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Gemot Brahler Steuerlich optimale Gestaltung von grenziiberschreitendenUmstrukturierungen
nbf neue betriebswirtschaftliche forschung Band 352
Gemot Brahler
Steuerlich optimale Gestaltung von grenziiberschreitenden Umstrukturierungen
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische information Der Deutschen Nationalbibiiothek Die Deutsche Nationalbibiiothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ijber abrufbar.
Habilitationsschrift Katholische Universitat Eichstatt-lngolstadt, 2006
1. AuflageDezember2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Sabine Scholler Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezelchnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden dijrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheSlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0649-2
Meiner Frau Katharina
Vorwort
- VII-
Vorwort Die vorliegende Arbeit, die wahrend meiner Tatigkeit als wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl ftir ABWL und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre der Katholischen Universitat Eichstatt-Ingolstadt entstand, wurde im Oktober 2006 von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultat Ingolstadt als Habilitationsschrift angenommen. Fur die Betreuung und Begutachtung der Arbeit bedanke ich mich herzlichst bei Frau Prof. Dr. rer.soc.oec. Dr. jur. Christiana Djanani. Die mit ihr gefiihrten Diskussionen sowie ihre Hinweise und Vorschlage waren fur mich sehr wertvoll. Fiir die Erstellung des Zweitgutachten bin ich Herm Prof. Dr. Anton Burger und fur die Erstellung des Drittgutachtens Prof. Mag. Dr. Herbert Kofler sehr zu Dank verpflichtet. Daruber hinaus mochte ich ausdriicklich Herm Prof. Dr. Guido Forster sowohl flir die Erstellung eines vierten Gutachtens als auch und insbesondere ftir die fachliche Unterstiitzung und Betreuung der Arbeit meinen Dank aussprechen. Ftir weitere wichtige Hinweise und Verbesserungsvorschlage bedanke ich mich bei Herm Dipl.-Kfm. Tobias „Private" Heerdt, Herm Dipl.-Kfm. Lars Ihme sowie Herm Dipl.-Kfm. Henri Blankemeyer. Ebenfalls danken mochte ich der Sekretarin unseres Lehrstuhls, Frau Sonja Georgiou. Insbesondere mochte ich mich bei meiner Frau Katharina bedanken, die mich durch die gesamte Habilitationszeit liebevoll begleitet hat. Gemot Brahler
Inhaltsubersicht
-IX-
Inhaltsiibersicht Inhaltsverzeichnis
XI
Abbildungsverzeichnis
XXI
Tabellenverzeichnis Abkiirzungsverzeichnis I.
XXV XXVII
Modellbildung zur steuerlich optimalen Gestaltung von grenzuberschreitenden Umstrukturierungen 1. Einfiihrung 2. Problemstellung und Zielsetzung 3. Gang der Arbeit
1 1 3 10
II. Aufbau eines Entscheidungsmodells fiir grenztiberschreitende Umstrukturierungen 1. Aufgaben und Zielsetzung der Intemationalen Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre 2. Definition der grenzuberschreitenden Umstrukturierungen 3. Grenztiberschreitende Umstrukturierungen als Entscheidungsproblem 4. Anforderungen an ein Entscheidungsmodell fiir grenztiberschreitende Umstrukturierungen 5. Entwicklung eines Entscheidungsmodells fiir grenztiberschreitende Umstrukturierungen 6. Untersuchungspramissen im Entscheidungsmodell 7. Zusammenfassende Darstellung des Entscheidungsmodells III. Konkretisierung des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates (Osterreich) 1. Aufbau des Beschreibungsmodells 1.1 Analyse des deutschen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts 1.2 Analyse des osterreichischen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts
13 13 18 21 32 38 73 84
87 87 87 117
-X-
Inhaltsiibersicht 1.3 Analyse der supranationalen und zwischenstaatlichen Bestimmungen 1.4 Spezielle begunstigende Vorschriften fiir grenztiberschreitende Umstrukturierungen 1.5 Umwegkonstruktionen zur grenzuberschreitenden Umstrukturierung 2. Aufbau des Erklarungsmodells 2.1 Berechnung der Steuerwirkungen aus den jeweils erfolgsneutral durchfuhrbaren Umwandlungsaltemativen 2.2 Optimale vorbereitende MaBnahmen im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses 2.3 Optimale nachfolgende MaBnahmen im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses 3. Aufbau des Entscheidungsmodells
149 159 228 243 244 291 292 292
IV. Konkretisierung des Entscheidungsmodells anhand eines Drittstaates (USA) 305 1. Aufbau des Beschreibungsmodells 305 1.1 Analyse des deutschen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts.... 305 1.2 Analyse des US-amerikanischen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts 305 1.3 Analyse der supranationalen und zwischenstaatlichen Bestimmungen 369 1.4 Spezielle begunstigende Vorschriften flir grenztiberschreitende Umstrukturierungen 371 1.5 Umwegkonstruktionen zur grenzuberschreitenden Umstrukturierung 373
V.
2. Ergebnis des Entscheidungsmodells fiir die USA als Zielland
446
Ergebnisse des Entscheidungsmodells
449
Literaturverzeichnis
463
Verzeichnis der Internetliteratur
519
Rechtsprechungsverzeichnis
520
Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen
523
Inhaltsverzeichnis
-XI -
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
XXI
Tabellenverzeichnis Abkiirzungsverzeichnis I,
XXV XXVII
Modellbildung zur steuerlich optimalen Gestaltung von grenziiberschreitenden Umstrukturierungen 1. Einfuhrung 2. Problemstellung und Zielsetzung 3. Gang der Arbeit
II. Aufbau eines Entscheidungsmodells fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen 1. Aufgaben und Zielsetzung der Intemationalen Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre 2. Definition der grenziiberschreitenden Umstrukturierungen 3. Grenziiberschreitende Umstrukturierungen als Entscheidungsproblem 3.1 Begriindung der Verwendung eines Entscheidungsmodells flir grenziiberschreitende Umstrukturierungen 3.2 Bestimmung des Entscheidungstragers 3.3 Einstufiing des Entscheidungsproblems der grenziiberschreitenden Umstrukturierungen in die Entscheidungstheorie 3.4 Grenziiberschreitende Umstrukturierungen als unvoUstandig defmiertes Entscheidungsproblem 3.5 Der heuristische Ansatz einer Modellkonstruktion fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen 4. Anforderungen an ein Entscheidungsmodell fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen 5. Entwicklung eines Entscheidungsmodells fiir grenzuberschreitende Umstrukturierungen 5.1 Ermittlung des Entscheidungsfeldes 5.1.1 Bestimmung des Aktionenraums 5.1.1.1 AUgemeine Anfi)rderungen an den Aktionenraum
1 1 3 10
13 13 18 21 21 24 25 27 28 32 38 41 44 44
- XII -
Inhaltsverzeichnis 5.1.1.2 Der Aktionenraum im vorliegenden Entscheidungsmodell 5.1.2 Bestimmung des Zustandsraums 5.1.2.1 Allgemeine Anforderungen an den Zustandsraum 5.1.2.2 Der Zustandsraum im vorliegenden Entscheidungsmodell 5.1.3 Bestimmung des Ergebnisraums 5.1.3.1 Allgemeine Anforderungen an den Ergebnisraum 5.1.3.2 Der Ergebnisraum im vorliegenden Entscheidungsmodell 5.2 Bewertung des Entscheidungsfeldes
51 51 52 55 55 56 61
5.2.1 Moglichkeiten der untemehmerischen Zielsetzungen
64
5.2.2 Die Integration der Steuerplanung in die Gesamtuntemehmensplanung
65
5.2.2.1 Die Steuerplanung als Partialplanung
65
5.2.2.2 Losungsmoglichkeiten multikriterieller Entscheidungsprobleme
68
5.2.3 Zielsystem eines Entscheidungsmodells fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen 5.3 Auswahl der betriebswirtschaftlich optimalen Umstrukturierungsaltemative 6. Untersuchungspramissen im Entscheidungsmodell 6.1
45
Darstellung der Untemehmensstruktur im Entscheidungsmodell
70 71 73 73
6.2 Moglichkeiten des grenzuberschreitenden Untemehmenszusammenschlusses
76
6.3
Modularer Untersuchungsaufbau
78
6.4
Im Entscheidungsmodell berucksichtigte Steuerarten
79
6.5 AusmaB der Quantifizierung der Steuerbelastung
81
7. Zusammenfassende Darstellung des Entscheidungsmodells
84
III. Konkretisierung des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates (Osterreich)
87
1. Aufbau des Beschreibungsmodells
87
1.1
Analyse des deutschen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts
87
1.1.1
87
Grundlagen der Besteuerung in Deutschland
1.1.2 Umstrukturierungen innerhalb von Deutschland
92
1.1.2.1 Umwandlungsmoglichkeiten nach dem Umwandlungsgesetz
94
Inhaltsverzeichnis
- XIII 1.1.2.1.1 Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz
96
1.1.2.1.2 Spaltung nach dem Umwandlungsgesetz
97
1.1.2.1.3 Vermogensubertragung nach dem Umwandlungsgesetz
99
1.1.2.1.4 Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz 1.1.2.2 Umwandlungsmoglichkeiten nach dem Umwandlungssteuergesetz 1.1.2.2.1 Umwandlungen nach dem zweiten bis siebten Teil des UmwStG
100 101
1.1.2.2.1.1 Verschmelzung von Kapitalgesellschaften
102
1.1.2.2.1.2 Spaltung von Kapitalgesellschaften
107
1.1.2.2.2 Umwandlungen nach dem achten bis zehnten Teil des UmwStG 1.2
100
109
Analyse des osterreichischen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts
117
1.2.1 Grundlagen der Besteuerung in Osterreich
117
1.2.2 Umstrukturierungen innerhalb von Osterreich
122
1.2.2.1 Umwandlungsmoglichkeiten aufgrund handelsrechtlicher Vorschriften
123
1.2.2.1.1 Verschmelzung nach dem AktG und GmbHG
123
1.2.2.1.2 Spaltung nach dem Spaltungsgesetz
125
1.2.2.1.3 Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz
127
1.2.2.2 Umwandlungsmoglichkeiten nach dem Umgrundungssteuergesetz
128
1.2.2.2.1 Verschmelzung von Kapitalgesellschaften. 129 1.2.2.2.2 Umwandlung von Kapitalgesellschaften .... 134 1.2.2.2.3 Spaltung von Kapitalgesellschaften
137
1.2.2.2.4 Einbringung in Kapitalgesellschaften
142
1.2.2.3 Vergleich der osterreichischen Umgrlindungen mit den deutschen Umwandlungsmoglichkeiten 1.3 1.4
148
Analyse der supranationalen und zwischenstaatlichen Bestimmungen
149
Spezielle begunstigende Vorschriften ftir grenziiberschreitende Umstrukturierungen
159
-XIV -
Inhaltsverzeichnis 1.4.1 Begunstigungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge 1.4.1.1 Grenziiberschreitende Verschmelzung unter Verwendung der SE
159 159
1.4.1.1.1 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen derSE
160
1.4.1.1.2 Grundungsformen der SE
161
1.4.1.1.2.1 Verschmelzungs-SE
162
1.4.1.1.2.2 Holding-SE
163
1.4.1.1.2.3 Tochter-SE
164
1.4.1.1.2.4 Formwechsel
164
1.4.1.1.3 Besteuerung der SE 1.4.1.1.4 Einsatz der SE im Entscheidungsmodell fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen zwischen Deutschland und Osterreich 1.4.1.2 Grenziiberschreitende Verschmelzung ohne Verwendung der SE 1.4.1.2.1 Grenziiberschreitende Verschmelzung ohne Verwendung der SE aus deutscher Sicht
164
165 176
176
1.4.1.2.2 Grenziiberschreitende Verschmelzung ohne Verwendung der SE aus osterreichischer Sicht
178
1.4.1.2.3 Ergebnis
186
1.4.2 Begiinstigungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge
188
1.4.2.1 Grenziiberschreitende Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben
188
1.4.2.1.1 Grenziiberschreitende Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben unter Verwendung der SE
188
1.4.2.1.1.1 Grenziiberschreitende Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben nach deutschem Recht 191 1.4.2.1.1.2 Grenziiberschreitende Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben nach osterreichischem Recht
198
1.4.2.1.1.3 Ergebnis
202
Inhaltsverzeichnis
-XV 1.4.2.1.2 Grenziiberschreitende Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben ohne Verwendung der SE 1.4.2.2 Grenzuberschreitender Anteilstausch
203 205
1.4.2.2.1 Grenzuberschreitender Anteilstausch unter Verwendung der SE 205 1.4.2.2.2.1 Grenzuberschreitender Anteilstausch nach deutschem Recht
208
1.4.2.2.2.2 Grenzuberschreitender Anteilstausch nach osterreichischem Recht
217
1.4.2.2.2.3 Ergebnis
223
1.4.2.2.2 Grenzuberschreitender Anteilstausch ohne Verwendung der SE 224 1.4.3 Zusammenfassung der speziellen Begunstigungen fur grenziiberschreitende Umstrukturierungen 1.5 Umwegkonstruktionen zur grenziiberschreitenden Umstrukturierung 1.5.1 Grenziiberschreitende Umwandlungen aus Sicht Deutschlands
226 228 229
1.5.2 Grenziiberschreitende Umwandlungen aus Sicht Osterreichs... 238 1.5.3 Schnittmenge der grenziiberschreitenden Umwandlungen Deutschlands und Osterreichs 2. Aufbau des Erklarungsmodells 2.1 Berechnung der Steuerwirkungen aus den jeweils erfolgsneutral durchftihrbaren Umwandlungsaltemativen 2.1.1 Steuerbelastung des Umwandlungsvorgangs selbst Fall 1: Inbound-Verschmelzungs-SE
240 243 244 244 244
Fall 2: Outbound-Verschmelzungs-SE
245
Fall 3: Inbound-Einbringung
245
Fall 4: Outbound-Einbringung
245
Fall 5: Inbound-Anteilstausch
246
Fall 6: Outbound-Anteilstausch
246
Zwischenergebnis
247
2.1.2 Laufende Besteuerung der Umwandlungsaltemative
249
Fall 1: Inbound-Verschmelzungs-SE
252
Fall 2: Outbound-Verschmelzungs-SE
256
- XVI -
Inhaltsverzeichnis Fall 3: Inbound-Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben
259
Fall 4: Outbound-Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben
263
Fall 5: Inbound-Anteilstausch
266
Fall 6: Outbound-Anteilstausch
268
Zwischenergebnis 2.1.3 VerauBerungsvorgange im Rahmen der Umstrukturierung Falle 1 und 2: Verschmelzungs-SE
270 271 280
Falle 3 und 4: Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben... 281 Falle 5 und 6: Anteilstausch
286
2.1.4 Weitere entscheidungsrelevante Faktoren 2.2 Optimale vorbereitende MaBnahmen im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses
291
2.3 Optimale nachfolgende MaBnahmen im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses
292
3. Aufbau des Entscheidungsmodells
289
292
IV. Konkretisierung des Entscheidungsmodells anhand eines Drittstaates (USA)
305
1. Aufbau des Beschreibungsmodells
305
1.1 Analyse des deutschen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts.... 305 1.2 Analyse des US-amerikanischen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts 305 1.2.1
Grundlagen der Besteuerung in den USA
305
1.2.2
Die Besteuerung von corporations
306
1.2.3
Steuemeutrale Griindung einer corporation (tax-free incorporation) gem. Sec. 351 IRC
314
1.2.3.1 Folgen von Sec. 351 IRC fur den Ubertrager
316
1.2.3.2 Folgen von Sec. 351 IRC fiir die aufnehmende Kapitalgesellschaft
319
1.2.3.3 Vergleich der steuerlichen Vorschriften in den USA mit Deutschland 321 1.2.4
Umstrukturierungen innerhalb der USA
323
1.2.4.1 Grundlagen
323
1.2.4.2 Steuerfreie Umstrukturierungen
325
1.2.4.2.1 Steuerfreie Reorganisationen (tax-free reorganisations)
325
Inhaltsverzeichnis
- XVII 1.2.4.2.1.1 Grundvoraussetzungen fiir steuerfreie Reorganisationen in den USA
329
1.2.4.2.1.2 Acquisitive asset reorganizations
332
a ) Statutory merger ("A " reorganization)
332
P) Forward triangular merger r (a)(2)(D)'' reorganization) 336 X) „C"reorganization
339
5) Nondivisive *'D" reorganization
342
1.2.4.2.1.3 Acquisitive stock reorganizations a) „ 5 " reorganization
345 345
P) Reverse triangular merger r(a)(2)(E) reorganization) 348 1.2.4.2.1.4 „E" reorganizations
353
1.2.4.2.1.5 „F" reorganizations
354
1.2.4.2.1.6 „ G " reorganizations
355
1.2.4.2.1.7 Steuerliche Behandlung der an einer Reorganisation beteiligten Parteien 355 1.2.4.2.1.8 Control reorganizations
359
a) Divisive „D" reorganization
359
P) Nonstatutory requirements
363
1.2.4.2.1.9 Einbringung von Wirtschaftsgiitem 1.2.4.3 Vergleich der US-amerikanischen reorganizations mit den deutschen Umwandlungsmoglichkeiten
365 367
1.3 Analyse der supranationalen und zwischenstaatlichen Bestimmungen
369
1.4 Spezielle begiinstigende Vorschriften fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen
371
1.4.1 Begunstigungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge
371
1.4.2 Begunstigungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge
372
- XVIII -
Inhaltsverzeichnis 1.5 Umwegkonstruktionen zur grenzuberschreitenden Umstrukturierung
373
1.5.1 Grenzuberschreitende Umwandlungen aus Sicht Deutschlands
373
1.5.2 Grenzuberschreitende Umwandlungen aus Sicht der USA
373
1.5.2.1 Outbound transfers 1.5.2.1.1 Outbound asset transfers 1.5.2.1.1.1 Direct outbound asset transfers 1.5.2.1.1.2 Indirect outbound asset transfers 1.5.2.1.2 Outbound stock transfers
374 375 375 378 379
1.5.2.1.2.1 Direct outbound stock transfers
379
1.5.2.1.2.2 Indirect outbound stock transfers
381
1.5.2.1.3 Zusammenfassende Darstellung der outbound transfers
383
1.5.2.1.4 Steuerliche Behandlung der outbound transfers
384
1.5.2.1.4.1 Steuerliche Behandlung der outbound asset transfers
385
1.5.2.1.4.2 Steuerliche Behandlung der outbound stock transfers
389
1.5.2.1.5 Zusammenfassung der steuerlichen Behandlung der outbound transfers 1.5.2.2 Inbound transfers 1.5.2.2.1 Direct inbound Sec. 368(a)(1) IRC reorganization
395 397 397
1.5.2.2.2 Direct inbound triangular Sec. 368(a) IRC reorganization 399 1.5.2.2.3 Inbound Sec. 351 IRC transaction
400
1.5.2.2.4 Steuerliche Behandlung der inbound transfers
400
1.5.2.2.5 Zusammenfassung der steuerlichen Behandlung der inbound transfers
407
1.5.2.3 Foreign-to-foreign transfers
409
1.5.2.3.1 Foreign-to-foreign asset reorganizations... 409 1.5.2.3.2 Foreign-to-foreign stock reorganizations... 411
Inhaltsverzeichnis
V.
-XIX -
1.5.2.3.3 Foreign-to-foreign stock Sec. 351 IRC transactions 1.5.2.3.4 Steuerliche Behandlung der foreign-to-foreign transfers 1.5.2.3.5 Zusammenfassung der steuerlichen Behandlung ^QV foreign-to-foreign transfers 1.5.2.4 Vergleich der steuerlichen Vorschriften in den USA mit Deutschland 1.5.3 Schnittmenge der grenziiberschreitenden Umwandlungen Deutschlands und den USA 1.5.3.1 Bewertung d^x outbound transfers 1.5.3.2 BQv^QTiungdQX inbound transfers 1.5.3.3 Bewertung d^x foreign-to-foreign transfers 2. Ergebnis des Entscheidungsmodells flir die USA als Zielland
420 421 438 443 446
Ergebnisse des Entscheidungsmodells
449
413 414
419 420
Literaturverzeichnis
463
Verzeichnis der Internetliteratur
519
Rechtsprechungsverzeichnis
520
Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen
523
A bbildunssverzeichnis
-XXI-
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Grenziiberschreitende M&A Verkaufe von 1988-2003
1
Abbildung 2:
Grenziiberschreitende M&A Erwerbe von 1988-2003
2
Abbildung 3:
Unterteilung der Umstrukturierungsmoglichkeiten
5
Abbildung 4:
Dreiteilung von Umwandlungsvorgangen in Deutschland
6
Abbildung 5:
Nominelle Untemehmenssteuerbelastung im intemationalen Vergleich
9
Abbildung 6:
Begriff der Grenziiberschreitenden Umwandlung
Abbildung 7:
Grundlegende Phasen des Entscheidungsmodells fiir
21
grenzuberschreitende Umstrukturierungen
40
Abbildung 8:
Aufbau des Entscheidungsmodells
43
Abbildung 9:
Vorgehensweise zur Ermittlung eines Beschreibungsmodells ftir grenzuberschreitende Umstrukturierungen 54 Abbildung 10: Vorgehensweise zur Ermittlung eines Erklarungsmodells flir grenzuberschreitende Umstrukturierungen 61 Abbildung 11: Zielsystem eines Entscheidungsmodells flir grenzuberschreitende Umstrukturierungen 71 Abbildung 12:
Ausgangsfall im Entscheidungsmodell
Unterteilung der steuerlichen Konsequenzen im Entscheidungsmodell Abbildung 14: Zusammenfassende Darstellung des Entscheidungsmodells fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen
74
Abbildung 13:
79 85
Abbildung 15:
Ubersicht VerauBerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch natiirliche Personen in Deutschland 91
Abbildung 16:
Umwandlungsarten nach dem Umwandlungsgesetz
95
Abbildung 17:
Darstellung Verschmelzung nach dem UmwG
96
Abbildung 18:
Darstellung Abspaltung nach dem UmwG
98
Abbildung 19:
Darstellung Ausgliederung nach dem UmwG
98
Abbildung 20:
Umwandlungsarten nach dem Umwandlungssteuergesetz
Abbildung 21:
Sicherstellung der Steuerverhaftung der Anteile bei Verschmelzung in Deutschland 107 Sicherstellung der Steuerverhaftung der Anteile bei Einbringung durch natiirliche Personen 115
Abbildung 22:
101
Abbildung 23:
Sicherstellung der Steuerverhaftung der Anteile bei Einbringung durch Kapitalgesellschaften 116
Abbildung 24:
Ubersicht VerauBerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch natiirliche Personen in Osterreich 120
- XXII -
A bbildunssverzeichnis
Abbildung 25:
Ubersicht VerauBerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch Kapitalgesellschaften in Osterreich 121
Abbildung 26:
Umwandlungsarten nach dem Umgriindungssteuergesetz
Abbildung 27:
Sicherstellung der Steuerverhaftung der Anteile bei Verschmelzung in Osterreich Bewertung des Betriebsvermogens gem. § 16Abs. l-3UmgrStG
Abbildung 28:
128 134 144
Abbildung 29:
Sicherstellung der Steuerverhaftung der Anteile bei Einbringung in Osterreich 147
Abbildung 30:
Vergleich der steuemeutralen Umstrukturierungsformen in Osterreich und Deutschland
149
Abbildung 31: Aufbau der SE-VO
161
Abbildung 32:
162
Griindungsformen einer SE
Abbildung 33:
Darstellung Verschmelzungs-SE
167
Abbildung 34:
Aufbau der Fusionsrichtlinie
171
Abbildung 35:
Darstellung Tochter-SE
190
Abbildung 36:
Steuerliche Folgen der Grtindung einer Tochter-SE nach deutschem Recht Steuerliche Folgen der Grundung einer Tochter-SE nach osterreichischem Recht
Abbildung 37:
198 202
Abbildung 38:
Darstellung grenziiberschreitende Einbringung von (Teil-)Betrieben
204
Abbildung 39:
Darstellung Holding-SE
207
Abbildung 40:
Steuerliche Folgen der Grundung einer Holding-SE nach deutschem Recht Abbildung 41: Steuerliche Folgen der Grundung einer Holding-SE nach osterreichischem Recht
217 223
Abbildung 42:
Darstellung grenztiberschreitender Anteilstausch
225
Abbildung 43:
Ubersicht steuerbegiinstigte Umstrukturierungsmoglichkeiten
227
Abbildung 44:
Aktionenraum des Entscheidungsmodells zwischen Deutschland und Osterreich 228 Umwegkonstruktion durch grenzuberschreitenden up-stream merger 242
Abbildung 45: Abbildung 46:
Zusammenfassung der Ergebnisse der laufenden Besteuerung der Umstrukturierungsaltemativen 270
Abbildung 47:
Aufdeckung von stillen Reserven auf Ebene der Kapitalgesellschaft
275
Abbildung 48:
Aufdeckung von stillen Reserven bei einbringungsgeborenen Anteilen
283
A bbildungsverzeichnis Abbildung 49: Abbildung 50:
-XXIII-
Zusammenfassung der entscheidungsrelevanten Kriterien beziiglich der Grunderwerbsteuer
293
Rangfolge der Nettoertrage der laufenden Besteuerung der Umstrukturierungsaltemativen
294
Abbildung 51: Durchschnittssatze Korperschaftsteuer in den USA Abbildung 52:
gem. Sec. 358 IRC Abbildung 53: Zusammenfassung der Systematik der Sec. 358 IRC Abbildung 54:
307
Ermittlung der Bemessungsgrundlage der erhaltenen Anteile 318 319
Vergleich der steuerlichen Behandlung der nicht in Anteilen bestehenden Gegenleistung in Deutschland und USA
322
Abbildung 55:
Mogliche Akquisitionsformen in den USA
324
Abbildung 56:
Uberblick iiber die relevanten Vorschriften des
Abbildung 57:
US-amerikanischenUmwandlungsteuerrechts
326
Steuerfreie Reorganisationsformen gem. Sec, 368(a) IRC
328
Abbildung 58:
Zielstruktur eines statutory merger („A " reorganization)
333
Abbildung 59:
Zielstruktur einer consolidation („ A " reorganization)
334
Abbildung 60:
Zielstmktur emes forward triangular merger
337
Abbildung 61: ZiQlstruktur QinQr „ C" reorganization Abbildung 62: Zielstruktur eines triangular „C" merger
339 341
Abbildung 63: Zielstruktur einer nondivisive „D" reorganization
343
Abbildung 64:
Zielstruktur Qm^xstraight „B" reorganization
346
Abbildung 65:
Zielstruktur einer triangular „B" reorganization
347
Abbildung 66:
Zielstruktur eines reverse triangular merger
349
Abbildung 67:
Ubersicht iiber die triangular reorganizations
351
Abbildung 68:
Ubersicht iiber die steuerliche Behandlung der Anteilseigner im
Abbildung 69:
Rahmen von reorganizations
358
Zielstruktur eines spin-off.
361
Abbildung 70: Zielstruktur eines split-off
362
Abbildung 71: Zielstruktur eines split-up
363
Abbildung 72: Vergleich der steuemeutralen Umstrukturierungsformen in den USA und Deutschland Abbildung 73: Darstellung outbound transfers Abbildung 74: Zielstruktur einer direct outbound „A " reorganization, direct outbound „C" reorganization, outbound nondivisive „D" reorganization und outbound divisive „D" reorganization Abbildung 75: Zielstruktur einer direct outbound triangular "C " reorganization Abbildung 76: Zielstruktur eines indirect outbound forward triangular merger und triangular „C" reorganization
368 375
377 378 379
-XXIV Abbildung 77:
A bbildungsverzeichnis Zielstruktur einer outbound„B"
reorganization
Abbildung 78: Zielstruktur einer outbound triangular „B" reorganization
380 381
Abbildung 79: Zielstruktur eines indirect outbound reverse triangular merger... 382 Abbildung 80: Zielstruktur einer indirect outbound triangular „ B " reorganization Abbildung 81: ZnsdimvciQnidisssung outbound transfers Abbildung 82:
Uberblick (iber die outbound stock transfers
383 383 390
Abbildung 83:
Ubersicht tiber die steuerliche Behandlung von outbound transfers 396 Abbildung 84: Zielstruktur einer direct inbound "A ", inbound " C " und inbound "D" reorganization 398 Abbildung 85: Zielstruktur einer direct inbound "B " reorganization Abbildung 86:
Zielstruktur einer direct inbound triangular Sec. 368(a) reorganization
Abbildung 87:
Zielstruktur einer outbound divisive „D" reorganization
Abbildung 88: Zielstruktur einer inbound divisive „D" reorganization Abbildung 89: Abbildung 90:
399 400 404 405
Ubersicht liber die steuerliche Behandlung von inbound transfers
408
Gbersichi foreign-to-foreign transfers
409
Abbildung 91: Zielstruktur Qinerforeign-to-foreign „A ", „C'\ nondivisive „D" und divisive „D" reorganization 410 Abbildung 92: Zielstruktur QIUGS foreign-to-foreign forward triangular merger und triangular „C" reorganization 410 Abbildung 93: Zielstruktur QinQv foreign-to-foreign straight „ B " reorganization 411 Abbildung 94: Abbildung 95:
Zielstruktur trntv foreign-to-foreign triangular „ B " reorganization
412
Zielstruktur Q'mes foreign-to-foreign reverse triangular merger... 413
Abbildung 96:
Zielstruktur trntr foreign-to-foreign stock Sec. 351 IRC transaction Abbildung 97: Ubersicht iiber die steuerliche Behandlung von foreign-to-foreign transfers
414 419
Abbildung 98:
Durchfiihrung eines indirect outbound reverse triangular merger unter Zuhilfenahme von zwei Umwegkonstruktionen 436
Abbildung 99:
Rechtliche Struktur nach der Umstrukturierung
451
Tabellenverzeichnis
-XXV-
Tabellenverzeichnis Tabelle 1:
Berechnung der Steuerbelastung der Ausgangssituation in Deutschland
251
Tabelle 2:
Berechnung der Steuerbelastung der Ausgangssituation in Osterreich
252
Tabelle 3:
Berechnung der Steuerbelastung der Inbound-Verschmelzungs-SE.... 254
Tabelle 4:
Berechnung der Steuerbelastung der Outbound-Verschmelzungs-SE
258
Tabelle 5:
Berechnung der Steuerbelastung der Inbound-Einbringung
262
Tabelle 6:
Berechnung der Steuerbelastung der Outbound-Einbringung
265
Tabelle 7:
Berechnung der Steuerbelastung des Inbound-Anteilstauschs
267
Tabelle 8: Tabelle 9:
Berechnung der Steuerbelastung des Outbound-Anteilstauschs Berechnung der Besteuerung von VerauBerungsgewinnen von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Betriebsvermogen in Deutschland Tabelle 10: Berechnung der Besteuerung von VerauBerungsgewinnen von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Privatvermogen in Deutschland
269
274
Tabelle 11: Berechnung der Besteuerung von VerauBerungsgewinnen von einbringungsgeborenen Anteilen in Deutschland
279
Tabelle 12: Berechnung der Besteuerung von VerauBerungsgewinnen von Anteilen an Kapitalgesellschaften in Osterreich
280
Tabelle 13: Steuertarif ftir Kapitalgesellschaften
307
273
A bkurzunssverzeichnis
-XXVII -
Abkiirzungsverzeichnis a.A
andere(r) Ansicht
a.a.O
am angegebenen Ort
Abb
Abbildung
AbgAG
Abgabenanderungsgesetz (Osterreich)
ABl. EG
Amtsblatt der Europaischen Gemeinschaft
Abs
Absatz
Abschn
Abschnitt
AG
Aktiengesellschaft, Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift)
AGORA
Magazin der katholischen Universitat Eichstatt-Ingolstadt
AktG
Aktiengesetz
Alt
Alternative
a.M
am Main
Anm
Anmerkung
AO
Abgabenordnung
AOF
Amtsblatt der osterreichischen Finanzverwaltung
Art
Artikel
ASA
Archiv flir Schweizerisches Abgabenrecht (Zeitschrift)
AStG
AuBensteuergesetz
Aufl
Auflage
ausl
auslandische
AWD
Aufienwirtschaftsdienst des Betriebsberaters (ab 1975 RIW/AWD; Zeitschrift)
BAO
Bundesabgabenordnung
BB
Betriebsberater (Zeitschrift)
BBK
Buchftihrung, Bilanz, Kostenrechnung (Zeitschrift)
Bd
Band
BdF
Bundesminister der Finanzen
ber
berichtigt
Beschl
Beschluss
BewG
Bewertungsgesetz
BFH
Bundesfmanzhof
BFH/NV
Sammlung der amtlichen nicht veroffentlichten Entscheidungen des Bundesfmanzhofs
- XXVIII -
A bkurzun^sverzeichnis
BFuP
Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift)
BGB
Biirgerliches Gesetzbuch
BGBl
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHZ
Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
BMP
Bundesministerium der Finanzen
bspw
beispielsweise
Bst
Buchstabe
BStBl
Bundessteuerblatt
BT-Drcks
Bundestags-Drucksache
BuW
Betrieb und Wirtschaft (Zeitschrift)
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
bzw
beziehungsweise
CCH
Commerce Clearing House
CDFI
cahiers de droit fiscal international (herausgegeben von der
CFC
Controlled foreign corporation
c.p
ceteris paribus
Datev-Dok. Nr
Datev-Lexinform Dokument Nummer
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
DBA
Doppelbesteuerungsabkommen
DBA-Osterreich
Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Osterreich Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den USA
International Fiscal Association)
DBA-USA ders
derselbe
DPI
Department of Financial Institution
dies
dieselbe(n)
DStR
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
DStZ
Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift)
dt
deutsch/deutsche
EFG
Entscheidungen der Pinanzgerichte (Zeitschrift)
EG
Europaische Gemeinschaft
EGBGB
Einftihrungsgesetz zum Burgerlichen Gesetzbuche
A bkurzun2sverzeichnis
- XXIX -
EGHGB
Einfiihrungsgesetz zum Handelsgesetzbuche
EGKS
Europaische Gemeinschaft fiir Kohle und Stahl
EG
Vertrag zur Griindung der Europaischen Gemeinschaft
EK
Eigenkapital
Erg. d. Verf.
Erganzung des Verfassers
Erg.-Bd
Erganzungsband
Erg.Lief.
Erganzungslieferung
Erl
Erlass
ESt
Einkommensteuer
EStB
Ertragsteuerberater (Zeitschrift)
EStD V
Einkommensteuerdurchfiihrungsverordnung
EStG
Einkommensteuergesetz
EStR
Einkommensteuerrichtlinien
etc
et cetera
EU
Einzeluntemehmen; Europaische Union
EuGH
Europaischer Gerichtshof
EuZW
Zeitschrift fiir europaisches Wirtschaftsrecht
evtl
eventuell
EWG
Europaische Wirtschaftsgemeinschaft
EWiR
Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)
EWS
Europaisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift)
f.
folgende Seite
FA
Finanz-Archiv (Zeitschrift)
ff.
folgende Seiten
FG
Finanzgericht
FinMin
Finanzministerium
Fn
FuBnote
FR
Finanz-Rundschau (Zeitschrift)
FRL
FusionsrichtHnie
gem
gemaB
GesRZ
Der Gesellschafter (Zeitschrift)
GewSt
Gewerbesteuer
GewStG
Gewerbesteuergesetz
GewStR
Gewerbesteuerrichtlinien
GG
Grundgesetz
ggf
gegebenenfalls
-XXX-
A bkurzunssverzeichnis
GmbH
Gesellschaft mit beschrankter Haftung
GmbHG
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschrankter Haftung
GmbHR
GmbH-Rundschau (Zeitschrift)
GmbH-Stb
GmbH-Steuerberater (Zeitschrift)
GRA
Gain recognition agreement
grds
grundsatzlich
GrEStG
Grunderwerbsteuergesetz
GrS
GroBer Senat
GrStG
Grundsteuergesetz
HdB
Handbuch der Betriebswirtschaftslehre
HdO
Handbuch der Organisation
Herv. d. d. Verf.
Hervorhebung durch den Verfasser
HFR
Hochstrichterliche Finanzrechtsprechung (Zeitschrift)
HGB
Handelsgesetzbuch
h.M
herrschende(r) Meinung
Hrsg
Herausgeber
HS
Halbsatz
i.d.F
in der Fassung
i.d.R
in der Regel
IDW
Institutder Wirtschaftspriifer
IFA
International Fiscal Association
Inc
Incorporated (USA)
INF
Die Information uber Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)
insbes
insbesondere
IPR
Internationales Privatrecht
IPRax
Praxis des intemationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift)
IRC
Internal Revenue Code (USA)
IRS
Internal Revenue Service (USA)
i.S.d
im Sinne des(r)
IStR
Internationales Steuerrecht (Zeitschrift)
i.V.m
in Verbindung mit
IWB
Internationale Wirtschaftsbriefe (Zeitschrift)
JbFSt
Jahrbuch der Fachanwalte fiir Steuerrecht
JfB
Journal ftir Betriebswirtschaft
JuS
Juristische Schulung (Zeitschrift)
A bkurzunssverzeichnis
- XXXI -
JZ
Juristenzeitung (Zeitschrift)
KapESt
Kapitalertragsteuer
KapGes
Kapitalgesellschaft
KG
Kommanditgesellschaft
KGaA
Kommanditgesellschaft auf Aktien
KommStG
Kommunalsteuergesetz (Osterreich)
KSt
Korperschaftsteuer
KStG
Korperschaftsteuergesetz
KStR
Korperschaftsteuerrichtlinien
KVG
Kapitalverkehrssteuergesetz
lit
litera, Buchstabe
LLC
Limited Liability Company (USA)
LP
Limited Partnership (KG, USA)
m.E
meines Erachtens
MI
Management International (Zeitschrift)
MTR
Mutter-Tochter Richtlinie
m.w.N
mit weiteren Nachweisen
NJW
Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)
Nr
Nummer
NWB
Neue Wirtschaftsbriefe
NZA
Neue Zeitschrift ftir Arbeitsrecht
NZG
Neue Zeitschrift ftir Gesellschaftsrecht
oAktG
Osterreichisches Aktiengesetz
oBewG
Osterreichisches Bewertungsgesetz
OBMF
Osterreichisches Bundesministerium ftir Finanzen
oEStG
Osterreichisches Einkommensteuergesetz
OECD
Organisation ft)r the Economic Co-operation and Development
OECD-MA
OECD-Musterabkommen
OFD
Oberfmanzdirektion
oGmbHG
Osterreichisches Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschrankter Haftung
OHG
Offene Handelsgesellschaft
oHGB
Osterreichisches Handelsgesetzbuch
OJZ
Osterreichische Juristen-Zeitung (Zeitschrift)
5KStG
Osterreichisches Korperschaftsteuergesetz
OStZ
Osterreichische Steuerzeitung
-XXXII -
A bkurzun2sverzeichnis
oUmwG
Osterreichisches Umwandlungsgesetz
o.V
ohne Verfasser
PersGes
Personengesellschaft
QSt
Quellensteuer
Rdnr
Randnummer(n)
Reg
Regulation (USA)
RFH
Reichsfinanzhof
RG
Reichsgericht
RGZ
Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (Zeitschrift)
RIA
Research Institute of America
RIW
Recht der Intemationalen Wirtschaft (Zeitschrift)
StB
Der Steuerberater (Zeitschrift)
Stbg
Die Steuerberatung (Zeitschrift)
RStBl
Reichssteuerblatt
RWZ
Zeitschrift ftir Recht und Rechnungswesen
Rdz
Randziffer
S
Seite, Satz
SE
Societas Europaea
Sec
Section (USA)
SolZG
Solidaritatszuschlaggesetz
Sp
Spalte
SpaltG
Spaltungsgesetz (Osterreich)
StAndG
Steueranderungsgesetz
StB
Der Steuerberater (Zeitschrift)
StbJb
Steuerberater-Jahrbuch
StBp
Die steuerliche Betriebsprufting (Zeitschrift)
StEntlG
Steuerentlastungsgesetz
SteuerStud
Steuer und Studium (Zeitschrift)
StSenkG
Steuersenkungsgesetz
StuB
Steuem und Bilanzen (Zeitschrift)
StuW
Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)
SWI
Steuer & Wirtschaft International (Zeitschrift)
SWK
Steuer- und Wirtschaftskartei (Zeitschrift)
TMI
Tax Management International Journal (Zeitschrift)
Treas. Regs
Treasury Regulations
Tz
Textziffer
A bkurzunssverzeichnis
- XXXIII -
UmgrStG
Umgriindungssteuergesetz (Osterreich)
UmwG
Umwandlungsgesetz
UmwStG
Umwandlungssteuergesetz
US
United States
USA
United States of America
UStG
Umsatzsteuergesetz
UStR
Umsatzsteuerrichtlinen
u.U
unter Umstanden
vgi
vergleiche
Vol
Volume
VRL
Verschmelzungsrichtlinie
vs
versus
VwGH
Verwaltungsgerichtshof (Osterreich)
VZ
Veranlagungszeitraum
WiSt
Wirtschaftswissenschaftliches Studium (Zeitschrift)
WISU
Das Wirtschaftsstudium (Zeitschrift)
WM
Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift)
WP
Die Wirtschaftspriifting (Zeitschrift)
ZfB
Zeitschrift fiir Betriebswirtschaft
Zft)F
Zeitschrift ftir betriebswirtschaftliche Forschung (bis 1963 ZftiF)
ZftiF
Zeitschrift ftir handelswissenschaftliche Forschung (abl964Zft)F)
ZGR
Zeitschrift ftir Untemehmens- und Gesellschaftsrecht (Zeitschrift)
ZHR
Zeitschrift ftir das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht
ZIP
Zeitschrift ftir Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)
Zif.
Ziffer
ZOR
Zeitschrift ftir Operations Research
ZP
Zeitschrift fiir Planung
ZRP
Zeitschrift ftir Rechtspolitik
ZVglRWiss
Zeitschrift fiir vergleichende Rechtswissenschaft
zzgl
zuziigHch
-1
Kapitel I: Einleituns
I. Modellbildung zur steuerlich optimalen Gestaltung von grenziiberschreitenden Umstrukturierungen 1.
Einfiihrung
Untemehmen unterliegen im Laufe ihres Bestehens Veranderungen. Ursachen sind insbesondere Anpassungsprozesse an sich standig andemde Rahmenbedingungen. Die Anderungen konnen sowohl auf einer geanderten Zielsetzung des Untemehmens beruhen als auch durch Anderungen der Umwelt, insbesondere der gesellschaftsrechtlichen, betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Vorgaben, verursacht werden. Aus diesem Grund muss eine Anpassung der gewahlten Untemehmensstruktur an die geanderten Rahmenbedingungen zivil- und steuerrechtlich moglich sein. Umstrukturierungen sind dabei nicht nur innerhalb nationaler Grenzen, sondem ebenfalls und insbesondere grenzuberschreitend von groBer Bedeutung. So wiesen bereits im Jahr 1993 Schatzungen zufoige 75 % aller deutschen Umstrukturierungen einen Bezug mit dem Ausland auf.' Diese Tendenz wird sich m.E. durch die Vorgaben der EU in den letzten Jahren noch verstarkt haben. Die beiden folgenden Abbildungen stellen die Bedeutung grenziiberschreitender Umstrukturierungen heraus:^ Grenziiberschreitende M&A Verkaufe 1.200.000 • Welt insgesamt 1.000.000
DEU
•'^-^f:^^!^'!^"-—r^
, .t„ ,^,;,:n n,|^
j,^^^.fyyy„..^:,„^.i.j^,i^f;;^^
• Deutschland
^ D
Huu.uuu-rp^^.|,^>,<:),~,<'>-:i.U4^y'J'f .-•*'"->'-A <•.; 1^•;<./^--• i,'-i^ r,* *••; ^;; -,. .y':^ .>??*^--,/--
200.000
1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003
Abbildung 1:
Grenzuberschreitende M&A Verkaufe von 1988-2003
Vgl. Gundel, G., Diskussion, in: IDW (Hrsg.), Reform des Umwandlungsrechts, Dusseldorf 1993, S. 279. ^ Vgl. United Nations, World Investment Report 2004, New York 2004, S. 411, S. 416.
Kapitel I: Einleitun2
•2-
Grenzuberschreitende M & A Erwerbe 1.200.000-J• Welt insgesamt DEU 1.000.000 J
• Deutschland
p;;•J7Vv••.;-:;•>:.::'„ ^ :; ;\:.;. ;••:•;•.; \^': , .u:
-V--
'.''Z'-i^^y^}S'''''•'^^'^Z:^.\
800.000 4
I-' .
s .2
600.000-^
i = ,,;.-;,.
400.000-^
-,.;.; : ^;-
' yWy:9\
Im|-W*; '
1 •'
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200.000-r
0-11988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 199 9 2000 2001 2002 2003 Jahr
Abbildung 2:
Grenzuberschreitende M&A Erwerbe von 1988-2003
Obwohl durch den Niedergang der New-Economy und der weltweit schwachen Konjunktur in den Jahren 2001 bis 2003 die internationalen Umwandlungsvorgange abgenommen haben, kann fiir das Jahr 2004 und die folgenden Jahre von einem Zuwachs ausgegangen werden. Nach dem World Investment Report der United Nations Conference on Trade and Development sind die grenziiberschreitenden Umstrukturierungen im ersten Halbjahr 2004 im Vergleich zu den Werten des Jahres 2003 um 3 % gestiegen.^ Dies belegen insbesondere die jungsten grenziiberschreitenden Untemehmensumwandlungen mit deutscher Beteiligung, namentlich Beiersdorf AG, Messer Griesheim GmbH, Henkel KGaA, Dynamit Nobel AG und Infineon Technologies AG.'* Die grenziiberschreitenden Umstrukturierungen weisen dabei haufig ein erhebliches fmanzielles Volumen auf: So betrug das Transaktionsvolumen bei der transnationalen Fusion der deutschen Daimler-Benz AG mit der US-amerikanischen Chrysler Corporation im Jahr 1998 mehr als 40 Mrd. US-$.^ Die grenziiberschreitende Verschmelzung der britischen Vodafone Airtouch Pic. mit der deutschen Mannesmann AG im Jahr 2000
Vgl. ebenda,S. 411, S. XVII. Vgl. KPMG-Pressemitteilung v. 12.12.2004, Top Five Transaktionen mit deutscher Beteiligung 2004, in: M&A-Geschaft zieht weltweit wieder an - Aber: Deutschland fallt weiter zuriick, www.kpmg.de/about/ pressoffice/10778.htm, abgerufen am 03.09.2005. Vgl. Budzinski, O./ Kerber, W., Megafusionen, Wettbewerb und Globalisierung, Stuttgart 2003, S. 14.
Kapitel I: Einleituns
fuhrte Vermogen von insgesamt 190 Mrd. US-$ zusammen.^ Aufgrund dieser Tatsachen wird deutlich, dass fiir die Umsetzung einer intemationalen Untemehmensumstrukturierung im Besonderen der rechtliche Rahmen und hierbei speziell die steuerliche Behandlung der Transaktion betrachtet werden miissen, um eine juristisch und wirtschaftlich effiziente Zusammenflihrung von Untemehmen und Untemehmensteilen gewahrleisten zu konnen. 2. Problemstellung und Zielsetzung Das grundlegende Problem bei Veranderungen von Vermogens- bzw. Beteiligungsstrukturen liegt steuerlich in der Behandlung der stillen Reserven. Umstrukturierungsvorgange fiihren aufgrund von zivilrechtlich relevanten Anderungen des Rechtskleids grundsatzlich zur Aufdeckung der stillen Reserven. Durch die Umwandlung wird eine u.U. betrachtliche Steuerlast ausgelost. Dies ist problematisch, da dem Umstrukturierungsvorgang kein Verkauf zugrunde liegt, der zu einer entsprechenden Liquiditatserhohung beim Untemehmen fiihren konnte. Aus diesem Grund sind haufig die liquiden Mittel zur Zahlung der durch die Umstrukturierung verursachten Steuerschuld im Untemehmen nicht vorhanden. Fur den Entscheidungstrager ist es daher i.d.R. eine wichtige Voraussetzung fiir Umstrukturiemngen, dass der Vorgang steuemeutral gestaltet werden kann. Steuemeutralitat bedeutet zum einen, dass durch den Umstmkturiemngsvorgang keine sofortige Steuerzahlung fur den Steuerpflichtigen ausgelost wird. Zum anderen soil die Umstmkturiemng keinen endgultigen Anspmchsverlust des Fiskus an der Besteuerung der stillen Reserven der iibertragenen Wirtschaftsguter zur Folge haben. Ziel der Steuerneutralitat ist nicht die Steuerbegunstigung des Vorgangs, sondem lediglich das Unterlassen einer Behinderung. Auf diese Weise ftihrt der Umstmkturiemngsvorgang nicht zu einem materiellen Vorteil fiir den Steuerpflichtigen, sondem die Steuerzahlung wird lediglich aufgeschoben. Steuemeutralitat ist aus Sicht des besteuemden Staates immer dann gewahrleistet, wenn die zukiinftige Besteuemng der stillen Reserven sichergestellt ist. Diesbeziiglich tritt bei grenziiberschreitenden Umstmkturiemngen das Problem auf, dass ein Staat aufgmnd der Umstmkturiemng ein vorher bestehendes Besteuemngsrecht zugunsten des anderen beteiligten Staates verlieren kann. Das Erreichen von Steuemeutralitat iiber die Grenze hinweg ist folglich im Besonderen prob-
Vgl. Budzinski, O.I Kerber, W., Megafusionen, Wettbewerb und Globalisierung, Stuttgart 2003, S. 20.
Kapitel I: Einleitung
lembehaftet, da der Fiskus eines Landes nicht ohne Weiteres auf Einnahmen zugunsten einer anderen Steuerhoheit verzichten wird. Der Vorteil der Steuemeutralitat ist dabei nicht nur auf Ebene des umstrukturierenden Untemehmens zu sehen. Auch der Fiskus profitiert von einer realisierten Umstrukturierung, da durch eine Optimierung der Beteiligungs- bzw. Untemehmensstruktur nicht nur die wirtschaflliche sondem auch die steuerliche Leistungsfahigkeit des Untemehmens gestarkt wird. Es ist deshalb nicht nur eine wirtschaftspolitische Notwendigkeit, sondem Hegt sogar im fiskalischen Interesse, die Umwandlungsvorgange nicht durch steuerliche Hindemisse zu erschweren oder gar zu verhindem/ Gleiches gilt fiir grenzuberschreitende Umstmkturiemngen. Die Untemehmen sollen in die Lage versetzt werden, ihre Rechtsform und ihre Organisationsstmktur allein nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu wahlen und sich nicht von steuerlichen Belastungsfolgen beeinflussen zu lassen. Das in Deutschland mit Wirkung ab dem 01.01.1995 modifizierte Umwandlungssteuergesetz beinhaltet vielfaltige Moglichkeiten, vorhandene
Beteiligungsstmkturen
durch Verschmelzung, Spaltung oder Einbringung steuemeutral zu verandem. Der Anwendungsbereich dieses Instrumentariums ist bis auf wenige Ausnahmen auf inlandische Rechtspersonen beschrankt, so dass diese Moglichkeiten im Allgemeinen nicht zur Verfiigung stehen, wenn an einem Vermogensubergang oder einer Beteiligungsveranderung auslandische Rechtspersonen beteiligt sind. Zwar hat die teilweise Umsetzung der EG-Fusionsrichtlinie in deutsches Steuerrecht dazu gefiihrt, dass beispielsweise
Einbringungsvorgange
auch
unter
Beteiligung
von
EU-
Kapitalgesellschaften steuemeutral durchgeflihrt werden konnen, doch sind diese Begiinstigungen nicht auf andere auslandische Kapitalgesellschaften ausgedehnt worden. Die Einfiihmng der Europaischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea) ermoglicht seit dem 08.10.2004, innerhalb der EU Umstrukturiemngen steuemeutral vomehmen zu konnen. Sinn und Zweck ist, nur die Umwandlungsvorgange innerhalb der EU steuerlich zu begiinstigen, um den Wirtschaftsstandort EU insbesondere gegenuber den USA und Japan wettbewerbsfahig zu erhalten. Steuerliche Sondervorschriften beztiglich Umstmkturiemngen mit Drittlandem existieren demnach nicht.^ Daraus ergibt Vgl. Thiei, J., Anderungen im Umwandlungssteuerrecht: Einbringung von Untemehmensteilen, Anteilstausch, Fusion, Spaltung, in: Herzig, N. (Hrsg.), Steuerberater-Jahrbuch 1991/92, K6ln 1992, S. 44; Rogall, M., Die Besteuerung des Kaufs und des Zusammenschlusses von Kapitalgesellschaften, Wiesbaden 2003, S. 21. Beziiglich der EWR-Staaten Liechtenstein, Island und Norwegen wird eine Rechtshomogenitat und Reziprozitat zwischen EU und EWR angestrebt, so dass eine weitergehende Unterscheidung zwischen EU-Staaten und EWR-Staaten nicht notwendig ist; vgl. Widmann, S./ Mayer, D., Umwandlungsrecht Kommentar, 84. Erg.Lief, Berlin 2005, § 1 UmwG, Rdz. 139.
Kapitel I: Einleituns
•5~
sich hinsichtlich der steuemeutralen Veranderung von Beteiligungsstrukturen eine Unterscheidung zwischen nationalen Umstrukturierungen und intemationalen Umstrukturierungen, wobei die intemationalen Umstrukturierungen ihrerseits in Umstrukturierungen innerhalb der EU und Strukturveranderungen unter Einbeziehung von Drittstaaten zu unterteilen sind.
Umstrukturierungen 1 1
1 Nationale 1 Umstrukturierungen 1
Grenztiberschreitende Umstrukturierungen 1
1 innerhalb der EU Abbildung 3:
1
1 1
unter Beteiligung von Drittstaaten
Unterteilung der Umstrukturierungsmoglichkeiten
Diese Unterscheidung lasst sich fiir die zu beriicksichtigenden Rechtsvorschriften unmittelbar fortfiihren. Zunachst mtissen fur rein nationale Umwandlungsvorgange die innerstaatlichen Vorschriften berucksichtigt werden. Bei grenzuberschreitenden Umstrukturierungen mit Drittstaaten sind dariiber hinaus die Regelungen des zwischen den beteiligten Staaten iiblicherweise abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens zu beachten. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit alien wichtigen Industrienationen sowie zahlreichen Entwicklungslandem, die sich als bevorzugte Ziellander fur deutsche Investitionen herauskristallisiert haben, Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen.^' ^^ Das Doppelbesteuerungsabkommen grenzt die Besteuerungsrechte der beteiligten Abkommensstaaten gegeneinander ab und ist daher auch im Bereich des Umwandlungssteuerrechts von groBer Wichtigkeit. Im AUgemeinen sind jedoch keine Vergtinstigungen oder vereinfachende Regelungen flir grenztiberschreitende Umstrukturierungen enthalten. Bei grenziiberschreitenden Umstrukturierungen mit einem EU-Staat sind zusatzlich noch die supranationalen Rechtsvorschriften, insbeDerzeit sind insgesamt 88 Abkommen auf dem Gebiet der Steuem vom Einkommen und Vermogen in Kraft; vgl. BMF-Schreiben v. 11.01.2006, IV B 5 - S 1301 - 1/06, BStBl. I 2006, S. 85. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2006, S. 80.
Kapitel I: Einleitung
sondere der EG-Vertrag sowie Richtlinien und Verordnungen, mit einzubeziehen. Diese Vorschriften eroffnen den Steuerpflichtigen erhebliche Vorteile, Vereinfachungen und Handlungsspielraume, deren genaue Kenntnis Voraussetzung fiir eine optimale Steuerplanung ist. Zusammenfassend ist eine Dreiteilung der relevanten Umstrukturierungsumwelt vorzunehmen, wie in der folgenden Abbildung dargestellt wird:
Umwandlungsvorgange innerhalb der EU - Deutsche Vorschriften - Vorschriften des anderen EU-Staates - Doppelbesteuerungsabkommen - Europarechtliche Vorgaben Umwandlungsvorgange mit Drittstaaten - Deutsche Vorschriften - Vorschriften des Drittstaates - Doppelbesteuerungsabkommen InlMndische Umwandlungsvorgange - Deutsche Vorschriften
Abbildung 4:
Dreiteilung von Umwandlungsvorgangen in Deutschland
Grenziiberschreitende Umstrukturierungen sind als besonders komplex anzusehen, da sie nicht nur genaue Kenntnisse der nationalen Steuerrechte des Inlands und des auslandischen Ziellandes erfordem, sondern auch der zwischen den beiden Staaten ublicherweise abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen sowie eventueller weiterer supranationaler Vorschriften. Folglich miissen insgesamt bis zu vier Rechtskreise im Rahmen grenzuberschreitender Umstrukturierungen beriicksichtigt w^erden. In derft)lgendenUntersuchung werden die Grundsatze fiir die Vorgehensweise bei der Steuerplanung von grenziiberschreitenden Umstrukturierungen erarbeitet. Es wird ein Entscheidungsmodell ftir grenziiberschreitende Umstrukturierungen entwickelt, das den Entscheidungstrager bei der Entscheidungsfmdung im Rahmen einer intemationalen Umwandlung unterstutzen soil. Das Ziel der Umstrukturierung ist ein grenzuberschreitender Untemehmenszusammenschluss, d.h. das Vermogen einer inlandischen und einer auslandischen Gesellschaft bzw. die Vermogensrechte an diesem sollen zusammengeftihrt werden, Auf diese Weise wird das Entscheidungsmodell fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen auf den in der Praxis wichtigsten Anwendungsfall in Form des grenziiberschreitenden Untemehmenszusammenschlusses ausgerich-
KapitelI: Einleituns
-7-
tet. Der Aufbau eines entscheidungstheoretischen Modells stellt den einzig methodisch korrekten Weg zur Ermittlung einer optimalen Entscheidung dar. Bei der Entwicklung des Entscheidungsmodells wird bewusst Wert auf eine allgemeingiiltige Formulierung gelegt, damit seine Anwendung auf Umwandlungsvorgange deutscher Untemehmen mit Untemehmen aus alien Landem weltweit moglich ist. Die methodologische Vorgehensweise ist dabei so grundlegend, dass das Modell auch fur rein inlandische Umstrukturierungen anwendbar ist. Dariiber hinaus wird das Modell rechtsformneutral definiert, so dass es auf samtliche bestehenden Rechtsformen anwendbar ist und auch einen Untemehmenstragerwechsel zwischen Kapital- und Personengesellschaften zulasst. Das Entscheidungsmodell wird nicht nur theoretisch diskutiert, sondem auch im Rahmen von Umstrukturierungsvorgangen zwischen Deutschland und zwei ausgewahlten Landem konkretisiert. Die beiden Lander wurden entsprechend der obigen Unterteilung aus einem EU-Staat und aus einem Drittstaat gewahlt. Als Zielstaat innerhalb der EU wurde Osterreich ausgesucht, und als Zielstaat auBerhalb der EU wurden die USA gewahlt. Sowohl Osterreich als auch die USA sind fur Deutschland bedeutende Wirtschaftspartner, mit denen kontinuierlich steigende Handelsbeziehungen, wirtschaftliche Interessen und Verflechtungen bestehen." Beide Lander sind daher fur grenziiberschreitende Umstmkturiemngen mit Deutschland von besonderer Bedeutung. Um die Komplexitat zu reduzieren, wird sich im Rahmen der Konkretisiemng des Entscheidungsmodells anhand der beiden Lander Osterreich und USA auf die grenzuberschreitende Umstmkturiemng mit dem Schwerpunkt auf Kapitalgesellschaften beschrankt. Somit dient die vorliegende Arbeit insbesondere der Fortentwicklung der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre durch den Aufbau eines in der Fachliteratur noch nicht erwahnten steuerplanerischen Entscheidungsmodells flir grenzuberschreitende Umstmkturiemngen. Dariiber hinaus dient die Arbeit als konkrete Entscheidungshilfe fur die Entscheidungstrager, die bezUglich der Ziellander Osterreich und USA grenzuberschreitende Umwandlungen intendieren und diese optimal stmkturieren wollen. Die Optimalitat von Umstmkturiemngsmoglichkeiten wird daran gemessen, wie die stillen Reserven auf Ebene der Gesellschaft und auf Ebene der Gesellschafter behandelt werden. Dabei ist nicht nur auf die Erfolgsneutralitat des Vorgangs abzustellen, sondem auch auf die ertragsteuerliche Belastung der nach der grenzuberschreitenden Umwandlung bestehenden Untemehmensstmktur. Diese Vorgehensweise ist dadurch bedingt, dass durch die Entscheidung fiir eine spezifische UmstmkturiemngsaltematiVgl. zur Hohe der getatigten Direktinvestitionen Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2005 fur die Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 2005, S. 660 f
Kapitel I: Emleitun2
ve die grundlegenden steuerlichen Rahmenbedingungen der Untemehmenstatigkeit ublicherweise fur eine langere Zeit festgelegt werden. Steuem wirken dabei keinesfalls entscheidungsneutral, d.h. die Rangfolge der untemehmerischen Handlungsaltemativen hinsichtlich ihres Beitrags zur Erreichung der Untemehmensziele kann sich unter Berucksichtigung der Steuerwirkungen andem.^^ Aus diesem Grund mussen m.E. zwingend liber den eigentlichen Umwandlungsvorgang hinaus die daraus resultierenden steuerlichen Folgen in das Entscheidungsmodell miteinbezogen werden. Diese steuerlichen Folgen der jeweiligen Umstrukturierungsaltemativen konnen vor allem aus dem Grund voneinander abweichen, dass grenziiberschreitende Umwandlungen zu unterschiedlichen Untemehmensformen fuhren konnen, die unterschiedliche steuerliche Belastungswirkungen verursachen. Dariiber hinaus existieren je nach Ausgestaltung des zwischen den beteiligten Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens unterschiedliche Zuteilungen und Einschrankungen der einzelstaatlichen Besteuerungsrechte, die gleichfalls zwingend Eingang in die Untersuchung finden mussen. Nur durch die Berucksichtigung der steuerlichen Folgewirkungen des Umwandlungsvorgangs auf die steuerliche Belastung der gewahlten Untemehmensstruktur kann die optimale Umstrukturierungsaltemative gefunden werden. Hierbei ist insbesondere darauf abzustellen, ob im Rahmen der Steuerplanung das intemationale Steuergefalle ausgenutzt werden kann. Das im Verhaltnis zu Deutschland hohere oder niedrigere Steuemiveau des auslandischen Zielstaates muss dabei von dem zu erarbeitenden Entscheidungsmodell systemimmanent beriicksichtigt werden. Die intemationalen Steuerbelastungsunterschiede konnen als gravierend angesehen werden, wie in der folgenden Abbildung dargestellt:'^
Vgl. Wagner, F., Neutralitat und GleichmaBigkeit als okonomische und rechtliche Kriterien steuerlicher Normkritik, StuW 1992, S. 3; ders., Perspektiven der Steuerberatung: Steuerrechtspflege oder Planung der Steuervermeidung?, DB 1991, S. 2; GraB, A., Untemehmensformneutrale Besteuerung, Berlin 1992, S. 88 ff.; Vogel, K., Internationales Steuerrecht, DStZ 1997, S. 273; KnobbeKeuk, B., Das Steuerrecht - eine unerwunschte Rechtsquelle des Gesellschaftsrechts?, Koln 1986, S. 1 f.; Strobel, W., Der Einfluss der Gewinnsteuer auf Investitionsentscheidungen, ZfB 1970, S. 375 ff.; Seidl, C, Betriebsteuer und Neutralitat, StuW 1989, S. 350; Wagner, P., Die Steuerplanung der Untemehmung, Stuttgart 1980, S. 2; ders., Besteuerung, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, R./ Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 2, 5. Aufl., Munchen 2005, S. 409; Wagner, F., Steuerplanung, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 3, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 4052; Schneider, D., Steuerlast und Steuerwirkung, Munchen 2002, S. 97. Vgl. BMF-Schreiben v. 18.02.2004, IV-B-6-S-1315-8/04, www.bundesfinanzministerium.de, S. 19.
Kapitel I: Einleitung
Unternehmenssteuersatze im Jahr 2003 I 40,9 39,9
Japan USA (Staat New York)" Deutschland 2004 Kanada (Ontario) Frankreich Griechenland Malta Spanien Niederlande Italien Osterreich Belgien Portugal Tschechien Luxemburg Danemark Vereinigtes KOnigreich Finnland Norwegen Schweden Polen Schweiz (Kanton ZOrich) _ Slowakei Slowenien Ungam Lettland Zypem Litauen ]rland Estland
9 36,6 35,4 35,0 35,0 35,0
N,5 3p,0 314,0 I 3K,i,0
• i 33, I 31,0 30,4 30,0 30,0 [9.0
I 27,0 25,0 25,0 25,0 20.0 19,0 15,0 15.0
2,a
10
15
20
25
30
35
40
45
Gesamtbelastung in Prozent Abbildung 5:
Nominelle Untemehmenssteuerbelastung im intemationalen Vergleich
Neben der laufenden Besteuerung der einzelnen Umstrukturierungsaltemativen miissen ebenfalls die verkehrsteuerlichen Folgen im Zeitpunkt der Durchfuhrung der Umstrukturierung sowie die steuerlichen Folgen von VerauBerungsvorgangen im Entscheidungsmodell Beriicksichtung fmden. Somit darf der eigentliche Umwandlungsvorgang nicht isoliert betrachtet werden, sondem es mussen auch die Konsequenzen, die sich aus der geplanten Umstrukturierung ergeben, in die Optimalitatsanalyse miteinbezogen werden. Zu diesem Zweck mussen auch uber die steuerlichen Belastungswirkungen hinaus weitere entscheidungsrelevante Faktoren, wie z.B. Griindungskosten oder das Risiko der fehlenden Anerkennung der gewahlten Struktur, d.h. die Robustheit der Gestaltung, in der Analyse beriicksichtigt werden.
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Kapitel I: Einleituns
Gang der Arbeit
In Kapitel II wird ein Entscheidungsmodell fur die optimale Strukturierung einer grenzuberschreitenden Umwandlung formuliert. Dieses Entscheidungsmodell versetzt den Entscheidungstrager in die Lage, unabhangig von einem speziellen Zielland die gewiinschte optimale Entscheidung im Rahmen grenziiberschreitender Umstrukturierungen selbstandig entwickeln zu konnen. In den Kapiteln III und IV wird das Entscheidungsmodell konkretisiert. Da innerhalb der EU Verschmelzungen, Spaltungen sowie Einbringungen grenzuberschreitend teilweise unter Zuhilfenahme der Rechtsform der Europaischen Aktiengesellschaft (SE) moglich sind, wird in Kapitel III als erstes Zielland ein EU-Staat dargestellt. Im Rahmen von EU-Fallen stellt sich insbesondere die Frage, welche der bestehenden Handlungsaltemativen gewahlt werden sollte, um die optimale Untemehmensstruktur erreichen zu konnen. In Kapitel IV erfolgt die Erarbeitung der grenzuberschreitenden Umstrukturierungen mit einem Drittstaat. AuBerhalb der EU muss zunachst geklart werden, ob iiberhaupt Moglichkeiten zu einer steuemeutralen Umstrukturierung bestehen. Konnen diese identifiziert werden, stellt sich emeut die Frage, welche der Handlungsaltemativen zur Umstrukturierung gewahlt werden sollte, um die optimale steuerliche Struktur zu erreichen. Die Auswertung des Entscheidungsmodells versetzt den Entscheidungstrager in die Lage, die optimale betriebswirtschaftliche Handlungsaltemative unter expliziter Beriicksichtigung der Steuerbelastung beziiglich grenziiberschreitender Umstrukturierungen sowohl mit Osterreich als auch mit den USA ermitteln zu konnen. Dabei ist es das Ziel der Arbeit, die entscheidungsbestimmenden Elemente einer grenzuberschreitenden Umstrukturierung so herauszustellen und auszuwerten, dass allgemeingultige Aussagen iiber die Vorteilhaftigkeit von intemationalen Umwandlungen erarbeitet werden konnen, die fiir mehrere - idealerweise samtliche - und damit nicht nur fur die beiden betrachteten Lander Giiltigkeit haben. Aus diesem Grund wird angestrebt, diejenigen Entscheidungskriterien zu identifizieren, zu analysieren und steuerplanerisch einzusetzen, welche die Kemelemente und Eckpfeiler einer grenzuberschreitenden Umstrukturierung darstellen und somit eine generelle und grundsatzliche Anwendbarkeit der erarbeiteten Ergebnisse ermoglichen. Dabei ist allerdings zu vermuten, dass die Allgemeingultigkeit der Aussagen aufgrund der zahlreichen steuerlichen Besonderheiten im Rahmen der EU nicht fiir samtliche Lander weltweit moglich ist, sondem dass gleichfalls eine Unterscheidung in EU-Staaten und Drittlander erfolgen muss.
Kapitel I: Einleituns
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Aufgrund dieser angestrebten allgemeingiiltigen Formulierung des Entscheidungsmodells ist sowohl der wissenschaftliche Erkenntniswert als auch der praktische Nutzen aus der vorliegenden Arbeit als hoch anzusehen.
Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells
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II. Aufbau eines Entscheidungsmodells fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen 1. Aufgaben und Zielsetzung der Internationalen Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre Die Betriebswirtschaftslehre ist eine Wissenschaft, die als anwendungsorientiert und praktisch normativ charakterisiert werden kann und sich gleichzeitig der empirischrealistischen Theorie bedient.'"^ Das erklarte Wissenschaftsziel der Betriebswirtschaftslehre besteht darin, wirtschaftHch relevante Tatbestande und Prozesse in Untemehmen zu beschreiben, ihre Zusammenhange zu erklaren und betriebhchen Entscheidungstragem Anleitungen fiir ihre zielbezogene Gestaltung zu geben.'^ Somit besteht das generelle Wissenschaftsziel der Betriebswirtschaftslehre in der ErfuUung sowohl von ErklMrungs- als auch von Gestaltungsaufgaben.^^ Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bedient sich die Betriebswirtschaftslehre der Erkenntnisse der Entscheidungstheorie. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Endziel der Betriebswirtschaftslehre die Entwicklung normativer Entscheidungsmodelle darstellt, durch welche die Ableitung rationaler Problemlosungen ftir praktische Entscheidungssituationen ermoglicht wird.'^
Vgl. Wohe, G./ Doring, U., Einflihrung in die Allgemeine Betriebwirtschaftslehre, 22. Aufl., Miinchen 2005, S. 1 ff.; Kosioi, E., Erkenntnisgegenstand und methodologischer Standort der Betriebswirtschaftslehre, ZfB 1961, S. 135; Schauenberg, B., Gegenstand und Methoden der Betriebswirtschaftslehre, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, R./ Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 1, 5. Aufl., Miinchen 2005, S. 54; Koch, H., Die Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft vom Handeln, Tubingen 1975, S. 1; Federmann, R., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre als angewandte Wissenschaftsdisziplin, Wiesbaden 1977, S. 9, S. 27; Kaiser, K., Steuerberatung als Risiko-Management, Gottingen 1994, S. 53; Eisenach, M., Entscheidungsorientierte Steuerplanung, Wiesbaden 1974, S. 21; Schildbach, T., Entscheidung, in: Bitz, M.I Domsch, M./ Ewert, R./ Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 2, 5. Aufl., Munchen 2005, S. 6. Vgl. Heinen, E., Grundfragen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, Munchen 1976, S. 334, S. 342; Bellinger, B., Allgemeine und Spezielle Betriebswirtschaftslehre(n), in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 80; Stein, J. von, Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre, in: Wittmann, W, (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 471. Vgl. Meyer, H., Entscheidungsmodelle und Entscheidungsrealitat, Tubingen 1979, S. 7; Heinen, E., Grundfragen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, Miinchen 1976, S. 334, S. 370; ders., Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991, S. 4 ff.; Widdau, P., Die Quantifizierung der Steuerbelastung im internationalen Bereich, Frankfurt a.M. 1984, S. 178. Vgl. Bamberg, G./ Coenenberg, A., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 12. Aufl., Munchen 2004, S. 12; Wohe, G./ Doring, U., Einflihrung in die Allgemeine Betriebwirtschaftslehre, 22. Aufl., MUnchen 2005, S. 16 ff.
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Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells
Die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre ist nach herrschender Meinung in der Literatur ein Bestandteil der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre und stellt weder eine Spezielle Betriebswirtschaftslehre
noch eine Betriebswirtschaftliche
Funktionenlehre
dar.'^ Grund hierfiir ist, dass nahezu samtliche Entscheidungen im institutionellen und ftinktionalen Bereich eines Betriebs durch die Besteuerung beeinflusst werden.'^ Die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre hat sich dabei im Laufe ihrer Entwicklungsgeschichte von einer iiberwiegend deskriptiven zu einer entscheidungsorientierten Wissenschaftsdisziplin entwickelt.^^ Ihre hauptsachliche Aufgabe wird in der Erarbeitung von Kriterien und Entscheidungsregeln ftir rational begrUndbare einzelwirtschaftliche
Vgl. Dziadkowski, D., Die Entwicklung der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre von einer „Steuerbetriebslehre" zu einer untemehmenstheoretisch orientierten Steuerwissenschaft, DB 1983, S. 2046; KuBmaul, H., Die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre als steuerliche Betriebswirtschaftslehre?, StuW 1995, S. 10; Wohe, G., Die Aufgaben der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre und das Postulat der Wertft^eiheit, in: Fischer, L. (Hrsg.), Untemehmung und Steuer, FestschriftftirPeter Scherpf, Wiesbaden 1983, S. 5, S. 8 f.; ders., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Steuerrecht, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 451 ff.; ders./ Bieg, H., Grundzuge der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, 4. Auft., Miinchen 1995, S. 3; Wagner, F., Zum gegenwartigen Forschungsprogramm der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, DB 1974, S. 393; Rose, G., Betriebswirtschaftlich bedeutsame Eigenschaften des Steuersystems, in: Hansmeyer, K.-H. (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, Koln 1982, S. 83; a.A. Ruckle, D., Die Diskussion und die Selbstandigkeit der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, BFuP 1967, S. 37 ff.; Seigel, G., Betriebliche Steuerlehre, Munchen 2002, S. 2 f Vgl. Siegel, T., Steuerwirkungen und Steuerpolitik in der Untemehmung, Wiirzburg 1982, S. 12; Haberstock, L./ Breithecker, V., Einftihrung in die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 13. Aufl., Hamburg 2005, S. 109; Wohe, G., Entwicklungstendenzen der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre im letzten Drittel unseres Jahrhunderts - Riickblick und Ausblick -, DBW 1990, S. 233; ders., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Band I, 1. Halbband: Die Steuern des Untemehmens Das Besteuerungsverfahren, 6. Aufl., Munchen 1988, S. 33; Zuber, B., Ankniipfungsmerkmale und Reichweite der intemationalen Besteuerung, Hamburg 1991, S. 14. Vgl. Rose, G., Besteuerung nach Wahl - Probleme aus der Existenz steuerlicher Rechtswahlmoglichkeiten, Grundsatze ftir ihre Ausnutzung, in: Horstmann, F./ Niemann, U., Rose, G. (Hrsg.), Steuerberater-Jahrbuch 1979/80, Koln 1980, S. 52; ders.. Die Ertragsteuem, 16. Aufl., Wiesbaden 2001, S. 17; Wagner, W./ Dirrigl, H., Die Steuerplanung der Untemehmung, Stuttgart 1980, S. 1 ff; Siegel, T., Steuerwirkungen und Steuerpolitik in der Untemehmung, Wurzburg 1982, S. 11 ff; Heinen, E., Der entscheidungsorientierte Ansatz der Betriebswirtschaftslehre, ZfB 1971, S, 429 ff; Fischer, L./ Schneeloch, D.I Sigloch, J., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Steuerberatung - Gedanken zum 60jahrigen „Jubilaum" der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, DStR 1980, S. 700; Wohe, G., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Band I, 1. Halbband: Die Steuern des Untemehmens - Das Besteuerungsverfahren, 6. Aufl., Munchen 1988, S. 17; Grotherr, S., Die Hauptaufgaben der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, SteuerStud 1995, S. 101; Schneider, D., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre als Steuerplanungslehre oder als okonomische Analyse des Steuerrechts?, in: Fischer, L. (Hrsg.), Untemehmung und Steuer, Festschrift fur Peter Scherpf, Wiesbaden 1983, S. 21; Soffing, A., Gestaltung der steuerlichen Beratung, Koln 1993, S. 4; Wagner, F., Leitlinien steuerlicher Rechtskritik als Spiegel betriebswirtschaftlicher Theoriegeschichte, in: Elschen, R./ Siegel, T./ Wagner, F., Untemehmenstheorie und Besteuemng, Festschrift ftir Dieter Schneider, Wiesbaden 1995, S. 733; Hebig, M., Gmndsatze der betrieblichen Steuerpolitik in deutschen GroBuntemehmen, AG 1986, S. 161; Haberstock, L./ Breithecker, V., Einftihmng in die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 13. Auft., Hamburg 2005, S. 107; Storz, P., Steuerplanung im Untemehmen mit einem computergestiitzten Modell, Munchen 1984, S. 1.
Kapitelll: Aufbau eines Entscheidunssmodells
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GestaltungsmaBnahmen unter Beriicksichtigung der Besteuerung gesehen.^^ Die Erkenntnisse der Betriebswirtschaftlichen Entscheidungstheorie sind dabei zur Ganze auf die steuerlichen Entscheidungsprobleme iibertragbar, da sie sich in die Gesamtheit der von der Betriebswirtschaftslehre zu losenden Entscheidungsaufgaben eingliedem.^^ Die Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre stellt einen Teilbereich der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre dar, so dass keine Aufspaltung in nationale und Internationale steuerliche Probleme vorzunehmen ist.^^ Ihre Aufgabe besteht darin, den Einfluss der Besteuerung auf die betriebliche AuBenwirtschaftstatigkeit zu erforschen und ihre steuerlich zweckmafiige Gestaltung aufzuzeigen.^"^ Die Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre lasst sich m.E. in Erweiterung der von Kleineidam vorgeschlagenen Dreiteilung^^ in vier aufeinander aufbauende Teilgebiete unterscheiden: I. Die Steuersystemlehre. Ihre Aufgabe besteht in der grundlegenden Vermittlung der Kenntnisse der nationalen Steuersysteme und -normen der an dem grenziiberschreitenden Sachverhalt beteiligten Staaten. Diese Kenntnisse sind als unabdingbare Voraussetzung fiir eine Erforschung von grenzuberschreitenden Wirtschaftsaktivitaten anzusehen. II. Die Steuerwirkungslehre. Ihr Zweck besteht darin, auf der Grundlage der durch die Steuersystemlehre festgestellten Kenntnisse der nationalen Steuersysteme den Einfluss der Besteuerung auf die grenziiberschreitende Betatigung zu untersuchen
Vgl. Fischer, L.I Schneeloch, D./ Sigloch, J., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Steuerberatung - Gedanken zum 60jahrigen „Jubilaum" der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, DStR 1980, S. 700; Kaminski, B./ Strunk, G., Einfluss von Steuem auf untemehmerische Entscheidungen, Munchen 2003, S. 7. Vgl. Ketterl, H., Die Bestimmungen des Umwandlungssteuergesetzes als Aktionsparameter der Entscheidung zum Rechtsformwechsel, Munchen 1979, S. 42; s. auch Pfohl, H.-C./ Braun, G., Entscheidungstheorie, Landsberg am Lech 1981, S. 134 ff. Vgl. Wohe, G., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Band I, 1. Halbband: Die Steuem des Unternehmens - Das Besteuerungsverfahren, 6. Aufl., Munchen 1988, S. 21; Fischer, L./ Wameke, P., Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 4. Aufl., Bielefeld 2004, S. 6; Rieger, H., Prinzipien des intemationalen Steuerrechts als Problem der Steuerplanung in der multinationalen Untemehmung, Berlin 1978, S. 2. Vgl. Kleineidam, H.-J., Die Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Augsburg 1968, S. 16 ff; Scheffler, W., Besteuerung der grenzuberschreitenden Untemehmenstatigkeit, 2. Aufl., Munchen 2002, S. 1 ff.; Jacobs, O., Internationale Untemehmensbesteuerung, 5. Aufl., Munchen 2002, S. 1 ff; Fischer, L./ Kleineidam, H.-J./ Wameke, P., Intemationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 5. Aufl., Hamburg 2005, S. 4; Kloock, J./ Mann, G., Entscheidungsabhangige Besteuemngsfolgen - Auswirkungen auf Bilanzgewinn und Liquiditat in dynamischer Sicht, ZfbF 1985, S. 371. Vgl. Kleineidam, H.-J., Zur Weiterentwicklung der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, ZfB 1970, S. 113 f; ders.. Die Intemationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Augsburg 1968, S. 36 ff
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Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells
und darzustellen.^^ Auf diese Weise erfiillt die Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre ihre Erklarungsaufgabe.^^ III. Die Steuerplanung. Die Steuerplanung stellt anerkanntermaBen das Hauptaufgabengebiet sowohl der Betriebswirtschaftlichen als auch der Intemationalen Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre dar, da sich hier der Gestaltungsaufgabe angenommen wird.^^ Steuerplanung im Allgemeinen beschreibt den Versuch, eine logisch flindierte und rechnerisch exakte Erfassung des Einflusses von Steuem auf die Vorteilhaftigkeit untemehmerischer Entscheidungen zu ermoglichen sowie in mathematischen Modellen steuerlich vorteilhafte Gestaltungen aus einzelwirtschaftlicher Perspektive zu errechnen.^^ Zusammengefasst findet eine „betriebswirtschaftliche Planung unter Beriicksichtigung der Steuem" statt, nicht lediglich eine „Gestaltung von Steuem".^^ Unter dem Begriff der „Intemationalen Steuerplanung" werden demnach alle rechtlichen und tatsachlichen Gestaltungen verstanden, um die Steuerbelastung eines Untemehmens, eines Konzems oder einer Privatperson bei grenzuberschreitenden Beziehungen zu optimieren.^' In Abgrenzung zu den steuerrechtswissenschaftlichen Aufgabenfeldem stellt die Betriebswirtschaftliche Steuerplanungslehre nicht nur auf Ursache-Wirkungs-Beziehungen ab, sondem versucht dariiber hinaus durch den Einbezug der Erkenntnisse aus der Entscheidungstheorie Aussagen uber Mittel-Zweck-Beziehungen treffen zu konnen. Fiir den Steuerplaner weist eine steuerrechtliche Norm somit einen ambivaVgl. Heinhold, M., Betriebliche Steuerplanung mit quantitativen Methoden, Munchen 1979, S. 5; Haberstock, L., Die steuerliche Planung der intemationalen Unternehmung, BFuP 1984, S. 261; Wohe, G., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Steuerrecht, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 446. Vgl. Fischer, L./ Kleineidam, H.-J./ Wameke, P., Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 5. Aufl., Hamburg 2005, S. 6; Kleineidam, H.-J., Die Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Augsburg 1968, S. 33. Vgl. Urbas, H., Die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Steuerrecht, Frankftirt a.M. 1987, S. 59 f.; Rodder, T., Steuerplanungslehre und steuerliche Gestaltungsfmdung, BB 1988, Beilage 19 zu Heft 34, S. 2; Hohn, E., Die Aufgabe des Juristen bei der Steuerplanung im intemationalen Bereich, StuW 1977, S. 170; Kleineidam, H.-J., Die Intemationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Augsburg 1968, S. 33; Wehmeyer, J., Die steuerliche Planung der Untemehmung, Diisseldorf 1967, S. 4. Vgl. Wagner, F., Gmndfragen und Entwicklungstendenzen der betriebswirtschaftlichen Steuerplanung, BFuP 1984, S. 201; ders., Der gesellschaftliche Nutzen einer betriebswirtschaftlichen Steuervermeidungslehre, FA 1986, S. 33; Kleineidam, H.-J., Die Intemationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Augsburg 1968, S. 118; Wehmeyer, J., Die steuerliche Planung der Untemehmung, Diisseldorf 1967, S. 10 ff.; Heinhold, M., Betriebliche Steuerplanung mit quantitativen Methoden, Munchen 1979, S. 29. Vgl. Rodder, T., Steuerplanungslehre und steuerliche Gestaltungsfmdung, BB 1988, Beilage 19 zu Heft 34, S. 2. Vgl. Wacker, W., Steuerplanung im nationalen und transnationalen Untemehmen, Berlin 1979, S. 18 ff
Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells
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lenten Charakter auf, da sie gleichzeitig Datum und Gestaltungsinstrument darstellt.^^ IV. Die Steuerrechtsgestaltung. Die Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre soUte sich nicht auf die Analyse einzelbetrieblicher Entscheidungsmodelle beschranken, sondem ihre Erkenntnisse ebenfalls dadurch zum Ausdruck bringen, dass praktische Folgerungen fiir eine mogliche Gestaltung, Reformierung und Verbesserung der Steuergesetze gezogen werden konnen.^^ Dabei kann und soil sich die Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre insbesondere das Wissen um die auslandischen Steuer- und Wirtschaftskonzepte und den daraus resultierenden intemationalen Zusammenhange und Wechselbeziehungen zunutze machen. Im Rahmen dieser vierten Funktion wird daher versucht, auf betriebswirtschaftlichen Uberlegungen basierende Vorschlage fiir Steuer- und Wirtschaftsrechtsanderungen und -erweiterungen dem Gesetzgeber zu unterbreiten. Auf diese Weise erhalt auch die Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre einen normativen Charakter. Im Ergebnis stellt die Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre als Bestandteil der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre ein Teilgebiet der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre dar.^"* Der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre stehen dabei als Aktionsparameter, d.h. als MaBnahmen, die Hohe und Zeitpunkt der Besteuerung beeinflussen, grundsatzlich die Moglichkeiten der Sachverhaltsgestaltungen, der Wahlrechte sowie der steuerlichen Rechnungspolitik zur Verfugung.^^ Sachverhaltsgestaltungen bewirken, dass trotz Herbeifiihrung eines gewollten Ergebnisses der Tatbestand, an
Vgl. Pfohl, H.-C, Problemorientierte Entscheidungsfindung in Organisationen, Berlin 1977, S. 32 ff.; Rodder, T., Steuerplanungslehre und steuerliche Gestaltungsfindung, BB 1988, Beilage 19zuHeft34, S. 10. Vgl. hierfiir im nationalen Bereich Wohe, G., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Band I, 1. Halbband: Die Steuem des Untemehmens - Das Besteuerungsverfahren, 6. Aufl., Miinchen 1988, S. 25 ff; Fischer, L./ Schneeloch, D./ Sigloch, J., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Steuerberatung - Gedanken zum 60jahrigen „Jubilaum" der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, DStR 1980, S. 700; vgl. auch Fischer, L./ Kleineidam, H.-J./ Wameke, P., Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 5. Aufl., Hamburg 2005, S. 6. Vgl. Wohe, G., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Band I, 1. Halbband: Die Steuem des Unternehmens - Das Besteuerungsverfahren, 6. Aufl., Miinchen 1988, S. 21; Fischer, L./ Kleineidam, H.-J./ Wameke, P., Intemationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 5. Aufl., Hamburg 2005, S. 7. Vgl. Rose, G., Besteuemng nach Wahl - Probleme aus der Existenz steuerlicher Rechtswahlmoglichkeiten, Gmndsatze ftir ihre Ausnutzung, in: Horstmann, V.I Niemann, U., Rose, G. (Hrsg.), Steuerberater-Jahrbuch 1979/80, Koln 1980, S. 52; Rodder, T., Steuerplanungslehre und steuerliche Gestaltungsfindung, BB 1988, Beilage 19 zu Heft 34, S. 6; Michels, R., Steuerliche Wahlrechte, Wiesbaden 1982, S. 40; Kroner, M., Zur Integration steuerlicher Partialplanungen in die Unternehmensplanung, DB 1984, S. 1409 f.
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Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells
den das Gesetz die Leistungspflicht kntipft, ganz oder teilweise nicht entsteht.^^ Das Charakteristikum der Sachverhaltsgestaltungen liegt darin, dass die glinstigste Losung vor Erfiillung des steuerlichen Tatbestands im Rahmen einer planenden Vorschau aller steuerlicher Konsequenzen erst zu realisieren versucht wird.^^ Wahlrechte zeichnen sich demgegeniiber dadurch aus, dass an die Realisation eines bestimmten Sachverhalts nicht eine unbedingte Rechtsfolge gebunden ist, sondem dass zwischen zwei unterschiedlichen Rechtsfolgen ausgewahlt werden kann.^^ Dariiber hinaus sind Wahlrechte nur in der vom Gesetzgeber zugelassenen Form und Anzahl moglich. Somit ist bei Wahlrechten ein fest vorgegebenes Potential an Aktionsparametem mit fest vorgegebenen Wahlmoglichkeiten vorhanden, wohingegen die Sachverhaltsgestaltungen nur durch die bestehenden wirtschaftlichen Handlungsmoglichkeiten begrenzt sind/^ Im Rahmen der steuerlichen Rechnungspolitik kann der Steuerpflichtige bilanzielle Wahlmoglichkeiten beispielsweise Form von Sonderabschreibungen oder der Bildung bzw. Auflosung von steuerfreien Riicklagen in Anspruch nehmen."*^
2.
Definition der grenziiberschreitenden Umstrukturierungen
Umstrukturierungen werden in der Literatur als Anderungen des Rechtskleids bzw. der Form des Eigentums an Vermogensgegenstanden und damit verbundene Anderungen der Beteiligungsverhaltnisse an Untemehmen defmiert.'*' Eine tatsachliche, materielle Bewegung des operativen Vermogens, die in der Realitat beobachtet werden kann, wird nicht unter den Begriff der Umstrukturierung gefasst. Im Ergebnis zielt der Vorgang der Umstrukturierung auf die Veranderungen der Aufbauelemente eines Unternehmens ab."^^ Aus diesem Grund stellt die Griindung eines Unternehmens keinen UmVgl. Loitlsberger, E., Zur Theorie der Steuerberatung: Die Steuerberatung als spieltheoretisches Problem - 1. Teil, JfB 1975, S. 87. Vgl. Dieckmann, K., Steuerbilanzpolitik, Wiesbaden 1970, S. 20 f.; Eisenach, M., Entscheidungsorientierte Steuerplanung, Wiesbaden 1974, S. 101. Vgl. Michels, R., Steuerliche Wahlrechte, Wiesbaden 1982, S. 41; Bauer, J., Grundlagen einer handels- und steuerrechtlichen Rechnungspolitik der Untemehmung, Wiesbaden 1981, S. 66. Vgl. Rodder, T., Steuerplanungslehre und steuerliche Gestaltungsfmdung, BB 1988, Beilage 19 zu Heft 34, S. 6. Vgl. Rose, G., Besteuerung nach Wahl - Probleme aus der Existenz steuerlicher Rechtswahlmoglichkeiten, Grundsatze fiir ihre Ausnutzung, in: Horstmann, V.I Niemann, U., Rose, G. (Hrsg.), Steuerberater-Jahrbuch 1979/80, Koln 1980, S. 54. Vgl. Forster, G., Umstrukturierung deutscher Tochtergesellschaften im Ertragsteuerrecht, Dusseldorf 1991, S. 14; Leiderer, B., Grenziiberschreitende Umstrukturierungen von EUKapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbriicken 1997, S. 15. Vgl. Leiderer, B., Grenziiberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbriicken 1997, S. 16.
Kapitel II: Aufhau eines Entscheidun2smodells
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strukturierungsvorgang dar, da in diesem Fall keine Veranderung der Untemehmensstruktur vorgenommen wird, sondem eine solche Struktur durch die Grundung des Untemehmens iiberhaupt erst geschaffen wird.'*^ Werden allerdings neue rechtlich selbstandige Teileinheiten eines bereits bestehenden Untemehmens gegrundet, liegt eine Umstrukturierung vor, da aus Sicht des Untemehmens eine Andemng der Stmktur durchgefiihrt wird. Korrespondierend hierzu stellt die Beendigung untemehmerischer Tatigkeit durch Liquidation keinen Umstmkturiemngsvorgang dar, weil keine Andemng der Stmktur, sondem die Aufgabe der gesamten untemehmerischen Verhaltnisse beabsichtigt ist. Jedoch ist die Beendigung von untemehmerischen Teileinheiten als reine Stmkturandemng zu den relevanten Umstmkturiemngsmoglichkeiten zu fas44
sen. M.E. muss zwischen Umstrukturierungen im engeren Sinne und Umstrukturierungen im weiteren Sinne unterschieden werden: Unter Umstmkturiemngen im engeren Sinne sollen ausschlieBlich Umstmkturiemngen verstanden werden, die zu einer Andemng der wirtschaftlichen und rechtlichen Zugehorigkeit von Vermogensgegenstanden fuhren. So fmdet beispielsweise im Fall einer Verschmelzung eine Ubertragung von Vermogen auf einen bestehenden oder neu gegrUndeten Rechtstrager statt. Insbesondere wird sich durch Umstmkturiemngen im engeren Sinne der Grad der Steuerverhaftung von der Steuerverhaftung durch unbeschrankte Steuerpflicht zur Steuerverhaftung durch beschrankte Steuerpflicht hin andem, wenn der iibemehmende Rechtstrager im Ausland ansassig ist. Als Umstmkturiemngen im weiteren Sinne sollen daruber hinaus jene Umstmkturiemngen erfasst werden, die lediglich zu einer Andemng der Beteiligungsverhaltnisse fuhren und somit keinen Einfluss auf die Vermogensgegenstande selbst nehmen. Aus diesem Gmnd kann sich der Grad der Steuerverhaftung des ubertragenen Vermogens nicht andem. Dies ist insbesondere im Rahmen eines Austauschs von Kapitalgesellschaftsanteilen gegeben, der sich ausschlieBlich auf Ebene der beteiligten Anteilseigner abspielt, die Ebene der Gesellschaften aber unberiihrt lasst. Das Internationale Umwandlungssteuerrecht umfasst drei wichtige Bereiche, die voneinander abgegrenzt werden miissen: Vgl. Beckmann, L.I Pausenberger, E., Griindungen, Umwandlungen, Fusionen, Sanierungen, Wiesbaden 1961, S. 11; Forster, G., Umstrukturierung deutscher Tochtergesellschaften im Ertragsteuerrecht, Dusseldorf 1991, S. 15. Vgl. Leiderer, B., Grenzuberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbrucken 1997, S. 16; Forster, G., Umstrukturierung deutscher Tochtergesellschaften im Ertragsteuerrecht, Dusseldorf 1991, S. 15; Beckmann, L./ Pausenberger, E., Griindungen, Umwandlungen, Fusionen, Sanierungen, Wiesbaden 1961, S. 11.
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Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells Inlandische Umwandlungen mit Auslandsbezug,
(2) Grenziiberschreitende Umwandlungen, (3) Auslandische Umwandlungen mit Inlandsbezug. Wahrend bei inlandischen Umwandlungen mit Auslandsbezug inlandische Gesellschaften mit im Ausland befmdlichem Vermogen und/oder auslandischen Gesellschaftem umgewandelt werden, wird von einer auslandischen Umwandlung mit Inlandsbezug gesprochen, wenn im Inland belegenes Vermogen und/oder inlandische Gesellschafter an einer Umstrukturierung auslandischer Gesellschaften beteiligt sind. Im Gegensatz dazu werden von dem Begriff der grenzuberschreitenden Umstrukturierung die Falle erfasst, in denen eine nationale Gesellschaft zusammen mit einer auslandischen Gesellschaft umstrukturiert wird. Eine grenziiberschreitende Umstrukturierung liegt somit dann vor, wenn der ubertragende und der iibemehmende Rechtstrager in unterschiedlichen Staaten ansassig sind."*^ Aufgrund des gewahlten Schwerpunkts sind in der vorliegenden Arbeit unter grenzuberschreitenden Umstrukturierungen Vorgange zu verstehen, die zu einer Anderung der intemationalen Rechts- oder Beteiligungsstruktur einer oder mehrerer Kapitalgesellschaften fiihren, eine grenziiberschreitende Neuausrichtung des Rechtscharakters der aus gesellschaftsrechtlicher Sicht selbstandig organisierten Teileinheiten von internationalen Kapitalgesellschaften bewirken oder zu transnationalen Strukturveranderungen der in sich geschlossenen Untemehmens(teil-)einheiten fuhren."*^ Diese Unterscheidung wird in der folgenden Abbildung systematisch verdeutlicht:
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Vgl. auch Lange, C , Grenziiberschreitende Umstrukturierung von Europaischen Aktiengesellschaften, Berlin 2005, S. 36; Eismayr, R., Grenziiberschreitende Konzentrationsverschmelzungen, Wien 2005, S. 41. Vgl. Leiderer, B., Grenziiberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbrucken 1997, S. 18.
Kavitel II: Aufbau eines
Entscheidumsmodells
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Inlandsbezug
Auslandsbezug
Inldndische Gesellschaft
Inldndische Gesellschafter und/oder Inlandsvermogen
Ausldndische Gesellschaft
Grenzuberschreitende Umwandlungen
Ausldndische Umwandlungen mit Inlandsbezug
Ausldndische Gesellschafter und/oder Auslandsvermogen
Inldndische Umwandlungen mit Auslandsbezug
Abbildung 6:
Begriff der Grenzuberschreitenden Umwandlung
Im Rahmen der Arbeit werden schwerpunktmaBig grenzuberschreitende Umstrukturierungen beriicksichtigt und analysiert. Es erfolgt somit eine Konzentration auf die Umstrukturierung der Gesellschaft selbst. Inlandische Umwandlungen mit Auslandsbezug sowie auslandische Umwandlungen mit Inlandsbezug werden allerdings dann in die Untersuchung miteinbezogen, wenn sie als vorbereitende oder nachfolgende MaBnahme eine grenziiberschreitende Umstrukturierung unterstiitzen bzw. optimieren. Ftir diesen Fall miissen auch Umwandlungsfalle erfasst werden, die nicht ausschlieBlich die nationale Gesellschaft gemeinsam mit der auslandischen Gesellschaft betreffen. 3. Grenzuberschreitende Umstrukturierungen als Entscheidungsproblem 3.1 Begrundung der Verwendung eines Entscheidungsmodells fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen Das Treffen von Entscheidungen bei grenzuberschreitenden Umstrukturierungen erfordert detaillierte Kenntnisse des Entscheidungstragers sowohl im Bereich des Umwandlungssteuerrechts als auch des Intemationalen Steuerrechts. Steuerplanung ist dabei sowohl bei Umstrukturierungsvorgangen als auch bei grenzuberschreitenden Geschaftsbeziehungen aus betriebswirtschaftlicher Sicht unumganglich.
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Ein Umstrukturierungsprozess ist steuer-, gesellschafts- und handelsrechtlich sowie betriebswirtschaftlich als uberaus komplex anzusehen. Da das Steuerrecht an wirtschaftliche und zivilrechtliche Sachverhalte anknupft, ist offenkundig, dass ein Umstrukturierungsvorgang in den Anwendungsbereich verschiedenster Steuergesetze f^llt. Werden stille Reserven aufgedeckt, konnen in Deutschland Ertragsteuem, d.h. Korperschaftsteuer, Einkommensteuer, Solidaritatszuschlag sowie Gewerbesteuer, sowohl auf Ebene der Gesellschaft als auch auf Ebene der Anteilseigner ausgelost werden. Eine tatsachliche Besteuerung ist dabei als so erheblich anzusehen, dass die Aufdeckung auch nur eines Teils der stillen Reserven die Existenz des gesamten Untemehmens stark gefahrden kann. Da ublicherweise im Rahmen der Umstrukturierung Wirtschaftsgiiter ubertragen werden, losen Umwandlungsvorgange regelmal3ig zusatzlich Verkehrsteuem wie die Grunderwerbsteuer und eventuell die Umsatzsteuer aus. Aufgrund dieser steuerrechtlichen Vielschichtigkeit eines Umstrukturierungsprozesses kann eine Umwandlung als der die meisten steuerlichen Gefahren verursachende Geschaftsvorfall im Bestehenszeitraum eines Untemehmens angesehen werden. Steuerplanung ist daher auch aus dem Grund unumganglich, dass im Rahmen von Umwandlungen ublicherweise langfristig wirkende Entscheidungen getroffen werden miissen, die unter Umstanden uberhaupt nicht oder nur mit erheblichen Kosten wieder riickgangig gemacht werden konnen. Entscheidungen dieser Art werden in der Betriebswirtschaftslehre als konstitutive Entscheidungen oder Metaentscheidungen bezeichnet, da hierdurch fiir die Untemehmung ein grundlegender Handlungsrahmen vorgegeben wird.'' Bei grenziiberschreitenden Geschaftsbeziehungen besteht die Gefahr einer zusatzlichen Steuerbelastung im Vergleich zu einem rein national agierenden Untemehmen durch das Zusammentreffen von Steueranspriichen von zwei oder mehreren Staaten und damit die Gefahr einer Doppel- oder Mehrfachbesteuerung. Aus diesem Grund hat bei intemationalem Bezug die Rechtsformwahl bzw. die Anderung der Rechtsform eine deutlich hohere steuerplanerische Relevanz als bei einem rein national agierenden Unternehmen."^^ Dariiber hinaus ist gegeniiber rein nationalen Sachverhalten eine erheblich hohere Komplexitat festzustellen, da sowohl als Rahmenbedingung als auch als Instrument nicht lediglich eine Steuerrechtsordnung berticksichtigt werden muss,
Vgl. Stein, M., Konstitutive Entscheidungen, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, K.I Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 1, 5. Aufl., Miinchen 2005, S. 59; Wohe, G.I Doring, U., Einfiihrung in die Allgemeine Betriebwirtschaftslehre, 22. Aufl., Munchen 2005, S. 43. Vgl. Haberstock, L., Die steuerliche Planung der intemationalen Untemehmung, BFuP 1984, S. 268.
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sondem ublicherweise mindestens drei Rechtskreise, namlich die jeweiligen Steuernormen der beiden betrachteten Staaten sowie ein eventuell zwischen diesen Staaten abgeschlossenes Doppelbesteuerungsabkommen. Diese erhohte Komplexitat erfordert steuerplanerische Uberlegungen und MaBnahmen. Werden Umstrukturierungen grenziiberschreitend vorgenommen, erfolgt eine Vermischung und Verdoppelung von zwei zwingend der Steuerplanung bediirfenden Entscheidungsproblemen. Ergebnis ist, dass die Frage der steuerlich optimalen Gestaltung einer grenziiberschreitenden Umstrukturierung selbst ein vielschichtiges und umfangreiches Entscheidungsproblem darstellt. Aufgrund der hohen Komplexitat sowie der Vielzahl entscheidungsrelevanter Aktionsmoglichkeiten, die zunachst einmal gefunden werden miissen, ist die optimale Handlungsaltemative weder offensichtlich zu erkennen noch ergibt sie sich aus wenigen, einfachen Schlussfolgerungen. Die Anforderungen an die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre bestehen nicht lediglich in einer optimalen Ausnutzung von abzahlbaren und uberschaubaren Wahlrechten, sondem im Rahmen der Sachverhaltsgestaltung in einer Optimierung einer unubersichtlichen und unstrukturierten Menge von Aktionsparametem, die nicht bereits durch den Gesetzgeber vorgegeben, sondem vom Entscheidungstrager iiberhaupt erst identifiziert werden mussen. Auf diese Weise ist ein Entscheidungsproblem gegeben, das sich in einem System mit einer Vielzahl von Beziehungen und Elementen bewegt, welches aufgmnd des Umfangs, der Schichtung, Interdependenzen, Spielraume und Andemngsgeschwindigkeit uberaus komplex ist. Aus diesem Gmnd muss der Entscheidungsakt im Rahmen der Steuerplanung bei grenziiberschreitenden Umstmkturiemngen zwingend gedanklich vorbereitet werden. Es gilt, ein Modell zu entwickeln, durch das die fiir die Problemstellung wichtigsten Elemente und Zusammenhange aus der Realitat herausgefiltert und derart dargestellt werden, dass aus ihnen logische Schlussfolgemngen gezogen werden konnen."^^ Auf diese Weise wird eine Komplexitatsreduktion erreicht, die eine gedankliche Durchdringung des realen Entscheidungsprozesses moglich macht, was als unbedingte Voraussetzung fur die Ermittlung einer optimalen Entscheidung anzusehen ist.^^ Durch die Verwendung eines Modells konnen auch am ehesten allge-
Vgl. Bamberg, G./ Coenenberg, A., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 12. Aufl., Munchen 2004, S. 13 ff.; Bitz, M., Entscheidungstheorie, Munchen 1981, S. 18 f; SchneeweiB, C , Elemente einer Theorie betriebswirtschaftlicher Modellbildung, ZfB 1984, S. 480 ff, Hitschler, W., Der EinfluB der Besteuerung auf Innovation, Investition und Eigenkapitalbindung, Frankfurt 1993, S. 57., Hax, H., Investitionsentscheidungen in der Untemehmung, in: Menges, G./ Schneeweifi, H./ Hax, H.I Poensgen, O. (Hrsg.), Entscheidung und Information, Berlin 1968, S. 53 f; Menges, G., Grundmodelle wirtschaftlicher Entscheidungen, 2. Aufl., Dusseldorf 1974, S. 80. Vgl. Hauschildt, J., Zielbildung und Problemlosung, in: Witte, E.I Hauschildt, J./ Griin, O. (Hrsg.), Innovative Entscheidungsprozesse, Tubingen 1988, S. 61; Ballwieser, W., Aggregation, Komplexi-
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meingiiltige, d.h. auf samtliche Ziellander anwendbare, Wesenszuge der Umstrukturierungsentscheidung aufgedeckt werden. Dabei miissen die steuerplanerischen Problembereiche des Umwandlungssteuerrechts und des Intemationalen Steuerrechts gemeinsam beriicksichtigt und miteinander in Beziehung gebracht werden, um eine bestmogliche Handlungsempfehlung aussprechen zu konnen. Durch diese Intention der Unterstiitzung der Entscheidungstrager bei der Wahl der optimalen Alternative unter Berucksichtung der steuerlichen Rahmenbedingungen zielt die vorliegende Arbeit auf den eigentlichen Kern des Forschungsansatzes der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre ab.
3.2 Bestimmung des EntscheidungstrMgers Ein Entscheidungsmodell kann nur im Hinblick auf den Entscheidungstrager definiert werden. Aus diesem Grund muss der Entscheidungstrager bekannt sein, da anderenfalls aufgrund der fehlenden Zielvorstellungen keine Optimierung einer Handlungssituation moglich ist. Diesbeziiglich ist eine Unterscheidung in Eigentumer- und Manageruntemehmung vorzunehmen.^' Die Einstufung einer Untemehmung in eine dieser beiden Kategorien bestimmt sich nicht in erster Linie anhand der Rechtsform, sondem hangt vom AusmaB der tatsachlichen Einflussnahme der Untemehmenseigentumer auf das Untemehmensgeschehen ab.^^ In der Eigentumeruntemehmung iiben die Unternehmenstrager die tatsachliche Leitungsmacht aus und stellen durch personliche Einflussnahme die Verfolgung ihrer individuellen Interessen sicher. In der Manageruntemehmung dagegen besteht aufgrund der relativ geringen Beteiligungshohe der einzelnen Anteilseigner nur eine sehr eingeschrankte Moglichkeit der Unternehmenstrager, auf die Untemehmenspolitik Einfluss auszuiiben, so dass das Untemehmensmanagement weitgehend unabhangig iiber die anzustrebenden Ziele entscheiden kann. Diese Situation ergibt sich typischerweise in einer Publikumsaktiengesellschaft. Dabei muss allerdings betont werden, dass die Autonomic des Managements dadurch begrenzt ist, dass die Anteilseigner auf direkte oder indirekte Weise uber die Besetzung und insbesondere die Wiederbesetzung der on und Komplexitatsreduktion, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 55. ^' Vgl. Heigl, A./ Melcher, G.-H., Betriebliche Steuerpolitik, Koln 1974, S. 9; Neumann, M., Theoretische Volkswirtschaftslehre, Bd. Ill, 2. Aufl., Munchen 1994, S. 287 ff; Wagner, F., Grundsatzliche Anmerkungen zu Irrttimem und Mangeln steuerlicher Rechtsformvergleiche, DStR 1981, S. 243; Seeger, N., Die optimale Rechtsstruktur intemationaler Untemehmen, Wiesbaden 1995, S. 79 ff. " Vgl. Hartmann, T., Steuergestaltung durch Verwendung hybrider Gesellschaften, Hamburg 2000, S.29.
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Geschaftsfuhrung und -vertretung entscheiden. Das Management muss daher sicherstellen, dass die Interessen der Mehrheit der Aktionare durch sie vertreten werden, Daruber hinaus ist das Management in seiner Entscheidungsfreiheit tiblicherweise durch die Kontrollflinktion des Kapitalmarkts eingeschrankt, da die Anteilseigner flir den Fall, dass sie mit den Aktivitaten des Managements unzufrieden sind, ihre Anteile an dem Untemehmen verauBem. Die Folge dieser VerauBerung ist das Sinken des Anteilswerts, wodurch sich einem Investor die Moglichkeit eroffnet, mit vergleichsweise geringen Kosten eine Aktienmehrheit zu erwerben und auf dieser Grundlage eine Neuausrichtung des Untemehmens verbunden mit einer Entlassung des alten Managements vorzunehmen.^^ Aus diesen Griinden ist ersichtlich, dass auch eine Manageruntemehmung mit einem breit gestreuten Anteilsbesitz letztendlich trotz rechtlicher Unabhangigkeit die Interessen der Mehrheit der Anteilseigner vertreten und wahmehmen muss. Das Entscheidungsmodell ist daher so zu formulieren, dass sowohl bei einer Eigentiimer- als auch bei einer Manageruntemehmung die Interessen der Mehrheit der Anteilseigner als ausschlaggebend fiir die Entscheidungsfmdung beriicksichtigt werden. Flir das vorliegende Modell soil dabei die Annahme getroffen werden, dass eine qualifizierte Mehrheit von mindestens drei Vierteln der Anteilseigner gegeben sein soil. Da jedoch im Rahmen einer grenzuberschreitenden Umstrukturierung mindestens eine inlandische und mindestens eine auslandische Gesellschaft betroffen sind, besteht eine Vielzahl von Entscheidungstragem, deren Interessen durch das Entscheidungsmodell zu beriicksichtigen sind. Es muss daher sichergestellt werden, dass die optimale Umstrukturierungsaltemative fiir die Mehrheit der Anteilseigner einer Gesellschaft eines Landes nicht zu einer Benachteiligung der Mehrheit der Anteilseigner einer Gesellschaft des anderen Landes fiihrt. Somit muss sich die Vorteilhaftigkeitsanalyse auf eine gleichzeitige und gemeinsame Optimierung samtlicher beteiligter Entscheidungstrager beziehen.
3.3 Einstufung des Entscheidungsproblems der grenzuberschreitenden Umstrukturierungen in die Entscheidungstheorie Die Entscheidungstheorie als wissenschaftliche Disziplin hat zum Ziel, Erkenntnisse liber das menschliche Wahlverhalten zu gewinnen und diese fiir die Losung konkreter Entscheidungsprobleme einzusetzen.^"^ Dabei wird nach der Zwecksetzung, der theore-
" Vgl. Neumann, M., Theoretische Volkswirtschaftslehre, Bd. Ill, 2. Aufl., Munchen 1994, S. 291. ^^ Vgl. Saliger, E., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, 3. Aufl., Munchen 1993, S. 1; Sieben, G./ Schildbach, T., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, Diisseldorf 1994, S. I.
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Kapitelll: Aufhau eines Entscheidunssmodells
tischen Vorgehensweise und der Entwicklungsgeschichte zwischen der deskriptiven Entscheidungstheorie und der normativen Entscheidungstheorie unterschieden.^^ Die deskriptive Entscheidungstheorie beschreibt, wie in der Realitat Entscheidungen tatsachlich getroffen werden und worin die Ursachen fiir dieses Verhalten liegen.^^ Ziel ist es, empirisch gehaltvoUe Hypothesen iiber das Entscheidungsverhalten von Entscheidungstragem zu gewinnen, so dass bei Kenntnis der jeweiligen konkreten Problemsituation Entscheidungen prognostiziert bzw. gesteuert werden konnen.^^ Die deskriptive Entscheidungstheorie ist eine empirisch-realistische Entscheidungstheorie, die vor allem in der Soziologie und Psychologic entwickelt wurde und hauptsachlich dort Anwendung findet.^^ Die normative Entscheidungstheorie, die auch als praskriptive Entscheidungstheorie bezeichnet wird, analysiert dagegen nicht die realen Entscheidungsvorgange und prozesse, sondem erlautert, wie Entscheidungen rational getroffen werden sollen.^^ Forschungszweck ist die Entwicklung formaler Regeln, die dem Entscheidungstrager bei gegebenen Aktionsmoglichkeiten, Umweltzustanden und Zielvorgaben die Auswahl der optimalen Handlungsaltemative ermoglichen. Zu den wichtigsten Entscheidungshilfen im Rahmen der normativen Entscheidungstheorie zahlen die Entscheidungsmodelle.^" Unter dem Begriff „Entscheidungsmodeir' wird allgemein das Er-
Vgl. Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Autl, Munchen 1990, S. 12; Pfohl, H.C./ Braun, G., Entscheidungstheorie, Landsberg am Lech 1981, S. 74 ff; Bitz, M., Entscheidungstheorie, Munchen 1981, S. 6. Vgl. Heinen, E., Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991, S. 35; Schildbach, T., Entscheidung, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, K.I Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre. Band 2, 5. Aufl., Munchen 2005, S. 4; Dinkelbach, W., Entscheidungstheorie, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 931; Clemen, R., Making hard decision, 2. Aufl., Belmont 1996, S. 14. Vgl. Laux, H., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Berlin 2003, S. 2; Sieben, G./ Schildbach, T., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, Dusseldorf 1994, S. 3; Berg, C.I Kirsch, W., Der Informationsverarbeitungs-Ansatz, Methodische Konzeption und Modelle, in: Brandstetter, H.I Gahlen, B. (Hrsg.), Entscheidungsforschung, Tubingen 1975, S. 138. Vgl. Saliger, E., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, 3. Aufl., Munchen 1993, S. 1; Rehkugler, H.I Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 13; vgl, auch Kaminski, B., Entscheidungsprozesse in okologisch-psychologischer Praxis, in: Brandstetter, H.I Gahlen, B. (Hrsg.), Entscheidungsforschung, Tubingen 1975, S. 163 ff. Vgl. Sieben, G.I Schildbach, T., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, Dusseldorf 1994, S. 1; Laux, H., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Berlin 2003, S. 2; Saliger, E., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, 3. Aufl., Munchen 1993, S. 1; Heinen, E., Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991, S. 26; Kiihn, R,, Entscheidungsmethodik und Untemehmungspolitik, Bern 1978, S. 2; Kaminski, B./ Strunk, G., Einfluss von Steuem auf untemehmerische Entscheidungen, Munchen 2003, S. 3. Vgl. Laux, H., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Berlin 2003, S. 16; Bitz, M., Investition, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, R./ Wagner, F. (Hrsg,), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre. Band 1, 5. Aufl., Munchen 2005, S. 107; Hanssmann, F., Entscheidungsmodelle und Entschei-
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gebnis der Uberlegung verstanden, die ftir relevant gehaltenen Elemente und Beziehungen einer Problemsituation in einer formalisierten Sprache so zu definieren, dass aus dem resultierenden Strukturkomplex die Problemlosung als logische Implikation abgeleitet werden kann.^' Ziel muss eine vereinfachende, reduzierende und generalisierende Darstellung von Entscheidungssituationen sein. Auf diese Weise lasst sich die Wirklichkeit denkerisch und darstellerisch erfassen, was die geistige Konzeption von Handlungen sowie die Analyse ihrer Folgen ermoglicht.^^ Im Folgenden gilt es, ein Entscheidungsmodell fur die steuerlich optimale Gestaltung von grenziiberschreitenden Umstrukturierungen zu entwickeln. Dieser vorzunehmende Entscheidungsprozess ist nicht auf die Erklarung und Beschreibung eines tatsachlichen, beobachtbaren Verhaltens gerichtet, sondem es ist vielmehr das Ziel, liber die Formulierung des Entscheidungsmodells den Entscheidungstrager bei der Erreichung eines angestrebten Sollzustands zu unterstiitzen. Somit stellt der Aufbau eines steuerlichen Entscheidungsmodells fur grenzuberschreitende Umstrukturierungen einen Anwendungsfall aus dem Bereich der normativen Entscheidungstheorie dar.
