in dieser Phase entwicklungsbedingter Unflüssigkeiten bestimmte Faktoren über einen längeren Zeitraum hinzu, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich Stottern entwickelt und festigt. So kann im Zusammenhang mit manifestem Stottern in der Regel immer das Zusammentreffen mehrerer Faktoren beobachtet werden. Die Vermutung liegt daher nahe, dass die beschriebenen Faktoren das Entstehen von Stottern in einem – wie auch immer gearteten – komplexen Wechselspiel begünstigen.
23 2.2 · Modelle zur multifaktoriellen Verursachung
Das Anforderungs- und KapazitätenModell Starkweather (Starkweather 1987; Starkweather et al. 1990) stellt in seinem Anforderungs- und KapazitätenModell die Anforderungen (der Umwelt und des Kindes an sich selbst) den kindlichen Fähigkeiten gegenüber. Die . Abb. 2.1 veranschaulicht diese Balance von Anforderungen und Kapazitäten. Starkweather vertritt die Auffassung, dass Stottern unter prinzipiell 2 verschiedenen Voraussetzungen des Ungleichgewichts entstehen kann: zum einen bei einem Untergewicht an Kapazitäten des Kindes (. Abb. 2.2) in Bezug auf 4 »emotionale Stabilität, 4 Sprechmotorikkontrolle, 4 kognitive Fähigkeiten, 4 linguistische Fähigkeiten« (Johannsen u. Johannsen 1998, S. 483) und zum andern bei einem über längere Zeit anhaltenden Übergewicht an Anforderungen (. Abb. 2.3), wie z. B.: 4 »hohe Erwartungen der Bezugspersonen, 4 hohes Anspruchsniveau des Kindes, 4 ungünstige Kommunikationsbedingungen« (Johannsen u. Johannsen 1998, S. 483).
2
Beide Formen des Ungleichgewichts bringen die kindliche Entwicklung aus dem Lot (. Abb. 2.2 und . Abb. 2.3). Ist das Verhältnis zwischen Kapazitäten (diese umfassen Anlagen genauso wie erworbene Fähigkeiten) und Anforderungen über längere Zeit unausgewogen, wird die Ausprägung von Stottern begünstigt. Hansen u. Iven (2002, S. 15 ff.) haben entlang dieses Modells das Entstehen von Stottern anschaulich beschrieben. Sie machen zu Recht darauf aufmerksam, dass folgerichtig auch in der Diagnostik auf Anforderungen und Kapazitäten geachtet werden muss (ebd.). Das gilt natürlich genauso für das Anamnesegespräch (vgl. die Vorlage in . Abb. 4.2 u. 7 Kap. 12.7 und im Ê Downloadbereich in der die individuell vermuteten Kapazitäten und Anforderungen eines Kindes von den Eltern eingetragen werden können) und entspricht einer ICF-orientierten Vorgehensweise (vgl. 7 Kap. 3).
> Beachte Im Sinne Starkweathers ist Stottern das Symptom eines kritischen Ungleichgewichtes von Kapazitäten des Kindes oder Anforderungen an das Kind und damit Ausdruck einer kindlichen Entwicklungskrise.
. Abb. 2.1 Anforderungen und Kapazitäten für flüssiges Sprechen sind ausgeglichen. (Grafik von Sabine S. Hammer, Bad Vilbel, in Anlehnung an Johannsen u. Johannsen 1998, S. 483)
24
Kapitel 2 · Wie entsteht Stottern?
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. Abb. 2.2 Bei normalen Anforderungen und einem Untergewicht an Kapazitäten des Kindes kann Stottern entstehen. (Grafik von Sabine S. Hammer, Bad Vilbel, in Anlehnung an Johannsen u. Johannsen 1998, S. 486)
12 2.3
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Fazit 4 Auf die verrwirrende Re ede vo on der Disspositi-o wird zug on gunsten derr Darstel ellun lung g verschiiedener Faktor oren en verzichte te et. t 4 Ein in interaktiv vess Bedingungsg sg gefü efüge ge b bietet ein n praxistauglich iches e und anschauliches Erklääru ungsmodell für ür d diie Entstehung E und Auf uff recht hterha rh ltung des Stott ttern erns. 4 Modell ll ffü ür das Entstehen von Stottern ist das »Anforde rd run rungs- und Kapazitäten-Modell«.
Faktoren, die zusammen mit Stottern beobachtet werden können Auf den den Begr Begriff iff »ve v rursachende Faktoren« wird rd d bewusst verzichtet. Dies ha hatt verschiedene v Gründe: Alle »Ursachen« des Stotterns sind sin dies nur aufgrund von Theorien. Viele Untersuchu hunge n n belege bel egen n, das dasss bestimmte b Störungen, Besonde derheiten oder hirnorganisc ische h Aktivitäten im Zusammen sam menhan men hang han g mit m dem Stottern rn ge g häuft auftreten. (Zu fast jedem Stud tudien ie ergebniss gib g t es andere Untersuchungen, die da dass Ergebniss bezweib feln fel n lass lassen en ode od r widerlegen.) Ursac ac e-Wirkkung ach u sZusammenh nhäng änge, e, die daraus abgelei eiitet t wurde te den, sind rein spekulativerr Natu N tur. Über die Urs rsachen rs des Stotterns ist bis heute ka k um etwas bek ekkann a t.
Beim Kind ist es im Einzelnen schwierig festzustellen, was Ursache und was Folge des Stotterns ist. Manche Beobachtungen können auch im Sinne von spontanen oder erlernten Copingstrategien interpretiert wer-
25 2.3 · Faktoren, die zusammen mit Stottern beobachtet werden können
2
. Abb. 2.3 Ein Übergewicht an Anforderungen bei normalen Kapazitäten bringt die Balance von Anforderungen und Kapazitäten für flüssiges Sprechen zum Kippen, und es kann zum Stottern kommen. (Grafik von Sabine S. Hammer, Bad Vilbel, in Anlehnung an Johannsen u. Johannsen 1998, S. 485)
den oder treten vielleicht einfach nur zufällig mit dem Stottern auf. Dies gilt gleichermaßen für innerpsychische Konflikte wie für organische bzw. neurophysiologische Parameter. > Beachte Die Vielfalt der Theorien zur Entstehung von Stottern und möglichen Ursachen ist groß. Das tatsächlich gesicherte Wissen darüber ist erschreckend gering. Ein kausaler oder wechselseitiger Zusammenhang der beschriebenen Faktoren zum Stottern ist letztlich nicht bewiesen. Belegt ist nur, dass die beschriebenen Faktoren häufig bei stotternden Kindern beobachtet werden können. . Übersicht 2.1 stellt verschiedene Faktorenbündel
dar, mit denen sich das weitere Kapitel beschäftigt.
. Übersicht 2..1 Ätio olo ogische Fak ktoren in der Disskussion n 4 Faamiliäre Hääuffung und genetisc sche he Kompo po one n ente 4 St Stö örun r g der zen entr tralen Wahrnehmungsentwic ickl klung 4 Gestö törte t Timing-Proze zesse sse 4 Zusamm mmenh e ang mit psychol oling inguis uistis tischen Fähigkeiten en 4 Störungen de er psyc psychosozialen Entwicklung
2.3.1
Familiäre Häufung und genetische Komponente
Die Genforschung konnte bisher noch kein Gen eindeutig isolieren, das für das Stottern verantwortlich ist. Allerdings gelingt es Forschern der Humangenetik zunehmend, Chromosome zu identifizieren, die Dispositionsorte für Stottern sein können (Suresh et
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Kapitel 2 · Wie entsteht Stottern?
al. 2006). Zudem lässt sich eindeutig beobachten, dass Stottern in vielen Fällen familiär gehäuft auftritt. Bei mehr als zwei Dritteln stotternder Vorschulkinder zeigt sich Stottern in der Familienanamnese (Ambrose et al. 1993, S. 701, 706). Dies deutet auf eine erbliche Komponente hin3. Die Zahlen der unterschiedlichen Studien weichen zwar weit voneinander ab, einig sind sich jedoch alle in einem Punkt: Jungen entwickeln Stottern vergleichsweise häufiger als Mädchen (Ambrose et al. 1993). Die Stuttering Foundation of America geht davon aus, dass dreimal so viele Jungen wie Mädchen stottern (Conture 1999, S. 14; Johannsen 2001a, S. 153). Die geschlechtsspezifische Verteilung kann als Indiz für eine erbliche Komponente interpretiert werden, was auch durch neuere Studienergebnisse gestützt wird (vgl. Riaz et al. 2005). Allerdings sind Jungen auch für andere Sprach- und Sprechstörungen anfälliger als Mädchen, wofür es verschiedene Erklärungen gibt (vgl. Conture 1999, S. 14).
Fazit 4 Stottern n ko kommt in viielen Faamilien gehäu h ft vor. 4 Bei gehääufte f m Auftret etten von St Stott otte ern in de er Familienaanaamnese bestteht e für das Kind ein in erhöhtes Rissiko ik , selbst Stotte te ern zu en entwickeln. Die gen enaauen u Zusammenhänge sind (n ch) nicht bekan (no k nnt. n 4 Ess ist davon auszugeh gehen, n da dass die Anla la-ge e zu um Stottern4, d. h. eine erh erhöht öhte e Be Bereitschaf aft zu ur Entwicklung von Stottern, vererbt wird. Bissher h ka kann die genetische Komponente noch nichtt ein ei deu deutig tig nachgewiesen werden.
15 i Tipp
16 17 18 19 20 21
Relevanz für die Therapieplanung 4 Eine nachvollziehbare Ursache des Stotterns erleichtert es den Eltern, die Störung zu akzeptieren. Die Eltern sind nicht so stark verunsichert durch Schuldgefühle im Hinblick auf mögliches eigenes Fehlverhalten.
3 Freilich muss dies nicht zwangsläufig so interpretiert werden. Genauso könnten theoretisch Einflüsse wie Erziehung oder familiäre Interaktionsmuster, also Lernprozesse, hierfür mitverantwortlich sein. 4 Ungeklärt bliebe dann immer noch, worin diese Anlage konkret bestünde (vgl. 7 Kap. 2.2.1)
4 Die Hoffnung auf völlige »Heilung« ist von vorneherein eingeschränkt, da sich an Erbfaktoren nichts ändern lässt. Demzufolge ist die Akzeptanz für das Stottern meist besser, was indirekt Veränderungen und Fortschritte unterstützt. 4 Übertriebene Betonung der Erblichkeit lenkt ab von den veränderbaren Faktoren und kann zu einer Art Schicksalsergebenheit führen. Die Therapeutin sollte aufzeigen, was mit welchen Methoden durch die Therapie konkret verändert werden kann.
2.3.2
Störung der zentralen Wahrnehmungsentwicklung
Umstellung von auditivem auf kinästhetisches Feedback Zunächst kontrolliert das Kind sein Sprechen auditiv. Im Laufe der Sprachentwicklung erfolgt dann natürlicherweise die Umstellung zur Kontrolle über das kinästhetische Feedback, das ökonomischer funktioniert. Möglicherweise kommt es bei stotternden Kindern im Prozess dieser Anpassung der Feedbacksysteme zu einer Desynchronisation. In der Übergangszeit muss das Kind lernen, die im Gehirn zeitlich versetzt einlaufenden Reize (Feedbackinterferenzen) zu integrieren. Schafft das Kind diese Integration nicht, dann ist auch eine geordnete Koordination der am Sprechakt beteiligten Muskelgruppen erschwert. Laut Fiedler (1993) treten die entwicklungsbedingten Redeunflüssigkeiten genau in dieser Phase der Feedbackumstellung auf. Solange das Kind auf beide Rückmeldesysteme zur Sprechkoordination zugleich zurückgreift, kommt es sporadisch zu Sprechunflüssigkeiten (Entwicklungsunflüssigkeiten). Bereits van Riper (1986, S. 10) brachte diese Theorie der konkurrierenden Feedbackkreise mit der Entwicklung des Stotterns in Verbindung. Auf Basis dieser Theorie kann Stottern pathogenetisch als erlernte Störung der Autoregulation des Sprechens betrachtet werden. > Exkurs Pathogenese. An dieser Stelle soll kurz auf Theorien zur Pathogenese eingegangen werden: Bloodstein betrachtet Stottern als Ausdruck von »Fragmentierung und Spannung« (1995, S. 400 f., Übersetzung durch die Autorinnen). In diesem Sinne sind auch die Äußerungswiederholungen beim Kind als wiederholtes Stoppen zu verstehen und können so wie die Dehnungen und Blockaden mit der »anticipatory struggle hypothesis« (Bloodstein 1995) erklärt werden. (Das Verständnis von Stottern als Stoppen statt Hängenbleiben passt zu der Beobachtung,
27 2.3 · Faktoren, die zusammen mit Stottern beobachtet werden können
2
dass Stottern am häufigsten beim Anfangslaut oder der ersten Silbe eines Wortes auftritt, vgl. 7 Kap. 1.6.3, Abschn. »Prosodie und sprachliche Komplexität«). Fiedler (1993) vergleicht das Stottern mit dem Stolpern des Tausendfüßlers (. Abb. 2.4), das eintritt, wenn er besonders darauf bedacht ist, nicht zu stolpern. Hierzu passt auch Wendlandts Theorie (1984b) vom Stottern als »Sprechfehlervermeidungsroutine«. Da Stottern nach diesen Theorien ein gelerntes Verhalten ist, kann es auch wieder verlernt werden.
Dass das auditive Feedback für das Stottern eine Rolle spielt, wird durch den Lee-Effekt nahe gelegt: Wird die akustische Rückkopplung verzögert dargeboten (dt.: Verzögerte akustische Rückmeldung (VAR), engl.: Delayed auditory feedback (DAF)), verbessert sich die Sprechflüssigkeit erheblich. Es wurden bereits Geräte entwickelt, die diesen Effekt für die Patienten (v. a. Erwachsene) nutzbar machen wollen (z. B. SprechManager). Untersuchungen zum Nachweis der andauernden Effektivität und Praktikabilität sind Bestandteil der aktuellen Forschung (z. B. Armson 2008). Gleichzeitig wird versucht zu erforschen, in welchem Zusammenhang der LEE-Effekt mit anatomischen und funktionellen Gegebenheiten im Gehirn (insbesondere im auditorischen Kortex) steht (Foundas u. Conture 2007). Fiedler und Standop (1994, S. 50 ff.) beschreiben, dass der Lee-Effekt bei Vorschulkindern stärker sei als bei über 8-Jährigen.
Hemisphärenambivalenzen und Lateralität Darüber hinaus spricht einiges dafür, dass Stottern mit »einer unzureichenden Lateralisation sprachlicher Funktionen« (Johannsen 2001a, S. 155) zusammenhängt, die zu Hemisphärenambivalenzen und daraus resultierend Irritationen in der Steuerung des Redeflusses führt (vgl. Fiedler u. Standop 1994). Traditionell wird davon ausgegangen, dass Stottern mit vermehrter rechtshemisphärischer Aktivität während des Sprechens einhergeht (Caruso et al. 1999, S. 235). Diese Annahme wird durch aktuellste Forschungsergebnisse aus den Neurowissenschaften gestützt. Diese zeigen, dass bei Stotternden eine höhere Aktivierung vor allem frontaler Gebiete der rechten Hemisphäre besteht als bei Nicht-Stotternden5. Gleichzeitig konnte eine Minderaktivierung »(…) in linksfrontalen Sprachregionen, in denen 5 Um Aktivierungen im Gehirn sichtbar zu machen kommen die Positronenemissionstomographie (PET) sowie die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) zum Einsatz.
. Abb. 2.4 Grafik von C. Ochsenkühn. Fiedler (1993) vergleicht den Entstehungsmechanismus beim Auftreten von Stottern mit einem Tausendfüßler: Der Tausendfüßler gerät gerade dann ins Stolpern, wenn er besonders darauf achtet, nicht zu stolpern
[zusätzlich] strukturelle Abnormitäten gefunden worden waren« (Neumann 2007, S. 12) nachgewiesen werden. Es wird – gestützt durch Untersuchungsergebnisse (Neumann 2007) – angenommen, dass rechtshemisphärische Regionen bei stotternden Erwachsenen spontan kompensatorische Aufgaben übernehmen. Allerdings ist diese Kompensation oft unzureichend, was das bestehende Stottern zeigt. Nach erfolgreicher Fluency-Shaping-Therapie (7 Kap. 6.5) konnte eine effektivere Kompensation in Form von Mehraktivierung in linkshemisphärischen Regionen beobachtet werden.
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Kapitel 2 · Wie entsteht Stottern?
Störungen in der Lateralisation sprachlicher Funktionen gehen wegen des engen Zusammenhangs von Sprache und Motorik häufig mit Auffälligkeiten in der Händigkeitsentwicklung des Kindes einher. In Bezug auf die Prognose spielt die Lateralität eine wesentliche Rolle: Die Remissionsrate liegt bei Linkshändern entscheidend niedriger als bei Rechtshändern (Johannsen 2001b, vgl. 7 Kap. 1.2, 7 Kap. 7.3). i Tipp Relevanz für die Therapieplanung 4 Allgemeine Förderung der (auditiven und taktilkinästhetischen) Wahrnehmung und Wahrnehmungsintegration, bei Bedarf Ergotherapie (vgl. 7 Kap. 5.4.4 und . Übersicht 5.14) 4 Baustein Modifikation=Schulung der motorischen Kontrolle beim Sprechablauf
2.3.3
Gestörte Timing-Prozesse
Sprechen erfordert eine präzise motorische Koordination von Atmung, Stimmgebung und Artikulationsbewegungen. Dieser Prozess wird neuronal gesteuert. Bei Stotternden konnten nun strukturelle Abnormitäten im Gehirn festgestellt werden, die für »(…) eine gestörte neuronale Kommunikation zwischen linksseitigen Sprechmotorikplanungs- und Ausführungsregionen sowie auditorischen Regionen (…)« (Neumann 2007, S. 7) verantwortlich sein könnten. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass die Reihenfolge der Aktivierung von Arealen, die für die Artikulationsplanung zuständig sind, bei Stotternden gegenüber Nicht-Stotternden abweicht. Messbare Unterschiede. Untersuchungsmethoden wie die Elektromyographie (gibt Auskunft über die Spannungsverhältnisse einzelner, am Sprechakt beteiligter Muskelgruppen) oder die Untersuchung des VOT (Voice-Onset-Time vgl. nachfolgenden Exkurs) ermöglichen detaillierte Aussagen zu Ähnlichkeiten und Unterschieden im Sprechen stotternder und nicht stotternder Kinder. Bei diesen Untersuchungen zeigten sich einige messbare Unterschiede im Sprechablauf Stotternder und Nichtstotternder. (vgl. Kuckenberg u. Zückner 2006) Diese Untersuchungsergebnisse könnten die Tatsache erklären, dass stotternde Menschen langsamer sind als Nichtstotternde, wenn sie möglichst schnell beginnen sollen zu phonieren. Dies betrifft VC-, VCV- und CV-Übergänge. (vgl. z. B. Bloodstein 1995, Caruso et al. 1999, S. 321). Studien mit Reaktionszeiten bei Erwachsenen zeigen, dass diese bei Stotternden
länger sind, genauso wie die Vokaldauer und Pausen, was die These, dass es sich beim Stottern vorrangig um eine Timing-Störung handelt, unterstützt. Conture et al. fassen zusammen: »Stotterer – Kinder, Jugendliche und Erwachsene – weisen im Vergleich zu Flüssigsprechern feine Schwierigkeiten oder Normabweichungen in ihrer Sprechmotoriksteuerung und -ausführung auf. Insbesondere setzen Stotterer ihre Sprechvorgänge langsamer in Gang, produzieren weniger korrekte Lautübergänge und zeigen eine geringere Stabilität in ihrer Sprechproduktion.« (Conture et al. 2001, S. 2)
Zunehmend werden hierzu auch Untersuchungen mit Kindern durchgeführt, mit ähnlichen Ergebnissen: »Kinder, die stottern, neigen dazu, in Bezug auf Phonationsbeginn und -ende langsamer zu sein als ihre normalflüssigen Altersgenossen« (Caruso et al. 1999, S. 326). > Exkurs Voice-Onset-Time misst die Dauer der Übergänge von stimmlosen zu stimmhaften Lauten und beschreibt somit das Gelingen eines wichtigen Aspektes der Koartikulation. Beim Stottern wird i.d.R. innerhalb der ersten Silbe eines Wortes die Stimmlippenschwingung zur Bildung des Vokalkerns der Silbe nicht in Gang gesetzt oder mit der nötigen zeitlichen Dauer aufrecht erhalten (Kuckenberg u. Zückner 2006, S. 10). Es kommt zu Verzögerungen, Dehnungen oder Blockierungen. Beispiel /kind/: Durch die Schwierigkeit, den Stimmeinsatz (Übergang von Stimmlosigkeit zu Stimmhaftigkeit) zwischen den Lauten /k/ und /i/ zeitgerecht zu organisieren, kommt es z.B. zu einer vollständigen Blockierung (K-- ind) oder zu einer Lautwiederholung (K-K-K-Kind). Denkbar wäre auch die Realisation K-hhhind. Dies würde für eine unvollständige Annäherung der Stimmlippen sprechen. Beispiel /onkel/: Der Stimmeinsatz (Onset) gelingt nicht mit dem Sprechbeginn, es kommt zu einem (möglicherweise intermittierenden) glottalen Verschluss oder aber zur Vorschaltung eines spannungsreichen Hauchlautes: Hhhhonkel. Beispiel /material/: Hier sind die meisten Varianten denkbar: gelingt der Stimmeinsatz (Onset) bei dem stimmhaften Konsonanten gar nicht, kommt es zu stummen Pressversuchen. Gelingt er, reißt jedoch wieder ab, kann es zur Silbenwiederholung (Ma-ma-material), zur stimmhaften spannungsreichen Dehnung (Mmmaterial) oder zur Lautwiederholung (M-m-m-material) kommen. Die Sprechtechnik der Prolongation (7 Kap. 8.7.1, Abschn. »Die Prolongation – Sprechtechnik und Vorübung
29 2.3 · Faktoren, die zusammen mit Stottern beobachtet werden können
zum Pull-out«) setzt mit der bewussten Steuerung des Stimmeinsatzes innerhalb der Silbe genau an diesem Aspekt an.
> Beachte Es ist noch nicht abschließend geklärt, auf welcher Ebene die Timing-Störung angesiedelt werden soll. Die oben dargestellten aktuellen Untersuchungsergebnisse lassen jedoch vermuten, dass das TimingProblem auf neuroanatomische Abweichungen sowie auf eine gestörte Reihenfolge der Aktivierung der zur Sprechplanung notwendigen Gehirnareale zurückzuführen ist (Sommer et al. 2002, Chang et al. 2008).
! Cave Eine Schwierigkeit an diesen Befunden ist, dass nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob es sich um eine wirkliche Störung in der zeitlichen Organisation der Sprechbewegungen handelt oder um erlernte Copingstrategien, da noch nicht hinreichend geklärt ist, ob erkennbare neuroanatomische Abweichungen die Folge oder die Ursache der bestehenden Redeflussstörung sind. Bisherige Ergebnisse wurden überwiegend durch Untersuchungen Erwachsener gewonnen. Daten von Kindern, die erst seit kurzem stottern, liegen derzeit nur in sehr geringem Umfang vor, lassen aber vermuten, dass zum Zeitpunkt der Entstehung des Stotterns noch keine signifikanten neuroanatomischen Unterschiede zu nicht stotternden Kindern bestehen (Sommer et al. 2009).
i Tipp Relevanz für die Therapieplanung 4 Einsatz direkter Verfahren 4 Einsatz von Sprechtechniken (z. B. Prolongationen, rhythmisches Sprechen) bzw. Fluency-Shaping-Therapie 4 Therapiebaustein: Modifikation des Stotterns mit Fokus auf motorischem Umlernen
2.3.4
Zusammenhang mit psycholinguistischen Fähigkeiten
Prinzipiell muss man 2 Kategorien stotternder Kinder unterscheiden: 4 Die erste Kategorie hat bis zum Auftreten des Stotterns eine unauffällige bis rasante Sprachentwicklung durchlaufen. 4 Die zweite Gruppe ist in der Sprachentwicklung verzögert.
2
Das Auftreten von Stottern kann in beiden Fällen am ehesten mit einer Überlastung des linguistischen Systems und der Konkurrenz automatisierter und willkürlicher Abläufe um Ressourcen des Gehirns (vgl. Hansen u. Iven 2002, S. 12 f.), v. a. im Zusammenhang mit neuen Entwicklungsschritten, erklärt werden.
Stottern ohne Auffälligkeiten der Sprachentwicklung Johannsen (2001a) beschreibt die Gruppe ohne Sprachentwicklungsverzögerung als »Kinder, die im 4. oder 5. Lebensjahr zu stottern anfangen, nachdem sie zuvor schon flüssig grammatikalisch weitgehend korrekte Sätze ohne oder mit nur wenigen Artikulationsfehlern gesprochen haben« (ebd. S. 152). Nach diesen Angaben zeigen annähernd genauso viele stotternde Kinder diesen Verlauf, wie es stotternde Kinder mit gleichzeitiger Sprachentwicklungsverzögerung gibt.
Stottern und Sprachentwicklungsverzögerung Bei der zweiten Gruppe geht das Stottern dagegen mit einer insgesamt verzögerten Sprachentwicklung einher (Bloodstein 1995). Bei diesen Kindern tritt Stottern bereits im 2. und 3. Lebensjahr auf und fällt dann in den Zeitraum des zunehmenden Gebrauchs von Mehrwortäußerungen und -sätzen, also komplexeren linguistischen Äußerungseinheiten (vgl. 7 Kap. 1.4). Viele Autoren nehmen daher eine eingeschränkte linguistische Kompetenz als mögliche Ursache für das Stottern an (vgl. Schulze u. Johannsen 1986, S. 50). Diese Vermutung liegt nahe, die Tatsache ist jedoch keineswegs erwiesen. > Beachte Wie Stottern und (reduzierte) psycholinguistische Fähigkeiten zusammenhängen, ist bis heute tatsächlich unklar.
Man kann natürlich spekulieren, und es gibt genügend Theorien, in denen das getan wird. Denkbar sind neben einem Kausalzusammenhang verschiedene Erklärungen: Beide Störungen könnten von einer dritten Grundstörung herrühren, sie bilden ein komplexes wechselseitiges Bedingungsgefüge, oder sie treten einfach nur häufig gemeinsam auf, ohne dass ein Zusammenhang besteht. Letztere Sichtweise favorisiert z. B. Ryan und hält sich damit an das, was die Datenlage hergibt:
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Kapitel 2 · Wie entsteht Stottern?
»Offensichtlich existieren die Probleme von Stottern, Sprache und Artikulation/Phonologie nebeneinander, aber diese Verhaltensweisen scheinen sich auf keine bekannte oder klinisch brauchbare Art gegenseitig zu bedingen (engl.: »covary«) oder zu verursachen. Die Beobachtungen, die in der Literatur berichtet werden, weisen nur darauf hin, dass komplexere linguistische Äußerungen mit mehr Stottern verbunden sind.« (Ryan 2001, S. 122, Übersetzung durch die Autorinnen)
Aussagen nebeneinander beinhalten. Auch hier bleibt die Art des Zusammenhangs wieder offen.
> Beachte
»Aus all diesen Untersuchungen folgt natürlich, dass eine Beziehung zwischen semantischen oder Wortschatzfähigkeiten und Sprechunflüssigkeiten besteht, die Natur der Beziehung aber ziemlich komplex ist. Darüber hinaus sind semantische und syntaktische Fähigkeiten miteinander verknüpft.» (Conture et al. 2001, S. 4)
Sicher ist nur, dass Stottern und Sprachentwicklungsverzögerungen bei einer relativ großen Gruppe stotternder Kinder gemeinsam auftreten.
Linguistische Ebenen der mit Stottern auftretenden Sprachstörungen Sprachstörungen, die im Zusammenhang mit Stottern auftreten, betreffen die linguistischen Ebenen Semantik, Syntax-Morphologie, Artikulation-Phonologie und die pragmatisch-kommunikative Ebene.6 Frühere Forschungen leiten zudem aus der Beobachtung, dass Stotternde eine eingeschränkte Prosodie haben, eine Prosodiestörung als Ursache des Stotterns ab. Der Zusammenhang dürfte jedoch eindeutig umgekehrt sein.
Artikulation. Einige Autoren berichten, dass Lautbildungsfehler bei stotternden Kindern häufiger und länger bestehen (vgl. z. B. Schulze u. Johannsen 1986).
Syntaktische Komplexität. Bei einem Teil stotternder Vorschulkinder zeigen sich vermehrte Schwierigkeiten beim Erwerb morphologisch-syntaktischer Strukturen. Auf der Einwortebene tritt noch kein Stottern auf. Zu Unflüssigkeiten kommt es frühestens in den darauf folgenden Monaten, wenn Phrasen dazukommen. Zwischen der Komplexität und Länge einer Äußerung und dem Grad der Unflüssigkeit besteht ein nachweislicher Zusammenhang: Es ist »eindeutig (...), dass Stottersymptome bei stotternden Personen dann eher auftreten, wenn ihre Äußerung länger und grammatikalisch komplexer ist« (Conture et al. 2001, S. 3). Fraglich bleibt, ob der Grund dafür mit der (zeitlich verlangsamten) syntaktischen Enkodierung, also Planung, oder eher mit der Ausführung des Sprechvorgangs zusammenhängt. Wall (1980) zeigte, dass stotternde Vorschulkinder kürzere Äußerungen hinsichtlich Inhalt und Form benutzen, wohingegen nicht stotternde Vorschulkinder signifikant häufiger Sätze verwenden, die mehrere
i Tipp
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Semantik. Stotternde Kinder zeigen gegenüber nicht stotternden Kindern signifikant niedrigere Werte in standardisierten Tests zum passiven Wortschatz. Conture et al. (2001) vermuten eine langsamere semantische Enkodierung (Verschlüsselung) und folgern:
6 Häufig zu beobachten sind nach Schulze und Johannsen (1986, S. 46 ff.) und Bloodstein (1995) zudem Verzögerungen des Sprechbeginns. Nach Fiedler und Standop (1994, S. 23 f.) gibt es dafür keine Grundlage.
Pragmatisch-kommunikative Ebene. Es liegt auf der Hand, dass die Redeflussstörung mit zunehmendem Schweregrad immer auch eine Beeinträchtigung der pragmatischen und kommunikativen Fähigkeiten bedeutet.
Relevanz für die Therapieplanung 4 Allgemeine Förderung der Sprachentwicklung und Sprechfreude 4 Weniger Sprechanlässe an »unflüssigen« Tagen schaffen (vgl. 7 Kap. 7.5.3 und 7 Kap. 9.7, Abschn. »Reduzieren des Sprachniveaus und der sprachlichen Komplexität«) 4 Elterntraining zum sprachlichen Kommunikationsverhalten (vgl. 7 Kap. 9.7)
2.3.5
Störungen der psychosozialen Entwicklung
Fest steht: Es gibt sie nicht, die typische Persönlichkeit des stotternden Kindes oder die typische Familie mit stotterndem Kind. Wie bei einem hohen Anteil sprachentwicklungsgestörter Kinder lassen sich in der Praxis jedoch bestimmte Thematiken besonders häufig im Zusammenhang mit dem kindlichen Stottern beobachten. Konstatiert wird lediglich das häufige gemeinsame Auftreten. Wie bei den vorangegangenen Aspekten bleibt letztlich unklar, ob es sich um Mitursachen oder um Folgen des Stotterns und der Erfahrungen damit handelt.
31 2.3 · Faktoren, die zusammen mit Stottern beobachtet werden können
Persönlichkeitsmerkmale Einige Untersuchungen haben sich mit den Persönlichkeitsmerkmalen von erwachsenen und kindlichen Stotternden beschäftigt. Die Ergebnisse zeigen teilweise signifikant häufiger Selbstbeschreibungen bzw. Beschreibungen durch Eltern wie »Perfektionismus, hohe Sensibilität und verhaltensmäßige Hemmungen« (Conture et al. 2001, S. 5), während andere Studien keine signifikanten Unterschiede zur Gruppe der Nichtstotternden finden. Einige Autoren bestehen zu Recht darauf, dass Stottern nicht auf einer Persönlichkeitsstörung basiere (Hansen u. Iven 2002, S. 26; Bloodstein 1995). Beides muss sich nicht widersprechen: Es geht nicht um eine pathologische Entwicklung im Sinne einer Persönlichkeitsstörung, sondern um einige wenige Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale, die im Zusammenhang mit Stottern besonders häufig auftreten. In der Praxis ist zu beobachten, dass viele stotternde Kinder einen hohen bis perfektionistischen Anspruch an ihre eigenen Leistungen haben. Auch die von Conture et al. (2001) beschriebene Neigung zu verhaltensmäßigen Hemmungen bestätigen sich im sprachtherapeutischen Alltag: Nicht alle, aber viele der betroffenen Kinder können Wut nur schwer äußern, wirken latent aggressiv und haben Schwierigkeiten beim offenen Umgang mit Konflikten.7 Als Kompensationsversuch für die empfundene eigene Ohnmacht werden Größenfantasien oft stellvertretend mit Tier- oder Puppenfiguren ausagiert. Dafür sind verschiedene Erklärungen denkbar: Geht man davon aus, dass die Persönlichkeitsmerkmale vom Kind mit auf die Welt gebracht werden, liegt nahe, dass sie den Umgang mit eigenen Sprechunflüssigkeiten erschweren und so eine Chronifizierung begünstigen. Umgekehrt ist aber genauso denkbar, dass es sich um eine Folge des Stotterns handelt: Das Kind erlebt sich als dem Stottern hilflos ausgeliefert, Sprechen wird zur frustrierenden Erfahrung. Aufgrund dieser Verunsicherung durch die eigenen Unflüssigkeiten, und evtl. verstärkt durch Umweltreaktionen, könnten sich eine größere Sensibilität und ein hoher Leistungsanspruch etc. im Sinne spezifischer Persönlichkeitsmerkmale auf der emotional-affektiven Ebene wie im Verhalten entwickeln.
2
Emotionaler Stress – Systemischer Ansatz. Eine emotionale Überforderung des Kindes, die über einen längeren Zeitraum bestehen bleibt oder regelmäßig wiederkehrt, führt zu Verunsicherung. Sie wirkt sich immer auf das Empfinden und Verhalten und damit auf die Kommunikation aus. Es geht nicht um einmalige oder gelegentliche Erlebnisse, sondern um »eingefahrene« Interaktionsmuster. In Familien mit stotternden Kindern kann eine emotionale Überforderung des betroffenen Kindes nicht immer, aber durchaus häufig beobachtet werden. Studien wie die von Cooper (1979) und Jehle und Randoll (1984) ergaben, dass auf der reinen Verhaltensebene Eltern stotternder Kinder nicht signifikant von anderen Eltern abweichen. Dennoch: In der Arbeit mit stotternden Vorschulkindern ist immer wieder zu beobachten, dass das Kind innerhalb des Familiensystems als Symptomträger funktioniert. In diesen Fällen (sicher nicht bei allen stotternden Kindern!) ist das Stottern dann auch als Ausdruck eines ungelösten familiären Konfliktes zu betrachten.8 (Auf der Verhaltensebene drückt sich dies manchmal in stark differierenden Erziehungsstilen oder »double-bind«-Botschaften etc. aus. Gravierender sind mögliche emotionale Implikationen für das Kind, z. B. die Verunsicherung durch widersprüchliche Signale, übertriebene Kritik, die Konsequenzen ständiger Abwertung auf das Selbstwertgefühl etc.) Als mögliche zugrunde liegende Krisen kommen z. B. Paarkonflikte der Eltern in Frage. Zentral scheint der Umgang innerhalb der Familie mit Gefühlen (hier v. a. auch mit aggressiven Gefühlen) und mit Konflikten zu sein. Besonders problematisch kann es sich auswirken, wenn die Konflikte von den Betroffenen negiert oder tabuisiert werden. Will man sich dieser eher systemischen Sichtweise nicht anschließen, so bleibt zumindest die Tatsache, dass durch familiäre Konflikte der kommunikative Stress zunimmt und sich entsprechend destabilisierend auf das Kind und sein Kommunikationsverhalten auswirkt.
Psychosoziale Interaktionsstörung Beeinträchtigungen bzw. Störungen der Interaktion haben einen emotionalen, einen sprachlichen und einen zeitlichen Aspekt. 7 Dies kann genauso aus einem familiären Umgangstil wie aus einer Persönlichkeitsveranlagung resultieren.
8 Fragen wie beispielsweise: Was würde passieren, wenn das Kind nicht mehr stotterte? Wem oder was würde sich die Aufmerksamkeit zuwenden?, können u. U. hilfreich sein, wenn es um die Klärung der Funktion des Stotterns in der Familie geht.
32
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
Kapitel 2 · Wie entsteht Stottern?
Wie sieht die Überforderung konkret aus? Kommunikativer Stress. Gemäß Hansen und Iven (1992, S. 242 f.) kann »... sprachliche Überforderung dazu führen, dass für das Kind ein kommunikativer Stress entsteht, welcher die Steuerung des Sprechablaufs beeinträchtigen kann (...).« Die sprachliche Überforderung kann viele Bereiche betreffen (vgl. 7 Kap. 9.7). Im Folgenden seien nur die gängigsten genannt: 4 Konkurrenz zu (sprechgewandten) Geschwisterkindern, 4 erhöhte Erwartungen an die Ausdrucksmöglichkeiten des Kindes, 4 sehr hohes Sprachniveau, 4 fehlende Sprechregeln, 4 Hänseleien, 4 übermäßiger Gebrauch von Zynismus und Ironie. Laut Rommel (2001) sind verbale Anforderungen von außen v. a. auch prognostisch relevant (vgl. 7 Kap. 7.3). Zeitlicher Stress. Zeitdruck kann in der Kommunikation oder durch Lebensgewohnheiten entstehen. Einige zeitliche Faktoren gelten als Risikofaktoren, die Unflüssigkeiten eher provozieren. Ungünstige Einflussfaktoren sind z. B. Sprechdruck, erhöhtes Sprechtempo, häufige Unterbrechungen und ein ungeregelter, hektischer Tagesablauf (mehr dazu in Stuttering Foundation of America 1998, S. 41 ff.). ! Cave
14 15 16 17 18 19 20 21
Emotionaler, kommunikativer und zeitlicher Stress führen natürlich nicht zwangsläufig zum Stottern! Sie tragen unter Umständen allerdings zur linguistischen oder emotionalen Überlastung des Kindes bei.
Kommen im Prozess der Sprachentwicklung, v. a. während der Phase der physiologischen Unflüssigkeiten, zu viele Faktoren zusammen, so kann die psychosoziale Überlastung – genauso wie andere genannte Faktoren – vielleicht das »Fass zum Überlaufen« bringen. > Beachte Unabhängig von der ungeklärten Rolle der ElternKind-Interaktion bei der Entwicklung von Stottern haben die Eltern viele Möglichkeiten, wie sie dem Kind den Umgang mit der Symptomatik erleichtern können!
Eine Beeinflussung des Sprachmodells kann das Kind dann entlasten und ihm so die Möglichkeit geben, selbst Lösungen im Umgang mit seinen Redeunflüssigkeiten zu finden. Daher wird in 7 Kap. 9.7 ausführlich auf die Faktoren und ihre Beeinflussungsmöglichkeiten eingegangen. Zudem ist zu beachten: Machen sich Eltern bei entwicklungsbedingten Unflüssigkeiten große Sorgen, wirkt sich das wahrscheinlich ungünstig auf ihr Kommunikationsverhalten aus. Darum kann u. U. eine logopädische Beratung indiziert sein, wenn noch kein manifestes Stottern vorliegt (vgl. 7 Kap. 7.2)! Der aktuelle Trend im Gesundheitswesen geht allerdings in die Gegenrichtung: Entwicklungsunflüssigkeiten stellen nach den Heilmittel-Richtlinien keine Indikation zur Therapie dar (Heilmittel-Richtlinien und Heilmittelkatalog 2001, S. 116)! Damit besteht kein Anspruch auf Kostenübernahme durch die Krankenkassen. i Tipp Relevanz für die Therapieplanung 4 Ganzheitlicher Therapieansatz 4 Einbeziehen des Familiensystems/der Bezugspersonen in die Therapie 4 Beratung der Bezugspersonen zur Förderung flüssigen Sprechens (vgl. 7 Kap. 9.4) 4 Elterntraining zum Abbau von sozialem Stress (vgl. 7 Kap. 9.5) und zum sprachlichen Kommunikationsverhalten (vgl. 7 Kap. 9.7) 4 Gegebenenfalls Anregen weitergehender Interventionen (Spieltherapie, Familientherapie, Beratung o. ä.) 4 Eine Zusatzausbildung (Gesprächsführung, familientherapeutische Weiterbildung etc.) für Therapeuten, die sich auf Stottertherapie spezialisieren, ist zu empfehlen.
2.3.6
Resultierende Risikofaktoren
Aus den beschriebenen Faktoren, die zusammen mit Stottern beobachtet werden können, ergeben sich mögliche Risikofaktoren (vgl. . Übersichten 2.2 und 2.3). Entsprechende Hinweise in der kindlichen Entwicklung sollten daher unbedingt beachtet werden.
33 2.3 · Faktoren, die zusammen mit Stottern beobachtet werden können
. Übersichtt 2..2 Mögliche Rissiko kofaktoren beim Kind 4 Hinweise e au uf (auditive) e) Wahrne nehmung ngsstörungen 4 Auffälligkei eiten en in der Händ ndi digke g itsentwicckl klung klu oder Linkshäänd digkeit 4 Auff A ällige Fein- un nd/o d der Grobmotorik 4 Auff uffälligkeiten in der de Sp Sprach- oder Sprechent ntwicklu wic klung 4 Erken nnba bar hoher Leistungsdruck, Perfektionismusst strebe ben, Hinweise auf Störungen des emotionalen nA Aussdru drucks, Zeichen emotionaler Überforderung
. Übe erssicht 2.3 Möglicche e Risikofa aktor t en in n der Um Umgebu bung des Kindes 4 Neg gat ative Reaktiio on nen auf Sprrech echfeh fehle feh ler wie übert rtrieb ie enes Korr rrigi igieren 4 Emotio ona nale Überlastun ung g 4 Kommun nika kativer Stress 4 Zei Z tlicher Str tress ss
2.3.7
Ausblick
Als Fazit aus dem beschriebenen multifaktoriellen Bedingungsgefüge ergibt sich für die Therapieplanung ein symptomorientiertes Vorgehen, das die individuellen Faktoren, die beim jeweiligen Kind zusammen mit dem Stottern auftreten, berücksichtigt und gewichtet. Aus Mangel an erwiesenen Ursachen ist es in der Arbeit mit dem stotternden Kind oder Jugendlichen und mit den Eltern günstig, sich auf die Faktoren, die flüssiges Sprechen fördern, zu konzentrieren (vgl. 7 Kap. 9.4). Diese sind zumindest teilweise bekannt! Ein weiterer Vorteil des Fokussierens auf eine positive Perspektive liegt in der Motivationssteigerung, die man damit im Sinne der Psychologie des lösungsorientierten Ansatzes erreicht (vgl. de Jong u. Berg 1999; de Shazer 1997).
Fazit 4 Verschie ede ene Faktorren kön nnen im Zu usammenhang g mit dem Sttottern beobacht htet werrden. Wie iihrr Bezug zurr Entwicklung des Sto otterns ist, ist st noch nicht gek ek ärt. ekl 4 Es bleibt offe ffen n, ob die das Stottern begleitenden Befund te de als al ursächlich für das Stotterrn betrachtet we errde den dürfen oder ob sie e au ussc schließlich begleiten ende de Sym y pto ym ptome sin sind d. 4 Man ng ge eht h aktuell davon aus, dass Stottern entsteht, ht, we enn n zu einer Veranlagung zum Stottern zu vie viele e ung ungünstige Faktoren hinzukommen.
2
3 ICF – Ein Denkmodell mit System 3.1
Vorteile und Ziele der ICF-basierten Stottertherapie – 36
3.1.1
Ressourcenorien nt ntierung
3.1.2
Gemeinsame e Sprache
3.1.3
Übergreifen nd Zielsetzung nde
3.1.4
Standard disierte is Beschreibungen
3.2
Was ist die ICF?
3.2.1
ICF, F, ICD und ICIDH – den Durchb blick behalten – 37
3.2.2
Wichtige Begrifflichkeite en und nd Zusammenhänge
3.2.3
Aktuelle Bedeutung und Scchwächen
3.3
Anwendung der ICF in Diagnostik und Therapie – 44
3.3.1
ICF-orientierte An Anam mnese
3.3.2 2
ICF-orientierte Ersttellung des Befundes – 44 4
3.3 3.3
ICF-orientiertte Th herapie
– 36 – 36 – 36 – 36
– 37
– 42
– 44 – 47
– 38 8
36
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Kapitel 3 · ICF – Ein Denkmodell mit System
Stottertherapeutinnen wissen: Ein Kind mit geringem Ausmaß an Grundsymptomatik ist nicht unbedingt »gesünder« als ein Kind mit stärker ausgeprägtem Stottern. So ist vorstellbar, dass das stärker stotternde Kind keine kommunikative Situation scheut, da es sehr selbstbewusst ist. Dieses vorhandene Selbstbewusstsein könnte ein Charakterzug des Kindes sein, der durch sein Umfeld – z. B. durch die Reaktionen der Eltern auf das Stottern – begünstigt wird. Das andere Kind hingegen ist stark verunsichert und traut sich weitaus weniger zu. Um beurteilen zu können, wie es den jeweiligen Kindern geht, wie gesund sie sind, müssen also nicht nur quantifizierbare Befunde und die genaue Beschreibung der Symptomatik berücksichtigt werden. Es ist vielmehr wichtig, auch zu erfassen, inwieweit diese Befunde alle Bereiche des sozialen Lebens des Kindes und seiner Familie beeinträchtigen. Zusätzlich muss beurteilt werden, ob es Faktoren beim Kind selbst (z. B. bestimmte Eigenschaften) oder in seiner Umwelt (z. B. die Unterstützung der Familie) gibt, die förderlichen bzw. hemmenden Einfluss auf das Wohlbefinden haben. Nur so entsteht ein aussagekräftiges Bild über die funktionale Gesundheit einer Person. Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (engl.: International Classification of Functioning, Disability and Health, ICF) verfolgt diesen mehrdimensionalen Ansatz.
12
Vorteile und Ziele der ICF-basierten Stottertherapie
3.1
13 14 15 16
Die Auseinandersetzung mit der ICF lohnt sich ch h. Zum einen einen werde werd n in einem ICF-bas asier ie ten Vorge-hen Therapieinhalte und Therapieziele opti p mal auf die Bedürfn f iss isse e des Patien ienten zugeschn nitten. Des Weiteren wird dd die ie fachliliche c Auseinan nderset etzun tz g mit mit dem Themaa »S » totter ern« fachüberrgreifend, internat nation io onal a und auff wissens w nschaftlicherr Ebene vereinfacht.
17 18 19 20 21
3.1.1
keiten«) wird demnach entgegengewirkt. Verinnerlicht und vermittelt eine Therapeutin diese positive, ressourcenorientierte Haltung, so wird dies auch die Einstellung des Kindes und seiner Bezugspersonen günstig beeinflussen.
3.1.2
Gemeinsame Sprache
Die Begrifflichkeiten zur Beschreibung der funktionalen Gesundheit werden – nach der von der WHO geplanten weitreichenden Einführung der ICF im Gesundheits- und Sozialwesen – fachübergreifend und international verwendet und verstanden. Dadurch verbessert sich die Qualität der interdisziplinären Zusammenarbeit (Kommunikation zwischen Stottertherapeutin und beispielsweise dem Arzt, der Psychologin oder dem Ergotherapeuten). Auch die Kommunikation mit den Leistungsträgern wird erleichtert.
3.1.3
Übergreifende Zielsetzung
Die ICF kann dazu beitragen, übergreifende Ziele zu erkennen und zu verfolgen (Allan et al. 2006). Dies hängt unter anderem mit dem verbesserten interdisziplinären Austausch zusammen (7 Kap. 3.1.2). Zudem ist ein grundlegender Gedanke der ICF, dass allein die Beachtung der medizinischen Verfassung eines Menschen mit seinen Symptomen (Schweregrad des Stotterns) nicht ausreicht, um darauf zu schließen, wie stark er in seiner funktionalen Gesundheit beeinträchtigt ist. Diese umfasst weit mehr als die offensichtlichen Krankheitssymptome (7 Kap. 3.2.2). Übergeordnetes Ziel ist demnach, die individuelle Funktionsfähigkeit des Menschen bezüglich verschiedener Aspekte zu erfassen und zu verbessern. Konkret hat dies zur Folge, dass das Ziel, die Stotterrate zu senken, nur eines von vielen wichtigen Zielen in der Stottertherapie ist. So sind z. B. auch Maßnahmen, welche keinen positiven Einfluss auf den Schweregrad des Stotterns haben, aber dem Kind helfen, besser mit seiner Sprechstörung umgehen zu können (beispielsweise »Selbstbewusstsein stärken«) legitime, wichtige Therapieinhalte.
Ressourcenorientierung
Bereits in der Anamnese und der Diagnostik sollte eine Stottertherapeutin, die ICF-basiert arbeitet, ihrAugenmerk gezielt darauf richten, die Kapazitäten des stotternden Kindes zu erfragen und zu diagnostizieren (7 Kap. 5.2.1). Einer rein defizitorientierten Blickrichtung (»was macht dem Kind alles Schwierig-
3.1.4
Standardisierte Beschreibungen
Die ICF ermöglicht das systematische Beschreiben des Stotterns und seiner Begleitstörungen. Das ist ein wichtiger Bestandteil der Qualitätssicherung (7 Kap. 11). Neu ist, dass dabei Faktoren aus dem
37 3.2 · Was ist die ICF?
Lebenskontext des stotternden Kindes berücksichtigt werden, die sich förderlich bzw. hemmend auf das Störungsbild sowie auf das Handeln und das Teilhaben an wichtigen Lebensbereichen auswirken (Yaruss u. Quesal 2004). Das ermöglicht der Therapeutin, nicht nur das Stottern objektiv zu dokumentieren, sondern auch wichtige individuelle Bedingungen und Voraussetzungen aus dem Lebensalltag des Kindes festzuhalten und fachlich gut begründet zu vermitteln.
Fazit 4 Die ICF zu kennen n und an ih hren Grund ndsätzen orientiert zu arbe eiten biete et für die Stot otterth herrapeutin und die Qualittät ihrer Theraapie ve ersschiedene Vortteile. te 4 Um m die funktionale e Gesundhei eitt eins inschätzen un nd fö fördern zu könn nen, ist es notwendig, die Kapaz p itäten des sto tot otternden Kindes und nd nicht ht nu ur die Defizite im Au Auge g zu beh ge halt alte en. Eine ress e our o cenorientierte Vorgehensweise wird dem emnach a unterstützt. 4 Die ICF streb re t einen e umfassenden, mehrdimensionalen n Blick ck auf den Menschen an. 4 Durch die ICF steh tehen sta standardisierte Beschreibungen des Stot otter te ns mit seinen Be egleitstörungen und Kontextfaktoren zur Verfügung. Die dabei verwendeten Begrifffüg ff li hke lic keiten sind nicht fachspezifisch und somit it fa f chü hüber b greifend und international verständlich ich.
3.2
Was ist die ICF? Beschäftigt man sich als Ei Einst n eiger mit der ICF, F so fallen vor allem die vielen Begri grifflichkeiten auf, die auf den ersten Blick komplizie ert erscheinen. Davon D n soll sollte te man sich jedoch nicht ab absch s recken lassen! Der Nutzen die di ses Klassifikationssy systems für eiine e Sto Stotte t rtherapeu tt utin ti , für die Qualität ät ihrer Therapie und damit mit au a ch für ih ihre Patienten ist hoch. Dieses Kapitel erkläärt die d ICF in ihren Grundz Gru ndzüge ügen. n. Bei Beispi spiele aus dem Be Bereich des e Stotterns veranschauliiche chen n die d Theorie und n erleic eichtern die Anwendung in de derr Praxis. P
3.2.1
3
ICF, ICD und ICIDH – den Durchblick behalten
Die ICF, die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (engl.: International Classification of Functioning, Disability and Health), ist ein Modell, mit welchem die funktionale Gesundheit und ihre Beeinträchtigungen systematisch klassifiziert werden können. Sie stellt das Nachfolgemodell der ICIDH (International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps; dt.:Internationale Klassifikation der Schädigungen, Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen, 1980) dar, welche sie verändert und erweitert. Die ICIDH klassifizierte ausschließlich Behinderungen und war demnach defizitorientiert. Diese Defizitorientierung ist auch Merkmal der ICD (International Classification of Diseases; dt.: Internationalen Klassifikation von Krankheiten; aktuelle Version: ICD-10-GM). Die ICD ist ein bio-medizinisches Modell und stellt ein System zur Verschlüsselung medizinischer Diagnosen im ambulanten und stationären Bereich zur Verfügung. Es wird bereits seit dem Jahr 2000 flächendeckend eingesetzt (s. Internet www.dimdi.de, Stand 17.02.2008). Dieses Modell konzentriert sich stark auf Körperstrukturen, ohne dabei Hinweise auf die Funktionen zu geben. Die ICF klassifiziert demgegenüber die funktionale Gesundheit, die sich aus der Wechselwirkung zwischen der Gesundheitsbeeinträchtigung (biologische Perspektive), der vorhandenen Funktion und den Kontextfaktoren der jeweiligen Person (individuelle und soziale Perspektive) zusammensetzt. Zudem erfasst die ICF neben den Defiziten auch die individuellen Ressourcen. Diese Aspekte stellen eine wichtige und notwendige Ergänzung der ICD dar und waren mit ausschlaggebend für die Ablösung der ICIDHKlassifizierung. > Beachte Ziel der ICF ist, neutral zu beschreiben, welche Auswirkungen die Krankheit auf die individuelle Situation des Betroffenen hat (Schliehe 2006). Somit handelt es sich bei der ICF um ein bio-psycho-soziales Modell.
i Tipp Die vollständige und aktuelle Version (Stand Oktober 2005) der ICF lässt sich kostenfrei unter www.dimdi. de herunterladen.
1
38
Kapitel 3 · ICF – Ein Denkmodell mit System
3.2.2
Wichtige Begrifflichkeiten und Zusammenhänge
liert zu betrachten. Dies veranschaulicht . Abb. 3.1 der WHO.
2
Die ICF beschreibt die funktionale Gesundheit (Funktionsfähigkeit). Diese wird folgendermaßen definiert:
3
! Definition
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
Eine Person ist funktional gesund, »(…) wenn 1. ihre körperlichen Funktionen (…) und ihre Körperstrukturen allgemein anerkannten Normen (…) entsprechen (Konzepte der Körperfunktionen und -strukturen), 2. sie all das tut oder tun kann, was von einem Menschen ohne Gesundheitsprobleme (…) erwartet wird (Konzept der Aktivitäten), und 3. sie zu allen Lebensbereichen, die ihr wichtig sind, Zugang hat und sich in diesen Lebensbereichen in der Weise und dem Umfang entfalten kann, wie es von einem Menschen ohne Beeinträchtigung der Körperfunktionen oder -strukturen oder der Aktivitäten erwartet wird (Konzept der Teilhabe an Lebensbereichen).« (Schuntermann 2007, S. 19)
Die funktionale Gesundheit wird unter Einbeziehung aller Kontextfaktoren der jeweiligen Person beurteilt. Das Konzept der Kontextfaktoren setzt sich zusammen aus den Umweltfaktoren und den personenbezogenen Faktoren. Die sechs Komponenten (Körperstrukturen, Körperfunktionen, Aktivitäten, Teilhabe, Umweltfaktoren und personenbezogene Faktoren) stehen in einer dynamischen, interaktiven Beziehung zueinander (Allan et al. 2006). Sie sind demnach nicht iso-
Aufbau des Klassifikationssystems. Die ICF umfasst die oben genannten Komponenten. Jede Komponente besteht aus verschiedenen Gesundheitsund mit Gesundheit zusammenhängenden Domänen. Innerhalb dieser sog. Domänen bestehen Kategorien auf unterschiedlicher Detaillierungsebene. Die Kategorien bilden die Klassifikationseinheiten, nach denen kodiert werden kann (7 Kap. 3.3.2, Exkurs). Im Folgenden werden die einzelnen Komponenten näher erläutert und mit Beispielen aus dem stottertherapeutischen Bereich veranschaulicht. Zusätzlich werden alle Komponenten in Form von Tabellen (. Tab. 3.1 bis 3.3) bezüglich stotterrelevanter Domänen und der jeweilig untergeordneten Kategorien inklusive der entsprechenden Codes dargestellt. Diese Auflistungen sind nicht als wissenschaftlich fundierte Core Sets (7 Kap. 3.2.3) zu begreifen, erheben demnach auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie bieten lediglich einen Einblick, welche Kategorien beim kindlichen Stottern von Relevanz sein könnten.
Konzepte der Körperfunktionen und -strukturen Alle physiologischen Funktionen von Körpersystemen werden als Körperfunktionen beschrieben. Hierbei sind auch die psychologischen Funktionen gemeint. Der Redefluss, die Prosodie (Sprechmelodie) oder der Sprechrhythmus sind in diesem Konzept einzuordnen. Zudem ist die Domäne »Mentale Funktionen« zu berücksichtigen, wenn ein Kind eindeutig in Folge des Stotterns emotional oder/und psychisch so
14 15
Gesundheitsproblem (Gesundheitsstörung oder Krankheit)
16 17 18
Körperfunktionen und -strukturen
Aktivitäten
T Teilhabe
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Umweltfaktoren
personenbezogene Faktoren
. Abb. 3.1 Die Komponenten der ICF und ihre Wechselbeziehungen (DIMDI 2005, S.23 Abb.1). Mit freundlicher Genehmigung der World Health Organisation (WHO). Alle Rechte liegen bei der WHO.
39 3.2 · Was ist die ICF?
3
auffällig ist, dass dies explizit von einem Arzt diagnostiziert wird. Unter den Körperstrukturen versteht man die anatomischen Teile des Körpers. Darunter fallen unter anderem Gliedmaßen und Organe, wie beispielsweise die Lungen oder das Gehirn. Wie neueste Forschungsergebnisse zeigen, weist das Gehirn chronisch stotternder Erwachsener leichte Unterschiede zu dem eines sprechgesunden Menschen auf (vgl. z. B. Neumann 2007, 7 Kap. 2.1.2 u. 2.3.3). Ob diese Unterschiede bereits bei stotternden Kindern vorhanden sind, (und ob sie Ursache oder Folge des Stotterns sind) ist unklar. Sollten diese Unterschiede auch bei stotternden Kindern nachgewiesen werden, so wäre dies eine Schädigung der Körperstruktur. Yaruss (2007) erklärt den Unterschied von Körperfunktionen und Körperstrukturen folgendermaßen:
Konzept der Aktivitäten
»(…) die ICF beschreibt, was der Körper hat (Struktur) und was der Körper tut (Funktion) (…)«(Yaruss 2007, S.314, Übersetzung durch die Autorinnen).
Handlungstheorien versuchen zu erklären, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein Mensch aktiv handelt. Um zu verstehen, warum es bei stotternden Kindern – trotz der vorhandenen Fähigkeit – teilweise nicht zur Durchführung bestimmter Aktivitäten (siehe unten) kommt (vgl. auch 7 Kap. 3.3.3, Beispiel), ist es hilfreich, die grundlegende Handlungstheorie nach Nordenfelt zu kennen. Diese besagt Folgendes (vgl. Nordenfelt 2003): Die Person muss die Handlung ausführen wollen (Wille). Sie muss körperlich (Konzept der Körperfunktionen und -strukturen) und bezüglich ihrer Fähigkeiten (z. B. durch Training, Therapie oder Ausbildung) dazu in der Lage sein.
Die Aktivität ist das Durchführen einer Handlung oder einer Aufgabe durch eine Person. Liegt eine Beeinträchtigung im Bereich der Aktivitäten vor, so bedeutet dies, dass die jeweilige Person Schwierigkeiten bei der Durchführung einer Handlung oder Umsetzung einer Aufgabe hat. Typische Aktivitäten, bei denen stotternde Kinder Auffälligkeiten zeigen, sind im Bereich der Kommunikation zu finden (Sprechen im Allgemeinen, sich mit Personen unterhalten, diskutieren etc.). Wichtig ist zudem, wie ein Kind mit anderen Personen interagiert und in Beziehung tritt. Auch dies stellt für viele stotternde Kinder eine Schwierigkeit dar und wirkt sich häufig stark auf die empfunden Lebensqualität aus. Eine überblicksartige Darstellung möglicher Aktivitäten ist . Tab. 3.2 zu entnehmen. > Exkurs
> Beachte Beeinträchtigungen der Körperfunktionen und -strukturen werden als Schädigungen bezeichnet.
In . Tab. 3.1 sind mögliche Kategorien der Komponenten »Körperfunktionen und -strukturen« der ICF aufgelistet, die im Bereich des kindlichen Stotterns relevant sein können.
.
Körperfunktionen und -strukturen: Klassifikationseinheiten
Komponente
Domäne (Kapitel)
Kategorie
Körperfunktionen
Stimm- und Sprechfunktionen,
4 Funktionen des Redeflusses und Sprechrhythmus, (b330): Sprechflüssigkeit (b3300), Sprechrhythmus (b3301), Sprechtempo (b3302), Melodik des Sprechens (b3303) 4 Globale mentale Funktionen (b122), 4 Funktionen von Temperament und Persönlichkeit (b126), 4 Emotionale Funktionen (b152)
Mentale Funktionen
Körperstrukturen
Strukturen des Nervensystems
b für body functions, s für body structures
Strukturen des Gehirns (s110)
40
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Kapitel 3 · ICF – Ein Denkmodell mit System
Die äußeren Umstände müssen die Handlungsdurchführung möglich machen. Nur wenn diese drei Bedingungen erfüllt sind, kann es zu einer Handlung kommen.
Leistungsfähigkeit vs. Leistung. Zentral im Konzept der Aktivitäten ist die Unterscheidung zwischen der Leistungsfähigkeit und der tatsächlichen Leistung. Die Leistungsfähigkeit ist die maximale Leistung, die jemand unter optimalen Bedingungen erbringen kann. Im Falle eines stotternden Kindes, kann es sein, dass diese maximale Leistung am ehesten im Therapiesetting abzurufen ist. Häufig zeigt ein Kind jedoch auch im vertrauten Umfeld – bei den Eltern oder sehr guten Freunden – seine höchste Leistung beim Sprechen, Interagieren, Diskutieren etc. Demgegenüber muss die tatsächliche Leistung betrachtet werden. Hierbei handelt es sich um die Leistung, die unter realen Alltagsbedingungen in den verschiedensten Situationen abgerufen wird. Die tatsächliche Leistung kann gerade beim Stottern stark variieren und hängt davon ab, welche Faktoren bei dem jeweiligen Kind
das flüssige Sprechen unterstützen bzw. beeinträchtigen (7 Abschn. Kontextfaktoren). Größere Differenzen zwischen der Leistungsfähigkeit und der tatsächlich erbrachten Leistung geben wichtige Hinweise für die Therapiegestaltung (7 Kap. 3.3.3). > Beachte 4 Beim Beschreiben der Leistung (z. B. Anzahl der Stotterereignisse) nach dem Aktivitätenkonzept der ICF muss angegeben werden, unter welchen Bedingungen diese Leistung erbracht wird (z. B. welche Stressoren eingesetzt wurden, vgl. 7 Kap. 5.4.2) 4 Unterschied zwischen Leistungsfähigkeit und Leistung spiegelt den Einfluss der Umweltfaktoren und der personenbezogenen Faktoren wider.
Konzept der Teilhabe Eng verbunden mit dem Konzept der Aktivitäten ist das Konzept der Teilhabe (Partizipation). Daher besteht auch eine gemeinsame Liste an Bereichen (Domänen) für beide Konzepte. Bei der Teilhabe geht
10
. Tab. 3.2. Aktivitäten und Teilhabe (Partizipation): Domänen und Kategorien
11
Domäne (Kapitel)
Kategorie
Kommunikation
4 Sprechen (d330) 4 Non-verbale Mitteilungen produzieren (d335), z. B. Körpersprache einsetzen (d3350) 4 Konversation (d350), z. B. Eine Unterhaltung beginnen (d3500), Sich mit einer Person unterhalten (d3503), Eine Unterhaltung mit mehreren Personen führen (d3504) 4 Diskussion (d355) 4 Kommunikationsgeräte und –techniken benutzen (d360)
Häusliches Leben
4 Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs beschaffen (d620), z. B. Einkaufen (d6200)
Interpersonelle Interaktion und Beziehungen
4 Komplexe interpersonelle Interaktion (d720), z. B. Beziehungen eingehen (d7200) 4 Mit Fremden umgehen (d730) 4 Formelle Beziehungen (d740), z. B. mit Autoritätspersonen umgehen (d7400) 4 Informelle soziale Beziehungen (d750), z. B. Informelle Beziehungen zu Freunden (d7500), Bekannten (d7502), Peers (d7504) 4 Familienbeziehungen (d760)
Bedeutende Lebensbereiche
4 Erziehung und Bildung (d810-d839), z. B. Schulbildung (d820)
Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben
4 Gemeinschaftsleben (d910) 4 Erholung und Freizeit (d920), z. B. Spiel (d9200), Sport (d9201) 4 Menschenrechte (d940)
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d für Aktivität und Partizipation; genaue Zuordnung zu Aktivität bzw. Partizipation in der Kodierung auch möglich: a für activity, p für participation
41 3.2 · Was ist die ICF?
es darum, inwieweit eine Person in eine Lebenssituation oder einen Lebensbereich einbezogen ist (DIMDI 2005). Relevante und oft beeinträchtigte Lebensbereiche und -situationen stotternder Kindern sind wie bei den Aktivitäten vor allem das Kommunizieren (Sprechen, Konversation, Diskussion etc.) und die interpersonellen Beziehungen (mit Fremden umgehen, informelle soziale Beziehungen). Zudem sind Lebensbereiche, wie die Schule, aber auch Erholung und Freizeit bei stotternden Kindern unbedingt zu beachten. Weitere Bereiche sind der . Tab. 3.2 zu entnehmen. In diesem Konzept wird beurteilt, ob und inwieweit das stotternde Kind bzw. der stotternde Jugendliche gleichberechtigt und unabhängig von anderen am Leben partizipiert. Traut ein Kind sich aufgrund seines Stotterns nicht, beim Bäcker nach einer Brezel zu fragen oder es beteiligt sich im Schulunterricht nicht mündlich aus Angst zu stottern, so sind dies eindeutig Einschränkungen der Teilhabe an Lebensbereichen (und gleichzeitig der Aktivität). Ein stotterndes Kind, das sich im Chor und im Fußballverein hervorragend integriert und akzeptiert fühlt, zeigt in diesem Lebensbereich (Erholung und Freizeit) keine Auffälligkeiten. i Tipp Die zu diesem Buch gehörenden Fragebögen tragen dazu bei, die individuelle Situation des Kindes in den Bereichen Aktivität und Teilhabe zu erfassen (vgl. 7 Kap. 5.4.5 und Ê Downloadbereich).
ternde sind hier beispielsweise Eigenschaften wie Schüchternheit, Mut oder Extroversion von Relevanz. Wichtig ist zudem, auf welche Bewältigungsstrategien (Copingstrategien) die stotternde Person zugreift, um mit der Sprechstörung umzugehen (Rapp 2007). Auch das Alter und das Geschlecht werden berücksichtigt. Die personenbezogenen Faktoren sind Bestandteil der ICF, klassifiziert sind sie aber noch nicht. Der Therapeutin bleibt es demnach selbst überlassen, welche Aspekte sie in ihrer Arbeit und Dokumentation berücksichtigen möchte. In Übersicht 3.1 sind Beispiele für stotterrelevante personenbezogene Faktoren zu finden. Einige davon sind auch als Körperfunktion (Kategorie »Mentale Funktionen«) aufgeführt, werden dort aber nur berücksichtigt, wenn sie als pathologisch eingestuft werden können (s.o. Abschn. »Konzepte der Körperfunktionen und –strukturen«). Da es aber auch Eigenschaften in physiologischer Ausprägung gibt, die sich förderlich bzw. hemmend auf die funktionale Gesundheit des stotternden Kindes auswirken können, sind sie hier als personenbezogene Faktoren mit aufgenommen worden. Alle Kontextfaktoren können sich positiv wie auch negativ auf die Körperfunktionen (Sprechflüssigkeit und –rhythmus) sowie die Aktivitäten und die Partizipation und damit die Funktionsfähigkeit des Kindes auswirken.
Kontextfaktoren Die Kontextfaktoren setzen sich aus den Umweltfaktoren und den personenbezogenen Faktoren zusammen und stehen in Wechselwirkung mit allen anderen Komponenten (. Abb. 3.1). Umweltfaktoren. Sie bestehen aus materiellen, sozialen und einstellungsbezogenen Gegebenheiten der Umwelt, in der die jeweilige Person lebt (Schuntermann 2007). Relevante Umweltfaktoren beim Stottern können unter anderem die Unterstützung sein, die ein Kind durch seine Eltern erfährt oder die Einstellungen und Überzeugungen des Bekanntenkreises gegenüber dem Stottern. . Tab. 3.3 zeigt weitere mögliche Umweltfaktoren, welche nach der ICF klassifizierbar sind, auf. Personenbezogene Faktoren. Sie beziehen sich auf die Persönlichkeit und Eigenschaften der betroffenen Person. Es wird dabei berücksichtigt, welche Reaktionen im emotionalen und kognitiven Bereich sowie im Verhalten gezeigt werden (Yaruss 2007). Für Stot-
3
. Übe erssicht 3.1 Beisp piele für stotterre elevante pe personenb bezo e gene Fa akto oren 4 Frusstrationstoleraanz 4 St Störrungsbewusstssein 4 Scchaam 4 Mu ut vs. Angst 4 Exttrrovversion vs. Introve ve ersi r on 4 Cop piing gstr s ategien, Bewältigu igungs igu ng stil 4 Selbst stsicher h heit, Selbstbewusstsein und Selbstve vertra rauen 4 Selbstwerrtge t füh fü l 4 Leistungsoriient e ier erung u , Ehrgeiz 4 Motivation zur Ve Veränd deru erung, Handlungswi wille lle 4 Vertrauen vs. Misstrauen uen gegenüber ande eren Menschen 4 Al Alter, Geschlecht, sozialer Hintergrund, Bild g dun 4 Ver ergan g ge gene oder gegenwärtige Erfahrungen n
42
Kapitel 3 · ICF – Ein Denkmodell mit System
1
.
2
Domäne (Kapitel)
Kategorie
Produkte und Technologien
4 Produkte und Technologien zum persönlichen Gebrauch im täglichen Leben (e115) Beispiel: Metronom oder »Klick-Gerät« für Sprechtechnik, Gerät zur auditiven Rückkopplung, PC-Programme zur Übungsunterstützung
Unterstützung und Beziehungen
4 4 4 4
Umweltfaktoren: Klassifikationseinheiten
3 4 5 6
4 4 4 4 4
7 8
Einstellungen
4 Individuelle Einstellungen der oben genannten Familienmitglieder, Freunde, Bekannte etc. (entsprechend obiger Reihenfolge exkl. Domestizierte Tiere: e410, e415, e420, e425, e430, e445, e450, e455) 4 Gesellschaftliche Einstellungen (e460) 4 Gesellschaftliche Normen, Konventionen und Weltanschauungen (e465)
Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze
4 Dienste des Kommunikationswesens (e5350) Beispiele: Telefon, E-Mail und andere computergestützte Systeme 4 Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze von Vereinigungen und Organisationen (e555) 4 Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze des Gesundheitswesens (e580)
9 10 11 12 13
e für environmental
14
> Beachte
15 16 17 18 19 20 21
Engster Familienkreis (e310) Erweiterter Familienkreis (e315) Freunde (e320) Bekannte, Seinesgleichen (Peers), Kollegen, Nachbarn und andere Gemeindemitglieder (e325) Autoritätspersonen (e330) Fremde (e345) Domestizierte Tiere (e350) Fachleute der Gesundheitsberufe (e355) Andere Fachleute (e360)
Je nach Einfluss werden die Kontextfaktoren als Förderfaktor und/oder als Barriere bezeichnet (manche Kontextfaktoren können sowohl das eine als auch das andere sein, wie z. B. Ehrgeiz oder Sensibilität).
i Tipp Viele der individuellen Kontextfaktoren können bereits in der Anamnese (vgl. 7 Kap. 4.2) erfragt werden. Zusätzlich bieten sich während der Therapie, sowohl in der Arbeit mit dem Kind als auch bei der Beratung der Eltern, viele Möglichkeiten, das individuelle »Kontextfaktoren-Profil« des Kindes zu erweitern. Hilfreich ist dies für den eigenen Überblick der Therapeutin (z. B. in Form eines Mind Map, vgl. . Abb. 3.2), für die Therapieplanung oder auch für die Erstellung des individuellen Anforderungs- und Kapazitätenmodells in der Elternarbeit (vgl. 7 Kap. 2.2.2, Kap. 12.7, Ê Downloadbereich).
3.2.3
Aktuelle Bedeutung und Schwächen
Aktuelle Bedeutung der ICF im Gesundheitswesen Die ICF befindet sich nach wie vor in der Implementierungsphase (Umsetzungsphase). Vor allem die »Philosophie« der ICF, also die bio-psycho-sozialen Grundsätze sowie die wichtigsten Begrifflichkeiten, werden positiv aufgenommen und angewendet. Im sprachtherapeutischen Kontext wird die ICF bisher besonders im rehabilitativen Bereich – bei neurologischen Störungen – berücksichtigt (vgl. z. B. Grötzbach 2006). Jedoch nimmt die ICF auch bei anderen Sprach- und Sprechstörungen an Bedeutung zu, was der aktuellen Aufnahme dieses Themas in Neuveröffentlichungen und Neuauflagen zu entnehmen ist (z. B. Prosiegel u. Weber 2009, Weinrich u. Zehner 2008, Coopmans 2007 etc.).
3
43 3.2 · Was ist die ICF?
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. Abb. 3.2 Beispiel eines »Kontextfaktoren-Profils« in Form eines Mind Map. Hinweis: Eine Kopiervorlage steht im loadbereich zur Verfügung
Auf der Internetseite des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (www. dimdi.de) ist nachzulesen, welche aktuellen Projekte zum Thema ICF derzeit durchgeführt werden. Die Erstellung von Core Sets (siehe unten) sowie die Entwicklung von EDV-unterstützten Systemen zum einfacheren Umgang mit dem komplexen Klassifikationssystem der ICF steht dabei derzeit im Vordergrund.
Schwächen der ICF Die oben angedeutete zögerliche Anwendung der ICF ist – zumindest teilweise – durch noch bestehende Schwächen dieses Klassifizierungssystems zu erklären, die der Vollständigkeit wegen an dieser Stelle kurz dargestellt werden. Sie sollten jedoch in keinem Fall von einem ICF-orientierten Vorgehen in Therapie und Diagnostik abschrecken, da der Nutzen deutlich überwiegt: 4 Die vielen neuen Begrifflichkeiten sind nicht unbedingt intuitiv verständlich (Frommelt u. Grötzbach 2005). 4 Die Kodierung ist aufwendig und kompliziert. 4 Um die ICF in der Praxis besser anwenden zu können, müsste das komplexe System vereinfacht werden. Die von der WHO angestrebte Variante ist das Herausfiltern der relevanten Kategorien für das jeweilige Störungsbild und das Zusammenfassen in sogenannte Core Sets (Schliehe
Ê Down-
2006). Ein solches Core Set besteht für das kindliche Stottern noch nicht. 4 Nicht alle Symptome lassen sich eindeutig ICFKategorien zuordnen (Beispiel aus dem Stotterbereich: sprachliche Begleitsymptomatik wie Embolophonien, Starter etc.). > Beachte Trotz der vorhandenen Schwächen ist die ICF bereits jetzt äußerst gewinnbringend in der Praxis einsetzbar (7 Kap. 3.3). Sie lenkt den Blick der Therapeutin systematisch (durch die 6 Komponenten, 7 Kap. 3.2.2) auf den Menschen als Ganzen und verfolgt das Ziel einer Optimierung der funktionalen Gesundheit (7 Kap. 3.1).
Fazit 4 Die ICF ist ein n bio-psyccho-so oziales Mo odell zu ur s tematiscchen Einteilu sys ung derr fun funkt ktionalen en n Gesundheit und n ihrer Bee eeinträchtigunge ee gen. gen 4 Kö Körperstruktu ure en und –funkt ktion ionen ion en, die di Aktivitäte ä n, die Teilh hab abe sowie Umweltfaktoren und nd personenbezoge oge ene Faktoren sind die Kom mp pon onenten, welche e die die fun unkti ktion onalle Ge Gesundhe eit ein e es Menschen ausmachen. Sie beeinflusssen e sic sich gegenseitig.
6
44
Kapitel 3 · ICF – Ein Denkmodell mit System
3.3.1
1
4 Die e Schädigung der Körperfunkt ktion io betrifft be ei stotternden Kindern Fun nktionen des e Rede eflusses und de es Sprechrrhythmus. 4 Die Aktivitäten und die Paartizipation (Te eilhabe e) umfassen wiicht c ige Leb bensbereiche e und Sittuationen. Schw wierigkeite en haben sttotterrnde Kinder hierr vor allem in n den den Domänen n »Kommunikatio io on« und »Interpersonelle In nter eraktion und Bezie ehun h gen«. 4 Di Die Kontextfaktoren, die e si s ch aus den Umwel eltfakto k ren und den personenb enbe bezogenen Fakto oren n zusammensetzen, sind bei stotternde en Kind i ern von besonderer Bedeutung. 4 Kontextfakto ktoren n mit günstigem Einfluss werden als Förderf rfakt a ore ren n bezeichnet, solche mit hemmender Wirk ir ung alls Barr Barrier ieren en. 4 Trotz noch bestehender Schw chwäch äc en nim nimmt die ICF im sprachtherapeutischen Bereich s tig an Bedeutung zu, was durch den hoste hen en Praxisbezug und den weitreichenden N zen Nut en zu erklären ist.
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
ICF-orientierte Anamnese
Eine Anamnese, die an den grundsätzlichen Inhalten der ICF orientiert ist, stellt neben der üblichen Erfassung der Grund- und Begleitsymptomatik, der allgemeinen Entwicklung und der Familienanamnese folgende Aspekte in den Vordergrund (vgl. 7 Kap. 4): 4 Fragen nach Aktivitäten und Teilhabe (vgl. 7 Kap. 4.2.4) 4 Fragen nach Kontextfaktoren – im Unterschied zur herkömmlichen Anamnese werden dabei nicht nur die Barrieren, sondern auch die Förderfaktoren ganz bewusst berücksichtigt (vgl. 7 Kap. 4.2.2 und 4.2.3) 4 Fragen nach der Leistungsfähigkeit und nach den Bedingungen, in welchen diese abrufbar ist (vgl. 7 Kap. 4.2.1) 4 Dokumentation aller sich daraus ergebenden Aspekte (vgl. Anamnesebogen, . Abb. 3.2, 7 Kap. 12.1, Ê Downloadbereich) Die detaillierte Ausführung der Inhalte und der Durchführung einer Anamnese im Sinne der ICF findet sich im 7 Kap. 4. > Beachte
3.3
Anwendung der ICF in Diagnostik und Therapie Im Folgenden werden Hinw nweis eise e auf die konkrete ICF-orientierte Arbeit in der Stotterth rthera e pie gegeben. Dabei steht im Vordergrund, nach de den Grundsätzen der ICF zu therapieren, also mit dem em Verständnis für die funktionale Gesundheit, den darin enthaltenen Kom Kompon p enten und damit der ganzheitlichen Betrachtung des Kindes. Weniger zentr zentr ntral a sin al s d derzeit noch die genau na e Einteilung nach Domänen und Kategorien, daa di d e Implementierung der ICF im deuts utschen Gesund uts ndheitswesen dafür noch zu wenig vo oran r geschritra ten ist und noch kein allgemein gültige es »Core Set et«« für für das da kindl dlich iche e Stottern entworfen wurde wu (vgl. 7 Kap. 3.2.3). Den De noc och ist es sinnvoll, sich ch bereits jetzt an die Klassifika fikatio onse n inheiten zu ge ewöhnen, die einen positiven Be Beitrag ag zur strukturierte ten n Ther Th apiedokumentation lei eiste en können.
Neu ist vor allem das starke Gewicht auf den Komponenten Aktivität und Teilhabe. Diese sollten auch in die Formulierung des Befundes mit aufgenommen werden (7 Kap. 3.3.2, 5.5.2, 7 Kap. 12.2, Ê Downloadbereich).
3.3.2
ICF-orientierte Erstellung des Befundes
Ziele. Die ICF-orientierte Befunderhebung soll ein möglichst objektives Bild der funktionalen Gesundheit des stotternden Kindes ergeben. Hierzu ist die herkömmliche Ermittlung der Kernsymptomatik sowie der Begleitsymptomatik notwendig (7 Kap. 5). Hinzu kommt das Erfassen der individuellen Situation des Kindes bezüglich wesentlicher Kontextfaktoren (Förderfaktoren und Barrieren) sowie bezüglich der Komponenten Aktivität und Teilhabe. Dies geschieht vornehmlich über die Anamnese (7 Kap. 3.3.1 und 4) und über Fragebögen (7 Kap. 5.4.5).
45 3.3 · Anwendung der ICF in Diagnostik und Therapie
3
Kern- und Begleitsymptome in der ICF. Die Kernsymptomatik und Teile der Begleitsymptomatik (z. B. Atmung, Stimme, Prosodie, Satzabbrüche) sind der Komponente »Körperfunktionen« zuzuordnen (7 Kap. 3.2.2, Abschn. »Konzepte der Körperfunktionen und –strukturen«). Die sonstigen Begleitsymptome sind Bestandteile der Konzepte Aktivitäten und Partizipation (z. B. Mitbewegungen, Abbruch des Blickkontaktes) (7 Kap. 3.2.2, Abschn. »Konzept der Aktivitäten« und Abschn. »Konzept der Teilhabe«), sowie der personenbezogenen Faktoren (z. B. Frustrationstoleranz, Selbstkonzept, Copingstrategien) (7 Kap. 3.2.2, Abschn. »Kontextfaktoren«). Da die ICF hier keine Kategorien vorgibt, muss die Stottertherapeutin die relevanten personenbezogenen Faktoren im Blick haben (7 Kap. 5.4.4) und dokumentieren. In den Befund sollte dabei auch aufgenommen werden, wenn Förderfaktoren zu erkennen sind.
i Tipp
> Beispiel
Dennoch bietet es sich aus verschiedenen Gründen an, bereits jetzt die ICF bei der Befunderstellung zu nutzen.
Ein Kind reduziert bewusst sein Sprechtempo bei vermehrt auftretender Kernsymptomatik und findet so in ein flüssigeres Sprechen zurück. In diesem Fall wäre die Verringerung des Sprechtempos nicht als Bestandteil der geschädigten Stimm- und Sprechfunktion einzustufen, sondern als funktionierende Bewältigungsstrategie (Copingstrategie), die entsprechend als personenbezogener Förderfaktor in den Befund Eingang findet.
Vor allem im Bereich »Begleitsymptomatik - psychische Ebene« ist Raum dafür, ermittelte Barrieren und Förderfaktoren der Komponente »personenbezogene Faktoren« zu dokumentieren (7 Kap. 5.4.4, 7 Kap. 12.2, Ê Downloadbereich). Häufig ist dies erst im Therapieverlauf richtig einschätzbar und gegebenenfalls anzupassen.
Formulierung des Befundes. Derzeit ist es noch nicht praktikabel, einen Stotterbefund ausschließlich im Sinne der ICF zu formulieren. Ein Nachteil ist zum einen, dass noch kein Core Set besteht, das allgemein gültige Aussagen darüber trifft, unter welche Kategorie welches Symptom fällt. Das erschwert teilweise die Zuordnung v.a. der Begleitsymptomatik (7 Kap. 3.2.3). Des Weiteren würde ein sehr ausführlicher Befund entstehen, der den Umfang eines normalen Berichtes an den Arzt wohl überschreitet.
So ist ein Vorteil, dass durch die Anwendung der ICF ein gut strukturierter Überblick über das Stottern mit all seinen Auswirkungen auf das Leben und das Befinden des Kindes entsteht. Die so dokumentierte multidimensionale Perspektive unterstützt die Therapeutin sowohl in der individuellen Therapieplanung als auch in der fachübergreifenden, kompetenten Kommunikation und damit in der Einbeziehung anderer Fachgruppen in die Therapie. Folgendes Beispiel illustriert, wie ein ICF-orientierter Befund aussehen könnte.
> Beispiel Susanne, 5;4 Jahre Körperfunktionen: Eingeschränkte Funktionen des Redeflusses und Sprechrhythmus 4 Mittelgradig ausgeprägtes Stottern mit vorwiegend spannungsreichen Blockaden und Dehnungen 4 Häufige Satzabbrüche ohne Neustrukturierung 4 Auffälliges Atemmuster i.S. einer Schnappatmung, während der Blockaden gepresste Stimmgebung Aktivität und Teilhabe Ressourcen 4 Gute Kommunikation und Interaktion mit der Familie 4 Interaktion und Beziehungen: Im familiären Bereich und mit der Therapeutin positiv 4 Gute Integration im Kinderchor und im Kinderturnen
6
Beeinträchtigungen 4 Reduzierte Kommunikation und Interaktion mit Freunden, Peers, Fremden und Autoritätspersonen 4 Angespannte Mimik mit Verlust des Blickkontaktes im Block 4 Vermeidung des Telefonierens 4 Interaktion und Beziehungen: zurückhaltend bis isoliert (exkl. Familie und Therapeutin) 4 Integration im Kindergarten und Mitarbeit in Vorschule schwierig
46
1
Kapitel 3 · ICF – Ein Denkmodell mit System
Kontextfaktoren Förderfaktoren
Barrieren 4 Wenig Unterstützung durch Freunde oder Bekannte, da Kind sehr zurückhaltend 4 Negative Einstellung einiger Peers im Kindergarten => hänseln 4 Introvertiert, ängstlich, misstrauisch 4 Rückzug als Bewältigungsstrategie 4 Störungsbewusstsein
5
4 Gute Unterstützung und Beziehungen im Familienkreis 4 Einstellung der Familienmitglieder zum Stottern akzeptierend 4 Gute Beziehung/Vertrauen zur Therapeutin 4 Bezüglich des Stotterns gut informierte und kompetente Erzieherinnen im Kindergarten 4 Hohe Motivation in der Therapie 4 Positiver Ehrgeiz
6
Sonstiges 4 Vermehrte Symptomatik bei Sprechdruck
2 3 4
7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
i Tipp Empfehlenswert ist es, den Befund in zwei Varianten zu formulieren. Eine kürzere Form für den Bericht an den Arzt zuzüglich prägnanter Formulierungen bezüglich zentraler Kontextfaktoren sowie der wichtigsten Aspektes aus dem Bereich Aktivität und Teilhabe (z. B. »gute Unterstützung durch die Familie«, »eingeschränkte Interaktion und Beziehungen zu Gleichaltrigen«) (Ein Beispiel für die Formulierung im Arztbericht 7 Kap. 5.5.2) und eine ausführliche, ICForientierte Variante zum Zwecke der eigenen Dokumentation, Therapieplanung und als Grundlage für die interdisziplinäre Kommunikation, wie sie oben aufgeführt ist.
Der Exkurs »Verschlüsseln mit der ICF« zeigt exemplarisch am Befund von »Susanne, 5;4 Jahre«, wie das Kodieren nach der ICF funktionieren kann. Dabei wird nicht auf jede Kodierungsbesonderheit eingegangen, da lediglich ein Eindruck von dem Verschlüsseln mit der ICF beabsichtigt ist. Es ist noch keineswegs sicher, ob und wie zukünftig ein Kodieren nach der ICF zum Einsatz kommen wird. Unwahrscheinlich ist, dass Sprachtherapeuten die Kodierungsarbeit übernehmen und beherrschen müssen, eher werden Ärzte vor diese Aufgabe gestellt. Ihnen wird diese Kodierungsarbeit jedoch mit Sicherheit durch EDVgestützte Systeme vereinfacht, da sie ansonsten zu auff wändig und nicht praxistauglich ist. > Exkurs Verschlüsseln mit der ICF Alle Komponenten lassen sich auf einer einheitlichen Skala nach ihrem Schweregrad einteilen. Diese Skala beschreibt das Ausmaß des Problems in fünf Stufen:
4 Nicht vorhanden (Kode: x.0) entspricht einer Ausprägung von 0-4% 4 Leicht ausgeprägt (x.1) entspricht einer Ausprägung von 5-24% 4 Mäßig ausgeprägt (x.2) entspricht einer Ausprägung von 25-49% 4 Erheblich ausgeprägt (x.3) entspricht einer Ausprägung von 50-95% 4 Voll ausgeprägt (x.4) entspricht einer Ausprägung von 96-100% Eine Besonderheit besteht bei der Kodierung der Umweltfaktoren: Diese lassen sich zusätzlich positiv bewerten. Dabei wird in der Kodierung ein Pluszeichen zur Kennzeichnung verwendet (Beispiel x.+2). Der oben aufgeführte Befund würde in der Kodierungsform dann in etwa folgendermaßen aussehen: Körperfunktionen b330.2 (Funktionen des Redeflusses und Sprechrhythmus) b3300.2 (Sprechflüssigkeit) b3301.2 (Sprechrhythmus) b3302.0 (Sprechtempo) b3303.1 (Melodik) Aktivität und Teilhabe d330.2 (Sprechen) d350.2 (Konversation) d360.2 (Kommunikationsgeräte und -techniken benutzen) d740.2 (Formelle Beziehungen) d750.3 (Informelle Beziehungen) d815.2 (Vorschulerziehung) Umweltfaktoren e310.+4 (Unterstützung und Beziehungen, Familie) e355.+3 (Unterstützung und Beziehungen, Fachleute der Gesundheitsberufe) e320.1 (Unterstützung und Beziehungen, Freunde)
47 3.3 · Anwendung der ICF in Diagnostik und Therapie
e325.2 (Unterstützung und Beziehungen, Bekannte und Peers) e410.+3 (Einstellung der Familie) e425.3 (Einstellung einiger Peers) e430.+3 (Einstellung von Autoritätspersonen – Erzieherinnen) Da es für personenbezogene Faktoren keine Kodes gibt, müssten diese ohne Verschlüsselung hinzugefügt werden.
3.3.3
ICF-orientierte Therapie
Ziele. Entsprechend der ICF ist es nicht nur wichtig, das medizinisch auffällige Stottern, also die Körperfunktion, zu therapieren. Vielmehr rückt das Ziel, die allgemeine Funktionsfähigkeit zu verbessern in den Vordergrund (7 Kap. 3.1.2). Dieses Ziel beinhaltet neben einer Verbesserung der Körperfunktionen auch die Optimierung der Aktivitäten und der Partizipation des Kindes im Alltag. Unterscheiden kann man dementsprechend die Funktionsziele von den Alltagszielen (Prosiegel u. Weber 2009). Funktionsziele sind im Bereich des Stotterns 4 eine Reduktion der Symptomatik und somit 4 die Steigerung der Sprechflüssigkeit, 4 die Normalisierung des Sprechrhythmus, 4 der Sprechmelodie und 4 der Atmung. Alltagsziele beziehen sich auf eine Stärkung des Kindes im Alltag. Es geht dabei darum, die Kontextfaktoren zu optimieren, indem Barrieren abgebaut und Förderfaktoren gestärkt und vermehrt werden. Selbstverständlich bedeutet das Arbeiten an dem Sprechfluss (Funktionsziel) meistens zugleich eine Verbesserung im Bereich der Alltagsziele. Konkret bedeutet das für die Therapeutin, dass sie verschiedene Wege gehen kann und sollte, um die funktionale Gesundheit des stotternden Kindes zu fördern. Sowohl Bausteine, die das Stottern direkt betreff fen, als auch solche, die emotionale Komponenten des Kindes oder seine Umwelt umfassen, haben der ICF zufolge ihre Berechtigung. Diese mehrdimensionale Herangehensweise ist der erfahrenen Stottertherapeutin längst bekannt und ein wichtiger Therapiegrundsatz. Das Bausteinprinzip dieses Buches ist aus diesem Gedanken entstanden (7 Kap. 8 und 9).
> Beachte Die ICF stellt für die Therapie ein Modell zur Verfügung, durch das wichtige Therapiegrundsätze, die bisher nur schwer darstellbar waren, systematisch
3
und begrifflich formulierbar werden. Das unterstützt die Therapeutin in der Therapieplanung, in der Dokumentation und in der Kommunikation. So wird beispielsweise das Verfolgen und Erreichen von Alltagszielen durch die ICF messbar und damit auch objektiver vermittelbar.
i Tipp Gute Hinweise auf Ansatzpunkte in der Therapie ergeben sich aus der Analyse von Diskrepanzen zwischen der Leistungsfähigkeit und der tatsächlich abgerufenen Leistung (7 Kap. 3.2.2, Abschn. Konzept der Aktivitäten).
Dies soll folgendes Beispiel illustrieren: > Beispiel Leon, 12 Jahre, diskutiert in Rollenspielen mit der Therapeutin und wendet bei Blockierungen den zuvor erlernten Pull-out (7 Kap. 8.7.1, Abschn. »Der Pull-out – Die Befreiung aus der Klemme«) bereits gekonnt an. In einer Diskussion mit Schulfreunden in der darauffolgenden Woche, scheut er sich, das Gelernte anzuwenden und schweigt, statt seine Meinung zu sagen. Leon erzählt der Therapeutin, dass ihn das sehr geärgert hat und er vermehrt daran üben möchte, solche Situationen zu meistern. Erläuterung: Obwohl die Fähigkeit, den Pull-out in Diskussionen anzuwenden grundsätzlich vorhanden ist, kann sie nicht umgesetzt werden. Die Leistungsfähigkeit ist im Therapieraum höher als die tatsächliche Leistung vor Schulfreunden. Es kommt nicht zu der Sprechhandlung (Aktivität), da die äußeren Umstände noch eine zu hohe Barriere darstellen und der Wille noch nicht über die Angst gesiegt hat. Es gilt nun, in der Therapie gemeinsam zu analysieren, welche Kontextfaktoren Leon davon abhalten, sein modifiziertes Sprechen auch bei seinen Freunden anzuwenden. Im Gespräch wird deutlich, dass bei der Diskussion zwei Mädchen dabei waren, vor denen Leon sich nicht durch unflüssiges Sprechen blamieren wollte (personenbezogene Faktoren, die Barrieren darstellen z. B.: Scham, geringes Selbstvertrauen, Perfektionismus). Zudem war ein Junge dabei, der ihn schon einige Male nachgeäfft hat (Umweltfaktoren, die als Barriere wirken z. B.: zweifelhafte Beziehung zu einem Peer, negative Einstellung von anderen gegenüber dem Stottern). Wichtig ist nun, die Ressourcen nicht aus dem Blick zu verlieren. Z. B. zeigt Leon eine gute Auffassungsgabe und Selbstwahrnehmung, sowie gesunden Ehrgeiz (personenbezogene Faktoren, die Förderfaktoren darstellen). Außerdem wendet er den Pull-out in Gesprächen mit seiner
48
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Kapitel 3 · ICF – Ein Denkmodell mit System
Mutter, zu der er ein positives Verhältnis hat (umweltbezogener Faktor, der als Förderfaktor wirkt,) bereits gut an. Aus diesen nun bekannten Faktoren lässt sich das weitere Vorgehen jetzt genau auf Leon ausrichten (z. B. ihn stärken, indem man aufzeigt, welche Kapazitäten er hat, dann gemeinsam eine »Diskussionsbewältigungshierarchie« erstellen, die schrittweise und mit guter Vorbereitung angegangen wird, begleitend Desensibilisierung).
Fazit 4 Die ICF ermög glicht eine kon onkrete Form muli u erung auch de er Befunderge gebnisse und Th herapieinhalte, die bisher eher intuitiv berü ücksichtigt wurd den und in vielen Berichten keinen Platz fan nden. 4 In der ICF-oriientierten An namnese komm mt den Fragen naach den Aktivit v äten und de der Teilhabe beson nderes Gewicht ht zu, um m die d komplexen Ausswirkungen des Stotterns auf den Lebensalltaag des Kindes zu erfassen. 4 Insgesamt wird in n der Diagnostik ein starker Fokus auf die Förder erfaktoren des Kindes geer legt. 4 Die Befunderstellung ist du durch r die Aufn rc ufn fnaahme der Aktivitäten und der Teilhabe (durch anaamnestische Fragen) zu erweitern. Diese so ollten auch in die Formulierung des Befu undes es Eingang finden. 4 Ein n ausfü führlich formulierter Befund mit der Syste ematikk und den Begrifflichkeiten der ICF ist für die The erap ra ieplanung, die Dokumentation und die d inter erdis d ziplinäre Kommunikation sinnvoll. 4 Die ICF-orientiert rte e Therapie sollllte sowohl Funktions- als auch Allt lltags agsziele verfolgen en und somit mehrdimensional ausgerichtet sein.
4 Anamneseerhebung 4.1
Situation des Erstgespräches
4.1.1
Elemente und Funktionen des Erstgespräch hes
4.1.2
Mit welchen Gefühlen Ge und Fragen komm men die Eltern zum Erstgespräch?
– 50 – 50
– 50
4.2
Anamnesefragebogen – 51
4..2.1
Besch hreibung der aktuellen Sympt ptomatik, Variabilität und Verlaauf
4.2.2
Um mgang des Kindes und de der Um mwelt mit dem Stottern
4.2.3
Frragen zur emotionalen n Konsstitution und zum Verhalten en
4.2.4
Fragen zu Aktivität un nd Teililhabe – 55
4.2.5
Fragen zur kindliche en Allg lgemeinentwicklung
4.2.6
Familienanamnese e
4.2.7
Klärung der Therrapie emotivation mit Eltern und Ki Kind
4.3
Die Anamnese bei unterschiedlichen Altersstufen
4..3.1
Anwesenhei eit de es Kindes – ja oder neiin?
4.3.2
Themen de es Errstgespräches mit dem m sto otternden Kind
– 52 – 55
– 56
– 57 – 57
– 59
– 59 – 60 0
– 52
50
1 2 3 4 5
Kapitel 4 · Anamneseerhebung
Die Trennung von Anamnese und Befunderhebung ist oft künstlich, da bei jeder Aussage der Betroffenen auch der eigene Eindruck der Therapeutin als diagnostisches Kriterium hinzugezogen wird. Erst die Summe aus beidem ergibt einen ersten Überblick über die Problematik. Die Aufteilung in Anamnese und Befunderhebung ist daher der Versuch, die Diagnostik zu strukturieren und inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. Daher wurden Unterpunkte jeweils dem Bereich zugeordnet, zu dem sie inhaltlich besser zu passen scheinen. Mit Hilfe der beigefügten Querverweise können so einzelne verwandte oder überlappende Themen vertieft werden.
6 Situation des Erstgespräches
4.1
7 8 9 10 11 12
Die Bedeutung des Ers Erstge tg spräches geht weit über das Erheben bloßer anamn mnestischer Daten hinaus. Das Anamnesegespräch ist zug ugleich der Erstkontakt und damit grundlegend für den weiteren Therapieverllauf auf.. Der Beginn der therape eutischen Beziehung zu Eltern n un u d Kind verlangt besondere Sensiibil bilitä ität. itä t Das folgende nd Kapitel beleuchtet die verschiedenen en n Fun F ktione en und Ebenen dieses Gespräches. Neben n den e Äußeru rungen der Bezug B ugspe sperso rs nen bzw. des Kinde de es selbstt flie fl ßen natürlich implizi izite te Beo Be bachtungen n der The herapeutin in die Anamnese ee erh rhebung mit ein.
13 4.1.1
14 15 16 17 18 19 20 21
Elemente und Funktionen des Erstgespräches
Das Anamnesegespräch ist in den meisten Fällen zugleich der erste Kontakt zu Kind und Eltern. Hier werden die Weichen für die weitere Zusammenarbeit gestellt. Die . Abb. 4.1 veranschaulicht, welche Aspekte im Anamnesegespräch zum Tragen kommen können. Sie zeigt, auf welchen Ebenen bereits Signale gesetzt und Informationen ausgetauscht werden. Es wird deutlich, dass die eigentliche Anamneseerhebung nur einen kleinen Teil davon ausmacht.
4.1.2
Mit welchen Gefühlen und Fragen kommen die Eltern zum Erstgespräch?
Besteht der Verdacht, dass ein Kind stottert, reagieren die meisten Eltern mit Schuldgefühlen oder Ängsten und fragen sich, was sie falsch gemacht haben. Andere wehren solche Gefühle ab und spielen die Unflüssigkeiten herunter oder vermuten gar, dass ihr Kind absichtlich stottere, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Die im Folgenden zusammengestellten Fragen (vgl. Perkins 1999; Weikert 2000) werden nicht von allen Eltern gestellt. Sie geben aber einen Überblick über mögliche Themen, die im Erstgespräch auff kommen können. Die am häufigsten gestellten Fragen betreffen die Verursachung, die Prognose und die Therapie. > Beachte Im Erstgespräch fragen die Bezugspersonen so gut wie immer nach den Ursachen des Stotterns. Fragen zur Ursache
4 Warum stottert unser Kind? Woher kommt das Stottern? 4 Beginnt Stottern nach einem plötzlichen Trauma? 4 Wird Stottern verursacht durch ...? 4 Stottert unser Kind aus Nervosität? 4 Stottern Kinder absichtlich? 4 Haben wir etwas falsch gemacht? 4 Braucht unser Kind mehr Aufmerksamkeit? 4 Im Kindergarten bzw. in der Schule stottert ein anderes Kind. Kann unser Kind dadurch, dass es dieses Kind imitiert, selbst zu stottern beginnen? Ist Stottern ansteckend? Fragen zur Prognose
4 4 4 4
Hört das Stottern wieder auf? Wird unser Kind ein Leben lang stottern? Wie können wir das Stottern beeinflussen? Was können wir tun, um unserem Kind jetzt zu helfen?
Fragen zur Therapie
4 Wird eine Therapie unser Kind nicht eher auf sein Stottern aufmerksam machen und damit sein Problem noch vergrößern? 4 Wird das Stottern geheilt werden? 4 Wann und woran werden wir merken, dass die Therapie hilft? Worauf sollen wir achten?
51 4.2 · Anamnesefragebogen
. Abb. 4.1 Zehn Funktionen des Erstgespräches
4 Von anderen haben wir gehört, dass das Stottern sich auswachsen bzw. zurückbilden wird. Welchem Rat sollen wir folgen?
Fazit 4 Daas Anamnesseg gespräch h ist vo on grun undlegen nder Bedeutu tung für die ie e therapeutiscche Bezziieh ehung und d die i Therapiep eplan ep lanun lan ung und verlan ang gt einfühlsaame m Vorgehen. mes 4 Die hääu ufig figsten Fragen n der Bezugsperso one nen n betreffen n die Themen Verurrsac sachun hung g und u P gnose de Pro dess Stot St terns sowie die Therapie.