3.4 Grenzuberschreitende Umstrukturierungen als unvollstandig deflniertes Entscheidungsproblem Allgemein wird in der Betriebswirtschaftlichen Entscheidungslehre zwischen vollstandig und unvollstandig defmierten Entscheidungsproblemen unterschieden.^^ Vollstan-
dungskriterien, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 897. Vgl. Bretzke, W.-R., Der Problembezug von Entscheidungsmodellen, Tubingen 1980, S. 8; Rieper, B., Betriebswirtschaftliche Entscheidungsmodelle, Berlin 1992, S. 25; Muller-Kroncke, G., Entscheidungsmodelle fur die Steuerbilanzpolitik, Berlin 1974, S. 68 ff.; Gratz, K., Grundprobleme individueller und kollektiver Steuerplanung, Berlin 1982, S. 7; Rummele, P., Zeitliche und sachliche Abgrenzung von Entscheidungsmodellen in der Steuerplanung, Berlin 1998, S. 5. Vgl. Brauchlin, E./ Heene, R., Problemlosungs- und Entscheidungsmethodik, 4. Aufl., Bern 1995, S. 28; Bitz, M., Die Strukturierung okonomischer Entscheidungsmodelle, Wiesbaden 1977, S. 13; Hanssmann, F., Entscheidungsmodelle und Entscheidungskriterien, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 896 ff.; Mann, G., Steuerokonomische Modelle in der Steuerberatung, in: Herzig, N. (Hrsg.), Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Steuerberatung, Wiesbaden 1991, S. 62. Vgl. Kirsch, W., Einftihrung in die Theorie der Entscheidungsprozesse, Wiesbaden 1977, S. 141 f., S. 216f.; Elbracht-Htilseweh, B., Problemlosungsverhalten und Problemlosungsmethoden bei schlecht-strukturierten Problemen, Bochum 1985, S. 8 f.; Klein, H., Heuristische Entscheidungsmodelle, Wiesbaden 1971, S. 31 ff.; Gans, C , Betriebswirtschaftliche Priifungen als heuristische Suchprozesse, Koln 1986, S. 305; Heinen, E., Grundfragen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, Munchen 1976, S. 233 ff.; Kirsch, W., Die Handhabung von Entscheidungsproblemen, Miinchen 1988, S. 57; Joost, N., Organisation in Entscheidungsprozessen, Tubingen 1975, S. 1; Kuhn, R., Entscheidungsmethodik und Untemehmungspolitik, Bern 1978, S. 162 ff.; Alexis, M./ Wilson, C , Resource Allocation within the firm, in: Alexis, M./ Wilson, C. (Hrsg.),
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dig definierte Probleme sind dadurch gekennzeichnet, dass es klar und eindeutig formulierte Ziele, Regeln zur Bildung einer eindeutigen Rangordnung der Ziele, eine endliche Zahl sich gegenseitig ausschliefiender Handlungsmoglichkeiten zur Erreichung der gesetzten Ziele, bekannte Konsequenzen der Handlungsmoglichkeiten sowie erprobte Losungsalgorithmen gibt.^"^ Unvollstandig definierte Entscheidungsprobleme erfullen mindestens eines dieser Kriterien nicht.^^ Eine grenziiberschreitende Umwandlungsentscheidung ist eindeutig ein unvollstandig definiertes Entscheidungsproblem, da es nicht moglich ist, die Gestaltungs-, Gefahren- und Folgenvielfalt einer intemationalen Umstrukturierung in ein einfaches mathematisches System zu implementieren. Aufgrund der Vielzahl grofitenteils interdependenter Einflussfaktoren und Kontexte ist es nur schwer moglich, samtliche Altemativen der Entscheidungssituation ausfindig zu machen bzw. die Altemativen eindeutig voneinander abzugrenzen, so dass die einzelnen Priifiingsschritte unbekannt sind. Dariiber hinaus ist aufgrund des permanenten Wandlungsprozesses die Zielbildung nicht in der fiir vollstandig definierte Modelle notwendigen starren Form feststellbar. Insbesondere aber existiert kein Algorithmus, der eine Losungsgarantie beinhaltet, so dass einfache mathematische Entscheidungsmodelle zur Entscheidungsfindung im Rahmen von grenzuberschreitenden Umstrukturierungen nicht herangezogen werden konnen. 3.5 Der heuristische Ansatz einer Modellkonstruktion fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen Da es sich bei der steuerlichen Planung grenziiberschreitender Umstrukturierungen um ein unvollstandig definiertes Entscheidungsproblem handelt, muss auf heuristische Methoden der Problemlosung zuruckgegriffen werden.^^' ^^ Unter Heuristik sind PrinOrganizational decision making, New Jersey 1967, S. 389; Reichwald, R., Informationsmanagement, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, K.I Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre. Band 2, 5. Aufl., Miinchen 2005, S. 266; Blank, W., Organisation komplexer Entscheidungen, Wiesbaden 1978, S. 21 ff. Vgl. Adam, D./ Witte, T., Merkmale der Planung in gut- und schlechtstrukturierten Planungssituationen, WISU 1979, S. 382; Monsees, G., Partizipation in innovativen Entscheidungsprozessen der Untemehmung, Frankfurt a.M. 1988, S. 23. Vgl. Fischer, J., Heuristische Investitionsplanung, Berlin 1981, S. 181; Rieper, B., Betriebswirtschaftliche Entscheidungsmodelle, Berlin 1992, S. 56; Gans, C, Betriebswirtschaftliche Priifungen als heuristische Suchprozesse, Koln 1986, S. 306 ff,; Heinen, E., Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991,8.25. Vgl. Ulrich, W., Einfiihrung in die heuristischen Methoden des Problemlosens, WISU 1976, S. 251; Paulus, H.-J., Ziele, Phasen und organisatorische Probleme steuerlicher Entscheidungen in der Untemehmung, Berlin 1978, S. 197; Klein, H., Heuristische Entscheidungsmodelle, Wiesbaden 1971, S. 36; Kirsch, W., Die Handhabung von Entscheidungsproblemen, Miinchen 1988, S, 28; ders., Einfiihrung in die Theorie der Entscheidungsprozesse, Wiesbaden 1977, S. 94; Elbracht-
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zipien oder Regeln zu verstehen, die im Durchschnitt eine Erleichterung und Reduktion der Suche nach befriedigenden Losungen ermoglichen.^^ Fur den tatsachlichen Einzelfall kann eine heuristische Kegel allerdings weder eine garantierte Losung noch eine eindeutige Losung noch einen verkiirzten Suchprozess zusichem.^^ Aus diesem Grund sind heuristische Verfahren in aller Regel auch weniger allgemein anwendbar als Algorithmen, da die Plausibilitat ihrer Vorgehensweise auf den individuellen Eigenschaften der gegebenen Problemsituation beruht. Es hat somit eine Ausrichtung und Orientierung am jeweils spezifischen Problem zu erfolgen, so dass heuristische Verfahren nur problembereichsspezifisch einsetzbar sind.^^ Der heuristische Entscheidungsprozess im Allgemeinen wird durch die Merkmale des sukzessiven Ablaufs, der rekursiven Struktur und des hierarchischen Aufbaus, der eine Koordination von Teilergebnissen ermoglicht, charakterisiert.^' Die heuristischen Losungsverfahren fiir unvollstandig definierte Entscheidungsprobleme konnen in die heuHulseweh, B., Problemlosungsverhalten und Problemlosungsmethoden bei schlecht-strukturierten Problemen, Bochum 1985, S. 26; Heinen, E., Der entscheidungsorientierte Ansatz der Betriebswirtschaftslehre, ZfB 1971, S. 432; Szyperski, N./ Winand, U., Entscheidungstheorie, Stuttgart 1974, S. 89; Simon, H., The new science of management decision. New Jersey 1977, S. 62 ff.; Kahle, E., Betriebswirtschaftliches Problemlosungsverhalten, Wiesbaden 1973, S. 146; Bruner, J., The conditions of creativity, in: Gruber, H./ Terrell, G./ Wertheimer, M., Contemporary Approaches to Creative Thinking, New York 1962, S. 6 f; Kuhn, R., Entscheidungsmethodik und Unternehmungspolitik, Bern 1978, S. 129; Ansoff, I., A quasi-analytic method for long range planning, in: Alexis, M./ Wilson, C. (Hrsg.), Organizational decision making. New Jersey 1967, S. 431; Bazerman, M., Judgment in managerial decision making. New York 1986, S. 6; Pfohl, H.-C, Problemorientierte Entscheidungsfmdung in Organisationen, Berlin 1977, S. 190 ff. Der Begriff „Heuristik" entstammt dem altgriechischen Wort „heuriskein" und bedeutet „zum Finden geeignet". Vgl. Newell, A./ Shaw, J./ Simon, H., The Processes of Creative Thinking, in: Gruber, H./ Terrell, G.I Wertheimer, M., Contemporary Approaches to Creative Thinking, New York 1962, S. 78; Kruschwitz, L./ Fischer, J., Heuristische Losungsverfahren, WiSt 1981, S. 449; Streim, H., Heuristische Losungsverfahren, Versuch einer Begriffserklarung, ZOR 1975, S. 143 ff; Kirsch, W./ Michael, M./ Weber, W., Entscheidungsprozesse in Frage und Antwort, Wiesbaden 1973, S. 42. Vgl. Ulrich, W,, Einflihrung in die heuristischen Methoden des Problemlosens, WISU 1976, S. 251; Beier, U., Zur Anwendung heuristischer Entscheidungsmethoden bei der Bestimmung eines Konsumprogramms, ZfB 1973, S. 201; Fischer, J., Heuristische Investitionsplanung, Berlin 1981, S. 6, S. 174 ff.; Kuhn, R., Entscheidungsmethodik und Untemehmungspolitik, Bern 1978, S. 147, S. 152; Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 82; Zangemeister, C, Heuristische Methoden der Entscheidungsfmdung, Nutzwertanalyse, in: Tumm, G. (Hrsg,), Die neuen Methoden der Entscheidungsfmdung, Munchen 1972, S. 264; Kirsch, W., Einflihrung in die Theorie der Entscheidungsprozesse, Wiesbaden 1977, S. 155; Siegel, T., Zur Integration der Wiedereinlageplanung in die simultane Planung von Gewinnausweis und Ausschuttung, ZfB 1982, S. 920; Blank, W., Organisation komplexer Entscheidungen, Wiesbaden 1978, S. 64. Vgl. Kruschwitz, L./ Fischer, J., Heuristische Losungsverfahren, WiSt 1981, S. 450; Fischer, J., Heuristische Investitionsplanung, Berlin 1981, S. 177. Vgl. Paulus, H.-J., Ziele, Phasen und organisatorische Probleme steuerlicher Entscheidungen in der Untemehmung, Berlin 1978, S. 210; Pfohl, H.-C, Problemorientierte Entscheidungsfmdung in Organisationen, Berlin 1977, S. 191.
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ristische Programmierung und das Simulationsexperiment sowie die intuitive und die diskursive Methode untergliedert werden/^ Die Methode der heuristischen Programmierung, die auf den Einsatz von EDV-Technik spezialisiert ist, die Methode des Simulationsexperiments, die sich mit der Simulation einer Problemsituation befasst, sowie die intuitive Methode, die ohne systematisch-rationale Problemstrukturierung ein moghchst ungebundenes Suchen vorschlagt, konnen im vorliegenden Entscheidungsmodell keine Anwendung fmden. Vielmehr ist als heuristische Methode die diskursive Methode erfolgversprechend, die eine systematische Problemstrukturierung in den Vordergrund stellt und dabei Intuition geplant einsetzt. Hierbei wird versucht, den unvollstandig defmierten Entscheidungsprozess durch die Abgrenzung und Zerlegung in Einzelprobleme zu losen/^ Ein heuristisches Planungsschema muss dabei zwingend gewahrleisten, dass die Strukturierung und Losung der Problemstellung nachvollziehbar ist, da nur auf diese Weise eine Oberpriifung der Vorgehensweise moglich ist.^"^ Kennzeichnend fur die Losung unvollstandig defmierter Entscheidungsprobleme ist die Tatsache, dass die Entscheidungsfmdung nicht in einem umfassenden Wahlakt geschehen kann7^ Der Suchprozess muss vielmehr mit der Feststellung einer komplexen Problemsituation beginnen. Diese Problemsituation ist iiblicherweise in ihrer Gesamtheit nicht iiberschaubar, da es wegen des mit jeder zusatzlich zu beriicksichtigenden Variablen exponentiell steigenden Such- und Beurteilungsaufwands nahezu unmoglich ist, die Problemsituation vollstandig informatorisch abzubilden und dariiber hinaus die Entscheidungsvariablen unter Berlicksichtigung ihrer wechselseitigen Abhangigkeiten simultan zu beurteilen^^' Aus diesem Grund muss eine Zerlegung in immer iibersichtlichere Teilprobleme erfolgen, flir die jeweils geeignete Losungsverfahren zur Verfii-
Vgl. Ulrich, W., Eintuhrung in die heuristischen Methoden des Problemlosens, WISU 1976, S. 252; Gans, C, Betriebswirtschaftliche Priifungen als heuristische Suchprozesse, Koln 1986, S. 297, S. 332; Paulus, H.-J., Ziele, Phasen und organisatorische Probleme steuerlicher Entscheidungen in der Untemehmung, Berlin 1978, S. 197; Elbracht-Hulseweh, B., Problemlosungsverhalten und Problemlosungsmethoden bei schlecht-strukturierten Problemen, Bochum 1985, S. 125 ff; Hansmann, K.-W., Heuristische Prognoseverfahren, WISU 1979, S. 229 ff.; Fischer, J., Heuristische Investitionsplanung, Berlin 1981, S. 185. Vgl. Kiihn, R., Entscheidungsmethodik und Untemehmungspolitik, Bern 1978, S. 185; Fischer, J., Heuristische Investitionsplanung, Berlin 1981, S. 226; Beier, U., Zur Anwendung heuristischer Entscheidungsmethoden bei der Bestimmung eines Konsumprogramms, ZfB 1973, S. 204; Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 232; Pfohl, H.-C, Problemorientierte Entscheidungsfmdung in Organisationen, Berlin 1977, S. 42 ff, S. 192. Vgl. Rieper, B., Betriebswirtschaftliche Entscheidungsmodelle, Berlin 1992, S. 72; Kiihn, R., Entscheidungsmethodik und Untemehmungspolitik, Bern 1978, S. 151. Vgl. Heinen, E., Grundfragen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, Munchen 1976,8.238. Vgl. Kuhn, R., Entscheidungsmethodik und Untemehmungspolitik, Bem 1978, S. 185 f
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gung stehen (sog. Faktorisierung)/^ Das unvollstandig definierte Entscheidungsproblem kann daher nur schrittweise iiber die Losung von Teilproblemen aufgelost werden, so dass eine sequentielle Problembearbeitung erfolgen muss. Hierbei soil insbesondere betont werden, dass allgemeingiiltige Methoden der Altemativengenerierung fiir Aufgabenstellungen, die im sachverhaltlichen Bereich ansetzen, fehlen^^ Eine methodisch betriebene Generierung steuerlicher Gestaltungsmoglichkeiten muss daher bei unvollstandig defmierten Problemstellungen Teil eines umfassenden Losungsprozesses im Wege einer sukzessiven Losungssuche sein7^ Diese Losungssuche konnte dabei ihrerseits Teilprobleme offenbaren, die vollstandig defmiert sind und daher mit den klassischen Verfahren gelost werden konnen. Trotz der hohen Komplexitat bei der Formulierung eines Entscheidungsmodells ftir grenzuberschreitende Umstrukturierungen als unvollstandig defmiertes
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dungsproblem ist folglich die Anwendung methodischer Uberlegungen moglich, so dass eine systematische Gestaltungssuche durchgefuhrt werden kann. Beztiglich grenzUberschreitender Umstrukturierungen sind bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Ansatze in der Literatur vorhanden, die als Grundlage fiir den Aufbau eines effizienten Entscheidungsmodells verwendet werden konnten. In der Literatur wurde bis zum jetzigen Zeitpunkt noch kein Versuch untemommen, die umwandlungsrechtlichen Handlungsaltemativen im Rahmen intemationaler Umstrukturierungen entscheidungsorientiert zu strukturieren. Aufgrund der hohen Bedeutung, der Chancen und der Gefahren von Umstrukturierungsvorgangen fiir das gesamte Untemehmen sollte es allerdings als unumganglich anzusehen sein, eine auf die Gestaltungsspielraume konzentrierte, entscheidungsorientierte Analyse der grenzuberschreitenden Umstrukturierungen durchzuftihren. Vgl. Gans, C, Betriebswirtschaftliche Priifungen als heuristische Suchprozesse, Koln 1986, S. 372; Pfohl, H.-C, Problemorientierte Entscheidungsfindung in Organisationen, Berlin 1977, S. 202; Rieper, B., Betriebswirtschaftliche Entscheidungsmodelle, Berlin 1992, S. 64; Heinen, E,, Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991, S. 43; ders., Grundfragen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, Munchen 1976, S. 238; Elbracht-Hulseweh, B., Problemlosungsverhalten und Problemlosungsmethoden bei schlecht-strukturierten Problemen, Bochum 1985, S. 12, S. 136 f.; Adam, D./ Witte, T., Merkmale der Planung in gut- und schlechtstrukturierten Planungssituationen, WISU 1979, S. 383; Kuhn, R., Entscheidungsmethodik und Untemehmungspolitik, Bern 1978, S. 188; Clemen, R., Making hard decision, 2. Aufl., Belmont 1996, S. 285; vgl. auch Kutschker, M./ Kirsch, W., Verhandlungen in multiorganisationalen Entscheidungsprozessen, Munchen 1978, S. 110. Vgl. Rodder, T., Steuerplanungslehre und steuerliche Gestaltungsfmdung, BB 1988, Beilage 19 zu Heft 34, S. 7; Klein, H., Heuristische Entscheidungsmodelle, Wiesbaden 1971, S. 66 f. Vgl. Rodder, T., Steuerplanungslehre und steuerliche Gestaltungsfmdung, BB 1988, Beilage 19 zu Heft 34, S. 10; Rieper, B., Betriebswirtschaftliche Entscheidungsmodelle, Berlin 1992, S. 64; Clarkson, G./ Meltzer, A., Portfolio selection: A heuristic approach, in: Alexis, M./ Wilson, C. (Hrsg.), Organizational decision making. New Jersey 1967, S. 372.
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4. Anforderungen an ein Entscheidungsmodell fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen In Deutschland impliziert jede Umstrukturierungsentscheidung zwei steuerlich sich ausschlieBende Handlungsmoglichkeiten. Entweder kann die Umwandlung ohne Aufdeckung der stillen Reserven und damit erfolgsneutral erfolgen oder die Umwandlung wird erfolgswirksam durchgefiihrt, wobei ein weiteres Wahlrecht besteht, die Erfolgswirksamkeit zur Ganze oder nur zum Teil eintreten zu lassen. Diese Grundsatze manifestieren sich in dem gesetzlichen Wahlrecht, entweder die Buchwerte der iibertragenen Wirtschaftsguter fortzufuhren oder einen Zwischen- bzw. den Teilwert anzusetzen. Werden die Buchwerte fortgefuhrt und die stillen Reserven auf den iibemehmenden Rechtstrager ubertragen, findet keine Gewinnrealisierung statt. Wird dagegen der Teilwertansatz gewahlt, kommt es zur vollstandigen Auflosung der stillen Reserven, so dass kein Unterschied zu einer VerauBerung der Wirtschaftsguter besteht. Im Rahmen eines Zwischenwertansatzes wird nur ein Teil der stillen Reserven aufgedeckt. In der Literatur wurde in einigen wenigen Arbeiten, die sich mit der entscheidungsorientierten Betrachtung von inlandischen Umstrukturierungsvorgangen beschaftigen, der Schluss gezogen, die dem Entscheidungstrager sich darbietenden Handlungsaltemativen seien die „erfolgsneutrale" oder die „erfoIgswirksame" Durchflihrung der Umstrukturierung.^^ Die betreffenden Autoren haben analysiert, ob und unter welchen Voraussetzungen Erfolgsneutralitat oder Erfolgswirksamkeit im Rahmen des Umwandlungsvorgangs vorteilhaft ist. Der Sinn des Umwandlungssteuerrechts ist die Moglichkeit der erfolgsneutralen Behandlung von Umwandlungsvorgangen. Dies wird durch die Methode des Steueraufschubs sichergestellt. Eine erfolgswirksame Auflosung stiller Reserven kann steuerlich nur dann von Vorteil sein, wenn durch ihre Aufdeckung zum einen Aufwandsverrechnungspotential geschaffen werden kann und zum anderen die durch die Aufdeckung verursachte sofortige Steuerbelastung niedriger ist als der Barwert der Steuerentlastung aufgrund des erhohten Verrechnungspotentials in den Folgejahren. Aus diesem Grund kann nur bei extremen Steuersatzgefallen
Vgl. Schiffers, J., Steuergestaltung durch Aufdeckung stiller Reserven, Wiesbaden 1994, S. 3 ff.; Meyer-Scharenberg, D., Steuergestaltung durch Umwandlung, Heme/Berlin 1990, S. 99 f; Schaum, W., Steuerpolitik durch Aufdeckung stiller Reserven, Diisseldorf 1994, S. 2 ff.; Dellmann, K,, Die optimale Wahl zwischen Auflosung oder Ubertragung stiller Rucklagen bei Einbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft, StuW 1973, S. 243; Benzing, H., Die einkommen- und korperschaftsteuerliche Behandlung der stillen Rucklagen bei der Umwandlung, Saarbrticken 1966, S. 65 ff.; Hansen, J., Die Umwandlung von Personengesellschaften in Kapitalgesellschaften aus betriebswirtschaftlicher, rechtlicher und steuerlicher Sicht, Braunschweig 1975, S. 4 f
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und/oder Zinssatzen sowie in bestimmten Verlustsituationen^^ ein Zwischenwert- oder Teilwertansatz vorteilhaft sein.^^ Davon ist allerdings nicht als Regelfall auszugehen. Das somit von der bestehenden Literatur geflindene Ergebnis, dass die Gewinnrealisierung aus Grtinden der sofortigen Belastung der Liquiditat und den damit einhergehenden Zinsnachteilen entweder uberhaupt nicht oder nur unter mannigfaltigen und teilweise unrealistischen Voraussetzungen und Annahmen vorteilhaft ist, vermag daher nicht zu uberraschen.^^'^"^ Weiterfiihrende Hilfen zur Entscheidungsfindung in Form
Vgl. hierzu etwa Noll, B., Steuerliche Verluststrategien bei Umwandlungen von Kapitalgesellschaften, Bielefeld 1999, S. 139 ff., S. 200 ff. Dartiber hinaus ist es moglich, bei Funktionsverlagerung auf eine auslandische Tochtergesellschaft, die in einem Niedrigsteuerland ansassig ist, durch Aufdeckung stiller Reserven steuerliche Vorteile zu generieren. Da in diesem Fall allerdings das Betriebsvermogen tatsachlich iiber die Grenze verbracht wird, handelt es sich um keine grenziiberschreitende Umstrukturierung. Vgl. hierzu Scheffler, W./ Eickhorst, D., Funktionsverlagerung in das Ausland: Einschrankung der steuerlichen Vorteile durch Auflosung von stillen Reserven?, BB 2004, S. 818 ff. Vgl. etwa Schaum, W., Steuerpolitik durch Aufdeckung stiller Reserven, Diisseldorf 1994, S. 43, S. 111, S. 114 ff, S. 163, S. 283 ff, S. 294; Elschen, R./ Trompeter, F., Der Zwischenwertansatz Das verkannte Optimum bei der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft, DB 1990, S. 2533 ff; Eismayr, R., Grenziiberschreitende Konzentrationsverschmelzungen, Wien 2005, S. 230, S. 283; Meyer-Scharenberg, D., Steuergestaltung durch Umwandlung, Heme/Berlin 1990, S. 232 ff, S. 345; Schiffers, J., Steuergestaltung durch Aufdeckung stiller Reserven, Wiesbaden 1994, S. 182 ff, S. 214ff; Ditges, J./ Broel-Remer, M., Die Gestaltung der Umwandlung gem. § 20 UmwStG im Hinblick auf die steuerlich wirksame Abschreibung des Firmenwertes nach neuem Bilanzrecht, DB 1986, S. 1532; Hansen, J., Die Umwandlung von Personengesellschaften in Kapitalgesellschaften aus betriebswirtschaftlicher, rechtlicher und steuerlicher Sicht, Braunschweig 1975, S. 126 ff; Seutter, K., Untemehmensaufgabe und Ertragssteuem, Koln 1981, S. 110 ff; Dellmann, K., Die optimale Wahl zwischen Auflosung oder Ubertragung stiller Rticklagen bei Einbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft, StuW 1973, S. 245 ff; Burk, R., Rechtsform- und Umwandlungsbesteuerung, Berlin 1983, S. 125 ff Zustimmend wohl Ketterl, H., Die Bestimmungen des Umwandlungssteuergesetzes als Aktionsparameter der Entscheidung zum Rechtsformwechsel, Munchen 1979, S. 145, S. 148 f, S. 266; Muller, W.I Semmler, B., Das Entscheidungsproblem der Wahl des steuerlichen Wertansatzes bei einer Einbringung in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG, SteuerStud 2003, S. 213; s. auch Seutter, K., Untemehmensaufgabe und Ertragssteuem, Koln 1981, S. 96 ff. Daruber hinaus bestehen zahlreiche Gestaltungsmoglichkeiten durch Zwischenwert- oder Teilwertansatz, die unter bestimmten Voraussetzungen zu Vorteilen fiir den Entscheidungstrager geftihrt haben, durch entsprechende Gesetzesandemngen nicht mehr. So ist beispielsweise die von Schiffers (vgl. Schiffers, J., Steuergestaltung durch Aufdeckung stiller Reserven, Wiesbaden 1994, S. 96 ff) vorgeschlagene Uberlegung, durch Aufstockung stiller Reserven eventuell Vorteile bei der Vermogensteuer und der Gewerbekapitalsteuer erreichen zu konnen, mittlerweile hinfallig geworden, da die Vermogensteuer seit 1997 nicht mehr erhoben wird und die Gewerbekapitalsteuer ab 1998 aufgehoben wurde. Auch die von Schaum, Ditges/Broel-Remer, Benzing, Hansen, Seutter sowie Schiffers (vgl. Schaum, W., Steuerpolitik durch Aufdeckung stiller Reserven, Diisseldorf 1994, S. 46 ff; Ditges, J./ Broel-Remer, M., Die Gestaltung der Umwandlung gem. § 20 UmwStG im Hinblick auf die steuerlich wirksame Abschreibung des Firmenwertes nach neuem Bilanzrecht, DB 1986, S. 1529ff; Benzing, H., Die einkommen- und korperschaftsteuerliche Behandlung der stillen Riicklagen bei der Umwandlung, Saarbriicken 1966, S. 65 ff; Hansen, J., Die Umwandlung von Personengesellschaften in Kapitalgesellschaften aus betriebswirtschaftlicher, rechtlicher und steuerlicher Sicht, Braunschweig 1975, S. 73, S. 126 ff; Seutter, K., Untemehmensaufgabe und Ertragssteuem, Koln 1981, S. 117 ff; Schiffers, J., Steuergestaltung durch Aufdeckung stiller Reser-
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von Analysen der Folgewirkungen der gewahlten Struktur werden entweder uberhaupt nicht Oder nur unsystematisch in Form von einzelfallbezogenen Problemlosungen angeboten. Obwohl diese Arbeiten aus Sicht der Steuerwirkungslehre als Grundlagenforschung von hoher wissenschaftlicher Bedeutung sind, muss festgestellt werden, dass mittlerweile ein Fortschreiten der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre bin zu einer Steuergestaltungslehre stattgefiinden hat. In den Mittelpunkt der betriebswirtschaftlichen Betrachtung ist die Entscheidungsorientierung getreten, wodurch sich die Anforderungen an die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre grundlegend gewandelt haben. Dariiber hinaus hat sich auch die Untemehmensumwelt aufgrund der Globalisierung und Intemationalisierung fiindamental geandert, was gleichfalls zu einer Anderung des Anspruchsprofils an die Steuerwissenschaft gefuhrt hat. Es gilt somit, die bestehenden Arbeiten in Richtung auf einen umfassenderen betriebswirtschaftlichen Ansatz weiterzuentwickeln. Aus Sicht der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre mit einer entscheidungsorientierten Ausrichtung ist es m.E. viel lohnender, beziiglich inlandischer und grenziiberschreitender Umstrukturierungen in einem ersten Schritt ausschlieBlich Handlungsaltemativen zuzulassen, die zur Erfolgsneutralitat ftihren. Nur durch diese Verlagerung des Forschungsschwerpunkts der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre kann das Treffen einer optimalen Entscheidung gewahrleistet werden, da nunmehr die tatsachlich entscheidungsrelevanten Kriterien im Fokus der wissenschaftlichen Betrachtung stehen. Ist die Entscheidung getroffen worden, dass die Umstrukturierung erfolgsneutral zu erfolgen hat, sollten sich die Untemehmen allein darauf konzentrieren, welche Umwandlungsart aus einer Vielzahl an Altemativen, die jede ftir sich zur Erfolgsneutralitat ftihren, ausgewahlt werden soil, um die steuerlich optimale Untemehmensstruktur zu erreichen. Die wichtigste Frage ist daher nicht, ob die Umstrukturierung erft)lgsneutral oder erft)lgswirksam durchgeftihrt werden sollte, sondem welche zur Erfolgsneutralitat fiihrende Umstrukturierungsart uberhaupt unter Optimalitatsgesichtspunkten gewahlt werden sollte. Die Frage Erfolgsneutralitat oder Aufdeckung der stillen Reserven ist m.E. viel zu kurz gegriffen und geht an dem eigentlichen Kemproblem vorbei. Im Rahmen dieser Diskussion wird ein Scheingefecht gefuhrt, dessen Erven, a.a.O., S. 341 f) als moglicherweise vorteilhaft dargestellte Moglichkeit, durch Ausnutzen des halben Durchschnittssteuersatzes gem. § 34 EStG a.F. eine begunstigte Besteuerung der Aufdeckung der stillen Reserven zu erreichen, ist durch eine Anderung des § 34 EStG ab 1999 nicht mehr moglich, da nunmehr primar die sog. Funftelmethode anzuwenden ist und der durchschnittliche Steuersatz durch den weniger gunstigen, sog. reduzierten Steuersatz ersetzt wurde, der daruber hinaus betragsmafiig stark beschrankt wurde und die Vollendung des 55. Lebensjahrs des Steuerpflichtigen voraussetzt; vgl. hierzu ausfuhrlich Djanani, C./ Brahler, G.I Losel, C, Ertragsteuem,
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gebnisse eine zu geringe praktische Anwendbarkeit und Relevanz fur die Entscheidungstrager aufweisen. Obwohl eine Analyse der steuerplanerischen Handlungsspielraume durch die voUstandige oder teilweise Aufdeckung der stillen Reserven durchaus in Einzelfallen sinnvoll sein kann, ist es nicht mehr als zeitgemaB anzusehen, sich ausschlieBlich auf den Problembereich der Behandlung der stillen Reserven zu beschranken. Die bestehende Literatur ist der Meinung, der Entscheidungsprozess im Rahmen von Umstrukturierungen bestehe ausnahmslos aus der Frage, ob ein Ansatz zum Buchwert, Zwischenwert oder Teilwert erfolgen sollte. Nach Beantwortung dieser Frage sei der Entscheidungsvorgang abgeschlossen. Diese Untersuchungen haben ihre Analyse somit bereits abgeschlossen, wenn sie aus Sicht einer Steuergestaltungslehre tiberhaupt erst beginnen sollte. M.E. ist es vielmehr sinnvoll, sich allein auf die erfolgsneutralen Umstrukturierungsmoglichkeiten zu konzentrieren und anschlieBend den eigentlichen Entscheidungsprozess uberhaupt erst einmal zu initiieren, der darin besteht, aus einer Vielzahl von jeweils zur Erfolgsneutralitat fuhrenden Handlungsaltemativen die fiir den Entscheidungstrager optimale Alternative zu erarbeiten. Auf diese Weise stellt der Umstrukturierungsvorgang keinen Selbstzweck dar, sondem ist in ein umfassendes betriebswirtschaftliches Konzept eingebettet. Insbesondere im intemationalen Bereich ist eine Unterscheidung zwischen Buchwert-, Zwischenwertund Teilwertansatz keinesfalls sinnvoll, da weder die Fusionsrichtlinie noch die uberwiegende Mehrheit der auslandischen Steuerrechte einen Zwischenwertansatz uberhaupt zulassen. Es sollte sich - wenn uberhaupt - nur die Frage stellen, ob ein Ansatz zum Buchwert oder zum Verkehrswert, der eine voUstandige Aufdeckung der stillen Reserven mit sich brachte, gewahlt werden sollte. Es kann hierbei nicht die ausschlieBliche Aufgabe der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre sein, zwischen Erfolgsneutralitat und Erfolgswirksamkeit der Umwandlungsentscheidung auszuwahlen. Mit dem Ergebnis der Erfolgsneutralitat darf die Untersuchung nicht bereits vollendet sein, sondem die Erfolgsneutralitat muss vielmehr als Voraussetzung zur eigentlich relevanten Entscheidungsfmdung gesehen werden. Dies kann effizient nur im Rahmen eines Entscheidungsmodells erfolgen, welches als mogliche Aktionsparameter ausnahmslos diejenigen Altemativen erfasst, die nicht zu einer Aufdeckung der stillen Reserven fiihren. Der zur Verfugung stehende Entscheidungsraum im Rahmen des Entscheidungsmodells darf somit nur Entscheidungsvarianten erfassen, die einen Steueraufschub ermoglichen und daher keine sofortige Steuerzahlung mit sich bringen. Dieser Entscheidungsraum muss zwingend vollstandig sein, d.h. es darf keine Moglichkeit, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 2006, S. 179 ff.; Djanani, C./ Brahler, G./ Hartmann, T., Steuerentlastungsgesetz: Entscheidungsregeln fur die Wahl zwischen § 32c und 34 EStG, DB 1999, S. 701 f
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die grenztiberschreitende Umstrukturierung steuemeutral durchzufiihren, libersehen werden. Dies ist als zwingende Voraussetzung fur eine optimale Entscheidungsfindung anzusehen. Aus diesem Altemativenkatalog muss anschlieBend nach betriebswirtschaftlichen Kriterien die optimale Alternative ausgewahlt werden. Optimalitat bezieht sich dabei insbesondere auf die steuerliche Vorteilhaftigkeit der nach der Umstrukturierung bestehenden Untemehmensstruktur. Hierbei wird insbesondere auf die laufende Besteuerung der sich aus der Umwandlungsaltemative ergebenden Untemehmensstruktur abzustellen sein. Dariiber hinaus muss ein Entscheidungsmodell zwingend gewahrleisten, dass sowohl das Risiko als auch die Kosten der einzelnen Gestaltungsvorschlage beurteilt und mit den moglichen Vorteilen abgewogen werden konnen. Das Risiko bezieht sich insbesondere auf die fehlende Anerkennung der steuerlichen Gestaltung durch die beteiligten Finanzbehorden. Die Kosten stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Komplexitat der gewahlten Umstrukturierungsaltemative und betreffen z.B. den Aufwand fiir steuerliche und gesellschaftsrechtliche Beratung sowie fiir Griindungen von zusatzlich benotigten Gesellschaften. Die gleichzeitige Berucksichtigung von steuerlichen, okonomischen und rechtlichen entscheidungsrelevanten Faktoren ist zwar komplexitatserhohend, muss allerdings aufgrund ihrer Bedeutung fur die Untersttitzung des Entscheidungstragers als unerlasslich angesehen werden. In der bestehenden Literatur wird der zeitliche Ablauf der Durchfuhrungsphase als weiteres Kriterium zur Systematisierung der Handlungsaltemativen diskutiert.^^ Bei der Durchfuhrung einer Umwandlungsentscheidung liefien sich drei Phasen unterscheiden. Zunachst seien die Gestaltungsmafinahmen durchzufuhren, die vor Beginn des eigentlichen Umwandlungsaktes abgeschlossen sein miissen, um steuerlich wirksam zu sein. Die bei Umwandlungen gesetzlich vorgesehenen Gestaltungswahlrechte seien uberwiegend erst im Umwandlungsakt selbst auszuiiben. AnschlieBend seien die GestaltungsmaBnahmen durchzufuhren, die sich nach Abschluss des eigentlichen Umwandlungsaktes als steuerlich optimal ergeben. Eine solche Vorgehensweise ist nur dann als zweckmaBig zu beurteilen, wenn nicht ein Gesamtoptimum erreicht, sondem jede Phase einzeln fiir sich betrachtet werden soil. Zusammenhange zwischen den einzelnen zeitlichen Phasen konnen auf diese Weise nicht berlicksichtigt werden. Ist jedoch ein Entscheidungsmodell das angestrebte Ziel, welches gewahrleistet, dass der Entscheidungstrager ein betriebswirtschaftliches Optimum realisieren kann, erscheint die strikte Separierung der zeitlichen Phasen nicht sachlogisch. Es ist namlich denkbar, dass eine Umstrukturierungsaltemative isoVgl. Meyer-Scharenberg, D., Steuergestaltung durch Umwandlung, Heme/Berlin 1990, S. 100 f; Schiffers, J., Steuergestaltung durch Aufdeckung stiller Reserven, Wiesbaden 1994, S. 25.
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liert betrachtet als optimal anzusehen ist, aber unter Beriicksichtigung der der Umstrukturierung vor- und nachgelagerten Handlungsmoglichkeiten eine andere Alternative vorzuziehen ist. Aus diesem Grund muss zwingend ein simultaner Optimierungsansatz erfolgen, der die GestaltungsmaBnahmen, die vor Beginn und nach Abschluss des Umwandlungsaktes gegeben sind, mit einbezieht. Nur auf diese Weise kann ein Entscheidungsmodell formuliert werden, das auch die zeitlichen Zusammenhange zwischen den einzelnen entscheidungsrelevanten Faktoren beriicksichtigt. Im Ergebnis muss ein auf die Gestaltungsspielraume konzentriertes Entscheidungsmodell sicherstellen, dass keine Handlungsaltemative, die u.U. die optimale Untemehmensstruktur ergeben wiirde, auBer Acht gelassen wird. Aus den sich ergebenden Handlungsaltemativen muss unter Beriicksichtigung sowohl der steuerlichen als auch der nichtsteuerlichen Auswirkungen aus betriebswirtschaftlicher Sicht entschieden werden, welche gewahlt werden sollte. Dabei mtissen die Entscheidungsvariablen, die zeitlich vor und nach der eigentlichen Umwandlung erfolgen, aber noch in direktem Zusammenhang mit dem Umstrukturierungsprozess stehen, zwingend in einem einheitlichen Ansatz Eingang in die Analyse fmden. Eine solche Untersuchung hat bis dato in der Literatur weder zu innerstaatlichen noch zu grenziiberschreitenden Umstrukturierungen stattgefunden. Eine ohne vorausgegangene entscheidungstheoretische Analyse gewahlte Umwandlungsstruktur kann allerdings nur als das Ergebnis von Intuition und Erfahrung bezeichnet werden, das lediglich zufallig zum optimalen Ergebnis fiihren kann. Durch die Vorentscheidung, ausschlieBlich steuemeutral durchfiihrbare Handlungsaltemativen zu beriicksichtigen, kann allerdings im Einzelfall bei Vorliegen von Verlustsituationen die giinstigste Handlungsaltemative aus dem Entscheidungsmodell entfemt werden. Liegt beispielsweise bei Kapitalgesellschaften ein Verlustvortrag vor, ist eine Auflosung von stillen Reserven bis zur Hohe des Verlustvortrags ublicherweise vorteilhaft, da der durch die Aufdeckung entstehende Gewinn mit dem Verlustvortrag verrechnet werden kann. Steuergestaltungen, die sich im Ergebnis nur dann als vorteilhaft erweisen, wenn steuerliche Verlustvortrage vorhanden sind, sollen aus Grunden der Systematik im Folgenden nicht untersucht werden. Auf diese Weise wird eine Komplexitatsreduktion erreicht, die dem Modellanwender das Erarbeiten von allgemeingultigen Handlungsempfehlungen far grenzuberschreitende Umstmkturiemngen erlaubt. Aus dem bisher Festgestellten wird deutlich, dass die Entwicklung eines Entscheidungsmodells fiir grenzuberschreitende Umstmkturiemngen, das sich ausschlieBlich auf erfolgsneutrale Handlungsaltemativen konzentriert und diese entscheidungsorientiert bewertet, fiir die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre von hohem Nutzen ist.
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Entscheidungsmodells
fiir
grenziiberschreitende
Umstrukturierungen Als heuristisches Verfahren zur Losung von unvollstandig definierten Entscheidungsproblemen ist die diskursive Methode, d.h. die Methode der Problemzerlegung, zu wahlen. Es gilt, den komplexen Entscheidungsprozess einer grenzuberschreitenden Umstrukturierung in mehrere Teilprobleme zu zerlegen, die jeweils flir sich optimiert werden konnen. Durch diese Transformation des Entscheidungsproblems in neue, losbare Unterprobleme ist ein sukzessives, prozesshaftes Vorgehen moglich, welches als Voraussetzung fur eine effiziente und erfolgreiche Entscheidungsfindung mit dem Ziel der Komplexitatsreduktion anzusehen ist. Im Allgemeinen bietet sich als Schematisierung der Phasen steuerlicher Planungen und Entscheidungen die folgende idealtypische Unterscheidung an:^^ Als erster Schritt setzt jede Steuerplanung eine Problemerkennung voraus, d.h. durch eine einleitende Analyse der Ausgangssituation und das Vorhandensein einer Zielformulierung muss das Problem konkret formuliert werden.^^ Im Anschluss findet die Suchphase statt, in der die zur Verfligung stehenden Handlungsaltemativen generiert werden. Dabei miissen entscheidungstheoretische Regeln eingehalten werden, welche die Aufmerksamkeit des Entscheidenden auf die erfolgversprechendsten Altemativen lenken und auf diese Weise den Suchaufwand reduzieren.^^ Es ist somit von entscheidender Bedeutung flir das Entscheidungsresultat, ob es gelingt, innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens und mit einem vertretbaren Aufwand diejenigen Daten zu ermitteln, die flir die Entscheidungsfindung von besonderer Relevanz sind.^^ Die erarbeiteten Altemativen werden in der nachsten Stufe steuerlich untersucht, um anschliefiend in einem weiteren Schritt eine Quantifizierung der steuerlichen Folgen der Handlungsmoglichkeiten zu ermoglichen. Auf diese Weise wird im letzten Schritt der Entscheidungstrager in die Lage versetzt, die optimale Entscheidung treffen zu konnen. Es gilt dabei zu beachten, dass jede dieser Phasen bereits fiir sich einen komplexen Entscheidungsprozess Vgl. Fischer, J., Heuristische Investitionsplanung, Berlin 1981, S. 22; R5dder, T., Steuerplanungslehre und steuerliche Gestaltungsfmdung, BB 1988, Beilage 19 zu Heft 34, S. 3; ElbrachtHiilseweh, B., Problemlosungsverhalten und Problemlosungsmethoden bei schlecht-strukturierten Problemen, Bochum 1985, S. 20, S. 136 f.; Franke, H., Das Losen von Problemen in Gruppen, Munchen 1975, S. 44 ff; Szyperski, N./ Winand, U., Entscheidungstheorie, Stuttgart 1974, S. 8; Biasio, S., Entscheidung als Prozess, Bern 1969, S. 60. Vgl. Kloidt, H.I Dubberke, H.-A./ Goldner, J., Zur Problematik des Entscheidungsprozesses, in: Kosiol, E. (Hrsg.), Organisation des Entscheidungsprozesses, 2. Aufl., Berlin 1975, S. 13; Rosenstock, H., Die Entscheidung im Untemehmensgeschehen, Bern 1963, S. 76. Vgl. Klein, H., Heuristische Entscheidungsmodelle, Wiesbaden 1971, S. 65. Vgl. Biasio, S., Entscheidung als Prozess, Bern 1969, S. 65; vgl. auch Catalani, M./ Clerico, G., Decision making structures, Torino 1996, S. 151.
Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells
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darstellt: Jede der betrachteten Phasen kann in jedem beliebigen Stadium Unterprobleme verursachen, die ihrerseits in Phasen unterteilt und anschlieBend gelost werden 90
mussen. Im vorliegenden Entscheidungsmodell werden die einzelnen Steuerplanungsphasen zweckbezogen zusammengefasst. Um den Aufbau des Entscheidungsmodells nachvollziehbar und ubersichtlich zu gestalten, wird das Modell schrittweise aufgestellt. Dabei wird zur besseren Verstandlichkeit die folgende Vorgehensweise gewahlt, die den Problemkomplex in drei verschiedene Phasen unterteilt: 1. In der ersten Phase muss das Entscheidungsfeld bestimmt werden, d.h. die Menge aller moglichen Handlungsaltemativen, grenziiberschreitende Umstrukturierungen steuemeutral durchzufiihren, muss aufgedeckt werden. Nur auf diese Weise ist gewahrleistet, dass keine Handlungsaltemative, die eventuell zum steuerlich optimalen Ergebnis ftihrt, ubersehen werden konnte. Dabei solien in der Suchphase nur solche Altemativen von Relevanz sein, die zur Erfolgsneutralitat fiihren. Handlungsmoglichkeiten, die eine Aufdeckung und Besteuerung stiller Reserven implizieren, werden nicht im Rahmen des Entscheidungsmodells erfasst. Als besonders problematisch erweist sich bei der Darstellung des Entscheidungsfeldes fur grenziiberschreitende Umstrukturierungen, dass die einzelnen Elemente a priori nicht gegeben sind, sondem erst gewonnen und modellhaft abgebildet werden mussen. Diese erste Stufe bedarf zunachst einer sorgfaltigen Informationsbeschaffung und -auswertung, um die Grundlage fiir die Erfassung der potentiellen steuerlichen Handlungsmoglichkeiten bilden zu konnen. Dabei setzt sie in hohem Mafie intuitivkreative Fahigkeiten des Modellanwenders voraus, da hier die eigentliche Ideenfmdung erfolgen muss. Im Speziellen solien die vom Entscheidungstrager beeinflussbaren Bestimmungsfaktoren herausgearbeitet werden, die fiir die Art und Weise der steuerlichen Behandlung der jeweiligen Umstrukturierungsaltemative ausschlaggebend sind. Insbesondere diese Identifizierung der vom Entscheidungstrager fiir eine Gestaltung einsetzbaren Parameter ist fiir eine umfassende Anwendbarkeit des Entscheidungsmodells von groBer Wichtigkeit. Dariiber hinaus mussen jeweils diejenigen Beschrankungen, welche den einzelnen Losungsansatzen entgegenstehen, aufgezeigt und Losungsvorschlage hierfiir erarbeitet werden. Dieser ersten Stufe obliegt allerdings nicht nur die Aufgabe der Bestimmung der einzelnen Umstrukturierungsaltemativen, die zur Steuemeutralitat fiihren, sondem auch die Quantifizierung der steuerlichen Folgen, die sich aus der jeweiligen Umstmkturiemngsmoglichkeit ergeben. Hierbei gilt es insbesondere zu klaren, welche Faktoren entscheidungsbeVgl. Simon, H., Perspektiven der Automation fiir Entscheider, Quickbom 1966, S. 71 f.
Kapitel II: Aufbau eines
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Entscheidunssmodells
stimmend sind, um aus einer Auswahl von mehreren Umwandlungsarten, die alle jeweils keine sofortige Steuerlast mit sich bringen und scheinbar gleichwertig sind, eine eindeutige Praferenzordnung zugunsten einer bestimmten Alternative zuzulassen. Diesbeziiglich wird insbesondere auf die steuerliche Belastung der sich aus der grenziiberschreitenden Umstrukturierung ergebenden Untemehmensstruktur abzustellen sein. 2. In der zweiten Phase erfolgt die Bewertung des Entscheidungsfeldes. Es hat eine betriebswirtschaftliche Vorteilhaftigkeitsanalyse unter Beriicksichtigung samtlicher relevanter betriebswirtschaftlicher Kriterien zu erfolgen. Die Bewertung selbst erfolgt in der Weise, dass der Entscheidungstrager dem Ergebnis einer Handlungsmoglichkeit einen Wert bzw. einen Nutzen zuordnet. Dieser Nutzen wird im Rahmen der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre ublicherweise eine GeldgroBe sein, kann aber auch in komplexeren Systemen bestimmt werden. 3. In der dritten Phase erfolgt die Auswahl der betriebswirtschaftlich optimalen grenzuberschreitenden Umstrukturierungsaltemative. Dies bedeutet, dass aus den nunmehr bewerteten Handlungsaltemativen diejenige ermittelt werden muss, die dem Entscheidungstrager den hochsten Nutzen bietet und seine Ziele bestmoglicht verwirklicht. Die grundlegenden Phasen des Aufbaus des Entscheidungsmodells ftir grenzuberschreitende Umstrukturierungen, denen im weiteren Verlauf des Grundlagenteils der Arbeit zunachst gefolgt wird, sollen wie folgt verdeutlicht werden:
1. Phase:
Ermittlung des Entscheidungsfeldes
2. Phase:
Bewertung des Entscheidungsfeldes
3. Phase:
Auswahl der betriebswirtschaftlich optimalen Umstrukturierungsaltemative
Abbildung 7:
Grundlegende Phasen des Entscheidungsmodells fiir grenzuberschreitende Umstrukturierungen
Die Bestimmung der ersten Phase ist dabei offensichtlich nicht von der Entscheidungstheorie selbst zu erfiillen, sondem muss weitgehend den speziellen betriebswirtschaft-
Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells
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lichen Forschungsgebieten iiberlassen werden.^' Im Rahmen der Entwicklung eines Entscheidungsmodells fur grenziiberschreitende Umstrukturierungen ist somit insbesondere die Ermittlung des Entscheidungsfeldes Aufgabe der Intemationalen BetriebswirtschaftlichenSteuerlehre.
5.1 Ermittlung des Entscheidungsfeldes Das Entscheidungsfeld lasst sich definieren als die Menge und Art der Personen und Sachen, die durch Handlungen des Entscheidungstragers direkt oder indirekt beeinflusst werden konnen, sowie die Zustande der Umwelt, die zwar Einfluss auf die Ergebnisse der Aktion ausuben, selbst aber von den Handlungen des Entscheidungstragers unabhangig sind.^^ Durch das Entscheidungsfeld wird ein Zusammenhang zwischen den einzelnen Handlungsmoglichkeiten und den sich jeweils daraus ergebenden Auswirkungen hergestellt. Auf diese Weise wird das Entscheidungsproblem, das der Entscheidungstrager losen muss, so realitatsgetreu wie moglich beschrieben. Das Entscheidungsfeld ist durch drei Bestandteile gekennzeichnet:^^ (1) den Aktionenraum A, durch den die zur Verfugung stehenden Handlungsmoglichkeiten erfasst werden, (2) den Zustandsraum Z, der die Menge aller moglichen Umweltzustande darstellt, und (3) den Ergebnisraum E, der die Ergebnisse umfasst, die sich durch die Wahl einer Handlungsmoglichkeit aus dem Aktionenraum bei Bestehen eines bestimmten Umweltzustandes ermitteln lassen. Jede Kombination von Handlungsmoglichkeiten mit dem jeweiligen Umweltzustand wird dabei als Ergebnisdeterminante bezeichnet. Werden die Ergebnisdeterminanten vollstandig abgebildet, ist der erste Schritt zur Entwicklung eines Entscheidungsmodells voUzogen, der in dem Aufbau eines Beschreibungsmodells
besteht. Beschrei-
bungsmodelle liefem protokollarische Informationen uber die Ausgangssituation und
Vgl. Kahle, E., Betriebswirtschaftliches Problemlosungsverhalten, Wiesbaden 1973, S. 12; ders., Betriebliche Entscheidungen, 3. Aufl., Munchen 1993, S. 39. Vgl. Szyperski, N./ Winand, U., Entscheidungstheorie, Stuttgart 1974, S. 40 ff; Adam, D./ Witte, T., Merkmale der Planung in gut- und schlechtstrukturierten Planungssituationen, WISU 1979, S. 381; Rummele, P., Zeitliche und sachliche Abgrenzung von Entscheidungsmodellen in der Steuerplanung, Berlin 1998, S. 6; Bretzke, W.-R., Der Problembezug von Entscheidungsmodellen, Tubingen 1980, S. 12; Pfohl, H.-C, Problemorientierte Entscheidungsfmdung in Organisationen, Berlin 1977,8.78. Vgl. Bitz, M., Die Strukturierung okonomischer Entscheidungsmodelle, Wiesbaden 1977, S. 66; Wohe, G.I Doring, U., Einfiihrung in die Allgemeine Betriebwirtschaftslehre, 22. Aufl., Munchen 2005,8.115.
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Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells
dienen der rechnerischen Erfassung bestimmter Ergebnisse zur Beschreibung von Zielen und Handlungsaltemativen.^^ Wird anschlieBend dem Beschreibungsmodell ein Ergebnisraum hinzugefiigt, d.h. erfolgt eine Bewertung der Ergebnisdeterminanten, ist die nachste Stufe zur Bildung eines Entscheidungsmodells erreicht, die in der Bildung eines Erkldrungsmodells besteht. Im Rahmen eines Erklarungsmodells werden denkmogliche Zusammenhange zwischen Ursache und Wirkung von moglichen Handlungsaltemativen analysiert sowie Prognosen iiber die Konsequenzen geplanter HandlungsmaBnahmen getroffen.^^ Erklarungsmodelle unterscheiden sich daher von Beschreibungsmodellen durch ihre wesentlich starkere methodische Fundierung, da Beschreibungsmodelle keine Aussagen iiber die kausalen Zusammenhange treffen konnen.^^ Sowohl Beschreibungs- als auch Erklarungsmodelle sind als unabdingbare Voraussetzung flir die praktische Anwendung von Entscheidungsmodellen anzusehen. Da rationale Entscheidungen nur dann getroffen werden konnen, wenn Zielvorstellungen existieren, die einen Vergleich der einzelnen Handlungsmoglichkeiten zulassen, wird in einem dritten Schritt dem Erklarungsmodell eine Zielfunktion hinzugefiigt, so dass das Werte- und Zielsystem des Entscheidungstragers miteinbezogen werden.'^^ Auf diese Weise wird das gewiinschte Entscheidungsmodell formuliert, welches das Begriindungsfundament fiirden Entscheidungsprozess darstellt.'^^ Vgl. Wohe, G./ Doring, U., Einfiihrung in die Allgemeine Betriebwirtschaftslehre, 22. Aufl., Munchen 2005, S. 18; Bamberg, G./ Coenenberg, A., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 12. Aufl., Munchen 2004, S. 15; Rieper, B., Betriebswirtschaftliche Entscheidungsmodelle, Berlin 1992, S. 88.; vgl. auch Kruschwitz, L., Investitionsrechnung, 10. Aufl., Munchen 2005, S. 21. Vgl. Bamberg, G./ Coenenberg, A., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 12. Aufl., Miinchen 2004, S. 15; Hammann, P., Entscheidungsmodelle in der betriebswirtschaftlichen Theorie, ZfbF 1969, S. 458; Heinen, E., Der entscheidungsorientierte Ansatz der Betriebswirtschaftslehre, ZfB 1971, S. 432; Noltemeier, H., Einfiihrung in computergestutzte Planungssysteme, in: Noltemeier, H. (Hrsg.), Computergestutzte Planungssysteme, Wurzberg 1976, S. 19; Kahle, E., Betriebswirtschaftliches Problemlosungsverhalten, Wiesbaden 1973, S. 12; Liidemann, L., Die Steuerplanung der multinationalen Untemehmung unter besonderer Beriicksichtigung der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 - 14 AStG, Hamburg 2004, S. 13; Heinen, E., Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991, S. 6, S. 21; Hartmann, T., Steuergestaltung durch Verwendung hybrider Gesellschaften, Hamburg 2000, S. 23, S. 43; Hamburger, J., Der intemationale Konzemaufbau und die Besteuerung, Hamburg 1976, S. 7, S. 362; Widdau, P., Die Quantifizierung der Steuerbelastung im intemationalen Bereich, Frankfurt a.M. 1984, S. 179. Vgl. Hammann, P., Entscheidungsmodelle in der betriebswirtschaftlichen Theorie, ZfbF 1969, S. 458. Vgl. Laux, H., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Berlin 2003, S. 23; Heinen, E., Der entscheidungsorientierte Ansatz der Betriebswirtschaftslehre, ZfB 1971, S. 432; Rieper, B., Betriebswirtschaftliche Entscheidungsmodelle, Berlin 1992, S. 93; Heinhold, M., Betriebliche Steuerplanung mit quantitativen Methoden, Munchen 1979, S. 58; Heinen, E., Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991, S. 21; Noltemeier, H., Einfiihrung in computergestutzte Planungssysteme, in: Noltemeier, H. (Hrsg.), Computergestutzte Planungssysteme, Wurzberg 1976, S. 19. Vgl. Rieper, B., Betriebswirtschaflliche Entscheidungsmodelle, Berlin 1992, S. 17; Wohe, G./ Doring, U., Einfiihrung in die Allgemeine Betriebwirtschaftslehre, 22. Aufl., Munchen 2005, S. 19.
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Entscheidunssmodells
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Dieser Zusammenhang soil wie folgt veranschaulicht werden:
r
Aktionenraum
Zustandsraum 1
r
Ergebnisraum
Aktionenraum
Zustandsraum
Erklarungsmodell
Ziel1 funktion
Ergebnisraum
Aktionenraum
Zustandsraum
Entscheidungsmodell
Abbildung 8:
Beschreibungsmodell
i i
Aufbau des Entscheidungsmodells
Ziel der Arbeit ist, ein solches Entscheidungsmodell beziiglich grenziiberschreitender Umstrukturierungen zu entwickeln. Zu diesem Zweck werden jeweils zuerst die einzelnen Bestandteile des Entscheidungsmodells schrittweise erlautert und insbesondere die Anforderungen verdeutlicht, die vom Modellanwender erflillt werden miissen. Auf diesen theoretischen Uberlegungen aufbauend fmdet jeweils die Anwendung auf die konkrete Entscheidungssituation der grenziiberschreitenden Umstrukturierung statt. Diese methodische Vorgehensweise ermoglicht es, dass der Entscheidungsprozess sowohl die Anforderungen an die prozedurale Rationalitat erflillt als auch die Grundsatze der Konsistenz, d.h. der Widerspruchsfreiheit, beriicksichtigt. Die Dekomposition des Entscheidungsmodells, d.h. die Zerlegung in Handlungsaltemativen, Ziele und Umwelt, dient dabei der Erhohung der Transparenz und tragt auf diese Weise zur Komplexitatsreduktion bei.^^ Daruber hinaus unterstutzt dieses formale Entscheidungsmodell die Entscheidungsfindung durch die Formulierung eines Zielsystems, da auch in diesem Bereich mogliche Konflikte und Inkonsistenzen erkannt werden konnen.^^^ Des Weiteren werden durch die angewandte Methodik zu denselben Besteuerungsergebnissen fiihrende Kombinationen aus Aktionen und Umweltzustanden ebenfalls aufVgl. Scheipler, A., Betriebswirtschaftliche Entscheidungen in Theorie und Praxis, Wiesbaden 1974, S. 5; Rodder, T., Untemehmenspolitische und im Steuerrecht begriindete Grenzen der Steuerplanung, FR 1988, S. 356; Schaffitzel, W., Das entscheidungstheoretische Rationalitatskonzept in der Betriebswirtschaftslehre - Anspruch und Wirklichkeit, Miinchen 1982, S. 163 ff. '^^ Vgl. Heinen, E., Grundfragen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, Miinchen 1976, S. 212.
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Kapitelll: Auihau eines Entscheidunssmodells
gedeckt. Diese Erkenntnis ist aus dem Grund vorteilhaft, dass bei gleichen steuerlichen Folgen von Handlungsmoglichkeiten ausschliefilich nichtsteuerliche Entscheidungskriterien zur Anwendung gelangen konnen. Der Aufbau des Entscheidungsmodells fur grenztiberschreitende Umstrukturierungen wird im Folgenden schrittweise durchgeflihrt und eingehend erlautert. 5.1.1 Bestimmung des Aktionenraums 5.1.1.1 Allgemeine Anforderungen an den Aktionenraum Der Aktionenraum stellt den vom Entscheidungstrager beeinflussbaren Teil des Entscheidungsfeldes dar. Urn eine effiziente und zielorientierte Losung des Entscheidungsproblems zu gewahrleisten, miissen verschiedene Anforderungen an den Aktionenraum erfiillt sein: (a) Dem Entscheidungstrager miissen samtliche zur Verfiigung stehenden Handlungsmoglichkeiten bekannt sein (Prinzip der VollstMndigkeit des Aktionenraums).'^' (b) Der Aktionenraum gilt zum Zeitpunkt der Entscheidung als abgeschlossen (Prinzip der Abgeschlossenheit des Aktionenraums).'^^ Darunter ist zu verstehen, dass keine zusatzlichen Informationen iiber bereits erfasste Handlungsmoglichkeiten verfiigbar sind. Das Prinzip der Vollstandigkeit des Aktionenraums stellt folglich sicher, dass samtliche Handlungsaltemativen identifiziert werden. Das Prinzip der Abgeschlossenheit des Aktionenraums fordert dariiber hinaus, dass auch die Informationen iiber die bereits vollstandig erfassten Aktionsmoglichkeiten ebenfalls vollstandig vorliegen. (c) Um eine Vergleichbarkeit der Aktionsaltemativen zu ermoglichen, mussen samtliche Ergebnisse, die eine von anderen Ergebnissen abweichende Auspragung aufweisen, in den Ergebnisraum aufgenommen werden (Prinzip der vollstdndigen Erfassung der Ergebnisse).'^^
Vgl. Kahle, E., Betriebliche Entscheidungen, 3. Aufl., Munchen 1993, S. 48 f.; Mag, W., Entscheidung und Information, Munchen 1977, S. 14; Pfohl, H.-C./ Braun, G., Entscheidungstheorie, Landsberg am Lech 1981, S. 28; Lindley, D., Einfiihrung in die Entscheidungstheorie, Frankfurt a.M. 1974, S. 4; Sieben, G.I Schildbach, T., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, Diisseldorf 1994, S. 16. • Vgl. Mag, W., Entscheidung und Information, Munchen 1977, S. 14; Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 24. ' Vgl. Rehkugler, U.I Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 26; Pfohl, H.C./ Braun, G., Entscheidungstheorie, Landsberg am Lech 1981, S. 27.
Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells
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(d) Das Entscheidungsproblem muss durch den Aktionenraum so formuliert werden, dass der Entscheidungstrager zu einer eindeutigen Entscheidung gezwungen wird (Prinzip der voUkommenen Alternativenstellung).^^'^ Dies impliziert, dass der Entscheidende eine der betrachteten Altemativen auswahlen muss, gleichzeitig aber auch nur eine einzige der Altemativen realisieren kann. (e) M.E. ist als weitere Anforderung noch hinzuzufugen, dass der Entscheidungstrager den einzelnen Handlungsmoglichkeiten zwingend indifferent gegeniiber zu stehen hat (Prinzip der Indifferenz der Altemativen). Die Bewertung der einzelnen Altemativen hat erst auf der letzten Stufe der Entwicklung des Entscheidungsmodells zuerfolgen.^^^ 5.1.1.2 Der Aktionenraum im vorliegenden Entscheidungsmodell Im Folgenden muss geklart werden, welche Aktionen dem Entscheidungstrager bezuglich einer grenzuberschreitenden Umstmkturiemng zur Verfligung stehen. Wie bereits bei den Anfordemngen an ein Entscheidungsmodell flir grenziiberschreitende Umstmkturierungen dargestellt, werden nur solche Handlungsmoglichkeiten in den Aktionenraum aufgenommen, die steuemeutral durchgefuhrt werden konnen und nicht zu einer sofortigen Steuerlast ftihren. Dies ist ublicherweise dann gegeben, wenn die stillen Reserven im Zuge der Umstrukturiemng nicht aufgelost werden. Steuemeutralitat liegt aber auch dann vor, wenn stille Reserven aufgedeckt werden, diese allerdings steuerfrei gestellt sind bzw. keine unmittelbare Steuerzahllast zur Folge haben. Auf diese Weise ist beispielsweise die Vorschrift des § 6b EStG in die Analyse einzubeziehen. Fur Zwecke der vorzunehmenden Untersuchung soil Steuemeutralitat allerdings auch dann vorliegen, wenn durch die Umstmkturiemng aufgeloste stille Reserven nur einer minimalen Belastung mit Ertragsteuem unterliegen. Dies betrifft beispielsweise die Vorschrift des § 8b Abs. 2 KStG, wonach - in Verbindung mit § 8b Abs. 3 KStG - VerauBemngsgewinne im Ergebnis lediglich zu 95 % steuerfrei gestellt werden, so dass ein Restbetrag von 5 % des VerauBemngsgewinns als steuerpflichtig behandelt werden muss. Der Ausschluss der Altemativen, die eine unmittelbare Belas-
^^^ Vgl. Bamberg, G.I Coenenberg, A., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 12. Aufl., Munchen 2004, S. 16; Engels, W., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre im Licht der Entscheidungstheorie, Koln 1962, S. 83; Schultz, R., Quantitative Entscheidungsunterlagen auf der Grundlage von Szenarien, Hamburg 1986, S. 12 ff.; Saliger, E., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, 3. Aufl., Munchen 1993, S. 4; Schildbach, T., Entscheidung, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, R./ Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 2, 5. Aufl., Munchen 2005, S. 8. '^^ So auch Szyperski, N./ Winand, U., Entscheidungstheorie, Stuttgart 1974, S. 40.
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Kapitel II: Aufbau eines Entscheidungsmodells
tung der Liquiditat des Untemehmens mit sich bringen, fiihrt zu einer Konzentration auf die entscheidungsrelevanten Handlungsaltemativen und somit zu einer Komplexitatsreduktion. Es gilt daher in einem ersten Schritt, samtliche erfolgsneutral durchzufiihrenden grenziiberschreitenden Umstrukturierungsmoglichkeiten zu identifizieren. Dies ist als besonders schwierig anzusehen, da intemationale Umwandlungen ein unvollstandig definiertes Entscheidungsproblem darstellen. Aus diesem Grund ist es nur sehr schwer moglich, den Aktionenraum vollstandig zu erfassen und abzubilden. Die Ursache hierfiir liegt darin, dass aufgrund der vielfachen Abhangigkeiten zwischen den untemehmens- und steuerrelevanten Entscheidungsvariablen eine umfassende und detaillierte Systematisierung der Aktionsparameter iiberaus problematisch ist. Dariiber hinaus muss insbesondere bei Umwandlungen unter Einbezug von Drittstaaten aufgrund fehlender gesellschaftsrechtlicher Umstrukturierungsmoglichkeiten grundsatzlich auf - i.d.R. auBerst komplexe - Umwegkonstruktionen zunickgegriffen werden. Somit sind die unter (a) und (b) aufgefiihrten Anforderungen an den Aktionenraum, namentlich das Prinzip der Vollstandigkeit des Aktionenraums und das Prinzip der Abgeschlossenheit des Aktionenraums, im hier vorliegenden unvollstandig defmierten Entscheidungsproblem nur unter erheblichem Aufwand zu erftillen. Die Bestimmung des Aktionenraums ist allerdings als elementar anzusehen, da die problemadaquate Generierung von Gestaltungsaltemativen unabdingbare Voraussetzung fiir eine weiterfiihrende Quantifizierung darstellt. Erfolgt die steuerliche Analyse im Rahmen dieses ersten Schrittes unvollstandig, konnen diese Ineffizienzen und Suboptima nicht mehr in spateren Phasen des Entscheidungsmodells identifiziert und ausgeglichen werden. Um diese bestehenden Probleme im Rahmen der Steuerplanung effizient und bestmoglich losen zu konnen, ist es zur systematischen Bestimmung des Aktionenraums unbedingte Voraussetzung, in einem ersten Schritt sowohl das innerstaatliche Umwandlungssteuerrecht des Inlandes als auch das innerstaatliche Umwandlungssteuerrecht des Auslandes zu analysieren. Die Kenntnis der innerstaatlichen Umwandlungsrechte sowohl des Heimat- als auch des Zielstaates ist unabdingbar, um insbesondere im Verhaltnis zu Staaten auBerhalb der EU steuergestalterische Handlungsspielraume erkennen und ausnutzen zu konnen. Dariiber hinaus ist diese Kenntnis wichtig, um eventuell spater notwendige Umstrukturierungen der Direktinvestition im In- oder Ausland vornehmen zu konnen. Ohne fundierte Kenntnisse der innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechte beider betroffenen Lander ist keine Steuerplanung in diesem Bereich denkbar, so dass diesem ersten Schritt groBe Aufmerksamkeit beizumessen ist. Der Umfang der entscheidungsrelevanten Bestimmungen sowohl des In- als auch des Aus-
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lands ist allerdings als sehr hoch anzusehen und setzt somit betrachtliche Anforderungen an den Steuerplaner. Nach dieser als Grundlage dienenden Analyse der Umwandlungssteuerrechte sowohl des Heimat- als auch des Zielstaates stellt sich zunachst die Frage, wie eine entscheidungsorientierte Systematisierung der zu fmdenden Handlungsaltemativen erfolgen kann. M.E. kann das grundlegende, entscheidungsrelevante Differenzierungskriterium fiir Umstrukturierungsaltemativen nur das Bestehen begiinstigender Vorschriften speziell fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen sein. Diese Sondervorschriften fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen soUen im Folgenden definiert werden als Bestimmungen, denen eine im Vorhinein getroffene bilaterale oder multilaterale Vereinbarung der beteiligten Staaten mit dem Ziel der Begiinstigung intemationaler Umwandlungen zugrunde liegt. Die Suche nach diesen speziell grenzuberschreitende Umstrukturierungen begiinstigenden Vorschriften ist aus dem Grund als besonders wichtig anzusehen, dass auf diese Weise eine grenzuberschreitende Umstrukturierung schnell, einfach und planungssicher durchgefiihrt werden kann, da in diesen Fallen von einer Abstimmung und Verzahnung der Bestimmungen auszugehen ist. Diese Sondervorschriften sollten m.E. ihrerseits in einem zweiten Schritt in Umstrukturierungsmoglichkeiten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge und Umstrukturierungsmoglichkeiten im Wege der Einzelrechtsnachfolge unterteilt werden. Unter dem Begriff Gesamtrechtsnachfolge ist der Eintritt einer Person in alle Rechte und Pflichten einer anderen Person in einem Rechtsakt zu verstehen. Wird nur ein Teil des Vermogens ubertragen und tritt der Ubemehmer in alle Rechte und Pflichten lediglich hinsichtlich dieses Vermogensteils ein, liegt eine partielle Gesamtrechtsnachfolge vor. Der Begriff Einzelrechtsnachfolge bezeichnet dagegen den Eintritt einer Person in einzelne Rechte und Pflichten einer anderen Person. Der Vorteil der Gesamtrechtsnachfolge besteht insbesondere darin, dass kein Erwerb des Vermogens in zahlreichen, von der Rechtsordnung vorgeschriebenen und u.U. formgebundenen Einzelschritten wie bei der Einzelrechtsnachfolge notwendig ist. Dieser Aufwand entfallt folglich bei Ubertragungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Da somit Umstrukturierungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erheblich einfacher und auch kostengunstiger durchfuhrbar sind, ist aufgrund der Wichtigkeit als Erstes zu priifen, ob handels- und gesellschaftsrechtliche grenzuberschreitende Umstrukturierungsmoglichkeiten im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge bestehen. Umstrukturierungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge sind allerdings nicht nur aufgrund ihrer zivilrechtlichen Einfachheit anzustreben, sondem sind insbesondere im grenziiberschreitenden Bereich unbedingte Voraussetzung fiir eine Vielzahl von Umstrukturierungsmoglichkeiten. Zahlreiche
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Kapitel II: Aufhau eines Entscheidun2smodells
steuerliche begunstigende Vorschriften werden ausdriicklich nur dann gewahrt, wenn die Umstrukturierung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durchgefuhrt wird. Es ist daher zunachst zu vermuten, dass die gewiinschte steuerliche Struktur durch eine Umwandlungsaltemative, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durchgefuhrt wird, zu erreichen ist. Das Aufdecken von Umwandlungsaltemativen im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge ist somit das primare Ziel der umwandlungsbezogenen Steuerplanung. Daruber hinaus besteht aber auch die Moglichkeit, dass spezielle, grenzuberschreitende Umstrukturierungen begunstigende Bestimmungen existieren, die im Rahmen der Einzelrechtsnachfolge durchgefuhrt werden miissen. Diese miissen ebenfalls zwingend in die Suchphase miteinbezogen werden, da unter Umstanden auf diese Weise die optimale Handlungsaltemative entdeckt werden kann. Bestehen keine Sondervorschriften, die grenziiberschreitende Umstrukturierungsmoglichkeiten entweder im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge oder im Rahmen der Einzelrechtsnachfolge begiinstigen, mussen Umwegkonstruktionen zur grenziiberschreitenden Umstrukturierung gefunden werden. In diesem Zusammenhang soil als Umwegkonstruktion der Einsatz von steuerlichen Vorschriften bezeichnet werden, die im Ergebnis zu einer Steuemeutralitat des Vorgangs fiihren, vom Gesetzgeber aber entweder fiir den Zweck der grenzuberschreitenden Umstrukturierung nicht unmittelbar bestimmt waren oder zwar grenziiberschreitende Umstrukturierungen begiinstigen sollen, allerdings mangels vorhergehender Vereinbarung keine Abstimmung mit den Vorschriften des Auslands erwartet werden kann. Diese Analyse muss bereits bei nur oberflachlicher Betrachtung als auBerst komplex und kompliziert angesehen werden. Ware namlich das Auffmden von Umwegkonstruktionen offensichtlich, einfach und nur mit minimalen Kosten verbunden, waren die speziell fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen erlassenen Vergunstigungen sinnlos, da auch ohne diese Vorschriften eine Umwandlung auf unkomplizierte Weise moglich ware. Im Gegenteil bringt der nationale Gesetzgeber durch das fehlende Erlassen von Sondervorschriften fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungsmoglichkeiten zum Ausdruck, dass eine Forderung solcher Umstrukturierungen nicht unmittelbar erwiinscht ist. Das Erarbeiten von grenziiberschreitenden Umstrukturierungsmoglichkeiten im Wege von Umwegkonstruktionen muss somit ohne gewollte und geplante Hilfen des Gesetzgebers erfolgen. Aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass Umwegkonstruktionen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durchgefuhrt werden konnen, sondem es wird sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausschlieBlich um Strukturen handeln, die im Wege der Einzelrechtsnachfolge realisiert werden miissen. Diese Uberlegungen fiihren zu der Erwartung, dass die Losung in Form eines Umwegmodells nicht durch
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bloBe Lektiire des Gesetzestextes gefunden werden kann, sondem durch i.d.R. mehrstufige Gebilde und Konstrukte erfolgen muss, die sich insbesondere Ausnahmeregelungen, Gesetzeslticken und Qualifikationskonflikte sowohl des Steuerrechts des Inlands als auch des auslandischen Zielstaates zunutze machen miissen. Hierbei ist auch darauf zu achten, dass aufgrund fehlender zwischenstaatlicher Vereinbarungen keine unmittelbare Verzahnung der beiden innerstaatliche Umwandlungssteuerrechte zu erwarten ist. In der vollstandigen und abgeschlossenen Erfassung des Aktionenraums ist daher die besondere Problematik im Rahmen des unvollstandig definierten Entscheidungsmodells fur grenzuberschreitende Umstrukturierungen zu sehen. Um auch in diesem Bereich der Umwegkonstruktionen eine methodische Vorgehensweise zu ermoglichen, miissen zunachst einmal die Umwandlungsvorschriften beziiglich grenzuberschreitender Umwandlungen aus Sicht des Inlands festgestellt werden. AnschlieBend hat eine Analyse der grenzuberschreitenden
Umwandlungen aus Sicht
des auslandischen Zielstaates zu erfolgen. Dieser Untersuchung muss breiter Raum beigemessen werden, da davon auszugehen ist, dass aufgrund der sehr begrenzten Vorschriften des deutschen Umwandlungssteuerrechts, die grenzuberschreitende Umstrukturierungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge ermoglichen, die steuerlich optimale Untemehmensstruktur nur durch Ausnutzen der Vorschriften des auslandischen Steuerrechts erreicht werden kann, Aufgabe der Steuerplanung bzgl. grenzuberschreitender Umstrukturierungen im Wege von Umwegmodellen ist es daher insbesondere, Handlungsmoglichkeiten durch das Ausnutzen begunstigender Vorschriften des Auslands fmden zu konnen. Diesbeziiglich soil betont werden, dass diese begunstigenden Vorschriften des Auslands nur dann unter den Begriff der begunstigenden Vorschriften speziell fiir grenzuberschreitende Umstrukturierungen zu subsumieren sind, wenn sie auf einer bilateralen oder multilateralen vertraglichen Vereinbarung beruhen. Sollte dies nicht der Fall sein, ist trotz ihres grenzuberschreitende Umstrukturierungen begunstigenden Charakters aus Sicht des Inlands von einer Umwegkonstruktion auszugehen. AnschlieBend miissen die gefundenen Moglichkeiten der grenziiberschreitenden Umwandlungen des Inlands und des Auslands miteinander verglichen werden, und es muss die Schnittmenge der Handlungsoptionen gefunden werden. Voraussetzung ftir die Bildung einer solchen Schnittmenge, die im Ergebnis zu der gewiinschten Identifizierung der realisierbaren grenzuberschreitenden Umstrukturierungsmoglichkeiten fiihrt, ist, dass die Regelungen miteinander verkniipft werden konnen. Es miissen die begiinstigenden Vorschriften des Auslands aussortiert werden, die entsprechend weiterftihrende, korrespondierende Vorschriften im Inland voraussetzen, welche aber
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nicht gegeben sind. Die zu ergreifenden MaBnahmen miissen somit aufeinander abgestimmt werden, d.h. es hat eine Koordination der zur Vereinfachung des Entscheidungskomplexes gebildeten Teilentscheidungen zu erfolgen. Kann im Rahmen einer solchen Totalbetrachtung eine Schnittmenge gefiinden werden, sind die Umwegkonstruktionen zur grenzuberschreitenden Umstrukturierung identifiziert worden. Das Erarbeiten von Umwegkonstruktionen zur grenzuberschreitenden Umstrukturierung ist aber auch fur den Fall, dass spezielle begunstigende Vorschriften fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungsmoglichkeiten bereits ermittelt werden konnten, zur vollstandigen Erfassung des Aktionenraums notwendig. Es ist namlich denkbar, dass innerstaatliche Vorschriften einseitig und somit ohne vorhergehende zwischenstaatliche Vereinbarung erlassen wurden, die - sei es gewollt oder ungewollt - giinstiger sind als die ausdriicklich fur intemationale Umwandlungen bi- oder multinational geschaffenen Moglichkeiten. So ist beispielsweise zu untersuchen, ob die innerstaatliche deutsche Vorschrift des § 8b Abs. 2 KStG, die Kapitalgesellschaften eine grundsatzlich steuerfreie VerauBerung von Anteilen an anderen Kapitalgesellschaften ermoglicht, im Rahmen der Steuerplanung ftir Umstrukturierungen mit EU-Mitgliedstaaten vorteilhaft eingesetzt werden kann. Gleichfalls ist es denkbar, dass der auslandische Zielstaat ebenso begunstigende Vorschriften vorsieht, die aus steuerplanerischer Sicht als Umwegkonstruktion einsetzbar sind. Konnen mogliche sinnvolle, steuemeutrale Umwegkonstruktionen identifiziert werden, obwohl gleichzeitig begunstigende Umstrukturierungsmoglichkeiten insbesondere im Wege der Gesamtrechtsnachft)lge aufgrund von zwischenstaatlichen Sondervorschriften gegeben sind, liegt ein Konkurrenzverhaltnis zwischen diesen Altemativen vor. Obwohl davon auszugehen ist, dass die auf Sondervorschriften basierenden Umwandlungsmoglichkeiten steuerlich vorteilhafter sind als die Moglichkeiten im Rahmen von Umwegkonstruktionen, muss zwingend ein Vergleich dieser beiden Ubertragungsarten erft)lgen, um nicht der Gefahr einer suboptimalen Entscheidung zu unterliegen. Bei Darstellung der Umwegkonstruktionen im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wird explizit berucksichtigt, welche Moglichkeiten und Handlungsempfehlungen allgemeingiiltiger Natur sind und sich daher auf mehrere bzw. samtliche Lander anwenden lassen. Es ist jedoch aufgrund der hohen Komplexitat der Konstrukte nach dem momentanen Stand der Erkenntnisse nicht zu erwarten, dass ein allgemeingultiges Konzept die optimale Umstrukturierungsaltemative ermoglicht. Vielmehr wird sich das Optimum Besonderheiten des auslandischen Zielstaates zunutze machen.
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5.1.2 Bestimmung des Zustandsraums 5.1.2.1 Allgemeine Anforderungen an den Zustandsraum Der Zustandsraum bildet die Menge aller Umweltzustande ab, die Auswirkungen auf das Ergebnis der jeweiligen Entscheidung haben, vom Entscheidungstrager selbst aber nicht beeinflusst werden konnen.'^^ Die Umweltzustande mtissen daher so formuliert werden, dass sie als unveranderliche Daten Einfluss auf die Ergebnisse nehmen konnen. Ein einzelner Zustand stellt daher eine Wertkombination aller in einer spezifischen Entscheidungssituation vorliegenden relevanten Umweltfaktoren dar.'^^ Diese Faktoren sind dabei weder feststehend noch allgemeingiiltig, sondem mussen fur jede konkrete Entscheidungssituation individuell formuliert und angepasst werden. Allerdings lassen sich bestimmte Grundsatze und Anforderungen formulieren, die durch den Zustandsraum erfiillt werden mussen: (a) Als wichtigste Anforderung muss der Zustandsraum samtliche denkbaren Unweltzustande umfassen, d.h. der Zustandsraum muss vollstandig formuliert sein (Prinzip der vollstandigen Ausschopfung aller Ereignisse).'^^ (b) Die einzelnen Umweltzustande mussen so gewahlt werden, dass sie sich gegenseitig ausschlieBen (Prinzip der Exklusion).'^^ (c) Die Unterteilung des Zustandsraums muss zielfiihrend sein (Prinzip der nutzenrelevanten Zerlegung).''^ Dies bedeutet zum einen, dass die Zerlegung nicht zu grob vorgenommen werden darf, d.h. Umweltzustande, die einen unterschiedlichen Einfluss auf die Ergebnisse ausiiben, durfen nicht zu einer Umweltsituation zusammengefasst werden. Zum anderen darf die Zerlegung aber auch nicht zu fein durchgefuhrt werden, d.h. Umweltzustande, die keinen oder keinen wesentlich un-
°^ Vgl. Bamberg, G./ Coenenberg, A., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 12. Aufl., Miinchen 2004, S. 18; Saliger, E., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, 3. Aufl., Miinchen 1993, S. 6; Heinen, E., Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991, S. 27; Sieben, G./ Schildbach, T., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, Diisseldorf 1994, S. 18; Wohe, G./ Doring, U., Einfiihrung in die Allgemeine Betriebwirtschaftslehre, 22. Aufl., Miinchen 2005, S. 116; Widdau, P., Die Quantifizierung der Steuerbelastung im intemationalen Bereich, Frankfurt a.M. 1984, S. 182. *' ^^ Vgl. Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 29; Hartmann, T., Steuergestaltung durch Verwendung hybrider Gesellschaften, Hamburg 2000, S. 55. '^^ Vgl. Mag, W., Entscheidung und Information, Munchen 1977, S. 15; Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 30. "^^ Vgl. Pfohl, H.-C./ Braun, G., Entscheidungstheorie, Landsberg am Lech 1981, S. 29; Schildbach, T., Entscheidung, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, R./ Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 2, 5. Aufl., Munchen 2005, S. 9; Heinen, E., Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991, S. 27. "^ Vgl. Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 30 f
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terschiedlichen Einfluss auf die Ergebnisse ausuben, miissen zu einem Umweltzustand zusammengefasst werden.
5.1.2.2 Der Zustandsraum im vorliegenden Entscheidungsmodell Zur konkreten Formulierung des Zustandsraums im vorliegenden Entscheidungsproblem muss die vom Entscheidungstrager nicht beeinflussbare Umwelt nach Faktoren durchsucht werden, die Relevanz fiir die Entscheidung besitzen. Unter dem gegebenen Partialziel der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre der Steuerminimierung sind samtliche Umweltbestandteile entscheidungsrelevant, welche die Steuerbelastung determinieren. Aufgrund der Aufgabenstellung der Formulierung eines Entscheidungsmodells fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen setzt eine Umstrukturierung voraus, dass die betreffenden Gesellschafts- und Anteilseignerstrukturen bereits Bestand haben und daher nicht selbst Gegenstand der steuerlichen Entscheidungssituation sind. Es wird folglich vorausgesetzt, dass die einzelnen Untemehmenseinheiten sowohl im In- als auch im Ausland bereits seit langerer Zeit am Markt existieren. Somit steht in der vorliegenden Arbeit die Untemehmensstruktur in Deutschland und dem jeweiligen Zielland nicht mehr als Aktionsmoglichkeit zur Verfligung. In den Zustandsraum sind die bestehenden umzustrukturierenden Untemehmensformen im In- und Ausland sowie die jeweiligen Anteilseignerkonstellationen aufzunehmen. Dabei ist zu beachten, dass die Gesellschaftsstruktur nicht per se als dem Zustandsraum zugehorig betrachtet werden muss, da im Rahmen der Steuerplanung die Griindung von weiteren Gesellschaften bzw. die Aufnahme oder der Ausschluss von Gesellschaftem notwendig werden kann. Diese Anderungen der Untemehmensstruktur sind wiederum als Handlungsmoglichkeiten dem Aktionenraum zuzuordnen. Als weitere entscheidungsrelevante Umweltfaktoren, die vom Entscheidungstrager nur als Datum beriicksichtigt werden konnen, sind die gesetzlichen und insbesondere die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen der betrachteten Lander zwingend zu berucksichtigen. Auf diese Weise hat eine grundlegende Untersuchung und Analyse des innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts sowohl des Inlands als auch des Auslands stattzufmden. Dariiber hinaus muss das supranational Recht, insbesondere Regelungen seitens der EU, bzw. das zwischenstaatliche Recht, insbesondere in Form der Doppelbesteuerungsabkommen, Eingang in den Zustandsraum fmden. Die Analyse der supranationalen und zwischenstaatlichen Bestimmungen ist im Rahmen des Entscheidungsmodells von besonderer Wichtigkeit, da die daraus gewonnenen Erkenntnisse die Grundlage fiir die weitere Erarbeitung der speziell grenziiberschreitende Umstrukturierungen begunstigenden Sondervorschriften darstellt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit
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zu der steuerlich optimalen Handlungsmoglichkeit fiihren. Der Untersuchung der supranationalen und zwischenstaatlichen Normen muss daher besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Aufgrund der hohen Komplexitat und der Vielzahl an zu berucksichtigenden Vorschriflen ist es allerdings nicht oder nur sehr schwer moglich, samtliche dieser entscheidungsbestimmenden Umweltzustande vollstandig zu erfassen, d.h. die erste und wichtigste Anforderung, die an den Aufbau des Zustandsraums gerichtet ist, namentlich das Prinzip der vollstandigen Ausschopfung aller Ereignisse, ist bei einem Entscheidungsmodell fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen nur unter hohem Aufwand erfiillbar. Die vollstandige Erfassung und Darstellung der entscheidungsrelevanten Bestimmungen ist allerdings fur das Finden der optimalen Handlungsaltemative von entscheidender Bedeutung. Werden die im Aktionenraum erfassten Handlungsmoglichkeiten mit den im Zustandsraum festgestellten Umweltbedingungen verkniipft, ergibt sich folgende Vorgehensweise zur Ermittlung eines Beschreibungsmodells fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen:
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Aufbau des Beschreibungsmodells: Vorgehensweise bei Verknupfung von Aktionenraum mit Zustandsraum bei grenziiberschreitenden Umstrukturierungen
CO
N
Analyse des innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts des Inlands Analyse des innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts des Auslands
Analyse des zwischenstaatlichen und supranationalen Rechts
Spezielle begunstigende Vorschriften, die zur Erfolgsneutralitat ftihren
Umwegkonstruktionen als einzige Moglichkeit, Erfolgsneutralitat zu erreichen
ja
o
Begunstigende Vorschriften im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, die zur Erfolgsneutralitat fuhren
Grenzuberschreitende Umwandlungen aus Sicht des aus Sicht des Inlands Auslands
Begunstigende Vorschriften im Wege der Einzelrechtsnachfolge, die zur Erfolgsneutralitat fuhren
Schnittmenge der grenziiberschreitenden Umwandlungen im In- und Ausland
Identifizierung der speziellen begiinstigenden Moglichkeiten
Identifizierung der Moglichkeiten durch Umwegkonstruktionen
Umwegkonstruktionen als weitere Moglichkeit, Erfolgsneutralitat zu erreichen Abbildung 9:
Vorgehensweise zur Ermittlung eines Beschreibungsmodells fiir grenzuberschreitende Umstrukturierungen
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Bei der Darstellung des Beschreibungsmodells als grundlegende Voraussetzung fiir den Aufbau eines Entscheidungsmodells fiir grenztiberschreitende Umstrukturierungen ist es daher von hochster Wichtigkeit, dass zunachst eine ausfuhrliche Analyse der innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechte der beteiligten Staaten sowie des supranationalen und zwischenstaatlichen Rechts stattfindet. Dies ist sowohl fur eine vollstandige Erfassung des Zustandsraums von hoher Wichtigkeit als auch als Grundlage fiir die Altemativenflndung zur gleichfalls vollstandigen Erfassung des Aktionenraums entscheidungsbestimmend. Mit diesem ersten Schritt ist der Zustandsraum erschopfend dargestellt. Um anschlieBend den Aktionenraum entscheidungsrelevant abzubilden, muss eine Unterscheidung zwischen den durch Sondervorschriften begtinstigten Umstrukturierungsmoglichkeiten sowie den Umwegkonstruktionen vorgenommen werden, wobei die durch Sondervorschriften begtinstigten Umstrukturierungsmoglichkeiten weiter in Umstrukturierungen im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge und Umstrukturierungen im Rahmen der Einzelrechtsnachfolge untergliedert werden. Beztiglich der beiden Hauptunterscheidungskriterien, d.h. den Sondervorschriften und den Umwegkonstruktionen, soil betont werden, dass diese beiden Altemativenstrange nicht strikt getrennt voneinander zu betrachten sind, sondem dass selbst bei Bestehen von Sondervorschriften ftir grenztiberschreitende Umstrukturierungen die Altemativen der Umwegkonstruktionen geprtift werden mtissen. Um die Umwegkonstruktionen identifizieren zu konnen, muss eine Analyse der grenztiberschreitenden Umwandlungen aus Sicht des Inlands und des Auslands erfolgen, die auf den im Zustandsraum erarbeiteten Erkenntnissen beruht.
5.1.3 Bestimmung des Ergebnisraums 5.1.3.1 Allgemeine Anforderungen an den Ergebnisraum Jede Handlungsaltemative aus dem Aktionenraum, die mit einem Zustand aus dem Zustandsraum verkntipft wird, ftihrt zu einem bestimmten Ergebnis. Die Menge samtlicher Ergebnisse wird im Ergebnisraum dargestellt. Zur optimalen Entscheidungsfmdung mtissen mehrere Anft)rderungen an den Ergebnisraum erftillt sein:''' (a) Die Ergebnisse mtissen exakt sein (Prinzip der Genauigkeit der Ergebnisse). (b) Um die optimale Handlungsaltemative entdecken zu konnen, muss der Ergebnisraum samtliche Ergebnisse abbilden, d.h. alle Ergebnisse des Ergebnisraums mtissen bekannt sein (Prinzip der VoUstandigkeit der Ergebnisse).
Vgl. Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Miinchen 1990, S. 35 ff.
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(c) Es diirfen nur die Ergebnisse im Ergebnisraum erfasst werden, die im Verantwortungsbereich des Entscheidungstragers stehen (Prinzip der entscheidungstragerbezogenen Beschreibung der Ergebnisse).
5.1.3.2 Der Ergebnisraum im vorliegenden Entscheidungsmodell Durch das aufgestellte Beschreibungsmodell erfolgte lediglich eine deskriptive Darstellung der steuerlich relevanten Faktoren von grenziiberschreitenden Umstrukturierungen, ohne die steuerlichen Konsequenzen darzustellen und zu erlautem. Um das Beschreibungsmodell zu einem Erklarungsmodell weiterzuentwickeln, muss ein Ergebnisraum hinzugefiigt werden. Auf diese Weise kann ein Zusammenhang zwischen der gewahlten grenziiberschreitenden Umstrukturierungsaltemative und deren Steuerbelastung hergestellt werden. Im Rahmen des Erklarungsmodells erfolgt somit die Erarbeitung der eigentlichen, insbesondere quantitativen Entscheidungsgrundlagen. Zu diesem Zweck mussen die durch Aktionen und Zustande verkorperten Sachverhalte unter die gesetzlichen Normen subsumiert werden. Hierbei stelit sich die Frage, welche Kriterien ausschlaggebend flir die Entscheidungsfmdung sind und daher quantifiziert werden sollen. Das vorliegende, steuerlich zu analysierende Beschreibungsmodell enthalt mindestens eine Handlungsaltemative, im Idealfall mehrere Handlungsaltemativen, die zur Erfolgsneutralitat fiihren, so dass sich keine unmittelbare Steuerbelastung durch Ertragsteuem ergibt und damit auch keine unmittelbaren, auf dem Umwandlungsvorgang selbst basierenden Unterscheidungsmoglichkeiten. Von hochster Wichtigkeit ist fiir den Entscheidungstrager allerdings die Frage nach der steuerlichen Optimalitat der im Anschluss an die jeweilige Umstrukturierung bestehenden steuerlichen Untemehmensstruktur. Die einzelnen Umstrukturierungsaltemativen fuhren aufgrund der verschiedenen Moglichkeiten, Vermogen zwischen den beteiligten Gesellschaften und deren Anteilseignem zu verschieben, auch zu verschiedenen steuerlichen Untemehmensstrukturen. Diese nach der Umstrukturierung bestehende Untemehmensstruktur ist von besonderem Interesse, da hierdurch maBgeblich die weitergehende Besteuerung der grenziiberschreitenden Tatigkeit des intemationalen Untemehmens festgelegt wird. Die Besteuerung ist nicht nur in Deutschland, sondem auch weltweit als nicht rechtsformneutral anzusehen. Es spielt daher sowohl im nationalen als auch im intemationalen Steuerrecht eine entscheidende Rolle, wie die einzelnen Untemehmenseinheiten rechtlich stmkturiert sind und insbesondere, ob die Teileinheiten des Untemehmens als rechtlich selbstandig (Tochterkapitalgesellschaft) oder rechtlich unselbstandig (Betriebsstatte) behandelt werden. Aus diesem Gmnd gilt es zu untersuchen, welche Umwandlungsaltemative zu der optimalen steuerlichen Untemehmens-
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struktur fuhrt. In der vorliegenden Arbeit wird ausdnicklich darauf abgezielt, nicht nur auf ein Land beschrankte, sondem allgemeingultige Aussagen bzgl. der Optimierung grenziiberschreitender Umstrukturierungsentscheidungen treffen zu konnen. So ist es von erheblichem steuerlichen Interesse, ob beispielsweise die erfolgsneutrale grenziiberschreitende Verschmelzung von Untemehmenseinheiten, welche die Bildung einer transparenten Einheit im In- oder Ausland zur definitiven Folge hat, zu einer giinstigeren steuerlichen Struktur fiihrt als bspw. die ebenfalls erfolgsneutral durchzufuhrende Moglichkeit des Anteilstauschs (sog. unechte Fusion), die zu einer Verlangerung der Beteiligungskette fiihrt. Es gilt daher, die steuerlichen Folgebelastungen der einzelnen Umstrukturierungsaltemativen, von denen jede einzelne zur Steuemeutralitat fuhrt, zu berechnen. Zu diesem Zweck ist insbesondere die ertragsteuerliche Behandlung der jeweiligen Umstrukturierungsaltemative zu analysieren. Dabei ist nicht nur die laufende Besteuerung von Relevanz, sondem auch die Besteuerung der aperiodischen Geschaftsvorfalle und insbesondere die Besteuerung von VerauBerungsvorgangen seitens der betroffenen Untemehmenseinheiten sowie deren Anteilseigner. Daruber hinaus muss die verkehrsteuerliche Behandlung der Entscheidungsmoglichkeit in die Analyse mit einbezogen werden. So stellt insbesondere die Gmnderwerbsteuer eine nicht zu unterschatzende fmanzielle Belastung einer Umstmkturiemng dar, die aus diesem Gmnd zwingend in ein steuerliches Entscheidungsmodell integriert werden muss. Im Ergebnis muss wegen der vielfaltigen Steuerinterdependenzen der Notwendigkeit einer Verbundbetrachtung im Rahmen des Entscheidungsmodells fur grenziiberschreitende Umstmkturiemngen Rechnung getragen werden. Daruber hinaus ist es denkbar, dass die steuerlich optimale Handlungsaltemative zu erheblichen Risiken auf gesellschaftsrechtlicher Ebene ftihrt, sei es, dass sie durch Anfechtungsrechte von Minderheitsgesellschaflem einfach verhindert werden kann oder Handlungen seitens der Anteileigner, insbesondere die Zustimmung zu bestimmten Entscheidungen oder die Ubertragung ihrer Anteile, voraussetzt, diese aber nicht ohne Weiteres dazu bereit sind. Des Weiteren ist auch die Sicherheit, dass die gewahlte Stmktur Anerkennung sowohl bei den inlandischen als auch bei den auslandischen Finanzbehorden fmdet, ein bedeutender Faktor, der im Rahmen der Entscheidungsfmdung mitberiicksichtigt werden muss. Wird die Erfolgsneutralitat der durchgefiihrten grenzuberschreitenden Umstmkturiemng etwa im Nachhinein durch eine Betriebsprufung verweigert, kann durch die Aufdeckung der stillen Reserven und die dadurch ausgeloste Steuerlast der Fortbestand des Untemehmens gefahrdet sein. Das Risiko der fehlenden Anerkennung ist dabei offenkundig insbesondere bei Umwegkonstmktionen in Zusammenhang mit Drittstaaten erhoht, da hier keine speziellen steuerlichen Be-
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gunstigungen oder Vereinfachungen bestehen. Hierbei stellt sich insbesondere das Problem, dass Umwegkonstruktionen iiblicherweise nicht einstufig und unmittelbar ersichtlich sind, sondem vielmehr mehrstufig, und zwar sowohl in Bezug auf das Inland als auch auf das Ausland. Die fehlende Anerkennung auf nur einer einzigen Stufe entweder im Inland oder im Ausland kann dazu fuhren, dass das gesamte steuerplanerische Konzept scheitert. Die Folge fur das Untemehmen konnen ihre Existenz gefahrdende Steuerzahllasten sein. Zur Abmilderung des Risikos der fehlenden Anerkennung der gewahlten Umstrukturierung konnen verbindliche Auskiinfte seitens der Finanzbehorden eingeholt werden. Im Rahmen des Entscheidungsmodells ist die Notwendigkeit, solche verbindlichen Auskiinfte beantragen zu mussen, ebenfalls mit zu beriicksichtigen, da dadurch Komplexitat, Kosten sowie Zeitbedarf u.U. betrachtlich erhoht sind. Insbesondere die im Verhaltnis zu Umstrukturierungen mit Drittstaaten notwendigen Umwegkonstruktionen konnen dariiber hinaus bspw. die Griindung von weiteren Gesellschaften erfordem, die als Akquisitionsvehikel eingesetzt werden mussen, wodurch der Vorgang hohere Griindungs- und Planungskosten erfordert. Durch die eventuelle Notwendigkeit, beispielsweise MaBnahmen gegen dem Umwandlungsbeschluss widersprechende Anteilseigner vomehmen zu mussen, verbindliche Auskiinfte der Finanzbehorden einzuholen oder zwischengeschaltete oder nur voriibergehende Gesellschaften zu griinden, muss auch der Faktor Zeit in das Entscheidungsmodell miteinbezogen werden. Aus dem Gesagten wird deutlich, dass im Rahmen eines betriebswirtschaftlichen Entscheidungsmodells zur Ermittlung der Umwandlungsaltemative, die zu der steuerlich optimalen Unternehmensstruktur fiihrt, nicht allein die laufende Besteuerung des nach der Umwandlung bestehenden Untemehmens ausschlaggebend ist. Von Bedeutung ist gleichfalls die Besteuerung der VerauBerungsvorgange sowohl auf Seiten der einzelnen Untemehmensteileinheiten als auch auf Seiten der Gesellschaften Ebenso sind die sonstigen Kosten und der Aufwand der Umwandlungsaltemative mit zu beriicksichtigen. Auf diese Weise ist es denkbar, dass eine von der steuerlich optimalen Losung abweichende Losung vorgezogen wird, etwa weil die steuerlich optimale Losung mit hohen Risiken behaftet ist, beispielsweise durch fehlende Anerkennung seitens der inbzw. auslandischen Finanzbehorden. Im Rahmen der Bestimmung des Ergebnisraums muss zusatzlich beriicksichtigt werden, dass nicht nur der eigentliche Umwandlungsakt selbst ermittelt werden muss. Um die aus betriebswirtschaftlicher Sicht optimale Umstrukturierungsaltemative eruieren zu konnen, miissen gleichermaBen und gleichzeitig die vorbereitenden und die nachge-
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lagerten Handlungsmoglichkeiten im Rahmen der Umstrukturierung in die Steuerplanung miteinbezogen werden. Grund hierfur ist die Moglichkeit, dass eine Umwandlungsaltemative erst dadurch zur betriebswirtschaftlich optimalen Umstrukturierungsaltemative wird, dass die steuerliche Struktur durch eine der Umstrukturierung vorgelagerte Handlungsoption erreicht wird. Als eventuell entscheidungsbestimmende vorbereitende Mafinahmen im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses sind beispielsweise der Erwerb eigener Anteile, das Abfmden von Minderheitsaktionaren oder die Griindung von Akquisitionsvehikeln zu zahlen. Nachdem der eigentliche Umwandlungsvorgang durchgefiihrt wurde, ist es nicht mehr moglich, durch nachgelagerte Handlungsmoglichkeiten die Rechtsfolgen der bereits durchgefiihrten Handlungsaltemative grundlegend zu verandem. Allerdings ist es denkbar, dass durch nachgelagerte Aktionsvariablen das Ergebnis entscheidend optimiert werden kann, so dass auch diese Moglichkeit bei der Beurteilung der Umwandlungsentscheidung miteinbezogen werden muss. Die nachgelagerten Handlungsmoglichkeiten sind daher noch zum Feld der Umstrukturierungsentscheidung zu rechnen. Als steuerlich optimale nachfolgende MaBnahmen im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses konnen beispielsweise weiterfiihrende Umstrukturierungen, wie z.B. die Verschmelzung von Akquisitionsvehikeln auf die Muttergesellschaft oder ein Anteilstausch, genannt werden. Die einzelnen zeitlichen Phasen im Rahmen der Umstrukturierungsentscheidung konnen nicht als voneinander unabhangig angesehen und separat optimiert werden. Es besteht eine zwingende logische Abhangigkeit zwischen den der Umwandlungsentscheidung vor- und nachgelagerten Handlungsmoglichkeiten sowie der Umwandlungsentscheidung selbst. Aus diesem Grund muss die Entscheidung iiber die betriebswirtschaftlich optimale Umstrukturierungsaltemative unbedingt im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes simultan getroffen werden. Es soil darauf hingewiesen werden, dass im Rahmen dieses Entscheidungsmodells nicht zwischen Inbound- oder Outbound-Veranderungen unterschieden werden muss. Auf der ersten Stufe sind bereits samtliche Handlungsaltemativen identifiziert worden. Ist beispielsweise festgestellt worden, dass zwischen Deutschland und dem Zielland Verschmelzungen auch grenzuberschreitend zulassig sind, stellt sich die Frage, ob aus deutscher Sicht eine Hineinverschmelzung oder eine Herausverschmelzung stattfmden soil, z.B. weil die Herausverschmelzung durch die eventuelle Ubertragung von Grund und Boden Grunderwerbsteuer auslosen wurde. Im Rahmen des Entscheidungsmodells braucht diesbeziiglich allerdings keine zusatzliche Unterscheidung vorgenommen zu werden, da die Entscheidung bereits modellimmanent getroffen wird, indem die ein-
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zelnen Handlungsmoglichkeiten miteinander verglichen werden. Das Entscheidungsmodell wirkt auch auf diese Weise komplexitatsreduzierend. Aus dem bisher Festgestellten wird die Problematik eines unvollstandig definierten Entscheidungsmodells deutlich. Es ist sehr aufwandig, die steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Konsequenzen der zu wahlenden grenziiberschreitenden Umstrukturierungsaltemative vollstandig und luckenlos mathematisch darzustellen. Dies liegt sowohl an der Vielzahl an entscheidungsrelevanten Kriterien als auch an den teilweise konfliktaren Zielen, die nur schwer im Rahmen eines einheitlichen mathematischen Modells in Einklang zu bringen sind. Somit ist es aufgrund der zahlreichen steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Einflusskriterien kaum moglich, einer Handlungsaltemative ein Ergebnis, das in einer einzigen Zahl ausgedriickt ist, zuzuweisen. Damit ist die erste Forderung an den Ergebnisraum, die Ergebnisse moglichst genau wiederzugeben, nur schwer mathematisch exakt einzuhalten. Grundsatzlich kann das Prinzip der Genauigkeit der Ergebnisse allerdings relativiert werden, da ein Ungenauigkeitsbereich in Hohe des Abstandes zum Ungenauigkeitsbereich der nachstbesten Alternative zugelassen werden kann. Sollte es aber nicht moglich sein, ein genau quantifizierbares Modell der Ergebnisberechnung zu fmden, muss zumindest ein inneres Modell eines Experten dargestellt werden, durch das eine subjektive Ergebnisschatzung erfolgen kann."^ Auch auf diese Weise ist eine Bestimmung des Ergebnisraums moglich. Zusammenfassend wird die Vorgehensweise zur Ausarbeitung des zweiten Bausteins zur Entwicklung des Entscheidungsmodells wie folgt verdeutlicht:
Vgl. Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 37 ff.
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Aufbau des Erklarungsmodells: Bewertung der Ergebnisdeterminanten aus dem Beschreibungsmodell Berechnung der Steuerwirkungen der Umstrukturierungsaltemative Laufende Besteuerung
Besteuerung von VerauBerungsvorgSngen
Kosten / Aufwand
Simultane Berucksichtigung der einzelnen Faktoren Steuerlich optimale vorbereitende MaBnahmen
Steuerlich optimale nachfolgende MaBnahmen
Abbildung 10: Vorgehensweise zur Ermittlung eines Erklarungsmodells fUr grenzuberschreitende Umstrukturierungen Im Ergebnis ist zwar, wie es Kennzeichen eines heuristischen Problemlosungsverfahrens ist, eine allgemeine Problemformulierung moglich, die tatsachliche Ausgestaltung muss allerdings dem konkreten Einzelfall obliegen.
5.2 Bewertung des Entscheidungsfeldes Um von dem vorliegenden Erklarungsmodell zu dem gewiinschten Entscheidungsmodell zu gelangen, muss in einem letzten Schritt eine Zielflinktion hinzugefugt v^erden. Auf diese Weise erfullt das Entscheidungsmodell nicht mehr lediglich eine Erklarungsfunktion, sondem berticksichtigt daruber hinaus noch eine Maxime, indem mit der Feststellung von potentiellen Wirkungen das Ziel verkniipft wird, diese Wirkungen optimal zu gestalten.''^ Die im Erklarungsmodell festgestellten kausalen Zusammenhange der Strukturelemente dienen folglich als Voraussetzung fur eine optimale Entscheidungsfmdung. Eine Entscheidung uber die zu w^ahlende grenziiberschreitende
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Umstrukturierungsaltemative kann somit erst getroffen werden, wenn die untemehmerischen Ziele bekannt sind. Ziele lassen sich in Ubereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch als kiinftige Zustande bzw. SoUzustande beschreiben, die durch bestimmte Entscheidungen hergestellt werden sollen.""^ Ohne Klarheit liber die Ziele ist eine rationale Entscheidung nicht moglich.'^^ Aus diesem Grund sind optimale Entscheidungen immer zielentsprechende Entscheidungen.'^^ Zu diesem Zweck muss jedes Ergebnis aus dem Ergebnisraum bewertet werden, d.h. dem Ergebnis muss ein Nutzen zugeordnet werden, wodurch eine Zuweisung aus einem Wertesystem heraus ermoglicht wird."^ AnschlieBend wird eine Rangordnung der Handlungsaltemativen gebildet, um daraus diejenige auszuwahlen, die dem Entscheidungstrager den hochsten Nutzen bietet. Dies ist gegeben, wenn das Ergebnis dieser Alternative in der Wertschatzung des Entscheidungstragers den hochsten Rang einnimmt und damit seinen Zielvorstellungen und Praferenzen am ehesten entspricht."^ Durch die Nutzenzuordnung muss eine klare und eindeutige Praferenzzuordnung gewahrleistet sein. Es muss die Frage beantwortet werden, durch welche Ergebnisse der Entscheidungstrager seine Ziele am besten verwirklicht sieht. Es gilt somit, die Alternative mit Hilfe des Wertungssystems des Entscheidungssubjekts so zu bewerten, dass die Ergebnisse miteinander verglichen werden konnen (sog. TransitivMtsaxiom)."'^ Liegt eine eindeutige Vorteilhaftigkeit einer Alternative gegeniiber einer anderen Alternative vor, wird von einer stark transitiven Ordnungsrelation gesprochen; werden auch Auspragungen zugelassen, die zu einer Gleichrangigkeit der Ergebnisse fiihren, liegt eine schwach transi-
"^ Vgl. Hammann, P., Entscheidungsmodelle in der betriebswirtschaftiichen Theorie, ZfbF 1969, S. 459. '"* Vgl. Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 43; Kahle, E., Betriebswirtschaftliches Problemlosungsverhalten, Wiesbaden 1973, S. 52; Schmidt, R.-B., Zielsysteme der Untemehmung, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 3, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 4794; Zangemeister, C, Zielfindung im Untemehmen, Grundlagen zur systematischen Aufstellung von Zielen, in: Tumm, G. (Hrsg.), Die neuen Methoden der Entscheidungsfindung, Munchen 1972, S. 67. "• Vgl. Hauschildt, J., Zielbildung und Problemlosung, in: Witte, E./ Hauschildt, J./ Griin, O. (Hrsg.), Innovative Entscheidungsprozesse, Tubingen 1988, S. 97. "^ Vgl. Mag, W., Entscheidung und Information, Munchen 1977, S. 26. "^ Vgl. Brauchlin, E./ Heene, R., Problemlosungs- und Entscheidungsmethodik, 4. Aufl., Bern 1995, S. 41; Biasio, S., Entscheidung als Prozess, Bern 1969, S. 69. "^ Vgl. Hauschildt, J., Negativ-Kataloge in Entscheidungszielen, in: Witte, E.I Hauschildt, J./ Griin, O. (Hrsg.), Innovative Entscheidungsprozesse, Tubingen 1988, S. Ill; Zelger, J., Konflikte und Ziele, Spardorf 1986, S. 15; Sieben, G./ Schildbach, T., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, Dusseldorf 1994, S. 15. "^ Vgl. Laux, H., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Berlin 2003, S. 31; Krelle, W., Praferenz- und Entscheidungstheorie, Tubingen 1968, S. 7; Pfohl, H.-C./ Braun, G., Entscheidungstheorie, Landsberg am Lech 1981, S. 344.
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tive Ordnungsrelation vor.^^^ Nur auf diese Weise kann die Uberprufung vorgenommen werden, ob der Entscheidungstrager konsistent handelt und tatsachlich die optimale Entscheidung wahlt. Voraussetzung fur eine solche Zuordnung von Bewertungsfaktoren zu den moglichen Aktionen ist, dass der Entscheidungstrager seine angestrebten Ziele so genau wie moglich definiert. Es miissen insbesondere die Praferenzen des Entscheidungstragers vollstandig formuliert werden, durch welche die relative Vorzugswiirdigkeit von Handlungsaltemativen festgelegt wird, da auf diese Weise eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse gewahrleistet ist.^^^ Hierbei muss zwischen vier verschiedenen Praferenzen unterschieden werden: (1) Die Hohenprdferenz beschreibt, wie der Entscheidungstrager die Vorteilhaftigkeit der Ergebnisse allein aufgrund ihrer unterschiedlichen Hohenmerkmale beurteilt.'^^ (2) Die Artenprdferenz driickt die relative Vorteilhaftigkeit der Ergebnisse aufgrund unterschiedlicher Artenmerkmale aus, was insbesondere dann erforderlich wird, wenn der Entscheidungstrager mit Sachverhalten verschiedener Art bestimmte Wertvorstellungen verbindet.'^^ (3) Die Sicherheitsprdferenz gibt die Vorziehenswurdigkeit der Ereignisse aufgrund der Ungewissheit ihres Eintritts an.^^"^ (4) Die Zeitprdferem zeigt die relative Vorteilhaftigkeit der eintretenden Ereignisse auf, die sich aus ihrem jeweiligen Eintrittszeitpunkt ergibt.'^^ Fur die Steuerplanung ist offenkundig ein wesentliches Entscheidungskriterium im Rahmen der Hohenpraferenz die Minimierung der Steuerbelastung. Damit ist allerdings noch keine Aussage dariiber getroffen worden, ob dieses Entscheidungskriterium '^" Vgl. Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 73; Mag, W., Entscheidung und Information, Munchen 1977, S. 15 f., S. 98; Kirsch, W., Einfiihrung in die Theorie der Entscheidungsprozesse, Wiesbaden 1977, S. 30. '^' Vgl. Sieben, G.I Schildbach, T., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, Diisseldorf 1994, S. 23; Bronner, R., Planung und Entscheidung, 2. Aufl., Munchen 1989, S. 37. '^^ Vgl. Schildbach, T., Entscheidung, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, K.I Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 2, 5. Aufl., Miinchen 2005, S. 15; Sieben, G.I Schildbach, T., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, Diisseldorf 1994, S. 25; Rehkugler, H.I Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 61. '^^ Vgl. Bamberg, G.I Coenenberg, A., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 12. Aufl., Miinchen 2004, S. 29; Pfohl, H.-C./ Braun, G., Entscheidungstheorie, Landsberg am Lech 1981, S. 45. '^"^ Vgl. Sieben, G.I Schildbach, T., Betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie, Diisseldorf 1994, S.26. '" Vgl. Eisenfuhr, V.I Weber, M., Rationales Entscheiden, 4. Aufl., Heidelberg 2003, S. 32; Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 67; Schildbach, T., Entscheidung, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, K.I Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 2, 5. Aufl., Munchen 2005, S. 15; Bamberg, G.I Coenenberg, A., Be-
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allein ausschlaggebend ist oder eventuell eine Konkurrenz mit anderen Entscheidungskriterien besteht. Zu diesem Zweck muss eine Analyse des Zielsystems des Entscheidungstragers vorgenommen werden.
5.2.1 Moglichkeiten der unternehmerischen Zielsetzungen Ein Untemehmen verfolgt tiblicherweise nicht nur eine einzige Zielsetzung, sondem eine Vielzahl von sich teilweise erganzenden und teilweise ausschlieBenden Zielen. Die Steuerplanung als Bestandteil der Gesamtuntemehmensplanung kann dabei ihre Ziele nicht eigenstandig formulieren, sondem deduziert sie vielmehr aus vorgegebenen Untemehmenszielen. Aufgrund der Vielfalt moglicher ZielgroBen hat sich in der Betriebswirtschaftslehre die Unterteilung in monetare und nicht-monetare ZielgroBen durchgesetzt.'^^ Monetare ZielgroBen sind beispielsweise Gewinn, Entnahmen oder Vermogen, wohingegen zu den nicht-monetaren ZielgroBen beispielsweise Okologie, Betriebsklima oder Untemehmensprestige zu zahlen sind. Die Maximierung der monetaren ZielgroBe „Gewinn" stellt fiir einen marktwirtschaftlich orientierten Betrieb die oberste und wichtigste ZielgroBe dar.^^^ Diese ZielgroBe lasst sich dabei in drei verschiedene Auspragungen unterteilen:'^^ (1) Das Entnahmestreben bedeutet die Maximierung der Hohe der Konsumausgaben bei einem gegebenen Endvermogen.'^^ triebswirtschaflliche Entscheidungslehre, 12. Aufl., Munchen 2004, S. 29; Pfohl, H.-C./ Braun, G., Entscheidungstheorie, Landsberg am Lech 1981, S. 45. '^^ Vgl. Bamberg, G.I Coenenberg, A., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 12. Aufl., Munchen 2004, S. 28 f.; Kruschwitz, L., Investitionsrechnung, 10. Aufl., Munchen 2005, S. 10; W(3he, G.I Doring, U., Einfiihrung in die Allgemeine Betriebwirtschaftslehre, 22. Aufl., Munchen 2005, S. 24; Heinen, E., Die Zielfunktion der Untemehmung, in: Koch, H. (Hrsg.), Zur Theorie der Untemehmung, Wiesbaden 1962, S. 17. '^^ Vgl. Wohe, G.I Doring, U., Einfiihrung in die Allgemeine Betriebwirtschaftslehre, 22. Aufl., Miinchen 2005, S. 24 ff.; Heinen, E., Grundfragen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, Munchen 1976, S. 23; Blumentrath, U., Investitions- und Finanzplanung mit dem Ziel der Endwertmaximierung, Wiesbaden 1969, S. 18 f.; Rieger, W., Einfiihrung in die Privatwirtschaftslehre, 3. Aufl., Erlangen 1984, S. 44 ff.; Rieger, H., Prinzipien des intemationalen Steuerrechts als Problem der Steuerplanung in der multinationalen Untemehmung, Berlin 1978, S. 33; Friedrichs, R., Die Beendigung des Engagements in einer auslandischen Personengesellschaft, Bielefeld 1996, S. 7; Haberstock, L./ Breithecker, V., Einfiihrung in die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 13. Aufl., Hamburg 2005, S. 1; Pack, L., Maximierung der Rentabilitat als preispolitisches Ziel, in: Koch, H. (Hrsg.), Zur Theorie der Untemehmung, Wiesbaden 1962, S. 73 ff; WesselbaumNeugebauer, C, Intemationale Steuerbelastungsvergleiche, Frankfurt a.M. 1994, S. 1. *^^ Vgl. Schneider, D., Investition, Finanziemng und Besteuemng, 7. Aufl., Wiesbaden 1992, S. 65; Kmschwitz, L., Investitionsrechnung, 10. Aufl., Munchen 2005, S. 12 f.; Karsten, J., Steuerplanung des Mituntemehmers, Munchen 1988, S. 35; Bomer, D./ Krawitz, N., Steuerbilanzpolitik, Herne/Berlinl977,S. 72. '^^ Vgl. Gratz, K., Gmndprobleme individueller und kollektiver Steuerplanung, Berlin 1982, S. 22; Brodhag, K., Vergleich der Besteuerung deutscher und franzosischer Kapitalgesellschaften unter
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(2) Das Vermogensstreben bezeichnet das Ziel, bei bereits festgelegten Entnahmen zu Konsumzwecken das Vermogen zum Ende des Planungshorizonts zu maximieren"" (3) Das Wohlstandsstreben gibt den Wunsch des Investors an, gleichzeitig seine Entnahmen und sein Vermogen zu maximieren. Da eine simultane Maximierung beider ZielgroBen nicht moglich ist, muss zu jedem Zahlungszeitpunkt eine Abwagung der Hohe der gegenwartigen Entnahmen mit den kiinftigen Entnahmen und dem Endvermogen erfolgen.'^' Zu diesem Zweck muss eine Austauschregel zwischen gegenwartigem und zukunftigem Konsum gegeben sein.'^^
5.2.2 Die Integration der Steuerplanung in die Gesamtunternehmensplanung 5.2.2.1 Die Steuerplanung als Partialplanung GrundsatzHch kann festgestellt werden, dass die Verwobenheit der Steuerplanung mit den anderen betrieblichen Funktionsbereichen keine autonome Steuerplanung zulasst. Der Entscheidungstrager strebt nicht primar die Optimierung seiner Steuerbelastung, sondem die seiner wirtschaftlichen Gesamtsituation an. Aus diesem Grund muss die Steuerplanung als betriebswirtschaftliche Partialplanung mit der ubergeordneten Planung des Gesamtuntemehmens in Ubereinstimmung gebracht werden, wobei auch die Zusammenhange zwischen den Teilplanen beriicksichtigt werden miissen.'^^ Liegt so-
besonderer Berucksichtigung der ertragsunabhangigen Besteuerung, Mannheim 1996, S. 34; Bitz, M., Investition, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, R./ Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 1, 5. Aufl., Miinchen 2005, S. 133; Ruckle, D., Zielfunktion und RechengroBen der Investitionsrechnung, Der osterreichische Betriebswirt 1970, S. 69 ff. '^^ Vgl. Haberstock, L., Zur Integration der Ertragsbesteuerung in die simultane Produktions-, Investitions- und Finanzierungsplanung mit Hilfe der linearen Programmierung, Koln 1971, S. 29 ff.; Rummele, P., Zeitliche und sachliche Abgrenzung von Entscheidungsmodellen in der Steuerplanung, Berlin 1998, S. 7 f; Heigl, A./ Melcher, G.-H., Betriebliche Steuerpolitik, Koln 1974, S. 10. '^' Vgl. Schaum, W., Steuerpolitik durch Aufdeckung stiller Reserven, Dusseldorf 1994, S. 17; Hirshleifer, J., On the theory of optimal investment decision, in: The Journal of Political Economy 1958, S. 329 ff; Kruschwitz, L., Investitionsrechnung, 10. Aufl., Munchen 2005, S. 12; Schmidt, R., Investitionstheorie, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 2, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 2036; Lexa, H./ Grabber, S., Gegenstand und Modelle der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, in: Bertl, K.I Djanani, CI Kofler, H. (Hrsg.), Handbuch der 6sterreichischen Steuerlehre, Wien 1998, S. 12. '^^ Vgl. Wittmann, F., Investitionsplanung uns Steuem, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 2, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 2001;Wagner, W./ Dirrigl, H., Die Steuerplanung der Untemehmung, Stuttgart 1980, S. 9 f.; Heigl, A./ Melcher, G.-H., Betriebliche Steuerpolitik, Koln 1974, S. 11; Seeger, N., Die optimale Rechtsstruktur intemationaler Unternehmen, Wiesbaden 1995, S. 80. '^^ Vgl. Hamburger, J., Der intemationale Konzemaufbau und die Besteuerung, Hamburg 1976, S. 371, S. 378; Mann, G., Betriebswirtschaftliche Steuerpolitik als Bestandteil der Untemehmens-
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mit mehr als eine Zielsetzung vor, miissen unterschiedliche Zielbeziehungen unterschieden werden: (a) Fiihrt die Verbesserung einer Zielsetzung gleichzeitig zu einer Verbesserung der anderen Zielbeziehung bzw. Zielbeziehungen, liegt eine komplementdre Zielbeziehung vor.'^"^ Diese Situation ist als besonders wtinschenswert anzusehen, da nunmehr auf eine explizite Beriicksichtigung aller Ziele verzichtet und allein ein Entscheidungskriterium verfolgt werden kann.'^^ (b) Ist eine komplementare Zielbeziehung so stark ausgepragt, dass sich die beiden Zielsetzungen decken, liegen identische Ziele vor.'^^ (c) Wenn die Bessererfiillung des einen Ziels den Realisationsgrad des anderen Ziels beeintrachtigt, ist eine konfliktdre Zielbeziehung gegeben.'^^ (d) Liegt eine konfliktare Zielbeziehung in einem solchen MaB vor, dass die Erfiillung eines Zieles den Realisationsgrad eines anderen Zieles unmoglich macht, wird von einer antinomischen Zielbeziehung gesprochen.'^^ (e) Wenn die Erfiillung eines Ziels keinerlei Auswirkungen auf andere Ziele hat, liegt eine indifferente Zielbeziehung vor.''^^ Fiir das Oberziel eines Untemehmens der langfristigen Gewinnmaximierung besteht das hierzu komplementare Unterziel der Nationalen und Intemationalen Steuerplanung in der relativen inlandischen bzw. in- und auslandischen Steuerminimierung.'"^" Die politik, WiSt 1973, S. 116; Eisenach, M., Entscheidungsorientierte Steuerplanung, Wiesbaden 1974,8.69. '^"^ Vgl. Bauer, J., Grundlagen einer handels- und steuerrechtlichen Rechnungspolitik der Untemehmung, Wiesbaden 1981, S. 116; Bitz, M., Die Strukturierung okonomischer Entscheidungsmodelle, Wiesbaden 1977,8.241. '^^ Vgl. Rehkugler, H.I 8chindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, 8. 95; Wohe, G./ Doring, U., Einfuhrung in die Allgemeine Betriebwirtschaftslehre, 22. Aufl., Munchen 2005, S. 93. '^^ Vgl. Bauer, J., Grundlagen einer handels- und steuerrechtlichen Rechnungspolitik der Untemehmung, Wiesbaden 1981, 8. 115; Mag, W., Mehrfachziele, Zielbeziehung und Zielkonfliktiosungen, WiStl976,8. 51. '" Vgl. Heinhold, M., Betriebliche Steuerplanung mit quantitativen Methoden, Munchen 1979, 8. 35; Heinen, E., Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991, 8. 14. '^'^ Vgl. Mag, W., Mehrfachziele, Zielbeziehung und Zielkonfliktiosungen, WiSt 1976, 8.51; ders., Entscheidung und Information, Munchen 1977, 8.32; Heinhold, M., Betriebliche Steuerplanung mit quantitativen Methoden, Munchen 1979, 8. 35. '^^ Vgl. Heinen, E., Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991, 8. 15; Bauer, J., Grundlagen einer handels- und steuerrechtlichen Rechnungspolitik der Untemehmung, Wiesbaden 1981, 8. 118. '"^^ Vgl. Wehmeyer, J., Die steuerliche Planung der Untemehmung, Dusseldorf 1967, 8. 4; Ketterl, H., Die Bestimmungen des Umwandlungssteuergesetzes als Aktionsparameter der Entscheidung zum Rechtsformwechsel, Munchen 1979, 8. 39; Menges, J., Okonomische Analyse des Umwandlungssteuerrechts, Koln 1991, 8. 110; Heigl, A./ Melcher, G.-H., Betriebliche Steuerpolitik, Koln 1974, 8. 73 ff; Wagner, F., Besteuerung, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, R./ Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 2, 5. Aufl., Munchen 2005, 8. 470 f.
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Unterziele der Intemationalen Steuerplanung sind insbesondere die Vermeidung der Doppelbesteuerung und die Nutzung des intemationalen Steuergefalles.'"^^ Da Steuerzahlungen dem Gesamtentscheidungsfeld Mittel entziehen, stellen sie fiir die iibergeordneten Zielsetzungen immer eine Negativkomponente dar, die es zu minimieren gilt.'"^^ Es kann aber immer nur die relative Steuerminimierung eingefordert werden, da eine Verminderung von steuerlichen Aufwendungen nur im Rahmen und unter Beachtung des betriebswirtschaftlichen Instrumentariums erfolgen kann, das Grundlage und Voraussetzung hoherwertiger Untemehmensziele darstellt.'"^^ Steuermotivierte Gestaltungen verfolgen daher keinen Selbstzweck, sondem sind dem betriebswirtschaftlichen Oberziel der Gewinnmaximierung untergeordnet. Steuerminimierung in ihrer absoluten Form ist folglich nicht als sinnvoll anzusehen, da dies die Aufgabe der untemehmerischen Tatigkeit, die zu einem Wegfall des Steuerobjekts fiihren wiirde, zur Konsequenz haben musste.^'^'* Die relative Steuerminimierung stellt somit ein Zwischenziel dar, welches in der steuerlichen Zielhierarchie den hieraus abgeleiteten Unterzielen ubergeordnet und dem Streben nach Gewinnmaximierung untergeordnet ist.''*^ Es muss aber berticksichtigt werden, dass das Unterziel der Steuerplanung zu anderen nichtsteuerlichen Planungsbereichen in Zielkonkurrenz stehen kann. Bezuglich eines Entscheidungsproblems im Rahmen von grenzuberschreitenden Umstrukturierungen kann sich beispielsweise das Problem ergeben, dass aus Haftungsgrunden eine Vgl. Hamburger, J,, Der Internationale Konzemaufbau und die Besteuerung, Hamburg 1976, S. 379 ff.; Haberstock, L., Die steuerliche Planung der intemationalen Untemehmung, BFuP 1984, S. 267; Wohe, G., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Steuerrecht, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 445; Rieger, H., Prinzipien des intemationalen Steuerrechts als Problem der Steuerplanung in der multinationalen Untemehmung, Berlin 1978, S. 90 ff. '"^^ Vgl. Kroner, M., Zur Integration steuerlicher Partialplanungen in die Untemehmensplanung, DB 1984, S. 1412; Lenz, M., AuBensteuerrecht und Organisationsstmktur, Frankfurt a.M. 1982, S. 114; Mutscher, A., Die Kapitalstruktur von Betriebstatten im Intemationalen Steuerrecht, Hamburg 1997, S. 27; Pfeil, E., Grenzen und Moglichkeiten der intemationalen betriebswirtschaftlichen Steuerpolitik am Beispiel Deutschland-Sudafrika, Berlin 1976, S. 25; Gratz, K., Grundprobleme individueller und kollektiver Steuerplanung, Berlin 1982, S. 26; Wagner, P., Besteuemng, in: Bitz, M./ Domsch, M./ Ewert, K.I Wagner, F. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre. Band 2, 5. Aufl., Munchen 2005, S. 409. '*^ Vgl. Djanani, CI Steckel, R., Teilgebiete der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, in: Bertl, R./ Djanani, C./ Kofler, H. (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Wien 1998, S. 40; Heinhold, M., Betriebliche Steuerplanung mit quantitativen Methoden, Munchen 1979, S. 37; Kessler, W., Die Euro-Holding, Munchen 1996, S. 74; Eisenach, M., Entscheidungsorientierte Steuerplanung, Wiesbaden 1974, S. 21; Kussmaul, H., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 4. Aufl., Munchen 2006, S. 133. ^^^ Vgl. Haberstock, L./ Breithecker, V., Einfuhmng in die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 13. Aufl., Hamburg 2005, S. 153; Dieckmann, K., Steuerbilanzpolitik, Wiesbaden 1970, S. 111; Wagner, P., Die Steuerplanung der Untemehmung, Stuttgart 1980, S. 8; Wehmeyer, J., Die steuerliche Planung der Untemehmung, Dusseldorf 1967, S. 18. '^^ Vgl. Kessler, W., Die Euro-Holding, Munchen 1996, S. 75.
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intransparente Struktur im Ausland anzustreben ist, gleichzeitig sich aber aus steuerlicher Sicht eine transparente Struktur als vorteilhaft erweist. Es gilt daher, die Frage zu klaren, welchem der beiden konkurrierenden Ziele der Vorrang einzuraumen ist.
5.2.2.2 Losungsmoglichkeiten multikriterieller Entscheidungsprobleme Multikriterielle Entscheidungsprobleme sind dann gegeben, wenn mehrere Zielsetzungen vorhanden sind, die zueinander in einer konfliktaren oder antinomen Zielbeziehung stehen. Aus diesem Grund miissen Losungsmoglichkeiten fur Zielkonkurrenzen diskutiert werden. Die Betriebswirtschaftslehre hat dabei Verfahrensanweisungen entwickelt, wie Mehrfachzielsetzungen in Einfachzielsetzungen umgewandelt werden konnen. Dies ist als notwendig anzusehen, um Optima defmieren zu konnen.'"^^ Bezogen auf steuerliche Sachverhalte lassen sich m.E. drei Grundformen der Konfliktlosung unterscheiden: (1) Das Problem der Mehrfachzielsetzung kann auf ein Entscheidungsproblem mit einfacher Zielsetzung reduziert werden, indem bei der Entscheidungsfmdung nur ein einziges Ziel berucksichtigt wird, welches iiber die anderen Ziele dominiert (Prinzip der Zieldominanz).''^'^ Auf diese Weise ist der Zielkonflikt gelost, da die Entscheidung ausschlieBlich zugunsten des dominierenden Ziels erfolgt und samtliche andere Ziele unterdriickt werden. Ist die Minimierung der Steuerbelastung das dominierende Ziel, kann die Internationale Steuerplanung trotz bestehender Zielkonflikte vollkommen autonom stattfmden. (2) Wird das untemehmerische Subziel der Minimierung der Steuerbelastung zur Ganze unterdriickt, ist eine Steuerplanung nicht moglich (Prinzip der Zieiunterdruckung).^"^^ Beispielsweise ist im Rahmen einer Entscheidungssituation beziiglich intemationaler Umstrukturierungen vorstellbar, dass aus Marketinggriinden
* Vgl. Mag, W., Mehrfachziele, Zielbeziehung und Zielkonfliktlosungen, WiSt 1976, S. 53; vgl. auch Fandel, G., Mehrfachzielsetzungen, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 2, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 2849 ff. ' Vgl. Kroner, M., Zur Integration steuerlicher Partialplanungen in die Untemehmensplanung, DB 1984, S. 1412; Mag, W., Mehrfachziele, Zielbeziehung und Zielkonfliktlosungen, WiSt 1976, S. 53; Rodder, T., Gestaltungssuche im Ertragsteuerrecht, Wiesbaden 1991, S. 47; Fischer, L., Zu einigen Problemen einer entscheidungsorientierten betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, in: Jacobs, H. (Hrsg.), Besteuerung und Untemehmensfiihrung, Wiesbaden 1974, S. 12; Hax, H., Die Koordination von Entscheidungen, Koln 1965, S. 36; Ballwieser, W., Aggregation, Komplexion und Komplexitatsreduktion, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 54; Bitz, M., Entscheidungstheorie, Munchen 1981, S. 29. * Vgl. Seeger, N., Die optimale Rechtsstruktur intemationaler Untemehmen, Wiesbaden 1995, S. 2, S. 77; Dieckmann, K., Steuerbilanzpolitik, Wiesbaden 1970, S. 110; Rehkugler, H./ Schindel, V., Entscheidungstheorie, 5. Aufl., Munchen 1990, S. 97.
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ausschlieBlich eine grenziiberschreitende Verschmelzung fiir den Entscheidungstrager in Frage kommt. Auf diese Weise wurde sich der steuerplanerische Spielraum darauf beschranken, die als Datum vorgegebene grenzuberschreitende Verschmelzung zu gestalten und zu optimieren. (3) Stellt das Unterziel der Steuerplanung lediglich einen Einflussfaktor neben weiteren in einer iibergeordneten Zielfunktion dar, miissen Prinzipien und Regeln geschaffen werden, die eine Transformation der Mehrfach- in eine Einfachzielsetzung erlauben (Prinzip der Zielrangordnung). So ist es beispielsweise im Rahmen einer Zielgewichtung notwendig, dass der Entscheidungstrager Austauschregeln gemaB seiner Zielpraferenz zwischen den verschiedenen Zielkriterien spezifiziert, d.h. es miissen Gewichtungsfaktoren zur Bildung von Substitutionsregeln angegeben werden, die anschlieBend in eine iibergeordnete Nutzenflinktion tiberfuhrt werden.'"^^ Wird das Optimum durch mehr als ein Ziel erreicht, ist es nahe liegend, zusatzlich das zweitwichtigste Zielkriterium fiir die Altemativenbewertung heranzuziehen. Liegt auch auf dieser Stufe eine identische Zielauswirkung vor, ist auf das nachstwichtigste Zielkriterium abzustellen. Dieser Vorgang wird solange fortgesetzt, bis eine eindeutige Praferenz ermittelt werden kann. Eine solche Vorgehensweise ordnet die Altemativen nach der Rangfolge der verschiedenen Zielkriterien und wird als lexikographische Ordnung bezeichnet.'^^ Im Gegensatz zur Zielgewichtung setzt die lexikographische Nutzenmessung lediglich eine ordinale Praferenzordnung beziiglich der verfolgten Zielkriterien voraus, so dass die Nutzenunterschiede nicht rechnerisch erfasst werden miissen. Dabei ist es auch moglich, an untergeordnete Ziele Mindestanforderungen zu stellen, die als Nebenbedingungen beachtet werden miissen.'^'
'"^^ Vgl. Bamberg, G./ Coenenberg, A., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 12. Aufl., Miinchen 2004, S. 55; Mag, W., Mehrfachziele, Zielbeziehung und Zielkonfliktlosungen, WiSt 1976, S. 53 f.; ders., Entscheidung und Information, Mtinchen 1977, S. 37; Bitz, M., Die Strukturierung okonomischer Entscheidungsmodelle, Wiesbaden 1977, S. 273; Zwehl, W. von, Entscheidungsregeln, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 924 f. '^Wgl. Krelle, W., Praferenz- und Entscheidungstheorie, Tubingen 1968, S. 75 ff.; Bamberg, G./ Coenenberg, A., Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 12. Aufl., Mtinchen 2004, S. 56 f; Bauer, J., Grundlagen einer handels- und steuerrechtlichen Rechnungspolitik der Untemehmung, Wiesbaden 1981, S. 120; Mag, W., Entscheidung und Information, Munchen 1977, S. 40. '^' Vgl. Mag, W., Mehrfachziele, Zielbeziehung und Zielkonfliktlosungen, WiSt 1976, S. 54; Pfohl, H,-C./ Braun, G., Entscheidungstheorie, Landsberg am Lech 1981, S. 217 ff.; Bitz, M., Entscheidungstheorie, Munchen 1981, S. 41 ff.
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5.2.3 Zielsystem eines Entscheidungsmodells fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen Werden die in den vorangehenden Kapiteln herausgearbeiteten Anforderungen an ein Entscheidungsmodell flir grenziiberschreitende Umstrukturierungen zusammengefasst, lassen sich zwei Hauptziele unterscheiden: (1) Vermeidung von Umstrukturierungen, die zu einer sofortigen Steuerzahllast fiihren. (2) Auswahl der Alternative, die zu dem betriebswirtschaftlich optimalen Ergebnis fuhrt. Beide Ziele weisen im steuerplanerischen Zielsystem den Charakter von Zwischenzielen auf, die dem iibergeordneten Zwischenziel der relativen Steuerminimierung dienen. Insbesondere das zweite Ziel ist fiir eine unmittelbare Anwendung zu allgemein formuliert und bedarf daher einer detaillierten Prazisierung. Wie eingangs dargestellt ist es die Aufgabe der Intemationalen Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, steuerrechtliche Ursache-Wirkungs-Beziehungen in eine gestaltungsorientierte Ziel-MittelBeziehung zu trans form ieren. Den beiden Zwischenzielen mussen daher operable Gestaltungsziele zugeordnet werden. Aus den bisher gewonnenen Erkenntnissen konnen nunmehr operable Unterziele formuliert werden, die als Grundlage flir die Identifikation zielfiihrender Gestaltungsmittel im Rahmen der Anwendung des Entscheidungsmodells verwendet werden konnen. Die Unterziele werden in der folgenden Abbildung tabellenfbrmig aufgelistet:
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1. Hauptziel: Vermeidung von Umstrukturierungen, die zu einer sofortigen Steuerzahllast fuhren Unterziele: > Beschrankung auf Umwandlungen, die eine Buchwertfortfuhrung erlauben oder einen VerauBerungsgewinn uberwiegend steuerfrei stellen. 2. Hauptziel: Auswahl der Alternative, die zu dem betriebswirtschaftlich optimalen Ergebnis fiihrt Unterziele: > Ausnutzen des intemationalen Steuergefalles > Vermeidung von Doppel- und Mehrfachbesteuerungen > Vermeidung bzw. Begrenzung von Quellensteuem > Ausnutzen von Besteuerungsunterschieden zwischen transparenten und intransparenten Besteuerungseinheiten > Vermeidung von durch den Umwandlungsvorgang ausgelosten Verkehrsteuem > Vermeidung bzw. Begrenzung der Besteuerung von VerauBerungsgewinnen durch das Untemehmen sowie deren Anteilseignem > Vermeidung bzw. Begrenzung von Kosten, die durch die gewahlte Alternative verursacht werden (Beratungskosten, Grundungkosten) > Vermeidung bzw. Begrenzung des steuerlichen Risikos der gewahlten Alternative Abbildung 11: Zielsystem eines Entscheidungsmodelis fiir grenzuberschreitende Umstrukturierungen
5.3 Auswahl der betriebswirtschaftlich optimalen Umstrukturierungsalternative Mit dem Hinzufiigen einer Zielfunktion ist das Erklarungsmodell zum Entscheidungsmodell weiterentwickelt worden. Eine Entscheidung besteht grundsatzlich aus einem Wahlakt und einem Willensakt.'^^ Aus dem nunmehr vorliegenden Entscheidungsmodell muss die Alternative ausgewahlt werden, die dem Entscheidungssubjekt den hochsten Nutzen verspricht, d.h. es erfolgt die Entschlussfassung. Unter Entschluss ist die Selbstverpflichtung eines Entscheidungstragers auf eine bestimmte Handlungsmoglichkeit zu verstehen.'^^ Hat der Entscheidungstrager die optimale Al-
'^^ Vgl. Pfohl, H.-C, Problemorientierte Entscheidungsfindung in Organisationen, Berlin 1977, S. 24; Wehmeyer, J., Die steuerliche Planung der Untemehmung, Dusseldorf 1967, S. 110; Witte, E., Entscheidungsprozesse, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 910. '" Vgl. Brauchlin, E.I Heene, R., Problemlosungs- und Entscheidungsmethodik, 4. Aufl., Bern 1995, S. 76; Eisenmann, M., Fallen von Entscheidungen, in: Tumm, G. (Hrsg.), Die neuen Methoden der Entscheidungsfindung, Miinchen 1972, S. 353; Witte, E., Entscheidungsprozesse, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 912.
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temative gefiinden, kann das Ergebnis des Denkprozesses in tatsachliche Handlungen umgesetzt werden, und das Entscheidungsmodell ist abgeschlossen. Zu diesem Zweck wird zunachst versucht, die einzelnen Handlungsaltemativen in eine Nutzenreihenfolge zu bringen, die einer Hohenpraferenzrelation folgt. Das bedeutet, dass die notwendige Vorschrift zur Festlegung des erstrebten AusmaBes der ZielgroBe „Gewinn" eine Minimierungsregel darstellt, so dass jedes Ergebnis mit einer niedrigeren Steuerbelastung jedem Ergebnis mit einer hoheren Steuerbelastung vorzuziehen ist. Dabei werden die steuerlichen Konsequenzen, die sich aus den einzelnen Umstrukturierungsmoglichkeiten ergeben, quantifiziert, so dass der Entscheidungstrager in die Lage versetzt wird, durch die kardinale Wertzuordnung aus dem Ergebnisraum die Alternative, die zu der niedrigsten Steuerbelastung fiihrt, auswahlen zu konnen. Auf diese Weise sind auch Aussagen iiber die Hohe der Vorteilhaftigkeit im Rahmen des Entscheidungsmodells moglich. Nachdem die steuerlich optimale Gestaltungsvariante identifiziert wurde, muss in einem zwingend vorzunehmenden zweiten Schritt uberpriift werden, ob diese steuerlich optimale Handlungsaltemative mit den nichtsteuerlichen Zielsetzungen kompatibel ist. Nur auf diese Weise lasst sich die betriebswirtschaftlich optimale Umstrukturierungsaltemative ermitteln. Es miissen somit die Arten-, Sicherheits- und Zeitpraferenz in die Vorteilhaftigkeitsiiberlegungen miteinbezogen werden, um festzustellen, welche Handlungsaltemative unter Einziehung weiterer betriebswirtschaftlicher Entscheidungskriterien wie z.B. Planungssicherheit oder Kostenminimierung zu der optimalen Entscheidung fiihrt. Stellt sich demnach heraus, dass Zielkonflikte bzw. Zielantinomien bestehen, wird als Methode zur Losung des multikriteriellen Entscheidungsproblems die lexikografische Nutzenmessung verwendet. Diese Methode lasst eine groBere praktische Anwendbarkeit zu, da sie keine Substituierbarkeit der verschiedenen ZielgroBen annimmt, sondem lediglich eine ordinale Nutzenzuordnung erfordert. Diese Methode ist fur das vorliegende Entscheidungsproblem ausreichend, da es weder mit geringem Aufwand moglich noch uberhaupt notwendig ist, die eventuell bestehenden Zielkonflikte zwischen steuerlichen, betriebswirtschaftlichen, zivil- und handelsrechtlichen Entscheidungskriterien mathematisch exakt zu erfassen. Ziel der Arbeit ist, durch Ordnung der Handlungsmoglichkeiten unter Optimalitatsgesichtspunkten eine Handlungsempfehlung fur eine grenzuberschreitende Umstrukturierung zu geben. Da eine genaue Quantifizierung der Vorteilhafligkeitsunterschiede einzelner Umstrukturierungsaltemativen beziiglich der auBersteuerlichen Kriterien nicht moglich ist, muss auf eine kardinale Nutzenmessung in diesem Problembereich verzichtet werden. Gleiches gilt beziiglich der Quantifizierung des Risikos und der Robustheit der gewahlten Umstrukturierungsaltemative. Da eine
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exakte Messung der Risiken und Unwagbarkeiten entweder nicht oder nur durch sehr aufwandige Scoring-Modelle durchfiihrbar ware, wird eine Differenzierung nach dem Unsicherheitsgrad vorgenommen. Eine solche ordinale Bewertung ist fur die anwendungsorientierte Ausrichtung des Entscheidungsmodells als ausreichend anzusehen. 6. Untersuchungspramissen im Entscheidungsmodell 6.1 Darstellung der Unternehmensstruktur im Entscheidungsmodell Im Rahmen des Aufbaus des Beschreibungsmodells erfolgt zunachst eine Analyse des innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts des Heimat- sowie des Zielstaats. Diese Analyse wird breit vorgenommen, so dass keine Einschrankung auf bestimmte Rechtsformen erfolgt. Sonderformen wie beispielsweise Stiftungen oder Trusts werden nicht betrachtet. Um das Entscheidungsmodell iibersichtlich und in der Praxis anwendbar zu gestalten, wird bei der Diskussion der Vorteilhaftigkeit der Umwandlungsaltemativen eine Einschrankung auf den Fall vorgenommen, dass sowohl in Deutschland als auch in dem jeweiligen Zielstaat ausschlieBlich eine Kapitalgesellschaft besteht. Die Kapitalgesellschaft soil dabei jeweils sowohl ihre Geschaftsleitung als auch ihren Sitz in Deutschland bzw. im jeweiligen auslandischen Staat haben. Auf diese Weise begrundet jede Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat die unbeschrankte Steuerpflicht. Durch diese Annahmen werden Problembereiche, die sich beispielsweise aufgrund einer doppelten unbeschrankten Steuerpflicht ergeben, ausgeklammert. Um das Modell realitatsnah anwenden zu konnen, wurde ausschlieBlich von Publikumsgesellschaften ausgegangen. Des Weiteren soil aus Vereinfachungsgriinden die Annahme getroffen werden, dass beide Kapitalgesellschaften gleich viel wert sind. Die Kapitalgesellschaften selbst sind vor der Umstrukturierung nicht an weiteren Kapitalgesellschaften beteiligt, was auch den Fall einer wechselseitigen Beteiligung ausschlieBt. Im Rahmen der Anwendung des Entscheidungsmodells wird diese Annahme nicht mehr weitergeftihrt, da es fiir die Optimalitat der Umstrukturierung von hoher Bedeutung sein kann, durch die Griindung von Zwischengesellschaften steuerliche Vorteile zu generieren. Zwischen den beteiligten Kapitalgesellschaften bestehen annahmegemaB keine gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten bzw. Ruckstellungen. Des Weiteren wird die Annahme getroffen, dass die beteiligten Kapitalgesellschaften ausschlieBlich Gewinne erzielen, da die zusatzliche Berucksichtigung von Verlustfallen aufgrund der steuerlich teilweise bestehenden Verlustausgleichsbeschrankungen den Rahmen der Arbeit sprengen wiirde. Die Anteilseigner der jeweiligen Kapitalgesellschaft haben sowohl
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ihren Wohnsitz als auch ihren gewohnlichen Aufenthalt im selben Staat wie die Kapitalgesellschaft, so dass sie dort der unbeschrankten Steuerpflicht unterliegen. Sollten die beteiligten Kapitalgesellschaften daruber hinaus Grundstucke besitzen, sind diese im jeweiligen Ansassigkeitsstaat der Gesellschaft belegen. Daruber hinaus wird das steuerpolitische Instrumentarium der 2. Ordnung, d.h. insbesondere Rechtsbeziehungen durch den Abschluss von schuldrechtlichen Vertragen zwischen den Untemehmensteileinheiten bzw. zwischen einer Untemehmensteileinheit und ihren Anteilseignem, nicht beriicksichtigt, urn das Modell handhabbar zu halten. Der fiir das Entscheidungsmodell relevante Ausgangsfall stellt sich somit wie folgt dar:
Kapitalgesellschaft
Kapitalgesellschaft
Anteilseigner
Anteilseigner
Abbildung 12: Ausgangsfall im Entscheidungsmodell Die deutsche und die auslandische Kapitalgesellschaft sollen fiir den Fall, dass eine Umwandlung in eine transparente Besteuerungseinheit erfolgt, die inlandischen, auslandischen und zwischenstaatlichen Voraussetzungen erfullen, die zu der Eigenschaft einer Betriebsstatte fiihren. Auf diese Weise werden nur solche Betriebe zugelassen, die deren Domizilstaat sowohl nach dessen innerstaatlichem Recht als auch unter dem Regime des Doppelbesteuerungsabkommens zur Steuererhebung berechtigen. Des Weiteren erfiillt jede transparent besteuerte Einheit die Voraussetzungen eines Teilbetriebs i.S.d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG bzw. der entsprechenden auslandischen Rechtsnorm. Der Teilbetrieb ist in Deutschland defmiert als ein mit einer gewissen Selbstandigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der fiir sich
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allein lebensfahig ist.'^"^ Handelt es sich bei der im Entscheidungsmodell betrachteten Untemehmenseinheit nicht von vomeherein um ein selbstandiges Untemehmen, sind sowohl die Voraussetzungen einer Betriebsstatte als auch die eines Teilbetriebs als erflillt anzusehen. Daruber hinaus kniipfen innerstaatliche deutsche ebenso wie zwischenstaatliche Vorschriften die steuerliche Belastung im Ausland erwirtschafteter Einkiinfte vielfach an das von der auslandischen Untemehmenseinheit verfolgte Sachziel. Dies ist im vorliegenden Entscheidungsmodell von Bedeutung, da moglicherweise durch die Umstrukturierung eine Neuausrichtung der Eigentumsverhaltnisse in einer Weise erfolgt, die zu einer Anwendung von Missbrauchsvorschriften fuhren kann. So kann die Einbringung von Kapitalbeteiligungen in eine auslandische Holdinggesellschaft zur Besteuerung gem. §§ 7 ff. AStG (sog. Hinzurechnungsbesteuerung) fuhren. In diesem Fall werden die Einkiinfte der auslandischen Kapitalgesellschaft auch ohne Ausschuttung unter Durchbrechung des Trennungsprinzips in Deutschland steuerlich erfasst.'^^ Diese Folgen treten allerdings nur dann ein, wenn die auslandische Kapitalgesellschaft keine „aktive" Tatigkeit i.S.d. § 8 Abs. 1 AStG, sondem lediglich eine „passive'' Tatigkeit ausubt, wobei passive Tatigkeiten negativ defmiert werden als alle Einkiinfte, die nicht aktiver Natur sind. Weitere Voraussetzung ist, dass eine Niedrigbesteuerung der auslandischen Einkiinfte vorliegt. Dies ist gem. § 8 Abs. 3 AStG dann gegeben, wenn die Einkiinfte der auslandischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragsteuem von weniger als 25 % unterliegen. Von den im weiteren Verlauf der Arbeit zu betrachtenden Ziellandem ist Osterreich nicht als Niedrigsteuerland anzusehen.'^^ Da in den USA allerdings bestimmten Exportumsatzen Steuervergunstigungen gewahrt werden, muss eine Priifting der tatsachlichen Steuerbelastung erft)lgen, damit die Einkiinfte nicht als einer niedrigen Besteuerung unterliegend bezeichnet werden konnen.'^^ Um solche Probleme auszuschlieBen, wird die Annahme getroffen, dass die auslandische Kapitalgesellschaft eine aktive Tatigkeit i.S.d. § 8 Abs. 1 AStG ausubt. Durch die im Oktober 2004 neu eingefiihrte Sec. 7874 IRC soil die Verlagerung von US-Vermogen auf auslandische verbundene Kapitalgesellschaften (sog. inversion transaction) vermieden werden. Diese Vorschrift ist allerdings nicht anwendbar, wenn die auftiehmende auslandische Gesellschaft im Staat der Griindung eine wesentliche Vgl. BFH V. 26.04.1979, [V R 119/76, BStBl. 1979 II, S. 557; BFH v. 12.04.1989, I R 105/85, BStBl. 1989 II, S. 653; BFH v. 13.02.1996, VIII R 39/92, BStBl. 1996 II, S. 409. Vgl. Brahler, K., Controlled Foreign Companies Rules, Munchen 2006, S. 1 ff. • Vgl. BMF V. 14.05.2004, IV B 4 - S 1340 - 11/04, BStBl. I Sondemr. 1/2004, S. 3, Anlage 1. ' Vgl. ebenda.
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Geschaftstatigkeit im Verhaltnis zum gesamten Teilkonzem ausiibt.'^^ Um diese USamerikanische Missbrauchsvorschrift auszuschlieBen, wird im Fall einer ubemehmenden deutschen Gesellschaft von einer nicht unbedeutenden aktiven Geschaftstatigkeit in Deutschland ausgegangen. Des Weiteren werden auch in Doppelbesteuerungsabkommen vielfach durch eine „Aktivitatsklausel" Anforderungen an die wirtschaftliche Bedeutsamkeit der Tatigkeit einer auslandischen Einheit gestellt, durch die eine unangemessene Inanspruchnahme der Abkommensvergiinstigungen verhindert werden soil. Fiir die folgende Konkretisierung des Entscheidungsmodells wird daher vorausgesetzt, dass sowohl das (der) inlandische als auch das (der) auslandische Untemehmen (Untemehmensteil) eine samtlichen inner- und zwischenstaatlichen Vorschriften entsprechende aktive gewerbliche Tatigkeit ausubt. Als Modellannahme wird somit die Schnittmenge der aktiven Tatigkeiten aus den genannten Vorschriften gewahlt. Bezogen auf den Umwandlungsakt selbst setzt die Fusionsrichtlinie in Art. 11 FRL voraus, dass der hauptsachliche Beweggrund nicht Steuerhinterziehung oder umgehung darstellt, sondem auf vemiinftigen wirtschaftlichen Motiven beruht. Deutscherseits ist die Vorschrift des § 42 AO zu beachten, die Gestaltungen, welche ausschlieBlich aus steuerlichen Grunden gewahlt wurden, die Anerkennung versagt. Das im Folgenden anzuwendende Entscheidungsmodell schlieBt diese Falle aus, da angenommen wird, dass die Umstrukturierung aus betriebswirtschaftlichen Grunden erfolgt und die Steuerplanung vor der Aufgabe steht, die wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierung steuerlich optimal zu gestalten. Bestehen zeitliche Anforderungen an den Bestand der Kapitalgesellschaften, gelten diese ebenfalls als erfiillt. So setzt in Osterreich die Steuerfreiheit bestimmter Umwandlungsaltemativen bezuglich der Kapitalverkehrsteuem voraus, dass die iibertragende Korperschaft vor der Umstrukturierung langer als zwei Jahre bestanden hat. 6.2 Mdglichkeiten des grenziiberschreitenden Unternehmenszusammenschlusses Da es das Ziel der Untersuchung ist, die beteiligten Kapitalgesellschaften zusammenzuschlieBen, stellt sich die Frage, welche grundlegenden Handlungsmoglichkeiten diesbezuglich bestehen. Der Zusammenschluss kann zum einen durch Ubemahme aller Rechte und Pflichten des iibertragenden Untemehmens im Rahmen einer grenziiberschreitenden Verschmelzung erfolgen. Es konnen aber auch die Anteile der Zielgesell-
'^^ Vgl. Blochle, D./ Dendorfer, W./ Kresge, T., Neue US-Gesetzgebung - sog. Anti-Inversion-Regeln - birgt Risiken fiir Internationale Umstrukturierungen, IStR 2005, S. 701.
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schaft gegen Anteile der ubemehmenden Kapitalgesellschaft getauscht werden, so dass durch einen grenzuberschreitenden Anteilstausch ebenfalls ein Untemehmenszusammenschluss erfolgt. Des Weiteren ist es moglich, dass die ubertragende Kapitalgesellschaft selbst einen eigenen Betriebsteil gegen Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft eintauscht, um auf diese Weise einen flisionsahnlichen Zustand herbeizufuhren. Aus diesen Griinden miissen nicht nur die Umstrukturierungsmoglichkeiten der Verschmelzung und des Anteilstauschs in die Untersuchung miteinbezogen werden, sondem auch die Moglichkeiten, durch Spaltungsformen eine intemationale Zusammenftihrung von Kapitalgesellschaften zu erreichen. Beziiglich der Spaltungsformen muss daher darauf Wert gelegt werden, dass keine Spaltungsmoglichkeit gewahlt wird, die durch die Separierung von Betrieben zu einer Verminderung der UntemehmensgroBe fiihrt, sondem im Gegenteil durch die Zusammenftihrung von Untemehmen bzw. Untemehmensteilen einen grenzuberschreitenden Untemehmenszusammenschluss erlaubt. Daher miissen gleichfalls die verschiedenen Varianten der Spaltung Eingang in die Analyse fmden. Dies ist auch deshalb von besonderer Wichtigkeit, da es denkbar ist, dass eine die optimale grenziiberschreitende Umstrukturierung vorbereitende oder ihr nachfolgende Handlungsmoglichkeit die Anwendung einer Spaltungsform voraussetzt. Die verschiedenen Formen der Verschmelzung, der Spaltung sowie des Anteilstauschs miissen getrennt voneinander betrachtet und analysiert werden, da die Besteuerung von Untemehmen nicht auf die Wirtschaftsaktivitat eines intemationalen Untemehmens, sondem auf die rechtliche Stmktur gerichtet ist. Dies ergibt sich aus dem Gmndsatz, dass das Untemehmen im organisationstheoretischen Sinn als Konglomerat mehrerer rechtlich selbstandiger Teileinheiten durch eine gemeinsame Leitungsstmktur wegen seiner fehlenden Rechtsfahigkeit nicht als eigenes Steuersubjekt anerkannt ist.'^^ Das Gesamtuntemehmen zerfallt jedoch aufgmnd der Vorschriften des Zivilund Gesellschaftsrechts der beteiligten Staaten in ein oder mehrere Steuersubjekte, denen jeweils ein Teil des wirtschaftlichen Ergebnisses der Gesamtorganisation fiir Zwecke der Besteuemng zugeordnet wird.'^^ Auf diese Weise wird bei der Besteuemng des Gesamtuntemehmens die im Zivilrecht geltende Unterscheidung zwischen Untemehmen und Untemehmenstragem vorgenommen.^^' Da sich durch die gewahlte '^Wgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 21; Rieger, H., Prinzipien des intemationalen Steuerrechts als Problem der Steuerplanung in der multinationalen Untemehmung, Berlin 1978, S. 69; Storck, A., Auslandische Betriebsstatten im Ertrag- und Vermogensteuerrecht, Frankfurt a.M. 1980, S. 19; GraB, A., Untemehmensformneutrale Besteuerung, Berlin 1992, S. 17. '^° Vgl. Rose, G., Die Steuerbelastung der Untemehmung, Wiesbaden 1973, S. 31. '^' Vgl. Raupach, A., Perspektiven fur den Steuerstandort Deutschland, StuW 2000, S. 359.
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Kapitel II: Aufhau eines Entscheidungsmodells
Umstrukturierungsaltemative eine zum Teil gmndlegend verschiedene rechtlich und steuerlich relevante Untemehmensstruktur ergibt, kann keine gleichzeitige Diskussion samtlicher Handlungsmoglichkeiten erfolgen. Vielmehr muss die Analyse der Umstrukturierungsvarianten in Abhangigkeit von der jeweils relevanten rechtlichen Struktur getrennt voneinander vorgenommen werden.
6.3 Modularer Untersuchungsaufbau Um die steuerliche Vorteilhaftigkeit von Umstrukturierungsaltemativen darstellen und vergleichen zu konnen, muss eine Unterscheidung zwischen den Steuerzahlungen, die unter Umstanden durch den Umstrukturierungsvorgang selbst trotz Fortfiihrung der Buchwerte ausgelost werden, und der sich im Anschluss an die gewahlte Umwandlungsart ergebenden Steuerbelastung des Gesamtuntemehmens vorgenommen werden. Dabei setzt die Besteuerung des Gesamtuntemehmens zunachst einmal auf Ebene der die Einkiinfte erwirtschaftenden Einheiten im Rahmen der Gewinnentstehung an. Dar(iber hinaus kann im Rahmen der Gewinnverwendung der Transfer der erwirtschafteten und iiblicherweise bereits einmal der Besteuerung unterlegenen Gewinne an die Untemehmenseigentiimer der Steuerpflicht unterworfen sein. Eine anwendungsorientierte, entscheidungsunterstutzende Vorgehensweise muss dieser Unterteilung im Rahmen einer Partialanalyse folgen. Da sowohl bei einer Eigentlimer- als auch bei einer Manageruntemehmung die Mehrheit der Anteilseigner als Entscheidungstrager anzusehen ist, soil als entscheidungsrelevante GroBe der Nettozufluss an die Unternehmenstrager angenommen werden. Dieser Nettozufluss ergibt sich nach Beriicksichtung samtlicher Steuerzahlungen auf alien Besteuerungsebenen unter Berucksichtigung der durch den Umstrukturierungsvorgang selbst ausgelosten Steuerbelastungen sowie der Gewinnverwendung. Des Weiteren miissen die aperiodischen Geschaftsvorfalle, d.h. insbesondere die Besteuerung der eventuell anfallenden VerauBerungsgewinne, in die Vorteilhaftigkeitstiberlegung miteinbezogen werden. Der modulare Untersuchungsaufbau wird in der folgenden Abbildung zusammenfassend verdeutlicht:
Kapitel II: Aufbau eines
Entscheidunssmodells
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Modularer Untersuchungsaufbau 1. Modul:
1
1
2. Modul:
11
3. Modul:
Darstellung der laufenden Besteuerung des Gesamtuntemehmens
Darstellung der sich aus der Umstrukturierung selbst ergebenden Steuerbelastungen
Besteuerung Besteuerung der Gewinn- derGewinnentstehung verwendung
Ebene der Gesellschaft
Ebene der Gesellschaft
Ebene des Gesellschafters
Ebene des Gesellschafters
Darstellung der Besteuerung der aperiodischen Geschaftsvorfalle
Ebene der Gesellschaft Ebene des Gesellschafters
Abbildung 13: Unterteilung der steuerlichen Konsequenzen im Entscheidungsmodell
Im Rahmen der Quantifizierung der Steuerbelastung muss fur jedes Modul getrennt die Steuerbelastung fiir jede Handlungsaltemative berechnet werden. AnschlieBend werden die Ergebnisse so zusammengefasst, dass eine umfassende Betrachtung und Qualifizierung der Aktionsmoglichkeit erfolgen kann. Diese Vorgehensweise bei der Anwendung des Entscheidungsmodells wird gewahlt, urn eine tibersichtliche Darstellung der komplexen Zusammenhange der Problemkreise zu gewahrleisten. Auch lasst eine solche Untersuchung Vergleiche der Vorteilhaftigkeit der verschiedenen Handlungsaltemativen auf mehreren Ebenen zu, so dass die Grunde fiir die Entscheidung zugunsten einer bestimmten Aktionsmoglichkeit ersichtlich werden. 6.4 Im Entscheidungsmodell berucksichtigte Steuerarten Fiir rationales Handeln des Entscheidungstragers ist eine moglichst genaue Kenntnis der Art, Hohe und Wirkungszusammenhange der Steuerarten wesentliche Voraussetzung. Werden Steuem nach der ihnen unterliegenden Bemessungsgrundlage gegliedert, lassen sich Ertragsteuem, Substanzsteuem, Verkehrsteuem und Verbrauchsteuem unterscheiden.'^^ Da die Erhebung von Verbrauchsteuem weitgehend unabhangig von der steuerlichen Untemehmensstruktur ist, konnen deren Folgen unberiicksichtigt blei-
'^^ Vgl. Djanani, C./ Brahler, G./ Losel, C , Ertragsteuem, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 2006, S. 25; Rose, G., Die Steuerbelastung der Untemehmung, Wiesbaden 1973, S. 28; Schult, E., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 4. Aufl., Munchen 2002, S. 28 ff.
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Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells
ben.'^^ Daruber hinaus findet iiblicherweise eine Uberwalzung der Verbrauchsteuer auf den Letztabnehmer statt. Im Rahmen des Entscheidungsmodells ftir grenzuberschreitende Umstrukturierungen gilt es daruber hinaus, zwischen den zu betrachtenden Landem Deutschland, Osterreich und den USA zu unterscheiden. In Deutschland miissen als Ertragsteuem die Einkommensteuer, die Korperschaftsteuer sowie die Gewerbeertragsteuer Eingang in die Untersuchung fmden. Bei der Gewerbesteuer wird aus Vereinfachungsgriinden ein Gewerbesteuer-Hebesatz von 420 % verwendet, der den Durchschnitt der Hebesatze von Gemeinden ab 50.000 Einwohnem wiedergibt.'^"* Des Weiteren wird der Solidaritatszuschlag gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG auf die Einkommen- und Korperschaftsteuer i.H.v. 5,5 % gem. § 4 Satz 1 SolZG erhoben. Die Kirchensteuer, die je nach Bundesland zwischen acht und neun Prozent der Einkommensteuer betragt,'^^ wird im Rahmen der Untersuchung nicht beriicksichtigt. Als Substanzsteuer ist in Deutschland mittlerweile nur noch die Grundsteuer zu beriicksichtigen, da die Vermogensteuer seit dem Jahr 1997 nicht mehr erhoben wird'^^ und die Gewerbekapitalsteuer mit Wirkung ab dem 01.01.1998 abgeschafft wurde'^^ Da die Grundsteuer lediglich inlandischen Grundbesitz (§ 2 GrStG) belastet, ist sie fiir ein Entscheidungsmodell fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen nicht entscheidungsrelevant. An Verkehrsteuem ist zwingend die Grunderwerbsteuer zu beriicksichtigen, da sie selbst bei einer ertragsteuerlich neutralen Umstrukturierungsaltemative ausgelost werden kann. Ebenfalls ist die Umsatzsteuer zu beriicksichtigen. Die Erbschaftsteuer als Belastung der Untemehmensnachfolge ist fiir intemationale Umstrukturierungen nicht von Interesse. In Osterreich liegen grundsatzlich ahnliche steuerliche Verhaltnisse wie in Deutschland vor. Es miissen daher die Einkommensteuer sowie die Korperschaftsteuer Eingang in die Untersuchung fmden. Ebenfalls miissen die Grunderwerbsteuer sowie die Umsatzsteuer miteinbezogen werden.
'^^ Vgl. auch Stockier, M., Die steuerlich optimale Rechtsform auslandischer Investoren in Deutschland, Berlin 1998,8.25. '^'^ Eigene Durchschnittsberechnung auf Basis der Zahlen von Datev (Hrsg.), Tabellen und Informationen fiir den steuerlichen Berater 2005, NUmberg 2005, S. 136 ff. Der exakte Durchschnittswert wurde 418,32 % betragen. Dabei steigt der durchschnittliche Gewerbesteuer-Hebesatz bei steigender Einwohnerzahl stark an; er betragt beispielsweise bei Gemeinden mit mehr als 500.000 Einwohnem uber 450 %. '^^ Vgl. Datev (Hrsg.), Tabellen und Informationen fiir den steuerlichen Berater 2005, Numberg 2005, S. 116. '^^ Die Vermogensteuer wurde durch das BVerfG fiir verfassungswidrig erklart (Beschluss vom BVerfG v. 22.06.1995, 2-BvL-37/91, BStBI. 1995 II, S. 655). Formalrechtlich besteht die Vermogensteuer allerdings weiterhin. '^' Vgl. Gesetz vom 29.10.1997, BStBl. 1997 I, S. 2590.
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In den USA ist das Steuersystem durch ein Nebeneinander von drei eigenstandigen Steuerhoheiten gekennzeichnet, wobei zwischen der Ebene der Bundesbesteuerung {federal taxation), der einzelstaatlichen Besteuerung {state taxation) und der kommunalen Besteuerung {local taxation) zu differenzieren ist.^^^ Im Rahmen der Ertragsbesteuerung mussen auf Ebene des Bundes die federal income tax on individuals sowie 6\Q federal income tax on corporations beriicksichtigt werden. Da die von den Einzelstaaten und Gemeinden erhobenen Ertragsteuem sowohl in Bezug auf die Hohe der Steuersatze als auch in Bezug auf die Abzugsfahigkeit bei der Bundeseinkommensteuer erhebliche Unterschiede aufweisen,^^^ konnen sie nur pauschalen Eingang in das Entscheidungsmodell finden, um eine generelle und nicht nur fiir einen einzigen Staat giiltige Anwendung zu ermoglichen.'^^ Diese Vorgehensweise stimmt mit der Vorgehensweise des zwischen Deutschland und den USA abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens uberein, das ebenfalls nur die auf Bundesebene erhobenen Ertragsteuem erfasst (Art. 2 Abs. 1 Bst. a DBA-USA). Auch in den USA mussen Verkehrsteuem, namentlich die real estate transfer tax sowie die value added tax, beriicksichtigt werden.
6.5 AusmaB der Quantiflzierung der Steuerbelastung Um eine kardinale Nutzenmessung zur Bestimmung der steuerlichen Vorteilhaftigkeit von Handlungsaltemativen vomehmen zu konnen, die als unbedingte Voraussetzung fiir die Vergleichbarkeit und Bestimmung der Vorteilsdifferenzen anzusehen ist, stehen grundsatzlich zwei Methoden zur Verfligung.'^' Im Rahmen eines statischen Belastungsvergleichs erfolgt eine Gegeniiberstellung der Ertrags- und Aufwandsgrofien von zwei oder mehr Altemativen pro Zeiteinheit.'^^ Insbesondere fmdet keine Betrach'^^ Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 267; Djanani, C.I Brahler, G./ Losel, C., Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 54; Jacobs, O., EinfluBfaktoren der intemationalen Steuerbelastung, Dargestellt am Vergleich Deutschland - USA, in: Herzig, N. (Hrsg.), Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Steuerberatung, Wiesbaden 1991, S. 265; Bokelmann, J., Gewinnzurechnung im Korperschaftsteuerrecht, Konstanz 1991, S. 71; Johannemann, U., Entwicklung und Stand der Unitary Taxation Method, Munster 1997, S. 2; Eggert, J./ Gomall, J., Handbuch USA-Geschaft, Wiesbaden 1989, S. 241. '^^ Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 270; Djanani, €./ Brahler, G./ Losel, C., Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 60. '^^ Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 85, S. 269 ff.; Dreissig, H., Der Einfluss der Besteuerung auf die Gestaltung deutscher Direktinvestitionen in den Vereinigten Staaten von Amerika, Saarbrucken 1979, S. 55. '^' Vgl. Haberstock, L./ Breithecker, V., Einfuhrung in die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 13. Aufl., Hamburg 2005, S. 118 ff. '^^ Vgl. Blohm, H./ Luder, K., Investition, 8. Aufl., Munchen 1995, S. 157ff; Haberstock, L./ Breithecker, V., Einfuhrung in die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 13. Aufl., Hamburg 2005,
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Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells
tung mehrerer Zeiteinheiten statt, so dass eine in diesem Fall notwendige Bestimmung eines einheitlichen Betrachtungszeitpunkts durch Berucksichtigung von Zins- und Liquiditatseffekten entfallt. Im Rahmen eines dynamischen Belastungsvergleichs wird dagegen unter Einbeziehung mehrerer Zeiteinheiten und unter Verwendung des Barwertkriteriums die Vorteilhaftigkeit einer Handlungsalternative an sich und im Vergleich zu anderen Aktionsmoglichkeiten festgestellt.^^^ Ublicherweise erfolgt eine Abzinsung der tiber mehrere Perioden zu erwartenden VorteilhaftigkeitsmessgroBen auf den Zeitpunkt des im Mittelpunkt der Entscheidung stehenden Ereignisses.'^"^ Zum Zwecke der Bewertung der Handlungsalternative im Rahmen des Entscheidungsmodells fur grenziiberschreitende Umstrukturierungen soil die Methode des statischen Belastungsvergleichs gewahlt werden. Die Methode des dynamischen Belastungsvergleichs zur Quantifizierung der Steuerbelastung in einer mehrperiodischen Betrachtung auf Basis des Barwertkriteriums ist fiir das erste Modul, die Darstellung der sich aus dem Umwandlungsvorgang selbst ergebenden Steuerbelastungen, nicht zweckmaBig, da aufgrund der Voraussetzung der Buchwertfortfiihrung die Steuerfolgen nur im Zeitpunkt der Umstrukturierung eintreten, so dass eine mehrperiodische Betrachtung nicht erforderlich ist. Auch erweist sich eine dynamische Betrachtung fur die Quantifizierung des zweiten und dritten Moduls, d.h. die Darstellung der laufenden Besteuerung der sich nach dem Umstrukturierungsvorgang ergebenden Unternehmensstruktur sowie der Besteuerung der aperiodischen Geschaftsvorfalle, gegeniiber dem statischen Belastungsvergleich als unvorteilhaft, da ein dynamisches Modell hinsichtlich der Erstellung auBerordentlich aufwandig und aufgrund der notwendigen Pramissenstellung sowie der Prognoseprobleme im Steuerrechtsbereich nicht mehr realitatsnah einsetzbar ist.'^^ Zunachst einmal miisste bekannt sein, wie viele Teilperioden in die Betrachtung mit einzubeziehen sind. Dies setzt voraus, dass die gesamte Lebensdauer des Untemehmens im Vorhinein feststehen muss.'^^ Dariiber hinaus S. 109; Kruschwitz, L., Investitionsrechnung, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 2, 5. Auf!., Stuttgart 1993, Sp. 2022. Vgl. Wohe, G./ Bieg, H., Grundziige der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, 4. Aufl., Munchen 1995,8.351 f. Vgl. Kussmaul, H., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 4. Aufl., Munchen 2006, S. 143; Haberstock, L./ Breithecker, V., Einfiihrung in die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 13. Auf1., Hamburg 2005, S. 121 f; Wohe, G./ Bieg, H., Grundzuge der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, 4. Aufl., Munchen 1995, S. 351. Vgl. Schneeloch, D., Steuerbelastungsvergleich, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 3, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 4019 ff.; Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 79. ' Vgl. Wagner, F., Grundsatzliche Anmerkungen zu Irrtiimem und Mangeln steuerlicher Rechtsformvergleiche, DStR 1981, S. 244; Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 79; Hartmann, T., Steuergestaltung durch Verwendung hybrider Gesellschaften,
Kapitel II: Aufbau eines Entscheidunssmodells miissten
fiir
eine
korrekte
Berechnung
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Steuervorauszahlungen,
-abschlusszahlungen und -erstattungen bis zum Planungshorizont sowohl hinsichtlich ihrer Hohe als auch ihres genauen zeitlichen Anfalls vorausgesagt und in ein einheitliches Modell implementiert werden.'^^ Des Weiteren miissten auch samtliche VerauBerungsvorgange unter Vorhersage des exakten VerauBerungspreises und des VerauBerungszeitpunkts mitberiicksichtigt werden. Auch die wirtschaftliche Entwicklung des Untemehmens miisste prognostiziert werden. AnschlieBend ist der fiir die Barwertberechnung notwendige Kalkulationszinssatz zu bestimmen. Die dazu notwendigen vereinfachenden Annahmen ftihren zu einer Ungenauigkeit und Unbestimmtheit, welche die auf diese Weise gewonnenen Informationszuwachse revidieren oder zumindest einschranken.'^^ Fur eine exakte, mehrperiodige Planung stellt sich auch die Gefahr von Steuerrechtsanderungen als nur schwer zu losendes Problem und Hindemis dar. Aus diesen Grunden ist es fiir das hier vorliegende Entscheidungsmodell flir grenziiberschreitende Umstrukturierungen nicht sinnvoll, eine dynamische Betrachtung vorzunehmen. Im Rahmen des modularen Untersuchungsaufbaus wird folglich ftir jedes Modui die Methode des statischen Belastungsvergleichs angewendet, so dass von einer mehrperiodischen Betrachtung Abstand genommen wird. Im Rahmen der Quantifizierung der Steuerbelastung muss fur jedes Modul die Frage nach den zu berucksichtigenden Steuersatzen beantwortet werden. Hierbei ist zunachst darauf zu achten, jeweils von Kriterien auszugehen, die ftir alle Module gleichermaBen Gtiltigkeit besitzen. Dariiber hinaus gilt es, bei variablen bzw. einkommensabhangigen Steuersatzen denjenigen Steuersatz zu bestimmen, der aus den Modellannahmen heraus eine zuverlassige Ubertragbarkeit der Ergebnisse in die Realitat gewahrleistet.'^^ Da grenziiberschreitende Umstrukturierungen ublicherweise nur von Entscheidungs-
Hamburg 2000, S. 23, S. 58; Scherrer, G., Die Bestimmung der optimalen Gewinnausweisstrategie, ZfB 1973, S. 90 f.; Kruschwitz, L., Investitionsrechnung, 10. Aufl., Munchen 2005, S. 52 ff.; ders., Investitionsrechnung, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 2, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 2026 ff. '^^ Vgl. Heigl, A./ Melcher, G.-H., Betriebliche Steuerpolitik, Koln 1974, S. 24; Bomer, D./ Krawitz, N., Steuerbilanzpolitik, Heme/Berlin 1977, S. 81; Breuer, W., Vollstandige Finanzplanung, WiSt 1995, S. 556; Wohe, Q.I Doring, U., Einfuhrung in die AUgemeine Betriebwirtschaftslehre, 22. Aufl., Munchen 2005, S. 620. '^^ Vgl. Hartmann, T., Steuergestaltung durch Verwendung hybrider Gesellschaften, Hamburg 2000, S. 23, S. 58 f.; Heinhold, M., Untemehmensbesteuerung, Bd. 3: Investition und Finanzierung, Stuttgart 1996, S. 18; Mertens, P., Ertragsteuerwirkungen auf die Investitionsfinanzierung - ihre Beriicksichtigung in der Investitionsrechnung, ZfhF 1962, S. 580 ff.; Siegel, T., Zur Zielfiinktion und Problemlosung bei der Ertragsteuerplanung, ZfB 1973, S. 269 ff. '^^ Vgl. Wohe, Q.I Bieg, H., Grundzuge der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, 4. Aufl., Munchen 1995, S. 356.
Kavitel II: Aufbau eines
Entscheidunssmodells
tragem mit hohem Einkommen veranlasst werden, ist die Verwendung des maximalen (Grenz-)Steuersatzes als sinnvoll und realitatskonform anzusehen.'^^ 7. Zusammenfassende Darstellung des Entscheidungsmodells Werden die oben getroffenen Aussagen, Voraussetzungen und Annahmen zusammengefasst, ergibt sich das heuristische Entscheidungsmodell fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen. Bei der Formulierung des Entscheidungsmodells wurde bewusst Wert auf eine ubersichtlich gegliederte und allgemeingiiltige Darstellung und Unterteilung gelegt, so dass es anwenderfreundlich ist und seine universale Einsetzbarkeit ermoglicht wird.
Vgl. Mellwig, W., Die Erfassung der Steuem in der Investitionsrechnung - Grundprobleme und Modellvarianten, WISU 1989, S. 41; Schneider, D., MeBkonzepte zur Steuerbelastung von Unternehmen, WiSt 1990, S. 497 f.; s. auch Loitlsberger, E., Grenzbetrachtungen in der Betriebswirtschaftslehre, in: Wittmann, W. (u.a.) (Hrsg.), Handworterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 1513.
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Kapitel II: Aufhau eines Entscheidun2smodells
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird der obigen Darstellungsform gefolgt, die einen ubersichtlicheren und systematischeren Aufbau ermoglicht als die Darstellungsweise anhand eines Entscheidungsfeldes. Das vorliegende Entscheidungsmodell lasst sich auf jedes beliebige auslandische Zielland anwenden und bietet einen heuristischen Wegweiser zum Erarbeiten der optimalen grenziiberschreitenden Umstrukturierungsaltemative. Um den praktischen Nutzen des Entscheidungsmodells aufzuzeigen, findet in den Kapiteln III und IV eine Konkretisierung statt. Dabei wird ausdriicklich Wert darauf gelegt, bei der Analyse der Umstrukturierungsaltemativen sowohl fiir den EUStaat als auch fur den Drittstaat allgemeingtiltige Aussagen erarbeiten zu konnen, die iiber den konkreten Anwendungsfall hinausgehend auf andere und im Idealfall auf samtliche Lander ubertragbar sind. Die gefundenen Ergebnisse und Erkenntnisse werden in dem abschliefienden Kapitel V zusammengefasst.
Kapitel III: Konkretisierun2 des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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III. Konkretisierung des Entscheidungsmodells anhand eines EUStaates (Osterreich) 1. Aufbau des Beschreibungsmodells 1.1 Analyse des deutschen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts 1.1.1 Grundlagen der Besteuerung in Deutschland In Deutschland unterliegen Kapitalgesellschaften gem. § 1 Abs. 1 KStG der unbeschrankten Korperschaftsteuerpflicht, wenn sie ihre Geschaftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben. Gem. § 7 Abs. 1, 2 KStG bemisst sich die Korperschaftsteuer nach dem zu versteuemden Einkommen gem. § 8 Abs. 1 KStG. Der Korperschaftsteuersatz betragt gem. § 23 Abs. 1 KStG einheitlich fiir thesaurierte und ausgeschiittete Gewinne 25 % des zu versteuemden Einkommens. Gem. §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Satz 1 SolZG wird auf die Korperschaftsteuer ein Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % erhoben. Da samtliche Kapitalgesellschaften gem. § 8 Abs. 2 KStG ausschliefilich Einkunfte aus Gewerbebetrieb erzielen, unterliegen sie gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG mit der Gewerbesteuer einer weiteren Ertragsteuer. Bemessungsgrundlage ftir die Gewerbesteuer ist gem. § 6 GewStG der Gewerbeertrag. Gem. § 7 Satz 1 GewStG ist der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Betrage. Gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist bei der Berechnung der Gewerbesteuer von einem Steuermessbetrag auszugehen. Dieser ist gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 GewStG durch Anwendung eines Hundertsatzes in Form einer Steuermesszahl auf den Gewerbeertrag zu ermitteln. Diese Steuermesszahl betragt gem. § 11 Abs. 2 Nr. 2 GewStG fiir samtliche Kapitalgesellschaften 5 %. Gem. § 16 Abs. 1 GewStG wird die Gewerbesteuer aufgrund des Steuermessbetrags mit einem Hundertsatz in Form eines Hebesatzes festgesetzt und erhoben, der von der hebeberechtigten Gemeinde gem. § 4 GewStG zu bestimmen ist. Im vorliegenden Entscheidungsmodell wurde ein durchschnittlicher Hebesatz von 420 % angenommen. Weil die Gewerbesteuer eine Objektsteuer ist und daher als Betriebsausgabe gem. § 4 Abs. 4 EStG auf Ebene der Korperschaftsteuer behandelt wird, mindert sie auch ihre eigene Bemessungsgrundlage, da der Gewerbesteuersatz auf den nach den Vorschriften des KStG ermittelten Gewinn aus dem Gewerbeertrag anzuwenden ist. Somit ergibt sich die folgende Belastung mit Gewerbesteuer fur eine inlandische Kapitalgesellschaft:
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Gewerbesteuersatz =
Messzahl x Hebesatz , . ^. ri—771:—:— = 1 + Messzahl x Hebesatz
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Im Ergebnis ist der Gewinn einer deutschen Kapitalgesellschaft bei einem Hebesatz von 420 % mit 17,36 % Gewerbesteuer zzgl. (100 % ./. 17,36 % =) 82,64 % x 25 % = 20,66 % Korperschaftsteuer zzgl. 20,66 % x 5,5 % = 1,14 % Solidaritatszuschlag belastet, was in der Summe einen Betrag von 39,16 % ergibt. Aufgrund des Trennungsprinzips erhoht sich steuerlich die Leistungsfahigkeit des Anteilseigners erst, wenn die auf Ebene der Kapitalgesellschaft erwirtschafteten Gewinne an ihn ausgeschuttet werden. Gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wird auf die Dividende Kapitalertragsteuer einbehalten, die gem. § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG 20 % des Kapitalertrags betragt. Schuldner der Kapitalertragsteuer ist gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG der Glaubiger der Kapitalertrage. Gem. § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG entsteht die Kapitalertragsteuer in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalertrage dem Glaubiger zuflieBen. Gem. § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG hat die auszahlende Kapitalgesellschaft den Abzug der Kapitalertragsteuer ftir Rechnung des Anteilseigners als Glaubiger der Kapitalertrage vorzunehmen. Gem. § 43 Abs. 1 Satz 3 EStG ist der Kapitalertragsteuer-Abzug ungeachtet der begiinstigenden Vorschriften durch das Halbeinkunfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 EStG, § 8b KStG in voller Hohe vorzunehmen. Gem. § 1 Abs. 1, Abs. 4, § 3 Abs. 1 Nr. 5, § 4 Satz 1 SolZG ist zusatzlich ein Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % auf die Kapitalertragsteuer zu entrichten, so dass der tatsachliche Steuerabzug i.H.v. 21,1 % vorgenommen werden muss. Ist der Empfanger der Dividenden eine natiirliche Person, erfolgt gem. § 3 Nr. 40 Bst. d EStG eine Freistellung der Halfte der Dividendenbezuge. Darunter sind die Bruttoeinnahmen zu verstehen, die die Nettoeinnahmen zzgl. der einbehaltenen Kapitalertragsteuer darstellen. Durch diese Begiinstigung im Rahmen des Halbeinkunfteverfahrens soil eine Gleichstellung der steuerlichen Belastung eines Anteilseigners einer Kapitalgesellschaft mit der eines Einzeluntemehmers erreicht werden. Die verbleibende Halfte ist dem Einkommensteuertarif zu unterwerfen, der gem. § 52 Abs. 41 UAbs. 1 Satz 2 EStG einen maximalen Steuersatz von 4 2 % aufweist. Gem. § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG wird die Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer angerechnet. Gleiches gilt gem. § 51a Abs. 1 EStG i.V.m. § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG auch ftir den Solidaritatszuschlag. Sollte der Anteilseigner die Anteile in einem Betriebsvermogen halten, unterliegt die Dividende gem. § 7 Satz 1 GewStG auch der Gewerbesteuer. Gem. § 8 Nr. 5 GewStG ist der nach § 3 Nr. 40 EStG auBer Ansatz bleibende Gewinnanteil dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzuzurechnen, wenn die Voraussetzungen ftir das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg gem. § 9
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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Nr. 2a, 7 GewStG nicht erfiillt sind. Die Kiirzung wird insbesondere nur dann gewahrt, wenn eine mindestens 10%ige Beteiligung an der Kapitalgesellschaft vorliegt. Kann das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg nicht erfiillt werden und entsteht somit bezuglich der Dividendenausschiittung Gewerbesteuerpflicht, kann gem. § 35 EStO eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer in Hohe des l,8fachen des Gewerbesteuer-Messbetrags vorgenommen werden. 1st der Empfanger der Dividenden eine Kapitalgesellschaft, erfolgt gem. § 8b Abs. 1 KStG eine Freistellung der Dividendenbeziige.'^' Diese Freistellung ist als sachlogische Konsequenz des Halbeinkunfteverfahrens anzusehen, da auf diese Weise eine Kumulation von Korperschaftsteuer bei Ausschiittungen innerhalb eines Konzem vermieden wird, die sonst zu einer stufenweisen Aufzehrung der Dividende fuhren wiirde.'^^ Allerdings gelten gem. § 8b Abs. 5 KStG 5 % der Dividendenbeziige als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden durfen. Im Ergebnis sind damit nur 95 % der erhaltenen Ausschiittung als steuerfrei zu behandeln.'^^ Andererseits ist jedoch gem. § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG die Vorschrift des § 3c Abs. 1 EStG nicht anzuwenden, so dass samtliche Ausgaben, die mit den steuerfreien Einnahmen in Zusammenhang stehen, steuerlich abzugsfahig sind.'^"^ Die 95 %ige Steuerft'eiheit hat iiber
Vgl. hierzu Schmidt, L./ Hageboke, J., Auslandsverschmelzungen im AuBensteuerrecht, IStR 2001, S. 699; Dotsch, E./ Pung, A., § 8b Abs. 1 bis 6 KStG: Das Einfuhrungsschreiben des Bundesfmanzministeriums, DB 2003, S. 1016 ff. Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 294 f.; Bergemann, A., Untemehmenssteuerreform 2001: Schwerpunkte des Steuersenkungsgesetzes, DStR 2000, S. 1413; Kessler, W./ Schmidt, W., Steuersenkungsgesetz: Umwandlung von Kapital- in Personengesellschaften: Vergleich der derzeitigen und zukiinftigen Steuerwirkungen im Griinderfall, DB 2000, S. 2032; Hild, D., Report zum Steuersenkungsgesetz, BB 2000, S. 1656; Rodder, T./ Schumacher, A., Untemehmenssteuerreform 2001 - Eine erste Analyse der Untemehmensbesteuerung aus Beratersicht, DStR 2000, S. 354; Pauka, D., Anderungen des Korperschaftsteuergesetzes und des Umwandlungssteuergesetzes durch das Steuersenkungsgesetz, NWB v. 16.10.2000, StSenkG, Each 4, S. 4379; Birk, D., Das Leistungsfahigkeitsprinzip in der Untemehmenssteuerreform, StuW 2000, S. 335; Crezelius, G., Dogmatische Gmndstrukturen der Untemehmenssteuerreform, DB 2001, S. 223; Kussmaul, H./ Beckmann, S., Die Dividendenbesteuemng im nationalen und intemationalen Kontext, StuB 2000, S. 612; Lishaut, I. van, Die Reform der Untemehmensbesteuemng aus Gesellschaftersicht, StuW 2000, S. 186; Miiller-Gatermann, G., Gmndentscheidungen der Untemehmenssteuerreform, Entlastungswirkungen und GegenfmanziemngsmaBnahmen, GmbHR 2000, S. 651; Neu, N., Neumann, K.I Neumayer, J., Steueroptimiemng nach der Unternehmenssteuerreform, EStB/GmbH-StB 2000, Sonderheft zum StSenkG, S. 5. Vgl. Blumers, W., Steuerplanungsiiberlegungen beim Kauf von auslandischen Untemehmen, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, S. 220. Vgl. Rodder, T./ Schumacher, A., Untemehmenssteuerfortentwicklungsgesetz: Wesentliche Andemngen des verkundeten Gesetzes gegenuber dem Regiemngsentwurf, DStR 2002, S. 108; Schaumburg, H., Steuerliche Gestaltungsziele in- und auslandischer Holdinggesellschaften, in: Schaumburg, H./ Piltz, D., Holdinggesellschaften im Intemationalen Steuerrecht, Koln 2002, S. 57.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
§ 7 GewStG auch fiir die Gewerbesteuer Gultigkeit.'^^ Allerdings ist emeut die Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG zu beachten, die eine Hinzurechnung des nach § 8b Abs. 1 KStG auBer Ansatz bleibenden Gewinnanteils zum Gewinn aus Gewerbebetrieb normiert, wenn die in § 9 Nr. 2a, 7 GewStG genannten Voraussetzungen des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs nicht gegeben sind. Bei der Besteuerung der VerauBerungsgewinne von Anteilen an Kapitalgesellschaften muss ebenfalls zwischen naturlichen Personen und Kapitalgesellschaften als Anteilseigner unterschieden werden. Bei natiirlichen Personen wird nach der Art des Vermogens, in dem die Beteiligungen gehalten werden, nach der Hohe der Beteiligung sowie der Dauer des Haltens der Beteiligung differenziert. Erzielt eine natiirliche Person einen Gewinn aus der VerauBerung von im Betriebsvermogen gehaltenen Kapitalgesellschaftsanteilen, die weniger als 100 % der Anteile an der Gesellschaft betragen, erhoht dieser den laufenden Gewinn des Untemehmens und unterliegt somit der Einkommensbesteuerung nach § 15 EStG. Es finden allerdings die Begtinstigungen des Halbeinkunfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40 Bst. a EStG Anwendung, so dass die Halfte des VerauBerungsgewinns steuerfrei bleibt. Einnahmen, die im Rahmen der VerauBerung des gesamten Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG auf Anteile an einer Kapitalgesellschaft entfallen, werden steuerlich gem. § 3 Nr. 40 Bst. b EStG ebenfalls nur zur Halfte beriicksichtigt. Dabei gilt gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb. Um Doppelbegiinstigungen nach § 34 EStG und § 3 Nr. 40 Bst. b EStG zu vermeiden, werden die VerauBerungsgewinne von Anteilen an Kapitalgesellschaften durch die Vorschrift des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG von den auBerordentlichen Einkunften ausgenommen.'^^ Der VerauBerungsgewinn unterliegt gem. R 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 13 GewStR unabhangig von der Beteiligungshohe Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 297 f.; Jesse, L., Dividenden- und Hinzurechnungsbesteuerung, in: Schaumburg, H./ Piltz, D., Holdinggesellschaften im Intemationalen Steuerrecht, Koln 2002, S. 117; Kohler, S., Untemehmenssteuerreform 2001: Auswirkungen des Steuersenkungsgesetzes auf deutsche Auslandsinvestitionen, DStR 2000, S. 1850; Grotherr, S., Anderungen bei der Besteuerung von Einkunften aus auslandischen Beteiligungen durch das Steuersenkungsgesetz, IWB v. 22.11.2000, Fach 3, Deutschland, Gruppe 1, S. 1702; Grotherr, S., Anderungen bei der Besteuerung der Inlandsbeziehungen von Steuerauslandem durch das Steuersenkungsgesetz, IWB v. 20.12.2000, Fach 3, Deutschland, Gruppe 1, S. 1725; Schiffers, J., Steuersenkungsgesetz: Steuerliche Rechtsformwahl und Rechtsformoptimierung, GmbHR 2000, S. 1008; Strunk, G., Mittelbare Beteiligung an der Kapitalgesellschaft uber eine Personengesellschaft?, BB 2001, S. 858; Schoss, N.-P., Betriebsstatte oder Tochtergesellschaft im Ausland, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, S. 63. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G./ Losel, C , Ertragsteuem, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 2006, S. 248; Funk, T., Untemehmensakquisitionen und -restrukturierungen nach dem Gesetz zur Fortentwicklung des Untemehmenssteuerrechts, BB 2002, S. 1236.
Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidunssmodells
anhand eines EU-Staates
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der Gewerbesteuer, wobei diese gem. § 35 EStG zum Teil auf die Einkommensteuer angerechnet werden kann. Gewinne aus dem Verkauf von im Privatvermogen gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften werden im Grundsatz nicht besteuert. AUerdings fmdet zum einen eine Besteuerung privater VerauBerungsgeschafte gem. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG statt, wenn die Wirtschaftsgiiter innerhalb eines Jahres nach deren Anschaffling wieder verauBert werden. Der Gewinn ist dem Halbeinkiinfteverfahren gem. § 3 Nr, 40 Bst. j EStG zu unterwerfen, so dass im Ergebnis eine Berucksichtigung zur Halfle erfolgt. Zum anderen unterliegen Gewinne aus der VerauBerung von im Privatvermogen gehaltenen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften gem. § 17 Abs. 1 EStG der Steuerpflicht, wenn der Anteilseigner zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der letzten fiinf Jahre vor dem Verkauf zu mindestens 1 % an der Gesellschaft beteiligt war. Der Gewinn unterliegt gem. § 3 Nr. 40 Bst. c EStG der Besteuerung nach dem Halbeinkiinfteverfahren. Gem. § 23 Abs. 2 Satz 2 EStG ist fiir den Fall, dass die Voraussetzungen des § 17 und des § 23 EStG gleichzeitig vorliegen, § 23 EStG vorrangig anzuwenden. Fiir naturliche Personen lasst sich die steuerliche Behandlung der VerauBerungsgewinne von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen wie folgt zusammenfassend darstellen:'^^ Beteiligung an der Kapitalgesellschaft VerftuBerung der Anteile im Betriebsverin5gen VerftuBerung der Anteile im Privatverm5gen
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1 % ^ X < 100 %
Halbeinkiinfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 Bst. a EStG Nicht steuerpflichtig
100 % Halbeinkiinfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 Bst. b i.V.m. § 16 EStG
Halbeinkiinfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 Bst. c i.V.m. § 17 Abs. 1 EStG
Halbeinkiinfteverfahren bei VerauBerung innerhalb eines Jahres, § 3 Nr. 40 Bst. j i.V.m. § 23 EStG ^ ^ _ J
Abbildung 15: Ubersicht VerauBerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch naturliche Personen in Deutschland
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass VerauBerungsgewinne natiirlicher Personen aus Kapitalgesellschaftsbeteiligungen fiir den Fall, dass die Ubertragung steuerpflichtig ist, immer der Besteuerung im Rahmen des Halbeinkiinfteverfahrens unterliegen. Gem. § 3c Abs. 2 EStG diirfen Betriebsausgaben und Werbungskosten, die im Zusammenhang mit Einkiinflen stehen, die durch das Halbeinkiinfteverfahren beguns-
Vgl. Djanani, C.I Brahler, G.I Losel, C , Ertragsteuem, 2. Aufl., Frankftirt a.M. 2006, S. 250.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
tigt sind, unabhangig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Einkiinfte anfallen, nur zur Halfte abgezogen werden. Fiir Kapitalgesellschaften als Anteilseigner bestimmt § 8b Abs. 2 KStG, dass der VerauBerungsgewinn steuerlich auBer Ansatz bleibt. Die Steuerfreiheit bezieht sich dabei auf die VerauBerung von Anteilen sowohl an inlandischen als auch an auslandischen Kapitalgesellschaften, wobei weder Mindestbeteiligungsquoten noch Mindestbesitzzeiten bestehen.'^^ Allerdings gelten gem. § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG 5 % des steuerfreien VerauBerungsgewinns als nichtabzugsfahige Betriebsausgaben, so dass im Ergebnis nur 95 % des VerauBerungsgewinns als steuerfrei behandelt werden. Da das Gewerbesteuergesetz im Gegensatz zu den Dividendenausschlittungen keine Hinzurechnungsvorschrift bestimmt, ist auch fur gewerbesteuerliche Zwecke gem. § 7 Satz 1 GewStG von einer 95 %igen Freistellung auszugehen.^^^ Im Ergebnis lasst sich feststellen, dass die Besteuerung der Gewinne aus der VerauBerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die naturliche Personen und Kapitalgesellschaften erzielen, der jeweiligen Besteuerung der Dividendenbezuge entspricht.
1.1.2 Umstrukturierungen innerhalb von Deutschland Das deutsche Umwandlungsgesetz (UmwG) und das
Umwandlungssteuergesetz
(UmwStG) haben die Aufgabe und das Ziel, Umwandlungsvorgange zu vereinfachen und steuerliche Hindemisse bei der Umstrukturierung von Untemehmen abzuschaffen.'*^^ Dabei stehen d\Q beiden Gesetze in einer engen Verbindung zueinander. So bestimmt § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwStG, dass der zweite bis siebte Teil des UmwStG nur fiir Umwandlungen im Sinne des UmwG gilt. Mit Ausnahme der im achten und neunten Teil des UmwStG geregelten Einbringung bildet somit das UmwG die zivilrechtliche Grundlage fiir Umstrukturierungen im Sinne des UmwStG.'^' Der Vorteil des UmwG ist dabei darin zu sehen, dass Umstrukturierungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durchgefiihrt werden konnen, was eine Ausnahme von dem Grundsatz darstellt, dass Vermogensgegenstande und Verbindlichkeiten im Wege der Einzelrechtsnachfolge ubertragen werden miissen. Auf diese Weise wird ein erheblicher administrativer Aufwand, der in der Durchfiihrung zahlreicher Einzelschritte sowie der Vgl. Djanani, C.I Brahler, G./ Lose!, C, Ertragsteuem, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 2006, S. 253; s. auch FSrster, G., Steuerfreie VerauBerung von Auslandsbeteiligungen nach § 8b KStG, DB 1994, S. 385 ff Vgl. Kroner, I., in: Ernst & Young (Hrsg.), Korperschaftsteuergesetz Kommentar, 49. Erg.Lief, Bonn 2006, § 8b KStG, Rz. 130. Vgl. BT-Drucks. 12/6699 v. 01.02.1994, S. 71; BT-Drucks. 12/6885 v. 24.02.1994, S. 1. Vgl. Djanani, C.I Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 7.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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Zustimmungsbedurftigkeit der Ubertragung von Verbindlichkeiten durch die Glaubiger besteht, vermieden. Dariiber hinaus erloschen die ubertragenden Rechtstrager im Fall der Verschmelzung und Aufspaltung ohne die Notwendigkeit einer zeit- und kostenintensiven Liquidation (§§20 Abs. 1 Nr. 2, 36 Abs. 1 Satz 1, 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG).'^^ Trotz der Regelungsnahe von UmwG und UmwStG sind die beiden Gesetzeswerke nicht vollstandig aufeinander abgestimmt. Insbesondere Umwandlungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge werden im UmwG nicht behandelt.'^^ Das UmwStG lasst dagegen neben Umstrukturierungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit dem ausschlieBlich im Steuerrecht begriindeten Rechtsinstitut der Einbringung auch Vermogensiibertragungen zu, die im Wege der Einzelrechtsnachfolge durchgefuhrt werden konnen. In diesen Fallen muss das UmwStG auf zivilrechtliche Vorschriften zuriickgreifen, die nicht im UmwG, sondem in anderen Gesetzen kodifiziert sind. Dabei sind folgende Moglichkeiten zu nennen: - Sacheinlage i.S.d. § 5 Abs. 4 GmbHG bzw. § 27 AktG bei der Griindung einer Kapitalgesellschaft, - Sacheinlage im Rahmen einer Kapitalerhohung bei einer bestehenden Kapitalgesellschaft i.S.d. § 56 GmbHG bzw. §§ 183, 194, 205 AktG, - Anwachsung i.S.d. § 738 BGB bzw. § 142 HGB. Des Weiteren werden vom UmwStG nicht samtliche im UmwG kodifizierten Umwandlungsarten erfasst, so dass das UmwStG lediglich eine Teilmenge der Umstrukturierungsmoglichkeiten des UmwG beinhaltet. So ist die Spaltung von Personengesellschaften beispielsweise ausschlieBlich im UmwG, nicht aber im UmwStG geregelt.'^'*
'^^ Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 7. '^^ Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 19. '^"^ Vgl. Djanani, CJ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 20.
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1.1.2.1 Umwandlungsmoglichkeiten nach dem Umwandlungsgesetz Gem. § 1 Abs. 1 UmwG konnen ausschlieBlich Rechtstrager mit Sitz im Inland umgewandelt werden.'^^ Die nach dem Umwandlungsgesetz moglichen Umwandlungsarten gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 UmwG werden in der folgenden Ubersicht zusammenfassend dargestellt:
Vgl. hierzu Schaumburg, H., Grenzuberschreitende Umwandlungen (I), GmbHR 1996, S. 502; ders., Grenzuberschreitende Umwandlungen (II), GmbHR 1996, S. 585; ders.. Das Internationale Umwandlungssteuerrecht in der Untemehmenssteuerreform, in: Wassermeyer, F./ Mayer, D./ Rieger, N. (Hrsg.), Umwandlungen im Zivil- und Steuerrecht, Bonn 2000, S. 521; ders., Grundlagen des intemationalen Umwandlungssteuerrechts, in: Schaumburg, H./ Piltz, D. (Hrsg.), Internationales Umwandlungssteuerrecht, Koln 1997, S. 6; Kusserow, B./ Priim, T., Die Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen mit Auslandsbezug, WM 2005, S. 633; Streck, M./ Mack, A./ Schwedhelm, R., Verschmelzung und Formwechsel nach dem neuen Umwandlungsgesetz, GmbHR 1995, S. 161; Fey, A., Probleme der Spaltung von Kapitalgesellschaften mit Auslandsberiihrung, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, S. 266; Lennerz, U., Die intemationale Verschmelzung und Spaltung unter Beteiligung deutscher Gesellschaften, Koln 2001, S. 64 ff.; Thommes, O., Besteuerung, in: Theisen, M.I Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 536; Griemla, S., Grenzuberschreitende Verschmelzung von doppelt ansassigen Kapitalgesellschaften im Ertragsteuerrecht, Koln 2003, S. 31 ff.; Neye, H.-W., Das neue Umwandlungsrecht vor der Verabschiedung im Bundestag, ZIP 1994, S. 919; Mossner, J., Grundprobleme intemationaler Umwandlungen dargestellt am Formwechsel einer GmbH mit auslandischen Gesellschaftem, in: Kleineidam, H.-J. (Hrsg.), Untemehmenspolitik und intemationale Besteuerung, Festschrift fiir Lutz Fischer, Berlin 1999, S. 796; Busekist, P. von, „Umwandlung" einer GmbH in eine im Inland ansassige EUKapitalgesellschaft am Beispiel der englischen Ltd. Moglichkeiten und Gestaltungen in gesellschafts- und steuerrechtlicher Sicht, GmbHR 2004, S. 651; Louven, C. (u.a.), Optionen grenziiberschreitender Verschmelzungen innerhalb der EU - gesellschafts- und steuerrechtliche Gmndlagen, BB 2006, S. 2; Blumers, W./ Kinzl, U.-P., Die Societas Europaea zwischen UmwG, UmwStG und den Gmndfreiheiten, AG 2005, S. 196; Brinkmann, J., Der EinfluB des Europaischen Rechts auf die Untemehmensbesteuemng, Baden-Baden 1996, S. 162.
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Umwandlungsarten nach dem Umwandlungsgesetz Verschmelzung (2. Buch, §§ 1-122 UmwG) Verschmelzung durch Aufnahme Verschmelzung durch Neugrundung Spaltung (3. Buch, §§ 123-173 UmwG) Aufspaltung (zur Aufnahme und Neugrundung) Abspaltung (zur Aufnahme und Neugrundung) Ausgliederung (zur Aufnahme und Neugrundung) Verm5gensabertragung (4. Buch, §§ 174-189 UmwG) Formwechsel (5. Buch, §§ 190-304 UmwG) von Personen- und Partnerschaftsgesellschaften von Kapitalgesellschaften Abbildung 16: Umwandlungsarten nach dem Umwandlungsgesetz Diese Aufzahlung in § 1 Abs. 1 Umv^G ist als abschlieBend anzusehen, so dass eine analoge Anw^endung der Regelungen des UmwG auf im UmwG nicht explizit geregelte Sachverhalte nicht moglich ist.'^^
'^^ Vgl. BT-Drucks. 12/6699 v. 01.02.1994, S. 80.; Schwarz, H.-D., Das neue Umwandlungsrecht, DStR 1994, S. 1697 f; Dorr, R./ Stukenborg, G., „Going to the Chapel": Grenzuberschreitende Ehen im Gesell-schaftsrecht - Die ersten transnationalen Verschmelzungen nach dem UmwG (1994), DB 2003, S. 649; Dremel, R., Ertragsteuerliche Folgen inlandischer Verschmelzungen von Gesellschaften mit Auslandsbezug, Koln 2000, S. 20.
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1.1.2.1.1 Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz Im Rahmen einer Verschmelzung, die im zweiten Buch des UmwG in den §§2-122 UmwG geregelt ist, geht das Vermogen des iibertragenden Rechtstragers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den iibemehmenden Rechtstrager iiber. Gem. § 2 UmwG ist es dabei moglich, dass der ubemehmende Rechtstrager bereits vor der Umstrukturierung bestanden hat (Verschmelzung durch Aufnahme gem. §§ 4-35 UmwG) oder neu gegrundet wurde (Verschmelzung durch Neugrundung gem. §§4-35 UmwG). Der Ubertragende Rechtstrager wird ohne die Notwendigkeit der Durchfuhrung einer Liquidation durch Loschung im jeweiligen Register aufgelost. Die Anteilseigner des iibertragenden Rechtstragers erhalten als Gegenleistung Anteile der ubemehmenden Kapitalgesellschaft, so dass auf Gesellschafterebene ein Tausch der Anteile vorliegt.
Ubertragende Kapitalgesellschaft
Ubertragung . des Vermogens als Ganzes W
Obemehmende Kapitalgesellschaft
1
Tausch V/ der Anteile A\
Gegenleistung ^orm von Anteilen »" I
^
1
Anteilseigner
Anteilseigner
Abbildung 17: Darstellung Verschmelzung nach dem UmwG Besteht zwischen der iibertragenden und der iibemehmenden Kapitalgesellschaft kein Beteiligungsverhaltnis, muss eine Kapitalerhohung bei der iibemehmenden Kapitalgesellschaft zur Schafftmg der als Gegenleistung zu gewahrenden Anteile vorgenommen werden, da gem. § 71 Abs. 2 Satz 1 AktG, § 33 Abs. 2 GmbHG das Halten eigener Anteile beschrankt ist. Die Kapitalerhohung muss gem. § 182 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG mit einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen der Altgesellschafter beschlossen werden. Gem. §§ 53, 66 UmwG darf die Verschmelzung in das zustandige Handelsregister des Sitzes der iibemehmenden Kapitalgesellschaft gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 UmwG erst eingetragen werden, nachdem auch die Kapitalerhohung im gleichen Handelsregister gem. § 184 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 54 Abs. 1 GmbHG eingetragen wurde.
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Im Ergebnis fuhrt die Verschmelzung von zwei Kapitalgesellschaften zu einer Zusammenfiihrung des gesamten Vermogens beider Gesellschaften in einer Gesellschaft und bewirkt hierdurch eine Konzentration innerhalb von Konzemstrukturen.'^^
1.1.2.1.2 Spaltung nach dem Umwandlungsgesetz Die Spaltung ist im dritten Buch des UmwG in §§ 123-173 kodifiziert und stellt das Gegenstiick zur Verschmelzung dar.'^^ Die Spaltung kann sowohl als Spaltung zur Aufnahme (§§ 126-134 UmwG) auf einen bestehenden Rechtstrager als auch als Spaltung zur Neugriindung (§§ 135-137 UmwG) auf einen neu zu griindenden Rechtstrager durchgeflihrt werden. Die Vermogensubertragung erfolgt dabei im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge, da bei der Spaltung im Gegensatz zur Verschmelzung nicht das gesamte Vermogen des iibertragenden Rechtstragers auf einen iibemehmenden Rechtstrager iiberfiihrt wird.'^^ Die Spaltung kann in den unterschiedlichen Formen der Aufspaltung, der Abspaltung sowie der Ausgliederung auftreten.^^^ Bei der Aufspaltung, die im Wege der Aufspaltung zur Aufnahme oder zur Neugriindung durchgeflihrt werden kann, geht das gesamte Vermogen auf zwei oder mehrere iibemehmende, bereits bestehende oder neu zu griindende Rechtstrager im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge iiber. Der iibertragende Rechtstrager wird dabei ohne formelle Abwicklung aufgelost, so dass es einer Loschung nicht bedarf (§131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Die Anteilseigner des iibertragenden Rechtstragers erhalten als Gegenleistung fiir die gesamte Vermogensubertragung Anteile an den iibemehmenden Rechtstragem (§131 Abs. 1 Nr. 3 UmwG). Im Gegensatz dazu bleibt bei der Abspaltung der iibertragende Rechtstrager bestehen, so dass nur ein Teil seines Vermogens auf mindestens einen bereits bestehenden oder neu zu griindenden Rechtstrager iibergeht. Die Anteilseigner des iibertragenden Rechtstragers erhalten als Gegenleistung fiir die teilweise Vermogensiibertragung Anteile an dem bzw. den iibemehmenden Rechtstragem (§131 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 UmwG).
Vgl. Herzig, N,, Veranderungen von Beteiligungsstrukturen im Konzem durch Umwandlung, Einbringung und VerauBerung, in: Schaumburg, H. (Hrsg.), Steuerrecht und steuerorientierte Gestaltungen im Konzem, Koln 1998, S. 97; Herzig, N./ Forster, G., Steuemeutrale Umstrukturierung von Konzemen, StuW 1998, S. 103; Herzig, N./ Momen, L., Die Spaltung von Kapitalgesellschaften im neuen Umwandlungssteuergesetz (Teil I), DB 1994, S. 2157. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 11; Kallmeyer, H., Die Reform des Umwandlungsrechts, DB 1993, S. 367; Muller-Gatermann, G., Die Reform des Umwandlungssteuerrechts, Die Wirtschaftspriifung 1993, S. 724. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 12. Vgl. Krebs, H.-J., Anderungen des Umwandlungssteuerrechts, BB 1994, S. 2116; Luttge, J., Das neue Umwandlungs- und Umwandlungssteuerrecht, NJW 1995, S. 421.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
1 Ubertragende Kapitalgesellschaft
Abspaltung eines Teilbetriebs
Ubemehmende Kapitalgesellschaft
w Gegenleistung in I^orm von Anteilen
^
Anteilseigner
Abbildung 18: Darstellung Abspaltung nach dem UmwG Die Ausgliederung gleicht der Abspaltung mit dem einzigen Unterschied, dass nicht die Anteilseigner des iibertragenden Rechtstragers die Gegenleistung in Form von Anteilen am (ibemehmenden Rechtstrager erhalten, sondem der ubertragende Rechtstrager selbst (§131 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 UmwG). Dieser bedeutsame Unterschied wird durch den Vergleich der vorhergehenden mit der folgenden Abbildung verdeutlicht:
[ Obertragende Kapitalgesellschaft
Abspaltung eines Teilbetriebs W
Gegenleistung in Form von Anteilen ^
^
-
Ubemehmende Kapitalgesellschaft
^
^
-
Anteilseigner
Abbildung 19: Darstellung Ausgliederung nach dem UmwG Von der Ausgliederung bleiben die Vermogensrechte der Anteilseigner der iibertragenden Kapitalgesellschaft somit vollkommen unbertihrt. Die Ausgliederung wird steuerlich als Einbringung behandelt. Da im vorliegenden Modell davon ausgegangen wird, dass kein Beteiligungsverhaltnis zwischen den Kapitalgesellschaften besteht, muss eine Kapitalerhohung bei der oder den ubemehmenden Kapitalgesellschaften durchgeftihrt werden. Hierbei gelten fiir die Spaltung gem. § 125 UmwG prinzipiell dieselben Regelungen wie ftir die Verschmel-
Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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zung. Allerdings kann es auch zu Kapitalveranderungen auf Ebene der iibertragenden Kapitalgesellschaft kommen, wenn das nach einer Abspaltung verbleibende Vermogen nicht mehr zur Deckung des bisherigen Nennkapitals ausreicht.^^' Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Buchwert des ubertragenen Aktivvermogens hoher ist als der Buchwert des ubertragenen Passivvermogens. Es ist folglich eine Kapitalherabsetzung vorzunehmen, welche gem. §§139 Satz 1, 145 Satz 1 UmwG in vereinfachter Form gem. §§ 229-236 AktG, §§ 58a-58f GmbH erfolgen kann. Gem. § 126 Abs. 1 Nr. 10 UmwG mussen im Fall der Auf- und Abspaltung im Spaltungsvertrag Angaben zur Aufteilung der Anteile jedes der beteiligten Rechtstrager auf die Anteilsinhaber des iibertragenden Rechtstragers sowie zum MaBstab der Aufteilung gemacht werden. Fur die Aufteilung der Anteile stehen zwei verschiedene Moglichkeiten bereit.^^^ Diese sind zum einen die verhaltniswahrende Spaltung, bei der die Anteile an den ubemehmenden Kapitalgesellschaften im Verhaltnis der bisherigen Beteiligungen an der iibertragenden Kapitalgesellschaft aufgeteilt werden. Zum anderen ist auch gem. § 128 UmwG eine nicht-verhaltniswahrende Spaltung zulassig, bei der die Aufteilung der Anteile an den iibemehmenden Kapitalgesellschaften nicht dem Verhaltnis der bisherigen Beteiligungen entspricht sondem beliebig gestaltet werden kann. Auf diese Weise ist eine Trennung von Gesellschaftergruppen oder Familienstammen im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge moglich.^"^ Der Spaltungsvertrag wird gem. § 128 UmwG im Fall einer nicht-verhaltniswahrenden Spaltung jedoch nur dann wirksam, wenn ihm alle Anteilsinhaber des iibertragenden Rechtstragers zustimmen. Die Angaben nach § 126 Abs. 1 Nr. 10 UmwG enibrigen sich im Fall der Ausgliederung, da die Anteile an den iibemehmenden Kapitalgesellschaften der iibertragenden Gesellschaft selbst gewahrt werden.^^"^
1.1.2.1.3 Vermogensubertragung nach dem Umwandlungsgesetz Die im vierten Buch in §§ 174-189 UmwG geregelte Vermogensiibertragung kann gem. § 175 UmwG zwischen Versicherungsuntemehmen oder von einer Kapitalgesellschaft auf die offentliche Hand stattfmden, wobei sie entweder als Vollubertragung gem. § 176 UmwG oder als Teiltibertragung gem. § 177 UmwG ausgestaltet sein kann. ^'^' Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 295. ^^^ Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 293; Geek, R., Die Spaltung von Untemehmen nach dem neuen Umwandlungsrecht, DStR 1995, S. 420. ^'^ Vgl. BT-Drucks. 12/6699 v. 01.02.1994, S. 120. ^"'* Vgl. Schmitt, J./ Hortnagl, R., Stratz, R.-C, Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl., Munchen 2006, § 126 UmwG, Rdz. 101; Djanani, C.I Brahler, G,, Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 294.
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Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Aufgrund der Einschrankung der beteiligten Rechtstrager ist die Vermogensubertragung fur das vorliegende Entscheidungsmodell ohne Relevanz.
1.1.2.1.4 Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz Der Formwechsel unterscheidet sich von der Verschmelzung, der Spaltung und der Vermogensubertragung dadurch, dass keine Rechte an Vermogensgegenstanden bzw. Anteilen iibertragen werden. Im Rahmen eines Formwechsels andert der umzustrukturierende Rechtstrager sein Rechtskleid unter Wahrung seiner wirtschaftHchen Identitat.^^^ An den Beteiligungsverhaltnissen durfen keine Anderungen vorgenommen werden.^^^ Aufgrund der fehlenden Ubertragung von Vermogensrechten wird der Formwechsel im weiteren Verlauf nicht weiter behandelt.
1.1.2.2 Umwandlungsmoglichkeiten nach dem Umwandlungssteuergesetz Das Umwandlungssteuergesetz ist in zwolf Teile gegliedert, die in der folgenden Ubersicht zusammengefasst werden.^^^
'"' Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 17; Dierichs, T./ Meichelbeck, H., Auswirkungen der Reform des Umwandlungsrechts und des Umwandlungssteuerrechts auf die Beratungspraxis, BuW 1995, S. 42. ^°' Vgl. BT-Drucks. 12/6699 v. 01.02.1994, S. 136. ^^^ Vgl. auch Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 19.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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Umwandlungsarten nach dem Umwandlungssteuergesetz 1. Teil, §§ 1-2. Allgemeine Vorschriften 2. Teil, §§ 3-10. Vermogensiibergang auf eine PersGes oder naturliche Person 3. Teil, §§ 11-13. Verschmelzung auf eine andere Korperschaft 4. Teil, § 14. Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft 5. Teil, §§ 15-16. Aufspaltung, Abspaltung und Vermogensiibertragung 6. Teil, § 17. Barabfindung eines Minderheitsgesellschafters (aufgehoben) 7. Teil, §§ 18-19. Gewerbesteuer 8. Teil, §§ 20-23. Einbringung in eine Kapitalgesellschaft 9. Teil, § 24. Einbringung in eine Personengesellschaft 10. Teil, § 25. Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft 11. Teil, § 26. Verhinderung von Missbrauchen 12. Teil, §§ 27-28. Ubergangs-, Schluss- und Ermachtigungsvorschriften Abbildung 20: Umwandlungsarten nach dem Umwandlungssteuergesetz Im Rahmen der Umwandlungsmoglichkeiten nach dem UmwStG muss zwischen Umwandlungen, die auf das UmwG direkten Bezug nehmen, und Umwandlungen, die das UmwStG unmittelbar selbst ermoglicht, unterschieden werden. Aus diesem Grund ergibt sich eine Unterscheidung in Umwandlungsmoglichkeiten nach dem zweiten bis siebten Teil des UmwStG und Umwandlungen nach dem achten bis zehnten Teils des UmwStG.
1.1.2.2.1
Umwandlungen nach dem zweiten bis siebten Tell des UmwStG
Die fur das Entscheidungsmodell relevanten Umwandlungen nach dem zweiten bis siebten Teil des UmwStG sind die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften sowie die Abspaltung und die Aufspaltung. Gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwStG gilt der zweite bis siebte Teil nur fiir Umwandlungen i.S.d. § 1 UmwG. Da auslandische Rechtstrager in
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
§ 1 UmwG nicht als beteiligte Rechtstrager genannt sind, werden grenziiberschreitende Verschmelzungen und Spaltungen nicht durch das UmwStG begunstigt.^^^ Dies wird explizit durch § 1 Abs. 5 UmwStG bestimmt, nach dem der zweite bis siebte Teil nur fiir Korperschaften anwendbar ist, die nach § 1 KStG unbeschrankt korperschaftsteuerpflichtig sind.
1.1.2.2.1.1
Verschmelzung von Kapitalgesellschaften
Im Rahmen der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften bestimmt § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG, dass in der steuerlichen Schlussbilanz fiir das letzte Wirtschaftsjahr der iibertragenden Kapitalgesellschaft die iibergehenden Wirtschaftsgiiter mit dem Wert angesetzt werden konnen, der sich nach den steuerlichen Vorschriften iiber die Gewinnermittlung ergibt, soweit sichergestellt ist, dass die in dem iibergehenden Vermogen enthaltenen stillen Reserven spater bei der (ibemehmenden Kapitalgesellschaft der Korperschaftsteuer unterliegen und eine Gegenleistung nicht gewahrt wird oder in Gesellschaftsrechten besteht. Gem. § 11 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 UmwStG ist der Ansatz eines hoheren Werts zulassig, wobei die Teilwerte allerdings nicht iiberschritten werden dlirfen. Im Ergebnis ist eine steuerlich erfolgsneutrale Umwandlung durch die Moglichkeit des Buchwertansatzes der iibertragenden Kapitalgesellschaft durchfiihrbar. Auf diese Weise entsteht kein Ubertragungsgewinn, der bei dem iibertragenden Rechtstrager zu einer ungemilderten Besteuerung ftihren wiirde."^^^ Wird allerdings eine Gegenleistung gewahrt, die nicht in Gesellschaftsrechten besteht, kann insoweit das Bewertungswahlrecht nicht ausgeubt werden. Dies ist dann gegeben, wenn die iibemehmende Kapitalgesellschaft bare Zuzahlungen i.S.d. § 15 UmwG an die Anteilseigner der ubertragenden Kapitalgesellschaft gewahrt oder widersprechende Gesellschafter gem. § 29 UmwG bar abgeftanden werden. In diesen Fallen bestimmt § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG die steuerpflichtige anteilsmaBige Aufdeckung der auf Ebene Vgl. Schwarz, H.-D., Das neue Umwandlungsrecht, DStR 1994, S. 1698; Dehmer, H., Das Umwandlungssteuergesetz 1994 (Teil I), DStR 1994, S, 1714; ders.. Das Umwandlungssteuergesetz 1994 (Teil II), DStR 1994, S. 1755; Streck, M./ Posdziech, O., Verschmelzung und Formwechsel nach dem neuen Umwand-lungssteuergesetz (I), GmbHR 1995, S. 272; Oppermann, R., Das geanderte Umwandlungssteuergesetz - Neue Regeln und Erleichterungen, BuW 1994, S. 776; Mentel, T., Verschmelzung oder Vermogensiibertragung auf eine andere Korperschaft (Tz. 11.01 - 13.10), in: Bien, R. (u.a.) (Hrsg.), Kritische Anmerkungen zum UmwandlungssteuererlaB des BMP vom 25.3.1998, DStR 1998, Beilage zu Heft 17/1998, S. 23 f.; Thiel, J./ Eversberg, H./ Lishaut, I. van/ Neumann, S., Der Umwandlungssteuer-ErlaB 1998, GmbHR 1998, S. 418. Vgl. hierzu ausfiihrlich Djanani, CI Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 177 ff.; Knopf, R./ Soffmg, A., Einzelaspekte zur Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Per-sonengesellschaft nach neuem UmwStG, BB 1995, S. 851; o.V., Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, b&b 1995, S. 198; Klingebiel, J. (u.a.), Umwandlungssteuerrecht, Stuttgart 2004, S. 31.