4.2
Anamnesefragebogen Im Einzelnen werden die zur An Anamn a eseerhebu bung bu releva rel evante nten n Them The enkomplexe beschri hrieben. Berücksichtigt werden dabe ab i die ICF-Kompo ponenten »Körperfunktion ionen« en , »Aktivi en« vität tä «, »Teilhabe«« sowie s die »Kontextfaktoren« (vgl. (vg 7 Kap Kap. 3.2.2). Die Re R ihenffol hen folge lge bei beinha nh ltet keine Gewi e chttung ew u . Es bleibt bt Aufgabe der The herap rapeut pe in, die Them h en n für jedes Kind neu zu organisie erren en.
4
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Kapitel 4 · Anamneseerhebung
i Tipp Während des Gespräches sollten prägnante Äußerungen der Bezugspersonen und ggf. des Kindes möglichst wörtlich mitprotokolliert werden, da sie häufig Kernaussagen und Themen enthalten, die für die spätere Therapie und Beratung eine Schlüsselfunktion haben.
ICF-Orientierung. Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) ist ein Modell, mit dessen Hilfe die Therapeutin die funktionale Gesundheit und deren Beeinträchtigungen erfassen kann. Wichtig in der Anamnese ist daher eine ressourcenorientierte Vorgehensweise mit Fragen, die – zusätzlich zu den Einschränkungen – immer auch auf das Funktionierende und das Positive abzielen. Ziel ist zu erfahren, wie das Kind sich insgesamt fühlt, wie stark es durch sein Stottern beeinträchtigt ist und welche Kontextfaktoren dafür verantwortlich sein könnten (in fördernder wie hemmender Hinsicht). Dadurch rücken neben den klassischen Fragen nach der Symptomatik solche Fragen in den Vordergrund, die zu einer Einschätzung der Auswirkungen auf die Aktivitäten des Kindes und auf die Teilhabe an verschiedenen Lebensbereichen führen (7 Kap. 3, das sich ausführlich mit der ICF und ihrer Bedeutung in der Stottertherapie beschäftigt). . Übersicht 4.1 gibt einen Überblick über die anamnestisch relevanten Daten. Nicht alle Punkte sind gleich wichtig und müssen schon bei dieser Gelegenheit erfragt werden. Manche Fragen haben vielleicht eher eine impulsgebende Funktion und können erst später im Laufe der Therapie beantwortet werden. > Beachte
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Der Gesprächscharakter hat in jedem Fall Vorrang vor der Anamneseerhebung. Bei vielen Themen bietet es sich auch an, gleich auf die Äußerungen einzugehen und beratende Elemente einfließen zu lassen (vgl. Thiel 2000).
. Übe ersiicht 4.1 Anamn nessefragebogen n – Überbllick 4 Be eschreibung des Kindes, seiner Stärken n und Scchw wächen 4 Be esch hreibung der aktuellen St Stottersyymptomatik,, Vaariabilität und Verl e auf 4 Umg gan ng des Kindes un und der Umwelt mit de em Stotte tern n 4 Eindru uck zu z Störungsbewusstseiin und Leidensdruck 4 Reaktione en and nderer auf das Stottern 4 Emotionale Kons o tit titution und Verhalten 4 Beschreibung de er Aktiivit vitäte ä n und Teilhabe e 4 Kindliche Allgemeinen ntwi tw cklung 4 Fam F ilienanamnese 4 Fraagen g , die der Differenzialdiagnose zum Polter ern di diene e n (vgl. 7 Kap. 5.4.3 »Differenzialdiagnose se Pollter tern«) 4 Fragen zu ur Therapi apiemo e tivation
4.2.1
Beschreibung der aktuellen Symptomatik, k Variabilität und Verlauf
. Übersicht 4.2 fasst die relevanten Themen zusam-
men. Beschreibung des Vorgehens im Sinne der ICF. Die Therapeutin versucht vorerst zu erfahren, wie die Funktionen des Redeflusses und des Sprechrhythmus᾽ aussehen und eingeschätzt werden (»Beschreibung der Symptomatik«). Zusätzlich wird erfragt, inwieweit Schwankungen in der Aktivität (Leistungsfähigkeit vs. Leistung, 7 Kap. 3.2.2) auch bedingt durch die Variation von Kontextfaktoren auftreten (»Auftreten und Häufigkeit«, »Situationsabhängige Schwankungen«).
i Tipp Die Art der Frage beeinflusst die Wahrnehmung und damit auch die Antwort. Lenkt die Therapeutin die Aufmerksamkeit mit ihren Fragen auf die Stärken und Kapazitäten des Kindes und der Eltern, so werden die Faktoren, die flüssiges Sprechen begünstigen, bereits durch dieses Lenken der Blickrichtung verstärkt! Dies entspricht einer Gesprächsführung im Sinne der ICF (vgl. 7 Kap. 3.1.1).
Eine Kopiervorlage des ausführlichen Anamnesefragebogens findet sich in 7 Kap. 12.1, und im Ê Downloadbereich
4.2.2
Umgang des Kindes und der Umwelt mit dem Stottern
Wichtig ist, sich ein genaues Bild über die individuellen Kontextfaktoren zu machen (vgl. 7 Kap. 3.2.2, Abschn. »Kontextfaktoren«). Hierunter fallen die Formen, in denen das Kind auf seine Redeflussstörung emotional und auf der Verhaltensebene reagiert (personenbezogene Faktoren). Genauso umfasst dieser Punkt die Reaktionen, die das Kind von außen auf sein Stottern erlebt (umweltbezogene Faktoren).
53 4.2 · Anamnesefragebogen
4
. Übersicht 4..2 Symptomatik k – Varriabilität – Verlauf Beschreibung der Symptomatik 4 Wie zeigt siich das Stottern? 4 Ausführlich he Beeschreibung und mö öglicchst Demonstration n du urch die Eltern Auftreten und Häufi figke g it 4 Wann, in welccher Situation und mit wel elchen en Personen ist das Stotte tern am geringsten/am m stär ärksten? 4 Gibt es periodisch che Schw c ankungen? 4 Welche Ursachen vermu muten die Bezugspersonen n für die Schwankungen? e Situ ua uationsabhängige Schwank a ung ngen 4 Zu Zunahme/Abnahme der Sym ymptom omatikk situativ/ perrson s enbedingt 4 Einflus uss von körperlicher und psyc us ychis h che her Verfassung 4 Einfluss von on n TV oder Audiokassetten
Reaktion des Kindes: Störungsbewusstsein und Copingstrategien Störungsbewusstsein – Missverständliche Terminologie. Die Verwendung des Begriffs »Störungsbewusstsein« ist unglücklich gewählt und trifft nicht das ganze Ausmaß des Gemeinten. Zunächst einmal bedeutet Störungsbewusstsein nur, dass beim Kind ein mehr oder weniger deutliches Bewusstsein davon vorhanden ist, dass mit seinem Sprechen etwas anders ist als bei den anderen, also »nicht stimmt«. Parallel zu diesem Bewusstsein entwickelt sich beim Kind ein Leidensdruck. Beide Aspekte sind untrennbar miteinander verbunden, werden durch den Begriff »Störungsbewusstsein« jedoch nur unzulänglich wiedergegeben. Die Feststellung, dass ein Störungsbewusstsein vorhanden ist, ist deshalb wenig aussagekräftig. Sie sagt nichts über den Grad des Leidensdrucks aus, den das Kind erlebt. > Beachte In der Praxis bringt es wenig, nur zu unterscheiden, ob Störungsbewusstsein vorliegt oder nicht. Für das Eingehen auf das Kind ist eine differenziertere Betrachtung dessen, wie sehr das Kind im Einzelnen unter seinem Stottern leidet, unerlässlich.
Sch hweregrad 4 Einschätzun ung durch Bezugsspersonen z.. B. mit Hilfe einer Skala la von 1–10 Vermu utete Ursachen 4 Werr ha h t Stottern »diagnostiziert««? 4 Welche Ur U sac s hen vermuten n di die e Eltern? Entwicklung der Symptomatik 4 Wann hat das Stottern begonnen? Können Sie beschreiben, wie das anfing? Gab es irgendw dwelche besonderen Vorkommnisse zu derr Zeit? Z Bisher herige g Thera rapie pien n 4 Welche bi bishe sherig rigen The erap rapien ien wurden evtl. durchgeführt? 4 Wann fanden sie statt und wie lange dauerten sie? 4 Wie/durch wen/warum sind sie beendet worden?
Allmähliche Entwicklung. Lange, bevor das Kind sich explizit dazu äußert, hat es bemerkt, dass etwas mit seinem Sprechen anders ist, ihm das Sprechen manchmal schwer fällt. Vielleicht hat das Kind bereits registriert, dass andere darauf reagieren, vielleicht hat es auch nur ein diffuses Gefühl davon, dass etwas mit seinem Sprechen nicht stimmt. Dies genügt bereits, damit es sein Verhalten und den Umgang mit seinem Sprechen verändert. > Beachte Störungsbewusstsein liegt nicht erst dann vor, wenn das Kind über seine Schwierigkeiten beim Sprechen spricht!
Indirektes Erschließen. Ob das Bewusstsein einer Störung des eigenen Sprechens vorhanden ist, kann v.a. bei kleinen Kindern nur indirekt aus dem Verhalten abgeleitet werden. Manche Kinder, auch jüngere, äußern zwar von sich aus, dass sie etwas nicht sagen können, oder fragen, warum sie nicht sprechen können. Oft ist es jedoch schwierig, mit Gewissheit zu sagen, ob ein kleines Kind explizit weiß, dass es stottert oder nicht. In der Regel hat das Kind immer eine Ahnung davon (vgl. 7 Kap. 5.2.2). Spätestens bei Kindern ab dem Schulalter ist davon auszugehen, dass sie genau wissen, dass sie
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Kapitel 4 · Anamneseerhebung
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stottern und eine mehr oder minder klare Vorstellung davon haben, was sie dabei tun.
2
> Beachte
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Das Störungsbewusstsein kann bei Vorschulkindern häufig nur an indirekten Zeichen, also diskreten Verhaltensänderungen beobachtet werden.
Leidensdruck. Zunächst ist es dem Kind unangenehm, wenn es etwas z. B. nicht so schnell herausbringen kann, wie es will. Das negative Erleben von solchen Situationen kann durch die Reaktionen der Umwelt erheblich verstärkt werden. Dies führt zu Verunsicherung und wirkt sich negativ auf das Selbstvertrauen aus. Auf der sprachlichen Ebene kommt es zu Erwartungsängsten und in der Konsequenz zu Vermeidereaktionen und/oder verstärktem Stottern. Diese Reaktionskette veranschaulicht die Interaktion der Komponenten der funktionalen Gesundheit (vgl. 7 Kap. 3.2.2, . Abb. 3.1).
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Copingstrategien. Störungsbewusstsein kann dazu führen, dass das Kind bewusst versucht, etwas an seinem Sprechverhalten zu verändern, um weniger Schwierigkeiten zu haben bzw. diesen aus dem Weg zu gehen (7 Kap. 1.3.4). Zeigen kann sich dies beispielsweise in Form von Sprechvermeidung oder durch Veränderung der (Sprech-)Parameter »Tempo«, »Lautstärke« und »Tonhöhe« (7 Kap. 5.4.4, . Übersicht 5.10). Wichtig ist nicht nur zu erfragen, ob die Copingstrategie positive oder negative Konsequenzen zeigt, sondern diese Aussagen auch im Rahmen der diagnostischen Einschätzung zu überprüfen.
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> Beachte
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Das Vorhandensein von Störungsbewusstsein allein ist noch nicht unbedingt negativ. Die Auswirkung hängt stark von sonstigen personenbezogenen Faktoren und Umweltfaktoren ab (vgl. 7 Kap. 3.2.2).
Gravierendere Folgen hat der aus dem Stottern resultierende Leidensdruck, wenn Stottern als eigenes Versagen interpretiert wird und dieses Gefühl ins Selbstkonzept übernommen wird (vgl. 7 Kap. 5.4.4, Abschn. »Selbstkonzept«). Nicht zuletzt ist die Abklärung des Störungsbewusstseins auch im Hinblick auf die Differenzialdiagnose Poltern (vgl. 7 Kap. 1.5.1 und 7 Kap. 5.4.3) von Bedeutung. . Übersicht 4.3 enthält Beispiele, wie man die Bezugspersonen nach dem Störungsbewusstsein und nach Copingstrategien des Kindes fragen kann.
. Übersicht 4.3 Mögliche Fragen n nach dem Sttörungsbewu usstsein und Coping gstrategien 4 Wie geht dass Kind mit de em Stottern um? Hat es besonderre Strategien n entwickelt? 4 Fragt das Kin nd mehrfach h »Warum kann ich h nicht sprech hen? e « oder »Ich c kann das nich ht sagen.«? Reaagie g rt Ihr Kind d mit »Manno«« o. ä., wenn es häng gen bleibt? 4 Äußert sich Ihr hrr Kind explizit daz azu u, dass es anders spricht alss andere Kinder? 4 Wie häufig spricht h das Kind so über sein Stottern? 4 Nimmt sich das Kind d zu Herzen, dass es beim m Sprechen hängen bleib ib bt? t 4 Vermeidet das Kind in besti sti timmt mm en n Sit Situ uationen das Sprechen? Welchen? Gegenüber be estimmten Personen? Welchen? 4 Hör ört das Kind auf zu sprechen, wenn es häng bleibt, oder verändert es sein Sprechen gen du urch bei b spielsweise Flüstern? 4 Ist das Kin ind leicht frustriert oder gibt auf, wenn n es e häng ängen geblieben ist? 4 Zieht sicch das Kin Ki d in Gruppen eher zurück? 4 Wendet daas Kind de den n Blickkontakt allgemein n oder beim Hääng ngenbleiben n ab? 4 Werden andere Verh erhaltensauffälligkeiten beobachtet, wie z. B. (unbes estim timmte mte)) Aggr Aggre essionen?
Diese Fragen überschneiden sich teilweise mit dem Themenbereich emotionale Konstitution und Verhalten (vgl. 7 Kap. 4.2.3) sowie mit den Fragen nach Aktivitäten und Teilhabe (vgl. 7 Kap. 4.2.4).
Reaktionen der Umwelt Die Verarbeitungsstrategien des Kindes stehen natürlich in enger Wechselwirkung mit den Reaktionen anderer, die das Kind auf sein Stottern erlebt. . Übersicht 4.4 nennt einige mögliche Punkte, mit denen nach Umweltreaktionen gefragt werden kann. Es ist nahezu unmöglich, nicht zu reagieren, wenn das Kind im Redefluss auffällig stockt und hängen bleibt. Jeder reagiert auf irgendeine Art auf das Stottern, wenn nicht verbal, dann doch nonverbal. Dies sollte den Eltern zur Entlastung vermittelt werden, denn oft ist ihnen das nicht bewusst oder sie befürchten, dass ihre Reaktion unangebracht ist und verschweigen sie deshalb. Genauso sollte deutlich wer-
55 4.2 · Anamnesefragebogen
. Übersicht 4.4 Mögliche Fragen n nach Umwelt eltreaktionen auf das Stottern 4 Erfahrungen n/Erlebnisse:: Verknüpft das Kiind positive ode er negative Erfahrungen und Erlebnisse mit seinem Spre echen? Welche? 4 Soziale Erwü ünschtheit: Wen stört das Sto ottern am meissten? Wen kau um oder gar niicht? un Sie, um Ih Ihrem 4 Umweltreakttionen: Was tu Kind zu helfen n, wenn es hängen n bleibt bl oder ein Wort nicht herausbringt? Was tun Sie, wenn das Kind stottert? (Mutter, Vater, andere Familienmitgliede er und Bezugspersonen) er 4 Einstellung und Ge efüh f le der Bezugsperfü sonen gegenüber dem m Stottern: Wie geht ht es Ihnen, wenn das Kind hängen gen en bleib bt? Welche G anken/Gefühle gehen Ihnen durch den Ged Kopf? Wirkt sich das Stottern des Kindes auf Ko die Beziehung aus? Wie würden Sie Ihre Bez hu zie ung zu Ihrem Kind beschreiben? Bestehen un he nter t schiedliche Einstellungen innerhalb derr Famililie i im Umgang mit dem Stottern? 4 Kinde ergarten ten/Schule: Wird das Kind von anderen im m Kinder ergar g ten/in der Schule gehänselt? Eventu tuell sogar ar wegen des Stotterns ausgegrenzt?? Ha H t das Kin nd Freu Freunde de,, mit mit denen es über das Sttott ot ern spricht und bei denen es voll akzeptiert ist? t? Is Istt beka bekannt nnt, w wie ie die Erzieher/Lehrer mit dem Stottern umgehen?
den, dass manches Verhalten mehr, manches weniger dazu geeignet ist, den Kommunikationsstress für das Kind zu reduzieren. Im Laufe der Therapie können eher ungünstige Reaktionsmuster der Bezugspersonen modifiziert werden.
4.2.3
Fragen zur emotionalen Konstitution und zum Verhalten
Je größer der Druck für das Kind wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich die emotionale Verunsicherung im Verhalten zeigt. Dieser Themenkomplex ist gerade im Erstgespräch schwierig, da er gelegentlich mit großen Schamgefühlen behaftet ist. Dennoch empfiehlt es sich, die in . Übersicht 4.5 genannten Fragen bald anzusprechen, da es im Laufe der Therapie kaum leichter wird, über solch sensible Themen zu
4
reden. Nicht zuletzt sind die Informationen hierzu für die Auswahl der Therapiebausteine maßgeblich. ! Cave Gibt es Hinweise darauf, dass ausgeprägte begleitende Auffälligkeiten vorliegen, sollte in jedem Fall – mit der gebotenen Feinfühligkeit – die Konsultation einer Psychologin oder Psychotherapeutin empfohlen werden.
i Tipp Da viele Eltern durch derartige Empfehlungen sehr verunsichert werden und mit den unterschiedlichsten Abwehrmechanismen (Abwehr, Zweifel an der Kompetenz der Therapeutin, Bagatellisieren etc.) reagieren und auch der eigene Eindruck nach der ersten Stunde oft noch nicht mit Argumenten untermauert werden kann, ist es hilfreich, die kritischen Beobachtungen zu beschreiben und zunächst nur die Möglichkeit einer anderen Zuständigkeit anzuführen. Wenn man dann das Kind besser kennt, ist es zum einen leichter, fundiert zu argumentieren, und die Eltern haben sich bereits im Vorfeld mit dieser Option auseinander gesetzt.
i Tipp Wenn es um die Fragen zum Verhalten geht, bietet es sich an, die Bezugspersonen darauf vorzubereiten, dass unter der Therapie möglicherweise mit Verhaltensänderungen des Kindes zu rechnen ist. Mit zunehmendem Selbstvertrauen werden viele Kinder selbstbewusster, frecher und »wilder«.
Die Grenzen zwischen Anamnese und Diagnostik sind besonders im Bereich des kindlichen Verhaltens fließend. Eine genauere Beschreibung beobachtbarer Einflussfaktoren auf das Stottern im Rahmen der Diagnostik findet sich im 7 Kap. 5.4.4, Abschn. »Verhaltensauffälligkeiten«.
4.2.4
Fragen zu Aktivität und Teilhabe
Es ist von großer Bedeutung für die Lebensqualität des Kindes, inwiefern es das Stottern beim Handeln und beim Teilhaben an verschiedenen Lebensbereichen einschränkt (7 Kap. 3.2.2, Abschn. »Konzept der Aktivitäten« und »Konzept der Teilhabe«). Dazu zählen unter anderem das Kommunikationsverhalten des Kindes, die interpersonellen Beziehungen sowie die Alltags- und Freizeitgestaltung.
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Kapitel 4 · Anamneseerhebung
. Überrsichtt 4.5 Emotio onaler er Stress und Besonderh heite en im kindlichen Verh halten 4 Kontak ktverhalten: Wie geht das Kind auf andere Kin nder oder Erwachsene zu? Isst ess offen und kontakktfreu udig oder eher zurückh halte end bis ängstlich h? (vg gl. . Übersicht 4.9) 4 Selbstsi sicherheit: Ist das Kind selbsstsicher oder leich cht zu u verunsichern? Was mu uss ge eschehen, damit das Kind verunsichert reagie ert? 4 Essve erhallten: Gibt es Besonderheit e en n oder Schwiierigkei k ten im Essverhalten? 4 Schlaffverha alten: Wann geht das Kind d schl hlaafen? Sch hläft das Kind gut, hat es Albträu äume oder spricht ess im Schl c af? 4 Sauberkeit: t: Ist das Kind sauber, nässt es ein od oder kotet es ein?? Nach N hts t oder tagsüber? 4 Sicherheit und d Ängste st : Bei wem und wobei fühlt sich das Kind sich her? e Ze eigt ig das Kind Ängste gegenüber bestimmten en Anfor forderungen, Situationen, Tieren, Personen etc.? e Geht e das Kind gerne zum Kindergarten bzw. zu ur Schule? le? 4 Temperament: Ist es eher ruh hig und zu zurüc r khaltend oder temperamentvoll, lebhaf te aftt und imp mpulsiv??
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4 Aggression n und Hemmun ng: g Wehrt sich das Kind gegen Ag ggression anderer? Wie? Was tut es, wenn es gehänselt wird? Wie e geht es mit Frustration um? Was macht es, wen enn es seinen Willen nicht bekomm mt? t (Rückzzug oder Aggresssio ion?) In welchen Situationen ist es besonders aggressiv oder gehemmt? od 4 Akzep eptanz von Grenzen: Beacht ept httet das Kind Grenzen und Reg Regeln? (z. B. B. zu-Bett-Gehen) 4 Habits und autoaggressives Verhalten: Beißt das Kind Nägel, lutscht es Daumen? Andere Habits (schädliche Gewohnheiten)? Hyperaktivität? t? 4 Schriftsprache: Wie sind die schriftlichen Äuß ußer gen im Vergleich zu den mündliche run hen n zu be ewerten en?? Die letzte Frag ge ist ist für die die Diffe Differe renzialdiagnose i zum Poltern (vgl. 7 Kap. 1.5.1 und 7 Kap. 5.4.3) und im Hinblick auf mögliche Konzentrationsstörungen von Bedeutung. Im Sinne der ICF helfen diese Fragen vornehmlich dabei, solche personenbezogenen Faktoren zu bestimmen (vgl. 7 Kap. 3.2.2, Abschn. »perso onenbez nen b ogene Faktoren«), die wichtige Beesta stand ndteile d funktionalen der l n Gesu Gesundh ndheit eit eines ei stotternden n KinKi des seiin kön können nen..
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> Beachte Die Einschränkung, die ein Kind in den unterschiedlichen Lebensbereichen in Folge seines Stotterns erfährt, ist nicht immer abhängig vom Schweregrad des Stotterns und daher in jedem Fall sorgfältig zu erfragen.
Fragen zu diesem Bereich sind in . Übersicht 4.6 zusammengefasst.
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4.2.5
Fragen zur kindlichen Allgemeinentwicklung
Hier kann die Frage nach der Beschreibung des Kindes durch die Bezugspersonen mit seinen Stärken (und Schwächen) stehen. i Tipp Es empfiehlt sich, diesen Aspekt möglichst früh ins Gespräch einzubringen. So wird der Blick der Bezugspersonen von Anfang an weg von den Defiziten des Kindes auf seine Stärken gelenkt.
Weitere Themen fasst . Übersicht 4.7 zusammen. Spätestens an dieser Stelle ist es sinnvoll, erste Informationen zum multifaktoriellen Bedingungsgefüge
zu geben. Dabei ist das Anforderungs- und Kapazitäten-Modell (7 Kap. 2.2.2) besonders hilfreich. Anhand diesem kann mit den Eltern zusammen überlegt werden, welche Anforderungen und Kapazitäten speziell bei ihrem Kind vermutlich zusammenkommen (. Abb. 4.2). In 7 Kap. 12.7 und im Ê Downloadbereich gibt es eine Kopiervorlage, in welche die Bezugspersonen ihre Einschätzung eintragen können. Bereits beim Erstgespräch sollte deutlich werden: Der Wunsch der Bezugspersonen, die Ursache zu erfahren, ist verständlich. In der Therapie kann es aber nur darum gehen, Faktoren, die mit dem Stottern zusammen beobachtet werden können, zu erkennen und in der Absicht einzubeziehen, das Stottern günstig zu beeinflussen.
57 4.2 · Anamnesefragebogen
. Übersicht 4.6 Fragen zu Ak ktivität und Teilh habe 4 Kommun nikation: Wie beurteilen Sie die Sprechfrreude Ihres Kind des? Inwiefern sagt es e seine Me einung und disskutiert mit anderen?? Wann, mit welchen Pe ersonen, in welchen Siituatione en? 4 Einkauffen: Kauft Ihr Kiind gelegentlich allein etwas eiin? 4 Familiäre re e und soziale Beziehungen: Wie kommen n die Geschwiste er miteinander au us? Besteht eine i besondere Verb e undenheitt zu einem Gesschwisterkind? Gibt bt es eine e besondere Rivalittät? Entsteht durch evtl. geringen Altersabstan nd ein besonderer Konkurrenzdruck in einzzelnen ze Entwicklungsbereichen? Eifersucht? Str trreit? 4 Hat Ihr Kind vie ele Freunde? Findet es leicht Anschluss zu Alte te ersgenossen? Spielt es eher allein oder mit ande deren zusammen? Wie verde hält sich Ihr Kind in Gr Grupp u en? 4 Geht Ihr Kind offen auf Erwa rw chsene zu?? Fällt ihm der Kontakt zu Erwachsenen od oder zu anderen Kindern leichter? 4 Kindergarten/Schule: Wie kommt Ihr Kind im Kindergarten/in der Schule zurecht, was macht es dort gern und was fällt ihm schwer? 4 Erh E olung und Freizeit: Wie sieht die Freizeitges estaltung Ihres Kindes aus? Was macht es gern n, was ist ihm lästig, wo bzw. wobei fühlt es sich h wohl/unwohl? 4 Gle G ichbe berechtigung: Gibt oder gab es Situatio onen n , in dene e n das Kind aufgrund des Stotternss benachte teiligt oder anders behandelt wird/w wurd u e als and ndere Kinder? Welche?
> Beachte Es geht nicht um Ursachenforschung, sondern um Beeinflussung der veränderbaren Parameter.
4.2.6
Familienanamnese
Die Familienanamnese dient dem besseren Einblick, in welcher familiären Situation und Konstellation das Kind lebt und aufwächst. Des Weiteren ist sie im Hinblick auf evtl. gehäuft auftretendes Stottern, also eine mögliche erbliche Komponente, von Belang. Die Fragen sind in . Übersicht 4.8 zusammengestellt.
4
. Übe ersicht 4.7 Fra agen en zur Allgemeiinentwicklu ung 4 Das Einzigartige e: Was, wü ürden Sie sage en, ist das Besondere oder Einzig gartige an Ihre em Kind? Was kann es besond Ki ders gut? Wass gefäällt Ihnen beson nders? 4 Frü ühe Entwicklun ng Wie sind Sc ng: S hwangersch haft und Geburt verlaufen? Wie ging es Ihnen n (der Mutter) währ hrrend e der Schwangerscchafft? Gab es besondere re e Vo V rkommniss ssse? e? 4 Sprrach hentwicklung: Wie verliieff die di Sprachen ntwick ic lung? Wann äußerte das Kind erste Wö örter,r, erste Mehrwortsätze? 4 Statomot otoris ische Entwicklung: Wie verlief die Entwickl cklung g vo v n Feinmotorik, Händigkeit, Koordinat ation io , Glei le chgewicht, Krabbeln, n, Laufen etc.? 4 Krankheiten und kritisch che e Erei Ereigni gnisse sse:: We Welche Krankheiten hatte das Kind? Gab es and e einschneidende/besondere, evtl. trauder mat atische Ereignisse, wie z. B. Trennung von d ge der ewoh w nten Umgebung?
4.2.7
Klärung der Therapiemotivation mit Eltern und Kind
Besondere Aufmerksamkeit verlangt die Klärung der Motivation und der Erwartungen an die Therapie. Dieser Punkt dient verschiedenen Zielen: Vorbeugen von Missverständnissen. Die Motivationsklärung ist entscheidend für den Verlauf und den Erfolg der Therapie. Sie dient dazu, Missverständnissen zum konkreten Therapieauftrag und zum erforderlichen Arbeitsaufwand von Anfang an vorzubeugen. Klären unrealistischer Erwartungen. Es muss deutlich werden, dass eine Stottertherapie nicht automatisch zum Erfolg führt, sondern ein Prozess ist, dessen Verlauf von vielen Faktoren abhängt und daher nicht 100% vorhersagbar ist. Dies zerstört zwar die Hoffnung auf eine einfache »Heilung«, eröffnet dann jedoch die Möglichkeit einer aktiven und individuellen Gestaltung. Realistische Einschätzung des Arbeitsaufwands. In vielen Fällen bietet es sich an, auf die Äußerungen gleich einzugehen und unrealistische Erwartungen zu besprechen. Soll die Therapie erfolgreich verlaufen, so fordert sie ein gutes Maß an Kooperation – sowohl
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Kapitel 4 · Anamneseerhebung
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. Abb. 4.2 Anforderungs- und Kapazitäten-Modell zur individuellen Anpassung (Grafik von Sabine S. Hammer, Bad Vilbel). Die Eltern können hier ihre Einschätzung selbst eintragen
12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
. Übersicht 4.8 Fragen zur Familiiena anamnese 4 Familienkonsstella ation: Welche Mitgllieder gehören zur Familie? Evtl. frühere Ehen/Be ezieh hungen, die das Kind miter erlebte, oder mit den nen das Kind jetzt noch zu tun hat? etrennt leben: Wie verläässlich 4 Wenn die Elterrn ge und einschätzba bar istt der Kontakt zum an nder d en Elternteil für das Kind i ? amilie ie: 4 Position in der Fa – Eltern: Ist das Kin K d »»Mutters oder Vaters Kind«? – Geschwister: Zahl? l? Geesch sc wisterreihe und -position? Alter der Geschw chwister? otte t rt bzw. stotterte ein El Elternt nteil, einer der 4 Sto Große ßeltern oder andere Verwan ße andte im i erweiterten Familienkreis? Fa
4 Wenn ja, wiie war der Verlauff? Besteht das Stottern noch od der wurde es üb berwunden?? Was hat de er Person dama mals geholf olfen? 4 Gab ab es Auffälligkeiten in der Sprache he entwicklung bei an nder d en Familienmitgliedern, n, z. B. verspäteter Sprechbeg beg eginn i etc.? 4 Ist ein Geschwiste t rki kind d sehr sprachgewandt und dominant? Gibt es ein Geschwisterkind, das dass stotternde Kind übermäßig bemuttert? Problem me, 4 Hatten Familienmitglieder emotionale Pro psyychi ch sche Störungen oder Erkrank nku ungen? n? Erzieh ie ung: Ge Gelte lten n klar klare/e e/einh inheitliche he Regeln oder 4 Erz haben versch schied iedene ene Bezug Bezugsspersonen unterschiedliche Regeln? Welche Konsequenzen erfährt das Kind bei positivem/negativem Verhalten? Wie wird grundsätzlich mit Konflikten in der Familie umgegangen?
59 4.3 · Die Anamnese bei unterschiedlichen Altersstufen
vom Jugendlichen wie bei jüngeren Kindern von den Eltern. Ohne ein gewisses Maß an Mitarbeit und häuslichen Übungen oder Beobachtungen hat die Therapie keine Erfolgsaussichten. Der zeitliche Aufwand, den eine Therapie mit sich bringt, sowie der voraussichtliche Einsatz für Transferaufgaben müssen daher realistisch besprochen werden. Ist eine minimale Kooperation nicht gewährleistet, kann der Therapiebeginn evtl. verschoben werden, bis mehr Zeit für die mit der Therapie verbundenen Aufgaben zur Verfügung steht.
Fazit 4 Neben n den üblicche en Frage ge en zur Ana A mne nese ne ist vor Beginn derr Th T erapie di die e gena gena nau ue Abklärung g der e Therap piiem emotivation unbeding ngtt erforderlicch.
Die Anamnese bei unterschiedlichen Altersstufen
4.3 Arbeitsbündnis. Nicht zuletzt geht es darum, möglichst bald eine Arbeitshaltung beim Jugendlichen bzw. bei den Eltern zu schaffen. Diese ist die Voraussetzung für das Arbeitsbündnis bzw. den Therapieauftrag, der im Verlauf der nächsten Therapiestunden verhandelt und vereinbart werden sollte. Die Familie lernt, dass sie zum Gelingen der Therapie entscheidend selbst beitragen kann. So werden Kind und Eltern optimal respektiert und gestalten die Therapie von Anfang an aktiv mit. Beispiele für Fragen zur Motivationsklärung finden sich in . Übersicht 4.9.
4
Ess gib gibtt vvers erschi ers c edene Set Se tings und Mö M glichkkeit e en der Durchführung g eine i r Anam n nese. We Welches Vorgehen geh en sic sich h am a besten eig eignett, muss m indiv ividuell entschieden und d de d m Gesp sp prächs hsverlauf an angepasst werden.
4.3.1
Anwesenheit des Kindes – ja oder nein?
> Beachte Es hat wenig Zweck, Widerstände der Eltern bezüglich der Anwesenheit des Kindes und des therapeutischen Vorgehens zu übergehen (vgl. 7 Kap. 5.2.2).
. Üb berrsicht 4.9 Fragen an Kind und Eltern zur Klärung de er Motivattion n Elterrn: 4 Wiee wichtig ist Ihnnen das Stot to tern Ihre es Kindess, und wie viel Energie En würd rden en Sie in die Therrapie investieren Th n, um Ihrem Kind zu helfen en? 4 Glaaube ben Sie, dass Sie etwa was für das Stotte tte tern Ihress Kin ndes tun können? 4 Wie siieht e Ih I r persönliches Therapieziel aus? 4 Woran er erken nnen Sie, dass die Therapie erfolgreich isst/w t ar? ar Kind: 4 Wie wichtig ist dir dein Stottern?? 4 Was wäre anders, wenn du niicht ht Stottern t w dest? wür 4 Was am Stottern stört dich? 4 Was mö möchtest du dafür tun, dass es mit deinem m Sp S recchen he besser wird?
Eine allgemein gültige Antwort auf die Frage, ob das Kind beim Erstgespräch anwesend sein sollte oder nicht, gibt es nicht. Aus Zeitgründen oder wenn die Eltern bereits bei der Anmeldung einen entsprechenden Wunsch geäußert haben, können Anamnese und Befunderhebung im Vorschulalter an 2 verschiedenen Terminen durchgeführt werden. Dies erlaubt dem Untersucher, ein möglicherweise vorhandenes Tabu mit den Eltern zu thematisieren und zunächst allein mit ihnen nach einer Lösung für das weitere Vorgehen zu suchen. Die Alternative ist eine Anamnese, die im Idealfall im Beisein aller im Haushalt lebenden Familienmitglieder stattfindet. Auf diese Weise lassen sich wertvolle Beobachtungen zur Interaktion aller Familienmitglieder und zu ihrem Umgang mit dem Stottern machen. Dieses von systemischer Sichtweise geprägte Vorgehen ermöglicht viele Ansätze zur Intervention und kann gerade bei Familien mit negativer oder ambivalenter Einstellung zum Stottern des Kindes sowie bei starken innerfamiliären Verquickungen sehr bereichernd sein. Mit dieser Vorgehensweise wird zugleich von Beginn an der Grundstein für die
60
1 2 3
Kapitel 4 · Anamneseerhebung
direkte Behandlung des Stotterns gelegt. Hiervon können das Kind und die Eltern profitieren. Zudem lernen die Bezugspersonen, wenn sie bisher unsicher mit dem Thema umgegangen sind, am Modell der Therapeutin, wie ein offenes Gespräch über das Stottern möglich ist. > Beachte
4 5
Über die Art des Vorgehens in der Diagnostik entscheiden die individuellen Voraussetzungen des Kindes sowie die Fähigkeiten, Interessen und Einstellungen der Therapeutin.
7
Bei jugendlichen Stotternden reicht ein Gespräch alleine mit den Bezugspersonen in keinem Fall aus. Auch hier ist ein gemeinsames Gespräch sowie die Aufteilung in 2 getrennte Settings möglich.
8
4.3.2
6
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Themen des Erstgespräches mit dem stotternden Kind
. Übersicht 4.10 gibt einen Überblick über mögli-
che zusätzliche Fragen, die mit dem betroffenen Kind oder Jugendlichen besprochen werden können. Diese drehen sich v. a. um Umweltreaktionen und die eigene Wahrnehmung des Stotterns. Damit weisen die Themen schon in den Bereich der Therapie hinein und bereiten spätere Therapieinhalte vor. Natürlich ist die Aufzählung unvollständig und muss im Gespräch ergänzt bzw. modifiziert werden. i Tipp Ältere Kinder können zusätzlich durch die Beantwortung des Fragebogens »Stolperstein« selbst differenziert Auskunft über die Bedeutung des Stotterns bezüglich ihrer Lebensqualität geben (7 Kap. 5.4.5). Durch eine spätere, erneute, Befragung können im Rahmen der Verlaufsdiagnostik (7 Kap. 5.6) mögliche Therapiefortschritte im Bereich der Einstellungen und der Lebensqualität sichtbar gemacht werden.
! Cave Im Erstgespräch mit dem betroffenen Kind ist besonders aufmerksam auf Reaktionen zu achten, die anzeigen, dass das Kind beginnt, sich unwohl zu fühlen. Sind die Fragen dem Kind unangenehm, muss dies – je nach Situation – angesprochen oder die Gesprächsrichtung geändert werden (vgl. 7 Kap. 8.5.2, Abschn. »Prinzipien der Desensibilisierung«)!
. Üb berrsicht 4.10 Mög glicche Fragen an das Kind 4 We eißt du, warum m du hier bist? 4 Du u bleibst manch hmal beim m Sprechen ssssso hän ngen, merkst du das? 4 W Waas machst du, wenn we du häng ngen ble bleiibst? (vgl.l 7 Kap. 8.6 »Fö (v ör örderung der Eigen- und Syympto p mwahrnehm mung u «) 4 Waas machst du, damit du nicht mehr häng äng ngen bleibs ib t? 4 Gibt es etwa t s, was du nicht machen magst, weil du u stot otterst? 4 Gibt es jem emande nd n der blöd/gut auf dein Sprechen rea eagie ert? rt 4 Hänseln dich an nder d eK Kind in er/Jugendliche we wegen des Stotterns? Wie Wie reagierstt du darauf?? 4 Wie gehen deine Lehrer mit it dem Stott Stottern um? 4 We Wen stört dein Sprechen am meisten? Stört e dic es ich? 4 Was as hilft ft di d r beim Sprechen?
Fazit 4 In welchem Se ettting und d mit we welche en Gesprräcchspartne ern n das Anam am mnesegespräch ch geführt r wir w d, ist vo on Fall zu Falll zu u ent entsc scheiden. sch 4 Frage en an das Kind nd oder den stotternden Jugendliicche hen betreffen n v. v a. a die d eigene Wahr ahrnehmung g des Stotterns und d Umwe Umweltr ltre eaktio n. one
5 Befunderhebung 5.1
Erstdiagnostik als Grundlage der Therapieplanung
– 62
5.2
Arbeitsprinzipien – 62
5.2.1
Ressourcen norientierte Diagnostik und d Thera rapie
5.2.2
Der Umga gang mit dem Tabu Stotterrn ga
5.2..3
Die eng ge Orientierung am Kind
5..2.4
Durch hführung und Dokumenta tation der Untersuchung – 64
5.3
Befundbogen
5.4
Untersuchungsparameter und ihre Relevanz für die Therapie – 65
5.4.1
Von der Diagnost stik zur Therapieplanung
5.4.2 2
Untersuchung der verschiedenen Sprechlleistu ungsstufen
5.4 4. 4.3
Differenzialdia iagno ose Poltern
5..4.4
Beobachtun ng vo on Einflussfaktoren
5.4.5
Frageböge en zu u den Auswirkungen des Stotterns
5.5
Beispielauswertung und Erstellung des Befundes
5.5.1
Auswerrtun ng der Stichprobe
5.5.2
Die Fo ormu ulierung des Befunde es
5.6
Effiziente Methoden zur Überprüfung der Symptomatik bei Verlaufskontrollen – 85
5.7
Beratungsgespräch nach Anamnese und Diagnostik
– 62
– 63
– 64
– 65
– 65 – 66
– 75 – 76 – 81
– 83
– 83 – 84
– 86
62
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Kapitel 5 · Befunderhebung
Die Diagnostikk des kindlichen Stotterns ist im Wesentlichen ein beschreibendes Verfahren, das die Aufgabe hat, die Störung durch qualitative und quantitative Kriterien zu erfassen. Neben der genauen Beschreibung der hör- und sichtbaren Symptomatik geht es vor allem darum zu erfassen, was das Kind beschäftigt und belastet. Es ist also (im Sinne der ICF, 7 Kap.3), von großer Bedeutung, die Auswirkungen zu erfassen, die das Stottern auf die individuelle Lebenssituation und damit auf die Lebensqualität des Kindes hat. Dabei sollten auch die Faktoren ermittelt werden, welche den Redefluss positiv wie negativ beeinflussen. Ziel ist, ein möglichst objektives Bild der funktionalen Gesundheit zu erhalten. Diese funktionale Gesundheit umfasst die Kern-
und Begleitsymptomatik genauso wie die individuellen Kontextfaktoren des Kindes und seine Teilhabe an den unterschiedlichen Lebensbereichen. Es gibt keine standardisierten Tests, die eine umfassende Aussage über das Stotter-Syndrom treffen könnten, da das Störungsbild zu komplex ist und zu vielen beeinflussenden Faktoren unterliegt. Für ein individuell zugeschnittenes Therapieprogramm müssen daher alle möglicherweise auf das Stottern einwirkenden Parameter überprüft und auf ihre Relevanz für das Kind untersucht werden. Im folgenden Kapitel werden der Befundbogen sowie die einzelnen Untersuchungsparameterr dargestellt und ihre Beziehung zur Therapie verdeutlicht. Die Beschreibung der z. T. unterschiedlichen Vorgehensweisen bei Vorschul- und Schulkindern und evtl. auftretender Schwierigkeiten bei der Durchführung unterstützen die am Einzelfall orientierte Diagnostik. Eine Aufstellung differenzialdiagnostischer Hinweise auf Poltern erleichtert die Auswertung der Befunderhebung sowie die Therapieplanung.
14 15 16 17
5.1
Erstdiagnostik als Grundlage der Therapieplanung Stottern ist stets ts eine ein die ie ge g samte Kom Ko mun nika i tion tio n betr betreffe effende Störu ru ung. n Si ng Sie e steht imm mmer mitt anderen, sich h gege gegenseitig g beei b einflu n ssend den Bereiche chen n in i enger Ver erb rbindung g.
18 19 20 21
> Beachte Auffälligkeiten des Redeflusses müssen mit der Sprachentwicklung, der psychosozialen und der kognitiven Entwicklung sowie mit situativen Besonderheiten in Beziehung gesetzt werden.
Erstellen eines Störungsprofils. Die Analyse der Stottersymptomatik und ihrer Begleitstörungen dient weiterhin der Differenzialdiagnose innerhalb des Syndroms sowie der Abgrenzung zu anderen Störungsgebieten. Aus der Kombination eigener Beobachtungen und anamnestischer Daten entsteht ein Profil der Störung und begleitender Auffälligkeiten. Die Therapeutin entwickelt auf der Basis des erstellten Profils zunächst Hypothesen über beeinflussende Faktoren (7 Kap. 2.2.2, Kap. 3.2.2, Abschn. »Kontextfaktoren«). Diese müssen im Rahmen der Arbeit mit dem Kind und den Eltern kritisch mit den Methoden der Verlaufsdiagnostik k überprüft und ggf. korrigiert werden.
Arbeitsprinzipien
5.2
Die Untersuchun hung g wird w von verschi chiedenen th herapeut rap eutisc eut ischen isc hen Üb Ü erlegu unge ng n maßgebl blich i beein-flusst. Sie werden im m Fol F gen nden d kurz erlläut ä ert, und ihre ihre Aus Auswir w kungen au auf die e Dur D chführu ung der Untersuchung un nd auf die Ge Gestaltu tung der th herapeutischen Beziehung ng g wird dis isk skutie ert.
5.2.1
Ressourcenorientierte Diagnostik und Therapie
Der Untersucher nimmt sich normalerweise viel Zeit, um herauszufinden, was das Kind nicht kann, und warum dies so ist. Die Stärken des Kindes bleiben dabei oft unbeachtet. Dadurch wird dem Kind häufig ungewollt vermittelt, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Auch die Eltern nehmen die Defizite ihres Kindes nach der Diagnostik oft verstärkt wahr. Der Blick auf die Stärken. Die ressourcenorientierte Vorgehensweise (auch 7 Kap. 3.1.1) ist zunächst vor allem eine Frage der therapeutischen Einstellung. Ist der Untersucher bereit, sich die Zeit zu nehmen, seinen Patienten außerhalb seiner Störung wahrzunehmen, eröffnet sich ihm ein großer Spielraum bezüglich des Kontaktes, der Therapieplanung und der Durchführung. Der Kontakt wird durch die Begegnung zweier Menschen belebt, die beide Fähigkeiten und Defizite mit sich bringen. Den Eltern wird es dadurch oft ermöglicht, ihr Kind zunehmend wieder als Ganzes wahrzunehmen. Nicht als »Stotterer«, sondern als ihr Kind, das zwar stottert, daneben aber noch viele andere Eigenschaften besitzt. Die ElternKind-Beziehung erfährt dadurch meist eine große
63 5.2 · Arbeitsprinzipien
Entlastung, Stressoren können reduziert werden (vgl. Thiel 2000, S. 127). Stärken im Erstkontakt herausfinden. Schwierige Therapieinhalte werden, ausgehend von den Stärken des Kindes, erarbeitet. Daher wird bereits im Erstkontakt gezielt nach den Stärken des Kindes, der Eltern und den positiven Elementen der Eltern-Kind-Beziehung gesucht. Auch sonstige Förderfaktoren aus dem Umfeld des Kindes (Kindergarten/Schule, Freunde, Freizeitaktivitäten) werden gemeinsam ermittelt. Sowohl eigene Eindrücke (vgl. Befundbogen, Abschn. »Psychische Ebene« 7 Kap. 12.2, Ê Downloadbereich) als auch die Sichtweise der Eltern und ggf. die Eigenwahrnehmung des Kindes (7 Kap. 5.4.5 und Fragebogen in 7 Kap. 12.1, Ê Downloadbereich) spielen dabei eine Rolle. Bei der Besprechung des Befundes und der anschließenden Therapieplanung finden Fähigkeiten und Defizite des Kindes gleichermaßen Beachtung (7 Kap. 5.7).
5.2.2
Der Umgang mit dem Tabu Stottern
Die Verschwörung des Schweigens. Familien stotternder Vorschulkinder werden häufig von Erziehern, Ärzten und Logopäden gebeten, nicht mit ihrem Kind über das Stottern zu sprechen. Für die Eltern ist es jedoch schwer, etwas zu ignorieren, was für alle sehr deutlich hör- und sichtbar ist. Oft belastet das »Unsagbare« (Rustin u. Cook 1995: »conspiracy of silence«) das Kind und die ganze Familie sehr. Schuldgefühle machen sich bei den Eltern breit, wenn sie es zum wiederholten Male nicht geschafft haben, ihr Kind vor unangenehmen Reaktionen zu schützen oder die eigene Besorgnis zu vertuschen. Oft fragen die Eltern bereits beim telefonischen Erstkontakt, wie sie den Besuch bei der Sprachtherapeutin erklären sollen. Da am Telefon nicht abzusehen ist, welcher Therapieansatz für das angemeldete Kind sinnvoll ist, und es kaum möglich ist, den Grad des Störungsbewusstseins und der Frustrationstoleranz des Kindes einzuschätzen, liegt die Vorbereitung auf die Untersuchung ganz bei den Eltern. Die Bitte, so ehrlich wie möglich und so vorsichtig wie nötig zu sein, mag den Eltern nur eine kleine Hilfe sein, betont jedoch andererseits zugleich die Verantwortlichkeit der Eltern im therapeutischen Prozess (7 Kap. 4.3.1).
5
> Beachte Verunsicherte Eltern von Schulkindern sollten ermutigt werden, die nahende Vorstellung bei der Sprachtherapeutin zu nutzen, offen über das Stottern zu sprechen.
Die Therapeutin im Spannungsfeld unterschiedlicher Bedürfnisse. Das eigentliche Dilemma wird schließlich in der Untersuchung deutlich. Die Entscheidung, das Kind auf eine »Spielstunde« vorzubereiten, muss erst einmal akzeptiert werden. Sehr wahrscheinlich spürt das Kind jedoch die Heimlichkeiten der Eltern oder gar der gesamten Familie. Vielleicht nimmt es die Diskrepanz zwischen dem scheinbar zwanglosen Besuch und dem unterschwelligen Anspruch der Eltern und der Logopädin, bestimmte Parameter zu überprüfen, wahr. Man muss davon ausgehen, dass ein Kind mit beginnendem oder manifestem Stottern zumindest im Ansatz eine Vorstellung davon hat, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung ist (7 Kap. 1.4), und es ahnt, dass es deshalb bei der Sprachtherapeutin ist. Es besteht die Gefahr, dass sich das Kind nicht ernst genommen fühlt und eine unbeschwerte und von Offenheit geprägte Kontaktaufnahme gefährdet ist. Auch im Rahmen der Therapie kann es schwierig werden, dem Kind begreiff lich zu machen, warum man in einer reinen »Spielstunde« klar umrissene Ziele verfolgt und möchte, dass es bestimmte Aufgaben durchführt. > Beachte Soll eine von Echtheit und positiver Wertschätzung geprägte therapeutische Beziehung gelingen, muss die Logopädin dem Kind zumindest im Ansatz erklären können, worum es in der Untersuchung geht. Eine befriedigende und allgemein gültige Antwort auf die Frage, wie direkt man auf das Stottern des Vorschulkindes eingehen kann, gibt es nicht.
Unterschiedliche therapeutische Schulen schlagen z. T. völlig gegensätzliche Vorgehensweisen vor. Solange es so viele Unklarheiten über das Stottern gibt, bleibt dem Untersucher nichts anderes übrig, als das Spannungsfeld zwischen den Bedürfnissen des Kindes und seiner Familie sowie den eigenen Einstellungen und Fähigkeiten vorsichtig auszuloten.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
64
Kapitel 5 · Befunderhebung
5.2.3
Die enge Orientierung am Kind
Klarheit schafft Vertrauen. Ein transparenter Einstieg in die Diagnostikk ist für verunsicherte Kinder jeden Alters besonders wichtig. Ein Kind, das die Erlaubnis oder sogar den Auftrag erhält, erst einmal nicht zu sprechen, sondern sich zunächst im Raum zu orientieren und zu überlegen, was es denn gerne spielen möchte, wird sich wesentlich schneller von den Eltern lösen können und für den Kontakt mit der Therapeutin zugänglich werden als ein bedrängtes Kind, dessen Widerstand geradezu heraufbeschworen wurde. i Tipp Sollte es die Mitarbeit dennoch zunächst ganz verweigern, werden die Eltern als Spielpartner eingeschaltet. Die Sprachtherapeutin sieht deren Spiel zu und beobachtet die Eltern-Kind-Interaktion. Nach einer Weile kann sie sich dann vorsichtig in das Spiel mit einschalten. Die Eltern sollten hinterher die Möglichkeit erhalten, die Spielsituation zu kommentieren, da sie sich unter Beobachtung oft gehemmt fühlen und anfangs nur bedingt zu einer natürlichen Spielweise finden (7 Kap. 9.8.3).
13
Bei älteren Kindern wird eine offene Diskussion über das Stottern mit allen Anwesenden vorsichtig angeregt (7 Kap. 4.3.2). Negative Reaktionen, wie z. B. Abwertungen, Schuldzuweisungen oder Rückzug einzelner Gesprächsteilnehmer, sollten hierbei abgefangen und zu einem späteren Zeitpunkt eingehender behandelt werden.
14
> Beachte
11 12
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Die Maske älterer Kinder aus »Coolness« und Überlegenheit ist immer ein Signal größerer Verunsicherung und Versagensangst. Der unausgesprochene Wunsch nach Distanz sollte daher ebenso respektiert werden wie bei kleinen Kindern.
Fazit 4 Das Vorge r hen in n Diagnosstik st und nd Therapie Th pie orienttie ert sich an n den Fähigk gkeit gk e en und nd Defiziten dess Kindes und nd der Familie. Den Fähigkeiten so ollt lte dabei eine ne be besondere Bede eutung zugeme messen werden.
5.2.4
Durchführung und Dokumentation der Untersuchung
Entlastung der Therapeutin durch gezielten Einsatz von Medien. Die gesamte Untersuchungs- und Spielsituation sollte mit Audio- und/oder Videoauff nahmen festgehalten und anschließend ausgewertet werden. Eltern und Kind werden kurz auf die Auff nahme hingewiesen. Oft entspannt eine kleine, sofort wiedergegebene Demoaufnahme die gesamte Situation und fördert zugleich den Kontakt. Beobachtete Auffälligkeiten werden im Befundprotokoll (Kopiervorlage in 7 Kap. 12.2, 7 Kap. 12.2.1, 7 Kap. 12.2.2 und im Ê Downloadbereich) angekreuzt und ggf. genauer beschrieben. Wenn es nötig ist, kann der Untersucher so den Schwerpunkt seiner Aufmerksamkeit ganz auf die Kontaktaufnahme legen. Zugleich dient die Auff nahme der Erstuntersuchung dem Vergleich mit späteren Stichproben und damit der Verlaufsdiagnostik.
Bedeutung der Spontansprache. Die Beobachtung der Spontansprache ist zugleich die Grundlage zur Beschreibung des Kommunikationsverhaltens. Da sie wichtige Anhaltspunkte zur Auswahl weiterer Untersuchungsmethoden liefert (z. B. detailliertere Untersuchung von Wortschatz, Grammatik, Artikulation oder Mundmotorik), sollte der Untersuchung der Spontansprache neben dem Kontaktaufbau vor Einzeluntersuchungen immer der Vorzug gegeben werden. Während bei Vorschulkindern Spontansprache zunächst über das Spiel provoziert wird, kann bei älteren Kindern zumeist direkt das Gespräch gesucht werden.
Fazit 4 Die Diagno osttik verläufft ft so indirekt wie nötig g u so dire und ektt wie mögllich. 4 Die Audio- und/oder Viide d dokumenta deo ati tion n der Unterssuchu c ng entlastet tet et ni nicht cht nur den Unt ntersucher wäh ähre rend der Diagnostik, sonde ern n erlaubt auch e ein ne gründliche g und reprod duzzier i bare Auswertung ung de derr Unte Untersu uchungsse erg gebnisse. 4 Die Untersu suchun hu g der Spontansprache ist in der Erstuntersu uchu ch ng vorrangig.
65 5.4 · Untersuchungsparameter und ihre Relevanz für die Therapie
5.3
Befundbogen Wegen der Komplexität des Stör törungsbildes sind in nd in der Diagn Diagnost ostik viele Einzelaspektte zu berücksichtigen. Um die The h rap rapie individuell an n die Fähigkeiten und d Defiz efizite des Kind in es anzupasse sen, sollte daher für alle im Un Untersucchun h gsbogen auff gefüh gef ührtten Pa Param ra eter individ id duel u l abg bgewogen we erden, ob eine Unter tersu suchung derr bet b reff effenden Einflussgröße sinnvoll istt oder od nicht.
Die Einzelergebnisse werden im Diagnostikbogen eingetragen und evtl. vorhandene weitere Testprotokolle beigefügt. Eine ausführliche Version des Auswertungsbogens, der zugleich als Kopiervorlage für die Praxis dient, steht in 7 Kap. 12.2 und im Ê Downloadbereich zur Verfügung. Das Diagnostikprotokoll besteht aus einem für alle Altersgruppen verwendbaren Hauptbogen und den jeweiligen Ergänzungsbögen für »Klein- und Vorschulkinder« sowie für »Schulkinder und Jugendliche«. Zur Erleichterung der Auswertung können vorgegebene Möglichkeiten unterstrichen, ergänzt oder genauer beschrieben werden. Am Ende der jeweiligen Ergänzungsbögen besteht die Möglichkeit, die Unter-
. Übe ersicht 5.1 Kurrzve ersion des Diag gnostikprot otokolls 1. Be eschreibung de er Kernsym mptomatik – Qualitative Beschreibung – Quantitative e Auswertu ung der Symp ptomatik 2. Be eschreibung derr Begleitsympto B tom matik – Sprachliche Ebe be ene – Nichtsprachliche e Ebene E – Atmung, Haltung, Stim timme, Tonus – Re eaktionen auf Sprechdruckk – Psy P cho c soziale Aspekte 3. Verhallten t sbe sb obachtungen 4. Kommun nikatio ti nsverhalten – Des Kiinde n s – Der Eltern n 5. Ergebnisse des Fraageb ge ogens zu den A Auswirkungen des Stotterns 6 Sprachentwicklung 6. 7. Mot M orik und Koordination – Fein-, Grob- und Mundmotorik – Sen ensomotorische Entwicklung
5
suchungsergebnisse in einer Tabelle übersichtlich zusammenzufassen. . Übersicht 5.1 stellt die Kurzversion des Bogens vor. Fazit 4 Der Be efundbog gen dient der Erfa rf ssu ung de er er Kern n- und u Begle leit itsymptom omatik om k sowie weiterer A Au uffälligkeit ite en des Kind des und seiner familiär äre en Situation. n. flexxibel gehand dha hab abt u und d an die ak akttu4 Er wird fle e e Untersu ell such chungssituation angepasst.
Untersuchungsparameter und ihre Relevanz für die Therapie
5.4
Die Vielzahl möglicher, abe aber nicht immer obligaatorischer Komponenten der Diag agnos n tik des kindlichen Stotterns wirkt zunächst etwas unübersichtl sic htliich h un nd auf auf unerfahrene Untersucherr bis b weilen abschreckend. Des Deshal h b werden an dieser Stelle zur bes besser se en Transpare ser arenz die einzelnen Untersuchungsparamete ete terr und dere en Praxisrelevanz genauer beschrieben so owie w die Quer u verbindungen dun gen zu an ander deren en sprach-, sprec ech ch- und sti st mmtherapeutischen Fa Fachg ch hgebi e eten und be b achbar ben b ten Disziplinen dargeste ellt ll .
5.4.1
Von der Diagnostik zur Therapieplanung
Screening. Nach der Kontaktaufnahme werden zunächst im Rahmen einer möglichst natürlichen Kommunikations- und Spielsituation Redefluss, Sprachentwicklung und motorische Fähigkeiten erfasst. Aus der Beobachtung der Interaktion ergeben sich Anhaltspunkte zur Beschreibung der sozialen Entwicklung, des Selbstkonzepts und der Eigenwahrnehmung. So entstehen erste Hinweise darauf, welche vertiefenden Untersuchungen der Sprache und möglicher begleitender Auffälligkeiten sinnvoll sind. Einführen verschiedener sprachlicher Anforderungen. Ist der Kontakt gefestigt, werden unterschiedliche sprachliche Anforderungen (7 Kap. 5.4.2, eingesetzt und die Veränderung des Redeflusses dabei beobachtet und notiert. Je nach Belastbarkeit des Kindes werden bereits Stressoren vorsichtig eingeführt
66
1 2 3 4 5 6 7 8
Kapitel 5 · Befunderhebung
. Übersicht 5.2 Bereiche der Unterrsuchung Obligatorische Elemen nte der logopädischen n Diagnostik 4 Untersuchung des Redeflusses auf den n un nterschiedlichen Sprech hleistungsstufen miit qualitativer und quantit itativver Beschreibung de er Sym ymptomatik. 4 Hypothesenbildun ng üb über mit Stottern in Zu Zusam mmenhang stehende e Fakt ktoren. 4 Beobachtung von Strat r eg gien im Umgang mit de Stottern. dem 4 Be es eschreibung der Komm munika kation von Kind und Umw welt. 4 Verhal altensbeobachtung. al 4 Screenin in ng-Untersuchung der Spr prach a en entwicklung sowie derr grob-, fein- und mundmo otor to ischen he Entwicklung. g g.
Vertiefende log gopädische Untersuchung gen und Zusamm menarbeit mit anderen Fa Fachrichtung gen 4 Sp prachentwicklu klungs g dia diagnostik mit Untersuchu hu ung von Semantik, Syntax, Morp ph phologie, Artikulati tiion o und Mundmotorik. 4 Untersuch ch hung un der Atem- und Stimmfunktion. 4 Beobachtung der motorischen und sensomotorischen Entwicklung; ggf. Zusammenarbeit mit Ergotherapeuten oder Krankengymnasten. n. 4 Ein E schätzung des allgemeinen Entwick ckllungs gsstande ndes; s; ggf g . entwicklungsneur urolo ologische che oder entwic wicklu k ngspsychologische Abk Abklä lärung. 4 Beobachtung der sozialen i Entwicklung und Situation; ggf. psychologische Diagnostik.
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und die Reaktionen darauf überprüft. Zeigt das Kind in der ersten Sitzung keine oder kaum Symptomatik, kann die Untersuchung der Sprechleistungsstufen möglicherweise weitere Aufschlüsse über Art und Qualität der Störung geben. In . Übersicht 5.2 wurden obligatorische und vertiefende Elemente der Untersuchung aufgelistet. > Beachte Häufig hat der Erstbefund die Funktion eines Screenings. Auffällige Bereiche werden in den folgenden Sitzungen detaillierter untersucht.
Erste Hypothesen. Am Ende der Erstdiagnostik sollte es dem Untersucher möglich sein, aus den verschiedenen Beobachtungen und anamnestischen Angaben erste Hypothesen zur Verursachung und/oder Auff rechterhaltung des Stotterns zu formulieren. Diese müssen in den folgenden Stunden überprüft und ggf. korrigiert werden. Die Beobachtungen aus der Diagnostiksitzung, die Schilderungen der Eltern und älterer Kinder fließen in die Therapieplanung mit ein.
5.4.2
Untersuchung der verschiedenen Sprechleistungsstufen
Aus den Aufgaben Spontansprache, gelenkte Rede, Nachsprechen und Lesen (. Übersicht 5.3) ergeben sich für den Sprecher unterschiedliche Anforderun-
gen an die sprachlichen Kapazitäten und die subjektiv erlebte Kommunikationsverantwortlichkeit. Diese unterschiedlichen Anforderungsebenen bezeichnet man als Sprechleistungsstufen. Mit ihrer Hilfe werden die Auswirkungen sprachlicher und psychischer Anforderungen auf den Redefluss überprüft. Eine Zunahme der Grund- und Begleitsymptomatik gilt als Indikator für erhöhte interne oder sprachliche Anforderungen und wird im Befundbogen notiert. Die Einzelergebnisse werden ausgewertet und miteinander in Beziehung gesetzt. Daraus entsteht ein erstes Bild über die Wirksamkeit einiger Stressoren. Zudem ergeben sich häufig weitere differenzialdiagnostische Schritte. Zum Einsatz von Stressoren bietet die . Übersicht 5.4 einige Anhaltspunkte.
. Üb bersicht 5.3 3 Sp pre echleistung gssstufen in der Sto otterdiag gnostiik 4 Spo S ntansprac r che: – Entspan nnt nte Spielsitua uation ua – Sprechen n un unter erhöhten n Anf Anford orderunord gen (Fragen, n, Ze Zeitdruck, negative Zuh erreaktionen hör en et etc.) c 4 Gelen enkkte t Rede (Bilderges eschi chichte hte, Nacher herzä zählen) 4 Lesen (ab 3. Kla Klasse) 4 Nachsprechen
67 5.4 · Untersuchungsparameter und ihre Relevanz für die Therapie
5
. Übersicht 5.4 Therapeutenverh halten bei der Überprüffung g von Stressoren Veränderung des Sp prechverhaltens 4 Erhöhen des Spre echtempos. 4 Zunahme de er Äu ußerungslänge. 4 Vermehrtes Frage en. 4 Fragestellunge gen, die komplexere Antw wortten e erfordern (z. B. »Wie e spielt man Memory? y?« »Was ist der Untterscchied zwischen Pokem mon und Digimon?« Frage en nach Freunden und d Interessen). 4 Stellen evtl. unangen enehm hmer Fragen (z. B. »Streitest du manchm mal mit anderen Kind n? Worüber?« oder: »Störrt dich dein Spreder ch hen?«). Veränderrung des Kommunikation nsverhal ha tens 4 Zuwend ndung reduzieren (Körperha nd haltu l ng, g Prosodie, Un nauf a merksamkeit). 4 Blickkontakt kt abbrechen.
> Beachte Alle Sprechleistungsstufen werden qualitativ und quantitativ ausgewertet.
Qualitative Untersuchung der Sprechleistungsstufen Im Rahmen der qualitativen Auswertung werden sowohl die Kern- als auch die Begleitsymptomatik auf allen sprachlichen Anforderungsebenen beschrieben und Veränderungen notiert. Die Beschreibung der Schwere und Länge der Blockaden sowie möglicherweise bereits vorhandene Formen von sog. flüssigem Stottern1 schaffen direkte Ansatzpunkte für das therapeutische Vorgehen (7 Kap. 6.6, 6.8). Möglicherweise vorhandene Ansätze zu flüssigem Stottern oder anderen positiven Copingstrategien können im Befundbogen (7 Kap. 12.2, 7 Kap. 12.2.1, 7 Kap. 12.2.2, Ê Downloadbereich) unter »Zielmodell« vermerkt werden. Die beobachtete Begleitsymptomatik wird ebenfalls im Protokoll festgehalten und ggf. genauer beschrieben sowie bezüglich ihrer Funktion für den 1 Als flüssiges Stottern werden jene Blockaden bezeichnet, die den Redefluss nicht weiter beeinträchtigen. Dell (1996) bezeichnet diese Art zu stottern als »easy stuttering«, mit dessen Hilfe Blockaden an Schwere verlieren. »(...) this will help him to be more aware of the positive things he is already doing and it might encourage him to do more easy stuttering words ...« (ebd. S. 68).
4 Ins Wo ort fallen. 4 Unged duldig nachfrage en (»Wie meiinst du das?« »Errklä k re mir daas mal genaue er, so verstehe ich das nicht«). 4 Zei Z tdruck erzeugen (verbal: »JJetzt mach mal sch ch hnel n l, wir wollen noch Ba Balll spielen«; nonverbal: hekt ektisc ische isc he Spi Spie elhandlung; Wippen mit dem Fuß oder Blick auf die Uhr etc.; vgl. Innerhofer 1977). 4 Negative Kommentare geben (»Wenn n du den Turm so schief baust, brauchs chst du dich d nicht ht zu wundern, das asss e err einstür ürzt zt«). Provokation von n Fr Frust ustration beim Kind 4 Das Kind ermahnen, Grenzen setzen. 4 Das Kind im Spiel verlieren lassen (erst nach ausreichender Festigung des Kontaktes überprüfen).
Sprechablauf (Vermeidung, Starter, Fluchtverhalten) analysiert (7 Kap. 1.3.3).
Qualitative Auswertung der Spontansprache unter Einsatz von Stressoren Vorsichtiger Einsatz von Stressoren. Echte Kommunikation und sprachlicher Austausch finden erst auf der Ebene der Spontansprache statt. Das Kind zeigt sich auf dieser Ebene mit seinen ganzen sprachlichen und kommunikativen Stärken und Defiziten. Nach einer ausreichenden Stärkung des Kontaktes zum Kind werden vorsichtig mögliche Stressoren eingesetzt (. Übersicht 5.4) und die Reaktionen darauf beobachtet. Unter Umständen reagiert das Kind auf Stressoren nicht nur mit einer Zunahme und Verschärfung der Stottersymptomatik, sondern auch mit Verhaltensänderungen. Die Beobachtung von Reaktionen auf Sprechdruckk dienen als Grundlage der Elternberatung und zur Planung einer möglichen Desensibilisierungsphase (7 Kap. 8.5.2, Abschn. »Prinzipien der Desensibilisierung«). > Beachte Mögliche Stressreaktionen sind z. B. der Abbruch des Blickkontaktes, motorische Unruhe, Rückzugsverhalten, aggressives Verhalten, Kaspern oder Ablenkungsmanöver.
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Kapitel 5 · Befunderhebung
! Cave Wird das Kind während der Untersuchung stärker unflüssig oder zeigt es deutliche nonverbale Reaktionen auf eingesetzte Stressoren, muss sofort auf eine niedrigere Anforderungsstufe zurückgekehrt werden, bis sich der Redefluss wieder ausreichend stabilisiert hat. Erst danach können weitere Stressoren überprüft werden. Das Kind darf auf keinen Fall übermäßig belastet werden oder gar schwerer stotternd die Untersuchung verlassen. Gegebenenfalls wird die Überprüfung der einzelnen Anforderungsebenen der Spontansprache über mehrere Sitzungen hinweg durchgeführt.
> Beispiel Daniel, 4;4 Jahre – Überprüfung von Stressoren Daniel wird von seiner Mutter zur Diagnostiksitzung gebracht. Nachdem ihm kurz der Rahmen der Stunde erklärt wurde, erhält er viel Zeit, um sich im Zimmer zu orientieren und sich ein Spiel auszusuchen. Zunächst wählt er sich ein Puzzle, das er alleine und schweigend zusammenbaut. Er akzeptiert die zunehmenden Kommentare der Therapeutin und fragt sie schließlich, ob sie ihm helfen könne, »die Luft« zu legen. Er sieht die Kiste mit den Autos und leert sie aus. Therapeutin und Kind spielen eine Weile ruhig miteinander, sie haben mittlerweile guten Blickkontakt und einen der Spielsituation angemessenen sprachlichen Austausch. Die Sprachtherapeutin schlägt unvermittelt vor, Bausteine aufzuladen. Daniel scheint dieses Angebot abzulehnen, denn er fährt mit dem Kipper sehr laut brummend davon. Er wird zunehmend unflüssig. Daraufhin stoppt sie ihre Intervention und geht wieder auf die Spielimpulse des Kindes ein, bis die Unflüssigkeiten weniger werden und der Kontakt wieder tragfähig ist. Sie versucht, ähnliche Situationen erneut zu provozieren, um ihre Beobachtung zu überprüfen. Schließlich beginnt sie dem Kind vermehrt Fragen zu stellen. »Was ist denn das für ein Auto?«, »Hast du auch so eines?« usw. und beurteilt wieder die Reaktionen des Kindes auf ihre Interventionen. Als Daniel ihr etwas erzählen will, fällt sie ihm kurz mit Zwischenfragen ins Wort. Auch hier wird er wieder etwas unflüssiger und erhöht das Sprechtempo. Daraufhin hört sie ihm wieder zugewandt zu und ermutigt ihn nun positiv, mehr zu erzählen. Er entspannt sich dabei merklich und wird wieder flüssiger. Als Daniel um weiteres Spielmaterial bittet, ist er sehr unflüssig. Die Therapeutin wird diese Beobachtungen im Gespräch mit den Eltern
zur Diskussion stellen und in der weiteren Therapie überprüfen. Beim gemeinsamen Aufräumen will Daniel nicht helfen. Es können ebenfalls Reaktionen auf Grenzen, Lob und Zuwendung beobachtet werden.
Im Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis Der »Vorführeffekt«. Häufig zeigen Kinder während der Erstdiagnostik keine Symptomatik oder nur einen Teil möglicher Stotterereignisse. Schulze und Johannsen (1986, S. 221) geben zu bedenken, dass »eine Einschätzung der Effektivität einer Behandlung (...) ohne Kenntnis der natürlichen Variabilität des Stotterns nicht sinnvoll (ist), da Veränderungen des Stottermusters als Folge einer Therapieintervention nicht von Veränderungen unterschieden werden können, die Ausdruck der natürlichen Variabilität des Stotterns sind«. Daher sollten die Unflüssigkeiten des Kindes in möglichst vielen verschiedenen Situationen beobachtet werden. Leider setzen Faktoren wie Zeit und Kosten mittlerweile enge Spielräume und fordern die Kreativität der Therapeuten. Der Kompromiss. Ein praktikabler Kompromiss könnte so aussehen: Neben den bereits beschriebenen Situationen wird das Kind von der Sprachtherapeutin im Wartezimmer, mit anderen Kindern, im Rahmen einer Gruppentherapie oder mit anderen Erwachsenen beobachtet. Kollegen sprechen das Kind an und schildern seine Reaktionen darauf. Weiter können die Eltern Beobachtungsaufgaben übernehmen oder häusliche Audio- und Videoaufzeichnungen anfertigen. Diese werden von der Sprachtherapeutin oder besser gemeinsam mit den Eltern ausgewertet und besprochen.
Fazit 4 Bei der qu ualitativen Au uswerttung der Spontansprach he werden me ehrere, sit s uativ iv unterrschiedliche he Stichproben en ausgewertet. 4 Durch den gezie z lten Einsat attz von Strres essoren ess und die Beob baach chtung der Reaktionen des Kin K ndes darauf läss ässt sich i eine Art Stressprofil de es Stotterns erstelllen en. 4 Bei de derr Überprüfung Ü möglich cher er Str Stress essoren muss sehr eh be b hutsam vorgegangen werden. Die positiven ven Er Erleb le nisse des Kindes müssen immer überwiege gen. n
69 5.4 · Untersuchungsparameter und ihre Relevanz für die Therapie
Quantitative Auswertung der Sprechproben: CountBasic Die Kernsymptome werden auf den unterschiedlichen Sprechleistungsstufen zahlenmäßig erfasst und miteinander verglichen. Dies ist durch den Einsatz des PCProgrammes »CountBasic« ohne großen Aufwand möglich. CountBasic ist Bestandteil dieses Buches ( Ê Downloadbereich). Aber auch ohne Hilfe dieses Programms können Symptome quantitativ erfasst werden. Anhand der Auswertung ergeben sich Vergleichswerte, die in Verbindung mit der qualitativen Beschreibungsebene die Variabilität des Stotterns veranschaulichen. CountBasic – einfache Quantitätserfassung und Auswertung. CountBasic ist ein Programm, das die Erfassung der Stotterrate und die Bestimmung der Länge von Stotterereignissen ermöglicht. Hierzu sind lediglich »Mausklicks« notwendig, die auf jede gesprochene Silbe gesetzt werden. Dabei werden durch Rechts- bzw. Linksklicks gestotterte von flüssigen Silben unterschieden. Das Programm zählt dabei die Gesamtsilbenzahl sowie die Anzahl der gestotterten und der flüssigen Silben und bestimmt automatisch das Verhältnis zwischen ihnen. Zusätzlich wird durch die anhaltend gedrückte Maustaste die Länge eines Stotterereignisses gemessen. CountBasic dokumentiert die durchschnittliche, die längste sowie die zuletzt gemessene Länge der Stotterereignisse.
> Beachte Die Anwendung von CountBasic während der Anwesenheit des Kindes kann ein zusätzlicher Stressfaktor sein. Soweit dieser nicht bewusst eingesetzt werden soll, empfiehlt sich, die Messung anhand von Aufnahmen (siehe unten) durchzuführen.
i Tipp CountBasic ist ein sehr leicht zu bedienendes Programm, das sich auch gut in der Therapie (z.B. in der Identifikationsphase, 7 Kap. 8.6) einsetzen lässt. Hier können die Kinder die Messungen ihrer Stotterrate selbst durchführen. Sie finden das meist reizvoll und häufig schafft die quantitative Auseinandersetzung mit dem eigenen Stottern die Motivation, sich weiter zu verbessern.
Auswertung von Audio- oder Videoaufnahmen. Die im Rahmen der Diagnostik angefertigten Aufnahmen werden auch zur quantitativen Auswertung der Kernsymptomatik verwendet. Für die Auswertung der Spontansprache werden mindestens zwei Passagen von jeweils ca. 100 Wörtern ausgewählt, in
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denen das Kind einen größeren Sprecheranteil hat: einmal in entspannter Atmosphäre und einmal unter Sprechdruck. Da es sinnvoll ist, zwischen den verschiedenen Stressoren zu differenzieren, ist es zweckmäßig, mehrere Sprechdrucksituationen auszuwerten. Zur quantitativen Beurteilung der anderen erhobenen Sprechleistungsstufen genügt jeweils eine Stichprobe von 100 Wörtern. Erhebung der mittleren Sprechgeschwindigkeit pro Minute. Eine repräsentative Stichprobe wird mit der Stoppuhr gemessen und die Sprechgeschwindigkeit mit Hilfe der Formel (Zahl der Silben × 60 Sekunden): ermittelte Sprechzeit errechnet. Da eine Stichprobe von einhundert Wörtern bei Kindern ohne Zwischenfragen schwer zu erheben ist, werden die Sprecheranteile des Untersuchers nicht mitgezählt. Für seine Sprecheranteile muss also die Stoppuhr angehalten werden. > Beispiel 153 Silben in 65 Sekunden (153 Silben × 60 Sekunden) : 65 Sekunden = 141 Silben/Minute2
Der ermittelte Wert wird zur Beurteilung des Sprechtempos herangezogen. Leider liegen keine Zahlen für die durchschnittliche mittlere Artikulationsrate bei Kindern vor. Zur groben Orientierung kann die mittlere Artikulationsrate bei Erwachsenen herangezogen werden. Sie beläuft sich auf ca. 340 Silben/ Minute (vgl. Sick 2000, S.10). Je nach Sprachentwicklungsstand dürfte jedoch das mittlere Sprechtempo von Kindern sehr weit darunter liegen. Auch wenn für sie keine Vergleichszahlen vorliegen, ist eine Veränderung der durchschnittlichen Artikulationsrate im Rahmen der Verlaufsdiagnostik dennoch aufschlussreich. Ermittlung der Dauer der längsten Blockaden. Die einfachste Möglichkeit zur Bestimmung der Länge von Stotterereignissen bzw. Blockaden ist die Nutzung von CountBasic. Sollte kein PC zur Verfügung stehen, kann folgendes Vorgehen gewählt werden: Lange Blockaden können innerlich mitgezählt werden. Es bietet sich an, bei der Zahl 21 zu beginnen und innerlich 2 Die verwendete Formel wurde Ham 2000, S. 37 entnommen und modifiziert. Ham errechnet die mittlere Sprechzeit nicht in Silben/Minute, sondern in Wörter/ Minute. Dieser Wert ist zwar schneller zu ermitteln, verhindert jedoch den direkten Vergleich zwischen den Patienten untereinander.
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Kapitel 5 · Befunderhebung
mitzusprechen: ein-und-zwan-zig, zwei-und-zwanzig usw. Die Zählzeit pro Viersilber kann anhand einer Uhr mit Sekundenzeiger geübt werden. Im Allgemeinen entspricht sie relativ genau einer Sekunde und genügt zur Beurteilung völlig. Sollen die Blockaden dennoch mit der Uhr gestoppt werden, empfiehlt es sich, die Messung anhand der angelegten Aufnahmen vorzunehmen, damit der Kontakt nicht unnötig belastet wird. Erfassen der Stotterrate. Das Verhältnis von gestotterten zu flüssig gesprochenen Silben entspricht der Stotterrate und ist schnell und einfach durch CountBasic zu messen. Bei Messung ohne Zuhilfenahme dieses Programms dient das unten angefügte Formular »Protokoll zur quantitativen Auswertung von Sprechproben« (in Anlehnung an Randoll u. Jehle 1990, S. 154) der Auswertung der erhobenen Daten. Im 7 Kap. 12.3 befindet sich eine erweiterte Kopiervorlage zum Einsatz in der Praxis, die auch im Ê Downloadbereich zur Verfügung steht. Sonderfall Ganzwortwiederholungen. Einsilbige Ganzwortwiederholungen treten vor allem bei jüngeren Kindern häufig auf und sind oft als physiologisch einzustufen. Um zu erkennen, ob es sich um symptomatische Unflüssigkeiten handelt, sollten sie sehr sorgfältig beobachtet werden. Sie gelten dann als symptomatische Unflüssigkeiten, wenn sie mit erhöhtem
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Tonus und unter Beschleunigung des Sprechtempos produziert werden (vgl. 7 Kap. 1.3.3). Fehlen diese
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Kriterien, gelten Ganzwortwiederholungen als funktionelle Unflüssigkeiten und werden bei der Ermittlung der Stotterrate nicht mitgezählt. (vgl. Ambrose u. Yairi 1999).
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Protokoll zur quantitativen Auswertung von Sprechproben
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In dem Raster des Protokolls (. Abb. 5.1) ist pro Silbe ein Kästchen vorgesehen. Für jede flüssig gesprochene Silbe wird ein Punkt, für jede gestotterte Silbe ein Strich je Kästchen notiert. Das Auszählen der Blockaden wird durch die Anwendung des Rasters wesentlich vereinfacht, da bei vollständig ausgefülltem Raster die Zahl der Striche zugleich die Stotterrate in Prozent ergibt. Einfache Wortwiederholungen (nicht zu verwechseln mit Kloni) werden nicht als Stottersymptom gezählt, jede Wiederholung wird somit als eigenes Wort gezählt. Zur praktischen Anwendung vgl. auch 7 Kap. 5.5.
> Beachte Soll ein Wert erhoben werden, mit dem z. B. mehrere Kinder miteinander verglichen werden können, müssen flüssige und gestotterte Silben, nicht jedoch Wörter ermittelt werden.
! Cave Bei der Auszählung ist strikt darauf zu achten, dass entweder nur Wörter oder nur Silben ausgezählt werden, da sonst das Ergebnis verfälscht wird.
i Tipp Viele Eltern stotternder Vorschulkinder sind von den Blockaden ihres Kindes derart beeindruckt, dass sie nur noch die Blockaden, nicht jedoch die zahlenmäßig überwiegenden flüssigen Anteile im Sprechen ihres Kindes wahrnehmen. Hier kann es auch sinnvoll sein, die Erhebung der Stotterrate den Eltern zu übertragen, um eine Auseinandersetzung mit dem Stottern des Kindes zu provozieren.
Die grafische Veranschaulichung des positiven Verhältnisses von flüssig gesprochenen zur Gesamtmenge der gesprochenen Wörter (siehe . Abb. 5.1) bietet gute Ansatzpunkte zur Diskussion und Bearbeitung elterlicher Einstellungen und Bewertungen.
Fazit 4 In der Ersttdiagnostikk steht die Beurteiilung der Spo onttansprache im Vord dergrund.. Sie schafft die e Grundlage e zur Auswa wahl hl weitererr diagnosti tisch cher und thera rapeu ra p tischer Schrrit itte. itt 4 Die Spontaansspra p che wird qua uaalit litati ativv u ati un nd quantitativ au ausge gewertet. Die Aussagen der E tdiagnostik sch Ers sc affe aff n Vergleichswerte für die e Verlaufsdiagnosti stik. k 4 Be ei de der Beurteilung der Spo onta ntansp nsprac rach he musss imm mmer berücksichtigt werden, dass es sich zunä nächs c st nur n um eine Momentaufnahme handelt, die erwei weiter t t und ggf. korrigiert rt werden muss.
Methodisches Vorgehen bei der Untersuchung der Sprechleistungsstufen Neben der Beobachtung der kindlichen Interaktion und Kommunikation stellt die genaue Erfassung der Kern- und Begleitsymptomatik die wichtigsten Aspekte der Untersuchung dar. Eine detaillierte Beschreibung der Symptomatik ist in 7 Kap. 1.3 zu
71 5.4 · Untersuchungsparameter und ihre Relevanz für die Therapie
Erstuntersuchung
5
Folguntersuchung Nr.:
Name des Kindes:
geb.:
Datum/Uhrzeit der Aufnahme
Untersucher:
Tagesform nach eigene Eintschätzung/Einschätzung der Mutter:
1. Sprechprobe Situation/Beobachtungen:
Anforderung: niedrig / mittel / hoch Mittlere Sprechgeschwindigkeit Silben/Minuten
Dauer der längste Blockade (geschätzt):
Stotterrate:
/100 Silben
. Abb. 5.1 Protokoll zur quantitativen Auswertung von Sprechproben ohne CountBasic
finden, sodass an dieser Stelle die Durchführung der Untersuchung im Vordergrund steht.
Spontansprache > Beachte
(. Übersicht 5.5) schnell und unkompliziert im Protokoll aufgeführt. Dadurch sind eine gründliche Analyse auftretender Symptome sowie eine Untersuchung möglicher wiederkehrender Muster im Erscheinungsbild des Stotterns möglich.
Für die Beurteilung kommunikativer Fähigkeiten hat die Auswertung der Spontansprache vor allen anderen Untersuchungen Vorrang.
> Beachte
Oft ist es sinnvoll, eher schüchterne Kinder im Rahmen der Spielhandlung zu längeren Äußerungen zu animieren, z. B. indem man das Kind zum Rollenspiel anregt oder es etwas erklären lässt. Eine repräsentative Spontansprachprobe von ca. 100 Wörtern wird anhand einer vorher angelegten Aufnahme protokolliert. Symptome werden mit Hilfe von Symbolen
> Beachte
Verzichtet man auf die Anfertigung des Protokolls und werden nur die Symptome notiert, müssen sie immer auch in ihrem sprachlichen und situativen Kontext wahrgenommen werden.
Selbst eine mit Bedacht ausgewählte Stichprobe bildet immer nur einen Teilaspekt der gesamten Spontansprache ab.
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Kapitel 5 · Befunderhebung
! Cave . Übersicht 5.5 5 Mögliche Zeiche en zur Protoko ollierung Äußerungen de er Therapeutin n werden nur beii erkennbaren Ausw wirkungen au uf den Redefluss wörtlich protokkolliert. Sonsttige Bemerkungen werden mit eine em »!« markiiert, Fragen mit einem »?«. 4 |mein Hund d| Markierung g der betroffenen Einheit 4 Wie-Wie-Wie e-Wiederholung g (Notierung ng der Spontanspracche) 4 ~3~ Wiederho olungen inklusive Anzahl der wiederholten Einheiten (Notierung im Text) 4 Deeeehnung (No otierung der Spontansprache) 4 ↔ Dehnung (Notieru ru ung im Text) 4 aaangespannte/spannun ungsr un g eiche Blockaade de (Notierung der Spontansprac acche) 4 x spannungsreiche Blockade (Notierung im T t) Tex 4 Gl G ottisstopp 4 t"UUFNTUPQQ 4 ∩ Sto op-and-go-Mechanismus 4 ∂ Schwa wa-Laut 4 ↑ Zunahm me der Tonhöhe 4 < Zun nahme e de d r Lautstärke 4 > Abnaahme h de er Lautstärke 4 → Zunahm me des Sp prec r htempos 4 ← Abnahme des d Sprechte tempo mpos 4 – – Pause 4 –.| Satzabbruch (Spontan anspr sprache)
Daher sollte die Untersuchung der Spontansprache regelmäßig etwa alle 4 bis 10 Stunden (vgl. 7 Kap. 5.6) wiederholt werden, und die Ergebnisse der Einzeluntersuchungen sollten mit dem Gesamteindruck in Beziehung gesetzt und ggf. ergänzt oder korrigiert werden.
Gelenkte Rede Diese Ebene wird bei Kindern bis zur dritten, mit Einschränkungen auch zur vierten Klasse an Stelle des Lesens überprüft. Mit kleinen Kindern wird ein aussagekräftiges Bilderbuch oder eine einfache Bildergeschichte angesehen. Die Anforderung kann durch Weglassen der letzten Karte erhöht werden. Vorschul- und Schulkinder erhalten eine Bildergeschichte, die nicht nur eine Handlungsabfolge, sondern nach Möglichkeit kausale Zusammenhänge darstellen sollte.
Bei zusätzlichen Störungen des Kindes in anderen sprachlichen Bereichen muss differenziert werden: Wortfindungsstörungen, eingeschränkter Wortschatz oder ausgeprägte morphologisch-syntaktische Störung können eine verkürzte Äußerungslänge, inadäquate Pausen und Wiederholungen zur Pausenfüllung verursachen.
Lesen (ab 3. Klasse) Das Kind liest einen Text vor, der Therapeut protokolliert die Zahl und Art der Blockaden mit (. Übersicht 5.5). i Tipp Es ist zweckmäßig, einen Text von ca. 120 Wörtern zu wählen, wobei die ersten 20 Wörter als Vorlauf dienen und nicht zur quantitativen Auswertung herangezogen werden.
Die hier verwendete Textvorlage ist in ganzer Länge (120 Wörter plus Überschrift) als Kopiervorlage mit entsprechendem Zeilenabstand zum Protokollieren auftretender Blockierungen im Ê Downloadbereich verfügbar. > Beispiel Protokoll (Zeichenerklärung . Übersicht 5.5) < Ein |a|usgeschlafener Schüler
|E|in Zeitungsträger brachte am frühen < ~3~ |Mor|gen |ei|nen siebenjährigen Jungen ↔ |m|it Schultasche in Mainz zur Polizei. < |E|r hatte den Jungen gegen 3 Uhr auf ~2~ |der Stra|ße getroffen.
! Cave Dehnungen, Wiederholungen, inadäquate Pausen und Auslassungen können bei ungeübten oder leseschwachen Kindern auftreten und somit Fehleinschätzungen verursachen.
73 5.4 · Untersuchungsparameter und ihre Relevanz für die Therapie
Überprüfung von Konsistenz und Adaptation Der selbe Text wird mindestens 3-mal, besser bis zu 5-mal, laut vorgelesen (7 Kap. 1.6.1 und 1.6.2). ! Cave Keiner der Durchgänge sollte in irgendeiner Form kommentiert werden, da sich dadurch das Ergebnis bei den folgenden Durchgängen verändern könnte.
Alle Stotterereignisse werden jeweils in der Textvorlage mitprotokolliert. Dazu wird für jeden neuen Lesedurchgang eine unterschiedliche Farbe oder Ziff fer zur Markierung gewählt, damit hinterher Veränderungen bei mehrmaligem Lesen genau nachzuvollziehen und den einzelnen Durchgängen zuzuordnen sind. Für jeden Durchgang (D1, D2, D3...) wird nun die Gesamtzahl und die Zahl der übereinstimmenden Stotterereignisse der einzelnen Durchgänge notiert. Diese Zahlen sind die Ausgangswerte zur Bewertung von Konsistenz und Adaptation. > Beachte Werden 2/3 (ca. 66 %) der ursprünglichen Blockaden auch in weiteren Durchgängen wiederholt, kann man von einer therapeutisch relevanten Konsistenz des Stotterns sprechen (Fiedler u. Standop 1994, S.11).
Zur Therapieplanung werden dann konsistente Stotterereignisse auf Muster und Regelhaftigkeiten untersucht und die Ergebnisse für die Konstruktion entsprechender Übungssettings genutzt. Eine sehr ausführliche Berechnung von Adaptation und Konsistenz ist bei Ham (2000, S.48–50) beschrieben. > Beispiel Maxi, 6;4J, zeigt besonders hohes konsistentes Stotterverhalten bei allen Wörtern, die mit /sch/ beginnen. Auch der Laut /f/ führt sehr oft zu Stotterereignissen. Differenzialdiagnostisch wurde eine phonetisch-phonologische Störung ausgeschlossen. Da beide Laute stimmlos sind und Maxi offenbar der Übergang von stimmloser zu stimmhafter Lautbildung schwer fällt (7 Kap. 2.3.3) übt die Theapeutin deshalb mit dem Kind nicht nur den Stimmeinsatz nach stimmlosen Lauten, sondern sie verstärkt auch das phonetische Training (7 Kap. 8.6.1. z.B. Übungen »Phono-school«, »Stimmsurfer« o. ä.).
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Nimmt die Zahl der Stotterereignisse im Laufe der Wiederholungen ab, spricht man vom Adaptationseff fekt (7 Kap. 1.6.2). > Beachte Ein hoher Prozentwert spricht für eine schnelle Anpassung an mögliche Stresssituationen.
Bei einer negativen Adaptation (Zunahme der Blockaden bei der Wiederholung) bestehen möglicherweise ausgeprägte Sorgen und Ängste bezüglich des Stotterns (vgl. Ham 2000, S.49), Poltern oder eine Polterkomponente. Weitere Untersuchungsergebnisse und anamnestische Hinweise können zur Klärung des Effekts hinzugezogen werden. . Übersicht 5.6 stellt die Ermittlung von Konsistenz- und Adaptationseffekten nochmals zusammen.
Nachsprechen Die Länge der vorgegebenen Einheiten wird dem tatsächlichen Sprachentwicklungsstand des Kindes angepasst. Die Therapeutin spricht einfache Sätze vor. Das Kind spricht nach. Bei erneuter Untersuchung sollte zur Vergleichbarkeit der gleiche Text verwendet werden. ! Cave Andere sprachliche Defizite können das Ergebnis verfälschen. Eine eingeschränkte auditive Merkfähigkeit oder Dysgrammatismus können inadäquate Pausen oder Wiederholungen verursachen.
. Übersichtt 5..6 Kurzfassung de er Auswerttung vo on Konsisstenz und Adaptattion 4 Gegenübe bersstellung der er Anzahl der Blocka-den in den n einz in elnen Dur urrchg ch ängen. 4 Erfassen derr konsistenten Blockkaden. d 4 Unt U ersuchung g kko onsi n stenter Stotterereignisse iim m Hinblick auf mö mögli gliche ch Muster oder Regel gelhaaftig igkeiten. 4 Erfass ssung ng einer möglichen Adaptation. 4 Erhärten ng gew ewonnener Hypothesen durch anamnestisch che e Hinw inweise und eigene Beobachtungen.
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Kapitel 5 · Befunderhebung
1
Text zur Überprüfung der Nachsprechleistungen
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(Eine Kopiervorlage des Textes mit entsprechendem Zeilenabstand zur Protokollierung auftretender Blockaden befindet sich im Ê Downloadbereich)
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In einem fernen Land lebte ein kleiner grauer Elefant. Er hatte einen Riesenrüssel und kam damit in jede Schüssel. Als er einmal saugte einen Brei, – er dachte sich nichts dabei – blieb die Schüssel an ihm kleben, er konnte sie nicht fortbewegen. Da lief er los und schüttelt’ sich, er schrie dabei ganz fürchterlich. Plötzlich kam vorbei ’ne Maus, und lachte ihn so richtig aus. Vor lauter Schreck blies er »töröh«, die Schüssel flog gleich in die Höh’. und landete – platsch! – auf der Maus, nun ist die Geschichte aus.
Auswertung der erhobenen Daten Die Ergebnisse der Einzeluntersuchungen müssen miteinander in Beziehung gesetzt und mit Ergebnissen der Verlaufsdiagnostik k verglichen werden. Deutliche qualitative und quantitative Veränderungen der Symptomatik weisen auf das Wirken von hemmenden oder fördernden Faktoren hin. Sie sollten daher besondere Beachtung erhalten.
. Übe erssicht 5.7 Verscchie edene Untersu uchungse ergebnisse e und ihre Ausssagekraft 4 Bei guten Leistun ngen auf den Ebenen Nachsp pre echen, Lesen und zugleic ich deutlich h scchle echteren Leistu ungen in der er Sp Spo ontansprach he oder bei gelenkt kte ter Rede sollten Wortfind dun ng und Wortsch hat a sowie die auditive atz ve Merkfä k hig h keit überprüft we werden wer d . 4 Zeigt d dass Kind bei freiem Sprechen wesentlich bess ssere e Leistungen als auf den Stufen Nachsprec echen en oder Lesen, wendet es in der Spontansprac ache mög m licherweise Copingbzw. Vermeidun ungss g tra trateg tegien an. 4 Ist der Redefluss beim m Na N chsprechen oder Lesen besser als in der Spontansprache, könnte dies neben einem erhöhten ch S ech Spr ec tempo und phonologischen Prozessen n ein n Hinweis H auf Poltern oder eine Polterkompon onente e sein. s
Die . Abb. 5.2 dient der Veranschaulichung der Stotterraten der einzelnen Sprechleistungsstufen. Sie kann unterstützend zur Elternberatung herangezogen werden. Durch den Eintrag mehrerer Untersuchungsergebnisse in eine Grafik kann zudem die Entwicklung des Kindes dargestellt werden. Eine Kopiervorlage der Grafik (7 Kap. 12.5, Ê Downloadbereich) beinhaltet eine Leergrafik, in der die Entwicklung der Stotterrate im Therapieverlauf dokumentiert werden kann.
14 15 16 17 18 19 20 . Abb. 5.2. Grafik zur Veranschaulichung der ermittelten Stotterraten auf den verschiedenen Sprechleistungsstufen
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75 5.4 · Untersuchungsparameter und ihre Relevanz für die Therapie
In . Übersicht 5.7 werden therapeutisch und diagnostisch relevante Beobachtungen des Stotterverhaltens auf unterschiedlichen Sprechleistungsstufen abschließend zusammengefasst.
Fazit 4 Die Unte ersuchung de er Sprecchleistung gsstufen ermö öglic l ht einen Einblick ck in die in individu uelle Variab bililität des Stot otterns. ot 4 Die einzeln nen n Untersuchu hu ungs ng ergebnissse sollten niem mals ls isoliert, sondern immer i in B iehung zuein Bez e nand a er und in Verbindung mit it dem allgemeine in n Befund B betrachtet werd we den. 4 Die Unte tersuchung der Sprechleistungsstufen sollte we wegen gen der vielen Möglichkeiten der Fehlinterpre etat t ion sorgfältig durchgeführt werden.
5.4.3
Differenzialdiagnose Poltern
Die Abgrenzung von Stottern und Poltern bzw. die Erfassung von Mischformen hat Konsequenzen auf die Auswahl der therapeutischen Methoden. Zur diff ferenzialdiagnostischen Aussage werden Beobachtungen des Redeflusses, des Sprechtempos und der Artikulation herangezogen. Weiter wird mit Hilfe der Sprechleistungsstufen überprüft, inwieweit eine Hinwendung der Aufmerksamkeit des Sprechers auf das Sprechen und die Verstärkung der auditiven Eigenkontrolle die Symptomatik verbessern.
Kommunikationsverantwortlichkeit als differenzialdiagnostisches Kriterium In der Gruppe der 2- bis 8-jährigen Kinder spielt die Diagnostik des Polterns eine eher untergeordnete Rolle. Ob dies damit zusammenhängt, dass sich Poltern über einen längeren Zeitraum entwickelt oder ob diese Auffälligkeiten der Rede bei Vorschulkindern von Eltern und Bezugspersonen nicht so ernst genommen werden wie Stottern, ist unklar. Selten ist bei den als unflüssig vorgestellten Vorschulkindern die Reinform des Polterns zu finden. Ein polterndes Kind wird bei unbedarfter Sprechweise die stärkste Symptomatik zeigen. Wenn es die Sprechleistungsstufen gelenkte Rede, Nachsprechen und/oder Lesen als erhöhte sprachliche Anforderung
5
wahrnimmt und die Selbstkontrolle entsprechend verstärkt, wird die Schwere der Symptomatik abnehmen. > Beachte Zeigt die Erhöhung der Anforderungen in den Sprechleistungsstufen keine Verbesserung der Symptomatik, muss dies nicht zwingend gegen Poltern sprechen. Möglicherweise liegt eine begleitende Stotterkomponente vor, oder das Kind fühlt sich durch die Art der Aufgabenstellung nicht veranlasst, die Eigenkontrolle zu erhöhen. Daher werden ältere Kinder bei Verdacht auf Poltern zur Überprüfung der Sprechleistungsstufen aufgefordert, so flüssig wie möglich zu sprechen.
Mitunter berichten die Eltern oder das Kind selbst, dass die Symptomatik bei einer Erhöhung der Auff merksamkeit besser wird. Anamnestische Beschreibungen möglicher Begleitstörungen (7 Kap. 1.5.1) können die Diagnose untermauern. Die Untersuchung des Lesens liefert weitere Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Poltern. > Beachte Polternde Kinder fallen beim Lesen häufig durch Verlesen, Wiederholungen größerer Einheiten (Wörter, Satzteile) und durch die Ersetzung ganzer Wörter auf.
Wird die Symptomatik bei mehrmaligem Lesen auff grund der häufig damit verbundenen Abnahme der Eigenkontrolle wieder stärker, ist dies – neben anderen typischen Symptomen – ein Hinweis auf Poltern.
Diagnostik des Mischbildes Stottern – Poltern Kombinationen von Stottern und Poltern treten laut Kleinsorge (1989) bei 35,7% der polternden Schulkinder auf [Beschreibung des Syndroms (vgl. 7 Kap. 1.5.1) . Wegen der unterschiedlichen therapeutischen Vorgehensweisen sollte daher bereits in der Diagnostik festgestellt werden, welche Komponente überwiegt. Dazu müssen die Symptome eindeutig zum Syndrom zugeordnet werden. Manche für das Stottern oder Poltern typischen Symptome, wie z. B. die Ausprägung des Störungsbewusstseins oder die Höhe des Sprechtempos, können durch die jeweils andere Komponente abgeschwächt werden. Hier muss im Einzelfall entschieden werden, welche Argumente für eine Stotter- bzw. Polterkomponente sprechen (. Tabelle 1.2 »Relevante Parameter zur Abgrenzung von Stottern und Poltern«).
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Kapitel 5 · Befunderhebung
5.4.4 . Üb bersicht 5.8 Unte ersuchungserge ebnisse, die e für f Polterrn sprechen 4 Sprechen wird bei gering ger Kommunikationsverantwortu ung schlecchter – Lesen einess unbekann nten Textes be esser als eines be ekannten Text xtes – Sprechen vor orr vermeintlichen Autoritäten besser als im i vertrauten Rahmen – Adaptationseffek ekt tritt nicht ein (vgl. ek 7 Kap. 1.6.2 »Adap ap ptat t ionseffekt«) 4 A Aud ditive Eigenkontrolle des es Sp Sprechen hen enss verbe esse ert die Symptomatik – Lau utes Lesen besser als flüsterndes Lesen – Les esen un unter verzögerter auditiver Rückkoppe pelung g (VAR) schlechter 4 Überhastete, e, undeu deutliche Artikulation 4 Stark erhöhtes Spr Sp echtem empo po 4 Wortwiederholungen en,, jedoch j keine spannungsreichen Blockaden 4 Mangelndes Störungsbewusstsein – Achtung: Bei kleinen Kindern nicht auf Anhieb zu beurteilen!
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In . Übersicht 5.8 werden die für Poltern wesentlichen Untersuchungsergebnisse vorgestellt. Sie erleichtern die Zuordnung der Symptome zum Syndrom.
14 Fazit
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4 Die Diff ffe erenzialdiag gnose Sttottern/Po oltern und die Ermittlung möglich her Mischfo formen erforde ert eine gründl dlliche Unte tersu r ch chung der Sym mpttomatik auf den e unterschiedliche en en Sprechlei eistu ungsstufen. 4 Vor allem de derr Aspekt A der Kommunikationsverantwortliich chk keit e und die daraus resultier den Veränderrun ren ung gen im Redefluss schafffen en Klarheit über das Vo Vorli rliege eg n von Polter ern n od der einer Polterkomponente. 4 Bei Mi Misch hfor fo men von Poltern und Stottern ist eine gen genaue ue Zuordnung der Symptome zum Syndrom für die e Ther Therapi apiepl ep anung ng aus ausschlaggebend.