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der Gesellschaft verhafteten stillen Reserven, da nur Vermogensubertragungen steuerlich privilegiert werden sollen, bei denen der Charakter der Untemehmensumstrukturierung im Vordergrund steht.^^^ Die ubemehmende Kapitalgesellschaft muss gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG i.V.m. § 4 Abs. 1 UmwStG die auf sie ubergegangenen Wirtschaftsgiiter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der ubertragenden Korperschaft enthaltenen Wert iibemehmen. Durch diese zwingende Wertverkniipfung zwischen dem Ansatz in der steuerlichen Schlussbilanz der Ubertragerin und dem Ansatz in der Steuerbilanz der Ubemehmerin ist eine zukiinftige Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt. Wird der Ansatz der Wirtschaftsgiiter mit dem Buchwert gewahlt, kann die Verschmelzung ertragsteuemeutral durchgefiihrt werden. Der Preis fiir den Besteuerungsaufschub der stillen Reserven im Fall der Buchwertfortfuhrung liegt allerdings darin, dass sich die stillen Reserven im Zeitablauf durch das geringere Abschreibungspotential und hohere VerauBerungsgewinne wieder auflosen. Im Ergebnis erzielt der Steuerpflichtige keine materiellen Vorteile aus der Buchwertfortfuhrung, sondem lediglich einen Zinsvorteil, der in der zeithch hinausgeschobenen Versteuerung der stillen Reserven begrlindet ist. Trotz Fortfuhrung der Buchwerte kann allerdings im Fall des Bestehens eines gegenseitigen Beteiligungsverhaltnisses ein Ubernahmegewinn oder Ubernahmeverlust entstehen in Hohe des Unterschieds zwischen dem Buchwert der Anteile und dem Wert, mit dem die ubergegangenen Wirtschaftsgiiter zu ubernehmen sind. Dieses Ubemahmeergebnis bleibt allerdings gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG auBer Ansatz. Diese Behandlung ist sachlogisch, da der Ubernahmegewinn bei Buchwertansatz der ubergehenden Wirtschaftsgiiter lediglich die Gewinnriicklagen der ubertragenden Kapitalgesellschaft umfasst, die im Rahmen der Verschmelzung von zwei Kapitalgesellschaften nicht die Ebene der intransparenten Besteuerung verlassen.^^' Allerdings besteht diesbezuglich eine Ungleichbehandlung zwischen der Besteuerung des Ubemahmegewinns bei Verschmelzung von Kapitalgesellschaften und der Besteuerung von Dividendenausschiittungen zwischen Kapitalgesellschaften, da der Ubernahmegewinn zur Ganze, die Dividendenausschuttung jedoch nur zu 95 % steuerfrei bleibt. Diese Differenzierung ist m.E. nicht sachgerecht, da der Ubernahmegewinn insbesondere bei Griindungsgesell-
-'^ Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 174; Buhler, C , Die grenziiberschreitende Fusion von Kapitalgesellschaften in der Europaischen Union, Zurich 2000, S. 324. ^" Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 93 ff.; Thiel, J., Wege aus der Kapitalgesellschaft - Gestaltungsmoglichkeiten und Zweifelsfragen, DB 1995, S. 1198; o.V., Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, b&b 1995, S. 198.
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schaftem exakt den Gewinnriicklagen entspricht, so dass eine steuerlich ungleiche Behandlung des im Ergebnis gleichen Sachverhalts vorliegt. Da die Gewinnriicklagen auf Ebene der (ibemehmenden Kapitalgesellschaft fortgeflihrt werden konnen, besteht somit nicht wie im Fall der Verschmelzung einer Kapital- auf eine Personengesellschaft die Notwendigkeit der Besteuerung des Ubemahmegewinns im Rahmen einer fiktiven Ausschiittung der Gewinnriicklagen.^'^'^'^ Dementsprechend kann auch ein Ubemahmeverlust, der iiblicherweise aus den im Kaufpreis abgegoltenen stillen Reserven besteht, steuerlich nicht beriicksichtigt werden. Durch die Vereinigung von Glaubiger- und Schuldnerstellung bei der iibemehmenden Kapitalgesellschaft im Zuge der Verschmelzung mit der iibertragenden Kapitalgesellschaft kann ein Konftisionsgewinn entstehen, wenn die Forderung und die korrespondierende Verbindlichkeit in unterschiedlicher Hohe ausgewiesen wurden. Ein Konfusionsgewinn ist ein Ubemahmefolgegewinn, der nicht Bestandteil des Ubemahmeergebnisses gem. § 4 Abs. 4, 5 UmwStG ist. Da dieser Gewinn durch eine vorherige aufwandswirksame Wertberichtigung verursacht wurde, ist eine Versteuerung sachgerecht. Um die dadurch entstehende Steuerlast abzumildem, darf gem. § 12 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 UmwStG eine den Gewinn mindemde Riicklage gebildet werden. Gem. § 12 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ist diese Rucklage in den drei Folgejahren zu mindestens je einem Drittel gewinnerhohend aufzulosen. Bezuglich der Umsatzsteuer ist die Verschmelzung aufgrund des Ubergangs des gesamten Vermogens der iibertragenden Kapitalgesellschaft auf die ubemehmende Kapitalgesellschaft als GeschaftsverauBerung gem. § 1 Abs. la UStG nicht steuerbar. Gehort zum ubergehenden Vermogen des iibertragenden Rechtstragers auch inlandischer Grundbesitz, welcher auf die iibemehmende Kapitalgesellschaft iibergeht, fallt aufgrund des Verschmelzungsvorgangs gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG Grunderwerbsteuer Vgl. hierzu ausftihrlich Djanani, Q.I Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Auf!., Wiesbaden 2005, S. 48 ff; s. auch Forster, G./ Lishaut, I. von, Steuerliche Folgen der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in ein Personenuntemehmen nach neuem Umwandlungssteuerrecht, PR 2000, S. 1190; Prinz, U./ Ley, T., MiBverstandnisse zur Obemahmegewinnbesteuerung durch § 4 Abs. 7 UmwStG - Anwendung bei mehrstufigen Mitunternehmerschaften, GmbHR 2002, S. 842 ff; Pung, A., Steuersenkungsgesetz: Anderungen des UmwStG, DB 2000, S. 1836; o.V., GmbHWechsel, GmbH-Stpr. 1995, S. 6; o.V., Wandlungs-Steuem, GmbH-Stpr. 1995, S. 132; Dremel, R., Ertragsteuerliche Folgen inlandischer Verschmelzungen von Gesellschaften mit Auslandsbezug, Koln 2000, S. 152. Bzgl. der Auswirkungen auf den steuerlichen Eigenkapitalausweis vgl. Djanani, C.I Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 212 ff; Muller, H./ Maiterth, R., Die Anpassung des gesonderten steuerlichen Eigenkapitalausweises von Korperschaften bei KapitalSnderungen in Umwandlungsfallen, DStR 2002, S. 746 ff.; dies.. Die Anpassung des steuerlichen Ei-
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bei der ubemehmenden Kapitalgesellschaft an. Da der Verschmelzungsvertrag keinen Anspruch auf Ubereignung begriindet, weil sich der Eigentumsubergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge unmittelbar kraft Gesetz vollzieht, kann § 1 Abs. 1 GrEStG keine Anwendung finden.^^"* Die Bemessungsgrundlage ist gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG der im Wege der Bedarfsbewertung ermittelte Grundbesitzwert i.S.d. § 138 Abs. 2 Oder 3 BewG. Somit ist es fiir die Berechnung der Grunderwerbsteuer ohne Bedeutung, ob die ubertragende Kapitalgesellschaft die Vermogenswerte mit dem Buchwert oder mit dem Teilwert ansetzt. Der Steuersatz betragt gem. § 11 Abs. 1 GrEStG 3,5 %. Nach Auffassung der Finanzverwaltung stellt die Verschmelzung keinen Anschaffungsvorgang dar, so dass die Grunderwerbsteuer nicht aktiviert werden muss, sondem eine sofort abzugsfahige Betriebsausgabe darstellt.^'^ Bei umfangreichem inlandischen Grundbesitz kann die Grunderwerbsteuer ein Umwandlungshindernis sein; die Behandlung als sofortige Betriebsausgabe vermag ihre Belastung zumindest abzumildem. Auf Ebene der Anteilseigner der ubertragenden Kapitalgesellschaft bestimmt § 13 UmwStG einen steuemeutralen Austausch der Anteile der ubertragenden Kapitalgesellschaft gegen die als Ausgleich erhaltenen Anteile der ubemehmenden Kapitalgesellschaft. Die stillen Reserven, die in den untergehenden Anteilen enthalten sind, gehen auf diese Weise auf die neuen Anteile an der ubemehmenden Kapitalgesellschaft liber. Der Anteilstausch wird dabei unabhangig von der Ausubung des Bewertungswahlrechts nach § 11 Abs. 1 UmwStG stets steuemeutral durchgeftihrt, so dass auf Ebene des Anteilseigners kein Wahlrecht besteht, sondem sich die Rechtsfolge der Erfolgsneutralitat fiir die Anteilseigner zwingend ergibt.^'^ Die Anwendung des § 13 UmwStG ist allerdings auf den reinen Anteilstausch begrenzt, so dass Barabfmdungen oder bare Zuzahlungen nach den allgemeinen Gmndsatzen beurteilt werden miissen.^'^
genkapitalausweises bei der Verschmelzung von Korperschaften im neuen Steuerrecht, DStR 2001, S. 1229 ff Vgl. Gotz, H., Verkehrsteuem bei Umwandlungsvorgangen, GmbHR 1998, S. 350. Vgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998, IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I, S. 268, Tz. 04.43; vgl. auch Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 259, S. 135; Fatouros, N., Grunderwerbsteuer bei Umwandlungen als sofort abziehbare Betriebsausgabe Zugleich Anmerkung zum Urteil des FG Koln vom 5. 9. 2002, 13 K 5561/01, DStR 2003, S. 772 ff.; Herzig, N., Gestaltung steuerorientierter Umstrukturierungen im Konzem, DB 2000, S. 2238; Schonwald, S., Die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, SteuerStud 2001, S. 366. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 251. Vgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998, IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I, S. 268, Tz. 13.03; Streck, M./ Posdziech, O., Verschmelzung und Formwechsel nach dem neuen Umwandlungssteuergesetz (II), GmbHR1995, S. 364.
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Demnach werden Barabfindungen als VerauBerungserlose und bare Zuzahlungen als sonstige Bezuge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG behandelt.^'^ Unabhangig davon, ob die Beteiligung im Betriebs- oder Privatvermogen gehalten wurde bzw. welcher steuerlichen Behandlung die VerauBerung der Anteile unterlegen war, stellt der Gesetzgeber mit § 13 Abs. 1 UmwStG die spatere Besteuerung der stillen Reserven dadurch sicher, dass die neuen Anteile die gleiche steuerliche Qualifikation aufweisen wie die untergehenden Anteile (sog. Qualifikationsverkettung).^^^ Werden daniber hinaus fiir Anteile an der ubertragenden Kapitalgesellschafl i.S.d. § 17 EStG Anteile an der ubemehmenden Kapitalgesellschaft gewahrt, welche die Beteiligungsgrenze des § 17 EStG unterschreiten und somit aus der Steuerverhaftung herausfallen wurden, gelten diese gem. § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ebenfalls als Anteile i.S.d. § 17 EStG. Durch die Entstehung dieser sog. verschmelzungsgeborenen Anteile bleiben die auf die neuen Anteile iibergehenden stillen Reserven auch weiterhin steuerverstrickt.^^^ Wird umgekehrt durch die Verschmelzung aus einer Beteiligung an der ubertragenden Kapitalgesellschaft von weniger als 1 % eine Beteiligung an der iibemehmenden Kapitalgesellschaft i.S.d. § 17 EStG, gilt gem. § 13 Abs. 2 Satz 3 UmwStG fiir diese Anteile der gemeine Wert am steuerlichen Ubertragungsstichtag als Anschaffungskosten. Auf diese Weise wird verhindert, dass die im Zeitraum der noch nicht bestandenen Steuerverstrickung gebildeten stillen Reserven durch die Verschmelzung einer Besteuerung unterworfen werden. Im Ergebnis werden durch den Ansatz des gemeinen Werts zum Ubertragungsstichtag lediglich die stillen Reserven steuerverstrickt, die ab diesem Zeitpunkt und damit ab dem Bestehen einer Beteiligung i.S.d. § 17 EStG neu entstanden sind. Bei im Privatvermogen gehaltenen Anteilen i.S.d. § 23 EStG ist zu beachten, dass durch die Verschmelzung keine neue Spekulationsfrist in Gang gesetzt wird, sondem die verbleibende Spekulationsfrist wird auf die neuen Anteile ubertragen bzw. bei bereits abgelaufener Spekulationsfrist wird keine neue Haltefrist begriindet.^'^''^^'^ DieVgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998,1V B 7 - S 1978 - 21 /98, BStBl. I, S. 268, Tz. 13.04. Vgl. Djanani, C.I Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 251; Schmitt, J., Die Auswirkungen einer Verschmelzung von Schwesterkapitalgesellschaften aus „gesperrte" Anteile nach § 8b Abs. 4 KStG, BB 2002, S. 436; Schonwald, S., Die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, SteuerStud 2001, S. 363 f. Vgl. Schaumburg, H., Die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften nach neuem Umwandlungssteuerrecht, FR 1995, S. 220; ders., Inlandische Umwandlungen mit Auslandsbezug, GmbHR 1996, S. 422. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 254; Wunsch, I., Die Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften, Bielefeld 2003, S. 400. Die Finanzverwaltung geht in diesem Fall von einem VerauBerungsgeschaft aus, das eine neue Spekulationsfrist von einem Jahr in Gang setzt, vgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998, IV B 7 - S 1978 -
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se Zusammenhange werden in der folgenden Abbildung zusammenfassend verdeutlicht: Steuerverhaftung vor / nach Verschmelzung
Sicherstellung der Steuerverhaftung
Betriebsvermogen
ja/ja
Anschaffling zum Buchwert
Privatvermogen i.S.d. § 17 EStG Oder § 23 EStG
ja/ja
Ubemahme der Anschaffungskosten
§13Abs. 2 Satz 1 UmwStG
Privatvermogen i.S.d. § 17 EStG, die durch Verschmelzung unter 1 % sinken
ja/ja
Ubemahme der Anschaffungskosten
§13Abs. 2 Satz 2 UmwStG
Privatvermogen und keine An1 teile i.S.d. § 17 EStG
nein / nein
nicht notwendig
-
Privatvermogen, die durch Verschmelzung erstmalig zu Anteilen i.S.d. § 17 EStG werden
nein /ja
Als Anschaffungskosten gilt der gemeine Wert
§13Abs. 2 Satz 3 UmwStG
Art der Anteile
RechtsGrundiage §13Abs. 1 Satz 1 UmwStG |
Abbildung 21: Sicherstellung der Steuerverhaftung der Anteile bei Verschmelzung in Deutschland 1.1.2.2.1.2 Spaltungvon Kapitalgesellschaften Geht gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG Vermogen einer Kapitalgesellschaft durch Aufspaltung oder Abspaltung auf andere Korperschaften iiber, sind die Vorschriften zur Verschmelzung gem. §§ 11-13 UmwStG entsprechend anzuwenden. Somit ist die Ausgliederung nicht vom Anwendungsbereich des § 15 UmwStG erfasst, sondem wird im achten Teil des UmwStG behandelt. Voraussetzung fiir die Anwendbarkeit des UmwStG auf Aufspaltungen und Abspaltungen ist gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 UmwStG, dass ein Teilbetrieb i.S.d. § 16 EStG, R 16 Abs. 3 EStR ubertragen wird.^^^ Diese im Handelsrecht nicht bestehende Anforderung hat den Zweck, dass das untemehmerische Engagement in sachlicher Hinsicht fortgefiihrt wird, was bei der Ubertragung einzelner Wirtschaftsgiiter nicht
21/98, BStBI. I, S. 268, Tz. 13.08. Diese Ansicht ist abzulehen, vgl. Djanani, CI Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 254. Vgl. Rodder, T., DStR-Fachliteratur-Auswertung: Umwandlungssteuergesetz, DStR 1995, S. 324; Herzig, N./ Momen, L., Die Spaltung von Kapitalgesellschaften im neuen Umwandlungssteuergesetz (Teil I), DB 1994, S. 2160; Herzig, N., Der EinfluB des EG-Rechts auf den Teilbetriebsbegriff,lStR1994,S. 1 ff.
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gegeben ware.^^"^ Im Fall der Abspaltung muss das der ubertragenden Kapitalgesellschaft verbleibende Vermogen gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ebenfalls zu einem Teilbetrieb gehoren. Sind die in § 15 Abs. 1 und Abs. 3 UmwStG genannten Voraussetzungen erfiillt, ist das Bewertungswahlrecht nach § 11 Abs. 1 UmwStG flir das iibergehende Vermogen zulassig, so dass die Entstehung eines steueq^flichtigen Ubertragungsgewinns durch die Wahl des Buchwertansatzes vermieden werden kann. Gem. § 15 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 UmwStG hat die iibemehmende Kapitalgesellschaft die auf sie tibergehenden Wirtschaftsguter mit dem Wert anzusetzen, mit dem sie in der steuerlichen Schlussbilanz der ubertragenden Kapitalgesellschaft angesetzt waren. Folglich wird durch die Methode der Buchwertverknupfung die spatere einmalige Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt. In Hohe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Wert der tibergegangenen Wirtschaftsguter und dem anteilig wegfallenden Beteiligungsbuchwert kann sich allerdings nach § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ein Ubemahmegewinn oder -verlust ergeben. Dieses Ubemahmerergebnis bleibt bei der Ermittlung des Einkommens auBer Ansatz. Die Begriindung ist wie bei der Verschmelzung darin zu sehen, dass die im Ubemahmegewinn enthaltenen Gewinnriicklagen der zu spaltenden Kapitalgesellschaft von der oder den iibemehmenden Kapitalgesellschaften fortgeftihrt werden konnen. Die Ubertragung von Teilbetrieben i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG im Rahmen von Auf- oder Abspaltungen kommt umsatzsteuerrechtlich einer GeschaftsverauBerung im Ganzen gem. § 1 Abs. la Satz 2 UStG i.V.m. R 5 UStR gleich, so dass der Vorgang nicht steuerbar ist. Wird bei Auf- oder Abspaltungen inlandisches Grundvermogen der zu spaltenden Kapitalgesellschaft auf die ubemehmende Kapitalgesellschaft bzw. die iibemehmenden Kapitalgesellschaften ubertragen, fallt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG Gmnderwerbsteuer an. Die Ausftihrungen zur Verschmelzung gelten ftir die Spaltungsvorgange entsprechend. Die steuerlichen Folgen der Auf- bzw. Abspaltung ergeben sich ftir die Gesellschafter durch den Verweis des § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG auf § 13 UmwStG. Wie bei der Verschmelzung liegt ein steuemeutraler Austausch der Anteile vor. Die Steuerverhaftung der in den untergehenden Anteilen enthaltenen stillen Reserven wird folglich dadurch sichergestellt, dass diese stillen Reserven auf die neuen Anteile an der iibemehmenden Kapitalgesellschaft iibertragen werden und die steuerliche Qualifikation der
^^^ Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 303; Ott, H., Das neue Umwandlungs- und Umwandlungssteuerrecht, Freiburg 1996, S. 209.
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Anteile beibehalten wird."^^^ Entsprechend der Entstehung verschmelzungsgeborener Anteile bei Verschmelzungen bestimmt § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG durch die Bildung sog. spaltungsgeborener Anteile fiir den Fall, dass aus steuerverhafteten Anteilen i.S.d. § 17 EStG im Zuge der Spaltung Anteile an der iibernehmenden Kapitalgesellschaft werden, die die Beteiligungsgrenze des § 17 EStG unterschreiten, die Beibehaltung der Qualifikation der Anteile als solche i.S.d. § 17 EStG.^^^ Gleichfalls normiert § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 3 UmwStG fur den umgekehrten Fall, dass bei Anteilen, die die Beteiligungsgrenze des § 17 EStG nicht iibersteigen, im Zuge der Spaltung aber zu Anteilen i.S.d. § 17 EStG werden, als Anschaffungskosten der neuen Anteile der gemeine Wert anzusetzen ist.
1.1.2.2.2 Umwandlungen nach dem achten bis zehnten Teil des UmwStG Die Vorschriften zur Einbringung im achten und neunten Teil des UmwStG haben keinen direkten Anknlipfungspunkt im UmwG. Der Begriff der Einbringung fehlt im UmwG. Eine Umwandlung nach § 1 Abs. 1 UmwG ist nicht Voraussetzung fur die Anwendung der Einbringungsregeln des UmwStG mit der Folge, dass auslandische Rechtstrager nicht grundsatzlich von Einbringungssachverhalten ausgeschlossen sind. Dies wird durch § 1 Abs. 5 UmwStG ausdriicklich hervorgehoben. Die Einbringung stellt einen steuerrechtlichen Auffangtatbestand fiir die in den vorhergehenden Teilen des UmwStG nicht geregelten Moglichkeiten der zivilrechtlichen Umwandlung dar. Aus diesem Grund umfassen die steuerrechtlichen Regelungen der Einbringung eine Reihe zivilrechtlicher Formen der Vermogensubertragung sowohl aus dem UmwG, AktG und GmbHG als auch aus dem HGB und BGB.^^^ Ist im Ergebnis eine zivilrechtliche Vermogensubertragung so ausgestaltet, dass sie die in § 20 UmwStG genannten Voraussetzungen erfiillt, sind die steuerrechtlichen Bestimmungen der Einbringung anwendbar. § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG bestimmt als Voraussetzung fiir seine Anwendung, dass ein Betrieb, Teilbetrieb oder ein Mituntemehmeranteil in eine unbeschrankt korperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht wird, wobei der Einbringende als Gegenleistung neue Anteile an der ubemehmenden Gesellschaft erhalt. Gem. § 20 Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 360; zu den Missbrauchstatbestanden vgl. Schumacher, A., Aktuelles Beratungs-Know-how Umwandlungssteuerrecht, DStR 2002, S. 2066 ff. Vgl. Herzig, N./ Momen, L., Die Spaltung von Kapitalgesellschaften im neuen Umwandlungssteuergesetz (Teil I), DB 1994, S. 2161; Neyer, W., VerauBerungssperre nach steuemeutraler Spaltung: Missbrauchsfolgen ohne Missbrauchstatbestand?, DStR 2002, S. 2203 f. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 381.
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Abs. 1 Satz 2 UmwStG ist auch die Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft moglich, wenn die iibemehmende Kapitalgesellschaft aufgrund ihrer Beteiligung einschlieBlich der libemommenen Anteile nachweislich unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft hat, deren Anteile eingebracht werden. Im Rahmen der Einbringung liegt daher ein Tauschvorgang vor, der beim Einbringenden grundsatzlich zur vollen Aufdeckung der in den eingebrachten Wirtschaftsgutem ruhenden stillen Reserven ftihrt. Anders als bei einer VerauBerung an einen fremden Dritten fiihrt die Einbringung aber nicht zu einer Erhohung der Liquiditat bzw. der steuerlichen Leistungskraft des Einbringenden. Urn die Substanzbesteuerung des ruhenden Vermogens zu verhindem und so dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfahigkeit Rechnung zu tragen, sieht das UmwStG die Moglichkeit der Buchwertfortftihrung vor. Sind die genannten Voraussetzungen erflillt, darf die aufnehmende Kapitalgesellschaft gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG das eingebrachte Betriebsvermogen mit seinem Buchwert ansetzen. Es ist auch der Ansatz eines hoheren Werts zulassig, wobei gem. § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG die Teilwerte nicht tiberschritten werden diirfen. Wahlt der iibemehmende Rechtstrager den Buchwertansatz, erfolgt keine Aufdeckung der stillen Reserven, so dass kein steuerpflichtiger Einbringungsgewinn beim tibertragenden Rechtstrager entsteht. Die stillen Reserven werden bei der iibemehmenden Kapitalgesellschaft fortgeflihrt. Die von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft zu erbringende Gegenleistung muss zwingend in der Gewahrung von neuen Kapitalgesellschaftsanteilen bestehen. Grund dieser Vorschrift ist, dass nur durch neue Anteile die im eingebrachten Betriebsvermogen enthaltenen stillen Reserven reprasentiert werden konnen. Als neu sind Kapitalgesellschaftsanteile anzusehen, wenn sie durch eine Sachgrundung oder durch eine Sachkapitalerhohung geschaffen worden sind.^^^ Demnach sind samtliche Falle vom Anwendungsbereich der Norm ausgeschlossen, in denen die iibemehmende Gesellschaft als Gegenleistung fur die Einbringung bereits bestehende eigene Anteile sowie Anteile an anderen Kapitalgesellschaften tibertragt.^^ Damit ebenfalls eine Verstrickung der stillen Reserven beim einbringenden Rechtstrager erreicht wird, bestimmt § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG, dass der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermogen ansetzt, ftir den Einbringenden als VerauBemngspreis und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile gilt. Durch diese Buchwertverkniipfung soil gewahrleistet werden, dass die in die Kapitalgesell^-*^ Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 412. ^'^ Vgl. Booten, V./ Jochimsen, CI Schnitger, A., Anteilstausch bei intemationalen Zusammenschliissen aus deutscher Sicht, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, S. 246.
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schaft eingebrachten stillen Reserven des Betriebsvermogens auf die als Gegenleistung gewahrten Anteile iibergehen und in dieser Form bis zu ihrer Entstrickung reprasentiert bleiben.^^^ Auf diese Weise wird sichergestellt, dass bei einem Ansatz unter dem Teilwert nicht aufgedeckte stille Reserven beim Einbringenden auch nach dem Einbringungsvorgang steuerlich verstrickt sind und die Moglichkeit zur Besteuerung bestehenbleibt.^^' Die Kombination von Buchwertfortfuhrung und Buchwertverkniipfung schafft ein komplexes steuerliches System in Form eines Einbringungskreislaufs. Dies soil wie folgt anhand eines Beispiels verdeutlicht werden: Beispiel Einbringungskreislauf: Aktiva
Bilanz der einbringenden KapGes vor dem Anteilstausch Buchwert
Aktiva
Aktiva
100.000 €
Kapital
Bilanz der aufnehmenden KapGes vor dem Anteilstausch Buchwert
Aktiva
Teilwert 200.000 €
200.000 €
Teilwert 800.000 €
Kapital
Passiva 100.000 €
Passiva 200.000 €
Vgl. Glade, A./ Steinfeld, G., Umwandlungssteuergesetz 1977, 3. Aufl., Berlin 1980, Rz. 1079; Thommes, O., § 23 UmwStG - Einbringungen in der Europaischen Union (Tz. 23.01 - 23.14), DStR 1998, Beilage zu Heft 17, S. 50; Thiel, J., Die grenziiberschreitende Umstrukturierung von Kapitalgesellschaften im Er-tragsteuerrecht, GmbHR 1994, S. 280; Lange, T., Die steuerrechtliche Behandlung des Anteilstausches im AnschluB an die Fusionsrichtlinie, Baden-Baden 1994, S. 51; Kellner, K., Einbringungsgeborene Anteile im Einkommen- und Korperschaftsteuerrecht, Hamburg 2003, S. 1. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 428.
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pVvv^rtfortfji
Bilanz einbringende Gesellschaft
Bilanz aufiiehmende Gesellschaft
Aktiva 100 (Teilwert 200)
Ansatz Anteile 100 (Teilwert 200)
Aktiva alt 200 (Teilwert 800)
Kapital alt 200
y Aktiva neu 100 (Teilwert 200)
+ Kapital neu 50* + Kapitalrucklage 50**
Anteile Nennwert 50 (Teilwert 200)
Berechnung der Kapitalerhohung: Teilwert der Aktiva vor Einbringung = Wert der Gesellschaft nachher • Beteiligungsquote => 200 = (800 + 200) •
200+ x
<=> x = 50 Da die Buchwerte der eingebrachten Aktiva nicht durch den Nennbetrag der im Rahmen der Kapitalerhohung geschaffenen neuen Anteile gedeckt werden, erfolgt in Hohe des Unterschiedsbetrags eine Einstellung in die Kapitalriicklagen, da es sich urn ein Ausgabeaufgeld handelt.'^" Auf Ebene der einbringenden Gesellschaft ist der Wertansatz der Aktiva auch dann maBgebend, wenn ein Teil der Sacheinlage nicht durch neue Gesellschaftsanteile belegt ist, sondem der Kapitalrucklage zugeftihrt wurde (Fall der sog. Uberpariausgabe).'" Die einbringende Gesellschaft muss folglich die Anteile mit 100 bewerten.
Folge des Einbringungskreislaufs ist, dass die stillen Reserven durch die Einbringung doppelt steuerverstrickt werden: Wahrend die stillen Reserven vor der Einbringung lediglich im Vermogen der einbringenden Kapitalgesellschaft und somit einfach bestanden haben, sind sie nach der Einbringung einmal in den zu Buchwerten ubemommenen Wirtschaftsgutem bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft vorhanden und ein zweites Mai in den als Gegenleistung erhaltenen Anteilen, da diese ebenfalls mit dem Buchwert des eingebrachten Vermogens bewertet werden. Aus Sicht des Einbringenden liegt im Ergebnis ein Tausch von Aktiva in Form eines Betriebs, Teilbetriebs oder mehrheitsvermittelnden Anteilen gegen Anteile der iibernehmenden Kapitalgesellschaft vor. Da die VerauBerung von Kapitalgesellschaftsanteilen steuerlich sowohl fur natiirliche Personen gem. § 3 Nr. 40 Bst. a, b, c EStG als auch flir Kapitalgesellschaften gem. § 8b Abs. 2 KStG steuerlich begiinstigt ist, ware eine missbrauchliche Inanspruchnahme der privilegierten VerauBerung von Kapitalgesellschaftsanteilen ftir das steuemeutral ubertragene Betriebsvermogen moglich. Diese Missbrauchsgefahr besteht allerdings nicht, wenn die Einbringung mit dem Teilwert ^^^ Vgl. Erlass FinMin Hessen v. 08.01.1965 - S 2522 - 25 - 11/31, FR 1965, S. 102. ^" Vgl. Widmann, S./ Mayer, D., Umwandlungsrecht Kommentar, 84. Erg.Lief, Berlin 2005, § 20 UmwStG, Rdz. 1154.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheiduns.smodells anhand eines EU-Staates
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erfolgt, da in diesem Fall in den erhaltenen Anteilen keine stillen Reserven mehr vorhanden sind, die steuerbegunstigt verauBert werden konnten. Zu einem Aufschub der Besteuerung kommt es lediglich in den Fallen, wenn das eingebrachte Betriebsvermogen mit einem Wert unterhalb des Teilwerts angesetzt wurde, so dass §21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG die in diesem Fall als Gegenleistung erhaltenen Anteile als einbringungsgeboren qualifiziert.^^"^ Im Halten der einbringungsgeborenen Beteiligung ist gedanklich die Fortsetzung der bisherigen untemehmerischen Betatigung in Bezug auf das eingebrachte Vermogen zu sehen.^^^ Eine VerauBerung einbringungsgeborener Anteile fuhrt demnach grundsatzlich zu einem gewerblichen VerauBerungsgewinn nach § 16 EStG. Die Begiinstigungen durch das Halbeinkunfteverfahren treten fiir natiirliche Personen gem. § 3 Nr. 40 Satz 4 Bst. a EStG und flir Kapitalgesellschaften gem. § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG allerdings unter der Voraussetzung wieder in Kraft, dass die VerauBerung der Anteile spater als sieben Jahre nach der Einbringung stattfmdet. Die VerauBerung einbringungsgeborener Anteile unterliegt daruber hinaus der Gewerbesteuer, wenn die VerauBerung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, durch dessen Einlage die Anteile erworben wurden, beim Einbringenden selbst gewerbesteuerpflichtig gewesen ware.^"^^' Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn eine naturliche Person einbringungsgeborene Anteile verauBert, die auf eine Einbringung von Anteilen zuriickzufiihren sind, die zu einem Betriebsvermogen gehorten, oder eine Kapitalgesellschaft einbringungsgeborene Anteile verauBert, die durch die Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs begriindet wurden."^'^^ Aus Sicht der Anteilseigner fiihrt der Tausch der Wirtschaftsguter gegen neue Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ublicherweise zu einer Anderung der Besteuerung des VerauBerungsgewinns. Hierbei muss zwischen natiirlichen Personen und Kapitalgesellschaften als Einbringende unterschieden werden. Bei natiirlichen Personen werden die VerauBerungsgewinne von Vermogen in Form von Betrieben, Teilbetrieben und Mituntemehmeranteilen aufgrund der Vorschrift des § 16 Abs. 1 EStG als gewerbliche Einkiinfte behandelt, die durch die Vorschriften der §§ 16 Abs. 4, 34 EStG steuerlich begunstigt sind. Das Zusammenspiel dieser beiden Vorschriften bezweckt, den zusammengeballten Gewinn aus der Realisierung samtliVgl. hierzu ausfuhrlich Djanani, CI Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Auf!., Wiesbaden 2005, S. 454 ff; Lauermann, H.-U./ Sprenger, I., Ertragsteuerliche Nachwirkungen des Formwechsels einer Kapital- in eine Personengesellschaft, GmbHR 2001, S. 603. Vgl. BFH V. 13.07.1965, 1 167/59 U, NJW 1966, S. 126; Killinger, W., Der Ubergang stiller Reserven in einbringungsgeborenen Anteilen, BB 1998, S. 981. Vgl. BFH V. 29.04.1982, IV R 51/79, BStBl. II 1982, S. 738. Vgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998, IV B 7 - S 1978 - 21 /98, BStBl. I, S. 268, Tz. 21.13.
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Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidun^smodells anhand eines EU-Staates
cher stiller Reserven am Ende der untemehmerischen Tatigkeit steuerlich zu entlasten.^^^ Die Vorschrift des § 16 Abs. 4 EStG sieht zu diesem Zweck die Gewahrung eines Freibetrags i.H.v. 45.000 € vor, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauemd berufsunfahig ist. Der Freibetrag wird allerdings nur einmal gewahrt und ermaBigt sich urn den Betrag, urn den der VerauBerungsgewinn 136.000 € ubersteigt. Der verbleibende VerauBerungsgewinn wird entweder gem. § 34 Abs. 1 EStG mit einem ermaBigten Steuersatz („Funftelregelung") oder stattdessen auf Antrag des Steuerpflichtigen gem. § 34 Abs. 3 EStG mit einem auf 56 % reduzierten Durchschnittssteuersatz, der nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden kann, besteuert.^^^ Die Behandlung von Gewinnen aus der VerauBerung von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen wurde bereits erlautert und fiihrt zu einer Begiinstigung durch die Anwendung des Halbeinkunfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40 EStG. Da somit die VerauBerung bereits durch das Halbeinkiinfteverfahren begunstigt ware, ist gem. § 3 Nr. 40 Satz 4 Bst. b Hs. 1 EStG fiir den Fall, dass die einbringungsgeborenen Anteile auf eine Einbringung von Anteilen gem. § 20 Abs. 1 Satz 2 oder § 23 Abs. 4 UmwStG zuruckzufiihren sind, das Halbeinkunfteverfahren unabhangig von einer zeitlichen Sperrfrist anwendbar. Diese Vorschrift ist sachlogisch, da im Fall der Einbringung von mehrheitsvermittelnden Anteilen keine missbrauchliche Gestaltung zum Erhalt der Begiinstigung durch das Halbeinkunfteverfahren zu sehen ist. Wichtig ist dariiber hinaus, dass die Einbringung von im Privatvermogen gehaltenen Anteilen, die weder nach § 23 EStG noch nach § 17 EStG noch nach § 21 UmwStG steuerverstrickt sind, nicht zur Entstehung einbringungsgeborener Anteile fuhrt, da die Gewinne aus der unmittelbaren VerauBerung der Anteile ebenfalls nicht steuerpflichtig 240
waren. Diese komplexen Zusammenhange werden in der folgenden Abbildung zusammengefasst:
^^^ Vgl. Djanani, C.I Brahler, G./ Losel, C , Ertragsteuern, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 2006, S. 87. ^^"^ Vgl. Djanani, C.I Brahler, G.I Losel, C , Ertragsteuern, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 2006, S. 88. ^"^^ Vgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998, 1V B 7 - S 1978 - 21 /98, BStBl. I, S. 268, Tz. 21.04.
Kapitel III: Konkretisieruns
des Entscheidungsmodells
anhand eines EU-Staates
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Steuerverhaftung vor / nach Einbringung
Besteuerung vor Einbringung
Besteuerung nach Einbringung ^ 7 Jahre
Besteuerung nach Einbringung > 7 Jahre
Betrieb, Teilbetrieb Oder Mituntemehmeranteil
ja/ja
§ 16EStG, § 16Abs.4, § 34 EStG
§ 16 EStG, § 16Abs.4, § 34 EStG
§ 3 Nr. 40 EStG
Anteile im Betriebsvermogen
ja/ja
§ 15 EStG, § 3 Nr. 40 EStG
§ 3 Nr. 40 EStG
§ 3 Nr. 40 EStG
Anteile im PV i.S.d. § 17oder§23EStG
ja/ja
§§ 17,23 EStG, § 3 Nr. 40 EStG
§ 3 Nr. 40 EStG
§ 3 Nr. 40 EStG
Anteile im PV und keine Anteile i.S.d. § 17oder§23EStG
nein / nein
-
-
-
Art des eingebrachten Vermdgens
Abbildung 22: Sicherstellung der Steuerverhaftung der Anteile bei Einbringung durch naturliche Personen
Die Systematik der Besteuerung einbringungsgeborener Anteile gewahrleistet die Aufrechterhaltung der Besteuerungsfolgen, die vor der Einbringung bestanden haben. Da die VerauBerung von Betrieben, Teilbetrieben und Mituntemehmeranteilen bei Kapitalgesellschaften nicht den Begunstigungen der §§ 16 Abs. 4, 34 EStG unterliegen, bleibt es fiir Kapitalgesellschaften daher auch im Fall der VerauBerung der einbringungsgeborenen Anteile innerhalb der Siebenjahresfrist gem. § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 KStG bei der unbegiinstigten Besteuerung des VerauBerungsgewinns als laufender Gewinn. Dabei ist festzustellen, dass ein fiktiver Betriebsausgabenabzug i.S.d. § 8b Abs. 3 KStG nicht vorzunehmen ist.^"^' Nach Ablauf der Siebenjahresfrist ist der VerauBerungsgewinn gem. § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG wieder zu 95 % gem. § 8b Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 KStG steuerfrei. Fiir den Fall, dass die einbringungsgeborenen Anteile auf eine Einbringung mehrheitsvermittelnder Anteile i.S.d. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG zurlickzufuhren sind, ist die Unterausnahme des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG zu beachten. Demnach wird der verauBernden Kapitalgesellschaft die Begunstigung des § 8b Abs. 2 KStG unabhangig vom Ablauf der siebenjahrigen Sperrfrist gewahrt, weil die direkte VerauBerung der eingebrachten Anteile ebenfalls steuerfrei hatte vorgenommen werden konnen.^'*^ -^' Vgl. BT-Drucks. 15/1518 v. 08.09.2003, S. 15; Djanani, C.I Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Autl., Wiesbaden 2005, S. 469. -"^- Vgl. Djanani, C.I Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Autl., Wiesbaden 2005, S. 473.
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Kapitel III: Konkretisieruns
Art des eingebrachten Vermfigens Betrieb, Teilbetrieb oder Mituntemehmeranteil Anteile
des Entscheidungsmodells
anhand eines EU-Staates
Steuerverhaftung vor / nach Einbringung
Besteuerung vor Einbringung
Besteuerung nach Einbringung < 7 Jahre
Besteuerung nach Einbringung > 7 Jahre
ja/ja
§ 16EStG
§ 16EStG
§ 8b Abs. 2, Abs. 3 KStG
nein / nein
§ 8b Abs. 2, Abs. 3 KStG
§ 8b Abs. 2, Abs. 3 KStG
§ 8b Abs. 2, Abs. 3 KStG 1
Abbildung 23: Sicherstellung der Steuerverhaftung der Anteile bei Einbringung durch Kapitalgesellschaften
Gem. § 1 Abs. la Satz 2 UStG unterliegt die Einbringung eines Betriebs oder eines Teilbetriebs in eine Kapitalgesellschaft nicht der Umsatzsteuer. Handelt es sich bei dem Einbringungsgegenstand urn eine mehrheitsvermittelnde Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, ist die Ubertragung gem. § 4 Nr. 8 Bst. f UStG von der Umsatzsteuer befreit. Gehen im Rahmen einer Einbringung Grundstucke auf die iibernehmende Kapitalgesellschaft iiber, besteht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 3 GrEStG Grunderwerbsteuerpflicht. Des Weiteren kann Grunderwerbsteuer gem. § 1 Abs. 3 GrEStG anfallen, wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit inlandischem Grundbcsitz ubertragen werden und es dadurch zu einer mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligung i.H.v. mindestens 9 5 % kommt (sog. Anteilsvereinigung).*^'^^'^'^"* Die Bemessungsgrundlage ergibt sich wie bei Verschmelzungen und Spaltungen gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG aus dem Grundstuckswert gem. § 138 Abs. 2, Abs. 3 BewG. Die im Rahmen der Einbringung anfallende Grunderwerbsteuer kann im Gegensatz zu der Behandlung bei der Verschmelzung nicht sofort als Betriebsausgabe abgezogen werden, sondern ist als zusatzliche Anschaffungskosten der Wirtschaftsguter zu aktivieren, bei deren Erwerb bzw. Einbringung sie angefallen ist."^^"*
Vgl. Hoffmann, W.-D., Grunderwerbsteuerplanung bei Konzernumstrukturierungen, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Internationalen Steuerplanung, 2. Aut1., Herne/Berlin 2003, S. 619; Schiessl, M./ Tschesche, F., Grunderwerbsteuerliche Privilegierungen bei Konzernumstrukturierungen, insbesondere nach § 1 Abs. 6 GrEStG, BB 2003, S. 1868 f; s. auch Ebel, T., Besteuerung der Ausgliederung und Spaltung bei Unternehmensumstrukturierungen, Gottingen 1997, S. 157. ~^^ Spengel/Dorrfufi sehen in der Erhebung von Grunderwerbsteuer gem. § 1 Abs. 3 GrEStG aufgrund der Vereinigung der Anteile einen VerstoB gegen die Gesellschaftsteuerrichtlinie (Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital, ABl. L 249 v. 03.10.1969, S. 25, zuletzt geandert durch Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 1. Juli 1985L 156 v. 15.06.1985, S. 23); vgl. Spengel, C.I DorrfuB, P., VerstoBt die Erhebung von Grunderwerbsteuer in Einbringungsfallen gegen Europarecht?, DStR 2003, S. 1059 ff. '^^^ Vgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998, IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. 1, S. 268, Tz. 22.01; BFH v.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidun2smodells anhand eines EU-Staates
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1.2 Analyse des osterreichischen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts 1.2.1 Grundlagen der Besteuerung in Osterreich In Osterreich unterliegen Kapitalgesellschaften gem. § 1 Abs. 1 und 2 oKStG der unbeschrankten Korperschaflsteuerpflicht, wenn sie ihre Geschaftsleitung oder ihren Sitz gem. § 27 BAO im Inland haben. Hat eine Kapitalgesellschaft weder Geschaftsleitung noch Sitz im Inland, erzielt aber Einkunfte i.S.d. § 21 Abs. 1 oKStG, besteht gem. § 1 Abs. 3 oKStG eine beschrankte Steuerpflicht in Osterreich. Gem. § 7 Abs. 1, 2 oKStG stellt die Bemessungsgrundlage fiir die Korperschaftsteuer das Einkommen dar, welches nach den Vorschriften des oEStG sowie unter Berucksichtigung des § 8 oKStG ermittelt wird. Gem. § 7 Abs. 3 oKStG erzielen samtliche Kapitalgesellschaften als aufgrund ihrer Rechtsform nach handelsrechtlichen Vorschriften gem. §§6, 189 ff. oHGB zur Buchfiihrung verpflichtete Rechtstrager ausschliefilich Einkunfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 23 Z 1 oEStG, die nach § 5 oEStG zu ermitteln sind. Der Korperschaftsteuersatz betragt gem. § 22 Abs. 1 oKStG wie in Deutschland 25 %, wobei gleichfalls nicht zwischen thesaurierten und ausgeschiitteten Gewinnen unterschieden wird. Weitere Ertragsteuem wie die Gewerbesteuer oder der Solidaritatszuschlag in Deutschland existieren in Osterreich nicht, so dass die laufende Ertragsteuerbelastung in Osterreich mit 25 % signifikant unter der durchschnittlichen deutschen Belastung von 39,16 % liegt. AUerdings ist in Osterreich gem. § 24 Abs. 4 Z 1 oKStG eine Mindestkorperschaftsteuer in Hohe von 5 % des gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststammkapitals auch in Verlustjahren zu entrichten. Da das Mindeststammkapital fiir eine GmbH gem. § 6 Abs. 1 oGmbHG 35.000 € und das Mindestgrundkapital fur eine Aktiengesellschaft gem. § 7 Abs. 1 oAktG 70.000 € betragt, ergibt sich somit eine vierteljahrlich zu je einem Viertel zu entrichtende Mindeststeuer fiir GmbHs von 1.750 € und fiir AGs von 3.500 €. Fiir neu gegriindete bzw. erstmals in die unbeschrankte Steuerpflicht eintretende Kapitalgesellschaften betragt die Mindestkorperschaftsteuer gem. § 27 Abs. 4 Z 3 oKStG im ersten Jahr des Bestehens vierteljahrlich nur 278 €. Eine bereits entrichtete Mindestkorperschaftsteuer kann auf die hohere vom Gewinn berechnete Korperschaftsteuer nachfolgender Geschaftsjahre wieder angerechnet werden, so dass ublicherweise kein materieller Verlust entsteht, sondem lediglich ein Zinsnachteil.
17.09.2003, I R 97/02, BStBl. II 2004, S. 686; BFH v. 22.04.1998, I R 83/96, BStBl. II 1998, S. 698; Fatouros, N., Grunderwerbsteuer bei Umwandlungen als sofort abziehbare Betriebsausgabe - Zugleich Anmerkung zum Urteil des FG Koln vom 5. 9. 2002, 13 K 5561/01, DStR 2003, S. 772.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Ebenso wie in Deutschland gilt auch in Osterreich im Bereich der Besteuerung von Kapitalgesellschaften das Trennungs- und das Intransparenzprinzip, so dass zwischen der Ebene der Kapitalgesellschaft und der Ebene der Anteilseigner im Rahmen der Entstehung und der Verwendung der Gewinne unterschieden werden muss. Der Anteilseigner erzielt daher erst und nur dann steuerpflichtige Einkiinfte, wenn die Kapitalgesellschaft eine Gewinnausschuttung vomimmt. Die GewinnausschOttung selbst kann gem. § 8 Abs. 2 oKStG das Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht mindem. Die Kapitalgesellschaft ist im Fall der Vomahme einer Gewinnausschuttung gem. § 93 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 Bst. a i.V.m. § 95 Abs. 3 Z 1 oEStG verpflichtet, Kapitalertragsteuer i.H.v. 25 % gem. § 95 Abs. 1 oEStG einzubehalten. Schuldner der Kapitalertragsteuer ist gem. § 95 Abs. 2 Satz 1 oEStG der Empfanger der Kapitalertrage, wobei die die Ausschiittung vomehmende Kapitalgesellschaft ftir die Einbehaltung und Abftihr der Kapitalertragsteuer haftet. Abweichend von der deutschen Regelung, bei der die Kapitalertragsteuer lediglich eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld darstellt, gilt in Osterreich gem. § 97 Abs. 1 Satz 1 oEStG ftir naturliche Personen als Anteilseigner die Einkommensteuer durch den Steuerabzug als abgegolten (sog. „Endbesteuerung").^"*^ Im Gegenzug durfen Aufwendungen im Zusammenhang mit endbesteuerten Kapitaleinkunften gem. § 20 Abs. 2 oEStG nicht abgezogen werden. Um keine Nachteile aus dieser detlnitiven Belastung mit Kapitalertragsteuer zu erhalten, besteht gem. § 97 Abs. 4 oEStG die alternative Moglichkeit, die Kapitalertrage im Wege der Veranlagung zu besteuem, wobei nunmehr die Kapitalertragsteuer auf die zu erhebende Einkommensteuer angerechnet wird.^'^'' Auch in diesem Fall werden keine Aufwendungen anerkannt. Die Besteuerung der Gewinnausschuttung erfolgt im Gegensatz zum deutschen Halbeinkiinfteverfahren nach dem sog. Halbsatzverfahren gem. § 37 Abs. 1, Abs. 4 oEStG. Demnach ermaBigt sich der Steuersatz auf die Halfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Der maximale Einkommensteuersatz betragt in Osterreich gem. § 33 Abs. 1 Satz 2 oEStG 50 %. Ist der Empfanger der Dividendenausschiittung eine Kapitalgesellschaft, sind die Beteiligungsertrage gem. § 10 Abs. 1 oKStG von der Korperschaftsteuer befreit. Dabei Vgl. Schindler, C , Kommentar zum Steuerrecht, in: Kalss, S./ Hiigel, H. (Hrsg.), Europaische Aktiengesellschaft, SE-Kommentar, Wien 2004, S. 950; LUdemann, P./ Hruschka, F./ Wilhelm, H., Steuerfolgen grenzuberschreitender Investitionen zwischen Deutschland und Osterreich, Heidelberg 2002, S. 87; Doralt, W., Steuerrecht 2006, 7. Autl, Wien 2006, S. 81; Beiser, R., Steuem, 3. Aufl., Wien 2004, S. 61; Gassner, W., Das Steuersystem Osterreichs nach den Steuerreformen, in: Gassner, W./ Lang, M./ Lechner, E., Osterreich - Der steuerrechtliche EU-Nachbar, Miinchen 1996, S. 5 ff.; Kofler, H./ Mader, S., Finanzierung durch Eigenmittel, in: Bertl, R./ Djanani, C./ Kofler, H. (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Wien 1998, S. 616. S. auch Kofler, G., Lenz: Osterreich darf auslandische Kapitalertrage nicht diskriminieren, OStZ 2004, S. 343 ff
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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werden, solange es sich um Beteiligungen an inlandischen Kapitalgesellschaften handelt, weder an Umfang noch an Dauer der Beteiligung besondere Anforderungen gestellt?"^^ Gem. § 12 Abs. 2 oKStG diirfen Aufwendungen und Ausgaben im Zusammenhang mit den steuerfreien Dividendenausschiittungen nicht mit steuerlicher Wirkung abgezogen werden. Eine der deutschen Pauschalierungsvorschrift des § 8b Abs. 5 KStG entsprechende Regelung existiert im osterreichischen Korperschaftsteuerrecht somit nicht. Trotz der Steuerfreiheit der Beteiligungsertrage muss die ausschiittende Kapitalgesellschaft Kapitalertragsteuer einbehalten und abfiihren, es sei denn, die empfangende Kapitalgesellschaft ist mindestens zu 25 % unmittelbar am Grundoder Stammkapital der ausschuttenden Gesellschaft beteiligt (sog. „Befreiung an der Quelle" gem. § 94 Z. 2 oEStG). Im Fall einer Beteiligung von weniger als 25 % kann die Steuerbefreiung nach § 10 Abs. 1 oKStG erst durch eine spatere Erstattung der Kapitalertragsteuer vollzogen werden. Bei der Besteuerung von Gewinnen aus der VerauBerung von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen ist in Osterreich ebenso wie in Deutschland eine Unterscheidung vorzunehmen, ob die VerauBerung von einer natiirlichen Person oder einer Kapitalgesellschaft vorgenommen wird. 1st der VerauBerer der Beteiligung eine naturliche Person, muss eine weitergehende Differenzierung nach der Art des Vermogens, in dem die Anteile gehalten werden, nach der Hohe der Beteiligung sowie der Dauer des Haltens der Beteiligung erfolgen. Bei der VerauBerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die sich in einem Betriebsvermogen des Anteilseigners befmden, liegen nach osterreichischen Steuerrecht gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 23 oEStG Betriebseinnahmen im Rahmen der Einkiinfte aus Gewerbebetrieb vor. Werden diese Anteile innerhalb eines Jahres nach deren Erwerb verauBert, unterliegt der sich daraus ergebende VerauBerungsgewinn gem. § 37 Abs. 4 Nr. 2 Bst. a Hs. 2 oEStG unbegunstigt der Einkommensbesteuerung. Bei VerauBerung der Beteiligung nach einem Jahr wird der VerauBerungsgewinn gem. § 37 Abs. 1 Satz 1 oEStG i.V.m. § 37 Abs. 4 Nr. 2 Bst. a o-EStG durch die Anwendung des Halbsatzverfahrens begiinstigt. VerauBerungsgewinne von Anteilen an Kapitalgesellschaften aus dem Privatvermogen werden nach osterreichischem Steuerrecht grundsatzlich steuerlich nicht erfasst. Wie auch im deutschen Steuerrecht bestehen in Osterreich hierzu allerdings einige Ausnahmen. VerauBerungsgewinne aus Anteilen an Kapitalgesellschaften sind gem. § 30 ""^^ Vgl. Ludemann, P./ Hruschka, F./ Wilhelm, H., Steuerfolgen grenziiberschreitender Investitionen zwischen Deutschland und Osterreich, Heidelberg 2002, S. 87 f.; Schindler, C , Kommentar zum Steuerrecht, in: Kalss, S./ Hugel, H. (Hrsg.), Europaische Aktiengesellschaft, SE-Kommentar, Wien2004, S. 961.
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Kapitel III: Konkretisiernns des Entscheiduns:smodells
anhand eines EU-Staates
Abs. 1 Nr. 1 Bst. b oEStG steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und VerauBerung nicht mehr als ein Jahr betragt (sog. Spekulationsgeschafte). Dabei ist zu beachten, dass das Halbsatzverfahren gem. § 37 Abs. 4 Nr. 2 Bst. a Hs. 2 oEStG in diesen Fallen keine Anwendung findet. Daruber hinaus sind Gewinne aus der VerauBerung von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, die im Privatvermogen gehalten werden, steuerpflichtig, wenn der VerauBerer gem. § 31 Abs. 1 oEStG innerhalb der letzten funf Jahre zu mindestens 1 % beteiligt war. Der VerauBerungsgewinn ist durch das Halbsatzverfahren gem. § 37 Abs. 4 Nr. 2 Bst. b oEStG begunstigt. Sind allerdings die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 oEStG und des § 31 Abs. 1 oEStG gleichzeitig erfullt, hat die Vorschrift des § 30 Abs. 1 oEStG gem. § 31 Abs. 6 oEStG Vorrang mit der Folge, dass der VerauBerungsgewinn nicht begiinstigt wird. Diese Zusammenhange werden in der folgenden Abbildung verdeutlicht:
Beteiligung an der Kapitalgesellschaft VerauBerung der Anteile im Betriebsvermogen
VerauBerung der Anteile im Privatvermogen Abbildung 24:
<1 %
1%^X^100% Halbsatzverfahren gem. § 37 Abs. 4 Nr. 2 Bst. a oEStG
Kcinc E^cgiinstigung bci VerauBerung innerhalb eines Jahres, § 37 Abs. 4 Nr. 2 Bst. a Hs. 2 oEStG Nichl sleuerpflichtig
Halbsatzverfahren gem. ^ 37 Abs. 4 Nr. 2 Bst. b oEStG
Keine Bcgtinsligung bei VerauBerung innerhalb eines Jahres, § 37 Abs. 4 Nr. 2 Bst. a Hs. 2 oEStG Ubersichl VerauBerung von Anteiien an einer Kapitalgesellschaft durch natiirliche Personen in Osterreieh
1st der VerauBerer eine Kapitalgesellschaft und werden die Anteile an einer inlandischen Kapitalgesellschaft verauBert, unterliegt ein VerauBerungsgewinn gem. Tz. 511 oKStR der vollen Steuerptlicht. Werden dagegen Anteile an einer auslandischen Kapitalgesellschaft verauBert, ist der Vorgang gem. Art. 10 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 oKStG als steuerfrei zu behandeln, wenn die Beteiligung an der auslandischen Kapitalgesellschaft mindestens 10 % betragt und seit mindestens einem Jahr gehalten wird (sog. intemationale Schachtelbeteiligung).'^'^'^ Gem. § 10 Abs. 3 Satz 4 oKStG besteht die Moglich-
Vgl. Gassner, W., Das Steuersystem Osterreichs nach den Steuerreformen, in: Gassner, W./ Lang, M./ Lechner, E., Osterreieh - Der steuerrechtliche EU-Nachbar, Miinchen 1996, S. 9; Haunold, P., Der Holdingstandort Osterreieh, in: Thommes, 0.1 Lang, M./ Schuch, J. (Hrsg.), Investitions- und Steuerstandort Osterreieh, 2. AufL, Wien 2005, S. 45; Widhalm, C , Die Umsetzung der Mut-
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Kapitel III: Konkretisieruns
des Entscheidun^smodells
anhand eines EU-Staates
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keit im Rahmen einer Option, auf die Gewahrung des intemationalen Schachtelprivilegs zu verzichten, um so die Steuerwirksamkeit von VerauBerungsgewinnen und -verlusten sowie Teilwertabschreibungen zu erreichen?^^
Beteiligung an der Kapitalgesellschaft
Hohe der Beteiligung
Beteiligung an inlandischer Kapitalgesellschaft
<10%
Beteiligung an auslandischer Kapitalgesellschaft
> 10%
VerauBerung innerhalb eines Jahres
VerauBerung auBerhalb eines Jahres
Keine Begunstigung (§ 7 Abs. 2, Abs. 3 oKStG i.V.m. § 23 Z 1 oEStG)
<10%
Keine Begunstigung (§ 7 Abs. 2, Abs. 3 oKStG i.V.m. § 23 Z 1 oEStG)
> 10%
Keine Begunstigung (§ 7 Abs. 2, Abs. 3 oKStG i.V.m. § 23 Z 1 oEStG)
Steuerfrei gem. § 10 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 oKStG, sofern keine Option gem. § 10 Abs. 3 Satz 4 oKStG und kein Fall des§ 10 Abs. 4oKStG
Abbildung 25: Obersicht VerauBerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch Kapitalgesellschaften in Osterreich
Kapitalgesellschaften miissen in Osterreich ebenso wie andere Unternehmen gem. §§ I, 6 KommStG die Kommunalsteuer als Ausgleich fur die ab dem Jahr 1994 abgeschaffte Gcwcrbesteuer entrichten."^' Der Kommunalsteuer, die eine Gemeindesteuer darstellt und von den Gemeinden erhoben wird, unterliegen die Arbeitslohne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland gelegenen Betriebsstatte des Unternehmens gewahrt werden. Kapitalgesellschaften stellen gem. § 3 ter/Tochter-Richtlinie in Osterreich, in: Gassner, W./ Lang, M./ Lechner, E., Osterreich - Der steuerrechtliche EU-Nachbar, Munchen 19%, S. 96 IT. Vgl. Schrottmeyer, N., „Switch Over'' bei Intemationalen Schachtelbeteiligungen - Berechnung des auslandischen Steuersatzes in der Praxis - Teil II -, OStZ 2004, S. 352; Hirschler, K./ Ludwig, C , Entstehen, Erweiterung, Veranderung und Wegfall internationaler Schachtelbeteiligungen, in: Achatz, M. (u.a.) (Hrsg.), Internationale Umgriindungen, Wien 2005, S. 203; Schuch, J., Die Besteuerung unternehmerischer Aktivitaten in Osterreich, in: Thommes, O.I Lang, M./ Schuch, J. (Hrsg.), Investitions- und Steuerstandort Osterreich, 2. Aufl., Wien 2005, S. 32. Vgl. Djanani, C , Gewerbliche Investitionen in Osterreich, Steuern + Gewerbe 1993/4, S. 7; Kofler, H./ Matschek, H., Besteuerung der Leistungsfaktoren, in: Bertl, R.I Djanani, C.I Kofler, H. (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Wien 1998, S. 94 f; Helml, H.I Kirschner, F., Betriebliche Investitionen iiber die Grenze Osterreich/Deutschland, Wien 1995, S. 64; Gradel, C , 1st Osterreich der bessere Steuerstaat?, Stbg 2005, S. 322; Broer, M., Osterreich ist nicht grundsatzlich der bessere Steuerstaat!, Stbg 2005, S. 452 f; Schuch, J., Die Besteuerung unternehmerischer Aktivitaten in Osterreich, in: Thommes, 0.1 Lang, M./ Schuch, J. (Hrsg.), Investitions- und Steuerstandort Osterreich, 2. Autl, Wien 2005, S. 35; s. auch Kofler, G., Steuerstrukturanpassung durch Steuerwettbewerb und Besteuerungsprinzipien, in: Djanani, C.I Kofler, H., Steckel, R. (Hrsg.), Anpassungsprozesse in Wirtschaft und Recht, Festschrift fur Hans Lexa, Wien 1995, S. 506.
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Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidun2smodells anhand eines EU-Staates
Abs. 1 KommStG i.V.m. § 7 Abs. 3 oKStG ein Untemehmen im Sinne des Kommunalsteuergesetzes dar. Die Bemessungsgrundlage ist gem. § 5 Abs. 1 KommStG die Summe der Arbeitslohne, die an die Dienstnehmer i.S.d. § 2 KommStG der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstatte gewahrt worden sind. Der Steuersatz betragt gem. § 9 Satz 1 KommStG 3 % der Bemessungsgrundlage. In Osterreich bestehen gem. § 1 KVG mehrere Kapitalverkehrsteuem in Form der Gesellschaftsteuer, der Wertpapiersteuer sowie der Borsenumsatzsteuer. Wahrend die Wertpapiersteuer ab dem Jahr 1995 nicht mehr erhoben wird und die Borsenumsatzsteuer ab dem 01.10.2000 aul3er Kraft gesetzt wurde, ist die Gesellschaftsteuer noch zu berucksichtigen. Der wichtigste Anwendungsfall ist gem. § 2 Z 1 KVG der Erwerb von Gesellschaftsrechten i.S.d. § 5 Abs. 1 KVG an einer inlandischen Kapitalgesellschaft i.S.d. § 4 Abs. 1-3 KVG durch den ersten Erwerber, so dass sowohl die Griindungseinlagen als auch nachtragliche Kapitalerhohungen von der Gesellschaftsteuer erfasst werden. Die Bemessungsgrundlage stellt gem. § 7 Z 1 Bst. a KVG grundsatzlich der Wert der Gegenleistung dar. Fiir den Fall, dass keine Gegenleistung bewirkt werden muss, ist die Bemessungsgrundlage gem. § 7 Z 1 Bst. b KVG der Wert der Gesellschaftsrechte. Der Steuersatz betragt gem. § 8 KVG 1 % der Bemessungsgrundlage. Steuerschuldner der Gesellschaftsteuer ist gem. § 9 Abs. 1 KVG die Kapitalgesellschaft, wobei fiir den Fall des Erwerbs von Gesellschaftsrechten der Erwerber gem. § 9 Abs. 2 Z 1 KVG fiir die Steuer haftet. Die Gesellschaftsteuer ist allerdings gem. § 1 Z 5 des Neugriindungs-Forderungsgesetzes fur den Erwerb von Gesellschaftsrechten unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugriindung der Gesellschaft durch den ersten Erwerber nicht zu erheben. Spatere Kapitalerhohungen sind somit von dieser begiinstigenden Vorschrift nicht erfasst.
1.2.2 Umstrukturierungen innerhalb von Osterreich In Osterreich wiirden ebenso wie in Deutschland Anderungen der Rechtsform eines Untemehmens (sog. Umgrtindungen) ohne gesetzliche Sondervorschriften wie eine Untemehmensliquidation oder ein Tauschvorgang besteuert werden mit der Folge der Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven.^^^ Aus diesem Grund sieht das Umgriindungssteuergesetz fiir bestimmte UmgriindungsmaBnahmen Sonderregelungen vor, um die sofortige Steuerbelastung auf Ebene der Gesellschaft und/oder auf Ebene ^^^ Vgl. Tumpel, M./ Raffetseder-Amesberger, G., Rechtsformanderung, in: BertI, R./ Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Griindung, Umgriindung, und Beendigung von Unternehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 70; Doralt, W., Steuerrecht
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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des Gesellschafters zu vermeiden. Umgriindungstypische Merkmale in Osterreich sind das Fortbestehen der untemehmerischen Einheit bei Wechsel des Rechtstragers unter Aufrechterhaltung des untemehmerischen Engagements in Form der Beteiligung des Gesellschafters.^^^ Entsprechend der in Deutschland vorgenommenen Zweiteilung kann zwischen begunstigenden Sondervorschriften, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durchgefiihrt werden konnen und auf handelsrechtlichen Vorschriften basieren, sowie begunstigenden Sondervorschriften, die im Wege der Einzelrechtsnachfolge durchgefiihrt werden, unterschieden werden.
1.2.2.1 Umwandlungsmoglichkeiten aufgrund handelsrechtlicher Vorschriften Wahrend im deutschen Umwandlungsgesetz samtliche handelsrechtlichen Formen der Umwandlung geregelt sind, besteht in Osterreich keine allgemeine handelsrechtliche Grundlage ftir Untemehmensumwandlungen. § 202 Abs. 2 oHGB bezeichnet lediglich die Umgriindungsarten und bestimmt die Anwendung besonderer Bilanzierungsvorschriften. Fur die Verschmelzung, Spaltung und Umwandlung bestehen unterschiedliche handelsrechtliche Regelungen. Die handelsrechtliche Verschmelzung wird nur in einzelnen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen gem. §§219ff., 234 oAktG sowie §§ 96 ff. oGmbHG behandelt. Fur Spaltungen gibt es auf handelsrechtlicher Ebene ein eigenes Bundesgesetz uber die Spaltung von Kapitalgesellschaften (SpaltG). Gleiches gilt fur Umwandlungen in Form des Bundesgesetzes iiber die Umwandlung von Handelsgesellschaften (oUmwG). Entsprechend den deutschen Vorschriften ist in Osterreich die Einbringung durch steuerliche Sondervorschriften geregelt, die im UmgrStG enthalten sind.
1.2.2.1.1 Verschmelzung nach dem AktG und GmbHG Der Hauptanwendungsfall der Verschmelzung kennt die Tatbestande der Verschmelzung zweier Aktiengesellschaften gem. §§219ff. oAktG, die Verschmelzung einer GmbH auf eine AG gem. § 234 oAktG sowie die Verschmelzung zweier GmbHs gem. §§96 ff. oGmbHG. Die Verschmelzung einer AG auf eine GmbH ist zwar gesellschaftsrechtlich nicht ausdriicklich normiert, kann aber durchgeftihrt werden, wenn im 2006, 7. Aufl., Wien 2006, S. 99; Hugel, H., Umgriindungssteuergesetz: Allgemeine Grundlagen Verschmelzung, ecolex 1991, S. 802. "^^^ Vgl. Djanani, C , Steuerliche Auswirkungen von statutarischen Strukturanderungsentscheidungen, in: Djanani, C./ Kofler, H., Steckel, R. (Hrsg.), Anpassungsprozesse in Wirtschaft und Recht, Festschrift fur Hans Lexa, Wien 1995, S. 428; Hugel, H./ Muhlehner, J./ Hirschler, K., Osterreichi-
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
Vorfeld der Umstrukturierung ein Formwechsel der AG oder GmbH stattfindet, um im Anschluss die Verschmelzungsregelungen
der §§219ff. oAktG oder §§ 96 ff.
oGmbHG anwenden zu konnen."^"^ Eine Verschmelzung kann entweder in Form der Verschmelzung durch Aufnahme oder der Verschmelzung durch Neugriindung erfolgen. Im Fall der Verschmelzung durch Aufnahme wird das Vermogen der ubertragenden Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine andere bestehende Gesellschaft iibertragen, wobei die Gesellschafter der ubertragenden Gesellschaft als Gegenleistung Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft erhalten. Im Fall der Verschmelzung durch Neugriindung wird das Vermogen zweier oder mehrerer Gesellschaften im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine neu gegrtindete Gesellschaft ubertragen, und die Gesellschafter der ubertragenden Gesellschaften erhalten als Gegenleistung Anteile an der neu gegriindeten Gesellschaft. Die jeweils ubertragende Kapitalgesellschaft wird ohne Abwicklung aufgelost, so dass der Rechtstrager unter Vermeidung der Liquidationsbesteuerung gem. § 19 oKStG erlischt. Gem. §221 Abs. 1, Abs. 2 oAktG wird der Verschmelzungsvertrag nur wirksam, wenn die Hauptversammlung jeder (jesellschaft ihm zustimmt. Der Beschluss der Hauptversammlung bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst. Gem. § 98 oGmbHG bedarf der E^eschluss der Gesellschafter liber die Verschmelzung ebenfalls einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Werden nicht durch Beteiligungsverhaltnisse verbundene Gesellschaften miteinander verschmolzen, mussen die Anteilseigner der ubertragenden Gesellschaft mit Anteilen an der iibernehmenden Gesellschaft abgefunden werden, wobei eine Kapitalerhohung gem. § 150 oAktG bei der iibernehmenden Gesellschaft notwendig ist. Diese Notwendigkeit ergibt sich regelmaBig daraus, dass gem. § 65 Abs. 2 oAktG, § 81 oGmbHG das Halten von eigenen Anteilen auf 10 % des Nennkapitals begrenzt ist und bare Zuzahlungen gem. § 224 Abs. 5 oKStG 10 % des Nennbetrags der gewahrten Anteile an der iibernehmenden Gesellschaft nicht iiberschreiten diirfen. Fiir den Fall, dass verbundene Gesellschaften gegeben sind, werden ebenso wie im deutschen Gesellschaftsrecht fur den Fall eines up-stream merger gem. § 224 Abs. 1 Z 1 oAktG und fur den
sches Umgrundungssteuergesetz, in: Widmann, S./ Mayer, D., Umwandlungsrecht Kommenlar, 86. Erg.Lief., Berlin 2006, Anh. 3: Osterreich, Einleitung, A I. Vgl. Hirschler, K., Verschmelzung von Kapitalgesellschaften (Art I UmgrStG), in: Bertl, R./ Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Griindung, Umgriindung, und Beendigung von Unternehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 85.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidun^smodells an hand eines EU-Staates
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Fall eines down-stream merger gem. § 224 Abs. 2 Z 2 oAktG Kapitalerhohungsverbote ausgesprochen.
X.IJIAJI Spaltung nach dem Spaltungsgesetz Nach osterreichischem Recht muss bei Spaltungen zwischen Handelsspaltungen und Steuerspaltungen unterschieden werden. Handelsspaltungen konnen aufgrund der Vorschriften des SpaltG im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge ohne Abwicklung des iibertragenden Rechtstragers durchgefiihrt werden, wohingegen Steuerspaltungen auBerhalb der Vorschriften des SpaltG aufgrund der §§ 38a-f UmgrStG ausschlieBlich im Wege der Einzelrechtsnachfolge moglich sind. Gem. § 1 Abs. 1 SpaltG kann eine Kapitalgesellschaft ihr Vermogen spalten. Die Spaltung ist gem. § 1 Abs. 2 SpaltG moglich unter Beendigung ohne Abwicklung der iibertragenden Gesellschaft durch gleichzeitige Ubertragung aller ihrer Vermogensteile (Vermogensgegenstande, Schulden und Rechtsverhaltnisse) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf andere dadurch gegriindete neue Kapitalgesellschaften (Aufspaltung zur Neugrlindung) oder auf ubernehmende Kapitalgesellschaften (Aufspaltung zur Aufnahme) oder unter Fortbestand der iibertragenden Gesellschaft durch Ubertragung eines oder mehrerer Vermogensteile dieser Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine oder mehrere dadurch gegrundete neue Kapitalgesellschaften (Abspaltung zur Neugriindung) oder auf iibernehmende Kapitalgesellschaften (Abspaltung zur Aufnahme) gegen Gewahrung von Anteilen der neuen oder ubernehmenden Kapitalgesellschaften an die Anteilseigner der ubertragenden Gesellschaft. Zusammengefasst konnen sowohl die Aufspaltung (§ 1 Abs. 2 Z 1 SpaltG) als auch die Abspaltung (§ 1 Abs. 2 Z 2 SpaltG) im Wege der Sonderrechtsnachfolge zur Neugrundung (§§2ff. SpaltG), zur Aufnahme (§ 17 i.V.m. §§ 2 ff SpaltG) oder gem. § 1 Abs. 3 SpaltG gleichzeitig auf neue und ubernehmende Kapitalgesellschaften vollzogen werden. Der personliche Anwendungsbereich der Spaltung nach dem SpaltG ist allerdings auf inlandische Kapitalgesellschaften beschrankt, so dass insbesondere Spaltungen auf auslandische Kapitalgesellschaften nicht zugelassen werden."''^ Da die Spaltung groBe Ahnlichkeit mit der Verschmelzung aufweist, kann auf die handels-rechtlichen
Vorschriften
bezuglich
der Verschmelzung
zur
Neugrundung
(§§ 233 ff oAktG) und zur Aufnahme (§§ 220 ff oAktG) verwiesen werden. Dies bestimmt § 17 Z 5 SpaltG ausdriicklich fur die Spaltung zur Aufnahme. Auf diese Weise ^^^ Vgl. Hirschler, K., Spaltung (Art VI UmgrStG), in: Bertl, K.I Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Griindung, Umgrundung, und Beendigung von Unternehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 268.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
sind fiir den Fall, dass bei der oder den neuen bzw. ubemehmenden Gesellschaften Kapitalerhohungen durchgefiihrt werden miissen, die flir die Verschmelzung geltenden Regelungen des § 224 oAktG ebenfalls anzuwenden. Beziiglich der Gewahrung von Anteilen an die Gesellschafter der (ibertragenden Gesellschaft muss zwischen verhaltniswahrenden und nicht-verhaltniswahrenden Spaltungen unterschieden werden. Im Rahmen einer verhaltniswahrenden Spaltung sind die Gesellschafter an der oder den neuen bzw. ubemehmenden Kapitalgesellschaften im gleichen Verhaltnis beteiligt, wie sie auch an der iibertragenden Kapitalgesellschaft beteiligt waren. Im Rahmen einer nicht-verhaltniswahrenden Spaltung kommt es zu einer Anderung der Beteiligungshohe an der oder den Nachfolgegesellschaften bzw. der spaltenden Gesellschaft im Vergleich zur Beteiligungshohe vor der Spaltung, so dass auch eine Trennung von Gesellschafterstammen moglich ist. Die verhaltniswahrende Spaltung bedarf gem. § 8 Abs. 1 SpaltG eines Beschlusses der Anteilseigner, der bei einer AG mit einer Mehrheit von 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals und bei einer GmbH von 75 % der abgegebenen Stimmen zu fassen ist. Im Rahmen einer nicht-verhaltniswahrenden Spaltung muss der Beschluss gem. § 8 Abs. 3 SpaltG mit einer Mehrheit von 90 % des gesamten Nennkapitals gefasst werden. Daruber hinaus sind die besonderen Zustimmungserfordernisse gem. § 10 SpaltG zu beachten. Fiir die aufnehmende Gesellschaft sind die Zustimmungserfordernisse der §§ 221 bzw. 231 oAktG zu beachten. Dem Minderheitenschutz beziiglich der bei der Spaltung nicht zustimmenden Gesellschafter wird dadurch Rechnung getragen, dass bei der nicht-verhaltniswahrenden Spaltung jedem widersprechenden Gesellschafter gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 SpaltG ein Anspruch auf angemessene Barabtlndung seiner Anteile gem. § 2 Abs. 1 Z 13 SpaltG zusteht. Gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 SpaltG steht dieser Anspruch einem widersprechenden Anteilsinhaber nicht zu, wenn eine verhaltniswahrende Spaltung durchgeftihrt wird. Zum Schutz der Glaubiger ist § 15 Abs. 1 SpaltG zu beachten, nach dem den Glaubigem der spaltenden Gesellschaft ftir bis zur Eintragung der Spaltung ins Firmenbuch begrtindete Verbindlichkeiten neben der Gesellschaft, der die Verbindlichkeit nach dem Spaltungsplan zugeordnet wurde, auch alle anderen an der Spaltung beteiligten Gesellschaften bis zur Hohe des ihnen jeweils zugeordneten Nettoaktivvermogens haften. Ein weiteres Instrument des Glaubigerschutzes ist der in § 3 Abs. 1 SpaltG normierte Summengrundsatz, der die Forderung formuliert, dass die Summe des Nennkapitals sowie die Summe der gebundenen Rticklagen aller Nachft)lgegesellschaften mindestens die Summe des Nennkapitals und der gebundenen Riicklagen der iibertragenden Gesellschaft vor der Spaltung erreichen muss. Diese Vorschrift hat zum Ziel,
Kapitel HI: Konkretisieruns des Entscheidun2smodells anhandeines EU-Staates
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dass das nicht fiir die Gewinnausschuttung an die Gesellschafter bestimmte Kapital der spaltenden Gesellschaft nicht mittels der Spaltung anderen Zwecken zugefiihrt wird.^^^ Auf die Spaltung zur Aufnahme findet der Summengrundsatz allerdings keine Anwendung.
1.2.2.1.3 Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz Gem. § 1 oUmwG konnen Kapitalgesellschaften unter Ausschluss der Abwicklung durch Ubertragung des Untemehmens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen Gesellschafter oder in eine OHG, KG oder eingetragene Erwerbsgesellschaft als Nachfolgerechtstrager umgewandelt werden. Somit wird eine Unterscheidung vorgenommen zwischen der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft („errichtende Umwandlung" gem. § 7 Abs. 1 Z 1 UmgrStG, § 5 oUmwG) und der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft auf den Hauptgesellschafter („verschmelzende Umwandlung" gem. § 7 Abs. 1 Z 2 UmgrStG, §§ 2 ff. oUmwG). Fur Umstrukturierungen zwischen Kapitalgesellschaften ist daher lediglich die verschmelzende Umwandlung relevant. Voraussetzung in diesem Fall ist, dass der Hauptgesellschafter selbst die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft hat. In diesem Fall kann gem. § 2 oUmwG die Hauptversammlung der Kapitalgesellschaft die Umwandlung durch Ubertragung des Untemehmens auf den Hauptgesellschafter beschlieBen, wenn ihm Anteilsrechte i.H.v. mindestens 90 % des Nennkapitals gehoren und er ftir die Umwandlung stimmt. Gem. § 2 Abs. 2 Z 1 oUmwG geht das Vermogen der iibertragenden Kapitalgesellschaft einschlieBlich der Schulden im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Hauptgesellschafter iiber, so dass im Ergebnis ein up-stream merger vorliegt. Die Kapitalgesellschaft erlischt gem. § 2 Abs. 2 Z 2 oUmwG im Anschluss, wobei es keiner besonderen Loschung bedarf Ist der Hauptgesellschafter zu 100 % an der ubertragenden Gesellschaft beteiligt, ergeben sich im Fall einer Inlandsumwandlung keine Unterschiede zur Verschmelzung. Liegt dagegen eine Beteiligung unter 100% vor, d.h. eine Beteiligung zwischen 90 % und 100 %, besteht im Verhaltnis zur Verschmelzung der wesentliche Unterschied darin, dass die Minderheitsgesellschafter gem. § 2 Abs. 2 Z 3 oUmwG gegen eine angemessene Barabfmdung ausgeschlossen werden konnen. Auf diese Weise besteht der Hauptunterschied zwischen Umwandlungen und Verschmelzungen in der Moglichkeit zum squeeze-out der Minderheitsgesellschafter im Rahmen von Umwandlungen. Dariiber hinaus besteht in Bezug auf grenzuber^^^ Vgl. Hirschler, K., Spaltung (Art VI UmgrStG), in: Bertl, K.I Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band HI, Griindung, Umgrundung, und Beendigung von Unternehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 271.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
schreitende Umgrundungen im Gegensatz zur Verschmelzung gem. § 7 Abs. 1 Z 2 Spiegelstrich 2 UmgrStG die Moglichkeit, eine inlandische Kapitalgesellschaft auf eine auslandische Kapitalgesellschaft als Hauptgesellschafter zu verschmelzen (sog. Herausumwandlung). Gem. § 2 Abs. 3 oUmwG sind im Ubrigen die handelsrechtlichen Vorschriften iiber die Verschmelzung durch Aufnahme sinngemaB anzuwenden. An die Stelle des Verschmelzungsvertrages tritt ein Umwandlungsplan, den der Vorstand bzw. die Geschaftsfiihrung der umzuwandelnden Kapitalgesellschaft gemeinsam mit dem Hauptgesellschafter aufzustellen hat. Des Weiteren ist keine Bestimmung eines Umtauschverhaltnisses notwendig, sondem die Festlegung der Hohe der baren Abfmdung i.S.d. § 224 Abs. 5 oAktG fur die Anteilsrechte.
1.2.2.2 Umwandlungsmoglichkeiten nach dem Umgriindungssteuergesetz Da in Osterreich keine gesetzliche Definition fiir den Umgriindungsbegriff existiert, kann dieser nur durch die im Umgriindungssteuergesetz genannten Arten der Rechtsformanderung bestimmt werden. Das Umgriindungssteuergesetz ist in sieben Artikel gegliedert, die in der folgenden Ubersicht zusammengefasst werden:
Umwandlungsarten nach dem Umgriindungssteuergesetz Artikel I, §§ 1-6. Verschmelzung Artikel II, §§7-11. Umwandlung Artikel III, §§ 12-22. Einbringung Artikel IV, §§ 23-26. ZusammenschluB Artikel V, §§ 27-31. Realteilung Artikel VI, §§ 32-38f. Spaltung Abbildung 26: Umwandlungsarten nach dem Umgriindungssteuergesetz
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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Bei einem Zusammenschluss gem. Art. IV UmgrStG werden einzelne Betriebe, Teilbetriebe^^^ oder Mituntemehmeranteile auf eine Personengesellschaft libertragen. Im Rahmen einer Realteilung gem. Art. V UmgrStG findet eine Teilung des Vermogens einer Personengesellschaft in Einzelbetriebe der Gesellschafter statt. Aufgrund der ausschlieBlichen Betrachtung von Kapitalgesellschaften miissen somit die Umwandlungsarten der Verschmelzung, Umwandlung, Spaltung und Einbringung analysiert werden.
1.2.2.2.1 Verschmelzung von Kapitalgesellschaften Die steuerrechtlichen Vorschriften zur Verschmelzung von Kapitalgesellschaften fmden sich in den §§1-6 UmgrStG. Gem. § 1 Abs. 1 Z 1-3 UmgrStG konnen steuerliche Verschmelzungen auf Grundlage der handelsrechtlichen Vorschriften durchgeftihrt werden. Da die handelsrechtlichen Vorschriften lediglich auf inlandische Rechtstrager Anwendung fmden,^^^ sind die steuerlichen Vorschriften grundsatzlich auch nur ftir Gesellschaften mit Sitz oder Hauptverwaltung in Osterreich anwendbar. Allerdings bestimmt § 1 Abs. 1 Z 4 i.V.m. § 1 Abs. 3 UmgrStG, dass unter den Begriff der Verschmelzung auch die Verschmelzung auslandischer Korperschaften im Ausland aufgrund vergleichbarer Vorschriften fallt. Grundvoraussetzung fur die steuerliche Begunstigung der Verschmelzung ist gem. § 1 Abs. 2 UmgrStG, dass das Besteuerungsrecht Osterreichs hinsichtlich der stillen Reserven einschlieBlich eines eventuellen Firmenwerts bei der iibemehmenden Kapitalgesellschaft nicht eingeschrankt wird."^^^ Somit sind Verschmelzungen zwischen unbeschrankt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften oder von einer beschrankt steuerpflichtigen auf eine unbeschrankt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft im Rahmen einer Hineinverschmelzung steuerlich unproblematisch, sofem die ubemehmende Kapitalgesellschaft nicht gem. § 5 oKStG steuerbefreit ist. Im Fall einer Herausverschmelzung findet ebenfalls kein Besteuerungsverlust an den stillen Reserven des ubergehenden Vermogens statt, wenn das ubergehende Vermogen in Osterreich eine Betriebsstatte darstellt und das mit dem Sitzstaat der aufnehmenden Gesellschaft abgeschlosVgl. zur Definition des Teilbetriebs Kofler, H./ Nadvomik, W., Grundbegriffe der Untemehmensbesteuerung, in: Bertl, R./ Djanani, CI Kofler, H. (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre,Wien 1998,8.61. S. auch Lechner, E., Internationale Verschmelzungen und Umwandlungen im UmgrStG, ecolex 1992,8.356. Vgl. Fraberger, F./ Zochling, H., Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben ftir die Neuregelung der Wegzugsbesteuerung durch den osterreichischen Gesetzgeber - Teil II -, 08tZ 2004, 8. 435; 8taringer, C , Grenziiberschreitende Verschmelzung, Umwandlung und 8itzverlegung nach dem Abgabenanderungsgesetz 2004, 8WI 2005, 8. 215.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
sene Doppelbesteuerungsabkommen das Betriebsstattenprinzip gem. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 OECD-MA vorsieht. Kann das Steuerverstrickungserfordemis des Art. 1 Abs. 2 UmgrStG nicht eingehalten werden, sind die §§ 2-6 UmgrStG nicht anwendbar mit der Folge einer Liquidationsbesteuerung gem. § 20 Abs. 1 Z 1 i.V.m. § 19 oKStG. Fiir diesen Fall besteht allerdings gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 UmgrStG eine weitergehende Begtinstigung ftir Herausverschmelzungen auf EU-Kapitalgesellschaften, indem die Steuerfestsetzung bis zur tatsachlichen Realisierung der stillen Reserven aufgeschoben werden kann. Auf Ebene der tibertragenden Kapitalgesellschaft bestimmt § 2 Abs. 1 UmgrStG, dass bei der Ermittlung des Gewinns das Betriebsvermogen am Verschmelzungsstichtag mit dem Wert anzusetzen ist, der sich nach den Vorschriften iiber die Gewinnermittlung gem. § § 4 Abs. 1, 5 oEStG ergibt. Auf diese Weise unterbleibt eine Aufdeckung der stillen Reserven. Im Gegensatz zu der deutschen Regelung des § 11 UmwStG sieht § 2 Abs. 1 UmgrStG zwingend eine Fortflihrung der Buchwerte in der der Verschmelzung zugrunde zu legenden Schlussbilanz vor.^^^ Auf diese Weise ist die Entstehung eines Ubertragungsgewinns nicht moglich. Ausnahmen von dem Gebot der Buchwertfortfiihrung ergeben sich gem. § 2 Abs. 2 Z 1 UmgrStG bei Verschmelzungen inlandischer Kapitalgesellschaften, soweit auslandisches Vermogen iibertragen wird, sowie gem. § 2 Abs. 2 Z 1 UmgrStG bei Verschmelzungen mit einer auslandischen Kapitalgesellschaft. In diesem Fall besteht ein Aufwertungswahlrecht beziiglich des auslandischen Vermogens, wenn die Verschmelzung im Ausland zur Gewinnverwirklichung fiihrt und mit dem betreffenden auslandischen Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, das in diesem Fall die Anwendung der Anrechnungsmethode vorsieht.^^' Zweck dieser Vorschrift ist, durch die Aufwertung einen auslandischen Gewinn entstehen zu lassen, der nach osterreichischen Vorschriften in das Welteinkommen miteinbezogen wird, damit die im Ausland erhobene Steuer angerechnet werden kann. Die ublicherweise als Gegenleistung gewahrten Anteile werden demzufolge auf den gemeinen Wert i.S.d. § 6 Abs. 1 Z 14 Bst. a Satz 2 oEStG, § 10 Abs. 2 oBewG aufgestockt.
Vgl. Hirschler, K., Verschmelzung von Kapitalgesellschaften (Art I UmgrStG), in: Bertl, K.I Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Grundung, Umgnindung, und Beendigung von Untemehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 92; Huge!, H./ Muhlehner, J./ Hirschler, K., Osterreichisches Umgriindungssteuergesetz, in: Widmann, S./ Mayer, D., Umwandlungsrecht Kommentar, 86. Erg.Lief., BerHn 2006, Anh. 3: Osterreich, § 2, A 2. Vgl. auch Hirschler, K., Internationale Umgrundungen, in: Bertl, K.I Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Grundung, Umgriindung, und Beendigung von Untemehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 316.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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Die ubemehmende Kapitalgesellschaft hat gem. § 3 Abs. 1 Z 1 UmgrStG die zum Verschmelzungsstichtag steuerlich maBgebenden Buchwerte gem. § 2 Abs. 1 UmgrStG fortzuflihren. Die Wertfortfiihrung betrifft dabei sowohl die Buchwerte i.S.d. § 2 Abs. 1 UmgrStG als auch das im Rahmen des § 2 Abs. 2 UmgrStG aufgewertete Vermogen, so dass die ubemehmende Gesellschaft die Werte aus der Verschmelzungsbilanz der ubertragenden Gesellschaft zu ubemehmen hat. Eine Ausnahme von dieser Vorschrift bildet § 3 Abs. 1 Z 2 UmgrStG fur den Fall grenziiberschreitender Verschmelzungen, indem im Fall einer Hineinverschmelzung der Ansatz der ubemommenen Vermogenswerte mit dem gemeinen Wert zu erfolgen hat. Korrespondierend zu § 2 Abs. 3 UmgrStG ist gem. § 3 Abs. 1 Z 3 UmgrStG der iibemehmenden Kapitalgesellschaft das iibertragene Vermogen ab dem Tag, der dem Verschmelzungsstichtag ft)lgt, zuzurechnen. Wie im deutschen Umwandlungssteuerrecht kann bei gegenseitigen Beteiligungsverhaltnissen ein Buchgewinn bzw. Buchverlust entstehen, wenn der Buchwert der untergehenden Beteiligung niedriger bzw. hoher als das Verschmelzungskapital ist. Dieser bleibt entsprechend der deutschen Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG gem. § 3 Abs. 2 UmgrStG bei der Gewinnermittlung auBer Ansatz. Ergibt sich aus der Vereinigung von Aktiva und Passiva ein Ubemahmeft)lgeergebnis, wird dieses gem. § 3 Abs. 3 UmgrStG in dem Wirtschaftsjahr steuerlich berucksichtigt, das dem Verschmelzungsstichtag folgt. Somit ist die deutsche Vorschrift des § 12 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 UmwStG, die eine Verteilung des Gewinns auf drei Jahre mit Hilfe der Bildung einer Riicklage erlaubt, als vergleichsweise vorteilhaft anzusehen. Entsteht durch die Verschmelzung aufgrund von im ubertragenen Vermogen enthaltenen Beteiligungen bei der iibemehmenden Kapitalgesellschaft eine intemationale Schachtelbeteiligung i.S.d. § 10 Abs. 2 oKStG oder wird ihr AusmaB erweitert, ist gem. § 3 Abs. 4 UmgrStG hinsichtlich der bisher nicht steuerbegunstigten Beteiligungsquoten auf den Unterschiedsbetrag zwischen den Buchwerten und den hoheren Teilwerten die Steuerfi-eiheit bei VerauBemng der Beteiligung gem. § 10 Abs. 3 oKStG nicht anzuwenden. Ziel dieser Vorschrift ist, dass die vor der Entstehung der intemationalen Schachtelbeteiligung steuerverstrickten stillen Reserven steuerverstrickt bleiben.^^^
Vgl. Htigel, H./ Miihlehner, J./ Hirschler, K., Osterreichisches Umgriindungssteuergesetz, in: Widmann, S./ Mayer, D,, Umwandlungsrecht Kommentar, 86. Erg.Lief., Berlin 2006, Anh. 3: Osterreich, § 3, A 35; vgl. auch Hugel, H., Buchgewinne und -verluste, Firmenwertabschreibung, Intemationale Schachtelbeteiligung, ecolex 1991, S. 879.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Dariiber hinaus ist im Rahmen der Verschmelzung die sog. „Aquivalenzverletzung" gem. § 6 Abs. 2 UmgrStG zu beachten. Eine solche Verletzung liegt vor, wenn die Beteiligungsverhaltnisse nach der Verschmelzung nicht den tatsachlichen Wertverhaltnissen entsprechen und kein Wertausgleich vorgenommen wird. In diesem Fall gilt die Wertdifferenz als unentgeltlich zugewendet mit der Folge einer eventuellen Schenkungssteuerpflicht. Des Weiteren ist zu priifen, inwieweit durch die Verschmelzung bei der Ubemehmenden Kapitalgesellschaft eine Belastung mit Verkehrsteuem ausgelost wird. § 6 Abs. 3 UmgrStG bestimmt, dass Verschmelzungen nach § 1 UmgrStG als nicht steuerbare Umsatze i.S.d. oUStG gelten, da die ubemehmende Korperschaft fiir den Bereich der Umsatzsteuer unmittelbar in die Rechtsstellung der ubertragenden Korperschaft eintritt. Gem. § 6 Abs. 4 UmgrStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Z 3 KVG sind Verschmelzungen nach § 1 UmgrStG von den Kapitalverkehrsteuem befreit, wenn die iibertragende Korperschaft am Tag der Anmeldung des Verschmelzungsbeschlusses zur Eintragung in das Firmenbuch bereits langer als zwei Jahre besteht. AuBerdem bestimmt § 6 Abs. 1 Z 3 KVG, dass von der Gesellschaftsteuerpflicht der Erwerb von Gesellschaftsrechten Oder dessen Erhohung ausgenommen sind, wenn und soweit auf die Kapitalgesellschaft als Gegenleistung das gesamte Vermogen, ein Betrieb oder Teilbetrieb einer anderen Kapitalgesellschaft ubertragen wird. Sinn dieser Vorschrift ist die Vermeidung eines emeuten Anfalls von Gesellschaftsteuer ftir Vermogen, das bereits einmal mit Gesellschaftsteuer belastet wurde.^^'' Auf diese Weise unterliegen Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften grundsatzlich keiner Gesellschaftsteuer. Werden aufgrund der Verschmelzung inlandische Grundstiicke gem. § 1 Abs. 1, Abs. 2 oGrEStG ubertragen, fallt gem. § 6 Abs. 5 oUmgrStG Grunderwerbsteuer auf den zweifachen Einheitswert an.^^"* Ublicherweise ist ftir den Fall, dass keine Gegenleistung fiir die Grundstucksubertragung gewahrt wird mit der Folge, dass die Steuer von dem Wert des Grundstiicks bzw. einer Wertdefmition berechnet werden muss, von dem Dreifachen des Einheitswerts auszugehen (§ 6 oGrEStG). Die Vorschrift des § 6 Abs. 5 UmgrStG, die als Bemessungsgrundlage lediglich das Doppelte des Einheitswerts bestimmt, ist somit als Begiinstigung von Verschmelzungen anzusehen. Der Steuersatz der Grunderwerbsteuer betragt gem. § 7 Z 3 oGrEStG 3,5 %. Die Grunderwerbsteuer
Vgl. Hirschler, K., Verschmelzung von Kapitalgesellschaften (Art I UmgrStG), in: Bertl, R./ Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Griindung, Umgriindung, und Beendigung von Untemehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 116. ^^^ Vgl. Tz. 330, 335, 337 UmgrStR.
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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aufgrund einer Umgriindung ist nicht als Anschafftingsnebenkosten zu aktivieren, sondem stellt eine sofort abzugsfahige Betriebsausgabe dar.^^^ Auf Ebene der an der Verschmelzung beteiligten Anteilseigner stellt § 5 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG die Steuemeutralitat sicher, indem der Austausch von Anteilen aufgrund der Verschmelzung nicht als steuerpflichtiger Tausch i.S.d. § 6 Z 14 oEStG gilt. Die neu erworbenen Anteile treten auf diese Weise an die Stelle der untergegangenen Anteile, so dass keine Gewinnrealisation eintritt. Entsprechend der deutschen Vorschrift des § 13 Abs. 1 UmwStG wird die Steuemeutralitat auf Ebene des Anteilseigners dadurch gewahrt, dass die Anteile an der iibertragenden Gesellschaft zum Buchwert verauBert und die an deren Stelle tretenden Anteile als mit diesem Wert angeschafft gelten. Diese Identitatsfiktion der Anteile nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG gilt gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG auch in den Fallen, in denen das Besteuerungsrecht Osterreichs an den stillen Reserven nicht sichergestellt ist, unter der Voraussetzung, dass es sich bei der ubemehmenden Gesellschaft um eine EU-Kapitalgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 2 UmgrStG handelt und der Anteilseigner ebenfalls in einem EU-Mitgliedstaat ansassig ist. Gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 UmgrStG kiirzen Zuzahlungen i.S.d. § 224 Abs. 5 oAktG die Anschaffungskosten bzw. Buchwerte der Anteile und fiihren somit erst im Zeitpunkt der VerauBerung der Beteiligung zu einer Steuerpflicht. Beziiglich der steuerlichen Qualifikation der Anteile bestimmt § 5 Abs. 2 UmgrStG, dass die Behaltefristen der alten Anteile nach §§ 30 und 31 oEStG in den neuen Anteilen fortgesetzt werden. Dies gih aufgrund von § 5 Abs. 1 UmgrStG auch flir die Haltefrist gem. § 12 Abs. 3 oEStG. Geht durch die Verschmelzung die Eigenschaft von Anteilen als Beteiligung i.S.d. § 31 oEStG unter, d.h. sinkt die Beteiligungsquote unter 1 %, gelten diese Anteile gem. § 5 Abs. 3 UmgrStG fiir zehn Jahre nach Ablauf des Verschmelzungsstichtages weiterhin als Beteiligung i.S.d. § 31 oEStG, so dass auf diese Weise eine verschmelzungsbedingte Steuerentstrickung verhindert wird. Diese Vorschrift entspricht weitgehend § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, wobei die deutsche Regelung jedoch keine zeitliche Befristung der Verstrickung der stillen Reserven vorsieht. Die osterreichische Vorschrift bestimmt allerdings eine Steuerhangigkeit von zehn Jahren, die folglich doppelt so lange wie im Fall von § 31 oEStG ausgestaltet ist. Liegt der umgekehrte Fall vor, d.h. entsteht durch die Verschmelzung eine Beteiligung i.S.d. § 31 oEStG, darf der Anteilseigner gem. § 5 Abs. 4 UmgrStG die Beteiligung mit dem gemeinen Wert ansetzen, so dass die bis zu diesem Zeitpunkt gelegten stillen Reserven
^^^ Vgl. Tz. 141 UmgrStR; vgl. auch Hugel, H./ Muhlehner, J./ Hirschler, K., Osterreichisches Umgriindungssteuergesetz, in: Widmann, S./ Mayer, D., Umwandlungsrecht Kommentar, 86. Erg.Lief., Berlin 2006, Anh. 3: Osterreich, § 6, A 27.
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Kapitel III: Konkretisieruns
des Entscheidunssmodells
anhand eines
EU-Staates
keiner Besteuerung unterliegen. Diese Regelung ist mit der deutschen Vorschrift des § 13 Abs. 2 Satz 3 UmwStG inhaltsgleich. Diese Zusammenhange werden in der folgenden Ubersicht dargestellt:
Steuerverhaftung vor / nach Verschmelzung
Sicherstellung der Steuerverhaftung
RechtsGrundlage
Betriebsvermogen
ja/ja
Anschaffiing zum Buchwert
§ 5 Abs. 1 UmgrStG |
Privatvermogen i.S.d. §§ 30, 31 oEStG
ja/ja
Privatvermogen i.S.d. § 31 oEStG, die durch Verschmelzung unter 1 % sinken
ja/ja
Art der Anteile
Ubemahme der Anschaffungskosten Ubemahme der Anschaffungskosten, Steuerverhaftung fiir 10 Jahre
§ 5 Abs. 2 UmgrStG § 5 Abs. 3 UmgrStG
Privatvermogen und keine Anteile i.S.d. §31 oEStG
nein / nein
nicht notwendig
-
Privatvermogen, die durch Verschmelzung erstmalig zu Anteilen i.S.d. § 31 oEStG werden
nein/ja
Als Anschaffungskosten gilt der gemeine Wert
§ 5 Abs. 4 UmgrStG
Abbildung 27: Sicherstellung der Steuerverhaftung der Anteile bei Verschmelzung in Osterreich
1.2.2.2.2 Umwandlung von Kapitalgesellschaften Die steuerlichen Vorschriften zur Umwandlung von Kapitalgesellschaften befmden sich in §§7-11 UmgrStG. Gem. § 7 Abs. 1 UmgrStG basiert die steuerliche Umwandlung auf den handelsrechtlichen Vorschriften des oUmwG. Im Folgenden wird ausschlieBlich auf die flir die vorliegende Untersuchung relevante steuerliche Behandlung der verschmelzenden Umwandlung auf eine Kapitalgesellschaft als Hauptgesellschafter eingegangen. § 7 UmgrStG setzt ftir die Steuemeutralitat der Umwandlung die Ubertragung eines Betriebs im Sinne des oEStG voraus. Demnach ist von einem Betrieb auszugehen, wenn menschliche Arbeitskraft und sachliche Produktionsmittel in einer organisatorischen Einheit zusammengefasst werden, so dass ausschlieBlich vermogensverwaltende Gesellschaften (z.B. Holdinggesellschaften) das Betriebserfordemis nicht erftillen.^^^ Vgl. Djanani, C.I Neumeister, F., Umwandlung von Kapitalgesellschaften (Art II UmgrStG), in: Bertl, R./ Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Grundung, Umgriindung, und Beendigung von Untemehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 130 f
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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Die Vorschrifl, dass inlandisches Vermogen in Fallen der verschmelzenden Umwandlung stets wie BetriebsvermSgen eines Gewerbetreibenden zu behandeln ist, wurde durch das osterreichische Abgabenanderungsgesetz 2005 gem. 3. Teil Z 11 UmgrStG mit Wirkung ab 01. Februar 2006 gestrichen. Gem. § 7 Abs. 1 Z 2 Spiegelstrich 2 UmgrStG kann die ubemehmende Kapitalgesellschaft eine buchfiihrungspflichtige unbeschrankt oder beschrankt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft gem. § 7 Abs. 3 oKStG oder eine EU-Kapitalgesellschaft sein. Gem. § 7 Abs. 1 Z 3 UmgrStG sind die §§7-11 UmgrStG auch auf vergleichbare Umwandlungen auslandischer Korperschaflen im Ausland anwendbar. Gem. § 7 Abs. 2 UmgrStG ist Grundvoraussetzung flir die Anwendbarkeit der Vorschriften des UmgrStG, dass das Besteuerungsrecht Osterreichs hinsichtlich der stillen Reserven einschliefilich eines Firmenwerts des iibertragenen Vermogens beim ubernehmenden Rechtsnachfolger nicht eingeschrankt wird. Auf diese Weise wird die uneingeschrankte Steuerverstrickung der stillen Reserven der umgewandelten Gesellschaft in Osterreich gefordert. Dieses Steuerhangigkeitserfordemis ist analog zu § 1 Abs. 2 UmgrStG im Rahmen von Verschmelzungen ausgestaltet. Auf Ebene der ubertragenden Kapitalgesellschaft ergeben sich die steuerlichen Folgen der Umwandlung aus § 8 Abs. 1 UmgrStG, der entsprechend dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 UmgrStG bestimmt, dass die iibertragende Gesellschafl ihr Betriebsvermogen am Umwandlungsstichtag mit dem Wert anzusetzen hat, der sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften iiber die Gewinnermittlung gem. §§ 4 Abs. 1, 5 oEStG ergibt. Die Folge dieser Regelung ist ebenfalls die zwingende erstragsteuerliche Buchwertfortfiihrung.^^^ Auf diese Weise unterbleibt die Aufdeckung der stillen Reserven und damit eine Liquidationsbesteuerung nach §§19, 20 oKStG, da kein Ubertragungsgewinn entstehen kann. Wie auch im Rahmen der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften besteht fur bestimmte Auslandssachverhalte eine Ausnahme von der steuerlichen Pflicht zur Buchwertfortflihrung. Gem. § 8 Abs. 2 Z 1 UmgrStG kann das in die Umwandlung einbezogene auslandische Vermogen und gem. § 8 Abs. 2 Z 2 UmgrStG das inlandische Vermogen einer umzuwandelnden auslandischen
Kapitalgesellschaft
wahlweise auf die Liquidationswerte gem. § 20 oKStG aufgewertet werden, wenn die Umwandlung im Ausland zu einer Gewinnrealisierung fiihrt und mit dem betreffenden auslandischen Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, das fiir diesen Fall die Anrechnungsmethode vorsieht. Macht somit eine umzuwandelnde inlandische Kapi-
^^^ Vgl. Djanani, C.I Neumeister, F., Umwandlung von Kapitalgesellschaften (Art II UmgrStG), in: Bertl, R./ Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Griindung, Umgrtindung, und Beendigung von Untemehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 133.
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Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidumsmodells anhand eines EU-Staates
talgesellschaft von dem Aufwertungswahlrecht Gebrauch, sind die stillen Reserven des betroffenen Auslandsvermogens im Inland zu versteuem. Auf die darauf entfallende Steuer kann allerdings die auslandische Steuer angerechnet werden. Auf diese Weise wird verhindert, dass die im Ausland gezahlte Steuer mangels Besteuerung in Inland keine Deckung im Anrechnungshochstbetrag fmdet, wahrend der durch die spatere Auflosung der stillen Reserven in Osterreich entstehenden Steuerbelastung im Inland keine auslandische Steuer zur Anrechnung gegeniibersteht. In Ergebnis kann eine durch die unterschiedlichen Besteuerungszeitpunkte im In- und Ausland verursachte Doppelbesteuerung durch die im Rahmen des Aufstockungswahlrechts vorgenommene freiwillige Aufdeckung der stillen Reserven vermieden werden.^^^ Die ubemehmende Kapitalgesellschaft als Hauptgesellschafter gilt gem. § 7 Abs. 3, § 9 UmgrStG als Rechtsnachfolger der iibertragenden Kapitalgesellschaft. Gem. § 9 Abs. 1 Z 1 UmgrStG hat der Rechtsnachfolger die zum Umwandlungsstichtag maBgebenden Buchwerte i.S.d. § 8 UmgrStG fortzufiihren. Analog zu § 3 Abs. 1 UmgrStG beziiglich Verschmelzungen gilt die Wertfortftihrung sowohl fiir die Buchwerte i.S.d. § 8 Abs. 1 UmgrStG als auch ftir das aufgewertete Vermogen i.S.d. § 8 Abs. 2 UmgrStG, so dass die ubemehmende Kapitalgesellschaft die identischen Werte aus der Umwandlungsbilanz der iibertragenden Gesellschaft zu iibemehmen hat. Dabei entsteht bei dem iibemehmenden Hauptgesellschafter ein Buchgewinn, wenn der steuerliche Wert des iibemommenen Vermogens hoher ist als der steuerliche Buchwert der Beteiligung an der iibertragenden Kapitalgesellschaft; korrespondierend entsteht ein Buchverlust, wenn der Beteiligungsansatz hoher als das iibemommene Vermogen ist. Gem. § 9 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 UmgrStG bleiben sowohl Buchgewinne als auch -verluste steuerlich auBer Ansatz. Abweichend davon unterliegen Konfusionsgewinne, die sich aus der Vereinigung von Forderungen und Verbindlichkeiten bei der ubernehmenden Kapitalgesellschaft ergeben, unabhangig vom Ubemahmeergebnis der Besteuerung in dem Wirtschaftsjahr, das dem Umwandlungsstichtag folgt (§§9 Abs. 2, 3 Abs. 3 UmgrStG). Beziiglich der Verkehrsteuerbelastung der Umwandlung ist wie auch bei der Verschmelzung festzustellen, dass Umwandlungen gem. § 11 Abs. 3 UmgrStG nicht als steuerbare Umsatze im Sinne des oUStG gelten. Dariiber hinaus sind Umwandlungen gem. § 11 Abs. 4 UmgrStG von den Kapitalverkehrsteuem befreit, wenn die iibertragende Korperschaft am Tag der Anmeldung des Umwandlungsbeschlusses zur Eintra-
^^^ Vgl. Djanani, C./ Neumeister, F., Umwandlung von Kapitaigesellschaften (Art II UmgrStG), in: Bertl, R./ Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Griindung, Umgrundung, und Beendigung von Untemehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 134.
Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidunssmodells anhandeines EU-Staates
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gung in das Firmenbuch langer als zwei Jahre bestanden hat. Allerdings ist die Bedeutung dieser Vorschrift als gering anzusehen, da bereits § 6 Abs. 1 Z 2 Bst. a KVG i.V.m. § 6 Abs. 1 Z 3 KVG ohne zeitliche Beschrankung versehene Befreiungsvorschriften bereithalten.^^^ Werden Grundstiicke im Rahmen der Umwandlung gem. § 1 Abs. 1, 2 oGrEStG iibertragen, ist nach § 11 Abs. 5 UmgrStG die Grunderwerbsteuer vom Zweifachen des Einheitswerts zu berechnen. Auf Ebene der Minderheitsgesellschafler stellt die Abfindung einen VerauBerungsvorgang dar, der nach den allgemeinen Grundsatzen zu einer Steuerpflicht fiihrt.
1.2.2.2.3 Spaltung von Kapitalgesellschaften Gem. § 32 Abs. 1 Z 1 UmgrStG bildet das Spaltungsgesetz die handelsrechtliche Grundlage fiir die Spaltungen inlandischer Kapitalgesellschaften im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in Form der Handelsspaltung. Auf diese Weise kniipft das UmgrStG, wie auch bei der Verschmelzung und Umwandlung, direkt an das Handelsrecht an. Dariiber hinaus bestimmen die §§ 38a ff. UmgrStG die originar im UmgrStG geregelten Spaltungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge in Form der Steuerspaltung. § 32 Abs. 1 UmgrStG entspricht dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 UmgrStG beziiglich der Verschmelzung und erkennt somit nicht nur nach Handelsrecht zulassige Spaltungen an, sondem gilt auch fiir die Spaltung auslandischer Korperschaften im Ausland aufgrund vergleichbarer Vorschriften. Grundvoraussetzung ftir die Steuerneutralitat ist gem. § 32 Abs. 2 UmgrStG, dass Vermogen in Form eines Betriebs, Teilbetriebs, Mituntemehmeranteils oder Kapitalanteils i.S.d § 12 Abs. 2 UmgrStG iibertragen wird.^^^ Auf diese Weise wird - wie auch im deutschen Steuerrecht - die Ubertragung einzelner Wirtschaftsgiiter verhindert mit dem Zweck der Fortsetzung des wirtschaftlichen Engagements. Des Weiteren sind die steuerlichen Vorschriften der §§32 ff. UmgrStG nur anwendbar, soweit das Besteuerungsrecht Osterreichs hinsichtlich der stillen Reserven einschlieBlich eines Firmenwerts beim Rechtsnachfolger nicht eingeschrankt wird. Auf Ebene der ubertragenden Kapitalgesellschaft ist wie bei der Verschmelzung und Umwandlung gem. § 33 Abs. 1 UmgrStG das Betriebsvermogen bei der Ermittlung des Gewinns fiir das mit dem Spaltungsstichtag endende Wirtschaftsjahr mit dem Wert
^^^ Vgl. Djanani, Q.I Neumeister, F., Umwandlung von Kapitalgesellschaften (Art II UmgrStG), in: Bertl, R./ Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Griindung, Umgriindung, und Beendigung von Untemehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 142. ^^° Vgl. auch Lechner, E., Internationale Aspekte bei Zusammenschliissen, Realteilungen und Spaltungen nach dem Umgriindungssteuergesetz, SWI 1992, S. 180.