Beobachtung von Einflussfaktoren
Ausloten positiver und negativer Einflüsse. Um stabilisierende und destabilisierende Faktoren zu erhalten, müssen die Interaktion des Kindes mit seiner Umwelt, seine Lebensumstände, seine soziale Situation sowie personenbezogene Faktoren wie Frustrationstoleranz, Selbstkonzept, Eigenwahrnehmung und Verhaltensauffälligkeiten beurteilt werden. Stabilisierende Anteile werden bei jüngeren Kindern gemeinsam mit den Eltern erarbeitet und verstärkt, vermutete Risikofaktoren werden besprochen. Bei älteren Kindern und Jugendlichen fördert die Miteinbeziehung den therapeutischen Prozess. > Beachte Werden Faktoren, die zur Aufrechterhaltung des Stotterns beitragen, nicht beachtet oder behandelt, ist der Therapieerfolg gefährdet. Bei eher schleppenden Therapiefortschritten ist daher eine erneute kritische Überprüfung aller in Frage kommenden Stressoren angezeigt.
Alle Beobachtungen werden während der Diagnostik oder anhand der Videoaufnahme im Befundprotokoll notiert und im Therapieverlauf aktualisiert. Die in . Übersicht 5.9 aufgeführten Teilbereiche der Diagnostik werden im Folgenden genauer erläutert.
. Üb bersicht 5.9 9 Untersuch u ung möglicher Begleitst t örung ngen 4 Be eobachtung g psychosozzial i er Aspekte 4 Erf rfas assen von Ve Verh rhaltensauffä uffä ffälli ll gke g ite te en 4 Anaalyyse des Kom mmu munikationsverhaltens und der In Inte teraktion von n Kind und Umfeld 4 Beurte eiilu ung n von Sprachen hentwi twickl cklung ung un nd Performan anz 4 Überprüfung g vvon on Motorik und Koordination
77 5.4 · Untersuchungsparameter und ihre Relevanz für die Therapie
Beobachtung psychosozialer Aspekte Einer der am schwierigsten zu beurteilenden Parameter der Diagnostik ist die Beurteilung der psychischen Befindlichkeit des Kindes. Anhaltspunkte lassen sich durch Beobachtung folgender Bereiche finden: 4 Störungsbewusstsein und Leidensdruck, 4 Frustrationstoleranz, 4 Selbstkonzept, 4 Autonomieentwicklung, 4 möglicherweise vorhandene Ängste. Aussagen der Eltern sowie Ergebnisse des Fragebogens »Stolperstein« zu den Auswirkungen des Stotterns (7 Kap. 5.4.5) sollten dabei ebenfalls berücksichtigt werden. ! Cave Um unprofessionellen Spekulationen vorzubeugen, sollten Auffälligkeiten immer mit Vorbehalt aufgenommen und durch weitere Beobachtungen untermauert werden.
> Beachte Die Beurteilung der psychischen Ebene im Rahmen der logopädischen Diagnostik dient dem Ziel, Therapieschwerpunkte zu ermitteln und bei Bedarf eine psychotherapeutische Abklärung anzuregen.
Störungsbewusstsein und Leidensdruck Ältere Kinder werden im Rahmen der Anamnese direkt befragt, wie sehr sie sich von ihrem Stottern beeinträchtigt fühlen und wo sie dies am stärkstem wahrnehmen (7 Kap. 4.2.2). Zusätzlich gibt der ausgefüllte Fragebogen Aufschluss über die individuellen Auswirkungen des Stotterns (7 Kap. 5.4.5). Je jün-
. Übersicht 5.1 10 Mögliche Hinw weise auf Sttörung gsbewussttsein 4 Das Kind verrlegt sich mehr auf uf Hande ndeln als auf Spreche hen n (z. B. Zunah ahme von Tobespie ah ie elen, handeln n st statt fragen, Red Reduzi u eru ung der Sprechfreude,, allg Sp allgemeiner Rückzug). 4 (U (Un nbestimmte) Ag ggr gress e ionen nehmen zu. 4 Sek ekun undärsymptome e tret treten ver ve stärkt au auff. 4 Der Blick ckkontakt ist von Seiiten des des Ki Kindes allgemein ei od oder situativ reduziert. 4 Das Kind geh geht verm er ehrt sprachlichen Anforderungen aus de em Weg, W g lenkt lenkt ab.
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ger das Kind ist, desto schwieriger ist die Beurteilung eines möglicherweise vorhandenen Störungsbewusstseins. Neben direkten Äußerungen über das Stottern liefern vor allem die in der . Übersicht 5.10 aufgeführten Verhaltensweisen Anhaltspunkte über eine mögliche Bewusstheit über die Störung. Indem die Therapeutin während des Spiels vereinzelt Pseudostottern produziert, kann sie an der Reaktion des Kindes erkennen, ob es Blockierungen überhaupt wahrnimmt und mit welchen Attributen es diese belegt (konkrete Beschreibung des Vorgehens 7 Kap. 8.5.4). > Beachte Eindeutige Reaktionen des Kindes auf das Pseudostottern der Therapeutin spiegeln aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Einstellungen gegenüber den eigenen Unflüssigkeiten wider.
! Cave Der Umkehrschluss, dass bei Ausbleiben von Reaktionen auf die Unflüssigkeiten der Therapeutin kein Störungsbewusstsein vorliegt, ist nicht möglich.
Reaktionen des Kindes sollten unbedingt aufgegriffen werden. So kann ein Innehalten oder Erstaunen zum Anlass genommen werden nachzufragen, ob es beim Sprechen manchmal hängen bleibt. Der Untersucher sollte während der Diagnostik bei ersten Anzeichen von Unbehagen die direkten Fragen und das Pseudostottern wieder einstellen und zur normalen Spielhandlung zurückkehren.
Ängste Mit dem Stottern verbundene soziale und situative Ängste oder Laut- und Wortängste sind die Folge eines voll ausgebildeten Störungsbewusstseins mit Leidensdruck. Sie betreffen vorwiegend ältere Schulkinder. Alle mit dem Stottern in Verbindung stehenden Ängste können die innere Anspannung so erhöhen, dass sie selbst zum Stottern auslösenden Reiz werden (vgl. Wendlandt 1980, S. 13). Ältere Kinder werden direkt befragt, ob es Wörter, Laute, Situationen oder Personen gibt, bei denen sie bereits im Vorfeld befürchten, stottern zu müssen. Bei Unsicherheiten können die Beobachtungen der Eltern zur Unterstützung herangezogen werden. Da das Kind niemals das Gefühl haben soll, erzählen zu müssen oder ihm unangenehme Momente vor einem Fremden ausbreiten zu müssen, sollte sehr genau beobachtet werden, wie weit man mit seinen Fragen gehen kann. Selbst bei manchen Jugendlichen kann man die in . Übersicht 5.11 aufgeführten Fragen erst im Laufe
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Kapitel 5 · Befunderhebung
. Übe ersicht 5.11 Fragen n zur Sprechan ng ngst 4 Gibt es Laute/Wö örter/Situaationen/Perso onen, vo on denen du weißt, dass du dabei stotttern musst? 4 Woran merkst du u, dass du dort do Stotte er n mu usst? 4 Hasst du Angst, wen nn du: nn – ein Wort mit einem em für dich schwierigen en Laut aussprechen muss u t? us – in der schwierigen Situatio ion n sp sprechen mussst? m – mi mit de er gefürchteten Person sprechen mussst? s 4 Was fühlst und den de kst du vor/während/nach dieser Situatio on? n 4 Machst du etwas, dami a t du dies iese e schw schwierige Situation umgehen kannst st?? 4 Gelingt dir das immer oder bleibst du m chmal trotzdem hängen? man 4 Gib ibt es etwas, das dir dabei hilft, mit dieser S uattion Sit io zurechtzukommen?
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. Übersiich ht 5.12 Hinweise e auf Versagen nsängste 4 Das Kin nd wird sehr schnell ungeduldig g und hat wenig n Ausdaue er, ein Pro oblem zu lö ösen. 4 Es gib bt schnell auf (»K »K Kann ich ni nicht cht.«) oder versucchtt erst gar nicht, t, eine vermeintlich schwie errig ge Aufgabe zu lö ösen se . 4 Das Kind d zei eigt g sich überlegen. (»Das ist blöd!«, »Istt da d s langweilig!«, »Ist ja babyleicht.«) 4 Es beschäftigt sicch vorw rwieg iegend mit den Din Dinge , die es gut kann. gen 4 Es läs lä st sich nicht oder nur schwer dazu übe berre eden d , etwas Neues auszuprobieren. 4 Das Kind Kin rea eagie g rt auf Anforderungen mit Kaspern, mo motoriisch scher Unruhe, Aggression, Rückzug oder Ab blen lenken.
Mögliche Merkmale einer eingeschränkten Frustrationstoleranz sind in . Übersicht 5.12 aufgeführt.
Selbstkonzept der Therapie stellen. Einfache, anschauliche Formulierungen erleichtern dabei das Gespräch.
Eingeschränkte Frustrationstoleranz Internalisiertes Versagen. Kinder mit einer länger bestehenden Stottersymptomatik haben bereits vielfältige Erfahrungen mit eigenen Unzulänglichkeiten machen müssen. Die meisten dieser Kinder haben ihr »Versagen« längst als Teil ihrer Persönlichkeit in ihr Selbstkonzeptt integriert. Sie trauen sich nicht nur auf sprachlicher Ebene wenig zu, sie reagieren auch entsprechend heftig, wenn sie in ihren Augen »mal wieder« gezeigt bekommen, wie wenig sie können. Sie reagieren auf Misserfolge und Grenzen jeder Art oft scheinbar unangemessen enttäuscht und ungehalten. Ein Spiel zu verlieren bedeutet für sie nicht nur zu verlieren, sondern auch eine erneute Bestätigung ihrer vermeintlichen Unfähigkeit. > Beachte Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Selbstkonzept und Frustrationstoleranz. Ein Kind mit genügend positiven Erfahrungen und guter Integration seiner schwachen Seiten wird Frustrationen besser verarbeiten können als ein Kind, das unangenehme Erlebnisse als persönliches Versagen interpretiert.
Die Art, wie ein Kind mit seinem Umfeld kommuniziert, sagt viel über das Selbstkonzept des Kindes aus. > Exkurs Rogers 1994, S. 135: »Das Selbst-Konzept oder die SelbstStruktur lässt sich umschreiben als eine organisierte Konfiguration von Wahrnehmung des Selbst, die dem Bewusstsein zugänglich ist. Es setzt sich zusammen aus den Elementen wie den Wahrnehmungen der Charakteristika und Fähigkeiten der Person; den Wahrnehmungen und Vorstellungen vom Selbst in Bezug zu anderen und zur Umgebung; den Wertgehalten, die als verbunden mit Erfahrungen und Objekten wahrgenommen werden; und den Zielen und Idealen, die als positiv oder negativ wahrgenommen werden.«
Beobachtungskriterien sind z. B.: 4 ob es gehemmt oder eher offen auf andere zugeht, 4 wie viel Nähe es zulassen kann, 4 ob es sich von seinen Eltern lösen kann oder 4 ob es oft Hilfestellungen einfordert. Auch die Art, auf Konflikte oder Anforderungen zu reagieren, lässt erkennen, welches Selbstbild das Kind in sich trägt.
79 5.4 · Untersuchungsparameter und ihre Relevanz für die Therapie
Autonomieentwicklung Bei vielen stotternden Vorschulkindern treten Probleme in der Autonomieentwicklung (7 Kap. 8.4 und 7 Kap. 9.6) auf. In Anamnese und Befunderhebung werden daher Zeichen von Autonomiebestrebungen des Kindes und die Reaktionen der Eltern darauf erfragt (7 Kap. 4.2.3) und beobachtet. Dabei interessiert nicht nur, ob sich das Kind lösen möchte, sondern auch, ob es sich lösen darf, und mit welchen Mitteln es versucht, diesen Prozess herbeizuführen. Neben Beobachtungen zu Trotz und Aggression spielen dabei elterliche Ermutigung, Lob und die Art und Weise, wie Grenzen gesetzt werden, eine wichtige Rolle. Mögliche Defizite werden in der Therapie gemeinsam mit den Eltern erarbeitet.
Verhaltensauffälligkeiten Verhaltensauffälligkeiten sind ein möglicher Hinweis auf eine Ausformung und Chronifizierung des Stotterns. Je nach Alter des Kindes sind verschiedene Schwerpunkte der Probleme möglich. Handelt es sich bei jüngeren Kindern in der Regel eher um Erziehungsschwierigkeiten, kommen bei Schulkindern und Jugendlichen häufig noch Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen dazu. > Beachte Beim Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten sollten die eigene Kompetenz und die Zuständigkeiten angrenzender Fachrichtungen berücksichtigt werden.
Mögliche Hinweise auf Verhaltensauffälligkeiten sind z. B.: 4 offene oder latente Aggressionen, 4 Hemmungen, 4 Fixierung auf den engen Familienkreis, 4 Rückzug von sozialen Kontakten, 4 Auswahl von Hobbys, die man alleine ausüben kann (z. B. Computerspiele, Fernsehen, Lesen), oder 4 die Entscheidung für einen Beruf, f bei dem die zwischenmenschliche Kommunikation möglicherweise zweitrangig ist (z. B. Tierpfleger, Archivar, Informatiker). Da jeder Einzelaspekt für sich genommen nicht sehr aussagekräftig ist, müssen viele verschiedene Beobachtungen zur Beurteilung herangezogen werden. Auch der Fragebogen »Stolperstein« (7 Kap. 5.4.5) kann hierbei von Nutzen sein. Ausgeprägte Begleitstörungen, wie z. B. Enuresis (Bettnässen), Enkopresis (Einkoten) oder autoaggressives Verhalten, gehören immer in psychotherapeutische Hände.
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> Beachte In der logopädischen Therapie werden Aggression und Hemmung, Ängste und allgemeine Verhaltensauffälligkeiten berücksichtigt und in die Therapieplanung mit einbezogen (7 Kap. 8.3 und 7 Kap. 8.4). Die Sprachtherapie kann und will jedoch eine Psychotherapie nicht ersetzen.
Eltern-Kind-Interaktion Einfluss des näheren Umfelds. Das nähere Umfeld des Kindes kann über seinen Umgang mit dem Stottern, durch sein Kommunikationsverhalten, seine nonverbalen Reaktionen und seinen Erziehungsstil positiven (Förderfaktoren) wie negativen (Barrieren) Einfluss auf das Stottern ausüben (7 Kap. 3.2.2, Abschn. »Kontextfaktoren«, 7 Kap. 9). Werte und Anforderungen. Unausgesprochen hohe Leistungsanforderungen in den verschiedensten Bereichen oder eine allgemeine Tendenz zur Überforderung durch bestimmte Erwartungen und Vorstellungen der Eltern können (Sprech-)Druck und damit indirekt Unflüssigkeiten begünstigen. Dabei spielen nicht nur die Anforderungen an das Kind selbst eine gewichtige Rolle, sondern auch jene Ansprüche, die die Eltern an sich stellen. Kinder nehmen dies oft unausgesprochen wahr und übertragen jene (vermuteten) Werte ungefiltert auf sich selbst. > Beachte Stärken und Schwächen der Interaktion werden in der Diagnostik und im Laufe der Therapie herausgefiltert und mit den Eltern bearbeitet. Positive Aspekte sollten dabei vorrangig behandelt und unbedingt verstärkt werden (7 Kap. 9).
Kommunikationsverhalten. In der Spielbeobachtung interessieren neben der Verteilung der Sprecheranteile die Art und Weise des Turn taking, Unterbrechungen, Fragen, Sprachniveau und Sprechtempo sowie nonverbale Verhaltensweisen und entsprechende Reaktionen darauf (vgl. Thiel 2000, S. 88). Die Frage »Wer spricht wann wie viel?« ist gerade bei Vorschulkindern ein wichtiger Aspekt. Manche Kinder versuchen sich durch Viel- oder Dauerreden gegen die »Konkurrenz« der anderen Familienmitglieder, v. a. der Geschwister, durchzusetzen und überfordern sich dabei in ihren sprachlichen Fähigkeiten. Die Folgen sind nahe liegend: Es kommt zu Wortwiederholungen, Lautdehnungen und zu einer Erhöhung des Sprechtempos. Wiederkehrende Muster. Bei der Beobachtung älterer Kinder mit ihren Eltern verdienen vor allem wie-
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Kapitel 5 · Befunderhebung
derkehrende Muster in der Interaktion, bei denen jeder Kommunikationspartner eine scheinbar festgelegte Rolle innehat, besondere Beachtung. Die Erarbeitung dieser Muster und möglicher Verhaltensalternativen erfolgt anhand von Videoaufzeichnungen gemeinsam mit den Eltern und ggf. mit dem Kind.
Der Einfluss der Sprachentwicklung Die linguistischen Fähigkeiten bei stotternden Vorschulkindern sind im Vergleich zu nicht stotternden Kindern häufig reduziert. Es ist ungeklärt, ob dies Folge oder Ursache des Stotterns ist. Die Prognose für stotternde Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen fällt ungünstiger aus als für Kinder mit alleinigen Redeflussproblemen, da ihre Kapazitäten in wenigstens einem weiteren Bereich begrenzt sind und meist psychosoziale Anforderungen, z. B. durch Korrekturen, Kritik oder Hänseleien, steigen. Das ohnehin schon sehr sensible Gleichgewicht kann so erheblich ins Wanken geraten (vgl. 7 Kap. 2 und 7 Kap. 7.3). Der Einfluss der gestörten Sprachentwicklung auf den Redefluss ist von differenzialdiagnostischer Bedeutung.
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! Cave Bei stotternden Vorschulkindern mit unklarem Störungsbewusstsein sollten Tests nur nach Abwägung von Nutzen und Risiko durchgeführt werden.
Da die Untersuchungsmethoden aus der Diagnostik von Sprachentwicklungsstörungen bekannt sein dürff ten, wird hier auf eine genauere Ausführung verzichtet (vgl. Dickmann et al. 1994).
> Beachte Defizite in allen sprachlichen Bereichen können das Sprechtempo verändern und Pausen im Sprechablauf, Wort- und Silbenwiederholungen, leichte Dehnungen oder Satzabbrüche provozieren.
12 13
. Üb berrsicht 5.13 3 Ziele de er Sprache entwicklun ngsdiag agnostik k 4 Erm mitteln der sprachliche en Kapazitäten en 4 Hyypoth o esenbildu ldung über mögl ögliche spr prachpra lich he und u psychos oso ozia z le Anforderungen 4 Beurt rte eile i n eines mög ögllich ichen Einflusses einerr Sprach he ent ntwicklungsstö örun rung g auf den Rede Redefluss 4 Empfehlung g begl begl e eit e ender Fördermaßnahmen
Die Auswirkungen gestörter sprachlicher Systeme auf den Redefluss sollten keinesfalls unterschätzt werden. Vor allem bei mehrsprachigen Kindern muss diesem Bereich besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden (vgl. Baumgartner 1999, S. 210). In . Übersicht 5.13 werden die Ziele der Sprachentwicklungsdiagnostik bei stotternden Kindern aufgeführt. Bereits während der Kontaktaufnahme ergeben sich informelle Hinweise auf weitere sprachliche Defizite. Allein die Vermutung möglicher Schwächen erfordert unabhängig vom Alter des Kindes eine genauere Untersuchung von 4 Semantik, 4 Wortfindung, 4 Syntax, 4 Morphologie und 4 Artikulation (Untersuchung von Phonetik und Phonologie). Bei jüngeren Kindern ist hierbei unbedingt eine möglichst indirekte und behutsame Vorgehensweise angeraten, um nicht unnötig Störungsbewusstsein zu wecken.
Fazit 4 Sto ottern kann von vielen Ein nzelfaktoren r au usg gelöst und auffrechterha halten werden n. 4 Diiese e müssen zur individu uellen Therap piepla anu ung ausgewer errtet werde en und gg ggf. in die Beh han ndlung mit ein nbez b ogen werden. 4 Neb ben n der Beurteilung ng der Sprachentwicklung ste eht die Begutacht httung un der psycho ho osozialen n Ge esam s tsituation im Vorde rder d rgrund. 4 Sprachlic iche e Defizite schmälern die Kapazitäten de es Kin indes und steigern in der Regel Anforderung un en en, mit denen das Kind konfrontiert wird. Siie könn nnen en den Redefluss be beeinträchtigen und sto otte tterähnliche Symp me hervorrufen. pto 4 Auf ufgru g nd vieler Berührungspunkte zur Psychothe ch herap a ie müssen fachliche Zuständigkeiten en im La Laufe der Therapie mitunter neu geklärt werd er en.
Einschätzung der motorischen Entwicklung Gerade kleine Kinder beziehen einen großen Teil ihrer Selbstbestätigung durch die Bewältigung motorischer Anforderungen. Durch eine Einschränkung motorischer Fähigkeiten entfällt ein wichtiger Bei-
81 5.4 · Untersuchungsparameter und ihre Relevanz für die Therapie
trag zur Ausbildung eines positiven Selbstkonzepts. Zudem besteht eine enge Vernetzung motorischer und sprachlicher Leistungen. Ayres (1992, S. 171) beschreibt den engen Zusammenhang zwischen Sprache, Sprechen und sensorischer Integration und die Folgen einer mangelhaften Integration. Die Auswirkungen sprechmotorischer Einschränkungen auf Stottern (z. B. Riley u. Riley 1999) wurden vielfach untersucht und belegen eine enge Verknüpfung aller am Sprechakt beteiligten Systeme. Daher werden in der Diagnostik des kindlichen Stotterns alle motorischen Bereiche im Überblick überprüft; unklare Befunde sollten ergotherapeutisch begutachtet werden. In . Übersicht 5.14 sind jene Auffälligkeiten aufgelistet, bei denen eine weitere ergotherapeutische Abklärung sinnvoll ist. Beobachtet werden Ruhe- und Aktionstonus, Gleichgewicht, Koordination, Geschicklichkeit sowie Möglichkeiten der Kraftdosierung. Weiter werden die Handgeschicklichkeit, die Hand-Auge-Koordination und die Händigkeit beurteilt. Eine wichtige Stütze der Diagnostik motorischer Fähigkeiten sind außerdem die anamnestischen Angaben der Eltern. Bei der Überprüfung der Mundmotorikk findet neben den aus der myofunktionellen Therapie bekannten Untersuchungen eine genaue Überprüfung diadochokinetischer Leistungen von Zunge und Lippen sowie der Koordination von Artikulation und Phonation statt. Hierzu wird das Kind gebeten, eine vorgegebene Lautfolge (bis 5 Jahre: /pata/ oder /taka/; ab ca. 5 Jahren /pataka/) 10-mal hintereinander zu produzieren. Bei beiden Altersgruppen wird zudem das sog. »Nudeln« überprüft: Die
. Übersich ht 5.14 Mögliche Ind dikationen zur ergotherap peutischen Be egutach htung 4 Unsichere e es Gleichgew ew wicht 4 Fein- un nd grobmotorissche c Auffälligkeiten (z. B. Geschi c ickl c ichkeit, Kraftd ftdosi ftd o erung, ng, g, VerletVe zungsgefahr) h) 4 Auffälliger Mus uskkelt el onus (Hypo- oder Hypert us) ton 4 Unk nklare Lateralisation n (ab (ab Vorsch hulal l lter) r) 4 Au Auffäll älligkeiten im Bereich der Wahrnehmung g (a ( udi ud tiv, räumlich, taktil-kinästhetisch oder visuell ell) 4 Wechselhafte od oder e ein einges geschr chränk ä te Kon Konzen zentration, Merkfähigkeit und nd Auf Aufmer merksa ksamke mkeiit
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Zunge bewegt sich bei der Phonation rhythmisch von Mundwinkel zu Mundwinkel. Der Untersucher macht die Übungen kurz vor. Bei der Durchführung werden Tempo, Rhythmus sowie der Wechsel von stimmlosen zu stimmhaften Lauten beobachtet (vgl. Graichen 1985). Defizite in einer der überprüff ten Modalitäten sollten sich auf die Therapieplanung auswirken. Da die allgemeine Untersuchung der fein-, grobund mundmotorischen Entwicklung aus der Sprachentwicklungsdiagnostik bekannt sein dürfte, wird an dieser Stelle auf eine genaue Ausführung der Untersuchung verzichtet. Eine gute Übersicht mit Anhaltspunkten zur Beurteilung der sensomotorischen Entwicklung kleiner Kinder liefert z. B. Kiphardt 1994.
Fazit 4 Die e Beobachtun ng der se ensom moto o risschen Enttwicklung isst im Sinne e de d r Differenzia iaaldiagno osttik und derr Therapieplanun nung nun g sin sinn innvoll. 4 Eine g ge enaue Überp rprüf rü ung mund-, fein- und grobmo moto torischer Fähig higkei keiten t sowie derr DiD adochoki kine ese liefert Anhalt ltspu spunkt nkte e für für weit e Förderb ter be ere reiche.
5.4.5
Fragebögen zu den Auswirkungen des Stotterns
Um die Auswirkungen, die das Stottern auf die gefühlte Lebensqualität des Kindes hat, differenziert erfassen zu können und entsprechende Einschätzungen auch vergleichbar zu machen, sollten die anamnestischen Daten sowie die Beobachtungen der Therapeutin bzgl. der Einflussfaktoren durch den Einsatz von Fragebögen ergänzt werden. ICF-orientierter Fragebogen in zwei Versionen. Von den Autorinnen wurden Fragebögen entwickelt, die auf das Erfassen der Auswirkungen des Stotterns auf die Gefühlswelt und die Alltagsgestaltung des Kindes abzielen. Zusätzlich soll durch die Fragebögen eine Einschätzung von Störungsbewusstsein und eventuell vorhandenen Copingstrategien möglich werden. Entsprechend der ICF-Nomenklatur widmen sich die Fragebögen also dem Erfassen von personenbezogenen Faktoren sowie von Aussagen über die Konzepte der Aktivitäten und Teilhabe. Es stehen zwei Fragebögen zur Verfügung. Eine Version ist für Eltern jüngerer Kinder (»Stolperstein-E. Frage-
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Kapitel 5 · Befunderhebung
bogen zu den Auswirkungen des Stotterns für Eltern jüngerer Kinder«, 7 Kap. 12.12 und im Ê Downloadbereich) und wird bei Kindern empfohlen, die noch nicht lesen können bzw. mit der Komplexität der Fragen deutlich überfordert wären (bis ca. 8 Jahre). In diesem Fragebogen werden auch Auswirkungen des Stotterns auf die Gefühle und den Alltag der Eltern berücksichtigt. Wichtig ist bei der Anwendung und Auswertung dieses Bogens zu bedenken, dass sich die Einschätzung der Eltern deutlich von der des Kindes unterscheiden kann (Walther 2009). Die kleinen Kinder können im Laufe der Therapie zusätzlich kindgerecht bezüglich ihres subjektiven Erlebens des Stotterns befragt werden. Die Version für Schulkinder/ Jugendliche (»Fragebogen zu den Auswirkungen des Stotterns« 7 Kap. 12.10, Ê Downloadbereich) wird von diesen selbst ausgefüllt. Die Fragebögen wurden auf Grundlage der ICF (7 Kap. 3) entworfen und konzentrieren sich auf die Kontextfaktoren (v.a. die personenbezogenen Faktoren) sowie auf die Konzepte der Aktivitäten und Teilhabe. Die Fragebögen sind praxiserprobt, jedoch nicht wissenschaftlich bezüglich ihrer Aussagekraft geprüft. Sie dienen lediglich der Orientierung und nicht der Bestimmung des Schweregrades des Stotterns. > Beachte Die Fragebögen stellen ein ergänzendes Instrument zur Erfassung von Einflussfaktoren und Auswirkungen des Stotterns und zu deren Beobachtung im Verlauf dar.
. Übersicht 5.15 5 Inhaltliche Überssicht des Elterrnfragebogen ens 4 Sprechfreud de in untersch hiedlichem Konttext (situations- und persone enabhängig) 4 Auswirkung gen auf den Lebensbereich »Frreizeit« 4 Wirkung von n möglichen Stressoren wie Zeitdruck, Aufre egung, Autorität t 4 Begleitsympttomatik und Copi o ngstrateg egien 4 Auswirkungen n des Stotterns auf au in nte terpersonelle Beziehun ng Gefühle und Aktivitäten ngen, des Kindes 4 Auswirkungen de es Stotterns auf Gefühle und Alltag der Eltern In nhaltliche Übersicht des Frag ra ebogens für Sch hulkinder/Jugendliche 4 Spr S echfreude in unterschiedlichem Kontext (ssituations- und personenabhängig) 4 Aus uswirkungen auf den Lebensbereich »Schu hule« 4 Auswir irkungen auf den Lebensbereich »Freizeiit« t 4 Wirku ung von on möglichen Stressoren wie Zeitdruck, Aufregun ung, Autorität, Geschlecht des Gesprächsspar p tners rs 4 Begleitsympttoma o tik un nd Copi Cop ngstrateg tegien ien 4 Auswirkungen de es Stotterns auf interpersonelle Beziehungen, Geefüh fühle und Aktivitääten aus Sicht des Kindes
. Übersicht 5.15 fasst die zentralen Inhalte der Frage-
bögen zusammen. Die Fragebögen wurden auf der Basis folgender Veröffentlichungen entworfen: 1. Assessment Of The Child’s Experience of Stuttering, ACES (Yaruss et al. 2006). Englischsprachiger Fragebogen für Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 18 Jahren, der als pdf-Datei frei zugänglich ist (s. Internet http://www.stutteringcenter.org/PDF/ACES%20Draft%209-27-06.pdf) und in Kürze auch in deutscher Sprache erscheinen soll (Schulte 2007, Metten et al. 2007). 2. Funktionaler Fragebogen für Schülerinnen und Schüler, FF-SS (Oertle 1999) für Kinder und Jugendliche ab 11 Jahren. Veröffentlicht in der Informationsmappe PEVOS (7 Kap. 11), die von der Homepage der Stotterer Selbsthilfe (s. Internet http://www.bvss.de) heruntergeladen werden kann.
Fazit 4 Um die e fu unktionale Gesundh heit (7 Ka ap. 3) des sto otternden Kind des beu urteilen zu können, müss ssen die Ausw sw wirkunge en des Stotterns au uf den Lebensallt ll ag und die Gefühle llt le e des Kinde es erfasst werden. n 4 Der Einsatzz vo on Fragebögen schafft vergleichbare Dat aten, n, was im Sinne der Verlaufsd gnostik sowie dia e der d r Qua Qu litätssicherung no otwe endig ist. 4 Die Fr Frage a bögen umfassen die Themenbereiche he »SSpre prechfreude«, »Schule und Freizeit«, »Stressorren« en , »Beg Begleitsymptomatik und Copingstrategien« n« so sowie ie »A »Ausw us irkung u gen n auf Gefühle und Aktivitäten«
83 5.5 · Beispielauswertung und Erstellung des Befundes
5.5
Beispielauswertung und Erstellung des Befundes Zur Veransch haul aulich ichung sollen nun n mit m Hilfe ei eines n konkkreten kon kreten Be Beisp is iels die isp e Aus A wertung der Spontansprachprobe sow wie i die In nter t pretation n und For-mulier mul ierung ung de des Befundess im i Üb berb e lick darg gestellt werden. Zur bes besser seren Übersi rsi sicht c wird nur auff die Beurteilung des Rede defl eflusses ein ingeg gang a en.
> Beispiel Christian, 5;10 Jahre, erzählt der Therapeutin, dass er sich sehr für »Flieger und Weltraumfahrer« interessiere. Sie unterhalten sich darüber, was für einen Flug zum Mond benötigt wird, und beginnen schließlich, eine Rakete zu bauen.
Die im folgenden Protokoll verwendeten Zeichen sind in . Übersicht 5.5 genauer erläutert. 1) –!– Wie geht des? 2) –!– Wenn man zum Mond fliegt braucht man einen Spiegel. < 3) –!– Wie –– |Daa| – daaass sie auch rararausehen können wohin sie fliegen. <→ ← 4) –!– Ununununnd man braucht Pedale zum zum zum Gas geben. 5) Und man braucht Fenster. <↑ 6) –?– |– Daaaa –.| Wenn Leute mitfliegen, können sie was sehen.
7) Und wenn man zum Mond fliegen will, braa – bra – braaaucht man viel Licht. – Das habe ich jetzt nicht verstanden. Was meinst du? – < → → 8) Äh -äh, ääähm außen außen außen vi- vi< viiiele Lichter. Da- da- daaass die die < 9) Flügel sehen können o o o ooob ein Licht < ↑ kaputt ist. A a a aaaber jetzt will 10) ich spielen. < 11) –!– Daaa – da–das Seil kommt auch noch dazu, das sind die Flügel. 12) Und jetzt brauch´ ma noch eine Stü – Stütze.
5
13) –!– Wir brauchen mehr Seile. ↑ → ← 14) Aber aber aber aber aber ich zeig dir, wie das geht.
5.5.1
Auswertung der Stichprobe
Quantitative Erfassung 4 Es wurde eine Spontansprachprobe von 100 Silben ausgewertet. Echte Wortwiederholungen werden als 1 Wort gezählt (z. B. Zeile 4) 7 Kap. 5.4.2, Abschn. »Quantitative Auswertung der Sprechproben: CountBasic«. Wortwiederholungen mit ansteigender Lautstärke oder Geschwindigkeit, wie z. B. in Zeile 14, werden als ein Stotterereignis gewertet (zur Unterscheidung von funktionellen und symptomatischen Unflüssigkeiten 7 Kap. 1.3.2). 4 Stotterrate: 12% (12 Blockaden/100 Silben). 4 Dauer der längsten Blockade: <1 Sek.
Qualitative Auswertung und Interpretation 4 Die relativ kurzen Lautdehnungen und lockeren Silben- und Wortwiederholungen mit kurzer Dauer (maximal 3 Wiederholungen) sind als noch altersgemäß zu bewerten. 4 Für beginnendes Stottern sprechen auftretende Dehnungen mit Tonhöhen- und Lautstärkeanstieg, Veränderungen des Sprechtempos während der Blockaden (z. B. Zeilen 4 und 8) und Satzabbrüche (Zeilen 3 und 6), die auch außerhalb der Stichprobe auftreten. Die Satzabbrüche müssen in weiteren Untersuchungen noch genauer differenzialdiagnostisch gegen Wortfindungsstörungen abgegrenzt werden. 4 Christian hat vor allem zu Beginn der Äußerungen Schwierigkeiten, Blockaden zu überwinden. Am Satzanfang häufen sich überwiegend Lautdehnungen und Wiederholungen. Die bestehenden Schwierigkeiten könnten sowohl mit eingeschränktem Wortabruf als auch mit dem für Stottern typischen hohen Spannungsniveau zu Beginn der Äußerung zusammenhängen. Hierzu sind weitere Beobachtungen notwendig. 4 Fragen scheinen den kommunikativen Druck zu erhöhen. Auf die im Tonfall zwar wohlwollende, inhaltlich jedoch Stress erzeugende Frage der Untersucherin reagiert das Kind mit einem deutlichen Anstieg der Schwere und Häufigkeit der Symptomatik.
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Kapitel 5 · Befunderhebung
5.5.2
Die Formulierung des Befundes
Um die Diagnose »Stottern« zu untermauern und gegen andere mögliche Auffälligkeiten des Redeflusses abzugrenzen, muss der Befund genauer erläutert werden. Dazu stehen die qualitative und quantitative Beschreibungsebene zur Verfügung. Erst beide Ebenen zusammen geben ein umfassendes Bild über das Ausmaß der Störung wieder.
7 Kap. 5.4.2 beschriebene PC-Programm »Count
Basic« zur quantitativen Erfassung der Symptomatik). Die Diagnose wird abschließend mit Beobachtungen zur sprachlichen, motorischen oder sozialen Entwicklung ergänzt. Im Sinne der ICF sollte der Befund um die Parameter »Aktivität und Teilhabe« sowie um wesentliche Kontextfaktoren (Förderfaktoren und Barrieren) erweitert werden (7 Kap. 3.3.2).
> Beispiel Qualitative Beschreibungsebene. Der Befund beginnt mit einer Klassifikation der Stottersymptomatik: Handelt es sich um altersgemäße Sprechunflüssigkeiten, um beginnendes Stottern oder um manifestes Stottern? (7 Kap. 1.4.1, 7 1.4.2 und 7 1.4.3 sowie . Tab. 1.1) Die »Überschrift« des Befundes kann mit Begriffen wie diskret, leicht, ausgeprägt oder schwer erweitert werden und sollte durch die Stotterrate im Abschnitt der quantitativen Beschreibung des Befundes untermauert werden. Die vorgenommene Klassifikation wird durch die Beschreibung der Kern- und Begleitsymptomatik k (7 Kap. 1.3.2 und 1.3.3) vervollständigt. Auch hier sollte die Auftretenshäufigkeit und die Schwere der Symptomatik konkretisiert werden. > Beispiel Beginnendes Stottern, mittelgradiger Ausprägung; Kernsymptomatik: bereits einige spannungsreiche Blockierungen und Dehnungen, einige spannungsreiche und viele lockere Teilwortwiederholungen. Begleitsymptomatik unauffällig: Kein erkennbares Störungsbewusstsein, kein Vermeideverhalten und keine ungünstigen Copingstrategien bemerkbar (anamnestisch und aus eigener Beobachtung). Stotterrate: 18%; Dauer der längsten Blockierung: kürzer als 1 Sekunde.
Da Stottern mit nahezu ausschließlichen Silben – oder Lautwiederholungen bzw. ausschließlich sehr spannungsreichen, tonischen Symptomen relativ selten auftritt, sollte ein derartiger Befund nochmals differenzialdiagnostisch gegen Poltern (7 Kap. 1.5.1) und Entwicklungsunflüssigkeiten bzw. gegen neurogenes Stottern (7 Kap. 1.5.3) abgegrenzt werden. Die quantitative Beschreibungsebene dient dazu, die aufgeführten Symptome mit »harten Daten« zu stützen. Hierzu zählen die Stotterrate und die Dauer der längsten Blockaden, sowie die durchschnittliche Dauer von Blockierungen (7 Kap. 5 Abschn. »Quantitative Auswertung der Sprechproben« sowie das im Ê Downloadbereich bereit gestellte und in
Christian, 5;10 Jahre 4 Beginnendes Stottern mit überwiegend eher lockeren klonischen Wort- und Silbenwiederholungen (max. 3 Wdh.) 4 Relativ kurze spannungsreiche Blockaden oder Dehnungen, die häufig über klonische Wiederholungen aufgelöst werden 4 Vorhandene Satzabbrüche sprechen evtl. für Einschränkungen im Wortabruf 4 Mitbewegungen nicht erkennbar 4 Kontextfaktoren/Konzepte der Aktivität und Teilhabe (ICF-basiert): Unterstützung und Beziehungen zu Familie gut, zu Freunden mittelmäßig (Unterbrechungen und vereinzelte Hänseleien von ihnen führen zunehmend zu Frustrationen), Ausmaß von Störungsbewusstsein derzeit unklar; Sprechfreude erhalten; spricht viel und gern; weitere Diagnostik hierzu folgt. Sebastian, 13;3 Jahre (ohne Spontansprachprotokoll) 4 Mittelgradig ausgeprägtes Stottern mit überwiegend tonischen Blockierungen und Dehnungen, Kloni eher selten 4 Bei Blockaden fast immer Mitbewegungen des Kopfes und starkes Augenblinzeln. Bei schweren tonischen Blockaden auch Schlagen mit der Faust auf das Bein. 4 Allg. erhöhtes Sprechtempo 4 Häufig Missachtung von Turn-taking-Regeln 4 Kontextfaktoren/Konzepte der Aktivität und Teilhabe (ICF-basiert): kaum erkennbares sprachliches Vermeideverhalten, allerdings Blickkontakt im Block reduziert, teilweise lässt er andere für sich sprechen; gute Integration in Freundeskreis. Die Auswertung des Selbsteinschätzungsbogens »Die Auswirkungen des Stotterns« (7 Kap. 5.4.5) ergab deutliche Anzeichen von situativem Vermeideverhalten und Schwierigkeiten in Kommunikation und Interaktion mit Unbekannten.
85 5.6 · Effiziente Methoden zur Überprüfung der Symptomatik bei Verlaufskontrollen
Fazit 4 In de er Formuliierun r g dess Befun ndes so sollten n alle e wesentlich hen n Aspektte der Störung enthalte ten n sein. 4 Eine Konkretisieru un ng g auftretender Symptome e un und die quantit titati ative v Erfassung g de derr Unflüssigk gkei eiten ermöglichen en ein eine e exak exakte Bes reibung sch g des des Stotterns.
5.6
Effiziente Methoden zur Überprüfung der Symptomatik bei Verlaufskontrollen Während die Erstdi tdiagn agnost o ik die Grundlage der Therapieplanung ist, dienen Ve Verla rl ufskontrollen der Überprüfung der eingangs aufgest estellten Hypothesen und der Beurteilung der Effektivi ivität t angewandter Therapie piemet m hoden i. S. von Qualitätssicherung. An wiederhol olten te qualitativen und quantitativen Unte tersu rsuchu rsu c ngen lass assen sich Entwicklungen und Einflüsse auf au den Rede edefluss unmittelbar erkennen. Die Method od den e der Ve Verlaufsdiag dia gnosti stikk we werde rden an a dieser Stelle ku kurz darge gestellt und ihre Einsatzm tzmögl ög ichkeiten in n de d r Ther erapie und Elternberatung aufg ufgeze e igt.
In der Behandlung des kindlichen Stotterns sind wiederholte Erhebungen des aktuellen Befundes unverzichtbar. > Beachte Regelmäßige Verlaufskontrollen ermöglichen eine eff fektive und am Einzelfall orientierte Arbeitsweise und dienen der Qualitätssicherung.
Etwa alle 4–10 Stunden sollte die qualitative und des Redeflusses beurteilt werden. Neben der obligatorischen Untersuchung der Spontansprache können bei Bedarf andere Sprechleistungsstufen überprüft werden. Das PCProgramm CountBasic (Ê Downloadbereich) erlaubt eine schnelle und unkomplizierte Erhebung der Stotterrate z. B. während der Unterhaltung zu Beginn der Stunde (7 Kap. 5.4.2, Abschn. »Quantitative Auswertung der Sprechproben: CountBasic«). Durch die regelmäßigen Kontrollen der Entwicklungstendenzen ist es der Therapeutin möglich, angewandte Methoquantitative Entwicklung
5
den kritisch zu überprüfen und die Therapieplanung auf die aktuellen Bedürfnisse des Kindes auszurichten. > Beachte Der Abstand der Kontrolluntersuchungen orientiert sich am Alter des Kindes und an der Variabilität der Symptomatik.
Da bei frühem kindlichen Stottern die Symptomatik in der Regel noch sehr leicht durch äußere Faktoren zu beeinflussen ist, sollten hier möglichst engmaschige Kontrollen stattfinden. Die Ergebnisse der Messungen der Stotterrate können in die im Ê Downloadbereich bereit gestellte Tabelle (. Abb. 5.3) am PC eingetragen werden. Die sog. »Trendlinie« stellt bei Bedarf die Entwicklungstendenz der Stotterrate dar. Die Tabelle steht auch zum Ausfüllen per Hand bereit (7 Kap. 12.6, Ê Downloadbereich). Bei bereits stark verfestigtem Stottern können die Abstände zwischen den Untersuchungen etwas länger sein, da hier spontane Veränderungen eher selten sind. Daneben können die Eltern Kontrollaufnahmen anfertigen und eigene Beobachtungen gezielt sammeln, die schließlich im Rahmen der Therapie mit den Eltern gemeinsam ausgewertet werden können. Die gewonnenen Daten können zur Veranschaulichung in ein Übersichtsprotokoll eingetragen werden. Dazu kann für jede Sprechleistungsstufe eine unterschiedliche Farbe gewählt werden, sodass die Entwicklung umfassend in einer Tabelle dargestellt werden kann. Die Kopiervorlage hierzu befindet sich in 7 Kap. 12.6 und im Ê Downloadbereich. Zur umfassenderen qualitativen und quantitativen Dokumentation dient das Verlaufsprotokoll (Kopiervorlage im Ê Downloadbereich). In . Übersicht 5.16 werden die Untersuchungsparameter des Verlaufsprotokolls zusammengestellt.
. Üb bersicht 5.16 6 Kurzfforrm des Verla aufsprotok o ollss 4 Anaamnestisch he Angaben en n zu Veränderung ng gen 4 Qu ualitative Bes esch hreibung de derr Symp Symp ptom tomatik 4 Qua uan ntitative Ausw swe wertung 4 Aktue ueller le Befund 4 Beschrre eib bung neuer, bish isher er nic nicht ht ber berü ückck sichtigterr Asp Aspekte 4 Weitere Therrap api piepl ep anung
86
Kapitel 5 · Befunderhebung
50%
1
45%
2
40% 35%
4 5
Stotterrate
3
30% 25% 20% 15%
6 7
10% 5% 0% 1
8
2
3
4
5
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7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 Woche
9
. Abb. 5.3 Überblick über die Entwicklung der Stotterrate im Therapieverlauf. Die Tabelle ist zum
Ê Download verfügbar
10 11 12 13 14
Auch Veränderungen in den Bereichen Kontextfaktoren und Aktivität und Teilhabe (7 Kap. 3) können in größeren Abständen überprüft werden. Die Fragebögen »Stolperstein« für ältere Schulkinder sowie »Stolperstein-E.« (7 Kap. 5.4.5) für die Eltern jüngerer Kinder dienen bei einem erneuten Einsatz dem Vergleich der Einschätzung der Auswirkungen des Stotterns zu Beginn der Behandlung und zum Zeitpunkt der erneuten Messung und kann zur weiteren Therapieplanung herangezogen werden.
4 Die Daten der quantitattiven Auswerttung werrd de en in eine er Gra G fik übersicht chtlic ich h darg gestelltt und könne en als Ansch chauungsmat ch aterial at zur Ellte ernberatung ng g und zur Arztk tkommunikation hin nzuge u zogen w wer erden. 4 Verlaufskkon ontrollen sind ein Instr Instrume ument nt der Q litätssicche Qua herung.
15 Fazit
16 17 18 19 20 21
4 Die Verllau ufsdiagnosstik dien nt der weit iteren individu uelllen Anpasssung de es Therapie iekonzepts an n di die Fähigkeitten te und Defiz efizit ite des Kindes. 4 Mit ihrer Hi Hilfe fe sind Veränderu runge ru ngen nge n im Redefluss, Verhalte ten od o er in der Gesamtentwickl g unmittelba lun bar nach a zuvollziehen. 4 Du urch die Miteinbez ezieh iehung der Eltern rn in de en Prozess der Verlaufskontro trolle llen n wer werden auch h häus häusliche Einflüsse schnell ersichtlich. Daraus er ergeb geben e sich häufig Ansatzpunkte für weitere Int nterv er ent ntion io en. 6
5.7
Beratungsgespräch nach Anamnese und Diagnostik Nachdem die wichtigsten Unters ersuchungsbefunde fun de vor vorlie liegen gen,, fasst die Therapeuttin die Ergebnisse zusammen, erläu äuter te t die Therapies eschw c erpunkte und gibt ibt bt Hi Hinwe n ise zur zu Prognose. Dies ie es Gespräch dient der Infor for ormat m ion de d r Eltern (je nach na h Alt Alte lt r des des Kindes) und d der d Trans de nsparenz der Therapie. Von Anfa nfang ng an wird eine i paartn in r erschaftliche Ebene mit den Paati tient e en praakti k ziert. r
87 5.7 · Beratungsgespräch nach Anamnese und Diagnostik
5
. Übe ersicht 5.17 In nhalte e des Befundgesprächess 4 Differenzierte Erklärung de er Beefunde. 4 Aussage zum Schweregrad de er Störung und Erlääuterung der Behandlung gsbe edürftigkeit. 4 Aussage zur Prognose. 4 Eiingehen auf Hypothesen zur Verursachung bzw. au uf Faktoren, die mit Stotte ern zu usammen auftreten n (Modell des überlaufend nden Fas F ses und Anforderrungs- und Kapazitäten-M Model ell). 4 Vorste s llung bzw. gemeinsame es Ver ereinbaren des Theraapieplans (Auswahl der Bau austein ine) und Prognose e zur voraussichtlichen Beha handlu ungs n dauer. 4 Vo orberreit e ung auf zu erwartende vo orüb r erg rgehen nde Ve Verschlimmerung der Symptom omatikk in i den ersten n Therapiemonaten. 4 Vorberreit e ung ng auf mögliche kindliche Verhallten te sänderung ngen du durch Förderung des Selbstvertrauens und Au useinaande n rsetzung mit dem Stottern (»wilder«, freccher, neue e s Austesten von Grenzen, sich Wehren). 4 Abklären des wöche hentlich hen e Zeitaufwands für Therapie und »Hausauf ufgab g en« n«. 4 Eingehen auf Umgang der er Bezugssper pe sonen mit dem Stottern und mögliche Alte lternativen en.
Es klingt banal: Das Gespräch am Ende von Anamnese und Diagnostik muss eine Zusammenfassung des Befundes und die Erläuterung der ersten Therapiebausteine umfassen. Die Eltern und ggf. der jugendliche Stotternde sollen die Therapeutin mit einer klaren Vorstellung davon verlassen, wie der aktuelle Stand ist, worauf die Therapie hinzielt, und wie die nächsten Schritte dahin konkret aussehen. Vor allem bei der Festlegung der ersten Therapiebausteine ist es sinnvoll, die Betroffenen mit einzubeziehen. Die Bausteine, die für die Eltern oder den Jugendlichen im Vordergrund stehen, dürfen auf keinen Fall auf spätere Therapiephasen verschoben werden. Wie in 7 Kap. 4.2.7 schon anklang, geht es um die Schaffung eines Arbeitsbündnisses sowohl mit den Eltern als ggf. auch mit dem Kind oder Jugendlichen.
4 Aufgreifen des Elternwunsch sc es, aktiv zu se ein: i – Hausa saufgabe: Reduzieren en sprachlicher Anforde erungen an »unflüssig gen« Tagen, viiele Sprec echanlässe schaffen an besonders »fl flüssigen« Tagen. – Erläuteru ung des Un Unte terschiedes von Sp prachinhalt und Sprachform mit Veransschaulisc chung der möglichen Konsequen nz wenn nzen, d Sprachform zu sehr im Foku die oku kus der Auff merrksa ks mkeit steht. – Schwerpunkt auf indirekte Rückkopplung des Sprachinhalts, z. B. »corrective feedback« (vgl. Wyatt 1973). – Sprachmodell, z. B. Sprechtempo, Sprachniveau (7 Kap. 9.7). – Faktoren, die flüssiges Sprechen n förd fördern, auf uff zeigen en (7 ( Kap Kap. 9.4 .4),), wie zz. B. Kindergar garten, Kontak Kon t t zu Gleichaltrige g n, För Förd derung der Ausdrucksfähigkeit durch Musik oder Sportverein zur Erweiterung der sozialen Kompetenzen (7 Kap. 5.4.4). – Erste Beobachtungsaufgabe mitgeben (z. B. Stottertagebuch, 7 Kap. 9.3.1) mit Fokus auf flüssigen Phasen: In welchen Situationen istt das Kind flüssig? Was ist da anderrs? (So (Sonst Gefahr d dess FFoku okussi ssie erens auf Defizite) – Pün Pünktl kt iches Kommen un nd Absa Absagen ansprechen.
Die Inhalte des Gespräches sind in . Übersicht 5.17 zusammengestellt. i Tipp Bei Themen wie beispielsweise Umgang mit dem Stottern, Sprachmodellverhalten der Bezugspersonen und sprachliche Anforderungen im Alltag ist es günstig, auf Situationen einzugehen, die von diesem »Idealfall« abweichen.
Entlastung von Schuldgefühlen. Wie in 7 Kap. 4 bereits beschrieben, sollte die Therapeutin in diesem Gespräch aufmerksam und sensibel für Hinweise auf bei den Eltern bestehende Schuldgefühle sein. Geben die Bezugspersonen sich selbst die Schuld am Stottern ihres Kindes, müssen sie unbedingt von diesen Gefühlen entlastet werden! Schuldgefühle sind die denkbar ungünstigste Motivation für eine Therapie.
88
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Kapitel 5 · Befunderhebung
Veranschaulichung durch Metaphern. Um den Eltern zu verdeutlichen, was beim Stottern passiert und wie sich das für das Kind anfühlt, eignen sich besonders Metaphern und Analogien (vgl. 7 Kap. 9.3.2, z. B. Wie fühlt es sich an, in unerwartet kaltes Wasser zu springen? Man ringt plötzlich nach Luft.).
Fazit 4 Das Beratungsg gespräch nach Ana An mnese und Diag gno ostik ist un nverzichtba bar, auch im Hinba in blick aau uf das Arbe eits tsbündnis. 4 Inhalte e sind i neben der Befundzusammenfa fasssung v. a. di die Festlegung gd der er erste ersten n The Therrap apieb steine und bau d erste »Hausaufgaben«.
6 Ausgewählte Therapiekonzepte 6.1
Direkte und indirekte Therapieansätze – Eckpunkte der Stotterbehandlung – 90
6.1.1 6.1.2
Indirekter The erapieansatz – 90 Direkter The erapieansatz – 90
6.2
Indikationskriterien für die Auswahl des Therapieansatzes
6.3
Vorbeugendes oder therapiebegleitendes Elterntraining – 93
6.3.1
Prräventivkonzept nach Irw win
6.3.2
Berliner Gruppeneltern ntraini ning nach Motsch und Schm midt (1996)
6.4
Spieltherapeutisch geprägte Sprachtherapie (Katz-Bernstein) – 94
6.5
Fluency-Shaping-Programme – 96
6.5 5. 5.1
Beschreibung g dess Verfahrens
6..5.2 6.5.3 6.5.4
Wann ist die e Enttscheidung für ein Flue encyy Shaping sinnvoll? – 96 Vor- und Nacht hteile von Fluency-Shaaping g-Programmen – 97 Die Komb binattion von Fluency-Shap aping g-Programmen mit mo modifizierenden Verfahre en – 97
6.5.5 6.5.6
Beispie el fürr Fluency Shaping: Daas Li Lid dcombe-Programm m – 98 Kasseller Stottertherapie und das FRANKA-Konzept – 103
6.6
Sprechtechniken – ein Überblick – 106
6.6.1
Wellche e Technik passt zu we elch hem Kind?
6.7
Modifikationstherapie nach Dell und van Riper
6.7.1 6.7.2
Metho oden – 108 Sond derform: KIDS – 10 09
6.8
Neuere Trends in der Stottertherapie – 111
6.9
Vielfältige Rahmenbedingungen: ambulante oder stationäre Behandlung, Intensivtherapien und Intervallbehandlungen – 112
– 91
– 93 – 94
– 96
– 106
– 108
90
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Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
Die Vielfalt der Behandlungsansätze für das kindliche Stottern ist groß. Viele Programme und Konzepte ähneln sich jedoch oder überschneiden sich zumindest mit anderen Ansätzen. In Kapitel 6 werden verschiedene Konzepte in ihren Grundzügen dargestellt. Es gibt die sog. indirekten Ansätze und die direkten. Indirekt bedeutet, dass nicht am Sprechmuster, sondern an den beeinflussenden Faktoren gearbeitet wird. Im engeren Sinne wird »indirekt« im angloamerikanischen Raum für die Therapie ohne das Kind, also Elterntraining und -beratung verwendet. Direkte Ansätze lassen sich unterteilen in Modifikation des Stotterns, Fluency-ShapingProgramme und Sprechtechniken. Die hier behandelten Konzepte stehen beispielhaft für jeweils eine der oben genannten Richtungen. Manche davon gehen eher eindimensional vor, die meisten zeigen jedoch eine mehrdimensionale Herangehensweise.
. Überssich ht 6.1 Methode en indirekter Th herapie 4 Elterrnb beratung 4 Elterntrraining 4 Stärkkun ng des Selbstvvertrauens und eines po-sitiven n kind i lichen Selbs bstkonzeptes bs 4 Förderung u g der Sprechfreu ude 4 Abbau vo on Sprechängsten 4 Förderung de d r Sprachentwicklung 4 Reduktion derr spra rachlichen Komplexität und Abbau des Anspruch uc sni snivea ve us und Leistung ungsd cks dru 4 Bettonu o ng nonverbaler Ausdrucksformen und nd sp prac r hlich-kommunikativer Fähigkeiten 4 Entspaan nnu ung, ng Tonusregulierung 4 Spieltherape peutisch sche e Elemente (z. B. nach Axline 1990; Katz-Be Berns rn tein 1990 990))
> Beachte
9
Ziel ist es, sich nach Kenntnis der ausgewählten Ansätze von diesen zu lösen und zu einer methodenund konzeptübergreifenden Bausteinsammlung zu kommen.
10 11
Direkte und indirekte Therapieansätze – Eckpunkte der Stotterbehandlung
6.1
12 13 14 15 16 17
Die Unterscheidung von nd dire ir kter und indirekter Herangehensweise wird mit zune ehme h nder Weiterentwicklung der einzelnen Therapieansät sä ze zu einer eher h kün künstl stlich ichen Trennung innerhalb der der Palette möglicher Therapieele elemente. Vertreter verrschiedener Ther herapi apiean api e sätze find nden e aus unterschiedlichsten Blickwink nkkeln zu ähnliliche c n Ergebnissen. In diesem Kapitel werd rd den e direktte und indirekte rek te The Therap rapiea ie nsä nsätze t vorgestellt, und es wi wird die Notwendigkeit eine nerr Inte Integration der gegensät ge ätzlichen Positionen dargelleg egtt.
18 6.1.1
19 20 21
Indirekter Therapieansatz
Bei der indirekten Vorgehensweise wird, ganz im Sinne des Anforderungs- und Kapazitäten-Modells (7 Kap. 2.2.2, Abschn. »Das Anforderungs- und Kapazitäten-Modell«), versucht, bestehende linguistische, psychische, motorische oder kognitive
Defizite sowie familiäre Schwierigkeiten zu verbessern und somit indirekt auf den Redefluss einzuwirken. Oft wird beim indirekten Ansatz ausschließlich mit den Eltern zusammengearbeitet. Es findet keine Arbeit am Stottern selbst statt. Leider wurde der indirekte Therapieansatz öfter so interpretiert, dass mit dem Kind nicht über das Stottern gesprochen werden darf. Diese Beteiligung an der »Verschwörung des Schweigens« scheint aus heutiger Sicht fraglich und ist mit einer von positiver Wertschätzung und Echtheit geprägten therapeutischen Haltung nur schwer zu vereinbaren (7 Kap. 5.2.2 »Der Umgang mit dem Tabu Stottern«). . Übersicht 6.1 beinhaltet eine Auff stellung möglicher indirekter Verfahren.
6.1.2
Direkter Therapieansatz
Das Kennzeichen der direkten Therapie des kindlichen Stotterns besteht in der Arbeit am Stottern selbst. Die Redeflussstörung wird je nach Alter des Kindes mit unterschiedlicher Intensität thematisiert. Daneben findet, abhängig vom therapeutischen Ansatz und vom Alter des Kindes, eine mehr oder weniger intensive Elternberatung und -anleitung statt. . Übersicht 6.2 zeigt mögliche direkte Therapiemethoden auf. Durch ein individualisiertes Therapieprogramm erübrigt sich die oben beschriebene Unterscheidung: Auf der Basis eines mehrdimensionalen Therapiekonzeptes werden jene Methoden eingesetzt, die dem Kind mit seinen Fähigkeiten und Defiziten am bes-
91 6.2 · Indikationskriterien für die Auswahl des Therapieansatzes
. Übersichtt 6. 6.2 Methoden dire ekter Thera apie 4 Enttabuissie erung des Stotterns ns 4 Bewusstm mache c n der Sy Sym ymptomatik 4 Kinästhetissch he Sensibilisie sie ierun ru g 4 Abbau von Sp Sprec re hängsten 4 Mod M ifikation de dess Stotterns S (Pull-out) 4 V Ver erstärkung flüssiige gen n Sp Sprechens (Fluencyy Sha hapi ping) 4 Reduzi uz er erung unflüssigen Sprechens (verhaltensthera rapeu eutische Methoden) 4 Allgemeine Ve eräände nderung des Sprechmusters (Sprechtechniken))
ten gerecht werden. Dabei können sowohl indirekte als auch direkte Therapieformen miteinander kombiniert werden. Die meisten direkten Verfahren integrieren mittlerweile bei frühem kindlichen Stottern typisch indirekte Vorgehensweisen in ihr Therapiekonzept. So fordert beispielsweise Dell für die Therapie des »borderline stutterer« (Dell 1996, S. 13, gemeint: beginnender Stotternder) ein zunächst sehr indirektes Vorgehen, primär in Form des sog. Modeling und modellhaften Umgangs mit eigenem Pseudostottern. Erst bei tragfähigem Kontakt wird schließlich vorsichtig damit begonnen, mit dem Kind über das Stottern zu sprechen (7 Kap. 8.7.2).
Zeitliche Abfolge Alle direkten Verfahren lassen sich hervorragend mit indirekten Therapieansätzen verbinden. Je nach Schwierigkeiten des Kindes kann z. B. zunächst mit eher indirekter Arbeitsweise begonnen und später zu direkten Verfahren gewechselt werden. Mitunter ist es auch sinnvoll, in die direkte Therapie Blöcke mit dem Schwerpunkt auf Methoden der indirekten Therapie einzufügen. > Beachte Unabhängig von der Wahl des Therapieansatzes sollte mit dem Kind so offen wie möglich und so vorsichtig wie nötig über das Thema Stottern gesprochen werden (7 Kap. 5.2).
Gerade wegen der vielen Unterschiede der einzelnen Therapieansätze bringt eine sorgfältige Kombination direkter Verfahren eine Bereicherung für das therapeutische Vorgehen mit sich. So lässt sich z. B. das Fluency Shaping sehr gut mit Methoden zur Desen-
6
sibilisierung, mit dem In-vivo-Training oder aber mit Gesprächen zur konstruktiven Auseinandersetzung mit dem Stottern kombinieren. Verhaltenstherapeutische Elemente wie in Fluency-Shaping-Programmen sind ebenfalls gut mit stottermodifizierenden Verfahren zu ergänzen. Die intensive verhaltenstherapeutisch orientierte Anleitung und Beratung der Eltern kann die Therapie mit dem Kind wesentlich unterstützen.
Fazit 4 Dirrekkte und in ndirekte An nsätze e schlie eßen einan nder nicht au auss, sonderrn ergänzen sich h in sinn nvo oller Weise e. 4 Auch h bei e indirekte en Verfahren V darf mit dem Kind üb ber er das Stotter ern n gesp es rochen werde den. n. 4 Unterschi hied edliche direkte Ve Verfa rfahre hren n könn können m einander mit er kom kombiniert werden.
6.2
Indikationskriterien für die Auswahl des Therapieansatzes Es ist deutlich h ge gewor w den, dass fast st jed j e Therap ap e api eine Komb Komb ombina inatio ina t n direkte kter mit indirekte kt n Meth hoden erfordert. Im Fol olgen g den ge en ge g ht es led digl ig ich um m eine ein e grob grobe e Orientierung, O g welch her e generelle le Ansatz bei der Au A sw swaahl h der Baus u eine ust e im Einzelf elfall überwiegen sollte.
. Übersicht 6.3 nennt entsprechende Kriterien für
die Entscheidung zwischen direkten und indirekten Verfahren im Rahmen einer ganzheitlich orientierten Therapie. Das in den Kapiteln 8 und 9 entfaltete Bausteinprinzip geht dann auf die konkreten Umsetzungsmöglichkeiten detailliert ein. Alter des Kindes. Der ideale Zeitpunkt für den Einsatz direkter Methoden hängt nicht so sehr mit dem Alter des Kindes zusammen. Entscheidender sind die Reife und Bewusstheit, mit der das Kind sich bereits mit dem Stottern auseinander setzt. Reaktionen auf den Einsatz von Pseudostottern und auf das Thematisieren des Stotterns. Es kann durchaus 3-jährige Kinder geben, die auf Pseudostottern der Therapeutin immer mit Erstaunen, Aufmerksamkeit oder Belustigung reagieren. Diese Kinder pro-
92
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Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
fitieren in der Regel vom Thematisieren des »Hängenbleibens« oder dem Ansprechen, dass ein »Wort nicht herauskommt«. Sie zeigen sich erleichtert und haben Spaß am spielerischen Umgang mit dem Stottern, z. B. in Form von Erwisch-mich-Spielen etc. (7 Kap. 8.5.4, Übung »Erwisch-mich«). Die eigentliche Stottermodifikation ist im Vorschulalter manchmal noch eine Überforderung. Hier geben – wie immer – das einzelne Kind und seine Möglichkeiten die Richtung und Geschwindigkeit der Therapieschritte an. ! Cave Oberstes Gebot für die Therapeutin bleibt immer, Warnsignale des Kindes, wie z. B. Abwehr oder Versagensängste (»wie langweilig«, »Babykram«, Ablenken) oder Rückzugsverhalten, frühzeitig zu erkennen, bevor das Kind die Mitarbeit komplett verweigert. Sie sollte das Vorgehen so anpassen, dass ein guter Kontakt gewährleistet bleibt.
Emotionale Überlastung oder Traumatisierung. Kinder, die mit ihrer aktuellen Situation eher überfordert scheinen oder bereits stark traumatisiert sind, fühlen sich zunächst oft mit indirekten Therapiemethoden wohler. Hat zum Zeitpunkt des Therapiebeginns das Selbstvertrauen des Kindes schon stark gelitten, kann es daher – unabhängig vom Alter – günstig sein, erst eine Phase indirekter Methoden und spieltherapeutischer Elemente voranzustellen, um die Basis für weitere Schritte vorzubereiten. Kein krampfhaftes Vermeiden des Themas Stottern. Entscheidet man sich für den indirekten Weg, bedeutet dies nicht, dass Stottern nicht thematisiert werden darf (7 Kap. 6.1.1). Auch wenn die Wahrnehmung für das eigene Stottern nicht eigens geschult wird, ist Tabuisieren des Themas unangebracht. Der Unterschied zur direkten Vorgehensweise zeigt sich lediglich in der vorsichtigeren Art, wie solche Gesprächsangebote gemacht werden: Über Stottern wird dann gesprochen, wenn das vom Kind implizit in Handlungen oder verbal angeboten wird. Darüber hinaus ist die Therapeutin auch beim indirekten Ansatz jederzeit frei, aus der Situation heraus intuitiv zu reagieren und das Thema Stottern offen anzusprechen, wo ihr dies angebracht und entlastend scheint. Solange sie die Reaktionen des Kindes sorgfältig beobachtet und so geäußerte Grenzen nicht übergeht, ist alles möglich. Begleitende Faktoren. Ein frühes Einbeziehen der Bezugspersonen ist unbedingt empfehlenswert, z. B. Beratung zu allgemein sprachförderndem Verhal-
. Übersicchtt 6.3 Entscheid dun ngskriterien n für die e Wahl W des Th T erapieansatzzess 4 Alter dess Kindes 4 Störun ngssbewusstsein n und Leidensdruck 4 Reaktio one en auf den Einsa saatz t von Pseudost sto st ottern und d auf auf das Thematisieren n des des Stotterns St 4 Sensibilitätt, emotionale Überlastung oder Traumatisierun ng de des Kindes 4 Begleitende Faktor oren, e di die e das System au us dem Gleichgewicht ht br bring ingen könnte nten n (7 Kap Kap. 2.2.2) 4 Sch hwereg egrad des Stotterns 4 Interkult lture u lle As A pekte 4 Zuverlässige Ko Kooperat ration ion der Bezugspersonen
ten und Faktoren, die flüssiges Sprechen unterstützen (7 Kap. 9.4–9.7). Mit der Hinzunahme direkter Elemente kann begonnen werden, sobald basale motorische oder linguistische Fähigkeiten etwas gefestigt sind. > Beachte Bestehen Defizite motorischer, mundmotorischer oder anderer linguistischer Fähigkeiten, sollten diese Bereiche im Vorschulalter vorrangig gefördert werden, bevor mit direkten Methoden am Sprechmuster angesetzt wird. Die entsprechenden Therapieinhalte lassen sich gut in Bausteine aus dem indirekten Ansatz einbauen.
! Cave Im Einzelfall kann es geboten sein, erst am Stottern zu arbeiten, bevor andere Kapazitäten gefördert werden. Dies trifft v. a. bei großem Leidensdruck und bei sehr starken Unflüssigkeiten zu.
Schweregrad des Stotterns. Generell gilt: Je gravierender und kommunikationshemmender die Symptomatik auftritt, desto eher ist der frühe Einsatz direkter Methoden angebracht. Im Einzelfall muss unter Umständen abgewogen werden, ob z. B. emotionale Faktoren dem allzu raschen direkten Vorgehen entgegenstehen. Interkulturelle Aspekte. In der Arbeit mit Familien aus Kulturen, in denen eine eher autoritäre Pädagogik vorherrscht, kann der Einsatz indirekter Methoden schwer vermittelbar sein und auf geringe Akzep-
93 6.3 · Vorbeugendes oder therapiebegleitendes Elterntraining
tanz treffen. Spieltherapeutische Ansätze können für Mitglieder solcher Kulturen leicht unprofessionell und ineffektiv scheinen, da sie der unausgesprochenen Auffassung, nur gezieltes und regelmäßiges Üben führe zum Erfolg, entgegenlaufen. Das indirekte Vorgehen ist unter dieser Voraussetzung wenig Erfolg versprechend. > Beachte Für eine erfolgreiche Therapie müssen interkulturelle Aspekte unbedingt beachtet werden und diese die Therapieplanung wie auch das Therapeutenverhalten entsprechend beeinflussen.
Kooperation der Bezugspersonen. Die direkten Methoden verlangen bei jüngeren Kindern ein erhebliches Maß an Unterstützung durch die Eltern oder andere enge Bezugspersonen. Ist diese Kooperation nicht zuverlässig gegeben, kann eine direkte Therapie im Vorschulalter nicht erfolgreich sein. (Mit Einschränkung gilt das jedoch auch für indirekte Methoden.) Es ist dann, wenn überhaupt möglich, auf eher indirekte Methoden und Beratung auszuweichen. Bei der Auswahl der therapeutischen Methode ist außerdem zu berücksichtigen, dass der Transferr in den Alltag beim indirekten Ansatz meist spontan und müheloser gelingt als die Transferaufgaben beim direkten Vorgehen. Darin besteht ein Plus der indirekten Methoden.
Fazit 4 Die e Entscheid dung für in ndirekkte ode er direkkte Verr faahren häng gt von versschi c edenen indi div ividue elle en und umg mgebe e nden Fakt aktore oren ore n ab. a 4 Im Sin inn ne der günst stigs gsten Reihenfolge und Kombin inaation des Vorge rgehen hens müssen die iese se bei jedem m Kind gegeneinande nderr abge abgew wogen w den. wer
6
Vorbeugendes oder therapiebegleitendes Elterntraining
6.3
Den Einzel- und Gruppentrainings gs für Eltern ist s gemeinsam, dass sie sie neben n der Inform rmationsverrmittlung l bzw. d dem e Inform em mati a onsaustausch sc auf eine Veränderung der err Hal H tung g und u des Verha rh ltenss d ten derr Bez Bezugs ug personen des d stot de otternden Kiinde n s zielen. Entspreche chend end sind die e Tra T inin ngs dem ind ndirekten Ansatz zuzuord ord dnen n .
Es gibt viele Konzepte zu Elterntrainings. Beispielhaft werden das Präventivprogramm von Irwin (1990) und das Berliner Gruppentraining für Eltern stotternder Vorschulkinder von Motsch und Schmidt (1996) aus der Fülle der Angebote herausgegriffen.
6.3.1
Präventivkonzept nach Irwin
Engagement der Eltern. Dieses Selbsthilfeprogramm ist zur Prävention bei beginnendem Stottern konzipiert. Es handelt sich ausdrücklich nicht um ein Therapiekonzept, sondern um einen Ratgeber für Eltern. Ziel des Präventivprogramms ist es, indirekt über Verhaltensänderungen der Bezugspersonen Kommunikationssituationen für das betroff fene Kind zu entschärfen und Sprechdruck zu mindern. Leider entsteht bei der Lektüre leicht der Eindruck, Stottern könne allein mit den beschriebenen Verhaltensänderungen und durch günstige Beeinflussung der Kommunikationsumgebung überwunden werden. Außerdem legt die Herangehensweise nahe, dass – hat die Umgebung solchen Einfluss – diese im Umkehrschluss auch für die Entstehung des Stotterns verantwortlich ist. Das heißt, es besteht die Gefahr, dass Schuldgefühle der Eltern, sie seien für die Entstehung des Stotterns verantwortlich, noch verstärkt statt abgebaut werden. Abschirmen negativer Reize. Irwin schlägt zum einen die sog. Schirm-Therapie vor, die darin besteht, auf das Stottern des Kindes nicht negativ zu reagieren. Zum anderen empfiehlt sie, Fragen so weit wie möglich einzuschränken. Diese totale Ablehnung von Fragen ist inzwischen als überholt zu betrachten. Anzumerken ist hierzu, dass bestimmte Arten zu fragen die Sprachentwicklung durchaus begünstigen können. Während z. B. bohrende, nach unangenehmen Ereignissen forschende, bedrängende Fragen Sprechdruck erzeugen, gibt es andere Fragen, die Aufmerksamkeit
94
1 2 3 4 5
Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
und Interesse vermitteln. Hier müsste genauer differenziert werden.
sem Programm eine wertvolle Ergänzung zur Therapie des Kindes.
Zielgruppe. Für die Behandlung manifest stotternder Kinder ist das Konzept ungeeignet. Zur Prävention sollte es nicht unkommentiert an Eltern weitergegeben werden. Es bietet zwar konkrete Hilfen, kann aber zur Verstärkung bestehender Schuldgefühle bei den Eltern beitragen, und beeinträchtigt die Kommunikation dann eher ungünstig. Eine sinnvolle Einsatzmöglichkeit kann z. B. die Lektüreempfehlung ausgewählter Kapitel, begleitend zur Elternberatung in der Therapie, darstellen.
Fazit 4 Elte ern ntrainingss können die The herap rapie ie sinn nvoll unte ersstützen. 4 Grupp ppe entraining gs si s nd wegen ih ihrer interaktiven Le Lerrnmö n glichkke eitten e gegenüber Eltern nkursen per per Ratgeberliter eratu at r unbe unbedin ding gt zu gt b orzuge bev en. n
6 6.3.2
7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Berliner Gruppenelterntraining nach Motsch und Schmidt (1996)
Vorbeugende Intervention oder Therapieergänzung. Es handelt sich um ein Gruppenelterntraining, das je nach Bedarf prophylaktisch oder therapiebegleitend angewandt wird. Auch Wartezeiten bis zum Beginn der Therapie können mit dem Training sinnvoll überbrückt werden. In manchen Fällen kann die Arbeit mit den Eltern eine Therapie ersetzen. Als Nebeneffekt bieten die Gruppentrainings den Therapeuten Gelegenheit zum sorgfältigen Sammeln diagnostisch zu verwertender Informationen im Hinblick auf die Faktoren, die in der Therapie mit dem Kind bearbeitet werden sollten. Eltern als Experten für ihr Kind. Neben der differenzierten Diagnostik von möglicherweise beeinflussenden Faktoren in der Umgebung des Kindes stellt die Weitergabe von Informationen an die Eltern ein wesentliches Element dar, sodass diese selbst zu Experten des Themas Stottern werden. Ein wesentlicher Lerneffekt entsteht durch den Austausch der Eltern untereinander. Dieser Austausch erleichtert es den betroffenen Eltern, eigene Ängste und Schuldgefühle abzubauen, das Stottern des Kindes eher zu akzeptieren und damit letztlich dem Kind zu helfen. Durch die Gruppensituation und gemeinsame Übungen wird die Motivation der Teilnehmer, kommunikationsfördernde Umgangsformen umzusetzen, gestärkt. Anders als eine gelenkte Einzelberatung ermöglicht der Austausch Betroffener den Teilnehmern im Rahmen einer Gruppensitzung, ihre eigenen Bedürfnisse offener zu zeigen, sich gegenseitig zu unterstützen und so voneinander zu lernen. Zielgruppe. Engagierte Eltern von Kindern mit beginnendem oder manifestem Stottern finden in die-
6.4
Spieltherapeutisch geprägte Sprachtherapie (Katz-Bernstein) Beiispi spielh elhaft elh af wird das aft as Ko K nzept Nitza za Katz-Ber ern rnsteins (1990) in Grun ru dzüge gen skizziert. t. Der Fokus liegt liegt da dabei b auf den n neu n en n Impulsen n die die-ser Ansatz für di die ie Th T erapie e st s otttern e der Kiinde n r brachte.
Ansatz. Katz-Bernstein integriert spieltherapeutische und genuin sprachtherapeutische Elemente mit einer partnerschaftlichen Elternberatung. Sie legt besonderen Wert auf die therapeutische Grundhaltung und hat hier einen entscheidenden Grundstein für die Behandlung stotternder Kinder gelegt. Akzeptanz des Kindes und emotionales Erleben stehen im Vordergrund, nicht Leistungsorientierung. Das Konzept ist u. a. beeinflusst vom Werk Axlines (1990) und durch die Individualpsychologie (z. B. Schoenaker u. Schoenaker 1980). Die Therapiephasen orientieren sich an den psychosozialen Entwicklungsphasen nach Erikson (1988). Prozess- und Erlebnisorientierung. Stottern wird vor dem Hintergrund der gesamten Persönlichkeit und Problematik des Kindes betrachtet. Im kreativen Experimentieren mit Ausdrucksmöglichkeiten macht das Kind in einem gemeinsamen Prozess mit der Therapeutin immer wieder die Erfahrung gelungener Kommunikation auf verschiedenen Ebenen und erweitert so seine expressiven Kompetenzen. Es geht nicht um eine Leistung, sondern um das Erleben. Dabei ist wesentlich, dass Fehler ausdrücklich erlaubt sind. Es können Sachen ausprobiert werden, die dann nicht gelingen.
95 6.4 · Spieltherapeutisch geprägte Sprachtherapie (Katz-Bernstein)
Elemente. Das Kind darf in der Therapie jederzeit stottern. Durch die therapeutische Haltung lernt das Kind, die Verantwortung für sein Stottern zu übernehmen. Dieser Reifungsprozess kann und soll dem Kind nicht abgenommen werden. Dahinter steht die Überzeugung, dass die Entscheidung für einen Fortschritt beim Kind selbst und seinen Möglichkeiten liegt. Grenzen. Das Kind darf und soll selbstständig explorieren. Die Therapeutin lässt es gewähren und stellt einen Rahmen gegenseitiger Achtung und Wertschätzung zur Verfügung. Sie setzt dem Kind Grenzen, wo es sie noch nicht selbst setzen kann (Schutz vor Gefahren und Überforderung). Grenzen sind auch da gegeben, wo sich die Therapeutin überfordert fühlt, die Konsequenzen zu tragen. Ziel. »Die Zielsetzung der Sprachtherapie bei redeflussgestörten Kindern ist nicht, vordergründig psychische Prozesse in Gang zu bringen und zu verändern. Ihre Zielsetzung ist vielmehr: 4 den Reichtum der Sprache neu erleben zu lassen, 4 die Sprechfreudigkeit des Kindes zu fördern, 4 die sprachliche Mitteilungsfähigkeit des Kindes zu schulen, inklusive die nicht-verbale Mitteilungsebene, 4 das Kind dazu zu bringen, eigene Gefühle und Regungen zu spüren und zu verbalisieren, 4 die sprachliche Eigeninitiative zu fördern, 4 die Bewältigung von angstbringenden Situationen. Dabei stellt sich der Therapeut als Wegweiser, Impulsgeber, Grenzsetzer, und vor allem als Kommunikationspartner zur Verfügung.« (Katz-Bernstein 1990, S. 58 f.)
Therapeutische Grundhaltung. Die Therapeutin zeichnet sich durch Wahrung der äußeren Grenzen, durch Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Echtheit und Verschwiegenheit gegenüber Dritten aus. Dazu muss sie einerseits partnerschaftlich, andererseits überlegen agieren, eine angemessene Balance von Distanz und Nähe finden. Die Beziehung zu den Eltern des Kindes ist v. a. durch Akzeptanz geprägt. Die Therapeutin hat kein Interesse an einer Konkurrenz zu den Eltern, stellt vielmehr eine alternative Erwachsenenfigur dar. Dabei ist gegenüber dem Kind wie den Eltern selbstverständlich auf die Kultur und Umwelt des Kindes einzugehen. Kommunikative Prinzipien. Alle Übungen werden über das Spiel, in der Kommunikation, in der Bewegung und aus der Freude und Lust an der Aktivität heraus, also nicht als Übungszwang durchgeführt.
6
Kommunikationsformen. Das Konzept unterscheidet verschiedene Elemente der Kommunikation, die – ähnlich wie das Lernen in der kindlichen Entwicklung – aufeinander aufbauen und ineinander greifen: »Vormachen – Nachmachen«, »Frage – Antwort«, »Geführt werden – Führen«, »Abwechselndes Gestalten«, »Gemeinsames Gestalten« und »Geschehen lassen«. Sinn des Vorgehens nach diesen Kommunikationsformen ist es, die Komplexität von Kommunikationssituationen zu reduzieren und auf in der Entwicklung frühere Formen zurückzugehen, bis darin Sicherheit erreicht ist. Therapieebenen. Die Kommunikationsformen werden auf die verschiedenen Therapiebereiche der sprachtherapeutischen Intervention angewandt. Als Therapiebereiche unterscheidet das Konzept 4 primäre (nonverbale) Kommunikation, 4 Atem und Stimme, 4 Artikulation und Intonation, 4 Rede – Wort und Reihensatz, 4 Sätze: gemeinsames Gestalten und schließlich 4 Spontansprache. Modifikation für die Gruppentherapie. Inzwischen ist dieses Konzept weitergeführt und für die Arbeit mit Gruppen von Vorschul- und Schulkindern modifiziert worden (vgl. Katz-Bernstein u. Subellok 2002 und 7 Kap. 8.8). Hierbei kommen direkte Ansätze, v. a. Elemente aus der Therapie nach van Riper (1982, 1986), übertragen auf Schulkinder zum Tragen.
Fazit 4 Kaatzz-Bernstein n hat h einen n grund ndleg gen enden und d wertvollen n Bei B trag zu ur Integration von spie elther h apeutisschen ch Elemen nten, ssp pra prachtherap peuti u schen Me Metthod h en und klientenzentrierterr El Elternberatung ng gel g eistet. 4 Zielgrupp pe sind s Vorschulk kind inder er und ihre ih Bez spersone zug nen n.
1 2 3
96
Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
6.5
Fluency-Shaping-Programme Das Prinzip von Fluen Flu cy-Shaping-P g-Programm me men mit ihrem mit i ih stren st reng ren g hierarc rchis h chen Aufb fbau, ihrer IInn tegration in ein umfa mfa fasse s nde ss es Therapieko konzept sow so owie ie ihre ihr h e Komb om inierbark rkeit rk e mi mitt Stottern modifizierenden Verffah ahr hren e wird im Folg lgenden da dargeste ellt un und d diskutiert.
4 5 6 7
Mit Fluency-Shaping-Programmen (FSP) soll flüssiges Sprechen erreicht werden. Sie bilden damit den Gegenpol zu Stottern modifizierenden Verfahren, deren Ziel flüssiges Stottern ist. Wegen dieser Gegensätzlichkeit wurden einander ergänzende Eigenschaff ten der beiden Verfahren lange nicht beachtet. Selbst heute noch erscheint eine Integration der beiden Ansätze oftmals problematisch.
.
6.4
Struktur von n Fluency-Sh Sh haping--Programm men 4 Umfasse ende Datene erhebun ng zu Begin nn und im Verrlaauf der Therap ap pie 4 Anleitu ung g der Eltern zur zu Durchführung der Therapie i 4 Wöchentl tlich che Kontrollsitzungen en mi mitt d der Therapeutin zur ur Ve Verlaufskontrolle und weiteren Instruktion 4 Eindeutige Kriteriien, en wa wann n und auf welcche Weise die Anforderungen We en erh erhöht werde rden n dü fe dür fen 4 Durrchf ch üh ührung von »Sprechspielen« auf unterschied edlic l hen Anforderungsebenen 4 Belohnung an nhan ha d eine einess Verstärkerplanss 4 Durchführung eines Na Nachs chsorg orgepr p ogr g amm ammss
8 6.5.1
9
Beschreibung des Verfahrens
11
Das Fluency Shaping wird nach einer kurzen Trainingsphase mit der Therapeutin größtenteils von den Eltern selbst durchgeführt. Dazu werden sie sorgfältig in die Eigenarbeit eingewiesen. Im weiteren Verlauf der Therapie hat die Therapeutin eine eher betreuende und beratende Funktion.
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> Beachte
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Durch gezieltes Einüben einer mit dem Stottern inkompatiblen Sprechweise1 soll die spontane Übernahme des neuen Sprechmusters in die freie Rede bewirkt werden. Wenn dies nicht erreicht werden kann, wird die Entwicklung einer kontrollierten Sprechflüssigkeit angestrebt.
Basierend auf dem Prinzip der operanten Konditionierung2 wird die neue Sprechweise zunächst auf einer niedrigen Anforderungsebene (1-Wort-Äußerungen) eingeübt und mit Hilfe von Verstärkerplänen etabliert. Schließlich wird die Anwendung der Technik mit Hilfe einer streng hierarchischen Vorgehensweise bis zur Ebene der Spontansprache ausgebaut. Die unterschiedlichen FSP ähneln einander in Struktur und Technik (z. B. Shine 1980; das »Monterey Fluency 1 Zum Beispiel Verwendung weicher Stimmeinsätze, spürendes Sprechen oder prolongiertes Sprechen (vgl. . Tabelle 5.2). 2 Begriff der Lerntheorie: Bei der operanten Konditionierung wird das Verhalten durch die nachfolgende Konsequenz gesteuert.
Program« nach Ryan u. van Kirk Ryan 1999; Onslow u. Packman 1999a). In . Übersicht 6.4 findet sich eine zusammenfassende Darstellung der gemeinsamen Struktur der Fluency-Shaping-Programme.
6.5.2
Wann ist die Entscheidung für ein Fluency Shaping sinnvoll?
Nach Guitar und Peters (1999) sind durch ein FSP dann die größten Fortschritte zu erwarten, wenn die Symptomatik noch nicht sehr ausgeformt und die Sprechfreude weitgehend erhalten ist. Zeigt das Kind in seiner Spontansprache bereits Ansätze zu sinnvollen Copingstrategien, wie z. B. die spontane Anwendung einer Sprechtechnik, kann die erfolgreich verwendete Strategie über das FSP etabliert werden. Das Kind sollte weiterhin ein gutes Konzentrationsvermögen besitzen, da es täglich mindestens 15 Minuten gemeinsam mit den Eltern an der Ausformung des flüssigen Sprechens arbeiten muss. Da die Therapie ohne die Mitarbeit der Eltern nicht durchführbar ist, müssen die Eltern entsprechende Motivation und Einfühlungsvermögen mitbringen. Von der wertfreien Korrektur durch die Eltern hängt es wesentlich ab, wie das Kind die neue Sprechweise aufnimmt. ! Cave Ist die Eltern-Kind-Beziehung durch das Stottern bereits belastet, kann die Durchführung eines FSP problematisch werden: Bestehende Konflikte und ein möglicherweise latent vorhandenes Störungsbewusstsein können verstärkt werden.
97 6.5 · Fluency-Shaping-Programme
6.5.3
Vor- und Nachteile von FluencyShaping-Programmen
Die Methode ist leicht erlernbar. Der Aufwand für die Gestaltung und Durchführung der Therapie hält sich in Grenzen. Andererseits ist durch den eng vorgegebenen Rahmen eine individuelle Anpassung der Therapie an die Bedürfnisse des Kindes nicht bzw. nur sehr bedingt möglich. > Beachte Erst durch die Einbettung des FSP in ein individuell abgestimmtes Therapieprogramm aus Elternberatung, Förderung kommunikativer Fähigkeiten, der sprachlichen und sozialen Entwicklung sowie ggf. Desensibilisierung gegen Ängste und kommunikativen Stress wird diese Methode den individuellen Gegebenheiten des Kindes und der Familie gerecht.
. Tabelle 6.1 vergleicht systematisch die Ansätze des
Fluency Shaping und der Modifikation.
6.5.4
Die Kombination von FluencyShaping-Programmen mit modifizierenden Verfahren
Oft ist die Entscheidung für oder gegen einen der genannten Therapieansätze nicht einfach. Zum Teil ergeben sich erst im Laufe der Therapie Schwierigkeiten mit dem gewählten Therapieansatz, sodass eine Veränderung des Vorgehens angeraten ist. Wurde die Therapie mit FSP begonnen, ist ein Wechsel oder die Kombination mit modifizierenden Verfahren sinnvoll, wenn vorhandene Sprechängste falsch eingeschätzt wurden (z. B. das Kind zeigt trotz eines bereits hohen Grades an Sprechflüssigkeit in der
. Tabelle 6.1. Vergleich von modifizierenden Verfahren und Fluency-Shaping-Programmen. (In Anlehnung an Guitar u. Peters 1999, S. 12) Modifikationstherapie Vorteile
Fluency-Shaping-Therapie Nachteile
Vorteile
Nachteile
Konfrontation mit dem Stottern und Durchführung von Angst auslösenden Aufgaben.
Geringere Notwendigkeit zur Konfrontation mit dem Stottern und zur Durchführung Angst auslösender Aufgaben.
Erfordert möglicherweise ungewöhnliche Sprechmuster über einen gewissen Zeitraum.
Die Vorgehensweise ist unstrukturiert, es müssen mehr schwierige Entscheidungen zum weiteren Vorgehen getroffen werden.
Es stehen viele strukturierte Programme zur Verfügung. Somit ist weniger Vorbereitung notwendig.
Die Therapie kann langweilig sein.
Der Therapieerfolg ist aufgrund weniger Daten nur schwer quantitativ beurteilbar.
Es werden viele Daten erhoben, um den individuellen Therapieerfolg messbar zu machen.
Viele Daten müssen ausgewertet werden.
a) für den Patienten Erfordert kein Erlernen ungewöhnlicher Sprechmuster.
b) für die Therapeutin Die Therapie ist eher spontan und macht Spaß.
c) Bewertung des Übungsprogramms Das Programm ist anspruchsvoller/ schwieriger zu erlernen.
6
Leicht erlernbar. Es gibt weniger individuelle Unterschiede und klarer definierte Entscheidungen, die aufgrund von Verhaltensbeobachtungen getroffen werden.
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Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
Übungssituation so starke Ängste oder Vermeidung, dass der Transfer der erlernten Inhalte nicht möglich ist). Auch bei einer Verschlechterung der Eltern-KindInteraktion im Laufe des FSP sollte über einen Wechsel der therapeutischen Methoden nachgedacht werden. Lehnt das Kind das Stottern sehr stark ab und kann es infolgedessen das Therapieziel modifizierender Verfahren »flüssiges Stottern« auch nach längerer Behandlung nicht akzeptieren, ist mitunter der Wechsel zu einem FSP Erfolg versprechender. Parallel muss hier jedoch dringend eine umfassende Desensibilisierung gegen Sprechängste und stotterauslösende Reize stattfinden. Guitar und Peters (1999) sind sogar der Ansicht, dass die erfolgreichsten Elemente beider Therapieansätze von Anfang an kombiniert werden können, um ein optimales Ergebnis zu erzielen: »Unserer Erfahrung nach werden die meisten Klienten zu irgendeinem Zeitpunkt ihrer Behandlung von einer Kombination der Stottermodifikation mit Fluency-ShapingAnsätzen profitieren. Wir denken, dass Fluency-ShapingTherapie effizienter ist als Stottertherapie zur Veränderung der Sprechmuster. Wir denken aber auch, dass Stottermodifikationstherapie effektiver ist für das Reduzieren von Sprechängsten und die Verbesserung von Einstellungen gegenüber dem Sprechen, für solche Klienten, die das brauchen.« (Guitar u. Peters 1999, S. 23 f., Übersetzung durch die Autorinnen)
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Das FRANKA-Konzept der Kasseler Stottertherapie (7 Kap. 6.5.6) hat diese Sichtweise übernommen und beide Ansätze integriert.
Fazit 4 Diie alleinige e Durchführrung eines Flue ency Sh hapings ist in n den meis isten Fäälle is llen n ungenü u ügen end. 4 Dass Vorgehen muss sich sowohl hl fü für d das Kind alss au uch für seine e Famil m ie eignen. 4 Einge geb bett e et in ein indiv dividu iduell angepassstes Therap piiek ekonz o ept ist das Flu Fluenc encyy Shap Shapiing eine erfolgr lg eic eiche Methode der Therapie des Stotterns.
6.5.5
Beispiel für Fluency Shaping: Das Lidcombe-Programm
Aus Australien kommt das Lidcombe-Programm, das v.a. an der Universität Sydney entwickelt wurde. Es ist ein verhaltenstherapeutisch ausgerichtetes Programm zur frühen Intervention bei Stottern im Vorschul- und Schulalter (vgl. z. B. Onslow u. Packman 1999a, 1999b, 2006, Lattermann et al. 2009, Huber u. Onslow 2001). Das Vorgehen ist hierarchisch nach Therapiefortschritt organisiert und wird unter regelmäßiger Anleitung und Kontrolle durch eine Therapeutin von einem Elternteil oder einer anderen Bezugsperson umgesetzt. Das Kind wird in seiner alltäglichen Umgebung behandelt. Da es sich um einen atheoretischen Ansatz handelt, spielen Fragen nach den Ursachen eine untergeordnete Rolle. Die Elternarbeit bezieht sich in ihrem Schwerpunkt auf das positive Kommunikationsverhalten der Eltern. Belohnung flüssiger Sprechweise. Während Fluency Shapings wie z. B. das »Monterey Fluency Program« nach Ryan und v. Kirk (1999) oder die Kasseler Stottertherapie (7 Kap. 6.5.6) versuchen, gezielt eine mit dem Stottern inkompatible Sprechweise zu installieren, wird beim Lidcombe-Programm allein die bereits vorhandene Sprechflüssigkeit positiv verstärkt. Dies eignet sich besonders für den Umgang mit Kindern ab etwa 3 Jahren, aber auch jüngere Schulkinder profitieren oft von diesem Therapieansatz. Evaluation. Die Wirksamkeit des Lidcombe-Programms konnte im Zuge einer Evaluation für den englischen Sprachraum, und nun auch für den deutschsprachigen Raum, belegt werden (Lattermann 2006). In einer ersten Vergleichsstudie zwischen unbehandelten Kindern und Familien, die am Lidcombe-Programm teilgenommen haben, konnte belegt werden, dass die Zunahme an Sprechflüssigkeit der therapierten Kinder über das Maß möglicher Spontanremissionen hinaus gehen. Zudem konnte bei allen am Programm teilnehmenden Kindern eine höchst signifikante Abnahme der Stotterrate (Lattermann et al. 2008) nachgewiesen werden. Zeitlicher Rahmen und Organisation der Kooperation. Nach einer ausführlichen Diagnostik gliedert sich der Therapieplan in 2 Stufen. Die erste Stufe umfasst die Zeit, bis das Stottern des Kindes ein sehr niedriges Niveau erreicht hat. Bis dahin führt die Bezugsperson zu Hause Messungen und die Behandlung durch und besucht einmal wöchentlich mit dem Kind die Klinik. Ist ein niedriges Stotterniveau
99 6.5 · Fluency-Shaping-Programme
erreicht, beginnt Phase 2 der Behandlung. Sie dient der Stabilisierung und Nachsorge. Über etwa 12 bis 18 Monate hinweg finden zunehmend seltener Klinikbesuche statt. In dieser Zeit messen die Eltern monatlich die Stotterrate und behalten die kontingente Stimulation (vgl. . Übersicht 6.5) bei, indem sie die kindliche Sprechweise anfangs 20 bis 30 Mal täglich, später nur noch gelegentlich kommentieren. Zwei Ebenen der Anleitung. Das Anleiten besteht aus zwei Elementen: Einmal lernt die Mutter, wie man die Schwere des Stotterns beurteilt. Einheitliche Beurteilungskriterien sind die Voraussetzung für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Therapeutin und Bezugspersonen. Hierzu wird die sog. Severity Rate Messung eingeführt (vgl. Abschn. »Die Beurteilung des Schweregrades durch die Eltern«). Die zweite Ebene ist das Erlernen der Art, wie verbale Rückmeldungen über das flüssige Sprechen des Kindes gegeben werden sollen. Anfangs demonstriert die Sprachtherapeutin das Vorgehen, die Mutter hat in der Stunde die Möglichkeit, das Vorgehen unter Anleitung selbst anzuwenden und führt das Erlernte dann während der Woche aus. . Übersicht 6.5 zeigt, wie die Stimulation flüssiger Äußerungen durch die Bezugspersonen konkret aussehen kann (vgl. The Australian Stuttering Research Centre, The University of Sydney, The
Stuttering Unit, Bankstown Community Health Centre (1998)). ! Cave Korrekturen müssen stets wohlwollend und in positivem Tonfall durchgeführt werden. Ist dies nicht möglich, sollte auf Korrekturen ganz verzichtet werden.
Messen des Stotterns durch die Therapeutin. Die Sprachtherapeutin ermittelt die Severity Rate zu Beginn der Stunde und misst bei den klinischen Kontrollen die Häufigkeit der gestotterten Silben in Prozent per Handzähler mit integriertem Timer. Ausgewertet werden üblicherweise 300 Silben oder 10 Minuten. Handzähler sind kleine Geräte, die durch Drücken eines kleinen Knopfes zählen. Sie sind im Elektrofachhandel erhältlich. Eine sehr gute Alternative hierzu stellt das PC–Programm »CountBasic« dar, das im Ê Downloadbereich zur Verfügung gestellt wird. Das Programms ist in 7 Kap. 5.4.2, Abschn. »Quantitative Auswertung der Sprechproben: CountBasic«, genauer beschrieben. Severity Rate. Sie misst die Schwere des Stotterns anhand einer Skala von 1 bis 10. Die Einschätzung des Schweregrades wird gemeinsam mit den Eltern, am besten anhand von Videoaufzeichnungen, eingeübt. In
. Übersicht 6.5 Stimulation du urch kontingente Reaktio one en 4 Prinzip: Lob un nd Korrektur sollten min ndestens im Verhältn nis 5:1 angewendet werd den,, wobei die Korrektur der Sprechweise erst eing gefü ührt wird, wenn siche ergesstellt werden kann, da dass das Kind zuverlässig für fl flüssige Sprechweise pos p iti i v verstärkt wird. Die Anwendung erfolgt zu unäcchst in den täglich h durrchgeführten »Sprechs hspiel elen« e nach ca. jeder drittten flüssig gesprochene en Äu Äußerung. Später dan d n sollte dieses Feedbackk während des Tages caa. 20 0 bis 30 Mal in natürlichen n Sprechsituationen n ange ewandt werden. 4 Verbale Verstärkung g durc rch Lob: »Das klang super!«, »Gut gemacht!« so schne h ll wie möglich n h der stotterfreien Red nac ede, in n positivem p Ton, so daass as das Kind sie hören kann. n 4 Non nver v bale Verstärkung für stot totterfre freies Sprechen in der Anfangsphase durch z. B. B Stemp mpel oder Puzz zzzleteile, die im Anschluss zusamm mmenge esetzt werden en. en
6
timulation in Form m von Lob für spon4 Verbale Sti tane Selbsstkorrekturen un nd Identifika ation von Stottern wie e »Ich habe ein in holpriges Wort gesa sagt.« Die Stimula ulatio tion n wäre dann z. B.. »Prima, du has ast bemerkt, dass da ein holpriges as ess Wort war.« oder »Gut G gemacht, du hast dass W Wort selbst repariert.« Dies ese es e Inte In rvention n spi spie elt jedoch eine deutlich untergeordnete Rolle. 4 Verbale Stimulation in Form von Identifizieren von gestotterten Wörtern durch die Be ezugsperson und Aufforderung zur Korre rrek ktur. r. »Sa Sag g nochmal n Hund, ich glaube, ic ich h hab ein Stottern ter n gehört.« g »Das war war ein ein holpriges ges Wort, W kannst Du es noch h mal mal sag sagen? en?«« Anschließend: A »Gut gemacht, das kam ganz leicht heraus.«
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Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
der Regel lernen die Eltern sehr schnell, ihre Einschätzung der Stotterschwere an der der Therapeutin zu »eichen«. Mit Hilfe des gemeinsamen Bewertungsmaßstabes kann die Symptomatik auch außerhalb des Therapiezimmers wertneutral und verlässlich eingeschätzt werden. Eine Severity Rate 1 (SR1) entspricht flüssigem Sprechen, bei SR2 treten einige lockere Wiederholungen auf, spannungsreiche Blockierungen sind bei einem Wert von 2 gänzlich ausgeschlossen. Der Wert 10 stellt die schwerste vorstellbare Form des Stotterns dar. Er bezieht sich somit nicht auf das individuell zu bewertende Kind, sondern stellt einen angenommenen allgemeingültigen Maximalwert der Stotterschwere dar. Dieser Wert ist notwendig, um das individuelle Stottern in ein Bezugssystem zu setzen und den Therapieverlauf durch das Einbeziehen qualitativer und quantitativer Parameter zu dokumentieren. Beurteilung des Schweregrads durch die Eltern. Sie bewerten täglich die Sprechflüssigkeit ihres Kindes anhand des mit der Therapeutin eingeübten Severity Ratings. Die Beurteilung kann sich entweder auf den ganzen Tag oder auf eine spezielle Sprechsituation beziehen. Werden einzelne Situationen zur Einschätzung herangezogen, ist es notwendig, die Beurteilung bei wechselnden Sprechanlässen durchzuführen. Die erhobenen Werte werden auf dem Protokollblatt notiert (. Abb. 6.1). Stimulation flüssigen Sprechens auf verschiedenen Anforderungsstufen. Die Durchführung der sog. Sprechspiele, wie die häuslichen Übungen genannt werden, wird in der wöchentlichen Sitzung mit der Therapeutin vorbereitet und gemeinsam eingeübt. ! Cave Die durchführende Bezugsperson muss in der Lage sein, Stottermomente eindeutig zu identifizieren. Sonst besteht die Gefahr, dass gestotterte Wörter positiv verstärkt werden.
Es ist Aufgabe der Therapeutin, die Schwierigkeitsstufe der »Spiele« den Fähigkeiten des Kindes so anzupassen, dass es dabei eine Severity Rate von 1 bis 2 erzielen kann. Um diese Werte zu erreichen, werden zu Beginn möglichst kurze Äußerungslängen evoziert, da hier die Wahrscheinlichkeit zu stottern die geringste ist. Gemeinsam mit der Mutter werden Spielsettings für die häusliche Anwendung erarbeitet, die nicht nur eine niedrige Severity Rate ermöglichen, sondern auch Spaß machen. . Übersicht 6.6 listet Möglichkeiten zur engen Strukturierung spontansprachlicher Äußerungen bis zur Einwort-Äußerung auf.
Typischer Ablauf einer Stunde im Lidcombe-Programm. Die Struktur der Stunden mit der Therapeutin ist durch das gesamte Programm im Wesentlichen gleich. Die Mutter ist während der Stunden immer anwesend. Sie soll am Modell der Therapeutin lernen und mit Hilfe des Feedbacks der Therapeutin Demonstriertes selbst anwenden. In einem etwa 10-minütigen Gespräch (ca. 300 Silben) der Therapeutin mit dem Kind wird die aktuelle Severity Rate sowohl von der Mutter als auch von der Therapeutin ermittelt und auf dem Protokollblatt notiert (. Abb. 6.1). Die Stotterrate wird ebenfalls anhand der Sprechprobe erhoben und in der Akte notiert. Mutter und Therapeutin vergleichen ihre Einschätzungen der SR der aktuellen Sprechprobe des Kindes. Weichen diese voneinander ab, begründet die Therapeutin nochmals genau ihre Beurteilung, sodass die Zuordnung zur entsprechenden Severity Rate für die Mutter nachvollziehbar wird. Im Anschluss werden mit der Mutter der Wochenverlauf, Messwerte und Schwierigkeiten bei den Sprechspielen erörtert. Während des Sprechspiels demonstriert die Mutter ihr Vorgehen während der letzten Woche, die Therapeutin greift hier bestätigend und ggf. korrigierend ein. Änderungsvorschläge können auch nach dem Sprechspiel eingebracht werden. Basierend auf den Messwerten und den Beobachtungen während des gezeigten Sprechspiels demonstriert die Therapeutin mit dem Kind die veränderte Durchführung bzw. die Einführung einer neuen Anforderungsstufe. Während des Spiels kann dann wieder ein Spielerwechsel stattfinden, sodass die Mutter nun das Spiel unter den geänderten Vorgaben weiterführt. Nach einer neuerlichen Rücksprache mit evtl. Korrekturen und genügend Lob für die Mutter wird die kommende Woche mit den Sprechspielen und dem Einsatz der verbalen Rückmeldungen geplant und die Stunde beendet.
. Übersicht 6.6 6 Möglichkeiten n zur Provok kation sehr einffacher Äuß ßerungen 4 Spiele mit Lau autmalereie en (z. B. »Ohren auf!« en f!« v Amigo;; Pa von Papperlapapp p von v Haba) vo a) 4 Be Benennspiele e ((D Domi o no, Memory, Angeln etcc.). e 4 Alt ltern rnativfragen »Mag Magst st Du lieber Nutel ella la oderr Marm a elade?« 4 Geschlos ossen ene Fragen (bei gemeinsamer Referenz): Was as m maacht ch …? Wo ist …? Wer macht …? beim Ansehen hen eiinfa nfache cher Bilderbüch cher er
101 6.5 · Fluency-Shaping-Programme
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. Abb. 6.1 Darstellung der Severity Rates im Therapieverlauf nach dem Lidcombe-Programm. Die Tabelle wird von der Mutter geführt, die leeren Kreise entsprechen jeweils der Bewertung der Severityrate durch die Sprachtherapeutin.
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Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
Praktikabilität der Anwendung. Verfahren, die so direkt ansetzen wie das Lidcombe-Programm und die möglichen Ursachen des Stotterns nicht im Blick haben, stoßen in unserer Kultur häufig auf Widerstände. Diese können sowohl beim Kind auftreten, das vielleicht nicht so oft von den Eltern auf seine Sprechweise angesprochen werden möchte, wobei die meisten Kinder das regelmäßige Lob sehr schätzen. Die Widerstände können genauso bei den Bezugspersonen auftreten. Sie führen z. B. dazu, dass die häuslichen Aufgaben nicht zuverlässig durchgeführt werden. Der Erfolg des Programms steht und fällt aber genau mit dieser Kooperation (7 Kap. 9.7 Abschn. »Fluency-Shaping durch die Eltern«.). Allerdings lässt sich das Programm sehr gut mit den Bausteinen der Elternarbeit (7 Kap. 9) kombinieren. So können über das Konzept hinaus kulturelle Unterschiede berücksichtigt werden. Gleichzeitig kann auf besondere familiäre Konstellationen Bezug genommen werden. ! Cave
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Um Therapieeffekte eindeutig zuordnen zu können, sollten bei einer Kombination mit Bausteinen der Elternarbeit die Elemente nicht zeitgleich durchgeführt werden. Sinnvollerweise sollte daher bei Bedarf ein Block intensiver Beratungsarbeit mit den Eltern zu Beginn der Behandlung stehen.
In sehr seltenen Fällen lässt sich selbst in stark strukturierten Übungssituationen flüssiges Sprechen nicht stimulieren. Hier sollte ein anderer Therapieansatz gewählt werden. Aufgrund der Struktur des Lidcombe-Programms ist dieser Ansatz besonders für jüngere Kinder ohne allzu ausgeprägte Begleitsymptomatik geeignet. Ihre Eltern sollten für eine erfolgreiche Umsetzung der Inhalte über ein gewisses Maß an Selbstorganisation verfügen, um die täglichen Sprechspiele und Severity Ratings verlässlich durchzuführen. > Beachte Eltern, die die dafür benötigten täglichen 10 bis 15 min nicht aufbringen können, sollte ein anderer Therapieansatz angeboten werden, da ansonsten der Therapieerfolg nicht gewährleistet ist.
Kinder mit ausgeprägten Sprechängsten oder besonders schwerer Symptomatik dürften in der Regel mit Non-Avoidance-Ansätzen besser versorgt sein, da dort der emotionalen Komponente des Stotterns ein weitaus größerer Anteil beigemessen wird als im Lidcombe-Programm.
Mit dem Lidcombe-Programm steht ein sehr hilfreiches Konzept zur Therapie jüngerer stotternder Kinder zur Verfügung. In 7 Kap. 9.7 werden die Durchführung von Fluency-Shapings durch die Eltern und der Umgang mit möglichen auftretenden Schwierigkeiten genauer beschrieben.
Fazit e-Programm isst ein Beispi piel für 4 Das Lidcombe ein verhaltensstherapeutisc st sch ausgerichte tetes Fluency Shap ping. 4 Das Kind wird d im Wesenttlichen von einerr Bezugsperson behandelt. Die Therapeutin leitet die Bezugssperson dazu u an, diese Auffgabe kompetent und d erfolgreich h übernehme men zu können. 4 Die Akzeptanz und n Effektivität verhaltenstherapeutischer A Ansätze n in der Stottertherapie ist in angelsächs hssischen Kulturen generell g ßer als in den meiist grö sten europäischen Län ndern, weswegen ein rein n pra pr gmatische es VorV ge ehen in Deutschland eingehender Vorbereitu ung und Hinführung der Eltern auf das Theraapiekonzept bedarf. Hierfür dürften kulturrelle e Gründe G verantwortlich sein. 4 Je naach kult u ureller Herkunft kommt das Lidcombe e-Progr gramm Eltern und Kindern aus anderen n Kulture K ren unter Umständen sogar besonders en entgegen en. 4 Für die Therapiie stotternde nderr jüng jüngere ererr Kind Kinder und junger Schulkiinde nder ohne ausgeprägtess Vermeideverhalten kann dies ieses es Kon Konzept eine Bereicherung des therapeutischen Repertoires darstellen.
i Tipp Materialempfehlung: geeignete Bilderbücher zur Stimulation einfacher Äußerungen Drescher, Daniela: Was raschelt denn da? Urachhaus, 2008 Buschkow, Ralf: Da stimmt doch was nicht! Ein SuchSpaß-Bilderbuch, Baumhaus Medien, 2001 Meyer, die kleine Kinderbibliothek – Licht an! z. B. Bd. 4: Licht an! Tiere der Nacht. Salah Naoura, Bibliographisches Institut Mannheim, 2006 Markus Osterwalder: Bobo Siebenschläfer: Bildgeschichten für ganz Kleine. Rowohlt, 1984 Cousins, Lucy: Mausi geht ins Bett. Sauerländer, 2001
103 6.5 · Fluency-Shaping-Programme
6.5.6
Kasseler Stottertherapie und das FRANKA-Konzept
Auch die Kasseler Stottertherapie (KST) ist ein Fluency-Shaping-Programm. Sie basiert auf dem Precision Fluency Shaping Programm von Webster (1980) und wurde um ein umfassendes Desensibilisierungs- und Nachsorgeprogramm erweitert. Als ein vergleichsweise junges Therapiekonzept hat sie das Bausteinprinzip sinnvoll und erfolgreich angewandt und um ein Biofeedbackverfahren erweitert.
Der Aufbau Die Kasseler Stottertherapie wird bereits seit einigen Jahren in der Behandlung erwachsener Stotternder und Kinder im Alter von 9 bis 12 Jahren angewandt. Die in ihr vereinten Bausteine werden in . Übersicht 6.7 zusammengefasst. Das FRANKA-Konzept. In Zusammenarbeit mit der Frankfurter Universitätsklinik wurde die KST für die Altersgruppe der 6- bis 9-jährigen Kinder im sog. Frankfurt-Kasseler Konzept (FRANKA) weiter modifiziert und um den Baustein »positive Verstärkung von flüssigem und weichem Sprechen«, ähnlich dem Lidcombe-Programm, erweitert (7 Kap. 6.5.5 und 9.7, Abschn. »Fluency-Shaping durch die Eltern«). In diesem therapeutischen Setting nehmen die Eltern die ganze Zeit selbst am Training teil; Sie erlernen die Sprechtechnik und den Umgang mit dem Biofeedbackverfahren gemeinsam mit ihren Kindern. Zur emotionalen Entlastung der Eltern finden spezifische Elterngruppen statt. Ziel ist die Fortsetzung der Behandlung während der Intervallpausen durch die Eltern sowie die Begleitung des Transfers. Derzeit befindet sich das FRANKA-Konzept noch in der Pilotphase. In . Übersicht 6.8 werden die Phasen der Kasseler Stottertherapie und in . Übersicht 6.9 der Aufbau des FRANKA –Konzepts vorgestellt.
Die Inhalte Fluency-Shaping mit Hilfe einer Sprechtechnik. Die zu erlernende Sprechtechnik setzt sich aus einer Kombination einiger mit dem Stottern inkompatibler Sprechweisen zusammen (7 Kap. 6.6). Sie besteht aus verlangsamtem Sprechen mit weichen Stimmeinsätzen und anfänglich stark ausgeprägten, bis zu 2 Sekunden andauernden Silbendehnungen. Diese werden im Laufe der Therapie verkürzt. Gemeinsam mit der Therapeutin wird herausgefunden, bei welcher Silbenlänge der Ablauf der Sprechbewegungen noch sicher gefühlt und kontrolliert werden kann (Bitsch 2007, Wolff v. Gudenberg 2006, Wolff v. Gudenberg
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. Übersich ht 6.7 Bausteine der Kasseler Stotterth herapie en der Sprechttechnikk »weiches Spre4 Erlerne chen« 4 Training g de er Technik mittels mi Biofeedbackve erfahren am m PC 4 Übungen zur u Ate A mregulation und Körperarbeit (z.B. Entssp pan nnung) 4 Des D ensibilisierung ng 4 Gru ruppentherapie in Fo Form rm einer er Int Inte ensivthe herap apie e 4 Strukt kturiiert er es Nachsorgeprogramm (sog. Refresher-K Kurs ur e) 4 Sicherung dess Tran Tra sfe sfers rs dur durch ang geleite tetes tes Eigentraining und ggff. Einz inzelt elther herapi apie e vor vor Ort
. Üb bersicht 6.8 Die e Phasen derr KST 4 Diagnostik 4 14-tägiges In ntens e ivprogra ra m für 9- bis ram 12 2-jährige Kin nder e im Institut utt der KS KSTT 4 St Strukt u urierte Na Nachso hs rge: – 3-t 3 ägige Refres esher h -Kurse nach 1, 5 und her d 10 1 0 Mon M aten – Bei ei Bedar d f Stützen der Transferphase in Form vo on n Ein E zeltherapie durch ausgebildete Therape peute uten n vor Ort
. Üb bersicht 6.9 Die e Phasen dess FRANKA-K Konzep pts 4 Diagnostik 4 1-wöchiger Int ntensivkurss für f 6- bis 9-Jähri riige in n Begleitung g eine i s Elternteil eilss iim eil m IInst nstiitut nst it der KSTT 4 Str trukkturierte Nach hssorrge: ge – 3 3-ttägi ä ge Auffrischu hungs ngskur kurse se nac nach h 1,, 4 und nd 6 Monaten – Abschl hluss u stre t ffen nach 1 Jahr mit Erhebung der 1-J 1-Jahr ahresd es aten
et al. 2006). Ziel ist es, sich einer durchschnittlichen Sprechgeschwindigkeit und einer normalen Prosodie anzunähern. Übungen zur Atemregulation werden flankierend durchgeführt. Mit Hilfe des compu-
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Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
. Abb. 6.2 Screenshot des PC-Biofeedbackprogramms »flunatic for kids!« für die Aufgabenstellung »weiche Stimmführung – Wortebene«.
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tergestützten Biofeedbackverfahrens »flunatic!« bzw. »flunatic for Kids« soll die Koordination von Atmung, entspannter Stimmgebung und Artikulation trainiert und dann in Realsituationen transferiert werden. Unmittelbares visuelles Feedback. Über den Bildschirm erhält das Kind noch während der Laut- und Silbenproduktion eine Rückmeldung über die Qualität der von ihm produzierten Sprechtechnik (. Abb. 6.2 und 6.3). Berücksichtigt werden dabei die geübten Parameter Silbendauer, Stimmeinsatz und durchgehende Stimmgebung. Damit ist das PC–Feedback der naturgemäß zeitlich versetzten Rückmeldung durch die Therapeutin deutlich überlegen. Gerade für Kinder mit schlechter Eigenwahrnehmung kann das Biofeedbackprogramm eine hilfreiche Unterstützung darstellen. Da in dieser Altersgruppe Computer ohnehin große Akzeptanz genießen, ist mit weniger Widerstand zu rechnen als bei einem ähnlichen Trainings-
setting, bei dem ausschließlich die Therapeutin ihr Feedback gibt. Das Training am PC begleitet die Kinder auch über die Intensivtherapie hinaus. In häuslicher Eigenarbeit muss regelmäßig an der Verbesserung und Anwendung der Technik im Alltag gefeilt werden. Die Eltern übernehmen hier die Rolle von Co-Therapeuten. > Beachte Durch das Biofeedbackprogramm ist es gelungen, den Familien sinnvolle Übungsstrukturen an die Hand zu geben. Allerdings erfordert die KST ein hohes Maß an eigenverantwortlichem Arbeiten in der Transferphase.
> Beachte Konzepte wie die KST und FRANKA erfordern hochmotivierte Eltern, die bereit sind, sehr viel Zeit und Energie in die Behandlung des Stotterns ihres Kin-
105 6.5 · Fluency-Shaping-Programme
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. Abb. 6.3 Screenshot des PC-Biofeedbackprogramms »flunatic!« für die Aufgabenstellung »weiche Stimmführung - Lautebene«.
des zu investieren und Eigenverantwortung zu übernehmen. Somit sollte sich die Therapeutin im Voraus überlegen, ob die jeweilige Familie zur konsequenten Durchführung der Methode geeignet ist.
Evaluation. Ergebnisse einer Langzeitstudie (Euler et al., im Druck) zeigen, dass der in der Kasseler Stottertherapie gewonnene Grad an Sprechflüssigkeit zwar wieder etwas abnimmt, aber durch die strukturierte Transferphase i.d.R. auch nach 3 Jahren deutlich besser ist als vor der Behandlung. Die Stichprobe umfasste ca. 400 Stotternde im Alter von 9 bis 65 Jahren, wobei die Zahl der 9- bis 12-Jährigen etwa ein Viertel ausmachte. Die Ergebnisse der Kinder unterschieden sich bei der objektiven Beurteilung des Therapieerfolges nicht signifikant von denen älterer Patienten. Die Daten wurden jeweils vor und nach den Kursen, sowie ein, zwei und drei Jahre nach Abschluss des Therapieprogramms erhoben. Überprüft wurden subjektive Kriterien (Selbsteinschätzung der Schwere des Stotterns in verschiedenen Sprechsituationen und Beurteilung des eigenen Vemeideverhaltens) sowie objektiv ermittelbare Daten wie Sprechtempo, Sprech-
flüssigkeit und die Beurteilung der Sprechnatürlichkeit durch Laien. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die verbesserte Sprechflüssigkeit nicht auf der Verlangsamung der Sprechweise, sondern auf einer Umstellung der koordinativen Fähigkeiten beruht (Euler et al.,im Druck). Der Therapieerfolg kann dieser Studie zu Folge nach Ende der Behandlung auch dann auff recht erhalten werden, wenn das Sprechtempo wieder signifikant erhöht wird. Die meisten Teilnehmer der Studie gaben an, die Sprechtechnik nicht automatisiert anzuwenden. Ein gewisses Maß an bewusster Kontrolle des Sprechablaufs scheint auch nach Jahren noch notwendig zu bleiben. Dennoch konnten Untersuchungen mittels funktioneller Kernspintomographie belegen, dass eine Umstrukturierung neuronaler Funktionen im Laufe der Behandlung (Neumann 2005, 7 Kap. 2.3.3) stattgefunden hat.
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1
Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
Fazit 4 Die Kasssele er Stotterth herapie e und das FR F ANKA-Konzzep pt sind kom mbiniertte Verfahre ren aus Fluency--Sh haping, Körp rp perarbeit it, Des Desensibilisierung und d Biofeedbac ackbehandlung. ac 4 FRANKA errwe weitert das besteh tehend teh e e Ko end Konzept on um den Baust stein ein der positiven Verstärkung fl siger Anteille. flüs 4 Dur urch den großen n Ante An il an eigenveraant ntwortli wo tlichem Üben in der Tran nsfe sferph rphase ase iist dieses es Ko Konzept besonders für Familien geeignet, die ein gu g tes Maß an Selbstorganisation besitzen en und über üb genügend Kapazitäten verfügen.
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Sprechtechniken – ein Überblick
6.6
Sprechtechniken sind immer nur nu ein Element ntt eines ein es umf umfass assend e en Therapieprogram amms. Sie kön nnen systematisch, z. B. in i Form eines Flu luenc e y-shapings, oder spi piiele eleris r ch und ri d in indirekt vermitte tt lt werden. Hierbei erhoff off fftt man die ie sp s ontane Üb Übernahme ein nah einer er als a hilfreich erle rlebten Sprechweise rle e in die freie Rede. Di Die e gäng ä igsten V Vorgehen h sweisen werden in diesem Kapi apitel te vorgeste tellt. te
Das vorrangige Ziel aller Sprechtechniken ist die Herbeiführung einer flüssigen Sprechweise. Der Redefluss soll durch eine mit dem Stottern inkompatible Sprechweise oder aber durch die Ablenkung der Aufmerksamkeit vom eigenen Sprechen verbessert werden. Sekundär erhofft man sich durch die relativ schnelle Verbesserung der Sprechflüssigkeit eine psychische Entlastung des Kindes sowie eine möglicherweise daraus resultierende Stärkung des Selbstbewusstseins.
17 6.6.1
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Welche Technik passt zu welchem Kind?
> Beachte Die ausgewählten Sprechtechniken müssen zu den Fähigkeiten und Defiziten des Kindes passen.
Dazu werden wirksame Strategien des Kindes im Umgang mit dem Stottern erfasst und für das Therapieziel genutzt. Zeigen sich für das Kind spezifische
Probleme, wie Schwierigkeiten mit dem Stimmeinsatz oder Atemauffälligkeiten, sollte eine Sprechtechnik ausgewählt werden, die dieser Auffälligkeit entgegensteuert (hier z.B. weiche Stimmeinsätze, Prolongationen oder die »Anblasetechnik« nach Schwartz (1977). > Beachte In den meisten Fällen ist eine Kombination verschiedener Sprechtechniken wirksamer als die Verwendung einer einzelnen Methode (vgl. »LLD« (für langsam, laut und deutlich) oder »WLL«(für weich, langsam und leicht) in . Tab. 6.2), da auf mehrere Komponenten der Redeflussstörung eingegangen werden kann.
Mitunter kann die saubere Unterscheidung der Sprechtechniken Schwierigkeiten bereiten. Weiche Stimmeinsätze sind in nahezu allen Techniken ohnehin enthalten und Aspekte der Technik des »spürendem Sprechens« mit seiner Hinwendung der Auff merksamkeit auf die taktil-kinästhetische Wahrnehmung spielen z.B. beim Legatosprechen und bei den Prolongationen ebenfalls eine wichtige Rolle. Für die Anwendung ist festzuhalten: Ähnliche Sprechtechniken setzen dennoch unterschiedliche Schwerpunkte. > Beachte Eine versierte Sprachtherapeutin sollte gemeinsam mit dem Kind herausfinden, welcher Schwerpunkt für das Kind am hilfreichsten ist und die entsprechende Sprechtechnik dann konsequent beibehalten.
Fazit prechtechn nikken sind imm i err nur Teil eines 4 Sp um mfassende en The T rapiep ep program mms ms. e können üb be er ein FSP et etabliert werde de en. 4 Sie mer passend zum K Kiind ind ausge4 Siie müssen imm wäh ählt lt werden. olgre reiche Sprechte techn chnike ik n, die das Kind 4 Erfolg spontaan i.S. .S e. positiven Cop Coping ingstr strate ategie gie verwendet, so olllten te unbedingt weiter ausgebaut werden.
107 6.6 · Sprechtechniken – ein Überblick
.
6
6.2. Sprechtechniken und ihre Wirkungsweise
Sprechtechnik
Beschreibung
Wirkungsweise
1. Langsames Sprechen
Deutliche Reduzierung des Sprechtempos
Längere Planungsphase und bessere motorische Kontrolle durch Verlangsamung des Sprechprozesses
2. Spürendes Sprechen
Schulung der tk Wahrnehmung während des Sprechvorgangs; genaue tk Wahrnehmung des Sprechablaufs [1]
Ausschaltung der auditiven Eigenkontrolle, Schulung der tkWahrnehmung, indirekte Reduktion des Sprechtempos
3. Legato- Sprechen
Die einzelnen Wörter werden nicht getrennt voneinander gesprochen, sondern durch die Stimme miteinander verbunden (z. B. meine_Eltern)
Weitgehende Reduzierung neuerlicher Stimmeinsätze; damit sinkt die Wahrscheinlichkeit zu stottern erheblich
4. Prolongiertes Sprechen
Zeitliche Entzerrung der Lautübergänge in der Phase des Stimmeinsatzes (. Kap. 8.7.1, Abschn: »Prolongation – Sprechtechnik und Vorübung zum PullOut«); Nicht mit einer Lautdehnung zu verwechseln!
Durch vorsichtige Bildung des Wechsels von Stimmlosigkeit zu Stimmhaftigkeit in der 1. Silbe kommt es zu einem sanften Stimmeinsatz und zu einer eher spürenden Lautbildung. Beides ist mit Stottern nicht kompatibel.
5. Betontes Sprechen
Akzentuiertes Sprechen
Beim Stottern gehen Rhythmus und Melodie des Wortes verloren. Anwendung einer mit dem Stottern nicht vereinbaren Sprechweise.
6. Anblasetechnik
Vor Beginn des Wortes kontrollierte Ausatmung durch leicht geschlossene Lippen; Beginn der Artikulation des Wortes während der Ausatmung. z. B. phhhoma
Ermöglicht weiche Stimmeinsätze; zeitliche Entzerrung der Koartikulation [2]; gut mit spürendem Sprechen (2.) kombinierbar
7. Weiche Stimmeinsätze
Nur bei Vokalen möglich, die Stimmlippen schließen locker und kontrolliert; ist impliziter Bestandteil fast aller hier beschriebenen Sprechtechniken (außer Nr. 5)
Kontrollierte Annäherung der beiden Stimmlippen; dadurch Reduzierung der überhöhten Spannung auf Glottisebene
8. Langsam, Laut und Deutlich (LLD) [3]
Kombination aus 1, 3, 4
9. Weich, Langsam und Leicht (WLL) [4]
Kombination aus 1, 2, 6
Durch Kombination mehrerer Techniken werden viele mit dem Stottern inkompatible Sprechweisen angenommen; die Wahrscheinlichkeit zu stottern sinkt
10. Metronom-sprechen
Rhythmisches, silbenweises Sprechen z.B. mit Hilfe eines vorgegebenen Taktes (Metronom; sachtes Bewegen eines Fingers im Rhythmus). Mit zunehmender Übung kann die Sprechmelodie einer natürlicheren Sprechweise angenähert werden.
Die Zergliederung in Silben unterstützt die Timing-Prozesse und verlangsamt das Sprechtempo des Kindes.
[1] taktil-kinästhetische Wahrnehmung, [2] . Kap. 1.3.4, »Begleitsymptomatik«, [3] vgl. de Vries 1993, [4] vgl. Hansen u. Iven 1992
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108
Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
6.7
Modifikationstherapie nach Dell und van Riper Es handelt sich um die die Über Üb tragung des von Charles van Riper (1971; 1973) en entwi tw ckelten Therapieansatzes auf die Arbeit mit Kinder de n im Schulalter. Carl W. Dell war Student von van Ri Riper. Beide entwickelten das Konzept gemeinsam, als als van Ri Riper per zu der späten Einsicht kam, er habe sich mehr um die ie Be Behandlung des kindlichen Stotterns bemühen sollen, da d hier die Heilungschancen größe ößerr seien. Dell veröffen öße ffentlichte das Konzept dann erstmalls 1979 19 . Im Folgend enden wird der generelle Ansatz und das as Ne N ue daran beschrieben. Zusätzlich wird auf den Ansatz An KIDS eingeg gangen, der der die d Therapie nach Dell und un Van Riper aufgreift un nd erwe e eite it rt. Die genaue Vor orrgehensweise fließt in das as Vo V rge rgehen in verschie-denen Bausteinen mit ein (z. B. 7 Kap K . 8.5.4 und 8.7).
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
Ziel und Prinzip. Die Arbeit von Dell (1996) gehört zu den direkten Therapieansätzen, bezieht aber durchaus indirekte Elemente, wie z. B. Beratung und Hospitationen der Eltern, mit ein. Die Therapie setzt sowohl am flüssigen Sprechen als auch am Stottern an. Ziel ist eine bewusste Kontrolle und Modifikation der Art des Stotterns. Daneben spielen die Entmystifizierung des Stotterns und der Abbau der Angst vor dem Stottern eine entscheidende Rolle. Im Vordergrund steht die Reduktion der Schwere des Stotterns (eines gestotterten Wortes), die wesentlich wichtiger ist als die Reduktion der Häufigkeit der Stotterereignisse. Es geht also um eine Rückführung des Stotterns in immer leichtere Formen des Stotterns. Indikationen. Diese Art der Behandlung eignet sich vor allem bei Zeichen von Anstrengung oder Anspannung während des Stotterns sowie bei Hinweisen auf soziale Stigmatisierung des stotternden Kindes. Entsprechend der 3 Schweregrade bzw. Entwicklungsphasen des Stotterns (7 Kap. 7.2) unterscheidet Dell 3 verschiedene Vorgehensweisen.
19
6.7.1
20
Bewusstmachen und Verstärkung flüssiger Anteile des Stotterns. Die Aufmerksamkeit des Kindes wird auf das flüssige Sprechen gelenkt: Flüssiges Sprechen wird bewusst gemacht und soll vom Kind mit allen
21
Methoden
Sinnen erfahren werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Fühlen und Ertasten der Vorgänge im Mundbereich. Die Therapeutin wählt die Sprechaktivitäten so, dass das Kind diese flüssig bewältigen kann. Flüssiges Sprechen fördert flüssiges Sprechen. Das Vorgehen unterscheidet sich grundsätzlich danach, ob das Kind einen flüssigen oder einen unflüssigen Tag hat. Es ist also wichtig, auf die Verfassung des Kindes zu achten, wenn es den Raum betritt. An flüssigen Tagen geht es darum, dem Kind möglichst viele Sprechanlässe zu bieten, damit es die Erfahrung des anstrengungsfreien Sprechens möglichst ausgedehnt machen kann. Die Therapeutin lässt das Kind die Therapiesitzung verbal beherrschen. An unflüssigen Tagen werden eher Aktivitäten gewählt, bei denen die sprachliche Kommunikation nicht so im Vordergrund steht, es wird nur kurz geübt. (Über die Therapie hinaus wird mit den Eltern analysiert, in welchen Situationen flüssiges Sprechen besonders häufig vorkommt, um solche Situationen im Alltag möglichst häufig zu schaffen und das Kind viel Zeit mit solchen Aktivitäten verbringen zu lassen.) Pseudostottern und Ansprechen des Stotterns. Beim Pseudostottern handelt es sich um eine leichte, entspannte Art des Stotterns ohne SchwaLaut (7 Kap. 1.3.4, Abschn. »Sprachliche Ebene«). Zunächst setzt die Therapeutin dies ein und beobachtet dabei die Reaktionen des Kindes. Wichtig ist, dass dies in einer entspannten Atmosphäre geschieht. Sukzessive wird das Stottern dem Kind möglichst beiläufig bewusst gemacht, und es werden verständlichere, konkrete Termini wie »Hängenbleiben«, »Stolpern«, »Hopsen«, »Springen« dafür eingeführt. Je nach Schweregrad wird zum Rollentausch bzw. zu Aktivitäten übergegangen, in denen das Kind Pseudostottern einsetzt. Es erkennt dabei, dass es die Wahl hat und das Stottern bis zu einem gewissen Grad kontrollieren kann. > Beachte Alle Sprechaktivitäten müssen von der Therapeutin jeweils so gelenkt werden, dass das Kind mehr Erfolge als Misserfolge erlebt!
»Erwisch-mich« und absichtliches Stottern. Es handelt sich um eine Variante des Pseudostotterns, die beim leicht und manifest stotternden Kind angewandt wird. Erst erwischt das Kind die Therapeutin, später imitiert es sie, bis dann u. U. ein Rollentausch möglich ist. Das Pseudostottern wird diesmal ausgeweitet zu den verschiedenen Arten des Stotterns. Danach wer-
109 6.7 · Modifikationstherapie nach Dell und van Riper
den jeweils die Stellen im Mund lokalisiert, bei denen stecken geblieben wurde (im Sinne einer Blockierung des Atemflusses), und die Anspannung bewusst gemacht. Eine genauere Beschreibung des Vorgehens ist unter 7 Kap. 8.5.4, Übung »Erwisch-mich«, nachzulesen. Angstverminderung. Durch den oben beschriebenen offenen Umgang mit dem Stottern sowie die Übungen mit dem Pseudostottern wird das Stottern entmystifiziert. Das Stottern verliert ein Stück seiner Rätselhaftigkeit, Gefühle wie Scham und Verlegenheit werden vermindert. Dies reduziert das Gefühl der Hilflosigkeit und die Angst vor dem Stottern. Unterscheidung dreier Arten, ein Wort zu sagen. Dieses Element betrifft ausschließlich die Arbeit mit manifest stotternden Kindern. Es werden 3 Begriffe eingeführt: »flüssig«, »festes Stottern«, »leicht gestotterte Art«, die dann in PseudostotterÜbungen ausprobiert und bewertet werden. Dabei wird bewusst gemacht, was kinästhetisch im Mundraum abläuft. Pull-out beim manifest Stotternden und Desensibilisierung. Eine ausführliche Nachbesserungsphase, in der das Umwandeln von schwerem Stottern in leichtes, also der Pull-out geübt wird, findet beim manifest stotternden Kind statt. Die Übungen werden dann gesteigert, sodass Blockaden länger ausgehalten werden sollen, bevor der Pull-out eingesetzt werden darf. Grundgedanke ist, dass das Kind in der gefürchteten Konfrontation so lange verweilen soll, bis die Angst so weit abgenommen hat, dass eine Modifikation möglich ist. i Tipp Unbedingte Voraussetzung für die Modifikation ist, dass die Therapeutin das Stottern des Kindes imitieren und einsetzen kann.
6.7.2
Sonderform: KIDS
Der Ansatz »KInder Dürfen Stottern« (KIDS) von Sandrieser und Schneider (2008) folgt in den wesentlichen Punkten den Inhalten der Modifikationstherapie nach Dell und van Riper (7 Kap. 6.7.1). Je nach Alter des Kindes wird die Variante »Mini-KIDS«(von 2 bis 6 Jahren) oder »Schul-KIDS«(ab 7 Jahren) gewählt. Der Ansatz ist unter den unterschiedlichsten Rahmenbedingungen durchführbar (ambulant, stationär, Einzel-, Gruppen-, Intensivtherapie, 7 Kap. 6.9).
6
Im Folgenden werden die übergreifenden Therapieziele, -bereiche, -inhalte und -methoden von KIDS genannt. Zudem wird auf die zentralen Punkte eingegangen, die in den – jeweils auf bestimmte Altersgruppen zugeschnittenen – Varianten Anwendung finden. Ziele von Mini-KIDS und Schul-KIDS. Es wird angestrebt, den Kindern eine leichtere Art des Stotterns zu ermöglichen. Dabei ist das übergreifend angestrebte Ziel die Remission oder zumindest ein anstrengungsfreies und kontrolliertes Stottern. Wichtig ist, dass die Kinder negative, mit dem Stottern verbundene Gefühle abbauen. Dies soll ungünstigen Bewältigungsstrategien bzw. dem Auftreten von Begleitsymptomatik entgegenwirken. Gleichzeitig soll so ein selbstbewussteres Stottern begünstigt werden. Weiteres Ziel ist, bestehende Risikofaktoren mit aufrechterhaltender Wirkung zu minimieren. > Beachte Indiziert ist ein Vorgehen nach KIDS dann, wenn das Kind Begleitsymptome zeigt.
Therapiebereiche. KIDS beinhaltet drei wesentliche Therapiebereiche, die miteinander in enger Beziehung stehen: 1. Bereich Stottersymptomatik 2. Bereich psychischer Reaktionen 3. Bereich Risikofaktoren Zusätzlich zu diesen Bereichen wird am Anfang und während der Therapie großer Wert auf gemeinsame »Verträge« mit den beteiligten Personen gelegt. Dabei handelt es sich um Vereinbarungen über Ziele, Vorgehensweisen und Rahmenbedingungen. Die Form eines solchen Vertrags ist variabel, er kann schriftlich festgehalten oder nur mündlich besprochen werden. Vorteile der Verträge sind, dass die geteilte Verantwortung offensichtlich wird und auf ein formuliertes Ziel hingearbeitet wird. Zudem vermitteln gemeinsame Verträge den Eltern das Gefühl, dass sie Einfluss auf das Therapiegeschehen haben können und dieses – zumindest in Maßen – kontrollieren können (7 Kap. 7.4.4). . Tab. 6.3 zeigt die wichtigsten Inhalte und Methoden, die den jeweiligen Therapiebereichen zugeordnet sind. > Beachte KIDS fügt in starker Orientierung an van Riper und Dell eine sinnvolle Auswahl an Bausteinen zusammen. Der Ansatz ist an den aktuellen wissenschaftlichen Wissensstand angepasst und durch wichtige
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Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
1
methodisch-technische und therapeutische Prinzipien angereichert.
2
Mini-KIDS. Diese Variante von KIDS für 2- bis 6-Jährige wurde von Sandrieser (2003) entworfen. Die Anpassung an kleine Kinder besteht vornehmlich aus 4 einer intensiveren Elternbeteiligung, 4 dem Arbeiten entsprechend der Grundannahme des Modelllernens und 4 dem fehlenden Vollzug der Identifikationsphase bei den 2- bis 3-Jährigen.
3 4 5 6 7
direkter wird gearbeitet. Auch sie werden mit dem Pseudostottern von Therapeut und Eltern konfrontiert, es wird nun aber deutlicher angesprochen und soll auch – in verschiedenen Formen (Wiederholungen, Dehnungen, Blockierungen) – vom Kind erlernt werden. Zusätzlich wird bei ihnen die Identifikationsphase durchgeführt, so dass sie danach ihre Symptome direkter (z.B. durch den Einsatz von Pull-outs) modifizieren können. > Beachte
Bei den ganz kleinen Kindern (2 bis 4 Jahre alt) ist die wichtigste Methode das Pseudostottern. Dieses wird von dem Therapeut und den Eltern kontinuierlich als Modell angeboten. Ziel ist, dass die Kinder diese anstrengungsfreie Form zu stottern (als Modifikation) übernehmen. Je älter die Kinder sind, desto
Die Eltern (bzw. ein Elternteil) sind bei vielen Therapiesitzungen anwesend, um das Pseudostottern sowie weitere Modifikationstechniken gut zu lernen und zu »Stotterexperten« zu werden. Gleichzeitig wird so die Desensibilisierung der Eltern selbst unterstützt und der Transfer sowie die Nachhaltigkeit des Therapieeffektes begünstigt.
8 . Tab. 6.3. Therapiebereiche, -inhalte und -methoden von KIDS
9 10
Therapiebereich
Inhalte
Methoden
Stottersymptomatik
In Anlehnung an van Riper Unterteilung in Phasen: 4 Desensibilisierung gegen Stotterereignisse 4 Identifikation von Stotterereignissen 4 Modifikation des Stotterns 4 Generalisierung bzw. Stabilisierung
4 Pseudostottern (7 Kap. 8.5.4) 4 In-vivo-Therapie (7 Kap. 8.5.7, Abschn. »In-vivo-Training«) 4 Pull-out (7 Kap. 8.7.1, Abschn. «Der Pullout – Die Befreiung aus der Klemme«) 4 Zeitlupensprechen (7 Kap. 8.3.4, Abschn. »Zeitlupenspiele« und »Spürendes Sprechen«) 4 Lockeres Herausstottern 4 Elternarbeit
Psychische Reaktionen
4 Stärkung von Sprechfreude, Selbstvertrauen und Selbstwertschätzung 4 Korrigierende Erfahrungen (z.B. eigenes Handeln ist wirksam, funktionierende Kommunikation) 4 Enttabuisierung
4 Antithetisches Verhalten des Therapeuten (bewusstes Verhalten des Therapeuten, das nicht den bisherigen Erfahrungen und Überzeugungen des Kindes entspricht) 4 Erlaubnisarbeit (Kind wird ernst genommen und mit seinen Verhaltensweisen akzeptiert) 4 Methoden der Desensibilisierungs- und Identifikationsphase 4 Wissensvermittlung 4 Elternarbeit
Risikofaktoren
Minimierung der individuellen Risikofaktoren, z.B. im 4 emotionalen Bereich 4 sozialen Bereich 4 kognitiven Bereich
4 (Vorsichtige) Interpretation und Verbalisierung von Gefühlen 4 Anregung zur Darstellung von Gefühlen (7 Kap. 8.4.3 – 8.4.5 jeweils Abschn. »Übungen und Spielideen«) 4 Förderung von pragmatischer Kompetenz z.B. in Rollenspielen 4 Elternarbeit 4 Wissensvermittlung
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111 6.8 · Neuere Trends in der Stottertherapie
Schul-KIDS. Wie Mini-KIDS ist auch Schul-KIDS entsprechend der Struktur und der Inhalte von KIDS aufgebaut. Die Anpassung an Schulkinder besteht aus 4 mehr Eigenverantwortung der Kinder, weniger Elternbeteiligung (einzelfallabhängig), erhöhte Einbeziehung des Umfelds (Freunde, Geschwister etc.), 4 Erlernen auch der anspruchsvolleren Symptomlösetechniken wie z.B. Prolongation (verlangsamte, bewusst gesteuerte Artikulation von (Anfangs-)Silben) und Pull-out und 4 Bewusstmachen und Abbauen der Begleitsymptomatik. > Beachte Um den Transfer zu begünstigen, wird bei Schul-KIDS viel Wert auf frühzeitige und regelmäßige In-vivo-Arbeit gelegt (7 Kap. 8.5.7, Abschn. »In-vivo-Training«).
Fazit mente der The erapie nach h Dell sind d Entmy4 Elem stifi fizierung des Sttotterns, Angstvermin nderun ng, Erfahrung der Kontro olle über das Stottern n und Modifikaation des Stotterns. e Bewusstmach hung u des Sto totterns erfolgt 4 Die mög glichst beiläufig g und in entspannter Atmosphä p re. ge müssen Misserfo fo ge immer überwi fol wiewi 4 Erffolg gen n. Theraapeutin muss in der Lage sein, das 4 Die Th Stottern n de es Kindes zu imitieren. ni-KID IDS und Schul-KIDS) ist eine er4 KIDS (Min weiterte und nd ange gepasste Sonderform der Therapie nach van a Rip iper er und Dell. 4 Mini-KIDS legt großen ßen We W rt auff El Elternbeteilili-gung und folgt dem Gedankken de d s ModellM l nens. ler chul-KIDS geht direkter und intensiver auf 4 Sch di indiv die di iduelle Stottersymptomatik ein und forde dert mehr eh Eigenverantwortung vom Kind.
6.8
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Neuere Trends in der Stottertherapie Übe erbl rblick icksar ick sa tige Kenn nntnisse von Methoden n beb nachbarter Diszipl ipline plin n erm rmöglichen eine sach hlic iche he Ber Beratu atung und im Ei E nzelfa lfall eine be essere An npassung an die Bed B ürfnisse se e der be b troffen nen e Familien.
Verunsicherung durch neue Methoden. Das Auff tauchen neuerer Methoden, nicht selten begleitet von einer spektakuläre Medienberichterstattung, zieht oft eine breite Verunsicherung nach sich (7 Kap. 9.2.2). Eltern fragen sich, ob der von ihnen gewählte Ansatz der richtige ist, Therapeuten fühlen sich schnell in der Defensive. Häufig ist den Angehörigen nicht bewusst, welche Aspekte der als neu angepriesenen Methode wirklich innovativ sind. > Beachte Eine kompetente Therapeutin sollte nicht nur in der Lage sein, Informationen sachlich zu sichten und gemeinsam mit den Patienten die individuellen Vorund Nachteile zu erörtern, sondern auch frühzeitig die Elemente des eigenen Bausteinkonzepts fundiert darzustellen.
Hypnose. Als eine Technik der Psychotherapie gehört die Hypnose in die erfahrenen Hände eines Psychotherapeuten. Physiologische Stressreaktionen, Ängste und Verhaltensweisen können durch gezieltes Üben unter Hypnose und später unter Selbsthypnose beeinflusst werden. Nicht alle Menschen sprechen gleich gut auf Hypnose an. Hypnose ist keine Magie. Unter tiefer Entspannung werden innere Bilder aktiviert und bearbeitet. Dadurch ist oft ein schnellerer und unmittelbarerer Umgang mit Emotionen und Erfahrungen möglich, die Aufarbeitung der Erlebnisse unter Hypnose findet in bekannten psychotherapeutischen Settings statt. > Beachte Hypnose ist eine Methode der Psychotherapie. Sie kann weder eine Psychotherapie noch eine gezielte Behandlung des Stotterns ersetzen.
Sollten Familien an einer hypnotherapeutischen Begleitung der Stottertherapie interessiert sein, empfiehlt sich die Kontaktaufnahme zu einem Psychotherapeuten mit entsprechender Ausbildung und Zerti-
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Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
fizierung. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit kann sehr bereichern und einen Abbruch der Behandlung unnötig machen. Eine Liste ausgebildeter Hypnotherapeuten findet sich z.B. auf den Internetseiten der Deutschen Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie e.V.: www. dgh-hypnose.de oder der Milton Erickson Gesellschaft: www.meg-hypnose.de. Biofeedbacktherapie. In der Behandlung des Stotterns haben Biofeedbackverfahren z.B. mit dem Programm »flunatic!« und »flunatic for kids!« bereits Einzug gehalten (7 Kap. 6.5.6). Der Einsatz der Programme ermöglicht nicht nur ein unmittelbares, objektives und immer konstantes Feedback, er erlaubt auch das selbstständige Üben zu Hause. Somit wird ein schnelleres Fortschreiten beim Erlernen der Technik »weicher Stimmeinsatz mit Silbendehnung« ermöglicht; es verbleibt mehr Zeit zur Anwendung und Variation der Technik im Rahmen der Behandlung. Naturgemäß eignet sich dieses Verfahren erst für Schulkinder etwa ab der 3. Jahrgangsstufe. Ein weiterer Nutzen besteht in dem Aufforderungscharakter moderner Technik: Die Motivation und Ausdauer sich mit einem eher »trockenen« Thema zu beschäff tigen, steigt durch den Einsatz des Computers ganz erheblich. Neurofeedbacktherapie. Dieses Verfahren setzt direkt an der Messung der Hirnströme an. Bestimmte Hirnströme werden mittels einfachem EEG abgeleitet und durch operante Konditionierung verstärkt bzw. abgemildert. Der Therapeut legt anhand von Schwellenwerten fest, welche Hirnströme belohnt und welche Wellen ignoriert werden sollen. Eine Veränderung der Hirnströme wird unmittelbar auf dem Bildschirm durch eine Veränderung des Bildes sichtbar. So sieht der Betroffene beispielsweise auf einem Bildschirm einen Delfin, der sich nur dann im Wasser bewegt, wenn es dem Probanden gelingt, sein Erregungsniveau entsprechend zu modifizieren. Der Transfer dieser Fähigkeiten auf Sprechsituationen im Alltag muss dann wiederum therapeutisch begleitet und gestützt werden. Bereits sehr gut untersucht ist diese Anwendung für Aufmerksamkeitsstörungen, Angststörungen und Depression sowie bei der Behandlung von Schmerzen. In der Stottertherapie könnte das Neurofeedbackverfahren zur Unterstützung der Selbstregulation in Stresssituationen und zur Aufmerksamkeitsfokussierung für Selbstkontrollstrategien herangezogen werden. Zwar gibt es derzeit noch keine Studien zur Wirksamkeit dieses Verfahrens bei der Behandlung von
Stottern, allerdings ist zu vermuten, dass - ähnlich wie in der Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen – Effekte der mehrdimensionalen Behandlung im Bereich der Selbstregulation unterstützt und beschleunigt werden können.
Fazit m den Staand akktueller Tr Trends 4 Daas Wissen um errhöht die Be erratungsko om enz de ompete der Thera raapeu utin und hiilfft, t Verunsich cheru ch e ng zu verrmeide en. 4 Die e be begleitende Behan h dlung durch benachbarte e Disziplinen kan ann n bei individuellerr AnA passun ng das Therapiekonzept ept berei bereiche chern. Dazu ist ein eine e interdisziplinäre i Zusammenarbeit sinnvoll.
6.9
Vielfältige Rahmenbedingungen: ambulante oder stationäre Behandlung, Intensivtherapien und Intervallbehandlungen Die Veränderung von Therapiein inten t sität und d Gruppengröße errmög möglicht eine Anpa passung dess therapeutisc the th tisc ischen hen Konzepts pts an die Bedü ürfn rf isse und Fähigkeiten derr Pati a enten en. Intensivthe herapien bringe bri nge g n schn schnell e e Fortsch hrit ritte, be edür d fen jedoc och für dauerhafte Erfolg Erffolge eines umfa m sse senden Nacchsorgeprogramms.
Ambulante Einzeltherapie. Sie ist mit 1- bis 2-mal wöchentlich stattfindenden Terminen die gängigste Behandlungsform des Stotterns in den niedergelassenen Praxen. Besonders für die Therapie des frühen kindlichen Stotterns ist sie das bevorzugte therapeutische Setting. Die Vorteile des Einzelsettings sind offensichtlich: Bei einem derart vielschichtigem Syndrom wie dem Stottern bietet die Einzeltherapie die beste Möglichkeit, sich auf die vielen Aspekte optimal einzustellen. Auftauchende Themen können unmittelbar und klientenzentriert bearbeitet werden, Ziele sofort individuell angepasst und modifiziert werden. Der Aufbau eines vertrauensvollen Verhältnisses zu allen Beteiligten ist in der Einzeltherapie um Einiges leichter und schneller möglich als in einer Gruppenkonstellation.
113 6.9 · Vielfältige Rahmenbedingungen
Ambulante Gruppentherapie. Auch Gruppentherapie kann ambulant durchgeführt werden, was zu einem späteren Zeitpunkt im Therapieverlauf in aller Regel zur Bearbeitung von sozialen Ängsten und zur Generalisierung erlernter Inhalte sehr hilfreich ist. Da es in niedergelassenen Praxen oft schwierig ist, die passenden Teilnehmer für eine Gruppe zu finden, lohnt es sich, mit anderen Praxen zu kooperieren und Netzwerke zu bilden (7 Kap. 8.8 und 6.7.2). Zügige Fortschritte mit Intensivtherapie. Die Intensivtherapie lebt von der hohen Dichte der Therapiestunden und findet für gewöhnlich über einen überschaubaren Zeitraum statt. Sie kann ambulant im Rahmen des allgemeinen Praxisbetriebes erfolgen, wird jedoch häufiger als Ferienprogramm konzipiert. Hier ist der Übergang zur stationären Behandlung fließend. Während im normalen Praxisbetrieb z.B. täglich oder mehrmals täglich eine therapeutische Einheit stattfindet, kann bei einer stationären Konzeption oder im Rahmen eines Ferien-Intensiv-Kurses noch umfassender am Redefluss gearbeitet werden. Die Automatisierung neuer Sprechmuster und Verhaltensweisen kann auf diese Weise deutlich vorangetrieben werden. Erfolge werden innerhalb kurzer Zeit sichtbar und schaffen große Motivation beim Kind. Sinnvollerweise werden Intensivbehandlungen als sog. Intervalltherapien durchgeführt: In bestimmten Abständen finden Auffrischungstermine von 1 bis 3 Tagen statt, um Erlerntes erneut zu üben, die Eigenarbeit dem aktuellen Status anzupassen und ggf. weitere Aspekte hinzuzufügen. > Beachte Intensivtherapien bedürfen immer der vorherigen Genehmigung der Krankenkassen, da der Heilmittelkatalog derzeit nur eine Frequenz von 1- bis 2-mal wöchentlich à 60 Minuten vorsieht.
Naturgemäß ist diese Konzeption erst für etwas ältere Schulkinder geeignet, da stationäre Therapien meist mit einer Trennung von den Eltern verbunden sind. In einem Intensivtraining von z.B. 2 Wochen kann dann umfassend an der Kern- und Begleitsymptomatik gearbeitet werden. Intensivtherapien finden üblicherweise in Form einer Gruppentherapie mit eingebetteten Einzeltrainings statt. Die hohe Übungsdichte, die Gruppendynamik und der Transfer der Übungsinhalte in alle Kommunikationssituationen während des Trainings und die daraus resultierenden Synergieeff fekte ermöglichen sehr gute Erfolge innerhalb kurzer Zeit. Die Kasseler Stottertherapie und FRANKA (7 Kap. 6.5.6) sind beispielweise grundsätzlich als
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Intensivtherapie mit Gruppen- und Einzelsettings konzipiert. Mittlerweile werden zunehmend Gruppenintensivtherapien im Rahmen von Ferienlagern angeboten. Inhaltlich unterscheiden sich die Programme vor allem in Bezug auf die angewandte Sprechtechnik bzw. Copingstrategie. Fast alle Anbieter nutzen jedoch inzwischen die Gruppensituation zur Bearbeitung von Sprechängsten und zum Abbau von Vermeideverhalten und folgen damit dem Non-Avoidance-Ansatz: So z.B. die Sommercamps von Rosenberger (Rosenberger 2002) oder das Ferientraining von Thum und Mayer, s. Internet: www.stärker-als-stottern.de. Schnellere Erfolge bei ähnlicher Gesamtstundenzahl. Intensivtherapien tragen nicht zwingend dazu bei, die Gesamtstundenzahl für die Behandlung wesentlich zu reduzieren. Allerdings kommt es auff grund der Intensität naturgemäß zu deutlich schnelleren Fortschritten. Auch können durch die Gruppenkonstellation viele Kommunikationssituationen genutzt werden, die in der Einzeltherapie nicht zu erzeugen wären. Die starke Alltagsorientierung ermöglicht eine leichtere Generalisierung erlernter Inhalte. Die größte Stärke der Intensivtherapie kann auch zu ihrer größten Schwäche werden. Aufgrund der schnellen Fortschritte und der Gruppendynamik entsteht große Motivation. ! Cave Gelingt es nicht, diese zunächst extrinsische Motivation in eine dem Kind eigene umzuwandeln, wird das Kind den Leistungsstand nach dem Intensivtraining kaum halten können.
Herausragende Bedeutung der Nachsorgephase für alle Therapiekonzeptionen. Die Nachsorgephase der ambulanten, wie der Intensivtherapie mit eigenverantwortlicher Umsetzung erlernter Inhalte muss gründlich vorbereitet und angeleitet werden (7 Kap. 10.2 »Nachsorge«). Für Teilnehmer einer Intensivtherapie kann es sinnvoll sein, die Nachsorgephase mit einer Einzeltherapie einzuleiten. Diese sichert die oftmals schnell erzielten Fortschritte durch weiteres Üben der erlernten Inhalte. Bei genügender Automatisierung kann durch langsames »Ausschleichen« Rückfällen vorgebeugt werden. > Beachte Erfolge der Therapie sollten stets durch ein umfassendes Nachsorgeprogramm gesichert werden.
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Kapitel 6 · Ausgewählte Therapiekonzepte
Fazit 4 Einzelth herapien sind die häufi ufigste Th hera e pieform m des kindlich hen Stottterns. Sie ermöglichen ein ne optimale e individue uelle Anp passung g an die Be Bed dürfnisse dess Kindes und der Fami mimi lie. 4 Intensivthe erap apien können sowoh hl ambulant als auch statio ionär är durchgeführt werden. Sie e ielen schneller erz ere Fort o schritte, die Stunden nzah ahl entspricht jedoch h meis meistt in in etwa etwa de der ambu ulant nten Einzeltherapie. 4 Alle th herrape ap utischen Settings sollten zur Verfestigung g er e zie zielte lt r Fortschritte immer mit einer fundierten n Nac Na hso hsorge rgebehandlung g ver verbunden sein.
7 Kriterien und Voraussetzungen für die Therapie 7.1
Plädoyer für einen frühzeitigen Therapiebeginn – 116
7.1.1
Warum sollte e die Therapie so früh wie möglicch einsetzen?
– 116
7.1.2
Welche Ge egenargumente werden gemein nhin angeführt?
– 116
7.2
Indikationen – 117
7.2.1
Vorsschulkinder ohne Sprach hstöru ungen, deren Eltern besorgt si sind
– 118
7.2.2
Kin nder mit beginnendem m SStott ttern, deren Eltern nicht beso sorgt si sin nd
– 119
7.2.3
Kinder mit beginnendem m Sto ottern, deren Eltern besorgt gt sind d – 119
7.2.4
Kinder mit beginnend dem bis manifestem Stottern, deren Eltern mäßig g bis b etwas besorgt sind – 12 20
7.3
Prognosefaktoren
– 120
7.3..1
Verlaufsprogn nose
7.3 3.2
Therapieprog ognosse
7.4
Therapeutische Grundhaltung gegenüber Kind und Bezugspersonen – 121
7.4.1
Einflüssse
7.4.2
Haltun ng ge egenüber dem Kind
– 122
7.4.3
Haltu ung gegenüber den Elterrn
– 122
7.4.4
Gete eilte Verantwortung, Ziel elvere reinbarungen und Motivation
7.5
Umgang mit dem Stottern in der Therapie – 125
7.5.1
Akkzep ptanz des Stotterns durc rch die Therapeutin n
7.5.2
Sp precchen über das Stotte tern
7.5.3
Unflü üssige und flüssige Tag ge
– 120 – 121
– 121
– 126 – 126
– 125
– 123
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116
Kapitel 7 · Kriterien und Voraussetzungen für die Therapie
7.1
Plädoyer für einen frühzeitigen Therapiebeginn Bis vor wenigen Jahren bestand nd im deutschen n Sprach Spr achrau raum m noch n eine große Skepsi siss gegenüber g r Stottertherapien im Vors or chulalter. Dahiinte nt r stand die Befürchtung ng g, die die Behand ndlun l g könne bei eim betroffenen Kind ein »Störu öru rungs n bew ewusstsein« erze zeugen und d so o eher ehe zur Chronifi ifi fizie z rung g beitragen als diese verhindern. n Mit M tlerweile ge geht die ie Tendenz erfreulicherweise meh ehr zur frühen n Intervvention.
6 7.1.1
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Warum sollte die Therapie so früh wie möglich einsetzen?
Leichtere Beeinflussbarkeit. Der entscheidende Vorteil eines frühen Therapiebeginns liegt darin, dass das unflüssige Sprechmuster noch nicht so komplex ist. Die Begleitsymptomatik ist noch weniger ausgeprägt und gefestigt, und das Gesamtstörungsbild ist leichter zu beeinflussen. Prävention. Zudem beugt die Therapie im frühen Kindesalter sekundären Schäden vor: Das Kind wird widerstandsfähiger gegen die eventuellen negativen Reaktionen anderer auf sein Stottern. Die Bezugspersonen gewinnen durch die Beratung und Information mehr Sicherheit im Umgang mit dem Kind und seinem Stottern, was wiederum die Kommunikation günstig beeinflusst. So kann 4 drohendem Vermeideverhalten, 4 der Verschärfung psychischer Konflikte und 4 der Übernahme negativer Zuschreibungen ins Selbstkonzept vorgebeugt werden. Natürlicher Transfer. Entscheidend ist weiterhin: Der Transfer und die Generalisierung in die natürliche Umgebung des Kindes erfolgen bei jüngeren Kindern häufig spontan und weit weniger mühsam als Transferaufgaben etc. im Jugendlichenalter, die ein hohes Maß an Motivation und Kooperation erfordern. > Beachte Die Therapiezeit dürfte sich durch einen frühen Therapiebeginn in den meisten Fällen enorm verkürzen.
7.1.2
Welche Gegenargumente werden gemeinhin angeführt?
Gefahr der Entwicklung von »Störungsbewusstsein« Das gängigste Gegenargument gegen frühzeitige therapeutische Maßnahmen ist, das junge Kind entwickele durch das therapeutische Setting erst ein Störungsbewusstsein. Störungsbewusstsein wird in diesem Zusammenhang als etwas Negatives begriffen (7 Kap. 4.2.2, Abschn. »Reaktion des Kindes: Störungsbewusstsein und Copingstrategien«), das – sobald vorhanden – automatisch zur Aufrechterhaltung und Verfestigung des Stotterns beiträgt. Für diese Auffassung gibt es keine Belege. Ihr kann vielmehr entgegengehalten werden, dass die meisten Kinder – auch die ganz kleinen! – wissen oder zumindest ahnen, dass etwas mit ihrem Sprechen nicht stimmt. Oft kennen sie bereits das Wort »Stottern«, haben es, wenn nicht zu Hause, dann irgendwo anders als Reaktion auf ihr Sprechen gehört. Wird das Thema in der Therapie mit dem Kind angesprochen und Stottern durch konkret beschreibende Wörter ersetzt (7 Kap. 5.2.2, 7 Kap. 8.5.7 Abschn. »Gespräche über das Stottern«), entlastet dies das Kind im Gegensatz zur Tabuisierung. Es ist erfreulich, dass sich immer mehr die Einsicht durchsetzt, dass es nicht darum gehen kann, das Kind vor dem Realisieren des eigenen Stotterns und den negativen Reaktionen anderer zu schützen. Dieses angeblich schützende Unterfangen kann letztlich nie gelingen. Vielmehr muss das Kind vorsichtig darauf vorbereitet und dabei unterstützt werden, sich mit dem Stottern und den Reaktionen anderer auf kindgerechte Weise auseinander zu setzen, damit es die damit verbundenen Schwierigkeiten erfolgreich bewältigen kann. Wie das konkret in altersgemäßer und einfühlsamer Weise geschehen kann, wird in 7 Kap. 7.3 »Prognosefaktoren« und 7 Kap. 7.4 »Therapeutische Grundhaltung gegenüber Kind und Bezugspersonen« beschrieben. Stehen Motivation, Förderung des Selbstbewusstseins, Spaß, spielerische Gestaltung sowie ein ehrlicher, offener Diskurs in kindgerechter Sprache im Mittelpunkt, besteht keine Gefahr, dass die Therapie beim Kind Leidensdruckk und eine Verstärkung der Symptomatik provoziert. Im Übrigen wird jede Therapeutin die Reaktionen des jeweiligen Kindes sorgfältig beobachten, und bei abwehrenden Zeichen sensibel und flexibel reagieren. Nicht zu jeder Zeit und in jedem Fall ist eine direkte Herangehensweise angebracht und hilfreich. Die Ent-
117 7.2 · Indikationen
scheidung darüber ist von der Therapeutin im Einzelfall immer neu zu treffen.
Fazit 4 Die e Therapie sollte so frrüh wie ie mög glich naach Diaagn nosestellu ung begonn nn nen werden. 4 Es ka kan nn individu uelle Gründe de ge geben ben en, d die für einen n verzögerten n Th Therapiebeginn sprechen. 4 Eine prof ofess essionell durchgef geführ ührte te The Thera rapie e eugt kein erz inen en Leidensdruck.
Spontanremissionen Ein weiteres Argument ist mitunter die hohe Rate der Spontanremissionen. Gegner des frühen Therapiebeginns vertreten die Ansicht, man solle erst abwarten, ob sich das Stottern von allein zurückbildet. Nur die Kinder, die dann übrig blieben, sollen eine Therapie erhalten. In einigen Fällen mag das ja gut gehen. Es gibt jedoch gute Gründe, lieber auf Vorbeugung zu setzen und sogar bei nur geringer Stottersymptomatik ohne Zögern mit der Therapie zu beginnen. 7 Kapitel 7.2 »Indikationen« geht darauf ein, wie die Interventionen sich je nach Ausprägung der Symptomatik und Einstellung der Bezugspersonen unterscheiden können.
Individuelle Gründe Es kann allerdings individuelle Gründe geben, die für eine Verschiebung des Therapiebeginns sprechen: So hat das Kind vielleicht einen vollen Wochenplan mit Musikunterricht, Fußball, Nachhilfeunterricht u. a. m. Es kann dann wesentlich effektiver sein, nicht auf dem aus therapeutischer Sicht wünschenswerten sofortigen Therapiebeginn zu bestehen.
7
7.2
Indikationen Neben den eindeutigen gen Fä F llen manifesten Stot otot terns, in denen bei Kindern immer me eine Therapie indiziert ist, benötigen Kinder mit beg beginnendem Stotte Sto ttern rn in de derr Rege R g l eine Therapie. Sogarr bei b rein entwicklungsbedingten en Un U flüssigkeiten oderr gar g ohne vorh ohn hand andene ene Sp S rechstöru rung n kann es unter bestimmten Umständ den n sin s nvoll se sein, sprachtherapeutisch tätig zu werden! Wi Wie e die unt nterschiedlichen lic hen Inter Interven v ntio tionen für die versch sc iedene nen Ausprägungen aussehen hen kö können, wird im Folgend e en erläutert.
i Tipp Günstig kann in diesem Fall sein, die Therapienotwendigkeit aus fachlicher Sicht deutlich zu machen und die Familie zu bitten, das bei der weiteren Planung der Freizeitaktivitäten zu berücksichtigen. Es wird vielleicht ein paar Monate länger dauern, bis die Therapie beginnt. Die Motivation und Kooperation sind erfahrungsgemäß jedoch wesentlich größer, was sich auf den Therapieerfolg auswirkt.
Besonders schwierig für die Therapie zu motivieren sind Jungen im Alter zwischen ca. 12 und 16 Jahren. Sie sind in diesem Alter mit so vielen anderen Dingen beschäftigt, dass für die Konzentration auf eine Therapie wenig Raum bleibt. Ist diese Entwicklungsphase überwunden, arbeiten sie motiviert mit. Es empfiehlt sich daher, in diesem Alter die Therapiemotivation besonders sorgfältig abzuklären und die Therapie ggf. auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.
Treten Redeunflüssigkeiten beim Kind auf, kann es Bedarf für eine sprachtherapeutische Intervention geben, auch wenn noch kein beginnendes oder manifestes Stottern besteht. Bei diesen Vorstufen oder anderen Störungen der Kommunikation ist allerdings die Zielrichtung der Therapie und der Auftrag an die Therapeutin begrenzter. Therapiebedarf kann im Extremfall sogar bestehen, wenn es sich um rein entwicklungsbedingte Unflüssigkeiten handelt, die Eltern sehr besorgt sind und konkret die Gefahr besteht, dass sich diese Besorgnis in Form von Stress ungünstig auf die Kommunikation auswirkt. Daraus können vielfältige Beeinträchtigungen entstehen, denen mit manchmal wenigen Therapiesitzungen vorgebeugt bzw. entgegengewirkt werden kann. Conture (2000) unterscheidet 4 Kategorien von Kindern, für die eine Therapieindikation besteht (. Übersicht 7.1).
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Kapitel 7 · Kriterien und Voraussetzungen für die Therapie
Mögliche Therapiebausteine . Übersicht 7.1 1 In ndikationen für eine spra achthe erapeutissche c In nte ervention (na ach Contu ure 2000) 0 4 Vorschulkin nder ohne Spr p chstörungen, de pra eren Eltern beso sorgt sind 4 Ki Kinder mit beg egin nnendem Stottern, deren Eltterrn nicht besorgt rgt si sind n 4 Kin inde der mit beginnende nd m Stottern, S dere ren n ElE tern n bes besorgt sind 4 Kinder mitt beginnendem b bis manifestem Stottern, de deren r n El E tern mäßig bis etwas besorgt sind
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7.2.1
Vorschulkinder ohne Sprachstörungen, deren Eltern besorgt sind
Diese Kinder haben oft, aber nicht immer, Eltern oder einen anderen Familienangehörigen, die selbst einmal gestottert haben. Die betroffenen Eltern sind gegenüber dem Stottern übersensibilisiert und haben ihr Kind vielleicht seit seinen ersten sprachlichen Äußerungen besorgt daraufhin beobachtet, ob es unflüssig spricht oder andere Auffälligkeiten der Sprachentwicklung zeigt. In vielen Fällen sind ihre Sorgen unbegründet. Im Einzelfall muss das geprüft werden. ! Cave Es ist durchaus möglich, dass das Kind in der häuslichen Umgebung häufiger Stottersymptome hat, diese nur in der Untersuchungssituation nicht gezeigt hat.
Dilemma für die Therapeutin In der Arbeit mit den Eltern dieser Kategorie ist zu beachten, dass die Therapeutin die erhöhte Wahrscheinlichkeit (familiäre Häufung), dass das Kind Stottern entwickelt, unbedingt ernst nehmen muss. Andererseits muss sie ihre klinische Einschätzung (dass das Kind nicht stottert) gegenüber den Eltern immer wieder begründen und vertreten. Sie sollte deutlich machen, dass eine erhöhte Wahrscheinlichkeit eben keine Gewissheit ist, dass sich Stottern entwickelt. Möglicherweise bleiben die Eltern überzeugt, dass ihr Kind stottert und werden so lange die Therapeuten wechseln, bis sie jemanden gefunden haben, der ihre Einschätzung teilt. In der Praxis hat es sich bewährt, auf die Sorgen der Eltern einzugehen und eine kurzfristige Intervention anzubieten.
Es überwiegt der Aspekt der Beratung und Anleitung der Eltern. Elemente der Therapie können z. B. sein: 4 Information zu multifaktoriellem Bedingungsgefüge und Risikofaktoren des Stotterns, 4 evtl. Eltern protokollieren lassen, wann das Kind unflüssig war und wie stark, 4 Entlastung von vorhandenen Schuldgefühlen, 4 Beratung bezüglich der Faktoren, die flüssiges Sprechen fördern, 4 Elterntraining zu Interaktion und kommunikationsförderndem Verhalten, 4 evtl. begleitend allgemeine Sprachförderung des Kindes, wenn Eltern erwarten, dass das Kind therapiert werden soll, 4 regelmäßige Kontrolluntersuchungen, die den Eltern Sicherheit geben.
Entwicklungsbedingte Unflüssigkeiten Neben der eben beschriebenen Gruppe gibt es die Kinder mit entwicklungsbedingten Unflüssigkeiten. Auch deren Eltern sind unter Umständen sehr besorgt. Je größer die Besorgnis ist, desto mehr wächst die Gefahr, dass sich aufgrund dessen ungünstige Interaktions- und Kommunikationsmuster entwickeln. Diese können die Sprachentwicklung des Kindes und im schlimmsten Fall auch die emotionale Entwicklung hemmen. Dem sollte vorgebeugt oder entgegengewirkt werden, was meist mit wenigen gezielten therapeutischen Interventionen (Elternberatung und -training) möglich ist. ! Cave Fatalerweise besteht für die Kinder dieser Kategorie keine Therapieindikation nach den Heilmittel-Richtlinien (Heilmittel-Richtlinien und Heilmittelkatalog 2001), sodass nicht von einer automatischen Kostenübernahme durch die Krankenkassen ausgegangen werden kann.
Mögliche Therapiebausteine 4 Information zu Unterscheidungskriterien für Entwicklungsunflüssigkeiten und beginnendes Stottern, 4 Interaktionstraining mit Fokus auf Verstärkung der gelungenen Kommunikationsmuster und Stärkung des Vertrauens der Eltern in ihre eigene Kompetenz, 4 Information zu allgemein sprachförderndem Verhalten, 4 Unterstützung vielfältiger Aktivitäten unter dem Aspekt »gemeinsam Spaß haben«,
119 7.2 · Indikationen
4 Lenken der Aufmerksamkeit weg von der Sprache hin zu Stärken des Kindes in anderen Bereichen, 4 Abstände der Termine schrittweise vergrößern, ggf. Follow-up-Untersuchung nach Pause.
7.2.2
Kinder mit beginnendem Stottern, deren Eltern nicht besorgt sind
7
Eltern keine Motivation und entsprechend kein Auff trag besteht. 4 Allgemeine Förderung der Ausdrucksfähigkeit und der Sprechfreude, 4 ggf. Förderung des Selbstvertrauens des Kindes, 4 evtl. zunächst Therapie von zugleich bestehenden Syntax- oder Semantikstörungen, 4 bei Bedarf zunächst Artikulationstherapie, jedoch mit besonderer Vorsicht. ! Cave
Es kommt vor, dass die Diagnose »beginnendes Stottern« von den betroffenen Eltern negiert wird. Dennoch muss die diagnostizierende Therapeutin alle Alarmzeichen und Hinweise, die zum chronischen Verlauf, also der Entwicklung manifesten Stotterns führen können, klar benennen und erklären. Keine Therapeutin kann mit Sicherheit prognostizieren, ob das beginnende Stottern sich mit der Zeit zurückbilden oder eher verfestigen wird. Maßstab für die Beurteilung sind zunächst die Symptomatik und Beobachtungen zum Verhalten des Kindes in der Untersuchungssituation. Zudem kann eine Analyse der Anforderungen und Kapazitäten beim jeweiligen Kind auf Risikofaktoren aufmerksam machen und eine wahrscheinliche Tendenz anzeigen. Da über das genaue Zusammenspiel bei der Entstehung des Stotterns noch zu wenig bekannt ist, bleibt nichts anderes, als die Faktoren zu identifizieren, die beim einzelnen Kind mit dem Stottern einhergehen und zur »Überlastung des Systems« beitragen könnten (7 Kap. 2). Um zu einer Entscheidung über das weitere Vorgehen zu kommen, müssen die Beobachtungen im Einzelnen mit den Eltern besprochen und abgewogen werden.
Dilemma für die Therapeutin Eine Therapie gegen den Willen der Eltern ist zwecklos. Auf der anderen Seite kann eine verantwortungsvolle Therapeutin die Eltern nicht einfach gehen lassen und zuwarten, wenn ein chronischer Stotterverlauf droht. Im Einzelfall gibt es viele Möglichkeiten zwischen den beiden Extremen »Therapie in jedem Fall« und »Abwarten«. Manche Eltern werden z. B. eine Therapie, die sich zunächst auf die Förderung der allgemeinen sprachlichen Fähigkeiten des Kindes konzentriert, durchaus befürworten. Lösungen müssen mit den Betroffenen verhandelt werden und können je nach Fall sehr unterschiedlich aussehen.
Mögliche Therapiebausteine Sinnvoll ist eine Kombination von Elternberatung und Therapie mit dem Kind. Ein Elterntraining zur Interaktion ist nicht zu empfehlen, da hierzu von Seiten der
Es kommt vor, dass sich die Stottersymptomatik unter einer Artikulationstherapie verstärkt. Die genauen Gründe dafür sind nicht bekannt. Vieles spricht für eine Überlastung im Bereich der Anforderungen. In diesem Fall ist die Artikulationstherapie zu beenden bzw. zu unterbrechen und durch Bausteine aus der Stottertherapie zu ersetzen.
4 Information zur differenzialdiagnostischen Unterscheidung zwischen entwicklungsbedingten Unflüssigkeiten, beginnendem und manifestem Stottern, 4 Information zu allgemeinen Kommunikationsfaktoren, die flüssiges Sprechen fördern oder hemmen können.
7.2.3
Kinder mit beginnendem Stottern, deren Eltern besorgt sind
In dieser Kategorie wird es kaum Diskussionen über die Therapieindikation geben. Es geht auch hier in der Regel um eine Kombination aus Arbeit mit dem Kind und seinen Bezugspersonen. Allerdings verschiebt sich der Fokus mehr hin zur Arbeit mit dem Kind. Im Mittelpunkt steht die Verstärkung des flüssigen Sprechens. In der Therapie – wie zu Hause – sollen an flüssigen Tagen vielfältige Sprechanlässe angeboten werden, damit das Kind viele Erfahrungen des flüssigen Sprechens macht. An unflüssigen Tagen werden eher Aktivitäten gewählt, die nicht »sprechlastig« sind. In der Therapie mit dem beginnenden Stotternden können je nach Schweregrad bereits direkte Verfahren zur Anwendung kommen wie das Erlernen der Unterscheidung von lockerem und hartem Stottern (7 Kap. 8.5.4, Übung »Erwisch-mich«, 7 Kap. 6.7 7 Kap. 8.6.1, Abschn. »Übungen und Spielideen«) etc. Im Gegensatz zu den in 7 Kap. 7.2.2 beschriebenen Eltern können und sollten die besorgten Eltern noch aktiver in den Therapieprozess einbezogen werden und konkrete Aufgaben für die häusliche Beobachtung, Interaktion und Aktivitäten bekommen. So
120
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Kapitel 7 · Kriterien und Voraussetzungen für die Therapie
verlieren sie das Gefühl der Hilflosigkeit und merken, dass sie selbst etwas zur Sprechförderung ihres Kindes tun und ihm damit helfen können. Manchmal haben sich infolge der Besorgnis und des damit verbundenen Stresses bereits ungünstige Kommunikationsmuster eingespielt. Unter Umständen hemmen diese das flüssige Sprechen des Kindes eher, als es zu fördern. Ist dies der Fall, so können diese vorsichtig angesprochen und durch alternative Strategien ersetzt werden.
Mögliche Therapiebausteine 4 Therapie mit dem Kind: individuelle Auswahl aus den Bausteinen in 7 Kap. 8, 4 Bezugspersonen: Information zu multifaktoriellem Bedingungsgefüge, Entlastung von Schuldgefühlen, Information zu den kritischen Kennzeichen des beginnenden Stotterns, Beobachtungsaufgaben, 4 Elternberatung und ggf. -training zu Interaktion, kommunikationsförderndem Verhalten wie Umgang mit dem Stottern: Bausteine aus 7 Kap. 9, 4 ggf. Kontakt zum Kindergarten, 4 Fokus auf Faktoren, die flüssiges Sprechen im Alltag fördern.
11 7.2.4
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Kinder mit beginnendem bis manifestem Stottern, deren Eltern mäßig bis etwas besorgt sind
Für diese Kategorie greift die gesamte Palette der Bausteine für Kind und Bezugspersonen. Bei Vorschulkindern wird häufig eine Mischung aus indirekten und direkten Methoden zur Anwendung kommen. In vielen Fällen lassen sich nach einer Anfangsphase bei Kindern dieser Altersgruppe bereits erfolgreich Elemente der direkten Methoden einbauen. Mit zunehmendem Alter gewinnen das direkte Vorgehen und die Veränderung des Stotterns (Modifikation) mehr an Gewicht, und es geht darum, das eigene Stottern zu kontrollieren. Im Sinne der Motivation gilt, dass es wenig Zweck hat, Kinder oder Jugendliche zur Therapie zu drängen (7 Kap. 7.1.2). Manchmal lohnt es sich zu warten, statt auf dem sofortigen Therapiebeginn zu bestehen. Besteht ein manifestes Stottern, steht in den meisten Fällen die Arbeit mit dem betroffenen Kind bzw. Jugendlichen im Vordergrund. Die Arbeit mit den Bezugspersonen begleitet diese. Natürlich variiert dies je nach Alter des stotternden Kindes, sodass beim
Jugendlichen die Arbeit mit den Bezugspersonen einen relativ geringen Raum einnehmen wird.
Mögliche Therapiebausteine 4 Individuelle Auswahl aus allen Therapiebausteinen aus 7 Kap. 8 und 9, 4 direktes Ansprechen des Themas Stottern, 4 Arbeit an der Akzeptanz des Stotterns, 4 Schwerpunkt beim Kind/Jugendlichen: eigenes Stottern sehen, hören, spüren und Kontrolle übernehmen, 4 Schwerpunkt bei den Bezugspersonen: verstehen, wie es sich anfühlt zu stottern.
Fazit ht nur bei manifest sttotternde n n Kinde K ern 4 Nich ist Th herapie indi dizier i t. eginnendem m Stottern und d – un unter be4 Bei be stimmtten n Umstände den n – auch ohne das Vorhandense seiin von Stottern rn kan kann n eine e e Th The era rapi pie n wendig not g sse ein. i
Prognosefaktoren
7.3
Es wer werden den al a lgemeine ne e Datten e zur Prrogn o ose und einzelne Faktor toren, e die die Pro en, ogno g se beeinflu ussen, bes espro p che pro chen.
7.3.1
Verlaufsprognose
In der Anamnese und bei der Diagnostik muss besonders auf die Parameter geachtet werden, die für die Prognose entscheidend sind. Verschiedene Studien konnten Faktoren isolieren, die offensichtlich Einfluss auf die Prognose haben. Hier ist sicher Bedarf für weiter gehende Forschung. ! Cave Ausgerechnet der Schweregrad der Stottersymptomatik, der lange Zeit als prognostisch hochrelevant galt, kann nicht mehr als entscheidend für die Entwicklung eines chronischen Stotterverlaufs gelten (Sandrieser u. Schneider 2001, S. 20).
Häge (2001) kommt zu dem Ergebnis, dass hohe linguistische Fähigkeiten als negativer Prognosefaktor angesehen werden müssen: Zeigt das Kind in diesem
121 7.4 · Therapeutische Grundhaltung gegenüber Kind und Bezugspersonen
Bereich gute Fähigkeiten, so steigt das Risiko für einen chronischen Stotterverlauf! Johannsen (2001b) nennt als prognostische Kriterien unter anderem 4 einen frühen Stotterbeginn, 4 die Tatsache, dass sich eine hohe Symptomatik über die Zeit kaum beeinflussen lässt, 4 Auftreten von Stottern in der Familie, 4 Linkshändigkeit und das männliche Geschlecht (7 Kap. 1.2). Rommel beschreibt das verbale Interaktionsverhalten als prognostisch »höchst relevant« (Rommel 2001, S. 25). Die Wahrscheinlichkeit einer Remission nimmt mit zunehmendem Alter dramatisch ab. Bereits mit 8–9 Jahren ist die Chance einer kompletten Rückbildung der Symptomatik minimal (7 Kap. 1.2 und Fiedler u. Standop 1994, S. 24; Johannsen 2001a, S. 153). > Beachte Je jünger das Kind ist, umso besser ist seine Prognose in Bezug auf eine Spontanremission.
7.3.2
Therapieprognose
Inwieweit die Therapie den Verlauf beeinflussen kann, hängt wie in anderen Störungsbildern auch maßgeblich von der Motivation und Kooperation des Kindes und seiner Bezugspersonen ab. Auch spielen die Fähigkeit, Erlerntes umzusetzen und die Frustrationstoleranz bzw. der Umgang mit Misserfolgen und Rückschlägen eine Rolle. . Übersicht 7.2 stellt die Faktoren zusammen, die für den Verlauf des Stotterns prognostisch relevant sind.
. Übersich ht 7.2 Ungünstige e Prrognosefak ktoren 4 Früher Zeiitpunkt dess Auftre eten t s 4 Linkshän ndigk i eit 4 Männlich hess Geschlechtt 4 Mehrfache es Auftreten von Stott Stott ottern ern n in d der Familie 4 Hoh H es linguistiisc sch hes Funktionsniveau 4 Lin ngui g stische Überlas lastun ung, g, ver v bale Inte terak raktions nsan anforderungen 4 Vorha handen de sein von Leidensdruck, Traumatisierung du urcch negative Umweltreaktionen, ggf. sekundääre Ver erhal halten t sauffälligkeiten 4 Eingeschränkte Therap apiem iemotivation
7
Fazit 4 Je jünger das Kiind ist, desto gr größer is ist die e Wah hrscheinlich hkeit einerr Re R mission. Ab dem 8.–9 9. Lebensjahrr nimmt die Rem Remiss isssion ionswahrschein inlic li hkeit rapide id de ab. 4 Die Pro ogn nose zum Verl er auf des Stotterns hängt von on verschiedenen Fak Faktor toren en ab ab. N Nur e Teil diese ein er is istt beeinflussbar.
Therapeutische Grundhaltung gegenüber Kind und Bezugspersonen
7.4
Fast aalle Fast lle de derr hier hier zusammengefassten Punkte e fi fin nden sich in bestehenden The Therapiekonzepten zur Stottertherapie, wie z. B. bei Katz-Ber Bernstein und Dell wieder (7 Kap. 6). Sie gehen auf beka ekannte Techni Tec hniken ken in d der Gesprächs-Psychotherapie (z. B. Rogers 1990, 1994) und d anderen a Richtungen derr Psycho Psy chothe cho therap the rapie rap i zurück. Neu an n der d folgenden Darstellung ist die zusa usa samme m nfassende nd Übersicht über die Grenzen einzeln elner Konzep eln pte t hinau auss u und nd das d explizite Einbeziehe he en des lössung un sorientierten ori ten An Ansat s tzes und motivation on nsps s ychol ologischer Erkenntnisse für fü di die Therapie des ess kindlichen Stotterns.
Die Grundhaltung und der Kontakt zu Kind und Eltern sind als Basis für die therapeutische Beziehung mindestens so wichtig wie die Fachkompetenz und das Beherrschen der Techniken der direkten Methoden. Alles, was zu dieser Grundhaltung gehört, schafft die Vertrauensbasis und macht so erst Lernen und eine Entwicklung möglich.
7.4.1
Einflüsse
Nicht alle Einflüsse können genannt werden. Jede Therapeutin wird unterschiedliche Zusatzausbildungen haben und damit ihr Repertoire und die Reflexion ihrer therapeutischen Haltung erweitern. Die genannten beiden Einflüsse von Rogers und de Shazer und Mitarbeitern bieten jedoch ein gutes Basisrüstzeug, das dann von jeder Therapeutin weiterentwickelt werden kann. Die 3 therapeutischen Einstellungen nach Rogers (1990, 1994) umfassen
122
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Kapitel 7 · Kriterien und Voraussetzungen für die Therapie
4 Echtheit – Kongruenz, 4 positive Wertschätzung und bedingungsfreies Akzeptieren (nonverbale Kommunikation!) sowie 4 präzises, einfühlendes Verstehen bzw. Empathie.
Die Liste ist naturgemäß nicht vollständig, sondern will nur eine grobe Orientierung bieten.
Der lösungsorientierte Ansatz (z. B. de Shazer 1997; de Jong u. Berg 1999) geht davon aus, dass die Betroffenen jeweils die eigenen Lösungen und das Potenzial dazu in sich tragen. Damit bietet er die Möglichkeit, vorhandene Ressourcen des Kindes und seiner Familie zu verstärken. Ein Vorteil dessen liegt z. B. darin, dass die Betroff fenen das Vorgehen maßgeblich mitbestimmen und steuern können. So sind kaum Widerstände zu erwarten, und entsprechend kann eine hohe Motivation zur Kooperation und Umsetzung im Alltag erreicht werden. Schließlich handelt es sich um die eigenen Lösungsstrategien der Betroffenen. Vorrangige Auff gabe der Therapeutin ist es, bei den Betroffenen das Vertrauen in ihre eigene Lösungskompetenz und -verantwortung zu wecken und den Blick für die eigenen Ressourcen und Lösungen zu öffnen.
In der Beratungsarbeit mit den Bezugspersonen kommen die oben genannten Grundsätze ebenso zum Tragen. Sie werden im Folgenden kurz zusammengefasst: 4 Grundsatz der Partnerschaftlichkeit, 4 kontinuierliche Information zu Therapieansatz, Vorgehen, Hindernissen, Erfolgen etc., 4 Ernstnehmen der Erziehungs- und Lösungskompetenz sowie der Verantwortung der Eltern für ihr Kind, 4 Stärken der elterlichen Kompetenz und Sicherheit bzgl. des Umgangs mit dem Stottern, 4 den Blick der Eltern auf eigene Stärken bzw. Kompetenzen und vorhandene Lösungsansätze bzw. -strategien lenken, 4 Transparenz statt Konkurrenzhaltung gegenüber den Eltern, bei Konkurrenz seitens der Eltern gegensteuern. 4 Prinzip der geteilten Verantwortung: jeder trägt seinen Teil dazu bei, dass die Therapie erfolgreich verläuft (z. B. in Form von Ziel- und Einsatzvereinbarungen festhalten, 7 Kap. 7.4.4),
10 7.4.2
11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Haltung gegenüber dem Kind
Konkret angewandt auf die therapeutische Grundhaltung gegenüber stotternden Kindern und ihren Bezugspersonen lassen sich diese Einflüsse übersetzen in: 4 Atmosphäre des Respekts und des Verständnisses, 4 Akzeptanz des Kindes und des Stotterns, 4 Ressourcenorientierung, hier: Wahrnehmen der Stärken und eigenen Lösungsansätze des Kindes, 4 Förderung des kindlichen Autonomiestrebens (nichts für das Kind tun, was es selbst tun kann), 4 Zugewandtheit und Lob, 4 Enttabuisierung des Stotterns, offener Umgang mit dem Thema (7 Kap. 4.3.1, 7 Kap. 5.2.2, 7 Kap. 7.5.2, 7 Kap. 8.5.7, Abschn. »Gespräche über das Stottern«), 4 transparente und klare Grenzen da, wo nötig, 4 Balance zwischen partnerschaftlichem Verhalten und Führung in der Therapie, 4 Prinzip der geteilten Verantwortung: jeder trägt seinen Teil dazu bei, dass die Therapie erfolgreich verläuft (z. B. in Form von Ziel- und Einsatzvereinbarungen festhalten, 7 Kap. 7.4.4), 4 darauf achten, dass jede Übung mehr Erfolge als Misserfolge bietet, 4 bei Bedarf Senken der Sprechanforderungen bzw. der Komplexität des (Sprach-)Angebotes.
7.4.3
Haltung gegenüber den Eltern
Information und Austausch zum Therapieansatz. Die laufende Abstimmung mit den Eltern über die Wahl des Therapieansatzes und über Stand und Ziele der Therapie ist so grundlegend in jede Phase der Therapie integriert, dass sie als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Zudem lässt sich wenig allgemein darüber sagen, da die Inhalte von der konkreten Auswahl und Kombination der Therapiebausteine abhängen. Dasselbe gilt für die Möglichkeiten der häuslichen Unterstützung der Therapie, die je nach Therapiephase und -baustein variieren. Gesprächsführung. Wie die Haltung gegenüber den Bezugspersonen konkret in der Gesprächsführung umgesetzt werden kann, wird hier nicht behandelt. Viele konkrete Beispiele hierzu finden sich in dem Werk von Büttner und Quindel, das 2005 in der Reihe Praxiswissen Logopädie erschienen ist. Konkurrenzverhalten. Gerade das Thema Konkurrenz birgt Gefahren. Viele Mütter erleben bereits das Auftreten von Stottern bei ihrem Kind an sich als Kränkung. Wenn das Kind in der Therapie noch weniger stottert als zu Hause, entsteht aus der Kränkung leicht ein Konkurrenzverhalten. Die Mütter bekom-
123 7.4 · Therapeutische Grundhaltung gegenüber Kind und Bezugspersonen
men evtl. das Gefühl, in ihrer Aufgabe – das Kind zu erziehen – versagt zu haben, was mit großen Schuldgefühlen einhergehen kann. Nicht selten wird diese Selbstsicht der Mütter durch die klassische Rollenaufteilung in der Familie und mitunter durch entsprechende Schuldzuweisungen des Partners verstärkt. In diesen Fällen ist ein besonders einfühlsames Stärken der Mütter, gekoppelt mit der Förderung ihrer Kompetenz bezüglich des Stotterns wichtig. Transparenz. Es ist durchaus sinnvoll, das Dilemma direkt anzusprechen, wenn das Kind in der Therapie flüssiger spricht als außerhalb der Therapiesituation. Die Therapeutin kann ggf. aufzeigen, dass verschiedene Ursachen in Frage kommen. So kann es z. B. sein, dass das Kind in der Therapie noch kaum Sprechfreude zeigt oder sich noch nicht traut, sich mit dem Stottern zu zeigen. Es kommt häufig vor, dass es dem Kind leichter fällt, in der Therapie flüssig zu sprechen, weil hier äußere Stressfaktoren wegfallen (in der Therapie vorhandener »Schonraum«, intensive und ununterbrochene Einzelzuwendung), was so im Alltag gar nicht möglich ist. Wenn z. B. die Mutter spürt, dass es der Therapeutin darum geht, sie zu unterstützen, kann die anfängliche Kränkung positiv gewendet und konstruktiv werden. Dazu können konkrete Anregungen beitragen, wie Elemente aus der Therapie im Alltag aufgegriffen werden können.
7.4.4
Geteilte Verantwortung, Zielvereinbarungen und Motivation
Therapeutinnen neigen dazu, die Verantwortung für einen positiven Verlauf der Therapie allein zu übernehmen und sind bereit, dafür einen hohen Einsatz aufzubringen. Das wird natürlich von den stotternden Kindern und ihren Eltern meist gern angenommen, ist aber weder für die Therapeutin noch für die Stotternden und ihre Angehörigen von Nutzen. Eine förderliche Grundeinstellung ist vielmehr, dass alle Beteiligten für das Erreichen von Therapiezielen verantwortlich sind und bereit sein sollten, dafür entsprechenden Einsatz zu zeigen. Vereinbarungen über Therapieziele sowie über den Einsatz, den jeder bereit ist dafür aufzuwenden (7 Kap. 6.7.2, Abschn. »Therapiebereiche«, 7 Kap. 7.4.2 und 7.4.3) sind ein gutes Mittel, die
geteilte Verantwortung deutlich zu machen. Zudem haben Motivationsforscher festgestellt, dass das Setzen und Formulieren konkreter Ziele die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht, dass die entspre-
7
chenden Handlungen zur Zielerreichung vollzogen werden (vgl. z.B. Heckhausen 2006). Was zunächst abstrakt klingt, bedeutet für die Therapie mit stotternden Kindern Folgendes: > Beachte Es ist äußerst sinnvoll, sowohl mit den Kindern als auch mit ihren Eltern Absprachen über Therapieziele zu treffen. Diese Zielvereinbarungen können und sollten sowohl Zwischenziele betreffen als auch anzustrebende übergeordnete Ziele beinhalten. Zudem sollten alle Beteiligten Angaben über ihren vorgenommenen Einsatz machen. Dieses Vorgehen kann den Therapieeffekt nachhaltig positiv beeinflussen.
> Beispiel Beispiele für Zwischenziele Kind: »Ich möchte es schaffen, nächste Woche 2-mal am Telefon absichtlich zu stottern.« Mutter: »Ich möchte beim gemeinsamen Spiel mit meinem Sohn nächste Woche täglich mindestens 5-mal pseudostottern.« Beispiele für übergeordnete Ziele Kind: »Ich möchte in jeder Situation den Pull-out anwenden können und wenig stottern.« Vater: »Ich möchte – auch wenn meine Tochter mal stottert – innerlich wie äußerlich ruhig bleiben.« Beispiele für Angaben über den Einsatz, den die Beteiligten bereit sind zu zeigen Therapeutin: »Ich werde mich auf jede Therapieeinheit gut vorbereiten und in der Therapie und Beratung der Eltern mein ganzes therapeutisches und fachliches Wissen einbringen.« Kind: »Ich werde jede Woche mindesten 4-mal zu Hause meine Übungen machen.« Eltern: »Wir werden alle zwei bis drei Monate gemeinsam zu einem ausführlichen Beratungsgespräch kommen und mindestens jede zweite Woche am Ende der Therapiestunde für kürzere Gespräche zur Verfügung stehen.«
Zielvereinbarungen sollten (in Anlehnung an die SMART-Kriterien, vgl. z.B. Rosenstiel 2007) folgende Parameter berücksichtigen: 4 Spezifische und konkrete Ziele: Was genau soll wie oft, und in welcher Situation geschafft werden? Wer hilft dabei? Was braucht man dafür? 4 Akzeptierte Ziele: Es ist sehr wichtig, dass das Kind/die Eltern sich mit den Zielen identifizieren können. Daher sollte die Formulierung weitestgehend ihnen überlassen werden. Die Aufgabe der Therapeutin ist eher, die richtigen Fragen zu stellen, als Ziele schon vorzubereiten.
124
1 2 3 4 5 6 7 8
Kapitel 7 · Kriterien und Voraussetzungen für die Therapie
4 Anspruchsvolle aber realistische Ziele: Es ist motivationssteigernd und leistungsfördernd, wenn die Ziele nicht zu leicht und nicht zu schwer zu erreichen sind. 4 Terminierte Ziele: Es ist wichtig in der konkreten Planung auch das »Wann« und »Wie lange« zu berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass der Zeitraum der vorgenommenen Zielsetzung für ein Kind überschaubar sein sollte. So können kleine Kinder oft nur mit Anstrengung 3 Termine überschauen, Schulkinder bereits 5 bis 10 Stunden. > Beachte
Im Laufe der Therapie können getroffene Vereinbarungen verändert werden und neue Absprachen über Ziele und den Einsatz hinzukommen. Die Form, in welcher die Vereinbarungen getroffen werden (z.B. ausschließlich mündlich mit den Eltern, schriftlich und/oder in Form eines Bildes mit den Kindern) ist frei wählbar (. Abb. 7.1 zeigt ein Beispiel einer Zielvereinbarung). Allein die konkrete Auseinandersetzung mit den individuellen Zielen und die Wahrnehmung, dass von allen Beteiligten versucht wird, die Zielerreichung zu unterstützen, wirken motivationssteigernd. Wird ein Zwischenziel erreicht, bedeutet dies selbstverständlich weitere Motivationsschübe.
Ziele sollten nicht problemorientiert (»ich will weniger hängen bleiben«) sondern positiv und lösungsorientiert formuliert werden (»ich will weich sprechen«), da auch dies motivierend wirkt (vgl. Büttner u. Quindel 2005).
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
. Abb. 7.1 Zielvereinbarung mit Lukas (9 Jahre). Er formuliert sowohl sein übergeordnetes Ziel, insgesamt weich zu sprechen statt zu stottern, als auch die Zwischenziele, in Übungen bei der Therapeutin und in der Familie weich zu sprechen. Das Bild des Skispringers veranschaulicht für ihn sein Vorhaben, da er der Meinung ist, »Flüssig sprechen ist wie fliegen!«. Anmerkung: Rechtschreibfehler wurden hier nicht korrigiert, um die Zielorientierung sowie die Motivation nicht zu beeinträchtigen.
125 7.5 · Umgang mit dem Stottern in der Therapie
7
> Beispiel Fazit 4 Diie therape euttischen Einstelllungen nach Ro ogers, kom mbiiniert mitt dem d lös ösung ungsorien ntie erten Ansattz,, bieten ein n gu g tes Basisrüs üstüs ze eug für die th he eraapeutische Gr G und undh dhaltung. 4 Ver erein inbarungen ü übe ber Ziele und Einsatz in der The Therapie verdeutl utlich icchen, dass alle Bete eteiiligten fü fürr einen e erfolgreichen hen Thera Therapie pieverlauf verant ntw wort o lich sind und wirken motivationssteigernd. nd.
Umgang mit dem Stottern in der Therapie
7.5
Grundvoraussetzung einer erfol olgre gr ichen The he era r pie ist die Akzept ptanz anz des Stotterns dur du ch die Th herapeuti rap tin. Di Diese ese dr d ückt sich ich im nonverba balen Verhalten wie in der Artt de des Them ematisierens des e Stotterns ter ns aus. Über Übe diesen Aspe pekt hin pe inaus werden n einige Anregungen gen fü für den Umg mgang mi mg m t dem Sttottern des Kindes gegeb geb ben. e
7.5.1
Akzeptanz des Stotterns durch die Therapeutin
Eine überzogene Erwartungshaltung in Bezug auf Therapieerfolge kann (neben anderen Gründen) der Ausdruck mangelnder Akzeptanz des Stotterns sein. Ist dies der Fall, hemmt die Erwartungshaltung den Therapieprozess. Akzeptanz vermittelt die Therapeutin sowohl durch Worte als auch durch non-verbale Signale, die sie sendet. In der Therapie ist demnach neben dem Inhalt des Gesprochenen wichtig, welche Worte und Sätze bei der Formulierung gewählt werden (verbaler Ausdruck) und welche körpersprachlichen (non-verbaler Ausdruck) und stimmlichen (paraverbaler Ausdruck) Signale gesendet werden (vgl. Büttner u. Quindel 2005). Zu beachten ist dabei, dass die drei Ausdrucksebenen in engem Wechselspiel miteinander stehen und um Glaubwürdigkeit zu vermitten unbedingt kongruent (das gleiche ausdrückend) verwendet werden müssen (vgl. Mehrabian 1971, Stock u. Sultner 1991). Dies sollen nachfolgende Beispiele verdeutlichen:
Beispiele für den verbalen Ausdruck Nicht: »Normalerweise stört es mich eigentlich nicht, wenn Du stotterst.« Die Therapeutin verwendet hier zum Einen sogenannte »Weichmacher« wie »normalerweise« und »eigentlich«, die immer eine Einschränkung implizieren. Zudem steht eine negative Wortwahl und Formulierung (»stört« und »nicht«) im Vordergrund. Sondern: »Es ist ok, wenn Du stotterst.« Beispiel für den non-verbalen und paraverbalen Ausdruck, die im Widerspruch zum Inhalt und dem verbalen Ausdruck verwendet werden Nicht: Die Therapeutin sagt, ohne das Therapiekind anzugucken, den Körper etwas abgewendet und mit eingefallenen Schultern, die Stimme klingt leise und monoton, die Aussprache ist relativ undeutlich: »Du schaffst das! Ich habe gesehen, dass Du es kannst und bin sicher, dass Du Dir den Pull-out jetzt auch bei Deinen Freunden zutrauen kannst.« Während die Wortwahl und der Satzbau durchaus positiv zu bewerten sind, vermittelt die Therapeutin körpersprachlich und stimmlich etwas Anderes, so dass es dem Therapiekind schwer fallen wird, den Pull-out motiviert und mit Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten in eine alltägliche Situation mit Freunden zu übertragen. Sondern: Die Therapeutin guckt das Kind offen an, ist ihm zugewandt und sagt mit fester Stimme und deutlicher, akzentuierter (Fettdruck entspricht einer Betonung) Aussprache: »Du schaffst das! Ich habe gesehen, dass Du es kannst und bin sicher, dass Du Dir den Pull-out jetzt auch bei Deinen Freunden zutrauen kannst.«
> Beachte Bei widersprüchlichen Signalen ist es oft die über Körpersprache vermittelte Information, die den Eindruck und das Empfinden bestimmt.
Und gerade die Körpersprache ist am schwierigsten zu kontrollieren. Sie ist eng an die eigenen Gefühle gekoppelt und drückt die innere Haltung in Bewegungen aus, ob das gewünscht wird oder nicht. So beeinflusst die eigene Akzeptanz des Stotterns direkt die körpersprachlichen Signale der Therapeutin, die das Kind oder die Bezugspersonen registrieren. > Beachte Die akzeptierende eigene Haltung der Therapeutin gegenüber dem Stottern ist von eminenter Bedeutung dafür, wie Kind und Bezugspersonen erfolgreich eine Akzeptanz erlernen und entwickeln können.
126
1 2
Kapitel 7 · Kriterien und Voraussetzungen für die Therapie
Praktisch zeigt sich die Akzeptanz des Stotterns beispielsweise darin, dass Stottern in der Therapiestunde erlaubt ist und nicht vermieden wird. Ein spielerischer, humorvoller Umgang mit dem Stottern fördert die Akzeptanz bei den Betroffenen.
3 7.5.2
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Sprechen über das Stottern
Dennoch, auch die Begriffe, mit denen über das Stottern gesprochen wird, sind bedeutsam. Hierzu wurde bereits einiges in 7 Kap. 4.3.1 »Anwesenheit des Kindes – ja oder nein?« und 7 Kap. 5.2.2 »Der Umgang mit dem Tabu Stottern« gesagt (7 Kap. 8.5.7, Abschn. »Gespräche über das Stottern«). Als wesentliche Aspekte sind zu nennen: 4 Stottern sollte vorsichtig und zunächst relativ beiläufig mit dem Kind thematisiert werden. (Beobachtet die Therapeutin Abwehrreaktionen des Kindes, zieht sie sich mit dem Thema zurück und versucht es in einer anderen Stunde vorsichtig noch mal.) 4 Das Wort »Stottern« darf ohne Scheu ausgesprochen werden. (Die meisten betroffenen Kinder haben es eh schon oft gehört und kennen seine Bedeutung!) 4 Für das Kind konkreter und daher geeigneter sind allerdings Begriffe wie »Hängenbleiben«, »Stolpern«, »Steckenbleiben« o. ä. Diese sachlichen Beschreibungen haben zudem den Vorteil, keine (ab)wertende Konnotation zu transportieren. Viele Anregungen dazu, wie über das Stottern und die Reaktionen anderer darauf konkret gesprochen werden kann, finden sich auch im Buch von de Geus (2000).
7.5.3
Unflüssige und flüssige Tage
Generell gilt, dass das Kind in der Therapiestunde nicht durch überhöhte Anforderungen oder anders ungünstiges Therapeutenverhalten zu größerer Unflüssigkeit kommen darf. Wünschenswert ist also, dass das Kind am Ende der Therapiestunde möglichst nicht unflüssiger ist als zu Beginn. Dies gelingt allerdings nicht immer und ist nicht in jedem Fall negativ zu bewerten. Es kann beispielsweise sein, dass das Kind es zum Ende der Stunde hin schafft, sich mit seinem Stottern unbefangener zu zeigen. Dann ist die stärkere Symptomatik im Verlauf der Therapiestunde durchaus positiv zu sehen.
i Tipp Senken der Sprechanforderungen bei Bedarf. Die Therapeutin sollte allerdings die Stunde nicht so abschließen, dass das Kind heftig stotternd die Therapie verlässt. Dies kann Schamgefühle beim Kind wie Widerstand bei den Bezugspersonen auslösen. Günstiger wäre es, die Sprechanforderungen zu senken und die Therapiestunde ruhig und mit einem Spiel ohne zwingende Sprechanlässe bzw. mit wenigen kindlichen Sprechanteilen ausklingen zu lassen.
Die Therapeutin muss genau beobachten, mit welcher Symptomatik das Kind sich gerade zeigt, und darauf flexibel und gezielt eingehen. Generell gilt: An Tagen, an denen das Kind extrem unflüssig in die Stunde kommt, wird die Therapeutin kaum Sprechanlässe schaffen und eher Aktivitäten anbieten, bei denen die nonverbale Kommunikation und gemeinsames Erleben und Spaß im Vordergrund stehen. An anderen Tagen, wenn das Kind sehr flüssig spricht, wird die Therapeutin ihm viele Anlässe bieten, zu sprechen und diese flüssige Phase intensiv zu erleben (7 Kap. 6.7.1 und 7 Kap. 9.7, Abschn. »Reduzieren des Sprachniveaus und der sprachlichen Komplexität«).