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Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
anzusetzen, der sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften iiber die Gewinnermittlung ergibt. Folglich ist der Buchwertansatz zwingend, so dass im Gegensatz zu der deutschen Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 UmwStG kein Ubertragungsgewinn entstehen kann. Gem. § 33 Abs. 2 UmgrStG ergibt sich wie auch bei der Verschmelzung und der Umwandlung ein Aufwertungswahlrecht auf den Liquidationswert gem. § 20 oKStG fiir auslandisches Vermogen, wenn die Spaltung im Ausland zur Gewinnverwirklichung fiihrt und mit dem betreffenden auslandischen Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, das diesbeziiglich die Anrechnungsmethode vorsieht. Die neue oder ubemehmende Kapitalgesellschaft hat gem. § 34 Abs. 1 UmgrStG die zum Spaltungsstichtag steuerlich maBgebenden Buchwerte i.S.d. § 33 UmgrStG fortzufiihren. Die Wertfortfiihrung ergibt sich dabei sowohl flir die Buchwerte i.S.d. § 33 Abs. 1 UmgrStG als auch fiir das aufgewertete Vermogen i.S.d. § 33 Abs. 2 UmgrStG, so dass die neue bzw. aufnehmende Gesellschaft die Werte aus der Ubertragungsbilanz der spaltenden Gesellschaft zu ubemehmen hat. Gem. §§ 34 Abs. 1 Satz 2, 33 Abs. 3 UmgrStG ist der iibemehmenden Kapitalgesellschaft das iibertragene Vermogen ab dem auf den Spaltungsstichtag folgenden Tag zuzurechnen. Aufgrund der Vorschrift des § 34 Abs. 2 Z 1 UmgrStG bleiben wie im Fall der Verschmelzung und der Umwandlung Buchgewinne und -verluste auBer Ansatz. Unabhangig vom Vorliegen eines Buchgewinnes oder -verlustes unterliegen Konftisionsgewinne gem. § 34 Abs. 3 UmgrStG der Besteuerung in dem Wirtschaftsjahr, das dem Spaltungsstichtag folgt. Des Weiteren muss von der iibemehmenden Kapitalgesellschaft die Vorschrift des § 34 Abs. 2 Z 2 UmgrStG beachtet werden, wonach im Rahmen einer Abspaltung ftir den Fall, dass die ubemehmende Kapitalgesellschaft Anteile an der abspaltenden Kapitalgesellschaft besitzt, bei der Ermittlung des Buchgewinnes oder -verlustes der steuerlich maBgebende Buchwert der Anteile an der abspaltenden Kapitalgesellschaft in dem Verhaltnis zu mindern ist, in dem sich der Wert der abspaltenden Korperschaft durch die Abspaltung reduziert. Die Verringerung des Buchwerts der Beteiligung muss somit ebenfalls steuemeutral durchgeftihrt werden. Hinsichtlich der Belastung mit Verkehrsteuem ergeben sich bei Spaltungen die gleichen Konsequenzen wie bei einer Verschmelzung oder Umwandlung. Gem. § 38 Abs. 3 UmgrStG gelten Spaltungen nicht als steuerbare Umsatze im Sinne des oUStG und unterliegen gem. § 38 Abs. 5 UmgrStG nicht der Kapitalverkehrsteuer, wenn die ubertragende Kapitalgesellschaft bei Aufspaltungen langer als zwei Jahre und das zu iibertragende Vermogen bei Abspaltungen langer als zwei Jahre als Vermogen der spaltenden Kapitalgesellschaft bestanden hat. Dartiber hinaus bestimmt § 6 Abs. 1 Z 3
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KVG zur Vermeidung einer mehrmaligen kapitalverkehrsteuerlichen Erfassung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft die Steuerbefreiung von Spaltungsvorgangen von der Kapitalverkehrsteuer, wenn die Gegenleistung ausschlieBlich in neuen Gesellschaftsrechten sowie in Zuzahlungen oder anderen Leistungen i.H.v. hochstens 1 0 % des Nennwerts der gewahrten Gesellschaftsrechte besteht. Des Weiteren ist fiir den Fall, dass im Rahmen der Spaltung Grundstucke gem. § 1 Abs. 1, 2 oGrEStG ubertragen werden, gem. § 38 Abs. 6 UmgrStG Grunderwerbsteuer zu entrichten, die vom Zweifachen des Einheitswerts berechnet wird. Beziiglich der steuerlichen Behandlung der Anteilseigner der ubertragenden Gesellschaft muss zwischen verhaltniswahrenden und nicht-verhaltniswahrenden Spaltungen unterschieden werden. Im Rahmen einer verhaltniswahrenden Spaltung gilt fiir die Anteilseigner der spaltenden Kapitalgesellschaft und im Fall der Spaltung zur Aufnahme auch bei den Anteilseignem ubemehmender Kapitalgesellschaften der entsprechende Austausch von Anteilen nicht als steuerpflichtiger Tausch i.S.d. § 6 Z 14 oEStG. Die Steuemeutralitat wird wie bei der Verschmelzung und der Umwandlung dadurch erreicht, dass die Anteile an der ubertragenden Gesellschaft als zum Buchwert verauBert und die an deren Stelle tretenden Anteile als mit diesem Wert angeschafft gelten. Gem. § 36 Abs. 2 Z 1 UmgrStG haben die Anteilseigner bei einer Aufspaltung zur Neugrtindung den Buchwert oder die Anschaffungskosten der Anteile an der spaltenden Korperschaft abzuglich erhaltener Zuzahlungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Z 3 SpaltG fortzufuhren und den gewahrten Anteilen entsprechend den Wertverhaltnissen zuzuordnen. Gem. § 36 Abs. 2 Z 2 UmgrStG ist bei einer Abspaltung zur Neugrtindung fiir die Bewertung der Anteile an der spaltenden und den neuen Korperschaften § 20 Abs. 4 Z 3 UmgrStG anzuwenden mit der Folge, dass die entsprechende Verminderung bzw. Zuschreibung der Buchwerte oder Anschaffungskosten der Anteile nach der Wertverschiebung der Anteile durch den Spaltungsvorgang vorgenommen wird. Die Bewertung der Anteile bei Auf- bzw. Abspaltungen zur Aufnahme erfolgt gem. § 36 Abs. 3 UmgrStG in einem zweistufigen Verfahren, wonach die Anteilsaufteilung zunachst als Austausch von Anteilen aufgrund einer Auf- bzw. Abspaltung zur Neugrtindung, auf die § 36 Abs. 2 UmgrStG anzuwenden ist, und nachfolgend als Austausch von Anteilen aufgrund einer Verschmelzung, auf den § 5 UmgrStG anzuwenden ist, gilt. Im Rahmen einer nicht-verhaltniswahrenden Spaltung ist gem. § 37 Abs. 1 UmgrStG Voraussetzung fiir die Steuemeutralitat, dass die Anteilsaufteilung im Spaltungsplan bzw. im Spaltungs- und Ubemahmevertrag vereinbart und entsprechend durchgefiihrt wurde. In diesem Fall gelten die Begiinstigungen im Fall einer verhaltniswahrenden Spaltung entsprechend. Sowohl fiir verhaltniswahrende als auch fur
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nicht-verhaltniswahrende Spaltungen ist auf Ebene der Anteilseigner gem. § 36 Abs. 3 UmgrStG bzw. § 37 Abs. 3 Satz 2 UmgrStG die Vorschrift des § 5 UmgrStG zu beachten. § 5 Abs. 3 UmgrStG bestimmt, dass fiir den Fall, dass steuerverstrickte Anteile i.S.d. § 31 oEStG gegeben sind und die Anteile diese Eigenschaft im Zuge des Spaltungsvorgangs verlieren, die Anteile bis zum Ende des zehnten Jahres nach Ablauf des Spaltungsstichtages nach §31 oEStG steuerverhaftet bleiben. § 5 Abs. 4 UmgrStG regelt den umgekehrten Fall, in dem aus einer nicht steuerverhafteten Beteiligung durch die Spaltung eine Beteiligung i.S.d. § 31 oEStG entsteht; flir diesen Fall gilt der hohere gemeine Wert dieser Beteiligung als Anschafftingskosten. Da der Anwendungsbereich der Handelsspaltung auf inlandische Kapitalgesellschaften beschrankt ist, regelt das UmgrStG neben der Auslandsspaltung gem. § 32 Abs. 1 Z 2 UmgrStG auch die Steuerspaltungen, die nicht nach dem SpaltG erfolgen und somit im Wege der Einzelrechtsnachfolge durchzufiihren sind.^^' Die Steuerspaltungen sind gem. § 38a Abs. 1 UmgrStG ebenfalls in Form einer Auf- und Abspaltung moglich, wobei gem. § 38a Abs. 4 UmgrStG sowohl als spaltende als auch als ubemehmende Kapitalgesellschaft neben den unbeschrankt steuerpflichtigen
Kapitalgesellschaften
auch auslandische Kapitalgesellschaften aus EU-Mitgliedstaaten zugelassen sind. Die Steuerspaltungen sollen gem. 3. Teil Z 6 Bst. h Satz 2 UmgrStG nur noch bis zu dem Spaltungsstichtag 31.12.2010 zulassig sein, so dass ab diesem Stichtag nur noch Handelsspaltungen und Auslandsspaltungen gem. § 32 Abs. 1 UmgrStG durchgefiihrt werden konnen. Gem. § 38c Satz 1 UmgrStG unterbleibt bei einer Steuerspaltung gem. § 38a UmgrStG die Besteuerung der stillen Reserven im eingebrachten Vermogen und in den als Gegenleistung gewahrten Anteilen sowie die Liquidationsbesteuerung nach § 19 oKStG bezuglich der ubertragenen Kapitalanteile i.S.d. § 38a Abs. 2 UmgrStG. Diese Rechtsfolge ergibt sich bereits durch den Verweis in § 38a Abs. 2 und Abs. 3 UmgrStG auf die Vorschriften der Einbringung von Vermogen gem. Art. Ill UmgrStG, so dass der ausdriicklichen nochmaligen Normierung in § 38c UmgrStG lediglich klarstellende Bedeutung zukommt.^^^ Sowohl bei der Aufspaltung als auch bei der Abspaltung werden die als Gegenleistung fur die Einbringung erhaltenen Anteile an die Gesellschafter weiter ubertragen (sog. Anteilsdurchschleusung). § 38c Satz 2 UmgrStG bestimmt diesbeziiglich, dass ein Buchgewinn oder Buchverlust bei der spaltenden
Vgl. Hirschler, K., Spaltung (Art VI UmgrStG), in: Bertl, R./ Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Grundung, Umgrundung, und Beendigung von Unternehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 273. Vgl. Hirschler, K., Spaltung (Art VI UmgrStG), in: Bertl, R./ Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Grundung, Umgrundung, und Beendigung von Unternehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 291.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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Gesellschaft aufgrund der Gewahrung der Anteile bei der Gewinnermittlung aufier Ansatz bleibt. Die Belastung der Steuerspaltungen mit Verkehrsteuem entspricht beziiglich der Umsatzsteuer und der Gesellschaftsteuer der steuerlichen Behandlung der Handelsspaltungen. Beziiglich der Grunderwerbsteuer konnen bei Spaltungen nach dem UmgrStG hingegen sowohl bei Spaltung zur Neugrundung als auch bei Spaltung zur Aufnahme mehrere Grunderwerbsteuertatbestande verwirklicht werden. Zum einen liegt im Rahmen der Einbringung ein Tatbestand des § 1 Abs. 1, Abs. 2 oGrEStG vor, der gem. § 22 Abs. 5 UmgrStG mit dem Zweifachen des Einheitswerts belastet ist. Kommt es im weiteren Verlauf der Spaltung zu einem Anteilstausch, in dessen Zuge die Anteile in einer Hand gem. § 1 Abs. 3 oGrEStG vereinigt werden, ist fiir diesen Vorgang mangels Ausnahmebestimmung in Art. VI UmgrStG nochmals Grunderwerbsteuer vom dreifachen Einheitswert zu entrichten.^^^ Auf Ebene der Gesellschafter bestimmt § 38d Abs. 1 UmgrStG flir verhaltniswahrende Spaltungen, dass bei den Anteilsinhabem der spaltenden Korperschaft die Besteuerung hinsichtlich der ubertragenen im Spaltungsvertrag festgelegten Gegenleistung unterbleibt. § 38e Abs. 1 UmgrStG regelt fur nicht-verhaltniswahrende Spaltungen, dass der Tausch der Anteile an der spaltenden Kapitalgesellschaft gegen Anteile an den (ibernehmenden Kapitalgesellschaften nicht als VerauBerung und Anschaffung gilt. Gem. § 38d Abs. 2 bzw. § 3Be Abs. 2 UmgrStG haben die Anteilseigner den Buchwert oder die Anschaffungskosten der Anteile an der liquidierten Korperschaft fortzufiihren und den gewahrten Anteilen zuzuordnen. Erhalten die Anteilseigner Anteile an den iibernehmenden Korperschaften, ohne dass die spaltende Kapitalgesellschaft liquidiert wird, ist fiir die Bewertung der Anteile an der spaltenden und den ubemehmenden Kapitalgesellschaften § 20 Abs. 4 Z 3 UmgrStG anzuwenden. Auf diese Weise hat der Anteilsinhaber nach der Anteilsausgabe steuerlich die gleiche Stellung inne wie vor der Anteilsausgabe. Beziiglich der steuerlichen Verhaftung der Anteile bestimmen § 38d Abs. 3, Abs. 5 UmgrStG fiir verhaltniswahrende Spaltungen und § 38e Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 38d Abs. 3 UmgrStG fiir nicht-verhaltniswahrende Spaltungen im Ergebnis eine steuerliche Verstrickung wie auf Ebene der Anteilseigner im Fall von Handelsspaltungen gem. § 36 Abs. 3, § 37 Abs. 3 Satz 2 UmgrStG i.V.m. § 5 UmgrStG.
^^^ Vgl. Hirschler, K., Spaltung (Art VI UmgrStG), in: Bertl, R./ Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Griindung, Umgriindung, und Beendigung von Unternehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 308.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates Einbringung in Kapitalgesellschaften
Neben den Umgrundungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, die sich aufgrund handelsrechtlicher Vorschriften ergeben, besteht nach dem UmgrStG die Moglichkeit der Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge gem. §§ 12 ff. UmgrStG. Die Einbringung ist ein rein steuerliches Konstrukt, das nach den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen als Sacheinlage in eine tibemehmende Kapitalgesellschaft zu behandeln ist. Die Einbringung kann dabei im Rahmen der Grundung einer Kapitalgesellschaft in Form einer Sachgriindung gem. §§20 ff. oAktG, §§ 6 ff. oGmbHG oder als Sacheinlage in eine bestehende Kapitalgesellschaft in Form einer Sachkapitalerhohung gem. §§ 45 ff, 150 oAktG, § 52 oGmbHG erfolgen. In den Fallen des § 19 Abs. 2 oAktG, in denen dem Einbringenden keine neuen Anteile an der ubemehmenden Gesellschaft als Gegenleistung gewahrt werden, kann die Einbringung auch ohne Kapitalerhohung i.S.d. § 224 oAktG vollzogen werden. Ublicherweise wird aber eine Kapitalerhohung aus dem Grund notwendig sein, dass gem. § 65 Abs. 2 oAktG, § 81 oGmbHG das Halten eigener Anteile begrenzt ist und bare Zuzahlungen gem. § 19 Abs. 2 Z 3 UmgrStG hochstens 10 % des Gesamtnennwerts der neuen Anteile an der ubemehmenden Gesellschaft betragen durfen. Gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG liegt eine Einbringung i.S.d. UmgrStG vor, wenn Vermogen i.S.d. Abs. 2 auf Grundlage eines schriftlichen Einbringungsvertrags und einer Einbringungsbilanz nach MaBgabe des § 19 UmgrStG einer ubemehmenden Kapitalgesellschaft i.S.d. Abs. 3 tatsachlich ubertragen wird. Dabei ist gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG Voraussetzung, dass das Vermogen am Einbringungsstichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrags, ftir sich allein einen positiven Verkehrswert besitzt, der im Zweifel durch das Gutachten eines Sachverstandigen nachzuweisen ist.^^"^ Die in § 12 Abs. 2 Z 1-3 UmgrStG genannten begunstigten Einbringungsgegenstande sind wie in § 20 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 UmwStG Betriebe, Teilbetriebe,
Mituntemehmeranteile
sowie
mehrheitsvermittelnde
Kapitalgesell-
schaftsanteile, wobei zusatzlich zu den in Deutschland begunstigten Gegenstanden auch Kapitalgesellschaftsanteile eingebracht werden konnen, die mindestens 25 % des gesamten Nennkapitals oder des rechnerischen Werts der Gesamtanteile umfassen.^^^ In § 12 Abs. 3 UmgrStG werden die ubemehmenden Kapitalgesellschaften bestimmt. Demnach konnen Ubemehmer des eingebrachten Vermogens samtliche unbeschrankt ^^"^ Vgl. auch Brenner, J./ Tumpel, M., in: Pemsteiner, H./ Mittermair, K. (Hrsg,), Handbuch Fusionen, Wien 2002, S. 551. ^^^ Vgl. auch Lechner, E., Internationale Einbringungen nach dem Umgrtindungssteuergesetz, SWI 1992, S. 132 f; Staringer, C, Die Umsetzung der Fusionsrichtlinie in Osterreich, in: Gassner, W./ Lang, M./ Lechner, E., Osterreich - Der steuerrechtliche EU-Nachbar, Miinchen 1996, S. 118.
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften sein (§ 12 Abs. 3 Z 1 UmgrStG). Gem. § 12 Abs. 3 Z 2 UmgrStG werden aber auch auslandische Kapitalgesellschaften, die mit einer inlandischen Kapitalgesellschaft vergleichbar sind, zugelassen, wenn mit dem betreffenden auslandischen Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, sowie samtliche auslandischen EU-Kapitalgesell-schaften. An die Person des Einbringenden werden keine Voraussetzungen gestellt, so dass naturliche und juristische sowie unbeschrankt und beschrankt steuerpflichtige Personen in Frage kommen.^^^ Gem. § 16 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz2 UmgrStG hat der Einbringende das Betriebsvermogen mit dem Wert anzusetzen, der sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften uber die Gewinnermittlung ergibt (Buchwerteinbringung). Die Vorschrift, die im Gegensatz zu der deutschen Regelung des § 20 Abs. 2 UmwStG, welche der iibernehmenden Kapitalgesellschaft ein Wertansatzwahlrecht zwischen Buchwert, Zwischenwert oder Teilwert einraumt, bestimmt wie bei den vorhergehend dargestellten Umstrukturierungsmoglichkeiten den Zwang zur Buchwertfortfuhrung. Gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG ist allerdings das Aufwertungswahlrecht des § 1 Abs. 2 UmgrStG sinngemaB anzuwenden, soweit im Rahmen der Einbringung Vermogensteile auf eine auslandische iibemehmende Korperschaft iiberfiihrt werden. Daruber hinaus bestimmt § 16 Abs. 2 UmgrStG weitere Aufwertungsoptionen, wenn das Besteuerungsrecht Osterreichs hinsichtlich der in Kapitalanteilen enthaltenen stillen Reserven eingeschrankt ist. Dabei wird eine Unterscheidung zwischen EU-Staaten und Drittstaaten vorgenommen: Wird das Besteuerungsrecht gem. § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG im Verhaltnis zu EU-Mitgliedstaaten eingeschrankt, sind §§16 Abs. 1 und Abs. 3 UmgrStG anzuwenden, so dass eine Aufwertungsoption auf den gemeinen Wert gem. § 6 Z 14 oEStG fur im Rahmen der Einbringung (ibergehendes inlandisches und auslandisches Vermogen besteht, wenn die Einbringung im Ausland zur Gewinnverwirklichung fiihrt und mit dem auslandischen Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, das flir diesen Fall die Anrechnungsmethode vorsieht. Findet die Einschrankung des Besteuerungsrechts im Verhaltnis zu Drittstaaten statt, muss sowohl flir das inlandische als auch fiir das auslandische Vermogen der gemeine Wert angesetzt werden. Dieser komplexe Zusammenhang wird durch die folgende Abbildung systematisch zusammengefasst:^^^
^^^ Vgl. Aigner, D., Internationale Einbringungen, in: Achatz, M. (u.a.) (Hrsg.), Internationale Umgriindungen, Wien 2005, S. 106. ^^^ In Anlehnung an Steckel, K.I Metzler, J./ Bitzyk, P., Einbringung in Kapitalgesellschaften (Art III UmgrStG), in: BertI, R./ Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre,
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Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidunssmodells
§ 16 UmgrStG Besteuerungsrecht Grundsatz
Ausnahmen
anhand eines EU-Staates
Besteuerungsrecht Osterreichs hinsichtlich der in den Anteilen der Ubernehmenden Gesellschaft verstrickten stillen Reserven | eingeschrankt im Verhaltnis zu | uneingeschrankt EU-Staat Drittstaat | Buchwertfortftihrung Aufwertungszwang Buchwertfortftihrung (Abs. 1) (Abs. 2 Z l , Abs. 1) (Abs. 2 Z 2) Aufwertungsoption Aufwertungsoption fiir fiir Inlands- und AusAuslandsvermogen — landsvermogen (Abs. 3 Z 2) (Abs. 3 Z 1 )
Voraussetzung fur - Gewinnverwirklichung im Ausland Aufwertungsoption - DBA mit Anrechnungsmethode
—
Abbildung 28: Bewertung des Betriebsvermogens gem. § 16 Abs. 1-3 UmgrStG
Fiir den Fall, dass es sich bei dem Einbringungsgegenstand um Kapitalanteile handelt, die nicht in einem Betriebsvermogen gehalten werden, sind diese gem. § 17 Abs. 1 UmgrStG mit den nach § 31 oEStG maBgebenden Anschaffungskosten anzusetzen. Auf Ebene der iibemehmenden Kapitalgesellschaft wird die Steuerverhafltung der stillen Reserven gem. § 18 Abs. 1 Z 1 UmgrStG dadurch sichergestellt, dass die Empfangerin das eingebrachte Vermogen mit den fiir den Einbringenden nach § 16 UmgrStG maBgebenden Werten anzusetzen hat. Die Wertfortfiihrung gilt dabei sowohl fiir die Buchwerte i.S.d. § 16 Abs. 1 UmgrStG als auch fiir das aufgewertete Vermogen i.S.d. § 16 Abs. 2 und 3 UmgrStG. Die tibemehmende Kapitalgesellschaft ist somit sowohl dem Grunde als auch der Hohe nach an die Wertansatze des Einbringenden gebunden. Folglich wird wie auch im deutschen Recht durch die Buchwertfortftihrung der aufnehmenden Kapitalgesellschaft die Steuemeutralitat des Vorgangs ermoglicht. Eine Ausnahme von dieser Regelung besteht gem. § 18 Abs. 1 Z 2 UmgrStG, wenn Kapitalgesellschaftsanteile aus dem Privatvermogen eingebracht werden. In diesem Fall miissen die Werte des § 17 UmgrStG, hochstens aber die gemeinen Werte angesetzt werden. Dariiber hinaus ist gem. § 18 Abs. 1 Z 3 UmgrStG der gemeine Wert anzusetzen, wenn das Besteuerungsrecht hinsichtlich auslandischen Vermogens mit der Einbringung erst entsteht. Eventuelle Buchgewinne und -verluste sind gem. § 18 Abs. 5 UmgrStG i.V.m. § 3 Abs. 2 UmgrStG bei der Gewinnermittlung auBer Ansatz zu lassen. Abweichend davon unterliegen Konfusionsgewinne gem. § 18 Abs. 5 i.V.m. § 3 Abs. 3 UmgrStG un-
Band III, Griindung, Umgrlindung, und Beendigung von Untemehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 171.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidun2smodells anhand eines EU-Staates
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abhangig vom Ubemahmeergebnis der Besteuerung in dem Wirtschaftsjahr, das dem Einbringungsstichtag folgt. Weitere Voraussetzung fur die Steuemeutralitat der Einbringung ist gem. § 19 Abs. 1 UmgrStG, dass die Gegenleistung fiir die Einbringung in der Gewahrung neuer Anteile besteht. Gem. § 19 Abs. 2 UmgrStG kann die Gewahrung von neuen Anteilen insbesondere insoweit unterbleiben, als die Anteilseigner der ubemehmenden Kapitalgesellschaft den Einbringenden mit bestehenden Anteilen an dieser abfinden oder die iibernehmende Kapitalgesellschaft zum Zweck der Rundung auf voile Beteiligungsprozentsatze bare Zuzahlungen leistet, sofem diese 10 % des Gesamtnennbetrags der neuen Anteile nicht ubersteigen. Dies ist im vorliegenden Fall allerdings nicht zutreffend. Die Gegenleistung fur das eingebrachte Vermogen gilt beim Einbringenden gem. § 20 Abs. 1 UmgrStG mit dem Beginn des dem Einbringungsstichtag folgenden Tages als angeschafft. Im Fall der Gewahrung von neuen Anteilen i.S.d. § 19 Abs. 1 UmgrStG bzw. in den Fallen des § 19 Abs. 2 UmgrStG gilt gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 UmgrStG der nach den §§16, 17 UmgrStG maBgebende Wert der Sacheinlage als deren Anschaffungskosten. In Osterreich fmdet somit wie in Deutschland auf Ebene des Einbringenden die Methode der Buchwertverkniipfung Anwendung, so dass im Ergebnis die Steuemeutralitat einer Einbringung ebenfalls grundsatzlich durch das Prinzip eines Einbringungskreislaufs und die doppelte Verstrickung der stillen Reserven erreicht wird. Wurden bare Zuzahlungen i.S.d. § 19 Abs. 2 Z 3 UmgrStG geleistet, sind gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 UmgrStG die Anschaffungskosten oder Buchwerte beim Empfanger entsprechend zu kurzen. Auf diese Weise wird die Besteuerung der stillen Reserven beim Einbringenden, die sich durch die im Rahmen der baren Zuzahlung zumindest teilweise realisierte VerauBerung ergeben hatte, auf den spateren VerauBerungszeitpunkt der AnteilsverauBerung verschoben, da nunmehr die Anschaffungskosten der Beteiligung um die Hohe der baren Zuzahlung geringer sind. Diese Vorschrift stimmt mit der deutschen Regelung in § 20 Abs. 4 Satz 2 UmwStG iiberein. Die Besteuerung der stillen Reserven in den als Gegenleistung erhaltenen Anteilen ist auf Ebene des Anteilseigners stets sichergestellt, wenn diese in einem inlandischen Betriebsvermogen gehalten werden. Da fur Kapitalgesellschaften keine steuerlichen Begiinstigungen im Fall der BeteiligungsverauBerung inlandischer Beteiligungen bestehen, sind keine speziellen Missbrauchsvorschriflen im osterreichischen Recht notig. Bei natiirlichen Personen, welche die neuen Anteile im Privatvermogen halten, ist eine Besteuerung dagegen nur moglich, wenn entweder ein Spekulationsgeschaft gem. § 30 oEStG vorliegt oder eine Beteiligung i.S.d. § 31 oEStG verauBert wird. Aus diesem Grund werden durch § 20 Abs. 5 und Abs. 6 UmgrStG Umqualifizierungen vorge-
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
nommen, die eine Steuerverhaftung der in dem eingebrachten Vermogen enthaltenen stillen Reserven in den als Gegenleistung erhaltenen Anteilen zum Ziel haben. Geht demnach gem. § 20 Abs. 5 UmgrStG durch die Einbringung die Eigenschaft von Anteilen an der ubemehmenden Korperschaft als Beteiligung i.S.d. § 31 oEStG unter, gelten diese Anteile bis zum Ende des zehnten Jahres nach Ablauf des Einbringungsstichtages als Beteiligung im Sinne des § 31 oEStG. Die Besteuerung erfolgt gem. § 37 Abs. 4 Z 2 Bst. b oEStG nach dem Halbsatzverfahren, d.h. der Steuersatz ermaBigt sich auf die Halfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Wird die Beteiligung jedoch innerhalb eines Jahres verauBert, unterliegt der Gewinn als nicht begunstigter Spekulationsgewinn dem vollen Steuersatz.^^^ 1st ein Kapitalanteil eingebracht worden, bei dem die Moglichkeit der Besteuerung der stillen Reserven nach § 31 oEStG am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrags iiberhaupt nicht gegeben war, treten gem. § 20 Abs. 6 Z 2 Satz 1 UmgrStG die als Gegenleistung erhaltenen Anteile lediglich fiir Zwecke der Bestimmung eines Spekulationsgewinns nach § 30 oEStG an die Stelle der alten Anteile. Der Austausch der Anteile ist dabei nicht als gewinnrealisierender Tausch anzusehen. Entsteht durch die Einbringung jedoch eine Beteiligung i.S.d. § 31 oEStG, konnen die Anteile gem. § 20 Abs. 6 Z 2 Satz 2 UmgrStG steuerneutral durch Ansatz des gemeinen Werts als Anschaffungskosten aufgewertet werden, so dass erst die nach der Einbringung entstehenden stillen Reserven nach § 31 oEStG steuerverhaftet werden. Diese Zusammenhange werden in der folgenden Ubersicht verdeutlicht:
Vgl. Kofler, H./ Umik, S., Besteuerung der finalen Untemehmensentscheidungen, Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen, in: Bertl, R./ Djanani, C./ Kofler, H. (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Wien 1998, S. 827; dies., Untemehmensverkauf, in: Bertl, K.I Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Grtindung, Umgriindung, und Beendigung von Untemehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 409; Steckel, R./ Metzler, J./ Bitzyk, P., Einbringung in Kapitalgesellschaften (Art HI UmgrStG), in: Bertl, K.I Djanani, C. (u.a.) (Hrsg.), Handbuch der osterreichischen Steuerlehre, Band III, Grtindung, Umgrundung, und Beendigung von Untemehmen, hrsg. v. Tumpel, M., Wien 2004, S. 185.
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidungsmodells
anhand eines EU-Staates
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Steuerverhaftung vor / nach Einbringung
Sicherstellung der Steuerverhaftung
ja/ja
Anschaffung zum Buchwert
§§ 16 Abs. 1,18 Abs. INr. 1,20 Abs. 2 Satz 1 UmgrStG |
ja/ja
Ubemahme der Anschaffungskosten
§§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 Nr. 2, 20 Abs. 2 Satz 1 UmgrStG |
Anteile im Privatvermogen i.S.d. §31 Abs. 1 oEStG, die durch Einbringung unter 1 % sinken
ja/ja
Ubemahme der Anschaffungskosten, Steuerverhaftung fiir 10Jahre
§ 20 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 5 UmgrStG
Anteile im Privatvermogen und keine Anteile i.S.d. §31 Abs. 1 oEStG
nein / nein
nicht notwendig
§20Abs.6Nr.2 i.V.m. §5 Abs. 1, Abs. 2 UmgrStG |
Anteile im Privatvermogen, die durch Verschmelzung erstmalig zu Anteilen i.S.d. § 31 Abs. 1 oEStG werden
nein /ja
Als Anschafftingskosten gilt der gemeine Wert
1 Art des eingebrachten 1 Vermdgens Betrieb, Teilbetrieb oder Mituntemehmeranteil
Anteile im Privatvermogen i.S.d.§§ 30,31 oEStG
Rechtsgrundlage
§20Abs. 6Nr. 2 Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 4 UmgrStG
Abbildung 29: Sicherstellung der Steuerverhaftung der Anteile bei Einbringung in Osterreich
Dieses Konzept ist von der Zielsetzung her mit dem der einbringungsgeborenen Anteile in Deutschland zumindest vergleichbar, fuhrt allerdings zu ganzlich unterschiedlichen Steuerwirkungen. In Deutschland entsteht bei VerauBerung von als Gegenleistung ftir eine Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mituntemehmeranteilen erhaltenen Anteilen innerhalb einer Frist von sieben Jahren gem. § 3 Nr. 40 Satz 3 EStG ein grundsatzlich der voUen Steuerpflicht unterliegender Gewinn. Erst nach Ablauf der Frist von sieben Jahren konnen die Begunstigungen des Halbeinkiinfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40 Satz 4 Bst. a EStG in Anspruch genommen werden. In Osterreich dagegen bleibt es in dem gleichen Fall grundsatzlich bei der Anwendung des Halbsatzverfahrens, so dass keine Benachteiligung der VerauBerungsgewinnbesteuerung der einbringungsbedingt erworbenen Anteile innerhalb einer mit dem in Deutschland bestehenden Siebenjahreszeitraum vergleichbaren Frist besteht. Im Fall der Einbringung von Anteilen entsprechen sich die Steuerverhaftungskonzeptionen Deutschlands und Osterreichs prinzipiell, da sowohl vor der Einbringung als auch nach der Einbringung das Halbeinkiinfteverfahren bzw. das Halbsatzverfahren zur Anwendung gelangt.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidun2smodells anhand eines EU-Staates
Einbringungen i.S.d. Art. Ill UmgrStG gelten gem. § 22 Abs. 3 UmgrStG als nicht steuerbare Umsatze i.S.d. oUStG. Einbringungen nach § 12 UmgrStG und daflir gewahrte Gegenleistungen nach § 19 UmgrStG sind gem. § 22 Abs. 4 UmgrStG von den Kapitalverkehrsteuem befreit, wenn das zu iibertragende Vermogen am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrags langer als zwei Jahre als Vermogen des Einbringenden besteht. Sofem Grundstucke im Rahmen der Betriebseinbringung gem. § 1 Abs. 1, 2 oGrEStG ubertragen werden, fallt entsprechend der Behandlung bei der Verschmelzung gem. § 22 Abs. 5 UmgrStG Grunderwerbsteuer i.H.v. 3,5 % auf den zweifachen Einheitswert an.^^^ Entsprechend der deutschen Vorschrift des § 1 Abs. 3 GrEStG wird in Osterreich gem. § 1 Abs. 3 oGrEStG ebenfalls Grunderwerbsteuer erhoben, wenn es durch einen Anteilstausch zu einer Vereinigung samtlicher Anteile einer Gesellschaft in einer Hand kommt, soweit zu ihrem Vermogen inlandische Grundstucke gehoren.^^^ Im Gegensatz zu der deutschen Regelung, die eine Steuerpflicht bereits bei Ubertragung von 95 % der Anteile vorsieht, miissen nach osterreichischem Recht samtliche Anteile in einer Hand vereinigt werden. Die Begiinstigungsvorschrift des § 22 Abs. 5 UmgrStG bezieht sich allerdings nur auf die Falle des § 1 Abs. 1 sowie Abs. 2 oGrEStG und schlieBt somit die Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 oUmgrStG nicht mit ein. Auf diese Weise ist die Bemessungsgrundlage fur die Grunderwerbsteuer im Fall der Anteilsvereinigung nicht der zweifache, sondem gem. § 4 Abs. 2 Z 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Bst. b oGrEStG der dreifache Einheitswert.^^' Die Grundwerbsteuer ist fiir samtliche Einbringungsfalle als Teil der Umgriindungskosten i.S.d. § 11 Abs. 1 Z 1 oKStG abzugsfahig und daher nicht als Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren.^^^
1.2.2.3 Vergleich der osterreichischen Umgriindungen mit den deutschen Umwandlungsmoglichkeiten In der folgenden Abbildung werden die steuemeutralen Umstrukturierungsmoglichkeiten nach dem UmgrStG in Osterreich mit den aquivalenten deutschen Umwandlungsmoglichkeiten vergleichend gegeniibergestellt.
'^^ ^^° ^" ^^^
Vgl. Tz. 1238f. UmgrStR. Vgl. Tz. 340 UmgrStR. Vgl. Tz. 341, Tz. 1243 UmgrStR. Vgl. Tz. 962, Tz. 141 UmgrStR; s. auch Schwarzinger, W./ Wiesner, W., UmgriindungssteuerLeitfaden, Wien 1994, S. 189.
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidunssmodells
Steuerneutrale Umgrttndungen in Osterreich nach UmwG/AktG/SpaltG und UmgrStG
anhand eines EU-Staates
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Steuerneutrale Umstrukturierungen in Deutschland nach UmwG und UmwStG
Verschmelzung §§ 219-234 oAktG, §§96-101 oGmbHG, §§1-6 UmgrStG
Verschmelzung §§ 2-122 UmwG, §§ 11-13 UmwStG
Umwandlung §§1-4 oUmwG, §§7-11 UmgrStG
Verschmelzung durch Aufnahme §§ 2-35 UmwG, §§ 11-13 UmwStG
Aufspaltung, Abspaltung §§ 1-18 SpaltG, §§ 32-38f UmgrStG
Aufspaltung, Abspaltung §§ 123-173 UmwG, §§ 15, 11-13 UmwStG Ausgliederung §§ 123 Abs. 3, 153-160 UmwG, §§ 20-23 UmwStG
Einbringung §§ 12-22 UmgrStG
Einbringung §§ 20-23 UmwStG
1
Abbildung 30: Vergleich der steuemeutralen Umstrukturierungsformen in Osterreich und Deutschland
1.3 Analyse der supranationalen und zwischenstaatlichen Bestimmungen Da sowohl Deutschland als auch Osterreich Mitgliedstaaten der Europaischen Union sind, muss das Europaische Gemeinschaftsrecht beachtet werden, da es aufgrund seines supranationalen Charakters dem nationalen Recht vorgeht.^^^ Das Europaische Gemeinschaftsrecht setzt sich aus einer Vielzahl von Rechtsquellen zusammen. Zu ihnen zahlen vor allem das primare Gemeinschaftsrecht, das sekundare Gemeinschaftsrecht und das Richterrecht des Europaischen Gerichtshofs (EuGH). Femer wird es durch das Gewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsgrundsatze gepragt. Unter dem europaischen Primarrecht ist das Recht der Griindervertrage, E(W)G, EGKS und EAV, mit deren spatere Erganzungen und Anderungen zu verstehen. Hierbei ist insbesondere der EG-Vertrag von besonderer Bedeutung.^^"^ Das wesentliche Ziel des EG-Vertrags ist es, innerhalb der EG einen gemeinsamen Markt zu schaffen. Grundvoraussetzung hierfur ist die Moglichkeit, sich innerhalb der EU in einem anderen Mitgliedstaat wirtschaftlich betatigen zu konnen, ohne auf direkte oder indirekte
^^^ Vgl. Cordewener, A., Deutsche Untemehmensbesteuerung und europaische Grundfreiheiten Grundziige des materiellen und formellen Rechtsschutzsystems der EG, DStR 2004, S. 9 f ^^^ Vgl. Cordewener, A., Deutsche Untemehmensbesteuerung und europaische Gmndfreiheiten Grundziige des materiellen und formellen Rechtsschutzsystems der EG, DStR 2004, S. 6.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Weise benachteiligt zu werden. Zu diesem Zweck bestimmt der EG-Vertrag neben dem allgemeinen Diskriminierungsverbot in Art. 12 EG Grundfreiheiten, die darauf angelegt sind, im Binnenmarkt samtliche faktischen und rechtlichen Grenzen abzubauen, die der vollen Entfaltung des Giiterangebots und der damit angestrebten effizienten Allokation von Ressourcen entgegenstehen konnten.^^^ Zu den Grundfreiheiten gehoren die Arbeitnehmerfreizugigkeit (Art. 39 EG), die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG), die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG) sowie die
Niederlassungsfreiheit
(Art. 43 EG). Aus den Grundfreiheiten werden hauptsachlich Diskriminierungsverbote abgeleitet, wobei die Diskriminierung in offener und verdeckter Form erfolgen kann.^^^ Neben diesem gleichheitsrechtlichen Charakter weisen Grundfreiheiten auch einen freiheitsrechtlichen Charakter auf, da aus ihnen uber das Diskriminierungsverbot hinausgehend auch ein generelles Verbot von Beschrankungen und Behinderungen entnommen werden kann.^^'^ Das primare Gemeinschaftsrecht steUt die Basis fiir die steuer-, handels- und gesellschaftsrechtlichen Harmonisierungsbestrebungen zwischen den MitgHedstaaten der EU dar. Die Rechtsgrundlagen fiir die Harmonisierung ergeben sich aus den allgemeinen Rechtsangleichungsvorschriften gem. Art. 3 Abs. 1 Bst. h i.V.m. Art. 94, 95 EG, der Moglichkeit zur Schaffung einer gemeinschaftsrechtlichen Untemehmensform gem. Art. 308 EG, der Moglichkeit zur Schaffung von Regelungen zur Anerkennung, Sitzverlegung und Verschmelzung von Gesellschaften gem. Art. 293 EG sowie der Moglichkeit zur Konkretisierung des Untemehmensrechts durch den Erlass von Richtlinien gem. Art. 44 Abs. 2 Bst. g EG. Von den Organen der Europaischen Gemeinschaften konnen nach MaBgabe der Grlindervertrage Rechtsakte erlassen werden, die als sekundares Gemeinschaftsrecht bezeichnet werden.^^^ Das sekundare Gemeinschaftsrecht wird aus dem primaren Vertragsrecht abgeleitet und umfasst Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen, Empfehlungen sowie Stellungnahmen. Verordnungen entfalten gem. Art. 249 Abs. 2 EG unmittelbare Rechtswirkung gegeniiber den MitgHedstaaten und ihren Bilrgem und bediirfen daher keiner weitergehenden Umsetzung in nationales Recht. Im Bereich der Vgl. Rodder, T., Deutsche Untemehmensbesteuerung im Visier des EuGH, DStR 2004, S. 1629; Kraft, G.I Bron, J., Grundfreiheiten und grenzuberschreitende Verschmelzung im Lichte aktueller EuGH-Rechtsprechung (Sevic), IStR 2006, S. 26. Vgl. Kraft, G./ Bron, J., Grundfreiheiten und grenzuberschreitende Verschmelzung im Lichte aktueller EuGH-Rechtsprechung (Sevic), IStR 2006, S. 26 f Vgl. Cordewener, A,, Deutsche Untemehmensbesteuerung und europaische Grundfreiheiten Grundzuge des materiellen und formellen Rechtsschutzsystems der EG, DStR 2004, S. 8; Kraft, G./ Bron, J., Grundfreiheiten und grenzuberschreitende Verschmelzung im Lichte aktueller EuGHRechtsprechung (Sevic), IStR 2006, S. 27. Vgl. Leiderer, B., Grenzuberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbriicken 1997, S. 99.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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grenzuberschreitenden Umstrukturierungen muss insbesondere die Verordnung uber das Statut der Europaischen Gesellschaft (SE-VO)^^^ beriicksichtigt werden, wodurch erstmals die Griindung einer EU-weit einheitlichen Rechtsform - der Societas Europaea, SE - durch Umstrukturierung bereits bestehender Gesellschaften aus mindestens zwei EU-Mitgliedstaaten zugelassen wird.^^^ Im Zuge der Verwirklichung des EUBinnenmarktes soil die Societas Europaea die Neuordnung von bestehenden Gesellschaften durch Konzentrations- und FusionsmaBnahmen ermoglichen, so dass die SEVO zwingend in das Entscheidungsmodell Eingang finden muss. Obwohl die SE-VO gem. Art. 249 Abs. 2 EGV grundsatzlich unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt, beinhaltet sie zahlreiche Verweise auf nationales Recht sowie Ermachtigungen ftir den jeweiligen Gesetzgeber eines Sitzstaats, eigene Regelungen fiir die SE zu treffen, so dass nationale SE-Ausflihrungsgesetze benotigt werden.*^^' In Deutschland wurde am 22. Dezember 2004 das Gesetz zur Einfiihrung der Europaischen Gesellschaft (SEEG)^^^ beschlossen, das gem. Art. 9 SEEG am 29.12.2004 in Kraft getreten ist und in Artikel 1 die SE-VO umsetzt. In Osterreich wurde das Gesetz iiber das Statut der Europaischen Gesellschaft (SEG)^^^ am 24.06.2004 im Bundesgesetzblatt veroffentlicht.^^^ Richtlinien wenden sich gem. Art. 249 Abs. 3 EGV ausschlieBlich an die Mitgliedstaaten und bedurfen der Umsetzung in nationales Recht, um verbindliches Recht gegeniiber den europaischen Biirgem zu eriangen. Richtlinien sind lediglich hinsichtlich des zu erreichenden Ziels ftir die Mitgliedstaaten verbindlich, die Wahl der Form und Mittel der Durchsetzung wird ihnen jedoch frei uberlassen.^'^^ Fur das Entscheidungsmodell sind mehrere Richtlinien von Bedeutung:
Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 08.10.2001, Abl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001,8. 1. Vgl. Schulz, A./ Geismar, B., Die Europaische Aktiengesellschaft, DStR 2001, S. 1078. Vgl. Djanani, C.I Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 261; Kallmeyer, H., Europa-AG: Strategische Optionen fur deutsche Untemehmen, AG 2003, S. 197; Gruber, J./ Weller, M.-P., Societas Europaea: Mitbestimmung ohne Aufsichtsrat?, NZG 2003, S. 298 ff; vgl. auch Teichmann, C , Ausfiihrungsgesetz in Deutschland, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 697 ff.; Ihrig, H.-C./ Wagner, J., Diskussionsentwurf fiir ein SE-Ausfiihrungsgesetz, BB 2003, S. 969 ff. BGBl. I 2004, S. 3675-3701, ausgegeben am 28.12.2004. Gesetz iiber das Statut der Europaischen Gesellschaft (Societas Europaea - SE) - (SE-Gesetz SEG), BGBl. I Nr. 67/2004 v. 24.06.2004, S. 1-16. Vgl. hierzu auch Schindler, C./ Teichmann, C., Das Recht der SE in anderen Mitgliedstaaten der EU und des EWR, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 759 f; Schindler, C , Griindung und Sitzverlegung einer Europaischen Aktiengesellschaft unter Be-riicksichtigung des osterreichischen Ausftihrungsgesetzes, in: Achatz, M. (u.a.) (Hrsg.), Internationale Umgrundungen, Wien 2005, S. 273 ff. Vgl. Kersting, C , Societas Europaea: Grundung und Vorgesellschaft, DB 2001, S. 2079.
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- Die Richtlinie iiber das gemeinsame Steuersystem fiir Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Untemehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen (Fusionsrichtlinie, FRL)^^^ wurde vom Rat der EG am 23.07.1990 beschlossen. Die Fusionsrichtlinie zielt auf die Beseitigung der steuerlichen Hemmnisse bei der Umstrukturierung von Untemehmen aus unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten ab. Die Fusionsrichtlinie bestimmt die Steuemeutralitat von grenztiberschreitenden Umstrukturierungsvorgangen und ist aus diesem Grund bei der Steuerplanung intemationaler Umwandlungen innerhalb der EU zwingend zu berucksichtigen. Die Fusionsrichtlinie wurde durch eine weitere Richtlinie vom 17.02.2005 geandert.^^^ Obwohl diese Anderungen in wichtigen Punkten dem Anderungsvorschlag der Kommission vom 17.10.2003^^^ nichtnachkommt, hat sie zu einigen Erweiterungen und Verbesserungen insbesondere fiir das Rechtsstatut der SE gefiihrt. Die Fusionsrichtlinie sollte gem. Art. 12 Abs. 1 FRL bis zum 01.01.1992 in das nationale Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Der deutsche Gesetzgeber hat die Umsetzung mit den Vorschriften der §§23, 26 UmwStG zur grenztiberschreitenden Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben und Betriebsstatten (§ 23 Abs. 1-3 UmwStG) sowie zum grenztiberschreitenden Anteilstausch (§ 23 Abs. 4 UmwStG) in der EU nur teilweise vorgenommen. Auf die Umsetzung der grenztiberschreitenden Verschmelzung und Spaltung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge wurde verzichtet mit der Begnindung, dass die Harmonisierung der gesellschaftsrechtlichen Normen noch nicht weit genug fortgeschritten sei.^^^ Im Unterschied dazu hat der osterreichische Gesetzgeber die Bestimmungen
Richtlinie 90/434/EWG des Rates v. 23.07.1990, Abl. EG Nr. L 225 v. 20.08.1990, S. 1. Richtlinie 2005/19/EG des Rates vom 17. Februar 2005 zur Anderung der Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 uber das gemeinsame Steuersystem fiir Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Untemehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, Abl. EG Nr. L 58 v. 04.03.2005, S. 19-27. Vorschlag vom 17.10.2003 fur eine Richtlinie des Rates zur Anderung der Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 iiber das gemeinsame Steuersystem fiir Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Untemehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, KOM (2003) 613. Vgl. Kessler, W./ Achilles, C./ Huck, F., Die Europaische Aktiengesellschaft im Spannungsfeld zwischen nationalen Steuergesetzgeber und EuGH, IStR 2003, S. 717; Schulz, A./ Geismar, B., Die Europaische Aktiengesellschaft, DStR 2001, S. 1083; Herzig, N./ Momen, L., Die Spaltung von Kapitalgesellschaften im neuen Umwandlungssteuergesetz (Teil II), DB 1994, S. 2213; Thommes, O., § 23 UmwStG - Einbringungen in der Europaischen Union (Tz. 23.01 - 23.14), DStR 1998, Beilage zu Heft 17, S. 47; Hey, J., Umwandlungssteuergesetz nach der Untemehmenssteuerreform, GmbHR 2001, S. 1001; Krebs, H.-J., Untemehmensbesteuemng in der EG, ZGR 1992, S. 352; Herzig, N./ Forster, G., Steueranderungsgesetz 1992: Die Umsetzung der Fusiosnrichtlinie in deutsches Steuerrecht (Teil II), DB 1992, S. 962.
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des UmgrStG insbesondere durch das Abgabenanderungsgesetz 2004^^^ an die Erfordemisse der steuerlichen Fusionsrichtlinie in den einzelnen Vorschriften iiber die Verschmelzung, Umwandlung, Spaltung und Einbringung weitgehend angepasst, wobei weite Teile der Fusionsrichtlinie bereits vor dem EU-Beitritt Osterreichs am 01.01.1995 im UmgrStG benicksichtigt wurden. - Die Richtlinie 2005/56/EG des Europaischen Parlaments und des Rates vom 26.10.2005 uber die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten (Verschmelzungsrichtlinie, VRL) regelt auf europaischer Ebene die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen fiir grenziiberschreitende Verschmelzungen mit dem Ziel, die grenzuberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften zu erleichtem.^^^ Wie bei der Fusionsrichtlinie oder der SE-VO stellt die Verschmelzungsrichtlinie ein EU-einheitliches Grundgerust fur die Verfahrensschritte bei Verschmelzungen dar, das aus Plan (Art. 5 VRL), Bekanntmachung (Art. 6 VRL), Bericht, (Art. 7 VRL), Priifung (Art. 8 VRL), Beschluss (Art. 9 VRL) und Kontrolle (Art. 10 VRL) besteht und die Konkretisierung der jewelligen Gestaltungskomponenten den beteiligten Mitgliedstaaten zuweist. Der personliche Anwendungsbereich der Verschmelzungsrichtlinie ist auf Kapitalgesellschaften i.S.d. Art. 2 Nr. 1 VRL beschrankt, so dass nach deutschem und osterreichischem Verstandnis insbesondere die AG, GmbH und die SE erfasst werden. Gem. Art. 4 Abs. 1 Bst. a VRL hat die Verschmelzungsrichtlinie nur flir solche Rechtsformen Geltung, die bereits nach dem innerstaatlichen Recht der jeweiligen Mitgliedstaaten verschmolzen werden konnen. Auf diese Weise konnen sich keine Verschmelzungskombinationen ergeben, die in dem betreffenden Mitgliedstaat unbekannt sind. Der sachliche Anwendungsbereich der Verschmelzungsrichtlinie bezieht sich auf grenziiberschreitende Verschmelzungen i.S.d. Art. 1 VRL, wobei eine Verschmelzung zur Aufnahme gem. Art. 2 Nr. 2 Bst. a VRL oder zur Neugrundung gem. Art. 2 Nr. 2 Bst. b Abgabenanderungsgesetz 2004 (AbgAG 2004), BGBl. I Nr. 180/2004 v. 30.12.2004. Vgl. Oechsler, J., Die Richtlinie 2005/56/EG uber die Verschmlezung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, NZG 2006, S. 161 ff.; Bayer, W./ Schmidt, J., Die neue Richtlinie iiber die grenzuberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften - Inhalt und Anregungen zur Umsetzung in Deutschland, NJW 2006, S. 401 ff; zu den Abgrenzungen zu friiheren Richtlinien vgl. Drygala, T., Die Mauer brockelt - Bemerkungen zur Bewegungsfreiheit deutscher Untemehmen in Europa, ZIP 2005, S. 1995 ff.; s. dazu Miiller, H.-F., Die grenzuberschreitende Verschmelzung nach dem neuen Richtlinienentwurf der EU-Kommission, ZIP 2004, S. 1790 ff.; Halasz, C./ Kloster, L., Fortschreitende Europaisierung des Rechts grenziiberschreitender Unternehmenszusammenschliisse, DStR 2004, S. 1324 ff.; Maul, S./ Teichmann, CI Wenz, M., Der Richtlinienvorschlag zur grenziiberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, BB 2003, S. 2633 ff; Nagel, B., Die Richtlinie zur grenziiberschreitenden Verschmelzung, NZG 2006, S. 97 ff; Griinwald, A., Internationale gesellschaftsrechtliche Verschmelzungsrichtlinie ante portas, OStZ 2004, S. 373 ff
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VRL moglich ist. Der Begriff der Verschmelzung gem. Art. 2 Nr. 2 VRL stimmt im Wesentlichen sowohl mit dem deutschen (§ 2 UmwG) und mit dem osterreichischen (§219 oAktG, § 96 oGmbHG) Rechtsverstandnis als auch mit der Fusionsrichtlinie (Art. 2 Bst. a FRL) iiberein. Die Richtlinie muss von den einzelnen Mitgliedstaaten bis spatestens Dezember 2007 in innerstaatliches Recht umgesetzt werden, so dass sich erst ab diesem Zeitpunkt auf die Verschmelzungsrichtlinie berufen werden kann. - Zusammen mit der SE-VO wurde die Richtlinie zur Erganzung des Statuts der Europaischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (SEErganzungs-RILI)^^^ erlassen. Obwohl die SE-Erganzungs-RILI keine Relevanz fiir die Besteuerung einer SE aufweist, ist die Mitbestimmung der Arbeitnehmer als Grundvoraussetzung fiir die arbeits- und gesellschaftsrechtliche Zulassigkeit einer grenzuberschreitenden Verschmelzung anzusehen, die aus diesem Grund Erwahnung fmden muss. So war der Streit um die Arbeitnehmermitbestimmung einer der Hauptgrunde fiir die jahrzehntelange Blockade des SE-Statuts, da insbesondere in Deutschland eine Erosion der umfangreichen Arbeitnehmerbeteiligung befiirchtet wurde, wahrend andere Lander die zwangsweise Anwendung der deutschen Regeln zu vermeiden suchten."^^^ Die SE-Erganzungs-RILI, die aufgrund ihrer Eigenschaft als Richtlinie gem. Art. 249 Abs. 3 EGV der Transformation in nationales Recht bedarf, wurde im Rahmen des SEEG in Artikel II umgesetzt. In Osterreich wurde die Umsetzung ebenfalls durch das SEG vorgenommen. - Die Richtlinie uber das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (Mutter-Tochter-Richtlinie, MTRy^^"* hat zum Ziel, die Zusammenarbeit von Gesellschaflen verschiedener Mitgliedstaaten insbesondere in Form von Zusammenschlussen zu erleichtem. Aus diesem Grund stellt die Mutter-Tochter-Richtlinie eine wichtige Erganzung zur Fusions- und Verschmelzungsrichtlinie dar, indem speziell auf die Beseitigung von steuerlichen BeRichtlinie 2001 /86/EG des Rates v. 08.10.2001, Abl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001, S. 22. Vgl. Pluskat, S., Die neuen Vorschlage fur die Europaische Aktiengeseilschaft, EuZW 2001, S. 524; Jahn, A./ Herfs-Rottgen, E., Die Europaische Aktiengeseilschaft - Societas Europaea, DB 2001, S. 634; Schulz, A./ Geismar, B., Die Europaische Aktiengeseilschaft, DStR 2001, S. 1082; Herzig, N./ Forster, G., Grenzuberschreitende Verschmelzung von FCapitalgesellschaflen, DB 1994, S. 2; Kostler, R., Mitbestimmung, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengeseilschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 338 ff; s. auch Wiesner, P., Der Nizza-Kompromiss zur Europa AG - Triumph oder Fehlschlag, ZIP 2001, S. 397 f; Wiesner, P., Die grenzuberschreitende Verschmelzung und der neue Mitbestimmungskompromiss, DB 2005, S. 91; s. auch Pluskat, S., Der neue Entwurf fiir eine europaische Verschmelzungsrichtlinie - Transnationale Fusionen in Europa damit in greitbare Nahe geriickt?, EWS 2004, S. 2.
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nachteiligungen verbundener Gesellschaften abgezielt wird. Dies wird zum einen dadurch erreicht, dass der Staat der Muttergesellschaft Gewinne, die von einer auslandischen EU-Tochtergesellschafl ausgeschtittet werden, entweder gar nicht besteuert oder die im Ausland gezahlte Steuer auf die Steuerschuld der Muttergesellschaft anrechnet (Art. 4 MTR), und zum anderen, dass die von der Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft ausgeschutteten Gewinne vom Steuerabzug an der Quelle befi-eit sind (Art. 5 MTR). Im Bereich der grenzuberschreitenden Umstrukturierungen ist die Mutter-Tochter-Richtlinie dann von besonderer Bedeutung, wenn die Reorganisation nach dem nationalen Recht eines Staates zur Annahme einer fiktiven Gewinnausschiittung fuhrt.^^^ Voraussetzung fiir die Anwendung der MutterTochter-Richtlinie ist, dass es sich bei den beteiligten Gesellschaften um Korperschaften i.S.d. Art. 2 Bst. a MTR handelt und dass qualifizierte Beteiligungsverhaltnisse i.S.d. Art. 3 Abs. 1 MTR vorliegen. Gem. Art. 3 Abs. 1 Bst. a MTR muss die Muttergesellschaft einen Anteil von wenigstens 20 % am Kapital der Tochtergesellschaft halten, um die Begunstigungen in Anspruch nehmen zu konnen. Die Hohe dieser Mindestbeteiligung wird gem. Art. 3 Abs. 1 Bst. a Satze 3 und 4 MTR ab 01.01.2007 auf 15 % und ab 01.01.2009 auf 10 % abgesenkt.^^^ Gem. Art. 3 Abs. 2 Spiegelstrich 2 MTR ist weitere Voraussetzung, dass die qualifizierte Beteiligung wahrend eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens zwei Jahren bestanden hat. Auf diese Weise soil verhindert werden, dass die Vergunstigungen der Richtlinie durch kurzfristige Beteiligungserwerbe und -verauBerungen missbraucht werden konnten.^^^ Die Mutter-Tochter-Richtlinie war gem. Art. 8 Abs. 1 MTR bis spatestens 01.01.1992 in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland wurde die Umsetzung durch § 43b EStG sowie § 8b KStG vorgenommen. Die deutschen Vorschriften gehen dabei iiber das AnforderungsmaB der Mutter-Tochter-Richtlinie hinaus. Gem. § 43b Abs. 2 Satz 4 EStG muss die Beteiligung der Muttergesellschaft lediglich ein Jahr ununterbrochen bestanden haben. Dariiber hinaus muss die Beteiligungshohe gem. § 43b Abs. 3 EStG lediglich 10 % betragen, wenn der Sitzstaat der Muttergesellschaft eine entsprechende Regelung Richtlinie 90/435 v. 23.07.1990, Abl. EG Nr. L 225 S. 6. Vgl. Staringer, C , Seminar F: Umstrukturierung von Untemehmen und Internationales Steuerrecht, IStR 2000, S. 511. Vgl. auch Schon, W./ Schindler, C , Seminar D: Zur Besteuerung der grenzuberschreitenden Sitzverlegung einer Europaischen Aktiengesellschaft, IStR 2004, S. 573; SaB, G., Neuere Entwicklungen bei Mutter-ZTochter-Beziehungen in der EG, DB 1994, S. 1589 ff; Haarmann, W., Die Entscheidung des EuGH vom 17.10.1996 zur Mutter- / Tochterrichtlinie - ein „historisches Ereignis" wirft Schatten, DB 1996, S. 2569 ff Vgl. Knobbe-Keuk, B., Die beiden Untemehmenssteuerrichtlinien, EuZW 1992, S. 339.
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enthalt (sog. Reziprozitatsvorbehalt).^^^ 1st dieses Gegenseitigkeitserfordemis nicht erfullt, gilt gem. § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG eine Mindestbeteiligung von 20 %. Gem. § 8b Abs. 1 KStG bleiben Gewinnausschiittungen von inlandischen und auslandischen Kapitalgesellschaften unabhangig von der Beteiligungshohe und der Dauer der Beteiligung grundsatzlich steuerfrei.^^^ Allerdings hat Deutschland von Art. 4 Abs. 2 MTR Gebrauch gemacht, so dass gem. § 8b Abs. 5 KStG 5 % der Dividendenausschiittung als nicht abzugsfahige Betriebsausgaben gelten. In Osterreich wurde die Mutter-Tochter-Richtlinie durch § 94a oEStG, §§10 Abs. 2, 21 Abs. 1 Z 2 Bst. a oKStG umgesetzt. Gem. § 94a Abs. 1 oEStG ist keine Kapitalertragsteuer einzubehalten, wenn die unmittelbare Beteiligung der EUMuttergesellschaft an der Tochtergesellschaft i.H.v. wenigstens 10 % wahrend eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens einem Jahr bestanden hat. Gem. § 10 Abs. 2 oKStG sind Gewinnausschiittungen von EU-Tochtergesellschaften und auslandischen Gesellschaften, die mit einer inlandischen Kapitalgesellschaft vergleichbar sind, von der Korperschaftsteuer befreit, wenn die Beteiligung mindestens 10 % betragt und seit mindestens einem Jahr ununterbrochen gehalten wurde. Gleiches gilt gem. Art. 21 Abs. 1 Z 2 Bst. a i.V.m. § 10 Abs. 2 oKStG auch flir Gewinnausschiittungen an beschrankt steuerpflichtige Korperschaften. Entscheidungen richten sich gem. Art. 249 Abs. 4 EG verbindlich nur gegen den betroffenen Adressaten und flihren zu einer verbindlichen Einzelfallregelung, ohne jedoch allgemeine Rechtswirkung zu schaffen. Empfehlungen und Stellungnahmen gem. Art. 249 Abs. 5 EG haben lediglich steuemden und normierenden Charakter, d.h. sie stellen unverbindliche Rechtsinstrumente ohne Rechtsnormqualitat dar wie z.B. offizielle Verlautbarungen oder Beurteilungen von Sachfragen.^'^ Einen mittlerweile wichtigen Stellenwert innerhalb der Rechtsquellen des Europaischen Gemeinschaftsrechts nimmt das Richterrecht ein. Das Richterrecht hat die rechtsfortbildende und rechtsschopfende Funktion des Europaischen Gerichtshofs
Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2006, S. 148. Vgl. Schaumburg, H., Das intemationale Steuerrecht in der Fortentwicklung des Untemehmenssteuerrechts, in: Streck, M. (Hrsg.), Internationales Steuerrecht: Fortentwicklung des Untemehmenssteuerrechts, AuBensteuergesetz, beschrankt Steuerpflicht, Bonn 2002, S. 13; Streu, V., Der Einsatz einer inlandischen Zwischenholding in der intemationalen Konzemsteuerplanung, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, S. 144; Kessler, W., Grundlagen der Steuerplanung mit Holdinggesellschaften, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, S. 176. Vgl. Leiderer, B., Grenzuberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbriicken 1997, S. 101.
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(EuGH), wenn er iiber die ihm vorgelegten Einzelfalle entscheidet. Die Entscheidung des EuGH iibt eine direkte Bindungswirkung zwar nur auf die beteiligten Parteien des Rechtsstreits aus, dennoch werden gleichzeitig durch diese Leitentscheidungen Grundsatze des europaischen Rechts festgelegt.^^' In Bezug auf grenziiberschreitende Umstrukturierungen sind insbesondere die Urteile „Daily Mail"^'^, „Centros"^'^, „Uberseering"^•^ „Inspire Art"^^^ und „SEVIC Systems AG"^'^ einschlagig. Alle diese Urteile beschaftigen sich mit intemationalen Umstrukturierungen innerhalb der EU vor dem Hintergrund der primarrechtlichen Niederlassungsfreiheit i.S.d. Art. 43 und Art. 48 EG und gehen der Frage nach dem anwendbaren Recht eines Mitgliedstaats auf eine Gesellschaft (Gesellschaftsstatut) nach. Das Gewohnheitsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsdtze sind ungeschriebenes Gemeinschaftsrecht. Das Gemeinschaftsgewohnheitsrecht entsteht durch standige Ubung in der Rechtsanwendung. AUgemeine Rechtsgrundsatze bilden sich aus Rechtsgrundsatzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. Beide Moglichkeiten sind fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen zurzeit noch von untergeordneter Bedeutung. Im Rahmen der zwischenstaatlichen Bestimmungen ist das zwischen Deutschland und Osterreich abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen fiir grenzuberschreitende Untemehmenstatigkeit von besonderer Relevanz. Das DBA-Osterreich orientiert sich im Wesentlichen am OECD-Musterabkommen. Von hoher Wichtigkeit fiir Kapitalgesellschaftskonzeme ist die Schrankennorm des Art. 7 DBA-Osterreich, die die Besteuerungsrechte an Untemehmensgewinnen normiert. Dabei wird das sog. Betriebsstattenprinzip angewendet, d.h. die Gewinne eines Untemehmens eines Vertragsstaats diirfen nur in diesem Vertragsstaat besteuert werden mit der entscheidenden Ausnahme, dass fiir den Fall, dass das Untemehmen seine Tatigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstatte ausubt, der Betriebsstattenstaat die Gewinne, die der Betriebsstatte zugerechnet werden konnen, ebenfalls besteuem darf ^'^ Die dadurch verursachte Doppelbesteuerung wird durch den Methodenartikel des Art. 23 Vgl. Cordewener, A., Deutsche Untemehmensbesteuerung und europaische Grundfreiheiten Grundzuge des materiellen und formellen Rechtsschutzsystems der EG, DStR 2004, S. 7. EuGH V. 27.09.1988, Rs. C-81 /87, „Daily Mail", NJW 1989, S. 2168. EuGH V. 09.03.1999, Rs. C-212/97, „Centros", GmbHR 1999, S, 474. EuGH V. 05.11.2002, Rs. C-208/00, „Uberseering", GmbHR 2002, S. 1137. EuGH V. 30.09.2003, Rs. C-167/01, „Inspire Art", GmbHR 2003, S. 1260. EuGH V. 13.12.2005, Rs. C-411/03, „SEVIC Systems AG", DStR 2006, S. 49. Vgl. auch Gotz, A., Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Osterreich, in: Thommes, O.I Lang, M./ Schuch, J. (Hrsg.), Investitions- und Steuerstandort Osterreich, 2. Aufl.,
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Kapitel HI: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Abs. 1 Bst. a Satz 1, Abs. 2 Bst. a DBA-Osterreich aufgelost, der die Einkiinfte von der steuerlichen Bemessungsgrundlage des Ansassigkeitsstaates ausnimmt und so das grundsatzlich ausschliefiliche Besteuerungsrecht des Betriebsstattenstaats bestimmt. Der Ansassigkeitsstaat ist gem. Art. 23 Abs. 1 Bst. a Satz 2, Abs. 2 Bst. d DBAOsterreich berechtigt, die ausgenommenen Einkiinfte bei der Festsetzung des Steuersatzes fiir andere Einkiinfte zu beriicksichtigen. Auf diese Weise wird die Doppelbesteuerung von Untemehmensgewinnen durch die Freistellungsmethode unter Progressionsvorbehalt vermieden. Die Definition der Betriebsstatte erfolgt in Art. 5 DBAOsterreich. Liegt eine Betriebsstatte vor, werden dieser gem. Art. 7 Abs. 2 DBAOsterreich die Gewinne zugerechnet, die sie hatte erzielen konnen, wenn sie eine gleiche oder ahnliche Tatigkeit unter gleichen oder ahnlichen Bedingungen als selbstandiges Untemehmen ausgeubt hatte und im Verkehr mit dem Untemehmen, dessen Betriebsstatte sie ist, vollig unabhangig gewesen ware (sog. „dealing-at-arm's lengthprinciple").^'^ Dieser Fremdvergleichsgrundsatz gilt gem. Art. 9 DBA-Osterreich ebenfalls ftir die Gewinnzurechnung bzw. die Verrechnungspreise zwischen grenziiberschreitenden verbundenen Untemehmen. Bei UnverhaltnismaBigkeit der Vertragsgestaltung miissen gem. Art. 9 Abs. 1 DBA-Osterreich Gewinnberichtigungen vorgenommen werden, die gem. Art. 9 Abs. 2 DBA-Osterreich auch im anderen Vertragsstaat zu Gegenberichtigungen ftihren. Ebenfalls von hoher Bedeutung ist die Schrankennorm des Art. 10 DBA-Osterreich, der das Besteuerungsrecht an Dividenden regelt. Gem. Art. 10 Abs. 1 DBA-Osterreich diirfen Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansassige Gesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansassige Person zahlt, im anderen Staat besteuert werden. Art. 10 Abs. 2 DBA-Osterreich weist dem Ansassigkeitsstaat der die Dividenden zahlenden Gesellschaft allerdings ebenfalls ein der Hohe nach begrenztes Besteuerungsrecht zu. Dieses betragt 5 % des Bruttobetrags der Dividende im Fall einer sog. Schachtelbeteiligung, die dann vorliegt, wenn der Empfanger eine Kapitalgesellschaft ist, die eine mindestens 10%ige Beteiligung an der ausschiittenden Gesellschaft halt. In alien anderen Fallen betragt der Steuersatz 15% des Bruttobetrags der Dividende.'^''^ Die auf diese Weise noch nicht realisierte Vermeidung der Doppelbesteuerung wird im Fall der Schachtelbeteiligung gem. Art. 23 Abs. 1 Bst. a Satz 1, Abs. 2 Bst. a DBA-Osterreich durch Anwendung der FreiWien 2005, S. 305 ff; Esser, R., Beseitigung der Doppelbesteuerung von Kapitalgesellschaften, EWS 1991, S. 18. ^'^ Vgl. hierzu ausfiihrlich Djanani, C.I Brahler, G., Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2006, S. 132 ff
Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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stellungsmethode ftir den Ansassigkeitsstaat der die Ausschiittung empfangenden Kapitalgesellschaft erreicht (sog. Schachtelprivileg). Fur den Fall, dass keine Schachtelbeteiligung vorliegt, bestimmt Art. 23 Abs. 1 Bst. b DBst. aa, Abs. 2 Bst. b DBAOsterreich die Anwendung der Anrechnungsmethode. Die Behandlung von VerauBerungsgewinnen wird in Art. 13 DBA-Osterreich geregelt. Gem. Art. 13 Abs. 1, Abs. 2 DBA-Osterreich wird das Recht der Besteuerung von Gewinnen aus der VerauBerung von unbeweglichem Vermogen bzw. Beteiligungen an Gesellschaften, deren Aktivvermogen liberwiegend aus unbeweglichem Vermogen besteht, dem Belegenheitsstaat des unbeweglichen Vermogens zugewiesen. Gewinne aus der VerauBerung von beweglichem Vermogen, das einer Betriebsstatte zuzurechnen ist, konnen gem. Art. 13 Abs. 3 DBA-Osterreich im Betriebsstattenstaat besteuert werden. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung erfolgt jeweils durch den Methodenartikel, der gem. Art. 23 Abs. 1 Bst. b DBst. dd DBA-Osterreich fur den Ansassigkeitsstaat des VerauBerers die Anwendung der Freistellungsmethode unter Progressionsvorbehalt vorsieht. In alien anderen Fallen darf gem. Art. 13 Abs. 5 DBA-Osterreich eine Besteuerung ausschlieBlich im Ansassigkeitsstaat des VerauBerers erfolgen, so dass der Quellenstaat kein Besteuerungsrecht erhalt.
1.4 Spezielle begiinstigende Vorschriften fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen 1.4.1 Begiinstigungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge 1.4.1.1 Grenziiberschreitende Verschmelzung unter Verwendung der SE Nach iiber 50 Jahren Vorbereitung hat der Rat der Europaischen Union am 8. Oktober 2001 die Verordnung iiber das Statut der Europaischen Gesellschaft (Societas Europaea) beschlossen. Mit den am 8. Oktober 2004 in Kraft getretenen Rechtsakten in Form der Verordnung iiber das Statut der Europaischen Gesellschaft (SE-VO) und der Richtlinie zur Erganzung des Statuts der Europaischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (SE-Erganzungs-RILI) wurde die supranationale Rechtsform der SE geschaffen, die als Kapitalgesellschaft europaweit nach einheitlichen MaBstaben agieren kann.^^^ Die Einfiihrung der SE hat die Vollendung des euro-
^'^ Vgl. hierzu auch Djanani, C , Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Wien 1998, S. 358; Schuch, J., Die Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Osterreich, in: Gassner, W./ Lang, M./ Lechner, E., Osterreich - Der steuerrechtliche EU-Nachbar, Munchen 1996, S. 206. ^^^ Vgl. Brandt, U./ Scheifele, M., Die Europaische Aktiengesellschaft und das anwendbare Recht, DStR 2002, S. 547; Weber, M., Die Entwicklung des Kapitalmarktrechts 2001/2002, NJW 2003,
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Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
paischen Binnenmarkts auch im Bereich der Rechtsformen zum Ziel. Auf diese Weise soil den Untemehmen eine grenzuberschreitende Expansion und damit die bessere Verwirklichung ihres Wirtschaftspotentials im gesamten europaischen Binnenmarkt ermoglicht werden, ohne dass eine zeit- und kostenaufsvandige Grundung von Tochtergesellschaften notwendig ware, fiir die jeweils unterschiedliche nationale Rechte gelten. Dariiber hinaus sollen durch die Schaffung einer einheitlichen Rechtsform alle psychologischen, gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Hindemisse von grenzuberschreitenden Zusammenschliissen innerhalb der EU reduziert bzw. beseitigt wer-
1.4.1.1.1 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der SE Durch die SE-VO werden die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen der SE geregelt. Die SE-VO wurde auf Grundlage der erganzenden Rechtsbefiignis gem. Art. 308 EGV erlassen und gliedert sich in sieben Titel, die im Wesentlichen gesellschaftsrechtliche Fragen behandeln. Der Aufbau der SE-VO wird in der folgenden Abbildung verdeutlicht:
S. 25; Thoma, G.I Leuering, D., Die Europaische Aktiengesellschaft - Societas Europaea, NJW 2002, S. 1449; Strub, A., Die Europaische Aktiengesellschaft: Lagebericht, IStR 1993, S. 179; Theisen, M./ Wenz, M., Hintergriinde, historische Entwicklung und Grundkonzeption, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 1. Vgl. Djanani, C.I Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 260 f; Theisen, M./ Wenz, M., Hintergrunde, historische Entwicklung und Grundkonzeption, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 17; Forster, G., Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft - Diskussionspunkte -, in: Herzig, N. (Hrsg.), Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft, Koln 2004, S. 31; Jahn, A./ Herfs-Rottgen, E., Die Europaische Aktiengesellschaft - Societas Europaea, DB 2001, S. 631; Buchheim, R., Europaische Aktiengesellschaft und grenzuberschreitende Konzemverschmelzung, Berlin 2000, S. 117; Hirte, H., Die Europaische Aktiengesellschaft - ein Uberblick nach In-Kraft-Treten der deutschen Ausftihrungsgesetzgebung (Teil I), DStR 2005, S. 655.
Kapitel III: Konkretisieruns
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Titel I II III IV V VI VII Anhang I Anhang II
des Entscheidunssmodells
anhand eines EU-Staates
Inhalt Allgemeine Vorschriflen Griindung Aufbau der SE Jahresabschluss und konsolidierter Abschluss Auflosung, Liquidation, Zahlgsunfahigk. und -einstellung Erganzungs- und Ubergangsbestimmungen Schlussbestimmungen Aktiengesellschaften gem. Art. 2 Abs. 1 SE-VO AGs und GmbHs gem. Art. 2 Abs. 2 SE-VO
Abbildung 31:
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Artikel Art. 1-14 SE-VO Art. 15-37 SE-VO Art. 38-60 SE-VO Art. 61-62 SE-VO Art. 63-66 SE-VO Art. 67 SE-VO Art. 68-70 SE-VO
Aufbau der SE-VO
Gem. Art. 1 Abs. 1 SE-VO konnen Handelsgesellschaften im Gebiet der Europaischen Gemeinschaft in der Form einer SE unter den in der Verordnung genannten Voraussetzungen gegriindet werden. Gem. Art. 1 Abs. 2, Abs. 3 SE-VO ist eine SE eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersonlichkeit, deren Kapital in Aktien zerlegt ist, wobei jeder Aktionar nur bis zur Hohe des von ihm gezeichneten Kapitals haftet. Gem. Art. 4 Abs. 2 SE-VO muss das gezeichnete Kapital mindestens 120.000 € betragen. Aufgrund dieser Merkmale entspricht die SE im Wesentlichen einer AG nach deutschem und osterreichischem Recht gem. § 1 AktG, § 1 oAktG.
1.4.1.1.2 Grtindungsformen der SE Die Griindung einer SE ist nicht originar durch Bar- oder Sacheinlagen moglich, sondem kann ausschlieBlich durch Umstrukturierung bereits bestehender Gesellschaften erfolgen.^^^ Da es sich bei der SE um eine supranational Rechtsform handelt, miissen im Rahmen des sog. Mehrstaatlichkeitsprinzips samtliche Grtindungsformen einen Bezug zu mindestens zwei Mitgliedstaaten aufweisen.^^^ Gem. Art. 2 und Art. 15 ff.
Vgl. Kessler, W./ Achilles, C./ Huck, F., Die Europaische Aktiengesellschaft im Spannungsfeld zwischen nationalen Steuergesetzgeber und EuGH, IStR 2003, S. 715; Endres, D., Europa-AG und Steuem: das Flaggschiff ist da, es fehlt nur das Segel, RIW 2004, S. 736; Schummer, G., Die „Umwandlungsbestimmungen" in der SE-VO und im SE-G, OStZ 2004, S. 391. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 263; Bezzenberger, T., Die Europaische Aktiengesellschaft, Jura 2003, S. 230; Kersting, C , Societas Europaea: Griindung und Vorgesellschaft, DB 2001, S. 2079; Schulz, A./ Geismar, B., Die Europaische Aktiengesellschaft, DStR 2001, S. 1080; Lingl, M., Die Europaische Aktiengesellschaft - Societas Europaea (SE), JA 2006, S. 306; Neun, J., Griindung, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 66; Hommelhoff, P., Einige Bemerkungen zur Organisationsverfassung der Europaischen Akti-engesellschaft, AG 2001, S. 281; Schulz, A./ Eicker, K., The European Company Statute - the German View, Intertax 2001, S. 334; Kraft,
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Kapitel III: Konkretisiemns
des Entscheidun2smodells
anhand eines
EU-Staates
SE-VO bestehen insgesamt vier verschiedene Grundungsmoglichkeiten, die in der folgenden Abbildung veranschaulicht werden.
Griindung durch Verschmelzung (Verschmelzungs-SE) gem. Art. 2 Abs. 1 SE-VO, Abschnitt 2: Art. 17-31 SE-VO
Grundung durch Errichtung einer ubergeordneten Holdinggesellschaft (Holding-SE) gem. Art. 2 Abs. 2 SE-VO, Abschnitt 3: Art. 32-34 SE-VO
Grundung durch Errichtung einer gemeinsamen Tochtergesellschaft (Tochter-SE) gem. Art. 2 Abs. 3 SE-VO, Abschnitt 4: Art. 35-36 SE-VO
Grundung durch formwechselnde Umwandlung gem. Art. 2 Abs. 4 SE-VO, Abschnitt 5: Art. 37 SE-VO
Abbildung 32: Griindungsformen einer SE
1.4.1.1.2.1 Verschmelzungs-SE Gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Anhang I zur Verordnung i.V.m. Art. 17-31 SE-VO konnen Aktiengesellschaflen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegriindet worden sind und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben, eine SE durch Verschmelzung grtinden, sofem mindestens zwei von ihnen dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen. Wie im deutschen UmwG stellt auch die SE-VO gem. Art. 17 Abs. 2 SE-VO zwei Moglichkeiten zur Grundung durch Verschmelzung zur Verfugung: Zum einen besteht die Moglichkeit der Verschmelzung durch Aufnahme gem. Art. 29 Abs. 1 SE-VO, Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 78/855/EWG (Verschmelzungsrichtlinie)^^"^. Gem. Art. 29 Abs. 1 SE-VO werden samtliche Aktiva und Passiva der ubertragenden Aktiengesellschaft auf die ubemehmende Aktiengesellschaft ubertragen. Gem. G./ Bron, J., Defizite bei der grenziiberschreitenden Verschmelzung - eine sekundarrechtliche Bestandsaufnahme, RIW 2005, S. 642; Horn, N., Die Europa-AG im Kontext des deutschen und europaischen Gesellschaftsrechts, DB 2005, S. 148; Vossius, O., Griindung und Umwandlung der deutschen Europaischen Gesellschaft (SE), ZIP 2005, S. 743. ^^^ Dritte Richtlinie 78/855/EWG des Rates v. 09.10.1978, Abl. EG Nr. L 295 v. 20.10.1978, S. 36.
Kapitel III: Konkretisienins des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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Art. 17 SE-VO hat die Verschmelzung ipso iure auch entsprechende rechtliche Wirkungen, so dass die Ubertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vorgenommen wird.^^^ Die Aktionare der ubertragenden Gesellschaft werden mit Aktien der iibernehmenden Aktiengesellschaft abgeflinden. Die iibertragende Aktiengesellschaft erlischt, und die ubemehmende Aktiengesellschaft nimmt unmittelbar mit der Verschmelzung die Rechtsform einer SE an. Zum anderen ist die Verschmelzung durch Griindung einer neuen Gesellschaft gem. Art. 29 Abs. 2 SE-VO, Art. 4 Abs. 1 Verschmelzungsrichtlinie zulassig. Hierbei geht das gesamte Aktiv- und Passivvermogen der sich verschmelzenden Gesellschaften auf die neu gegriindete SE iiber. Die Aktionare der sich verschmelzenden Gesellschaften werden mit Aktien der SE abgeftinden, und die sich verschmelzenden Gesellschaften erloschen.
1.4.1.1.2.2
Holding-SE
Gem. Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Anhang II zur Verordnung i.V.m. Art. 32-34 SE-VO konnen Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschrankter Haftung, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegriindet worden sind und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben, die Griindung einer Holding-SE anstreben, sofem mindestens zwei von ihnen dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen Oder seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben. Die Aktionare der ubertragenden Kapitalgesellschaften bringen ihre Anteile im Wege der Einzelrechtsnachfolge in die Holding-SE ein. Auf diese Weise bestehen die bei der Griindung beteiligten Gesellschaften ft)rt, wie es von Art. 32 Abs. 1 Satz 2 SE-VO vorausgesetzt wird, da die Vermogensiibertragung ausschlieBlich auf Ebene der Anteilseigner stattfmdet. Gem. Art. 32 Abs. 2 Satz 3, 4 SE-VO miissen mindestens 50 % der stimmberechtigten Anteile jeder der iibertragenden Gesellschaften eingebracht werden. Als Gegenleistung erhalten die Anteilseigner neue Anteile an der Holding-SE.^^^ Daraus ergibt sich, dass die Griindung einer Holding-SE nur durch den Tausch von Anteilen mit einer neu gegriindeten Kapitalgesellschaft moglich ist, so
^^^ Vgl. Herzig, N./ Griemla, S., Steuerliche Aspekte der Europaischen Aktiengesellschaft/ Societas Europaea (SE), StuW 2002, S. 58; Kloster, L., Societas Europaea und europaische Untemehmenszusammenschltisse, EuZW 2003, S. 294; Endres, D., Moglichkeiten und Grenzen der Steuerplanung mit der neuen Europa-AG, Praxis Internationale Steuerberatung 2004, S, 254. ^^^ Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 265.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
dass der Anteilstausch durch Aufnahme zur Griindung einer Holding-SE ausscheidet.^^^
1.4.1.1.2.3
Tochter-SE
Art. 2 Abs. 3 i.V.m. Art. 35, 36 SE-VO erlauben die Griindung einer Tochter-SE durch Zeichnung ihrer Aktien durch Gesellschaften i.S.d. Art. 48 Abs. 2 SE-VO, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegrundet worden sind und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschafl haben, sofem mindestens zwei von ihnen dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen oder seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben. Die beteiligten Griindungsgesellschaften bringen im Wege der Einzelrechtsnachfolge Teile ihres Vermogens in die auf diese Weise gegrundete Tochter-SE ein.^^^ Als Gegenleistung erhalten die Gesellschaften selbst Anteile an der Tochter-SE. Im Unterschied zur Griindung der Holding-SE, bei der die Umstrukturierung unberuhrt von der Ebene der einzubringenden Kapitalgesellschaften durchgefiihrt wurde, ist bei der Griindung einer Tochter-SE die Ebene der Anteilseigner nicht betroffen.
1.4.1.1.2.4
Formwechsel
Gem. Art. 2 Abs. 4 i.V.m. Art. 37 SE-VO kann eine Aktiengesellschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegrtindet worden ist und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft hat, in eine SE umgewandelt werden, wenn sie seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft hat. Da der Formwechsel lediglich eine Anderung des Rechtskleids darstellt und keine Vermogensubertragung stattfmdet, wird er im weiteren Verlauf der Arbeit nicht weiter betrachtet.
1.4.1.1.3 Besteuerung der SE Weder die SE-VO noch die SE-Erganzungs-RILI sehen spezielle Vorschriften beziiglich der Besteuerung der SE vor.^^*^ Gem. Art. 9 Abs. 1 Bst. c Nr. ii) SE-VO unterliegt Vgi. Ruhwinkel, C , Grundung einer Europaischen Aktiengesellschaft (SE) durch Verschmelzung oder durch Anteilstausch, Frankfurt a.M. 2004, S. 61. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 266. Vgi. Schulz, A./ Petersen, S., Die Europa-AG: Steuerlicher Handlungsbedarf bei Grundung und Sitzverlegung, DStR 2002, S. 1509; Hirte, H., Die Europaische Aktiengesellschaft, NZG 2002, S. 2; Bell, S., Amendments to Merger Directive: A New Dawn for Cross-Border Reorganizations?,
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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die SE in diesem Fall den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die auf eine nach dem Recht des Sitzstaats der SE gegriindete Aktiengesellschaft Anwendung finden wiirden. Somit unterscheidet sich aus deutscher Sicht die Besteuerung einer SE nicht von der Besteuerung einer deutschen Aktiengesellschaft.^"^^ Insbesondere ist keine steuerliche Begiinstigung der SE vorgesehen, da zwischen den in einem Mitgliedstaat ansassigen nationalen und Europaischen Aktiengesellschaften Rechtsformneutralitat gewahrleistet werden soU.^^^ Im Zusammenhang mit der Griindung der SE ist dariiber hinaus insbesondere die Fusionsrichtlinie fur die Steuemeutralitat der Griindung einer SE unmittelbar einschlagig, da sie ausdriicklich die grenziiberschreitende Umstrukturierung von Kapitalgesellschaften regelt.^^^
1.4.1.1.4 Einsatz der SE im Entscheidungsmodell fur grenziiberschreitende Umstrukturierungen zwischen Deutschland und Osterreich Im vorliegenden Entscheidungsmodell wird zwischen Umstrukturierungsmoglichkeiten, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge oder der Einzelrechtsnachfolge durchgefuhrt werden, unterschieden. Von den aufgezeigten Moglichkeiten der grenzuberschreitenden Umstrukturierungen unter Verwendung der SE ist im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge ausschlieBlich die grenziiberschreitende Verschmelzung moglich.
DFI 2004, S. 122; Raber, H., Europaische Aktiengesellschaft mit inlandischer Mutter-SE - Sicht der Untemehmenspraxis -, in: Herzig, N. (Hrsg.), Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft, Koln 2004, S. 152; Rodder, T., Grundfragen der Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft (SE), Der Konzem 2003, S. 528; Endres, D., Europa-AG und Steuem: das Flaggschiff ist da, es fehlt nur das Segel, RIW 2004, S. 738; Diemer, R., Regelungsbedarf einer Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft (SE) - Sicht der Europaischen Kommission -, in: Herzig, N. (Hrsg.), Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft, Koln 2004, S. 49; Schulz, A./ Eicker, K., The European Company Statute - the German View, Intertax 2001, S. 337, S. 340; s. auch Piltz, D., Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft - Diskussionspunkte -, in: Herzig, N. (Hrsg.), Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft, Koln 2004, S. 84 f.; Tumpel, M., Die Europaische Aktiengesellschaft im Steuerrecht, in: Achatz, M. (u.a.) (Hrsg.), Internationale Umgrundungen, Wien 2005, S. 319. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 262; Kessler, W./ Achilles, CI Huck, F., Die Europaische Aktiengesellschaft im Spannungsfeld zwischen nationalen Steuergesetzgeber und EuGH, IStR 2003, S. 715; Kallmeyer, H., Europa-AG: Strategische Optionen fiir deutsche Untemehmen, AG 2003, S. 198; Bezzenberger, T., Die Europaische Aktiengesellschaft, Jura 2003, S. 231. Vgl. FSrster, G./ Lange, C., Steuerliche Aspekte der Griindung einer Europaischen Aktiengesellschaft (SE), DB 2002, S. 288; Lutter, M., Europaische Aktiengesellschaft - Rechtsfigur mit Zukunft?, BB 2002, S. 6 f. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 263; Kallmeyer, H., Europa-AG: Strategische Optionen ftir deutsche Untemehmen, AG 2003, S. 197; Klapdor, R., Uberlegungen zur Besteuerung der europaischen Aktiengesellschaft, EuZW 2001, S. 679 f.; Kenter, T.I Brendt, J., Die Besteuerung der Grundung einer Europaischen Aktiengesellschaft (SE), IWB Nr. 7 v. 14.04.2004, Each 11 Europaische Gemeinschaften, Gruppe 2, S. 622.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Aus diesem Grund erfolgt in diesem Kapitel die Analyse der grenziiberschreitenden Verschmelzung, wahrend beziiglich der Holding-SE sowie der Tochter-SE auf die Sondervorschriften im Wege der Einzelrechtsnachfolge verwiesen wird. Der Vorteil einer grenziiberschreitenden Verschmelzung im Allgemeinen ist in der Entflechtung bestehender Strukturen und der Vereinfachung einer bestehenden Konzemgliederung zu sehen.^^^ Durch die grenziiberschreitende Verschmelzung wird aus der iibertragenden Kapitalgesellschaft eine Betriebsstatte der iibemehmenden Kapitalgesellschaft; die Anteilseigner der Zielgesellschaft erhalten als Ausgleich Anteile an der iibemehmenden Kapitalgesellschaft. Im Verhaltnis zwischen Deutschland und Osterreich ist es moglich, sowohl eine Verschmelzungs-SE in Deutschland als auch in Osterreich zu griinden, so dass aus deutscher Sicht zwischen einer Inbound-Verschmelzung sowie einer OutboundVerschmelzung unterschieden werden muss. Eine weitere Differenzierung zwischen der Verschmelzung durch Aufnahme und der Verschmelzung durch Griindung einer neuen Gesellschaft ist nicht notwendig, da beide Handlungsmoglichkeiten zum wirtschaftlich gleichen Ergebnis ftihren. Allerdings erfordert die Griindung einer neuen Aktiengesellschaft zusatzliche Kosten, weswegen von dieser Gestaltungsmoglichkeit Abstand genommen wird. Aus diesem Grund wird im Folgenden ausschlieBlich der Fall der Verschmelzung durch Auftiahme betrachtet. Die bestehenden Handlungsmoglichkeiten werden in der folgenden Abbildung verdeutlicht:
333
Vgl. Leiderer, B., Grenzuberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbrucken 1997, S. 65; Herzig, N., Veranderungen von Beteiligungsstrukturen im Konzem durch Umwandlung, Einbringung und VerauBerung, in: Schaumburg, H. (Hrsg.), Steuerrecht und steuerorientierte Gestaltungen im Konzem, Koln 1998,8.87.
Kapitel III: Konkretisienins des Entscheidun2smodells anhand eines EU-Staates
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(Oeutschland) , C Osterreich^ Ausgangsfall:
i
Kapitalgesellschaft
Kapitalgesellschaft
Anteilseigner
Anteilseigner
Outbound-Verschmelzung: ^ ^
Betriebsstatte 1—^
^
Untergang V / der Anteile / N
1 j
Societas Europaea
^
^^^^
Anteilseigner
Anteilseigner
Inbound-Verschmelzung:
Societas Europaea
^ w
Betriebsstatte ' 1
-.....^,^^^
Anteilseigner
Abbildung 33: Darstellung Verschmelzungs-SE
V / Untergang / N der Anteile
Anteilseigner
1
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidun2smodells anhand eines EU-Staates
Voraussetzung fiir die Griindung einer SE durch Verschmelzung ist, dass der Vorgang sowohl in Deutschland als auch in Osterreich steuemeutral durchgeflihrt werden kann. In Deutschland ist der Fall einer Inbound-Verschmelzung, bei der die osterreichische Kapitalgesellschaft auf die deutsche Gesellschaft iibertragen wird, steuerlich unproblematisch, da kein Besteuerungssubstrat verloren geht.^^"* Das in Osterreich belegene Vermogen unterlag zu keinem Zeitpunkt einem deutschen Besteuerungsrecht, und das in Deutschland belegene Vermogen einer Betriebsstatte wechselt von der beschrankten in die unbeschrankte Steuerpflicht. Die Gefahr eines Besteuerungsverlusts besteht daher fur Deutschland im Fall einer Hineinverschmelzung nicht, im Gegenteil verstarkt sich der deutsche Besteuerungszugriff durch das Hineinfallen des deutschen Betriebsstattenvermogens in die unbeschrankte Korperschaftsteuerpflicht. Im Fall einer Outbound-Verschmelzung scheidet mit dem Untergang der iibertragenden deutschen Gesellschaft das Steuersubjekt aus der deutschen Steuerhoheit aus, so dass stille Reserven der deutschen Besteuerung abschlieBend entzogen werden konnten. Da die Kapitalgesellschaft in Deutschland im Zuge der Herausverschmelzung nicht aufgelost wird, kommt es nicht zu einer Schlussbesteuerung nach § 11 KStG. Allerdings ftihrt § 12 Abs. 1 KStG zur Schlussbesteuerung i.S.d. § 11 KStG und damit zu einer vollstandigen Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven, da die deutsche Kapitalgesellschaft durch die Sitzverlegung ins Ausland aus der unbeschrankten Steuerpflicht ausscheidet.^'^^ Dabei spielt es keine Rolle, dass die stillen Reserven aufgrund des Wechsels in die beschrankte Steuerpflicht weiterhin dem deutschen Besteuerungszugriff unterliegen.^^^ Auch wenn hier systematische Bedenken beziiglich der Besteuerung von stillen Reserven, die dem deutschen Steuerzugriff uberhaupt nicht entzogen sind, angebracht werden mussen, ist der Gesetzeswortlaut diesbeziiglich eindeutig/^^^ Dariiber hinaus ist festzustellen, dass gem. § 1 Abs. 1 UmwStG i.V.m. § 1 UmwG das deutsche Umwandlungssteuerrecht nur auf Verschmelzungen von Rechtstragem mit Sitz im Inland Anwendung fmdet. Zudem wird der Anwendungsbereich durch § 1 Abs. 5 UmwStG auf unbeschrankt steuerpflichtige Korperschaften begrenzt. Das deutsche innerstaatliche Umwandlungssteuerrecht begiinstigt somit grenzuberschreitende So auch Kessler, W./ Achilles, CI Huck, F., Die Europaische Aktiengesellschaft im Spannungsfeld zwischen nationalen Steuergesetzgeber und EuGH, IStR 2003, S. 716; Griemla, S., Grenziiberschreitende Verschmelzung von doppelt ansassigen Kapitalgesellschaften im Ertragsteuerrecht, Koln 2003, S. 218. Vgl. Schulz, A./ Petersen, S., Die Europa-AG: Steuerlicher Handlungsbedarf bei Griindung und Sitzverlegung, DStR 2002, S. 1512. Vgl. Schulz, A./ Petersen, S., Die Europa-AG: Steuerlicher Handlungsbedarf bei Griindung und Sitzverlegung, DStR 2002, S. 1512.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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Verschmelzungen nicht, so dass die in Deutschland verhafteten stillen Reserven einer Liquidationsbesteuerung gem. § 11 KStG unterworfen werden mtissten. Obwohl die deutschen Steuergesetze noch nicht an die Moglichkeit der intemationalen Verschmelzung im Rahmen der Griindung einer SE angepasst wurden, konnte die Fusionsrichtlinie die Steuemeutralitat der Umstrukturierung herstellen, da sie gem. Art. 2 Bst. a FRL als einen von vier Anwendungsfallen die grenzuberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften ansieht.^^^ Allerdings ist die steuerliche Fusionsrichtlinie bezogen auf die grenzuberschreitende Fusion in Deutschland noch nicht umgesetzt worden mit der Begriindung, dass eine grenzuberschreitende Verschmelzung aufgrund fehlender gesellschaftsrechtlicher Grundlagen bisher nicht moglich war.^^^ Da die SEVO die grenzuberschreitende Verschmelzung mittlerweile jedoch ausdrucklich gestattet, ist Deutschland angehalten, die vorzunehmende Umsetzung der Fusionsrichtlinie dringlichst nachzuholen, um drohende Vertragsverletzungsverfahren und Schadensersatzforderungen zu vermeiden.^"^^ Doch auch die nicht fristgemaB erfolgte Umsetzung der Fusionsrichtlinie vermag die Griindung einer Verschmelzungs-SE nicht zu blockieren, da nicht rechtzeitig umgesetzte Richtlinien seit der Rechtsprechung des EuGH in der Rs. Spa Sace^"^' unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar angewendet werden konnen. Diese Voraussetzungen sind:^"*^ - Keine fristgerechte, vollstandige Umsetzung der Richtlinie. - Die Richtlinie ist fur den Einzelnen begunstigend. - Die Richtlinie ist inhaltlich hinreichend genau gefasst.
A.A. Kessler, W./ Achilles, C./ Huck, F., Die Europaische Aktiengesellschaft im Spannungsfeld zwischen nationalen Steuergesetzgeber und EuGH, IStR 2003, S. 716. Vgl. Forster, G.I Lange, C , Steuerliche Aspekte der Griindung einer Europaischen Aktiengesellschaft (SE), DB 2002, S. 288; dies,, Grenzuberschreitende Sitzverlegung der Europaischen Aktiengesellschaft aus ertragsteuerlicher Sicht, RIW 2002, S. 589 f. Vgl. Kessler, W./ Achilles, CI Huck, F., Die Europaische Aktiengesellschaft im Spannungsfeld zwischen nationalen Steuergesetzgeber und EuGH, IStR 2003, S. 717; Breuninger, G.I Bruse, M., 1992: Europarechtliche Einflusse auf die Untemehmensbesteuerung, EWS 1990, S. 133. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 271; Kessler, W./ Achilles, C.I Huck, F., Die Europaische Aktiengesellschaft im Spannungsfeld zwischen nationalen Steuergesetzgeber und EuGH, IStR 2003, S. 715. Vgl. EuGH-Urteil v. 17.12.1970, Rs. C 33/70, Slg. 1970,1-1213. Vgl. EuGH-Urteil v. 05.04.1979, Rs. 148/78, Slg. 1979, S. 1629, Rn. 23; EuGH-Urteil v. 19.01.1982, Rs. 8/81, Slg. 1982, S. 53, Rn. 25; EuGH-Urteil v. 26.02.1986, Rs. 152/84, Slg. 1986, S. 723, Rn. 46; EuGH-Urteil v. 19.11.1992, Rs. C-6/90, Slg 1991, S. 5357, Rn. 11.
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Kapitel HI: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Da samtliche dieser Voraussetzungen beziiglich der Fusionsrichtlinie erfiillt sind, kann sich der Steuerpflichtige in den Staaten, in welchen die Richtlinie noch nicht zur Ganze umgesetzt wurde,^"^^ auf ihre unmittelbare Anwendbarkeit berufen.^'^'^ Aus osterreichischer Sicht ware bei grenziiberschreitender Verschmelzung zur SE ebenfalls eine unmittelbare Anwendung der Fusionsrichtlinie moglich. Im Gegensatz zu Deutschland hat es der osterreichische Gesetzgeber jedoch nicht versaumt, die steuerliche Fusionsrichtlinie in nationales Recht umzusetzen. Sowohl die Hinein- als auch die Herausverschmelzung zur SE stellen aufgrund der bestehenden handelsrechtlichen Bestimmungen der SE-VO bzw. des SEG Verschmelzungen i.S.d. § 1 Abs. 1 UmgrStG dar, so dass eine steuemeutrale Durchfiihrung unter Beachtung der Vorgaben der Fusionsrichtlinie gem. Art. I UmgrStG gewahrleistet ist. Im Ergebnis ist eine steuemeutrale Verschmelzung zur SE unter Beteiligung deutscher und osterreichischer Aktiengesellschaften aus deutscher Sicht durch unmittelbare Anwendung der Fusionsrichtlinie und aus osterreichischer Sicht durch mittelbare Anwendung der Fusionsrichtlinie iiber Art. I UmgrStG moglich. Da die Fusionsrichtlinie als supranationales Recht gleichermaBen sowohl fiir Deutschland als auch flir Osterreich als EU-Mitgliedstaaten die steuerliche Behandlung von grenziiberschreitenden Umstrukturierungen bestimmt, ergeben sich die gleichen Rechtsfolgen unabhangig davon, in welchem Mitgliedstaat der aufnehmende oder tibertragene Rechtstrager bzw. deren Anteilseigner ansassig sind. Daher geniigt die allgemeine Darstellung der steuerlichen Behandlung der grenziiberschreitenden Verschmelzung, da die Ausfiihrungen sowohl fur den Inbound- als auch fiir den Outbound-Fall in identischer Weise gelten. Auf diese Weise sind die Vorschriften der Fusionsrichtlinie im Rahmen des Entscheidungsmodells fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen von besonderer Bedeutung. Es muss daher eine ausfuhrliche Analyse der steuerlichen Begiinstigungen und Diese Staaten sind Belgien, Deutschland, Inland und GroBbritannien; vgl. Djanani, CI Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 270. Vgl. Forster, G./ Lange, C , Steuerliche Aspekte der Griindung einer Europaischen Aktiengesellschaft (SE), DB 2002, S. 290; Thommes, O., Besteuerung, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 547; Maier, G.I Lammel, S. in: Manz, G.I Mayer, B./ Schroder, A. (Hrsg.), Europaische Aktiengesellschaft SE Kommentar, BadenBaden 2005, S. 812; Lange, C , Grenzuberschreitende Umstrukturierungen im Rahmen des Statuts der Europaischen Aktiengesellschaft - Steuerliche Wurdigung am Beispiel von Umstrukturierungsvorgangen in Deutschland und im Vereinigten Konigreich, Hannover 2005, S. 276 ff.; Buhler, C , Die grenzuberschreitende Fusion von Kapitalgesellschaften in der Europaischen Union, Zurich 2000, S. 262; vgl. auch Kaminski, B., Grenzuberschreitende Umwandlungen von Kapitalgesellschaften, SteuerStud 1999, S. 256; Griemla, S., Grenzuberschreitende Verschmelzung von doppelt ansassigen Kapitalgesellschaften im Ertragsteuerrecht, Koln 2003, S. 191 ff.; Bartone, R./ Klapdor, R., Die Europaische Aktiengesellschaft, Berlin 2005, S. 109; Kraft, G.I Bron, J., Defizite bei der grenzuberschreitenden Verschmelzung - eine sekundarrechtliche Bestandsaufnahme, RIW 2005, S. 644.
Kapitel III: Konkretisierung
des Entscheidunssmodells
anhand eines EU-Staates
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Erleichterungen durch die Fusionsrichtlinie fiir grenzuberschreitende Umstrukturierungen vorgenommen werden. Der grundlegende Aufbau der Fusionsrichtlinie wird in der folgenden Abbildung verdeutlicht: [
Titel I II
III IV V 1 Anhang
Inhalt Allgemeine Vorschriften Regeln fiir Fusionen, Spaltungen und den Austausch von Anteilen Regeln fur die Einbringung von Untemehmensteilen Sonderfall der Einbringung einer Betriebsstatte Schlussbestimmungen Liste der unter Art. 3 Bst. a FRL fallenden Gesellschaften
Artikel Art. 1-3 FRL Art. 4-8 FRL
1
Art. 9 FRL Art. 10-1 Od FRL Art. 11-13 FRL
Abbildung 34: Aufbau der Fusionsrichtlinie
Art. 1 FRL bestimmt den personlichen Anwendungsbereich der Richtlinie. Demnach mtissen die beteiligten Gesellschaften aus mindestens zwei unterschiedlichen Mitgliedstaaten stammen. Dieses Erfordemis ist im Rahmen der Griindung einer Verschmelzungs-SE aufgrund des Mehrstaatlichkeitsprinzips des Art. 2 SE-VO stets als erfiillt anzusehen. Aufgrund der Erweiterung der Fusionsrichtlinie im Jahr 2005 wurde die SE auch in den Anhang als begunstigte Gesellschaftsform aufgenommen."^'*^ Dartiber hinaus stimmen die Definitionen einer Verschmelzung durch Neugrundung und durch Aufnahme nach der Fusionsrichtlinie gem. Art. 2 Bst. a FRL mit denen der SE-Verordnung Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 17 Abs. 2 SE-VO uberein.^'*^ Die SE-VO ist folglich mit der Fusionsrichtlinie derart verzahnt, dass eine direkte Ubertragbarkeit der Fusionsrichtlinie auf die Griindung einer SE gegeben ist. Die Fusionsrichtlinie strebt ausdriicklich eine Beseitigung samtlicher steuerlicher Hindemisse an, die eine grenzuberschreitende Untemehmenstatigkeit benachteiligen. Dabei soil die Fusionsrichtlinie eine Vermeidung der Besteuerung anlasshch einer Fusion, Spaltung, Einbringung von Untemehmensteilen sowie eines Anteilstauschs erreichen, wobei allerdings auch das berechtigte fmanzielle Interesse der Mitgliedstaaten an einer Besteuerung der in ihrem Hoheitsgebiet verhafteten stillen Reserven gewahrt
Vgl. Anhang „Liste der Gesellschaften im Sinne von Artikel 3 Bst. a" zur Richtlinie des Rats vom 17.02.2005 zur Anderung der Richtlinie 90/434/EWG iiber das gemeinsame Steuersystem fiir Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Untemehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen (2005/19/EG), AblEG Nr. L 58 v. 04.03.2005. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 271.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
bleiben soll.^"^^ Ziel ist die Steuemeutralitat des Vorgangs, nicht aber die materielle Begtinstigung von Umstrukturierungsvorgangen. Dies wird durch das Konzept der Besteuerungsaufschubs der stillen Reserven bei Verbleiben in der Steuerhoheit des Staates der iibertragenden Gesellschaft erreicht.^"^^ Gem. Art. 4 Abs. 1 FRL darf die Fusion keine Besteuerung des Unterschieds zwischen dem tatsachlichen Wert und dem steuerlichen Wert des iibertragenen Aktiv- und Passivvermogens auslosen. Als steuerlicher Wert ist dabei in Deutschland der Buchwert gemaB der Steuerbilanz zu verstehen.^'*^ Urn nicht die Ubertragung einzelner Wirtschaftsgiiter zu begiinstigen, setzt Art. 2 Bst. a FRL die Ubertragung des gesamten Aktiv- und Passivvermogens durch die einbringende Gesellschaft voraus. Art. 4 Abs. 3 FRL bestimmt, dass d\Q ubemehmende Gesellschaft die neuen Abschreibungen und die spateren Wertsteigerungen oder Wertminderungen des iibertragenden Aktiv- und Passivvermogens auf Grundlage der Buchwerte der einbringenden Gesellschaft vorzunehmen hat. Somit wird die steuerliche Neutralitat der Verschmelzung unter der Voraussetzung gewahrt, dass die Buchwerte ft)rtgeftihrt werden. Der Ausgleich ftir die Steuemeutralitat der Ubertragung der stillen Reserven liegt daher in der fehlenden Aufstockung der Buchwerte. Durch die im Rahmen der grenziiberschreitenden Verschmelzung vorgenommene Ubertragung von Vermogensgegenstanden auf eine auslandische Kapitalgesellschaft muss der Ansassigkeitsstaat der einbringenden Gesellschaft allerdings nicht endgiiltig auf die Besteuerung der in seinem Hoheitsgebiet entstandenen stillen Reserven verzichten, da der Steueraufschub gem. Art. 4 Abs. 1 Bst. b FRL davon abhangig gemacht wird, dass das iibertragene Aktiv- und Passivvermogen der einbringenden Gesellschaft nach der Fusion tatsachlich einer Betriebsstatte der ubemehmenden Gesellschaft im Staat der einbringenden Gesellschaft zugerechnet wird und zur Erzielung des steuer-
Vgl. Abs. 3 und 5 des Vorworts der Fusionsrichtlinie. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 271; Rogall, M,, Die grenziiberschreitende Abspaltung nach der geplanten Anderung der steuerlichen Fusionsrichtlinie, RIW 2004, S. 272; Staringer, C, Die EG-Fusionsrichtlinie, in: Gassner, W./ Lechner, E. (Hrsg.), Osterreichisches Steuerrecht und europaische Integration, Wien 1992, S. 142; Thiel, J., Europaisierung des Umwandlungssteuerrechts: Grundprobleme der Verschmelzung, DB 2005, S. 2317; Tumpel, M., Harmonisierung der direkten Untemehmensbesteuerung in der EU, Wien 1994, S. 100; Halasz, C./ Kloster, L., Fortschreitende Europaisierung des Rechts grenzuberschreitender Untemehmenszusammenschlusse, DStR 2004, S. 1327; Eismayr, R., Grenziiberschreitende Konzentrationsverschmelzungen, Wien 2005, S. 80. Vgl. Sa6, G., Die Fusionsrichtlinie und die Mutter/Tochterrichtlinie, DB 1990, S. 2341; KnobbeKeuk, B., Wegzug und Einbringung von Untemehmen zwischen Niederlassungsfreiheit, Fusionsrichtlinie und nationalem Steuerrecht, DB 1991, S. 299; Krebs, H.-J,, Untemehmensbesteuerung in der EG, ZGR 1992, S. 350; Staringer, C, Die EG-Fusionsrichtlinie, in: Gassner, W./ Lechner, E. (Hrsg.), Osterreichisches Steuerrecht und europaische Integration, Wien 1992, S. 142; Diemer, R., Anmerkungen zur EG-Fusionsrichtlinie aus italienischer Sicht, RIW 1991, S. 572 f
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidun2smodells anhand eines EU-Staates
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lich zu berticksichtigenden Ergebnisses dieser Betriebsstatte beitragt.^^^ Durch diese Verhaftung der stillen Reserven bleibt der Besteuerungsanspruch des Ansassigkeitsstaates der ubertragenden Gesellschaft gewahrt, da Art. 13 Abs. 3 i.V.m. Art. 23 DBAOsterreich das Besteuerungsrecht an Gewinnen aus der VerauBerung von Betriebsstattenvermogen dem Betriebsstattenstaat gewahrt. Auf diese Weise konnen die stillen Reserven zu einem spateren Zeitpunkt vom Ansassigkeitsstaat der ubertragenden Gesellschaft nachversteuert werden.^^' Somit wird eindeutig die grenziiberschreitende Verbringung von Wirtschaftsgiitem vom Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie ausgenommen.^^^ Wird durch eine Grundungsgesellschaft eine Betriebsstatte iibertragen, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem der einbringenden Gesellschaft belegen ist, muss der Mitgliedstaat der einbringenden Gesellschaft gem. Art. 10 Abs. 1 FRL endgtiltig auf seine Rechte zur Besteuerung dieser Betriebsstatte verzichten. Dies bedeutet fur den Ansassigkeitsstaat der einbringenden Gesellschaft jedoch keinen Verlust eines Besteuerungsrechts, da aufgrund der in den Doppelbesteuerungsabkommen vereinbarten Freistellungsmethode bei Betriebsstattengewinnen das Besteuerungsrecht
Vgl. Herzig, N./ Dautzenberg, N./ Heyeres, R., System und SchwSche der Fusionsrichtlinie, DB 1991, Beilage Nr. 12/91 zu Heft Nr. 41, S. 7; Maier, G./ Lammel, S. in: Manz, G./ Mayer, B./ Schroder, A. (Hrsg.), Europaische Aktiengesellschaft SE Kommentar, Baden-Baden 2005, S. 782; Staringer, C , Seminar F: Umstrukturierung von Untemehmen und Internationales Steuerrecht, IStR 2000, S. 510; Herzig, N., Internationale Umwandlungen, in: Ludicke, J. (Hrsg.), Fortentwicklung der Intemationalen Untemehmensbesteuerung, K6ln 2002, S. 128; Knobbe-Keuk, B., Wegzug und Einbringung von Untemehmen zwischen Niederlassungsfreiheit, Fusionsrichtlinie und nationalem Steuerrecht, DB 1991, S. 299; Schikowsky, A./ Beste, M.-O., Einbringungen in Kapitalgesellschaften innerhalb der Europaischen Union, SteuerStud 2001, S. 125; Staringer, C , Die EGFusionsrichtlinie, in: Gassner, W./ Lechner, E. (Hrsg.), Osterreichisches Steuerrecht und europaische Integration, Wien 1992, S. 144; Knobbe-Keuk, B., Die beiden Untemehmenssteuerrichtlinien, EuZW 1992, S. 341; Herzig, N./ Dautzenberg, N., Fusionsrichtlinie und Mutter-TochterRichtlinie - Inhalt und Folgen der EG-Ertragsteuerrichtlinien -, BFuP 1993, S. 479; Momen, L., Steuemeutralitat grenzuberschreitender Spaltungen von Kapitalgesellschaften im deutschen Ertragsteuerrecht, Koln 1997, S. 233; Neumann, S., Die Entwicklung der Steuergesetzgebung unter dem Einfluss des Binnenmarktes, in: Oestreicher, A. (Hrsg.), Internationale Steuerplanung, Herne/Berlin 2005, S. 238; Dammbock, A., Umwandlungen auslandischer operativer EUKorperschaften, OStZ 2004, S. 274; Frotscher, G., Zur Vereinbarkeit der „Betriebsstattenbedingung" bei Sitzverlegung und grenzuberschreitender Umwandlung mit den Grundfreiheiten, IStR 2006, S. 66. Vgl. Djanani, C.I Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 272; Thommes, O., Aktuelle Fragen zur Gewinnrealisierung bei grenzuberschreitender Tatigkeit, in: Herzig, N. (Hrsg.), Steuerberater-Jahrbuch 2003/2004, Koln 2004, S. 201; Staringer, C., Seminar F: Umstrukturierung von Untemehmen und Internationales Steuerrecht, IStR 2000, S. 510; Altheim, M., Beratung der mittelstandischen Wirtschaft bei Beteiligungen, Fusionen und Spaltungen im Binnenmarkt - Teil II: Fusionsrichtlinie -, IStR 1993, S. 407; s. auch Rodder, T., DStR-FachliteraturAuswertung: Umwandlungssteuergesetz, DStR 1998, S. 234. Vgl. Herzig, N./ Forster, G., Steuerandemngsgesetz 1992: Die Umsetzung der Fusiosnrichtlinie in deutsches Steuerrecht (Teil I), DB 1992, S. 913.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
durch den Ansassigkeitsstaat der einbringenden Gesellschaft ohnehin nicht hatte wahrgenommen werden konnen. Da annahmegemaB im Modell nur Rechtstrager zugelassen werden, welche die Voraussetzungen des Betriebsstattenbegriffs erfiillen, ist eine grenzuberschreitende Verschmelzung zwischen Deutschland und Osterreich aufgrund der Vorschriften der Fusionsrichtlinie steuemeutral moglich. Fur den Fall, dass die iibemehmende Kapitalgesellschaft bereits vor der Umstrukturierung Anteile an der ubertragenden Gesellschaft gehalten hat, mussen diese mit der Verschmelzung wegfallen, da die Anteile durch das aufgenommene Vermogen ersetzt werden. In Hohe der dadurch ublicherweise auftretenden Differenz zwischen den ubemommenen Wirtschaftsgiitem und der untergehenden Beteiligung an der ubertragenden Gesellschaft entsteht ein Ubemahmegewinn. Dieser Gewinn unterliegt gem. Art. 7 Abs. 1 FRL keiner Besteuerung. Diese Freistellung ist sachgerecht, da der Ubemahmegewinn in den zwischen dem Erwerb der Anteile und der Verschmelzung von der ubertragenden Kapitalgesellschaft gebildeten Gewinnrucklagen besteht, die bei einer vor dem Verschmelzungsstichtag durchgeftihrten Gewinnausschiittung aufgrund des intemationalen Schachtelprivilegs ebenfalls zu steuerft-eien Einnahmen geftihrt hatte. Allerdings werden an die Steuerft-eiheit des Obemahmegewinns die gleichen Anforderungen wie an die Steuerfreiheit der Beteiligungsertrage aufgrund der Mutter-Tochter-Richtlinie gestellt, d.h. die Beteiligung der Muttergesellschaft am Kapital der Tochtergesellschaft muss gem. Art. 7 Abs. 2 FRL mindestens 20 % betragen, wobei die Mindestbeteiligung entsprechend Art. 3 Abs. 1 Bst. a MTR ab 01.01.2007 auf 15 % und ab 01.01.2009 auf 10 % gesenkt wird. Aufgrund der getatigten Modellannahmen besteht zwischen der deutschen und der osterreichischen Kapitalgesellschaft kein Beteiligungsverhaltnis, so dass die Vorschrift des Art. 7 FRL im Entscheidungsmodell vemachlassigt werden kann. Auch auf Ebene der Anteilseigner der betroffenen Kapitalgesellschaft ermoglicht die Fusionsrichtlinie die Steuemeutralitat der grenzuberschreitenden Verschmelzung. Gem. Art. 8 Abs. 1 FRL darf die Zuteilung von Anteilen am Gesellschaftskapital der ubemehmenden Gesellschaft an die Gesellschafter der ubertragenen Gesellschaft aufgrund der Fusion ftir sich allein keine Besteuerung auslosen. Dem Ansassigkeitsstaat der Anteilseigner der im gleichen Land ansassigen ubertragenden Kapitalgesellschaft konnte jedoch aus dem Grund ein Steuerobjekt verloren gehen, weil die Anteilseigner nicht mehr an einer inlandischen, sondem nach der Verschmelzung an einer auslandischen Kapitalgesellschaft beteiligt sind. Dieser Anteilstausch wirkt sich allerdings nicht auf die Besteuerungshoheit der stillen Reserven aus, da gem. Art. 13 Abs. 5
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DBA-Osterreich Gewinne aus der VerauBerung von Anteilen iiblicherweise^^^ im Wohnsitzstaat des Anteilseigners besteuert werden. Somit ist auch auf Ebene der Anteilseigner das Besteuerungsrecht des Staates der iibertragenden Kapitalgesellschaft sichergestellt. Gem. Art. 8 Abs. 4 FRL ist weitere Voraussetzung fiir die Steuemeutralitat, dass die neu erhaltenen Anteile den gleichen steuerlich maBgeblichen Wert und die gleiche steuerliche Qualifikation der urspriinglich gehaltenen und mittlerweile untergegangenen Anteile an der iibertragenden Gesellschaft beibehalten. Auf diese Weise konnen die durch den Anteilstausch erhaltenen Anteile in der gleichen Weise besteuert werden wie die urspriinglich gehaltene Beteiligung. Gem. Art. 2 Bst. a Spiegelstrich 1 FRL durfen bare Zuzahlungen 10 % des Nennwerts der gewahrten Anteile nicht iibersteigen. Sofem die baren Zuzahlungen an deutsche Anteilseigner geleistet werden, sind diese beim Empfanger steuerpflichtig, soweit sie den der baren Zuzahlung entsprechenden Anteil am Buchwert bzw. an den Anschaffungskosten der untergehenden Anteile iibersteigen.^^"^ Bei baren Zuzahlungen an osterreichische Anteilseigner vermindem dagegen die Zuzahlungen den Buchwert bzw. die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile, so dass die Gewinnrealisierung auf den Zeitpunkt der VerauBerung der Anteile hinausgeschoben wird. Zusammenfassend ermoglichen die Vorschriften der Fusionsrichtlinie unter den genannten Voraussetzungen die steuemeutrale Behandlung der grenziiberschreitenden Verschmelzung zur SE sowohl bei der iibertragenden Gesellschaft und der ubemehmenden Gesellschaft als auch bei deren Anteilseignem. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass die Fusionsrichtlinie keine Steuerbefreiungen bezuglich der Verkehrsteuem vorsieht, so dass insbesondere die Grunderwerbsteuer weiterhin von den Mitgliedstaaten bei Umwandlungsfallen erhoben werden darf ^^^ Mit der Moglichkeit der grenziiberschreitenden Verschmelzung von deutschen und osterreichischen Kapitalgesellschaften unter Verwendung der europaischen Rechtsform der SE sind im Ergebnis zwei Moglichkeiten zur ertragsteuemeutralen grenzuberschreitenden Umstrukturierung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge identifiziert worden in Form der Outbound-Verschmelzung sowie der Inbound-Verschmelzung.