Fazit g der Theraapie isst es erfo forderr4 Fürr den Erfolg lich h, dass die Th The erapeutin in das Stottern selb bstt akzeptie errtt. e Akzeptanz wir w kt sich auf die Kom4 Diese munika katio tion, die Art des e Ges Ge prächs überr da dass Stottern u und nd den praktische chen n Umga Umgang ng mit d dem Stottern rn aus. au
8 Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung 8.1
Die Bausteine im Überblick
– 129
8.2
Atemtherapie und Tonusregulation – 130
8.3
Körpersprache und rhythmisch-melodischer Ausdruck
8.3.1
Blickkkontakt und Turn taking ng
8.3.2
Rh hythmisch-melodischerr Ausd A druck
8.3.3
Körpersprache
8.3.4
Sprechtempo
8.3.5
Synthese der Einze ela laspe ekte
8.4
Emotionaler Ausdruck und kreatives Gestalten
8.4..1
Welche Rolle spiele en Emotionen in der Th herap apie des Stotterns?
8.4 4.2
Das Besonde ere di dieses Bausteins
8. 8.4.3
Zulassen un nd Erleben von Schutz und d Ge eborgenheit
– 132
– 132 – 132
– 133 – 134 4 – 135
(die Phase e dess Urvertrauens)
– 135
– 13 36
– 13 38
8.4.4
Ausagierren von Aggression und Wut (die Phase der Auton nomie)
8.4.5
Sich Abg bgren nzen – Verhandeln – Nein n-Sagen – sich Durch hs hsetzen (die Ph hase e der Initiative)
– 13 35
– 139
– 14 41
8.5
Förderung der Sprechfreude und Abbau von Sprechängsten – 143
8.5.1
Spiiel mit »primärer Komm muniikation«
8.5.2
De esen nsibilisierung gegen n neg egative Reize
8.5.3
De esen nsibilisierung gege en Unterbrechungen und
– 143 – 14 43
ungü ünstiges Zuhörerve erhaalten – 145 8.5.4
Redu uzierung belastend der Bewertungen von n Sprechunfl flüssigkeiten
8.5.5
Dese ensibilisierung geg gen Fixierungen und Blockierung g
8.5.6
Abb bau von situativen Äng gsten bei Schulkin ndern und Jugendlichen n
8.5.7
Vielseitig einsetzbare Metthoden in der Phaase derr Desensibilisierung g
– 151
– 145 5
– 150 – 15 50
8.6
Förderung der Eigen- und Symptomwahrnehmung
8.6.1
Grundl dlegendes bei derr Wahrnehmungsförderung
8.7
Modifikation des Stotterns und Modeling
8.7.1
Modifikation
8.7.2
Modeling – Modifikation für kleine Kind der
8.8
Bedeutung der Gruppentherapie und des sozialen Lernens – 169
8.8.1
Grruppe als Ort der Kommu unikati tion
8.8.2
Gruppe als Katalysator
8.8.3
Wann ist eine Gruppe sinnvvoll? – 170
8.8.4
Auf die Mischung ko ommtt es an –
– 15 55
– 159
– 159 – 169
– 169
– 17 70
Hinweise zur Zusaamme enstellung einer Gruppe 8.8.5 5
Welche Auswahllkrite erien gibt es?
8.8. 8.6 8.
Inhalte der Gru uppe entherapie
8.9
Therapie des Polterns
– 171
– 172
– 174
– 17 70
– 155
129 8.1 · Die Bausteine im Überblick
8
. Abb. 8.1. Bausteine der Therapie mit dem stotternden Kind
8.1
Die Bausteine im Überblick Aufbauend auf der therapeuttisc ischen Grundhal hal altung tun g und und dem Umgang mit dem St Stott o ern in derr Therapie (7 Kap. 7.4 4 un und 7.5) werden im Folgenden die Baus ustei te ne beschr ch ieben, die in n der d Therapie mit dem Kind nd d zu z m Trag agen kommen n. Die Kombi Kom binati ation on und u Reihenfo olge lg derr Bausteine B ist st abhängig von de derr indi nd viduellen en n Diagn nose und dem Bedingungsgefü füge ge des jewe ei eiligen n Kindes.
Bei den Bausteinen handelt es sich teilweise um Elemente aus bekannten Therapieansätzen (7 Kap. 6), die hier unter inhaltlichen Gesichtspunkten neu geordnet und zusammengestellt werden. Dabei fließen indirekte und direkte Methoden gleichermaßen ein. Die . Abb. 8.1 stellt die möglichen Bausteine vor. Die Wabenform veranschaulicht, dass die Bausteine in beliebiger Reihenfolge und Kombination zusammengestellt werden können.
Verlaufsdiagnostik. Berechtigterweise könnte man die Verlaufsdiagnostik zu diesen Bausteinen hinzuzählen, da sie einen wesentlichen und fortlaufenden Bestandteil der Therapie darstellt. Die Methoden und Verfahren der Verlaufsdiagnostik sind ausführlich in 7 Kap. 5.6 beschrieben und werden daher hier als Therapiebestandteil vorausgesetzt. Motorikförderung. Diesem Thema wurde kein eigener Baustein gewidmet, obwohl die Förderung der Fein- und Grobmotorik wegen der Zusammenhänge zum Stottern (7 Kap. 2.3.3) einen elementaren Bestandteil der Therapie darstellt. Motorische Förderung kann und sollte bei der praktischen Umsetzung in alle Bausteine einbezogen werden (7 Kap. 8.2 und . Übersicht 5.14). Förderung
der
Sprachentwicklung. Wie
in
7 Kap. 2.3.4 beschrieben, gibt es Anhaltspunkte für
eine Wechselwirkung der sprachlichen Fähigkeiten mit Stottern. Ähnlich wie die Motorikförderung ist das Element der Förderung sprachlicher Fähigkeiten
130
1 2 3 4 5 6
Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
als übergreifend anzusehen und durchzieht alle Bausteine. Fluency Shaping. Diese Methode wird bei den Bausteinen nicht eigens beschrieben. Der Ansatz kommt aber, kombiniert mit der Modifikation, bei dem Aspekt des elterlichen Feedbacks zum Tragen (7 Kap. 8.7.1, Abschn. »Rolle der Eltern«). Sprechtechniken. Auf die Umsetzung von Sprechtechniken wird nicht explizit eingegangen. Sie finden vorrangig Anwendung, wenn die Therapie in der Gruppe durchgeführt wird, und fließen daher in 7 Kap. 8.8 mit ein.
7
Bau usteine der Therap ap pie mi mitt de dem Kin nd 4 Die Ba sind nacch den ind ndiividuellen en kindlichen en Bedürfniss sse en fortlaufen fe end neu zu aktualisieren. te und direkte te Methoden können n 4 Indirekte kombinierrt werden.
9 10 8.2
12 13 14
Atemtherapie und Tonusregulation Auffälligkeiten der Atmung un nd des Tonus sin in nd wenige wen igerr Ursa Ursache c n als Folgen des Stot to terns (vgl. Fiedler u. Standop 19 994) 94 . Um Fehlhaltun ungen zu verhindern und nd Kör Kö pergeffühl üh und Körperw wahrnehmung zu verbessern rn n, ist die e Ar A beit in diessen Bereichen i hen de denno n ch sinnvoll. ll. Sie nim immt jedoch h im i Gesamtkonzeptt in in der e Regel ein nen ve ergleichsweiise geringen Anteil ein. n.
15 16 17 18 19 20 21
Einsatz von Üb bungen zu ur Atem-- und Tonusregula ation 4 Bei tatsääch hlich vorliege genden größ ge rößer eren Defiziten in de den n Bereichen Atmu t ng, Stimme und Tonus 4 Zur Rhythmis isier erung der Stunde, als Gegenp zu z. B. lebha pol hafter ter Aktivität 4 Zur ur Verbesserung der Eig Eigenw en ahrnehmun mung un nd des Körpergefühls 4 Zur Unter Unterbrechung von Aufschaukelungsprozessen en,, z. B. B im Rahmen der Aggressionsarbeit oder in n ein e er leb lebhaften Gruppenstunde
Fazit
8
11
. Übersich ht 8.1
Da es in den meisten Fällen des kindlichen Stotterns zu keinen oder nur geringfügigen Auffälligkeiten im Bereich der Atmung und des Tonus kommt, spielen Atemtherapie und Tonusregulation normalerweise eine untergeordnete Rolle (vgl. Fiedler u. Standop 1994, S. 218). Bei den meisten Kindern verändert sich das Atemmuster nur während der Blockierung. Je älter das Kind ist und je ausgeformter Symptomatik und Störungsbewusstsein werden, desto größer ist jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass sich unphysiologische Atemmuster oder körperliche Verspannungen manifestieren. In diesem Fall ist eine Bearbeitung der Auffälligkeiten angezeigt. Eine Zusammenstellung weiterer sinnvoller Einsatzmöglichkeiten von
Übungen zur Atem- und Tonusregulation findet sich in . Übersicht 8.1. Übungen zur Atmung und Tonusregulation sollten immer so beiläufig, indirekt und spielerisch wie nötig durchgeführt werden. > Beachte Die Übungen ergeben sich meist spontan aus dem Verlauf des Spiels oder der Stunde und sollten niemals zwanghaft, sondern aus »Freude und Lust« (Katz- Bernstein 1990, S. 83) umgesetzt werden.
Für konkrete Atemübungen sind eine gewisse Reife und die Fähigkeit zur Selbstreflexion erforderlich. Nicht alle Jugendlichen sind für diese Übungen geeignet. ! Cave Bei direkter Steuerung der Aufmerksamkeit auf die Atmung besteht gerade bei Kindern und Jugendlichen die Gefahr der vermehrten Anspannung und einer Verschlechterung der Atemfunktion.
Im Rahmen der Desensibilisierung und beim Abbau der Sprechängste (7 Kap. 8.5) ist es mitunter hilfreich, die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson anzubieten. (Eine ausführliche Darstellung der Methode ist in Bernstein u. Borkovec (1992) zu finden.) Verknüpfung verschiedener Intentionen in einer Übung. Atmung, Bewegung, Tonus und Intention beeinflussen einander gegenseitig. Daher sind z. B. alle Bewegungsspiele dazu geeignet, die Atmung anzuregen und zu vertiefen. Verbunden mit Lautmalereien
131 8.2 · Atemtherapie und Tonusregulation
(z. B. Wind, Geister, Wasser, Tierstimmen) lassen sich zugleich der stimmliche Ausdruck und die orale Luftstromlenkung fördern. Auch sog. Aggressionsspiele (7 Kap. 8.4), Puste- und Hauchspiele aktivieren und verbessern die Zwerchfelltätigkeit, ohne die Aufmerksamkeit direkt darauf zu lenken. Eine Vielzahl von Anregungen findet sich hierzu bei Katz-Bernstein (1984, 1990).
Übungen und Spielideen Es spielt zunächst keine Rolle, ob bzw. wie lange sich das Kind mit den Spielelementen beschäftigen möchte. Im Vordergrund sollte die Möglichkeit stehen, am »Modell« der Therapeutin zu lernen. Sie zeigt dem Kind alternative Verhaltensweisen, die das Kind ausprobieren kann, wenn es möchte. Im Folgenden findet sich zur Veranschaulichung eine kurze Zusammenstellung möglicher Spielimpulse. Atemwahrnehmung. Nach Tobespielen oder größerer körperlicher Aktivität wird das Kind zur Atemwahrnehmung, zum Strecken, Seufzen und zur entspannten Stimmgebung durch das Vorbild der Therapeutin oder über Vorstellungshilfen angeregt (z. B. sich hinlegen wie eine Marionette, die abgelegt wird, oder sich genüsslich rekeln wie der Löwe nach der Jagd). Atem fühlen. Luftballon, Reissäckchen oder die Hände werden in der Ruhephase auf den Bauch gelegt. Das Kind soll die Bewegung des Bauches aufmerksam verfolgen. Der Zauberer und der Mehlsack. Der »Mehlsack« liegt zusammengekauert auf dem Boden. Der Zauberer haucht ihm Leben ein (z.B. fft/psch oder huuh). Mit jedem Atemzug des Zauberers richtet sich der »Mehlsack« mehr und mehr auf. Am Schluss wird bei zu hoher Spannung die Haltung durch stimmhaftes Luftablassen korrigiert. Balancieren. Durch Balancieren auf Seilen, Tauen, Balanceteller, Rundholz, Pezziball, Laufdollies etc. werden Körperhaltung und Tonus ausgeglichen und das Gleichgewicht geschult. Zitrone ausquetschen. Es werden isolierte An- und Entspannungsübungen aus der Progressiven Muskelentspannung durchgeführt (mögliche Rahmenhandlungen: in der Saftbar, der stärkste Mann der Welt etc.). Das Kind hält in der Hand eine imaginäre Zitrone (Orange, Melone ...) und presst sie aus. Der Saft tröpfelt nur spärlich, also fester drücken, noch fester ...
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halten! ... und geschafft! Jetzt ist die Hand müde und legt sich faul nieder. Marionettenspiel. Es geht ebenfalls um ein Experimentieren mit An- und Entspannung. Die Therapeutin spielt die Marionette: Die Schnüre hängen zunächst schlaff, die Glieder baumeln locker. Das Kind darf an den »Schnüren« an Händen, Füßen und Kopf (bei älteren Kindern können auch die Gelenke mit einbezogen werden) ziehen und somit die Puppe bewegen. Rollentausch. Bei erhöhtem Tonus die »Puppe« zunächst vorsichtig ausschütteln. Pizzabacken. Das Kind liegt auf dem Boden. Zuerst wird der Teig geknetet (Kind an den Beinen, Armen und Rücken »kneten«), dann wird er glatt geklopft (abklopfen mit der flachen Hand) und Tomaten und andere Leckereien (Kind fragen!) auf den Teig gelegt (mit den Fingern kribbeln, tupfen etc.). Schließlich wird sie im Ofen gebacken (»pschsch«). Ähnliche Massagen bei der »Zubereitung« von Obstsalat, dem Lieblingsgericht des Kindes oder beim Kuchenbacken. i Tipp Ist die Haltung des Kindes zu solch körpernahen Übungen unklar, sollten sie nicht angeboten oder erst gemeinsam an einem Plüschtier oder an der Therapeutin durchgeführt werden. Danach kann das Kind oft besser entscheiden, ob es »auch mal« möchte.
Indirekte Entspannung. Viele Kinder entspannen sich sehr gut, wenn sie eine Geschichte erzählt bekommen oder ein Bilderbuch anschauen. Die Geschichte sollte jedoch nicht zu lange und zu spannend sein, da sonst die körperliche Anspannung und motorische Unruhe des Kindes zunehmen werden. Auch Malen und Musikhören hat auf viele Kinder eine entspannende Wirkung. Fazit ge Atmun ng ist Fo olge, nich ht Ur4 Eine auffällig sache des Sto otterns. De er Antei eill an ate temthe eraapeutischen n und tonusrregulierenden re Ele le ementen in de me er Behandlung des des SStot totte tot terns ter nim mmt daher ein ine e untergeordnete Rolle ein. 4 Ate tem mtherapie und d Tonu Tonusregulation sind wei eiterhin hin zur Verhinderung g von v Feh Fehlha lhaltu ltunge ngen und zu ur Verb er esserung des Körpergefühls und der Kör Körper perwahrnehmung sinnvoll. 6
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1
Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
4 Atem marrbeit und d Tonusre egulattion mitt Kind dern bis caa. 12 Jahren n wird so ind i ire ekt un und be eiläufig wie möglic ich h durchgef geführt. gef 4 Auch be eii älteren Kin ind ndern sollte darauf geachtet we werde rd n, dass durc u h zu direktes Vor orgehen keiine Überforderun ng auft uftrit ittt.
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Körpersprache und rhythmischmelodischer Ausdruck
8.3
In Folge g erhöhter psychischer und körperlicher Anspannung sin sind d mimischer, m gestischer und stimmlicher Ausdruck oft redu eduziert (vgl. 7 Kap. 1.3.3, Abschn. »Nichtsprachliche he Eb E ene«). Damit sind dem Kind wichtige nonverbale Elementte des des Gef G ühlsausdrucks genommen, die Kommunikationsf nsfähi äh gkeit wird dadurch weitter einge wei i gesch schrän sch rä kt. Auch Blickk rän kkont o akt und Sprechtempo können als ls Fol F ge des Sttott Fo ot erns verändert sein. Durch verschieden enste en s Übunge st en zur Förder För derung ung de des nichtsprachlichen Ausd u rucks er us erhält das Kind d wied wiederr Zug Zu ang zum Ausd druc r k von Emotionen. Stressoren n kkö önn nnen reduziert un u die und kommunikative Kompetenzz ver erbessert werd den. e
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Viele Spiele und Übungen aus Psychomotorik, Gestalttherapie oder Stimmtherapie lassen sich sinnvoll zur Förderung des nichtsprachlichen Ausdrucks verwenden. Gearbeitet wird an der Verbesserung von 4 Blickkontakt, 4 stimmlichem Ausdruck, 4 Mimik, 4 Gestikk und 4 Sprechtempo. Die Auflistung der folgenden Spiel- und Übungsvorschläge gibt einen Überblick über mögliche Interventionen, von denen sich die meisten auch für den Einsatz in Gruppen eignen.
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8.3.1
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Nicht immer verbessert sich der Blickkontakt parallel zum verbesserten Selbstvertrauen. In diesen Fällen bietet sich die konkrete Arbeit in diesem Bereich an.
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Positive Verstärkung. Jede geglückte nichtsprachliche Kommunikation sollte unbedingt durch Zuwendung und erhöhte Aufmerksamkeit positiv verstärkt werden. Transfer von Spielregeln auf die Kommunikation. Turn-taking-Regeln können über Spielregeln erfahrbar gemacht werden: Durch abwechselndes Gestalten (vgl. 7 Kap. 6.4, Abschn. »Kommunikationsformen«) entsteht ein gemeinsames Ganzes. So kann man z. B. jeweils abwechselnd an einem gemeinsamen Turm bauen, ein gemeinsames Bild malen oder mit Instrumenten improvisieren. Videoarbeit mit älteren Kindern. Bei älteren Kindern kann eingeschränkter Blickkontakt oder auffälliges Gesprächsverhalten zunächst anhand von Videoaufnahmen anderer Sprecher, z. B. aus einer Talkshow, besprochen und die Wahrnehmung dafür geschult werden. Hilfreich sind gezielte Fragen zu Beobachtungen wie »Wer spricht am meisten?«, »Wer hat guten Blickkontakt, wer nicht?« oder »Welcher Gesprächsteilnehmer fühlt sich wahrscheinlich nicht wohl und woran erkennt man das?«. Später folgt die behutsame Analyse des eigenen Kommunikationsverhaltens, die je nach Wunsch im Gespräch oder anhand von Videoaufnahmen durchgeführt werden kann. > Beachte Die Videoarbeit ist anspruchsvoll und fordert besonderes Einfühlungsvermögen der Therapeutin. Die in 7 Kap. 9.8.3 beschriebenen wesentlichen Prinzipien zur Durchführung sollten dabei unbedingt beachtet werden.
8.3.2
Rhythmisch-melodischer Ausdruck
Übungen und Spielideen Nonsens-Dialoge. Im »Ja-Nein-Dialog«, im Zahlendialog oder beim Sprechen einer Fantasiesprache, wie z. B. »Kukalila«, (vgl. Katz-Bernstein 1990) ist das Kind nicht mehr an den Inhalt gebunden. Es kann alleine über Stimmführung, Lautstärke und Sprechtempo Gefühle zum Ausdruck bringen und auf Äußerungen des Kommunikationspartners reagieren.
Blickkontakt und Turn taking Lautmalereien. Eine große Auswahl an Spielideen zum Einsatz »primärer Kommunikation« liefert KatzBernstein 1990 (7 Kap. 8.5.1 »Spiel mit »primärer Kommunikation««).
133 8.3 · Körpersprache und rhythmisch-melodischer Ausdruck
Brummeln. Für jede Silbe wird ein »hmm« gesprochen. Über Rhythmus, Silbenbetonung und Stimmführung werden Begriffe intoniert, die der Partner erraten darf. Als Hilfestellung liegen Bildkarten von Begriffen unterschiedlicher Silbenzahl und Betonung aus. Verbindung von Sprechen und Motorik. Klatschund Kinderreime werden beim Hüpfen auf einem Trampolin oder Pezziball oder zu Trommelschlägen rhythmisch gesprochen. Das Sprechen zu den Zeichenbewegungen der Atemschriftzeichen (vgl. Schümann 1991) wirkt sich positiv auf das Rhythmuserleben und auf den Redefluss aus. Stimm-Achterbahn. Im Vordergrund steht das Experimentieren mit der Stimme. Benötigt werden ein großes Blatt Papier und Wachskreiden. Das Kind folgt mit dem Stift der Stimmführung der Therapeutin. Steigt die Stimmlage an, so führt die »Spur« der Achterbahn nach oben und umgekehrt. Die Lautstärke kann in Geschwindigkeit umgesetzt werden. Rollentausch. Sag‘s mit Musik. Beim Sprechen durch eine Mundharmonika oder ein Kazoo kann sich das Kind ganz auf Rhythmus und Betonung der Wörter konzentrieren. Artikulationsbewegungen müssen übertrieben ausgeführt werden, um die Verständlichkeit zu erhöhen. Kauend sprechen. Im Rahmen einer Spielhandlung (z. B. Kühe auf der Wiese) oder beim Naschen von Kaubonbons lassen sich Elemente der Kauphonation nach Fröschels (vgl. Brügge u. Mohs 1994, S. 125) einfügen. Auf die Silben »mnjam« oder »mnjom« wird mit lebhaften Bewegungen von Zunge, Wangen und Lippen gekaut. Die Stimme befindet sich in der Indiff ferenzlage. Der spielerische Aspekt und das Experimentieren mit Stimme und Artikulation stehen hierbei im Vordergrund. »Jandln«. Der Vortrag lautmalerischer Gedichte, wie z. B. von Ernst Jandl, ermöglicht Jugendlichen vielfältige Möglichkeiten zum Experimentieren. Als Vorstellungshilfe kann eine Aufnahme von Jandls eigenen Gedichtvorträgen vorgespielt werden.
8.3.3
8
Körpersprache
Pantomimespiele fördern den nichtsprachlichen Aus-
druck, die Kreativität und bei kleineren Kindern auch den Wortschatz. Pantomimespiele sollten behutsam eingeführt werden, da die Kinder zunächst eigene Hemmschwellen überwinden müssen, bevor sie sich auf das Experimentieren mit dem Ausdruck einlassen können. Bei allen Ratespielen können die zu erratenden Begriffe entweder gemeinsam mündlich oder schriftlich gesammelt oder von der Therapeutin mit Hilfe von Bild- oder Schriftkarten vorbereitet werden. Mittlerweile gibt es eine Reihe von im Handel erhältlichen Gesellschaftsspielen, die sich zur Förderung dieses Bereiches gut eignen. i Tipp – Materialempfehlung 4 »Activity« (Piatnik). Enthält viele Anregungen, was pantomimisch dargestellt werden kann, gut für ältere Schulkinder und Gruppentherapie geeignet 4 »Pantomime« (HABA): Bildkarten, die schon ab ca. 4 Jahren pantomimisch dargestellt werden können 4 Kartensatz im Ê Downloadbereich: Zusammenstellung einiger Begriffe und kurzer Sätze zur pantomimischen Darstellung. Die Sätze wurden so gewählt, dass die reine pantomimische Darstellung des Inhalts inhaltlich zumindest allgemein möglich ist. Da gerade die Sätze oft erstmals Abwehr hervorrufen, ist hier das therapeutische Vorbild und der Spaß am Spiel besonders wichtig.
Übungen und Spielideen Tiereraten. Ein Mitspieler schlüpft in die Rolle eines Tieres und imitiert die Art der Bewegung. Der Partner rät. Da die meisten Kinder dieses Spiel sehr gut kennen, eignet es sich gut als Hinführung zum Thema Körpersprache. Beruferaten. Dargestellt werden für den Beruf typische Handlungen. Ein einführendes Gespräch über mögliche Berufsgruppen und ihre Tätigkeiten ist bei jüngeren Kindern sinnvoll. Variationen. Die Darstellung von Eigenschaften, Begriffen und Gefühlen bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, um mit dem nichtsprachlichen Ausdruck zu experimentieren. Das Erraten von Redewendungen ist aufgrund der höheren Anforderungsstufe für ältere Kinder (ab 10–12 Jahren) gut geeignet. Kind-
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gemäße Redewendungen (z. B. eine Suppe auslöffeln, sich benehmen wie ein Elefant im Porzellanladen) werden auf Kärtchen geschrieben, verdeckt gezogen und dargestellt.
i Tipp – Materialempfehlung
Sprechen mit Händen und Füßen. Die Teilnehmer erfinden jeweils ganze Phrasen oder Sätze, die pantomimisch gut darzustellen sind (z. B. Ich sehe einen kleinen Elefanten. Mein Haus ist schön. Ich esse gerne Kirschen. Ich fürchte mich vor großen Hunden.).
Korkensprechen. Der Sprecher nimmt einen Korken zwischen die Schneidezähne und erzählt z. B. eine Bildergeschichte. Hierbei werden Artikulationsbewegungen ausgeformt und in deren Folge das Sprechtempo reduziert. Da bei dieser Übung die Zähne oft zu fest aufeinander gebissen werden, kann auch der angewinkelte Zeigefinger zwischen die Zähne genommen werden. Zu fester Kieferschluss wird auf diese Weise sofort wahrgenommen und korrigiert.
5 8.3.4
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
Sprechtempo
Beim Poltern oder einer Polterkomponente ist meist eine Erhöhung des Sprechtempos zu beobachten. Stotternde Kinder zeigen während der Rede häufig unregelmäßige Reduzierungen und Beschleunigungen des Sprechtempos.
Übungen und Spielideen
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Schnelllauf-Zeitlupe. Das zunächst unbefangene und »zufällige« Spiel mit der Vorlauftaste bzw. mit der Zeitlupenfunktion des Video- oder Kassettenrekorders ermöglicht erste Gespräche und Experimente zum Sprechtempo. Zeitlupenspiele. Das Ziel dieser Spiele ist die Förderung der taktil-kinästhetischen Wahrnehmung für verlangsamte Bewegungsabläufe von grob- und artikulationsmotorischen Abläufen. Der Einsatz von Handpuppen (z. B. Schnecke oder Schildkröte) erlaubt dem Kind die innere Distanz zu der häufig als lähmend empfundenen Verlangsamung des Sprechtempos. Nach einer Weile kann das Kind selbst die Schnecke sein, sich wie eine Schnecke bewegen und als Schnecke sprechen. Manche Kinder spielen gerne »Filmstar«, der nach Anweisung des Regisseurs das Tempo seiner Bewegungen verlangsamen oder erhöhen oder einen vorher gemeinsam ausgedachten Satz nach Anweisung sprechen muss (z. B. im Cowboyfilm: »Wo ist der Saloon?«). Für viele Kinder wirkt eine Videoaufnahme stark motivierend. Natürlich kann im Rahmen von Spielhandlungen mit dem Sprechtempo experimentiert werden (Besuch bei den Schlafmützen, »Mr. Speedo« erklärt, wie man Kuchen backt usw.). Lippenlesen. Damit der Partner in der Lage ist, das gesprochene Wort zu erfassen, muss der Sprecher Artikulationsbewegungen präzise und langsam ausführen. Diese Übung dient nicht nur der Verlangsamung des Sprechtempos, sondern auch der Verbesserung der Propriozeption (Tiefensensibilität).
Kartensatz »Lippenlesen« im Ê Downloadbereich. Die Kärtchen können abwechselnd gezogen und abgelesen werden.
Spürendes Sprechen. Durch die Konzentration auf das Spüren von Bewegungsabläufen und Lautübergängen kommt es zu einer Verbesserung der taktil-kinästhetischen Wahrnehmung (7 Kap. 8.6.1, Übung »Fingersprechen«) und zugleich zu einer deutlichen Verringerung des Sprechtempos. Beides wirkt sich positiv auf den Redefluss aus. Zur besseren Konzentration auf das Spüren von Artikulationsvorgängen kann das »Fingersprechen« eingesetzt werden. Lippenschluss und -öffnung werden mit Hilfe von Daumen und Zeigefinger während des Sprechens dargestellt. Die zu analysierenden Wörter sollten entsprechend Bilabiale enthalten (z. B. Baum, Pumpe, Film). Die Begriffe können über Bild- oder Schriftkarten angeboten und bei verspielten Kindern in Regelspiele eingebettet werden. Eine weitere Steigerungsstufe ist die Darstellung der Zungenbewegung bei der Artikulation mit der flachen Hand, die mit Kindern etwa ab 10 Jahren durchgeführt werden kann. Hierbei stellen die Fingerspitzen die Bewegung der Zungenspitze und die Fingerknöchel die Bewegung des hinteren Zungenteils dar. Geübt werden zunächst einfache Lautfolgen, wie z. B. Kuckuck, nein, Schal etc. Werden längere Äußerungen dargestellt, sollte zunächst auf maximalen Kontrast der Artikulationsbewegungen geachtet werden (z. B. nagen, Kohle, Giraffe) bevor die Unterschiede weiter minimiert werden (z. B. Straße, lustig, Schalter). Weitere Übungen zur Reduzierung des Sprechtempos und zur Verbesserung der Artikulationsschärfe werden in 7 Kap. 8.9 beschrieben.
Analyse von Aufnahmen Bei Kindern ab etwa 12 Jahren werden Audio- oder Videoaufnahmen angelegt und besprochen. Da die meisten stotternden Kinder sich selbst aufgrund der Blockierungen als zu langsam erleben, sind Vergleiche mit Aufnahmen anderer flüssiger und nicht flüssiger Sprecher sinnvoll. Um eine realistischere Ein-
135 8.4 · Emotionaler Ausdruck und kreatives Gestalten
schätzung des eigenen Sprechtempos herbeizuführen, können die Zahl der gesprochenen Silben pro Minute ermittelt (7 Kap. 5.4.2, Abschn. »Erhebung der mittleren Sprechgeschwindigkeit pro Minute«) bzw. Variationen des Sprechtempos analysiert werden. Auf diese Weise ist meist sehr plastisch zu belegen, dass eine Erhöhung des Sprechtempos auch eine Verschlechterung des Redeflusses nach sich zieht.
8.3.5
8
Fazit 4 Die e Arbeit an K Kö örpersprrache und rh hythmissch h-melodisc schem Aus ussdru d ck ermöglic iccht dem m Kind eine Erw weiterung sein einer err em emotionalen n Ausdrucksfä fäh higk ig eit. 4 Die Kom om mmun m ikationsk nsk komp ompetenz wird gesteigert, und Stressoren wer erden den in indir direk ekt abg aut. geb
Synthese der Einzelaspekte
Gerade Jugendliche interessiert es, mit ihren Ausdrucksmöglichkeiten zu experimentieren. Auf der Suche nach der eigenen Identität kann das Spiel mit Körpersprache und stimmlichen Ausdruck eine große Bereicherung sein. Eher schüchterne Jugendliche sollten schrittweise an die Übungen herangeführt werden.
Übungen und Spielideen Gedichtvortrag. Balladen, wie z. B. »Der Erlkönig« (Goethe) oder »Der Knabe im Moor« (DrosteHülshoff), bieten ein reichhaltiges Angebot, um mit stimmlichem Ausdruck, Rhythmus und Körpersprache zu experimentieren. Durch die geringere Kommunikationsverantwortlichkeit beim Lesen des Textes ist zudem eine bessere Konzentration auf nonverbale Elemente möglich. Szenisches Spiel. In der Gruppe werden kurze Stücke oder Szenen mit verteilten Rollen dargestellt. Auch die freie Darstellung von Märchen (z. B. Froschkönig, Rapunzel) oder eigenen Ideen ist möglich. Das »Stück« wird aufgezeichnet und später gemeinsam angesehen. Durch die gemeinsame Planungsphase, das Ausprobieren und den kreativen Prozess werden Selbstvertrauen und kommunikative Kompetenz gestärkt (vgl. Niederhöfer 1993). Casting für MTV. Der »Bewerber« darf sich vor laufender Kamera selbst darstellen. Inhalte werden gemeinsam vorbereitet und Aufgaben für das »Casting« erarbeitet (Einhaltung des Blickkontaktes zum »Kameramann«, nicht jedoch zur Kamera selbst, Gestik, Mimik, Sprechtempo etc.). Die Videoaufnahme wird hinterher auf ihre Stärken hin untersucht. Dieses Vorgehen kann auch zur Desensibilisierung (7 Kap. 8.5) eingesetzt werden.
Emotionaler Ausdruck und kreatives Gestalten
8.4
Die hier dargestellte Arbeit am m emotionalen e n Ausdruck dru ck umf umfass asst 3 Aspekte: Schutz un nd Geborgen-heit, Aggression und d Wut W sowie Abgren nzung und Verhandlung. Neben Nebe b vielen n konkreten k Übu bungsvorschlägen wird bescchri hr eben, war w um diese As Apektte fü pek für di die e Therapie T stotte ternder Kinder so be ter edeutsam sind un nd welc e he Prinz nzi zipie p nb bei der Durchführung beach hte tet et werden soll o ten n.
8.4.1
Welche Rolle spielen Emotionen in der Therapie des Stotterns?
Niederlagen und Frustration. Die Erfahrungen, die stotternde Kinder mit dem Sprechen machen, sind häufig frustrierend. Die zeitweise Unfähigkeit, flüssig zu sprechen, wird vom Kind als Niederlage empfunden, der es sich hilflos ausgeliefert fühlt (7 Kap. 2.3.5, Abschn. »Persönlichkeitsmerkmale«). So kommt es vermutlich, dass viele dieser Kinder schwer verlieren können, weil sie nicht noch eine weitere Niederlage verkraften möchten. Aggression und emotionaler Rückzug. Während Nicht-Stotternde sich früh verbal wehren können, sind stotternde Kinder gerade im sprachlichen Ausdruck verunsichert. Mit jedem Erleben von Unflüssigkeit wird das Selbstvertrauen des Kindes erschüttert, und mit jedem solchen Scheitern traut sich das Kind weniger zu, das zu äußern, was es fühlt, denkt und mitteilen will. Als zusätzliche Belastung für das Kind zu diesen ständigen Frustrationen kommt hinzu, dass über das Stottern in der Regel nicht offen gesprochen wird – paradoxerweise in der besten Absicht, das Kind nicht zu belasten! – Nicht selten kommt es zu
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
einem schrittweisen emotionalen Rückzug des Kindes. Gelegentlich kommt es vor, dass stotternde Kinder die »Flucht nach vorne« ergreifen und sich tendenziell aggressiv verhalten. Negative Erfahrungen binden Kapazitäten. Mit der Zeit sammeln sich beim stotternden Kind immer mehr unangenehme Gefühle aus negativen Erfahrungen an. Diese emotionalen Themen, die das Kind beschäftigen, die es aber nur eingeschränkt ausagieren kann, binden Aufmerksamkeit und damit Kapazitäten. Häufig sind es gerade Aggressionen und Wut, die sich so anstauen. Entsprechend viel Raum wird dem Umgang mit diesem Thema in 7 Kap. 8.4.4 gewidmet. > Beachte
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Lernt das stotternde Kind, gefühlsmäßige Inhalte auff zuarbeiten, hat es Kapazitäten frei, seine eigenen Fähigkeiten und Stärken zu entdecken und zu entfalten.
In einer mehrdimensionalen Stottertherapie sollten daher Spiele bzw. Übungen angeboten werden, die dem Kind die Möglichkeit bieten, Gefühle auszudrücken. Ziel. Die Erweiterung des Verarbeitungs- und Ausdrucksrepertoires um kreative, nichtsprachliche Mittel eröffnet dem Kind Möglichkeiten des emotionalen Ausdrucks, die im Gegensatz zum Sprechen nicht von unangenehmen Erfahrungen belastet sind. Das Erleben vieler gelungener Kommunikationssituationen stärkt indirekt das Selbstvertrauen und macht das Kind unempfindlicher gegenüber abwertenden Reaktionen anderer (wie Hänseleien, Kritik etc.; 7 Kap. 6.4 »Spieltherapeutisch geprägte Sprachtherapie (KatzBernstein)«). Die Abgrenzungsfähigkeit nimmt zu, und Niederlagen können besser verarbeitet werden.
8.4.2
Das Besondere dieses Bausteins
Im Vergleich mit den anderen beschriebenen Bausteinen ist die Arbeit am Gefühlsausdruck nicht immer so klar umrissen und in Übungen zu beschreiben. Hinzu kommt, dass die Themen dieses Bausteins sehr sensibel sein können und entsprechend besondere Vorsichtsmaßnahmen erfordern.
Drei Aspekte des emotionalen Ausdrucks Die Spielangebote und Übungen zum emotionalen Ausdruck beschränken sich auf: 4 das Zulassen und Erleben von Schutz und Geborgenheit (Phase des Urvertrauens), 4 das Ausagieren von Aggression und Wut (Phase der Autonomie) und 4 das sich Abgrenzen – Verhandeln – Nein-Sagen – sich Durchsetzen (Phase der Initiative). Damit lehnen sie sich hinsichtlich ihrer Ausrichtung an das von Katz-Bernstein (1990) entwickelte Konzept an, das sich wiederum an den psychosozialen Entwicklungsphasen nach Erikson (1988) orientiert (7 Kap. 6.4).
Möglichkeiten und Grenzen spieltherapeutischer Elemente in der Logopädie Im Rahmen der Logopädie bzw. Sprachtherapie, v. a. bei einer so komplex angelegten Therapie wie der des kindlichen Stotterns, werden immer wieder Themen aufkommen, die in die Nähe zur Psychotherapie geraten können. Die Arbeit am kreativen Ausdruck von Gefühlen ist ein solcher Bereich. Bestimmte Spiele begünstigen die Bearbeitung von Gefühlen. Abgesehen von speziellen Übungen tun dies beispielsweise Rollenspiele, in denen das Kind der Therapeutin Anweisungen für ihre Rolle gibt. Dasselbe gilt für das Spiel mit allen Arten von Puppen, Handpuppen, Kasperletheater etc. Manchmal provozieren diese Spiele unbeabsichtigt emotionale Ausbrüche, die durchaus spätere konstruktive Lösungen für bekannte Konflikte vorbereiten können. Daher ist es besonders wichtig, gewisse Grenzen und Regeln einzuhalten: Raum für Gefühle und Minimalregeln. Die Therapeutin schafft den geeigneten Raum dafür, dass das Kind seine Gefühle ausdrücken kann. Das Konzept des »Safe Place« beschreiben z. B. Katz-Bernstein und Subellok (2002) ausführlicher. Dazu gehören vorher festgelegte klare Grenzen und Regeln (s. unten Abschn. »Prinzipien für die Arbeit am emotionalen Ausdruck«). Angebotscharakter. Es genügt, dem Kind Ausdrucksmöglichkeiten für die Bearbeitung von Gefühlen anzubieten. Die Therapeutin überlässt es dem Kind, ob es darauf jeweils eingehen möchte. Im Spiel kommentiert sie ihre Beobachtungen (vgl. Axline 1990) und bietet innerhalb ihrer – vom Kind im Spiel
137 8.4 · Emotionaler Ausdruck und kreatives Gestalten
zugewiesenen – Rolle evtl. alternative Verhaltensweisen zu denen des Kindes an. Keine Interpretation unbewusster Vorgänge. Hier enden Auftrag und Kompetenz. Die Therapeutin liefert weder dem Kind noch den Eltern ihre Interpretationen oder Spekulationen dazu, was das Kind ausdrückt! Eine realistische und kritische Einstellung gegenüber den eigenen Fähigkeiten und Grenzen ist unbedingt erforderlich. Stattdessen kann das geeignete Spielverhalten dahin wirken, dass das Kind im Spiel eigene Problemlösungsstrategien entwickelt. Genauso kann der Austausch mit den Eltern über das Spielverhalten des Kindes dazu führen, dass die Betroffenen selber ihre Interpretationen und Lösungen erarbeiten (7 Kap. 7.4). ! Cave Es überschreitet den Auftrag und die Kompetenzen einer Sprachtherapeutin, unbewusste Vorgänge zu analysieren und zu deuten.
Supervision und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Gerade wegen der Nähe zu Themen der Psychotherapie ist bei der Bearbeitung von Gefühlen in der Stottertherapie aus Gründen der Qualitätssicherung, zum Schutz der Klienten wie dem der Therapeutin (!) interdisziplinäre Zusammenarbeit und Supervision unbedingt empfehlenswert. Zeigt es sich, dass gravierende und komplexere emotionale Probleme vorliegen, ist Supervision unerlässlich. Gegebenenfalls sollte eine begleitende Erziehungsberatung, Spiel- oder Psychotherapie angeregt werden.
Prinzipien für die Arbeit am emotionalen Ausdruck Angebote an das Kind zur Bearbeitung von Gefühlen bedürfen bestimmter Rahmenbedingungen. . Übersicht 8.2 listet die wichtigsten Maßnahmen auf, die bei der Durchführung zu beachten sind. Manche der Kriterien gehen auf Axline (1990) zurück, andere haben sich in der praktischen Arbeit mit stotternden Kindern bewährt.
Einbeziehen der Eltern Neben dem Ausagieren von Aggression und Wut im Zusammenhang mit der Autonomieentwicklung (7 Kap. 8.4.1) ist auch die Bearbeitung anderer Gefühle in der Therapie bedeutsam. Die Arbeit am emotionalen Ausdruck bewirkt, dass das Kind an Selbstvertrauen gewinnt und neue Entwicklungsschritte macht. In diesem Prozess kommt es nicht selten vor, dass vorher ruhige, eher zurückgezogene Kinder sich vorüber-
8
gehend aggressiver zeigen und ihre Grenzen zunehmend offensiv austesten. Diese Entwicklung als positiven Schritt zu werten fällt vielen Eltern schwer. Es ist daher unbedingt erforderlich, dass die Eltern auf diese mögliche Entwicklung vorbereitet werden und, dass sie verstehen, dass es hier keineswegs um blindes Entfesseln von Aggression geht. Dementsprechend sollte den Eltern aufgezeigt werden, welche mittelfristige Perspektive mit dieser Arbeit verbunden ist, d. h., dass es für das Kind um einen konstruktiven Umgang mit z. B. Frustration oder Aggression und um die Stärkung seines Selbstvertrauens geht. Das ist wesentlich für die Akzeptanz bei den Eltern, die sonst zunächst eher dazu neigen könnten, Aggression zu moralisieren. Es ist in diesem Zusammenhang sinnvoll, den Eltern die Regeln, die in der Therapie für diese Spielsequenzen gelten, zu erklären. Dabei sollte deutlich werden, dass das Kind unabhängig von den wenigen festen Regeln in spieltherapeutisch geprägten Sequenzen der Therapie natürlich zu Hause klare Grenzen braucht. Weiterhin empfiehlt es sich, die Eltern in
. Übersicht 8.2 Rahmenbedingun ngen für die Bearbeitun ng von Gefühlen 4 Die Reihenfolg ge und Ausswahl von Übungen g erfolgt danacch, welches Bedürfnis beim Kind im Vordergrun nd steht. Diie psychosozialen Entwicklungsp phasen nach h Erikson könn nen hierfür eine gu ute Orientieru ung bieten. 4 Grenzen vor Sp pielbeginn klären en:: EEss d darf niemand verletzt un nd nichts absichtlich zerstört werden. 4 Die Therapeutin istt Modell und hat Vorbildfunktion, z. B. beim Anb nb eten alternativer nbi Verhaltensweisen im Spie ie el.l. 4 Die ie Therapeutin kommentiert ihre Beobachtungen g während des Spiels und verbalisiert die Gefühle, Ge die das Kind im Spiel ausdrückt. geh ht um ein Anbieten von Ausdrucks4 Ess g mög glichke keiten. Das Kind soll in einem geschützzten t un und wohlwollenden Rahmen (»Safe Plaace«) mit m seinen emotionalen Ausdrucksmöglic li hkeite ten n experimentieren können. 4 Bei komplexeren em moti ot onalen Problemen sollte ggf. an eine begleitend de Erzi Erziehu ehungsberatung, Spiel- oder Psychotherapie gedacht werden.
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regelmäßigen Abständen über Spielthemen des Kindes auf dem Laufenden zu halten (vgl. Abschn. »Keine Interpretation unbewusster Vorgänge«). So kann gemeinsam mit ihnen überlegt werden, wie sie die betreffende Entwicklungsphase ihres Kindes selber einschätzen und wie sie die Therapie zu Hause unterstützen können (7 Kap. 9). Ein Hinweis auf die besondere Rolle der Väter bei der Autonomieentwicklung (7 Kap. 9.6) kann konkrete Handlungsmöglichkeiten für den Therapietransfer eröffnen.
5 8.4.3
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
Zulassen und Erleben von Schutz und Geborgenheit (die Phase des Urvertrauens)
Das Selbstvertrauen stotternder Kinder ist häufig durch Erfahrungen mit dem eigenen Stottern, also ständigen Misserfolgen, und mit den Reaktionen anderer erschüttert. In manchen Fällen kommen frühe Interaktionsstörungen in der Phase des Urvertrauens hinzu. Versagensängste, Misstrauen und Rückzugsverhalten, genauso wie eine geringe Frustrationstoleranz des Kindes können die Folge sein und führen zur Einschränkung des emotionalen Ausdrucks. Manchmal ist es ratsam, zunächst Spielideen und Übungen anzubieten, die nicht unbedingt sprachliche Kommunikation erfordern. Viele Ideen zur »primären Kommunikation« finden sich bei Katz-Bernstein (1990). Auch viele Entspannungsspiele eignen sich für die Arbeit am Zulassen von Schutz und Geborgenheit. Ziel. Im diesem Bereich geht es darum, dem stotternden Kind über die Erfahrung möglichst vieler gelungener Kommunikationssituationen wieder mehr Sicherheit und Selbstvertrauen zu ermöglichen. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in der Therapie bietet dieses Grundvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und das Gegenüber eine wesentliche Voraussetzung. Daher sind die vorgeschlagenen Übungen meist v. a. in der Anfangsphase der Therapie oder bei Vorschulkindern relevant. Rollentausch. Eine besondere Bedeutung hat weiterhin der Rollentausch. Kinder mit geringem Selbstvertrauen werden dazu anfangs wahrscheinlich gar nicht bereit sein. Der Rollentausch für Aktivitäten kann schrittweise für Anforderungen, die das Kind leicht bewältigt, eingeführt werden. Bei Steigerung der Anforderungen ist darauf zu achten, dass das Kind die Aufgabe in jedem Fall gut bewältigen kann. Hat das
Kind sich erst einmal auf den Rollentausch eingelassen, wird dieser oft zunehmend genossen. Lob und positive Verstärkung. Bei allen vorgeschlagenen Übungen ist es wichtig, auf die kindlichen Impulse und Ideen einzugehen: Wenn das Kind Vorschläge macht, sollten sie in dieser Phase unbedingt aufgegriffen werden. Zudem sollte das Kind angemessen und großzügig positiv verstärkt werden, sowohl in Form von Lob für das Bewältigen von Aufgaben wie auch in Form von Komplimenten und nonverbaler Zuwendung für seine Stärken etc. Auf die Bedeutung des Therapeutenverhaltens geht 7 Kap. 7.4 näher ein. Weiterhin trägt natürlich der in anderen Kapiteln (z. B. 7 Kap. 7.5.2 und 7 Kap. 8.5.7, Abschn. »Gespräche über das Stottern«) beschriebene Umgang mit dem Stottern und das möglichst unbefangene Sprechen über das Stottern zur Erfahrung von Schutz und Geborgenheit bei.
Übungen und Spielideen Höhle bauen. Diese Übung erfordert z. B. große Schaumstoffklötze, Decken, geeignetes Mobiliar, das für das Gerüst der Höhle in Frage kommt, und möglichst Handpuppen oder andere für Rollenspiele geeignete Puppen. Die Höhle kann nach dem Bau entweder vom Kind alleine oder gemeinsam mit der Therapeutin bewohnt werden. Manche Kinder entwickeln z. B. Fantasien wie wilde Tiere oder böse Ritter, die vor der Höhle ihr Unwesen treiben und die natürlich bekämpft werden müssen etc. Hier kommen Gefühle wie Angst, Unsicherheit und der Umgang damit ins Spiel und können aufgegriffen und bearbeitet werden. Paket verschicken. Das Kind wird in eine Gymnastikmatte oder Decke eingerollt. Dann wird es gefragt, wohin das Paket geschickt werden soll. Das Paket wird mit entsprechenden Bewegungen »verschnürt«, »beschriftet«, »abgestempelt«, »verladen«, »ins Flugzeug gehievt«, »das Flugzeug startet, kann in Turbulenzen geraten, landet« etc. Vom Zielflughafen wird das Paket weiter transportiert, bis es am Zielort ankommt und dort ausgepackt wird. i Tipp Ist der Kontakt zum Kind noch nicht so gefestigt, oder ist das Kind sehr unsicher, traut es sich eher, wenn der Kopf aus dem Paket herausschauen darf.
Pizzabacken. Diese Übung 7 Kap. 8.2 beschrieben.
wurde
bereits
in
139 8.4 · Emotionaler Ausdruck und kreatives Gestalten
Wäscheklammerspiel. Das Kind legt sich auf den Rücken oder den Bauch und schließt die Augen. Die Therapeutin befestigt an seinen Kleidungsstücken Wäscheklammern. Das Kind soll spüren, wo diese befestigt wurden. Tiere oder Puppen versorgen oder füttern. Hierbei handelt es sich mehr um eine Aktivität innerhalb einer vorstrukturierten, freien Spielsituation als um eine Übung im engeren Sinne. Versorgen und Füttern sind Funktionen mit hohem Symbolcharakter, auch für ein Kind. Sie beinhalten liebevollen Umgang und sind eng mit dem eigenen Wunsch nach Geborgenheit verknüpft. Sehr verunsicherte und zurückgezogene Kinder brauchen für solche Impulse im freien Spiel daher nicht selten lange das Vorbild der Therapeutin. Arztpraxis. Diese Spiele können mit Puppen oder mit dem Kind/der Therapeutin als Arzt bzw. Patient durchgeführt werden. Kinder schauen sich gerne ab, wenn die Ärztin sehr fürsorglich mit einer Puppe umgeht und diese dabei kräftig bedauert etc. Traut sich das Kind schon mehr, genießt es häufig, die Therapeutin zu verbinden, während diese jammert und sich vielleicht etwas hilflos mit Schmerzen bewegt etc. Rollenspiele mit Handpuppen. Handpuppen eignen sich generell gut für den Ausdruck von Gefühlen. Im Rollenspiel kann das Kind seine Gefühle leichter über die Figur der Puppe ausdrücken, als diese explizit über sich zu äußern. In der Regel ist es günstig, die Puppen mit dem Kind gemeinsam aus einer kleinen Auswahlmenge auszusuchen und in einer (evtl. thematisch von der Therapeutin vorstrukturierten) Kommunikationssituation zu agieren. Zwischendurch können Absprachen mit dem Kind zum weiteren Fortgang des Spiels getroffen werden. Allerdings sollte die Therapeutin ihre Fragen zur Handlungsplanung mit einer anderen Stimme (z. B. geflüstert) als der Stimme der Handpuppe stellen, damit das Kind beide Rollen gut voneinander unterscheiden kann. Musikinstrumente. Alle Arten von Musikinstrumenten laden zum emotionalen Ausdruck ein. Das Spiel kann sich vom anfänglichen Experimentieren und Explorieren schrittweise bis zum gemeinsamen Entwickeln von Musikgeschichten gestalten. Themen wie Schutz und Geborgenheit können von der Therapeutin mit diesen Geschichten eingebracht werden (Tiere flüchten in eine Höhle vor dem Sturm, Rehkind sucht seine Mutter und findet sie nach längerem Suchen etc.).
8
i Tipp – Materialempfehlung Thematisch verwandte Bilderbücher. Begleitend zu dieser Auswahl an Übungen und Spielen können Bilderbücher zum Thema »anders sein« eingesetzt werden, z. B. die Reihe von McKee um den Elefanten »Elmar«, der Titel »Hannahs Grübchen« von Shalev, »Irgendwie Anders« von Cave und Riddell oder »Das Leben der Tomanis« von Nöstlinger, um hier nur einige zu nennen.
8.4.4
Ausagieren von Aggression und Wut (die Phase der Autonomie)
Warum die Bearbeitung von Aggression und Wut in der Stottertherapie so wichtig ist, wurde bereits in 7 Kap. 8.4.1 erläutert. Im Folgenden werden nun Hinweise für die praktische Durchführung und Ideen für Spiele und Übungen vorgestellt.
Wann sind Aggressionsspiele sinnvoll? Offenes Zeigen von Aggression, genauso wie eine Hemmung im aggressiven Ausdruck, sind 2 Gesichter desselben Themas. Einmal richtet sich die Aggression nach außen, die Unterdrückung aggressiver Impulse richtet sich dagegen nach innen, gegen das Kind selbst. Häufiger scheint es bei stotternden Kindern um unterdrückte Aggressionen zu gehen. Dies hängt u. a. sicherlich mit dem Stellenwert von Aggression in unserer Gesellschaft und der verbreiteten eher ablehnenden Bewertung dieser zusammen. In 7 Kap. 8.4.1 wurde bereits deutlich, dass Aggression im Sinne des Selbstschutzes zunächst eine gesunde emotionale Reaktion auf frustrierende Erfahrungen ist. Diese muss irgendwie ausagiert werden, sonst staut sie sich an und steigert die »innere Spannung«. ! Cave Fühlt das Kind sich stark unter Druck, kann unterdrückte Aggression mit Enuresis oder Enkopresis einhergehen. In diesen Fällen ist die Anregung zur Erziehungsberatung oder anderweitigen psychologischen Konsultation ratsam.
Latente, nicht ausgedrückte Aggression, bindet Kräfte des Kindes und wirkt sich damit hemmend auf die Entfaltung der Persönlichkeit und auf die Prognose des Stotterns aus. Ziel. Mittelfristig soll erreicht werden, dass an die Stelle von Unterdrückung, Hemmung oder Verbot aggressiver Gefühle eine Integration und Kanalisierung dieser treten kann. Die folgenden Übungen und
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
Spiele sollen es dem Kind ermöglichen und erleichtern, die eigenen Aggressionen zuzulassen und kreativ zu nutzen. So können (auto)destruktive Aggressionen in konstruktive umgewandelt werden, was wiederum die kindliche Alltagsbewältigung unterstützt. Individuelle Orientierung. Wesentlich für die Auswahl der Angebote ist die sorgfältige Orientierung an den Bedürfnissen des Kindes und seinem emotionalen Entwicklungsstand (gemäß den Phasen nach Erikson 1988). Dies ist unbedingt erforderlich, um eine Überforderung oder gar Verängstigung des Kindes zu vermeiden. Ein Kind, das sich gerade schwerpunktmäßig in der Entwicklungsphase »Urvertrauen vs. Misstrauen« nach Erikson (1988) befindet und entsprechend eher Schutz und Geborgenheit sucht, wird mit einer Übung zum Ausagieren von Wut und Aggression überfordert sein. > Beachte Stellt sich unter einer Übung heraus, dass das Kind sich nicht traut, Versagensängste zeigt oder die Mitarbeit verweigert, ist das ein eindeutiger Hinweis für eine Überforderung. Die Übung muss von der Therapeutin entsprechend abgewandelt werden. Solchen Situationen sollte bereits in der Planungsphase vorgebeugt werden!
Therapeutenverhalten. Für eine erfolgreiche Durchführung ist weiterhin die Echtheit der Therapeutin als Modell für konstruktiven Umgang mit Aggression und Wut elementar wichtig. Zudem muss die Therapeutin das Kind durch klare, vorher festgelegte und konsequent eingehaltene Regeln und Grenzen davor bewahren, destruktiv mit eigenen Aggressionen umzugehen (vgl. z. B. die 8 Grundprinzipien von Axline 1990). Klare Regeln sind nötig, um einer Eskalation vorzubeugen. Hilfen können z. B. Vereinbarungen für »Time-out« oder die Integration aggressiver Spiele in »sozialere« sein. Es sollte darauf geachtet werden, die Therapiestunde mit einer ruhigeren Aktivität zu beenden. Dies gibt dem Kind Raum, die Eindrücke zu verarbeiten. Zudem unterstützt es die Akzeptanz der Eltern gegenüber sog. Aggressionsspielen, wenn das Kind nicht aufgeregt und evtl. sogar stark stotternd aus der Therapiestunde kommt! . Übersicht 8.3 stellt die entscheidenden Punkte, die bei der Durchführung zu beachten sind, nochmals zusammen.
Übungen und Spielideen Wutbilder. (Oaklander 1993) Ist die Wut des Kindes über ein bestimmtes Thema in der Stunde deutlich spürbar, kann es die Gefühle, die es in diesem Augen-
. Übersicht 8.3 Durchführungshin nweise für sog og. Aggressionsspielle 4 Spiel passend d zum Kind und seinen Bedü ürff nissen aussucchen. Impullse des Kindes au ufgreifen. 4 Vor Spielbegiinn klare Ab bspr s achen von Grenzen und Rege eln l treffen, z. B. B nichts zersttören, niemanden ve erletzen, Time-o -out-Verein einbarung. 4 Bei Fechtspielen n: Schultern, Hals und Kopf werden nicht berü ührt. 4 Soll der Therapeutin in n zum Ausgleich ein Handicap auferlegt werde en? n Zum Beispiel: – Sie darf nur einbeinig g kämp käm ä fen. – Sie muss auf den Knien kämpfen, damit sie nicht größer ist als das Kind. – Sie S darf nur mit der nicht-dominanten Hand kämpfen. Ha – Sie muss ein Auge dabei schließen. 4 Glaub bwürd dige i s, echtes Therapeutenmodell. 4 Gewähr hrenl e asssen e statt Moralisieren, wenn das Kind im Spiel el Agg A ressionen zeigt. 4 Integration agg ggressivere rer Spiele in sozialere ere anbieten, indem z. z B. nach der Destruktion wieder konstruktive Elem lement e e mit einflie eße ßen. 4 Ausklingenlassen der Therapiestunde mit ruhiger Sequenz oder Gespräch.
blick empfindet, malen. Als geeignetes Material bieten sich großformatiges Papier und weiche Stifte wie Wachskreiden oder Fingerfarben an. Manchen Kindern genügt das Malen alleine nicht. Sie müssen das Bild hinterher noch zerknautschen oder zerreißen. Kneten mit Ton, Lehm. Bei bestehenden Aggressionen ergibt sich die Art des Knetens ganz von alleine. Hier wird zerquetscht, gemanscht und mit einer LehmWasser-Mischung gespielt. Häufig fängt das Kind von selbst an, begleitend zu murmeln, zu schimpfen und zu drohen. Dabei setzt »schmutziger« Lehm normalerweise mehr Aggressionen frei als »saubere« Knete (vgl. Zullinger 1990, S. 89). Rasierschaum. Mit Rasierschaum lassen sich wunderbare Landschaften bauen, die man mit Wasserfarben nach Belieben färben kann (Flüsschen, Wälder ...). Das Zerstören, Einreißen, Umwühlen und Zermanschen der Gebilde ist mindestens ebenso beliebt.
141 8.4 · Emotionaler Ausdruck und kreatives Gestalten
Pappmaché fertigen. Ähnlichen Impulsen kann mit der Fertigung von Pappmaché nachgegangen werden. Das destruktive Element Zerreißen des Papiers (große Zeitungsbögen, teilweise auch festeres Papier wählen!), die eher unangenehme taktil-kinästhetische Wahrnehmung beim Ansetzen des Tapetenkleisters (kalt, glibberig) und das Zermanschen der Schnipsel mit dem Kleister münden am Ende in ein konstruktives Ereignis: Das Kind beklebt damit z. B. einen aufgeblasenen Luftballon, der nach dem Trocknen zerstochen wird. Übrig bleibt eine Schale, die abschließend mit in Kleister getauchten Geschenkpapierschnipseln oder anderem bunten Papier überzogen wird. Papierschlacht. Zeitungspapier wird zerrissen, zu (Kanonen-)Kugeln zerknüllt und auf den Gegner geworfen. Eingebettet in eine Spielhandlung (Ritterburg, Piraten oder Wikinger, s. unten) erhält dieses Aggressionsspiel einen konstruktiven Rahmen mit Anfang und Ende. Zeitungsfechten. Zeitungen werden zu festen Rollen gewickelt und mit Klebeband befestigt. Hier steht das konstruktive Element möglicherweise zu Beginn des Spiels. Gemeinsam kann erörtert werden, wie die »Degen« gewickelt werden müssen, damit sie hohe Stabilität erhalten und genügend Reichweite erzielen. Da der Kampf »Therapeutin gegen Kind« sehr unausgewogen ist, sollten mit dem Kind gemeinsam Spielregeln erarbeitet werden (. Übersicht 8.3). Schimpfwörter erfinden. Vor allem für Kinder, die gerne mal kräftige Ausdrücke verwenden, ist dieses Spiel ein großer Spaß. Die Regel ist einfach: Therapeutin und Kind erfinden abwechselnd Schimpfwörter. Natürlich müssen es neue Schimpfwörter sein, in denen die üblichen Kraftausdrücke nichts verloren haben. Stattdessen werden ungewöhnliche Kombinationen bekannter Wörter gewählt, wie z. B.: Du Zwiebelohr/Salatkopf/Gurkenhals/Hasenratte/Wolfsgesicht/ Tigerbürzel/Knäckebrotesser/Schutzblechputzer etc. Durch den Einsatz von Bewegung (Ball prellen, Dart spielen, nasse Watte auf vorher an eine Tafel gezeichnete Kreidemonster werfen (!)) wird ein Teil der Aggression in Bewegung umgesetzt und damit kanalisiert. Vor der Durchführung der Übung sollten die Grenzen gemeinsam definiert werden, so z. B.: Es gibt keine persönlichen Beleidigungen, da wir gemeinsam nach neuen Schimpfwörtern suchen. Und: Wer dagegen verstößt oder Kraftausdrücke verwendet, muss für den anderen etwas tun (z. B. Therapieraum am Schluss alleine aufräumen).
8
Ritterspiele, Piraten, Wikinger. Die Auswahl dieser Themen ermöglicht viele wunderbare Rahmenhandlungen (Burg bauen, auf Seefahrt gehen, Waff fen schmieden etc). Innerhalb dieses thematischen Raumes kann gefochten (Zeitungen, Bataka-Schwerter), beschimpft, mit Zeitungskugeln beworfen werden, oder es können Wettkämpfe, bei denen die Kräfte gemessen werden, aufgeführt werden. Luftballone. Sie sind ein wunderbares Medium. Man kann draufhauen, sie zertreten, quetschen oder quietschen lassen. An ein Bein gebunden, gewinnt derjenige, der den Luftballon des Partners als Erster zertritt. Auch hier sind Handicaps für die Therapeutin überlegenswert. Krachmusik. Es eignen sich alle Instrumente, die zum Krachmachen und Draufhauen einladen: Trommel, Ratsche, Xylophon, Flöte, Kazoo, Becken, Schellenkranz etc. Den Krach kann man thematisch z. B. gut in die Geschichte von den »wilden Kerlen« (Sendak 1967) oder andere gemeinsam erfundene Geschichten einbauen. Boxen. Wer keinen Punchingball zur Verfügung hat, kann auch einen großen Gymnastikball verwenden. Die Therapeutin hält ihn zwischen den Knien fest, damit er nicht wegrutscht, wenn das Kind darauf boxt. Boxhandschuhe für Kinder reduzieren die Verletzungsgefahr und haben großen Aufforderungscharakter. Trampolin. Das Hüpfen auf dem Trampolin, wie auch andere grobmotorische Aktivitäten mit propriozeptiven Reizen, kann man mit vielen der oben genannten Übungen kombinieren, z. B. mit »Schimpff wörter erfinden«. i Tipp – Materialempfehlung Thematisch verwandte Bilderbücher. Hier sind z. B. »Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat« von Holzwarth und Erlbruch (1996) und »Wo die wilden Kerle wohnen« von Sendak (1967) zu nennen.
8.4.5
Sich Abgrenzen – Verhandeln – Nein-Sagen – sich Durchsetzen (die Phase der Initiative)
Dieser Aspekt des emotionalen Ausdrucks fällt überwiegend in den Bereich der Gruppentherapie, die den Kindern besonders viele Erfahrungsmöglich-
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
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. Abb. 8.2. Sich wehren. [Aus: Watterson 1989; CALVIN & HOBBES©) Watterson. Reprinted with permission of UNIVERSAL PRESS SYNDICATE. All rights reserved]
keiten bietet, um ihre Abgrenzungsfähigkeit und Verhandlungsfertigkeit miteinander zu entwickeln (7 Kap. 8.8 »Bedeutung der Gruppentherapie und des sozialen Lernens«). Die Gruppe kann beispielsweise Gesprächsregeln vereinbaren und gegenseitig kontrollieren. Für den Transfer des Erlernten ist diese Phase wichtig. Sie kann natürlich in der Einzeltherapie eingeübt und vorbereitet werden. Die Verbesserung der Frustrationstoleranz spielt wieder eine Rolle. Mit zunehmender Fähigkeit des Kindes, sich zu wehren und durchzusetzen, nimmt auch das mit dem Stottern oft einhergehende Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht ab (. Abb. 8.2).
Übungen und Spielideen Gefühlspantomime. Je nach Alter stehen Bildkärtchen, Mimikbilder oder Schriftkärtchen zur Verfügung, auf denen Gefühlszustände wie »traurig«, »fröhlich«, »wütend« etc. abgebildet bzw. genannt sind. Jeder zieht jeweils eine Karte und stellt den Ausdruck pantomimisch dar, die anderen raten. Steigerung: Das Gefühl wird verbal ausgedrückt mit entsprechenden Äußerungen, die Traurigkeit, Fröhlichkeit, Wut etc. exemplarisch zeigen. Dies kann gut mit einem Rollenspiel verbunden werden, in dem dieselbe Situation immer wieder, jedoch mit unterschiedlichen emotionalen Ausdrücken gespielt wird. Rollenspiele. Entweder mit Handpuppen oder bei älteren Kindern und Jugendlichen ohne solche wird vor dem Rollenspiel gemeinsam geplant, was durchgespielt werden soll, z. B. Eis kaufen am Kiosk. Dabei orientiert sich die Auswahl der Themen am Alltag des Kindes und den Situationen, in denen das Stottern besonders stark auftritt. Mit Jugendlichen können vorher Hierarchien erarbeitet werden. So kann diese
Arbeit gut mit der Desensibilisierung verknüpft werden (7 Kap. 8.5.6). Bestrafendes Verhalten im Rollenspiel. Der Schwierigkeitsgrad von Rollenspielen kann schrittweise mit bestrafendem Verhalten gesteigert werden. Dies ist mit dem Kind oder Jugendlichen vorher detailliert gemeinsam zu planen. Auch dies lässt sich gut mit der Desensibilisierung kombinieren (7 Kap. 8.5.4, Abschn. »Pseudostottern«). Gespräche. Die eigene Kommunikationskompetenz wird dadurch gestärkt, dass das Kind seine eigenen Stärken und Schwächen kennt. Gespräche darüber, dass jeder irgendwas gut kann und anderes weniger, können die Abgrenzungsfähigkeit unterstützen. So kann z. B. mit Vorschulkindern gemeinsam überlegt werden, was die anderen Kinder in der Kindergartengruppe gut oder nicht gut können. Dies kann dem Kind im Alltag helfen, sich gegen die Kinder, die es wegen des Stotterns ärgern oder hänseln, zu wehren. Als Steigerung kommen vorstrukturierte Rollenspiele in Frage, in denen das »sich Wehren« konkret eingeübt wird. Fazit motion nalen Au us4 Diie Erweiterrung der em drrucksmögllicchkeiten stärkt st di die e Kap Kapazitäte te en des stotternd den n Kindes. nnt an Selbstverrtrau trauen und 4 Dass Kind gewin Sicche erheit und wiird d unempfindlicher gegenüberr ne egativen Reakti ktione onen der Umweltt. 4 Arbeit am emotionalen Ausdr sdruck uck lä lässt sst sich in vielen Fälle llen m mit der Desensibilisierung verbinden.
143 8.5 · Förderung der Sprechfreude und Abbau von Sprechängsten
8.5
Förderung der Sprechfreude und Abbau von Sprechängsten Das oberste Ziel in der Beh Be andlung des kindlichen Stotterns ist der Erhalt bzw. zw die Wiederentdeckung der Sprechfreude. Sie unters rstüt t zt den therap the rapeut eutisc ischen hen Prozess positiv, da Sprech chängste mit Sprechfreude nich ht komp kom atibel sind. Je naach c Alt des Ki Alter Kinde ndess erge nde erg ben sich h unt u erschiedliche Vorgehensweisen. Die Pal Pa ette der Mög M lichkeiten reicht von der Verbesserung d der Kontakt ak fähigkeitt über kei über Elter Elte nar narbei b t, spielerische hen Umgaang mit he Sprache und nonver erbal b er bal e Kommunika ik tion bis hin zur Desensibilisierung geg ege gen Sprechäängste. ng
Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Sprechfreude ergeben sich aus der Beobachtung des Verhaltens (7 Kap. 4.2.2, Abschn. »Reaktion des Kindes: Störungsbewusstsein – Kombination von Bewusstsein und Leidensdruck« und . Übersicht 5.10). > Beachte Solange ein Kind ausgeprägte Sprechängste zeigt, haben die Förderung der Sprechfreude und der Abbau der mit dem Sprechen verbundenen Ängste Priorität.
Naturgemäß nimmt die Sprechfreude bei verbessertem Kontakt und in entspannter und gelassener Atmosphäre zu. Ist die therapeutische Beziehung gefestigt, kann mit gezielten Interventionen zum Abbau von Sprechängsten und zur Desensibilisierung gegen ungünstige Umweltreaktionen begonnen werden. Die Behandlung jüngerer sprechängstlicher Kinder setzt sich im Wesentlichen aus der Förderung des nichtsprachlichen Bereiches (7 Kap. 8.2 bis 8.4), der intensiven Auseinandersetzung mit der sog. primären Kommunikation (s. unten) und der Elternarbeit (7 Kap. 9) zusammen. > Beachte Je älter das betreffende Kind ist, desto direkter und systematischer kann vorgegangen werden. Die Elternarbeit tritt zunehmend in den Hintergrund, die systematische Desensibilisierung gegen Sprechängste erhält immer mehr Gewicht.
8.5.1
8
Spiel mit »primärer Kommunikation«
Beginnend auf der Ebene Vormachen – Nachmachen (7 Kap. 6.4, Abschn. »Kommunikationsformen«) werden in Rollenspielen oder angeleiteten Spielsequenzen Lautmalereien und der spielerische Umgang mit Stimme und Artikulation sukzessive angeregt (Katz-Bernstein 1984, 1990). Die Konzentration auf den stimmlichen Ausdruck, losgelöst von inhaltlicher Aussagekraft, soll das Kind ermutigen, mit Stimme und Artikulation unbefangen zu experimentieren. Die Therapeutin agiert als Vorbild natürlich und lustvoll. Der Übergang in freies Spiel über weitere Kommunikationsformen nach Katz-Bernstein (1984, 1990) mit steigender Anforderung bis zur Stufe von »abwechselndem Gestalten« ist durchaus erwünscht. Die Therapeutin sollte weiterhin Lautmalereien anbieten und Impulse des Kindes positiv verstärken. > Beispiel Übung für das Spiel mit primärer Kommunikation: Die Reise zum Mond Gemeinsam wird z. B. aus Polstern, Seilen, Stühlen etc. eine Rakete gebaut. Die beiden Astronauten nehmen in der Rakete Platz, der Countdown beginnt. Die Motoren brummeln, der Antrieb wird gezündet (schschsch...). Start! (wwwooommm!) Damit die Raumkapsel vom Rest der Rakete abgekoppelt werden kann, müssen beide Astronauten einen Hebel betätigen (gsssst!), danach gleitet die Kapsel durch die Stille zum Mond (leises Rauschen). Das beschlagene Fenster wird abgerieben (quietschendes Geräusch). Da! Der Mond! (Oooh.) usw. Es folgen die Einleitung des Landemanövers, die Landung selbst, der Ausstieg etc.
i Tipp Jede Handlung wird von Lautmalereien begleitet. Je spannender die Erlebnisse auf der Reise (z. B. technische Probleme, Kontakt zum Mondmännchen mit Unterhaltung auf »mondisch« etc.), umso größer ist der Aufforderungscharakter für das Kind. Impulse des Kindes werden aufgegriffen und verstärkt.
8.5.2
Desensibilisierung gegen negative Reize
Eines der bekanntesten Verfahren der Verhaltenstherapie ist die systematische Desensibilisierung. Sie geht im Wesentlichen auf die Beobachtungen des Psychia-
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
ters J. Wolpe zurück, der mit Hilfe von Tierexperimenten erkannte, dass Angst durch Konditionierungsvorgänge reduziert werden kann.
das Lob und die Ermutigung durch die Therapeutin unterstützen den Abbau von Ängsten und Vermeideverhalten.
»Wenn es gelingt, eine mit der Angst unvereinbare Reaktion bei Anwesenheit eines angsterzeugenden Stimulus auftreten zu lassen, sodass es zu einer vollständigen oder teilweisen Unterdrückung der Angstreaktion kommt, wird die Verbindung zwischen dem Stimulus und der Angstreaktion abgeschwächt.« (Wolpe 1958; zitiert in Fliegel et al. 1998, S. 153)
! Cave
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Die Methode der Desensibilisierung wurde von einigen Autoren (z. B. van Riper 1986; Dell 1996; Wendlandt 1980) in die Behandlung des Stotterns übernommen. Nachdem sie im deutschen Sprachraum lange Jahre nahezu ausschließlich in der Therapie Jugendlicher und Erwachsener angewandt wurde, gewinnt sie nun zunehmend in der Behandlung von Vorschulkindern z. B. bei geringer Resistenz gegen Sprechdruck sowie bei früh auftretenden Sprechängsten an Bedeutung.
Prinzipien der Desensibilisierung
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Vorsichtiger Umgang mit den Grenzen des Kindes. So lange die therapeutische Beziehung nicht stabil ist, sollte auf die Durchführung der Desensibilisierung verzichtet werden, da sie eine erhebliche emotionale Anforderung für das Kind darstellen kann. In allen Altersgruppen müssen individuelle Grenzen des Kindes vorsichtig ausgelotet und spezifische Stressoren ermittelt werden (7 Kap. 5.4.4, Abschn. »Beobachtung psychosozialer Aspekte« und »Eltern-KindInteraktion«). In 7 Kap. 5.4.2, Abschn. »Qualitative Untersuchung der Sprechleistungsstufen« werden mögliche Stressoren dargestellt sowie die Möglichkeit ihrer Diagnostik beschrieben. Dosierte Konfrontation. Bei der Desensibilisierung wird das Kind vorsichtig mit seinen individuellen Stressoren in Berührung gebracht. Die Aufgabe der Therapeutin ist es, dafür zu sorgen, dass die unangenehmen Gefühle des Kindes nicht übermächtig werden und das Kind das Gefühl der Kontrolle behält. Das Kind macht die Erfahrung, dass eine Situation trotz Ängsten kontrollierbar bleibt und die erwarteten negativen Konsequenzen nicht oder nur abgeschwächt eintreten. So können Ängste und Vermeidung reduziert werden. Die Bewältigung der gestellten Aufgaben verschafft dem Kind Selbstvertrauen und soziale Kompetenz, mit deren Hilfe es zukünff tige ähnliche Situationen besser meistern kann. Die anschließende Auswertung neuer Erfahrungen sowie
Ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass das Kind durch das Vorgehen der Therapeutin verunsichert oder beunruhigt wird (z. B. durch motorische Unruhe oder Abbruch des Blickkontaktes), reduziert sie ihr frustrierendes Verhalten. Der positive Kontakt in ruhiger und entspannter Atmosphäre tritt wieder in den Vordergrund.
> Beachte Der Anreiz durch die Aufgabenstellung bzw. die in Aussicht gestellte »Belohnung« muss immer größer sein als die mit der Durchführung verbundene Angst.
Desensibilisierung kleiner Kinder. Im Vorschulalter stehen die Elternarbeit, die Stärkung flüssigen Sprechens, die Erhöhung der Frustrationstoleranz und die Reduzierung von Stressoren im Vordergrund. Sollte die Symptomatik durch diese Interventionen dennoch kaum veränderbar sein, wird das Kind während des Spiels mit Bedacht seinen individuellen Stressoren ausgesetzt (zur Vorgehensweise s. . Übersicht 5.4). Im Gegensatz zur Diagnostik wird in der Therapie jedoch die belastende Situation mehrmals herbeigeführt, um eine Gewöhnung an den Stressreiz zu erzielen. Durch die Einbettung in entspannte Spielsequenzen und positive Zuwendung durch die Therapeutin lernt das Kind, seine Toleranzgrenzen gegenüber Stressoren auszudehnen und sich zunehmend abzuhärten. Schulkinder und Jugendliche. Direkteres und systematischeres Vorgehen erleichtert die Therapie älterer Schulkinder und Jugendlicher. Gespräche über Sprechängste und Vermeidung bilden die Grundlage zur Erstellung einer sog. Angsthierarchie (Beschreibung s. unten), an der sich die Arbeitsschritte der Desensibilisierung gegen Ängste und soziale und situative Stressreize weitgehend orientieren. Die gemeinsame Reflexion der durchgeführten Übung ist ebenso bedeutsam wie die Übungen selbst, da hier evtl. auff tretende unangenehme Erfahrungen in ihrer Stärke gemildert und positive Erlebnisse verstärkt werden können (7 Kap. 8.6.1, Abschn. »Eigenreflexion«). Der Vergleich der erwarteten und der tatsächlichen Ereignisse trägt zur realistischeren Einschätzung eigener Fähigkeiten und gestellter Anforderungen bei. In . Übersicht 8.4 sind mögliche Fragestellungen der Reflexion aufgeführt.
145 8.5 · Förderung der Sprechfreude und Abbau von Sprechängsten
. Übersicchtt 8.4 Mögliche Fra agen bei de er Reflexi er xio on von Üb Ü ungen 4 Wie kaamst du mit de er Aufgab abenstellun ung zurecht? 4 Was waar schw c ierig für di dich? c Was ist dir gu ut gelungen n? 4 Sind alle Errw war artungen eingetroffen? 4 Ist etwas Unerw rwart artetes geschehen? 4 Wie war die Realit ität ät im m Ver Ve gleich zu den Erwartungen? wa 4 We Wenn n du vorher gewusst hättest, wie die Übu ung au usgeht, was hättest du anders gemacht? 4 Was wirst du da dass näch ächste ste Ma M l anders ma machen?
i Tipp Bei Jugendlichen und älteren Schulkindern ist es hilff reich, die Reflexion und die Auswertung der Übungen durch Videoaufnahmen zu unterstützen.
Zur besseren Transparenz werden in . Übersicht 8.5 die in diesem Kapitel behandelten Teilbereiche der Desensibilisierung zusammengefasst.
8.5.3
Desensibilisierung gegen Unterbrechungen und ungünstiges Zuhörerverhalten
Das Verhalten des Zuhörers kann den Redefluss des Kindes positiv wie negativ beeinflussen. Da bei länger bestehender Symptomatik die Variabilität des Stotterns meist abnimmt, geraten v. a. jüngere Kinder bei ungünstigem Zuhörerverhalten erkennbarer unter Sprechdruck. Die beiden folgenden Übungen sind bei direkten und indirekten Verfahren einsetzbar.
Übungen und Spielideen Störenfried. Das Kind erhält die Aufgabe, sich nicht durch die Therapeutin vom Sprechen abbringen zu lassen, egal was diese unternimmt, um es zu stören. Es kann entweder frei sprechen oder z. B. eine Geschichte nacherzählen. i Tipp Hilfestellung: Bei sehr jungen Kindern ist es zweckmäßig, die »Störungen« nicht selbst durchzuführen, sondern z. B. eine Handpuppe agieren zu lassen.
8
. Übe ersicht 8.5 5 Teilg gebiete der De esensibillisierun ng 4 De esensibilisiierrung gege en Unter erbre brechunge ge en und ungünstiige es Zuhörerv erv rverhalten 4 Re eduzierung ne neg gati a ver Bewertun tung gen von Spr precchunflüssigkke eit iten e 4 Dese enssibilisierung ge eg gen en Fi F xierungen un und d Blockier eru ung n 4 Abbau von on si situa t tiven Ängsten bei Schulkindern und Jug Jugend endlichen
> Beispiel Die Hexe Rumpumpel hat mal wieder schlecht geschlafen. Dann ist sie immer eine schlechte Zuhörerin und macht nur Quatsch. Das Kind soll der Hexe dennoch etwas erzählen. Wenn das Kind es schafft, sich nicht von der Hexe ärgern zu lassen, dann erhält es einen Zauberkeks.
Indirekter Einsatz von Stressoren. Bei sehr jungen Kindern und Kindern, bei denen es aus den verschiedensten Gründen nicht sinnvoll erscheint, direkt zu arbeiten, kann oben beschriebenes Verhalten auch beiläufig und ohne Ankündigung während der Unterhaltung angewandt werden. ! Cave Um das Kind nicht nachhaltig zu verunsichern, muss bereits bei ersten Irritationen größter Wert auf die Stabilisierung des Kontaktes und die Normalisierung des Redeflusses gelegt werden, bevor weitere Stressoren eingesetzt werden dürfen.
8.5.4
Reduzierung belastender Bewertungen von Sprechunflüssigkeiten
Über Pseudostot otter ot te n, Des esensibilisiierung un nd das nd Zulass Zul assen en von vo echtem m Stotter ern kann die Abwe we ehr des Kindes gege gen n Blockie erun r ge gen reduzziert und d die Sy Sympt mptomatik er erlei le chtert rtt werde r n.
Pseudostottern Vielseitig einsetzbar gehört diese Methode der direkten Behandlung zu den tragenden Elementen der Therapie. Die unterschiedliche Anwendbarkeit ist in . Übersicht 8.6 dargestellt.
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
i Tipp . Üb berrsicht 8.6 6 Anwe end dungsberreiiche des Pseud dostotte erns 4 Diagno g stik (7 Kap. 5.4.4 4, Absch hn. »Störun ngsbe ewusstsein un und d Leidensd druc ru k«). 4 Mo odifi ifikation (7 Kap Kap. 8.7). 4 Förde derrung u der Eigen enw wahr a nehmung (7 Kap p. 8.6 8 ). 4 Desensibi bilis l sier ie ung. 4 Ver V besserung g der Sprechflüssigkeit.
Zur Verbesserung des eigenen Pseudostotterns ist es sinnvoll, kollegial, mit Videoaufnahmen und/oder im In-vivo-Training zu üben. Weiterhin kann durch die Imitation der kindlichen Symptomatik einiges über individuelle Schwierigkeiten im Sprechablauf und spezifische Verhaltensmuster des Kindes erfahren werden. Dieses Wissen ermöglicht der Therapeutin, Hilfestellungen im Rahmen der Modifikation oder des Modelings besser an die Fähigkeiten und Defizite des Kindes anzupassen.
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Alle Übungen, bei denen Pseudostottern eingesetzt wird, haben unabhängig von ihrer Zielsetzung immer auch eine desensibilisierende Wirkung, da das Kind sich mit eigenen oder fremden Blockaden auseinander setzen muss. Das Besondere am Pseudostottern. Pseudostottern ist methodisch vom Zulassen echten Stotterns zu trennen, da Therapeutin und Kind beim Pseudostottern nur so tun, als ob sie stotterten. Das Kind sollte nach einiger Übung beim Pseudostottern immer das Gefühl haben, die von ihm produzierten Unflüssigkeiten kontrollieren zu können. Damit dies gelingt, sollte das Pseudostottern des Kindes immer locker, langsam und mit weichen Stimmeinsätzen durchgeführt werden. Es werden Silbenwiederholungen und leichte Dehnungen, jedoch keine spannungsreichen Blockierungen produziert. Je nach Zielsetzung besitzt das Pseudostottern der Therapeutin unterschiedliche Qualitäten. Im Sinne eines Sprechmodells für jüngere Kinder, wie es z. B. beim Konzept MiniKids (7 Kap. 6.7.2) angewandt wird, sollte die Sprechweise wie oben beschrieben angewandt werden. Der Blickkontakt sollte dabei angemessen eingehalten und Schwa-Laute unbedingt vermieden werden. Bei älteren Kindern demonstriert die Therapeutin das Pseudostottern z. B. im Rahmen der Identifikation oder Desensibilisierung auch spannungsreicher oder der Symptomatik des Kindes ähnlicher. In der Phase der Modifikation wird über Pseudostottern auch der Pullout demonstriert und ggf. geübt.
Erhöhung der Sprechflüssigkeit. Durch die Anwendung des Pseudostotterns tritt ein Modifikationseffekt ein: Anstatt das Stottern weiterhin zu bekämpfen, verändert das Kind seine Sprechweise so weit, dass es mehr Kontrolle über den motorischen Ablauf erlangt. Verhaltensweisen, mit denen Stottern um jeden Preis verhindert werden sollen (Vermeidung, Mitbewegungen etc.) werden unnötig. Das Kind spricht auf eine Weise, die dem motorischen Muster beim Stottern sehr unähnlich ist. Starke Blockierungen werden dadurch seltener, das Selbstvertrauen wächst.
Übungen und Spielideen Ups! Ziel. In lockerer und unbefangener Atmosphäre versucht die Therapeutin das Interesse des Kindes an den Vorgängen beim Stottern zu wecken. Nicht mehr die »Peinlichkeit« des Ereignisses steht im Vordergrund, sondern Neugierde und Wissensdurst. Das gelassene Vorbild der Therapeutin soll dem Kind zu einem entspannteren Umgang mit dem Stottern verhelfen und Berührungsängste reduzieren. Vorgehen. Die Therapeutin produziert zunächst nur sporadisch Blockaden, die qualitativ leichter und spannungsärmer sind, als die des Kindes und lenkt sogleich die Aufmerksamkeit des Kindes auf diese Unflüssigkeiten. > Beispiel Therapeutin: »Ich habe gestern ein lllleckeres Eis gegessen. Ups! Jetzt bin ich aber gerade hängen geblieben, hast du das eben bemerkt?«
> Beachte Die Therapeutin muss als adäquates Vorbild in der Lage sein, mit angemessenem Kommunikationsverhalten ohne emotionale Beteiligung und ohne Mitbewegungen künstliche Blockaden zu erzeugen.
Die Bandbreite der kindlichen Reaktionen auf »Ups!« variiert zwischen Erstaunen, Ärger (»He, du stotterst ja!«), Belustigung und betontem Desinteresse. Lobende wie abfällige Äußerungen des Kindes über die ungewohnte Sprechweise der Therapeutin bieten die Möglichkeit zu einem vorsichtigen Gespräch über Stottern.
147 8.5 · Förderung der Sprechfreude und Abbau von Sprechängsten
»Ups!« kann bereits im Vorschulalter zur direkten Behandlung eingesetzt werden. Um bei Überforderung eingreifen zu können, müssen die kindlichen Reaktionen aufmerksam beobachtet werden. Bei älteren Kindern und Jugendlichen dient die hier beschriebene Übung überwiegend der Wahrnehmungsschulung. Ungünstige oder selbst abwertende Einstellungen werden in dieser Altersgruppe üblicherweise direkter angegangen.
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Pseudostottern des Kindes Ziel. Je stärker das Kind eigene Unflüssigkeiten innerlich abwehrt, desto größer sind auch seine Anstrengungen, sie zu vermeiden. Indem das Kind selbst Pseudostottern produziert, erlebt es, dass es kontrolliert und spannungsfrei stottern kann. Durch das steigende Kontrollgefühl wird eine zunehmend angstfreie Beschäftigung mit den Unflüssigkeiten möglich, in dessen Folge auch evtl. bestehendes Vermeideverhalten reduziert werden kann.
i Tipp Die Übungen »Ups!«, »Erwisch-mich« (Beschreibung s. u.) und »Die 3 Arten ein Wort zu sagen« (7 Kap. 8.6.1, Abschn. »Übungen und Spielideen«) bauen logisch aufeinander auf und sollten miteinander kombiniert werden. »Ups!« kann auch als Ausgangsübung für das sog. Modeling vorhandener Blockaden verwendet werden (7 Kap. 8.7.2).
Erwisch-mich Ziel. Bei diesem direkten Verfahren steht die lustvolle Auseinandersetzung mit dem Stottern im Vordergrund. Sie wird der Abwehr der Unflüssigkeiten entgegengestellt. Da beide Emotionen nicht miteinander vereinbar sind, nimmt das Unbehagen meist zugunsten der Spiel- und Sprechfreude ab. Dies und die Annäherung an ein mitunter lange abgewehrtes Verhalten wirken sich positiv auf den Redefluss aus. Vorgehen. Die Therapeutin spricht zunächst einzelne Wörter und nach etwas Übung auch Phrasen und Sätze, die das Kind auf ihre Flüssigkeit hin untersucht. Wenn es eine Blockierung entdeckt und die Therapeutin damit »erwischt« hat, erhält es ein Token oder ein Spielzeug, mit dem es später spielen darf. Die Übung wird durchgeführt, solange das Kind locker und entspannt bleibt. Beginnt das Kind unruhig zu werden, sollte die Übung beendet und zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden. Bei zunehmender Desensibilisierung gegen die Konfrontation mit den Blockaden können für das Kind unangenehme Situationen länger ausgehalten und/oder »Erwisch-mich« auch in der Unterhaltung oder im Rollentausch durchgeführt werden. Die Therapeutin »erwischt« das Kind jedoch nur bei besonders auffälligen Blockaden, um es nicht unnötig für die eigenen Unflüssigkeiten zu sensibilisieren. i Tipp Wird die Übung auf den Ebenen Spontansprache oder gelenkte Rede durchgeführt, sollten Dauer und Inhalt vorher gemeinsam detailliert festgelegt werden. Nach Beendigung der Aufgabe sollte eine kurze Reflexion erfolgen.
Vorgehen. Kann das Kind dazu motiviert werden, einzelne Wörter pseudostotternd auszusprechen, gelingt es meist sehr schnell, Pseudostottern über die steigenden Anforderungsebenen bis zur Spontansprache auszubauen und in Rollenspielen oder beim In-vivo-Training anzuwenden. Mögliche Steigerungsformen der Anforderung sind in . Übersicht 8.7 zusammengefasst. > Beachte Als Modell wird eine Art des Pseudostotterns gesucht, die es dem Kind ermöglicht, nicht oder nur sehr selten in echte Blockaden abzugleiten.
Ermutigung. Wenn das Kind durch einen Pseudoblock in eine echte Blockierung »rutscht«, wird es ermutigt, solange zu experimentieren, bis es eine Blockierung bilden kann, ohne in echtes Stottern zu geraten.
. Überssich ht 8.7 Verschie ede ene Anforderrungsnivea eaus bei beim m Erlernen unte tersschiedlicher Technike ken 4 Worrteb bene (z. B. Naachsprecchen, Bildkäärtchen zieh hen n oder angeln n, Memory, y, Lotto o. ä.). 4 Satze ebe ene. 4 Sätze miit gleichbleiben end nder Struktur (z. B. »Das ist st ei ein…« oder »Ich ha habe… be «).). be… 4 Variable SSattzmu z ster (z. B.: Ein beliebiger Satz soll zu eine em Stichwort gebildet werden). 4 Lesen. 4 Gelenkte Rede. 4 Mit M engen Vorgaben, wie z. B. bei Bilde erge rgesch chichten. 4 Mi Mit Überg Übe ang zur Spontansprache, wie z. B. eine einf i ach ache – Vorgan angsb besc eschreibung. – Spontansp prac rache.
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
. Üb Überssicht 8.8 Spie elvarrianten zum Üben des Psseud dostotterns 4 Eine en weichen Ball (hüpft laangsaamer) zunächst auf den Boden prellen und bei jedem Bodenkon ntakt mit »ho« begleiten. Dan nn einander mit meh ehrmaligem Bodenkontaakt zu uwerfen und dabei so oft »ho« wiederholen n, biss der Partner den Ball gefangen hat. Mit »hopp p« ab bschließen. 4 Käng guruhs oder Hasen spring gen in i Sand oder G s;; Erst begleiten durch »ho Gra opp, hopp, hopp«, späterr durch »ho-ho-hopp«; An sp nzahll der Sprünge du urch Blä B tter/Steine/Ostereier od der du durch Würfeln n vorg gegeben. 4 Kind d sitztt auf Rollbrett und wird von n der d Th Therapeu utin im mmer dann gezogen oder ang ngeschubsst, t wen nn es das Kommando gegeben n hat (z. B.Worrteb t ene ne » lo-lo-los«, »schu-schu-schubs« bs« oder Satzeb ebene »Un » d jetzt geht’s lo-lo-los!«, »Gib mir einen Schuhu sch hu-s u chubs!«). 4 Selbst in Reifen n springe s gen, die Zahl der Reifen legt die Zahl der Wiede erho r lun ngen g fest; dazu Bildkarten ziehen. 4 Bei einem Würfelspiel (z. B. »Mause usefalle«, Ravensburger) werden vor jedem Zu ug ausgewä ewählte Bildkärtchen gezogen. Die Würfelaugen gen bestimm mmen n ht nur die Zahl der Schritte, sondern nic n auch au die e Za Z hl der Silbenwiederholungen. Mögliche e Sprech ch hlei l stungsstufe: Wortebene, Satzebene le oder gele enkt nk e Rede.
m Ball kegeln. Ball Ba mit vorsichtig ig gem 4 Mit weichem Prellen und nd »ho-ho« »scharf«« machen, dann n auf die Kegel zurollen und auf »ho o-ho-ho-hooo oppla!« lösen. 4 Blockaden der Therapeutin werden z. B. im m Rahmen von »Erwisc isch-mich ch«« imitiert. 4 Eingebettet in ein Regelspiel werden vo or jedem Spielzug Bild- oder Schriftkarten mit PseudostotSpi Sp tern n bena e nnt. 4 Spielzeug g (z (z.. B. B. Tiere oder der Au Auttos) muss für das spätere Freispiel mit Pseudostottern »eingekauft« werden. 4 In einem Text werden Wörter farbig markiert, die pseudostotternd gelesen werden sollen. 4 Das Kind erhält für jeden Pseudoblock in de der Spo ponta ntansprache ein Token, das spä späte ter in einem nem vereinbarten TTausc ver sch hverhä erhältnis (z. B. ge gege gen Gummibärchen hen)) eing eingeta etausc uscht ht wer werde den kann. 4 Während des freien Sprechens produziert das Kind auf ein Handzeichen der Therapeutin Pseudoblocks. 4 Der Partner gibt Art der Blockierung, ggf. Zahl der Widerholungen und das zu stotternde Wort vor. 4 Transfer der Technik in die Spontansprache e über üb Rolllen lenspi spiele ele u und In-vivo-Train aining ing.
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Einstieg. Der Einstieg in die Anwendung des Pseudostotterns sollte zur Erleichterung über die Schulung der Wahrnehmung gesucht werden (z. B. »Die 3 Arten ein Wort zu sagen«, 7 Kap.8.6.1, Abschn. »Übungen und Spielideen«, »Erwisch-mich« mit vertauschten Rollen oder auch über »Gedankenlesen«, Beschreibung s. u.). In . Übersicht 8.8 sind weitere Übungsmöglichkeiten zum Pseudostottern zusammengestellt.
Absichtliches Stottern des Kindes Ziel. Durch die Annäherung an lange abgewehrtes Stotterverhalten verlieren Ankämpfreaktionen ihren Sinn und können damit abgebaut werden. Indem sich das Kind nicht mehr darum bemüht, Stottern um jeden Preis zu verhindern, nimmt die Spannung beim Sprechen nahezu von selbst ab, und die Symptomatik wird reduziert. In der anschließenden Phase der Modifikation kann mit großer Realitätsnähe an ech-
ten Blockaden geübt und der Transfer in die Spontansprache erleichtert werden. i Tipp Um Widerstände gegen das Zulassen von Stottern möglichst gering zu halten, sollte das Kind langsam an die Aufgabe herangeführt werden. Nach einer intensiven Phase des Pseudostotterns wird es ermutigt, vereinzelt echte Blockaden gezielt zu produzieren. Es erhält auch für zufälliges Zeigen echter Blockaden z. B. im Rahmen von Übungen zur Wahrnehmung oder Modifikation positive Verstärkung. Die off fensichtliche Freude der Therapeutin über das Auftreten echter Blockaden ruft beim Kind zunächst meist Unglauben und manchmal Verwirrung hervor. Sie ist die erste Person, die das Auftreten von Blockaden begrüßt und sie zugleich mit neuer Bedeutung versieht.
149 8.5 · Förderung der Sprechfreude und Abbau von Sprechängsten
i Tipp – Materialempfehlung Vielseitig einsetzbare Spiele in der Stottertherapie (Pseudostottern, Sprechtechniken, Modifikationstechniken etc.) 4 »Plappersack« (Trialogo) 4 »Stotterralley« (Schubi) 4 »Die Stotterexperten« (ProLog) Spiele, die zum Üben spezifischer Ziele verwendet werden können: 4 »Lach Dich schlapp«, »Rategarten« (beide Ravensburger); »tick tack bumm«, »Activity original« und »Activity junior« (alle Piatnik); »Tabu« und »Tabu junior« (Hasbro) 4 »Wörterwald. Ein Wortfindungsspiel« (ProLog)
Reduzierung von Laut- und Wortängsten Ziel. Für gewöhnlich nimmt bereits im Laufe der Übung die Zahl der Blockaden in Folge eines Desensibilisierungseffektes (7 Kap. 1.6.2) stark ab. Vorgehen. Die Therapeutin bespricht mit dem Schulkind angstauslösende Laute und/oder Wörter und notiert diese. Die betreffenden Laute oder Wörter werden bei starker Abwehr zunächst pseudostotternd, dann mit echtem Stottern produziert.
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Gedankenstopp Ziel. Unerwünschtes Grübeln und negative Selbstbewertungen v. a. vor schwierigen Situationen sollten unterbrochen werden, da sie das nachfolgende Verhalten des Kindes erheblich beeinflussen können. Vorgehen. Ältere Kinder werden gebeten, wiederkehrende Gedanken oder Sätze laut zu formulieren. Danach wird das Kind aufgefordert, laut und vehement »Stopp!« zu rufen und z. B. dabei die Faust kräftig zu ballen. Während der Übung soll das Kind dieses Verhalten immer zeigen, wenn die ungünstigen Gedanken wiederkehren. Die Therapeutin befragt z. B. vor einem Rollenspiel das Kind nach seinen Gefühlen und Gedanken bezüglich der geplanten Übung. Sobald das Kind die für es typischen sich selbst abwertenden und zumeist undifferenzierten Gedanken formuliert hat, ruft die Therapeutin laut »Stopp!« und schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. Danach wird das Kind gebeten, sein eigenes Stoppsignal zu geben und sein Ziel positiv und konkret zu formulieren sowie Alternativgedanken dazu zu entwickeln. > Beachte Statt sich selbst herabzusetzen, soll das Kind lernen, sein Ziel konkret und positiv zu formulieren.
> Exkurs Auch der Einsatz von Pull-out trägt durch ein erhöhtes Kontrollgefühl zum Abbau bestehender Laut- und Wortängste bei (7 Kap. 8.7.1, Abschn. »Der Pull-out – Die Befreiung aus der Klemme«). Alle Übungen werden von der Therapeutin sachlich begleitet und gemeinsam ausgewertet (. Übersicht 8.4).
Selbstverstärkung Ziel. Durch die beständige Eigenreflexion nach den Übungen und die Aufforderung, positive Aspekte am eigenen Tun und Denken zu formulieren, lernt das Schulkind indirekt, sich selbst zu loben. Damit verschiebt sich der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit: Nicht der Misserfolg wird analysiert, sondern die positiven Aspekte seines Handelns und Denkens. Vorgehen. Mit Fragen wie »Was tust du/sagst du zu dir, wenn du dein Ziel erreicht/die schwierige Aufgabe gelöst hast?« wird das Kind ermutigt, sich selbst für seine Erfolge zu belohnen und damit die Motivation zur Bewältigung der Aufgabenstellung aus sich selbst heraus zu entwickeln.
Imagination. Zur Unterstützung kann ein imaginärer »Helfer« [häufig ist dies ein gefährliches Tier, ein (Film-)Held oder eine Comicfigur], der ihm bei der Bewältigung schwieriger Situationen unterstützend zur Seite steht, gesucht werden. Mit Unterstützung der Therapeutin wird ein inneres Bild von ihm entwickelt1 und dieses in konkrete Situationen mit einbezogen. > Beispiel Michael, 11 Jahre alt, soll beim In-vivo-Training in einer Eisdiele eine Bestellung aufgeben. Eine Situation, die er im Normalfall vermeidet. Der für ihn typische Satz lautet: »Ich kann das nicht!« Mit Hilfe der Therapeutin entwickelt er dazu den positiven Alternativgedanken »Ich sage, was ich möchte. Jetzt!« Zur Unterstützung stellt er sich vor, wie sein großes Idol Michael Schumacher hinter ihm steht und ruft: »Michi, gib Gas!«
1 Weiterführende Literatur zur Arbeit mit Bildern, Metaphern und Symbolen z. B.: Mrochen et al. (1997), Lankton (1985), Trenkle (1997).
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
8.5.5
Desensibilisierung gegen Fixierungen und Blockierung
Bei überwiegend tonischem oder stark klonischem Stottern erlebt das Kind bei jeder Blockierung erneut ein Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins. Je stärker dieser Aspekt für das Kind mit den Fixierungen verbunden ist, desto intensiver wird es versuchen, die Blockierung mit Anstrengung zu überwinden. Durch spielerisches Experimentieren mit Blockierungen und Verzögerungen kann das Kind diese ohne die Begleitung unangenehmer Gefühle erleben und so vorsichtig desensibilisiert werden.
Übungen und Spielideen Gedankenlesen. Die Therapeutin denkt sich z. B. ein Tier und beginnt locker gedehnt oder mit spannungsarmen Wiederholungen zu sprechen. Die Auff gabe des Kindes ist es, die »Gedanken« der Therapeutin zu lesen, bevor sie das Wort ganz ausgesprochen hat. Sobald das Kind entspannter und neugieriger wird, kann der Rollentausch angeboten werden.
8.5.6
Abbau von situativen Ängsten bei Schulkindern und Jugendlichen
Nach Gesprächen über Sprechängste und Vermeidung werden für das Kind schwierige Situationen gemeinsam mit Hilfe einer sog. »Angstpyramide« in eine hierarchische Ordnung gebracht. Besonders leicht zu bewältigende Aufgaben werden vom Kind in einer gezeichneten Pyramide an der Basis notiert. Je schwieriger die Aufgabe für das Kind ist, desto weiter oben wird sie platziert (. Abb. 8.3). Viele Kinder wissen auf Anhieb, welche Situation in der Spitze notiert werden muss, für Abstufungen innerhalb der Hierarchie wird jedoch oft die Unterstützung der Therapeutin benötigt. Am Ende steht eine kompakte Zusammenstellung schwieriger Situationen für das Kind, die das weitere Vorgehen der Desensibilisierung strukturiert und unterstützt. Dabei kann es sich im Laufe der Behandlung ergeben, dass Reihenfolgen verändert werden müssen bzw. einzelne Stufen übersprungen werden können. Das Kind legt fest, mit welcher Stufe es sich beschäff
> Beispiel Therapeutin: »Ich denke an eine Ghhiiiiiirrrr« – Kind: »Eine Giraffe!«
Wiederholungen würfeln. Die Zahl der Wiederholungen wird z. B. mit Hilfe eines Würfels festgelegt. Im Rahmen eines Regelspiels zieht ein Teilnehmer ein Bildkärtchen und benennt es (pseudo)stotternd. Dabei wird die erste Silbe entsprechend der gewürfelten Augenzahl wiederholt. Wird die Sechs als Joker eingesetzt, müssen keine Wiederholungen produziert werden. Blockade halten. Die Dauer der Fixierung einer Silbe/eines Wortes wird durch den Spielpartner festgelegt. Er nennt ein Wort, das gestottert werden soll, und signalisiert durch die Annäherung seiner beiden Zeigefinger die Dauer der Blockade. Den meisten Kindern macht es besonders großen Spaß, der Therapeutin die »Luft ausgehen zu lassen«. Das positive Vorbild der Therapeutin im Umgang mit langen Fixierungen ist für das Kind besonders wichtig. Indem sie die Situation mit Humor nimmt (z. B. durch dramatisches Niedersinken und Japsen nach Luft vor Anstrengung), wird die Situation entschärft, und das Kind kann sich nach einigen Durchgängen meist auf kürzere Blockierungen einlassen. i Tipp Bei einem Rollentausch sollte die Therapeutin die Länge der Fixierungen beim Kind nur langsam steigern.
. Abb. 8.3. Beispiel für eine in der Therapie erstellte Angstpyramide
151 8.5 · Förderung der Sprechfreude und Abbau von Sprechängsten
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. Abb. 8.4. Exemplarische Angsthierarchie. (Nach Sisskin, 2002) Je höher die Einstufung einer Situation in der Hierarchie erfolgte, desto schwerer wird das Stottern oder die Sprechangst in Bezug auf die Fragen Wo?, Wer?, Was?, Wann? erlebt
tigen möchte. Die Therapeutin greift in die Auswahl nur ein, wenn sie bemerkt, dass sich das Kind mit der gewählten Schwere der Aufgabe über- oder aber weit unterfordert. Zur konkreteren Differenzierung der Anforderungen kann es hilfreich sein, zu den Fragen »Wo?«, »Wann?« »Wer?« und »Was?« jeweils eigene Hierarchien zu erstellen. Abstufungen der jeweiligen Übungsstufe lassen sich auf diese Weise gut visualisieren und steigern den Übungseffekt. Die . Abb. 8.4 zeigt ein Beispiel der differenzierten Angsthierarchie. In Orientierung an die aufgestellte Hierarchie werden problematische Situationen nachgespielt (Rollenspiel) oder gezielt aufgesucht (In-vivo-Training) und im Anschluss ausführlich ausgewertet.
8.5.7
Vielseitig einsetzbare Methoden in der Phase der Desensibilisierung
Rollenspiele Das »wirkliche« Leben spielen. In der Behandlung älterer stotternder Kinder und Jugendlicher nehmen Rollenspiele im Rahmen der Desensibilisierung und zum Training sozialer Kompetenzen großen Raum
ein. Je jünger das Kind ist, desto mehr sollte das Rollenspiel echten Spielcharakter besitzen. Die Vorbereitung entfällt oder wird nur ansatzweise durchgeführt. ! Cave Das im Folgenden vorgestellte Vorgehen muss jeweils dem Entwicklungsstand und der Aufgeschlossenheit des Kindes gegenüber der Aufgabenstellung angepasst werden.
Vorgehen. Nachdem z. B. aus der Angstpyramide eine Anforderungsebene ausgewählt wurde, wird das Rollenspiel gemeinsam geplant. In Anlehnung an die in . Übersicht 8.9 aufgelisteten Fragen wird der Rahmen des Spiels erarbeitet. Ziel. Im Anschluss an die Übungsplanung werden die Ziele des Rollenspiels festgelegt. Neben der Frage, wie sich das Kind bisher in der Situation verhalten hat, interessieren vor allem die angestrebten Veränderungen und die dazu notwendigen Zwischenschritte, um diese Fähigkeiten zu erwerben. Je jünger das Kind ist, desto mehr Vorgaben und Unterstützung durch die Therapeutin sind notwendig. In den meisten Fällen wird die Therapeutin daher die verschiedenen Anfor-
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
. Überrsiccht 8.9 Hilfen zurr gemeinsam men Erarbei eitung ein ines Rollenspie els 4 Wiie sieht der äuße ere Rahm men (die Umg gebu ung) g) des Rollensp piels aus?? 4 We er isst in der Situattion i beteiligt? io t? 4 Wie e so olll sich der Spielp elp lpartner verhalten? 4 Welch che verschiedenen An Anforderungsstu Anf ufe fen sollen aussprobiert werden? 4 Welche ähn nlichen reellen Situationen kennt das Kind, und d wie w hat es sich darin tatsächlich verhalten? n? Wi Wie e fühlte es sich dabei, und wie bewertete ess diese d e Situationen? S 4 Wie hätte es sich am lie liebst bs en verhalten? W Wel elch Fähigkeiten hätte es dazu gebraucht? che 4 Wie e wi w ll sich das Kind im Rollenspiel verhal alten t ? Welches W sozial kompetente Verhalten sttreb re t es an? a Welche Fähigkeiten kann es dazu einsetz etzen?
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derungsstufen auf dem Weg zum angestrebten Verhalten im Ansatz vorgeben und dann gemeinsam mit dem Kind ausarbeiten. Nebenziel. Neben Verhaltensaspekten können auch nichtsprachliche Kriterien wie Blickkontakt, Körperhaltung, Gestik, Mimik, Lautstärke, Stimmmodulation oder aber konkrete Übungsinhalte wie die Produktion von Pseudostottern oder die Einhaltung erlernter Techniken trotz des Wirkens von Stressoren festgelegt werden. > Beispiel Rollenspiel »in der Bäckerei«. Andreas, 13 Jahre alt, mit sehr schwerem, von großem Anstrengungsverhalten begleitetem Stottern, soll in einer überfüllten Bäckerei verschiedene Semmeln bestellen. Es wurde vereinbart, dass sich die Verkäuferin (Therapeutin) ungeduldig und abwertend verhalten soll. Andreas ist der festen Überzeugung, dass er in dieser für ihn als extrem belastenden Situation nur die Flucht ergreifen kann. Vorher besprochene Verhaltensalternativen erscheinen ihm zwar plausibel, er glaubt aber nicht, sich in dieser Situation entsprechend verhalten zu können. Während des Rollenspiels zeigt sich die Therapeutin zunehmend ungeduldig. Dabei beobachtet sie genauestens Andreas‘ nonverbale Reaktionen, um sich vorsichtig an seine Belastungsgrenze heranzutasten, sie jedoch nicht zu überschreiten. Als er in einer schweren Blockade steckt, stöhnt sie genervt und verdreht die Augen.
Andreas wird sichtbar unruhig, spricht jedoch mehr, als vorher geplant war. Im Anschluss an das Rollenspiel ist er sehr aufgewühlt und empört über das Verhalten der Verkäuferin, fügt jedoch mit gewisser Genugtuung dazu, dass er sie mit seiner Extrabestellung dafür länger genervt habe. In der folgenden Auswertung werden die positiven Aspekte seines Verhaltens gemeinsam erarbeitet und durch die Therapeutin weiter verstärkt. (Andreas hat sich der Situation gestellt und trotz deutlicher Erregung sein Vorhaben durchgeführt. Seine Erwartung, der Situation nicht standhalten zu können, hat sich nicht erfüllt. Indem er sein Stottern instrumentalisierte, gelang es ihm, einen positiven Aspekt des von ihm stark abgewehrten Stotterns zu entdecken.)
i Tipp – Materialempfehlung 4 »Aktionstherapiebox: Rollenspiele für die Sprachtherapie« (ProLog) 4 »Rollenspiele« – Kartensatz im Ê Downloadbereich: Eine Zusammenstellung von Rollenspielen zu typischen Reizthemen Jugendlicher. Die Themen können auch nur zur Diskussion verwendet werden, bei der vorher festgelegte Übungsinhalte umgesetzt werden müssen. 4 Kartensatz »In-Vivo-Training« im Ê Downloadbereich: Zum Bearbeiten von Alltagsituationen kann auch der unter dem nachfolgenden Abschn. »In-Vivo-Training« beschriebene Kartensatz verwendet werden.
In-vivo-Training Das »wirkliche« Leben erleben. Rollenspiele werden dazu benutzt, den »Ernstfall« zu üben. Beim In-vivo-Training geht es nun um die Erprobung erlernter Fähigkeiten in Alltagssituationen. Der Schonraum, den das Rollenspiel trotz aller Anforderungen noch bietet, fällt hier nahezu weg. Die Situation wird gemeinsam vorbereitet. Bei starken Widerständen kann vor dem Aufsuchen der Realsituation erneut ein Rollenspiel zur Desensibilisierung durchgeführt werden. Die . Übersicht 8.10 nennt mögliche Fragestellungen bei der Vorbereitung. Vorgehen. Vorgegangen wird in Anlehnung an die erstellte Hierarchie. Bestimmte Stufen können u. U. übersprungen werden, andere Stufen müssen oft mehrmals durchgeführt werden, bevor das Kind zu einer Steigerung der Anforderungen bereit ist. Für das In-vivo-Training gibt es unzählige Situationen, die aufgesucht oder gezielt herbeigeführt werden können. Immer sollte sich die Auswahl der Aufgaben konkret auf die Schwierigkeiten des Kindes beziehen. Wäh-
153 8.5 · Förderung der Sprechfreude und Abbau von Sprechängsten
. Übersiich ht 8.10 Vorbereittun ng des In-viv vo-Trainin ings 4 Welcche e Situation möchte da das Kind verssuchen n? 4 Wie stelllt es sich den n Ablauf in n Ein Einze zelschritten vo or? 4 Welche e Än ngste oder Beden den enken k sind dam amiit am verbunde den?? 4 Diskussion n des d s »worst case«: Was könnte im schlimmsten Fal Fa le e ges g chehen? 4 Welche Möglichkkeit eiten hat das Kind dann, nn, um zu reagieren? 4 W Wie e kö k nnte eine gelungene Situation ganz kon onkre et aussehen? 4 Wie haat es die geplante Situation bereits im Rollenspiel el erl er ebt bt?? Welc We he positiven Strategien hat das Kind d hie hierbe rb i angewand dt?
. Überrsiccht 8.11 Möglicche e Aufgaben de es In-vivo-T o-Trainings gs 4 Fre emde nach der Uhrzeit od oder dem We eg frage en 4 Jem manden um Hilfe fe e bitten 4 Ein nkau ufen mit einfac accher Bestelllung 4 Info orm mationen einhole ole len (z. B. einen Mitschü üler naach h den Hausaufgabe abe ben fragen; den n Lehrer in derr Pause ansprechen un nd et etwas tw zum Unterrich cht o. Ä. fragen) 4 Beratungssg gessprä p che führen (z. B. über Inlineskates, Comp pute u rsp rspiele, Zugverbindungen, Tierhaltung) 4 Eingekauftes umtausch chen en 4 Tel Te efonate führen (z. B. bei Anruf an das Telefon ge g hen, Freund anrufen, Telefonauskunft, Zug ugausskun k ft, sich »verwählen«, Kinokarten reservvier ie en, Na N chfragen bei Kleinanzeigen, auf Anruffbea beantwort orter e sprechen)
. Übersicht 8.12 2 Variable en innerhallb der Auffgab g en enstuf ufe en 4 Alterr und Gesch hle echt des Partners Pa 4 Zeitdrruc uck 4 Gefühlle des Kindess w wie Sympathie oder An ntipathie 4 Zah Z l und Ar Art de d r Zuhörer
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rend die . Übersicht 8.11 einige der häufigsten Auff gaben des In-vivo-Trainings zusammenstellt, werden in . Übersicht 8.12 mögliche Steigerungsstufen der Anforderungen innerhalb derselben Situation vorgestellt. Therapeutin als Vorbild. Da das In-vivo-Training dem Kind viel Mut und Selbstüberwindung abverlangt, sollte die Therapeutin vom Kind nie etwas verlagen, was sie ihm nicht selbst vorgemacht hat. Es erhöht ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie die geplanten Situationen zunächst selbst mit lockerem Pseudostottern vormacht und anschließend mit dem Kind Beobachtungen, Gefühle und Erfahrungen austauscht und auswertet. ! Cave Das Verhalten der Therapeutin dient als Modell, an dem das Kind sich beim eigenen In-vivo-Training orientieren kann.
Besonders die Bewertung von Zuhörerreaktionen gelingt aus der Distanz heraus leichter und objektiver. Die Annäherung an das In-vivo-Training wird durch diesen Zwischenschritt erleichtert, und das Kind kann aufgrund seiner Beobachtungen qualitativ andere Erfahrungen machen als beim eigenen In-vivo-Training. Abschließende Reflexion. Die nachfolgende Reflexion durchgeführter Situationen rundet das Verfahren ab. Durch die Auswertung der Übung, die Gegenüberstellung von Erwartungen und tatsächlichem Erleben kann das Kind schrittweise zu einer realistischeren Selbsteinschätzung gelangen. Spezifische Ängste können reduziert und ungünstige Verhaltensweisen verändert werden. Für jüngere Schulkinder ergeben sich naturgemäß andere Schwerpunkte als für Jugendliche. Je größer das soziale Umfeld des Kindes wird, desto vielfältiger sind die Möglichkeiten zur Desensibilisierung. Das In-vivo-Training sollte auch außerhalb der Therapie selbstständig fortgesetzt werden (7 Kap. 8.7.1, z. B. Übung »Die hinterhältige Woche«). i Tipp – Literatur und Material 4 Veränderungstraining im Alltag. Eine Anleitung zur In-vivo-Arbeit in Therapie, Beratung und Selbsthilfe (Wendlandt W 2003) Thieme, Stuttgart New York: Ausführliche theoretische Erläuterung des Themas und viele konkrete Anregungen und Ideen zur Gestaltung von In-vivo-Elementen in der Therapie.
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
4 Kartensatz »In-Vivo-Training« im Ê Downloadbereich: Auf Kärtchen sind dort einzelne In-VivoAufgaben beschrieben, die natürlich auch im Rollenspiel bereits erprobt werden können. Die Auff gabenkärtchen werden aus dem Stapel gezogen und bestimmen die nächste Aufgabe. Zusätzlich gibt es Aufgabenkärtchen, die den Modus (z.B. mit Pseudostottern sprechen, absichtliches Stottern, Anwendung von Pull-outs etc.) des In-Vivo-Trainings bestimmen. Alle Karten werden natürlich entsprechend den Fähigkeiten des Kindes vorsortiert. Die »blinde« Auswahl der Aufgaben aus dem Stapel ist bereits ein starker Stressor und somit auch ein Element der Desensibilisierung.
Gespräche über das Stottern
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Gespräche mit der Therapeutin. Durch wiederholte Unterhaltungen über Stottern und den damit verbundenen Gefühlen tritt nahezu automatisch ein weiterer Desensibilisierungseffekt ein. Bereiten derartige Gespräche den Kindern und Jugendlichen zu Beginn häufig noch sichtbares Unbehagen, nehmen die abwehrenden Reaktionen meist zusehends ab. Hilfreich für den Einstieg in derartige Gespräche können Bücher sein, die sich mit dem Anderssein bzw. dem Stottern auf einem altersentsprechenden Niveau beschäftigen. i Tipp – Materialempfehlung 4 »L-l-lissi will d-d-dazugehören« (Jüntgen M 2009) Kinderbuch für Grundschulkinder 4 »Benni« Band 1–4 (Hrsg. Demosthenes-Institut 2001, 2003, 2006) Comics ca. ab der 4. Klasse 4 »Was ist ein U-U-Uhu? Ein Mutmachbuch für stotternde Kinder« (Schneider, Schartmann, 2006) Kinderbuch ab ca. 4 bis 9 Jahren 4 »Der dreizehnte Monat« (Mitchell D 2007) Roman für Jugendliche 4 »Irgendwie Anders« (Cave K 1994) Kinderbuch ab ca. 4 Jahren 4 »Das kleine Ich bin ich« (Lobe M 1992) Kinderbuch ab ca. 4 Jahren 4 »Ein Elefant mit rosaroten Ohren« (Resch B 1993) Kinderbuch ab ca. 4 Jahren 4 »Elmar« (McKee 1989) Kinderbuch ab ca. 4 Jahren 4 »Wenn die Ziege schwimmen lernt.« (Moost N, Kunstreich P, 2007) Kinderbuch für Vorschul- und Grundschulkinder. 4 »Meine Worte hüpfen wie ein Vogel. Kinder malen ihr Stottern.« (Heap R; Hg, 2005) Gesprächsanlass für alle Altersgruppen.
. Übersiich ht 8.13 Aufgaben n zum Gespräcch mit Gle leichaltrig igen über Stotte ern 4 Bei sttärrkeren Blockiierungen ie n vereinzelt lt Hinweise e au uf die eigene e Unflüssigk gkeit eit ei einfließen lassen n 4 In einem m Neb N ensatz die Ther he apie erwäähn hnen (z. B. »Da ka k nn n ich nicht, ich muss zur Sprachtherapie!«)) 4 Eher beiläufig g erkl e kläre ä n, dass sich jetzt die Sprechweise etwas as verränd ändert, weil man n ge gera e etwas ausprobiert, rad t was das Spre preche chen n le ch lei chter machen soll (z. B. bei Pull-outs oder bei ei de d r Nachbesserung) N 4 Einen Fre Freund und in Übungen mit einbeziehen (z. B. in Form m von v Beo Beobachtungsaufgaben) 4 Einen Freund in di die e Ther The apie eiinlladen d
Gespräche mit Gleichaltrigen. Als Reaktion auf ihre häufig erlebten kommunikativen Unzulänglichkeiten ziehen sich viele Kinder von sozialen Kontakten zurück. Sie haben oft nur sehr wenige Freunde, zu denen mitunter eine hohe emotionale Abhängigkeit besteht. Gespräche über das Stottern mit Gleichaltrigen sind dabei meist unvorstellbar. Dies ist jedoch ein wichtiger Schritt, um das Stottern zu entmachten und die Flucht vor den Symptomen zu beenden. Neben der ermutigenden Unterstützung der Therapeutin kann der »Ernstfall« eines Gespräches mit dem Kind im Rollenspiel geübt werden. Gemeinsam werden Aufgaben mit steigendem Anforderungscharakter erarbeitet. Mögliche Aufträge sind in . Übersicht 8.13 dargestellt.
Was tun, wenn ... 4 ... das Kind sich nicht auf die angebotenen Übungen einlässt oder starke Widerstände zeigt? Möglicherweise wurde das Kind überfordert. Es wehrt die Inhalte, mit denen es sich intensiv auseinander setzen soll, noch zu sehr ab. Denkbare Interventionen: Kontakt zum Kind überprüfen, Anforderungen senken, Zwischenschritte einbauen, kleine Fortschritte hervorheben und ihre Bedeutung für das weitere Vorgehen herausarbeiten. Seltener handelt es sich hier um ein Motivationsproblem. Gerade bei Jugendlichen ist es jedoch möglich, dass zu Beginn der Therapie die Wünsche und Ziele des Kindes zu wenig oder gar nicht beachtet wurden.
155 8.6 · Förderung der Eigen- und Symptomwahrnehmung
4 ... sich das Sprechen während der Übung verschlechtert hat? Der Druck auf das Kind hat zugenommen. Es kommt mit der erhöhten Anforderung nicht zurecht. Lösung: Anforderungen zurücknehmen, bei älteren Schulkindern und Jugendlichen Verschlechterung ansprechen und Zusammenhänge gemeinsam erforschen. Um Ängsten vorzubeugen, die aus unangenehmen Erfahrungen entstehen können, unbedingt weitere Übung mit reduzierter Anforderung durchführen und positives Ergebnis hervorheben. 4 ... sich das Kind weniger zutraut, als es nach Ansicht der Therapeutin bewältigen kann? Das Kind sollte mehr positive Erfahrungen auf einer Stufe machen können, die es selbst als »noch akzeptabel« beschreibt. Nach mehreren Durchgängen derselben Anforderung in unterschiedlichen Variationen (z. B. Einkauf beim Bäcker, beim Metzger, im Buchladen) wird es beginnen, sich zu langweilen, und sich leicht erhöhte Anforderungen eher zutrauen. Schwierigkeitsstufen sollten hier besonders vorsichtig und immer in Zusammenarbeit mit dem Kind gesteigert werden.
Fazit 4 Dass Vorgehen n bei der Stärkung n und d dem Auffbau von Spr prechfreu ude d sowie ie der Red duzie eru ung von Än Äng gsten orient ent ntier i t sich am Entwiccklu lungsstand du und nd an den Bedürfnissen des Kin ndes. 4 Durch d das as individuelle e Ausl Auslote oten n der der Gr Gre enzen des Kind Kindes kann sein Spielraum schrittweise erweitte ertt we w rden.
8.6
Förderung der Eigen- und Symptomwahrnehmung Der direkte Therapieansatz zie zielt zu einem wes esentes lichen Teil auf die Veränderung auft uf retender Sym mptome und Ve V rha rhalte lt nsweisen ab. Um e ein Symptom pto m akti akti k v verändern v zu u kön k nen, sollte da das Kind daher zunächst ver erste st hen, was ste as geschieht, we enn es unflüssig wird, welche e sseiner Co Copingstrategie ien sinnvo sin nvollll sin sind d und welche den n Redeflu R fluss eher erschweren. Eine gut ute e Eige ig nwahrn nehm e un ng unterstützt den Veränderungsp gsprozess we esentlilich.
8
! Cave Vorschulkinder sind in ihrer Eigenwahrnehmungsfähigkeit noch sehr eingeschränkt. Da die Gefahr groß ist, sie mit entsprechenden Übungen zu überfordern, werden in dieser Altersgruppe Wahrnehmungsübungen nur sehr oberflächlich durchgeführt.
Flexible Anpassung des Konzepts. Für jedes Kind muss individuell entschieden werden, ob und wenn ja, wie gründlich eine Schulung der Wahrnehmung möglich und wünschenswert ist. Für dieses Vorgehen sprechen Faktoren wie 4 Alter, 4 Störungsbewusstsein, 4 Reflexionsvermögen und 4 intellektuelle Fähigkeiten des Stotternden. Ein behutsamer Wechsel von eher indirektem zu direktem Vorgehen erlaubt es, flexibel und individuell auf aktuelle Anforderungen zu reagieren (7 Kap. 6.2).
8.6.1
Grundlegendes bei der Wahrnehmungsförderung
Bei Übungen zur Wahrnehmung bestehen fließende Grenzen zu den Inhalten der Therapiephasen Desensibilisierung und Modifikation. Je nach Schwerpunktsetzung kann eine Übung daher primär der Desensibilisierung oder aber der Wahrnehmungsschulung dienen. Die vorgenommene inhaltliche Trennung der drei Therapiephasen ist somit zwar streckenweise theoretischer Natur, sie trägt jedoch dazu bei, die Möglichkeiten einzelner Übungen zu veranschaulichen. Fremdwahrnehmung vor Eigenwahrnehmung. Aufbauend auf Erfahrungen aus Übungen zur Körperwahrnehmung (7 Kap. 8.2 und 8.3) wird zunächst die Fremdwahrnehmung des Kindes trainiert, bevor es Symptome bei sich selbst wahrnehmen und ggf. sein Verhalten reflektieren soll. Die Wahrnehmungsförderung mit jüngeren Kindern ist nur selten planbar. Um das Kind nicht zu überfordern, sollte die Therapeutin spontan auf Stimmungen und Gelegenheiten aus dem Stundenablauf reagieren. Einbindung der Eltern. Werden die Eltern in Übungen zur Wahrnehmung des Stotterns miteingebunden, sollten sie diese nicht nur als Übungspartner sondern auch in der Rolle des stotternden Kindes durchführen. Auf diese Weise verlieren sie die Rolle der unbeteiligten Beobachter und werden in die Auseinandersetzung mit dem Stottern direkt einbezogen. Das Ver-
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
ständnis für die kindlichen Probleme nimmt dadurch zumeist zu, neue oder erstmalige Gespräche innerhalb der Familie über das Stottern können zu weiteren positiven Veränderungen beitragen.
Übungen und Spielideen Erwisch-mich Die bereits in 7 Kap. 8.5.4, Abschn. »Pseudostottern« beschriebene Übung hat neben desensibilisierender Wirkung den Effekt, die Wahrnehmung des Kindes für das Auftreten seiner Symptome zu schulen. Sie kann mit der Übung »Die 3 Arten ein Wort zu sagen« verbunden werden.
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Die 3 Arten ein Wort zu sagen (vgl. Dell 1996, van Riper 1986)
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Ziel. Aufgrund der Anforderungen an die Wahrnehmungsfähigkeit des Kindes sollte diese Übung frühestens bei Vorschulkindern eingesetzt werden. Ihr Ziel ist die weitgehend differenzierte Wahrnehmung verschiedener Kernsymptome und ihre Zuordnung zu den entsprechenden Begriffen. In Anlehnung an Dell (1994, S. 100) bietet sich die Verwendung der Begriffe »normales« Sprechen (so bezeichneten alle bisher befragten Kinder flüssiges Sprechen), »lockeres« (eher lockere Teilwortwiederholungen) und »festes« oder »hartes« (spannungsreiches) Stottern an.
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Vorbereitung. Zur Erläuterung der Begriffe »locker« und »fest« können die Übungen »Zitrone ausquetschen« (7 Kap. 8.2) oder das »Bleistiftziehen« durchgeführt werden. Hierzu hält die Sprachtherapeutin in ihrer Faust einen Bleistift, den das Kind herausziehen soll. Sie hält den Stift mal »locker« und mal »fest«, das Kind ordnet die Begriffe zu. Vorgehen. Bewältigt das Kind diese Aufgabe, produziert die Therapeutin Pseudoblocks, deren Qualität das Kind wiederum den Begriffen »locker« und »fest« zuordnen soll. Kann es die unterschiedlichen Qualitäten des Stotterns sicher differenzieren, wird die Auff gabe weiter modifiziert. Sie lautet nun: »Sag mir, wann ich stottere und was ich dabei mache!«. Beim Rollentausch kann die Aufgabenstellung nochmals variiert werden, indem die Therapeutin das Kind stoppt, und das Kind die Art der Blockade selbst zu beschreiben versucht. i Tipp Bei ausgeprägtem Störungsbewusstsein können kurze Übungseinheiten und positive Verstärkung entlastend wirken.
Stotterapfel nach van Riper »Was machst und denkst du, wenn du stotterst?« Bereits 8-Jährige können hierüber sehr präzise Angaben machen. Die genannten Verhaltensweisen können gemeinsam anhand des Bildes eines halbierten Apfels veranschaulicht werden (vgl. van Riper 1986, S. 243). In das Kernhaus werden alle bekannten Kernsymptome geschrieben (»Dinge, die du tust, wenn du stotterst«), in das Fruchtfleisch selbst die Begleitsymptomatik (»Dinge, die du beim Sprechen tust, weil du stotterst«). Bei Kindern im Grundschulalter dient der »Stotterapfel« überwiegend der therapiebegleitenden Diagnostik, um herauszufinden: 4 wie differenziert das Kind seine Art zu sprechen wahrnimmt, 4 welchen Symptomen es große Bedeutung beimisst und 4 welche es evtl. gar nicht bemerkt. Erst bei Jugendlichen sollte darüber hinaus versucht werden, die Symptomatik im weiteren Therapieverlauf genauer zu erforschen und zu differenzieren.
Fingersprechen Diese Übung ist für Jugendliche und ältere Schulkinder hervorragend geeignet zur Schulung der taktil-kinästhetischen Wahrnehmung artikulatorischer Abläufe (Beschreibung in 7 Kap. 8.3.4, Übung »Spürendes Sprechen«). Bei älteren Kindern können zudem Blockaden mit Hilfe des Fingersprechens genauer analysiert werden. Dieses Vorgehen schult durch die Gegenüberstellung der beiden unterschiedlichen Bewegungsabläufe die Aufmerksamkeit dafür, welche Komponenten im Sprechablauf verändert werden müssen.
»Phono-school« Ausgehend von der Annahme, dass Stottern die Folge einer Timing-Störung von Artikulation, Stimmgebung und Atmung ist (7 Kap. 2.3.3), ist es für Schulkinder ab etwa 8 Jahren hilfreich eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie die drei Bereiche bei flüssiger Sprechweise ineinander greifen. Gemeinsam werden einzelne Laute erforscht: Wie bewegen sich Lippen, Kiefer und Zunge, damit der Laut gebildet werden kann? Wann ist die Stimme »an« und wann ist sie »aus«? Durch Auflegen der Hand auf den Kehlkopf kann die Stimme erspürt werden und nebenbei Kenntnisse über die Stimmproduktion vermittelt werden. Bei Kindern mit ausgeprägten Atemauffälligkeiten kann auch die Sprechatmung erforscht werden: Welche »Richtung« nimmt die Luft beim Sprechen? Es ist sinnvoll, die Laute nach Lautgruppen zu erar-
157 8.6 · Förderung der Eigen- und Symptomwahrnehmung
beiten: Frikative, Plosive, Vokale, Sonoranten. Dabei wird für das Kind das distinktive Merkmal Stimmhaff tigkeit/Stimmlosigkeit schnell erfahrbar. Die »Untersuchungsergebnisse« können als »Forschungbericht« in eine Tabelle eingetragen werden. In deren Kopfzeile werden die zu beobachtenden Parameter und in der ersten Spalte die zu erforschenden Laute notiert. Die Übungsintensität sollte unbedingt der Reife des Kindes angepasst werden. Je jünger das Kind ist, desto grober ist das Raster, das erarbeitet wird. Bei älteren Kindern oder bei Kindern mit sehr guter Eigenwahrnehmung kann eine weitere Stufe eingeführt werden: Wie verhalten sich die an der Lautbildung beteiligten Systeme im Falle einer Blockierung? Was passiert mit Stimmgebung, Atmung, Anspannung der Artikulatoren? Hilfsmittel wie Spiegel oder große Lupen können den Aspekt des neugierigen Forschens unterstreichen und die scheinbar trockene Materie zu einem interessanten Projekt machen. i Tipp – Materialempfehlung Der »Forschungsbericht« im Ê Downloadbereich ist eine bereits vorgefertigte Tabelle zum Notieren genauerer Beobachtungen.
»Stimmsurfen« Ziel. Erfassen des Wechsels von Stimmlosigkeit zu Stimmhaftigkeit im Sinne des weichen Stimmeinsatzes (Onset 7 Kap. 2.3.3 und 7 Kap. 8.7, Abschn. »Prolongationen«). Vorgehen. Nach der hinreichenden Erarbeitung der Kriterien »stimmlos-stimmhaft« (vgl. Übung »Phono-school«) werden nun Wörter erforscht. Hilfsmittel ist ein Diagramm mit x und y-Achse. Auf der y-Achse wird oben eine Markierung für Stimmhaftig-
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keit und am Nullpunkt eine Markierung für Stimmlosigkeit gesetzt. Das Kind ermittelt für jeden einzelnen Laut eines vorher gemeinsam gewählten Wortes entlang der x-Achse, ob er stimmhaft oder stimmlos ist und setzt in dem Diagramm entsprechend seiner Beobachtungen ein Kreuz. Anhand dieser Diagramme kann gemeinsam erarbeitet werden, an welcher Stelle im Wort häufig der »kritische Moment« ist (der Wechsel von stimmloser zu stimmhafter Lautbildung am Anfang des Wortes). Damit wird z. B. der Einsatz von Prolongationen oder Blocklösetechniken erarbeitet. Den Namen erhielt die Übung von einem stark stotternden Therapiekind, das die Kurven als Wellen und sich selbst als »Surfer« durch das Wort bezeichnete. . Abb. 8.5 zeigt eine typische »Stimmsurfer-Kurve«.
Lokalisation der Anspannung Ziel. Hier werden Aspekte der Desensibilisierung und die Schulung der Eigenwahrnehmung vereint. Gemeinsam wird untersucht, wo im Sprechablauf durch Verkrampfung oder Anspannung Abweichungen von der physiologischen Artikulation aufgetreten sind, um diese später im Rahmen der Modifikation zu bearbeiten. Vorgehen. Die Therapeutin gibt zunächst Pseudoblocks vor, die das Kind vor der Analyse möglichst genau imitieren soll. Dann erhält das Kind konkrete Beobachtungsaufgaben, um den Ort der Verspannung lokalisieren zu können. Je nach Symptomatik werden folgende Parameter genauer untersucht: 4 Blockierung des Atemflusses (z. B. Bauchmuskulatur, Glottisebene, Zunge), 4 Stimmhaftigkeit/-losigkeit des blockierten Lautes, 4 in-/exspiratorisches Sprechen sowie . Abb. 8.5 »Stimmsurfen«
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
4 Ort und Art der Artikulation des betroffenen Lautes im Block und bei flüssigem Sprechen verglichen.
spielen und In-vivo-Trainings (7 Kap. 8.5.7) erprobt und modifiziert werden können. Aufgrund langjähriger Erfahrungen mit dem Stottern und vielfachen Frustrationen durch die Umwelt verzerren sich oft die
Beim Rollentausch unterbricht die Therapeutin das Kind nach dem Auftreten einer auffälligen Blockade und analysiert diese mit ihm.
Wahrnehmung und die Bewertung eigenen und fremden Problemverhaltens. Negative Aspekte schwieri-
! Cave Unterbrechungen des Redeflusses schaffen in der Regel Frustration und sollten daher nicht allzu häufig durchgeführt werden.
! Cave Beim Erzählen emotionaler oder inhaltlich wichtiger Dinge sollte auf Unterbrechungen gänzlich verzichtet werden.
i Tipp Falls die Eigenwahrnehmung des Kindes anfänglich stark erschwert ist, kann die Therapeutin das Stottern des Kindes imitieren. Dies ermöglicht es dem Kind, sich aus einer gewissen Distanz heraus und ohne Zeitdruck mit den eigenen Blockierungen zu beschäff tigen.
Arbeit mit Video- und Audioaufnahmen Bei Jugendlichen können Stottersymptome über Video- und Audioaufnahmen analysiert werden. Da sich Pubertierende oft damit beschäftigen, wie sie auf andere wirken, sind sie an der Bearbeitung von Videoaufnahmen meist besonders interessiert. Oft reagieren sie jedoch überkritisch, selbst auf kleinste Auffälligkeiten oder unwichtige Äußerlichkeiten. Es ist daher hilfreich, zunächst nur von der Therapeutin erzeugte Symptome zu analysieren und dann positive Aspekte im Sprechverhalten des Jugendlichen (z. B. flüssige Anteile, »Zielmodell« lockeres Stottern oder Blickkontakt) zu suchen, bevor die gesamte Bandbreite der Symptomatik besprochen wird. Die zu bearbeitende Sequenz sollte zu Beginn sehr kurz gewählt werden, bevor sie vorsichtig gesteigert wird. Kritische Bemerkungen über Äußerlichkeiten (z. B. »Klingt meine Stimme wirklich so?«, »Ich zapple ja ständig!«) und nonverbale Reaktionen auf das Gesehene sollten ernst genommen und mit dem Jugendlichen behutsam und sachlich besprochen werden.
Eigenreflexion Die Wahrnehmung und Analyse eigener problematischer Verhaltensweisen bildet bei älteren Kindern und Jugendlichen die Grundlage zur Entwicklung von Handlungsalternativen, die im Rahmen von Rollen-
ger Situationen werden dabei als eine Art Selbstschutz nach außen projiziert und eigene Anteile ausgeblendet. Durch die Arbeit an der Eigenwahrnehmung verändert sich häufig das Selbstkonzept des Jugendlichen. Die Überprüfung eigener Einstellungen und Gefühle, der Vergleich mit Eindrücken anderer (7 Kap. 8.8.1) sowie der Versuch, positive Aspekte des Umweltverhaltens zu erkennen und zu formulieren, tragen dazu bei, dass das Kind wieder zu einer realistischeren Einschätzung seiner Fähigkeiten und der Anforderungen durch die Umwelt gelangt.
Was tun, wenn ... 4 ... das Kind in diesem Therapiebereich Widerstand zeigt? Zunächst sollte immer der »gute Draht« zum Kind überprüft werden. Ist dieser nicht oder nicht ausreichend ausgebildet, fehlt dem Kind evtl. das Vertrauen dazu, dass die Therapeutin wirklich in seinem Sinne handelt. In der Regel ist es sinnvoll, der Förderung eines positiven Selbstwertgefühls vor Wahrnehmungsübungen den Vorrang zu geben. Bei einer emotionalen oder kognitiven Überforderung sollte die Annäherung an vermiedenes Verhalten kleinschrittiger oder spielerischer gestaltet werden. Nicht zuletzt spielt das Vorbild der Therapeutin im Umgang mit den Aufgaben eine wichtige Rolle. 4 ... das Kind an der Eigenwahrnehmung scheitert? Möglicherweise hatte das Kind im Rahmen der Therapie bislang zu wenig Gelegenheit, seine Wahrnehmung schrittweise zu entwickeln. Über die Förderung der Fremdwahrnehmung gelangt das Kind zu einer allgemein verbesserten Wahrnehmungsfähigkeit. Vermehrte Hilfestellungen, Vorstellungshilfen, konkrete Fragen und Kriterien können diese Entwicklung weiter unterstützen. Bei Überforderung aufgrund des Alters oder kognitiver Fähigkeiten sollte eine andere Vorgehensweise in Betracht gezogen werden.
159 8.7 · Modifikation des Stotterns und Modeling
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> Beachte Fazit 4 Eine verb bessserte Wah hrnehm mung erle eichtertt die direktte Arbeit an der Sym mptomatiik erheblich. 4 Die Method ode en zur Wahrn rnehm rn e ungsförde dede rung sind vie ielfä fältig und mit Üb Übung ungen zur Förderung ander de er e Bereiche, wie z. B. der Dessen nsibilisierung und d der de Modifikation eng ver erbu bunden. 4 Um d dass Ki K nd mit Übungen zur Symptomwahrnehmu hmung n nicht zu überfordern, müssen die individue uelle en Grenzen G des Kindes genau beobachtet und res espek pektie ti rt wer werden den.
8.7
Modifikation des Stotterns und Modeling Wurde lange Jahre besonders bei jüngeren Kin ndern die direkte kte Arbe Arbeit it an der Symptomatik aus Angst vor ungünstigen Entwick icklun lu gen vermieden, soll dem Kind heute durch greiffbar bare und individuell angepasste Hilfestellungen ermög glic licht werrden de , sein s Stottern schrittweise zu kontrollieren. Der Zunahme dess Kon Ko trollgefühls folgt erfahrungsgemäß eine wesentliiche Stärkung des Selbstwertgefüh hls ls und der Sprechflüss üssigkeit. Dadurch kann der progressive e Ver V lauf der Stö Ve Störung gestoppt und das Stottern in leicchte ht re Formen en zurü zur ückgef kgeführ ührtt werden. w Die angestrebt bten bt e Veränderungen werden den je na nach c Alter und Störu ru ungs n bewusstsein des Kindes übe über vers e chiedene Met ethoet den und Übungssettings verw rwirk irklicht.
Während Schulkinder meist systematisch lernen müssen, eingeschliffene Verhaltensmuster gezielt zu modifizieren und diese neue Sprechweise zu automatisieren, genügt bei jüngeren Kindern oft allein die Erfahrung, dass Blockaden variierbar und kontrollierbar sind, um spontane Veränderungen im Redefluss hervorzurufen. Die Transferphase ist daher in der Regel kürzer, die Übungsform weniger systematisch. Vorschulkindern wird die angestrebte Sprechweise zunächst durch das modellierende Sprechverhalten der Therapeutin näher gebracht (7 Kap. 8.7.2 »Modeling – Modifikation für kleine Kinder«). Erweisen sich die indirekten Hilfestellungen des Modelings als ungenügend, kann innerhalb der Therapie vorsichtig zu direkter Arbeit gewechselt werden.
Bei Zeichen deutlicher Anstrengung oder Anspannung und bei Hinweisen auf soziale Stigmatisierung sollte die direkte Arbeit am Stottern und damit die direkte Modifikation der Sprechweise auch bei Vorschulkindern angestrebt werden.
8.7.1
Modifikation
Im Gegensatz zur Modifikationsphase der Erwachsenentherapie, in der Verhaltensweisen und Einstellungen variiert werden müssen, genügt bei Kindern und Jugendlichen oft die alleinige Veränderung der Sprechweise. Je länger die Störung bereits besteht und je mehr sich das Kind mit unangemessenen und abwertenden Einstellungen selbst blockiert, desto wichtiger wird es, eingeschliffene Verhaltensund Denkmuster ebenfalls zu bearbeiten. In . Übersicht 8.14 werden mögliche Elemente der Modifikationstherapie vorgestellt, die im Folgenden ausführlich beschrieben werden.
Enge Verknüpfung zu anderen Therapiebausteinen Die Modifikation ist mit den Bausteinen »Emotionaler Ausdruck und kreatives Gestalten«, »Desensibilisierung« und bei älteren Kindern mit der Schulung der Wahrnehmung eng verbunden. Je nach individueller Schwerpunktsetzung sind die hier dargestellten Übungen zum Training der sprachlichen Kompetenz und der Verbesserung des nichtsprachlichen Ausdrucks geeignet bzw. mit diesen Inhalten kombinierbar. > Beachte Bei langjährigem Stottern muss dem Kind meist nicht mehr gezeigt werden, was es zu verändern gilt. Oft benötigt es dringend Hilfestellungen in der Frage nach dem Wie.
. Üb berrsicht 8.14 4 Arbeiitsbereiche in der Mod difikattionsph hase 4 Errle ernen der Nachbesser eru rung 4 Erl rlerrnen der Pr Prol olongation 4 Erle ern nen des Pullll out 4 Redu uziieru e ng der Länge Länge der Wiederholunge en 4 Veränd de eru rung von Dehnu nunge ng gen 4 Abbau von on Mi M tbewegungen 4 Bearbeitung gu ung ngüns ü tiger Einstellungen
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
Daher werden seine bisherigen Bemühungen um Kompensation genauer untersucht und entsprechend ihrer Wirksamkeit eingestuft. Sinnvolle Copingstrategien werden positiv verstärkt und weniger erfolgreiche Strategien, wie z. B. der Einsatz von Füllwörtern oder von Mitbewegungen, in der ihnen zugrunde gelegten Absicht vor ihrer Bearbeitung gewürdigt. Dies schafft Vertrauen und erhöht die Motivation des Kindes, seine Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Sinnvollerweise werden alle Aufgaben zur Modifikation so schnell wie möglich in den Kontext natürlicher Gesprächssituationen gebracht. Auf diese Weise erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Transfers.
Einführende Übungen zur Nachbesserung
Die Nachbesserung – Das Zielmodell im Mund des Kindes Mit Hilfe dieser Methode lernt das Schulkind, sein Stottern in eine leichtere Form zurückzuführen. Dazu soll es nach Beendigung der Blockade kurz innehalten, den eben produzierten Block in einer leichter gestotterten Form wiederholen und dann mit dem Sprechen fortfahren.
Vorgehen. Das Kind stoppt die Therapeutin nach einer schweren Blockierung (7 Kap. 8.5.4 und 8.6.1, jeweils Übung »Erwisch-mich«) und erklärt ihr, was sie tun soll, um leichter zu stottern. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass das Kind nicht versucht, flüssiges Sprechen als Alternative zum Stottern anzubieten, da diese Strategie wegen der zu hohen Anforderung nicht Erfolg versprechend ist.
> Beispiel
> Beachte
»Wwwwwenn – Pause – wewewenn ich das nächste Mal zum Training fahre, kannst – Pause – kkkkkannst du ja mal mitkommen.«
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Das neue, spannungsfreiere, aber nicht völlig flüssige Sprechmuster wird damit dem ursprünglichen Stottern gegenübergestellt, die Alternative des flüssigen Stotterns unmittelbar erfahrbar gemacht. Schrittweise kann so die Stotterstärke reduziert werden. Der Mechanismus ähnelt dem des »corrective feedbacks«: Das Kind speichert die zuletzt geäußerte und damit die flüssigere Form des Wortes. Als Voraussetzung für die Nachbesserung sollte das Kind bereits dazu in der Lage sein, die unterschiedlichen Formen des Stotterns zu identifizieren und verschiedene Schweregrade zu differenzieren (7 Kap. 8.6.1, Abschn. »Übungen und Spielideen«). Da die Nachbesserung oftmals eine große Belastung für die Kinder darstellt, sollte sie ggf. nur im Therapieraum eingesetzt werden. Bei größeren Wiederständen sollte ganz auf sie verzichtet werden (vgl. Kuckenberg, Zückner, 2006).
Lehrerspiele (Dell 1994, S. 110) Ziel. Durch die Rolle des »Lehrers« kann sich das Kind aus sicherer Distanz heraus mit dem Prinzip der Nachbesserung vertraut machen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten sind die meisten Kinder schnell in der Lage, flüssigere Formen des Stotterns gezielt vorzumachen. Bei zunehmender Gewandtheit kann die Therapeutin die Schwere der Blockaden reduzieren, sodass das Kind sein Spektrum an Variationen leichteren Stotterns erweitern kann. Schließlich soll es eigene Blockaden auf ein Signal der Therapeutin oder selbstständig unmittelbar nach ihrem Auftreten modifizieren.
Für das Kind beginnt durch die Lehrerspiele ein Umdenkprozess. Primäres Ziel ist nicht mehr, flüssig zu sprechen, sondern möglichst anstrengungsfrei zu stottern.
Erweitertes Vorgehen bei Jugendlichen. Es wird mit den Lehrerspielen begonnen. Sobald dem Jugendlichen die Nachbesserung mit leichterem Stottern sicher gelingt, erhält er die Aufgabe, nach einer eigenen Blockade zu stoppen, eine Pause2 von ca. 2 bis 3 Sekunden einzuhalten und dann mit »spürendem Sprechen« (eine Beschreibung der Übung findet sich in 7 Kap. 8.3.4) weiterzusprechen. Zur korrekten Einhaltung der Pausendauer wird mit der flachen Hand langsam dreimal auf den Tisch geklopft. Die Pause
2 Nach van Riper (1986, S. 127 f.) unterbindet die dadurch erzwungene Auszeit darüber hinaus die positive Verstärkung des Stotterns, die durch das Ereignis der Blockierung selbst hervorgerufen wird. Denn die Entspannung, die nach der Überwindung der Blockade normalerweise eintritt, bleibt aus. Der Sprecher darf sich noch nicht den eigentlichen Inhalten seiner Rede widmen, sondern muss sich weiterhin mit der Blockade beschäftigen. Das Stotterereignis ist somit auch unbewusst kein Signal mehr für die bald einsetzende Entspannung.
161 8.7 · Modifikation des Stotterns und Modeling
und das spürende Sprechen können zur Verbesserung der taktil-kinästhetischen Wahrnehmung, der Verlangsamung des Sprechablaufes, zur Beruhigung oder zur weiteren motorischen Planung genutzt werden. Die Nachbesserung wird auf den unterschiedlichen Sprechleistungsstufen durchgeführt und von der Therapeutin mit zunehmend strengem Feedback (z. B. über Handzeichen, Zählen angewendeter und verpasster Nachbesserungen, Videoaufnahmen) eingefordert. Mit dieser Vorgehensweise ist bereits eine große Annäherung an die Erwachsenentherapie erreicht (vgl. van Riper 1986, S. 126 ff.). Schwierigkeiten beim Erlernen der Nachbesserung. Die größte Anforderung bei der Anwendung der Nachbesserung besteht im Aushalten der Pause vor dem Weitersprechen. Damit die Nachbesserung jedoch erfolgreich ist, muss eine deutliche Pause eingehalten werden. Hier helfen nur beharrliche Ermutigung und Lob einerseits und konsequente Korrektur bei Nichteinhalten andererseits. Bedeutung der Pausen. Wird die Pause nicht dazu verwendet, um sich zu beruhigen und um sich auf die weiteren artikulatorischen Anforderungen einzustellen, so wird das Kind versuchen, nach der Pause im normalen oder erhöhten Sprechtempo weiterzusprechen, um den »Zeitverlust« wieder wettzumachen. Das erhöht die Gefahr eines neuerlichen Stotterereignisses stark und muss unbedingt konsequent unterbunden werden. Weitere, variable Übungssettings, die auch zum Üben der Nachbesserung geeignet sind, werden am Ende des Abschnitts beschrieben.
Die Prolongation – Sprechtechnik und Vorübung zum Pull-out Die Prolongation besitzt mit ihrer Zwitterstellung eine interessante Position im stottertherapeutischen Konzept. Wie alle Sprechtechniken verändert – modifiziert – sie die Sprechweise des Kindes. Zugleich ist sie technisch gesehen der zweite Teil des Pull-out und verdient allein deshalb schon besondere Beachtung. Sie ist nicht ganz einfach von der Sprechtechnik »weiches, langsames und leichtes Sprechen« zu unterscheiden (. Tab. 6.2 »Sprechtechniken und ihre Wirkungsweisen«). Der wesentliche Unterschied beruht darauf, dass sich die Prolongation auf die erste Silbe des Wortes bezieht und besonderes Augenmerk auf die Lautübergänge richtet, »WLL« hingegen ist ein durchgehendes Sprechmuster. Auch die Sprechtechniken »weiche Stimmeinsätze« und »spürendes Sprechen« fließen mit in die Prolongation sein. In der Pra-
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xis haben sich die Prolongationen als außerordentlich effektiv erwiesen, um eine mit dem Stottern inkompatible Sprechweise zu erzeugen und um den späteren Einsatz des Pull-out vorzubereiten. Sie können präventiv eingesetzt werden, aber auch im Sinne einer Befreiungstechnik. Kinder, die mit der Befreiung aus dem Block über die Prolongation Schwierigkeiten haben, kommen in aller Regel mit dem Pull-out als Blocklösemethode besser zurecht. Die Prolongation basiert auf den Erkenntnissen des erschwerten Onset (7 Kap. 2.3.3) beim Stottern. Geübt wird der verlangsamte Übergang zwischen dem stimmlosen zum stimmhaften Laut bzw. der Stimmeinsatz bei Wörtern mit initialem stimmhaften Konsonanten oder einem Vokalanlaut. Dadurch kann die Koordination von Atmung, Stimmgebung und Artikulation zeitlich entzerrt und das Timing der drei Bereiche geübt werden.
Übungen zur Prolongation Vorbereitend kann die Übung »Phono-school« (7 Kap. 8.6.1) durchgeführt werden. Nach der Bewusstmachung der »kritischen Stellen« im Wort mit der Übung »Stimmsurfen« (7 Kap. 8.6.1) kann zunächst erfragt werden, ob das Kind selbst eine Idee hat, wie man sich über diese schwierige Stelle hinweg bewegt. Als Analogie hilft auch die Vorstellung, über dünnes Eis zu gehen oder aber sich über knarzende Dielen anschleichen zu wollen. Auch Zeitlupensprechen kann zur besseren Vorstellung des Ablaufs von Prolongationen hilfreich sein. Die Verlangsamung der Koartikulation gerade am Wortanfang, und ganz besonders beim Wechsel von stimmloser zu stimmhaftiger Lautbildung, sollte zunächst auf Silbenebene mit ansteigender Schwierigkeit (dehnbare Konsonsonaten im Anlaut, Plosive, Vokalanlaut) geübt werden. Hierzu können vorbereitete Silbenkärtchen in übliche Übungssettings eingebaut werden (angeln; Schriftkärtchen in doppelter Ausführung als Memory; eingebaut in ein Regelspiel vor jedem Spielzug ein Kärtchen ziehen und mit verlangsamter Koartikulation sprechen etc.). Durch die Verlangsamung werden nahezu automatisch die Laute auf ca. ½ Sekunde gedehnt. Plosive können per se nicht gedehnt werden, jedoch kann der Verschluss zeitlupenartig gelöst werden. Dabei entsteht eine Art »Affrizierung«, ohne wirklich in den dazugehörigen Affrikaten abzugleiten. Danach folgt der vorsichtige Stimmeinsatz, bei dem die Stimme langsam an Lautstärke gewinnt. Wird die Prolongation auf Silbenebene gut beherrscht, kann die Anwendung auf den bekannten Sprechleistungsstufen erfolgen.
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
i Tipp – Materialempfehlung 4 Karten »Prolongationen« im Ê Downloadbereich: Wörter mit nahezu allen möglichen Lautkombinationen am Wortanfang 4 Weitere Spiele-Tipps vgl. Materialempfehlung in 7 Kap. 8.5.4
Der Pull-out – Die Befreiung aus dem Klemme Ziel. Die Nachbesserung und die Prolongation bereiten den Pull-out (»Rausziehen«, »Befreiungstechnik«) vor. Hat das Kind mit Hilfe der Nachbesserung gelernt, wie man Stottern leichter machen kann und durch die Prolongation seine koartikulatorischen Fähigkeiten verbessert, soll es nun versuchen, sein Stottern zu verändern, während es geschieht. > Beachte Der Pull-out ist zur Anwendung bei schwereren Blockaden geeignet.
Demonstration der Wirkung des Pullouts Zur Veranschaulichung für kleinere Kinder kann das »Faustspiel« (vgl. Dell 1996, S. 71 f.) durchgeführt werden. Hierbei stottert die Therapeutin schwer. Das Kind soll während der Blockade eine Hand zur Faust ballen und die Spannung langsam wieder lösen. Die Therapeutin nimmt die Spannung synchron zur Bewegung des Kindes zurück, bis sie das Wort locker stotternd aussprechen kann, z. B. »Das ist meine 5tUIUIUBUBUBTDIFj3. i Tipp
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Das Kind erfährt bei dieser Demonstration spielerisch einiges darüber, wie ein wirksamer Pull-out beschaffen sein muss: Wartet es zu lange, bis es die Spannung in der Faust löst, geht der Therapeutin die Luft aus. Löst es die Spannung zu schnell, platzt das Wort ruckartig heraus. Erst durch geschmeidiges und rechtzeitiges Lösen der Spannung gelingt eine wenig anstrengende und damit unauffällige Befreiung aus der Blockade.
Diese Übung ist für gewöhnlich mit viel Spaß verbunden, da es den meisten Kindern gefällt, die Therapeutin ein wenig »zappeln« zu lassen. Mit Hilfe des Rollentausches wird das Kind vorsichtig selbst an den Pull-out herangeführt. Über die verschiedenen
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ş ;FJDIFOFSLMÊSVOH t "UFNTUPQQ #FTDISFJCVOH XFJUFSFS Zeichen vgl. . Übersicht 5.5).
sprachlichen Anforderungsebenen (. Übersicht 8.7) wird die Befreiungstechnik geübt und in das reale Sprechen übertragen. > Beachte Da bei der Befreiungstechnik die Erfahrung der Kontrollierbarkeit der Symptome im Vordergrund steht, sollten Pull-outs, die in echte Blockierungen abgleiten, so oft wiederholt und ggf. in ihrer Form variiert werden, bis das Kind tatsächlich die Kontrolle darüber gewinnt.
Einführende Übung zum Pull-out Der Pull-out wird anfangs auf Wortebene geübt. Der Einstieg erfolgt wegen der besseren Kontrollierbarkeit über das Pseudostottern. Später werden Pull-outs an echten Blockaden angewandt. Sobald das Kind eine Blockierung wahrnimmt, »friert« es die Artikulationsbewegung ein. Es entsteht eine kleine Pause. Diese Pause ist wichtig, um die Spannung abzubauen und sollte daher unbedingt eingehalten werden. Danach spricht das Kind prolongierend weiter. Kuckenberg und Zückner (2006, S. 22) beschreiben 4 Fehlerquellen beim Pull-out, die immer korrigiert werden sollten: 4 Das Stottern wird nicht oder zu spät wahrgenommen. 4 Das Kind »friert nicht ein« oder lässt sich dafür zu wenig Zeit. 4 Es »friert« zwar ein, aber baut die Spannung ungenügend ab – erkennbar an geringen Artikulatorischen Bewegungen von Lippen, Kiefer oder Zunge. 4 Es »friert ein«, aber spricht ohne Prolongation weiter. Wie bereits bei den Wahrnehmungsübungen (7 Kap. 8.6.1) beschrieben, ist der Rollentausch i. S. der Fremdwahrnehmung sehr hilfreich, um die Eigenwahrnehmung des Kindes für seine Fehlerquellen zu schärfen. Wenn die Befreiungstechnik auf Wortebene beherrscht wird, sollte sie auf den unterschiedlichen sprachlichen Anforderungsebenen (vgl. . Übersicht 8.7) ausgebaut werden. Als Hilfestellung erhält das Kind bei auftretenden Blockaden ein vorher vereinbartes Handzeichen, das ihm signalisiert, die Spannung zu halten, bis die Therapeutin das Zeichen beendet. Erst dann soll es versuchen, die Spannung zu reduzieren und das Wort langsam herausgleiten zu lassen.
163 8.7 · Modifikation des Stotterns und Modeling
i Tipp Zur Motivationssteigerung kann ein Verstärkersystem mit Token eingesetzt werden. Erfahrungsgemäß ist es zweckmäßig, vorher die Menge der Pull-outs je Satz zu vereinbaren, um zu verhindern, dass sich das Kind, in der Absicht, die Aufgabe möglichst zügig zu beenden, überfordert. Für ältere Kinder kann eine Audiokassette zum häuslichen Üben besprochen werden. Dazu produziert die Therapeutin Blockaden, die das Kind nach einer Pause von ca. 1–2 Sekunden imitieren und mit Hilfe eines Pull-out auflösen soll. Gelingt der korrekte Pull-out nicht, wird die Aufnahme gelöscht und neu produziert, bis die korrekte Version aufgenommen wurde. Danach erfolgt eine weitere Pause von ca. 5 Sekunden, bevor die Therapeutin den nächsten Block produziert. Diese zweite Pause dient dem selbstständigen Üben zu Hause. Hier kann das Kind seinen eigenen korrekten Pull-out der Aufnahme nochmals wiederholen.
Bei Jugendlichen ist die Erfahrung zunehmender Kontrolle für grundlegende Veränderungen allein oft nicht mehr ausreichend. Sie müssen lernen, Pull-outs konsequent und selbstständig anzuwenden. Hilfestellungen durch die Therapeutin, (z. B. Erinnerung durch Handzeichen, Sprechvorbild der Therapeutin) werden schrittweise reduziert. Mit entsprechender Geübtheit in der Anwendung der Technik können auch verpasste Möglichkeiten zum Pull-out gezählt werden. Im Vorfeld gemeinsam vereinbarte positive und negative Konsequenzen wirken meist motivierend und unterstützen damit den Automatisierungsprozess (z.B.: Bei weniger als 5 vergessenen Befreiungen darf das Kind ein Spiel wählen. Für je 5 verpasste Gelegenheiten gibt es eine »Spezialaufgabe«, die entweder in der Stunde oder zu Hause erledigt werden muss). > Beachte Bestrafende Konsequenzen sollten nur eingesetzt werden, wenn das Kind prinzipiell in der Lage ist, die Aufgabenstellung erfolgreich umzusetzen.
i Tipp Die Verwendung eines Handzählers4 übt auf alle Kinder eine große Faszination aus. Allein die Wahrnehmung des Gerätes in der Hand und der Wunsch, es zu bedienen, erinnert die meisten Kinder an die An-
4 Handzähler: Gerät mit manuell bedienbarem Zählmechanismus. Erhältlich z. B. in gut sortierten Elektrofachgeschäften.
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wendung der Technik. Sinnvollerweise sollten beide Übungspartner einen Handzähler besitzen. So wird die Eigenwahrnehmung des Kindes objektivierbar, der Wettkampfcharakter steigt, und das leise Klicken beim Drücken des Zählers der Therapeutin deckt diff ferierende Wahrnehmungen bei der Durchführung der Aufgabe sofort auf. Um seine Wirkung zu erhalten, sollte er allerdings nicht allzu häufig eingesetzt werden.
Schwierigkeiten beim Erlernen des Pull-outs Viele Kinder zeigen fast automatisch Mitbewegungen des Kopfes nach vorne, wenn sie den Pull-out anwenden. Diese Bewegung erleichtert zwar die Vorstellung davon, das Wort langsam aus dem Block »rauszuziehen«, sie lässt sich jedoch später relativ schwer wieder abbauen. Daher sollte das Kind frühzeitig daran gehindert werden (z. B. durch sofortiges Stoppen oder evtl. Üben vor dem Spiegel). Alternativ dazu ist eine diskrete Bewegung der Hand oder eines Fingers als vorübergehende Hilfe für die Übungssituation denkbar. > Beachte Das korrekte Vorbild der Therapeutin ist bei der Einführung des Pull-out von großer Bedeutung.
! Cave Eine große Gefahr besteht darin, dass der Pull-out mit einer Vokaldehnung verwechselt oder ein SchwaLaut eingefügt wird. Beides muss umgehend korrigiert werden, damit dem Stottern des Kindes kein weiteres Symptom hinzugefügt wird. Sinnvoll kann hier ein intensives Üben von Prolongationen sein.
Transfer in die Spontansprache. Gelingt v. a. bei jüngeren Kindern die Übernahme des Pull-out in das spontane Sprechen oft ohne weiteres Zutun, benötigen die meisten Kinder in der Regel die Unterstützung ihres Umfeldes und der Therapeutin. Die . Übersicht 8.15 fasst mögliche Schritte für den Transfer in die Spontansprache zusammen.
Übungssettings für Pull-out und Nachbesserung i Tipp Vor jeder Übung sollte die Aufgabenstellung klar umrissen werden. Die Art des Technikeinsatzes, die Häufigkeit, die Art der Hilfestellungen durch die Therapeutin während der Übung und ggf. die Dauer werden dabei gemeinsam festgelegt. Die anschließende Reflexion der Durchführung unter Beachtung der ver-
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
. Übersicht 8.15 Au ufga aben zur Übern nahme des Pu Pull-out in die Sp pon ntansprache 4 Einüben der Tecchnik überr die Sprechleisstungsstufen Lessen, gelenkkte Rede und in der Unterhaltung miit der Theraapeutin 4 Syystematische Re eduzierung von o Hillfe festellu ungen 4 Erllern e en von Selbstk tkkontrollstrategien (Kont lle tro ll über Audioaufn nahm a en, Einsatz von Errah in nnerrungshilfen, Anwendu dung du n des Handz ng ndz dzäählerrs in Alltagssituationen) 4 Kop ppel p ung der Anwendung des Pull-out an bestim mmte te wiederkehrende Muster im Tagesablau auf (z. B. an Mahlzeiten, an bestimmte Personen ode o r Situationen) 4 Anwendung de der Tech echnik unter der Wirkung g von Stressoren 4 Einsatz des Pull-out im Rol Rollen le spiel und nd im InI vivo-Training 4 Erzeugen alltagsnaher Situationen in der Gr ppentherapie Gru 4 Einbe beziehung der Eltern
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einbarten Parameter ermöglicht eine optimale Ausnutzung des Übungseffekts. Bei Vorschulkindern hingegen fällt wegen des spielerischen Vorgehens diese gründliche Vor- und Nachbereitung weg.
Regelspiele. Unzählige, im Handel erhältliche Regelspiele eignen sich bei minimaler Abwandlung der Spielregeln zum Einüben der Technik. So kann die Aufgabe bei Würfelspielen lauten, beim Würfeln einer Sechs ein von der Therapeutin vorgegebenes gestottertes Wort »leichter« zu stottern oder einen Pull-out zu produzieren. Bei Memorys kann die aufgedeckte Karte mit einem ganzen Satz benannt und der abgebildete Gegenstand mit der vorher vereinbarten Technik benannt werden. Bei komplexeren Abbildungen kann das ganze Bild beschrieben werden. Aus 3 mach 1. (Geeignet ab ca. 5 Jahren.) Jeder Übungsteilnehmer erhält ca. 10 kleine Zettel, auf die er jeweils einen Begriff seiner Wahl notiert. Bei Kindern, die noch nicht schreiben können, werden Bildkärtchen verwendet. Die Kärtchen werden gemischt und jeweils 3 davon aufgedeckt. Nun erzählt einer der Partner eine kurze Fantasiegeschichte, in der die 3 Begriffe mindestens einmal vorkommen müssen.
Sobald eines der Wörter genannt wird, muss dabei die zu übende Technik angewandt werden. i Tipp – Materialempfehlung Wortkärtchen »Quatschgeschichten« im loadbereich.
Ê Down-
i Tipp Die Therapeutin kann durch ihre Wahl der Begriffe Einfluss auf zu übende Lautverbindungen nehmen.
Ratespiele und Quizfragen. (Geeignet ab ca. 5 Jahren.) Kinder lieben Rätsel der unterschiedlichsten Art. Darunter fallen Spiele wie »Ich sehe was, was du nicht siehst«, das Stellen eigener »Rätsel« oder das Lösen fertiger Quizfragen, die in vielen Variationen im Handel erhältlich sind. Beim Erfinden eigener Rätsel wird v. a. die Fähigkeit zur Wortfindung und zur Umschreibung gefördert. Zu Beginn des Spiels wird die Anzahl der »Tipps«, die der Ratepartner einfordern darf, sowie die anzuwendende Technik festgelegt. > Beispiel Ratespiel mit 3 Tipps Ich denke an ein Tier. – Ein Hund! – Nein, es kann hüpfen. – Ist es ein Hase? – Nein, es kann auch boxen. – So was kenne ich nicht! – Und es hat einen Beutel am Bauch, in dem es sein Baby trägt, bis es groß genug ist, um selbst durch die Gegend zu hüpfen. – Jetzt weiß ich es! Ein Känguru!
Ratefüchse. (Geeignet ab Vorschulalter.) In Anlehnung an das gleichnamige, leider nicht mehr verlegte Spiel werden 36 Memorykärtchen oder andere Bildkärtchen aufgedeckt im Quadrat angeordnet. Vor und nach jeder Reihe von 6 Kärtchen wird eine Leiste mit Würfelaugen von 1 bis 6 gelegt. Analog dazu wird vor und nach jeder Spalte je ein Farbpunkt, entsprechend den Farben eines Farbwürfels, platziert. Es wird mit beiden Würfeln gewürfelt. Jenes Kärtchen, das sich an der Schnittstelle der beiden Würfelbilder befindet (z. B. gelb, 5), muss in Form eines »Rätsels« unter Einsatz der Technik beschrieben werden. Der Partner sollte beim Würfeln und Auffinden des Kärtchens wegsehen, da gerade jüngere Kinder das richtige Kärtchen meist nur mit Hilfe ihrer Finger herausfinden können. Malen nach Anweisung. (Geeignet für ältere Schulkinder.) Beide Partner sitzen mit dem Rücken zueinander und haben jeweils Papier und Bleistift in der Hand. Einer der beiden Mitspieler denkt sich zunächst einen (möglichst einfach darzustellenden) Begriff aus,
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den er zeichnen möchte. Dabei verbalisiert er jeden einzelnen Arbeitsschritt, ohne jedoch den Begriff selbst zu nennen, da der Partner das gleiche Bild nur nach Anweisung zeichnen soll (z. B. »ich zeichne einen senkrechten Strich von der Mitte des Blattes bis zum unteren Rand). Diese Übung ist bestens für den Einsatz in der Gruppentherapie geeignet. Vorgangsbeschreibung. (Ab Schulalter.) Das Kind erhält den Auftrag, Dinge bzw. Tätigkeiten, die es gut kennt, genauer zu beschreiben. Die Themen sollten passend zu den Interessen des Kindes ausgewählt und auf Kärtchen geschrieben werden, die es verdeckt zieht. i Tipp – Materialempfehlung Themenkärtchen »Vorgangsbeschreibung« im Ê Downloadbereich.
Sag‘s nicht! (Für Gruppen mit älteren Schulkindern und Jugendlichen.) Das im Handel erhältliche Spiel »Tabu« (MB) wurde hier leicht abgewandelt. Die Therapeutin bereitet mehrere Kärtchen vor, auf denen jeweils ein Begriff steht, der beschrieben werden muss. Darunter werden 4 weitere Begriffe notiert, die nicht zur Beschreibung des ersten Begriffs verwendet werden dürfen. Die Mitglieder der eigenen Gruppe müssen den Begriff erraten. Ein Mitspieler der gegnerischen Mannschaft kontrolliert die Einhaltung der Spielregel. Zur Verschärfung der Situation kann die Aufgabe unter Zeitdruck (Eieruhr) durchgeführt werden. Kurzreferate. (Für ältere Schulkinder und Jugendliche.) Stichworte oder Themen, aus denen Kurzvorträge entwickelt werden sollen, werden auf Karteikärtchen notiert und verdeckt gezogen. Je nach Zielsetzung kann die Durchführung z. B. über Videoaufnahmen dokumentiert und anschließend besprochen werden. Soll der Sprechdruckk weiter erhöht werden, kann eine Sprechzeit von z. B. 1 bis 2 Minuten festgelegt werden. Auch die Wahl der Uhr kann hier weiterhin den Zeitdruck und damit den Stressfaktor erhöhen (z. B. laut tickende Uhr, große Uhr mit gut sichtbarem Sekundenzeiger oder Eieruhr). Die hinterhältige Woche. (Für ältere Schulkinder und Jugendliche.) In Anlehnung an van Ripers »Stotterbad« (van Riper 1986) wurde dieses Übungssetting zur Generalisierung erlernter Inhalte leicht abgewandelt. Zur Durchführung ist die Unterstützung eines Elternteils nötig. Erst ältere Jugendliche sollten allein mit der Durchführung der Aufgabe betraut werden.
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Gemeinsam mit dem Kind wird eine bestimmte, erhebliche Anzahl an Übungen für den Zeitraum einer Woche vereinbart. Aufgabe des Kindes ist es, die Übungen eigenständig in der vereinbarten Weise und Häufigkeit durchzuführen und gewissenhaft zu protokollieren. Dabei wird es von den Eltern unterstützt. »Hinterhältig« ist diese Woche nach Ansicht vieler Kinder deshalb, da sie zwar bei Erreichen des vereinbarten Zieles eine attraktive Belohnung durch die Eltern erhalten (z. B. Kinobesuch, Pizzaessen, Ausflug), bei Nichterreichen jedoch eine ebenso unangenehme Konsequenz folgt (z. B. ungeliebte Aufgaben im Haushalt, den Eltern Frühstück ans Bett bringen, Fahrrad putzen o. Ä.). Beide Konsequenzen werden vor Beginn der Woche zwischen Eltern und Kind schriftlich vereinbart. ! Cave Ein unmotiviertes oder überfordertes Kind wird diese Woche nicht bewältigen können.
Zur Vermeidung unnötiger Frustrationen sollte daher vor der Durchführung der »hinterhältigen Woche« die Eignung des Kindes gewissenhaft überprüft werden. Auch sollte diese Übungsphase nicht in ohnehin stressreiche Phasen wie z. B. bei vermehrten Prüfungen in der Schule, Umzug oder familiären Veränderungen gelegt werden. Um die Motivation während der Woche zu bewahren, sollte die Möglichkeit bestehen, »schwache« Tage in den folgenden Tagen auszugleichen. Die vereinbarte Konsequenz tritt somit immer erst am Ende der Woche ein. Inhaltlich können Aspekte wie Pseudostottern, Anwendung von Pull-outs und Nachbesserungen ebenso festgelegt werden wie die Aufgabe, sprachliche oder soziale Vermeidung zu reduzieren (7 Kap. 8.5.7, Abschn. »In-vivo-Training«).
Reduzierung der Anzahl der Wiederholungen > Beachte Bei Silben- und Lautwiederholungen ist die Anwendung von Pull-outs in der Regel nicht sinnvoll.
Stattdessen versucht man bei vielen Wiederholungen die Zahl der Repetitionen schrittweise zu verringern. Nachdem das Kind im Rahmen von »Erwischmich« (7 Kap. 8.5.4) seine Wahrnehmung für Wiederholungen geschult hat, wird es ermutigt, Teilwortwiederholungen als Pseudoblocks zu produzieren und diese zu zählen (z. B. mit Hilfe eines Handzählers). Schließlich wird die Zahl der Wiederholungen nach Vorgabe durch die Therapeutin (Veränderung von
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
Zahl, Geschwindigkeit oder Lautstärke) variiert. Als weitere Anforderung wird das Kind nach echten Lautund Silbenwiederholungen gestoppt und gebeten, diese mit einer geringeren Zahl an Wiederholungen erneut zu produzieren. Dieser Schritt sollte mit jüngeren Kindern nur sporadisch durchgeführt werden, um nicht unnötig Störungsbewusstsein zu erzeugen bzw. zu verstärken. Bei älteren Schulkindern und Jugendlichen kann versucht werden, die Zahl der Wiederholungen während des Sprechens auf ein Signal hin zu reduzieren.
Veränderung von Dehnungen Stark ausgeprägte Dehnungen werden nach denselben Prinzipien wie die Wiederholungen reduziert. Nach Übungen zur Wahrnehmung und zum Pseudostottern wird die Dauer der Dehnung reduziert. Dell (1996, S. 58 f.) schlägt hierbei folgende Vorgehensweise vor: Zur Veranschaulichung nähert die Therapeutin während der von ihr produzierten Dehnung die Zeigefinger ihrer Hände einander an. Sobald sich die Finger treffen, beendet sie die Prolongation und spricht das Wort zu Ende. Die Dauer der Dehnungen kann nun vom Kind gesteuert werden, indem die Annäherung seiner Finger als Zeitgeber dienen. Beim späteren Rollentausch steuert dann die Therapeutin die Dauer der kindlichen Dehnungen.
Die Werkzeugkiste – Ein vielseitiges Spiel zur Modifikation der Sprechweise Die Werkzeugkiste kann keinem isolierten Übungsbereich zugeordnet werden. Sie soll dem Kind ermöglichen, spielerisch und flexibel auf verschiedene Copingstrategien zurückzugreifen und diese situativ angepasst anzuwenden. Stottern wird steuerbar, das Gefühl von Kontrolle nimmt zu. Die Idee stammt von Thum und Mayer, Veranstalter der intensivtherapeutischen Gruppentherapie »Stärker als Stottern« (www.stärker-als-stottern.com). Die Kinder erhalten in der Therapie eine Werkzeugkiste, die mit den in . Tab. 8.1 aufgeführten Gegenständen bestückt ist. Jedes »Tool« symbolisiert eine Technik oder Vorgehensweise aus der Stottertherapie. Durch das Hantieren mit den realen Gegenständen bekommen die eher abstrakten Begriffe aus der Stottertherapie einen »be-greifbaren« Bezug, der den Zugriff auf die Technik erleichtert.
Die Ampel Sie bildet die übergeordnete Struktur zur Anwendung der verschiedenen Werkzeuge. Mit ihrer Hilfe soll dem Kind erfahrbar gemacht werden, zu welchen Situationen welches Werkzeug Verwendung finden kann. Die Veränderung der Sprechweise soll auf ein Signal hin erfolgen. Dieses wird zunächst von der Therapeutin, später von den Mitspielern oder vom Kind selbst gegeben. Die drei Ampelphasen rot, gelb, grün stehen für spezielle Sprechmodi, die nachfolgend genauer beschrieben werden. Durch den willkürlichen Wechsel zwischen den Sprechweisen bekommt das Kind ein Gefühl von Kontrolle über sein Sprechen. Rot – Desensibilisierung durch absichtliches Stottern. In der roten Ampelphase darf und soll gestottert werden, auch absichtlich und lustvoll. Wer kann am lustigsten Stottern? Wer schafft den längsten (absichtlich erzeugten) Block? Wo und mit wem möchte ich gerne in der roten Ampelphase sprechen? Der Stein und der Frosch unterstützen das Kind dabei, sich zu erinnern. Das Ziel sollte ein Spiel mit dem Symptom sein: Variation in Länge, Häufigkeit und Schwere bringen eine Annäherung an abgewehrtes Verhalten. Gelb. Das Ziel der Gelbphase ist das spontane Sprechen im »Reparaturmodus«. Auch hier ist Stottern erlaubt, jedoch gilt es, möglichst viele einzelne Symptome auszuwählen und zu modifizieren. Die Zange und die gewünschten anderen Werkzeuge werden unmittelbar nach dem Symptom eingesetzt. Wo, wann, wie oft und wie lange kann ich diese Methode anwenden? Bei einem Referat, Gedicht, beim Einkaufen? Grün – Flüssiges Sprechen. Das primäre Ziel ist nicht, Stottern zu vermeiden, sondern die Sprechweise vorab so zu verändern, dass sie mit Stottern weitgehend nicht kompatibel ist. Gemeinsam mit dem Kind wird erarbeitet, welches der Werkzeuge ihm am besten hilft. Dieses ideale Werkzeug kann zwar variieren, sollte aber für eine Sprechaufgabe immer komplett eingehalten werden, da die Ablenkung durch die Werkzeuge sonst zu groß ist. Die Werkzeuge Fell, Frosch, Feder oder Schnecke werden beim grünen Signal »vorsorglich« eingesetzt, um möglicherweise auff tretendes Stottern abzufangen. Denkbare Ziele: über einen bestimmten Zeitraum ein Werkzeug einsetzen; genaue Erarbeitung von Dauer, Situation und Aufgabenstellung. Anwendung. Die einzelnen Werkzeuge lassen sich therapeutisch gut in viele Spiele integrieren und sie sind auch untereinander kombinierbar. Die Werk-
167 8.7 · Modifikation des Stotterns und Modeling
8
. Tab. 8.1. Werkzeugkiste mit »Tools« und Zielsetzungen. Tool
Zielsetzung mit Beispiel
Stein
Identifikation: Der Stein ist das Symbol für das Stottern des Kindes und wird in die Übungen als Ausgangspunkt für Veränderungen eingesetzt.
Stoppschild
Blocklöse-Technik/ Pull-out: Stoppen im Moment des Symptoms. Dies kann auf zwei Weisen geschehen: Einfrieren (der Artikulationsbewegung) – Pause – Spannung lösen bzw. sofortiges Spannung lösen ohne Einfrieren. Möglicher Einsatz: die Kinder zeigen sich gegenseitig das Stoppschild oder das stotternde Kind gibt sich selbst das Signal zur Veränderung mit Hilfe eines der folgenden Tools.
Fell
Weicher Stimmeinsatz: Sanftes Anschwingen der Stimmlippen; vorsichtige Steigerung der Lautstärke
Frosch
Stottern modifizieren, Pseudostottern: Harte Blocks, spannungsvolle Wiederholungen oder Dehnungen können durch lockeres hü-hü-hüpfen verändert werden. Wichtig: Die lockeren Wiederholungen finden silbenweise statt, die Frequenz der Wiederholungen variiert zwischen 2- bis 3-mal. Im Unterschied zum »Stein« sind die Wiederholungen stets locker.
Schnecke
Verlangsamung des Sprechens: Bei überhasteter Sprechweise oder zur Verbesserung der Propriozeption langsames Weitersprechen nach Signal
Feder
Blocklösetechnik: Die Feder steht in der zeitlichen Abfolge hinter dem Stoppschild. Nach der Symptomwahrnehmung (Stopp!) hilft die Feder beim Lösen der Anspannung. Die Feder liegt auf dem Handrücken und wird sachte weggeblasen. Die Einatmung fließt selbständig und locker zurück. Die K-K-K---Stopp! – (vorsichtiges Blocklösen mit sachtem Ausatmen über die Feder) – K»»» inder spielen.
Weicher Ball
Blocklösetechnik: Visualisiert das Lösen der Anspannung. Nach der Symptomwahrnehmung wird der weiche Ball mit der Hand zusammengedrückt, das Stoppschild zeigt die Veränderung an, damit öffnet bzw. löst sich die zusammengeballte Hand. Der weiche Ball bekommt seine ursprüngliche Größe, die angehaltene Atmung wird gelöst, die Einatmung fließt selbständig und locker zurück.
Zange
Modifikation; Nachbesserung: Zeichen zur Reparatur symptomatischer Unflüssigkeiten in der Wortwerkstatt. Es kommen die bereits beschriebenen Tools in Kombination miteinander zum Einsatz. Wird ein gestottertes Wort wahrgenommen, kann es in die Wortwerkstatt und wird mit der Zange repariert. Beispiel: »Ich möchte mir am ------KKKiosk – Stoppschild – Auswahl Ball/ Feder zum Lösen der Spannung – zeigen der Zange als Aufforderung zur Reparatur, Auswahl Fell, Frosch oder Schnecke, in diesem Fall entscheidet sich das Kind für den Frosch – Ki-Ki-Kiosk ein Eis kaufen.«
Kugelschreiber
Fraktioniertes Sprechen: Der Kugelschreiber hilft, sinnhafte Pausen zu setzen, um mögliche Stottergefühle in diesen Pausen zu lösen. Das Kind hält einen Kugelschreiber in der Hand und klickt in jede Sprechpause. Ablauf: Sprechen – kurze Pause – »Klick« – kurze Pause – weitersprechen. Es darf nicht in das Sprechen hineingeklickt werden. Beispiel: Heute scheint die Sonne – Pause – »Klick« – Pause – und ich werde mir ein Eis kaufen – Pause – »Klick« – Pause – Ich weiß noch gar nicht – Pause – »Klick« – Pause – wer alles mitkommt.
»Spezialwerkzeug«
Individuelle Anpassung des Tools an das Kind: So gibt es beispielsweise eine Trompete, um kräftiger und lauter zu sprechen, denkbar wäre auch ein Gummiband in Verbindung mit dem Fell zur Erinnerung an sachte Dehnungen mit weichen Stimmeinsätzen.
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
zeuge werden auf ausgewählte Bildkarten gelegt. Diese Begriffe müssen mit entsprechender Technik gesprochen werden. Auch kann im Vorfeld eines Spieles die Ampelfarbe festgelegt werden. Die zugeordnete Sprechweise sollte für die Dauer der Aufgabe eingehalten werden. Bei »rot« wird herzhaft gestottert, bei »gelb« werden Karten ausgesucht, die absichtlich gestottert (Stein) und repariert werden (Zange). Bei »grün« kann man entweder nur bei den Bildkarten oder aber bei allen Wörtern die entsprechende Technik anwenden.
Abbau von Mitbewegungen So genannte Parakinesen bilden sich in aller Regel mit zunehmenden Kontrollgefühl zurück. Besonders auffällige oder den Jugendlichen störende Mitbewegungen können meist schnell über die Schulung der Eigenwahrnehmung, Videoarbeit sowie durch das Feedback der Therapeutin oder des Umfeldes (Signal bei Mitbewegungen) in den Griff bekommen werden. Bei Vorschulkindern und jungen Schulkindern sollte aufgrund des konfrontativen Vorgehens möglichst auf die direkte Arbeit an den Mitbewegungen verzichtet werden.
schulkind entfallen. Die emotionale Unterstützung des Kindes durch positive Wertschätzung und aktives Zuhörerverhalten (7 Kap. 9.5 und 7 Kap. 9.7) spielt in dieser Altersgruppe die bedeutendere Rolle. Bei älteren Kindern können Eltern häusliche Übungen nach gezielter Anleitung durch die Therapeutin sinnvoll unterstützen. Im Wesentlichen erhalten sie Aufgaben als Übungspartner, der das Kind an die Durchführung der Übungen erinnert und ihm gezieltes Feedback erteilt. Dazu müssen die Eltern mehrmals an der Therapie aktiv teilgenommen und die Übungen selbst pseudostotternd durchgeführt haben. Da die Verquickung der Elternrolle mit therapeutischen Aufgaben nicht unproblematisch ist, sollten die in . Übersicht 8.16 aufgeführten Aspekte für die Einbeziehung der Eltern in die Behandlung des Stotterns unbedingt beachtet werden. > Beachte Können ein oder gar mehrere der in . Übersicht 8.16 genannten Kriterien nicht erfüllt werden, sollte auf die Beteiligung der Eltern verzichtet werden.
Bearbeitung negativer Einstellungen Besonders bei älteren Kindern ist es mitunter notwendig, nicht nur die Sprechweise zu modifizieren, sondern auch innere Einstellungen und Haltungen zu überdenken. Dies geschieht kontinuierlich und ist methodisch nur zum Teil von den anderen Elementen der direkten Therapie zu trennen. So ist das Kind beispielsweise in nahezu jeder Reflexion gezwungen, sich mit seinen Erwartungen auseinander zu setzen und zu überprüfen, wie realistisch diese sind (vgl. . Übersicht 8.4 und 7 Kap. 8.6.1, Abschn. »Eigenreflexion«). Viele Einstellungsänderungen entstehen bei älteren Kindern und Jugendlichen durch die Veränderung des Selbstkonzepts als Folge vielfältiger Erfahrungen in der Therapie. Auch Fragen wie »Was wäre anders, wenn du nicht stottern würdest?«/«Wie würdest du die Situation bewältigen, wenn du nicht stottern würdest« oder aber die Aufgabe, die Sätze »Jemand der stottert ist ... – jemand der nicht stottert ist ...« zu Ende zu führen, ermöglichen Ansätze zu Gesprächen über innere Einstellungen.
Rolle der Eltern Beherrscht das Kind die Pull-out-Technik in der Unterhaltung mit der Therapeutin, können die Eltern das Kind gelegentlich bei schwerem Stottern mit dem Wort »leichter« an die Anwendung der Befreiungstechnik erinnern. Spezielle Übungen mit dem Vor-
. Übersicht 8.16 En ntsccheidungskriterrien ri für die Einbezieh ehung de er Eltern in die the erapeutisch he Arbeit 4 Die Beziehung zwischen Eltern und Kind d wird nicht von anderen grrößeren Schwiierigkeiten überschatttet. 4 Das Kind ist mit der Einbezieh ehung de der Eltern eiinverstanden. 4 Die e Eltern sind berei eit, ei t sich aktiv mit den Übu Ü ungen auseinande er zu setzen. 4 Die Eltern haben unter Supe pervision der er TheTh rap peuttin gelernt, die Aufgabe korrekt umzusetze zen (E (Einsatz von Video, Anleitung in der Arbeit it mit dem Kind, Umgang mit schwierigen Sit ituatio ionen). 4 Die Durchfüh fü run ng wurde konkret besprochen (z. B. Häu ufigk fi eit eit,, Dauer, D Ort) und auf bestimmte Situatione nen n festgel gelegt egt (z. (z B. ge gemeinsam Bilderbuch ansehen, n Ges Ge prä p che am m Mi Mitttagstisch). 4 Das Vorgehen der Eltern wird eng betreut. Es finden regelmäßige Beratungsgespräche statt. tt.
169 8.8 · Bedeutung der Gruppentherapie und des sozialen Lernens
8.7.2
Modeling – Modifikation für kleine Kinder
Das sog. Modeling entspricht dem Prinzip des »corrective feedback« (vgl. Wyatt 1973) und dürfte aus der Therapie von Sprachentwicklungsstörungen hinreichend bekannt sein. Durch das Sprechverhalten der Therapeutin wird das Kind zur Imitation angeregt. In der Therapie des frühen kindlichen Stotterns produziert die Sprachtherapeutin anstrengungsfreiere Blockaden als das Kind. Sie bietet ihm damit ein alternatives Sprechmodell, ohne es explizit auf diese andere, hilfreichere Sprechweise hinzuweisen. Das modellierende Sprechverhalten der Therapeutin ermöglicht dem Kind, seine Sprechweise in kleinen Schritten zu verändern und damit die Symptomatik zu reduzieren und bestenfalls in flüssiges Sprechen zurückzuführen.
vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern möglich, zeigen sich gerade bei jüngeren Kindern oft überraschend schnell Erfolge. ! Cave Fehlt die Bereitschaft der Eltern zur Durchführung dieser Aufgabe oder bestehen Zweifel an der Eignung der Eltern für dieses Vorgehen, sollte auf das Therapieelement »Modeling durch die Eltern« verzichtet werden.
Fazit m Ziel, zu enttspannter erem Stot otter t n zu 4 Mit dem finde en, setzen Mod difikation n und Mode eling an de er Veränderung g der kind ndlichen Sp prechweise e an n. ntlic iche Techniken en n der Modifikation 4 Wesen sind die e Na Nachbesserung und un der Pull-o -o out, die mit Hilffe verschiedener Übungen erlernt werden kö ön nne en. n nnen n in der Phase der Modifika4 Daneben könn tion die Zahl der Wie Wi der derhol ho ungen von Kl Kloni oni, di Dauer von Dehnung die gen, Mi M tbeweg wegung ungen und u d negative Einstellungen bearbeitet werden en. 4 Das Model Mod ing folgt dem Prinzip des »corrective feedbac ack« k nacch Wyatt W und ist besonderss für jüngere Kinder er geeig geei net.
> Beispiel Kind: »Mein Aaaaauto ist das allerschnellste!« Therapeutin: » Ja, dein Au au auto ist ein richtiger Flitzer.«
Die Häufigkeit des Modelings richtet sich jedoch – anders als in der Therapie von Sprachentwicklungsstörungen – ganz nach den Reaktionen des Kindes. Ein vorsichtiger Einstieg mit langsamer Steigerung der Häufigkeit des Modelings desensibilisiert das Kind gegen diese Vorgehensweise. Reagiert das Kind auf die Intervention der Therapeutin mit der Imitation leichterer Blockaden, sollte es unbedingt sofort nonverbal positiv verstärkt werden. Äußerungen des Kindes zur Sprechweise der Therapeutin können zum Anlass genommen werden, vorsichtig das Gespräch auf die Unflüssigkeiten des Kindes zu lenken. Schwierigkeiten beim Modeling. Zeigt das Modeling keine Wirkung auf das Sprechverhalten des Kindes und bringen andere indirekte Interventionen keine Verbesserung mit sich, kann über die Übung »Ups! « (Beschreibung in 7 Kap. 8.5.4, Abschn. »Pseudostottern«) die Therapie langsam direkter gestaltet werden. Das Kind kann am Beispiel der Therapeutin zu einem entspannteren Umgang mit den eigenen Blockierungen finden. Unterstützung durch die Eltern. Lennart Larson empfiehlt in seinen Fortbildungen, Eltern zum modellierenden Sprachverhalten anzuleiten und so die Therapie auf den häuslichen Bereich auszudehnen. Hierbei sind unbedingt die in . Übersicht 8.16 vorgestellten Aspekte zu berücksichtigen. Ist eine enge und
8
Bedeutung der Gruppentherapie und des sozialen Lernens
8.8
Nach der detaillierten Beschre reibu ib ng der Bau-steine ste ine de derr Stot Sto tertherapie mit dem m Kind K werden n nun die Chancen und d Grenzen G der Grup uppentherapie erläutertt. Da die d Grupp ppe immer der ihr ih eigenen Dynamik unterli rliegt lieg , scha hafft ff sie viele ne neue Ansatzpun t p nkte in der Behand ndlung de ndl des Stotterns. s. Für die Therapeuti utin n stellt s sie eiine n bessond o ere Herausforderung dar.
8.8.1
Gruppe als Ort der Kommunikation
Viele problematische Kommunikationssituationen können im Rahmen der Einzeltherapie nicht erschöpfend bearbeitet werden, da hier manche Konstellatio-
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Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
8.8.3
derungsniveaus vielfältige Anlässe zum sprachlichen Austausch. Sie unterstützt die Festigung und Vertie-
Gruppenfähigkeit des Kindes. Das Kind ist reif für eine Gruppe, wenn es mit der Therapeutin eine tragfähige und vertrauensvolle Beziehung und ein gewisses Maß an Selbstwertgefühl entwickelt hat und einige seiner Stärken kennt. Es sollte sich wenigstens im Ansatz abgrenzen oder sein Unbehagen zeigen können. Auch das Interesse an anderen stotternden Kindern zeigt, dass das Kind so weit ist, sich in einem größeren Kreis mit dem Stottern auseinander zu setzen.
fung von Lerninhalten und bietet wertvolle Anstöße zur Verbesserung der kommunikativen und sozialen Kompetenz (7 Kap. 8.6.1, Abschn. »Eigenreflexion«). > Beachte Soziale Fähigkeiten werden in der Gruppe in besonderem Maße gefordert und durch entsprechende gruppendynamische Settings gefördert.
Somit ist die Gruppentherapie eine interessante und produktive Phase im Rahmen der Einzeltherapie, sie kann diese aber nicht ersetzen.
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Wann ist eine Gruppe sinnvoll?
nen gar nicht oder nur eingeschränkt auftreten (z. B. Konkurrenz um Sprechanteile, Gruppendruck, Sprechen vor mehreren Zuhörern oder mit Gleichaltrigen). Da Stottern aber gerade in der Kommunikation zum Tragen kommt (7 Kap. 1.6.3), sollte der Austausch mit anderen Personen keinesfalls unberücksichtigt bleiben. Die Gruppe bietet auf unterschiedlichen Anfor-
8.8.2
Gruppe als Katalysator
Mit zunehmendem Alter wird der Einfluss Gleichaltriger größer. Andere Kinder in ähnlicher Situation schaffen Motivation und bieten neue Anreize zum Lernen. Es ist schwer, das Ausmaß der Störung einzuschätzen, wenn man das Kind nicht in seiner Interaktion mit Gleichaltrigen erlebt. Mitunter kann man zu Beginn einer Gruppentherapie große Überraschungen erleben. So zeigen sich manche in der Therapie angepasste und schüchterne Kinder bereits in den ersten Gruppenstunden als dominant und frech, friedliche Kinder werden plötzlich aggressiv und aufgeweckte Kinder zurückhaltend. Wenn sich das Verhalten dieser Kinder so stark ändern kann, ist verständlich, dass der Transfer der erlernten Inhalte in den Alltag manchmal so zögerlich stattfindet. Die Kinder sind oft einfach überfordert, Inhalte aus dem »Schonraum« Therapiezimmer ins »richtige Leben« mit seinen unterschiedlichsten Anforderungen zu übertragen. > Beachte In der Gruppe sind die Kinder gefordert, miteinander zu kommunizieren und soziale Fähigkeiten wie Durchsetzungsvermögen und Kompromissbereitschaft, Umgang mit den eigenen Stärken und Schwächen sowie denen anderer zu erlernen bzw. weiterzuentwickeln.
! Cave Um das Kind nicht zu überfordern, sollte es die sprachlichen und psychischen Anforderungen der jeweiligen Gruppe bewältigen können.
Gruppe zur Überwindung von Stagnation in der Einzeltherapie. Neben den internen Faktoren ergeben sich aus der Therapiesituation Gründe, die für die Bildung einer Gruppe sprechen: 4 Verbesserungen im Rahmen der Einzeltherapie kommen häufig bei anderen sozialen Kontakten nicht zum Tragen. 4 Die Übungs- und Spielmöglichkeiten der Einzeltherapie sind erschöpft, oder die Anforderungen innerhalb dieser Möglichkeiten lassen sich nicht mehr wesentlich steigern. 4 Zur Motivationssteigerung bei älteren Kindern mit noch erheblichem Therapiebedarf. Gruppen können nach der Einzeltherapie oder parallel zu dieser stattfinden. Ein Block von einigen Gruppenstunden im Rahmen der Einzeltherapie ist ebenso denkbar wie die Durchführung einer Intensivwoche (vgl. Katz-Bernstein u. Subellok 2002).
8.8.4
Auf die Mischung kommt es an – Hinweise zur Zusammenstellung einer Gruppe
Es gibt zahlreiche sinnvolle Forderungen für die Zusammenstellung einer Gruppe. Oft fehlt jedoch die Auswahl an passenden Kindern, aus denen man die besten Kombinationen bilden könnte. > Beachte Wer eine Gruppe plant, ist dafür verantwortlich, dass das Wohl aller Kinder gewahrt wird.
Der Spagat zwischen realen Gegebenheiten und idealen Forderungen ist mitunter nur schwer zu bewäl-
171 8.8 · Bedeutung der Gruppentherapie und des sozialen Lernens
tigen. Daher sollten im Vorfeld gewissenhaft mögliche Auswahlkriterien überprüft und bei Zweifeln mit Kollegen, einem Supervisor und ggf. mit den Eltern gesprochen werden. i Tipp Oft gibt es innerhalb der eigenen Einrichtung oder in einer benachbarten Praxis Kollegen, die ebenfalls mit stotternden Kindern arbeiten und sich in derselben Situation befinden. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, kann es sehr bereichernd sein, gemeinsam eine Gruppe zu bilden und anzuleiten.
8.8.5
Welche Auswahlkriterien gibt es?
Alter der Kinder. Grundsätzlich ist es in allen Altersgruppen möglich, eine Gruppe zu bilden. Die Mitglieder einer Gruppe sollten etwa im gleichen Entwicklungsalter sein. Gerade in der Gruppe der 4- bis 6-Jährigen, aber auch der 9- bis 12-Jährigen gibt es oft große Unterschiede innerhalb der Altersgruppe. Gruppengröße. Neben organisatorischen Kriterien (Zahl der interessierten Kinder, Größe der Räume, terminliche Einschränkungen) sollte die eigene Kompetenz das wichtigste Kriterium für die Gruppengröße darstellen. Denn je größer die Gruppe ist, desto weniger kann man auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes eingehen, und desto schwieriger ist es, die Gruppe zu lenken. Eine Gruppengröße von 2 bis maximal 4 Kindern ermöglicht erfahrungsgemäß ein überschaubares und kindgerechtes Arbeiten. Ausprägung der Symptomatik. Bei Vorschulkindern ist der Schweregrad des Stotterns weniger relevant, da in der Regel nicht am Stottern selbst, sondern an Sprechfreude, Ausdrucksfähigkeit und sozialer Kompetenz gearbeitet wird. Bei Schulkindern und Jugendlichen sollte berücksichtigt werden, dass es bei stark heterogener Symptomatik in der Gruppe leichter zu Spannungen kommen kann, die rechtzeitig aufgefangen und thematisiert werden sollten. Geschlecht. Da es wesentlich mehr stotternde Jungen als Mädchen gibt, wird es normalerweise in den Gruppen einen Jungenüberschuss geben. Im Vorschulalter wirken Mädchen oft ausgleichend auf die Gruppe, bereits im Grundschulalter kommt es nicht selten zu einer Polarisierung zwischen den Geschlechtern mit entsprechendem »Zündstoff«. Wenn möglich, sollte ein einzelnes Mädchen nicht in eine reine Jungengruppe gesteckt werden und umgekehrt. In der
8
Pubertät kann es in gemischten Gruppen sehr schwierig werden, Gespräche über Schwierigkeiten und Ängste bezüglich des Stotterns zu führen. Verhalten. Die Mitglieder einer Gruppe sollten sich im Idealfall in ihren Fähigkeiten und Defiziten ergänzen. Eine zu homogene Gruppe ermöglicht entweder wenig neue Lernimpulse, oder sie eskaliert möglicherweise (z. B. bei relativ aufgeweckten Kindern). Bei Kindern mit hohem Aggressionspotenzial empfiehlt es sich daher, die Gruppengröße kleiner zu halten und mit durchsetzungsfähigen, nicht aggressiven Kindern zu mischen. Therapiephase. Gerade bei älteren Kindern ist es wichtig, dass sich die Teilnehmer zumindest annähernd in der gleichen Therapiephase befinden, da inhaltlich intensiv am Stottern selbst gearbeitet wird. Ergänzen sich die Kinder mit ihren Stärken und Schwächen, können sie von ihren unterschiedlich ausgebildeten Fähigkeiten profitieren und sich gegenseitig im Lernprozess motivieren und unterstützen. Die . Übersicht 8.17 fasst die Kriterien zur Zusammenstellung einer Gruppe nochmals zusammen. Kompetenz der Therapeutin. Eine Gruppentherapie stellt mitunter erhebliche Anforderungen an die Fähigkeiten der Therapeutin. Eine in gruppendynamischen Prozessen unerfahrene Therapeutin sollte zunächst eigene Erfahrungen im Rahmen von Selbsterfahrungsgruppen o. Ä. sammeln, bevor sie beginnt, mit kleinen Gruppen zu arbeiten. Supervision begleitet den Prozess und trägt zur Qualitätssicherung bei.
. Übersicht 8..17 Au uswahlkrite erie en zur Zussamme enstellung g einerr Grruppe 4 Kompeten nz der Therap pe peutin 4 Alter der Te Teiln nehmer 4 Größe der Gr Grup ppe 4 Ausprägung der e Sym Sy ptomatik 4 G Ges eschlechterzusam amm mens e etzung innerhalb de er Gruppe 4 Verha halte tensauffälligkeiten einzelner Teilnehmer 4 Bisherige Th hera er pie piesch s werpunkte der Gruppenmitglieder
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
172
Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
8.8.6
Inhalte der Gruppentherapie
Je nach Alter der Kinder, Therapiephase und Zusammenstellung der Gruppe stehen unterschiedliche Schwerpunkte im Vordergrund. Steht bei Vorschulkindern prinzipiell der Erwerb psychosozialer und kommunikativer Fähigkeiten an erster Stelle, geht es bei älteren Kindern um die Anwendung von Sprechtechniken und um die Auseinandersetzung mit dem Stottern selbst. Viele der Übungen, die für die Einzeltherapie beschrieben werden, lassen sich ohne Weiteres auch in der Gruppe durchführen. . Übersicht 8.18 bietet eine allgemeine Aufstellung möglicher Therapieinhalte. Gruppenspezifische Therapieinhalte. Neben den nahe liegenden Inhalten der Stottertherapie müssen für die Behandlung innerhalb einer Gruppe weitere Aspekte berücksichtigt werden. In . Übersicht 8.19 werden gruppenrelevante Bereiche aufgelistet. Die Gruppe formen. Nachdem die Therapeutin die Kinder für die Gruppe nach oben genannten Kriterien ausgewählt hat, muss sich diese auch entwickeln können. Die Therapeutin begleitet die Kinder in diesem
Prozess. Für manche Kinder ist der Wechsel von der vertrauten Dyade »ich und die Therapeutin« in eine Gruppe sehr schwierig. Sie müssen darin unterstützt werden, sich von der Therapeutin zu lösen und mit den anderen Gruppenmitgliedern über ihre Anliegen und Bedürfnisse zu kommunizieren. Daher sollte für die Entwicklung eines Gruppengefüges genügend Raum eingeplant werden. Übungen. Viele Übungen aus 7 Kap. 8.3 »Körpersprache und rhythmisch-melodischer Ausdruck« lassen sich in der Anfangsphase der Gruppe gut einbauen. Sie sollten am Ende immer in der Gruppe gemeinsam reflektiert und ausgewertet werden. Regeln und Rituale. Wiederkehrende Strukturelemente geben der Gruppe Orientierung und regulieren den Umgang miteinander (vgl. Katz-Bernstein u. Subellok 2002). Sie können von der Gruppenleitung oder von der Gruppe selbst entwickelt werden. Wichtige Strukturelemente sind Anfangs- und Abschlussrituale (Sitzkreis, bestimmte Spiele oder bei kleineren Kindern auch Lieder). Regeln für den Umgang miteinander können gut anhand von aktuellen Ereignissen in der Gruppe gemeinsam entwickelt werden.