Art. 13 Abs. 2 DBA-Osterreich enthalt eine Ausnahmevorschrift fur Gewinne aus der VerauBerung von Aktien und sonstigen Anteilen an einer Gesellschaft, deren Aktivvermogen uberwiegend aus unbeweglichem Vermogen in einem Vertragsstaat besteht. In diesem Fall erhalt aufgrund des Belegenheitsprinzips der Staat, in dem das unbewegliche Vermogen belegen ist, das Besteuerungsrecht. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 256. Vgl. hierzu auch Thommes, O., Besteuerung, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 564; Wehrheim, M./ Marquardt, A., Die Vorschlage der Europaischen Kommission zur Untemehmensbesteuerung im Binnenmarkt, IStR 2003, S. 17.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
Diese beiden Umwandlungsaltemativen sind in den Aktionenraum aufzunehmen, aus dem in einem spateren Schritt die optimale Umstrukturierungsmoglichkeit berechnet werden soil.
1.4.1.2 Grenzuberschreitende Verschmelzung ohne Verwendung der SE 1.4.1.2.1 Grenzuberschreitende Verschmelzung ohne Verwendung der SE aus deutscher Sicht In Deutschland sind sowohl das UmwG als auch das UmwStG ausschlieBIich auf Rechtstrager mit Sitz im Inland anwendbar. In diesem Ausschluss auslandischer Rechtstrager wurde schon seit langerem in der Literatur ein VerstoB gegen die Niederlassungsfreiheit gesehen.^^^ Im Jahr 2002 wurde von der SEVIC Systems AG (im Folgenden: SEVIC) mit Sitz in Deutschland und der luxemburgischen Aktiengesellschaft Security Vison Concept SA (im Folgenden: Security Vision) ein Verschmelzungsvertrag geschlossen, der die Auflosung der Security Vision ohne Abwicklung und die Ubertragung ihres Vermogens als Ganzes auf die SEVIC ohne Anderung ihrer Firma vorgesehen hat. Da das betreffende Amtsgericht unter Berufung auf die Vorschrift des § 1 Abs. 1 UmwG die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister verweigerte, hat die SEVIC ein Beschwerdeverfahren initiiert, das zu einem Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Koblenz^^'^ beim EuGH fiihrte.^^^ Am 13.12.2005 hat der EuGH sein Urteil in Sachen SEVIC veroffentlicht. Nach Ansicht des EuGH ist der Schutzbereich der Art. 43 und 48 EG im Fall von grenziiberschreitenden Verschmelzungen eroffnet, da die Niederlassungsfreiheit auch den Zusammenarbeits- und Umgestaltungsbediirfnissen von Gesellschaften mit Sitz in verschiedenen Mitgliedsstaaten Rechnung tragt. Grenzuberschreitende Verschmelzungen stellen besondere, fiir das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes wichtige Modalitaten der Ausubung der Niederlassungsfreiheit dar und gehoren damit zu den wirtschaftlichen Tatigkeiten, hinsichtlich derer die Mitgliedstaaten die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG be-
Vgl. Beul, C , Anmerkung zur EuGH-Entscheidung SEVIC, IStR 2006, S. 34; vgl. zur Niederlassungsfreiheit auch Stork, S., Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften in der EuropSischen Union, Frankfurt a.M. 2003, S. 14 ff.; Huemer, D., Grenzuberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften (Teil 1), RWZ 2006, S. 35. LG Koblenz, Vorlagebeschluss vom 16.09.2003, 4 HK.T 1/03, GmbHR 2003, S. 1213. Vgl. Wengenroth, T./ Maier, P., Umwandlungen von Korperschaften uber die Grenze?, EStB 2004, S. 339; Beneke, A./ Schnitger, A., Anderungsrichtlinie zur Fusionsrichtlinie: Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung und Aufnahme transparenter Gesellschaften - zwei unvereinbare Ziele? - Teil I, IStR 2005, S. 606; Paefgen, W., Umwandlung, europaische Grundfreiheiten und KoIIisionsrecht, GmbHR 2004, S. 470.
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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achten mtissen.^^^ Dabei betont der EuGH die besondere wirtschaftliche Bedeutung der Umwandlungsvorgange, die gegenuber der Einzeliibertragung der Vermogensgegenstande und der Liquidation den Vorteil einer erheblichen Zeit- und Kostenerspamis aufweisen.^^^ Da es in Deutschland keine den Vorschriften des UmwG entsprechenden allgemeinen Vorschriften gibt, die auf grenzuberschreitende Verschmelzungen anwendbar waren, behandelt Deutschland innerstaatliche Verschmelzungen und grenzuberschreitende Verschmelzungen in unterschiedlicher Weise.^^' Eine solche unterschiedliche Behandlung stellt eine Beschrankung i.S.d. Art. 43 EG und 48 EG dar, die im Widerspruch zur Niederlassungsfreiheit steht und damit unzulassig ist.^^^ Mit dem SEVIC-\}riQ\\ hat der EuGH auf die uberragende Bedeutung der Niederlassungsfreiheit im intemationalen Rechtsverkehr hingewiesen.^^^ Aus dem Urteil kann gefolgert werden, dass die grundsatzliche Zulassigkeit der Hineinverschmelzung von Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten nach Deutschland gesichert ist.^^"^ Fraglich ist allerdings, wie Herausverschmelzungen zu bewerten sind, die nicht unmittelbar Gegenstand der Entscheidung waren. Hierbei ist festzustellen, dass der EuGH den umfassenden Begriff der Verschmelzung verwendet und keine Unterscheidung zwischen Zuzugs- und Wegzugssachverhalten vorgenommen hat."^^^ Dies ist als sachlogisch zu bezeichnen, da die Anerkennung der Hineinverschmelzung ohne gleichzeitige Zulassigkeit der Herausverschmelzung widerspriichlich ist, da beide Regelungsbereiche
Vgl. EuGH V. 13.12.2005, C-411/03, SEVIC Systems AG, DStR 2006, S. 49, Tz. 19. Vgl. EuGH V. 13.12.2005, C-411/03, SEVIC Systems AG, DStR 2006, S. 49, Tz. 21. Vgl. EuGH V. 13.12.2005, C-411/03, SEVIC Systems AG, DStR 2006, S. 49, Tz. 13, 14. Vgl. EuGH V. 13.12.2005, C-411/03, SEVIC Systems AG, DStR 2006, S. 49, Tz. 23. Vgl. Geyrhalter, V.I Weber, T., Transnationale Verschmelzungen - im Spannungsfeld zwischen SEVIC Systems und der Verschmelzungsrichtlinie, DStR 2006, S. 146; dies.. Die Schlussantrage des Generalanwalts in Sachen SEVIC Systems AG - Niederlassungsfreiheit iiber Alles, NZG 2005, S. 837 f; Kraft, G./ Bron, J., Grundfreiheiten und grenzuberschreitende Verschmelzung im Lichte aktueller EuGH-Rechtsprechung (Sevic), IStR 2006, S. 26 ff.; Kuntz, T., Internationales Umwandlungsrecht - zugleich eine Besprechung des Urtiels „Sevic Systems" -, IStR 2006, S. 225; Louven, C. (u.a.), Optionen grenziiberschreitender Verschmelzungen innerhalb der EU gesellschafts- und steuerrechtliche Grundlagen, BB 2006, S. 3; vgl. auch Kloster, L., EUgrenzuberschreitende Verschmelzungen sind (steuemeutral) durchftihrbar, GmbHR 2003, S. 1413 ff.; Blumers, W./ Kinzl, U.-P., Anderungen der Fusionsrichtlinie: Warten auf den EuGH, BB 2005, S. 971; Behrens, P., Die neue Lektion aus Luxemburg zur intemationalen Mobilitat von Gesellschaften: Grenzuberschreitende Verschmelzungen sind moglich!, EuZW 2006, S. 65. Vgl. Geyrhalter, V./ Weber, T., Transnationale Verschmelzungen - im Spannungsfeld zwischen SEVIC Systems und der Verschmelzungsrichtlinie, DStR 2006, S. 149. Vgl. Geyrhalter, V./ Weber, T., Transnationale Verschmelzungen - im Spannungsfeld zwischen SEVIC Systems und der Verschmelzungsrichtlinie, DStR 2006, S. 150.
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zwingend miteinander korrespondieren. Aus diesem Grund ist auch die Herausverschmelzung als zulassig anzusehen.^^^ Allerdings muss beriicksichtigt werden, dass das UmwG noch nicht entsprechend geandert wurde, so dass mit erheblichen Problemen bei der Eintragung der grenziiberschreitenden Verschmelzung im Registergericht gerechnet werden muss.^^^ Dariiber hinaus hat der EuGH anerkannt, dass der Schutz der Interessen von Glaubigem, Minderheitsgesellschaftem und Arbeitnehmem der beteiligten Gesellschaften zwingende Griinde des Allgemeininteresses sind, die im Einzelfall eine die grenziiberschreitende Verschmelzung beschrankende Mafinahme rechtfertigen konnten.^^^ Eine Prazisierung dieser Einschrankungen hat der EuGH allerdings nicht vorgenommen.^^^ Aus diesem Grund muss bezweifelt werden, dass eine grenziiberschreitende Verschmelzung in Deutschland zum momentanen Zeitpunkt ohne Schwierigkeiten durchgefiihrt werden kann.
1.4.1.2.2 Grenziiberschreitende Verschmelzung ohne Verwendung der SE aus osterreichischer Sicht Im osterreichischen Recht werden grenziiberschreitende Umwandlungen im Gegensatz zur Binnenorientierung des deutschen Gesellschafts- und Steuerrechts in Bezug auf intemationale Umstrukturierungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nicht kategorisch durch eine Beschrankung des personellen Anwendungsbereichs auf unbeschrankt steuerpflichtige Gesellschaften ausgeschlossen. Obwohl das osterreichische Handelsrecht keine Verschmelzung unter Einbezug auslandischer Rechtstrager zulasst, eroffnet das UmgrStG durch die Formulierung mehrerer Ausnahmetatbestande den Weg fiir intemationale Umgriindungen. Im weiteren Verlauf muss zwischen grenziiberschreiVgl. Sinewe, P., Eintragungsf^higkeit grenziiberschreitender Verschmelzungen, DB 2005, S. 2061 f.; Kraft, G.I Bron, J., Grundfreiheiten und grenziiberschreitende Verschmelzung im Lichte aktueller EuGH-Rechtsprechung (Sevic), IStR 2006, S. 27; oV., Anmerkung der Redaktion zum Schlussantrag des Generalanwalts Antonio Tizzano vom 7.7.2005 - Rs. C-411/03; SEVIC Systems AG / Amtsgericht Neuwied, DB 2005, S. 1514; Drygala, T., Die Mauer brockelt - Bemerkungen zur Bewegungsfreiheit deutscher Untemehmen in Europa, ZIP 2005, S. 1997. So auch Wenglorz in Wenglorz, G., Die grenzuberschreitende „Heraus"-Verschmelzung einer deutschen Kapitalgesellschaft: Und es geht doch!, BB 2004, S. 1065 f; Dorr, R./ Stukenborg, G., „Going to the Chapel": Grenzuberschreitende Ehen im Gesellschaftsrecht - Die ersten transnationalen Verschmelzungen nach dem UmwG (1994), DB 2003, S. 653; Triebel, V./ Hase, K. von, Wegzug und grenziiberschreitende Umwandlungen deutscher Gesellschaften nach "Uberseering" und "Inspire Art", BB 2003, S. 2415. Vgl. EuGH V. 13.12.2005, C-411/03, SEVIC Systems AG, DStR 2006, S. 49, Tz. 28. Vgl. Beul, C , Anmerkung zur EuGH-Entscheidung SEVIC, IStR 2006, S. 35; Geyrhalter, V./ Weber, T., Transnationale Verschmelzungen - im Spannungsfeld zwischen SEVIC Systems und
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tenden Verschmelzungen und grenziiberschreitenden Umwandlungen in Osterreich unterschieden werden. Die Grundvoraussetzungen fiir das Vorliegen einer Verschmelzung i.S.d. Art. I UmgrStG sind das Vorliegen einer Verschmelzung i.S.d. § 1 Abs. 1 Z 1-4 UmgrStG sowie die Einhaltung des Steuerverstrickungserfordemisses gem. § 1 Abs. 2 UmgrStG. § 1 Abs. 1 Z 1-4 UmgrStG bestimmt den sachlichen Anwendungsbereich des UmgrStG auf Verschmelzungen aufgrund handelsrechtlicher Vorschriften. Dabei bezieht sich § 1 Abs. 1 Z 1-3 UmgrStG lediglich auf inlandische Verschmelzungen, wahrend § 1 Abs. 1 Z 4 UmgrStG Auslandsverschmelzungen regelt. Gem. Tz. 23 UmgrStR ist die handelsrechtliche Zulassigkeit grenzuberschreitender Verschmelzungen unter Beteiligung osterreichischer Korperschaften und die Anwendung des UmgrStG auf derartige Verschmelzungsvorgange innerstaatlich noch nicht geregelt. Das osterreichische Gesellschaftsrecht erkennt gem. Tz. 42, 440 UmgrStR derzeit nur die verschmelzende Umwandlung auf einen auslandischen Hauptgesellschafter gem. § 2 oUmwG an. Allerdings ist ein derartiger Umgriindungsschritt nicht unter Art. I UmgrStG, sondem unter Art. II UmgrStG zu fassen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung fmdet Art. I UmgrStG allerdings auch auf eine grenziiberschreitende Verschmelzung Anwendung, wenn diese durch ein osterreichisches Firmenbuchgericht genehmigt wird (Tz. 44 UmgrStR). In diesem Fall ist die Verschmelzung unter § 1 Abs. 1 Z 1 UmgrStG zu subsumieren und nicht unter § 1 Abs. 1 Z 4 UmgrStG. Aufgrund des Verweises des § 1 Abs. 1 Z 1 UmgrStG auf handelsrechtliche Verschmelzungsvorschriften ist die Frage, ob eine Verschmelzung i.S.d. Art. 1 UmgrStG gegeben ist, eine vom zustandigen Firmenbuchgericht zu losende Vorfrage. Der Grundsatz der MaBgeblichkeit des Gesellschaftsrechtes hat die Bindung der Abgabenbehorde an die Eintragung der Verschmelzung in das Firmenbuch gem. § 116 Abs. 2 BAO zur Folge. Die rechtskraftig eingetragene Verschmelzung ist folglich fiir steuerliche Zwecke als mafigebend anzusehen, solange sie nicht fur nichtig erklart wird. Nach der herrschenden Literaturmeinung werden sowohl Hinein- als auch Herausverschmelzungen vor dem Hintergrund der sog. differenzierten Vereinigungstheorie als zulassig angesehen.^^^ Demnach soil eine Verschmelzung einer osterreichischen mit einer auslandischen Gesellschaft unter der Voraussetzung moglich sein, dass auch das auslandische Recht die grenziiberschreitende Verschmelzung als solche anerkennt und die jeweils strengere Bestimmung der beteiligten Rechtsordnungen zur Anwender Verschmelzungsrichtlinie, DStR 2006, S. 149; vgl. auch Kappes, S., Zulassigkeit grenzuberschreitender Verschmelzungen, NZG 2006, S. 101 ff. ^''^ Vgl. Achatz, M./ Kofler, G., Internationale Verschmelzungen, in: Achatz, M. (u.a.) (Hrsg.), Internationale Umgrtindungen, Wien 2005, S. 26 f.
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dung kommt.^^' Diese Meinung iiber die Zulassigkeit grenziiberschreitender Verschmelzungen wurde durch das SEVIC-Urteil des EuGH bestatigt, wobei jedoch keine Rechtssicherheit herrscht, da die Moglichkeit der steuerlichen Begiinstigung der §§ 26 UmgrStG weiterhin von der Eintragung der grenziiberschreitenden Verschmelzung in das Firmenbuch abhangig ist. Dabei wird es fraglich bleiben, ob das Firmenbuchgericht die Entscheidung des EuGH zum Anlass nimmt, samtliche grenziiberschreitenden Verschmelzungen zuzulassen.^^^ Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Unwagbarkeiten kann hiervon nicht auf Basis einer gesicherten Rechtsposition ausgegangen werden. Des Weiteren ist gem. § 1 Abs. 2 UmgrStG eine Verschmelzung i.S.d. Art. I UmgrStG nur moglich, soweit das Besteuerungsrecht der RepubHk Osterreich fur die im ubertragenen Vermogen enthaltenen stillen Reserven bei der ubemehmenden Kapitalgesellschaft nicht eingeschrankt wird. Dieses Steuerverstrickungserfordemis wird gem. Tz. 54 UmgrStR dadurch realisiert, dass der Rechtsnachfolger die steuerlichen Buchwerte der iibertragenen Korperschaft fortzuflihren hat (Wertverkniipfung). Diese Voraussetzung gilt sowohl fur Inlandsverschmelzungen gem. § 1 Abs. 1 Z 1 bis 3 UmgrStG als auch flir Auslandsverschmelzungen gem. § 1 Abs. 1 Z 4 UmgrStG hinsichtlich der im Inland belegenen Betriebsstatten und sonstigem Vermogen. Bei reinen Inlandsverschmelzungen bleibt das Steuerverstrickungserfordemis stets gewahrt, wahrend es bei reinen Auslandsverschmelzungen gar nicht erst relevant wird. Bei grenziiberschreitenden Verschmelzungen ist dagegen die Erflillung des Kriteriums des § 1 Abs. 2 UmgrStG als problematisch anzusehen und muss naher betrachtet werden. Zu diesem Zweck wird eine Unterscheidung zwischen Hinein- und Herausverschmelzungen vorgenommen. Im Fall einer Hineinverschmelzung ist das Steuerverstrickungserfordemis gem. Tz. 71 UmgrStR hinsichtlich bereits vorhandenen Inlandsvermogens der ubertragenden auslandischen Gesellschaft stets erfiillt, wenn es sich bei der ubemehmenden inlandischen Gesellschaft
um eine unbeschrankt steuerpflichtige
Kapitalgesellschaft
Gmndsatzlich hat die ubemehmende Kapitalgesellschaft
handelt.
gem. § 3 Abs. 1 Z 1
UmgrStG die steuerlich maBgebenden Buchwerte fortzuflihren. Soweit das Besteuemngsrecht Osterreichs hinsichtlich des iibemommenen Vermogens entsteht, hat die aufnehmende osterreichische Gesellschaft das iibertragene Vermogen gem. § 3 Abs. 1 Z 2 Spiegelstrich 1 UmgrStG steuemeutral auf den gemeinen Wert aufzustocken. Auf ^^' Vgl. Achatz, M./ Kofler, G., Internationale Verschmelzungen, in: Achatz, M. (u.a.) (Hrsg.), Internationale Umgrtindungen, Wien 2005, S. 27. ^^^ Vgl. hierzu vemeinend Nowotny, C , Untemehmenszusammenschlusse uber die Grenze - Traditionelle Wege auch weiterhin gefragt?, OStZ 2004, S. 385.
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diese Weise wird sichergestellt, dass bei einer spateren Veraufierung des aufgewerteten Vermogens nur diejenigen stillen Reserven in Osterreich einer Steuerpflicht unterliegen, die auch in Osterreich entstanden sind. Gem. § 3 Abs. 1 Z 2 Spiegelstrich 2 UmgrStG besteht eine Ausnahme von der Aufstockungsmoglichkeit, wenn aufgrund einer friiheren Umgrundung oder aufgrund des § 6 Abs. 6 oEStG die Steuerschuld nicht festgesetzt wurde. In diesen Fallen miissen die fortgeschriebenen Buchwerte weitergeflihrt werden. Sofem die ubemehmende inlandische Kapitalgesellschaft eine intemationale Schachtelbeteiligung i.S.d. § 10 Abs. 2 oKStG an der iibertragenden auslandischen Kapitalgesellschaft halt, kann der Untergang dieser Beteiligung im Zuge der Verschmelzung hinsichtlich des Steuerverstrickungserfordemisses als unproblematisch beurteilt werden, da die Ertrage aus der Schachtelbeteiligung ohnehin steuerfrei sind. Ein Sonderfall konnte sich im Rahmen einer up-stream-Hineinverschmelzung dann ergeben, wenn die ubemehmende Kapitalgesellschaft gem. § 10 Abs. 3 oKStG die Option hinsichtlich der Steuerwirksamkeit der Beteiligung ausgeiibt hat und demzufolge mit dem verschmelzungsbedingten Untergang der Beteiligung Osterreich das Besteuerungsrecht entzogen wird. Gem. Tz. 57 UmgrStR liegt in diesem Fall allerdings keine Verletzung des Steuerverstrickungserfordemisses vor, da sich dieses nur auf das tibergehende Vermogen der iibertragenden Korperschaft bezieht. Im Fall einer Herausverschmelzung kann das Steuerverstrickungserfordemis des § 1 Abs. 2 UmgrStG ebenfalls nur dann erflillt werden, wenn das iibertragene Vermogen in Osterreich steuerverhaftet bleibt. Dies ist im Fall der Verschmelzung einer osterreichischen auf eine deutsche Kapitalgesellschaft immer dann der Fall, wenn das iibertragene Vermogen in einer osterreichischen Betriebsstatte gehalten wird, da aufgrund des Betriebsstattenprinzips des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2, Satz 2, Art. 13 Abs. 1, Abs. 3 DBA-Osterreich das Besteuerungsrecht dem Betriebsstattenstaat zugewiesen wird. Die im iibergegangenen Betriebsvermogen enthaltenen stillen Reserven bleiben im Falle der Buchwertfortftihrung im Rahmen der beschrankten Steuerpflicht gem. §§ 1 Abs. 3 Z 1 Bst. a, 21 Abs. 1 oKStG i.V.m. § 98 Abs. 1 Z 3 Spiegelstrich I oEStG steuerhangig, so dass Art. I UmgrStG anwendbar ist. Diese Vorgehensweise ist mit der Fusionsrichtlinie als konform anzusehen, da Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Bst. b FRL die Steuemeutralitat ebenfalls von der Betriebsstattenbedingung abhangig macht. Beziiglich der verschmelzungsbedingten Ubertragung intemationaler Schachtelbeteiligungen i.S.d. § 10 Abs. 2 oKStG greift das Steuerverstrickungserfordemis allerdings ins Leere, sofem nicht die Option des § 10 Abs. 3 oKStG ausgeiibt wurde. Handelt es sich bei der iibertragenden osterreichischen Gesellschaft somit um eine reine Holdinggesellschaft, die
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ausschlieBlich Schachtelbeteiligungen halt, ist eine grenziiberschreitende Verschmelzung i.S.d. Art. I UmgrStG steuemeutral durchfiihrbar.^^^ Im Gegensatz zu Hineinverschmelzungen sind im Rahmen einer Herausverschmelzung Konstellationen denkbar, die zu einer Einschrankung des osterreichischen Besteuerungsrechts an den im iibertragenen Vermogen enthaltenen stillen Reserven fiihren. Dies ist beispielsweise gem. Tz. 72 UmgrStR der Fall, wenn Beteiligungen, die die Voraussetzungen einer intemationalen Schachtelbeteiligung nicht erfullen, verschmelzungsbedingt auf eine auslandische Korperschafl iibergehen und das Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Ansassigkeitsstaat der ubemehmenden Korperschaft das Besteuerungsrecht hinsichtlich der Anteile entsprechend Art. 13 Abs. 5 OECD-MA dem Ansassigkeitsstaat des Gesellschafters zuweist, es sei denn, die Beteiligungen bleiben einer inlandischen Betriebsstatte zurechenbar. Als Konsequenz miisste gem. Tz. 55, 72 UmgrStR das verschmelzungsbedingt steuerentstrickte Vermogen einer Liquidationsbesteuerung i.S.d. § 20 Abs. 1 Z 1 i.V.m. § 19 oKStG unterworfen werden, wahrend fur das weiterhin in Osterreich steuerverhaftete Vermogen eine partielle Anwendung des Art. I UmgrStG moglich ware.^^"^ Auf diese Weise konnte eine grenziiberschreitende Verschmelzung nicht steuemeutral durchgeftihrt werden. Um in diesen Fallen trotzdem eine Verschmelzung gem. Art. I UmgrStG zu ermoglichen, hat der osterreichische Gesetzgeber im Zuge des Abgabenanderungsgesetzes 2004 die Vorschrift des § 1 Abs. 2 UmgrStG dahingehend erweitert, dass flir den Fall, dass eine verschmelzungsbedingte Steuerpflicht nach § 20 oKStG entsteht, die Steuerschuld auf Antrag der iibertragenden Korperschaft bis zur tatsachlichen VerauBerung oder einem sonstigen Ausscheiden des Vermogensteiles aus der ubemehmenden Gesellschafl nicht festgesetzt wird.^^^ Durch die aufgeschobene Besteuemng wird die sofortige Liquiditatsbelastung einer grenziiberschreitenden Verschmelzung vermieden, da die Steuerschuld auf den Zeitpunkt der tatsachlichen Entstrickung verschoben wird. Voraussetzung flir diese Begunstigung ist gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 UmgrStG, dass es sich bei der ubemehmenden Gesellschafl entweder um eine in der Anlage zum UmgrStG genannte Gesellschaft eines Mitgliedstaates der EU handelt oder um eine den Kapitalgesell-
Vgl. Schmalz, A., Intemationalisierung des Umwandlungssteuergesetzes, Dusseldorf 2004, S. 135. Vgl. Schindler, C , Neuregelung der osterreichischen Wegzugsbesteuerung - Ein Vorbild flir andere Mitgliedstaaten?, IStR 2004, S. 714. Vgl. Staringer, C , Grenziiberschreitende Verschmelzung, Umwandlung und Sitzverlegung nach dem Abgabenanderungsgesetz 2004, SWI 2005, S. 216; Schindler, C , Kommentar zum Steuerrecht, in: Kalss, S./ Hugel, H. (Hrsg.), Europaische Aktiengesellschaft, SE-Kommentar, Wien 2004, S. 916 ff.; ders., Neuregelung der osterreichischen Wegzugsbesteuerung - Ein Vorbild flir andere Mitgliedstaaten?, IStR 2004, S. 714; Metzler, J., Internationale Umgriindungen und Entstrickung, RWZ 2005, S. 164.
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schaften vergleichbare Gesellschaft eines Mitgliedstaats des Europaischen Wirtschaftsraums, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht, handelt. Als Entstrickungstatbestande, die eine Beendigung des Steueraufschubs bewirken, gelten die VerauBerung, Liquidation oder sonstiges Ausscheiden der Vermogensteile bei der ubemehmenden Gesellschaft, nicht aber weitere steuemeutrale Umstrukturierungsvorgange.^^^ Gem. § 1 Abs. 2 Satz 4 UmgrStG gilt die steuerliche Entstrickung als ruckwirkendes Ereignis i.S.d. § 295a BAO mit der Folge, dass im Realisationszeitpunkt die Steuer ruckwirkend auf den urspriinglichen Verschmelzungszeitpunkt festgesetzt wird. Gem. § 1 Abs. 2 Satz 5 UmgrStG sind zwischen der Verschmelzung und der Entstrickung eingetretene Wertminderungen hochstens im Umfang der urspriinglichen Bemessungsgrundlage zum Verschmelzungsstichtag zu beriicksichtigen. Auf diese Weise fmdet eine Besteuerung maximal in Hohe des Unterschiedsbetrags zwischen dem VerauBerungserlos bzw. dem gemeinen Wert im Entstrickungszeitpunkt und dem Buchwert im Verschmelzungszeitpunkt statt, so dass im Ergebnis die spater einsetzende Besteuerung der gespeicherten stillen Reserven hochstens im AusmaB der tatsachlichen Realisation erfolgt.^^^ Die riickwirkende Besteuerung tritt jedoch nicht in Kraft, wenn die Realisation der stillen Reserven erst nach Ablauf der zehnjahrigen Festsetzungsfrist i.S.d. § 209 Abs. 3 BAO erfolgt, so dass in diesem Fall die grenziiberschreitende Verschmelzung steuerfi-ei moglich ist. Gem. § 1 Abs. 2 Satz 6 UmgrStG unterliegt eine nach § 1 Abs. 2 Satz 4 UmgrStG festgesetzte Steuerschuld nicht der Anspruchsverzinsung nach § 205 BAO. Im Ergebnis wendet Osterreich somit im Gegensatz zu Deutschland bei einer grenziiberschreitenden Herausverschmelzung im Fall der Einschrankung des osterreichischen Besteuerungsrechts an den im ubertragenen Vermogen enthaltenen stillen Reserven das Konzept einer aufgeschobenen Besteuerung an. Dieses Konzept ist ebenfalls als mit der Fusionsrichtlinie in Einklang stehend anzusehen.'^''^ Unabhangig von der Besteuerung auf Ebene der iibertragenden Gesellschaft gilt ftir die Anteilseigner gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG der Austausch der Anteile aufgrund der Verschmelzung nicht als Tausch, so dass der Vorgang steuemeutral durchgeftihrt werden kann. Diese Begunstigung gilt jedoch gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG nur ftir die Vgl. Achatz, M./ Kofler, G., Internationale Verschmelzungen, in: Achatz, M. (u.a.) (Hrsg.), Internationale Umgriindungen, Wien 2005, S. 49. Vgl. Schindler, C , Kommentar zum Steuerrecht, in: Kalss, S./ Hiigel, H. (Hrsg.), Europaische Aktiengesellschaft, SE-Kommentar, Wien 2004, S. 930. Vgl. auch Staringer, C , Grenziiberschreitende Verschmelzung, Umwandlung und Sitzverlegung nach dem Abgabenanderungsgesetz 2004, SWI 2005, S. 215; Polster-Grull, B./ Rodler, F., Aufwertungswahlrechte bei intemationalen Umgriindungen, in: Achatz, M. (u.a.) (Hrsg.), Internationale Umgriindungen, Wien 2005, S. 237 ff.
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Anteilseigner, die in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR ansassig sind. Diese Regelung ist als mit der Fusionsrichtlinie konform anzusehen, da gem. Art. 8 FRL die Steuemeutralitat auf Ebene der Gesellschaft und auf Ebene der Gesellschafter ebenfalls nicht voneinander abhangig sind. Neben der grenziiberschreitenden Verschmelzung muss als weitere intemationale Konzentrationsmoglichkeit in Osterreich die grenziiberschreitende Umwandlung analysiert werden. Eine grenziiberschreitende Umwandlung zwischen Kapitalgesellschaften ist dabei lediglich durch eine verschmelzende Umwandlung i.S.d. § 2 oUmwG auf eine Kapitalgesellschaft als Hauptgesellschafter moglich. Dabei muss zwischen einer verschmelzenden Inlandsumwandlung auf den auslandischen
Hauptgesellschafter
(grenziiberschreitende Inlandsumwandlung) und einer verschmelzenden Auslandsumwandlung auf den inlandischen Hauptgesellschafter (grenziiberschreitende Auslandsumwandlung) unterschieden werden. Der Anwendungsbereich des Art. II UmgrStG ist allerdings gem. Tz. 445 UmgrStR grundsatzlich nur dann eroffnet, wenn die handelsrechtlichen Bestimmungen des oUmwG erfiillt sind, so dass von einer MaBgeblichkeit des oUmwG ausgegangen werden muss. Grundvoraussetzung fiir eine grenziiberschreitende Inlandsumwandlung ist gem. § 7 Abs. 1 Z 2 UmgrStG, dass am Umwandlungsstichtag und am Tag des Umwandlungsbeschlusses ein Betrieb vorhanden ist und die ubemehmende Kapitalgesellschaft als Hauptgesellschafter eine EU-Kapitalgesellschaft i.S.d. Art. 3 FRL ist. Obwohl die grenziiberschreitende Inlandsumwandlung nicht explizit im oUmwG erwahnt wird, geht die osterreichische Finanzverwaltung in Tz. 440 UmgrStR von einem Fall des oUmwG aus mit der Folge der Anwendbarkeit des Art. II UmgrStG. Diese Ansicht wird durch ein Urteil des OGH^^^ zur Zulassigkeit einer verschmelzenden Umwandlung einer osterreichischen GmbH auf eine deutsche GmbH als Hauptgesellschafter bestatigt.^^^ Nach diesem Urteil ist ftir die grenziiberschreitende Inlandsumwandlung allein materielles osterreichisches Umwandlungsrecht maBgebend, so dass es auf die Voraussetzungen des auslandischen Rechts nicht mehr ankommt. Der Grund hierftir ist darin zu sehen, dass durch den Vermogensiibergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nicht in die gesellschaftsrechtliche Organisation des iibemehmenden Alleinge-
"^ Vgl. OGH V. 20.03.2003, Rs. 6 Ob 283/021, ZIP 2003, S. 1086 ff; Bittner, L., Umwandlung uber die Grenze, SWK 2003, S. 887 f. ^^^ Vgl. Doralt, M., Osterreichischer OGH zur verschmelzenden Umwandlung uber die Grenze nach Deutschland, NZG 2004, S. 396 ff; kritisch hierzu Ruffler, F., Die Umwandlung auf den deutschen Alleingesellschafler - eine Kritik an der Entscheidung des OGH 6 Ob 283/021, GesRZ 2004, S. 3 ff
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sellschafters eingegriffen wird.^^^ Allerdings muss m.E. berucksichtigt werden, dass durch das Urteil nicht das Fehlen der Moglichkeit der Gesamtrechtsnachfolge bei grenziiberschreitender Umwandlung im auslandischen Staat der aufnehmenden Gesellschaft kompensiert werden kann. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass aus osterreichischer Sicht die verschmelzende Umwandlung auf den auslandischen Hauptgesellschafter grundsatzlich zulassig ist.^^^ Voraussetzung fur die Durchfiihrung einer grenziiberschreitenden Auslandsumwandlung ist gem. Tz. 442 UmgrStR, dass die Umwandlung nach dem jeweiligen auslandischen Gesellschaftsrecht iiberhaupt zulassig ist. Im Fall einer grenziiberschreitenden Umwandlung einer deutschen Kapitalgesellschaft auf den osterreichischen Hauptgesellschafter ist diese Anforderung nicht als erfullt anzusehen. Sowohl im Fall einer grenziiberschreitenden Inlandsumwandlung als auch Auslandsumwandlung muss zusatzlich das Steuerverstrickungserfordemis des § 7 Abs. 2 UmgrStG erfiillt werden. Hierbei ergeben sich keine Unterschiede zum Steuerverstrickungserfordemis des § 1 Abs. 2 UmgrStG, da beide den gleichen Wortlaut haben. Aus diesem Grund fmden die Begiinstigungen des Art. II UmgrStG nur dann Anwendung, wenn das Besteuerungsrecht Osterreichs an den stillen Reserven des iibertragenen Vermogens nicht eingeschrankt wird. Bei grenziiberschreitenden Auslandsumwandlungen wird wie bei grenziiberschreitenden Hineinverschmelzungen ublicherweise das osterreichische Besteuerungsrecht nicht eingeschrankt. Eine Ausnahme konnte sich gem. Tz. 463 UmgrStR dann ergeben, wenn der steuerhangige Kapitalanteil umwandlungsbedingt durch das Eigentum am Vermogen der umgewandelten Gesellschaft ersetzt wird, fiir das nach dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht im Staate der nunmehrigen Betriebsstatte gegeben ist. Es kommt im Ergebnis nach Meinung der Finanzverwaltung ebenfalls auf Gesellschaflerebene zur Liquidationsbesteuerung fiir betrieblich gehaltene (§§4, 5 oEStG) und privat gehaltene Anteile (§ 31 oEStG) zum Umwandlungsstichtag. Folglich wird im Gegensatz zur grenziiberschreitenden Verschmelzung bei der grenziiberschreitenden Umwandlung die Anwendung der Begiinstigungen des UmgrStG auch von der Erfiillung des Steuerverstrickungserfordemisses auf Ebene der Gesellschafter abhangig gemacht, da eine Versteuerung auf Ebene der Gesellschaft auf die Ebene der Gesellschafter durch-
Vgl. Nowotny, C , Untemehmenszusammenschlusse uber die Grenze - Traditionelle Wege auch weiterhin gefragt?, OStZ 2004, S. 387. Vgl. Staringer, C , Grenziiberschreitende Verschmelzung, Umwandlung und Sitzverlegung nach dem Abgabenanderungsgesetz 2004, SWI 2005, S. 219.
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schlagt.^^^ Dadurch ergibt sich eine steuerlich unterschiedliche Behandlung von zwei gleich gelagerten Fallen ohne sachliche Rechtfertigungsgriinde.^^'^ Sofem es bei den genannten Fallen auf Ebene der iibertragenden Kapitalgesellschaft zu einer Liquidationsbesteuerung kommen sollte, findet gem. § 7 Abs. 2 Satz 2 UmgrStG ebenso wie bei den grenzuberschreitenden Verschmelzungen das Konzept des Aufschubs der Steuerlast Anwendung, so dass im Ergebnis eine steuemeutrale grenziiberschreitende verschmelzende Umwandlung in Osterreich zulassig ist.
1.4.1.2.3
Ergebnis
Zusammenfassend lasst sich feststellen, dass grenziiberschreitende Hinein- und Herausverschmelzungen in Deutschland und in Osterreich auch ohne die Griindung einer SE denkbar sind. Dabei eroffnet das osterreichische Umgriindungssteuergesetz unter Beachtung der Vorschriften der Fusionsrichtlinie den Weg fiir steuemeutrale grenziiberschreitende Umstrukturierungen zwischen osterreichischen und deutschen Kapitalgesellschaften im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, wobei insbesondere grenziiberschreitende verschmelzende Umwandlungen aus osterreichischer Sicht nahezu mit rechtlicher Sicherheit durchgefiihrt werden konnen. Im Ergebnis kann daher festgestellt werden, dass die osterreichische Gesetzgebung beziiglich der Umsetzung der steuerlichen Fusionsrichtlinie weiter fortgeschritten ist als die deutsche Gesetzgebung, da sowohl das deutsche UmwG als auch das UmwStG grenziiberschreitende Umstrukturierungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge noch immer kategorisch ausschlieBen. Durch das SEVIC-Urteil ist zwar die generelle Zulassigkeit grenzuberschreitender Heraus- und Hineinverschmelzungen bestatigt worden, allerdings kann hieraus keine gesicherte Rechtsgrundlage abgeleitet werden. Obwohl nach osterreichischem Recht Verschmelzungen und Umwandlungen zwischen osterreichischen und deutschen Kapitalgesellschaften steuemeutral durchfiihrbar sind, kann aufgrund der fehlenden Vorschriften auf deutscher Seite die grenziiberschreitende Umstrukturierung entweder gar nicht oder nur unter hoher Rechtsunsicherheit durchgefiihrt werden. Die Beteiligten miissten in diesen Fallen die Gefahr langwieriger und kostenintensiver Genehmigungsund Klageverfahren in Kauf nehmen. Diese zivilrechtlichen Unwagbarkeiten und Risiken bei einer grenzuberschreitenden Verschmelzung lassen sich weitgehend und auf verhaltnismaBig unkomplizierte Art vermeiden, wenn eine Verschmelzungs-SE ge^^^ Vgl. Hafner, J.I Heinrich, J., Internationale Umwandlungen, in: Achatz, M. (u.a.) (Hrsg.), Internationale Umgriindungen, Wien 2005, S. 89. '^^^ Vgl. Vgl.Hafner, Hafner,T./1.1Heinrich, Heinrich,J.,J.,Internationale Internationale Umwandlungen, in: Achatz, M. (u.a.) (Hrsg.), Internationale Umgrundungen, Wien 2005, S. 89.
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griindet wird.^^^ Im Fall der Grundung der SE im Rahmen der Verschmelzung durch Aufnahme entfallt die Grundung einer weiteren Kapitalgesellschaft, so dass als Nachteil dieser Variante nur der beziiglich der Firma verpflichtende Zusatz „SE", der eventuell nicht erwiinscht sein konnte, aufzufiihren ist. Der Vorteil dieser Handlungsmoglichkeit besteht allerdings in der Rechtssicherheit und Reibungslosigkeit der Durchfuhrung der grenziiberschreitenden Verschmelzung. Allerdings soil betont werden, dass die Verschmelzungsrichtlinie am 15.12.2005 in Kraft getreten ist. Diese Richtlinie hat ausdrucklich die Erleichterung von grenzuberschreitenden Verschmelzungen zum Ziel und ist von den Mitgliedstaaten gem. Art. 19 VRL bis zum Dezember 2007 in nationales Recht umzusetzen. Die Verschmelzungsrichtlinie bestimmt die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften im Rahmen einer grenziiberschreitenden Verschmelzung und bewirkt, dass spatestens Ende des Jahres 2007 nach der entsprechenden Anpassung der deutschen Rechtsnormen eine grenzuberschreitende Verschmelzung ohne den Umweg der Griindung einer SE zulassig sein wird.^^^ Das ^£K/C-Urteil des EuGH sowie die Verschmelzungsrichtlinie haben ebenfalls Auswirkungen auf die Umsetzung der steuerlichen Fusionsrichtlinie in deutsches Steuerrecht. Der deutsche Gesetzgeber hat die fristgerechte Umsetzung bislang mit der Begrundung verweigert, dass die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen ftir eine grenzuberschreitende Verschmelzung fehlten.^^'^ Auch aus diesem Grund besteht dringender Handlungsbedarf ftir den deutschen Gesetzgeber, da dieser Argumentation nunmehr die Grundlage entzogen wurde."^^^ Bis zu dem Zeitpunkt der tatsachlichen Umsetzung der Fusionsrichtlinie, der Verschmelzungsrichtlinie sowie der Vorgaben durch das SEVIC-Urteil sollte m.E. allerdings aus Griinden der Rechtssicherheit der Einsatz der Verschmelzungs-SE bevorzugt werden. Aus diesem Grund findet die grenziiberschreitende Inbound- und Outbound-Verschmelzung nur im Rahmen der Grundung einer SE Eingang in den Aktionenraum des Entscheidungsmodells.
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S. auch Forster, G./ Lange, C , Grenziiberschreitende Sitzverlegung der Europaischen Aktiengesellschaft aus ertragsteuerlicher Sicht, RIW 2002, S. 585. Vgl. Haritz, D., Neue Entwicklungen im Umwandlungssteuerrecht, FR 2004, S. 1102. Vgl. BT-Drucks. 12/1108, S. 80. Vgl. Geyrhalter, V./ Weber, T., Transnationale Verschmelzungen ~ im Spannungsfeld zwischen SEVIC Systems und der Verschmelzungsrichtlinie, DStR 2006, S. 151.
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1.4.2 Begiinstigungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge 1.4.2.1 Grenziiberschreitende Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben 1.4.2.1.1 Grenziiberschreitende Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben unter Verwendung der SE Bine weitere Moglichkeit der grenziiberschreitenden Umstrukturierung unter Einschaltung der SE ist die Moglichkeit der Grundung einer Tochter-SE gem. Art. 35, 36 i.V.m. Art. 2 Abs. 3 SE-VO. Demnach konnen sowohl EU-Personengesellschaften als auch EU-Kapitalgesell-schaften, die in einem Mitgliedstaat gegriindet wurden und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in einem Mitgliedstaat haben, eine Tochter-SE grunden, sofem mindestens zwei Gesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt sind (Art. 2 Abs. 3 Bst. a SE-VO) oder seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben (Art. 2 Abs. 3 Bst. b SEVO). Da im vorliegenden Entscheidungsmodell annahmegemaB vor der Umstrukturierung keine auslandische Grundeinheit besteht, scheidet die Moglichkeit der Grundung einer Tochter-SE gem. Art. 2 Abs. 3 Bst. b SE-VO aus. Gem. Art. 36 SE-VO fmdet auf die an der Grundung beteiligten Gesellschaften das jeweils geltende nationale Recht auf die Grundung einer Aktiengesellschafl Anwendung. Die Grundung der Tochter-SE selbst bestimmt sich ebenfalls nach dem fiir Aktiengesellschaften geltenden Recht des zukiinftigen Sitzstaats der SE. Weder das deutsche SEEG noch das osterreichische SEG beinhalten zusatzliche Vorschriften zur Tochter-SE. Somit bildet fiir die Grundung einer Tochter-SE sowohl in Deutschland als auch in Osterreich das jeweilige Aktiengesetz die gesellschaftsrechtliche Grundlage. Demnach kann die Griindung durch Bareinlagen, Sacheinlagen (§ 27 Abs. 1 AktG, § 20 Abs. 1 oAktG) oder Kombinationen beider Einlageformen erfolgen.^^^ Der Fall einer Bareinlage ist als steuerlich unproblematisch anzusehen, da die Grundung einer Gesellschafl durch Geldmittel iiblicherweise keinen Besteuerungsvorgang auslost. Sofem Sacheinlagen in die entstehende Tochter-SE geleistet werden, stellt sich das Problem der Aufdeckung der in den iibertragenen Wirtschaftsgiitem enthaltenen stillen Reserven.^^^ Auf diese Weise handelt es sich bei der Grundung einer Tochter-SE um eine Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge, wobei die Einbringenden die deutsche und die oster-
^^^ Vgl. Thommes, O., Besteuerung, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschafl, 2. Auf!., Stuttgart 2005, S. 571. ^^^ Vgl. Schulz, A./ Geismar, B., Die Europaische Aktiengesellschaft, DStR 2001, S. 1084.
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reichische Kapitalgesellschaft und nicht deren Anteilseigner sind.^^' Der Umstrukturierungsvorgang lasst die Anteilseigner der beteiligten Kapitalgesellschaften folglich unberiihrt. Da es aus deutscher Sicht moglich ist, die SE im Inland oder im Ausland zu errichten, muss zwischen einer Inbound-Tochter-SE und einer Outbound-Tochter-SE unterschieden werden. In der folgenden Abbildung wird der Fall der Griindung einer deutschen Tochter-SE durch eine deutsche und osterreichische Kapitalgesellschaft dargestellt:
Vgl. Kenter, 1.1 Brendt, J., Die Besteuerung der Grundung einer Europaischen Aktiengesellschaft (SE), IWB Nr. 7 v. 14.04.2004, Fach 11 Europaische Gemeinschaften, Gruppe 2, S. 627; Thommes, O., Besteuerung, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 571.
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(Oeutschland) Ausgangsfali:
Kapitalgesellschaft
Kapitalgesellschaft
Anteilseigner
Anteilseigner
Inbound-Tochter-SE:
Societas Europaea Einbringung der Betriebsstatte
Einbringung der Betriebsstatte Kapitalgesellschaft (Holding)
Anteilseigner
Kapitalgesellschaft (Holding)
Anteilseigner
Abbildung 35: Darstellung Tochter-SE Zusammenfassend stellt die Griindung einer Tochter-SE aus steuerlicher Sicht je nach Ansassigkeitsstaat der SE eine teilweise inlandische und teilweise grenziiberschreitende Einbringung von Teilbetrieben dar. Wie auch im Rahmen der Verschmelzung sind fiir die steuerliche Behandlung der Einbringung zunachst die nationalen Regelungen Deutschlands und Osterreichs zu priifen. Sofem sich herausstellen sollte, dass ein-
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zelne Vorschriften gegen die steuerliche Fusionsrichtlinie verstoBen, gelangt diese unmittelbar zur Anwendung, da sich der Steuerpflichtige bei nicht fristgerechter bzw. fehlerhafter Umsetzung der Fusionsrichtlinie in den von der SE-VO bestimmten Fallen direkt auf die Vorschriften dieses Regelungswerkes berufen kann.^^^
1.4.2.1.1.1
Grenzuberschreitende Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben nach deutschem Recht
Sollten einzelne Wirtschaftsgiiter auf die Tochter-SE ubertragen werden, liegt ein aus deutscher Sicht tauschahnlicher Vorgang vor. Demnach sind die Anteile an der SE gem. § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG mit dem gemeinen Wert der hingegebenen Wirtschaftsgiiter anzusetzen, so dass in Hohe der Differenz zwischen dem gemeinen Wert und dem Buchwert der eingebrachten Wirtschaftsgiiter eine Aufdeckung der stillen Reserven eintritt. Die Auftleckung der stillen Reserven tritt gem. § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG auch dann ein, wenn im Gegenzug ftir die Einbringung keine Gegenleistung gewahrt wird, da in diesem Fall eine verdeckte Einlage vorliegt, die zu einer Erhohung der Anschaffungskosten der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft um den Teilwert des eingelegten Wirtschaftsguts ftihrt. Wird ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mituntemehmeranteil in die Tochter-SE gegen Anteile an der neu gegriindeten Gesellschaft eingebracht, kann die Steuemeutralitat durch § 23 Abs. 1-3 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG sichergestellt werden. Die Griindung einer Tochter-SE ist daher bereits de lege lata steuemeutral moglich. Im Folgenden wird zwischen einer Inbound- und einer Outbound-Tochter-SE unterschieden. Wird eine Inbound-Tochter-SE gegnindet, kann das von der deutschen Kapitalgesellschaft gehaltene inlandische Vermogen gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG steuemeutral in die deutsche Tochter-SE eingebracht werden. Ebenfalls nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG zulassig ware es, wenn das durch die deutsche Kapitalgesellschaft eingebrachte Vermogen eine in Osterreich belegene Betriebsstatte ware. Die ubemehmende deutsche SE kann gem. § 22 Abs. 1 UmwStG das eingebrachte Betriebsvermogen mit dem Buchwert ansetzen. Die einbringende Kapitalgesellschaft erhalt als Gegenleistung ftir die Einbringung neue Anteile an der SE, die gem. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG mit dem Buchwert des eingebrachten Betriebsvermogens anzusetzen sind. Dariiber hinaus sind die erhaltenen Anteile als einbringungsgeboren i.S.d. § 21 UmwStG zu qualifizieren, so dass die Steuerverstrickung des eingebrachten Vermogens in den als Gegenleis^^^ Vgl. Herzig, N./ Griemla, S., Steuerliche Aspekte der Europaischen AktiengesellschafV Societas
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tung erhaltenen Anteilen gewahrt ist. Somit kann die deutsche einbringende Kapitalgesellschaft die einbringungsgeborenen Anteile an der iibemehmenden SE gem. § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 Nr. 1 KStG erst nach Ablauf der siebenjahrigen Sperrfrist zu 95 % steuerfrei verauBem. Die osterreichische Kapitalgesellschaft bringt ihrerseits ihren in Osterreich belegenen Betrieb oder Teilbetrieb in die deutsche SE gegen Gewahrung von Gesellschaftsrechten ein. Dieser Vorgang ist gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG steuemeutral durchflihrbar. Wurde die osterreichische Kapitalgesellschaft einen in Deutschland belegenen Betrieb oder Teilbetrieb in die deutsche Tochter-SE einbringen, ware dies aus deutscher Sicht sowohl nach § 23 Abs. 2 UmwStG als auch nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG ohne Aufdeckung der stillen Reserven moglich. § 23 Abs. 2 Satz 1 UmwStG verweist dabei sowohl auf die Buchwertfortflihrung des § 20 Abs. 2 UmwStG als auch auf die Buchwertverknupfung des § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG, so dass das Konzept des Einbringungskreislaufs Anwendung fmdet. In diesem Fall besteht jedoch die Problematik, dass in Deutschland steuerlich verstricktes Betriebsvermogen gegen Gewahrung von Anteilen ubertragen wird, an denen die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der VerauBerung der Anteile gem. Art. 13 Abs. 5 DBAOsterreich kein Besteuerungsrecht besitzt. In diesem Fall bestimmt § 20 Abs. 3 UmwStG den Ansatz des eingebrachten Betriebsvermogens mit seinem Teilwert.^*^^ Dennoch ist eine steuemeutrale Ubertragung moglich, da § 20 Abs. 3 UmwStG im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 2 UmwStG aufgrund des fehlenden Verweises keine Wirkung entfaltet.^^"* Da nach § 23 Abs. 2 UmwStG auch dann der Buchwert angesetzt werden kann, wenn das Besteuerungsrecht Deutschlands an den ausgegebenen Anteilen der Tochter-SE ausgeschlossen ist, sollte diese Vorschrift gegeniiber § 20 Abs. 1 UmwStG eindeutig vorgezogen werden. Allerdings ergibt sich daraus die Problematik, dass Deutschland iiber die als einbringungsgeboren zu qualifizierenden, neu geschaffenen Anteile kein Besteuerungsrecht besitzt. Um dennoch einen Missbrauch durch eine unmittelbar im Anschluss an die Umstrukturierung durchgefiihrte VerauBerung der Anteile zu verhindem, bestimmt § 26 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, dass riickwirEuropaea (SE), StuW 2002, S. 59. "^^•^ Vgl. Pohl, D., Grenzuberschreitende Ent- und Verstrickung, in: Liidicke, J. (Hrsg.), Fortentwicklung der Intemationalen Untemehmensbesteuerung, Koln 2002, S. 51; Dieterlen, J., Einbringung einer inlandischen Betriebsstatte in eine unbeschrankt korperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft durch eine nicht in einem EU-Staat ansassige beschrankt steuerpflichtige Korperschaft, IStR 1999, S. 2; Schikowsky, A./ Beste, M.-O., Einbringungen in Kapitalgesellschaften innerhalb der Europaischen Union, SteuerStud 2001, S. 128; Sarrazin, V., Die steuerliche Fusionsrichtlinie, Was ist erreicht?, ZGR 1994, S. 72 f. ^^"^ Vgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998, IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I, S. 268, Tz. 23.05.
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kend § 23 Abs. 2 UmwStG nicht anzuwenden ist, wenn die einbringende Kapitalgesellschaft die erhaltenen Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Einbringung verauBert, es sei denn, der Einbringende weist nach, dass die Anteile im Rahmen einer § 23 Abs. 4 UmwStG entsprechenden Begiinstigungsvorschrift weiter getauscht wurden. Die Vorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 2 UmwStG hat die Verhinderung der Gestaltung zum Ziel, dass beschrankt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften die in einer inlandischen Betriebsstatte ruhenden stillen Reserven unmittelbar nach der Einbringung steuerfrei verwerten, indem sie die durch die steuemeutrale Einbringung erlangten Anteile verauBem.^^^ Eine solche Regelung ist aus dem Grund notwendig, weil die deutscherseits verwendeten Missbrauchsvorschriften durch die Schaffung einbringungsgeborener Anteile bei grenzuberschreitenden Sachverhalten ins Leere gehen, da Deutschland an diesen Anteilen aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens kein Besteuerungsrecht besitzt. Die Rechtsfolge bei VerauBerung innerhalb des Siebenjahres-Zeitraums ist die riickwirkende Aufdeckung der stillen Reserven durch Teilwertansatz des eingebrachten Betriebsvermogens und der als Gegenleistung gewahrten Anteile.^^^ Hierbei ist es fraglich, ob diese typisierende Missbrauchsvorschrift mit den Vorgaben der Fusionsrichtlinie in Einklang steht.^^^ Art. 11 Abs. 1 FRL gesteht den Mitgliedstaaten zwar das Recht zu, die Anwendung der steuerlichen Begiinstigungen zu versagen oder riickgangig zu machen, wenn die Umstrukturierung als hauptsachlichen Beweggrund die Steuerhinterziehung oder -umgehung hat, allerdings ist eine derart pauschalierende Missbrauchsvorschrift wie § 26 Abs. 2 Satz 2 UmwStG als nicht mit Vgl. Widmann, S./ Mayer, D., Umwandlungsrecht Kommentar, 84. Erg.Lief., Berlin 2005, § 26 UmwStG, Rdz. 144; Kantwill, W., Nationale und Internationale Einbringungen in Kapitalgesellschaften nach dem Umwandlungssteuergesetz, SteuerStud 2002, S. 381. Vgl. Schmitt, J./ Hortnagl, R., Stratz, R.-C, Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl., Munchen 2006, § 26 UmwStG, Rdz. 42; Leiderer, B., Grenzuberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbrucken 1997, S. 296. Vgl. Forster, G./ Lange, C , Steuerliche Aspekte der Grundung einer Europaischen Aktiengesellschaft (SE), DB 2002, S. 294; Borschel, C./ Kotyrba, M., Die Verscharfung der Missbrauchsregelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG bei grenzuberschreitenden Einbringungen durch Kapitalgesellschaften, IStR 2003, S. 40; Thommes, O., Besteuerung, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 570; Thommes, O., Die steuerliche Fusionsrichtlinie - Was bleibt zu tun?, ZGR 1994, S. 79; Becht, B., Fusion und Spaltung von Kapitalgesellschaften im europaischen Binnenmarkt, Stuttgart 1996, S. 178 ff.; Booten, V./ Jochimsen, CI Schnitger, A., Anteilstausch bei intemationalen Zusammenschlussen aus deutscher Sicht, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, 5. 256; Haritz, D., Einbringungsgeborene Anteile a.D.?, DStR 2004, S. 892; SaI3, G., Anderungsvorschlag zur steuerlichen Fusionsrichtlinie, DB 2004, S. 2232; Bogenschiitz, E., Steuerliche Probleme bei europaischen Untemehmenszusammenschliissen - Erfahrungsbericht aus deutscher Sicht, IStR 2000, S. 617; Wienke, K., Steuerplanung im Zusammenhang mit der Entstehung von Aventis, in: Oestreicher, A. (Hrsg.), Internationale Steuerplanung, Heme/Berlin 2005, S. 135; Filers, S., Gemeinschaftsrechtliche Anwendungsrestriktionen ftir § 42 AO, DB 1993, S. 1157.
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der Fusionsrichtlinie in Einklang stehend anzusehen.^^^ Der EuGH hat dariiber hinaus in der Leur-Bloem-Entscheidung^^^ festgelegt, dass bei der Priifung, ob der beabsichtigte Umstrukturierungsvorgang als Beweggrund die Steuerhinterziehung oder umgehung hat, sich die zustandigen nationalen Behorden nicht darauf beschranken konnen, vorgegebene allgemeine Kriterien anzuwenden; sie miissen vielmehr eine globale Untersuchung jedes Einzelfalls vomehmen.'*^^ Aus diesem Grund ist die siebenjahrige Haltefrist des § 26 Abs. 2 UmwStG als pauschale Missbrauchsunterstellung m.E. als nicht richtlinienkonform anzusehen. Erfolgt die Grundung einer Outbound-Tochter-SE, d.h. ist die SE in Osterreich ansassig, kann die Ubertragung eines inlandischen Betriebs oder Teilbetriebs durch die deutsche Kapitalgesellschaft auf die osterreichische SE steuemeutral gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 UmwStG erfolgen. Auf diese Weise scheidet das iibertragene Vermogen aus dem Bereich der unbeschrankten Steuerpflicht aus und gelangt in den Bereich der beschrankten Steuerpflicht."^^' Gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 UmwStG ist es dabei als ausreichend anzusehen, wenn die Betriebsstatte erst im Zuge der Einbringung entsteht. Auch die Ubertragung einer osterreichischen Betriebsstatte auf die osterreichische SE ware fiir die deutsche einbringende Kapitalgesellschaft gem. § 23 Abs. 3 UmwStG ohne Aufdeckung der stillen Reserven moglich.'^^^ Da § 23 Abs. 3 UmwStG keinen Verweis auf § 20 Abs. 2 UmwStG enthalt, ist der Ansatz des eingebrachten Vermogens in Osterreich nicht geregelt. Dies ist dadurch begriindet, dass eine auslandische Betriebsstatte eingebracht wird, an der Deutschland aufgrund von Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2, Art. 13 Abs. 3 DBA-Osterreich keinerlei Besteuerungsrechte besitzt. Lediglich die Bewertung der als Gegenleistung gewahrten Anteile an der osterreichischen Tochter-SE wird durch § 23 Abs. 3 UmwStG vorgeschrieben, indem fiir den Wertansatz § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG zur Anwendung gelangt. Auf diese Weise wird ebenfalls Vgl. Herzig, N./ Griemla, S., Steuerliche Aspekte der Europaischen Aktiengesellschaft/ Societas Europaea (SE), StuW 2002, S. 73; Forster, G.I Dautzenberg, N., Verdoppelung stiller Reserven bei grenzuberschreitenden Einbringungen, DB 1993, S. 647; Dotsch, E. (u.a.), Umwandlungssteuerrecht, 5. Aufl., Stuttgart 2003, S. 1031; Maier, G.I Lammel, S. in: Manz, G.I Mayer, B./ Schroder, A. (Hrsg.), Europaische Aktiengesellschaft SE Kommentar, Baden-Baden 2005, S. 853. Vgl. EuGH V. 17.07.1997, Rs. C-28/95, „Leur Bloem", EuGHE 1997 I, S. 4161 ff Vgl. FG Baden-Wurttemberg v. 17.02.2005, 6 K 209/02, IStR 2005, S. 278 ff; Herzig, N., Internationale Umwandlungen, in: Ludicke, J. (Hrsg.), Fortentwicklung der Intemationalen Untemehmensbesteuerung, Koln 2002, S. 128; Thommes, O., § 23 UmwStG - Einbringungen in der Europaischen Union (Tz. 23.01 - 23.14), DStR 1998, Beilage zu Heft 17, S. 50; Hey, J., Umwandlungssteuergesetz nach der Untemehmenssteuerreform, GmbHR 2001, S. 1003. Vgl. Djanani, C.I Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 494; s. auch Schmidt, H./ Wiese, G., Umwandlungssteuerrechtliche Neutralitat der grenzuberschreitenden Einbringung einer Mituntemehmerschaft, IStR 1998, S. 322.
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der Wert, mit dem die aufnehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermogen ansetzt, ftir maBgebend fiir den VerauBerungspreis und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile erklart. Diese Regelung ist als problematisch anzusehen, da durch die Einbringung von ausschlieBlich im Ausland steuerverhaftetem Vermogen mit dem Erhalt der neuen Anteile als Gegenleistung stille Reserven iiber die Buchwertverknupfling ins Inland ubertragen werden und sich Deutschland auf diese Weise ein Besteuerungsrecht an den im Ausland entstandenen stillen Reserven zuweist. Diese Regelung widerspricht Art. 10 Abs. 1 FRL, wonach der Ansassigkeitsstaat der einbringenden Gesellschaft im Fall der Ubertragung einer auslandischen EUBetriebsstatte endgultig auf seine Rechte zur Besteuerung dieser Betriebsstatte verzichten muss. Bei der Einbringung von im Ausland belegenen Betriebsstatten ist nach den Vorgaben der Fusionsrichtlinie nur der Betriebsstattenstaat selbst zur Buchwertfortfiihrung berechtigt, so dass die in § 23 Abs. 3 UmwStG vorgesehene Verkniipfiing von Wertansatz des eingebrachten Vermogens im Betriebsstattenstaat und Wertansatz der erhaltenen Anteile im Ansassigkeitsstaat des Einbringenden in der Fusionsrichtlinie keine Grundlage fmdet.'*^^ Dariiber hinaus ist hierin insbesondere eine Verletzung des im Doppelbesteuerungsabkommen vereinbarten Betriebsstattenprinzips zu sehen. Ein eventuell entstehender VerauBerungsgewinn ist zwar nach § 8b Abs. 2, Abs. 3 KStG zu 95 % steuerfrei, allerdings aufgrund der Qualifikation der Anteile als einbringungsgeboren erst bei VerauBerung der Anteile nach Ablauf der siebenjahrigen Sperrfrist nach § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG. Im Ergebnis transportiert Deutschland somit durch die Buchwertfortfuhrung im Rahmen der Bewertung der Anteile und die gleichzeitige Qualifikation der Anteile als einbringungsgeboren die stillen Reserven, die im Ausland entstanden sind, ins Inland. Die Vorschrift stellt aus diesem Grund einen VerstoB gegen die Fusionsrichtlinie dar, da Art. 10 Abs. 1 Satz 1 FRL den endgultigen Besteuerungsverzicht des Ansassigkeitsstaats der einbringenden Gesellschaft an einer im Rahmen einer Umstrukturierung iibertragenen Betriebsstatte verlangt, wenn diese in einem anderen Mitgliedstaat belegen ist.
Vgl. Niepoth, D./ Kamphaus, C , Umwandlung einer auslandischen Betriebsstatte, IStR 1996, S. 13. Vgl. Herzig, N./ Griemla, S., Steuerliche Aspekte der Europaischen Aktiengesellschaft/ Societas Europaea (SE), StuW 2002, S. 74; Kantwill, W., Nationale und Internationale Einbringungen in Kapitalgesellschaften nach dem Umwandlungssteuergesetz, SteuerStud 2002, S, 382 ff.; Bogenschiitz, E., Steuerliche Probleme bei europaischen Untemehmenszusammenschlussen - Erfahrungsbericht aus deutscher Sicht, IStR 2000, S. 617; Brinkmann, J., Der EinfluB des Europaischen Rechts auf die Untemehmensbesteuerung, Baden-Baden 1996, S. 180; s. auch Hahn, H., Zur Betriebseinbringung uber die Grenze gemaB § 23 Abs. 3 UmwStG, IStR 1998, S. 331.
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Eine ertragsteuemeutrale Einbringung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG setzt zum Erreichen der Erfolgsneutralitat die Fortfiihrung der Buchwerte der iibemommenen Wirtschaftsguter durch die aufnehmende auslandische Kapitalgesellschaft voraus. Gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG gilt der Wert, mit dem die aufnehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Vermogen ansetzt, fiir den Einbringenden als VerauBerungspreis und als Anschafftingskosten der Gesellschaftsanteile. Auf diese Weise wird ein Einbringungskreislauf formuliert, der zu einer doppelten Erfassung derselben stillen Reserven bei der erwerbenden Gesellschaft und beim Einbringenden fiihrt. Der deutsche Gesetzgeber hat folglich bei der Umsetzung der Fusionsrichtlinie das deutsche Konzept des Einbringungskreislaufs auf grenzliberschreitende Sachverhalte iibertragen. Obwohl diese Vorschrift iiblicherweise in der Praxis erhebliche Probleme bereitet, da das Steuerrecht anderer EU-Staaten eine Ubemahme der Buchwerte teilweise iiberhaupt nicht kennt/^'* ist sie im Verhaltnis zu Osterreich auf unkomplizierte Art einzuhalten. Die Einhaltung der Voraussetzung der Buchwertverkniipfung ist im Ergebnis insofem unproblematisch, als sowohl das eingebrachte Vermogen als auch die als Gegenleistung gewahrten und als einbringungsgeboren zu qualifizierenden Anteile in Deutschland steuerverhaftet bleiben. Allerdings ist die Vorschrift insofem zu kritisieren, als dass die Fusionsrichtlinie keine Bestimmung daruber enthalt, wie die als Gegenleistung fiir die Einbringung des Betriebs bzw. Teilbetriebs erworbenen Anteile zu bewerten sind."*^^^ Da die Fusionsrichtlinie somit keine eindeutige steuemeutrale Losung im Rahmen von Einbringungsvorgangen vorgibt, sind die Mitgliedstaaten in der Entscheidung freigestellt, ob eine eventuelle Doppelbelastung akzeptiert oder aber eventuelle Manipulationsmoglichkeiten in Kauf genommen werden sollen.'*^^ Deutschland hat sich durch die Anwendung des Konzepts des Einbringungskreislaufs auch auf grenzliberschreitende Sachverhalte fiir die doppelte Absicherung der stillen Reserven entschieden, die zumindest nicht unmittelbar gegen den Wortlaut der Richtlinie ver-
Vgl. Kroppen, H.-K., Internationale Aspekte des Umwandlungssteuererlasses, in: Fischer, L. (Hrsg.), Besteuerung des intemationalen Untemehmenskaufs, Koln 1999, S. 14; SaB, G., Probleme der Umsetzung der steuerlichen EG-Fusionsrichtlinie in Deutschland, Franlcreich, Belgien, Niederlande, GroBbritannien, DB 1993, S. 1894 ff.; Leiderer, B., Grenzuberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbriicken 1997,8.335. Vgl. Forster, G./ Dautzenberg, N., Verdoppelung stiller Reserven bei grenztiberschreitenden Einbringungen, DB 1993, S. 647; Thommes, O., Die steuerliche Fusionsrichtlinie - Was bleibt zu tun?,ZGR 1994,8.81. Vgl. Herzig, N./ Dautzenberg, N./ Heyeres, R., 8ystem und 8chwache der Fusionsrichtlinie, DB 1991, Beilage Nr. 12/91 zu Heft Nr. 41, 8. 12.
Kapitel III: Konkretisiemns des Entscheidunssmodells anhandeines EU-Staates
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stoBt."^^^ Die Europaische Kommission hat in ihrem am 17.10.2003 vorgelegten Vorschlag fur eine Richtlinie des Rates zur Anderung der Fusionsrichtlinie'*^^ in Tz. 26 die Doppelerfassung der stillen Reserven bei der Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben zwar stark kritisiert, allerdings sind die Anderungsvorschlage nicht in die nachfolgende Anderung der Fusionsrichtlinie ubemommen worden."^^^ Aus diesen Griinden muss
davon
ausgegangen
werden,
dass
die
deutsche
Vorgehensweise
EU-
rechtskonform ist. Die Ubertragung eines osterreichischen Betriebs oder Teilbetriebs durch die osterreichische Kapitalgesellschafl auf die in Osterreich ansassige Tochter-SE ist aus Sicht des deutschen Steuerrechts ohne Relevanz. Wird eine in Deutschland belegene Betriebsstatte eingebracht, ist die Ubertragung nach § 23 Abs. 2 UmwStG aus deutscher Sicht steuemeutral durchfiihrbar. Allerdings muss emeut die Missbrauchsvorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 2 UmwStG beachtet werden. Diese Zusammenhange werden in der folgenden Abbildung zusammengefasst:
So auch Forster, Q.l Dautzenberg, N., Verdoppelung stiller Reserven bei grenziiberschreitenden Einbringungen, DB 1993, S. 647; Herzig, N./ Forster, G., Steueranderungsgesetz 1992: Die Umsetzung der Fusiosnrichtlinie in deutsches Steuerrecht (Teil I), DB 1992, S. 915; Schindler, C , Generalthema II: Die Anderungen der Fusionsbesteuerungsrichtlinie, IStR 2005, S. 556; Thiel, J., Anderungen im Umwandlungssteuerrecht: Einbringung von Untemehmensteilen, Anteilstausch, Fusion, Spaltung, in: Herzig, N. (Hrsg.), Steuerberater-Jahrbuch 1991/92, Koln 1992, S. 49; Becht, B., Fusion und Spaltung von Kapitalgesellschaften im europaischen Binnenmarkt, Stuttgart 1996, S. 202 f. Vorschlag flir eine Richtlinie des Rates zur Anderung der Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 uber das gemeinsame Steuersystem ftir Fusionen, Spaltung, die Einbringung von Untemehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaflen verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, abgedruckt unter http://europa.eu,int/eur-lex/de/com/pdf/2003/com 2003_0841de01. pdf. Vgl. Safi, G., Die geanderte steuerliche EU-Fusionsrichtlinie vom 17.12.2005, DB 2005, S. 1238; s. auch Lishaut, I. van, Europarechtliche Perspektiven des Umwandlungssteuerrechts sowie der Wegzugsbesteuerung, FR 2004, S. 1302.
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
198-
[sitz 1 Tochter-SE
Einbringender Einbringungsgegenstand Deutsche KapGes
Inbound-SE Osterreichische KapGes
Steuerliche Folgen
Deutscher (Teil-)Betrieb
§ 20 Abs. 1 UmwStG
Osterreichischer (Teil-)Betrieb
§ 20 Abs. 1 UmwStG
Deutscher (Teil-)Betrieb
§ 23 Abs. 2 UmwStG / § 20 Abs. 1 UmwStG |
Osterreichischer (Teil-)Betrieb
§ 20 Abs. 1 UmwStG
|
|
Deutsche KapGes
Deutscher (Teil-)Betrieb
§ 23 Abs. 1 UmwStG
Osterreichischer (Teil-)Betrieb
§ 23 Abs. 3 UmwStG
|
Osterreichische KapGes
Deutscher (Teil-)Betrieb
§ 23 Abs. 2 UmwStG
|
Outbound-SE
Osterreichischer (Teil-)Betrieb
ohne Relevanz
Abbildung 36: Steuerliche Folgen der Grundung einer Tochter-SE nach deutschem Recht Ebenfalls moglich ist es, eine Tochter-SE durch die Ubertragung mehrheitsvermittelnder Anteile an Kapitalgesellschaften zu griinden. Da dieser Fall weitgehend der Grundung einer Holding-SE entspricht, wird er in dem entsprechenden nachfolgenden Kapitel behandelt.
1.4.2.1.1.2 Grenziiberschreitende Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben nach osterreichischem Recht Ebenso wie im deutschen Recht gilt in Osterreich die Einlage oder die Einbringung von Wirtschaftsgiitem in die Tochter-SE gem. § 6 Z 14 Est. b Hs. 1 oEStG als Tausch i.S.d. § 6 Z 14 Bst. a oEStG, so dass in Hohe der Differenz zwischen dem gemeinen Wert und dem Buchwert der eingebrachten Wirtschaftsgiiter eine Aufdeckung der stillen Reserven eintritt. Eine Ausnahme besteht jedoch gem. § 6 Z 14 Bst. b Hs. 2 oEStG, wenn die Einbringung unter das Umgriindungssteuergesetz fallt und dieses eine Begiinstigung vorsieht. In Abweichung vom deutschen Umwandlungssteuergesetz existiert im osterreichischen Umgriindungssteuergesetz kein eigener Abschnitt, der grenziiberschreitende Einbringungen behandelt, sondem es fmden fur grenziiberschreitende Sachverhalte gleichermaBen wie bei Inlandseinbringungen die Vorschriften des Art. Ill UmgrStG Anwendung. Da somit bei inlandischen und grenziiberschreitenden Einbringungen die identischen Voraussetzungen gelten, ist die Anwendbarkeit des Art. Ill UmgrStG auf Internationale Einbringungen als unproblematisch anzusehen. Dabei ist hervorzuheben, dass Einbringungen nach osterreichischem Recht nicht auf innereuropaische Vorgange begrenzt sind, so dass gem. Tz. 653 UmgrStR inlandische und auslandische
|
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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Einbringende beteiligt sein konnen, inlandisches und auslandisches Vermogen einbezogen werden kann sowie inlandische und auslandische tibemehmende Kapitalgesellschaften vorliegen konnen. Insofem geht der Anwendungsbereich des Art. Ill UmgrStG liber die Vorgaben der steuerlichen Fusionsrichtlinie hinaus. Aus Tz. 647 UmgrStR ergibt sich im Einzelnen, dass Einbringender jede in- oder auslandische natiirliche oder juristische Person sein kann. Ubemehmende Kapitalgesellschaften konnen neben inlandischen Kapitalgesellschaften (§ 12 Abs. 3 Z 1 UmgrStG) sowohl auslandische EU-Kapitalgesellschaften i.S.d. Art. 3 FRL als auch auslandische Kapitalgesellschaften aus einem Drittland, sofem Osterreich mit diesem Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, sein. Im weiteren Verlauf der Untersuchung muss ebenfalls zwischen der Griindung einer Inbound- und einer Outbound-Tochter-SE unterschieden werden. Im Fall der Griindung einer Inbound-Tochter-SE, bei dem die gegriindete Tochter-SE ihren Sitz in Osterreich hat, bestimmt § 14 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG, dass fur den Fall, dass die osterreichische einbringende Kapitalgesellschaft einen Betrieb oder Teilbetrieb"^'^ in die Tochter-SE einbringt, das Betriebsvermogen mit dem Wert anzusetzen ist, der sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften uber die Gewinnermittlung ergibt. Gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG hat der Einbringende das ubertragene Vermogen mit den in § 14 Abs. 1 UmgrStG genannten Werten anzusetzen, so dass sich ein Zwang zur Buchwertfortfiihrung ergibt. Gleiches gilt fiir den Fall, dass die osterreichische Kapitalgesellschaft eine in Deutschland belegene Betriebsstatte iibertragt. Bringt eine deutsche Kapitalgesellschaft im Rahmen der Griindung einer InboundTochter-SE einen in Deutschland oder in Osterreich belegenen Betrieb oder Teilbetrieb in die osterreichische SE ein, ist die Vorschrift des § 16 Abs. 2 UmgrStG zu beriicksichtigen. Gem. § 16 Abs. 2 Z 2 UmgrStG muss der gemeine Wert i.S.d. § 6 Z 14 oEStG mit der Folge der Aufdeckung der stillen Reserven angesetzt werden, wenn das Besteuerungsrecht Osterreichs hinsichtlich der stillen Reserven, die in den als Gegenleistung ftir die Einbringung erhaltenen Anteilen verstrickt sind, eingeschrankt wird. Dies ist im Rahmen der Einbringung durch eine in Deutschland ansassige Person aufgrund von Art. 13 DBA-Osterreich immer der Fall, so dass der Vorgang nicht steuerneutral durchgeftihrt werden konnte. Fiir Einbringungen innerhalb der EU normiert § 16 Abs. 2 Z 1 Satz 1 UmgrStG jedoch einen Ausnahmetatbestand, so dass auch in diesen Fallen die Buchwerteinbringung i.S.d. Art. 16 Abs. 1 UmgrStG zur Anwendung
'^'^ Vgl. zum Begriff des Betriebs oder Teilbetriebs in Osterreich Wolf, E., Der Betriebs- und Teilbetriebsbegriff im UmgrStG, SWK 2005, S. 1113 ff.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
gelangt. Im Fall einer deutschen Kapitalgesellschaft als Einbringenden ist daher die Steuemeutralitat des Vorgangs moglich. Im Fall der Griindung einer Outbound-Tochter-SE ist fiir eine osterreichische Kapitalgesellschaft als Einbringende § 16 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG zu beachten. Soweit demnach im Rahmen der Einbringung osterreichische Vermogensteile auf eine auslandische ubemehmende Korperschaft uberfiihrt werden, ist das Steuerverstrickungserfordemis des § 1 Abs. 2 UmgrStG einzuhalten, wonach das Besteuerungsrecht Osterreichs hinsichtlich der stillen Reserven bei der tibemehmenden Kapitalgesellschaft nicht eingeschrankt wird. Erftillt der eingebrachte Betrieb oder Teilbetrieb die Anforderungen einer Betriebsstatte, ist die Steuerverhaftung in Osterreich aufgrund des in den Doppelbesteuerungsabkommen vereinbarten Betriebsstattenprinzips sichergestellt. SoUte dies nicht der Fall sein, kann die Steuemeutralitat des Vorgangs durch das Konzept der aufgeschobenen Besteuerung gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 UmgrStG sichergestellt werden. § 16 Abs. 2 Z 1 Satz 2 UmgrStG fmdet keine Anwendung, da das Besteuerungsrecht Osterreichs bezuglich der als Gegenleistung gewahrten Anteile ftir den Fall, dass eine in Osterreich ansassige Person Betriebsvermogen in eine auslandische EU-Kapitalgesellschaft einbringt, aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens nicht eingeschrankt wird. Gem. § 16 Abs. 3 Z 1, Z 2 UmgrStG kann der Einbringende das inlandische und auslandische Vermogen mit dem hoheren gemeinen Wert ansetzen, wenn die Einbringung im Ausland zu einer Gewinnverwirklichung ftihrt und mit dem in Betracht kommenden auslandischen Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, das daftir die Anrechnungsmethode vorsieht. Fiir grenzuberschreitende Einbringungen zwischen Deutschland und Osterreich fmdet diese Aufwertungsoption allerdings keine Anwendung, weil zum einen die Einbringung in Deutschland nicht zu einer Gewinnrealisierung ftihrt und zum anderen das DBA-Osterreich ftir diesen Sachverhalt die Freistellungsmethode unter Progressionsvorbehalt normiert. Da im Ergebnis das eingebrachte Vermogen annahmegemafi in einer inlandischen Betriebsstatte gehalten wird, ist im Verhaltnis zwischen Deutschland und Osterreich das Steuerverstrickungserft)rdemis unproblematisch, so dass der Grundsatz der Buchwerteinbringung gilt. Bringt die osterreichische Kapitalgesellschaft eine in Deutschland belegene Betriebsstatte ein, liegt eine Auslandseinbringung i.S.d. Tz. 657 UmgrStR vor, die grundsatzlich zu den gleichen Rechtsft)lgen ftihrt wie die Einbringung eines osterreichischen Betriebs oder Teilbetriebs. Eine wichtige Ausnahme besteht jedoch darin, dass das Steuerverstrickungserft)rdemis gem. § 1 Abs. 2 UmgrStG nur insoweit beachtet werden muss, als vor der Einbringung bereits ein Besteuerungsrecht Osterreichs an den stillen Reserven der Betriebsstatte bestanden hat. Dies kann immer nur dann der
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Fall sein, wenn entweder kein Doppelbesteuemngsabkommen mit dem betroffenen Staat abgeschlossen wurde oder das Doppelbesteuemngsabkommen die Anrechnungsmethode im Rahmen der Betriebsstattenbesteuerung vorsieht. Da zwischen Deutschland und Osterreich ein Doppelbesteuemngsabkommen besteht, dass im Rahmen des Betriebsstattenprinzips die Anwendung der Freistellungsmethode unter Progressionsvorbehalt vorsieht, war auch vor der Einbringung eine Besteuemng dieses Vermogens durch Osterreich nicht moglich. Bringt eine deutsche Kapitalgesellschaft im Rahmen der Griindung der deutschen Outbound-Tochter-SE einen in Deutschland belegenen Betrieb oder Teilbetrieb ein, ist dies aus Sicht des osterreichischen Steuerrechts ohne Relevanz. Wird allerdings eine in Osterreich belegene Betriebsstatte durch eine deutsche Kapitalgesellschaft eingebracht, ist § 16 Abs. 2 UmgrStG zu berucksichtigen, da das Besteuemngsrecht Osterreichs an den in den Kapitalanteilen enthaltenen stillen Reserven im Verhaltnis zu anderen Staaten eingeschrankt ist. Gem. § 16 Abs. 2 Z 1 Satz 2 UmgrStG ist fur den Fall, dass im Rahmen der Einbringung Vermogensteile auf eine auslandische Kapitalgesellschaft uberftihrt werden, das Steuerverstrickungserft)rdemis des § 1 Abs. 2 UmgrStG einzuhalten. Da annahmegemaB der Betrieb oder Teilbetrieb die Voraussetzungen einer Betriebsstatte erftillt, ist auch ftir diesen Fall die Steuemeutralitat des Einbringungsvorgangs sichergestellt. Gem. § 18 Abs. 1 Z 1 UmgrStG hat die ubemehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Vermogen mit den ftir den Einbringenden nach § 16 UmgrStG mafigebenden Werten anzusetzen. Der Wertansatz des eingebrachten Vermogens beim Einbringenden gilt somit gmndsatzlich auch ftir die auftiehmende Gesellschaft. Fiir die im Gegenzug erhaltenen neuen Anteile ist der nach § 16 UmgrStG maBgebende Buchwert gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 UmgrStG gleichfalls als Anschafftingskosten heranzuziehen, so dass auf diese Weise keine stillen Reserven aufgedeckt werden. Da annahmegemaB die deutsche und die osterreichische Kapitalgesellschaft gleichwertig sind, betragen die Beteiligungsquoten der beiden Gesellschaften an der gegriindeten Tochter-SE jeweils 50 %. Aus diesem Gmnd muss davon ausgegangen werden, dass bei der osterreichischen einbringenden Kapitalgesellschaft eine international Schachtelbeteiligung entsteht. Ohne steuerliche Sonderregelung dieses Falles ware es einer osterreichischen Kapitalgesellschaft moglich, einen inlandischen (Teil-)Betrieb steuemeutral auf eine auslandische Gesellschaft zu iibertragen und anschlieBend die im Gegenzug erhaltenen Anteile aufgmnd des intemationalen Schachtelprivilegs steuerfrei zu verauBem. Um dies zu verhindem, bestimmt § 20 Abs. 7 Z 1 UmgrStG, dass ftir den Fall der Entstehung einer intemationalen Schachtelbeteiligung durch die Einbringung oder bereits der
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des Entscheidunssmodells
anhand eines
EU-Staates
Veranderung ihres Ausmafies bei einer spateren VerauBerung die Steuerfreiheit nach § 10 Abs. 3 oKStG auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem hoheren Teilwert und dem Buchwert nicht zur Anwendung gelangt. SoUte somit die osterreichische Kapitalgesellschaft die im Gegenzug erhaltenen Anteile an der deutschen Kapitalgesellschaft verauBem, entsteht ein unbegiinstigter steuerpflichtiger Gewinn, wobei es ohne Relevanz ist, zu welchem Zeitpunkt die VerauBerung vorgenommen wird. Eine Sperrfrist wie im deutschen Umwandlungsrecht, nach deren Ablauf eine begunstigte VerauBerung moglich wird, ist folglich im osterreichischen Recht nicht vorgesehen. Die Vorschriften des osterreichischen Umwandlungsrechts, die die Steuemeutralitat der grenziiberschreitenden Einbringung ermoglichen, sollen in der folgenden Ubersicht systematisch dargestellt werden:
[site 1 Tochter-SE
Einbringender Einbringungsgegenstand
Osterreichische KapGes
Osterreichischer (Teil-)Betrieb
§ 16Abs. 1 Satz 1 UmgrStG |
Deutscher (Teil-)Betrieb
§ 16 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG |
Inbound-SE Deutsche KapGes
Osterreichische KapGes Outbound-SE Deutsche KapGes
Steuerliche Folgen
Osterreichischer (Teil-)Betrieb
§ 16 Abs. 2 Z 1 Satz 1 UmgrStG |
Deutscher (Teil-)Betrieb
§ 16 Abs. 2 Z 1 Satz 1 UmgrStG |
Osterreichischer (Teil-)Betrieb
§ 16 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG |
Deutscher (Teil-)Betrieb
§ 16 Abs. 1 Satz 2 1 UmgrStG |
Osterreichischer (Teil-)Betrieb Deutscher (Teil-)Betrieb
§ 16 Abs. 2 Z 1 Satz 2 UmgrStG | ohne Relevanz
Abbildung 37: Steuerliche Folgen der Grundung einer Tochter-SE nach osterreichischem Recht
1.4.2.1.1.3 Ergebnis Die Untersuchung hat ergeben, dass die Grundung einer Tochter-SE sowohl in Deutschland als auch in Osterreich unter Beteiligung einer deutschen und einer osterreichischen Kapitalgesellschaft sowohl im Inbound- als auch im Outbound-Fall steuemeutral moglich ist. Die deutschen und die osterreichischen Vorschriften hinsichtlich
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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der grenziiberschreitenden Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben haben somit zu keinen Widerspruchen gefuhrt, sondem ermoglichen eine Internationale Einbringung ohne die Aufdeckung der stillen Reserven. Dabei wenden sowohl Deutschland als auch Osterreich grundsatzlich das Konzept des Einbringungskreislaufs an, wobei sich die Konzeptionen der Aufrechterhaltung des Besteuerungsinteresses in den als Gegenleistung gewahrten neuen Anteilen allerdings zum Teil erheblich unterscheiden.
1.4.2.1.2 Grenziiberschreitende Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben ohne Verwendung der SE Im Rahmen einer grenziiberschreitenden Einbringung bringt die Zielkapitalgesellschaft einen Betrieb oder Teilbetrieb in die auslandische Gesellschaft ein. Der Betrieb wird auf diese Weise zu einer Betriebsstatte der ubemehmenden Kapitalgesellschaft. Die einbringende Kapitalgesellschaft erhalt als Gegenleistung Anteile der ubemehmenden Kapitalgesellschaft. Da im Fall der Einbringung des gesamten Betriebs die Zielkapitalgesellschaft iiber keinen operativ tatigen Betrieb mehr verftigt, stellt sie im Anschluss an die Umstrukturierung eine reine Holdinggesellschaft dar. Der Einbringungsvorgang spielt sich ausschlieBlich auf Ebene der Gesellschaften ab, so dass die jeweiligen Anteilseigner der beiden beteiligten Kapitalgesellschaften von dem Vorgang unberuhrt bleiben. Wahrend im Rahmen einer Verschmelzung die Anteilseigner der iibertragenden Gesellschaft als Gegenleistung ftir ihren Vermogensverlust neue Anteile an der ubemehmenden Kapitalgesellschaft erhalten, bleibt im Fall der Einbringung von Betrieben oder Teilbetrieben die Vermogenssituation der Anteilseigner der iibertragenden Gesellschaft auch nach der Einbringung unverandert, da die iibertragende Gesellschaft selbst die Gegenleistung erhalt. Daraus ergibt sich, dass im Rahmen der grenziiberschreitenden Ausgliedemng im Gegensatz zu der Verschmelzung eine zusatzliche rechtliche Einheit entsteht, die zu einer Erweitemng des Untemehmensauft)aus fiihrt.
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Kapitel III: Konkretisieruns
des Entscheidunssmodells
(^eutschl and)
anhand eines
EU-Staates
( ^ sterreich^
Ausgangsfall:
Kapitalgesellschaft
Kapitalgesellschaft
Anteilseigner
Anteilseigner
Inbound-Einbringung:
'1
Kapitalgesellschaft
^^
Betriebs-
st^e
Kapitalgesellschaft
1
1 1 (Holding)
'K
/ / /
Anteilseigner
Anteilseigner
Outbound-Einbringung: Kapitalgesellschaft
(Holding) 1
Betriebsstatte
^
\^ ^
'
1
Kapitalgesellschaft
/
Anteilseigner
Abbildung 38:
Anteilseigner
Darstellung grenziiberschreitende Einbringung von (Teil-)Betrieben
Kapitel III: Konkretisiemns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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Wie aus den Ausfiihrungen deutlich wurde, kann die Griindung einer Tochter-SE steuerlich bereits de lege lata im Rahmen der nationalen Regelungen Deutschlands sowie Osterreichs durchgefiihrt werden, da die Fusionsrichtlinie diesbeziiglich umgesetzt wurde. Die Definition der Fusionsrichtlinie fiir die Einbringung von Untemehmensteilen gem. Art. 2 Bst. c FRL stimmt dabei mit dem Rechtsverstandnis der §§ 20, 23 UmwStG und des Art. Ill UmgrStG uberein. Sollte das deutsche bzw. das osterreichische Umwandlungssteuerrecht gegen die Bestimmungen der Fusionsrichtlinie verstoBen, kann unmittelbar auf diese zuriickgegriffen werden. Die Art. 9 i.V.m. Art. 4, Art. 8 und Art. 10 FRL stellen die Steuemeutralitat des Einbringungsvorgangs sicher. Aus diesen Grunden stellt sich die Frage, ob fiir steuemeutrale Umstrukturierungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge die Einschaltung des Rechtsinstituts der SE notwendig ist. Die unmittelbare Anwendung der Fusionsrichtlinie in Einbringungsfallen ist nicht an die gesellschaftsrechtliche Verankerung dieser Vorgange in der SE-VO gebunden, so dass die sekundarrechtlichen Bestimmungen auch bei Einbringungen ohne die Griindung einer SE gelten. Fiir die steuerrechtlichen Folgen ergeben sich keinerlei Unterschiede zu den oben dargestellten Fallen der Griindung einer Tochter-SE, die bereits ausnahmslos durch Anwendung der nationalen Vorschriften bzw. der Vorschriften der Fusionsrichtlinie durchgefiihrt werden konnten. Dabei ist ein wesentlicher Vorteil der grenzuberschreitenden Einbringung ohne Einschaltung der SE, dass die Umstrukturierung auf einfachere Weise vollzogen werden kann, da keine Griindung einer zusatzlichen Kapitalgesellschaft notwendig ist. Die grenziiberschreitende Einbringung von Betrieben wird unmittelbar auf Ebene der bereits bestehenden Kapitalgesellschaften durchgefiihrt, so dass lediglich eine Gesellschaft Vermogen iibertragen muss und nicht beide Gesellschaften wie im Fall der Einschaltung der SE.
1.4.2.2 Grenzuberschreitender Anteilstausch 1.4.2.2.1 Grenzuberschreitender Anteilstausch unter Verwendung der SE Neben der Griindung durch Verschmelzung-SE und Tochter-SE ist auch die Griindung einer Holding-SE gem. Art. 32 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 SE-VO zulassig, an der sich sowohl Aktiengesellschaften als auch Gesellschaften mit beschrankter Haftung beteiligen konnen. Demnach konnen EU-Kapitalgesellschaften, die in einem Mitgliedstaat gegriindet wurden und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in einem Mitgliedstaat haben, eine Holding-SE griinden, sofem mindestens zwei Gesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt sind (Art. 2 Abs. 2 Bst. a SE-VO) oder seit mindestens zwei Jahren eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in einem ande-
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
ren Mitgliedstaat haben (Art. 2 Abs. 2 Bst. b SE-VO). Wie auch im Fall der Grundung einer Tochter-SE scheidet die Griindungsvariante durch eine Tochtergesellschaft bzw. Betriebsstatte in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund der getroffenen Annahmen aus. Gem. Art. 32 Abs. 2 SE-VO kann die Holding-SE ausschlieBlich im Rahmen einer Sachgriindung durch die Einbringung von mehrheitsvermittelnden Kapitalgesellschaftsanteilen erfolgen, d.h. es miissen jeweils mehr als 50 % der Stimmrechtsanteile der beteiligten Kapitalgesellschaften eingebracht werden. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wird die Annahme getroffen, dass die Gesellschafter jeweils samtliche Anteile ihrer Gesellschaften einbringen, so dass zwei 100%ige Tochtergesellschaften bei der Holding-SE vorliegen. Die Gesellschafter der die Grundung anstrebenden Kapitalgesellschaften
bringen ihre mehrheitsvermittelnden Anteile gem.
Art. 33 Abs. 1, 2 SE-VO in die Holding-SE ein. Im Gegensatz zu der Grundung einer Tochter-SE ist der Einbringende folglich nicht die Gesellschaft selbst, sondem deren Anteilseigner. Auf diese Weise wird die Holding-SE zur Muttergesellschaft, welche die beiden von dem Einbringungsvorgang unberiihrt gebliebenen Tochtergesellschaften beherrscht. Die Anteilseigner der iibertragenen Kapitalgesellschaften erhalten als Gegenleistung Anteile der Holding-SE gem. Art. 33 Abs. 4 SE-VO."^" Aus steuerlicher Sicht erfolgt die Grundung der Holding-SE somit im Wege der Einzelrechtsnachfolge durch einen teilweise grenziiberschreitenden Anteilstausch."^'^ Auch bei der Untersuchung der Holding-SE ist zwischen einer Inbound-Holding-SE und einer Outbound-Holding-SE zu unterscheiden. In der folgenden Abbildung wird die Grundung einer Inbound-Holding-SE, d.h. die Grundung einer in Deutschland ansassigen SE durch die Anteilseigner einer deutschen und einer osterreichischen Kapitalgesellschaft, grafisch veranschaulicht:
Vgl. Djanani, CI Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 502 f. Vgl. Kenter, 1.1 Brendt, J., Die Besteuerung der Grundung einer Europaischen Aktiengesellschaft (SE), IWB Nr. 7 v. 14.04.2004, Each 11 Europaische Gemeinschaften, Gruppe 2, S. 625; Endres, D., Europa-AG und Steuem: das Flaggschiff ist da, es fehlt nur das Segel, RIW 2004, S. 737.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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Ausgangsfall:
Kapitalgesellschaft
Kapitalgesellschaft
Anteilseigner
Anteilseigner
Inbound-Holding-SE:
Kapitalgesellschaft
Tausch der Anteile
Kapitalgesellschaft
>- Tausch der Anteile
/\
Einbringung mind. 50 % der Anteile,
Einbringung mind. 50 % der Anteile
Societas Europaea
Abbildung 39: Darstellung Holding-SE Entsprechend der Griindung einer Tochter-SE findet die Griindung einer Holding-SE aus steuerlicher Sicht je nach Ansassigkeitsstaat der SE durch einen teilweise inlandischen und teilweise grenzuberschreitenden Anteilstausch statt. Ftir die steuerliche Behandlung des Anteilstauschs sind zunachst die nationalen Regelungen Deutschlands
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
und Osterreichs zu priifen. Im Falle eines VerstoBes einzelner Vorschriften gegen die Fusionsrichtlinie gelangt diese unmittelbar zur Anwendung.
1.4.2.2.2.1
Grenzuberschreitender Anteilstausch nach deutschem Recht
Der grenziiberschreitende Anteilstausch ist in Deutschland durch die Vorschrift des § 23 Abs. 4 UmwStG bereits de lege lata steuemeutral moglich, wenn mehrheitsvermittelnde Anteile i.S.d. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG an einer EU-Kapitalgesellschaft in eine andere EU-Kapitalgesellschaft eingebracht werden und der Einbringende als Gegenleistung neue Anteile an der ubemehmenden Gesellschaft erhalt. Die Vorgabe des Art. 32 Abs. 2 SE-VO wird ebenfalls durch § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG erfullt, der auch die Ubertragung einer mehrheitsvermittelnden oder mehrheitsverstarkenden Anteilsubertragung erfordert."^'^ An die Person des Einbringenden werden dabei keine besonderen Anforderungen gestellt, so dass naturliche und juristische Personen, die im Inland oder Ausland ansassig sowie unbeschrankt oder beschrankt steuerpflichtig sind, zugelassen werden.'^''* Daruber hinaus spielt es bei nattirlichen Personen als Einbringende gem. Tz. 20.16 UmwStR keine Rolle, ob die Anteile im Privatvermogen oder im Betriebsvermogen gehalten werden.'*'^ § 23 Abs. 4 UmwStG fmdet des Weiteren auch dann Anwendung, wenn die EU-Kapitalgesellschaft, deren Anteile eingebracht werden, und die ubemehmende EU-Kapitalgesellschaft in demselben EU-Mitgliedstaat ansassig sind."*'^ Allerdings erfordert § 23 Abs. 4 UmwStG die Gewahrung neuer Anteile als Gegenleistung, d.h. Anteile, die aus einer Kapitalerhohung bzw. Griindung hervorgehen miissen. Diese Bedingung weicht von Art. 2 Bst. d, Art. 8 FRL ab, in denen lediglich das Kriterium der „Anteile" als Voraussetzung ftir die Steuemeutralitat genannt wird. Im Fall der Inbound-Holding-SE, d.h. die zu griindende SE wird in Deutschland ansassig sein, bestehen durch die SE-VO zwei Moglichkeiten, die erfolgsneutral auch durch die Vorschriften des UmwStG durchgeftihrt werden konnen:
Vgl. Kenter, J.I Brendt, J., Die Besteuerung der Grundung einer Europaischen Aktiengesellschaft (SE), IWB Nr. 7 v. 14.04.2004, Fach 11 Europaische Gemeinschaften, Gruppe 2, S. 626; Schulz, A./ Petersen, S., Die Europa-AG: Steuerlicher Handlungsbedarf bei Grundung und Sitzverlegung, DStR2002, S. 1513. S. auch Rodder, T., Grundfragen der Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft (SE), Der Konzem 2003, S. 523; Mossner, M. (u.a.), Steuerrecht international tatiger Untemehmen, 3. Aufl., Koln 2005, S. 738. Vgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998, IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I, S. 268, Tz. 20.16. Vgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998, IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I, S. 268, Tz. 23.12.
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(1) Die die Griindung der Inbound-Holding-SE anstrebenden Gesellschaften unterliegen gem. Art. 2 Abs. 2 Bst. a SE-VO dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten. Unter den Anwendungsbereich dieser Alternative fallen Vorgange, bei denen die Anteilseigner einer deutschen und einer osterreichischen Kapitalgesellschaft Anteile in die deutsche Holding-SE einbringen. Dieser Sachverhalt wird sowohl von § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG als auch von § 23 Abs. 4 UmwStG erfasst. Wahrend durch § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG keinerlei Einschrankungen bezuglich der eingebrachten Anteile vorgenommen werden, erfordert § 23 Abs. 4 UmwStG explizit, dass die Anteile an einer EU-Kapitalgesellschaft bestehen miissen. Voraussetzung fiir die Steuemeutralitat sowohl des nationalen als auch des grenzuberschreitenden Anteilstauschs ist des Weiteren, dass die eingebrachten Anteile mehrheitsvermittelnd sein miissen. Begiinstigt ist dabei sowohl der Fall, dass eine Mehrheitsbeteiligung erst durch den Einbringungsvorgang entsteht, als auch der Fall, dass eine am Umwandlungsstichtag bereits bestehende Mehrheitsbeteiligung weiter aufgestockt wird. Dabei ist es als ausreichend anzusehen, wenn mehrere Personen Anteile einbringen, die nicht einzeln, sondem nur insgesamt die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG erfiillen, sofem die Einbringungen auf der Grundlage eines einheitlichen Griindungs- oder Kapitalerhohungsvorgangs durchgefiihrt werden. Die Holding-SE darf die erworbenen Anteile gem. § 20 Abs. 2 UmwStG bzw. § 23 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 UmwStG mit ihrem Buchwert ansetzen. Aufgrund des Prinzips des Einbringungskreislaufs gilt dieser Wert gem. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG bzw. § 23 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG sowohl als VerauBerungspreis als auch als Anschaffungskosten beim Einbringenden. Das Prinzip der Buchwertfortfiihrung ist dabei nicht explizit in der Fusionsrichtlinie geregelt, da in Art. 8 Abs. 4 FRL nur eine Buchwertfortfiihrung auf Ebene der Anteilseigner normiert ist. Die Fusionsrichtlinie bestimmt allerdings nicht, wie die Anteile, welche die erwerbende Gesellschaft von den einbringenden Gesellschaftem erhalt, zu bewerten sind. Fiir eine Verkniipfung der Ebene der erwerbenden Gesellschaft und der Ebene der Anteilseigner fehlt daher die Rechtsgrundlage in der Fusionsrichtlinie, so dass die Buchwertfortfiihrung auf Ebene der iibemehmenden Gesellschaft in der Literatur als nicht richtlinienkonforme Umsetzung angesehen wird."*'^ Das FG Baden-Wiirttemberg hat mit seinem Urteil vom 17.02.2005 in
"^'^ Vgl. Forster, G./ Dautzenberg, N., Verdoppelung stiller Reserven bei grenzuberschreitenden Einbringungen, DB 1993, S. 647 f; Sagasser, B./ Bula, T./ Briinger, T., Umwandlungen, 3. Aufl., Munchen 2002, H 20; Herzig, N./ Griemla, S., Steuerliche Aspekte der Europaischen Aktiengesellschaft/ Societas Europaea (SE), StuW 2002, S. 72; Becht, B., Fusion und Spaltung von Kapitalgesellschaften im europaischen Binnenmarkt, Stuttgart 1996, S. 187 ff.; Hey, J., Umwandlungs-
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gleichem Sinne entschieden, dass die doppelte Buchwertverknupfung nach § 23 Abs. 4 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2 UmwStG mit Art. 8 Abs. 1, 2 FRL nicht vereinbar ist, so dass die Steuemeutralitat des Anteilstauschs nur an die Buchwertfortftihrung auf Ebene des Gesellschafters gekniipft werden darf.'*'^ Da Revision bereits eingelegt wurde, bleibt die Entscheidung durch den BFH abzuwarten. Die Europaische Kommission hat sich in ihrem Vorschlag zur Anderung der Fusionsrichtlinie vom 17.10.2003 in Tz. 27 gleichfalls gegen das Konzept der Buchwertfortftihrung auf Ebene der Gesellschaft im Rahmen eines grenziiberschreitenden Anteilstauschs ausgesprochen, allerdings ist der Anderungsvorschlag nicht in die spatere Anpassung der Fusionsrichtlinie aufgenommen worden. Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit der Anwendung des Einbringungskreislaufs auch auf auslandische Sachverhalte ftir eine doppelte Absicherung der stillen Reserven entschieden; auch wenn in der Fusionsrichtlinie diese Methode in Einbringungsfallen nicht explizit genannt ist, wird von ihr die deutsche Vorgehensweise auch nicht ausdriicklich ausgenommen, so dass m.E. kein VerstoB gegen die Fusionsrichtlinie in einem Mafie anzunehmen ist, das eine unmittelbare Anwendung der Fusionsrichtlinie gerechtfertigt erscheinen lieBe. Auch aus Griinden der Planungssicherheit ist daher von der Giiltigkeit der doppelten Buchwertverknupfung auszugehen. M.E. ware allerdings aufgrund der Analogic zu Einbringungssachverhalten gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG auf Ebene der erwerbenden deutschen Holding-SE der Ansatz mit dem Teilwert sachgerechter. Dasselbe Ergebnis folgt auch aus den Grundsatzen des Doppelbesteuerungsabkommens, wonach die aus dem Ausland eingebrachte Beteiligung neu in die deutsche Steuerhoheit gelangt, so dass die im Ausland gebildeten stillen Reserven nicht in die deutsche Steuerpflicht fallen sollen; dies lasst sich nur durch den Ansatz mit dem Teilwert erreichen.'*''^
steuergesetz nach der Untemehmenssteuerreform, GmbHR 2001, S. 1003; Leiderer, B., Grenz(iberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbnicken 1997, S. 336; Haritz, D./ Wisniewski, T., Steuemeutrale Umwandlung uber die Grenze, GmbHR 2004, S. 33; Haritz, D., Einbringungsgeborene Anteile a.D.?, DStR 2004, S. 892; Thommes, O., Gemeinschaftsrechtliche Aspekte der Errichtung und der Sitzverlegung der Europaischen Aktiengesellschaft (SE), in: Herzig, N. (Hrsg.), Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft, Koln 2004, S. 23; Maier, G.I Lammel, S. in: Manz, G.I Mayer, B./ Schroder, A. (Hrsg.), Europaische Aktiengesellschaft SE Kommentar, Baden-Baden 2005, S. 834; Brinkmann, J., Der EinfluB des Europaischen Rechts auf die Untemehmensbesteuerung, Baden-Baden 1996, S. 186f. Vgl. FG Baden-Wurttemberg v. 17.02.2005, 6 K 209/02, IStR 2005, S. 278 ff. Vgl. Forster, G.I Dautzenberg, N., Verdoppelung stiller Reserven bei grenziiberschreitenden Einbringungen, DB 1993, S. 648; Becht, B., Fusion und Spaltung von Kapitalgesellschaften im europaischen Binnenmarkt, Stuttgart 1996, S. 200.
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Des Weiteren sind die durch die steuemeutrale Einbringung gewahrten Anteile gem. § 21 UmwStG als einbringungsgeboren zu qualifizieren und sind in Deutschland steuerverstrickt. Allerdings ist die VerauBerung von einbringungsgeborenen Anteilen, die durch die Einbringung von mehrheitsvermittelnden Anteilen entstanden sind, unabhangig von der siebenjahrigen Sperrfrist unter Inanspruchnahme der Begiinstigung des Halbeinkiinfteverfahrens moglich, da § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG sowie § 3 Nr. 40 Satz 4 Bst. b EStG eine sachliche Riickausnahme im Fall der Anteilseinbringung bestimmen. Diese ist sachlogisch, da die direkte AnteilsverauBerung selbst durch das Halbeinkiinfteverfahren begunstigt ware. Dariiber hinaus ist die Missbrauchsvorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG zu beriicksichtigen, wonach § 23 Abs. 4 UmwStG ruckwirkend keine Anwendung findet, wenn die eingebrachten Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Einbringung unmittelbar oder mittelbar verauBert werden, auBer sie sind Gegenstand einer weiteren Sacheinlage. Durch die Vorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG sollen hauptsachlich die Falle erfasst werden, in denen der VerauBerungsgewinn durch die iibemehmende Gesellschaft aufgrund der Gewahrung eines Schachtelprivilegs des Ansassigkeitsstaats als steuerfrei behandelt wird."*^^ Auf diese Weise soil eine zeitnahe Entstrickung der in den eingebrachten Anteilen ruhenden stillen Reserven im Ausland vermieden werden.'*^' Rechtsfolge des § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ist die riickwirkende Aufdeckung der stillen Reserven durch die Bewertung der als Gegenleistung gewahrten Anteile zum gemeinen Wert gem. § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG, wodurch keine Besteuerung der ubemehmenden EUKapitalgesellschaft sondem eine nachtragliche Besteuerung des Einbringenden ausgelost wird.^^^ Ist der Einbringende eine Kapitalgesellschaft, ist der Einbringungsgewinn jedoch gem. §§ 8b Abs. 2, Abs. 3 KStG zu 95 % steuerbefreit. Im Fall einer nattirlichen Person als Anteilseigner unterliegt der Einbringungsgewinn der Begiinstigung des Halbeinkiinfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40 EStG, wodurch
Vgl. Widmann, S./ Mayer, D., Umwandlungsrecht Kommentar, 84. Erg.Lief., Berlin 2005, § 26 UmwStG, Rdz. 95; Thiel, J., Anderungen im Umwandlungssteuerrecht: Einbringung von Unternehmensteilen, Anteilstausch, Fusion, Spaltung, in: Herzig, N. (Hrsg.), Steuerberater-Jahrbuch 1991/92, Koln 1992, S. 59; Hey, J., Umwandlungssteuergesetz nach der Untemehmenssteuerreform, GmbHR 2001, S. 1003; s. auch Schumacher, A., Aktuelles Beratungs-Know-how Umwandlungssteuerrecht, DStR 2004, S. 592. Vgl. Djanani, CI Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 501; Hey, J., Umwandlungssteuergesetz nach der Untemehmenssteuerreform, GmbHR 2001, S. 1003; Borschel, C./ Kotyrba, M., Die Verscharfung der Missbrauchsregelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG bei grenziiberschreitenden Einbringungen durch Kapitalgesellschaften, IStR 2003, S. 38. Vgl. Schmitt, J./ Hortnagl, R., Stratz, R.-C., Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl., Munchen 2006, § 26 UmwStG, Rdz. 32.