11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
. Übersicht 8.18 Mögliche Inhallte der Gruppentherapie e 4 Förderung dess sozialen Kontaktes und d Austausches mit Gleichaltrigen 4 Verbesseru ung sozialer Kompetenze en (7 Kap. 8.4 4 »Em motionaler Ausdruck und d kreatives Gestaalten n«) – Einglied derun ng in eine soziale Gruppe p (anpassen en vss. durchsetzen, seine »R Rolle e finden«) – Erprobung und d ggf. g Verbesserung der Konfliktfähig gkeit – Verhandeln und n Fin inden von gemeinsamen Lösungen und Erarbeiten von Kompromissen – Auseinandersetzung g mi m t den e eigenen Stärken und Schwächen n und denen d der a eren Gruppenmitgliede and derr 4 Anwen end ndung von Gesprächsregeln (T (Turn ta taking, Einh nh halt a en des Blickkontaktes, aussspre pr chen lassen) n) (7 Kap. 8.3.1)
4 Förderrung nonverbalerr Ausdrucksffähigkeit (z. B. 7 Kap. 8.3.3) 4 Arbeit an psychosoziaalen Fähigkeitten wie Umgang mi mitt A Aggr ggressionen, Erhöh öh hung der Frustrationstoleranz und Stärku un des ung Selbstwertgefühls Se 4 Verbes bes esser s ung der spra se pra rach chlichen Kompetenz chl 4 Erhöhung der Akzeptanz des Stotterns 4 Desensibilisierung gegen Sprechängste und d stotterauslösende Reize 4 Anwendung und Transfer von Sprech chtech hn en sowie der Modifikation nik n der de Spre prechweise in Ges Gesprä präche chen n unte unter alltags gsnah nahen Bedingungen n
173 8.8 · Bedeutung der Gruppentherapie und des sozialen Lernens
. Übersiccht 8.19 Sp pezifische e Inhalte der Grupp penth hera er pie 4 Einführu run ng von Re Reg geln und d Ritu i ale en 4 Spiel-Rau aum m und Strru ukt ktur für die Entwicklun ng vo Grupp von pen enprozessen n
> Beispiel Tobias (8 Jahre) wird von Michael (9 Jahre) während eines Bewegungsspiels mehrfach absichtlich angerempelt und geschubst. Tobias ist empört, da Michael noch weiter schubst, als er schon mehrmals »Lass mich!« gerufen hat. Die Therapeutin unterbricht das Spiel und bittet die Gruppe um eine Lösung des Problems. Die Kinder werden sich sehr schnell einig, dass »ein bisschen raufen« schon in Ordnung sei, jedoch nur so lange, wie es dem anderen Kind nicht zu viel wird. Sie entwickeln die Regel: »Wenn einer Stopp! ruft, muss man darauf hören!«
Kommunikationsregeln. In der Gruppe wird der praktische Nutzen von Gesprächsregeln offensichtlich. Ihr Nutzen wird mit Schulkindern situativ erarbeitet und mit der Gruppe gemeinsam formuliert. Die Grenzen zwischen reinen Kommunikationsregeln und Verhaltensweisen, die die soziale Kompetenz erhöhen, sind fließend. Mögliche Kommunikationsregeln sind: 4 Lasst einander aussprechen. Jeder soll seinen Gedanken zu Ende führen können. 4 Wenn du sprichst, dann halte möglichst viel Blickkontakt. So siehst du auch, ob dein Gesprächspartner noch »dabei« ist oder mit seinen Gedanken schon ganz woanders ist. 4 Sag es direkt, nicht um die Ecke. »Sprich nicht über andere, sondern sage, was du über jemanden sagen möchtest, diesem direkt.« (Vopel 1991, Bd. 1 S. 26) 4 Wenn dich etwas stört und du es ändern möchtest, sag es. Schmollen ändert nichts. Diese Liste ist naturgemäß unvollständig und sollte aus der tatsächlichen Gruppensituation erarbeitet und ggf. vervollständigt werden. Lösungsansätze und Kommunikation. Damit sich das Potenzial einer Gruppe entfalten kann, muss spontanen Entwicklungen genügend Raum gegeben werden. Gruppenstunden können daher nur bis zu einem gewissen Grad vorausgeplant werden.
8
Professionelle Problemlösungen. Zur Unterstützung von gruppendynamischen Prozessen werden auftretende Probleme und Konflikte in der Gruppe gelöst. Das Problem wird – mit Hilfe der Therapeutin – in der Gruppe definiert und gemeinsam bearbeitet. Diesen Prozess kann man durch eine entsprechende Auswahl an Spielen und Übungen bewusst provozieren. Entscheidungs- und Lösungsprozesse sollten von der Therapeutin ebenso gefördert und stimuliert werden wie Lösungen für auftretende Probleme. > Beachte Durch diese vielfältigen Erfahrungen mit Problemlöseverhalten erwerben die Kinder alltagsnah kommunikative und soziale Fähigkeiten.
Eine wahre Fundgrube an gruppendynamischen Spielen bieten z. B. die Bände von Vopel (1991).
Fazit uppe schafft Motivatio ion und neue ne 4 Die Gru Lernfellder, vor allem m im so ozialen und kommunika i ativen Bereicch. h ppentherapiie ergänztt die die Ei Einzelthe4 Die Grup rapie in vielen Aspekte te en sinnvoll, kann sie je jedoch nich i ht ersetzen. 4 Die Ausw wah hl der Gruppenmitglieder sollte mit Bedacht ht ge getroffen werden. rmögli gl cht neue Impulse, mehr 4 Die Gruppe ermö Realitätsnähe und d för f der dertt die Eigenverant ntwortlichkeit. Die e In I halte richten sich nach den Fähig4 D kei eiten t und Defiziten der Teilnehmer. up e erfordert e von der Therapeutin 4 Die Grupp ein erhöhtes es Ma M ß aan n Einfühlungsvermögen und Flexibilität.
1 2 3 4 5
174
Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
8.9
Therapie des Polterns Die Literatur beschäftigtt sich sich mit der Therapie e des Polterns meist nur am Rand de. e Dies mag zum großen Teil daran liegen, dass der Leid idens e druck polternder Kinder und Erwachsener deutl tlich ic geringer rin ger is istt als bei b Stotternden be den. Auch wenn in de der Praxis der Bedarf an Pol Po tertherap pien eher gering g ist, sollen an dieser Stelle wege e n derr möglichen eg Kombin Kom binati ation o von Stottern und dP Poltern sp s ezifische Therapieelem lement ente für Polter errn oder ei e ne Polterkomponente vorge ge este st llt werde en. n
6 7 8
Die Zusammenstellung der einzelnen Behandlungsschwerpunkte erfolgt wie bei der Behandlung des Stotterns nach dem Baukastenprinzip. Mögliche Therapiebausteine sind in . Übersicht 8.20 aufgelistet.
Aspekte der Poltertherapie
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
In der Konzeption der Therapie muss einigen Besonderheiten des Polterns Rechnung getragen werden. So sollte 4 ein möglicherweise eingeschränktes Störungsbewusstsein, 4 der oft »überschießende« Charakter des Polterns sowie 4 eine Kombination mit Stottern in der Planung berücksichtigt werden. Es ist zweckmäßig, bei reduziertem Störungsbewusstsein zu Beginn der Behandlung mit dem betroffenen Kind klare Vereinbarungen bezüglich des Therapieziels und des erwarteten Einsatzes zu treffen. Bereits mit 10-Jährigen sind derartige »Therapieverträge« denkbar. Sie werden gemeinsam formuliert und können schriftlich festgehalten werden. Auf diese Weise ist es möglich, bereits im Vorfeld die Bereitschaft des Kindes zur Mitarbeit zu erfassen bzw. bei mangelnder Motivation den Therapiebeginn in Absprache mit Eltern und Kind zurückzustellen. Indem das Kind an der Gestaltung des Therapieziels beteiligt ist, entsteht Mitverantwortung für das Gelingen der Therapie. i Tipp Bei der Ausarbeitung eines Therapievertrages sollte stets darauf geachtet werden, dass die getroffenen Vereinbarungen von beiden Vertragspartnern akzeptiert und der erwartete Arbeitsaufwand vom Kind bewältigt werden können. Die Ziele sollten eindeutig, konkret und positiv formuliert werden.
. Überrsiccht 8.20 Elemen nte e der Polterth herapie 4 Üb bun ngen zur Sinn npausense etzung 4 Erh höh hung der aud ditiven Au ufmerksamke eit 4 Ver erbe esserung der Eigenwahr hrnehmung ng bezüg glicch des Sprechttempos, te rich htig tiger und falscche er Artikulationsa sabläufe sowie des Kom sa mmunika i tio t nsverhaltens 4 Förderrung g der oralen Koordinat nattion ion 4 Arbeit an n Artikulation Ar und artikulatorischen Abläufen 4 Übungen zu Prosodi od e und Sprechrhythmus 4 Verbesserung prag agmati atisch sc er Fähigkeiten en wie Blickkontakt, Turn takin taki g und auf den en Em fänger bezogenes Sprechen Emp 4 Förrder d ung von Ausdrucksfähigkeit und Wortfin Wo ndun d g 4 Verbes esser s ung ng der Konzentrations- und Merkfähigkeit
Eine klare äußere Struktur wird der mitunter überschießenden Symptomatik des Polterns und den begleitenden Auffälligkeiten gegenübergestellt. Besonders bei Konzentrationsschwächen, auffälligem Kommunikationsverhalten oder deutlichen Problemen, die eigenen Gedanken zu ordnen und geeignet zu vermitteln, sind eindeutige Vorgaben und klare Grenzen sinnvoll. Katz-Bernstein (1986, S. 416) fordert: »Wenn beim Stottern eine gewährende, eine auf Erweiterung der Grenzen und auf Aus-sich-heraus-Kommen abzielende Haltung erwünscht ist, so wäre diese Haltung beim polternden Kind ungenügend oder auch unerwünscht. Denn Wagemut, Spontaneität, Explosivität sind Eigenschaften, die beim Polterer eher gedämpft und zunächst weniger ausgebildet werden müssen.«
Tritt Poltern in Kombination mit Stottern auf, wird zunächst die vorherrschende Komponente behandelt. > Beachte Bei jüngeren Kindern mit überwiegenden Stotteranteilen sollte sorgfältig abgewogen werden, ob die intensive Arbeit an der Symptomwahrnehmung wegen der Gefahr der Verschlechterung der Stotterkomponente sinnvoll ist.
175 8.9 · Therapie des Polterns
Prognose Wenngleich Poltern theoretisch über Eigenkontrolle gut steuerbar ist, steht und fällt der Therapieerfolg mit der Motivation des Kindes, seine Sprechweise dauerhaft kontrollieren und verändern zu wollen. Erschwerend wirken Einschränkungen der Aufmerksamkeit oder eine Kombination mit Stottern. Als prognostisch günstig hingegen sind 4 ein vorhandenes Störungsbewusstsein, 4 gutes Konzentrationsvermögen und 4 isoliertes Poltern zu bewerten.
Übungen zur Verbesserung der Artikulationsschärfe und Reduzierung der Artikulationsrate Durch das Bemühen um deutlichere Artikulation kommt es in der Regel zu einer Verlangsamung des Sprechtempos. Die verbesserte Artikulationsschärfe erhöht die allgemeine Verständlichkeit und trägt damit zu günstigeren Rahmenbedingungen der Kommunikation bei. Übungen zur Sinnpausensetzung, die Verbindung von Bewegung und Sprechen sowie die Verbesserung der auditiven und taktil-kinästhetischen Eigenwahrnehmung können das Sprechtempo weiterhin regulieren. Feedback der Therapeutin. Zur Reduzierung des Sprechtempos sollte ein Zeichen vereinbart werden, das dem Kind während des Sprechens gegeben wird. Die Nichtbeachtung des Zeichens sollte Konsequenzen für das Kind haben (z. B. Entzug eines Token; »Auszeit«: Das Kind muss 5 Sekunden warten, bevor es weitersprechen darf; der folgende Satz muss in Zeitlupe gesprochen werden). St. Louis und Myers (1998, S. 2) schlagen bei jüngeren Kindern die Analogie des erhöhten Tempos im Straßenverkehr vor. Die Therapeutin quittiert Überschreitungen des Tempolimits mit der Verteilung von »Strafzetteln«. Entsprechend sollte die Einhaltung des »Tempolimits« positiv verstärkt werden (Zuwendung, Lob, Token, Wahl eines Spiels nach der Übungsphase etc.). Übungen zur Sinnpausensetzung. Über Übungen zur syntaktischen Strukturierung gelingt es, das Sprechtempo zu senken und Sprechpausen einzufügen und außerdem mehr Zeit zur motorischen und gedanklichen Planung der Äußerung zu gewinnen (vgl. Sick 2000, S. 16). Der Jugendliche erhält zunächst die Aufgabe, einen kurzen Text laut vorzulesen. Mit Hilfe einer dabei angefertigten Audioaufnahme werden im Anschluss hörbare Sinnpausen im Text markiert und weitere zweckmäßige Pausen gemeinsam
8
erarbeitet und gekennzeichnet. Unter Einhaltung der vorgegebenen Pausen wird der Text abschließend laut vorgelesen und aufgenommen. Die beiden Aufnahmen können verglichen und unterschiedliche Effekte diskutiert werden. Diese Aufgabe kann auf den verschiedenen Sprechleistungsstufen durchgeführt werden. Einsatz von Bewegung als strukturierendes Element. Die Verbindung von Gestik k und motorischen Elementen mit der Sprache kann das Bewusstsein für den Sprechrhythmus erhöhen. Denkbar sind z. B. Metronomsprechen, Fingertippen, leichtes Armschwenken während des Sprechens oder der Einsatz von Atemschriftzeichen. Verkürzung der Äußerungslänge. Anhand eines Spontansprachprotokolls ermitteln Therapeutin und Kind die mittlere Äußerungslänge und die vorherrschenden Satzmuster (z. B. Hauptsatz mit mehreren untergeordneten Nebensätzen, Satzabbrüche). Anschließend werden die Äußerungen gemeinsam zu einfachen Sätzen gekürzt. Die spontane Bildung kurzer Sätze wird dann anhand von Nacherzählungen geübt. Dabei ist es notwendig, vor der Durchführung der Übung Kriterien für kurze und lange Sätze, evtl. anhand des angefertigten Spontansprachprotokolls, festzulegen. Zunächst beurteilt das Kind Sätze der Therapeutin hinsichtlich ihrer Länge. Ist es in der Lage, die Äußerungen zuzuordnen, findet ein Rollentausch statt. Schließlich versucht das Kind in der Unterhaltung über ein vorgegebenes Thema kurze Sätze zu bilden. Die Verstärkung mit Token sowie ihr Entzug bei einem Abweichen von der Aufgabenstellung ist je nach Alter, Leistungsstand und Frustrationstoleranz denkbar. Förderung der oralen Koordination. Bei Elisionen oder Substitutionen von Lauten und Silben aufgrund eines erhöhten Sprechtempos sowie bei undeutlicher Artikulation kann durch mundmotorische Übungen, durch Training der taktil-kinästhetischen Wahrnehmung (7 Kap. 8.3.4, Übung »Spürendes Sprechen«) oder über das Sprechen sog. »Zungenbrecher« eine Verbesserung der oralen Kontrolle und Koordination erreicht werden. Weitere Übungen zur Reduzierung des Sprechtempos sind in 7 Kap. 8.3.4 beschrieben. Behandlung begleitender Auffälligkeiten. Um einer negativen Beeinflussung des Redeflusses durch mögliche Begleitstörungen entgegenzuwirken (7 Kap. 1.3.4), sollten bei Bedarf Übungen zur Förde-
176
1
Kapitel 8 · Therapiebausteine mit dem Kind und ihre konkrete praktische Umsetzung
rung sprachlicher Fähigkeiten, der Wortfindung oder der auditiven Aufmerksamkeit und Differenzierungsfähigkeit durchgeführt werden.
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Fazit pie des Poltterns ode der einer Polter4 Die Therrap kompon nen nte erfolgt nach de em Bauste teinprinzip. e Kinder benötig tigen einen klaren tig n äu4 Polternde ßeren Rah hm me en, eindeutige e Übu Übungs ngsstr ngs strukstr turen und de deutl tliches Feedback durch die T rapeutin. The 4 Die ie Aufnahme derr Ther Th api apie e sollte von de derr Motiva Mo iv tion des Kindes ab abhän hängig gig gem gemac acht werde den. ehaandl nd ung von Mischbildern muss 4 Bei der Be beiden Aspek ekten te Re Rechn ch ung getragen werden.
9 Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training 9.1
Die Bausteine im Überblick
– 179
9.2
Information zum Stottern und zu beeinflussenden Faktoren – 180
9.2.1
Ausseinandersetzung mit Diagno ose und Prognose
9.2.2
Di Frage nach den Ursac Die achen n – 180
9.2.3
Aufzeigen einer Perspe pektivve
9.3
Hilfestellung zur Akzeptanz und zum Umgang mit dem Stottern – 182
9.3.1 1
Stottertagebucch
9.3 3.2
Metaphern un nd Analogien – 183
9..3.3
Gelassener Umg gang mit dem Stottern n
9.3.4
Sprechen überr das Stottern
9.4
Allgemeine Förderung des flüssigen Sprechens – 185
9.5
Reduktion von sozialem Stress
9.5.1
Emottionaale Verunsicherung
9.5.2
Zeitlliche er Stress
9.5.3
Um msetzzung im Alltag
9.6
Mobilisierung der Väter
9.6.1
Be eson ndere Rolle der Väte er
9.6.2
Was machen Väter ande ers??
9.6.3
Chan ncen durch Einbeziiehe en der Väter
9.7
Sprachliches Kommunikationsverhalten
– 180
– 181
– 182 – 184
– 184
– 185
– 186
– 189 – 189
– 190 – 190 – 190 – 19 91
– 191
9.8
Erarbeitung der Bausteine in Elterngruppentrainings – 194
9.8.1
Vorteiile
9.8.2
Meth thoden
9.8.3
Auswertung von Videoaufnahmen Au
9.9
Zusammenarbeit mit Erzieherinnen und Lehrerinnen
9.9.1
Informatio io onsabend für Erzieherinne en und d Lehrerinnen
– 194 – 195 – 195
– 196
– 196
179 9.1 · Die Bausteine im Überblick
9
. Abb. 9.1. Therapiebausteine für die Arbeit mit den Eltern. Mit unterschiedlichen Schwerpunkten beinhalten die Bausteine beratende Elemente und Informationsaustausch oder haben eher Trainingscharakter
9.1
Die Bausteine im Überblick In der Arbeit mit den Be Bezug zugspersonen lassen sich i ic formal 3 Ebenen unterscheiden: n: Be B ratung – Information – Training. Beratende Element nte e kommen zum Tragen, wen enn n es e beispielsweise um die Entlastung g von Schuldgefühl ühlen e , die Akzeptanz de des Stotterns und die Ein Einstellung geg gegenüber dem Kind geht. Konkrete Inform rm mation zum um Stottern und den den beei bee nflussenden Fakt ktore kt o n ergä gänzt die Beratung. Die e drit dritte te Ebene der Arrbei b t mitt den d Eltern bildet ein pragm maatiisch sc es Training ng zum
praktischen Umg Umgang ang mit dem Stottern, zur allg llge lgemeinen Entspannung der Allt lltags ag kommunikation und Förderung des flüssigen Sprech chens e . In der Praxis greifen die 3 formalen Eb Ebenen Beratung, Informat mation ion und Training in der Re-gel ineinander. Mögliche Sc Schwe h rpunktthemen und ihre inhaltliliche he Aus Au gestaltun ng werden in den 8 Bausteinen beschrieben. n Abg A erunde Ab det wird das Kap pitel durch einige Ideen, wie e die d Bauste teine im Rahmen vo Rah von n Elte E terng rngruppentrainings gs und in n der Zusammenarbeit mit Erzie z herinnen un nd Lehre rerinnen umgesetzt werden n kö können.
180
1
Kapitel 9 · Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training
> Beachte Genauso wie in der Arbeit mit dem Kind gilt hier: Ziele und Hierarchien sollten gemeinsam festgelegt werden. Es hat keinen Zweck, sich über die Prioritäten der Bezugspersonen und damit auch über ihren Auff trag hinwegzusetzen.
2 3
i Tipp Gerade dann, wenn die Einschätzung oder die Wünsche der Eltern denen der Therapeutin widersprechen, sollten diese Unterschiede angesprochen werden. Ein offener Dialog ist die Basis für das konstruktive Erarbeiten eines gemeinsam getragenen Therapieauftrags und »-fahrplans«. Wird das Vorgehen gemeinsam vereinbart, bietet dies die beste Voraussetzung für eine motivierte und zuverlässige Kooperation.
4 5 6 7 8 9 10 11
. Abb. 9.1 gibt einen Überblick über die einzelnen
Bausteine. Die Schwerpunkte unterscheiden sich individuell voneinander und variieren je nach Auswahl der Bausteine in der Therapie mit dem Kind (7 Kap. 8). Auch der Grad, mit dem die Bezugspersonen in die Therapie mit einbezogen werden, wird sich von Fall zu Fall, z. B. in Abhängigkeit vom Alter des Kindes, unterscheiden. Die Wabenform veranschaulicht, dass die Bausteine in beliebiger Reihenfolge und Kombination zusammengestellt werden können.
12 Fazit de en Bezug gsperso sonen n umfaasst 4 Die Arbeit mit d die 3 Ebenen Be eratu a ng, In nfor f mation un nd Trainiing ng. nze elnen Baustei te eine n sollten von Thera4 Die ein peutin un und d Eltern gemein einsam sam au a sge sgewäh wäh hlt u fortlauf und ufen end aktualisiert werd den.
13 14 15 16 17 18 19 20 21
9.2
Information zum Stottern und zu beeinflussenden Faktoren Sinnvoll ist in den meisten Fälle llen die Vermittlu tlung tlu einige ein igerr basa basaler le Kriterien zur Unterssche ch idung von n Entwicklungsunflüsssigk igkeiten und Stotttern e . Die Bezugspersonen en n des d Kinde de es interessiert ne neben der Prognose vor allem m die d Frage ge nach den Ur Ursachen des che d s Stot Stotter t ns. Es ist Aufg uf abe de d r Therapeu utin, diese Informa matio tionen n mit ein ine ner kon onkreten Per-spektive für das weiter ere e Vo V rgehen en n zu ve erknüpfen.
9.2.1
Auseinandersetzung mit Diagnose und Prognose
Die Prognose hängt von vielen individuellen Faktoren ab (7 Kap. 7.3). Die Therapeutin macht sich auf der Grundlage des Befundes und im Verlauf der ersten Therapiestunden hierzu ein genaueres Bild und äußert sich danach zur individuellen Prognose. Es bietet sich an, den individuellen Befund mit der Prognose anhand der allgemeinen Unterscheidung von physiologischen Unflüssigkeiten und Stottern einzuordnen. Es ist nicht hilfreich, den Eltern gegenüber den teilweise fließenden Übergang zu sehr zu betonen. Vielmehr sollten die Kriterien so ausgewählt werden, dass für die Bezugspersonen mehr Klarheit entsteht. Es genügen also die herausstechendsten Unterscheidungskriterien (7 Kap. 1.4.2, Übersichten 1.4, 1.5 und . Tabelle 1.1 »Gegenüberstellung von altersgemäßen Unflüssigkeiten und beginnendem Stottern«, die auch im Internet ( Ê Downloadbereich) bereit gestellt ist). Zur Prognose gehört schließlich noch, dass die Eltern über die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit einer Spontanremission aufgeklärt werden (7 Kap. 1.2).
9.2.2
Die Frage nach den Ursachen
Die meisten Eltern haben sich bereits viele Gedanken dazu gemacht, woher das Stottern kommen könnte. In der Regel fragen sie schon beim ersten Kontakt nach den Ursachen des Stotterns. Häufig äußern sie konkrete Vermutungen, wie z. B. > Beispiel »Tommi ist gegen den Gartenzaun geradelt, danach fing er an zu stottern.« »Als er drei war, stürzte Jakob einmal die Treppe hinunter. An dem Tag fing er auch an zu stottern.« »Mein Mann sagt ja immer, das habe alles damit angefangen, dass ich wieder arbeitete und Lisa in den Kindergarten kam. Dort gibt es ein anderes Kind in der Gruppe, das stottert. Sehr bald fing Lisa auch an zu stottern.« »Luis stottert vor allem, wenn er etwas nicht kriegt, was er möchte. Wir glauben, er macht das dann absichtlich, um Aufmerksamkeit oder seinen Willen zu bekommen.«
181 9.2 · Information zum Stottern und zu beeinflussenden Faktoren
9
Was steht hinter diesen Vermutungen und der Frage nach den Ursachen?
Die Frage nach anderen, besonders erfolgreichen Therapieformen
In dem Bedürfnis, eine Erklärung zu finden, haben die Eltern nach konkreten Anhaltspunkten gesucht. Alle oben genannten Bemerkungen sind Ausdruck der Hilff losigkeit und Ängste der Eltern, die durch das Stottern ihres Kindes ausgelöst werden. Die Eltern fühlen sich ihrem Kind gegenüber und im Umgang mit dem Stottern unsicher. Ihre Frage nach den Ursachen entspringt bestehenden Schuldgefühlen bzw. dem Erklärungsnotstand gegenüber ihrer Umwelt, die sofort psychische Zusammenhänge vermutet und damit die Eltern indirekt unter Druck setzt.
Die Frage oder Suche nach der geeigneten (Wunder-) Therapieform weisen auf Angst, etwas Entscheidendes für das Kind zu versäumen, oder auf Abwehr hin. In diesem Falle ist es besonders wichtig, die Motivation und Kooperationsbereitschaft für die Therapie frühzeitig abzuklären (7 Kap. 6.8). Eine mögliche Reaktion auf die Frage nach anderen, vermeintlich besseren Therapieformen könnte beispielsweise sein:
Umgang mit den Erklärungsversuchen Bevor sich die Therapeutin mit neuen, auf das Kind angepassten Theorien äußert, geht es darum, die Erklärungsversuche der Eltern zu würdigen. Dabei erfordert der Umgang mit allen genannten Bewältigungsversuchen der Bezugspersonen besonderes Einfühlungsvermögen (7 Kap. 7.4.3, Abschn. »Konkurrenzverhalten« und »Transparenz«). Ein reines Entkräften der Argumente oder Annahmen hat wenig Zweck und baut nur Widerstände auf. > Beachte Es kann nicht Aufgabe der Therapeutin sein, den Eltern zu »beweisen«, dass ihre Annahmen unbegründet sind. Vielmehr ist es hilfreich, genau hinzuhören und die Ängste und Motivation hinter den geäußerten Vermutungen zu verstehen, um dann adäquat darauf einzugehen.
Wie kann die Therapeutin mit den Schuldgefühlen umgehen? Die Therapeutin muss nicht versuchen, die Eltern umzustimmen. Sie sollte jedoch klarstellen, dass es nicht darum geht, Schuldige zu bestimmen. Ziel ist vielmehr, die Faktoren zu optimieren, die für das stotternde Kind jetzt geeignetere Umstände schaffen. Ausgehend von der aktuellen Situation wird die Blickrichtung der Eltern dementsprechend auf die veränderbaren Einflussfaktoren gelenkt (7 Kap. 4.2 »Anamnesefragebogen«). In diesem Zusammenhang muss noch einmal betont werden: Auch wenn die Eltern möglicherweise durch ihr Verhalten etwas zur Aufrechterhaltung des Stotterns beigetragen haben sollten, haben sie das Stottern ihres Kindes nicht verursacht.
> Beispiel »Möglicherweise hören oder sehen Sie im Laufe der Therapie Berichte über scheinbar oder tatsächlich besonders erfolgreiche Therapien. Wir können jederzeit über andere Therapieformen sprechen, damit ich Ihnen die Unterschiede und Ähnlichkeiten darstellen kann und Sie aufgrund dieser Informationen sich ein objektiveres, eigenes Bild machen können. Wir können gemeinsam diskutieren, inwieweit wir hier andere Therapieelemente mit einfließen lassen können (und wollen!).«
9.2.3
Aufzeigen einer Perspektive
Die Hilflosigkeit und Schuldgefühle der Eltern nehmen schrittweise in dem Maße ab, wie diese mehr über Stottern und die Zusammenhänge erfahren und verstehen lernen. Es bietet sich an, mit dem Anforderungs- und Kapazitäten-Modell (7 Kap. 2.2.2, Kopiervorlage in Kap. 12.8 sowie »Das Anforderungs- und KapazitätenModell nach Starkweather« zur individuellen Anpassung im Ê Internet) zu arbeiten. Diese veranschaulichen sehr plastisch, wie Fähigkeiten und Schwächen des Kindes mit internen und externen Anforderungen interagieren. Das Zusammentreffen einer kritischen Konstellation kann zum Auftreten von Stottern führen. Beide Modelle eignen sich zudem hervorragend zur Entlastung der Eltern von Schuldgefühlen: Es wird deutlich, wie komplex die Zusammenhänge sind, und dass es nicht den einen verursachenden Faktor gibt, der für das Stottern verantwortlich gemacht werden kann. Zur Veranschaulichung des individuellen Bedingungsgefüges steht eine Kopiervorlage in Kap. 12.7 sowie im Ê Downloadbereich aus dem Internet zur Verfügung, in die die Eltern die von ihnen für ihr Kind vermuteten Faktoren selbst eintragen können. Stottern wird so als Entwicklungskrise vermittelt, die eine vermehrte Aufmerksamkeit für das Kind erfordert.
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Kapitel 9 · Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training
In diesem Sinne werden die Modelle durch das Aufzeigen konkreter Aktivitäten und Veränderungen ergänzt, welche die Eltern im Alltag umsetzen können, um ihr Kind und das flüssige Sprechen zu fördern (7 Kap. 9.4 bis 9.7). Das Übernehmen von Aufgaben hilft den Eltern, sich aus der Hilflosigkeit und der häufig empfundenen Lähmung zu befreien. Zur begleitenden Lektüre eignet sich beispielsweise das Buch von Heap (2000), das die wesentlichen Zusammenhänge in klarer Sprache leicht verständlich zusammenfasst.
Fazit
6
u Stotterssympto omen un nd den n 4 Baasiswissen zu Mo odellen zu um komplexxen xe Ursa sache chen ngefüg ge ent ntlastet die e Be Bezugspersson o n und gib one bt ihne en mehr Siche herrhei h t im Umgang ng mi mit dem Sto otte tern. s n über Thera erapie p inh pie i alte sowie e ko kon4 Das Wisse krete Tra Transf ns er- und Beobach achtun tungsa gsaufg ufgaaben für die Elte tern n bef b riedigen das Bedürfnis der Eltern, etwass für fü ihr Kind zu tun.
7 8 9 10 11 12 13 14 15
Hilfestellung zur Akzeptanz und zum Umgang mit dem Stottern
9.3
Konkrete Hilfestellungen zu ur Förderung F der Ak Akzeptanz bieten das Stottertagebuch uch und die Veranschaulichu ch ng der de Vorgänge beim Sto Stottern mit Hilfe fe von Metaphern. Auch das offene Spre echen über das Stottern in der d Theraapie p kann zu ein ner e konstruktiven Gelassenhe heit he i gegen it enüber dem The ema beitra beitragen gen. Nicht N zuletzt bi biete e t die e Therapeutin den Eltern ein nM Model d l für den n off o ene en, n entspannten Umgang miit dem e Stottern r rn.
16 17
9.3.1
18
Die Eltern werden mit bestimmten Beobachtungsauff gaben in alltäglichen Situationen betraut und sollen ihre Beobachtungen und Einschätzungen notieren. Die Beobachtungsaufgaben beziehen sich auf Alltagssituationen, in denen das Kind gestottert oder besonders flüssig gesprochen hat. Das Führen des Stottertagebuches verlangt von den Eltern, sich täglich mit dem Stottern ihres Kindes auseinander zu setzen. Dies hat mehrere günstige Auswirkungen:
19 20 21
Stottertagebuch
4 Die Eltern widmen ihrem Kind mehr Aufmerksamkeit. 4 Sie lernen das Stottern ihres Kindes näher und differenzierter kennen. 4 Sie beobachten gezielt, wann das Kind flüssiger bzw. unflüssiger spricht. Dadurch werden ihnen flüssige Phasen wieder mehr bewusst, und die Einschätzung des Stotterns (Häufigkeit, Art und Schweregrad der Symptomatik) wird realistischer. Zugleich lernen sie zu erkennen, welche Situationen es ihrem Kind erleichtern, flüssig zu sprechen. Diese Faktoren können vermehrt hergestellt werden (7 Kap. 9.5). 4 Die Bezugspersonen erleben, dass sie etwas Konkretes zur Therapie beitragen können: Hinsichtlich des Sprechverhaltens ihres Kindes im Alltag sind sie die Experten. Es tut den Eltern gut zu merken, dass die Therapeutin in diesem Punkt auf ihre Beobachtungen und Einschätzungen angewiesen ist. . Tabelle 9.1 zeigt ein konkretes Beispiel für die
Gestaltung des Stottertagebuches (nach Gregory 1999, S. 40).
. Tabelle 9.1. Stottertagebuch Beobachtungspunkte
Notizen
Situation
Mutter und Vater unterhalten sich.
Was hat das Kind getan?
Es unterbricht, möchte die Aufmerksamkeit des Vaters.
Sprechen
Silbenwiederholungen und Lautwiederholungen mit Anspannung.
Störungsbewusstsein des Kindes
Aufgeregt, aber sich der Sprechprobleme nicht bewusst.
Grund für Unflüssigkeit
Das Kind möchte sofortige Aufmerksamkeit, kann nicht warten.
Wie haben die Eltern reagiert?
Vater sagt: »Ich höre dir zu, sobald wir fertig sind mit dem Reden.« Und hat das getan.
Reaktion des Kindes
Das Kind zögert und akzeptiert den Aufschub, erzählt später.
183 9.3 · Hilfestellung zur Akzeptanz und zum Umgang mit dem Stottern
9.3.2
Metaphern und Analogien
Metaphern helfen, Informationen anschaulicher und alltagsnah zu vermitteln. Verwendete Bilder, Redewendungen und Analogien sollten nach Möglichkeit immer aus der Erfahrungswelt der Eltern verwendet werden. Daher ist es für Beratungssettings sehr hilfreich, nicht nur den Beruf der Eltern zu kennen, sondern auch über ihre Interessen und Vorlieben Bescheid zu wissen. Es gibt eine Reihe von Metaphern, die es Eltern erleichtern können zu verstehen, was sich beim Stottern abspielt (vgl. das Stolpern des Tausendfüßlers in . Abb. 2.5), wie sich das für das Kind anfühlt und was in der Therapie vom Kind erlernt werden soll. Conture (2000, S. 189 ff.) beschreibt zahlreiche Metaphern und Analogien, die hier auszugsweise und in verkürzter Form wiedergegeben werden: Die »Aus den Augen, aus dem Sinn«-Analogie. Ähnlich wie der Herzschlag funktioniert der Sprechablauf unbewusst. Die meisten Menschen beschäftigen sich weder mit der Struktur und Funktion des Herzens noch des Sprechtraktes. Das stotternde Kind muss aber im Verlauf der Therapie ein ansatzweises Verstehen von Struktur und Funktionsweise des Vokaltraktes erwerben, um diese hin zu einem effektiveren Sprechen verändern zu lernen. Die »Ins Schwimmbecken Springen«-Analogie. An einem heißen Tag springt der Schwimmer ins Schwimmbecken. Er hat vielleicht vergessen, dass das Wasser noch sehr kalt ist, und ist beim Sprung ins kalte Wasser überrascht oder sogar geschockt. Er keucht, atmet ein, und seine Muskeln spannen sich an, ähnlich wie das für einen Stotternden ist, wenn er einen Laut etc. aussprechen will und merkt, dass er diesen nicht herausbringt. Die »Heiße Herdplatte Anfassen«-Analogie. Ähnlich wie bei »Ins Schwimmbecken Springen« körperliche Reaktion auf unerwartete Umstände: Ein Mensch berührt die Herdplatte und fühlt unvorhergesehen eine heiße Platte. Er reagiert, indem er seine Hand zurückzieht, und vielleicht keucht er, atmet plötzlich ein, und spannt die Muskeln in Hand, Arm und dem übrigen Körper an. Ähnlich kann jemand, der unerwartet einen Laut, eine Silbe etc. nicht herausbekommt, mit dem Zurückziehen der Zunge, des Kiefers, Kopfes, Halses oder der Schultern und gleichzeitigem Keuchen oder Einatmen reagieren. Die »Gartenschlauch«-Analogie. Die Teile eines Gartenschlauches lassen sich mit dem Vokaltrakt ver-
9
gleichen: Der Hahn entspricht dem Kehlkopf, der Schlauch der Luftröhre, und die Düse entspricht den Lippen. Diese Analogie eignet sich nicht nur für Eltern, sie hilft z. B. auch kleinen Kindern, die Funktion jedes Teils des Sprechtraktes zu begreifen, und unterstützt sie so, das Sprechen zu kontrollieren. Die verschiedenen Orte für Blockaden können hiermit leicht lokalisiert werden: »Wasser fließt«, »Enge oder Knick im Schlauch behindert das Fließen«, »Düse blockiert das Strömen« oder »Hahn verhindert das Strömen«. Die »Baumstammstau«-Analogie. Genau wie man die von Baumstämmen auf einem Fluss verursachte Blockade vielleicht sprengen würde, könnte ein Stotternder mit körperlicher Anspannung (z. B. Anspannung der Faust oder der Lippen) versuchen, den »stecken gebliebenen« Laut herauszupressen. Was wirklich »stecken bleibt«, ist natürlich nicht der Laut, sondern die artikulatorische Haltung. Die »Aufgeblasener Ballon«-Analogie. Diese Analogie eignet sich für Eltern und Kinder. Man kann bei einem echten aufgeblasenen Ballon mit den Fingern fühlen, was passiert, wenn die Öffnung fest zugehalten wird und die Luft nicht gleichmäßig entweichen kann: Die Spannung im Ballon verändert sich. Wenn man den Ballon zusammendrückt, kann man fühlen, wie die Luft Druck an die Seiten und nach hinten ausübt, ähnlich dem Druck, den manche Stotternde während des Stotterns in ihrem Hals oder ihrer Brust fühlen. Die »Seerosen-Frosch«-Analogie. Hiermit kann besonders gut der Unterschied zwischen fließendem Sprechen und Hängenbleiben beschrieben werden. Eher noch als für die Eltern selber ist das Bild ein Beispiel dafür, wie die Eltern mit dem stotternden Kind oder den Geschwisterkindern über das Stottern sprechen können: Flüssiges Sprechen=der Frosch hüpft von einem Seerosenblatt zum nächsten, Iterationen=der Frosch hüpft, hängt aber auf einem Blatt fest und wippt hoch und runter, bis er weiterhüpfen kann, Blockaden=der Frosch hüpft und bleibt an einem Blatt hängen, geht fast damit unter und kommt nicht weiter. Die »Sich öffnende Faust«-Analogie. Diese Metapher wird auch von Dell (1996, S. 71 f.) und in 7 Kap. 8.7.1, Abschn. »Der Pull-out – Die Befreiung aus der Klemme« beschrieben. Die sich öffnende Faust ist ein Bild für das Aufgeben der Spannung und die Befreiung aus der Blockade.
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Kapitel 9 · Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training
9.3.3
Gelassener Umgang mit dem Stottern
Für das stotternde Kind ist es wesentlich, dass sein Stottern nicht negativ kommentiert wird. Das heißt auch, dass die Eltern mehr auf das achten, was das Kind sagt, als darauf, wie ihm das Sprechen gelingt.
Körpersprachliche Signale Das ist leichter gesagt als getan. Natürlich werden die Bezugspersonen registrieren, wie das Kind etwas sagt. Wenn das Kind hängen bleibt, werden sie vielleicht innerlich aufgeregt, ungeduldig und nervös oder gereizt, oder das Kind wird ihnen leidtun. Eine Fülle verschiedener Gefühle kann hochkommen, und es lässt sich gar nicht vermeiden, dass die Eltern diese verbal oder nonverbal ausdrücken. Reaktionen wie Stirnrunzeln, Augen aufreißen, Wegsehen, Anspannung etc. werden mit Sicherheit vom Kind registriert, was wiederum neue Schuldgefühle bei den Eltern auslöst. > Beachte Wichtigste Basis für das Thematisieren der emotionalen, nonverbalen und verbalen Reaktionen auf das Stottern ist: Es geht nicht um die Bewertung dessen, wie die Eltern sich verhalten.
Vielmehr ist es Ziel der gemeinsamen Arbeit, für dieses Kind in seiner besonderen Situation günstigere Alternativen zu entwickeln. Ansatzpunkt ist zunächst, den Status zu ermitteln: Was tun die Bezugspersonen konkret, wenn das Kind stottert? Welche nonverbalen und verbalen Signale senden sie? Sind diese stimmig, oder widersprechen sie sich? Wie fühlen sich die Eltern dabei? Wie – vermuten sie – wirken diese Signale auf das Kind? In jedem Fall wird der Status nicht dem optimalen Verhalten entsprechen, welches flüssiges Sprechen fördert. Natürlich nicht! Schließlich kämpfen die Eltern mit ihren eigenen Sorgen, Ängsten und Schuldgefühlen. Eine Bewertung des elterlichen Verhaltens ist unangebracht und führt nur dazu, dass die Eltern nicht ehrlich Auskunft geben.
Systemischer Aspekt Es ist wesentlich, dass die Bezugspersonen sich aufgehoben und akzeptiert fühlen. Auf dieser von Akzeptanz geprägten Grundlage können die Eltern beginnen, sich mit ihrem Verhalten kritisch auseinander zu setzen und Verhaltensalternativen zu erarbeiten. Diese können die Bezugspersonen dann selber entwickeln. Die Therapeutin kann sie dabei mit Hintergrundinfor-
mationen zu förderndem Verhalten und eher ungüns-
tigen Reaktionsmustern unterstützen. Bis die Bezugspersonen ein unbefangeneres Verhältnis zum Stottern entwickeln, kann im Einzelfall viel Zeit (manchmal Jahre!) vergehen. Das Tempo dieses Prozesses kann von der Therapeutin nur bedingt beeinflusst werden. Dennoch ist der Auseinandersetzungsprozess hin zur annähernden Akzeptanz des Stotterns erforderlich, um einen tragfähigen und dauerhaften Therapieerfolg mit dem Kind zu erzielen. > Beachte Je gelassener und akzeptierender die Therapeutin mit dem Verhalten der Eltern umgeht, desto leichter wird es diesen selbst fallen, eine gewisse Gelassenheit gegenüber dem Stottern zu erreichen.
9.3.4
Sprechen über das Stottern
Voraussetzung dafür, dass die Eltern in natürlicher und unbefangener Weise mit dem Kind über das Stottern reden, ist, dass sie das Stottern ihres Kindes kennen und akzeptieren lernen. Parallel zur oben beschriebenen Arbeit an der Akzeptanz des Stotterns ist es sinnvoll, gemeinsam mit den Bezugspersonen zu überlegen, wie sie mit dem Kind am geeignetsten über das Stottern sprechen können. Über die Art, wie mit dem Kind über das Stottern gesprochen werden kann, wurde bereits einiges gesagt (7 Kap. 4.3.1, 7 Kap. 5.2.2, 7 Kap. 7.5.2 und 7 Kap. 8.5.7, Abschn. »Gespräche über das Stottern«). Auch hier kann das Stottertagebuch (7 Kap. 9.3.1) unterstützend wirken: Indem die Eltern das Stottern im Alltag genauer beobachten und Zusammenhänge erkennen, überwinden sie langsam ihre Hilflosigkeit und die eigene Scheu vor dem Thema. Die Einstellung und das Modell der Therapeutin zum offenen Umgang mit dem Stottern spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Günstig ist es, wenn die Eltern z. B. direkt hören und beobachten können, wie die Therapeutin mit dem Kind über das Stottern spricht. Fazit 4 Daas Stottertag gebuch un nd Me etaphern n bzw w. An nalog l ien kön nnen den Bezugsper personen die Akz kze eptanz dess Stotterns erle rl ichtern.. 4 Der Therapieerfol olg g wird maßgeblich davon beein e flusst, ob be ess de d n Bezugspersonen n schrittw weise is gelingt, zuneh nehmen hmend d gel gela asssen ener mit dem Sttot otter t n umzugehen und unbefang über dass TThe gen ge hema m zu sprechen.
185 9.5 · Reduktion von sozialem Stress
. Abb. 9.2. »Faktoren für flüssiges Sprechen« von Roswitha Gschwandtner, iPerform, Neunkirchen
9.4
Allgemeine Förderung des flüssigen Sprechens Die bisher genannten Bau auste st ine betonen die Ak A zeptanz des Stotterns und die Entl ntlastung der Eltern von eigenen Schuldgefühlen und d tendieren t naturgemäß mehr h in de d n Bereich Beratung ng bzw. Inform Inf ormati orm ation ati on. Es folgen nun Bau B steine, die den n Bezugspersonen konkr krete ete Einflussm smöglichkeiten und Handlungsalternativen n aufzeigen. e Als Einsti tieg eg daz dazu u eign eign g en sich die »Fakto ktoren fü kto ür flüssiges Sprechen«, da sie vie viele le Ansatzpun nkte k zur Fördekt rung im Alltag bieten.
Einen Überblick über die Faktoren, die flüssiges Sprechen unterstützen, bietet die Grafik von Gschwandtner (. Abb. 9.2). Sie eignet sich wegen ihrer Anschaulichkeit gut für die Arbeit mit Bezugspersonen. Zudem zeigt sie auf, dass ganz unterschiedliche Bereiche von außen wie beim Kind auf den Redefluss einwirken. Die Eltern werden motiviert, wenn sie sehen, dass sie das Kind bereits in vielen Bereichen optimal fördern und dass sie die Therapie wirksam und teilweise spielerisch unterstützen können, ohne dafür direkt am Sprechen zu arbeiten.
Fazit 4 Flü üsssiges Spre ech hen kann n auf vie v len versch hieden nen Ebenen n unterstüttzt z werden. 4 Die Fö örderung im m Bereich Sp prac ra he e und Sprechen n im m engeren SSiinne ist eingebettet in die Förderru ung ng der sozial alen, en n em e otionalen un und d motorisch ch hen Kompetenz und de derr Wah Wahrnehm gsentw mun wick cklung des Kindes.
9.5
Reduktion von sozialem Stress Soziale Anforderungen en kö können im Sinne des An Anforderungs- und Kapazitäten-Mo Model d ls zur Überforderung des Kindes beitragen, wenn nn das Kind ihnen ihn en noc noch h nich nicht gewachsen ist. Es wird auf u verschiedene beeinflussba bare re Stressoren im Alltag g eingegangen, ein en deren dere r Reduktio on das flüssige Spre echen fördern kann. Analo alog alo g zu 7 Kap Kap. 2 werden emotionaler, zeitlicher un nd komm muni u kativer tiv er Str Stress ess un u ter tersch sc ieden. Auf Letz et teren und u die speziell sprachli hliche chen Parameter bez b iehtt sich 7 Kap. 9.7.
9
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Kapitel 9 · Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training
Es handelt sich um Stressoren, die sich auf jede Kommunikation erschwerend auswirken. In diesem Sinne sind sie primär nicht mit dem Stottern verknüpft und werden von vielen Kindern kompensiert. Sie können jedoch sehr wohl, wenn sie für das Kind eine andauernde Überforderung darstellen, dazu führen, dass die Unflüssigkeiten der Rede deutlich zunehmen (7 Kap. 2.3.5). Ziel dieses Bausteins ist es, den Bezugspersonen konkrete Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie durch Verhaltensänderungen im Alltag den sozialen Stress für ihr Kind reduzieren können. i Tipp Besonders eignet sich der Einsatz von Videoaufnahmen zur Eltern-Kind-Interaktion, um die Eltern für ihre Verhaltensweisen und deren Wirkung auf das Sprechen des Kindes zu sensibilisieren. Dabei sind die therapeutische Grundhaltung (Akzeptanz, Wertschätzung etc.) sowie transparentes Vorgehen besonders wichtig (7 Kap. 7.4, 7 Kap. 8.3.1, Abschn. »Videoarbeit mit älteren Kindern« und 7 Kap. 9.8.3). Hilff reich ist es außerdem, zunächst Aufnahmen aus der Interaktion der Therapeutin mit dem Kind zu bearbeiten und durchaus auch kritische Verhaltensweisen der Therapeutin zu besprechen. Dies reduziert den elterlichen Anspruch auf Perfektion und erleichtert das Vorgehen erheblich.
12 9.5.1
13
Emotionale Verunsicherung
Förderung des Selbstvertrauens
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Das Kind kann aus verschiedenen Gründen emotional verunsichert werden. Gemeint sind lang anhaltende Störungen im Umfeld des Kindes, die sich verunsichernd und destabilisierend auf das Kind auswirken. In diesen Fällen ist es wesentlich, dass das Selbstvertrauen des Kindes gestärkt wird und ihm Hilfen angeboten werden, wie es wieder zu seinem inneren Gleichgewicht finden kann. . Übersicht 9.1 bietet einige konkrete Möglichkeiten, wie das Selbstvertrauen im Alltag gestärkt werden kann.
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Kultur des Zuhörens und des Gespräches
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Eine Atmosphäre von Ruhe und Geborgenheit fördert nicht nur in emotional aufgeladenen Situationen das flüssige Sprechen des Kindes. Aufmerksamkeit, auch im Sinne von belohnendem Verhalten (Innerhofer 1977, 1990 und 7 Kap. 9.8.2) und einer Kultur des Zuhörens (7 Kap. 9.7), gibt dem Kind Sicherheit. Wenn das Kind spricht, sollte die Bezugsperson Blick-
kontakt zu ihm aufnehmen. Darüber hinaus hilft es dem Kind, wenn über die Aufregung und ggf. auch Probleme mit ihm offen und auf kindgerechte Weise gesprochen wird, nachdem es zur Ruhe gekommen ist. Tabus verunsichern in der Regel mehr als das Aussprechen der Dinge.
Aufregung und kritische Lebensereignisse Eine schwere Krankheit, der Tod eines Angehörigen, Paarkonflikte bis hin zur Trennung etc. können die Familie oder Umgebung des Kindes in eine anhaltende Krise bringen. Aber auch schon weniger gravierende Ereignisse können das Kind verunsichern und überfordern. Viele stotternde Kinder reagieren empfindlich auf Aufregung, egal ob diese mit Freude oder Angst verbunden ist. Erfahrungsgemäß steigt die Unflüssigkeit z. B. in der Zeit vor Weihnachten bei vielen Kindern an. Diese Zeit ist für die Kinder geprägt von Vorfreude und oft genug von hektischen Vorbereitungen der Umgebung. Manche dieser Belastungen können nicht vermieden werden, andere sind vorhersehbar. Es hat sich bewährt, die Bezugspersonen auf den voraussichtlichen Anstieg der Unflüssigkeit z. B. in der Vorweihnachtszeit vorzubereiten. So kann frühzeitig gemeinsam überlegt werden, wie dem begegnet und entgegengewirkt werden kann. Gelingt es, die Zeit für das Kind ruhiger zu gestalten, also die Ruhe von außen herzustellen, wird das dem Kind gut tun und das flüssige Sprechen fördern.
Ruhe als zusätzliche Leistung unter Stress Manche Eltern fordern ihr Kind direkt auf, doch ruhiger zu werden. Bereits diese Aufforderung stellt meist eine Überforderung dar. Ein aufgeregtes Kind ist dazu nicht in der Lage. Es benötigt vielmehr den Schutz und die Geborgenheit von außen, um sich zu entspannen und ruhiger zu werden. Eine Atmosphäre der Ruhe kann – vor allem gegenüber jüngeren Kindern – nur vom Erwachsenen hergestellt werden. Diesen Aspekt verlieren Eltern, wenn sie selbst unter Druck sind, manchmal aus den Augen.
Geschwisterrivalität Starker und anhaltender Konkurrenzdruck zwischen den Geschwistern um die Aufmerksamkeit und Zuwendung der Eltern bedeutet einen Stressfaktor. Es kann auch vorkommen, dass ein Geschwisterkind besonders redegewandt ist und das stotternde Kind dauernd darum kämpfen muss, zu Wort zu kommen. Eventuell hat es nach unzähligen Versuchen,
187 9.5 · Reduktion von sozialem Stress
9
. Übersich ht 9.1 1 Förderung des Selbstvertrauens im Allta ag 4 Dem Kin nd die eigene Zuneigung offe en zeigen (An nläch heln, in den Arm nehm men,, wenn das Kind d das möchte, Eingehen auf kindliche Äußerun ngen n, Wünsche und Abwe ehrre eaktionen, Akktivittäten planen, die dem m Kind d Spaß machen etc.).. 4 Aufgaben n an das Kind stellen, die ess bewältigen kann n, und d dafür maßvolles positiv ti es Feedback ge geben n. 4 Aufgaben an n das Kind stellen, von denen man weiß, dass ss sie schwieriger zu bewältigen sind; das Kin nd daabei b emotional und in der Durchführung g begl b leit e en und anschließend entsprechend d lob lo en. n. 4 Lob immer in realistisch chem Bez Be ug verwenden, da es sonst inflationär är gebra braucht und vo Kind nicht mehr wertges vom eschä c tzt zt wi w rd. 4 Dem em Kind Entwicklungsschritte auf au zeigen (»»Sch S au mal, letzte Woche bist du beim b Schlittscchuh h laufen noch ganz oft gestürzt, t jetzt kannst stt du d es schon viel besser!«).
em Kind über desssen Stärken sprechen 4 Mit de und diese betonen. 4 Offen mit eigenen Schw wächen und denen anderer umge m hen. Dazu gehört au uc der eiuch gene wertschätzende Umgang mit Andersartigkeit in der Öffentlichkeit. 4 Mög Möglichkeiten außerhalb de des Sprechens anbieten un nd scha scha chaffen ffen, bei b denen das Kind seine Grenzen erproben und ausloten kann (positive Bewegungserfahrungen, Überwin-dung von Widrigkeiten und Lösung von nP Problemen). 4 Erm Er utigung zu einem Hobb by. 4 Partnersch haftli ftliche cher Umgang U mit dem d Kind: Aufgreife ifen n von von Ide Ideen en des Kindes (von Freizeitgestaltung über Essensplan, Lösung von Alltagsproblemen) und Einbeziehung bei der Lösung von Schwierigkeiten (»Wir müssen heute noch dies und das erledigen. Hastt du eine Idee, wie und womit wir anfaang ngen sollen sol len?«) ? .
sich Gehör zu verschaffen, sogar aufgegeben und sich zurückgezogen. In manchen Familien haben sich klare und konsequent eingehaltene Regeln, wie z. B. ausreden lassen, nicht unterbrechen, jeder darf nacheinander erzählen o. ä., bewährt. Manchmal ist viel Fantasie nötig, bis eine tragfähige Lösung gefunden wird, oder es gibt keine allgemeine, nur situativ unterschiedliche Lösungen. Es ist nicht immer einfach für die Eltern herauszufinden, ob das stotternde Kind in einem Moment wirklich vermehrte Aufmerksamkeit braucht, ob das Eingreifen überbehütend wäre oder ob das kindliche Bedürfnis einen Aufschub verkraff tet. Hier gilt es, sensibel und flexibel zu bleiben (vgl. Stuttering Foundation of America 1998, S. 35, und 7 Kap. 9.7). Aller Erfahrung nach sind besonders ältere Geschwister, die sich sehr um die Rolle des »Großen« bemühen, für stotternde Kinder eine besondere Herausforderung. In ihrem Bestreben zu helfen, wirken sie häufig eher überbehütend und lähmen damit die Entwicklung des Jüngeren. So erhöhen sie nicht nur ungewollt den Sprechdruckk (indem sie z. B. für das »schwache« Geschwisterkind sprechen), sie vermitteln dem jüngeren Kind mit diesem Verhalten zugleich auch, dass es in vielen verschiedenen Berei-
chen ungenügend ist. Meist wird jedoch innerhalb der Familie gerade dieser vordergründige Aspekt der Hilfsbereitschaft sehr unterstützt und entsprechend positiv hervorgehoben. Hier gilt es, bei den Eltern ein Bewusstsein für die Problematik der Situation zu schaffen und dem älteren Kind die positive Verstärkung dieses Verhaltens zu entziehen und ihm andere Bereiche zu eröffnen, wo es sich das Lob und die Zuwendung der Eltern sichern kann.
Leistungsdruck Sozialer Leistungsdruck und unrealistische Anforderungen können sich auf viele Bereiche beziehen. Sie können sich z. B. auf das Sprechen beschränken oder bestimmte Fähigkeiten bzw. Schwächen des Kindes aufgreifen. In jedem Fall ist übertriebener Leistungsdruckk als Stress anzusehen und führt zu Versagenserfahrungen. Im Sinne einer Förderung des flüssigen Sprechens geht es um die Absenkung der Anforderungen und um die Erhöhung der Frustrationstoleranz des Kindes. Hier ist das Modell der Bezugspersonen und deren eigener Umgang mit Leistung und Frustration mindestens genauso relevant wie die Anpassung des Leistungsniveaus auf die Fähigkeiten des Kindes.
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Kapitel 9 · Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training
i Tipp Mit den Eltern kann das Thema Leistungsdruck unter anderem in Form konkreter Fragen angebahnt werden, z. B.: Welche Anforderungen stellen Sie an sich? Wie sehr nehmen Sie sich eigene Fehler zu Herzen? Was sagen Sie zu sich, wenn Sie einen Fehler gemacht haben? Was bedeutet es für Sie, dass Ihr Kind nicht flüssig sprechen kann? Was glauben Sie, denkt Ihr Umfeld darüber?
Demütigende Erfahrungen
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Hierzu gehören alle Situationen, in denen das Kind eine Niederlage erleiden musste oder in denen es bloßgestellt wurde. Dass solche Erfahrungen emotionalen Stress bedeuten, liegt auf der Hand. Häufen sich derartige Momente, ohne dass demgegenüber die Stärken des Kindes betont werden, besteht die Gefahr, dass die Niederlage vom Kind mit der Zeit ins Selbstkonzept übernommen und in neuen Situationen bereits antizipiert wird, was besonders ungünstig wäre.
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Umgang mit Veränderungen und neuen Situationen
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Viele stotternde Kinder tun sich schwer mit der Einstellung auf neue, unvorhergesehene Situationen. Die Sprechflüssigkeit kann davon in plötzlich eintretenden Situationen oder bei größeren Veränderungen, wie beispielsweise 4 Schuleintritt, 4 Schulwechsel, 4 Umzug, 4 länger andauernde Besuche der Familie etc., direkt beeinträchtigt werden. Für diese Kinder ist eine gute Vorbereitung auf entsprechende Situationen von Bedeutung. Können sie sich darauf einstellen, nimmt der soziale Stress enorm ab, und die Auswirkungen
der neuen Situation auf die Sprechflüssigkeit sind in vielen Fällen vergleichsweise eher gering.
Konflikte bezüglich Grenzen und Regeln In keiner Familie ist es möglich, immerzu einheitliche Regeln einzuhalten. Ausnahmen und Abweichungen von bestehenden Regeln wird es immer geben. Hilff reich ist es, wenn die Ausnahmen dem Kind als solche erklärt werden. Damit bestätigen sie den verbindlichen Charakter der ansonsten geltenden Regel. Gravierend voneinander abweichende Erziehungsstile, z. B. in Bezug auf Grenzen und Konsequenz, verunsichern das Kind dagegen und stellen einen Stressfaktor dar. Ähnlich verwirrend für das Kind sind »double-bind«-Botschaften, d. h., wenn die verbale Botschaft dem körpersprachlichen oder stimmlichen Signal widerspricht. Wünschenswert ist, dass Botschaff ten so klar wie möglich sind (. Abb. 9.3). Wenn dies aus irgendwelchen Gründen im Alltag erschwert ist, kann es eine Hilfe sein, das Dilemma anzusprechen, z. B.: »Ich höre dir zu, wenn ich mit dem Telefonieren fertig bin.« Es ist dann allerdings wichtig, dass diese Zusage eingehalten wird. Sollte der familiäre Alltag von ständigen Machtkämpfen mit dem Kind geprägt sein, ist es unter Umständen angebracht, die Konsultation einer Erziehungsberatungsstelle zu empfehlen.
Medienkonsum Kindertrickfilme, Audiokassetten, Gameboy und Co. sind nicht nur spannend und beliebt; sie stellen nicht selten eine emotionale Überforderung dar. Viele stotternde Kinder zeigen in Zeiten vermehrten Medienkonsums mehr Unflüssigkeiten. Hier sollten die Bezugspersonen das Kind und seine Belastungsgrenze auff merksam beobachten, ggf. die Zeiten des gesamten Medienkonsums einschränken und die Inhalte der
16 17 18 19 20 . Abb. 9.3. Eindeutige Botschaften. (Aus: Watterson 1992; CALVIN & HOBBES© Watterson. Reprinted with permission of UNI-
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VERSAL PRESS SYNDICATE. All rights reserved)
189 9.5 · Reduktion von sozialem Stress
Spiele mitbestimmen. Dass es nicht günstig ist, die Gute-Nacht-Geschichte durch ein Gruselmärchen per Audiokassette zu ersetzen, versteht sich von selbst. Sinnvollerweise sollten Eltern nicht nur über den Medienkonsum ihrer Kinder in Bezug auf Zeit und Inhalt informiert sein, sie sollten ihnen auch die Möglichkeit bieten, ihre Medienerfahrungen im Gespräch zu verarbeiten.
Verhaltensauffälligkeiten Zeigt das Kind Verhaltensauffälligkeiten, wie z. B. offene oder latente Aggression, extremes Rückzugsverhalten, Enuresis, Enkopresis oder depressive Verhaltensweisen, sollte die Konsultation einer Psychologin angeregt werden.
9.5.2
Zeitlicher Stress
Es lassen sich 2 Formen von zeitlichem Stress unterscheiden: Stress durch die Art der Kommunikation und Stress durch die Art der Lebensführung. Auf Kommunikationsdruckk geht 7 Kap. 9.7 näher ein. Im Folgenden geht es um Zeitdruck, der aus dem Lebensstil resultiert. Aufmerksamkeit für entstehenden Zeitdruck. Zeitlicher Stress kann beispielsweise entstehen, wenn das Kind nach einem rigiden Zeitplan, der keine Abweichungen zulässt, »funktionieren« soll. Solche Situationen werden heute teilweise durch die Lebenssituation der Bezugspersonen fast schon diktiert. Müssen beide Eltern früh zur Arbeit, muss das Kind entsprechend früh geweckt werden, um z. B. pünktlich im Kindergarten abgegeben werden zu können. Der Rhythmus der modernen Arbeitswelt bestimmt so bereits die Lebenswelt des Kindes. Solche und ähnliche Situationen ließen sich viele aufzählen; sie werden sich nicht immer vermeiden lassen, und Aufforderungen wie »Beeil dich«, »Mach zu«, »Los jetzt«, »Jetzt komm« kennt jeder. Es ist schon viel gewonnen, wenn die Bezugspersonen bewusster wahrnehmen, wo regelmäßig Zeitdruck für das Kind entsteht. Sie können dann überlegen, wo darauf verzichtet werden kann bzw. wie die entsprechenden Situationen evtl. ruhiger und kindgerechter gestaltet werden können. Regelmäßigkeit und Rituale. Kinder mögen regelmäßige Abläufe und Rituale, da diese ihnen Sicherheit bieten und ihnen helfen, Situationen selber zu kontrollieren, statt sich ausgeliefert zu fühlen. Hektik und Chaos verunsichern sie genauso wie plötzliche Überrumpelungen (7 Kap. 9.5.1, Abschn. »Umgang mit
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Veränderungen und neuen Situationen«). Ein vorhersehbarer Tagesablauf mit wiederkehrenden, für das Kind einschätzbaren Abläufen bietet dem Kind Sicherheit. Daher sollten die Eltern zur Einrichtung oder zum weiteren Ausbau von Ritualen ermutigt werden. Zeit für gemeinsames Spiel oder Gespräch. Eine kurze Spielzeit am Tag, in der das Kind Inhalt und Verlauf bestimmt, wird von Kindern gerne angenommen. Wie eine solche Spielstunde zu Hause aussehen kann, können die Eltern bei einer Hospitation anschauen. Bei älteren Kindern ist statt einer Spielsituation genauso eine gemeinsame, ruhige und stressfreie Zeit, in der keinerlei Sprechdruckk ausgeübt wird, denkbar. Das Kind entscheidet, ob und was es spielen bzw. erzählen möchte (zum Sprachmodell in solchen Spielsituationen 7 Kap. 9.7).
9.5.3
Umsetzung im Alltag
Alle in 7 Kap. 9.5 bisher genannten Faktoren sind Beispiele für Dinge, die die Bezugspersonen beobachten können. Jede Aktivität, die dem Kind hilft, flüssiger zu sprechen, sollte dabei besonders beachtet werden. Genau diese Situationen können dann im Alltag vermehrt hergestellt werden, damit das Kind möglichst oft die Erfahrung flüssigen Sprechens machen kann. Auch hier bietet sich wieder das Stottertagebuch (7 Kap. 9.3.1) zur Protokollierung an. > Beachte Im Übrigen gilt: Die Bezugspersonen bestimmen selber, welche Verhaltensmuster sie bereit sind zu ändern. Die Therapeutin zeigt ihnen im Sinne der Ressourcenorientierung ihr bereits vorhandenes Potenzial auf und verstärkt gelungene Muster, die sich günstig auf den Sprechfluss des Kindes ausgewirkt haben.
Fazit e Bezugsperso r nen lerrnen vers e chie edene e 4 Die Artten n von sozi zialem l und d zeitlichem z Stre es ess bew wus usster wahrrnehm e en und nd d be beoba oba bach chten, ch welch che e Faktoren das das flüssige Sprechen ihres Kindess am m meisten un untters erstützen. hei eiden dann, welch lche e Str Stress essfak fak4 Sie entscch t en sie red tor eduzi uzieren möchten.
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Kapitel 9 · Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training
9.6
Mobilisierung der Väter Es ist ohne Fra Frage ge wün w schenswert, t, möglichst stt vi v ele der engen engen Be Bezug zu sperso sonen n zu erreich chen und gg ggf. einzubeziehen! Alllllerd erdings habe a n die Vät äter eine besond bes ondere ere Ro R lle. Auf die e Ch C anccen, e die dari rin auch für die Therapi pie e lieg liegen, wird d im i Fo olgenden eingegang gen.
4 5 9.6.1
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Besondere Rolle der Väter
In den Gesprächen mit den Eltern bekommt man die Väter nur selten zu Gesicht. Dadurch verschiebt sich automatisch die Verantwortung für Veränderungen und die Umsetzung der Beratungsinhalte auf die Mütter. In den meisten Fällen liegt die vorrangige Zuständigkeit für die Entwicklung und Erziehung des Kindes bei der Mutter. Entstanden ist diese Aufgabenverteilung in der Regel bereits im 1. Lebensjahr: Die Mutter-Kind-Beziehung ist noch sehr eng, und der Vater spielt oft eine eher untergeordnete Rolle. Daraus entwickeln sich bestimmte Rollenverteilungen, die nach dem 1. Lebensjahr beibehalten werden. Mit zunehmendem Entwicklungsalter nimmt die Konzentration des Kindes auf die Mutter ab und das Autonomiestreben zu. Das Kind wendet sich verstärkt anderen Personen und damit auch dem Vater zu. Dieser gewinnt für die Entwicklung des Kindes zunehmend an Bedeutung, v. a. für 4 dessen Autonomieentwicklung, 4 den Ablösungsprozess von der Mutter und damit 4 die Identitätsfindung.
Diese Veränderung kann für die Mutter unangenehme Gefühle mit sich bringen und schwierig sein. Für Kind und Mutter ist in dieser Übergangsphase die stabile Paarbeziehung der Eltern besonders hilfreich. Einschränkend muss gesagt werden, dass heutige Familien oft nicht mehr der klassischen Form entsprechen. Die männliche Bezugsperson bleibt jedoch auch für Kinder in anderen Familienkonstellationen von großer Bedeutung: Gibt es keine männliche Bezugsperson, fällt damit auch ein alternatives Modell und »Konzept« zur Mutter weg! > Beachte Wegen seiner besonderen Rolle für die (Autonomie-) Entwicklung des Kindes sollte der Vater bzw. die betreffende männliche Bezugsperson nach Möglichkeit in die Therapie einbezogen werden.
9.6.2
Was machen Väter anders?
Väter spielen oft andere Spiele mit den Kindern, als Mütter das tun. Viele »Vaterspiele« bieten beispielsweise die Möglichkeit, Gefühle körperlich auszuagieren, und betonen damit die Fähigkeit, sich gegen die Wünsche anderer vehement abzugrenzen und zu wehren (Toben, Bolzen, Brüllen). Auf diese Weise wird dem Kind ein alternativer Umgang mit Aggression und Konfliktaustragung vermittelt. Väter reagieren in Gefahrensituationen häufig entspannter als die Mütter und unterstützen so indirekt das Autonomiestreben und den Explorationsdrang des Kindes (. Abb. 9.4). Sie sind es häufig auch, die Ausnahmen von geltenden Familienregeln zulassen. Spielzeit mit dem Vater ist etwas »Besonderes«. Durch das zeitweise Aufheben bestehender Regeln wird sie
15 16 17 18 19 20 . Abb. 9.4. Väterspiele. (Aus: Watterson 1989; CALVIN & HOBBES© Watterson. Reprinted with permission of UNIVERSAL PRESS
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SYNDICATE. All rights reserved)
191 9.7 · Sprachliches Kommunikationsverhalten
tendenziell unbelasteter von den alltäglichen Machtkämpfen und dadurch vom Kind noch mehr genossen. (Dies ist keineswegs immer nur günstig, v. a. wenn damit bestehende Absprachen mit der Mutter unterlaufen werden.) Hinzu kommt, dass die Mehrzahl der stotternden Kinder Jungen sind, die von einem attraktiven männlichen Rollenvorbild profitieren. Aus den oben genannten Gründen und vielleicht gerade, weil die Väter in der Regel nicht so oft zur Verfügung stehen, wird väterliche Zuwendung vom Kind in der Regel wesentlich höher bewertet. Spielt der Vater mit dem Kind, vermittelt er ihm darüber positive Wertschätzung, was für die Entwicklung des kindlichen Selbstvertrauens ohne Frage wichtig ist. Diese bedeutsame Rolle des Vaters für das Kind kann und sollte für die Therapie unterstützend genutzt werden.
9.6.3
Chancen durch Einbeziehen der Väter
Väter sind in der Beratung oft erstaunt, wenn sie hören, dass sie allein durch ihre Anerkennung ihrem Kind in seiner gesamten Entwicklung sehr helfen können. Tatsächlich schafft gerade die emotionale Ablehnung des Stotterns durch den Vater für die Kinder oft große Probleme. Speziell die kleinen Jungen, um die es ja meistens geht, trifft es besonders hart. In der Therapie kann man konkret mit dem Vater zusammen überlegen, welche Aktivitäten mit dem Kind ihm Spaß machen und wie das konkret in den Familienalltag eingebaut werden kann. Viele Väter sind erleichtert, wenn sie merken, dass ihnen diese Aktionen Spaß machen dürfen, und es nicht darum geht, »Hausauff gaben« durchzuführen, die ihnen nicht liegen. Gelingt es der Therapeutin, das Interesse des Vaters zu wecken und ihn mehr in die Verantwortung zu nehmen, wirkt sich das meist günstig auf die familiäre Situation und damit auf den Therapieerfolg aus. Schrittweise können je nach individueller Bedürfnislage andere Elemente der Bausteine aus Kapitel 9 mit in die Aktivitäten des Vaters mit seinem Kind einfließen. Fazit er leisten mit ihrem alternati al a ven n Mod de dell 4 Väte einen n wes w entlicche en Beitrag ag g zur Identitäätsund Auton t omieen entwi tw cklung de dess Ki Kindes. ind gt es, den Vater er in die Therapie einzu4 Geling binden, hat das viele Vo Vorte rteile und u bee beein infl st den Thera flus e pieerfolg günstiig.
9.7
9
Sprachliches Kommunikationsverhalten Im Folgenden werden Aspekte kte des Sprachmo odells behandelt, die auf das Stotter ern n einwirken. Es wird deutlic li h, wie die Bezugspersonen n durch d die Art ih ihrer rer sp sprachlichen Komm om unikation dass flüsfl sige Sprechen ihre hre ress Kindes K för örder d n und dem Kind Druck nehmen können. Du Durch Sen enken der Anfo orderung der ungen en wer werden d so indirekt ktt di d e Fähi higkeiten des Kindes im Sinne de dess Anforderun A ngs- und d Kapazitäten-Modells (7 Kap. 2 2.2 .2.2) gestär ärk rkt.
i Tipp Als Methode zur Erarbeitung der hier genannten Aspekte bietet sich die Arbeit mit Videoaufnahmen und gemeinsamer Auswertung an. Allerdings ist dabei ein besonders einfühlsames und wertschätzendes Vorgehen nötig (7 Kap. 7.4, 7 Kap. 8.3.1, Abschn. »Videoarbeit mit älteren Kindern«, und 7 Kap. 9.8.3). Genauso können die Themen im Gespräch mit entsprechenden Beobachtungs- oder Verhaltensaufgaben für zu Hause behandelt werden.
Reduzieren des Sprachniveaus und der sprachlichen Komplexität Das Niveau des eigenen Sprachangebotes der Eltern entspricht nicht immer dem des Kindes. Genauso können die Anforderungen an das kindliche Sprachniveau und Sprechausmaß über dem liegen, was vom Kind leistbar ist. Generell, vor allem aber an solchen Tagen, an denen das Kind mehr Unflüssigkeiten zeigt, können die Eltern dem Kind das Sprechen erleichtern, indem sie ihr Sprachniveau absenken und die Komplexität ihrer Äußerungen reduzieren. Günstig ist ein langsames, einfaches und natürliches Sprachangebot. Auf den Zusammenhang zwischen der jeweils aktuellen Verfassung des Kindes und dem Anbieten von Sprechanlässen wurde in 7 Kap. 7.2.3 und in 7 Kap. 7.5.3 eingegangen. Weiterhin unterstützt es, wenn die Eltern eher ihre eigenen Handlungen und die des Kindes versprachlichen (Selftalking, Paralleltalking), statt sprachliche Äußerungen vom Kind zu erwarten oder einzufordern. Gerade an unflüssigen Tagen hilft es dem Kind, wenn vorzugsweise solche Aktivitäten gewählt werden, die wenig sprachliche Anforderungen beinhalten.
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Kapitel 9 · Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training
Verzicht auf Sprechaufforderungen
Fragen
Wenigen Eltern ist klar, wie schwierig das Sprechen für Kinder ist, wenn ihnen z. B. gesagt wird: »Jetzt erzähl Tante Karin, was du im Zoo gesehen hast!«, »Jetzt sag mir die Wahrheit!« Sprechen bringt das Innere des Kindes zum Ausdruck. Wird das Kind dazu gezwungen, verlangt das etwas von ihm, was spontan und natürlich kommen sollte. Dieser zwingende Aspekt führt dazu, dass das Kind sich nicht traut oder zurückzieht. Wenn dagegen Sprechen vom Kind nicht gefordert wird, begünstigt dies die flüssige Rede (vgl. Starkweather 1997, S. 56). Das Kind wird später noch früh genug lernen, auf Aufforderung hin zu sprechen.
Nicht jede Art des Fragens erzeugt Sprechdruck. Es gibt sogar viele Fragen, die Interesse und aufmerksames Zuhören signalisieren und die Sprachentwicklung fördern. Diese Fragen sind in der Regel unbedenklich. Lediglich ein Überhäufen mit vielen Fragen ist ungünstig und vor allem unangebracht, wenn es dabei um Themen geht, die dem Kind unangenehm sind. Diese Art der Fragen ist daher im Sinne des Senkens der Anforderungen eher zu vermeiden.
Sprechdruck 4 Hohes Sprechtempo, 4 schnelle Gesprächsabläufe und 4 die Angewohnheit, sofort anzufangen zu sprechen, wenn das Kind eine Pause macht oder zu sprechen aufhört, erzeugen Sprechdruck. Für eine gelungene sprachliche Kommunikation sind Pausen wichtig (vgl. z. B. Gregory 1999, S. 38). Die Rolle der Eltern als Modell für Gesprächs- und Sprechverhalten ist nicht zu unterschätzen (vgl. Starkweather 1997). Nicht selten kommt es in Familien vor, dass die Geschwister darum wetteifern, zu Wort zu kommen. Dieses Kämpfen um Redeanteile kann Ausdruck einer weitergehenden Geschwisterrivalität sein (7 Kap. 9.5, Abschn. »Geschwisterrivalität«). Turn-taking-Regeln, die für alle im Haushalt gelten, können wesentlich zur Entspannung und zum Abbau des Sprechdrucks beitragen. Manche Eltern sind versucht, unvollständige Sätze des Kindes zu vervollständigen, oder sie raten, was das Kind sagen möchte, und sprechen für das Kind. Dieses Verhalten erzeugt genauso Sprechdruckk wie ständiges Unterbrechen oder negatives Kommentieren des Stotterns. Gelingt es den Eltern, dem Kind geduldig statt angespannt beobachtend zuzuhören, fördert das die Sprechflüssigkeit des Kindes (vgl. Abschn. unten »Kultur des Zuhörens« und 7 Kap. 9.3.3).
Aufregung Ein Kind, das aufgeregt ist, stottert mehr. Dazu tragen evtl. Angst, Unsicherheit und Anspannung bei (vgl. Wendlandt 1998, S. 83). Merken die Eltern, dass ihr Kind besonders unter Druck steht, können sie ihm helfen, indem sie es z. B. nicht unterbrechen oder nicht zu weiterem Sprechen zwingen. Sie können außerdem versuchen, die Situation so zu beeinflussen, dass die Aufregung des Kindes abnimmt und es sich entspannt.
Gut gemeinte Ratschläge Hierzu zählen z. B. Aufforderungen wie »Sprich langsam«, »Hol tief Luft«, »Denk erst darüber nach, was du sagen willst«. Es mag zwar gut gemeint sein, das Kind aufzufordern, das Wort so lange zu sagen, bis es flüssig kommt. Tatsächlich ist das aber kritisch zu bewerten. All diese Tipps lenken die Aufmerksamkeit des Kindes noch mehr auf sein Stottern und setzen es eher stärker unter Druck.
Kultur des Zuhörens Es ist günstig, wenn die Eltern Raum für Sprechgelegenheiten schaffen und anbieten. Als Sprachmodell eignet sich das aktive Zuhören mit Reformulieren (nach Gordon 1996) bzw. erweiterndes Wiederholen. Wie immer ist es auch hier günstig, in erster Linie darauf zu reagieren, was das Kind sagt, und nicht darauf, wie es das sagt. Das Kind profitiert davon, wenn die Eltern beim Sprechen und Zuhören Blickkontakt zu ihm halten, und wenn das Kind stottert, geduldig und möglichst entspannt warten, bis es ausgesprochen hat.
Feste Spiel- oder Gesprächszeit Bewährt hat sich, mit dem Kind eine regelmäßige Zeit zu planen, in der wenige Ablenkungen oder Störungen zu erwarten sind. Das Kind wählt in dieser Zeit jeweils das Spiel oder ein Gesprächsthema, während die Bezugsperson eine ruhige Situation herstellt und keinen Sprechdruckk ausübt. So wird dem Kind die meiste Zeit das Sprechen überlassen. Der Erwachsene be- oder verurteilt nicht und geht mit den Fantasien oder Themen des Kindes mit. Es muss durchaus nicht immer gespielt werden. Vor allem das freie Spielen auf dem Fußboden liegt vielen Eltern gar nicht. Am besten ist es, wenn die Eltern – möglichst mit dem Kind gemeinsam – Aktivitäten aussuchen, die beide genießen können. Freuen sich beide auf diese Zeit, so wirkt sich das positiv auf die Atmosphäre aus und wird dann auch eher praktiziert!
193 9.7 · Sprachliches Kommunikationsverhalten
Besonderheit beim Baustein Modifikation Generell ist ein Kommentieren der Sprechweise des Kindes, v. a. negative Kommentare zum Stottern, nicht förderlich. Wird an der Modifikation des Stotterns gearbeitet, ist eine gelegentliche Kommentierung des Stotterns durch die Eltern u. U. wünschenswert, allerdings in positiv verstärkendem Ton. So können die Eltern die Modifikation im Alltag unterstützen, indem sie z. B. das Kind mit Aufforderungen wie »leichter« zum Einsatz des Pull-outs anregen (7 Kap. 8.7.1, Abschn. »Rolle der Eltern«, und Kap. 8.7.2).
Fluency Shaping durch die Eltern Als Baustein in einer mehrdimensionalen Therapie kann das Fluency Shaping gewinnbringend eingesetzt werden. Das zentrale Thema von Ansätzen wie z. B. dem Lidcombe-Programm ist die positive Verstärkung flüssiger Sprechanteile (7 Kap. 6.5.5). Dies geschieht entweder durch das Erlernen einer üblicherweise weichen, leicht gedehnten und etwas verlangsamten Sprechweise wie z. B. im FRANKA-Konzept (7 Kap. 6.5.6) oder aber, wie beim LidcombeProgramm (7 Kap. 6.5.5) durch die alleinige positive Verstärkung spontanen flüssigen Sprechens sowie einer i. S. der Verhaltenstherapie wohl dosiert milden Bestrafung des Stotterns durch die Aufforderung zur Korrektur. In jedem Fall verändern Eltern ihr Kommunikationsverhalten, um damit indirekt das Sprechverhalten ihres Kindes zu verändern. Gerade weil die Struktur dieses oder vergleichbarer Programme zunächst eher starr wirkt, sollte die Individualisierung von Shapings unbedingt berücksichtigt werden. Im Folgenden wird auf mögliche kritische Punkte bei der Durchführung eingegangen und die Umsetzung mit den Eltern genauer beschrieben. »Problemfeld« Kinder mit großer Sprechfreude. Während in allen Sprachtherapien Sprechfreude ein übergeordnetes Ziel ist, stellen beim Fluency Shaping sprechfreudige Kinder für Therapeuten und Eltern eine besondere Herausforderung dar, da die Wahrscheinlichkeit zu stottern bei längeren Äußerungen größer ist als bei kurzen. Durch das klar begrenzende Setting (vgl. . Übersicht 6.6) während der sog. Sprechspiele ist der Redeschwall jedoch gut regulierbar. Eine Entschleunigung der Kommunikationssituation gelingt auch durch Spiegeln und Zusammenfassen der kindlichen Aussagen und durch Spiele, die ein klares Turn-Taking einfordern.
9
> Beachte Bei Kindern mit großer Sprechfreude sollten in der Übungssituation der Sprechfluss stark gelenkt und allzu spontane Äußerungen verhindert werden.
»Problemfeld« Motivation. Obwohl das kontinuierliche Lob ein starker Antrieb für das Kind ist, kann es durch die fest vorgegebene Stundenstruktur zu einem Absinken der Motivation des Kindes kommen. Auch besteht im Einzelfall die Möglichkeit, dass das verbale Lob an Wirksamkeit verliert. Daher sollte das Vorgehen immer an die Interessen des Kindes und an die Möglichkeiten der Familie angepasst werden. So kann z. B. die Form des Lobes variiert oder die Anwendung der Sprechspiele verändert werden. Auch besteht die Gefahr, dass das Prinzip der milden Bestrafung von Sprechunflüssigkeit z. B. durch den Hinweis auf das gestotterte Wort und die Aufforderung zur Korrektur (7 Kap. 6.5.5) von den Eltern nicht im vorgegebenen Verhältnis oder ohne positive Wertschätzung des Kindes angewandt wird und somit die Bestrafung überwiegt. ! Cave Falls nicht sicher gewährleistet werden kann, dass sich die Eltern an diese Vorgaben halten, sollte auf Korrekturen unbedingt verzichtet werden.
Einige weitere Möglichkeiten zur Individualisierung des Programms sind in . Übersicht 9.2 zusammengestellt.
Was tun wenn ...? ... sich die gewonnene Sprechflüssigkeit über einen längeren Zeitraum auf einem höheren Niveau einpendelt und die Entwicklung zu stagnieren scheint? 4 Intensivierung und Variation von Lob 4 Kritische Überprüfung der Durchführung häuslicher Sprechspiele – Werden versehentlich diskrete Stotterereignisse belohnt? – Finden Korrekturen ohne positive Wertschätzung statt? – Ist die Übungsstufe nicht den aktuellen Fähigkeiten des Kindes angepasst? 4 Intensivierung der Beratungsarbeit mit den Eltern sowie Bearbeitung von Stressoren; Einstellung der Familie zum Loben; Betrachtung von Stottern aufrecht erhaltender Faktoren 4 Erst wenn auch nach diesen Maßnahmen keine weitere Veränderung mehr stattfindet, ggf. Wechsel zu einem modifizierenden Verfahren
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Kapitel 9 · Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training
. Übersicht 9.2 Individualisierrung von Fluenc ncy Shapings - Var V iation des Lobe es 4 vermehrte er Einsatz non--verbalen Lobes (LLächeln, Körrperkontakt) – Besprrechung mit dem Kind, wie es weiiter ge elobt werden möchte; z. B. mit Signalw wörtern wie »TTop!« o. ä. (ausschließ eßliche Verwendung dieser Wörter für flüssiges Sprechen ) – Phasen nweiser Einsatz von v Token (TTeile eines hinterher zu spielend en en Spi piels, Stempe el, Gewinnpunkte) – Einsatz von visuellen oder auditiven Signalen (K Knac n kfrosch, Aufleuchten einer kleinen Tasc schenlampe in Tierform etc.) sc 4 Variation der Spie ie ele – Anpassung de er Anforderung je nach Grad der Sprech hflü fl sigkeit auf die entflüs sprechende Sprechl hlleis e tungsstufe ei – Anpassung der Spielauswaahl an die Interessen des Kindes und an die Möglichkeiten im häuslichen Umfeld – Erarbeiten von Alltagssituationen, in denen ein ähnliches Setting wie in den Spielen erzeugt werden kann (z. B. gemeinsam kochen, Haustier füttern etc.) 4 Bearb beitung von Widerständen und Schwierigkeiten ri en bei der Durchführung im Rahmen der er Elternaarbeit 4 Bearb rbeitung emo e tionaler Komponenten bei sauberrer inhaltlic licher h und ggf. zeitlicher Trennung durcch Kombinaatio tion mit anderen Bau usteinen, so z. B. B aus 7 Kap. 8.4 4 ode oder 8.5.
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... die Eltern die Severity Rate Messungen des Lid-
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Fazit e Kommunik n ation n 4 Eine entsspaannte spracchliche kann dazu beitragen,, das flü üssi s ge Spr prechen des Kinde es zu fördern. he Ele E mente sin ind d der Abbau vo von 4 Wesentlich Sprechdruckk un und eine Kultur des des Zuhörens h und des Gespräc rä hs. h uency-Shaping-Pr -P ogr ogramme mit dem As4 FFlu pek ektt der d konstanten posi ositiv t en n Ver Verstä stärku kung flüssig siger er Sprechanteile setzen ebenfalls am Kommun unika katio t nsverhalten der Eltern an und verändern ess b be ei iinte n nsivem Training nachhaltig positiv.
Erarbeitung der Bausteine in Elterngruppentrainings
9.8
Alle in 7 Kap. 9.2–9.7 genannte nten Bausteine kön k kö nen mit mit e einz inzeln e en Bezugspersonen n und in Eltern ngruppen erarbeitet we werde r n. Elterngrupp ppen bieten gegenübe berr der der e Einzelarb arbeit den Vorteilil,, dass ein Austausch unter den Betroff ffene e n die Lern neffekte effe kte hi hinsi nsicht ch lich der Akzzep eptanz de d s Stotternss und der Entlastung ung g vo v n Schuldg dgefühl dg hlen positiv verstärken kann.
... das Kind im Verlauf der Therapie stärkere
Sprechängste oder Vermeidensverhalten zeigt, als zunächst vermutet wurde? 4 Vorrangige Bearbeitung der Ängste und des Vermeideverhaltens (7 Kap. 8.4 sowie 8.5) 4 Evtl. spätere Rückkehr zu Fluency-Shaping Programm
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4 Weiteres Üben der Einschätzung des Schweregrades anhand von Videosequenzen eigener oder anderer stotternder Kinder 4 Rahmenbedingungen der Übungen konkret festlegen: Wann führt wer an welchem Ort welches Sprechspiel mit dem Kind durch? 4 Ggf. Wechsel zu einem anderen Verfahren, bei dem die Mitarbeit der Eltern nicht ganz so tragend ist
combe-Programms oder die Sprechspiele nicht oder nur sehr lückenhaft durchführen? 4 Klären, ob den Eltern die Bedeutung Ihres Anteils an der Therapie bewusst ist. 4 Widerstände erkunden und besprechen
9.8.1
Vorteile
Zunächst ist vielleicht die Hemmschwelle groß, sich in einer Gruppe mit anderen Eltern zu zeigen und über die eigenen Schwierigkeiten mit dem Stottern des Kindes zu sprechen. Elterngruppen bieten jedoch genau diesen eindeutigen Vorteil, dass die Betroffenen sich miteinander über ihre Gefühle und Schwierigkeiten gegenüber dem Stottern austauschen können. Die Eltern erleben, dass es anderen ähnlich geht und sie mit ihren Problemen nicht alleine dastehen. Diese
195 9.8 · Erarbeitung der Bausteine in Elterngruppentrainings
Erfahrung entlastet unter Umständen mehr, als es ein Gespräch mit der Therapeutin vermag. Entsteht erst so etwas wie ein Gruppengefühl, trägt das zu mehr Engagement und einer gesteigerten Therapiemotivation bei. Die Betroffenen fühlen sich miteinander auf einer Ebene, alle kämpfen mit der Akzeptanz der Diagnose »Stottern« und mit eigenen Scham- und Schuldgefühlen. Durch die Erfahrung, gemeinsam betroffen zu sein, gibt es weniger Therapiewiderstände, und die Kompetenz der Therapeutin kann leichter angenommen werden. Sie wird mehr als Ergänzung und Ressource für die Gruppe erlebt, denn als Gegenpart zur eigenen Hilflosigkeit dem Thema gegenüber. Nicht selten entwickeln die Betroffenen den Ehrgeiz, selbst zu Stotterexperten zu werden, und bringen zunehmend eigene Themen und Vorschläge in die Gruppe ein. Wird die Gruppe entsprechend moderiert, kann sie eine Quelle der Motivation werden, sich eigene Alltagsprobleme anzusehen und neue Lernschritte umzusetzen.
9.8.2
Methoden
Als Themen kommen alle in den Bausteinen behandelten Aspekte in Frage. Methodisch können über die Informationsvermittlung, das Beratungsgespr t präch äch un und Videoauswertungen zur Eltern-Kind-Interaktion au uch Gesprächsrunden, Rollenspiele und Paar- und d Gru Gr ppenübun ungen gen zum Einsatz kommen. Dadurch h wird der Austausch – auch über Ei E nstellungen gegenü nüber dem Stottern – lebendig ger. er Di D e Auseinande ersetzung mit dem Thema Stottern sp piel i t sich auf mehreren Ebenen ab, und alle Teilnehme mer könme nen neue Verhaltensmuster erst einmal ausp sprosp bieren und an sich selbst erfahren. Zudem erg geben sich im Ein Einzel zelfall viel iellei l cht informelle Kontakte unter den Teilneh ehmer m n, die d dann in den Alltag hineinwirken. Besonders beliebt sind Rollen enspi piele zum belohnenden und bestrafenden Verhal alten n nach Innerh ne hofer f (19 (1977, 77 1990) und zum aktiven n Zuhören und Refor R formul mulier e en n (G (Gordon 1996).
Belohnendes und bestrafendes Verhalten. Die Wirkung von belohnendem und bestrafendem Verhalten kann beispielsweise mit der Zuwendungs- und Abwendungsübung ausprobiert werden. Ein Teilnehmer erzählt dem anderen etwas (z. B. über einen Kinofilm, das letzte Wochenende, ein Urlaubserlebnis).
9
Der zweite Teilnehmer hört zunächst sehr zugewandt zu und setzt dabei belohnendes Verhalten ein (wie z. B. zulächeln, zunicken, Blickkontakt, helfende Fragen stellen). Auf ein Signal der Therapeutin hin wechselt der zweite Teilnehmer zu bestrafendem Verhalten. Er wendet sich ab, gähnt, wird ungeduldig, unterbricht, kritisiert etc. Die Übung kann als Paar- oder Gruppenübung durchgeführt werden. Bei letzter Variante beobachtet die Gruppe, wie sich das nonverbale und verbale Verhalten des ersten Teilnehmers durch das bestrafende Verhalten verändert. Die beiden Teilnehmer beschreiben ergänzend, wie sie sich während der Übung gefühlt haben. Aktives Zuhören und Reformulieren. Diese Gesprächstechnik kann am besten paarweise eingeübt werden. Durch Paraphrasieren, also sinngemäßes Wiederholen der jeweiligen Äußerung des Gesprächspartners, wird diesem Interesse, Akzeptanz und Wertschätzung vermittelt. Die Teilnehmer erleben in der Übung, wie viel Aufmerksamkeit es erfordert, genau zuzuhören, und wie das Reformulieren die Qualität und Atmosphäre des Gespräches verbessern kann. Videoaufnahmen zur Eltern-Kind-Interaktion. Als weitere Methode kommt die Auswertung von Videoaufnahmen mit Interaktionsbeispielen aus dem Alltag der Teilnehmer in Frage. Videoauswertungen bedürfen einer speziellen Vorbereitung, um den Eltern den hierfür nötigen Schonraum zu gewährleisten.
9.8.3
Auswertung von Videoaufnahmen
Sollen Videoaufnahmen in der Gruppe ausgewertet werden, die von den Eltern zu Hause erstellt wurden, muss die Therapeutin dies sorgfältig einleiten. Grundvoraussetzung ist selbstverständlich, dass die Gruppe mit diesem Vorgehen einverstanden ist und, dass eine Atmosphäre der gegenseitigen Wertschätzung herrscht. Es sollte dann vor der Auswertung genau festgelegt werden, welcher Aspekt beobachtet und kommentiert wird. Diese Vereinbarung ist wesentlich, denn es werden mit Sicherheit Interaktionsbeispiele auf den Bändern zu sehen sein, die nicht in jeder Hinsicht optimal sind. ! Cave Es ist unbedingt erforderlich, vor einer Videoauswertung Ziel und Ablauf festzulegen. Dazu gehört die Festlegung der Beobachtungspunkte und die Regeln für Rückmeldungen aus der Gruppe.
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Kapitel 9 · Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training
Zusammenarbeit mit Erzieherinnen und Lehrerinnen
9.9 . Überssiccht 9.3 Möglich he Beobachtung gspunkte e für Vide eoau o fnahmen n zur Interaktio on 4 Emo otio onal-affektive e Beteilig gung in derr Interaktio on durch die Be ezugspersone on n. 4 Wer wählt die Spiele e aus a ? 4 Wer le egtt die Regeln fest st?? Wer lenkt das Sp st pie iel? 4 In welcche er Atmosphäre wird rd ges gespie pielt? pie lt? 4 Sprachlic iche e Interaktion: Äußerungsgeschwindigkei k t, t Tempo des Turn takings, Pausenverhalten,, Unte Unterbrechungen, Sprachniveau, Art und Häufig ufi kei keitt von v Fragen, Auffo ufforrderung zum Sprechen, Kor Korrekturverhalten ten, Par aralleltalking/Selftalking. 4 Bli Bl ckk kkont o aktverhalten der Kommunikationspartn tner, no nonverbale Kommunikation. 4 Besonderh erheiten en (z. (z B. Distanz, Nähe, Raumausnutzu zung) ng .
. Übersicht 9.3 fasst mögliche Beobachtungspunkte
für die Interaktion zusammen.
Regeln für Rückmeldungen aus der Gruppe Die Rückmeldungen aus der Gruppe sollten sich zunächst auf gelungene Interaktionsbeispiele beziehen. Die Therapeutin sollte den Austausch so moderieren und lenken, dass die positiven Rückmeldungen in jedem Fall überwiegen. Am Ende einer Auswertung können die Eltern gemeinsam überlegen, wie die nächste Hausaufgabe aussehen könnte. Werden die Aufnahmen in zeitlichen Abständen wiederholt durchgeführt, können sie zur Motivation und für Erfolgskontrollen der erzielten Fortschritte im Kommunikationsverhalten genutzt werden.
Erzieherinnen und Lehrerinnen kommt eine bedeutende Rol R llle in der Pr P ävention des kindlichen Stotterns zu. Sie sind neben den Elt E ern oft die einzigen Personen, die über einen länge ngeren Zeitraum mit sprachlich auffälligen Kindern zu tun tu haben en und u durch ihr Verhalten den weiteren Verrlauf der Störung beeiinflu nflussen können. Für die Eltern sind sie meist erste einfluss ssrei r che Ratgeber in schwierigen Sit Situat uation uat i en. Der folgend io en e Baustein wurde sowohl zur indi divid di vi uellen Berat vid ratung als auch für Gruppen von Erzieher erinn er i en und in d Le L hrerinn rer innen ent entwic wickel k t. Er soll diese Beru ufsg fs ruppen n in die Lage verset setzen ze , mit m stotternden Kin nder d n adäquat umzugehen und di die e Eltern im Rahm men ihrer Möglichkeiten korrekt zu be beraten.
Das Kind bewegt sich in Schule und Kindergarten in einem sozialen Kontext, in dem andere Eigenschaften hervortreten und andere Fähigkeiten erwartet werden als in einem therapeutischen Setting. Es lohnt sich daher, möglicherweise unterschiedliche Sichtweisen mit den Pädagogen zu diskutieren und ggf. in ein treff fenderes Gesamtbild zu integrieren. Der Baustein für die »Zusammenarbeit mit Erzieherinnen und Lehrerinnen« enthält flexibel einsetzbare Elemente (. Übersicht 9.4), die bei Bedarf zur individuellen Beratung oder zur Schulung von Gruppen verwendet werden können. In Kap. 12.15, 12.16 und 12.17 sowie im Ê Downloadbereich sind zu den jeweiligen Elementen Merkblätter zur Weitergabe an die betreffenden Berufsgruppen enthalten. Da die Inhalte der einzelnen Beratungsbereiche bereits in den vorangegangenen Kapiteln genauer erläutert wurden, sei an dieser Stelle nur noch auf die entsprechenden Kapitel im Buch verwiesen.
Fazit 4 Eltern ngruppen ste ellen ein ne gutte Alt Alternat attive zur Beeraatung in der Einzelssitu it ation dar ar. ar 4 Sie bietten den Vorrttei eil des Austausches unter Betro offe ffenen und unter te stützen den The heraap erfolg. pie
9.9.1
Informationsabend für Erzieherinnen und Lehrerinnen
. Übersicht 9.5 stellt überblicksartig das Programm eines Informationsabends vor, das bisher mit Erzieherinnen erfolgreich erprobt wurde. Mit geringfügigen Abwandlungen bzw. veränderter Schwerpunktsetzung kann dieses Konzept auch für Lehrerinnengruppen verwendet werden. Genauere didaktische Hinweise sowie diverse Kopiervorlagen zur Weitergabe an die Bezugspersonen befinden sich in Kap. 12 oder zum
197 9.9 · Zusammenarbeit mit Erzieherinnen und Lehrerinnen
. Übersicht 9.4 4 Elemente des Be eratungsk konzep ptes für Er Erzieheriinn nen und Le ehrrerinnen 4 Aufklärung g über die »Na Natur« des Stotternss Na (7 Kap. 1, 7 Ka Kap. 2, 7 Kap ap p. 12.15) 4 Sp Spezifische Inh nhaalte l der Beratung von Erzieher h erinnen (7 Kap ap. 12. 12 16, 7 Kap. 12.17) 4 Be erat atung zur individu duell ellen en Problematik de des Kindes anhand dess Anfo Anforde rderun rungsund Kapaz pazitä it ten-Modells (vgl. . Abb. 2.2– 2.4 bzw. Kap Kap. 12. 12 7 und Kap. 12.8 oder im Ê Downloadb adbere e ich ich))
. Übersi sich ht 9.5 Inhalte dess Information nsabends ds 4 Begrrüß ßung 4 Darsttelllung möglich her Ursac achen des Stotternss (7 Kap. 2.2) 4 Inform mattion über mögl gliche begleitende Pro gl ro obleme (7 Kap. 1.3.4) 4 Beschreib ibun ng der Eigenschaften des Stotterns (7 Kap ap. 1.6 1 ) 4 Umgang mit sttottter te nden Kindern im persönlichen Kontakt kt u und d in der Gruppe (7 Kap. 12.15, Ê Downlo nloadb a ereich)) 4 W War arnsi n gnale bei kindlichem Stottern (vgl. .Ü Übe ersi rs cht 1.5, 7 Kap. 12.9, Ê Downloadbe berei r ch ch)) 4 Pädagogische che Beerat ratung un der Eltern 4 Gespräch/Diskussio sion n
9
im Ê Downloadbereich im Internet. Der Abend ist für 90 Minuten konzipiert. Eine Mindestteilnehmerzahl von 6 Personen hat sich aus organisatorischen und didaktischen Gründen als sinnvoll erwiesen.
Fazit 4 Erzieherinn nen und Leh hrerinn nen sollte en im Laufe der Th herapie imm mer kont ntaktier ert werden, um den n Eindruck k üb über die Situation n des d Kin indes zu verrv vo ollständigen n. 4 Derr Therapieeff ffekt kt kann durch ihre Einbezie ehu ung verstärktt werde rd n. 4 Übe er ein Telefonat, ein per persön sönlic liches hes GeGe spräch ho od der e über die Gestaltung eines Informationsab be end nds kann den unterschiedlichen Bedürfnissen Re Rechn chnung getragen werden.
10 Wann ist die Therapie beendet? 10.1
Gute Gründe, eine Therapie zu beenden
– 200
10.1.1
Die rechtzeitige e Vorbereitung auf das Ende der The erapie mit dem Kind 200
10.1.2
Die Chance en einer »endlichen« Therap apie für ür Jugendliche
10.2
Nachsorge
– 201
– 201
–
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
200
Kapitel 10 · Wann ist die Therapie beendet?
10.1
Gute Gründe, eine Therapie zu beenden
Der Abschluss der Therapie ste tellt ll immer auch h das d Ende End e eine einerr pers pe önlichen Beziehung g da d r. So inten nsiv die Beschäftigung g mi m t der Kontaktau aufnahme stattfindet, so sti stiefm ef ütterllich wird häufig die efm d Beendigung der therapeu utis t chen B ti Beziehung beh ehandeltt. Dam del Damit it Kin Kind und Eltern n di d e The erapie innerliich c abschließen kön önnen ne en, sollten eiini n e Aspe nig s kte genauer bedacht werden en.
Der eigene Perfektionismus und die Angst der Eltern, in Zukunft mit auftauchenden Problemen wieder allein zu sein, macht eine rechtzeitige Ablösung oft schwer. Vor allem, wenn das Kind nicht als »geheilt«, sondern mit weiter bestehender Symptomatik entlassen werden soll, fällt damit für viele Eltern – und manchmal auch für das Kind – das endgültige Urteil, lebenslang zu stottern. Hier zeigt sich die Qualität der vorangegangenen Elternarbeit. > Beachte Das Ende der therapeutischen Beziehung muss frühzeitig eingeleitet werden.
Gespräche über realistische Therapieziele, die gemeinsame Entwicklung von Perspektiven für das Kind und die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Familie können allen Beteiligten helfen, beizeiten loszulassen. Das Wissen, dass die »Nabelschnur« zwar gekappt, der Weg zur Therapeutin jedoch weiterhin offen steht, erleichtert diesen Prozess. Aus diesem Grunde ist das langsame Ausklingen der Therapie für Eltern und Kind gleichermaßen wichtig (7 Kap. 10.2).
10.1.1
Die rechtzeitige Vorbereitung auf das Ende der Therapie mit dem Kind
Jüngere Kinder haben nur eine geringe Vorstellung von zeitlichen Dimensionen und sollten daher nicht zu früh auf das Ende der Therapie vorbereitet werden.
i Tipp Vorschulkinder können ca. 3 bis 5 Stunden vorher auf das Ende der Behandlung hingewiesen werden, Schulkinder nicht länger als 8 bis 10 Stunden vorher. Zur Veranschaulichung der verbleibenden Zeit können visuelle Hilfen hinzugezogen werden (z. B. eine Leiter, deren Zahl an Sprossen die verbleibenden Stunden symbolisiert. Jede Stunde wird ein Männchen o. Ä. eine Stufe weiter gerückt). Gespräche darüber, welche Schwierigkeiten das Kind nun bewältigt, was es mit der anstehenden freien Zeit tun wird und dass es jederzeit wiederkommen kann, wenn es Unterstützung braucht, bereiten das Therapieende vor.
Rückfallverschreibung. Auch die sog. »Rückfallverschreibung« bei Schulkindern und Jugendlichen bereits während der Behandlung ist in der direkten Therapie ein wichtiges Instrument zur Vorbereitung auf die Zeit danach. Das Kind wird nicht nur auf mögliche Rückfälle vorbereitet, sie werden auch als Herausforderung an die Fähigkeiten des Kindes interpretiert. > Beachte Rückfälle dienen damit alleine dem Zweck, erlernte Fähigkeiten anzuwenden und zu üben.
Durch diese Definition verlieren sie ihre lähmende Wirkung und aktivieren die Eigenverantwortlichkeit der Jugendlichen und ihrer Eltern. Wendlandt (1994, S. 52): »Aber ein Rückfall (...) führt nie zurück auf die gleiche Stufe wie früher, auch wenn das Stottern in gleicher Stärke wieder auftritt: Niemals können die positiven Erfahrungen verloren gehen, die mit den bereits erzielten Veränderungen einhergegangen waren. Immer bleibt ein Wissen von den bereits erarbeiteten Veränderungsmöglichkeiten gegenwärtig.«
Den Absprung nicht verpassen. Wurde der richtige Zeitpunkt zur Beendigung der Behandlung verpasst, hat die Therapie oft an Bedeutung für Kind und Familie verloren, die Motivation für Veränderungen geht gegen null. Termine werden häufiger abgesagt, häusliche Übungen nicht oder nur oberflächlich erledigt. Eine längere Pause oder das Ende der Behandlung schützt Kind und Familie vor nachhaltiger Therapiemüdigkeit, die dem Jugendlichen oder jungen Erwachsenen über lange Jahre hinweg eine erneute Therapie verbauen kann.
201 10.2 · Nachsorge
10.1.2
Die Chancen einer »endlichen« Therapie für Jugendliche
In der Arbeit mit Jugendlichen hat es sich als sehr hilff reich erwiesen, die Therapiedauer von vornherein zeitlich genau zu begrenzen. Dauer und Inhalte der Therapie werden gemeinsam mit Eltern und Kind festgelegt. Eine wesentliche Abweichung von dieser zeitlichen und inhaltlichen Therapieplanung ist nicht vorgesehen. Dieses Vorgehen stärkt die Eigenverantwortlichkeit des Jugendlichen und bedeutet, ihn in seinem Prozess des Erwachsenwerdens ernst zu nehmen. Die enge zeitliche Begrenzung schafft Motivation und mobilisiert Energien aller Beteiligten.
10
Bei diesen Terminen werden bereits erlernte Inhalte aufgefrischt, aktuelle Erfahrungen bearbeitet und die Aufgaben zur Eigenarbeit bis zum nächsten Treffen besprochen. Die aktive Nachsorgephase sollte etwa auf 6 Monate ausgedehnt werden. Ziel ist es, sich in den letzten Monaten der Therapie zunehmend aus der Behandlung zurück zu ziehen und immer mehr im Sinne eines Coach zu agieren. Ein abschließendes Telefonat ca. 6 Monate nach Ende der Therapie ermöglicht der Therapeutin einen Überblick über den weiteren Verlauf der Entwicklung und dient der Qualitätssicherung (7 Kap. 11).
Fazit Fazit 4 Daas Ende der Therapie wecktt häufig g Ängsste auff Se eiten der Elt ltern und d Kinder. K 4 Aucch eig e ene An nsp prüche verrhin hinder der ern n of oft den rechttze eitigen Ther erapi a eabschluss. api 4 Eine ze eitli tlich überscha hau ubar ba e Therapieda dau uer hilft Jug ugend e lichen, Verantw ntwort ortung ung für fü den t rapeutisc the schen hen Prozess zu übernehmen.
10.2
Nachsorge
Zur Siche Sicherun ru g der erl rllern e ten en Inhalte e ist es siinnv n oll, die Therapie ni nicht c abrup cht pt zu beenden b n, sond dern lan ngsa g m ausklingen a en n zu z lass sse sen.
Gemeinsam mit den Eltern und dem Kind wird der letzte Abschnitt der Therapie, die Nachsorgephase, vorbereitet. Im Gespräch sollte abschließend geklärt werden, wie zufrieden alle Beteiligten mit dem Therapieverlauf sind, welche Lernschritte gut bewältigt wurden, welche noch etwas unsicher sind und welche vielleicht nach einer längeren Therapiepause noch in Angriff genommen werden sollten. Vereinbarungen über Inhalte und Frequenz der noch folgenden Treffen werden so weit möglich geschlossen und somit eine Struktur für die nächsten Wochen und Monate vorgegeben. Die Abstände der weiteren Treffen orientieren sich an der Stabilität der Symptomatik in der Nachsorgephase.
4 Nachs hsorgetreff ffe en und Tele e fon onate fü führen n die Betre euung der Fam amilien über b das Ende be e der Theraapie i hinaus fo fort. r 4 Sie erm möglichen ög eine ne Beo B bachtung der wei eiteren Ent ntwi wicklung des Ki Kinde n s und nde u die dien nen d Qualitäts der ätssic s herung.
11 Qualitätssicherung in der Stottertherapie
204
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Kapitel 11 · Qualitätssicherung in der Stottertherapie
Jede Therapeutin steht in der Verantwortung, ihre Arbeit qualitativ hochwertig auszuüben. Was eine therapeutische Selbstverständlichkeit sein sollte, ist zudem eine gesetzliche Pflicht. Im Sozialgesetzbuch wird verlangt, dass Maßnahmen zur Qualitätssicherung durchgeführt werden (vgl. §§ 135ff SGB V, §20 SGB IX). Auch die Kostenträger im Gesundheitswesen verlangen immer häufiger Nachweise für die Qualität und Wirksamkeit der Therapie. > Beachte Qualitätssicherung bedeutet, dass sich die Therapeutin stetig bemüht, ihre Therapie bezüglich der Qualität zu reflektieren und zu optimieren.
Ziele. Durch Maßnahmen der Qualitätssicherung soll erreicht werden, dass die Behandlungsqualität zuverlässig hoch bleibt und wenn nötig verbessert wird (vgl. Qualitätsleitlinien des dbl 2001). Wichtig ist die optimale Versorgung des Patienten unter qualitativen Gesichtspunkten. Im Folgenden werden Aspekte erläutert, die in der Stottertherapie mit Kindern und Jugendlichen einen Beitrag zur Qualitätssicherung leisten können.
Fachkompetenz Grundlage für eine qualitativ hochwertige Therapie ist das fundierte Fachwissen der Therapeutin. Es ist Voraussetzung für kompetente (Eltern-) Beratung und für fachlich solide untermauerte Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Auch die interdisziplinäre Kommunikation profitiert von fachlich kompetenten Therapeuten. Möglichkeiten Fachwissen zu erwerben und zu erweitern, sollten durch verpflichtende externe Strukturen (z. B. Berufsausbildung) vorgegeben sowie in Eigeninitiative des Therapeuten (z. B. kontinuierliche Fort- und Weiterbildung, Lektüre von Fachliteratur) wahrgenommen werden.
Sozial- und Selbstkompetenz Diese personenbezogenen Kompetenzen sind Grundlage für eine adäquate Einstellung und Haltung der Therapeutin, für eine positive therapeutische Beziehung zum Kind, sowie für die wichtigen Fähigkeiten der kritischen Selbstreflexion und der Flexibilität im Denken und Handeln (s. Internet http://www.ivsonline.de/pdf/ivs-zertifizierung-uebergangsregelunginfo-antrag.pdf, f 18.02.09). Möglichkeiten zur Optimierung dieser Kompetenzen bieten auch hier Fortund Weiterbildungsmaßnahmen sowie jegliche Form der Selbsterfahrung. Zusätzlich ist es ratsam, an Intervision und Supervision teilzunehmen.
ICF-Orientierung Ein Arbeiten im Sinne des ICF-Modells (7 Kap. 3) sichert in verschiedener Hinsicht die Qualität: Zum einen wird durch den hohen Stellenwert von Aktivität, Teilhabe und den Umweltfaktoren automatisch das Umfeld miteinbezogen (z. B. durch Elternarbeit, 7 Kap. 9, In-vivo-Training 7 Kap. 8.5.7 etc.). Das ist für eine langfristige, auch den Alltag umfassende Effektivität der Therapie von zentraler Bedeutung. Zudem erfordert die ganzheitliche Betrachtung der ICF das Anstreben des übergreifenden Ziels der Verbesserung der funktionalen Gesundheit, also nicht nur der Absenkung der Stotterrate. Das sollte durch entsprechende Maßnahmen kontrolliert und reflektiert werden. Verlaufskontrollen, die auch die Aktivität, Teilhabe und Kontextfaktoren des Patienten berücksichtigen (z. B. durch den Einsatz von Fragebögen, 7 Kap. 5.4.5 und 5.6) eignen sich hierfür. Auch das Abgleichen von Zielen in Elterngesprächen sowie die Überprüfung, ob diese Ziele erreicht wurden, sind hilfreiche Maßnahmen (7 Kap. 7.4.3, 7.4.4 und 10.2). Gleichzeitig bietet die ICF einen guten Rahmen für eine differenzierte Dokumentation (7 Kap. 3.3.2). Sie ist ein wichtiger Bestandteil der Qualitätssicherung. Gewissenhafte und systematische Dokumentation vor (7 Kap. 4.2), während und nach der Therapie (7 Kap. 5.6) unterstützt unter anderem die Reflexion und Evaluation (siehe . Übersicht 11.1). Auch werden Therapieprozesse und -ergebnisse darstellbar, was eine höhere Transparenz ermöglicht (vgl. auch BKQM 2004) .
Evidenzbasiertes Arbeiten und (Selbst-)Evaluation Das Verwenden von Therapieansätzen, deren Effektivität in systematischer Forschung nachgewiesen werden konnte (Evidenz), kann zur Qualitätssicherung beitragen. Bisher gibt es jedoch in Deutschland noch wenige Studien, welche die Wirksamkeit der diversen Therapieansätze auf den Prüfstand stellen. Beispiele für bereits evaluierte Konzepte der Stotterbehandlung sind das Lidcombe-Programm (Latterman 2006, 7 Kap. 6.5.5) oder die Kasseler Stottertherapie (Wollf v. Gudenberg 2006, Bitsch 2007, 7 Kap. 6.5.6). Ein wichtiges Projekt zur Verbesserung der »Evaluationssituation« im Stotterbereich wurde von der Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe initiiert: Das Programm zur Evaluation von Stottertherapien (PEVOS). In diesem Programm – bisher ist lediglich die Pilotphase abgeschlossen – dokumentieren Stottertherapeuten nach jeder Sitzung bzw. Beratung, welche Therapiebausteine sie verwendet haben. Die dazugehörigen Patientendaten werden zu unterschiedlichen Untersuchungszeitpunkten (vor Therapiebeginn, 4 bis
205 11 · Qualitätssicherung in der Stottertherapie
6 Wochen, 1 bzw. 2 Jahre nach Therapieende) erhoben und ausgewertet. Dabei werden – ganz im Sinne der ICF (7 Kap. 3) – sowohl die Sprechflüssigkeit als auch mit dem Stottern zusammenhängende Verhaltensweisen und Einstellungen berücksichtigt. Die Ergebnisse der Pilotphase lassen zwar bereits auf die Wirksamkeit der Stottertherapie schließen, sind jedoch noch nicht ausreichend aussagekräftig, da die untersuchten Gruppen zu klein waren und die Differenzierung nach Bausteinen noch aussteht. Der Hauptlauf hat noch nicht stattgefunden. (Pape-Neumann 2004)
4 4 4 4
i Tipp Der aktuelle Stand von PEVOS ist auf der Homepage der Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe (s. Internet http://www.bvss.de) unter den Informationen für Therapeuten abrufbar.
Folgender Exkurs stellt dar, was bei einem guten Evaluationsverfahren im Stotterbereich zu beachten ist. > Exkurs Evaluation von Therapieansätzen Da die Sprechflüssigkeit je nach Situation sehr variieren kann, sollte ein Evaluationsverfahren die Besonderheiten des Stotterns berücksichtigen. So sollten Fortschritte durch die Behandlung auf unterschiedlichen Sprechleistungsstufen ermittelt werden. Auch sollten Nachuntersuchungen stattfinden, um Langzeiteffekte der zu evaluierenden Methode zu überprüfen. Bloodstein (1995) entwickelte zur Beurteilung einer erfolgreichen Therapie 12 Kriterien, die unten (zusammengefasst und übersetzt von den Autorinnen) aufgelistet sind. Nicht alle Kriterien müssen notwendigerweise erfüllt werden. Je mehr Aspekte erfüllt sind, als desto aussagekräftiger ist die Methode zu bewerten. 4 Die Wirksamkeit der Methoden muss anhand von ausreichend großen und repräsentativen Gruppen Stotternder nachgewiesen werden. 4 Das Sprechverhalten sollte vor, während und nach der Behandlung durch Dritte objektiv gemessen werden. 4 Ergebnisse sollten sich auf wiederholte Messungen stützen, die unter variierenden Bedingungen durchgeführt wurden. 4 Verbesserungen des Sprechverhaltens sollten auch außerhalb des Therapiesettings bestehen. 4 Langzeituntersuchungen sollten die Stabilität der Ergebnisse bestätigen. 4 Untersuchungen an Kontrollgruppen und unter Kon-
4 4
11
trollbedingungen sollten ergeben, dass die Verbesserungen tatsächlich auf die Behandlung zurückzuführen sind. Das Sprechen soll im Ergebnis natürlich und spontan klingen. Die Sprechweise sollte automatisiert sein, eine ständige Selbstkontrolle nicht mehr notwendig. Die Behandlung sollte nicht nur das Stottern, sondern auch psychische Begleiterscheinungen reduzieren. Die Therapiewirkung sollte nicht besser dargestellt werden als sie ist, indem Personen, welche die Therapie vorzeitig abgebrochen haben in der Auswertung unberücksichtigt bleiben. Die Methode sollte sich bei jedem qualifizierten Therapeuten als effektiv erweisen. Auch wenn die Therapiemethode nicht mehr neu ist, sollte sie weiterhin wirksam bleiben.
In der Regel haben Stottertherapeutinnen nicht die Möglichkeit, eine wissenschaftlich fundierte Evaluation ihrer Therapien durchzuführen. Eine Methode, die aber von jedem zur Qualitätssicherung genutzt werden kann und sollte, ist die Selbstevaluation. Im Zuge einer Selbstevaluation können durch eine saubere Trennung der einzelnen Bausteine mittels der Verlaufsdiagnostik Effekte erkannt und beschrieben werden (7 Kap. 5.6). Dies sollte auch in der Kommunikation mit dem verordnenden Arzt z. B. durch den Einsatz von Verlaufstabellen genutzt werden. Anschließend ist es wichtig, die Therapie entsprechend der Evaluationsergebnisse anzupassen. Ein Beispiel für die Entwicklung der Stotterrate eines Kindes im Laufe von sechs Monaten zeigt . Abb. 11.1. Diese Tabelle steht im Internet als Ê Download zur Verfügung. Dabei ist die Vorlage am PC ausfüllbar. > Beachte Im Sinne einer optimalen Qualität und deren Nachweis sollte jede Therapeutin ihre Stottertherapien eigenverantwortlich evaluieren. Dazu eignet sich besonders eine sorgfältige Verlaufs- und Ergebnisdokumentation.
In . Übersicht 11.1 sind die wichtigsten Maßnahmen zur Qualitätssicherung zusammengefasst.
206
Kapitel 11 · Qualitätssicherung in der Stottertherapie
Verlauf der Stotterrate
1 50%
2
45%
3
40% 35%
5 6 7
Stotterrate
4
30% 25% 20% 15% 10%
8 9 10
5% 0% 1
2
3
4
5
6
7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 Woche
. Abb. 11.1. Beispiel für die Entwicklung der Stotterrate eines Kindes im Laufe von 6 Monaten
11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
. Übersich ht 11.1
Fazit
Qualitätssicche hernde Maß ßn ßnahmen n 4 Fachko ompetenz erhaalten un nd erweitern 4 Selbst- un nd Sozialkom mpetenzz er e halte ten und erweiterrn 4 ICF-orien nttie erte Arbeitsweis eise eis e 4 Einbeziehun ung g des Umfelds 4 Strukturierte N Nac achsorge 4 Ver V laufskontrollen en mi mitt Überprüfung von Sto totterrate und Leben nsqu squalilität tät 4 Be erück cksichtigung des Themas »Ziele« in Beratung ngsge gesprächen mit Eltern 4 Systemati tisch s he Dokumentation D 4 Evidenzbasierte tess Arbe rbeite iten n 4 (Selbst-)Evaluation und d Refl Reflexi exion on
cherung sol so lten 4 Maaßnahmen zur Qualitätssich in den profession nellen Ther erapiealltag eingebu unden sein. 4 Ziel ist, dem Patie enten dau uerhaft eine qualitattiv hochwertige e Versorgun ng zu gewä währleiste en. ndiertes Fachwisssen s sowie personenbezo4 FFun gene e Kompetenzen bild i en die Grundlage für ür qu ualit itätsvolle Stotterthera era rapie p . mfeld mit in die Therapie pie i ei ein inzubezie4 Dass Um hen,, die d e Verbesserung der Lebensqualität als übergrreif e en endes Ziel zu verfolgen und die systematisc sche Dok D umentation entsprechen einer ICF-orie enti n ert rten e Herangehensweise und sichern die Traansp ns are enz und den nachhaltigen Therapieerfolg. lg. videnz enzbas basier ierte te Ver4 Soweit möglich sollten evid fahren zum Einsatz kommen. S bstevaluation mit Verlaufs- und Ergebnis4 Sel kon ntro t llen ist eine qualitätssichernde Maßnahme na e mit m hohem Stellenwert.
12 Anhang Kopiervorlagen für die Praxis Die hier abg gedruckten Anaamnese-, Befund-, Protokol olll- und d IInfo-Bögen zum Ausdrucke en sowie das in nteraktive Messinstrume ent Cou untBasic zur Ermittlung/Ausswertung derr Stotterrate und umfang gre reiche es Therapiematerial finden Sie im Interne et: http://www.springer.com/978-3-642-01823-7
12.1
Anamnesefragebogen für Stottern bei Kindern und Jugendlichen – 209
12.2
Befundbogen für Stottern bei Kindern und Jugendlichen
12.2.1
Ergänzungsbogen fü ür Klei ein- und Vorschulkinder
12.2.2
Ergänzungsbogen für Sc Schulkinder und Jugendliliche
12.3
Protokoll zur quantitativen Auswertung von Sprechproben ohne CountBasic – 222
12.4
Protokoll zur Verlaufsdiagnostik – 223
12.5
Grafik zu Veranschaulichung der ermittelten Stotterraten verschiedener Sprechleistungsstufen
– 217 7 – 220
12.6
Leergrafik zur Darstellung der Stotterrate im Therapieverlauf zum Ausfüllen per Hand – 225
12.7
Das Anforderungs- und Kapazitäten-Modell zur individuellen Anpassung – 226
12.8
Das Anforderungs- und Kapazitäten-Modell (nach Starkweather) – 227
12.9
Tabelle Differenzialdiagnostik Stottern – 228
– 225
– 215
12.10
Stolperstein – Fragebogen zu den Auswirkungen des Stotterns für Schüler – 230
12.11
Stolperstein – Auswertung des Fragebogens zu den Auswirkungen des Stotterns für Schüler – 233
12.12
Stolperstein-E: Fragebogen zu den Auswirkungen des Stotterns für Eltern jüngerer Kinder – 241
12.13
Stolperstein-E: Auswertung des Fragebogens zu den Auswirkungen des Stotterns für Eltern jüngerer Kinder – 244
12.14
Merkblatt für Eltern
12.15
Merkblatt für Lehrerinnen
12.16
Merkblatt für Erzieherinnen
12.17
Informationsabend für Erzieherinnen und Lehrer
12.18
Therapiebausteine mit dem Kind in Übersicht
12.19
Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training – 260
– 252 – 253 – 255 – 257
– 259
209 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.1
12
Anamnesefragebogen für Stottern bei Kindern und Jugendlichen
(Zutreffendes unterstreichen oder ergänzen)
Name:
geb:
1. Symptomatik – Variabilität – Verlauf 4 Beschreibung der Symptomatik (Beschreibung/Demonstration): 4 Auftreten und Häufigkeit
Am geringsten/am stärksten: Periodische Schwankungen: Vermutete Ursachen für Schwankungen: 4 Situationsabhängige Schwankungen
Zunahme/Abnahme der Symptomatik situativ/personenbedingt: Einfluss von körperlicher/psychischer Verfassung: Einfluss von TV/Audiokassetten: 4 Schweregrad-Einschätzung anhand einer Skala von 1–10: 4 Vermutete Ursachen
Wer hat Stottern »diagnostiziert«: 4 Entwicklung der Symptomatik: Beginn:
Besondere Vorkommnisse zu der Zeit: 4 Bisherige Therapien:
2. Störungsbewusstsein und Copingstrategien Umgang des Kindes mit dem Stottern? Strategien? Äußerungen des Kindes über sein Stottern: »Warum kann ich nicht sprechen?«/»Ich kann das nicht
sagen.«/»Manno«/Kind äußert, dass es anders spricht als andere Kinder. Häufigkeit:
Reaktionen auf sein Stottern: Kind nimmt sich zu Herzen, dass es hängen bleibt/vermeidet Sprechen
in bestimmten Situationen/gegenüber bestimmten Personen:
210
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
1
Kind hört auf zu sprechen, wenn es hängen bleibt/verändert sein Sprechen durch Flüstern o. ä.?
2
Kind ist leicht frustriert/gibt auf, wenn es hängen geblieben ist?
3 4 5
Rückzugsverhalten in Gruppen/Blickkontaktabbruch allgemein/beim Hängenbleiben/andere Verhaltensauffälligkeiten?
3. Umweltreaktionen auf das Stottern
6
4 Soziale Erwünschtheit: (Wen stört das Stottern am meisten? Wen kaum/gar nicht?)
7
4 Umweltreaktionen: Hilfen (Mutter, Vater, andere) für das Kind:
8 9 10 11 12 13
4 Einstellung/Gefühle gegenüber dem Stottern:
Nervosität/Ärger/Mitleid/Zorn/andere: Einstellungen in der Familie zum Umgang mit dem Stottern: 4 Erfahrungen/Erlebnisse: Welche Erfahrungen und Erlebnisse verknüpft das Kind mit dem Stot-
tern? 4 Kindergarten/Schule: Wird das Kind gehänselt/ausgegrenzt? Hat es Freunde, mit denen es über das
Stottern spricht und bei denen es voll akzeptiert ist?
14 Umgang von Erzieherinnen/Lehrerinnen mit dem Stottern:
15 16 17 18
4. Emotionaler Stress und Besonderheiten im kindlichen Verhalten 4 Kontaktverhalten: gegenüber Kindern/Erwachsenen:
offen/kontaktfreudig/zurückhaltend/ängstlich/andere: 4 Selbstsicherheit: Kind ist selbstsicher/leicht zu verunsichern? Zu verunsichern durch:
19 20 21
4 Essverhalten: Besonderheiten/Schwierigkeiten: 4 Schlafverhalten: Schlafenszeit:
Albträume/Sprechen im Schlaf
211 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12
4 Sauberkeit: sauber/Einnässen/Einkoten/nachts/tagsüber/gelegentlich
4 Sicherheit und Ängste: Fühlt sich sicher bei:
Ängste gegenüber Anforderungen/Situationen/Tieren/Personen Kind geht gern/nicht gern zum Kindergarten/zur Schule 4 Temperament: ruhig/zurückhaltend/temperamentvoll/lebhaft/impulsiv 4 Aggression und Hemmung:
Kind wehrt sich das Kind gegen Aggression anderer mit: Wenn es gehänselt wird: Umgang mit Frustration: Wenn es seinen Willen nicht bekommt: Besonders aggressiv oder gehemmt bei: 4 Akzeptanz von Grenzen: beachtet Grenzen u. Regeln/testet Grenzen aus/ignoriert/verletzt
absichtlich Regeln/schwankend 4 Habits/autoaggressives Verhalten: Nägelbeißen/Daumenlutschen/andere Habits/Hyperaktivität
4 Schriftsprache: Vergleich schriftliche und mündliche Äußerungen:
5. Aktivität und Teilhabe 4 Kommunikation: Sprechfreude – wann, mit welchen Personen, in welchen Situationen? Meinung äußern und diskutieren – wann, mit welchen Personen, in welchen Situationen? Einkaufen – kauft das Kind gelegentlich allein etwas ein? 4 Familiäre und soziale Beziehungen: Eltern – Auswirkung des Stotterns auf die Beziehung, Beschreibung der Beziehung zum Kind Geschwister – kommen gut/nicht gut miteinander aus, besondere Verbundenheit/Rivalität/Kon-
kurrenzdruck in einzelnen Bereichen/Eifersucht/Streit Altersgenossen – viele Freunde/findet leicht Anschluss/spielt eher allein/mit anderen zusammen?
Verhalten in der Gruppe:
212
1
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
Andere Erwachsene – offenes Zugehen/tut sich leichter im Kontakt zu Erwachsenen/zu anderen
2
Kindern?
3
Kindergarten/Schule – wie kommt das Kind zurecht, was macht es dort gern, was fällt ihm schwer?
4 5
Erholung und Freizeit – wie sieht die Freizeitgestaltung aus, was macht das Kind gern, was ist ihm
lästig, wo bzw. wobei fühlt es sich wohl/unwohl?
6 Gleichberechtigung – Situationen, in denen das Kind aufgrund des Stotterns benachteiligt oder
7
anders behandelt wird/wurde als andere Kinder? Welche?
8 6. Allgemeinentwicklung
9 10 11 12 13
4 Das Einzigartige:
Kind kann besonders gut: 4 Frühe Entwicklung: Verlauf Schwangerschaft und Geburt:
Wie ging es der Mutter während der Schwangerschaft? Besondere Vorkommnisse: 4 Sprachentwicklung: Verlauf:
Erste Wörter: Erste Mehrwortsätze:
14
4 Statomotorische Entwicklung: Auffälligkeiten
Feinmotorik/Händigkeit/Koordination/Gleichgewicht/Krabbeln/Laufen, etc.
15 16
4 Krankheiten/kritische Ereignisse: Krankheiten:
Andere einschneidende/besondere/traumatische Ereignisse:
17 18 19 20 21
7. Familienanamnese 4 Familienkonstellation: Mitglieder:
213 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12
Frühere Ehen/Beziehungen: Getrennt lebende Eltern: Verlässlicher/einschätzbarer/unregelmäßiger/schwankender/problematischer Kontakt zum anderen Elternteil 4 Position in der Familie: Eltern: »Mutters«-Kind/»Vaters«-Kind Geschwister: Zahl:
Geschwisterreihe und -position:
Alter der Geschwister:
4 Sprache und Sprechen in der Familie: Elternteil/Großeltern/andere Verwandte stottern/haben
gestottert Wenn ja: Verlauf: Stottern besteht noch/überwunden Damals hat geholfen:
Sprachentwicklungsauffälligkeiten bei anderen Familienmitgliedern, z. B. verspäteter Sprechbeginn, etc.:
Geschwisterkind ist sehr sprachgewandt/dominant/»bemuttert«: emotionale Probleme/psychische Störungen/Erkrankungen von Familienmitgliedern: 4 Erziehung: klare/unterschiedliche Regeln?
Konsequenzen bei positivem/negativem Verhalten: Umgang mit Konflikten:
8. Therapiemotivation 4 Eltern
Wichtigkeit des Stotterns/wie viel Energie bereit zu investieren:
Glauben Sie, dass Sie etwas für das Stottern Ihres Kindes tun können?
Persönliches Therapieziel (Woran erkennen Sie, dass die Therapie erfolgreich ist/war?):
4 Kind
Weißt Du, warum Du hier bist?
214
1 2
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
Du bleibst manchmal beim Sprechen sssso hängen, merkst Du das?
Sprechen stört am meisten: Vater/Mutter/Oma/Tante/Lehrer/andere Stört es Dich?
Was stört daran:
3 4
Was machst Du, wenn Du hängen bleibst: Was machst Du, damit Du nicht mehr hängen bleibst:
5 6
Beim Sprechen hilft: Vermeiden:
7 Andere reagieren blöd/gut auf das Sprechen/hänseln. Reaktion:
8 9
Wie gehen die Lehrer mit dem Stottern um: Was wäre anders, wenn Du nicht stottern würdest:
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Was möchtest Du dafür tun, dass es mit deinem Sprechen besser wird:
215 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.2
Befundbogen für Stottern bei Kindern und Jugendlichen
(Zutreffendes unterstreichen oder ergänzen)
geb:
Name:
Datum der Untersuchung:
1. Beschreibung der Symptomatik 1.1
Kernsymptomatik
4 Wiederholungen:
überwiegend: Laut-/Silben-/Wort-/Satzteil-Wiederholung weiter treten auf: Laut-/Silben-/Wort-/Satzteil-Wiederholung Qualität: schnelle/spannungsreiche/lockere Wiederholung
4 Dehnungen/stumme Blockierungen: 4 Quantitative Beschreibung der Symptomatik in der Spontansprache Dauer der längsten Blockaden geschätzt/gemessen mit CountBasic: Durchschnittliche Dauer der Blockaden geschätzt/gemessen mit CountBasic: 4 Zielform des leichten Stotterns vorhanden:
1.2
Begleitsymptomatik
4 Sprachliche Ebene Embolophrasien:
Embolophonien:
Verbales Vermeiden:
/Umschreibungen/Synonyma
Stop-and-go-Mechanismen/Propulsionen Schwa-Laut Satzabbruch: mit/ohne Neustrukturierung Elisionen/Substitutionen/Additionen: von Wörtern/Silben/Lauten Starter: Auffälliges Sprechverhalten: wenig Sprecheranteile/der »zwanghafte« Sprecher/Einsatz von
»Denkpausen« und Verzögerungen/Sonstiges:
4 Nichtsprachliche Ebene Parakinesen: Tremor: Mimik: unbewegt/angespannt/übertrieben/Sonstiges: Körperhaltung:
12
216
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
1
Blickkontakt: unauffällig/allgemein reduziert/aufgehoben
2
Vegetative Reaktionen: Erröten/Zittern/Schweißausbruch/Sonstiges:
3 4 5 6 7
im Block reduziert/aufgehoben
4 Atmung, Stimme, Prosodie Stimmgebung: unauffällig/auffällig: Ventiltönchen: hörbar/orale Geräusche: Anstieg von Lautstärke/Tonhöhe Sprechtempo: verringert/erhöht Rhythmus: Atemauffälligkeiten: Atemvorschub/inspiratorisches Sprechen/Sprechen auf Restluft/Schnappat-
mung/paradoxe Atembewegungen/Sonstiges:
8 Erkennbare/reflektierte Strategien (Copingstrategien) im Umgang mit dem Stottern:
9 10 11
4 Symptomatik auf den unterschiedlichen Sprechleistungsstufen Nachsprechen: Symptomatik nimmt ab/zu Reihensprechen: Symptomatik nimmt ab/zu
1. Durchgang: Symptomatik nimmt ab/zu
12
Lesen:
13
Spontansprache:
2. Durchgang: Symptomatik nimmt ab/zu mit den Eltern: Symptomatik nimmt ab/zu mit dem Therapeuten: Symptomatik nimmt ab/zu
14
Reaktion auf Sprechdruck: erhöhtes Sprechtempo/Fragen/Verlust des Zuhörers etc.:
15 4 Psychische Ebene
16
Störungsbewusstsein / Hinweise auf Grad des Leidensdrucks:
17
Frustrationstoleranz:
18
Hinweise auf das Selbstkonzept:
19
Therapiemotivation:
Eigenwahrnehmung:
Ängste: (Laut- und Wortfurcht, Vermeidungsverhalten, irrationale Ängste)
20 21
Beobachtbare Stärken des Kindes:
217 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12
2. Verhaltensbeobachtungen wie z. B. Verhalten in fremder Umgebung/Interaktion/Spielverhalten/offensichtliche Anforderungen/Hinweise auf sekundäre Störungen/Verhalten im Kontakt
1 2 3
218
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.2.1
Ergänzungsbogen für Klein- und Vorschulkinder
Name:
geb:
Datum der Untersuchung:
3. Kommunikationsverhalten der Eltern 4 Sprachniveau:
4 5
4 Sprechtempo:
6
4 Zuhörerverhalten und Turn-taking-Verhalten:
7
4 Beschreibung der Interaktion:
8
4 Reaktionen auf die Unflüssigkeiten:
9 10
4. Ergebnisse des Elternfragebogens zu den Auswirkungen des Stotterns z. B. vermutete Auswirkungen auf Sprechfreude, zwischenmenschliche Beziehungen und Freizeitakti-
11 12
vitäten, mit dem Stottern einhergehende Gefühle bei Kind und Eltern etc..; Hinweise auf Copingstrategien (bewusste Bewältigungsstrategien)
13 14 15 16 17 18 19 20 21
5. Sprachentwicklung 4 Wortschatz: altersgemäß/eingeschränkt: 4 Wortfindung: altersgemäß/auffällig: 4 Sprachverständnis: altersgemäß/auffällig: 4 Grammatikentwicklung: altersgemäß/auffällig:
Morphologie: Syntax: Schwerpunkt der Auffälligkeiten:
nach Beobachtung/lt. Test:
219 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12
4 Mittlere Äußerungslänge: 4 Artikulation: altersgemäß/Dyslalie:
Schwerpunkt:
phonetisch-artikulatorisch/phonematisch-phonologisch
4 Lautdifferenzierung: 4 Auditive Merkfähigkeit: altersgemäß/eingeschränkt:
6. Motorik und Koordination 4 Mundmotorik: Tonus: unauffällig/hypoton/hyperton Mundschluss:
Salivation:
Myofunktionelle Störung: Diadochokinese: unauffällig/auffällig bei: Koordination von Artikulation und Stimme:
bis 5 Jahre: 10x pa/pata/taka: ab 5 Jahre: 10x pataka: »nudeln«: 4 Feinmotorik: Händigkeit: rechts/links/noch nicht festgelegt Geschicklichkeit: schneiden: +/~/-
malen: +/~ /-
basteln: +/~ /-
fädeln: +/~ /-
4 Grobmotorik: Beobachtungen zu Tonus/Gleichgewicht/Koordination/Geschicklichkeit/Kraft-
dosierung:
220
1
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
7. Überblick über die Begleitsymptomatik Sehr gut
2 3 4 5
Unauffällig
Auffällig (a) Behandlungsbedarf (b) Zusatzbefund (z)
Grobmotorik Feinmotorik Koordination Mundmotorik
6
Sprachentwicklung
7
Kommunikationsverhalten des Kindes
8
Kommunikationsverhalten der Eltern
9
Eltern-Kind-Interaktion Frustrationstoleranz
10
Eigenwahrnehmung
11
Verhalten
12
Selbstkonzept Störungsbewusstsein/Leidensdruck
13 14 15 16 17 18 19 20 21
8. Zusammenfassender Befund unter Berücksichtigung der Aspekte Aktivität und Teilhabe (ICF basiert):
221 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.2.2
Ergänzungsbogen für Schulkinder und Jugendliche
Name:
geb:
12
Datum der Untersuchung:
3. Sprachliche Performanz Keine Auffälligkeiten Auffälligkeiten bei:
Wortfindung/Wortschatz/Artikulation/Grammatik/ Sprachverständnis/Ausdrucksfähigkeit:
4. Kommunikationsverhalten 4 Sprachniveau: 4 Sprechtempo: 4 Zuhörerverhalten und Turn-taking-Verhalten:
4 Beschreibung der Interaktion: mit seinen Eltern/mit der Sprachtherapeutin:
4 Reaktionen auf die Unflüssigkeiten:
5. Ergebnisse des Fragebogens zu den Auswirkungen des Stotterns z. B. Auswirkungen auf Sprechfreude, zwischenmenschliche Beziehungen und Freizeitaktivitäten, mit dem Stottern einhergehende Gefühle etc.
6. Motorik und Koordination 4 Mundmotorik: Tonus: euton/hypoton/hyperton Mundschluss:
Myofunktionelle Störung:
Diadochokinese: unauffällig/auffällig bei: Koordination von Artikulation und Stimme:
10x pataka: »nudeln«: 4 Feinmotorik: Schriftbild/Stifthaltung:
Händigkeit: rechts/links
222
1 2
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
4 Grobmotorik: Beobachtungen zu Tonus/Haltung/Koordination/Geschicklichkeit/Kraft:
7. Überblick über die Begleitsymptomatik
3 Sehr gut
4 5 6
Unauffällig
Auffällig (a) Behandlungsbedarf (b) Zusatzbefund (z)
Grobmotorik/Koordination Feinmotorik Mundmotorik
7 Sprachliche Auffälligkeiten
8 9 10
Kommunikationsverhalten des Kindes Kommunikationsverhalten der Eltern Frustrationstoleranz Eigenwahrnehmung
11
Verhalten
12
Selbstkonzept
13 14 15 16 17 18 19 20 21
8. Zusammenfassender Befund unter Berücksichtigung der Aspekte Aktivität und Teilhabe (ICF basiert)
223 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.3
12
Protokoll zur quantitativen Auswertung von Sprechproben ohne CountBasic
Erstuntersuchung
Folgeuntersuchung Nr.:
Name des Kindes:
Geb.:
Datum/Uhrzeit der Aufnahme:
Untersucher:
Tagesform nach eigener Einschätzung/Einschätzung der Mutter:
1. Sprechprobe Situation/Beobachtungen:
Anforderung: niedrig/mittel/hoch Mittlere Sprechgeschwindigkeit Silben/Minuten
Dauer der längste Blockade (geschätzt):
Stotterrate: /100 Silben
2. Sprechprobe: 100 Wörter Situation/Beobachtungen:
Anforderung: keine/mittel/hoch Mittlere Sprechgeschwindigkeit Silben/Minuten
Dauer der längste Blockade (geschätzt):
Stotterrate: /100 Silben
1 2
224
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.4
Protokoll zur Verlaufsdiagnostik
Protokollnr.:
3
Name:
Datum der Untersuchung:
Geb.:
Untersucher:
4
Letzte Verlaufskontrolle am:
vor
Stunden
Berichten die Eltern von Veränderungen? nein/ja:
5
Berichtet das Kind von Veränderungen? nein/ja:
6 Qualitative Auswertung
7 8 9
Situation: Stressoren:
Reaktionen darauf:
Unterbrechungen: Fragen: geschlossene:
10
offene: Metasprachliche Kommunikation: (Abbruch des Blickkontaktes, Tonfall, Körpersprache)
11 12
Zeitdruck:
13
Sonstige:
14
Quantitative Auswertung
15 16 17 18 19 20 21
225 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12
Sprechprobe im freien Spiel/Beschreibung der Situation: Stotterrate:
Veränderungen im Vgl. zum Vorbefund? nein/ja:
Sprechprobe einer erkennbaren Stress-Situation/Beschreibung der Situation:
Stotterrate:
Veränderungen im Vgl. zum Vorbefund? nein/ja:
Dauer des gesamten Sprechzeit/100 Wörter:
Auswertung des Fragebogens Gibt es Veränderungen im Vgl. zum ersten/vorangegangenen Fragebogen (z. B. Auswirkungen auf Sprechfreude, zwischenmenschliche Beziehungen und Freizeitaktivitäten, mit dem Stottern einhergehende Gefühle etc.? ja/nein
Aktueller Befund unter Berücksichtigung der Aspekte Aktivität und Teilhabe (ICF-basiert):
Traten neue, bisher nicht berücksichtigte Aspekte auf? nein/ja: Weitere Therapieplanung/Schwerpunkte der nächsten
Stunden:
1
226
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.5
Grafik zu Veranschaulichung der ermittelten Stotterraten verschiedener Sprechleistungsstufen
2 30
3
25 20
4
15
5
10 5
6
0
7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
12.6
Leergrafik zur Darstellung der Stotterrate im Therapieverlauf zum Ausfüllen per Hand
227 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.7
12
Das Anforderungs- und Kapazitäten-Modell zur individuellen Anpassung
Grafik von Sabine S. Hammer, Bad Vilbel
1
228
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.8
Das Anforderungs- und Kapazitäten-Modell (nach Starkweather)
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Grafik von Sabine S. Hammer, Bad Vilbel
229 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.9
12
Tabelle Differenzialdiagnostik Stottern
. Tabelle 1. Gegenüberstellung von altersgemäßen Unflüssigkeiten und beginnendem Stottern Symptomatik
physiologische Unflüssigkeiten
beginnendes Stottern
Wort- und Silbenwiederholungen
ja
ja
Lautwiederholungen
–
ja
stumme Blockaden
–
ja
Dehnungen
kurz und spannungsfrei
Spannung bemerkbar; Dauer länger als 1 Sek.
Zahl der Unflüssigkeiten/ 100 Wörter
symptomatische Unflüssigkeiten: max. 3 und funktionelle Unflüssigkeiten: max. 6
über 3 symptomatische Unflüssigkeiten
Pausen
ja, zur linguistischen Planung
ja, zur linguistischen Planung und als Folge von Blockierungen der Atmung und Artikulation
Atmung
unauffällig; Schnappatmung bei engagiertem Erzählen
Atemauffälligkeiten vor oder im Wort
Schwa-Laut
–
ja
Phonationsabbruch
–
ja
Veränderung des Sprechtempos
–
ja
Veränderung des Sprechrhythmus
–
ja
Störungsbewusstsein
–
unklar
Begleitsymptomatik
–
–
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.10
Stolperstein – Fragebogen zu den Auswirkungen des Stotterns für Schüler
Name:
2 3 4
Datum:
Dieser Fragebogen soll Dir helfen, Deine Schwierigkeiten mit dem Sprechen genauer zu beschreiben. Die Fragen beziehen sich darauf, wie es Dir jetzt geht. Es geht dabei nicht um früher. Am Schluss geht es auch darum, welche Ziele Du noch für Deine Therapie hast. Lies Dir bitte die Fragen vollständig und in Ruhe durch und kreuz die Zahl (nur immer eine Zahl je Aussage!) an, die für Dich am besten zutrifft. Wenn Du eine Frage gar nicht beantworten kannst, weil sie mit Deinen Problemen nichts zu tun hat, darfst du sie auch ausstreichen.
überhaupt nicht
5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
stimmt voll und ganz
1
230
1. Aus Angst zu stottern, sage ich oft nicht, was ich denke. Bei meiner Familie.
1
2
3
4
Am Telefon.
1
2
3
4
In Situationen mit mehreren Menschen.
1
2
3
4
Bei meinen Lehrern.
1
2
3
4
Bei meinen Freunden.
1
2
3
4
In der Klasse/Schule.
1
2
3
4
Bei Fremden.
1
2
3
4
vor wenigen Kindern zu sprechen.
1
2
3
4
vor vielen Kindern zu sprechen.
1
2
3
4
mit meinem Lehrer/meinen Lehrern alleine zu sprechen.
1
2
3
4
eine Frage zu stellen, wenn die ganze Klasse zuhört.
1
2
3
4
vor der Klasse zu stehen und zu sprechen (z. B. beim Abfragen oder beim Referat).
1
2
3
4
laut vorzulesen.
1
2
3
4
außerhalb des Klassenzimmers zu sprechen (in der Pause, in der Cafeteria).
1
2
3
4
mit Menschen zu sprechen, die ich gut kenne (z. B. Freunde, Verwandte).
1
2
3
4
mit Menschen zu sprechen, die ich gerade zum 1. Mal treffe.
1
2
3
4
in einer Gruppe mit mehreren Personen zu sprechen.
1
2
3
4
eine Unterhaltung zu beginnen.
1
2
3
4
einen Witz oder ein Erlebnis zu erzählen.
1
2
3
4
eine Essensbestellung aufzugeben (z. B. im Restaurant oder am Kiosk).
1
2
3
4
2. Mir fällt es in der Schule schwer ...
3. Bei Freizeitaktivitäten fällt es mir schwer ...
17 18 19 20 21
12
231
stimmt voll und ganz
stimmt überhaupt nicht
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
4. Es fällt mir normalerweise schwer ... unter Zeitdruck zu sprechen.
1
2
3
4
mit Erwachsenen zu sprechen (im Gegensatz zu Gleichaltrigen oder Jüngeren).
1
2
3
4
bei Aufregung zu sprechen.
1
2
3
4
mit Jungs zu sprechen.
1
2
3
4
mit Mädchen zu sprechen.
1
2
3
4
Ich sehe meinen Gesprächspartner nicht an.
1
2
3
4
Ich spreche wenig oder gar nicht.
1
2
3
4
Ich vermeide es, bestimmte Dinge zu tun (z. B. auf Parties gehen, größere Gruppen treffen, neue Leute kennen lernen).
1
2
3
4
Ich lasse andere für mich zu Ende sprechen.
1
2
3
4
Ich versuche, mich in möglichst kurzen Sätzen zu äußern oder setze auch mal Bewegungen (z. B.von Händen oder Kopf; Schaukeln des Oberkörpers) statt Worte ein.
1
2
3
4
Ich spreche sehr leise.
1
2
3
4
Ich versuche, mich »unsichtbar« zu machen, damit niemand mich anspricht.
1
2
3
4
Ich versuche langsamer zu sprechen.
1
2
3
4
Ich versuche betonter zu sprechen.
1
2
3
4
Ich mache mehr Pausen.
1
2
3
4
Ich setze eine in der Therapie erlernte Sprechtechnik ein.
1
2
3
4
hilflos.
1
2
3
4
wütend.
1
2
3
4
beschämt. Es ist mir peinlich.
1
2
3
4
allein/verlassen.
1
2
3
4
ängstlich/besorgt.
1
2
3
4
traurig.
1
2
3
4
schuldig.
1
2
3
4
frustriert.
1
2
3
4
5. Wenn ich denke, dass ich stottern könnte, setze ich »Tricks« ein.
6. Wenn ich über mein Stottern nachdenke, dann fühle ich mich ...
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
stimmt überhaupt nicht
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
stimmt voll und ganz
232
7. Was wäre anders, wenn Du nicht stottern würdest? Ich hätte bessere Noten.
1
2
3
4
Ich hätte mehr Freunde.
1
2
3
4
Ich hätte andere Freunde.
1
2
3
4
Ich würde nicht so oft gehänselt werden.
1
2
3
4
Ich würde mehr unternehmen.
1
2
3
4
Ich würde mehr neue Leute kennen lernen.
1
2
3
4
Ich hätte mehr Spaß.
1
2
3
4
Ich käme mit meiner Familie besser zurecht.
1
2
3
4
Ich käme mit meinen Freunden besser zurecht.
1
2
3
4
Ich würde mich später wahrscheinlich für einen anderen Beruf entscheiden.
1
2
3
4
Ich würde mehr sprechen.
1
2
3
4
12
233 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
Stolperstein – Auswertung des Fragebogens zu den Auswirkungen des Stotterns für Schüler Datum 1. Erhebung: Datum 2. Erhebung: Datum 3. Erhebung:
1. Aus Angst zu stottern, sage ich oft nicht, was ich denke.
stimmt voll und ganz
stimmt voll und ganz
stimmt überhaupt nicht
Name:
stimmt überhaupt nicht
12.11
Bei Fremden. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
Bei meiner Familie. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
2. Mir fällt es in der Schule schwer ... vor wenigen Kindern zu sprechen.
Am Telefon. 1. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
In Situationen mit mehreren Menschen.
vor vielen Kindern zu sprechen.
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
Bei meinen Lehrern.
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
mit meinem Lehrer/meien Lehrern alleien zu sprechen.
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
Bei meinen Freunden.
In der Klasse/Schule. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
eine Frage zu stellen, wenn die ganze Klasse zuhört. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
vor der Klasse zu stehen und zu sprechen (z.B. beim Abfragen oder beim Referat). 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
eine Essensbestellung aufzugeben (z.B. im Restaurant oder am Kiosk). 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
unter Zeitdruck zu sprechen.
1. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
mit Erwachsenen zu sprechen (im Gegensatz zu Gleichaltrigen oder Jüngeren).
3. Bei Freizeitaktivitäten fällt es mir schwer ... mit Menschen zu sprechen, die ich gut kenne (z.B. Freunde, Verwandte). 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
mit Menschen zu sprechen, die ich geradezum 1. Mal treffe.
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
bei Aufregung zu sprechen. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
in einer Gruppe mit mehreren Personen zu sprechen.
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
17
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
18
3. Erhebung
1
2
3
4
eine Unterhaltung zu beginnen.
21
1. Erhebung
4. Es fällt mir normalerweise schwer ... außerhalb des Klassenzimmers zu sprechen (in der Pause, in der Cafeteria).
1
20
einen Witz oder ein Erlebnis zu erzählen.
laut vorzulesen.
1. Erhebung
19
stimmt voll und ganz
stimmt überhaupt nicht
1
stimmt überhaupt nicht
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
stimmt voll und ganz
234
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
mit Jungs zu sprechen.
mit Mädchen zu sprechen.
12
235
5. Wenn ich denke, dass ich stottern könnte, setze ich »Tricks« ein. Ich sehe meinen Gesprächspartner nicht an. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
Ich spreche wenig oder gar nicht. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
Ich vermeide es, bestimmte Dinge zu tun (z. B. auf Parties gehen, größere Gruppen treffen, neue Leute kennen lernen). 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
Ich lasse andere für mich zu Ende sprechen. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
Ich versuche, mich in möglichst kurzen Sätzen zu äußern oder setze auch mal Bewegungen (z. B. von Händen oder Kopf; Schaukeln des Oberkörpers) statt Worte ein. 1. Erhebung
1
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3
4
2. Erhebung
1
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3
4
3. Erhebung
1
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3
4
Ich spreche sehr leise. 1. Erhebung
1
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4
2. Erhebung
1
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3. Erhebung
1
2
3
4
Ich versuche, mich »unsichtbar« zu machen, damit niemand mich anspricht. 1. Erhebung
1
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4
2. Erhebung
1
2
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4
3. Erhebung
1
2
3
4
stimmt voll und ganz
stimmt überhaupt nicht
stimmt voll und ganz
stimmt überhaupt nicht
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
Ich versuche langsamer zu sprechen. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
Ich versuche betonter zu sprechen. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
Ich mache mehr Pausen.
Ich setze eine in der Therapie erlernte Sprechtechnik ein. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
6. Wenn ich über mein Stottern nachdenke, dann fühle ich mich ... hilflos. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
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4
1. Erhebung
1
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3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
wütend.
beschämt. Es ist mir peinlich. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
2 3
allein/verlassen.
stimmt voll und ganz
stimmt überhaupt nicht
1
stimmt überhaupt nicht
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
stimmt voll und ganz
236
Ich würde nicht so oft gehänselt werden.
4
1. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
5
3. Erhebung
1
2
3
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3. Erhebung
1
2
3
4
ängstlich/besorgt.
6 7
Ich würde mehr unternehmen.
1. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
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2. Erhebung
1
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2. Erhebung
1
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3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
traurig.
8 9 10 11 12 13 14
Ich würde mehr neue Leute kennen lernen.
1. Erhebung
1
2
3
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1. Erhebung
1
2
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4
2. Erhebung
1
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3
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2. Erhebung
1
2
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3. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
schuldig.
Ich hätte mehr Spaß.
1. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
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3
4
2. Erhebung
1
2
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2. Erhebung
1
2
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3. Erhebung
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3. Erhebung
1
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4
1. Erhebung
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4
1. Erhebung
1
2
3
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2. Erhebung
1
2
3
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2. Erhebung
1
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3. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
frustriert.
Ich käme mit meiner Familie besser zurecht.
7. Was wäre anders, wenn Du nicht stottern würdest? Ich hätte bessere Noten.
15 16 17 18 19 20
1. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
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2. Erhebung
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4
3. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
1
2
3
4
Ich hätte mehr Freunde. 1. Erhebung 2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
Ich würde mich später wahrscheinlich für einen anderen Beruf entscheiden. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
Ich würde mehr sprechen.
Ich hätte andere Freunde. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
21
Ich käme mit meinen Freunden besser zurecht.
1
2
3
4
12
237 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.12
Stolperstein-E: Fragebogen zu den Auswirkungen des Stotterns für Eltern jüngerer Kinder
Name:
Datum:
stimmt voll und ganz
stimmt überhaupt nicht
Dieser Fragebogen soll Ihnen helfen, die Schwierigkeiten Ihres Kindes mit dem Sprechen genauer zu beschreiben. Die Fragen beziehen sich darauf, wie Sie die Situation im Augenblick wahrnehmen. Es geht dabei nicht um früher. Zusätzlich geht es um Auswirkungen, die das Stottern Ihres Kindes auf Sie hat. Lesen Sie sich bitte die Fragen vollständig und in Ruhe durch und kreuzen Sie die Zahl (nur immer eine Zahl je Aussage!) an, die Ihrer Meinung nach am besten zutrifft. Sollten Sie eine Frage wirklich gar nicht beantworten können, so streichen Sie bitte die betreffende Frage.
1. Ich denke, dass mein Kind aus Angst zu stottern, sich sprachlich oft zurückhält. Innerhalb der Familie.
1
2
3
4
Am Telefon.
1
2
3
4
In Situationen mit mehreren Menschen.
1
2
3
4
Bei seinen Freunden.
1
2
3
4
Bei Fremden.
1
2
3
4
mit Menschen zu sprechen, die es gut kennt (z. B. Freunde, Verwandte).
1
2
3
4
mit Menschen zu sprechen, die es gerade zum 1. Mal trifft.
1
2
3
4
in einer Gruppe mit mehreren Personen zu sprechen.
1
2
3
4
einen Witz oder ein Erlebnis zu erzählen.
1
2
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4
unter Zeitdruck zu sprechen.
1
2
3
4
mit Erwachsenen zu sprechen (im Gegensatz zu Gleichaltrigen oder Jüngeren).
1
2
3
4
bei Aufregung zu sprechen.
1
2
3
4
Es sieht seinen Gesprächspartner möglichst nicht an.
1
2
3
4
Es spricht wenig oder gar nicht mehr.
1
2
3
4
Es vermeidet bestimmte Dinge zu tun (z. B. auf Kindergeburtstage zu gehen, sich in neue Situationen zu begeben.)
1
2
3
4
Es bildet viele Halbsätze, damit sich der Zuhörer den Rest selbst erschließt oder den Satz zu Ende spricht.
1
2
3
4
2. Bei Freizeitaktivitäten fällt es ihm nach meiner Beobachtung schwer
3. Es fällt ihm nach meiner Beobachtung normalerweise schwer ...
4. Ich beobachte, dass mein Kind mit bestimmten »Tricks« versucht, mit auftretenden Unflüssigkeiten besser zurecht zu kommen.
238
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
stimmt überhaupt nicht
stimmt voll und ganz
1 2 3 4
Es bildet (zunehmend) kürzere Sätze oder setzt auch mal Bewegungen (z. B.von Händen oder Kopf; Schaukeln des Oberkörpers), Geräusche (»Comicsprache«) oder Grimassen statt Worte ein.
1
2
3
4
5
Es spricht sehr leise.
1
2
3
4
Es versucht, Erwachsene für sich sprechen zu lassen.
1
2
3
4
Es versucht, langsamer zu sprechen.
1
2
3
4
Es versucht, betonter zu sprechen.
1
2
3
4
Es macht mehr Pausen.
1
2
3
4
Es setzt eine in der Therapier erlernte Sprechtechnik ein.
1
2
3
4
hilflos.
1
2
3
4
wütend.
1
2
3
4
beschämt. Es ist mir peinlich.
1
2
3
4
allein/verlassen.
1
2
3
4
ängstlich/besorgt.
1
2
3
4
traurig.
1
2
3
4
schuldig.
1
2
3
4
frustriert.
1
2
3
4
Es hätte mehr Freunde.
1
2
3
4
Es hätte andere Freunde.
1
2
3
4
Es würde nicht so oft gehänselt werden.
1
2
3
4
Es würde mehr unternehmen.
1
2
3
4
Es hätte mehr Spaß.
1
2
3
4
Wir kämen innerhalb der Familie besser miteinander zurecht.
1
2
3
4
Es käme mit seinen Freunden besser zurecht.
1
2
3
4
Es würde mehr sprechen.
1
2
3
4
Ich wäre entspannter.
1
2
3
4
Ich müsste mich selterner für mein Kind rechtfertigen oder Erklärungen abgeben.
1
2
3
4
Ich würde in meinem Umfeld besser behandelt werden.
1
2
3
4
6 7 8
5. Wenn ich über das Stottern meines Kindes nachdenke, dann fühle ich mich ...
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
6. Was wäre anders, wenn Ihr Kind nicht stottern würde?
12
239 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
Stolperstein-E: Auswertung des Fragebogens zu den Auswirkungen des Stotterns für Eltern jüngerer Kinder Datum 1. Erhebung: Datum 2. Erhebung Datum 3. Erhebung
1. Ich denke, dass mein Kind aus Angst zu stottern, sich sprachlich oft zurückhält. Innerhalb der Familie.
stimmt voll und ganz
stimmt voll und ganz
stimmt überhaupt nicht
Name:
stimmt überhaupt nicht
12.13
mit Menschen zu sprechen, die es gut kennt (z. B. Freunde, Verwandte). 1. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
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3. Erhebung
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2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
4
3. Erhebung
1
2
3
4
Am Telefon.
3. Erhebung
1
2
3
mit Menschen zu sprechen, die es gerade zum 1. Mal trifft.
in einer Gruppe mit mehreren Personen zu sprechen.
In Situationen mit mehreren Menschen. 1. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
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2
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2. Erhebung
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3
4
3. Erhebung
1
2
3
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3. Erhebung
1
2
3
4
einen Witz oder ein Erlebnis zu erzählen.
Bei seinen Freunden. 1. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
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3
4
2. Erhebung
1
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4
2. Erhebung
1
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3. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
3. Es fällt ihm nach meiner Beobachtung normalerweise schwer ...
Bei Fremden. 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
unter Zeitdruck zu sprechen.
2. Bei Freizeitaktivitäten fällt es ihm nach meiner Beobachtung schwer 1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
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1. Erhebung
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2
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2. Erhebung
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3. Erhebung
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4
mit Erwachsenen zu sprechen (im Gegensatz zu Gleichaltrigen oder Jüngeren). 1. Erhebung
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2. Erhebung
1
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3. Erhebung
1
2
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3 4 5 6
bei Aufregung zu sprechen.
Es versucht, Erwachsene für sich sprechen zu lassen.
1. Erhebung
1
2
3
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1. Erhebung
1
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4
2. Erhebung
1
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2. Erhebung
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3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
1
2
3
4
4. Ich beobachte, dass mein Kind mit bestimmten »Tricks« versucht, mit auftretenden Unflüssigkeiten besser zurecht zu kommen. Es sieht seinen Gesprächspartner möglichst nicht an.
7 8
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
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3. Erhebung
1
2
3
4
Es spricht wenig oder gar nicht mehr.
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
stimmt voll und ganz
2
stimmt voll und ganz
1
stimmt überhaupt nicht
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
stimmt überhaupt nicht
240
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung
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4
Es vermeidet bestimmte Dinge zu tun (z.B. auf Kindergeburtstage zu gehen, sich in neue Situationen zu begeben.)
Es versucht, langsamer zu sprechen. 1. Erhebung
1
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4
2. Erhebung
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3. Erhebung
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Es versucht, betonter zu sprechen. 1. Erhebung
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2. Erhebung
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2. Erhebung
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3. Erhebung
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Es macht mehr Pausen.
Es setzt eine in der Therapier erlernte Sprechtechnik ein.
1. Erhebung
1
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2. Erhebung
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1. Erhebung
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3. Erhebung
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4
2. Erhebung
1
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3
4
Es bildet viele Halbsätze, damit sich der Zuhörer den Rest selbst erschließt oder den Satz zu Ende spricht.
3. Erhebung
1
2
3
4
1. Erhebung
1
2
3
4
5. Wenn ich über das Stottern meines Kindes nachdenke, dann fühle ich mich ...
2. Erhebung
1
2
3
4
hilflos.
3. Erhebung
1
2
3
4
Es bildet (zunehmend) kürzere Sätze oder setzt auch mal Bewegungen (z. B.von Händen oder Kopf; Schaukeln des Oberkörpers), Geräusche (»Comicsprache«) oder Grimassen statt Worte ein.
1. Erhebung
1
2
3
4
2. Erhebung
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3
4
3. Erhebung
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wütend.
1. Erhebung
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1. Erhebung
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2. Erhebung
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2. Erhebung
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3. Erhebung
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2
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3. Erhebung
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Es spricht sehr leise.
beschämt. Es ist mir peinlich.
1. Erhebung
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1. Erhebung
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2. Erhebung
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2. Erhebung
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3. Erhebung
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241
1
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1. Erhebung
1
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1
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2. Erhebung
1
2
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2. Erhebung
3. Erhebung
1
2
3
4
3. Erhebung Es hätte mehr Spaß.
ängstlich/besorgt. 1. Erhebung
stimmt voll und ganz
Es würde mehr unternehmen.
allein/verlassen. 1. Erhebung
stimmt überhaupt nicht
stimmt voll und ganz
stimmt überhaupt nicht
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
1
2
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1. Erhebung
1
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2
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1
2
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2. Erhebung
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2. Erhebung
3. Erhebung
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3. Erhebung
Wir kämen innerhalb der Familie besser miteinander zurecht.
traurig. 1. Erhebung
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3. Erhebung
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schuldig.
1. Erhebung
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2. Erhebung
1
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3. Erhebung
1
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Es käme mit seinen Freunden besser zurecht.
1. Erhebung
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2. Erhebung
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1. Erhebung
1
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2. Erhebung
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3. Erhebung
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frustriert.
1. Erhebung
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4
2. Erhebung
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3. Erhebung
1
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1. Erhebung
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2. Erhebung
1
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1
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1. Erhebung
1
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2. Erhebung
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3. Erhebung
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Es würde mehr sprechen.
6. Was wäre anders, wenn Ihr Kind nicht stottern würde?
Ich wäre entspannter.
Es hätte mehr Freunde. 1. Erhebung
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2. Erhebung
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3. Erhebung
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1. Erhebung
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1. Erhebung
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2. Erhebung
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2. Erhebung
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3. Erhebung
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Es hätte andere Freunde.
1
2
3
Ich würde in meinem Umfeld besser behandelt werden. 1. Erhebung
1
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2. Erhebung
1
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3. Erhebung
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4
Es würde nicht so oft gehänselt werden. 1. Erhebung
Ich müsste mich selterner für mein Kind rechtfertigen oder Erklärungen abgeben.
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3. Erhebung
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1
242
Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.14
Merkblatt für Eltern
2
Was Sie über Stottern bei Kindern wissen sollten (In Anlehnung an Wendlandt (1998))
3
Woher kommt Stottern?
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Wenn es zum Stottern kommt, kam es aller Wahrscheinlichkeit nach zu einen Aufeinandertreffen einer Disposition und stotterauslösenden Faktoren. Das Kind bringt vermutlich eine Veranlagung zum Stottern mit. Hinzu kommt schließlich, dass das Kind bestimmten Formen von Stress ausgesetzt war oder ist, wie z. B. hohe Anforderungen durch das Umfeld (Leistung, Verhalten, Benehmen), Geschwisterrivalität, familiäre Belastungen, hohes Sprachniveau im nächsten Umfeld oder ein unruhiger und unstrukturierter Alltag.
Stottern ist sehr individuell Die Redefähigkeit stotternder Kinder wird von vielen individuell unterschiedlich wirksamen Faktoren beeinflusst. So können sich z. B. Zahl, Art und Verhalten der Zuhörer, Zeitdruck oder aber die Redeabsicht ganz entscheidend auf den Redefluss auswirken. Welche Faktoren in welchem Ausmaß zum Tragen kommen, kann von Kind zu Kind sehr verschieden sein.
Stottern ist keine schlechte Angewohnheit Stottern ist für Kinder nicht willentlich beeinflussbar. Wenn sich ein stotterndes Kind anstrengt, »besser« zu sprechen, verschlechtert sich in aller Regel die Symptomatik. > Beachte Gut gemeinte Hinweise bringen also im besten Falle nichts, im schlimmsten Fall eine Verschlechterung der Symptomatik.
Stottern ist nicht ansteckend! Manchmal ahmen Freunde des stotternden Kindes die Unflüssigkeiten nach. Hintergrund ist die Lust am Nachmachen und am »gemeinsam machen«. Wenn der Reiz des Neuen vorbei ist, wird das Interesse daran von alleine wieder verschwinden. > Beachte Deshalb: Schenken Sie dem gespielten Stottern keine Beachtung – denn dies würde das Kind in seinem Handeln eher bestärken.
Stotternde Kinder sind genauso klug wie andere Kinder Stotternde Kinder sind in jeder Hinsicht wie andere Kinder. Auch andere Kinder haben mitunter in einzelnen Bereichen Schwierigkeiten. Stottern ist auf keinen Fall ein Zeichen mangelnder Intelligenz. Im Gegenteil: Häufig haben stotternde Kinder besondere »Antennen« für Zwischenmenschliches. Manche stotternde Kinder beginnen leider bei länger bestehender Symptomatik Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressionen oder Kontaktscheu zu entwickeln. Dem gilt es, durch frühzeitige Beratung und Therapie unbedingt entgegenzuwirken.
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Merkblatt für Lehrerinnen
Stottern – ein »alltägliches« Problem braucht Ihre Unterstützung Stottern hat viele Facetten und kann sich bei jedem Kind sehr unterschiedlich äußern. Es betrifft meist nicht nur den Redefluss selbst, sondern auch Mimik und Gestik sowie das Kommunikations- und Sozialverhalten. > Beachte Sie als LehrerIn des Kindes können einiges zum Erhalt der Kommunikationsfähigkeit sowie zur Förderung eines angemessenen Sozialverhaltens beitragen.
Stottern ist oft stark abhängig von der Sprechsituation als Ganzes: Fühlt sich das Kind unter zeitlichem, sozialem oder emotionalem Druck, so ist die Wahrscheinlichkeit zu stottern wesentlich höher als in entspannter und wohlwollender Atmosphäre. Gerät das Kind unter Sprechdruck, versucht es häufig auf unterschiedliche Arten der unangenehmen Situation zu entgehen.
. Übersi siccht Möglich he Strategien im Umg mgang g mit Sprec Sprechdruck k: 4 Ve Vermeiden vo on Sprechsituationen (z. B. von mündlichen n Unterrichtsbeitr träge tr ägen) äge n) 4 Produziere en von kurze en oder unvollsttän ändigen Sättze en 4 Ersetzen »schwierige er« Wörrter durch ch leich hter sprechbaare e Wörter 4 Ablenkung gsmanöver (z (z. B. kaspern, sche ei einbares Nichtv tve erstehen etcc.))
> Beachte Sprechdruck kann sich auch in motorischer Unruhe, Erröten oder deutlicher Zunahme der Stottersymptomatik äußern.
Was wirkt sich negativ auf den Redefluss aus? 4 Aufregung verstärkt Unflüssigkeiten und Stottern. Hektik, Streit, Niederlagen oder die Vorfreude auf bestimmte Ereignisse können Stottern erheblich beeinträchtigen. 4 Wegschauen und ignorieren belastet das Kind mehr, als ihm zu helfen. Das Kind wird den unterbrochenen Blickkontakt eher als Verlust des Inte-
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resses oder als negative Bewertung seiner Sprechweise interpretieren und entsprechend Anstrengungen unternehmen, um die Aufmerksamkeit und die Wertschätzung des Zuhörers wiederzuerlangen. 4 Gute Ratschläge zum Sprechen erhöhen den Druck, »schön« zu sprechen.
4 Sprechen vor vielen Zuhörern kann für Stotternde stark belastend sein und Unflüssigkeiten oder Stottern auslösen.
Was können Sie für ein stotterndes Kind tun? 4 Bleiben Sie ruhig, wenn das Kind sehr unflüssig wird oder stottert. Damit signalisieren Sie ihm Ihre Bereitschaft zuzuhören. 4 Es ist nicht wichtig, wie das Kind spricht, sondern was es zu sagen hat. Indem Sie dem Kind für den Inhalt, nicht jedoch für die Form Rückmeldung geben, können Sie helfen, Frustrationen zu vermindern. 4 Halten Sie normalen Blickkontakt. Wegschauen ist für das Kind ebenso frustrierend wie Anstarren. Versuchen Sie daher, den Blickkontakt so natürlich wie möglich zu gestalten. 4 Lassen Sie das Kind aussprechen. Die Verlockung ist groß, für das Kind den Satz zu beenden, um im Unterrichtsgeschehen weiterzukommen oder schweres Stottern zu beenden. Für die meisten Kinder ist dieses Erlebnis jedoch in höchstem Maße frustrierend, zumal nicht immer gewährleistet ist, dass der Zuhörer die Redeabsicht genau errät. Möglicherweise wird das Kind das nächste Mal versuchen, möglichst schnell fertig zu werden. Dabei erhöht sich jedoch die innere Anspannung, und die Gefahr neuerlichen Stotterns steigt. Im schlimmsten Fall versucht das Kind mündliche Beiträge zunehmend zu vermeiden und zieht sich zurück. Aus demselben Grund sollten Sie auch Mitschüler daran hindern, für das Kind zu sprechen oder ihm ins Wort zu fallen. 4 Treiben Sie das Kind beim Sprechen nicht zur Eile an, sondern helfen Sie ihm, seine Gedanken in seinem Tempo zu Ende zu bringen. 4 Geben Sie ihm bitte keine Tipps, wie es flüssiger sprechen könnte. Ausnahme: Das Kind befindet sich in sprachtherapeutischer Behandlung, und die Art der Hilfestellungen wurde mit dem Kind und der Therapeutin genau abgesprochen. 4 Fördern Sie in Ihrer Klasse die Einhaltung von Gesprächsregeln besonders. Zum Beispiel: Wir fallen uns nicht gegenseitig ins Wort. Wir lassen
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einander aussprechen, selbst wenn wir zu wissen glauben, was der Sprecher sagen möchte. Jeder sollte etwas sagen dürfen, daher halten wir keine Monologe usw. 4 Sprechen Sie das Thema »Anderssein« in Ihrer Klasse an und/oder widmen Sie eine bzw. mehrere Schulstunden dem Thema Stottern. Die Stotte-
rer-Selbsthilfe hat für LehrerInnen das Lehr- und Lernmaterial »Stottern und Schule – Unterricht zum Thema Anderssein/Behindertsein am Beispiel Stottern« zusammengestellt. Es ist kostenfrei im Internet zu bestellen (www.demosthenesverlag.de) und enthält viele Ideen zur Gestaltung entsprechender Unterrichtseinheiten. 4 Stimmen Sie nach Möglichkeit die Interventionen mit den Kollegen, die ebenfalls in Ihrer Klasse unterrichten, ab. So ist gewährleistet, dass alle am
selben Strang ziehen.
Wie geht man mit aversiven Reaktionen gegen das stotternde Kind in der Gruppe um?
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Bei wiederholten Hänseleien wegen des Stotterns sollte ein persönliches Gespräch mit den betreffenden Kindern gesucht werden. Eine Diskussion von Schwächen Einzelner in großer Runde (z. B. Stuhlkreis, Klasse) sollte aus nahe liegenden Gründen möglichst vermieden werden.
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Wie erhalte ich mündliche Leistungen?
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Treffen Sie mit stark stotternden Kindern persönliche Absprachen. Nur so lässt sich herausfinden, womit das Kind zurechtkommt und welche Situationen kritisch sind.
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. Übersicht Vorschläge zum Um Umgang mit mündlichen Leistungen: 4 Mü ündliiche Beiträge im Unterricht werden nur ei eingefordert, wenn der Schüler sich meldet et. 4 Vo Vorlesen findet nicht der Reihe ihe he na n ch statt, sondern nach Meldung ng. ng 4 Der Schüler wird nic icht vor der Klasse abgefragt (Schülerr darf d an seinem Platz sitzen bleiben; Ab bfragen in der Pause bzw. vor/ nach dem Untterricht). 4 Fehlende mü ündliche Beit iträge werden n im persönlichen n Gespräch angemahnt, daabei wird gemein nsam nach Lösungen gesuccht. 4 Referate werrden in der Pause alleine vo vor dem Lehrer geha e lten. 4 Referate müsse se en nur schriftlic lich h au ausgearbeitet werden. 4 Referate dürfen vo vom Tonband abgespielt werden oder vom Bl Blatt a abgelesen werden en. n.
> Beachte Um jedoch den betroffenen Schüler mittelfristig nicht zu unterfordern oder gar neue Vermeidungsstrategien zu unterstützen, ist es sinnvoll, derartige Sonderabsprachen nur über einen begrenzten Zeitraum zu treffen und diese danach den aktuellen Gegebenheiten anzupassen.
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Merkblatt für Erzieherinnen
Kommunikationsverhalten optimieren
Das Wichtigste zuerst: Stottert das Kind überhaupt?
Nicht jedes Hängenbleiben ist gleich ein Stottern. Dennoch sollten Sie stark unflüssigen Kindern und Kinder, bei denen ein oder mehrere Warnzeichen zu beobachten sind, besondere Aufmerksamkeit widmen.
12.16
Im Vorschulalter kommt es im Rahmen der regulären Sprachentwicklung häufig zu so genannten physiologischen Unflüssigkeiten, d. h., das Kind ist ganz normal unflüssig. So wie ein kleines Kind zuerst einige Schritte versucht, bevor es richtig laufen lernt, und es dabei immer wieder mal stürzt, genauso »stolpern« viele Kinder im Rahmen ihrer normalen Sprachentwicklung beim Sprechen. > Beachte Solange das Kind beim Sprechen locker und unbefangen wirkt und lediglich längere Einheiten (Wörter, Sätze, selten Silben) wiederholt, besteht kein Anlass zur Sorge.
Häufige Warnsignale hingegen sind: ! Cave 4 Wiederholung von kleineren Einheiten wie Silben und Laute; das Wort wird »zertrümmert«. 4 Laute werden hervorgepresst oder gedehnt (T......Tomate; mmmmmeine..). 4 Tonhöhe und Lautstärke steigen beim Sprechen an. 4 Anstrengung und Anspannung werden sicht- und hörbar (z. B. Stimme wird kratzig, heiser; Lippen wirken verkrampft, Körper wird starr). 4 Das Kind wird durch die Unflüssigkeiten beunruhigt und/oder zieht sich zunehmend zurück (es spricht wenig oder nur noch mit bestimmten Personen; es lässt andere für sich sprechen). 4 Das Kind bricht immer öfter mitten im Satz ab, z. T. fängt es wieder von vorne an. 4 Die Eltern sind durch die Unflüssigkeiten des Kindes beunruhigt.
sprechenden Kind um? Ruhe bewahren! Sie haben Beobachtungen bezüglich des Sprechens gemacht, die Ihnen Sorgen bereiten. Sie sollten wissen: Manchmal ist es sogar für Fachleute sehr schwierig, auf Anhieb zu entscheiden, ob ein Kind stottert oder nicht. Suchen Sie das Gespräch mit den Eltern des Kindes, teilen Sie ihnen Ihre Bedenken mit und klären Sie sie über mögliche weitere Schritte auf. Versuchen Sie mit dem Kind so natürlich und gelassen wie möglich umzugehen.
Negative Wirkung auf das Stottern 4 Aufregung verstärkt Unflüssigkeiten und Stottern [Hektik, Streit, Vorfreude (!), Niederlagen]. 4 Wegschauen und Ignorieren belastet das Kind eher, als dass es ihm hilft. 4 Sprachliche Anforderungen bedeuten für stark unflüssige Kinder Druck und erhöhen damit die Wahrscheinlichkeit zu stottern. 4 Gute Ratschläge zum Sprechen erhöhen den Druck, »schön« zu sprechen. 4 Sprechen vor vielen Zuhörern kann schwierig sein und Unflüssigkeiten oder Stottern auslösen.
Positive Wirkung auf den Redefluss 4 Bleiben Sie ruhig, wenn das Kind sehr unflüssig wird oder stottert. 4 Denken Sie daran: Es ist nicht wichtig, wie das Kind spricht, sondern was es mitteilen will. 4 Passen Sie Ihr Sprachniveau den Fähigkeiten des Kindes an. 4 Reduzieren Sie Ihr Sprechtempo, wenn Sie mit dem Kind sprechen. 4 Halten Sie normalen Blickkontakt. 4 Lassen Sie das Kind aussprechen. Treiben Sie es beim Sprechen nicht zur Eile an, sondern helfen Sie ihm, seine Gedanken in seinem Tempo zu Ende zu bringen. 4 Geben Sie ihm bitte keine Tipps, wie es flüssiger sprechen könnte. 4 Zeigen Sie dem Kind, dass Sie ihm zugehört haben, indem Sie ihm mit Ihren eigenen Worten das wiedergeben, was Sie gerade verstanden haben. 4 Erlauben Sie dem Kind nichts, nur weil es stottert oder stark unflüssig ist. Schließlich muss dieses Kind die gleichen sozialen Regeln lernen wie seine Altersgenossen.
Sprechdruck des Kindes in der Gruppe reduzieren 4 Halten Sie Gesprächsregeln in der Gruppe konsequent ein (z. B.: Wenn einer spricht, hören die anderen zu). 4 Vermeiden Sie kritische Sprechsituationen in der Gruppe (z. B. reihum sprechen, etwas vorsagen oder aufsagen müssen, »Schlaumeier« bremsen, wenn das stotternde Kind spricht).
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Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
4 Versuchen Sie, an schlechten Tagen Sprechsituationen des Kindes vor der Gruppe zu reduzieren oder kurz zu gestalten. 4 Geben Sie dem Kind an guten Tagen viele Gelegenheiten zum Sprechen. 4 Versuchen Sie dem Kind in der Gruppe die Gelegenheit zu geben, auch mal mit seinen Stärken aufzufallen.
247 Aus Ochsenkühn, Thiel, Ewerbeck (2010). Stottern bei Kindern und Jugendlichen.
12.17
Informationsabend für Erzieherinnen und Lehrer
Begrüßung mit Darstellung der Zielsetzung des Abends Die Teilnehmer sollen befähigt werden, stotternde oder vom Stottern bedrohte Kinder zu erkennen und ggf. fachliche Betreuung anzuregen. Sie sollen die Möglichkeit erhalten, ihre Kompetenzen im Umgang mit stotternden oder stark unflüssigen Kindern sowie in der Beratung betroffener Eltern zu erweitern. Bei Bedarf erhalten die Teilnehmer eine individuelle Beratung am Ende der Veranstaltung. Zur engen Anpassung der Inhalte an die Bedürff nisse der Teilnehmer werden geplante Inhalte kurz vorgestellt und mit dem tatsächlichen Informationsbedarf abgestimmt.
Brainstorming zum Thema Stottern Um sich in das Thema einzustimmen und eine gemeinsame Ausgangsbasis zu schaffen, werden die folgenden Fragen kurz diskutiert: 4 »Welche gängigen Meinungen kennen Sie, wie man stotternden Kindern helfen kann?« 4 »Welche gängigen Entstehungstheorien über Stottern kennen Sie?«1 Die Antworten der Teilnehmer werden auf Overheadfolie, Tafel oder Flipchart notiert, Widersprüchliches wird nebeneinander notiert. Da es sich um eine Art Stoffsammlung handelt, bezieht die Therapeutin keine Position. Sie agiert als Moderatorin und strukturiert die Beiträge der Teilnehmer.
Typisch Stottern – typisch Stotternder? Erst nach dem Brainstorming werden die einzelnen Beiträge ausgewertet und mit gängigen Entstehungskonzepten, wie z. B. dem Anforderungs- und- Kapazitäten-Modell (7 Kap. 2.2.2, Abschn. »Das Anforderungs- und Kapazitäten-Modell« und als Kopiervorlage in 7 Kap. 12.8 bzw. im Ê Downloadbereich), ergänzt oder korrigiert. Im Rahmen des Gesprächs sollten folgende Punkte behandelt werden: 4 Ursachen und Eigenschaften des Stotterns, 4 Information über mögliche begleitende Probleme, 4 Intelligenz und Beschulung stotternder Kinder.
1 Die Art der Formulierung soll verhindern, dass sich bei der späteren Auswertung einzelne Teilnehmer wegen sachlich unrichtiger Aussagen bloßgestellt fühlen.
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> Beachte Bei der Gesprächsführung ist darauf zu achten, dass Teilnehmer, die im Rahmen des Brainstormings möglicherweise fachlich falsche Aussagen getroffen haben, nicht bloßgestellt werden.
Mit dem Hand-out »Merkblatt für Eltern« (Kopiervorlage in 7 Kap. 12.14 und im Ê Downloadbereich) erhalten die Teilnehmer abschließend eine knappe Zusammenfassung besprochener Inhalte.
Besprechung von Warnsignalen bei kindlichem Stottern Sollen Erzieherinnen auf Kinder mit nicht mehr altersgemäßen Unflüssigkeiten rechtzeitig aufmerksam werden, müssen sie die wichtigsten Anzeichen für Stottern kennen. Kompetentere Erzieherinnen sind zudem eher in der Lage, stark unflüssige Kinder zu stützen und unnötige Stressoren zu begrenzen. Lehrer können stotternde Schüler besser entlasten, wenn ihnen die Anzeichen für erhöhen Sprechdruck bekannt sind. Zur Wahrnehmungsschulung werden zunächst verschiedene Audio- oder Videoaufnahmen vorgestellt. Die Teilnehmer sollen Symptome herausfinden, die ihrer Meinung nach für ein Stottern sprechen. Hierbei hat sich folgende Zusammenstellung bewährt: 4 stark entwicklungsunflüssiges Kind, 4 stotternde Kinder verschiedener Altersgruppen mit unterschiedlicher Ausprägung der Symptomatik, 4 Kind mit Wortfindungsstörungen, 4 stotterndes Kind mit Sprachentwicklungsstörung. Nach jeder Aufnahme werden gemeinsam die beobachteten Symptome zusammengetragen und von der Kursleiterin notiert. Nachdem alle Aufnahmen untersucht wurden, arbeitet die Kursleiterin nochmals die wichtigsten Unterschiede zwischen den verschiedenen Kindern heraus und nennt dazu die jeweilige logopädische Diagnose. Dabei sollte bei Erzieherinnen der Schwerpunkt auf der Unterscheidung zwischen physiologischen Unflüssigkeiten und beginnendem Stottern/Stottern liegen. Eine Auflistung der Warnsignale erhalten die Teilnehmer mit dem Infoblatt »Merkblatt für Erzieherinnen« (Kopiervorlage in 7 Kap. 12.16 bzw. im Ê Downloadbereich). Mit Lehrern können schwerpunktmäßig Signale besprochen werden, die auf eine Erhöhung des Sprechdrucks hinweisen (vgl. Merkblatt für Lehrerinnen, 7 Kap. 12.15 bzw. im Ê Downloadbereich).
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Der Umgang mit stotternden Kindern im persönlichen Kontakt und in der Gruppe Nachdem auf die besondere Situation von Erzieherinnen und Lehrern eingegangen wurde, wird mit der Frage »Welche Möglichkeiten im Umgang mit stotternden oder anderen ‚auffälligen‘ Kindern nutzen Sie bereits?« erneut die Diskussion der Teilnehmer untereinander angeregt. Die Therapeutin agiert zunächst überwiegend moderierend und strukturierend und ergänzt oder erweitert abschließend die genannten Möglichkeiten.
Beratung der Eltern Sowohl im Kindergarten als auch in der Schule müssen weit reichende Entscheidungen für die Zukunft des Kindes getroffen werden. Nur gut informierte Berater können die Eltern adäquat unterstützen. Daher sollen die Teilnehmer zu einigen Kindern der vorangegangenen Aufnahmen Beratungsaspekte zu folgenden Fragen entwickeln: 4 Stottert dieses Kind? 4 Sollte dieses Kind einer Therapeutin vorgestellt werden? 4 Gibt es Faktoren, die im Umgang mit dem Kind berücksichtigt werden sollten? 4 Kann dieses Kind in eine Regelschule eingeschult werden? 4 Was können die Eltern in der Kommunikation mit dem Kind beachten?
Diskussion Zum Abschluss des Abends haben die Teilnehmer die Möglichkeit, zu kurz gekommene Aspekte zu vertiefen oder sich bei Bedarf individuell beraten zu lassen.
Material für den Informationsabend Overheadprojektor/Flipchart/Tafel Informationsblätter aus 7 Kap. 12.14, 7 Kap. 12.15 und 7 Kap. 12.16 12.14 oder aus dem Ê Downloadbereich in genügender Anzahl zur Weitergabe an die Teilnehmer Audio- und/oder Videoaufnahmen stotternder und stark entwicklungsunflüssiger Kinder. Bei eigenen Aufnahmen muss unbedingt der Datenschutz berücksichtigt werden.
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Therapiebausteine mit dem Kind in Übersicht
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Therapiebausteine für die Arbeit mit den Bezugspersonen: Beratung – Information – Training
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Kapitel 13 · Literatur
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259
A–F
Stichwortverzeichnis
A
B
Absichtliches Stottern des Kindes 148 Abwehr 181 Adaptation 14, 15, 73 – negative Adaptation 73 Additionen 5 – Sprechverhalten 5 Aggression 78, 79, 135, 137, 139, 190 Aggressionsspiele 131, 139, 140 Aktivitäten 39, 41, 45, 55, 81, 84 – Leistung 40 – Leistungsfähigkeit 40 Akzeptanz 93, 94, 95, 120, 122, 125, 126, , 179, 182, 184, 185, 186, 194, 195 ambulante Behandlung 112 – ambulante Einzeltherapie 112 – ambulante Gruppentherapie 113 Ampel 166 Anblasetechnik 106 Anforderungs- und KapazitätenModell 21, 23, 24, 56, 90, 181, 197 Angst 11, 77, 78, 138, 159 – Abbau von situativen Ängsten 150 – Erwartungsangst 16 – Laut- und Wortängste 15, 77 – Reduzierung von Laut- und Wortängsten 149 – situative Ängste 77 Ängste 6, 111, 194 Angsthierarchie 144 Angstpyramide 151 Angstverminderung 109 anticipatory struggle hypothesis 26 Antizipation 12 Arbeitsbündnis 59 Artikulation 30, 64, 81, 133, 134, 174 Artikulationsschärfe 134, 175 Artikulationstherapie 119 Atemauffälligkeiten 10 Atemtherapie 130 Atemübungen 130 Ätiologie 20, 21 Atmung 2, 65, 130 Audioaufnahmen 69 Auditive Verarbeitungsstörung 12 Aufschubverhalten 5 Autonomie 136, 139 Autonomieentwicklung 77, 79, 137, 190, 191
Befund – differenzialdiagnostischer 7 – Eindeutigkeit 8 Befundbogen 62, 65 Befunderhebung 61 Befundformulierung 83 Befundprotokoll 64, 76 Beginnendes Stottern 8, 117, 118, 119, 120, 121 – Kennzeichen 10 – Symptomatik 9 – Warnsignale 9 Begleitsymptomatik 4, 7, 102 Belohnendes und bestrafendes Verhalten 142, 195 Beobachtungsaufgaben 182, 191 Berufswahl 79 Bilderbücher 139, 141 Biofeedback 103, 104, 112 Bleistiftziehen 156 Blickkontakt 11, 77, 152, 157, 158, 173, 174
C Copingstrategien 4, 6, 7, 24, 54, 67, 81, 106 155, 160, 166 corrective feedback 87, 169 Co-Therapeuten 104 CountBasic 69, 99
D Definition 2 Dehnungen 72, 159, 166 Desensibilisierung 67, 91, 97, 98, 109, 135, 142, 143, 146 – gegen Fixierungen und Blockierungen 150 – gegen negative Reize 143 – gegen Unterbrechungen 145 – kleiner Kinder 144 – Prinzipien 144 – vielseitige Methoden 151 Diagnostik 13, 14, 62 – ressourcenorientierte Diagnostik 62 – Transparenz 64 Die 3 Arten ein Wort zu sagen 156
Differenzialdiagnostik 10, 11, 12, 17 – Abgrenzung Stottern – Poltern 13, 75 – Gegenüberstellung Stottern und Poltern 13 – Gegenüberstellung Unflüssigkeiten – beginnendes Stottern 9, 229 Disposition 21, 22, 24 Dokumentation 205, 206,
E Eigenreflexion o 149, 158 Eigenwahrnehmung e 65, 76, 104, 130, 146, 155, 158, 1 174, 175 Elisionen 5, 1 12, 175 – Sprechverhalten r 5 Elternarbeit 143 Eltern-Kind-Interaktion 32, 64, 79, 186, 195 Embolophonien 5, 12, 14 Embolophrasien 5 Emotionaler Ausdruck 135 Emotionen 132, 135 Entlastung 54 Entmystifizierung 108 Enttabuisierung 91 Entwicklungsbedingte Unflüssigkeiten 7, 117, 118 Entwicklungskrise 23, 181 Entwicklungsunflüssigkeiten 7 Erwartungsängste 54 Erwisch-mich 92, 108, 147, 156, 160 Erzieherin 196 Evaluation 98, 105, 204, 205, 206 evidenzbasiertes Arbeiten 204, 206
F Feedbackumstellung 26 Fingersprechen 156 Flickwörter 12 Fluency-shaping 90, 91, 96, 98, 103, 106, 130, 193 Flüssiges Stottern 67 Fragebögen 81 Fragebogen »Stolperstein« 60 Fragen 78 Frage nach den Ursachen 179, 180, 181 fraktioniertes Sprechen 167 FRANKA 113
260
Stichwortverzeichnis
FRANKA-Konzept 103, 193 Frustrationstoleranz 6, 63, 76, 78, 121, 138, 142, 144, 172, 175, 187 Füllwörter 2 funktionale Gesundheit 37, 38, 41, 43, 44, 47 – Konzept der Aktivitäten 38 – Konzept der Teilhabe 38 – Konzepte der Körperfunktionen und -strukturen 38 – personenbezogene Faktoren 41, 43 – Umweltfaktoren 43
G Ganzwortwiederholungen 70 Gedankenprogrammierung 12 Gedankenstopp 149 Genetische Komponente 25, 26 Gespräche über das Stottern 64, 138, 154 Gesprächsregeln 12, 142, 172, 173 Gestik 2, 12, 132, 135, 152, 175 Glottisstopp 9, 10 Grenzen 92, 95, 97 Gruppe 75, 135 – Auswahlkriterien 171 – Zusammenstellung 170 Gruppendynamik 113 Gruppenfähigkeit 170 Gruppentherapie 68, 95, 141, 164, 165, 169
H Handzähler 163 Häufigkeit 3 Hemisphärenambivalenzen 27 Hemmung 79, 139 Hypnose 111 Hypothese 73 Hypothesen 66, 67, 85, 87
I ICF 35, 37, 38, 39, 41, 42, 43, 44, 45, 47, 48, 52, 81, 82, 204 Identifikation 110, 146, 167 Imagination 149 Initiative 136, 141 Intensivprogramm 103 Intensivtherapie 104, 112, 113 Interaktion 65, 76 Interaktion mit Gleichaltrigen 170 Interaktives Bedingungsgefüge 24 Interjektionen 7
Interkulturelle Aspekte 92, 93 Intervallbehandlungen 112 Intervalltherapie 113 In-vivo-Training 146, 147, 151, 152, 153, 158 Isolation 2
K Kasseler Stottertherapie 98, 103, 113 Kernsymptomatik 4, 65 Kernsymptome 69 Kern- und Begleitsymptome 3 KIDS 109 – Mini-KIDS 109 – Schul-KIDS 109 Koartikulation 9, 161 Kommunikation 2, 67 Kommunikationsdruck 189 Kommunikationskompetenz 135, 142 Kommunikationsregeln 173 Kommunikationsverantwortlichkeit 2, 14, 16, 66, 75, 135 Kommunikationsverhalten 6, 12, 65, 79, 174 Konkurrenzverhalten 95, 122, 181 Konsistenz 14, 15, 73 Kontaktverhalten 56 Kontextfaktoren 38, 41, 44, 46, 82, 84 – personenbezogene Faktoren 38, 41, 47 – Umweltfaktoren 38, 41, 46 Körperfunktionen- und Strukturen 38, 39 Körpersprache 132, 133, 135 Körperstrukturen 39 Kreatives Gestalten 135 Kultur des Zuhörens 186, 192
L Lautdehnungen 10 Lautübergänge 15, 17 LEE-Effekt 27 Legatosprechen 106 Lehrer 196 Leidensdruck 6, 10, 11, 54, 77, 92, 93, 116, 117, 121, 143, 174 Leistungsdruck 187 Lidcombe-Programm 98, 102, 103, 193, 194 Linkshändigkeit 3, 28, 33, 121 Lösungsorientierter Ansatz 121, 122, 125
M Manifestes Stottern 11 – Prognose 11 – Symptomatik 11 Medienkonsum 188 Mehrsprachigkeit 14 Metaphern 88, 182, 183, 184 Mimik 2, 132, 135, 152 Mini-KIDS 109 Mischbild Stottern -- Poltern 75 Mitbewegungen 2, 10 mittlere Sprechgeschwindigkeit 69 Modeling 91, 146, 147, 159, 169 – Eltern 169 – Schwierigkeiten 169 Modifikation 90, 91, 95, 97, 108, 109, 146, 159, 166, 167, 169, 172, 193 Monterey Fluency Program 98 Motivation 87, 116, 117, 119, 120, 121, 122, 160, 165, 170, 173, 174, 181, 185, 186, 193, 195, 196 Motivationssteigerung 33 Motorikförderung 129 Mundmotorik 64, 65, 81
N Nachbesserung 154, 159, 160, 162, 163, 167 – Schwierigkeiten 161 Nachsorge 99, 103, 113, 201 Neurofeedback 112 Neurogenes Stottern 13 Non-Avoidance 113 Nonverbale Kommunikation 2 Non-verbaler Ausdruck 125
O Onset 157, 161
P Parakinese 6 paraverbaler Ausdruck 125 personenbezogene Faktoren 45, 81 Phono-school 156, 161 Polterkomponente 75, 174 Poltern 11, 12, 52, 54, 56, 174 – Abgrenzung von Stottern 13 – Ätiologie 12 – Prognose 175 Primäre Kommunikation 143 Prognose 15, 50, 51, 80, 86, 120, 121, 139, 180 Prolongationen 106, 161
261 Stichwortverzeichnis
Prosodie 15, 17, 174 Pseudostottern 77, 91, 92, 108, 109, 110, 142, 145, 152, 165, 167, 169 Psycholinguistische Faktoren 22 Psychosoziale Aspekte 77 Psychosoziale Auffälligkeiten 2 Pull-out 105, 109, 146, 149, 154, 159, 161, 162, 163, 165, 167 – Rolle der Eltern 168 – Schwierigkeiten 163 – Transfer 163
Q Qualitätssicherung 85, 137, 201, 203 quantitative Auswertung 69, 70
R Reformulieren 192, 195 Regelhaftigkeiten des Stotterns 2 Reifungsstörung 22 Remissionsrate 28 Ressourcenorientierung 36, 122 Rhythmisch-melodischer Ausdruck 132 Rhythmus 81, 135 Risikofaktoren 32, 33 Rollenspiel 71, 139, 142, 147, 151, 195 Rollentausch 131, 138 Rückfallverschreibung 200
S Safe Place 136 Schnappatmung 10 Schuldgefühle 179, 181, 184, 185, 194, 195 Schul-KIDS 109 Schwa-Laut 5, 9, 10, 72, 146, 163 Schweregrad 53, 92, 93, 108 Screening 65 Selbstbewertung 11 Selbstkonzept 54, 76, 78, 158, 188 Selbstverstärkung 149 Selbstvertrauen 135, 138, 144, 186, 187, 191 Semantik 30 Serialitätsstörung 12 Severity Rate 99, 100, 194 Sinnpausensetzung 174, 175 soziale Einschränkungen 7 Soziale Kompetenz 144, 170, 173 Spezifische Ängste 2 Spontanremissionen 3, 98, 117, 121, 180 Spontansprache
– qualitative Auswertung 67 Spontansprachprotokoll 72 Sprachangebot 191 Sprachentwicklung 3, 7, 13, 22, 26, 29, 30, 32, 62, 65, 76, 80 Sprachniveau 191, 196 Sprechanforderungen 122, 126 Sprechangst 78 Sprechängste 102, 130, 143, 144, 150, 172 Sprechanlässe 108, 119, 126 Sprechdruck 16, 65, 67, 145, 165, 187, 189, 192 Sprechen auf Verlangen 16 Sprechfreude 77, 143, 171, 193 Sprechleistungsstufen 17, 66, 70, 161, 164, 175 – qualitative Untersuchung 67 Sprechmodell 146 Sprechtechnik 96, 161 Sprechtechniken 106, 130 Sprechtempo 12, 70, 79, 134, 175, Sprechunflüssigkeiten – negative Bewertung 145 spürendes Sprechen 18, 107, 134 Starter 5 stationäre Behandlung 112, 113 Statomotorische Entwicklung 57 Stimme 65, 133 Stimmsurfen 157, 161 Stolperstein-E. 81 Stop-and-go-Mechanismus 5 – verbales Vermeiden 5 Störung der Autoregulation 26 Störungsbewusstsein 6, 10, 52, 53, 54, 77, 80, 81, 96, 98, 116, 155, 159, 164, 166, 174 Stotterapfel nach van Riper 156 Stotterbad 165 Stotterrate 70, 100 Stottertagebuch 182, 184, 186, 189 Stressoren 14, 15, 31, 32, 33, 63, 65, 66, 67, 132, 185, 144, 145, 164, 185, 186, 187, 188, 189, 152 – Therapeutenverhalten bei der Überprüfung 67 Stressreaktionen 67 Substitutionen 5 – Sprechverhalten 5 Suprasegmentale Elemente 6 Symptomatik 52, 53 symptomatische Unflüssigkeiten 3, 7, 70 Symptomträger 31 Symptomwahrnehmung 155, 174 Syndrom 75 Syntaktische Komplexität 30
G –V
T Tabu 63 Tabuisieren 92, 126 Tachylalie 11, 12, 13 Tausendfüßler 27 Teilhabe 40, 41, 55, 81, 84 Therapiebeginn 116, 117, 120, 121 Therapieeffekte 102 Therapieende 199 Therapieindikation 117, 118, 119 Therapiemotivation 57, 58, 59 Therapiemüdigkeit 200 Therapieprognose 121 Therapievertrag 174 Timing-Störung 28, 29, 156 Token 175 Tonusregulation t 130 Transfer 93, 98, 9 105 Transferaufgaben a 93 Tremore 2, 11 1 Turn taking 7 79, 132, 172, 174 Turn-taking-Regeln R 192
U Umweltfaktoren 42, 47 Umweltreaktionen 55, 60, Untersuchungsparameter 62, 65 Ups 146, 169 Ursache 50 Urvertrauen 140
V Variabilität 52, 53, 68 vegetative Reaktionen 6 Verarbeitungsstörung 21 verbaler Ausdruck 125 Verbreitung 3 Verhaltensänderungen 54, 55, 87 Verhaltensauffälligkeiten 54, 55, 76, 79, 171, 189 verhaltenstherapeutisch 98 Verhaltenstherapie 193 Verlaufsdiagnostik 64, 65, 74, 85, 129 Verlaufskontrollen 7, 85 Verlaufsprognose 120 Verlaufsprotokoll 85 Verlaufstabellen 205 Vermeidereaktionen 54 Vermeideverhalten 10, 15, 16, , 116, 144, 194 Versagensängste 78, 92, 138, 140 Verschwörung des Schweigens 63 Verstärkung 94, 95, 108 Verträge 109
262
Stichwortverzeichnis
Videoarbeit 132 Videoaufnahmen 69, 146, 186, 191, 195, 196 Voice-Onset-Time 28 VOT (Voice-Onset-Time) 28
W Wahrnehmung 81, 134, 141 Wahrnehmungsentwicklung 185 Wahrnehmungsfähigkeit 158 Wahrnehmungsintegration 28 Wahrnehmungsstörungen 33 weicher Stimmeinsatz 106, 167 Werkzeugkiste 166 worst case 153 Wortabruf 4 – Flicklaute 4 Wortfindung 7, 12, 74, 164, 174 Wort- und Lautängste 16
Z Zeitlupensprechen 161 Zielvereinbarungen 123 Zuhörerverhalten 16
Ê
Internet-Materialien
(http://www.springer.com/978-3-642-01823-7)
Anamnese und Befunderhebung
Therapiematerial
1. 2.
28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42.
3. 4.
Anamnesebogen Befundbogen für Stottern bei Kindern und Jugendlichen Ergänzungsbogen für Klein- und Vorschulkinder Ergänzungsbogen für Schulkinder und Jugendliche
5.
Protokoll zur quantitativen Auswertung ohne CountBasic 6. CountBasic 7. Anleitung CountBasic 8. Darstellung der Stotterrate im Therapieverlauf zum Ausfüllen am PC 9. Anleitung zum Ausfüllen der Tabelle "Darstellung der Stotterrate im Therapieverlauf zum Ausfüllen am PC" 10. Darstellung der Stotterrate im Therapieverlauf zum Ausfüllen per Hand 11. Grafik zur Veranschaulichung der ermittelten Stotterraten der verschiedenen Sprechleistungsstufen 12. Protokoll zur Verlaufsdiagnostik
Forschungsbericht Lippenlesen Lippenlesen – Anleitung Vorgangsbeschreibung Vorgangsbeschreibung – Anleitung Rollenspiele – Situationen Rollenspiele – Situationen – Anleitung Kärtchen zum Üben der Prolongationen Prolongationen – Anleitung Silbenspiele und Quatschgeschichten Silbenspiele und Quatschgeschichten – Anleitung Körpersprache Körpersprache – Anleitung Aufgaben zum In-Vivo-Training Aufgaben zum In-Vivo-Training – Anleitung
Web-Tipps 43. Interessante Weblinks
13. 14. 15. 16.
Stolperstein Auswertung Stolperstein Stolperstein – E Auswertung Stolperstein – E
17. Text zur Überprüfung des Lesens 18. Text zur Überprüfung der Sprechleistung Nachsprechen
Beratung 19. Das Anforderungen- und Kapazitätenmodell zur individuellen Anpassung 20. Das Anforderungen- und Kapazitätenmodell 21. Tabelle Gegenüberstellung von altersgemäßen Sprechunflüssigkeiten und beginnendem Stottern 22. 23. 24. 25.
Merkblatt für Eltern Merkblatt für Lehrer Merkblatt für Erzieherinnen Infoabend für Erzieherinnen und Lehrer
26. Therapiebausteine mit dem Kind 27. Therapiebausteine mit den Bezugspersonen