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iiblicherweise dennoch eine signifikante Steuerbelastung ausgelost wird. Es soil darauf hingewiesen werden, dass die Vorschrift des § 26 Abs. 2 UmwStG aufgrund ihrer pauschalen Missbrauchsunterstellung gegen die Vorgaben der Fusionsrichtlinie verstoBt."^^^ Dariiber hinaus ist vor dem Hintergrund des § 26 Abs. 2 UmwStG das Konzept der Buchwertverknupfling im Rahmen der doppelten Erfassung der stillen Reserven zu kritisieren, da nunmehr ein zweifacher und damit iibermaBiger Missbrauchsschutz besteht."^^"^ Des Weiteren ist ein Gewinn aus der VerauBerung der eingebrachten Anteile durch die Holding-SE gem. § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 1, Satz 2 Nr. 2 KStG innerhalb von sieben Jahren voll steuerpflichtig, wenn die Anteile durch naturliche Personen zu einem unterhalb des Teilwerts liegenden Wert eingebracht wurden. Mit dieser Regelung soil eine Verlagerung von stillen Reserven von der Besteuerungsebene der naturlichen Person auf die Besteuerungsebene von Kapitalgesellschaften unterbunden werden, da deren Aufdeckung im Wege der VerauBerung durch die Kapitalgesellschaft gem. § 8b Abs. 2 KStG grundsatzlich steuerfrei erfolgen konnte."^^^ (2) Die die Griindung der Inbound-Holding-SE anstrebenden Gesellschaften haben gem. Art. 2 Abs. 2 Bst. b SE-VO seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat. Vom Anwendungsbereich dieser Alternative werden Einbringungsvorgange erfasst, bei denen die Kapitalgesellschaften, deren Anteile iibertragen werden, nicht in unterschiedlichen Mitgliedstaaten ansassig sind. Es muss lediglich die VorausVgl. auch Thiel, J., Anderungen im Umwandlungssteuerrecht: Einbringung von Untemehmensteilen, Anteilstausch, Fusion, Spaltung, in: Herzig, N. (Hrsg.), Steuerberater-Jahrbuch 1991/92, Koln 1992, S. 59; Rodder, T., Grundfragen der Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft (SE), Der Konzem 2003, S. 524; Kaminski, B., Grenzuberschreitende Umwandlungen von Kapitalgesellschaften, SteuerStud 1999, S. 260 f.; Rodder, T., Grundfragen der Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft (SE), in: Herzig, N. (Hrsg.), Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft, Koln 2004, S. 6; Schumacher, A., Die Europaische Aktiengesellschaft - Perspektiven der grenziiberschreitenden Umstrukturierung, in: Oestreicher, A. (Hrsg.), Internationale Steuerplanung, Heme/Berlin 2005, S. 271, S. 274; Scherer, 1.1 Welte, T., Die Bindung der Verwaltung an das Recht der Europaischen Union, IStR 2005, S. 630; Brinkmann, J., Der EinfluB des Europaischen Rechts auf die Untemehmensbesteuerung, Baden-Baden 1996, S. 188. Vgl. Hey, J., Umwandlungssteuergesetz nach der Untemehmenssteuerreform, GmbHR 2001, S. 1003; Bartels, H.-C, Zum Anteilstausch iiber die Grenze nach Abschaffung des Tauschgutachtens, IStR 1999, S. 463; s. auch o.V., Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts, Beilage zu FR Heft 11/2001, S. 11; Maier, G./ Lammel, S. in: Manz, G.I Mayer, B./ Schroder, A. (Hrsg.), Europaische Aktiengesellschaft SE Kommentar, Baden-Baden 2005, S. 834 f. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 471; Haritz, D./ Wisniewski, T., Das Umwandlungssteuerrecht nach Verabschiedung der Untemehmenssteuerreform, GmbHR 2000, S. 794.
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setzung erfiillt werden, dass eine Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat besteht. Da dieser Fall nicht den gewahlten Modellannahmen entspricht, kann er aus der weiteren Analyse ausgeschlossen werden. Allerdings besteht im Rahmen eines Inbound-Anteilstauschs die besondere Problematik, dass gem. § 23 Abs. 4 Satz 2 UmwStG abweichend von § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG fur den Einbringenden der Teilwert der eingebrachten Anteile als Veraufierungspreis gilt, wenn das Be-steuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus einer Veraufierung der dem Einbringenden gewahrten Gesellschaftsanteile im Zeitpunkt der Sacheinlage ausgeschlossen ist. Dies ist bei Griindung einer Holding-SE in Deutschland fur den Fall, dass der Einbringende eine in Osterreich ansassige Person ist, immer gegeben, da aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens das Besteuerungsrecht an den einbringungsgeborenen Anteilen nicht Deutschland, sondem Osterreich zugewiesen wird. Auf diese Weise ware ein grenzuberschreitender Anteilstausch bei einem im Ausland ansassigen Einbringenden nicht steuemeutral durchfuhrbar. Dieser Ersatzgewinnrealisationstatbestand des deutschen UmwStG ist durch die Fusionsrichtlinie nicht vorgesehen. Die Betriebsstattenbedingung des Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Bst. b FRL, durch die ein steuemeutraler Transfer von Wirtschaftsgiitem auf die iibernehmende Gesellschaft verhindert werden soil, wenn der Staat der ubertragenden Gesellschaft sein Besteuerungsrecht an den stillen Reserven durch die Umstrukturierung verliert, fmdet nur im Rahmen einer grenziiberschreitenden Verschmelzung Anwendung sowie der grenziiberschreitenden Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben und Mituntemehmeranteilen und nicht im Rahmen eines grenziiberschreitenden Anteilstauschs; dariiber hinaus wirkt sich die Betriebsstattenbedingung auf die Ebene der Gesellschaft aus und nicht wie die deutsche Missbrauchsvorschrift auf die Ebene der Gesellschafter."^^^ Art. 8 FRL sieht keinerlei Missbrauchsvorschriften vor, durch die § 23 Abs. 4 Satz 2 UmwStG gerechtfertigt werden konnte. Eine Sicherung wie die Betriebsstattenbedingung ist im Fall des Anteilstauschs nicht praktikabel, da das tatsachliche Verbringen der Anteile die Regel ist. Gleichwohl schreibt Art. 8 Abs. 4 FRL dem Einbringenden die Buchwertfortfiihrung bei den erhaltenen Anteilen vor und sichert so dem Ansassigkeitsstaat das Besteuerungsrechts an den stillen Reserven. Da die Griindung der SE-Holding in den Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie fallt, konnen die Anteile unter Berufung auf die direkte Anwendung der Fusionsrichtlinie aufgrund der unzutreffenden Umsetzung in deutsches Steuerrecht steuemeutral iibertragen wer-
'*^^ Vgl. Herzig, N./ Griemla, S., Steuerliche Aspekte der Europaischen Aktiengesellschaft/ Societas Europaea (SE), StuW 2002, S. 72.
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den."^^^ Dariiber hinaus muss m.E. § 23 Abs. 4 Satz 2 UmwStG teleologisch reduziert werden, wenn die eingebrachten Anteile vor der Einbringung nicht der deutschen Besteuerung unterlegen haben, da anderenfalls eine deutscherseits vorgenommene Sicherstellung im Ausland entstandener stiller Reserven ungerechtfertigterweise vorgenommen werden wurde. Eine Anwendung des § 23 Abs. 4 Satz 2 UmwStG muss m.E. voraussetzen, dass Deutschland vor dem grenzuberschreitenden Anteilstausch ein Besteuerungsrecht an den eingebrachten Anteilen hatte und dieses Besteuerungsrecht durch den Anteilstausch verliert. Im Fall einer Inbound-Einbringung besteht zwischen § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG und § 23 Abs. 4 UmwStG ein Austauschverhaltnis, da die Anteile in eine unbeschrankt korperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht werden. Diese Gleichheit der anzuwendenden Vorschriften besteht allerdings nur fiir inlandische Anteilseigner, da bei auslandischen Anteilseignem die Vorschrift des § 20 Abs. 3 UmwStG beriicksichtigt werden muss. Demnach muss die aufnehmende Kapitalgesellschaft - entsprechend der Regelung des § 23 Abs. 4 Satz 2 UmwStG - das eingebrachte Betriebsvermogen mit seinem Teilwert ansetzen, wenn das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus einer VerauBerung der dem Einbringenden gewahrten Gesellschaftsanteile im Zeitpunkt der Sacheinlage ausgeschlossen ist. Dies ware immer dann der Fall, wenn die einbringungsgeborenen Anteile nicht in einer in Deutschland belegenen Betriebsstatte gehalten werden. M.E. ist die Vorschrift des § 20 Abs. 3 UmwStG aus den gleichen Griinden teleologisch zu reduzieren wie die Vorschrift des § 23 Abs. 4 Satz 2 UmwStG, da anderenfalls Deutschland ein Besteuerungsrecht an stillen Reserven erwerben wtirde, die im Ausland gebildet wurden.'*^^ Findet eine teleologische Reduktion der Vorschriften der §§20 Abs. 3 und 23 Abs. 4 Satz 2 UmwStG statt, sind im Ergebnis im Rahmen eines Inbound-Anteilstauschs sowohl § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG als auch § 23 Abs. 4 UmwStG anwendbar, da in beiden Fallen keine besonderen Merkmale an die Person des Einbringenden gekniipft sind. Da § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG aber im Gegensatz zu § 23 Abs. 4 UmwStG auch die steuemeutrale Einbringung von Anteilen an einer in einem Drittland ansassigen
Vgl. Herzig, N./ Griemla, S., Steuerliche Aspekte der Europaischen Aktiengesellschaft/ Societas Europaea (SE), StuW 2002, S. 72; Becht, B., Fusion und Spaltung von Kapitalgesellschaften im europaischen Binnenmarkt, Stuttgart 1996, S. 163 ft". Vgl. auch Knobbe-Keuk, B., Wegzug und Einbringung von Untemehmen zwischen Niederlassungsfreiheit, Fusionsrichtlinie und nationalem Steuerrecht, DB 1991, S. 305; Herfort, C./ Haase, F., Teilwertansatz bei Ausschluss des Besteuerungsrechts europarechtswidrig - Neue Chancen fiir Anteilseinbringungen in Konzemstrukturen?, DStR 2005, S. 1881 ff.; Schnitger, A., VerstoB der Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) und weiterer Entstrickungsnormen des deutschen Ertragsteuerrechts gegen die Grundfreiheiten des EG-Vertrags, BB 2004, S. 811.
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Kapitalgesellschaft zulasst, wird dieser Vorschrift im Regelfall der Vorzug zu geben sein. Im Fall der Outbound-Holding-SE bestehen ebenfalls die beiden genannten Griindungsmoglichkeiten, wobei im Rahmen des vorliegenden Entscheidungsmodells nur die erste Alternative berucksichtigt werden muss. Aus deutscher Sicht findet bei Grtindung der Holding-SE in dem EU-Mitgliedstaat Osterreich § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG keine Anwendung, da lediglich Einbringungen in unbeschrankt korperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaften erfasst werden. Allerdings wird der Fall eines grenzuberschreitenden Tauschs eines Anteiles an einer EU-Kapitalgesellschaft durch einen im In- Oder Ausland ansassigen Einbringenden durch § 23 Abs. 4 UmwStG steuemeutral ermoglicht. Die Buchwertfortftihrung setzt voraus, dass die osterreichische Holding-SE die eingebrachten Anteile mit dem Buchwert bewertet. Eine Buchwertfortfiihrung dergestalt, dass die erwerbende auslandische Gesellschaft die steuerlichen Buchwerte der erworbenen Anteile fortfiihren musste, ist - wie bereits im Inbound-Fall angesprochen - von der Fusionsrichtlinie im Rahmen eines Austauschs von Anteilen nicht vorgesehen, so dass es fraglich ist, ob die Verpflichtung der ubemehmenden osterreichischen Gesellschaft als Tatbestandsvoraussetzung fur eine steuemeutrale Behandlung beim deutschen Einbringenden gegen die Vorgaben der Fusionsrichtlinie verstoBt."^^^ Daruber hinaus ist die technische Umsetzung des Anteilstauschs im Fall eines Outbound-Anteilstauschs aufgrund der Verpflichtung zur Buchwertfortftihrung einer auslandischen Kapitalgesellschaft als problematisch zu bezeichnen. § 23 Abs. 4 UmwStG erfordert fiir den steuemeutralen Anteilstausch, dass die ubemehmende auslandische Gesellschaft die erhaltenen mehrheitsvermittelnden Kapitalgesellschaftsanteile zum Buchwert nach den entsprechenden steuerlichen Vorschriften uber die Gewinnermittlung ansetzt. Dies ist im Fall von Osterreich ohne Schwierigkeiten moglich, da § 4 Abs. 1 oEStG ebenfalls eine steuerliche Gewinnermittlung im Wege einer Buchflihrung vorsieht. In anderen Staaten, wie etwa den Niederlanden, existieren jedoch keine den deutschen Steuerbilanzen vergleichbaren Gewinnermittlungsmethoden, so dass sich erhebliche Probleme hinsichtlich des Nachweises der steuerlichen Buchwertfortfiihrung ergeben."*^^ Die Griindung einer Holding-SE durch Einbringung zu Vgl. Forster, G./ Lange, C , Steuerliche Aspekte der Grundung einer Europaischen Aktiengesellschaft (SE), DB 2002, S. 293; Krebs, H.-J., Missbrauchliche Gestaltungen nach dem UmwandlungssteuererlaB der Finanzverwaltung - mogliche Ausweichgestaltungen (2. Teil), BB 1997, S. 2083. Vgl. Booten, V,/ Jochimsen, C./ Schnitger, A., Anteilstausch bei intemationalen Zusammenschliissen aus deutscher Sicht, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, S. 256; Krebs, H.-J., Missbrauchliche Gestaltungen nach dem Umwandlungssteuererlafi der Finanz-verwaltung - mogliche Ausweichgestaltungen (2. Teil), BB
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Buchwerten wird sogar in dem Fall zur Ganze verhindert, wenn die Holding-SE in einem Mitgliedstaat ansassig ist, der uberhaupt keine Ubemahme der eingebrachten Anteile zu Buchwerten vorsieht bzw. den Ansatz zu Buchwerten verbietet."*^' Dennoch verstoBt die deutsche Vorschrift nicht gegen den expliziten Wortlaut der Richtlinie, so dass nicht von einer Gemeinschaftwidrigkeit der Regelung ausgegangen werden kann. Es bleibt abzuwarten, ob der deutsche Gesetzgeber eine Anderung der Vorschrift des § 23 Abs. 4 UmwStG dahingehend vomehmen wird, den Ansatz der eingebrachten Anteile beim auslandischen Rechtstrager zum gemeinen Wert zuzulassen, oder aber das Konzept der doppelten Erfassung der stillen Reserven durch die Anwendung des Einbringungskreislaufs auch auf grenztiberschreitende Sachverhalte beibehalten wird. Zu beachten ist daruber hinaus die Missbrauchsvorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG sowie die Qualifikation der als Gegenleistung erhaltenen Anteile als einbringungsgeboren i.S.d. § 21 UmwStG, die allerdings aufgrund der sachlichen Riickausnahmen bei AnteilsverauBerungen keine materielle Wirkung entfaltet. Diese Zusammenhange werden wie folgt zusammengefasst:"^^^
1997, S. 2084; Becht, B., Fusion und Spaltung von Kapitalgesellschaften im europaischen Binnenmarkt, Stuttgart 1996, S. 193; Rodder, T., Grundfragen der Besteuerung der Europaischen Aktiengesellschaft (SE), Der Konzem 2003, S. 524; ders., Griindung und Sitzverlegung der Europaischen Aktiengesellschaft (SE), DStR 2005, S. 896; Thommes, O., Besteuerung, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 569; Kaminski, B., Grenztiberschreitende Umwandlungen von Kapitalgesellschaften, SteuerStud 1999, S. 259; Bogenschutz, E., Steuerliche Probleme bei europaischen Untemehmenszusammenschlussen - Erfahrungsbericht aus deutscher Sicht, IStR 2000, S. 617; Dotsch, E, (u.a.), Umwandlungssteuerrecht, 5. Aufl., Stuttgart 2003, S. 1014; Meyer, O., Die Besteuerung grenzUberschreitender Verschmelzungen, Berlin 1995, S. 63; Bartels, H.-C, Zum Anteilstausch iiber die Grenze nach Abschaffung des Tauschgutachtens, IStR 1999, S. 463. Vgl. Forster, G.I Lange, C , Steuerliche Aspekte der Griindung einer Europaischen Aktiengesellschaft (SE), DB 2002, S. 293; Grotherr, S., Der Anteilstausch als gesellschaftsrechtlicher Einbringungsvorgang nach Umsetzung der Fusionsrichtlinie durch das StAndG 1992, BB 1992, S. 2265; Herzig, N., Steuergestaltung im Binnenmarkt, DB 1993, S. 4; ders., Verbesserung der steuemeutralen Umstrukturierungsmoglichkeiten, insbesondere durch das neue Umwandlungssteuergesetz, in: Herzig, N. (Hrsg.), Steuerorientierte Umstrukturierung von Untemehmen, Stuttgart 1997, S. 20. Vgl. auch Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 503; Forster, G.I Lange, C , Steuerliche Aspekte der Griindung einer Europaischen Aktiengesellschaft (SE), DB 2002, S. 292.
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Ans^ssigkeit Holding-SE Inbound-SE 1 Outbound-SE
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Deutschland
Osterreich
§ 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG / § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG / § 23 Abs. 4 UmwStG | § 23 Abs. 4 UmwStG § 23 Abs. 4 UmwStG
ohne Relevanz
Abbildung 40: Steuerliche Folgen der Grtindung einer Holding-SE nach deutschem Recht 1.4.2.2.2.2 Grenziiberschreitender Anteilstausch nach osterreichischem Recht Aus osterreichischer Sicht stellt der Internationale Anteilstausch eine grenziiberschreitende Einbringung i.S.d. Tz. 659 UmgrStR dar. Gem. § 12 Abs. 2 Z 3 UmgrStG konnen im Rahmen eines Anteilstauschs Kapitalanteile an inlandischen, auslandischen EU-Kapitalgesellschaften
und
vergleichbaren
auslandischen
Drittlands-
Kapitalgesellschaften eingebracht werden. Die einbringungsfahigen Anteile umfassen somit weiter als nach dem deutschen § 23 UmwStG auch Vermogen von DrittlandsKapitalgesellschaften, so dass ein grenziiberschreitender Anteilstausch zur Durchfuhrung einer unechten Fusion mit Drittlandsgesellschaften von osterreichischer Seite uneingeschrankt moglich ware. Im weiteren Verlauf der Untersuchung muss ebenfalls zwischen der Grtindung einer Inbound- und einer Outbound-Holding-SE unterschieden werden. Im Fall der Grtindung einer Inbound-Holding-SE bestimmt § 14 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 UmgrStG, dass fur den Fall, dass in Osterreich ansassige Anteilseigner Kapitalanteile in die Holding-SE einbringen, die Anteile am Einbringungsstichtag mit dem Wert anzusetzen sind, der sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften tiber die Gewinnermittlung ergibt. Dieser Ansatz ist gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG fiir die Bewertung der Anteile im Rahmen der Einbringung maBgeblich, die in einem Betriebsvermogen gehalten werden. Bringt ein in Deutschland ansassiger Anteilseigner Kapitalanteile aus einem Betriebsvermogen in die osterreichische Holding-SE ein, ist das Besteuerungsrecht Osterreichs im Verhaltnis zu anderen Staaten hinsichtlich der in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven eingeschrankt, so dass entsprechend der Behandlung des gleichen Falles beztiglich der Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben die Vorschrift des § 16 Abs. 2 UmgrStG zu berticksichtigen ist. Da das Besteuerungsrecht im Verhaltnis zu einem EU-Mitgliedstaat eingeschrankt wird, normiert § 16 Abs. 2 Z 1 Satz 1 UmgrStG in Abweichung von dem Aufwertungsgebot des § 16 Abs. 2 Z 2 UmgrStG die Buchwertfortfuhrung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG. Fur Anteile, die nicht in einem Betriebsvermogen gehalten werden, bestimmt § 17 Abs. 1
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Satz 1 UmgrStG den Ansatz der Kapitalanteile mit den nach § 31 oEStG mafigebenden Anschaffungskosten. Abweichend davon normiert § 17 Abs. 2 Z 1 UmgrStG bei Einbringung von Anteilen, bei denen am Einbringungsstichtag kein Besteuerungsrecht Osterreichs im Verhaltnis zu anderen Staaten bestand, den Ansatz mit dem hoheren gemeinen Wert, sofem nicht im Einbringungsvertrag der Ansatz der Anschaffungskosten bzw. Buchwerte festgelegt wurde."^^^ Dies ist bei der Einbringung im Rahmen der Grundung einer Inbound-Holding-SE durch eine im Ausland ansassige Person regelmafiig der Fall. Folglich besteht ein Wahlrecht zum Ansatz des hoheren gemeinen Werts, welches jedoch nur fiir Einbringende aus dem EU-Ausland gilt, da bei Einbringenden aus Drittstaaten der Aufwertungszwang gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 2 Z 2 UmgrStG Vorrang hat."^^"* Im Verhaltnis zwischen Deutschland und Osterreich wird die Aufwertungsoption nicht zum Tragen kommen, da die Steuemeutralitat des Anteilstauschs deutscherseits nur durch Fortfiihrung der Anschaffungskosten bzw. Buchwerte erreicht werden kann. Im Ergebnis ist die Steuemeutralitat der Grundung einer Inbound-Holding-SE durch die Buchwerteinbringung gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG bzw. die Einbringung zu Anschaffungskosten gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG und durch den entsprechende Wertverknupfung im Rahmen des Einbringungskreislaufs bei der Holding-SE gem. § 18 Abs. 1 Z 1 UmgrStG sowie in den als Gegenleistung gewahrten Anteilen gem. §§ 19 Abs. 1, 20 Abs. 2 UmgrStG sichergestellt. Bei Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S.d. § 12 Abs. 2 Z 3 UmgrStG durch eine unbeschrankt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft in eine auslandische Kapitalgesellschaft im Rahmen der Grundung einer Outbound-Holding-SE ist grundsatzlich gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG das allgemeine Steuerverhaftungserfordemis des § 1 Abs. 2 UmgrStG zu beriicksichtigen. Handelt es sich bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft allerdings um eine EU-Kapitalgesellschaft i.S.d. Art. 3 FRL, gilt der Grundsatz der Buchwerteinbringung des § 16 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG uneingeschrankt (§ 16 Abs. 1 Satz 3 Spiegelstrich 1 UmgrStG). Sofem in diesem Fall durch den grenziiberschreitenden Anteilstausch bei der einbringenden Kapitalgesellschaft eine intemationale Schachtelbeteiligung i.S.d. § 10 Abs. 2 oKStG entsteht oder erweitert wird, ist gem. § 16 Abs. 1 Satz 3 Spiegelstrich 2 UmgrStG im Zeitpunkt der WeiterverauBemng oder des anderweitigen Ausscheidens aus dem Betriebsvermogen der eingebrachten Beteiligung durch die iibemehmende Kapitalgesellschaft der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert der Anteile zum Einbringungsstichtag "^^ Vgl. Zochling, H., Intemationale Umgrundungen, SWI 1997, S. 49. ' ' ' Vgl. Tz. 947 UmgrStR.
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und dem Buchwert der Anteile bei der einbringenden Kapitalgesellschaft zu versteuem. Zwischen dem Einbringungsstichtag und der VerauBerung bzw. dem Ausscheiden eingetretene Wertminderungen sind gem. § 16 Abs. 1 Satz 3 Spiegelstrich 3 UmgrStG hochstens im AusmaB des Unterschiedsbetrags zu beriicksichtigen. Mit dieser Vorschrift soil m.E. vermieden werden, dass in Osterreich steuerverhaftete Anteile durch einen grenziiberschreitenden Anteilstausch steuemeutral in Anteile an einer auslandischen Kapitalgesellschaft umgewandelt werden konnen, die durch das intemationale Schachtelprivileg begunstigt sind und demnach steuerfi-ei verauBert werden konnen. VerauBert die aufnehmende EU-Kapitalgesellschaft die Anteile, fiihrt sie den wirtschaftlichen Zweck des Anteilstauschs nicht mehr fort, so dass in diesem Zeitpunkt die stillen Reserven, die im Einbringungszeitpunkt in den stillen Reserven verhaftet waren, einer Steuerpflicht unterzogen werden. § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG kommt nicht zur Anwendung, da das osterreichische Besteuerungsrecht hinsichtlich der als Gegenleistung gewahrten Anteile nicht eingeschrankt ist. Bringt ein Einbringender, der keine unbeschrankt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 3 UmgrStG ist, Anteile in die deutsche iibemehmende Kapitalgesellschaft ein, ist gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG die Vorschrift des § 1 Abs. 2 UmgrStG sinngemaB anzuwenden. Hierbei entsteht die besondere Problematik, dass im Gegensatz zu der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mituntemehmeranteils bei Ubertragung von Anteilen Osterreich das Besteuerungsrecht an den stillen Reserven der eingebrachten Anteile verliert. Demnach kommt Art. Ill UmgrStG nicht zur Anwendung mit der Folge, dass die allgemeinen Bewertungsregeln zum Tausch gem. § 6 Z 14 Bst. a oEStG maBgeblich sind, die den Ansatz mit dem gemeinen Wert vorschreiben. Die unmittelbare Steuerbelastung wird allerdings gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 UmgrStG dadurch vermieden, dass trotz Bestehens einer Steuerpflicht die Steuerschuld auf Antrag des Einbringenden bis zur tatsachlichen Entstrickung durch die iibemehmende Gesellschaft nicht festgesetzt wird. Als Entstrickungstatbestande gelten die VerauBerung, die Liquidation oder das sonstige Ausscheiden bei der ubemehmenden Gesellschaft, wobei eine weitere steuemeutrale Umgriindung innerhalb der EU bzw. des EWR zulassig ist."^^^ Die Realisation der stillen Reserven gilt dabei als riickwirkendes Ereignis i.S.d. § 295a BAO, wobei die riickwirkende Besteuerung nur bis zum Ablauf der zehnjahrigen Festsetzungsfrist i.S.d. § 209 Abs. 3 BAO moglich ist. Die riickwirkende Besteuerung der stillen Reserven unterbleibt daher zur Ganze, wenn die Entstrickung erst nach Ablauf von zehn Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt
"^"^^ Vgl. Achatz, M./ Kofler, G., Intemationale Verschmelzungen, in: Achatz, M, (u.a.) (Hrsg.), Internationale Umgrtindungen, Wien 2005, S. 49.
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vorgenommen wird. Diese Regelung gilt gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG auch fiir Anteile, die nicht zu einem inlandischen Privatvermogen gehoren. Auf diese Weise wird im Fall der Einbringung in eine EU-Kapitalgesellschaft auf Antrag das Konzept einer aufgeschobenen Besteuerung verfolgt.'*^^ Im Gegensatz zu dem deutschen Konzept des Einbringungskreislaufs, das von einer doppelten Buchwertfortflihrung ausgeht, wird bei dem osterreichischen Konzept der aufgeschobenen Besteuerung im Rahmen des grenztiberschreitenden Anteilstauschs von einem Ansatz bei der iibernehmenden Gesellschaft mit dem gemeinen Wert ausgegangen. Die dadurch ausgeloste Steuerbelastung wird erst dann festgesetzt, wenn die aufnehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile wieder verauBert und auf diese Weise das untemehmerische Engagement in Form der eingebrachten Anteile aufgibt. Auf diese Weise werden missbrauchliche Gestaltungen durch Ausnutzung des intemationalen Schachtelprivilegs im Ausland vermieden."^^^ Diese Vorgehensweise ist als mit der Fusionsrichtlinie in Einklang stehend anzusehen, da die Steuemeutralitat des Anteilstauschs gewahrleistet ist bis eine tatsachliche WeiterverauBerung des eingebrachten Vermogens durch die aufnehmende Gesellschaft erfolgt. Diese Regelung hat zur Folge, dass eine zehnjahrige VerauBerungssperre der erhaltenen Anteile ftir die deutsche Kapitalgesellschaft besteht, da im VerauBerungsfall eine nachtragliche Besteuerung des osterreichischen Anteilseigners ausgelost wird. Im Ergebnis macht der osterreichische Gesetzgeber die Steuemeutralitat von Anteilseinbringungen wieder riickgangig, wenn die iibemehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile entweder im Fall des § 16 Abs. 1 Satz 3 Spiegelstrich 2 UmgrStG ohne Beriicksichtigung einer Frist oder im Fall des §§ 16 Abs. 1 Satz 2, 17 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG i.V.m. § 1 Abs. 2 UmgrStG innerhalb von zehn Jahren weiterverauBert. Zusammenfassend bestehen nach osterreichischem Recht zum Zweck der Sicherstellung der Besteuerung der in Osterreich entstandenen stillen Reserven bei Griindung einer in Deutschland ansassigen Holding-SE zwei unterschiedliche Konzepte fur Einbringungen durch Kapitalgesellschaften und ftir Einbrin-
Vgl. die Gesetzesbegriindung zum osterreichischen Abgabenanderungsgesetz 2005 vom 07.12.2005, https://www.bmf.gv.at/Steuem/Fachinformation/NeueGesetze/Archiv2005/Abgabennderungsgeset z2005/Abgabenaenderungsgesetz2005-Vorbl-Erl-RV.pdf; Wiesner, W., Die Umgrundungssteuergesetznovelle im AbgAG 2005, RWZ 2005, S. 322; s. auch zum Inkrafttreten der Novelle Wiesner, W., Die Umgriindungssteuergesetznovelle im AbgAG 2005 - Anderungen um Plenum des Nationalrates, RWZ 2005, S. 353 f Vgl. die Gesetzesbegriindung zum osterreichischen Abgabenanderungsgesetz 2005 vom 07.12.2005, https://www.bmf.gv.at/Steuem/Fachinformation/NeueGesetze/Archiv2005/Abgabennderungsgeset z2005/Abgabenaendemngsgesetz2005-Vorbl-ErI-RV.pdf; Wiesner, W., Die Umgrundungssteuergesetznovelle im AbgAG 2005, RWZ 2005, S. 322.
Kapitel III: Konkretisiemns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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gungen durch natiirliche Personen. Bei Einbringungen durch Kapitalgesellschaften wird die Einmalbesteuerung der stillen Reserven durch die Untersagung der Steuerfreiheit der intemationalen Schachtelbeteiligung sichergestellt. Bei Einbringungen durch natiirliche Personen wird durch das Konzept der ruckwirkenden Steuerfestsetzung mit korrespondierender Wertaufstockung der als Gegenleistung erhaltenen Anteile gleichfalls die Einmalbesteuerung der in Osterreich gebildeten stillen Reserven gewahrleistet, ohne dass es zu Doppelbesteuerungen bei VerauBerung der als Gegenleistung gewahrten Anteile beim Einbringenden kommt. Bringt eine in Deutschland ansassige Person Anteile aus einem Betriebsvermogen in die deutsche Holding-SE ein, fmdet die Vorschrift des §16 Abs. 2 Z l
Satz 2
UmgrStG Anwendung, wonach bei Uberfiihrung der Anteile auf eine auslandische Kapitalgesellschaft das Steuerverstrickungserfordemis des § 1 Abs. 2 UmgrStG sinngemaB zu berucksichtigen ist. Diese Vorschrift kann nur dann aus osterreichischer Sicht von Relevanz sein, wenn an den Anteilen bereits vor dem Einbringungszeitpunkt ein Besteuerungsrecht Osterreichs im Rahmen eines in Osterreich belegenen Betriebsvermogens bestanden hat. In diesem Fall ist ein Ansatz zum Buchwert zulassig, wenn die als Gegenleistung erhaltenen Anteile im Rahmen des osterreichischen Betriebsvermogens steuerverhaftet bleiben. Die ubemehmende Holding-SE hat grundsatzlich gem. § 18 Abs. 1 Z 1 UmgrStG die eingebrachten Anteile mit den fiir den Einbringenden nach § 16 UmgrStG maBgebenden Werten anzusetzen. Dies kann entweder den Buchwertansatz bedeuten oder im Fall des Outbound-Anteilstauschs den Ansatz des gemeinen Werts. Gleiches gilt flir Kapitalanteile, die nicht aus einem Betriebsvermogen eingebracht wurden. Diese sind gem. § 18 Abs. 1 Z 2 UmgrStG mit den nach § 17 UmgrStG maBgebenden Werten, hochstens aber mit den gemeinen Werten, anzusetzen. Soweit das Besteuerungsrecht Osterreichs hinsichtlich des eingebrachten Vermogens erstmalig entsteht und kein Fall der Buchwerteinbringung nach § 17 Abs. 2 Z 1 UmgrStG vorliegt, sind die Anteile gem. § 18 Abs. 1 Z 3 Spiegelstrich 1 UmgrStG steuemeutral auf den gemeinen Wert aufzustocken. Durch diese Aufwertungspflicht bei Zuzug der stillen Reserven aus dem Ausland soil sichergestellt werden, dass bei einer spateren in Osterreich steuerpflichtigen VerauBerung nur die stillen Reserven besteuert werden, die in Osterreich entstanden sind. AUerdings hat eine Aufsvertung auf den gemeinen Wert gem. § 18 Abs. 1 Z 3 Spiegelstrich 2 UmgrStG zu unterbleiben, wenn der Zuzug nach einem bereits vorangegangenem Wegzug erfolgt ist. In diesem Fall gilt die spatere AnteilsverauBerung nicht als riickwirkendes Ereignis i.S.d. § 295a BAO, wobei Wertsteigerungen, die innerhalb der EU bzw. des EWR entstanden sind, vom VerauBerungserlos abzuziehen
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sind. Da im vorliegenden Fall das Besteuerungsrecht Osterreichs nur dann erstmalig entsteht, wenn nicht zu einem inlandischen Betriebsvermogen gehorende Kapitalanteile eingebracht warden, ist die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Z 1 UmgrStG vorrangig anzuwenden mit der Folge, dass nicht der gemeine Wert, sondem die Buchwerte von der ubemehmenden Kapitalgesellschaft anzusetzen sind. Sofem durch die Einbringung bei der ubemehmenden Gesellschaft eine intemationale Schachtelbeteiligung i.S.d. § 10 Abs. 2 oKStG entsteht oder erweitert wird, normiert § 18 Abs. 4 Z 1 UmgrStG, dass bei spaterer VerauBerung der Unterschiedsbetrag zwischen Teilwert und Buchwert der als Gegenleistung gewahrten Anteile nicht als steuerbefreit i.S.d. § 10 Abs. 3 Satz 1 oKStG gilt. Auf diese Weise soil eine Verlagerung von bisher steuerverstrickten stillen Reserven auf steuerbefreite Schachtelbeteiligungen vermieden werden.'*^^ Geht durch die Einbringung die Eigenschaft einer Beteiligung als intemationale Schachtelbeteiligung unter, gilt gem. § 18 Abs. 4 Z 2 UmgrStG fiir die entsprechenden Anteile der hohere Teilwert bezuglich eventuell vorgenommener Teilwertabschreibungen als Buchwert. Diese Vorschrift hat zum Ziel, dass die bisher steuerbefreiten stillen Reserven durch den Einbringungsvorgang einer Besteuemng unterworfen werden. Gleiches gilt gem. § 20 Abs. 7 Z 1 UmgrStG auch fiir den Fall, dass bei der einbringenden Gesellschaft durch die Anteile an der ubemehmenden Kapitalgesellschaft eine intemationale Schachtelbeteiligung entsteht oder die bisherige Beteiligungsquote verandert wird. Fiir die im Gegenzug erhaltenen neuen Anteile gilt der nach §§ 16, 17 UmgrStG maBgebende Wert gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 UmgrStG als Anschaffungskosten. Ublicherweise ist diesbeziiglich von einer Fortfiihrung der Buchwerte auszugehen. Kommt es allerdings im Rahmen eines Outbound-Anteilstauschs aufgmnd einer schadlichen WeiterverauBemng durch die iibemehmende Gesellschaft zu einer Festsetzung der Steuerschuld auf Ebene des Anteilseigners gem. § 1 Abs. 2 UmgrStG, sind gem. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmgrStG riickwirkend mit dem Beginn des dem Einbringungsstichtag folgenden Tages die Anschaffungskosten oder Buchwerte entsprechend zu erhohen."^^^ Diese Vorschrift ist als folgerichtig anzusehen, da bei VerauBemng der eingebrachten Anteile durch die deutsche Kapitalgesellschaft auf Ebene des osterreichischen Anteilseigners eine VerauBemng der Anteile fmgiert wird, so dass konsequenterweise eine juristische Sekunde spater die Anschaffungskosten der Beteiligung um die aufgedeckten ^^' Vgl. Tz. 984 UmgrStR. "^^^ Vgl. die Gesetzesbegrtindung zum osterreichischen Abgabenanderungsgesetz 2005 vom 07.12.2005, https://www.bmfgv.at/Steuem/Fachinformation/NeueGesetze/Archiv2005/Abgabennderungsgeset z2005/Abgabenaenderungsgesetz2005-VorbI-Erl-RV.pdf
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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stillen Reserven zu erhohen sind. Durch diese riickwirkende Werterhohung wird folglich eine Doppelbesteuerung des Einbringenden bei spaterer Weiterveraufierung der als Gegenleistung erhaltenen Anteile vermieden. Die steuerlichen Vorschriften, die in Osterreich die Steuemeutralitat des Anteilstauschs gewahrleisten, werden in der folgenden Obersicht zusammengefasst:
AnsSssigkeit Holding-S£
AnsMssigkeit des Einbringenden Osterreich
Deutschland
Inbound-SE
§§ 16 Abs. 2 Z 1 Satz 1, § 16Abs. 1 Satz 1 UmgrStG, 16 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG, § 17Abs. 1 Satzl UmgrStG § 17 Abs. 2 Z 1 UmgrStG
Outbound-SE
§ 16Abs. 1 Satz 3 UmgrStG, §§ 16Abs. 1 Satz 2, 17 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG
§ 16Abs. 2Z 1 Satz2 UmgrStG
Abbildung4]: Steuerliche Folgen der Grundung einer Holding-SE nach osterreichischem Recht 1.4.2.2.2.3
Ergebnis
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Grundung einer Holding-SE zwischen Deutschland und Osterreich sowohl im Inbound- als auch im Outbound-Fall steuemeutral durchgefiihrt werden kann. Die deutschen und die osterreichischen Vorschriften erlauben einen grenzuberschreitenden Anteilstausch ohne Aufdeckung der stillen Reserven. Dabei bedienen sich sowohl Deutschland als auch Osterreich der Buchwertfortfiihrung und Buchwertverkniipfung, die in einem Einbringungskreislauf resultieren. Osterreich wendet dariiber hinaus im Fall des Outbound-Anteilstauschs durch natiirliche Personen das ebenfalls von der Fusionsrichtlinie zugelassene Konzept einer aufgeschobenen Besteuerung an. Im Ergebnis kann durch die beiderseitige Umsetzung der Vorschriften der steuerlichen Fusionsrichtlinie sowohl in Deutschland als auch in Osterreich davon ausgegangen werden, dass bereits de lege lata die steuemeutrale Grundung einer Holding-SE realisiert werden kann. Die vorgenommene Untersuchung zeigt, dass die Fusionsrichtlinie ein in sich schliissiges Gesamtsystem bildet, das es bei korrekter Umsetzung den in den einzelnen Mitgliedstaaten ansassigen Unternehmen ermoglicht, grenziiberschreitende Umstrukturierungen steuemeutral durchzuftihren.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunzsmodells anhand eines EU-Staates
1.4.2.2.2 Grenziiberschreitender Anteilstausch ohne Verwendung der SE Im Rahmen eines grenzuberschreitenden Anteilstauschs ohne Griindung einer Holding-SE bringen die Anteilseigner der Zielgesellschaft ihre Anteile in eine auslandische ubemehmende Kapitalgesellschaft ein und erhalten als Gegenleistung neue Anteile an ihr. Die beteiligten Kapitalgesellschaften verlieren nicht wie im Fall der Verschmelzung ihre Rechtspersonlichkeit, sondem bestehen mit alien Rechten und Pflichten fort. Auf diese Weise wird keine neue rechtliche Einheit geschaffen, sondem es erfolgt durch die Hinzufiigung einer weiteren Ebene eine Verschachtelung der Unternehmensstruktur. Die iibertragende Kapitalgesellschaft stellt nunmehr eine Tochtergesellschaft der auslandischen iibemehmenden Kapitalgesellschaft dar, so dass die Beteiligungskette verlangert wird. Aus diesem Grund ist auch die grenziiberschreitende Ausgliederung als strukturverflechtend anzusehen."^"^^ Der Anteilstausch stellt daher eine Umstrukturierung im weiteren Sinne dar, da lediglich die Beteiligungsverhaltnisse geSndert werden und das direkte Eigentum an Vermogensgegenstanden unbeeinflusst bleibt. Der grenziiberschreitende Anteilstausch ohne Verwendung der SE wird in der folgenden Abbildung verdeutlicht:
^^^ Vgl. Leiderer, B., Grenzuberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbrucken 1997, S. 65; Rogall, M., Die grenzuberschreitende Abspaltung nach der geplanten Anderung der steuerlichen Fusionsrichtlinie, RIW 2004, S. 273; Schaumburg, H., Grundztige des Konzemsteuerrechts, in: Schaumburg, H. (Hrsg.), Steuerrecht und steuerorientierte Gestaltungen im Konzern, Koln 1998, S. 27.
Kapitel III: Konkretisiemns: des Entscheidungsmodells
(^eutschl and)
anhand eines EU-Staates
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( ^ sterreich^
Ausgangsfall:
Kapitalgesellschaft
Kapitalgesellschaft
Anteilseigner
Anteilseigner
Inbound-Anteilstausch: 1
Kapitalgesellschaft
^
w
Kapitalgesellschaft T
^^^^^^^
Anteilseigner
V/ Tausch / | \ der Anteile
Anteilseigner
Outbound-Anteilstausch: \^ *
Kapitalgesellschaft
\^
1
Kapitalgesellschaft
1
Tausch V/ der Anteile /\\ 1
^^^^ ^^,,,,*—***'''^
Anteilseigner
Anteilseigner
Abbildung 42: Darsteliung grenziiberschreitender Anteilstausch
'
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Ebenso wie die Grundung einer Tochter-SE kann auch die Griindung einer HoldingSB steuerlich aufgrund der bereits umgesetzten Vorschriften der Fusionsrichtlinie bereits de lege lata im Rahmen der nationalen Regelungen Deutschlands sowie Osterreichs vollzogen werden. Die Definition der Fusionsrichtlinie fiir den Austausch von Anteilen gem. Art. 2 Bst. d FRL entspricht dem Rechtsverstandnis der §§20 Abs. 1 Satz 2, 23 Abs. 4 UmwStG sowie des Art. Ill UmgrStG. Aus den gleichen Grunden wie im Fall der grenzUberschreitenden Einbringung kann auch im Fall des grenziiberschreitenden Anteilstauschs auf die Einschaltung einer SE im Rahmen der Grundung einer Holding-SE verzichtet werden, da der Anteilstausch im Wege der Einzelrechtsnachfolge durchgefuhrt werden kann. Im Gegensatz zur Grundung einer Verschmelzungs-SE kann die Grundung einer Holding-SE nur im Wege eines grenzUberschreitenden Anteilstauschs mit einer neu gegriindeten Kapitalgesellschaft als SE durchgeftihrt werden. Die Griindungs- und Verwaltungskosten lassen sich durch einen direkten Anteilstausch ohne Einschaltung der SE vermeiden. Demzufolge miissen auch nur Anteile einer Gesellschaft ubertragen werden, so dass wie im Fall der Einbringung von Betrieben nur ein Einbringungsvorgang notwendig ist. Dariiber hinaus miissen die eventuell einschrankend wirkenden Vorschriften hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Grundung einer Holding-SE gem. Art. 32-34 SE-VO nicht beriicksichtigt werden. Im Rahmen der Besteuerung eines grenzUberschreitenden Austauschs von Anteilen ergeben sich keine Unterschiede zu den Fallen der GrUndung einer Holding-SE, da in diesen Fallen zur Ganze auf die nationalen Vorschriften bzw. die Vorschriften der Fusionsrichtlinie zurUckgegriffen werden kann. Da somit das gleiche Ergebnis ohne die Einschaltung der SE und damit ohne Grundungsaufwand erzielt werden kann, ist der grenzUberschreitende Anteilstausch ohne Verwendung der SE gegenUber der GrUndung einer Holding-SE von Vorteil.
1.4.3 Zusammenfassung der speziellen Begiinstigungen fiir grenzuberschreitende Umstrukturierungen Insgesamt bestehen zwischen Deutschland und Osterreich zwolf verschiedene Moglichkeiten, grenzUberschreitende Umstrukturierungen steuemeutral durchzuflihren:
Kapitel III: Konkretisiemns
des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
Form der grenziiberschreitenden Umstrukturierung
1 1 Griindung einer Verschmelzungs-SE 3 \4 5 7 9 11
Grenziiberschreitende Verschmelzung Grundung einer Tochter-SE Grenziiberschreitende Einbringung von Betrieben Grundung einer Holding-SE Grenziiberschreitender Anteilstausch Abbildung 43:
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Ansflssigkeit des iibernehmenden Rechtstrftgers | Deutschland Osterreich Deutschland Osterreich Deutschland Osterreich Deutschland Osterreich Deutschland Osterreich Deutschland Osterreich
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Ubersicht steuerbegunstigte Umstrukturierungsmoglichkeiten
Im Ergebnis stehen dem Entscheidungstrager drei unterschiedliche grenziiberschreitende Umstrukturierungsformen zur Verftigung. Diese sind die Verschmelzung, die Einbringung von Betrieben bzw. Teilbetrieben sowie der Anteilstausch. Dabei erfolgt die Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, wohingegen die Einbringung von Betrieben sowie von Anteilen im Wege der Einzelrechtsnachfolge vollzogen werden miissen. Jede dieser Umstrukturierungsformen fiihrt zu einer unterschiedlichen steuerlichen und rechtlichen Struktur des Untemehmens, so dass analysiert werden muss, welche dieser Altemativen aus steuerlicher Sicht zu den vorteilhaftesten Resultaten fiihrt. Die drei verschiedenen Umstrukturierungsarten sind jeweils auf zwei unterschiedlichen Wegen zu erreichen, namlich zum einen auf direktem Wege durch unmittelbare Umstrukturierung der beteiligten Gesellschaften und zum anderen iiber die Griindung einer SE. Wie bereits erlautert wurde, ist im Fall der grenziiberschreitenden Verschmelzung die Grundung einer SE aufgrund der hoheren Rechtssicherheit gegeniiber der direkten Verschmelzung der Kapitalgesellschaften von Vorteil. Die Alternative der grenziiberschreitenden Verschmelzung ohne Griindung einer SE soil daher im weiteren Verlauf vemachlassigt werden. In den Fallen der Einbringung von Betrieben sowie des Anteilstauschs bietet der Einsatz der SE jedoch keine Vorteile gegeniiber der direkten Einbringung und dem direkten Anteilstausch, da bereits samtliche relevanten Vorschriften sowohl in deutsches als auch in osterreichisches Recht umgesetzt wurden. Der Umweg der Griindung einer SE zur Erhohung der Rechtssicherheit ist daher nicht
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
notwendig. Wegen der anfallenden Griindungkosten soil daher in den Fallen der grenziiberschreitenden Einbringung von Betrieben bzw. Teilbetrieben sowie des grenztiberschreitenden Anteilstauschs von der Einschaltung einer SE Abstand genommen werden, so dass im weiteren Verlauf der Untersuchung die Umwandlungsmoglichkeiten der Tochter-SE sowie der Holding-SE vemachlassigt werden. Im Ergebnis ist es daher sinnvoll, aus den drei grenziiberschreitenden Umstrukturierungsformen, die jeweils auf zwei unterschiedlichen Wegen durchfuhrbar sind, jeweils eine Alternative zu eliminieren, so dass keine doppelte Berechnung der Umstrukturierungsaltemativen notwendig ist. Auf diese Weise reduzieren sich die zu analysierenden Handlungsmoglichkeiten des Entscheidungsmodells auf sechs Altemativen, wobei die Verschmelzung unter Einschaltung der SE und die Einbringung von Betrieben bzw. Teilbetrieben sowie der Anteilstausch auf direktem Wege erfolgen sollen.
Form der grenziiberschreitenden Umstrukturierung 1
1^ 3
Grundung einer Verschmelzungs-SE Grenziiberschreitende Betriebseinbringung
5 Grenziiberschreitender AnteiIstausch |6~
Ansdssigkeit des ubernehmenden RechtstrMgers | Deutschland Osterreich Deutschland Osterreich Deutschland Osterreich
| | | | | J
Abbildung44: Aktionenraum des Entscheidungsmodells zwischen Deutschland und Osterreich Der Aktionenraum im Entscheidungsmodell fiir grenziiberschreitende Umstrukturierungen besteht somit aus sechs verschiedenen Handlungsmoglichkeiten. Bevor mit der Auswahl der betriebswirtschaftlich optimalen Alternative begonnen werden kann, mussen daruber hinaus noch die Umwegkonstruktionen berucksichtigt werden, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich auf diese Weise gleiche oder bessere Resultate erzielen lassen.
1.5 Umwegkonstruktionen zur grenztiberschreitenden Umstrukturierung Grenziiberschreitende Umstrukturierungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zwischen Deutschland und Osterreich beruhen ausnahmslos auf supranationalen Sondervorschriften, die speziell zu dem Zweck der Erleichterung intemationaler Umwandlungen geschaffen wurden. Umwegkonstruktionen, die im Rahmen der Gesamtrechts-
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates nachfolge durchgefuhrt werden konnen, ohne dass der supranationale oder nationale Gesetzgeber dies vorgesehen hatte, sind aus diesem Grund im Verhaltnis Deutschland und Osterreich nicht moglich. Im Folgenden gilt es daher, auf Einzelrechtsnachfolge beruhende Umwegkonstruktionen zu identifizieren und zu bewerten. 1.5.1 Grenzuberschreitende Umwandlungen aus Sicht Deutschlands Aufgrund der Tatsache, dass in Deutschland grenzuberschreitende Verschmelzungen nach MaBgabe des UmwG nicht moglich sind, miissen Umwegkonstruktionen geflinden werden, die im Wege der Einzelrechtsnachfolge eine steuemeutrale Vermogensubertragung - u.U. in mehreren Teilschritten - zulassen. Dabei muss aus deutscher Sicht zwischen Herausverschmelzung und Hineinverschmelzung unterschieden werden. Im Fall der Herausverschmelzung sind als Umwegkonstruktionen zwei Vorgehensweisen denkbar."^"^' Zum einen kann im Rahmen einer Herausverschmelzung durch Betriebsiibertragung das Vermogen der ubertragenden deutschen Kapitalgesellschaft in die iibemehmende osterreichische Kapitalgesellschaft eingebracht werden. Im Anschluss wird die deutsche Kapitalgesellschaft liquidiert und die als Gegenleistung fiir die Einbringung erhaltenen Anteile an dem osterreichischen Rechtstrager an die deutschen Anteilseigner ausgekehrt. Obwohl der grenzuberschreitende Einbringungsvorgang gem. § 23 Abs. 1 Satz I UmwStG steuerneutral durchgefuhrt werden kann, weil
Vgl. Schaumburg, H., Grenzuberschreitende Umwandlungen (I), GmbHR 1996, S. 507 ff.; ders., Das Internationale Umwandlungssteuerrecht in der Untemehmenssteuerreform, in: Wassermeyer, F./ Mayer, D.I Rieger, N. (Hrsg.), Umwandlungen im Zivil- und Steuerrecht, Bonn 2000, S. 523; ders.. Das Internationale Steuerrecht in der Fortentwicklung des Untemehmenssteuerrechts, in: Streck, M. (Hrsg.), Internationales Steuerrecht: Fortentwicklung des Untemehmenssteuerrechts, AuBensteuergesetz, beschrankt Steuerpflicht, Bonn 2002, S. 48; ders., Grundlagen des intemationalen Umwandlungssteuerrechts, in: Schaumburg, H./ Piltz, D. (Hrsg.), Internationales Umwandlungssteuerrecht, K5ln 1997, S. 7; Herzig, N./ Forster, G., Grenzuberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, DB 1994, S. 2 ff.; Herzig, N., Grenzuberschreitende Umwandlungen im deutschen Ertragsteuerrecht, in: Schaumburg, H.I Piltz, D. (Hrsg.), Internationales Umwandlungssteuerrecht, Koln 1997, S. 147; Thiel, J., Moglichkeiten und Grenzen der steuemeutralen Umstrukturierung von Untemehmen auBerhalb des Umwandlungssteuerrechts, in: Fischer, L. (Hrsg.), Besteuerung des intemationalen Untemehmenskaufs, Koln 1999, S. 45; Kaminski, B., Grenzuberschreitende Umwandlungen von Kapitalgesellschaften, SteuerStud 1999, S. 257; Engert, A., Umstrukturierungen unter Beteiligung von EU-Auslandsgesellschaften im deutschen Steuerrecht, DStR 2004, S. 670; Buchheim, R., Europaische Aktiengesellschaft und grenzuberschreitende Konzemverschmelzung, Berlin 2000, S. 41; Leiderer, B., Grenzuberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbrticken 1997, S. 182, S. 354 ff.; Biihler, C, Die grenzuberschreitende Fusion von Kapitalgesellschaften in der Europaischen Union, Zurich 2000, S. 65; Dremel, R., Ertragsteuerliche Folgen inlandischer Verschmelzungen von Gesellschaften mit Auslandsbezug, Koln 2000, S. 31; Eismayr, R., Grenzuberschreitende Konzentrationsverschmelzungen, Wien 2005, S. 43.
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die ubemehmende auslandische Kapitalgesellschaft eine EU-Kapitalgesellschaft ist, fuhrt die anschlieBende Liquidation sowie die Auskehrung der einbringungsgeborenen Anteile zu einer vollstandigen Aufdeckung der stillen Reserven. Die Steuerfreiheit fiir VerauBerungsgewinne von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 8b Abs. 2 KStG findet aufgrund der Vorschrift des § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 KStG keine Anwendung, da die Anteile als einbringungsgeboren i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG zu qualifizieren sind und somit eine Begunstigungssperre von sieben Jahren gilt. Der Vorteil aus der steuemeutralen Betriebseinbringung in die osterreichische Gesellschaft wird folglich durch die nachfolgende Anteilsauskehrung zunichte gemacht, so dass als kritischer Punkt der Herausverschmelzung durch Betriebsubertragung die Auskehrung der Anteile an der iibemehmenden Kapitalgesellschaft zu sehen ist."*"^^ Zum anderen ist eine Herausverschmelzung durch Anteilstausch denkbar, bei der nicht der Betrieb der ubertragenden deutschen Gesellschaft, sondem die Anteile an dieser Gesellschaft in die ubemehmende osterreichische Kapitalgesellschaft eingebracht werden. Die deutsche Gesellschaft wird im Anschluss an die Einbringung liquidiert und ihr Vermogen an die osterreichische Kapitalgesellschaft ausgekehrt. Der grenzuberschreitende Anteilstausch kann nach § 23 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG steuerneutral vollzogen werden, da die auftiehmende Kapitalgesellschaft eine EU-Kapitalgesellschaft ist. Allerdings ftihrt die Auskehrung des Vermogens an die auftiehmende osterreichische Kapitalgesellschaft im Zuge der Liquidation der deutschen Gesellschaft zu einer vollstandigen Auftleckung und Besteuerung der in dem ubertragenen Vermogen enthaltenen stillen Reserven gem. § 11 KStG. Dartiber hinaus wird auch die Steuerfreiheit des Einbringungsvorgangs selbst gem. § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG riickwirkend untersagt, wenn die eingebrachten Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Einbringung verauBert werden. Die Liquida-
Vgl. Herzig, N./ Forster, G., Grenzuberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, DB 1994, S. 4; Thiel, J., Moglichkeiten und Grenzen der steuemeutralen Umstrukturierung von Unternehmen auBerhalb des Umwandlungssteuerrechts, in: Fischer, L. (Hrsg.), Besteuerung des intemationalen Unternehmenskaufs, Koln 1999, S. 45; Leiderer, B., Grenzuberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbriicken 1997, S. 367; Engert, A., Umstrukturierungen unter Beteiligung von EUAuslandsgesellschaften im deutschen Steuerrecht, DStR 2004, S. 670; Schaumburg, H., Das internationale Steuerrecht in der Fortentwicklung des Untemehmenssteuerrechts, in: Streck, M. (Hrsg.), Internationales Steuerrecht: Fortentwicklung des Untemehmenssteuerrechts, AuBensteuergesetz, beschrankt Steuerpflicht, Bonn 2002, S. 49; Leiderer, B., Grenzuberschreitende Umstrukturierungen von EU-Kapitalgesellschaften im deutschen und osterreichischen Ertragsteuerrecht, Saarbrucken 1997, S. 374.
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tion der deutschen Gesellschaft, an der die eingebrachten Anteile bestehen, ist als VerauBerung der Anteile durch die aufnehmende Kapitalgesellschaft anzusehen."*"^^ Im Fall der Hineinverschmelzung sind als Umwegkonstruktionen ebenfalls die Hineinverschmelzung durch Betriebsubertragung sowie die Hineinverschmelzung durch Anteilstausch zu priifen.'^'^'* Im Rahmen der Hineinverschmelzung durch Betriebsubertragung bringt die osterreichische ubertragende Kapitalgesellschaft ihren Betrieb in die deutsche Kapitalgesellschaft gegen Gewahrung von Gesellschaftsrechten ein. Im Anschluss erfolgt die Liquidation der osterreichischen Gesellschaft, in deren Zuge die Anteile an der deutschen Kapitalgesellschaft an die osterreichischen Anteilseigner ausgekehrt werden. Die Hineinverschmelzung durch Betriebsubertragung ist aus deutscher Sicht als grundsatzlich steuemeutral moglich anzusehen, da die bei der Herausverschmelzung problematische Auskehrung der Anteile an der deutschen Gesellschaft den osterreichischen Bestimmungen unterliegt. Die Einbringung eines osterreichischen Betriebs in die deutsche Kapitalgesellschaft ist gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG deutscherseits steuemeutral zu behandeln. Soweit bei der Hineinverschmelzung eine in Deutschland belegene Betriebsstatte durch die osterreichische Kapitalgesellschaft in die deutsche ubemehmende Gesellschaft eingebracht wird, ist die Steuemeutralitat durch Buchwertft)rtftihrung gem. § 23 Abs. 2 UmwStG moglich, da der Einbringende eine EU-Kapitalgesellschaft ist. Damit besteht die Moglichkeit, in Deutschland verstricktes Betriebsvermogen gegen Gewahrung von Anteilen zu iibertragen, wobei die Bundesrepublik Deutschland hinsichthch des Gewinns aus der VerauBerung der Anteile gem. Art. 13 Abs. 5 DBA-Osterreich kein Besteuemngsrecht besitzt. Gem. § 20 Abs. 3 UmwStG hat allerdings die auftiehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermogen mit seinem Teilwert anzusetzen, wenn das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus einer VerauBemng der dem Einbringenden gewahrten Gesellschaftsanteile im Zeitpunkt der Sacheinlage ausgeschlossen ist. Eine steuemeutrale Ubertragung ist dennoch moglich, da § 20 Abs. 3 UmwStG im Rahmen des § 23 Abs. 2 UmwStG nicht anwendbar ist."^^^ Die Steuerneutralitat steht jedoch gem. § 26 Abs. 2 Satz 2 UmwStG unter dem Vorbehalt, dass Vgl. Widmann, S./ Mayer, D., Umwandlungsrecht Kommentar, 84. Erg.Lief., Berlin 2005, § 26 UmwStG, Rdz. I l l ; Schaumburg, H., Grenzuberschreitende Umwandlungen (I), GmbHR 1996, S. 508. Vgl. Thiel, J., Moglichkeiten und Grenzen der steuemeutralen Umstrukturierung von Untemehmen auBerhalb des Umwandlungssteuerrechts, in: Fischer, L. (Hrsg.), Besteuerung des intemationalen Untemehmenskaufs, Koln 1999, S. 46; Kaminski, B., Grenzuberschreitende Umwandlungen von Kapitalgesellschaften, SteuerStud 1999, S. 262 ff. Vgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998, IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I, S. 268, Tz. 23.05; Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 496.
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Kapitel HI: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
die osterreichische einbringende Kapitalgesellschaft die als Gegenleistung erhaltenen Anteile nicht innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Einbringung verauBert. Daraus ergibt sich, dass eine liquidationsbedingte Auskehrung der Anteile an der deutschen Gesellschaft an die Gesellschafter der osterreichischen Kapitalgesellschaft die zuvor in Anspruch genommene Steuemeutralitat riickwirkend wieder zunichte macht.'^'*^ Dariiber hinaus ist davon auszugehen, dass im Ausland Liquidationsgewinne ebenfalls einer Besteuerung unterliegen, so dass der Vorgang im Ergebnis nicht steuemeutral durchgefiihrt werden kann. Die Hineinverschmelzung durch Anteilstausch sieht vor, dass die Anteile an der osterreichischen Gesellschaft in die deutsche Kapitalgesellschaft gegen Gewahrung von Gesellschaftsrechten eingebracht werden. AnschlieBend erfolgt die Liquidation der osterreichischen Kapitalgesellschaft, in deren Rahmen das Vermogen an die deutsche Kapitalgesellschaft ausgekehrt wird. Der Anteilstausch als erster Schritt der Umwegkonstruktion ist gem. § 23 Abs. 4 Satz 1 UmwStG steuemeutral durchftihrbar. Dies gilt allerdings gem. § 23 Abs. 4 Satz 2 UmwStG nicht ftir den Fall, dass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland ftir die als Gegenleistung der Einbringung gewahrten Anteile im Zeitpunkt der Einbringung ausgeschlossen ist. Gem. § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG entfallt die Anwendbarkeit des § 23 Abs. 4 UmwStG dariiber hinaus riickwirkend, wenn die Anteile innerhalb von sieben Jahren verauBert werden. Sollte die iibertragende Gesellschaft des Weiteren iiber inlandisches Betriebsvermogen verftigen, besteht die Gefahr der deutschen Liquidationsbesteuerung gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 KStG. Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass auch die Hineinverschmelzung durch Anteilstausch als Umwegkonstruktion im Wege der Einzelrechtsnachft)lge nicht steuemeutral durchftihrbar ist. Da somit iiber Umwegmodelle das wirtschaftliche Ergebnis einer Verschmelzung nicht erreicht werden kann, bleibt der Anteilstausch als unechte Fusion das einzige Umstrukturierungsinstrument, um die Steuemeutralitat des Vorgangs zu erreichen. Die Moglichkeiten in Deutschland, die im Rahmen der Steuerplanung ftir grenziiberschreitende Umstrukturierungen als Umwegkonstmktion ohne die Verwendung der auf bioder multilateralen Absprachen basierenden Sondervorschriften eingesetzt werden konnen, sind - soweit ersichtlich - § 8b Abs. 2 KStG ftir Kapitalgesellschaften und Vgl. Thiel, J., Moglichkeiten und Grenzen der steuemeutralen Umstrukturierung von Untemehmen auBerhalb des Umwandlungssteuerrechts, in: Fischer, L. (Hrsg.), Besteuerung des intemationalen Untemehmenskaufs, Koln 1999, S. 46; Schaumburg, H., Grenziiberschreitende Umwandlungen (I), GmbHR 1996, S. 510; Herzig, N., Internationale Umwandlungen, in: Ludicke, J. (Hrsg.), Fortentwicklung der Intemationalen Untemehmensbesteuerung, Koln 2002, S. 146; Herzig, N., Grenziiberschreitende Umwandlungen im deutschen Ertragsteuerrecht, in: Schaumburg, H./ Piltz, D. (Hrsg.), Internationales Umwandlungssteuerrecht, Koln 1997, S. 150.
Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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§ 6b Abs. 10 EStG flir natiirliche Personen und Personengesellschaften. Dariiber hinaus ist auch das Tauschgutachten des BFH in die Analyse mit einzubeziehen. Samtliche drei Gestaltungsaltemativen gewahren die Moglichkeit der steuemeutralen Ubertragung von stillen Reserven, die in Beteiligungen enthalten sind. Folglich gilt es zu analysieren, ob durch eine Umwegkonstruktion das wirtschaftliche Ergebnis eines Anteilstauschs bzw. eines verschmelzungsahnlichen Zustands geschaffen werden kann. § 8b Abs. 2 KStG bestimmt, dass bei der Eimittlung des Einkommens einer Kapitalgeseilschaft Gewinne aus der VerauBerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft auBer Ansatz bleiben. § 8b Abs. 2 KStG setzt folglich die Aufdeckung der stillen Reserven voraus und normiert in Verbindung mit der Vorschrift des § 8b Abs. 3 KStG, dass der aus der Aufdeckung resultierende Gewinn zu 95 % steuerfrei bleibt. Zu einer VerauBerung zahlen neben der entgeltlichen Ubertragung auch weitere Ubertragungstatbestande. Diese umfassen insbesondere einen Tausch i.S.d. § 480 BGB sowie eine Sacheiniage gem. §§ 5 Abs. 4, 56 GmbHG, §§ 27, 183, 194, 205 AktG.^^^ Der realisierte Gewinn bemisst sich nach dem gemeinen Wert, Teilwert oder Zwischenwert des nicht in einer Geldgegenleistung bestehenden VerauBerungserloses.^"^^ § 8b Abs. 2 KStG unterscheidet nicht zwischen Beteiligungen an inlandischen und auslandischen Kapitalgesellschaften, so dass beide gleichermaBen steuerfrei verauBert werden konnen. Dariiber hinaus setzt § 8b Abs. 2 KStG flir die Gewahrung der Steuerfreiheit nicht voraus, dass Anteile an anderen Kapitalgesellschaften verauBert werden, so dass auch der Verkauf eigener Anteile begunstigt ist."^"^'^ Im Hinblick auf das Halten und die spatere VerauBerung eigener Anteile muss allerdings § 71 Abs. 2 AktG beachtet werden, wonach der Erwerb eigener Anteile auf 10 % des Grundkapitals der Kapitalgesellschaft begrenzt ist. Im Ergebnis ist § 8b Abs. 2 KStG als bedeutendes Gestaltungsinstrument fur Reorganisationen anzusehen, da durch die Vorschrift eine unkomplizierte Neustrukturierung von Beteiligungen innerhalb von national und international tatigen Konzemen erreicht werden kann. § 8b Abs. 2 KStG weist im Verhaltnis zu dem begunstigten Anteilstausch gem. §§20 Abs. 1 Satz 2, 23 Abs. 4 UmwStG einen wesentlich groBeren Handlungsspielraum auf, da zum einen nicht die Ubertragung mehrheitsvermittelnder AnteiVgl. Kroner, I., in: Ernst & Young (Hrsg.), Korperschaftsteuergesetz Kommentar, 49. Erg.Lief, Bonn 2006, § 8b KStG, Rz. 93. Vgl. Kroner, I., in: Ernst & Young (Hrsg.), Korperschaftsteuergesetz Kommentar, 49. Erg.Lief, Bonn 2006, § 8b KStG, Rz. 118. Vgl. Booten, V.I Jochimsen, C./ Schnitger, A., Anteilstausch bei intemationalen Zusammenschliissen aus deutscher Sicht, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, S. 248; Leip, C , Die VerauBerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften durch Kapitalgesellschaften, BB 2002, S. 1840.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidun2smodells anhand eines EU-Staates
le notwendig ist und zum anderen nicht der Buchwertzwang im Rahmen des Einbringungskreislaufs zu berucksichtigen ist. Allerdings kann allein durch Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG keine grenziiberschreitende Umstrukturierung vollzogen werden. Dies ist dadurch begriindet, dass die iibertragende Kapitalgesellschaft eigene Anteile verauBem miisste, die in dieser GroBenordnung aufgrund der Begrenzung auf 10 % des Nennkapitals nicht vorhanden sein durften. Auf diese Weise ist es nicht mogHch, eine beherrschende Holdinggesellschaft zu grunden, da diese iiber die Mehrheit der Stimmrechte verfiigen musste. Natiirlichen Personen wird durch die Vorschrift des § 6b Abs. 10 EStG die steuemeutrale Ubertragung stiller Reserven aus der VerauBerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften auf neu erworbene Anteile an Kapitalgesellschaften eroffnet."*^^ Demnach konnen Steuerpflichtige, die keine Korperschaften oder Personenvereinigungen sind, Gewinne aus der VerauBerung bzw. aus dem Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften bis zu einem Betrag von 500.000 € unter anderem auf die im Wirtschaftsjahr der VerauBerung oder in den folgenden zwei Wirtschaftsjahren angeschafften Anteile an Kapitalgesellschaften ubertragen. Voraussetzung ist gem. § 6b Abs. 10 Satz 4 i.V.m. § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG, dass die verauBerten bzw. im Tausch hingegebenen Anteile mindestens sechs Jahre zum Anlagevermogen gehort haben. § 6b Abs. 10 EStG verwendet zur Hersteilung der Steuemeutralitat des Vorgangs eine von der Technik der Buchwertfortfiihrung abweichende Vorgehensweise, die allerdings zu denselben Ergebnissen fiihrt. Der Steueraufschub erfolgt fiir den Fall, dass der Gewinn im Jahr der VerauBerung auf Ersatzwirtschaftsguter ubertragen wird, gem. § 6b Abs. 10 Satz 3 EStG durch Minderung der Anschaffungskosten der Ersatzwirtschaftsguter in Hohe des VerauBerungsgewinns. Wird im Jahr der VerauBerung kein Ersatzwirtschaftsgut angeschafft, kann gem. § 6b Abs. 10 Satz 5 EStG eine den Gewinn mindemde Rticklage in Hohe des VerauBerungsgewinns gebildet werden. Gem. § 6b Abs. 10 Satz 6 i.V.m. Satz 2, 3 EStG kann diese Rucklage in dem Jahr, in dem das Ersatzwirtschaftsgut erworben wird, auf die Anschaffungskosten dieses WirtschaftsVgl. Forster, U., Die steuemeutrale Ubertragung von Gewinnen aus der VerauBerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften durch Personenuntemehmen, DStR 2001, S. 1913 ff.; Cordes, M., VerauBerung von Kapitalgesellschaftsanteilen durch Personengesellschaften und § 6b EStG, Die steuerliche Betriebsprufung 2003, S. 114ff,; Schulz, A./ Petersen, S., Die Europa-AG: Steuerlicher Handlungsbedarf bei Grundung und Sitzverlegung, DStR 2002, S. 1513; Melchior, J., Ubersicht iiber die Anderungen durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Untemehmenssteuerrechts (Untemehmenssteuerfortentwicklungsgesetz), DStR 2002, S. 3; Booten, V.I Jochimsen, CI Schnitger, A., Anteilstausch bei intemationalen Zusammenschlussen aus deutscher Sicht, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, S. 249; Griemla, S., Grenziiberschreitende Verschmelzung von doppelt ansassigen Kapitalgesellschaften im Ertragsteuerrecht, Koln 2003, S. 362 ff
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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guts iibertragen werden. Auf die Weise ergibt sich ebenfalls der Effekt einer Buchwertfortfiihrung, allerdings iiber den Umweg der Realisierung eines Veraufierungsgewinns, der ggf. unter Zuhilfenahme einer den Gewinn mindemden Rticklage auf die Anschafflingskosten des Ersatzwirtschaftsguts ubertragen wird."^^' Im Fall eines Anteilstauschs ist allerdings im AUgemeinen die Bildung einer Rucklage nicht notwendig, da ublicherweise die VerauBerung und Anschaffung der Kapitalgesellschaftsanteile und damit die Ubertragung stiller Reserven im gleichen Wirtschaftsjahr stattfinden. Obwohl durch § 6b Abs. 10 EStG die Steuemeutralitat eines Anteilstauschs erreicht werden kann, bestehen mehrere Nachteile, die den steuerplanerischen Einsatz im Rahmen des Entscheidungsmodells in Frage stellen. Zunachst ist das Erfordemis der sechsjahrigen Vorbesitzzeit als negativ zu werten. Nachteilig ist des Weiteren, dass § 6b EStG nur auf im Betriebsvermogen gehaltene Beteiligungen angewendet werden kann, die daruber hinaus noch im Anlagevermogen gehalten worden sein miissen. Werden die Beteiligungen im Privatvermogen oder bei Verwendung in einem Betriebsvermogen lediglich im Umlaufvermogen gehalten, kann § 6b Abs. 10 EStG folglich keine Anwendung fmden. Daruber hinaus ist die Ubertragung der VerauBerungsgewinne auf einen Betrag von 500.000 € beschrankt. Trotz der Moglichkeit der Schaffung eines Beherrschungsverhaltnisses durch § 6b Abs. 10 EStG, indem die aufnehmende Kapitalgesellschaft den Erwerb der Beteiligungen vomimmt, sind die Anforderungen an die Anteilseignerstruktur insbesondere von Publikumsgesellschaften als zu hoch und unrealistisch anzusehen, um eine grenztiberschreitende Umstrukturierung zu erreichen. Aus diesem Grund wird die Umwegkonstruktion durch den Einsatz von § 6b Abs. 10 EStG im weiteren Verlauf nicht weiter verfolgt. Das sog. Tauschgutachten des BFH"^^^, das einen steuemeutral zu vollziehenden Tausch von Kapitalgesellschaftsanteilen ermoglicht hat, wurde mit der Einfiigung des § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.03.1999"^^^ fiir Anteile, die im Betriebsvermogen gehalten werden, abgeschafft."^^^ Fur Anteile, die im Privatvermogen gehalten werden und gem. §§ 17, 23 EStG steuerverhaftet sind, ist das Tauschgutachten allerdings weiterhin anwendbar, da Ist die Riicklage am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, ist sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhohend aufzulosen (§ 6b Abs. 10 Satz 8 EStG). Hat bis zu diesem Zeitpunkt keine Ubertragung auf Ersatzwirtschaftsguter stattgefunden, ist gem. § 6b Abs. 10 Satz 9 EStG der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rucklage aufgelost werden muss, flir jedes voile Wirtschaftsjahr, in dem die Rucklage bestanden hat, um 6 % des nicht aufgelosten Riicklagenbetrags zu erhohen. Vgl. BFH V. 16.12.1958,1 D 1/57 S, BStBl. 1959 III, S. 30. Vgl. BGBl. 1999 I, S. 402.
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§ 6 Abs. 6 Satz 1 EStG gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 EStG nur flir Betriebsvermogen i.S.d. § 4 Abs. 1 und § 5 EStG gilt."^^^ Als Voraussetzung ftir die Anwendbarkeit des Tauschgutachtens sieht der BFH die Namlichkeit der getauschten Anteile, d.h. die Anteile miissen wert-, art- und funktionsgleich mit den hingegebenen Anteilen sein."^^^ Unter Wertgleichheit ist zu verstehen, dass sich die gemeinen Werte der hingegebenen und getauschten Anteile in etwa einander entsprechen miissen. Diese Voraussetzung liegt iiblicherweise vor, wenn Vertrage unter fremden Dritten geschlossen werden. Das Erfordemis der Artgleichheit stellt auf die Branchengleichheit der Anteile ab, erkennt aber auch an, dass gerade die erstrebte Funktionsgleichheit eine Branchenanderung bedingen kann. Die Funktionsgleichheit ist dann zu bejahen, wenn die eingetauschten Anteile bei objektiver Betrachtung die gleiche betriebliche Funktion erfiillen wie die hingegebenen Anteile oder bei wirtschaftlicher Betrachtung die gleichen Wirtschaftsguter reprasentieren und deshalb nur eine formale Anderung einer Beteiligung am Betriebsvermogen vorliegt. Im Fall einer bedeutsamen Erhohung oder des Verlusts der Herrschaftsbefugnis iiber das durch das Anteilsrecht reprasentierte Betriebsvermogen, des Erwerbs oder Verlusts des Schachtelprivilegs, einer bedeutenden Veranderung der Beteiligungsquote und des Verlusts oder Erwerbs ins Gewicht fallender, mit der Beteiligung verbundener Vor- oder Nachteile wird allerdings in der Regel die Funktionsgleichheit zu verneinen sein.
Vgl. Lorenz, C , VerauBerungen und Reorganisationen im AuBensteuerrecht, IStR 2001, S. 395; Roos, R., Grundzuge des Umwandiungssteuergesetzes, SteuerStud 2000, S. 483. Vgl. Dautel, R., Steuerneutraler Erwerb von Kapitalgesellschaftsanteilen durch Tausch, in: BB 2002, S. 1845. Vgl. auch Wassermeyer, F., Tausch und Einlage von Anteilen an Kapitalgesellschaften iiber die Grenze, DB 1990, S. 855; Thiel, J., MuB das Tauschgutachten umgeschrieben werden? - Die Rechtssatze des Gutachtens in Konkurrenz zu den gesetzlichen Tatbestanden der steuerfreien Anteilsubertragung (§ 8b Abs. 2 KStG, § 20 Abs. 6 UmwStG 1977), in: Herzig, N. (Hrsg.), Steuerberater-Jahrbuch 1994/95, Koln 1995, S. 186; Forster, G., Umstrukturierung deutscher Tochtergesellschaften im Ertragsteuerrecht, Diisseldorf 1991, S. 63; Jaudzims, S., Gewinnrealisierung bei der Einbringung von Auslandsbeteiligungen durch eine Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, StBP 2000, S. 55; Sagasser, B./ Bula, T./ Brunger, T., Umwandlungen, 3. Aufl., Munchen 2002, H 14; Altheim, M., Beratung der mittelstandischen Wirtschaft bei Beteiligungen, Fusionen und Spaltungen im Binnenmarkt - Teil II: Fusionsrichtlinie -, IStR 1993, S. 410; Breuninger, G.I Bruse, M., 1992: Europarechtliche Einfliisse auf die Unternehmensbesteuerung, EWS 1990, S. 129; Rodder, T., Gestaltungsalternativen des steuerneutralen grenziiberschreitenden Anteilstauschs, IStR 1994, S. 257; Wrede, K./ Becker, H., Germay, in: Karls, J. (Hrsg.), Effective Tax Strategies for International Corporate Acquisitions, 2. Aufl., Boston 1992, S. 106; Herzig, N., Veranderungen von Beteiligungsstrukturen im Konzern durch Umwandlung, Einbringung und VerauBerung, in: Schaumburg, H. (Hrsg.), Steuerrecht und steuerorientierte Gestaltungen im Konzern, Koln 1998, S. 93; ders., Grenzuberschreitende Umwandlungen im deutschen Ertragsteuerrecht, in: Schaumburg, H.I Piltz, D. (Hrsg.), Internationales Umwandlungssteuerrecht, Koln 1997, S. 131; Wunsch, I., Die Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften, Bielefeld 2003, S. 251.
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Fraglich ist, ob eine Namlichkeit der Anteile bei einem Anteilstausch uber die Grenze angenommen werden kann. M.E. kann der Grenziiberschritt allein kein ausschlaggebender Grund sein, um die Funktionsgleichheit zu vemeinen.'^^^ Auf diese Weise ist der Tausch von im Privatvermogen gehaltenen, steuerverhafteten Anteilen ohne Aufdeckung der stillen Reserven moglich. Die buchmaBige Behandlung der hingegebenen Anteile beim Erwerber ist flir die steuerliche Behandlung des Tauschs beim Hingebenden nicht mafigebend, so dass die Buchwertverkniipfiang keine Anwendung findet."^^^ Auf diese Weise kann die iibemehmende Kapitalgesellschaft die ubemommenen Anteile grundsatzlich zeitnah unbelastet weiterverauBem, da ein Ansatz mit dem gemeinen Wert erfolgt."^^^ Das Tauschgutachten kann allerdings nur dann zur Anwendung gelangen, wenn die Voraussetzungen der §§20 Abs. 1 Satz 2 und 23 Abs. 4 UmwStG nicht erfullt sind.^^^ Aus diesem Grund besteht kein Wahlrecht, die Vorschriften des UmwStG oder die Grundsatze des Tauschgutachtens anzuwenden. Im Fall von Osterreich als Zielland ist somit die Anwendung der §§20 Abs. 1 Satz 2, 23 Abs. 4 UmwStG zur Herstellung der Steuemeutralitat des Anteilstauschs vorrangig. Ein steuerlicher Nachteil durch die im Rahmen der Einbringung verursachte Entstehung einbringungsgeborener Anteile gem. § 21 UmwStG kann sich dabei nicht ergeben, da die im Gegenzug erhaltenen Anteile unabhangig von der Siebenjahresfrist immer durch das Halbeinkiinfteverfahren begiinstigt werden. Allerdings miissen insbesondere die folgenden Falle auf der Basis des Tauschgutachtens beurteih werden:'^^'
Vgl. auch Thiel, J., MuB das Tauschgutachten umgeschrieben werden? - Die Rechtssatze des Gutachtens in Konkurrenz zu den gesetzlichen Tatbestanden der steuerfreien Anteilsubertragung (§ 8b Abs. 2 KStG, § 20 Abs. 6 UmwStG 1977), in: Herzig, N. (Hrsg.), Steuerberater-Jahrbuch 1994/95, K5ln 1995,8. 198 f Vgl. Winkeljohann, N., in: Hermann, C./ Heuer, G.I Raupach, A. (Hrsg.), Einkommensteuer- und Korperschaftsteuergesetz Kommentar, 219. Erg.Lief., Koln 2005, § 6, Anm. 339. Vgl. Rodder, T., Gestaltungsaltemativen des steuemeutralen grenzuberschreitenden Anteilstauschs, I StR 1994,8.261. Vgl. BMP V. 15.02.1995, IV B 2 - 8 1909 - 6/95, B8tBl. I, 8. 419; s. auch Engl, R., Umwandlung inlandischer Gesellschaften mit Auslandsvermogen, in: 8chaumburg, H./ Piltz, D. (Hrsg.), Internationales Umwandlungssteuerrecht, Koln 1997, 8. 92; 8ieker, K., Zur ZweckmaBigkeit einer Auslandsholding fiir inlSndische Beteiligungen eines Inlandskonzems, in: Kleineidam, H.-J. (Hrsg.), Untemehmenspolitik und internationale Besteuerung, Festschrift fur Lutz Fischer, Berlin 1999, 8. 942. Vgl. Winkeljohann, N., in: Hermann, C./ Heuer, G./ Raupach, A. (Hrsg.), Einkommensteuer- und Korperschaftsteuergesetz Kommentar, 219. Erg.Lief., Koln 2005, §6, Anm. 339; Wassermeyer, F., Besteuerung des auslandischen Untemehmenserwerbs durch Anteilstausch (unechte Fusion) und Einbringung von Untemehmensanteilen, D8tR 1992, 8. 62; Thiel, J., MuB das Tauschgutachten umgeschrieben werden? - Die Rechtssatze des Gutachtens in Konkurrenz zu den gesetzlichen Tatbestanden der steuerfreien Anteilsubertragung (§ 8b Abs. 2 K8tG, § 20 Abs. 6 Umw8tG 1977), in: Herzig, N. (Hrsg.), Steuerberater-Jahrbuch 1994/95, Koln 1995, 8. 194 f.
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- Einbringungsvorgange, bei denen die (ibemehmende Gesellschaft nicht die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft erwirbt, deren Anteile eingebracht werden, d.h. das in § 20 Abs. I Satz 2 UmwStG formulierte Erfordemis des Vorliegens mehrheitsvermittelnder Anteile ist nicht erftillt. - Grenzuberschreitende Einbringungsvorgange, bei denen die Kapitalgesellschaft, deren Anteile eingebracht werden, oder die iibemehmende Kapitalgesellschaft keine EU-Kapitalgesellschaft ist."^^^ Trotz der grundsatzlichen Anwendungsmoglichkeit des Tauschgutachtens im Rahmen eines steuemeutralen Anteilstauschs muss festgestellt werden, dass das Tauschgutachten fur das vorliegende Entscheidungsmodell keine Verwendung finden kann. Dies ist darin begriindet, dass das Tauschgutachten iiblicherweise nur einen Tausch der Anteile auf Ebene der Anteilseigner bewirkt, so dass die Ebene der Kapitalgesellschaften nicht beriihrt wird. Auf diese Weise kann jedoch nicht das angestrebte Beherrschungsverhaltnis erreicht werden, welches nur erzielt werden kann, wenn die auslandische Kapitalgesellschaft selbst und nicht deren Anteilseigner Empfanger der eingebrachten Anteile sind. Dies konnte nur dadurch erreicht werden, dass die auslandische Kapitalgesellschaft selbst an dem Anteilstausch teilnimmt und als Gegenleistung eigene Anteile anbietet; die Begrenzung der Moglichkeit des Erwerbs eigener Anteile in Deutschland und in Osterreich auf 10% des Nennkapitals wird den Anteilstausch regelmaBig unmoglich machen. Daruber hinaus wird auf diese Weise auch das Erfordemis der Funktionsgleichheit der Anteile erheblich in Frage gestellt sein. Aus diesen Griinden kann das Tauschgutachten als Umwegkonstruktion im weiteren Verlauf der Analyse keine Rolle mehr spielen.
1.5.2 Grenzuberschreitende Umwandlungen aus Sicht Osterreichs In Osterreich sind ebenso wenig wie in Deutschland die Umwegkonstruktionen im Wege der Einzelrechtsnachfolge fur eine grenzuberschreitende Verschmelzung im Wege der Herausverschmelzung durch Betriebsiibertragung oder im Wege der Herausverschmelzung durch Anteilstausch steuemeutral moglich. Sofem bei einer Herausverschmelzung durch Betriebsiibertragung das Vermogen einer unbeschrankt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft auf eine andere Kapitalgesellschaft im Wege der Einbringung iibergeht und die iibertragende Kapitalgesellschaft im Anschluss aufgelost wird, ist gem. § 20 Abs. 1 Z 2 oKStG die Vorschrift des § 6 Z 14 oEStG anzuwenden, ^^^ Vgl. auch Herzig, N., Veranderungen von Beteiligungsstrukturen im Konzem durch Umwandlung, Einbringung und VerauBerung, in: Schaumburg, H. (Hrsg.), Steuerrecht und steuerorientierte Gestaltungen im Konzem, Koln 1998, S. 102.
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wenn die Voraussetzungen des Umgriindungssteuergesetzes nicht gegeben sind oder das Umgriindungssteuergesetz dies vorsieht. Als Abwicklungs-Endvermogen gilt dabei gem. § 20 Abs. 2 Z 2 oKStG der Wert der als Gegenleistung erhaltenen Anteile. Im Fall der Herausverschmelzung durch Anteilstausch fiihrt die Liquidation der iibergehenden Kapitalgesellschaft gem. § 19 Abs. 1 oKStG zu der Besteuerung des Liquidationsgewinns. Gem. § 19 Abs. 2 oKStG ist der Liquidationsgewinn der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn, der sich aus der Gegeniiberstellung des AbwicklungsEndvermogens und des Abwicklungs-Anfangsvermogens ergibt. Auf diese Weise werden durch die Liquidation die stillen Reserven vollstandig aufgedeckt und einer Besteuerung unterworfen. Wird eine inlandische Betriebsstatte einer beschrankt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft aufgelost, ist der Liquidationsgewinn gem. §§21 Abs. 1,19 Abs. 7 oKStG i.V.m. § 24 Abs. 1 Z 2 oEStG zu besteuem, es sei denn, das Umgriindungssteuergesetz lasst die Buchwertfortfiihrung zu. Im Rahmen der Hineinverschmelzung durch Betriebsiibertragung und durch Anteilstausch ergibt sich das korrespondierende Ergebnis zu den deutschen Vorschriften. Da sich durch die Hineinverschmelzung der Besteuerungszugriff Osterreichs an den stillen Reserven erhoht, lasst das Umgriindungssteuergesetz die Steuemeutralitat des Vorgangs zu. Allerdings ist die Herausverschmelzung aus deutscher Sicht nicht steuemeutral durchftihrbar, so dass eine weitere Analyse dieses Umwegmodells nicht sinnvoU ist. Ebenso wie in Deutschland besteht somit nicht die Moglichkeit, Betriebsvermogen ohne steuerliche Sondervorschriften steuemeutral zu iibertragen, so dass emeut gepriift werden muss, ob eine BeteiligungsverauBerung ohne Besteuerung der stillen Reserven moglich ist. Eine § 8b Abs. 2 KStG zumindest ahnliche Vorschrift besteht in Osterreich in Form des § 10 Abs. 2 oKStG, der gleichfalls in bestimmten Fallen eine steuerfreie VerauBerung von Kapitalgesellschaftsanteilen zulasst. Die Steuerfreiheit gilt al~ lerdings gem. § 10 Abs. 3 Satz 1 oKStG nur flir die VerauBerung von intemationalen Schachtelbeteiligungen, die gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 oKStG eine seit mindestens einem Jahr bestehende Beteiligung einer unbeschrankt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft an einer auslandischen Kapitalgesellschaft in Hohe von mindestens 10 % voraussetzt. Auf diese Weise ist insbesondere auch die steuerfreie VerauBerung von eigenen Anteilen einer osterreichischen Kapitalgesellschaft ausgeschlossen. Eine direkte Anwendung der Vorschrift des § 10 Abs. 2 oKStG im vorliegenden Entscheidungsmodell ist daher nicht moglich. Entsprechend der deutschen Vorschrift des § 6b Abs. 10 EStG konnen in Osterreich gem. § 12 oEStG stille Reserven, die bei der VerauBerung von Anlagevermogen auf-
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gedeckt werden, von den Anschafflings- oder Herstellungskosten von Ersatzwirtschaftsgiitem abgesetzt werden. Gem. § 12 Abs. 8 oEStG konnen die stillen Reserven im Jahr der Aufdeckung auch einer steuerfreien Riicklage zugefiihrt werden, soweit eine Ubertragung im selben Wirtschaftsjahr nicht erfolgt. Diese Optionsmoglichkeit gilt allerdings nur ftir natiirliche Personen, die das verauBerte Wirtschaftsgut zum einen im Betriebsvermogen gehalten und zum anderen dieses seit mindestens sieben Jahren dem Anlagevermogen zugeordnet haben. Zum Erreichen der Steuemeutralitat eines grenzuberschreitenden Anteilstauschs einer Publikumsgesellschaft kann realistischerweise die Vorschrift des § 12 oEStG im Rahmen der Intemationalen Steuerplanung keine Verwendung fmden.
1.5.3 Schnittmenge der grenzuberschreitenden Umwandlungen Deutschlands und Osterreichs Werden die Moglichkeiten in Deutschland und in Osterreich, grenziiberschreitende Umstrukturierungen durch Umwegkonstruktionen durchzuflihren, zusammengefasst, lasst sich feststellen, dass durch die alleinige Anwendung einer einzigen Vorschrift keine intemationale Umwandlung steuemeutral realisierbar ist. Wenn iiberhaupt Moglichkeiten bestehen, die eine steuemeutrale Durchflihrung der Umwegkonstruktion erlauben, miissten diese in jedem Fall durch eine gemeinsame, verbundene Anwendung mehrerer Vorschriften durchgefiihrt werden. Im Verhaltnis zwischen Deutschland und Osterreich konnte ein Umwegmodell identifiziert werden, welches die Vorschrift des § 8b Abs. 2 KStG ausnutzt. M.E. ist nach derzeitiger Gesetzeslage nur durch Miteinbeziehung dieser Regelung eine Umwegkonstruktion aus deutscher Sicht ohne Verwendung des Umwandlungssteuergesetzes moglich. Da die Vorschrift jedoch keine Umstrukturierung auf direktem Wege eriaubt, muss § 8b Abs. 2 KStG in Kombination mit grenziiberschreitende Umstrukturierungen begiinstigenden Sondervorschriften angewendet werden. Ist der Fall gegeben, dass eine 100%ige Beteiligung einer deutschen Kapitalgesellschaft an einer osterreichischen Tochterkapitalgesellschaft besteht, kann im Rahmen eines up-stream merger die Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft steuemeutral verschmolzen werden. Da eine Kapitalerhohung bei der Muttergesellschaft aufgrund der 100%igen Beteiligung an der Tochtergesellschaft aufgrund von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwG untersagt ist,"^^^ wird im Zuge der Verschmelzung bei der aufnehmenden Muttergesellschaft die Beteiligung an der Tochtergesellschaft durch die Wirtschaftsguter der TochtergesellVgl. Djanani, C.l Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 173.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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schaft ersetzt. Im Ergebnis werden die Gesellschaftsrechte gegen das Vermogen der Tochtergesellschaft getauscht.'*^'^ Liegt der Ansatz dieser Wirtschaftguter uber dem Buchwert der Beteiligung, entsteht in Deutschland ein Ubemahmegewinn, der unter die Vorschrift des § 8b Abs. 2 KStG fallt und daher unter Berucksichtigung des § 8b Abs. 3 KStG zu 95 % steuerfrei ist."*^^ Auf diese Weise ist der Vorgang aus deutscher Sicht quasi steuemeutral durchfiihrbar. Auch auf osterreichischer Seite lost die Ubertragung der Wirtschaftsguter der osterreichischen Tochtergesellschaft auf die deutscher Muttergesellschaft keine unmittelbaren Steuerbelastungen aus, da die Steuerhangigkeitsbedingung des § 1 Abs. 2 UmgrStG erfiillt ist. Voraussetzung der Steuemeutralitat ist, dass die deutsche Muttergesellschaft gem. § 3 Abs. 1 Z 1 UmgrStG die maBgebenden Buchwerte der Tochtergesellschaft im Rahmen der in Osterreich belegenen Betriebsstatte fortfuhrt. Sollte wie im vorliegenden Ausgangsfall angenommen kein Mutter-Tochter-Verhaltnis gegeben sein, da annahmegemafi keine wechselseitigen Beteiligungen bestehen, muss als Voraussetzung ftir die Durchftihrung des up-stream merger ein grenziiberschreitender Anteilstausch durchgeftihrt werden, der zu einer 100%igen Beteiligung der deutschen Kapitalgesellschaft an der osterreichischen Kapitalgesellschaft fuhrt. Der Anteilstausch kann sowohl nach deutschem Recht gem. § 23 Abs. 4, § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG als auch nach osterreichischem Recht gem. § 12 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 15 UmgrStG steuemeutral durchgeftihrt werden. Im Ergebnis wird durch den grenziiberschreitenden Anteilstausch als ersten Schritt der Umwegkonstruktion die anschlieBende Anwendbarkeit des § 8b Abs. 2 KStG im Rahmen eines grenziiberschreitenden up-stream merger erreicht. Auf diese Weise ist eine steuerplanerische Moglichkeit identifiziert worden, die zumindest teilweise durch die Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG auf Vorschriften basiert, die nicht speziell zur Begunstigung grenziiberschreitender Umstrukturierungen geschaffen wurden und trotzdem die Steuemeutralitat der intemationalen Umwandlung erlaubt. Die Vorgehensweise der zweistufigen Umwegkonstruktion wird anhand der folgenden Abbildung verdeutlicht:
Vgl. Schmidt, L./ Hageboke, J., Auslandsverschmelzungen im AuBensteuerrecht, IStR 2001, S. 700. Vgl. auch Kessler, W./ Achilles, C./ Huck, F., Die Europaische Aktiengesellschafl im Spannungsfeld zwischen nationalen Steuergesetzgeber und EuGH, IStR 2003, S. 715; Schwedhelm, R./ Gibing, K./ Binnewies, B., Gestaltungsuberlegungen zum Jahreswechsel 2002/2003 rund um die GmbH, GmbHR 2002, S. 1158 f; Klingberg, D./ Lishaut, I. von, Auslandische Umwandlungen im deutschen Steuerrecht, FR 1999, S. 1219 ff
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Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidunssmodells
anhand eines EU-Staates
(^euts chland) . QdsterreichJ) Ausgangsfall:
Kapitalgesellschaft
Kapitalgeseilschaft
Anteilseigner
Anteilseigner
Sc hritt 1: Grenzuberschreit<;nder Anteilstausch
i
Kapitalgeseilschaft
Einbringu n^^. Anteile
Kapitalgeseilschaft Ne ue 1 ^ \ A n t eile
Anteilseigner
—
hritt 2; Grenziiberschreit(jnder up-stream merger
Kapitalgeseilschaft
Anteilseigner
; V Tausch / | \ der Anteile
Anteilseigner
i
^
W
Betriebsstatte
Anteilseigner
Abbildung 45: Umwegkonstruktion durch grenzuberschreitenden up-stream merger
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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Durch die Umwegkonstruktion des up-stream merger wird wirtschaftlich das gleiche Ergebnis erreicht wie bei der Alternative der Inbound-Verschmelzung unter Zuhilfenahme der SE. Die Umwegkonstruktion benotigt allerdings einen zusatzlichen Schritt, um das Mutter-Tochter-Verhaltnis herbeizufiihren. Da die Inbound-Verschmelzung dariiber hinaus im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durchgefiihrt werden kann und die Hinzurechnungsvorschrift des § 8b Abs. 3 KStG keine Anwendung fmdet, ist die Umwandlungsaltemative der Inbound-Verschmelzung unter Verwendung der SE der identifizierten Umwegkonstruktion aus steuerlicher und gesellschaftsrechtlicher Sicht iiberlegen. Des Weiteren bietet die Verwendung der SE auch die erforderliche Rechtssicherheit der gewahlten Umstrukturierungsmoglichkeit. Des Weiteren durfte es sich in der Praxis als schwierig erweisen, samtliche Anteile der osterreichischen Gesellschaft in der Hand der deutschen Mutterkapitalgesellschaft zu vereinigen. Aus diesen Griinden wird die Umwegkonstruktion unter Ausnutzen der Vorschrift des § 8b Abs. 2 KStG im Rahmen einer up-stream Verschmelzung trotz ihrer steuemeutralen Durchfiihrbarkeit im weiteren Verlauf der Untersuchung nicht weiter betrachtet. Im Ergebnis sind keine Umwegkonstruktionen ersichtlich, die im Verhaltnis zwischen Deutschland und Osterreich zu gleichen oder besseren Ergebnissen fiihren als die auf Sondervorschriften flir intemationale Umwandlungen basierenden Moglichkeiten. Folglich sind keine Umwegkonstruktionen zur grenzuberschreitenden Umstrukturierung in das Erklarungsmodell mit aufzunehmen, so dass im weiteren Verlauf ausnahmslos die auf steuerlichen Sondervorschriften basierenden Handlungsaltemativen analysiert werden.
2. Aufbau des Erklarungsmodells Im Rahmen des folgenden Erklarungsmodells wird eine Analyse der steuerlichen Wirkungen der im Beschreibungsmodell identifizierten sechs Aktionsmoglichkeiten durchgefiihrt. Dariiber hinaus werden auch weitere entscheidungsrelevante Aspekte der einzelnen Handlungsaltemativen untersucht. Auf diese Weise erfolgt im Erklarungsmodell die Erarbeitung der quantitativen und qualitativen Entscheidungsgrundlagen, um einen Zusammenhang zwischen der Umstrukturierungsaltemative und ihren steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Konsequenzen herzustellen. Diese Vorgehensweise ist als notwendig anzusehen, um aus den Handlungsmoglichkeiten aus dem Aktionenraum in einem weiteren Schritt die optimale Umwandlungsmoglichkeit auswahlen zu konnen.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
lA Berechnung der Steuerwirkungen aus den jeweils erfolgsneutral durchfiihrbaren Umwandlungsalternativen 2.1.1 Steuerbelastung des Umwandlungsvorgangs selbst Da in den Aktionenraum ausschliefilich Handlungsaltemativen aufgenommen wurden, die die Buchwertfortfiihrung zulassen, treten in keinem der betrachteten Falle durch den Umstrukturierungsvorgang verursachte Belastungen durch Ertragsteuem auf. Dieses Ergebnis entspricht den Modellvoraussetzungen, da ausschliel3Iich ertragsteuerneutral realisierbare grenzuberschreitende Umstrukturierungsmoglichkeiten in die Analyse miteinbezogen werden. Des Weiteren kann auch kein Ubemahmegewinn oder verlust entstehen, da keine wechselseitigen Beteiligungsverhaltnisse bestehen. Dariiber hinaus wurde die Annahme getroffen, dass zwischen der deutschen und osterreichischen Kapitalgesellschaft keine gegenseitigen Anspriiche, Verbindlichkeiten oder Ruckstellungen bestehen, so dass kein Ubemahmefolgegewinn anfallt. Auf diese Weise konnen sich folglich keine Unterschiede zwischen den einzelnen Alternativen ergeben. Allerdings werden durch die einzelnen Umstrukturierungsaltemativen Verkehrsteuerbelastungen ausgelost, die im Folgenden analysiert werden miissen.
Fail 1: Inbound-Verschmelzungs-SE Im Fall der Inbound-Verschmelzungs-SE, in dem die SE in Deutschland im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme gegriindet wird, fallt in Deutschland keine Grunderwerbsteuer an, da es sich bei diesem Fall um einen identitatswahrenden Formwechsel handelt, der grunderwerbsteuerlich ohne Bedeutung ist, auch wenn zum Gesellschaftsvermogen inlandische Grundstucke gehoren."*^^ Auf diese Weise ergibt sich ein weiterer Vorteil der Verschmelzung durch Aufnahme gegentiber der Verschmelzung durch Neugrlindung, da flir die Neugriindung einer Kapitalgesellschaft die Grundstucke iibertragen werden miissten und so Grunderwerbsteuerpflicht entstunde. Allerdings fallt auf Ebene der osterreichischen iibertragenden Kapitalgesellschaft gem. § 1 Abs. 1, Abs. 2 oGrEStG osterreichische Grunderwerbsteuer an, wenn in Osterreich belegene Grundstucke auf die SE iibertragen werden. Der Steuersatz in Hohe von 3,5 % ist gem. § 6 Abs. 5 UmgrStG auf das Doppelte des Einheitswerts der Grundstucke anzuwen-
^^^ Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 489; Fleischer, H., Die Vermeidung von Grunderwerbsteuer durch steuergunstige Gestaltungen bei der Umstrukturierung von Untemehmen, DStR 1996, S. 1391; Heinz, J./ Kopp, J./ Mayer, E., Verkehrsteuem, 4. Aufl., Achim 1998, S. 50 ff
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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den. Die Grunderwerbsteuer ist dabei als abzugsfahige Betriebsausgabe auf Ebene der in Osterreich verbleibenden Betriebsstatte zu behandeln. Dariiber hinaus fallen weder in Deutschland noch in Osterreich weitere Verkehrsteuem in Form der Umsatzsteuer Oder Gesellschaftsteuer an.
Fall 2: Outbound-Verschmelzungs-SE Im Fall der Griindung einer Verschmelzungs-SE in Osterreich ergibt sich das umgekehrte Ergebnis zu dem Inbound-Fall. Geht das Eigentum an Grundstucken aus dem Vermogen der ubertragenden deutschen Kapitalgesellschaft auf die osterreichische SE uber, unterliegt die Verschmelzung in Deutschland der Grunderwerbsteuer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG. Die Grunderwerbsteuer i.H.v. 3,5 % bemisst sich nach dem im Wege der Bedarfsbewertung ermittelten Wert des Grundstiicks (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG i.V.m. § 138 Abs. 2, 3 BewG). Ebenso wie in Osterreich ist die im Rahmen der Verschmelzung anfallende Grunderwerbsteuer nicht zu aktivieren, sondem als Betriebsausgabe unmittelbar abzugsfahig. Die in Osterreich gelegenen Grundstucke unterliegen bei dem Formwechsel der osterreichischen Kapitalgesellschaft in die SE keiner Grunderwerbsteuerpflicht. Weitere Verkehrsteuem fallen entsprechend dem Inbound-Fall weder in Deutschland noch in Osterreich an.
Fall 3: Inbound-Einbringung Der Fall der Inbound-Einbringung entspricht zur Ganze dem Fall der InboundVerschmelzung und lost somit auf Ebene der osterreichischen Kapitalgesellschaft Grunderwerbsteuerpflicht aufgrund der Obertragung von in Osterreich belegenem Grundvermogen aus. Aus diesem Grund andert sich auch die Hohe der eventuell anfallenden Grunderwerbsteuer nicht, wenn anstelle der grenzuberschreitenden Verschmelzung eine grenzuberschreitende Einbringung durchgeftihrt wird.
Fall 4: Outbound-Einbringung Korrespondierend zur Inbound-Einbringung entspricht der Fall der OutboundEinbringung dem Fall der Outbound-Verschmelzung mit der Folge, dass in Deutschland Grunderwerbsteuerpflicht bei Obertragung inlandischer Grundstiicke ausgelost wird. Allerdings ist im Fall der Einbringung von Grundstucken zu beachten, dass die Grunderwerbsteuer keine sofort abzugsfahige Betriebsausgabe darstellt, sondem aktiviert werden muss und damit die Anschaffungskosten des Gmnd und Bodens sowie
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
des Gebaudes erhoht. Auf diese Weise wird eine hohere Ertragsteuerbelastung ausgelost als bei Behandlung der Grunderwerbsteuer als sofort abzugsfahige Betriebsausgabe.
Fall 5: Inbound-Anteilstausch Im Fall des Inbound-Anteilstauschs iibertragen die osterreichischen Anteilseigner ihre Anteile an der osterreichischen Zielgesellschaft auf die deutsche ubemehmende Kapitalgesellschaft. Gem. § 1 Abs. 3 oGrEStG lost die Vereinigung samtlicher Anteile einer Gesellschafl in einer Hand Grunderwerbsteuer aus, wenn zu dem Vermogen der Zielgesellschaft inlandische Grundstiicke gehoren. Da von einer 100%igen Anteilsubertragung ausgegangen wird, besteht somit Grunderwerbsteuerpflicht in Osterreich. Da die deutsche Kapitalgesellschaft gem. § 13 Nr. 5 Est. a GrEStG Schuldnerin der osterreichischen Grunderwerbsteuer ist, kann die Grunderwerbsteuer nicht als sofort abzugsfahige Betriebsausgabe behandelt werden, sondem ist zu aktivieren. Die Bemessungsgrundlage betragt dariiber hinaus abweichend von der Behandlung bei der Verschmelzung und der Betriebseinbringung das Dreifache des Einheitswerts. In Deutschland besteht keine Grunderwerbsteuerpflicht bezuglich des in Deutschland vorhandenen Grundvermogens, da die deutsche Kapitalgesellschaft unverandert weiter besteht und die deutschen Anteilseigner selbst keine Vermogensiibertragung vomehmen.
Fall 6: Outbound-Anteilstausch Die Durchftihrung des Outbound-Anteilstauschs ftihrt gem. § 1 Abs. 3 GrEStG zu einer Grunderwerbsteuerpflicht, wenn mindestens 95 % der Anteile der deutschen Gesellschaft in einer Hand vereinigt werden und diese Gesellschaft liber inlandisches Grundvermogen verftigt. Da die Gesellschafter der deutschen Kapitalgesellschaft annahmegemaB ihre Anteile zu 100% in die osterreichische Holding-SE einbringen, wird Grunderwerbsteuerpflicht in Deutschland ausgelost. Die osterreichische ubernehmende Kapitalgesellschaft ist gem. § 9 Nr. 3 oGrEStG Schuldnerin der deutschen Grunderwerbsteuer, die in Osterreich als Betriebsausgabe sofort abziehbar ist. Fiir die Anwendung des § 1 Abs. 3 GrEStG ist es unbeachtlich, ob die Anteilsvereinigung bei einem inlandischen oder einem auslandischen Gesellschafter stattfindet. Gegenstand der Besteuerung ist nicht der Erwerb der Anteile, sondem die durch den Erwerb verursachte spezifisch grunderwerbsteuerrechtlich veranderte Zuordnung der Grundstiicke,
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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die der Zielgesellschaft gehoren."^^^ In Osterreich fallt keine Grunderwerbsteuer an, da die osterreichischen Gesellschafter kein Vermogen ubertragen und die aufnehmende Kapitalgesellschaft diesbeziiglich unverandert bleibt. Daruber hinaus fallen keine weiteren Verkehrsteuem an.
Zwischenergebnis In samtlichen der betrachteten Falle wird durch den Umstrukturierungsvorgang selbst keine Ertragsteuerbelastung ausgelost. An Verkehrsteuem fallen weder Umsatzsteuer noch Gesellschaftsteuem in Deutschland oder Osterreich an. Allerdings unterliegen samtliche
der
betrachtenen
Altemativen
der
Grunderwerbsteuerpflicht,
wenn
Grundstiicke ubertragen werden bzw. im Rahmen eines Anteilstauschs eine Anteilsvereinigung stattfindet. Auch diesbezuglich ist keine Vorteilhaftigkeit einer der Umwandlungsaltemativen festzustellen. Die Untersuchung hat jedoch ergeben, dass unabhangig von der Umstrukturierungsart immer nur in einem der beteiligten Staaten Grunderwerbsteuerpflicht entsteht, nicht jedoch in beiden Staaten gleichzeitig. Im Rahmen der grenzuberschreitenden Verschmelzung fallt im Staat der aufnehmenden Kapitalgesellschaft keine Grunderwerbsteuer an, da aufgrund der Verwendung der SE ein identitatswahrender Formwechsel vorliegt, der zu keinem grunderwerbsteuerlich relevanten Vorgang ftihrt. Im Fall der Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben sowie im Fall des Anteilstauschs fmdet jeweils in dem Vertragstaat, in dem die aufnehmende Kapitalgesellschaft liegt, keine Ubertragung von Vermogen und damit keine Ubertragung von Grundstucken statt, so dass diesbezuglich keine Grunderwerbsteuerpflicht entstehen kann. Aus diesen Griinden kann als Zwischenergebnis die Handlungsempfehlung gegeben werden, dass bezuglich der Belastung der Umstrukturierungsaltemative durch Verkehrsteuem die Kapitalgesellschaft des Landes als Ansassigkeitsstaat der SE bzw. der aufnehmenden Gesellschaft gewahlt werden sollte, in der die hohere Gmnderwerbsteuerschuld bei Ubertragung des Vermogens anfallen wurde. Verfugt beispielsweise eine der beiden Kapitalgesellschaften iiber einen sehr hohen Bestand an Gmndstucken, wohingegen die andere Kapitalgesellschaft hat, sollte die letztgenannte Kapitalgesellschaft ihr Vermogen durch Verschmelzung oder durch Einbringung ubertragen bzw. ihre Anteilseigner einen Anteilstausch vomehmen, um auf diese Weise die Belastung mit Gmnderwerbsteuer zu minimieren. Die Auswahl der ubemehmenden Kapitalgesellschaft ist infolgedessen von der Hohe des vorhandenen Gmndvermogens abhangig; da sich die Bewertungsverfahren bezuglich der Vgl. BFH V. 12.01.1994, II R 130/91, BStBl. 1994 II, S. 408 f
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Grunderwerbsteuer zwischen Deutschland und Osterreich allerdings unterscheiden, ist eine pauschale Aussage nicht moglich. Es musste daher im konkreten Anwendungsfall die tatsachlich anfallende Grunderwerbsteuer sowohl fiir den Inbound- als auch flir den Outbound-Fall berechnet werden, um einen Vergleich dieser beiden GroBen vornehmen zu konnen. Allerdings konnte fiir den Fall des Inbound-Anteilstauschs festgestellt werden, dass im Gegensatz zum Fall der Inbound-Verschmelzung sowie der Inbound-Einbringung die Bemessungsgrundlage
flir die osterreichische
Grunder-
werbsteuer das Dreifache des Einheitswerts betragt, da die Begtinstigungsvorschrift des § 22 Abs. 5 UmgrStG, die den Ansatz des lediglich zweifachen Einheitswerts bestimmt, keine Anwendung findet. Somit ist der Fall des Inbound-Anteilstauschs bei Vorhandensein von osterreichischem Grundvermogen gegeniiber den Fallen der Inbound-Verschmelzung sowie der Inbound-Einbringung von Nachteil. Daruber hinaus ist zu beriicksichtigen, dass die Grunderwerbsteuer in Osterreich eine abzugsfahige Betriebsausgabe darstellt, so dass in den Falle der Inbound-Verschmelzung, der Inbound-Einbringung sowie des Outbound-Anteilstauschs die Grunderwerbsteuer den laufenden Gewinn mindert. In Deutschland ist diese flir den Steuerpflichtigen vorteilhafte Behandlung nur im Fall der Verschmelzung zugelassen; im Fall der OutboundEinbringungen von Betrieben, Teilbetrieben und Mituntemehmeranteilen sowie im Fall des Inbound-Anteilstauschs muss die Grunderwerbsteuer aktiviert werden und wirkt sich daher nur uber die Abschreibungen bzw. im Fall von Grund und Boden bei eventueller spaterer VerauBerung gewinnmindernd aus. Die bilanzsteuerliche Behandlung der Grunderwerbsteuer spricht somit fiir die beiden Umstrukturierungsaltemativen der Verschmelzung sowie die Inbound-Einbringung und den
Outbound-
Anteilstausch. Die Outbound-Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben sowie der Inbound-Anteilstausch
sind aufgrund
der bilanziellen Nichtabzugsfahigkeit
der
Grunderwerbsteuer steuerlich benachteiligt. Aus diesem Grund ist die Umstrukturierungsmoglichkeit des Inbound-Anteilstauschs im Rahmen der Verkehrssteuem doppelt benachteiligt, da sowohl die Bemessungsgrundlage das Dreifache des Einheitswerts betragt als auch die bilanzielle Behandlung als Betriebsausgabe untersagt ist. Im Fall eines grenziiberschreitenden Anteilstauschs ware die Grunderwerbsteuer jedoch dadurch zu vermeiden, dass im Fall von in Osterreich belegenen Grundstiicken weniger als 100 % der Anteile und im Fall von in Deutschland belegenen Grundstiicken weniger als 95 % der Anteile iibertragen werden, da unter diesen Voraussetzungen keine Anteilsvereinigung in einer Hand vorliegt, so dass keine Grunderwerbsteuerpflicht der Umstrukturierung entsteht.
Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates lA.l
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Laufende Besteuerung der Umwandlungsalternative
Im Rahmen der Quantifizierung der Steuerbelastung stellt sich das Problem, dass in den betrachteten Landem unterschiedliche Steuemiveaus herrschen. Auf diese Weise kommt es zu verzerrten Ergebnissen, wenn der Gesamtgewinn der sich im Anschluss an die Umstrukturierung ergebenden Untemehmensstruktur ohne Beriicksichtigung der Steuersatzsatzdifferenzen an die Anteilseigner verteilt wird. Ausgangspunkt der Untersuchung muss daher sein, dass der Aktionar nach der Umstrukturierung steuerlich mindestens gleichgestellt sein muss mit der Situation vor der Umstrukturierung. Da in Deutschland und Osterreich jedoch unterschiedliche Steuerbelastungsniveaus herrschen, muss gewahrleistet sein, dass es zu keinen Verschiebungen der Dividendenstrome zwischen den Aktionaren kommt. Dies ist nur im Rahmen der Bestimmung des Austauschverhaltnisses der Anteile moglich. Aus diesem Grund wird im Rahmen der Berechnung davon ausgegangen, dass die Gewinnverschiebungen, die sich aufgrund der unterschiedlichen Steuerbelastungen auf Ebene der Kapitalgesellschaften ergeben, im Austauschverhaltnis bereits berucksichtigt sind. Dies erlaubt dem Modellanwender, den in Deutschland und Osterreich erwirtschafteten Gewinnanteil separat zu betrachten, so dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Gewinnanteil, der in Deutschland bzw. in Osterreich erzielt wird, im Ergebnis auch an die deutschen bzw. osterreichischen Anteilseigner ausgegeben wird. Auf diese Weise erfolgt eine landerspezifische Betrachtung des jeweils erwirtschafteten Gewinnstroms. Dies ermoglicht einen unmittelbaren Vergleich der sich im Anschluss an die grenzuberschreitende Umstrukturierung ergebenden Steuerbelastung mit der Steuerbelastung der Ausgangssituation, so dass eventuell auftretende Differenzen identifiziert und analysiert werden konnen. Zu diesem Zweck wird zunachst die Ausgangssituation berechnet, d.h. die Situation, die sich vor der Umstrukturierung gestellt hat. Dabei muss zwischen den deutschen Anteilseignern, die an der deutschen Kapitalgesellschaft beteiligt sind, und den osterreichischen Anteilseignern, die an der osterreichischen Kapitalgesellschaft beteiligt sind, unterschieden werden. Im Fall der Steuerbelastung eines deutschen Anteilseigners, der eine Beteiligung an einer deutschen Kapitalgesellschaft halt, fallt im Zeitpunkt der Gewinnentstehung aufgrund des Trennungsprinzips auf Ebene der Kapitalgesellschaft Gewerbesteuer, Korperschaftsteuer sowie Solidaritatszuschlag an. Wird der Gewinn an den Anteilseigner ausgeschiittet, unterliegen die Dividenden beim Anteilseigner den Begiinstigungen des Halbeinktinfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40 EStG. Fraglich ist diesbeziiglich, ob die Bemessungsgrundlage ftir den Solidaritatszuschlag bei naturlichen Personen als Anteilseigner die halftige Freistellung gem. § 3 Nr. 40 EStG und bei Kapitalgesellschaften die
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
95 %ige Freistellung gem. §§ 8b Abs. 1, 5 KStG auch eine Kurzung der Bemessungsgrundlage des Solidaritatszuschlags zur Folge haben. Im Allgemeinen ist gem. § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG im Rahmen der Festsetzung und Erhebung von Zuschlagsteuem, d.h. Steuem, die nach der Einkommensteuer bemessen werden, zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage das zu versteuemde Einkommen um die nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Betrage zu erhohen."^^^ Hiervon abweichend wird jedoch durch § 3 Abs. 2 SolZG normiert, dass die Bemessungsgrundlage fiir den Solidaritatszuschlag die nach § 2 Abs. 6 EStG festzusetzende Einkommensteuer unter Berucksichtigung der Freibetrage nach § 32 EStG bzw. die festgesetzte Korperschaftsteuer darstellt. Diese Regelung ist als lex specialis gegeniiber § 51a EStG vorrangig."^^^ Somit wirken sich die Begiinstigungen des Halbeinkunfteverfahrens gleichsam auf die Festsetzung des Solidaritatszuschlags aus."^^^ Fiir Zwecke der Berechnung der steuerlichen Auswirkungen auf Ebene des Anteilseigners soil im Folgenden unterstellt werden, dass der Anteilseigner die Anteile entweder im Privatvermogen halt oder bei Zugehorigkeit der Anteile zum Betriebsvermogen die Beteiligung aufgrund der Kiirzungsvorschrift des § 9 Nr. 2a GewStG mindestens 10 % betragt, so dass die Gewerbesteuer nicht beriicksichtigt werden muss. Auf diese Weise lasst sich die Belastung der Ausgangssituation aus Sicht des deutschen Anteilseigners wie folgt quantifizieren:
Vgl. Kirchhoff, P., in: Kirchhoff, P. (Hrsg.), EStG KompaktKommentar Einkommensteuergesetz, 2. Aufl., Heidelberg 2002, § 51a, Rdz. 2; hierzu auch Schult, E., Reformphantasien des Steuergesetzgebers -jetzt auch Kirchensteuersatze uber 100 %!, BB 2001, S. 1020. Vgl. Lindberg, K., in: Blumich, EStG, KStG, GewStG Kommentar, 88. Erg.Lief, Munchen 2005, § 1 SolZG, Rdz. 3. Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 299; Djanani, C./ Brahler, G., Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2006, S. 245 ff.
Kapitel III: Konkretisieruns
Steuerbelastung
1 a> ^
ill
Gewinn vor Steuem Gewerbesteuer i.H.v. 17,36% Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % Gewinn nach Steuem Kapitalertragsteuer i.H.v. 20 % Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 %
des Entscheidungsmodells
Deutschland 100,00
./. 20,66
§ 23 Abs. 1 KStG §§ 1 Abs. l,4Satzl SolZG
60,84 ./. 12,17 ./. 0,67 48,00
Bruttodividende
60,84
Tabellel:
•
Ebene der deutschen Kapitalgesellschaft § 11 Abs. 1,§ 16Abs. 1 GewStG
./. 1,14
•251
Anmerkungen
./. 17,36
Nettodividende
Halbeinkiinfteverfahren Einkommensteuer i.H.v. 42 % Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % Anrechenbare KapESt und SolZ Verbleibende Steuerzahllast Nettoertrag des Anteilseigners
anhand eines EU-Staates
§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG § 3 Abs. 1 Nr. 5 SolZG
Ebene des deutschen Anteilseigners
./. 30,42
§ 3 Nr. 40 EStG
./. 12,78
§ 52 Abs. 41 UAbs. 1 Satz 2 EStG
./. 0,70 + 12,84 ./. 0,64
§§ 1 Abs. 1,4 Satz 1 SolZG § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG (12,78 + 0,70)./. (12,17 + 0,67)
47,36
Berechnung der Steuerbelastung der Ausgangssituation in Deutschland
Bezuglich der steuerlichen Belastung der Ausgangssituation in Osterreich ist ebenfalls im Zeitpunkt der Gewinnentstehung die Korperschaftsbesteuerung auf Ebene der osterreichischen Kapitalgesellschaft zu beriicksichtigen. Im Ausschuttungsfall sind die Gesellschafter durch das Halbsatzverfahren begiinstigt, wobei sich der Anteilseigner aufgrund der Verwendung der Grenzsteuersatze im Modell flir die Anwendung der Endbesteuerung entscheiden wird. Unter diesen Modellannahmen wurde auch die Anwendung des Halbsatzverfahrens gem. § 97 Abs. 4 oEStG zum gleichen Ergebnis flihren, da sich die Halfte des Durchschnittssteuersatzes bei entsprechend hohem Einkommen der Halfte des Spitzensteuersatzes asymptotisch annahert. Daraus ergeben
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Kapitel III: Konkretisieruns
des Entscheidungsmodells
anhand eines EU-Staates
sich die folgenden Belastungswirkungen der Ausgangssituation fiir den osterreichischen Anteilseigner:
Steuerbelastung Gewinn vor Steuem Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % Gewinn nach Steuem Kapitalertragsteuer i.H.v. 25 %
Osterreich 100,00 ./. 25,00
./. 18,75 56,25
Bruttodividende
75,00
> Endbesteuerung
./. 0,00
Nettoertrag des Anteilseigners
56,25
Tabelle 2:
Ebene der osterreichischen Kapitalgesellschaft § 22 Abs. 1 oKStG
75,00
Nettodividende
OX)
Anmerkungen
§ 93 Abs. 1 oEStG
Ebene des osterreichischen Anteilseigners 1 § 97 Abs. 1 Satz 1 oEStG
Berechnung der Steuerbelastung der Ausgangssituation in Osterreich
Im weiteren Verlauf der Untersuchung werden die cinzelnen Handlungsalternativen analysiert, wobei jeweils nur der Gewinnstrom beachtet werden muss, der zu einer Veranderung der steuerlichen Situation der Anteilseigner fuhrt. Auf diese Weise ist eine effiziente Untersuchung der Besteuerungswirkungen, die sich durch die grenziiberschreitende Umstrukturierung ergeben haben, moglich.
Fall 1: Inbound-Verschmelzungs-SE Im Fall der Griindung einer Verschmelzungs-SE, die in Deutschland ansassig ist, iibertragt die osterreichische Kapitalgesellschaft ihr gesamtes Vermogen auf die deutsche Kapitalgesellschaft, so dass in Osterreich eine Betriebsstatte verbleibt. Die Anteilseigner der osterreichischen Kapitalgesellschaft erhalten als Gegenleistung Anteile an der deutschen SE. Bei den deutschen Anteilseignern tritt keine Veranderung ein, da die deutsche Kapitalgesellschaft lediglich in eine SE umfirmiert. Aus diesem Grund konnen die deutschen Gesellschafter fiir die Berechnung auBer Acht gelassen werden, da sich fiir sie keine Anderung ihrer steuerlichen Situation ergeben hat. Aus Sicht der osterreichischen Anteilseigner hat sich ihre Beteiligung an der osterreichischen Kapitalgesellschaft durch die grenzuberschreitende Verschmelzung in eine
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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Beteiligung an einer deutschen Kapitalgesellschaft gewandelt, die eine in Osterreich belegene Betriebsstatte halt. Da dieser in Osterreich erwirtschaftete Gewinnanteil annahmegemaB wieder an die osterreichischen Anteilseigner verteilt werden soil, stellt sich die Frage, ob durch die Umleitung des Gewinnanteils liber Deutschland und den Wechsel des osterreichischen Untemehmens von der unbeschrankten in die beschrankte Korperschaftsteuerpflicht Vor- oder Nachteile im Verhaltnis zu der Ausgangssituation geschaffen werden konnten. Auf Ebene der osterreichischen Betriebsstatte ist zunachst festzustellen, dass gem. § 22 Abs. 1 oKStG auch beschrankt Steuerpflichtige dem Korperschaftsteuersatz von 25 % unterliegen. Folglich hat sich die Besteuerung der osterreichischen Untemehmensteils nicht dadurch geandert, dass keine unbeschrankte Steuerpflicht der osterreichischen Kapitalgesellschaft mehr besteht, sondem die deutsche Kapitalgesellschaft mit den Einkiinften der osterreichischen Betriebsstatte der beschrankten Steuerpflicht unterliegt. Das Besteuerungsrecht an den Einkunften hat sich ebenfalls nicht geandert, sondem verbleibt im Rahmen der Betriebsstatteneinkiinfte gem. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 DBA-Osterreich in Osterreich. Des Weiteren muss gepriift werden, ob durch die Umleitung des Gewinnstroms iiber die deutsche Kapitalgesellschaft eine Veranderung der Besteuerungsfolgen eingetreten ist. Auf Ebene der deutschen Kapitalgesellschaft ergibt sich keine weitere Steuerbelastung durch die im Rahmen des Welteinkommensprinzips auch in Deutschland steuerlich zu erfassenden Einkiinfte der osterreichischen Betriebsstatte, da diese gem. Art. 23 Abs. 1 Bst. a DBA-Osterreich unter Progressionsvorbehalt steuerfrei zu stellen sind. Der Progressionsvorbehalt wirkt sich allerdings aufgrund des linearen Korperschaftsteuertarifs nicht aus. Werden die Gewinne an die osterreichischen Anteilseigner ausgeschiittet, ist Deutschland aufgrund von Art. 10 Abs. 2 Bst. b DBA-Osterreich berechtigt, eine Quellensteuer in Hohe von 15 % zu erheben. Diese Quellensteuer kann allerdings in Osterreich gem. Art. 23 Abs. 2 Bst. b DBst. aa DBA-Osterreich angerechnet werden. Auf Ebene des osterreichischen Anteilseigners sind auslandische Kapitalertrage gem. § 37 Abs. 8 Z 2 oEStG mit einem besonderen Steuersatz von 25 % zu versteuem, wenn die Auszahlung nicht von einer inlandischen Stelle i.S.d. § 95 Abs. 3 Z 4 oEStG vorgenommen wird (§§ 93 Abs. 2 Z 1 Bst. e, 97 Abs. 1 letzter Satz oEStG). Dieser Sondersteuersatz ist als konsequent anzusehen, da er die Steuerbefreiung im Rahmen der Endbesteuerung von einer Vorbelastung der Dividenden i.H.v. 25 % abhangig macht. Sollte die Quellenbesteuerung aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens unter 25 % betragen, muss in Hohe des Differenzbetrags eine Nachversteuerung in Osterreich erfolgen. Dies wird durch die Anwendung des Sondersteuersatzes von 25 % auf die Dividenden und die Anrechnung
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Kapitel III: Konkretisieruns
des Entscheidunssmodells
anhand eines EU-Staates
der auslandischen Kapitalertragsteuer erreicht. Auf diese Weise ergibt sich die folgende Steuerbelastung der Inbound-Verschmelzungs-SE aus Sicht der osterreichischen Anteilseigner:
Steuerbelastung
Osterreich
Deutschland
Ebene der osterreichischen Betriebsstdtte Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 DBA-Ost, § 22 Abs. 1 oKStG
100,00 OX)
Korperschaftsteuer i.H.v. 25 %
./. 25,00 75,00
Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % Gewinn nach Steuem Kapitalertragsteuer i.H.v. 15 %
./. 0,00
Einkommensteuer i.H.v. 25 % Anrechenbare KapESt Verbleibende Steuerzahllast Nettoertrag des Anteilseigners Tabelle 3:
Ebene der deutschen SE Freistellung gem. Art. 23 Abs. 1 Est. a DBA-Ost
75,00 ./. 11,25
Art. 10 Abs. 2 Est. b DEA-Ost
63,75
Nettodividende Bruttodividende
Anmerkungen
75,00
Ebene des Anteilseigners
osterreichischen
./. 18,75
§ 37 Abs. 8 Z 2 oEStG
+ 11,25
Art. 23 Abs. 2 Est. b DBA-Ost
./. 7,50 56,25 Berechnung der Steuerbelastung der Inbound-Verschmelzungs-SE
Aus einem Vergleich der Steuerbelastung, die sich aus einer InboundVerschmelzungs-SE ergibt, mit der Steuerbelastung ohne grenzuberschreitende Umstrukturierung wird deutlich, dass sich die steuerliche Position des Anteilseigners nicht verandert hat. Beide Anteilseignergruppen erzielen nach der Umstrukturierung exakt den gleichen steuerlichen Nettoertrag wie vor der Transaktion. Auf diese Weise entstehen durch eine Zusammenfuhrung von international tatigen Kapitalgesellschaften in Form einer Verschmelzung im Rahmen der laufenden Besteuerung des Untemehmens weder Vor- noch Nachteile. Dies erscheint zunachst aus Sicht des osterreichischen Anteilseigners als verwunderlich, da die osterreichische Kapitalgesellschaft im Zuge der Verschmelzung in eine osterreichische Betriebsstatte einer deutschen SE umgewandelt v^urde. Im Rahmen der EU ist es allerdings ohne Unterschied, ob eine Kapi-
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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talgesellschaft unbeschrankt oder beschrankt korperschaftsteuerpflichtig ist, da aufgrund des sich aus der Niederlassungsfreiheit ergebenden Diskriminierungsverbots inlandischer Betriebsstatten auslandischer Kapitalgesellschaften keine Schlechterstellung gegeniiber inlandischen Kapitalgesellschaften vorgenommen werden darf.'*^^ Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz ist durch die Rechtsprechung des EuGH mehrfach bestatigt. So hat der EuGH in der Avoir-fiscal-EnXschQidung vom 28.01.1996^^^ betont, dass die Niederlassungsfreiheit ausgehohlt werden wurde, wenn der Mitgliedstaat der Niederlassung nach seinem Belieben eine ungleiche Behandlung allein deshalb vornehmen konnte, weil sich der (Satzungs-)Sitz einer Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat befande. In der Bank-of-Scotland-Enisc\iQ\d\xn% vom 29.04.1999^^^ hat der EuGH ebenfalls bestimmt, dass einzelstaatliche Rechtsvorschriften, die zwischen Gesellschaften, die ihren Sitz im Inland haben, und Gesellschaften, die ihren Sitz im Ausland haben, im Inland aber iiber eine dauerhafte Niederlassung verfiigen, eine Ungleichbehandlung vorsehen, zu einer unzulassigen Diskriminierung der auslandischen Gesellschaften fuhren."*^"* In der Saint-Gobain-Eni?,chQ\d\xng vom 21.09.1999^'^ hat der EuGH emeut bestatigt, dass die unterschiedliche Behandlung der Zweigniederlassungen auslandischer Gesellschaften und der inlandischen Gesellschaften als VerstoB gegen Art. 52, 58 EG a.F. (Art. 43, 48 EG) anzusehen ist. Dariiber hinaus bestimmt Art. 24 Abs. 3 OECD-MA, dass die Besteuerung einer Betriebsstatte, die ein Unternehmen eines Vertragsstaates im anderen Vertragsstaat hat, im Betriebsstattenstaat nicht ungiinstiger sein darf als die Besteuerung von Untemehmen des anderen Staates,
Vgl. hierzu auch Horn, N., Deutsches und europaisches Gesellschaftsrecht und die EuGHRechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit - Inspire Art, NJW 2004, S. 893 ff.; Dautzenberg, N., Gedanken zur Rechtsprechung des EuGH zu den direkten Steuem im jahre 2004, BB 2004, BBSpecial 6/2004, S. 8 ft EuGH-Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Kommission der Europaischen Gemeinschaften gegen Franzosische Republik, Slg. 1986, S. 285. EuGH-Urteil v. 29.04.1999, Rs. C-311/97, Royal Bank of Scotland pic gegen Elliniko Dimosio (Griechischer Staat), Slg. 1999, S. 2664. Vgl. Luttermann, C , Besteuerung von Zweigniederlassungen in anderem EU-Mitgliedstaat, NZG 1999, S. 707; Dremel, R., Ertragsteuerliche Folgen inlandischer Verschmelzungen von Gesellschaften mit Auslandsbezug, Koln 2000, S. 115; Jann, M., Die Auswirkungen des EU-Rechts auf die Abkommensberechtigung von beschrankt Steuerpflichtigen, in: Gassner, W./ Lang, M./ Lechner, E. (Hrsg.), Doppelbesteuerungsabkommen und EU-Recht, Wien 1996, S. 55 ff.; Vanistendael, F., A comparative and economic approach to equality in European Taxation, in: Gocke, R./ Gosch, D./ Lang, M. (Hrsg.), Korperschaftsteuer, Internationales Steuerrecht, Doppelbesteuerung, Festschrift fiir Franz Wassermeyer, Miinchen 2005, S. 527 ff.; s. auch Lang, M., Die Bindung der Doppelbesteuerungsabkommen an die Grundfreiheiten des EU-Rechts, in: Gassner, W./ Lang, M./ Lechner, E. (Hrsg.), Doppelbesteuerungsabkommen und EU-Recht, Wien 1996, S. 33. EuGH-Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Compagnie de Saint-Gobain, Zweigniederlassung Deutschland gegen Finanzamt Aachen-Innenstadt, Slg. 1999, S. 6181.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidun^smodells anhand eines EU-Staates
die die gleiche Tatigkeit ausuben."^^^ Die Vorschrift des Art. 24 Abs. 3 DBAOsterreich entspricht Art. 24 Abs. 3 OECD-MA. Im Ergebnis muss die Ertragsteuerbelastung fiir eine osterreichische Kapitalgesellschaft und eine osterreichische Betriebsstatte einer deutschen Kapitalgesellschaft in gleicher Hohe vorgenommen werden. Diesbezuglich ist hinzuzufligen, dass Osterreich unbeschrankt sowie beschrankt Korperschaftsteuerpflichtige ohnehin durch die Verwendung eines einheitlichen Steuersatzes gleichbehandeh hat. Aufgrund der transparenten steuerlichen Behandlung der Betriebsstatte entfallt zudem ein Kapitalertragsteuerabzug von Seiten Osterreichs, so dass sich auch diesbeztiglich keine zusatzlichen Belastungswirkungen ergeben konnen. In Deutschland sind die Betriebsstatteneinkiinfte aufgrund des DBAs steuerfrei zu stellen, wodurch keine Doppelbesteuerungen ausgelost werden. Im Fall der Ausschiittung der deutschen SE an die osterreichischen Anteilseigner steht Deutschland aufgrund des DBAs nur ein beschranktes Besteuerungsrecht zu mit der Folge, dass vor dem Hintergrund des Prinzips der Kapitalexportneutralitat im Fall von Dividendenausschiittungen an naturliche Personen das osterreichische Steuemiveau Anwendung fmdet. Aus diesem Grund ergibt sich auch auf osterreichischer Seite keine Benachteiligung der grenziiberschreitenden Struktur in Form von eventuellen Mehrbelastungen, so dass sich die gleiche Nettobelastung wie bei direktem Dividendenbezug einstellt.
Fall 2: Outbound-Verschmelzungs-SE Im Fall der Griindung einer SE durch grenziiberschreitende Outbound-Verschmelzung iibertragt eine in Deutschland ansassige Kapitalgesellschaft ihr Vermogen auf eine in Osterreich ansassige Kapitalgesellschaft, die die Rechtsform einer SE erhalt. Die in Osterreich gegrundete Verschmelzungs-SE wird wie eine osterreichische AG behandelt, d.h. sie ist nach § 1 Abs. 2 oKStG unbeschrankt korperschaftsteuerpflichtig, da sie ihre Geschaftsleitung und ihren Sitz in Osterreich hat. Aus der Sicht des osterreichischen Anteilseigners haben sich folglich keine Veranderungen gegenuber der Ausgangssituation ergeben, so dass lediglich die deutschen Anteilseigner der in DeutschVgl. Vogei, K./ Lehner, M., Doppelbesteuerungsabkommen Kommentar, 4. Aufl., Munchen 2003, Art. 24, Rdz. 94; Kutt, P., Grenzuberschreitende Kapitalgesellschaften und ihre Besteuerung im deutschen Korperschaftsteuerrecht, Regensburg 2001, S. 150; Saccardo, N., Art. 24(3) of the OECD Model Convention: The Significance of the Expression Taxation on a Permanent Establishment' in Cross-border Reorganizations, Intertax 2003, S. 271 ff; Lang, M., Einfuhrung in das Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 2. Aufl., Wien 2002, S. 160; Toifl, G., Die EUGrundfreiheiten und die Diskriminierungsverbote der Doppelbesteuerungsabkommen, in: Gassner, WV Lang, M./ Lechner, E. (Hrsg.), Doppelbesteuerungsabkommen und EU-Recht, Wien 1996, S. 144.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhandeines EU-Staates
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land ansassigen Kapitalgesellschaft betrachtet werden miissen. Die deutsche Kapitalgesellschaft wird im Zuge der Verschmelzung aufgelost, so dass eine Betriebsstatte in Deutschland verbleibt, deren Stammhaus die osterreichische Kapitalgesellschaft ist. Somit wird aus Sicht des deutschen Gesellschafters die Dividendenauszahlung nicht mehr von einer deutschen Kapitalgesellschaft vorgenommen, sondem der durch die in Deutschland belegene Betriebsstatte erwirtschaftete Gewinn wird von der osterreichischen Kapitalgesellschaft an die in Deutschland ansassigen Gesellschafter ausgeschiittet. Die Besteuerung der deutschen Betriebsstatte der osterreichischen SE weicht dabei gem. § 23 Abs. 1 KStG nicht von der Besteuerung einer deutschen Kapitalgesellschaft ab. Auf diese Weise ergibt sich auf Ebene der deutschen Betriebsstatte die gleiche Steuerbelastung wie im Fall der Ausgangssituation. In Osterreich sind die Betriebsstatteneinkunfte bei der SE gem. Art. 23 Abs. 2 Bst. a DBA-Osterreich unter Progressionsvorbehalt steuerftei zu stellen, wobei der Progressionsvorbehalt aufgrund des linearen Korperschaftsteuertarifs keine Wirkung entfaltet. Im Fall der Weiterausschiittung des Betriebsstattengewinns ist Osterreich gem. Art. 10 Abs. 2 Bst. b DBA-Osterreich berechtigt, eine 15 %ige Quellensteuer zu erheben, die in Deutschland im Rahmen der Anrechnungsmethode gem. Art. 23 Abs. 1 Bst. b DBst. aa DBA-Osterreich beriicksichtigt wird. Auf Ebene des deutschen Anteilseigners sind die Ausschuttungen im Rahmen des Halbeinkiinfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40 EStG begunstigt. Zur Ermittlung der Steuerbelastung muss dabei geklart werden, ob in der Bemessungsgrundlage ftir den Solidaritatszuschlag die Anrechnung der auslandischen Kapitalertragsteuer berucksichtigt werden kann. Gem. § 3 Abs. 2 SolZG stellt die Bemessungsgrundlage ftir den Solidaritatszuschlag die nach § 2 Abs. 6 EStG festzusetzende Einkommensteuer unter Beriicksichtigung der Freibetrage nach § 32 EStG dar. Demnach ist die festzusetzende Einkommensteuer die tarifliche Einkommensteuer, die um die anzurechnenden auslandischen Steuern vermindert wurde. Somit stellt die Bemessungsgrundlage ftir den Solidaritatszuschlag die festzusetzende Einkommensteuer abziiglich der nach § 34c Abs. 1 EStG anzurechnenden auslandischen Quellensteuer dar."^^^ Die steuerliche Belastung der Outbound-Verschmelzung-SE lasst sich daher wie folgt quantifizieren:
Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 324; Djanani, C./ Brahler, G., Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2006, S. 245 ff.; Bachle, E.I Rupp, T., Internationales Steuerrecht, Stuttgart 2002, S. 63.
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Kapitel III: Konkretisierun^
Steuerbelastung
dsterreich
des Entscheidunssmodells
Deutschland 100,00
01)
1^ e *^ O
Gewerbesteuer i.H.v. 17,36% Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 %
./. 17,36 ./. 20,66 ./. 1,14 60,84
Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % Gewinn nach Steuem Kapitalertragsteuer i.H.v. 15 %
Anmerkungen Ebene der deutschen Betriebsstdtte Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 DBA-Ost, § 2 Abs. 1 GewStG § 23 Abs. 1 KStG §§ 1 Abs. 1,4 Satz 1 SolZG Ebene der osterreichischen
SE
Freistellung gem. Art. 23 Abs. 2 Est. a DBA-Ost
./. 0,00 60,84 ./. 9,13
Nettodividende
Art. 10 Abs. 2 Bst. b DBA-Ost
51,71 60,84
Bruttodividende Halbeinkunfteverfahren Einkommensteuer i.H.v. 42 % Anrechenbare KapESt Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % Verbleibende Steuerzahllast Nettoertrag des Anteilseigners Tabelle 4:
anhand eines EU-Staates
./. 30,42 ./. 12,78 + 9,13
Ebene des deutschen eigners
Ante Us- 1 1
§ 3 Nr. 40 EStG § 5 2 Abs. 41 UAbs. 1 Satz 2 EStG Art. 23 Abs. 1 Bst. b DBSt. aa DBA-Ost
./. 0,20
(12,78./. 9,13) X 5 , 5 %
./. 3,85
12,78 + 0,20./. 9,13
47,86
Berechnung der Steuerbelastung der Outbound-Verschmelzungs-SE
Im Rahmen der Outbound-Verschmelzung ergibt sich ein im Verhaltnis zur steuerlichen Belastung der Ausgangssituation ein i.H.v. (47,86 ./. 47,36 =) 0,50 hoherer Nettoertrag des deutschen Anteilseigners. Der Grund hierfiir ist darin zu sehen, dass die Bemessungsgrundlage flir den Solidaritatszuschlag gem. § 3 Abs. 2 SolZG um die gem. § 34c Abs. 1 EStG anzurechnende auslandische Kapitalertragsteuer reduziert wurde. Im Gegensatz dazu konnen im Rahmen der Ausschiittung einer inlandischen Kapitalgesellschaft an einen inlandischen Anteilseigner die von der inlandischen Gesellschaft einbehaltene Kapitalertragsteuer und der entsprechende Solidaritatszuschlag nicht bei der Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer beriicksichtigt werden
Kapitel III: Konkretisiemns: des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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mit der Folge, dass die Bemessungsgrundlage fiir den Solidaritatszuschlag nicht gemindert wird; allerdings kommt es auch zu keiner Doppelbesteuerung, da der bereits gezahlte Solidaritatszuschlag auf die tatsachliche Schuld angerechnet wird. Auf diese Weise ergibt sich im Fall der Outbound-Verschmelzung eine Minderbelastung an Solidaritatszuschlag in Hohe der Kapitalertragsteuer von 9,13, multipliziert mit dem Steuersatz gem. 5,5 % = 0,50. Diese zunachst paradox anmutende Belastungsminderung erscheint sachlogisch, wenn berucksichtigt wird, dass der deutsche Gesetzgeber keinen Solidaritatszuschlag auf Steuem erheben kann, die im Ausland vereinnahmt werden. Von dieser Besonderheit des deutschen Solidaritatszuschlags abgesehen, ergeben sich auch im Fall der Outbound-Verschmelzungs-SE weder flir die deutsche Kapitalgesellschaft und deren Anteilseigner noch fur die osterreichische Kapitalgesellschaft und deren Anteilseigner Veranderungen im Rahmen der laufenden Besteuerung. Dies ergibt sich aus dem Verbot, inlandische Betriebsstatten auslandischer Kapitalgesellschaften steuerlich schlechter zu stellen als inlandische Kapitalgesellschaften in Kombination mit der Anwendung der Freistellungsmethode durch das DBA. Da dariiber hinaus der Sitzstaat der die Dividenden auszahlenden Gesellschaft nur ein beschranktes Besteuerungsrecht in Form der Erhebung einer Kapitalertragsteuer hat, ist stets das Besteuerungsniveau des Ansassigkeitsstaats des die Dividenden empfangenden Anteilseigners ausschlaggebend. Somit ist der Nettoertrag sowohl des deutschen als auch des osterreichischen
Anteilseigners
im
Fall
der Griindung einer
Outbound-
Verschmelzungs-SE jeweils identisch mit dem Nettoertrag bei Beteiligung an einer inlandischen Kapitalgesellschaft. Es kann als Ergebnis festgehalten werden, dass iiber das Anwendungsbeispiel von grenziiberschreitenden Verschmelzungen zwischen Deutschland und Osterreich hinaus internationale Verschmelzungen innerhalb der EU zu der grundsatzlich gleichen steuerlichen Belastung des Untemehmens fuhren. Dies entspricht dem Sinn und Zweck des Europaischen Gedankens, grenzuberschreitende Aktivitaten nicht durch zusatzliche Steuerbelastungen zu behindem.
Fall 3: Inbound-Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben Im Fall der Inbound-Einbringung eines osterreichischen Betriebs gegen Anteile an der aufnehmenden deutschen Kapitalgesellschaft ergeben sich fiir den deutschen Anteilseigner keine Anderungen, da er weiterhin an der deutschen Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Fiir den osterreichischen Anteilseigner ergibt sich eine Anderung insofem, als er zwar ebenfalls an seiner osterreichischen Kapitalgesellschaft beteiligt bleibt, diese
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
nunmehr jedoch durch die Einbringung der osterreichischen Betriebsstatte in die deutsche Kapitalgesellschaft zur Holdinggesellschaft geworden ist. Entsprechend der steuerlichen Behandlung der Inbound-Verschmelzung werden die von der osterreichischen Betriebsstatte erwirtschafteten Gewinne im Zeitpunkt der Gewinnentstehung der deutschen Kapitalgesellschaft zugerechnet. Da das Besteuerungsrecht aufgrund von Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 DBA-Osterreich in Osterreich verbleibt und die Gewinnanteile in Deutschland gem. Art. 23 Abs. 1 Bst. a DBA-Osterreich freizustellen sind, ergibt sich kein Unterschied zum Fall der Inbound-Verschmelzung bzw. zur Ausgangssituation. Im Gegensatz zum Fall der Verschmelzung erfolgt die Ausschiittung des von der osterreichischen Betriebsstatte erwirtschafteten Gewinns durch die deutsche iibemehmende Kapitalgesellschaft jedoch nicht mehr direkt an den osterreichischen Anteilseigner, sondem erst an die osterreichische (Holding-)Kapitalgesellschaft, die unter den gegebenen Annahmen eine Beteiligung von 50 % an der deutschen Kapitalgesellschaft halt. Dabei ist zu beachten, dass gem. Art. 5 Abs. 1 MTR, der im deutschen Steuerrecht durch § 43b Abs. 1 EStG umgesetzt wurde, keine Kapitalertragsteuer erhoben wird, wenn die Beteiligungshohe der auslandischen EU-Kapitalgesellschaft
mindestens
20 % betragt. Gem. § 43b Abs. 3 EStG muss die Beteiligungshohe im Rahmen des Reziprozitatsvorbehalts lediglich 10% betragen, wenn der Sitzstaat der Muttergesellschaft eine Beft-eiung von der Kapitalertragsteuer ab der gleichen Beteiligungshohe erlaubt. Diese Voraussetzung erfiillt Osterreich durch die Vorschrift des § 94a Abs. 1 Z 1 oEStG, so dass die Mindestbeteiligungshohe zum Erreichen der Quellensteuerbefreiung im Verhaltnis zu Osterreich 10% betragt. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass gem. § 43b Abs. 2 Satz 4 EStG die Beteiligung nachweislich ununterbrochen seit mindestens zwolf Monaten bestehen muss, da anderenfalls gem. Art. 10 Abs. 2 Bst. a DBA-Osterreich eine Kapitalertragsteuer i.H.v. 5 % einbehalten wird. Konnen somit die in der Mutter-Tochter-Richtlinie genannten Voraussetzungen erftillt werden, ergibt sich eine Beft-eiung von der Kapitalertragsteuer. Dies ist innerhalb der EU aus dem Grund von besonderer Bedeutung, als ublicherweise im Fall einer Schachtelbeteiligung bei grenziiberschreitenden Gewinnausschuttungen zwischen Kapitalgesellschaften die Freistellungsmethode vereinbart ist, so dass eine eventuell anfallende Kapitalertragsteuer nicht im Rahmen einer zusatzlichen Anwendung der Anrechnungsmethode beriicksichtigt werden konnte. Die deutschen Anteilseigner erhalten weiterhin die Dividenden aufgrund des in Deutschland erwirtschafteten Gewinns, so dass die steuerliche Belastung der Untemehmensstruktur nach Durchftihrung der Einbringung aus der Sicht der in Deutschland ansassigen Anteilseigner nicht von der Belastung der Ausgangssituation abweicht. Auf Ebene der gleichfalls von der deutschen Kapitalgesell-
Kapitel III: Konkretisierunz des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates schaft Gewinnausschiittungen erhaltenden osterreichischen Kapitalgesellschaft haben sich ebenfalls keine Gewinnanderungen durch die Umleitung der Gewinne auf die deutsche Kapitalgesellschaft ergeben, da die Gewinne aufgrund der Freistellungsmethode wie im Fall der Ausgangssituation ausschlieBlich mit osterreichischer Korperschaftsteuer belastet sind. Auch die durch die Einbringung bedingte Zwischenschaltung einer in Osterreich belegenen Holdinggesellschaft hat zu keinen weiteren Steuerbelastungen geftihrt, da keine Kapitalertragsteuer anfallt und die Gewinnausschiittung der deutschen Kapitalgesellschaft auf Ebene der osterreichischen (Holding)Gesellschaft gem. Art. 23 Abs. 2 Bst. c DBA-Osterreich steuerfrei zu stellen ist. Werden die Gewinne von der osterreichischen Holdinggesellschaft an die osterreichischen Anteilseigner weiter ausgeschiittet, besteht ftir die osterreichischen Anteilseigner Steuerpflicht im Rahmen der Endbesteuerung, die der steuerlichen Behandlung der Ausgangssituation entspricht. Auf diese Weise ergibt sich die folgende Berechnung der Steuerbelastung der Untemehmensstruktur nach Durchftihrung einer InboundEinbringung:
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Kapitel 111: Konkretisierun2 des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates Steuerbeiastung
Osterreich
Deutschland
100,00 Korperschaftsteuer i.H.v. 25 %
./. 25,00 75,00
Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % Gewinn nach Steuem Kapitalertragsteuer i.H.v. 0 %
il
./. 0,00
./. 0,00
./. 0,00
Art. 5 Abs. 1 MTR, § 43b Abs. 1 EStG Ebene der osterreichischen Kapitalgesellschaft Art. 4 Abs. 1 MTR, Art. 23 Abs. 2 Bst. c DBA-Ost
75,00 ./. 18,75
Nettodividende
56,25
Bruttodividende
75,00
Endbesteuerung
./. 0,00
Nettoertrag des Anteilseigners
56,25
Tabelle 5:
Ebene der osterreichischen Betriebsstdtte Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 DBA-Ost, § 22 Abs. 1 oKStG Ebene der deutschen Kapitalgesellschqft Freistellung gem. Art. 23 Abs. 1 Est. a DBA-Ost
75,00
75,00 Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % Gewinn nach Steuem Kapitalertragsteuer i.H.v. 25 %
Anmerkungen
§ 9 3 Abs. l , § 9 5 A b s . 1 oEStG
Ebene des Anteilseigners
osterreichischen
§ 97 Abs. 1 Satz 1 oEStG
Berechnung der Steuerbeiastung der Inbound-Einbringung
Es ist festzustellen, dass sich keine Anderung der steuerlichen Belastung der InboundEinbringung gegeniiber der Steuerbeiastung der Ausgangssituation bzw. der InboundVerschmelzung ergeben hat. Trotz der Ausgliederung der Betriebsstatte und der Verlangerung der Beteiligungskette im Rahmen der grenzuberschreitenden Einbringung treten keine Zusatzbelastungen auf, da auf Ebene der deutschen Kapitalgesellschaft die osterreichischen Betriebsstattengewinne steuerfrei zu stellen sind und im Fall der Gewinnausschiittung aufgrund der Mutter-Tochter-Richtlinie keine Kapitalertragsteuer einbehalten werden darf. Die Dividenden sind gleichfalls bei der osterreichischen Empfangerin aufgrund des Schachtelprivilegs steuerfrei, so dass bei Weiterausschuttung das osterreichische Steuemiveau zum Tragen kommt. Folglich treten im Rahmen der Inbound-Einbringung keine zusatzlichen Belastungen auf, so dass die steuerliche Behandlung gegeniiber den bereits behandelten Fallen unverandert bleibt.
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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Fall 4: Outbound-Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben Wird im Rahmen einer Outbound-Einbringung ein in Deutschland belegener Betrieb auf die ubemehmende osterreichische Kapitalgesellschaft ubertragen, bleibt die steuerliche Situation des osterreichischen Anteilseigners unverandert, da er weiterhin an der osterreichischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist und annahmegemaB den in Osterreich erwirtschafteten Gewinn im Wege der Dividendenausschiittung erhalt. Auf Ebene der unmittelbar nach der Umstrukturierungen bestehenden deutschen Betriebsstatte ergibt sich die gleiche steuerliche Belastung mit Gewerbesteuer, Korperschaftsteuer und Solidaritatszuschlag wie in der Ausgangssituation, da Deutschland weiterhin das Besteuerungsrecht gem. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 DBA-Osterreich an den Betriebsstatteneinkiinften zusteht. Entsprechend der Behandlung der Outbound-Verschmelzung ist der Gewinn der deutschen Betriebsstatte bei dem osterreichischen Stammhaus gem. Art. 23 Abs. 2 Bst. a DBA-Osterreich steuerfrei zu stellen. Im Fall der Weiterausschiittung des Betriebsstattengewinns an die deutsche (Holding-)Gesellschafl ist aufgrund von Art. 5 Abs. 1 MTR, der durch Art. 94a Abs. 1 oEStG umgesetzt wurde, von der osterreichischen Kapitalgesellschaft keine Quellensteuer einzubehalten, so dass sich keine Zusatzbelastung im Verhaltnis zum Ausgangsfall ergibt. Die Dividenden sind in Deutschland gem. Art. 4 Abs. 1 MTR steuerfrei zu stellen, wobei allerdings Art. 4 Abs. 2 MTR den Mitgliedstaaten freistellt, die Kosten der Beteiligung an der Tochtergesellschaft pauschal als nicht abzugsfahig zu behandeln, wobei dieser Pauschalbetrag 5 % nicht tibersteigen darf. Deutschland hat diese Ermachtigung durch die Vorschrift des § 8b Abs. 5 KStG in Anspruch genommen, nach der 5 % des Beteiligungsertrags als nichtabzugsfahige Betriebsausgaben zu behandeln sind. Dabei ist zu beriicksichtigen, dass sich die Bemessungsgrundlage fiir die pauschale Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG auf die steuerfreie Dividende vor Abzug einer eventuellen Quellensteuer bezieht."*^^ Folglich ist die Bemessungsgrundlage fiir die Berechnung der nichtabzugsfahigen Betriebsausgaben unabhangig von der Hohe der im Ausland einbehaltenen Kapitalertragsteuer, so dass die Mutter-Tochter-Richtlinie durch den Verzicht auf die Vgl. BMF-Schreiben v. 10.01.2000, IV D 3 S 1300 217/99, BStBl. 2000 I, S. 71 ff., Tz. 2; Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 359; Filers, S./ Schmidt, R., Die Steuerbefreiung von Dividenden und VerauBerungsgewinnen nach § 8b KStG, GmbHR 2003, S, 636; Grotherr, S., Internationale Steuerplanung: Betriebsstatte oder Tochtergesellschaft?, SteuerStud 2001, S. 185; ders.. International relevante Anderungen durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999, IWB V. 23.02.2000, Fach 3, Deutschland, Gruppe 3, S. 1311; Bemdt, R./ Wiesch, N., Steuerfreie auslandische Schachteldividenden und Betriebsausga-benabzugsverbot, NWB v. 13.06.2000, Fach 4, S. 4369; Kohler, S., Diskussionsforum Untemehmenssteuerreform: Auswirkungen der steuerlichen Anderungen auf deutsche Auslandsinvestitionen, DStR 2000, S. 614; Sauter, J.I Heurung, R., Errichtung steuerlicher Organschaften aufgrund der Untemehmenssteuerreform, GmbHR 2001, S. 167.
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Erhebung der Kapitalertragsteuer im Rahmen des § 8b Abs. 5 KStG keine Vorteile fiir den Steuerpflichtigen mit sich bringt. Fiir die Anwendung des § 8b Abs. 5 KStG muss geklart werden, ob die Vorschrift auch fiir Zwecke der Gewerbesteuer anzuwenden ist. Gem. § 7 GewStG ist der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, so dass durch die Vorschrift des § 8b Abs. 5 KStG auch die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage erhoht wird."*^^ Die Kiirzungsvorschrift des § 9 Nr. 7 GewStG kann im Fall des § 8b Abs. 5 KStG keine Anwendung frnden."*^^ Aus diesen Griinden fallt aufgrund der Hinzurechnungsvorschrift des § 8b Abs. 5 KStG in Deutschland Gewerbesteuer auf die auslandischen Ertrage trotz des Inlandscharakters der Gewerbesteuer an."^^' Somit ergibt sich die folgende steuerliche Belastung der Outbound-Einbringung:
So auch Dotsch, E./ Pung, A., in: Dotsch, E. (u.a.) (Hrsg.), Die Korperschaftsteuer, Kommentar, 55. Erg.Lief., Stuttgart 2005, § 8b KStG n.F., Rz. 108c; Kroner, I., in: Ernst & Young (Hrsg.), Korperschaftsteuergesetz Kommentar, 49. Erg.Lief., Bonn 2006, § 8b KStG, Rz. 144, Rz. 75 ff.; Herzig, N., Aktuelle Entwicklungen bei § 8b KStG und § 3c EStG, DB 2003, S. 1467; Eilers, S./ Schmidt, R., Die Steuerbefreiung von Dividenden und VerauBerungsgewinnen nach § 8b KStG, GmbHR 2003, S. 623; Grotherr, S., Gewerbesteuerliche Auswirkungen der mit steuerfreien Dividenden im Zusammenhang stehenden nicht abzugsfahigen Betriebsausgaben, BB 2001, S. 602; Grotherr, S., Internationale Steuerplanung: Betriebsstatte oder Tochtergesellschaft?, Steu-erStud 2001, S. 185; Schmidt, H.I Wiese, G., Nicht abziehbare Betriebsausgaben im Zusammenhang mit steuerfreien Schachteldividenden, IStR 1999, S. 583; Eckert, U./ Kneip, C./ Rieke, I., Aktuelle Fragen zur Gewerbesteuer nach Verabschiedung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 und der GewStR 1998, INF 1999, S. 227. Vgl. Grotherr, S., Gewerbesteuerliche Auswirkungen der mit steuerfreien Dividenden im Zusammenhang stehenden nicht abzugsfahigen Betriebsausgaben, BB 2001, S. 602. Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 358.
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidun2smodells Steuerbelastung
Osterreich
anhand eines EU-Staates
Deutschland 100,00
Gewerbesteuer i.H.v. 17,36% KorperschaftD£ steuer i.H.v. 25 % Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 %
1
./. 17,36 ./. 20,66 ./. 1,14
./. 0,00
./. 0,00 60,84
Gewerbesteuer i.H.v. 17,36% Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % > Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % Gewinn nach Steuem Kapitalertragsteuer i.H.v. 20 % Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 %
Ml
./. 0,53 ./. 0,63 ./. 0,03
./. 11,93 ./. 0,66 47,06
Bruttodividende
59,65
Halbeinkunfteverfahren Einkommensteuer i.H.v. 42 % •33 "^ Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % Anrechenbare KapESt und SolZ Verbleibende Steuerzahllast Nettoertrag des Anteilseigners Tabelle 6:
§§ 1 Abs. 1,4 Satz 1 SolZG
Art. 5 Abs. 1 MTR, § 94a oEStG Ebene der deutschen Kapital- 1 gesellschaft § 7 GewStG i.V.m. § 8b Abs. 5 k s t G : 5 % von 60,8*4 = 3,04 § 8b Abs. 5 KStG: (3,04 ./. 0,53) X 25 % §§ 1 Abs. 1,4 Satz 1 SolZG
59,65
Nettodividende
s
§ 23 Abs. 1 KStG
60,84
0£
he
Anmerkungen | Ebene der deutschen Betriebsstdtte Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 DBA-Ost, § 2 Abs. 1 GewStG
Ebene der osterreichischen Kapitalgesellschaft Freistellung gem. Art. 23 Abs. 2 Est. a DBA-Ost
60,84 Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % Gewinn nach Steuem Kapitalertragsteuer i.H.v. 0 %
-265-
§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG § 3 Abs. 1 Nr. 5 SolZG
Ebene des deutschen doners
Anteils- 1
./. 29,83
§ 3 Nr. 40 EStG
./. 12,53
§ 5 2 Abs. 41 UAbs. 1 Satz 2 EStG
./. 0,69 + 12,59 ./. 0,63
§§ 1 Abs. 1,4 Satz 1 SolzG § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG (12,53 + 0,69)./. (11,93 + 0,66)
46,43
Berechnung der Steuerbelastung der Outbound-Einbringung
- 266 -
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Mit dem Nettoertrag von 46,43 weist die Alternative der Outbound-Einbringung einen geringeren Nettoertrag auf Ebene des deutschen Anteilseigners auf als die Ausgangssituation. Der Differenzbetrag von (47,36 ./. 46,43 =) 0,93 ergibt sich aus der Vorschrift des § 8b Abs. 5 KStG, der trotz grundsatzlicher Freistellung der Dividende zu einer Steuerbelastung fiihrt.
Fall 5: Inbound-Anteilstausch Im Fall des Inbound-Anteilstauschs bringen die osterreichischen Gesellschafter der in Osterreich ansassigen Zielkapitalgesellschaft ihre Anteile in die deutsche Kapitalgesellschaft gegen neue Anteile dieser Gesellschaft ein. Da die in Deutschland ansassigen Anteilseigner weiterhin an der deutschen Kapitalgesellschaft beteiligt bleiben, ergibt sich fiir sie durch den Inbound-Anteilstausch keine Veranderung ihrer steuerlichen Situation. Die osterreichischen Anteilseigner sind aufgrund der getroffenen Modellannahmen zu 50 % an der deutschen Kapitalgesellschaft beteiligt, die als Muttergesellschaft 100% der Anteile an der osterreichischen Kapitalgesellschaft halt. Durch den grenzuberschreitenden Anteilstausch wird aus Sicht der osterreichischen Anteilseigner der Dividendenstrom umgeleitet, und zwar von der osterreichischen Gesellschaft iiber die nunmehr eingeschaltete deutsche Muttergesellschaft, die letztendlich die Ausschiittung an die osterreichischen Anteilseigner vomimmt. Im Unterschied zur InboundEinbringung des Betriebes, in der ebenfalls die Dividendenausschiittung durch die deutsche Kapitalgesellschaft vorgenommen wurde, verbleibt das osterreichische Untemehmen unverandert in der steuerlich als intransparent behandelten Rechtsform der Kapitalgesellschaft und wird nicht in eine als steuerlich transparent behandelte Betriebsstatte umgewandelt. Auf diese Weise wird bei dem grenzuberschreitenden Anteilstausch durch die Zwischenschaltung der deutschen Kapitalgesellschaft die Beteiligungskette verlangert. Auf Ebene der osterreichischen Kapitalgesellschaft fallt Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % an. Im Fall der Ausschuttung an die deutsche Kapitalgesellschaft ist aufgrund der Mutter-Tochter-Richtlinie keine Kapitalertragsteuer zu beriicksichtigen. Allerdings ist bei der die Ausschiittung empfangenden deutschen Gesellschaft die Vorschrift des § 8b Abs. 5 KStG zu beriicksichtigen, so dass trotz Freistellung eine Steuerpflicht aufgrund des 5 %igen Betriebsausgabenabzugsverbots entsteht. Im Fall der Weiterausschiittung an den osterreichischen Anteilseigner ist parallel zum Fall des InboundAnteilstauschs ein 15 %iger Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen, wobei die Kapitalertragsteuer auf die in Osterreich zum Sondersteuersatz von 25 % erhobene Steuer
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidun^smodells
anhand eines EU-Staates
•267-
angerechnet wird. Auf diese Weise ergibt sich die folgende Steuerbelastung des Inbound-Anteilstauschs:
Steuerbelastung
dsterreich
Deutschland
Ehene der osterreichischen Kapital^esellschaft Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 DBA-Ost, § 22 Abs. 1 oKStG
100,00 Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % Gewinn nach Steuem Kapitalertragsteuer i.H.v. 0 %
./. 25,00 75,00 ./. 0,00 75,00
Gewerbesteuer i.H.v. 17,36% Korperschaft> steuer i.H.v. 25 % Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % Gewinn nach Steuern Kapitalertragsteuer i.H.v. 15%
./. 0,65 ./. 0,78 ./. 0,04
Art. 5 Abs. 1 MTR, § 94a oEStG Ehene der deutschen Kapitalgesellschaft § 7 GewStG i.V.m. § 8b Abs. 5 KStG: 5 % von 75,00 = 3,75 § 8b Abs. 5 KStG: (3,75 ./. 0,65) X 25 % §§ 1 Abs. 1,4 Satz 1 SolZG
73,53 ./. 11,03
Art. 10 Abs. 2 Est. b DBA-Ost
62,50
Nettodividende 73,53
Bruttodividende Einkommensteuer i.H.v. 25 % Anrechenbare KapESt Verbleibende Steuerzahllast Nettoertrag des Anteilseigners Tabelle 7:
Anmerkungen
Ehene des osterreichischen 1 Anteilseigners
./. 18,38
§ 37 Abs. 8 Z 2 oEStG
+ 11,03
Art. 23 Abs. 2 Bst. b DBA-Ost
./. 7,35 55,15
Berechnung der Steuerbelastung des Inbound-Anteilstauschs
Es ergibt sich eine Verschlechterung des Nettoertrags des Anteilseigners gegeniiber der Ausgangssituation i.H.v. (56,25 ./. 55,15 =) 1,1. Diese Differenz ergibt sich aus der pauschalen Hinzurechnungsvorschrift des § 8b Abs. 5 KStG, die durch die im Rahmen des grenzuberschreitenden Anteilstauschs bewirkte Zwischenschaltung der deutschen Kapitalgesellschaft in den Dividendenstrom verursacht wurde.
- 268 -
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Fall 6: Outbound-Anteilstausch Bringen im Fall des Outbound-Anteilstauschs die deutschen Gesellschafter der in Deutschland ansassigen Zielkapitalgesellschaft ihre Beteiligungen in die osterreichische Kapitalgesellschaft ein, bleibt die steuerliche Situation der osterreichischen Anteilseigner unverandert. Die osterreichische Kapitalgesellschaft stellt im Anschluss an den Anteilstausch die 100 VoigQ Muttergesellschaft der deutschen Zielgesellschaft dar, an der die deutschen Anteilseigner zu 50 % beteiligt sind. Die deutschen Anteilseigner empfangen somit annahmegemafi die Dividendenausschiittungen nicht mehr von der deutschen Kapitalgesellschaft, sondem von der osterreichischen Gesellschaft, die selbst die Dividende der deutschen Kapitalgesellschaft erhalt. Die deutsche Kapitalgesellschaft wird im Zeitpunkt der Gewinnentstehung der Besteuerung mit Gewerbesteuer, Korperschaftsteuer und Solidaritatszuschlag unterworfen. Im Zeitpunkt der Gewinnverwendung fallt aufgrund der Mutter-Tochter-Richtlinie keine Kapitalertragsteuer an. Die Gewinnausschuttung ist aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens bei der osterreichischen Kapitalgesellschaft im Rahmen des internationalen Schachtelprivilegs steuerft'ei zu stellen. Im Fall der Weiterausschiittung an den deutschen Anteilseigner behalt die osterreichische Kapitalgesellschaft gem. Art. 10 Abs. 2 Bst. b DBA-Osterreich Quellensteuer i.H.v. 15 % ein, die in Deutschland auf Ebene des Anteilseigners im Rahmen des Halbeinkunfteverfahrens angerechnet werden kann. Im Ergebnis lassen sich die steuerlichen Auswirkungen eines Outbound-Anteilstauschs wie ft)lgt quantifizieren:
Kapitel III: Konkretisierung des Entscheidunssmodells
Steuerbelastung
Osterreich
anhand eines EU-Staates
Deutschland 100,00
1 a> V9
Gewerbesteuer i.H.v. 17,36% Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % Gewinn nach Steuem Kapitalertragsteuer i.H.v. 0 %
./. 17,36 ./. 20,66 ./. 1,14
./. 0,00
./. 0,00
./.9,13
§ 23 Abs. 1 KStG §§ 1 Abs. l,4Satzl SolZG
Art. 5 Abs. 1 MTR, § 43b Abs. 1 EStG Ebene der osterreichischen 1 Kapital^esellschaft Art. 4 Abs. 1 MTR, Art. 23 Abs. 2 Bst. c DBA-Ost
Art. 10 Abs. 2 Bst. b DBA-Ost
51,71 60,84
Bruttodividende Halbeinkiinfteverfahren .-=1Einkommensteuer i.H.v. 42 % Anrechenbare KapESt Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % Verbleibende Steuerzahllast Nettoertrag des Anteilseigners Tabelle 8:
Ebene der deutschen Kapitalgesellschaft §11 Abs. 1, §16 Abs. 1 GewStG
60,84
Nettodividende
V^
Anmerkungen
60,84
60,84 Korperschaftsteuer i.H.v. 25 % Gewinn nach Steuem Kapitalertragsteuer i.H.v. 15%
-269-
./. 30,42 ./. 12,78 + 9,13
Ebene des deutschen Anteilseigners § 3 Nr. 40 EStG §52 Abs. 41 UAbs. 1 Satz 2 EStG Art. 23 Abs. 1 Bst. b DBst. aa DBA-Ost
./. 0,20
(12,78./. 9,13) X 5,5%
./. 3,85
12,78 + 0,20.7.9,13
47,86
Berechnung der Steuerbelastung des Outbound-Anteilstauschs
Mit dem Nettoertrag von 47,86 ergibt sich fiir den Fall des Outbound-Anteilstauschs dasselbe Ergebnis wie bei der Griindung einer Outbound-Verschmelzungs-SE.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
-270-
Zwischenergebnis In der folgenden Tabelle werden die Nettoertrage, die sich nach Abzug der Steuerbelastung aufgrund der gewahlten Umstrukturierungsaltemative ergeben, zusammenfassend dargestellt, wobei zum besseren Vergleich auch das Ergebnis der Ausgangssituation vor Umstrukturierung einbezogen ist. Aufgrund der im Modell gesetzten Annahmen bleiben dabei in samtlichen Fallen entweder die deutschen oder die osterreichischen Anteilseigner unverandert bei der steuerlichen Belastung der Ausgangssituation, da sich ihre steuerliche Position aufgrund der grenziiberschreitenden Umstrukturierung nicht verandert hat. Aus diesem Grund muss keine Unterscheidung fiir die jeweiligen Entscheidungstrager vorgenommen werden, da die optimale Losung auf diese Weise jeweils fiir beide Entscheidungstrager, d.h. die Mehrheit der Anteilseigner der inlandischen und die Mehrheit der Anteilseigner der auslandischen Kapitalgesellschaft, optimal ist.
Deutsche Anteilseigner 47,36
Osterreichische Anteilseigner
Summe
56,25
103,61
Inbound-Verschmelzungs-SE
47,36
56,25
103,61
Outbound-Verschmelzungs-SE
47,86
56,25
104,11
Inbound-Einbringung
47,36
56,25
103,61
Outbound-Einbringung
46,43
56,25
102,68
Inbound-Anteilstausch
47,36
55,15
102,51
Outbound-Anteilstausch
47,86
56,25
104,11
Nettoertrag Ausgangssituation
1
Abbildung 46: Zusammenfassung der Ergebnisse der laufenden Besteuerung der Umstrukturierungsaltemativen Aus der Darstellung wird deutlich, dass die Ergebnisse der Nettoertrage nur geringfligig voneinander abweichen. Dies ist dadurch zu begriinden, dass trotz der unterschiedlichen rechtlichen und steuerlichen Strukturen, die sich aufgrund der gewahlten Umstrukturierungsformen ergeben, innerhalb der EU keine Besteuerungsunterschiede ausgelost werden: Zum einen durfen inlandische Betriebsstatten auslandischer Kapitalgesellschaften aufgrund der Niederlassungsfreiheit des EG-Vertrags steuerlich nicht schlechter gestellt werden als inlandische Betriebsstatten von inlandischen Kapitalgesellschaflen. Der beispielsweise in Deutschland bis zum Veranlagungszeitraum 1998 geltende erhohte Korperschaftsteuersatz fiir inlandische Betriebsstatten auslandischer Kapitalgesellschaften gem. § 23 Abs. 3 KStG a.F. ist daher nicht mehr zulassig. Folg-
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhandeines EU-Staates
- 271 -
lich ist es ohne Bedeutung, dass eine als steuerlich intransparent behandelte Kapitalgesellschaft im Anschluss an eine grenztiberschreitende Verschmelzung oder grenzuberschreitende Einbringung des Betriebs oder Teilbetriebs als steuerlich transparent behandelt wird. Dariiber hinaus ist es auch im Fall der grenzuberschreitenden Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben sowie des grenzuberschreitenden Anteilstauschs ohne Auswirkung, dass die Beteiligungskette verlangert wurde, da aufgrund der Mutter-Tochter-Richtlinie innerhalb der EU keine Kapitalertragsteuer bei Ausschiittungen zwischen Kapitalgesellschaften einbehalten werden darf. Aus diesem Grund ist es ohne Relevanz, ob eine Betriebsstatte im Ausland unterhalten wird oder die Beteiligung an einer auslandischen Kapitalgesellschaft besteht. Im Fall der Betriebsstatte liegen aufgrund der transparenten Behandlung keine Dividenden vor, die den Belegenheitsstaat zu einem Quellensteuerabzug berechtigen konnten, und im Fall der Tochterkapitalgesellschaft hindert d\Q Mutter-Tochter-Richtlinie den Ansassigkeitsstaat an der Ausiibung einer Quellenbesteuerung.
2.1.3 VerauOerungsvorgange im Rahmen der Umstrukturierung Wie im Rahmen der laufenden Besteuerung wird fur eine bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse im Fall der VerauBerung der Beteiligungen zunachst eine Berechnung der VerauBerungsgewinnbesteuerung bei Vorliegen der Ausgangssituation vorgenommen. Dabei muss eine Unterscheidung sowohl zwischen den in Deutschland und in Osterreich ansassigen Anteilseignem, die annahmegemaB ausschlieBlich naturliche Personen sind, als auch zwischen den verschiedenen Klassen von Anteilseignem vorgenommen werden. Diese Unterscheidung muss allerdings nur insoweit erfolgen, als die verschiedenen Klassen von Anteilseignem zu unterschiedlichen Besteuemngsfolgen beziiglich der VerauBerungsgewinne fiihren. Wie bereits dargestellt, werden in Deutschland Gewinne aus der VerauBerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die im Betriebsvermogen gehalten werden, unabhangig von der Hohe der Beteiligung der Besteuemng im Rahmen des Halbeinkunfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40 Bst. a, b EStG unterworfen. Obwohl die VerauBemng einer 100%igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG als VerauBemng eines Teilbetriebs angesehen wird, konnen die SteuersatzermaBigungen nach § 34 Abs. 1 und Abs. 3 EStG nicht zur Anwendung gelangen, da § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG die VerauBemngsgewinne von Anteilen an Kapitalgesellschaften von den auBerordentlichen Einkiinften ausnimmt. Es verbleibt somit bei der ausschlieBlichen Begunstigung durch das Halbeinklinfteverfahren. Kapitalertragsteuer ist
- 272 -
Kapitel HI: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhandeines EU-Staates
nicht zu beriicksichtigen, da VerauBerungsgewinne im Gegensatz zu Dividendenausschiittungen keiner Quellenbesteuerung unterliegen. Der Gewinn aus der VerauBerung einer zum Betriebsvermogen gehorenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft unterliegt gem. R 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 13 GewStR unabhangig von der Beteiligungshohe der Gewerbesteuer; hiervon besteht nur eine Ausnahme, wenn die VerauBerung im engen Zusammenhang mit der Aufgabe des Gewerbetriebs erfolgt."^^^ Dies gilt gem. R 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 15 GewStR unabhangig davon, ob die Beteiligung an einer inlandischen oder auslandischen Kapitalgesellschaft besteht. Fraglich ist diesbeziiglich, ob die gewerbesteuerlichen Kurzungsvorschriften des § 9 Nr. 2a GewStG fiir Gewinne aus Anteilen an inlandischen Kapitalgesellschaften und § 9 Nr. 7 GewStG ftir Gewinne aus Anteilen an auslandischen Kapitalgesellschaften Anwendung fmden konnen. Obwohl die Summe des Gewinns somit um die „Gewinne aus Anteilen" gekiirzt wird, erstreckt sich das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg nicht auf Gewinne aus der VerauBerung der Beteiligung, da diese Gewinne unmittelbar bei den Gesellschaftem entstehen und nicht von der Kapitalgesellschaft ausgeschiittet werden."^^^ Bemessungsgrundlage fur die Gewerbesteuer ist gem. § 7 Satz 1 GewStG der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, so dass sich die Begiinstigungen des Halbeinkiinfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40 EStG auch auf die Gewerbesteuer auswirken. Dartiber hinaus muss die Vorschrift des § 35 EStG berticksichtigt werden, durch die eine Anrechnung der Gewerbesteuer in Hohe des l,8fachen des GewerbesteuerMessbetrags auf die Einkommensteuer zugelassen wird."*^"*'"^^^ Aufgrund der Vorschrift Vgl. BFH V. 02.02.1972,1 R 217/69, BStBl. II 1972, S. 470. Vgl. BFH V. 07.12.1971, VIII R 3/70, BStBl. II 1972, S. 468; BFH v. 02.02.1972, I R 217/69, BStBl. II 1972, S. 470; BFH v. 29.08.1984, I R 154/81, BStBl. II 1985, S. 160; Gosch, D., in: Blumich, EStG, KStG, GewStG Kommentar, 88. Erg.Lief., MUnchen 2005, §9 GewStG, Rdz. 183; Lenski, E./ Steinberg, W., Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, 90. Erg.Lief, Koln 2005, § 9 Nr. 2a, Rdz. 41, Rdz. 45. Vgl. Herzig, N,/ Lochmann, U., Die SteuerermaBigung fur gewerbliche Einkiinfte bei der Einkommensteuer nach dem Entwurf zum Steuersenkungsgesetz, DB 2000, S. 1192ff.; dies., Das Grundmodell der Besteuerung von Personenuntemehmen nach der Untemehmenssteuerreform, DB 2000, S. 540 ff; Herzig, N./ Lochmann, U., Steuersenkungsgesetz: Die SteuerermaBigung ftir gewerbliche Einkiinfte bei der Einkommensteuer in der endgiiltigen Regelung, DB 2000, S. 1728 ff.; Siegel, T., Pladoyer flir eine systemkonforme Reform der Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG, BB 2001, S. 701 ff; Jachmann, M., Ansatze zu einer gleichheitsgerechten Ersetzung der Gewerbesteuer, BB 2000, S. 1432 ff; Neufang, B., Steuersenkungsgesetz aus Sicht der Praxis, BB 2000, S. 1917 f.; Korezkij, L., Anrechnung der Gewerbesteuer nach § 35 EStG, BB 2001, S. 333f.; ders., Anrechnung der Gewerbesteuer nach § 35 EStG (2. Teil), BB 2001, S. 389 ff; Ottersbach, J., Untemehmenssteuerreform 2001: Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG, StB 2001, S. 242 ff. Vgl. hierzu kritisch Djanani, C./ Brahler, G.I Losel, C , Die Anrechnung der Gewerbeertragsteuer auf die Einkommensteuer - VerstoB gegen das grundlegende Prinzip der Okonomie der Besteue-
Kapitel III: Konkretisieruns
des Entscheidunssmodells
anhand eines EU-Staates
•273-
des § 3 Abs. 2 SolZG ist fiir die Festsetzung des Solidaritatszuschlags die Anrechnung der Gewerbesteuer nach § 35 EStG in vollem Umfang zu beriicksichtigen.'*^^ Somit ergibt sich die folgende Besteuerung der VerauBerungsgewinne naturlicher Personen bei in einem Betriebsvermogen gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften: Steuerbelastung
Deutschland
VerauBerungsgewinn vor Steuem
Tabelle 9:
100,00 ./. 50,00
Halbeinkunfteverfahren 1 Gewerbesteuer i.H.v. 17,36% 1 Bemessungsgrundlage fur Einkommensteuer Einkommensteuer i.H.v. 42 % 1 Anrechnung der Gewerbesteuer 1 Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % 1 Verbleibende Steuerzahllast 1 Nettoertrag des Anteils1 eigners
Anmerkungen
./. 8,68
§ 3 Nr. 40 EStG § 11 Abs. 1, § 16 Abs. 1 GewStG^^^
41,32 ./. 17,35
§ 52 Abs. 41 UAbs. 1 Satz 2 EStG
+ 3,72
§35 EStG: 1,8x41,32x0,05
./. 0,75
§ 3 Abs. 2 SolZG: 5,5 % von (17,35 ./. 3,72=13,63)
./. 14,38
(17,35 + 0,75)./. 3,72
76,94
Berechnung der Besteuerung von VerauBerungsgewinnen von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Betriebsvermogen in Deutschland
Gewinne aus der VerauBerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die im Privatvermogen gehalten werden, sind grundsatzlich nicht steuerpflichtig, es sei denn, es liegt eine Beteiligung i.S.d. § 17 EStG vor oder die VerauBerung erfolgt innerhalb der Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. In diesen beiden Fallen wird der VerauBerungsgewinn einer Besteuerung im Rahmen des Halbeinkunfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40 Bst. c, j EStG unterworfen. Da es sich um die VerauBerung von nicht im Betriebsvermogen gehaltenen Beteiligungen handelt, unterliegen die dabei entstehenden Gewinne nicht der Gewerbesteuer.'*^^ Unter der Voraussetzung, dass die VerauBe-
rung, BB 2003, S. 1254 ff.; Brahler, G./ Losel, C , Vom Unsinn der Gewerbesteuer, AGORA, Heft 1/2004, S. 28. ^^^ Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 299. "^^^ Aus Vereinfachungsgrunden wurde der Gewerbesteuerstaffelsatz nach § 11 Abs. 2 GewStG sowie der Freibetrag gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG nicht berucksichtigt. Vgl. R 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GewStR.
-274-
Kapitel III: Konkretisieruns
des Entscheidunssmodells
anhand eines EU-Staates
rungsgewinne einer Steuerpflicht unterliegen, ergibt sich folgende Besteuerung bei im Privatvermogen gehaltenen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften:
Steuerbelastung
Deutschland
1 VerauBerungsgewinn vor Steuem Halbeinktinfteverfahren 1 Einkommensteuer i.H.v. 42 % Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % 1 Nettoertrag des Anteilseigners _ Tabelle 10:
Anmerkungen
100,00 ./. 50,00
§ 3 Nr. 40 EStG
./. 21,00
§ 52 Abs. 41 UAbs. 1 Satz 2 EStG
./. 1,16
§§ 1 Abs. l,4Satzl SolZG
77,84
Berechnung der Besteuerung von VerauBerungsgewinnen von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Privatvermogen in Deutschland
Aus dem Vergleich der Besteuerung von VerauBerungsgewinnen von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, die im Betriebsvermogen gehalten werden, mit den im Privatvermogen gehaltenen Anteilen wird deutlich, dass trotz Gewerbesteuerpflicht der VerauBerungsgewinne bei im Betriebsvermogen gehaltenen Beteiligungen der Nettoertrag i.H.v. 76,94 nur minimal unter dem Nettoertrag i.H.v. 77,84 bei VerauBerung der Anteile aus dem Privatvermogen liegt. Dies ist auf die Vorschrift des § 35 EStG zuriickzufiihren, die eine zumindest teilweise Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer zulasst. Da daruber hinaus die Gewerbesteuer als Betriebsausgabe gem. § 4 Abs. 4 EStG abzugsfahig ist und sich damit die Einkommensteuerbelastung reduziert, fuhrt die Gewerbesteuer fiir Einzelunternehmer und Personengesellschaften lediglich zu einer geringen Mehrbelastung beim Steuerpflichtigen.^^'^ Um im weiteren Verlauf der Arbeit die steuerliche Behandlung der stillen Reserven im Rahmen von VerauBerungsvorgangen analysieren zu konnen, wird im Folgenden der Fall untersucht, dass die Kapitalgesellschaft selbst durch VerauBerung die in ihrem Betriebsvermogen enthaltenen stillen Reserven auflost. Der nach Abzug der dadurch
Nichtsdestotrotz muss der Steuerpflichtige ftir die Erstellung der Gewerbesteuererklarung iiblicherweise steuerliche Beratung durch einen Steuerberater in Anspruch nehmen. Die dafiir anfallenden Beratungsgebuhren konnen die Mehreinnahmen fiir den Fiskus um ein Mehrfaches iibersteigen, so dass der steuerliche Grundsatz der Wohlfeilheit der Besteuerung verletzt ist; vgl. hierzu ausfiihrlich Djanani, C.I Brahler, G./ Losel, C , Die Anrechnung der Gewerbeertragsteuer auf die Einkommensteuer - VerstoB gegen das grundlegende Prinzip der Okonomie der Besteuerung, BB 2003, S. 1254 ff; Brahler, G./ Losel, C , Vom Unsinn der Gewerbesteuer, AGORA, Heft 1/2004, S. 28.
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ausgelosten Steuerbelastung verbleibende Betrag soil an die Anteilseigner ausgeschiittet werden. Altemativ ware denkbar, dass nach Auflosung der stillen Reserven auf Ebene der Kapitalgesellschaft der Anteilseigner seine Anteile verauBert und somit ebenfalls die in seiner Beteiligung verhafteten stillen Reserven aufdeckt. Dabei soil zur besseren Vergleichbarkeit die Annahme getroffen werden, dass der Anteilseigner der verauBemden Kapitalgesellschaft ein Griindungsgesellschafter ist, so dass sich die im Vermogen der Kapitalgesellschaft gebildeten stillen Reserven auch auf der Ebene der Anteilseigner widerspiegeln. Auf Ebene der verauBemden Kapitalgesellschaft werden die aufgedeckten stillen Reserven mit Gewerbesteuer, Korperschaftsteuer und Solidaritatszuschlag belastet, so dass sich die gleiche Steuerschuld wie im Rahmen der laufenden Besteuerung von 39,16 % ergibt. Ob der Nettoertrag von 60,84 % anschlieBend an den Anteilseigner ausgeschiittet wird oder dieser seine Anteile verauBert, ist ohne Relevanz, da beide Varianten zu einer identischen Besteuerung im Rahmen des Halbeinkunfteverfahrens ftihren. Es ergibt sich daher die gleiche Steuerbelastung wie in der Ausgangssituation, so dass dem Anteilseigner ein Nettoertrag von 47,36 % verbleibt. Es kann die Aussage getroffen werden, dass aufgrund der Begiinstigung des Halbeinkunfteverfahrens aus Sicht des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft die Aufdeckung der stillen Reserven durch den Anteilseigner selbst vorgenommen werden sollte und nicht durch vorhergehende Aufdeckung durch die Kapitalgesellschaft. Um eine weitergehende Analyse der Belastungswirkungen vomehmen zu konnen, wird dariiber hinaus die Ebene einer erwerbenden Kapitalgesellschaft betrachtet. Hier ergeben sich keine weiteren Belastungswirkungen bei spaterer VerauBerung der neu erworbenen Vermogensgegenstande, da diese zu den Anschaffungskosten in Hohe des Teilwerts angesetzt wurden. Dieser Zusammenhang wird wie folgt dargestellt:
Veraufiemde Kapitalgesellschaft [BWIOO. TW200]
\
VerauBerung
^
Erwerbende Kapitalgesellschaft [BW200, TW200J
Anteilseigner
Anteilseigner
[AK WO, TW200]
[AKO,TWO]
\
1
Abbildung 47: Aufdeckung von stillen Reserven auf Ebene der Kapitalgesellschaft
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Kapitel III: Konkretisiemng des Entscheidungsmodells anhandeines EU-Staates
Durch die erste VerauBerung wird ein step up auf Ebene der erwerbenden Kapitalgesellschaft ausgelost, der dazu fxihrt, dass eine WeiterverauBerung weder auf Ebene der Kapitalgesellschaft noch auf Ebene der Anteilseigner eine zusatzliche Besteuerung auslost. Durch das Anschaffungskostenprinzip wird folglich eine Einmalbesteuerung der stillen Reserven sichergestellt. Des Weiteren sollen zur besseren Vergleichbarkeit die steuerlichen Folgen fur natiirliche Personen als Anteilseigner bei VerauBerung von einbringungsgeborenen Anteilen verdeutlicht werden. Einbringungsgeborene Anteile entstehen gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG dann, wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft verauBert werden, die der VerauBerer durch eine Sacheinlage unter dem Teilwert erworben hat. Dies ist im vorliegenden Entscheidungsmodell stets gegeben, da auf Ebene des Anteilseigners ausnahmslos Altemativen untersucht werden, die unter Fortftihrung der Buchwerte und somit eines Werts unterhalb des Teilwerts vollzogen werden. Bei VerauBerung von einbringungsgeborenen Anteilen gilt gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG der Betrag, um den der VerauBerungspreis nach Abzug der VerauBerungskosten die Anschaffungskosten tibersteigt, als VerauBerungsgewinn i.S.d. § 16 EStG. Diese Vorgehensweise bei der Gewinnermittlung hat zur Folge, dass der VerauBerungsgewinn nicht nur die stillen Reserven umfasst, die im Zeitpunkt der Sacheinlage im eingebrachten Vermogen vorhanden waren, sondem auch den weiteren Zuwachs an stillen Reserven in den einbringungsgeborenen Anteilen. Hierdurch kommt zum Ausdruck, dass die einbringungsgeborenen Anteile steuerlich an die Stelle des eingebrachten Vermogens treten, so dass samtliche Wertveranderungen ab dem Einbringungszeitpunkt nunmehr in Form der einbringungsgeborenen Anteile weiterhin steuerlich beriicksichtigt werden."*^^ Die Umqualifizierung in einbringungsgeborene Anteile fmdet dabei auch statt, wenn die Anteile, auf die die stillen Reserven iibergehen, selbst steuerverhaftet sind."*^' Durch die Qualifikation des VerauBerungsgewinns als Einkiinfte i.S.d. § 16 EStG wird der Freibetrag gem. § 16 Abs. 4 EStG gewahrt, wenn die Sacheinlage, die der Anwendung des § 21 UmwStG zugrunde liegt, in einem Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil bestanden hat.'*'^^ Wurde eine Einbringung von mehrheitsvermittelnden Anteilen vorgenommen, wird dem Einbringenden bei der VerauBerung der als Gegenleistung erhaltenen einbringungsgeborenen Anteile gem. § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ^'^^ Vgl. Schmitt, J./ Hortnagl, R., Stratz, R.-C, Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl., Munchen 2006, § 21 UmwStG, Rdz. 90; Klingebiel, J. (u.a.), Umwandlungssteuerrecht, Stuttgart2004, S. 438. ''^' Vgl. Widmann, S./ Mayer, D., Umwandlungsrecht Kommentar, 84. Erg.Lief, Berlin 2005, § 21 UmwStG, Rdz. 45.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhandeines EU-Staates
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der Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG nur eingeraumt, wenn eine 100 %ige Beteiligung Gegenstand der Einbringung war."^^^ Da § 16 Abs. 4 EStG voraussetzt, dass der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauemd berufsunfahig ist, soil die Vorschrift im Rahmen der Anwendung des Entscheidungsmodells keine Berucksichtigung finden. Im weiteren Verlauf muss unterschieden werden, ob die Anteile im Betriebsvermogen oder Privatvermogen gehalten werden und innerhalb oder auBerhalb der siebenjahrigen Sperrfrist verauBert werden. Werden die Anteile im Betriebsvermogen gehalten, geht § 21 UmwStG den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften vor."*^"^ Erfolgt die VerauBerung aus dem Betriebsvermogen innerhalb von sieben Jahren nach dem Zeitpunkt der Einbringung, finden gem. § 3 Nr. 40 Satz 3 i.V.m. Satz 4 Bst. a EStG die Beglinstigungen des Halbeinkunfteverfahrens keine Anwendung, so dass ein der vollen Steuerpflicht unterliegender Gewinn entsteht."*^^ Hiervon besteht allerdings eine Ausnahme, wenn mehrheitsvermittelnde Anteile eingebracht wurden, da diese bereits vor der Einbringung durch das Halbeinkiinfteverfahren begiinstigt waren. Auf den VerauBerungsgewinn ist, soweit Betriebe, Teilbetriebe oder Mituntemehmeranteile Gegenstand der Einbringung waren, als auBerordentliche Einkunfte i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG die Funftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG oder der reduzierte Durchschnittssteuersatz gem. § 34 Abs. 3 EStG anzuwenden. Die Funftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG hat eine tarifglattende Wirkung durch die Vorgabe, dass die fiir die auBerordentlichen Einkunfte anzusetzende Einkommensteuer das Funffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer fiir das um diese Einkunfte verminderte zu versteuemde Einkommen und der Einkommensteuer fiir das verbleibende zu versteuemde Einkommen zuzuglich eines Fiinftels dieser Einkunfte betragt. Da im vorliegenden Entscheidungsmodell ausschlieBlich Grenzsteuersatze zur Anwendung gelangen, lauft die progressionsmindemde Vorschrift des § 34 Abs. 1 EStG ins Leere. Die Anwendung des reduzierten Durchschnittssteuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG wird ebenfalls nicht weiter berucksichtigt, da sie die VoUendung des 55. Lebensjahrs des Steuerpflichtigen voraussetzt und nur einmal im Leben des Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden kann.
^"^^ Vgl. Widmann, S./ Mayer, D., Umwandlungsrecht Kommentar, 84. Erg.Lief, Berlin 2005, § 21 UmwStG, Rdz. 354. ^"^^ Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 466. ^"^^ Vgl. Widmann, S./ Mayer, D., Umwandlungsrecht Kommentar, 84. Erg.Lief., Berlin 2005, § 21 UmwStG, Rdz. 18. "^^^ Vgl. Djanani, C.I BrShler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 466.
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KapitelIII: Konkretisienins des Entscheidunssmodells anhandeines EU-Staates
Der realisierte VerauBerungsgewinn unterliegt nicht der Gewerbesteuer, wenn auch die Veraufierung des eingebrachten Betriebs, Teilbetriebs oder Mituntemehmeranteils gewerbesteuerfrei gewesen ware."^^^ Da nur der laufende Gewinn Gegenstand der Besteuerung nach dem Gewerbesteuergesetz ist, gehoren Gewinne aus der VerauBerung eines Gewerbebetriebs, Teilbetriebs oder eines Mituntemehmeranteils nicht zum Gewerbeertrag, so dass auch die VerauBerung der einbringungsgeborenen Anteile in diesen Fallen gewerbesteuerfrei bleibt. Die VerauBerung von einbringungsgeborenen Anteilen ist allerdings dann gewerbesteuerpflichtig, wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft i.S.d. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG eingebracht werden, die zu einem Betriebsvermogen gehort haben."^^^ Dabei mindert die Gewerbesteuer nicht den VerauBerungsgewinn nach § 21 Abs. 1 UmwStG, sondem den laufenden Gewinn."^^^ Da die VerauBerung dieser Anteile durch das Halbeinkiinfteverfahren begiinstigt ist, ergeben sich die gleichen Besteuerungsfolgen wie bei VerauBerungsgewinnen von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Betriebsvermogen. Werden die einbringungsgeborenen Anteile im Privatvermogen gehalten, entsteht eine Steuerpflicht nur unter der Voraussetzung, dass die Anteile bereits vor der Einbringung steuerverhaftet waren; werden nicht steuerverhaftete Anteile unterhalb des Teilwerts angesetzt, entstehen trotzdem keine einbringungsgeborenen Anteile."*"^^ Fur diese Falle bleibt es bei der fehlenden Steuerpflicht der VerauBerungsgewinne. Die weiteren Besteuerungsfolgen entsprechen den Vorschriften bei der VerauBerung von im Betriebsvermogen gehaltenen einbringungsgeborenen Anteilen mit der Ausnahme, dass Gewinne aus der VerauBerung von einbringungsgeborenen Anteilen, die im Privatvermogen gehalten werden, in keinem Fall der Gewerbesteuer unterliegen.^^^ In der folgenden Obersicht werden zur Verdeutlichung der Besteuerungsfolgen die Falle miteinander verglichen, dass ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mituntemehmeranteil Gegenstand der Einbringung war und die als Gegenleistung verwendeten einbringungsgeborenen Anteile vor oder nach dem Ablauf von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt verauBert wurden sowie dass mehrheitsvermittelnde Anteile ein-
Vgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998, IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I, S. 268, Tz. 21.13. Vgl. BMF-Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995); Zweifels- und Auslegungsfragen vom 25.03.1998, IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I, S. 268, Tz. 21.13. Vgl. BFH V. 27.10.1977, IV R 60/74, BStBl. II 1978, S. 100. Vgl. Widmann, S./ Mayer, D., Umwandlungsrecht Kommentar, 84. Erg.Lief, Berlin 2005, § 21 UmwStG, Rdz. 14,Rdz. 314. Vgl. Schmitt, J./ HortnagI, R., Stratz, R.-C, Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl., Munchen 2006, § 21 UmwStG, Rdz. 147.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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gebracht wurden und die einbringungsgeborenen Anteile aus dem Privatvermogen verauBert werden:
Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil
Gegenstand der Einbringung Behaltefrist
<. 1 Jahre
1 VerauBerungsgewinn vor Steuem Steuerfreier Anteil 1 Bemessungsgrundlage fiir Einkommensteuer Einkommensteuer i.H.v. 42 % 1 Solidaritatszuschlag i.H.v. 5,5 % 1 Nettoertrag des Anteils1 eigners Tabellell:
> 7 Jahre
Mehrheitsvermittelnde Anteile unerheblich
100,00
100,00
100,00
./. 0,00
./. 50,00
./. 50,00
100,00
50,00
50,00
./. 42,00
./. 21,00
./. 21,00
./. 2,31
./. 1,16
./. 1,16
55,69
77,84
77,84
Berechnung der Besteuerung von VerauBerungsgewinnen von einbringungsgeborenen Anteilen in Deutschland
Aus den Berechnungen wird deutlich, dass die VerauBerung einbringungsgeborener Anteile, die auf die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mituntemehmeranteils zuriickzuflihren sind, innerhalb der siebenjahrigen Sperrfrist zu einer deutlichen Verringerung des Nettoertrags des Anteilseigners fiihrt. Nach Ablauf der Behaltefrist entspricht der Nettoertrag dem Ergebnis, das sich bei VerauBerung von Anteilen an Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, die im Privatvermogen gehalten werden, einstellen wurde. Gleiches gilt fiir einbringungsgeborene Anteile, die auf einem Anteilstausch basieren, da diese von der Vorschrift des § 21 UmwStG aufgrund der in § 3 Nr. 40 Satz 4 EStG genannten Unterausnahmen unberiihrt bleiben. In Osterreich muss zur Berechnung der Besteuerungsfolgen ebenfalls eine Unterscheidung stattfinden zwischen Anteilen, die in einem Betriebsvermogen oder in einem Privatvermogen gehalten werden. Bei VerauBerung der Beteiligung aus dem Betriebsvermogen nach Ablauf eines Jahres wird der VerauBerungsgewinn durch das Halbsatzverfahren begiinstigt. Sollten VerauBerungsgewinne von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die im Privatvermogen gehalten werden, uberhaupt steuerlich relevant sein, werden sie gleichfalls durch das Halbsatzverfahren begiinstigt. Unabhangig davon, ob die Anteile im Betriebs- oder im Privatvermogen gehalten werden, besteht ein der vollen Steuerpflicht unterliegender VerauBerungsgewinn, wenn die Anteile inner-
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Kapitel III: Konkretisieruns
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anhand eines EU-Staates
halb eines Jahres nach dem Erwerb verauBert wurden. Fiir steuerpflichtige AnteilsverauBerungen in Osterreich ergeben sich somit die folgenden Belastungswirkungen: Art und Hohe der Beteiligung Behaltefrist VerauBerungsgewinn vor Steuem 1 Bemessungsgrundlage fUr Einkommensteuer 1 Einkommensteuer i.H.v. 50 % bzw. des halben Durchschnittssteuersatzes Nettoertrag des Anteilseigners Tabelle 12:
Betriebsvermogen, Privatvermogen 0 -100 % < 1 Jahr
> 1 Jahr
100,00
100,00
100,00
100,00
./. 50,00
./. 25,00
50,00
75,00
Berechnung der Besteuerung von VerauBerungsgewinnen von Anteilen an Kapitalgesellschaften in Osterreich
Im weiteren Verlauf der Untersuchung soil davon ausgegangen werden, dass keine VerauBerung der Beteiligung innerhalb der einjahrigen Spekulationsfrist vorgenommen wird, so dass in samtlichen Fallen der VerauBerung von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen natlirlicher Personen eine Besteuerung nach dem Halbsatzverfahren durchgefiihrt wird. In Osterreich bleibt es bei der Anwendung des Halbsatzverfahrens auf den VerauBerungsgewinn auch dann, wenn Anteile verauBert werden, die als Gegenleistung fur eine Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben, Mituntemehmeranteilen oder Anteilen erhalten wurden. Folglich wird keine der deutschen Regelung der einbringungsgeborenen Anteile entsprechende Vorgehensweise gewahlt, die zu einer Schlechterstellung der VerauBerungsgewinnbesteuerung der einbringungsbedingt erworbenen Anteile innerhalb einer bestimmten Sperrfrist fiihren wurde. Falle 1 und 2: Verschmelzungs>SE Im Fall der Griindung einer Verschmelzungs-SE, die in Deutschland ansassig ist, setzen sich die Anteilseigner der SE nach der grenzuberschreitenden Verschmelzung aus den ehemaligen Anteilseignem der deutschen und osterreichischen Kapitalgesellschaft zusammen. Gem. Art. 8 Abs. 4 FRL ist Voraussetzung fiir die Steuemeutralitat der Verschmelzung, dass der Gesellschafter den als Gegenleistung erhaltenen Anteilen keinen hoheren steuerlichen Wert beimisst, als den im Tausch gegebenen Anteilen unmittelbar vor der Fusion zugerechnet war. Somit werden auf Ebene der deutschen
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und der osterreichischen Anteilseigner die Buchwerte bzw. die Anschafflingskosten ihrer ursprunglichen Beteiligung fortgefiihrt. Da sich annahmegemaB durch die Verschmelzung der Wert der SE nicht verandert, erzielen die Anteilseigner den gleichen Gewinnanteil wie vor der Fusion. Gem. Art. 13 Abs. 3, Abs. 5 DBA-Osterreich bleibt das Besteuerungsrecht an den VerauBerungsgewinnen von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen im Ansassigkeitsstaat des Gesellschafters, so dass die Steuerverhaftung der stillen Reserven in den Beteiligungen der Anteilseigner nicht aufgegeben wird. Wie bereits festgestellt wurde, andert sich durch die Verschmelzung die innerstaatliche Besteuerungskonzeption der VerauBerungsgewinne Deutschlands und Osterreichs nicht, so dass im Ergebnis die gleichen Besteuerungsfolgen eintreten wie in der Ausgangssituation. Im Fall der Griindung der SE durch Verschmelzung in Osterreich ergeben sich keine Abweichungen vom Fall der Griindung einer Inbound-Verschmelzungs-SE, da aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens die Besteuerungsrechte an den Anteilen nicht verandert werden und auch die steuerlich maBgebenden Wertansatze durch die Fusionsrichtlinie beibehalten werden miissen. Aus diesen Griinden bleibt es bei den gleichen Nettoertragen wie im Fall der Griindung einer Inbound-Verschmelzungs-SE und somit der Ausgangssituation. Sollte die auslandische Betriebsstatte durch die iibemehmende Kapitalgesellschaft verauBert werden, fiihrt dies zu einem VerauBerungsgewinn, der gem. Art. 13 Abs. 3 DBA-Osterreich im Betriebsstattenstaat der vollen Besteuerung unterliegt und im Ansassigkeitsstaat der Kapitalgesellschaft gem. Art. 23 Abs. 1 Bst. a, Abs. 2 Bst. a DBAOsterreich steuerft-ei gestellt ist. Deutscherseits ist zu beriicksichtigen, dass der VerauBerungsgewinn gem. R 40 Abs. 2 Satz 1 GewStR auch der Gewerbesteuer zu unterwerfen ist.
Falle 3 und 4: Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben Ftir den Fall der grenziiberschreitenden Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs ist festzustellen, dass sich durch die Umstrukturierung nicht die Wertverhaltnisse der Gesellschaften verandert haben und auch das Besteuerungsrecht an den VerauBerungsgewinnen der Anteile weiterhin dem Ansassigkeitsstaat des Gesellschafters zugeordnet bleibt. Da die Anteilseigner von dem Einbringungsvorgang unberiihrt bleiben, wird die steuerliche Position des Anteilseigners der einbringenden Gesellschaft nicht verandert; insbesondere wird in Deutschland keine Umqualifizierung der Beteiligung in einbringungsgeborene Anteile vorgenommen. Auf diese Weise ergibt sich auf Ebene der Anteilseigner der gleiche Nettoertrag wie in der Ausgangssituation.
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Allerdings miissen die Belastungswirkungen auf Ebene der die Gegenleistung fiir die Einbringung erhaltenen Kapitalgesellschaften analysiert werden, da sowohl Deutschland als auch Osterreich Missbrauchsvorschriften eingefiihrt haben, die Auswirkungen auf die steuerliche Vorteilhaftigkeit der Handlungsaltemative haben konnen. Zu diesem Zweck soil zuerst der Fall diskutiert werden, dass die deutsche Kapitalgesellschaft ihren Betrieb in die osterreichische Gesellschaft einbringt und im Gegenzug Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft erhalt. Sowohl das eingebrachte Vermogen auf Ebene der aufnehmenden Kapitalgesellschaft als auch die als Gegenleistung ftir die Einbringung erhaltenen Anteile auf Ebene der einbringenden Kapitalgesellschaft sind aufgrund des Einbringungskreislaufs gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG mit ihrem Buchwert anzusetzen. Auf diese Weise sind die stillen Reserven doppelt erfasst. Fraglich ist, ob durch diese Vorgehensweise auch eine doppelte Besteuerung der stillen Reserven verursacht wird. Dabei muss unterschieden werden, ob die VerauBerung der als Gegenleistung erhaltenen Anteile von der deutschen Kapitalgesellschaft innerhalb oder auBerhalb der siebenjahrigen Sperrfrist des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG stattfmdet, da die Anteile als einbringungsgeboren i.S.d. §21 UmwStG zu qualifizieren sind. Sollte demnach die VerauBerung innerhalb von sieben Jahren erfolgen, findet gem. § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 KStG die Vorschrift des § 8b Abs. 2 KStG keine Anwendung mit der Folge, dass der VerauBerungsgewinn nicht als steuerfrei behandelt werden kann. Es ergibt sich trotz Steuemeutralitat der Einbringung bei VerauBerung der Anteile innerhalb der Siebenjahresfrist auf Ebene der einbringenden Kapitalgesellschaft dieselbe Steuerbelastung i.H.v. 39,16%, die sich auch bei VerauBerung des Betriebes ergeben hatte. Wenn der verbleibende Nettoertrag von 60,84 % im Anschluss an den Anteilseigner ausgeschiittet wird bzw. wenn dieser seine Anteile verauBert, ergibt sich die gleiche Steuerbelastung von 52,64 % wie in der Ausgangssituation. Auf diese Weise fmdet auf Ebene der iibertragenden Kapitalgesellschaft eine „Straft5esteuerung" statt, wenn die Anteile innerhalb einer Frist von sieben Jahren verauBert werden, da in diesem Fall nicht von einer Fortftihrung des wirtschaftlichen Engagements der einbringenden Kapitalgesellschaft ausgegangen wird. Diese Nachversteuerung der unterstellten BetriebsverauBerung ist zwar aufgrund der Lange des Zeitraums sowie der pauschalen Missbrauchsunterstellung zu kritisieren, fuhrt aber m.E. zu einem sachgerechten Ergebnis, da anderenfalls eine Kapitalgesellschaft einen Betrieb oder Teilbetrieb iiber den Umweg einer Einbringung steuemeutral verauBem konnte. Die steuerbegunstigte VerauBerung der Anteile kann folglich erst nach Ablauf von sieben Jahren vorgenommen werden, ansonsten verbleibt es bei derselben Besteuerung, die sich auch bei direkter VerauBerung des Betriebs bzw. Teilbetriebs ergeben
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hatte. Als problematisch ist es allerdings anzusehen, dass die aufnehmende Gesellschaft trotz der gesetzlichen Fiktion der BetriebsverauBerung auf Ebene der einbringenden Gesellschaft nicht die hoheren Anschafflingskosten ansetzen darf, sondem die aufgrund des Einbringungskreislaufs angesetzten Buchwerte weiterhin fortfiihren muss. Ein nachtraglicher step up der Buchwerte ist gesetzlich nicht vorgesehen. Diese Situation wird wie folgt verdeutlicht:
Einbringungsgeborene Anteile [BW100, TW200]
i Einbringende Kapitalgesellschaft [BWlOO, TW200J
\
Einbringung
^
Aufnehmende Kapitalgesellschaft [BWlOO, TW200J
A
Anteilseigner [AK 100, TW200]
VerauBerung der""^-**^ einbringungsgeborenen Anteile
Anteilseigner [AK200, TW200]
Abbildung 48: Aufdeckung von stillen Reserven bei einbringungsgeborenen Anteilen Auf Ebene der aufnehmenden Kapitalgesellschaft fallt bei VerauBerung des eingebrachten Vermogens eine zusatzliche Steuerbelastung in Hohe der VerauBerungsgewinnbesteuerung des auslandischen Sitzstaats der Betriebsstatte an. Im vorliegenden Fall wurden somit die in der deutschen Betriebsstatte verhafteten stillen Reserven auf Ebene der beteiligten Kapitalgesellschaften doppelt belastet werden. Zum einen wiirde eine Besteuerung der stillen Reserven auf Ebene der deutschen Kapitalgesellschaft bei VerauBerung der einbringungsgeborenen Anteile ausgelost werden und zum anderen wurden die stillen Reserven in gleicher Hohe in Deutschland bei VerauBerung der deutschen Betriebsstatte durch die aufnehmende osterreichische Kapitalgesellschaft einer weiteren Besteuerung unterworfen werden. Selbst in dem Fall, dass das eingebrachte Vermogen nicht verauBert wird, stellen sich durch die fehlenden Abschreibungen die gleichen steuerlichen Folgewirkungen ein, da sich die stillen Reserven im Zeitablauf auflosen. Die Besteuerung der aufnehmenden Kapitalgesellschaft kann auf Ebene des Anteilseigners nicht beriicksichtigt werden. Dieses Ergebnis stellt sich ins-
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besondere dann ein, wenn der Anteilseigner seine Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft verauBert und dieser VerauBerungsvorgang bei ihm nicht steuerpflichtig ist. Dies ist vor allem bei Beteiligungen unter einer Beteiligungshohe von einem Prozent, die im Privatvermogen seit mindestens einem Jahr gehalten wurden, gegeben. Selbst bei Steuerverhaftung der Anteile verhindem fxir den Fall, dass ein in Osterreich ansassiger Anteilseigner die Anteile im Privatvermogen halt, die Vorschriften der § 30 Abs. 4 Satz 5 oEStG fiir Spekulationsgewinne und § 31 Abs. 5 oEStG fur Beteiligungen in Hohe von mindestens einem Prozent die uneingeschrankte Geltendmachung eines VerauBerungsverlusts. Bei im Betriebsvermogen gehaltenen Beteiligungen kann der VerauBerungsverlust allerdings geltend gemacht werden. Selbst diese Moglichkeit fuhrt allerdings nicht zu einem vollstandigen Ausgleich der doppelten Versteuerung sowohl auf Ebene der einbringenden als auch auf Ebene der aufnehmenden Kapitalgesellschaft, da der VerauBerungsverlust die Steuerschuld des Anteilseigners maximal in Hohe des personlichen Grenzsteuersatzes mindem kann. Im Ergebnis kann die Aussage getroffen werden, dass durch das Konzept des Einbringungskreislaufs im Rahmen von Betrieben und Teilbetrieben von Kapitalgesellschaften bei VerauBerung innerhalb der Sperrfrist von sieben Jahren eine 1 V^fache Besteuerung der stillen Reserven ausgelost wird. Dies ergibt sich daraus, dass auf Ebene der beteiligten Kapitalgesellschaften zweimal eine Ertragsteuerbelastung ausgelost wird, die auf Ebene des Anteilseigners nicht mehr ausgeglichen, sondern durch die eventuelle Beriicksichtigung eines VerauBerungsverlustes bestenfalls abgemildert werden kann. Diese Zusatzbelastung ist m.E. als nicht systemgerecht anzusehen, da die aufnehmende Kapitalgesellschaft fiir das als steuerschadlich eingestufte Verhalten der einbringenden Gesellschaft, die zudem dafiir bereits selbst durch das Missbrauchsbekampfungskonzept der einbringungsgeborenen Anteile steuerlich sanktioniert wurde, zusatzlich belastet wird. M.E. sollte fiir den Fall, dass VerauBerungen von einbringungsgeborenen Anteilen durch Kapitalgesellschaften innerhalb der Sperrfrist vorgenommen werden, zum Zeitpunkt der AnteilsverauBerung auf Ebene der aufnehmenden Kapitalgesellschaft die Moglichkeit der erfolgsneutralen Buchwertaufstockung des eingebrachten Vermdgens in Hohe der bei der verSuBernden Kapitalgesellschaft aufgedeckten stillen Reserven eingefiihrt werden. Auf diese Weise konnte eine systemgerechte Einfachbesteuerung des eingebrachten Vermogens erreicht werden. Deutschland sollte folglich in diesen Fallen zulassen, dass das im Inland belegene Betriebsstattenvermogen steuemeutral aufgewertet werden kann. Sollte die VerauBerung auBerhalb des Siebenjahreszeitraums stattfmden, fmdet lediglich eine zu vemachlassigende Belastung
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i.H.v. 1,96%^^' aufgrund der Vorschrift des § 8b Abs. 3 KStG statt. In diesem Fall fiihrt die Doppelerfassung der stillen Reserven nicht zu einer Mehrfachbelastung. Im Fall der Inbound-Einbringung, in dem die osterreichische Kapitalgesellschaft ihren in Osterreich belegenen Betrieb in die deutsche Kapitalgesellschaft gegen Gewahrung von Gesellschaftsrechten einbringt, gilt der Grundsatz der Buchwerteinbringung gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 UmgrStG. Bei der osterreichischen Kapitalgesellschaft sind die als Gegenleistung erhaltenen Anteile an der deutschen Kapitalgesellschaft gem. §§19 Abs. 1, 20 Abs. 2 UmgrStG mit den Buchwerten anzusetzen. Allerdings ist die Vorschrift des § 20 Abs. 7 Satz 1 UmgrStG zu beachten, nach der das intemationale Schachtelprivileg gem. § 10 Abs. 3 oKStG keine Anwendung fmdet, wenn durch die Einbringung eine intemationale Schachtelbeteiligung entsteht oder ihr AusmaB verandert wird und diese Beteiligung verauBert wird. Da im Rahmen einer grenziiberschreitenden Einbringung ublicherweise eine Beteiligung von mehr als 10 % als Gegenleistung gewahrt werden wird, ist davon auszugehen, dass es in Osterreich in jedem Fall zu einer „Strafl3esteuerung" bei VerauBerung der als Gegenleistung ftir die Einbringung erhaltenen Anteile kommt. Da auch in Osterreich gem. § 18 UmgrStG der aufnehmende Rechtstrager zur Fortftihrung der Buchwerte verpflichtet ist, kommt es zusatzlich zu der unbegunstigten Versteuerung der AnteilsverauBerung auf Ebene der einbringenden Gesellschaft zu einer weiteren Belastung auf Ebene der iibemehmenden Kapitalgesellschaft, wenn diese die in der osterreichischen Betriebsstatte verhafteten stillen Reserven aufdeckt. Da die eigentlich systemgerechte Aufstockung der Buchwerte nicht moglich ist, kommt es zu einer Mehrfachbelastung in Hohe des osterreichischen Korperschaftsteuersatzes, da der in Deutschland auf Ebene des Anteilseigners sich ergebende VerauBerungsverlust nicht zu einem Ausgleich der zweifachen Belastung der stillen Reserven auf Ebene der an der Einbringung beteiligten Kapitalgesellschaften ftihrt. Wie auch in Osterreich ist die Beriicksichtigung eines VerauBerungsverlusts auf Ebene des Anteilseigners nicht moglich, wenn die Anteile im Privatvermogen gehalten werden und nicht steuerverstrickt i.S.d. §§ 17, 23 EStG sind. Selbst ftir diesen Fall sind die einschrankenden Vorschriften der § 17 Abs. 2 Satz 2 EStG und § 23 Abs. 3 Satz 8, 9 EStG zu berucksichtigen. Sollte ein VerauBerungsverlust geltend gemacht werden konnen, erfolgt die Beriicksichtigung lediglich im Rahmen des Halbeinkiinfteverfahrens, so dass im Ergebnis eine zusatzliche Belastung durch das Konzept des Einbringungskreislaufs verursacht wird. Da Osterreich den VerauBerungsgewinn an den als Gegenleistung ftir die Einbringung erhaltenen Anteilen nicht nach Ablauf einer bestimmten Sperrfrist freistellt, wird die Einbringung einer osterreichischen 1,96 %= 5 % X 17,36 % + 5 % X (1 ./. 17,36 %) x 25 % x (1 + 5,5 %).
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Betriebsstatte in eine deutsche Kapitalgesellschaft bei VerauBerung der Betriebsstatte regelmafiig zu einer Mehrfachbelastung fiihren. Durch diese unbegrenzte Sperrfrist ist die deutsche Regelung, die zumindest nach Ablauf von sieben Jahren die VerauBerungsgewinne der einbringungsgeborenen Anteile steuerfrei stellt, der osterreichischen Regelung uberlegen. Die Vorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, die die Anwendbarkeit des § 23 Abs. 2 UmwStG riickwirkend untersagt, wenn die einbringende Kapitalgesellschaft die erhaltenen Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Einbringung verauBert, muss unter den getroffenen Modellannahmen nicht beriicksichtigt werden, da die osterreichische Kapitalgesellschaft ihre in Osterreich belegene Betriebsstatte einbringt und somit keine inlandische Betriebsstatte.
Falle 5 und 6: Anteilstausch Im Fall eines grenzuberschreitenden Anteilstauschs soil zunachst die Alternative des Outbound-Anteilstauschs diskutiert werden, in der ein deutscher Anteilseigner mehrheitsvermittelnde Anteile in eine osterreichische Kapitalgesellschaft einbringt und im Gegenzug Anteile an der osterreichischen Gesellschaft erhalt. In diesem Fall sind aufgrund der Buchwertverkniipfung im Rahmen des Einbringungskreislaufs die erhaltenen Anteile auf Ebene des Anteilseigners gem. § 23 Abs. 4 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG mit dem Buchwert anzusetzen. Die Anteile werden zwar gem. § 21 UmwStG als einbringungsgeboren qualifiziert, allerdings ist diese Umqualifizierung ohne Auswirkung, da aufgrund der Unterausnahme in § 3 Nr. 40 Satz 4 Bst. b EStG trotzdem das Halbeinktinfteverfahren bei VerauBerung der Anteile Anwendung fmdet. Auf diese Weise hat sich die steuerliche Behandlung des VerauBerungsgewinns auf Ebene des deutschen Anteilseigners durch den Anteilstausch nicht geandert. Da das Besteuerungsrecht an dem VerauBerungsgewinn aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens weiterhin Deutschland zusteht, ergeben sich die gleichen steuerlichen Folgen wie in der Ausgangssituation. Das gleiche gilt ftir den Fall, dass ein osterreichischer Gesellschafter die Anteilseinbringung in die osterreichische Kapitalgesellschaft vomimmt. Allerdings soil ebenso wie im Fall der Betriebseinbringung untersucht werden, welche Belastungswirkungen sich auf Ebene der iibemehmenden Kapitalgesellschaft ergeben, da diese ebenfalls die eingebrachten Anteile mit dem Buchwert ansetzt. Bei einem ausschlieBlich in Deutschland durchgefuhrten Anteilstausch ist der doppelte Buchwertansatz als unproblematisch zu beurteilen, da der eventuell auf Ebene der iibemehmenden Kapitalgesellschaft bei spaterer VerauBerung der eingebrachten Beteiligung entstehende Gewinn gem. § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei ist. Aller-
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dings ist diesbeziiglich die Vorschrift des § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG zu beachten, nach der die Steuerfreiheit des VerauBerungsgewinns auf Ebene der Kapitalgesellschaft erst nach einer siebenjahrigen Haltefrist erlangt werden kann. Sollte das Ausland moglicherweise ebenfalls unter Berucksichtigung einer Sperrfrist eine Steuerbefreiung flir Veraul3erungsgewinne von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen auf Ebene der Kapitalgesellschaft kennen, ist die doppelte Erfassung der stillen Reserven folglich ohne Relevanz, Die Ubemahme der auslandischen Anteile zum Buchwert ist m.E. zwar aus steuersystematischer Sicht zu kritisieren, da die Anteile erstmals in die Steuerverhaftung des Ansassigkeitsstaats hineinwachsen und somit ein Ansatz mit dem gemeinen Wert sachgerechter ware, fiihrt aber zu keinen negativen Folgen bei Steuemeutralitat etwaiger VerauBerungsgewinne. In Osterreich bestimmt die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Z 3 Hs. 1 UmgrStG, dass die ubemehmende Kapitalgesellschaft fur den Fall, dass das Besteuerungsrecht der Republik Osterreich hinsichtlich der ubemommenen Vermogensteile entsteht, die iibernommenen Vermogensteile mit dem gemeinen Wert anzusetzen hat. Allerdings gilt dies gem. § 18 Abs. 1 Z 3 Hs. 2 UmgrStG nur soweit, als sich nach § 17 Abs. 2 Z 1 UmgrStG nichts anderes ergibt. Nach dieser Vorschrift gilt fiir die Bewertung der nicht zu einem osterreichischen Betriebsvermogen gehorenden Kapitalanteile, dass Beteiiigungen, bei denen am Einbringungsstichtag ein Besteuerungsrecht Osterreichs im Verhaltnis zu anderen Staaten nicht besteht, mit dem hoheren gemeinen Wert anzusetzen sind, es sei denn, dass im Einbringungsvertrag der Ansatz der Anschafftangskosten bzw. Buchwerte festgelegt
wird. Dies wird im Fall des Outbound-
Anteilstauschs jedoch regelmaBig der Fall sein, so dass ein Ansatz der erhaltenen Anteile bei der osterreichischen Kapitalgesellschaft mit dem Buchwert erfolgen muss. Dariiber hinaus normiert § 18 Abs. 4 Z 1 UmgrStG, dass im Fall der Entstehung einer intemationalen Schachtelbeteiligung i.S.d. § 10 Abs. 2 oKStG hinsichtlich der bisher nicht steuerbegiinstigten Beteiligungsquoten auf den Unterschiedsbetrag zwischen den Buchwerten und den hoheren Teilwerten § 10 Abs. 3 oKStG nicht anzuwenden ist. Dies hat zur Folge, dass im Fall der VerauBerung der eingebrachten Beteiligung durch die aufnehmende osterreichische Kapitalgesellschaft der dabei entstehende Gewinn einer unbegiinstigten Besteuerung unterworfen werden muss. Sollten die stillen Reserven daher auf Ebene der aufnehmenden osterreichischen Kapitalgesellschaft aufgedeckt werden, fiihrt dies zu einer Steuerbelastung auf Ebene der osterreichischen Kapitalgesellschaft, wodurch der Nettoertrag des deutschen Anteilseigners gemindert wird. Diese Steuerbelastung wird nicht nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums aufgehoben, so dass von einer unbegrenzten Sperrfrist beziiglich der VerauBerung der von der
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osterreichischen Kapitalgesellschaft gehaltenen Anteile an der deutschen Kapitalgesellschaft auszugehen ist. Dies ist m.E. auch aus dem Grund als problematisch anzusehen, dass in Osterreich ein zusatzliches Besteuerungsrecht an stillen Reserven besteht, die in Deutschland entstanden sind. Im Fall der VerauBerung der Anteile durch die osterreichische Kapitalgesellschaft wird eine Besteuerung auf Ebene der Gesellschaft begriindet, die sich gleichfalls bei Auflosung der stillen Reserven durch die deutsche Kapitalgesellschaft selbst ergeben hatte. Allerdings erfolgt die Besteuerung nunmehr in Osterreich. Um diese unsachgemafie Belastung mit osterreichischer Korperschaftsteuer zu vermeiden, sollte m.E. bei der auslandischen aufiiehmenden Kapitalgesellschaft eine Aufstockung der Beteiligung auf den gemeinen Wert vorgenommen werden. Hierzu sollte m.E. die Fusionsrichtlinie eine entsprechende Anderung erfahren, die im Rahmen eines Anteilstauschs der aufiiehmenden Gesellschaft den Ansatz der erhaltenen mehrheitsvermittelnden Anteile zum Verkehrswert vorschreibt und sich auf den Ansatz des Buchwerts auf Ebene der Anteilseigner beschrankt. Daruber hinaus ist von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft die Vorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG zu beachten, wonach sowohl im Inbound- als auch im Outbound-Fall die Buchwertfortftihrung entfallt, wenn die eingebrachten Anteile innerhalb von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft wieder verauBert werden. Auf diese Weise wird eine siebenjahrige VerauBerungssperre ftir die aufnehmende Kapitalgesellschaft normiert, da anderenfalls auf Ebene des Einbringenden ein nachtraglicher VerauBerungsgewinn fmgiert und einer Besteuerung unterworfen wird. Fur den umgekehrten Fall des Inbound-Anteilstauschs, in dem ein in Osterreich ansassiger Anteileigner die Anteile an seiner in Osterreich ansassigen Kapitalgesellschaft in eine deutsche Kapitalgesellschaft einbringt, sind die Vorschriften der §§16 Abs. 1 Satz 2, 17 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG zu beachten, die das Konzept der aufgeschobenen Besteuerung begrunden. Die auf Ebene des osterreichischen Anteilseigners anfallende Steuer wird demnach auf Antrag nicht festgesetzt. Sollte die deutsche Kapitalgesellschaft allerdings die eingebrachten Anteile innerhalb der Festsetzungsfrist von zehn Jahren verauBem, liegt ein Ereignis mit Ruckwirkung vor mit der Folge der dadurch ausgelost tatsachlichen Pflicht, die lediglich festgestellte Steuerschuld endgultig zu entrichten. Auf diese Weise wird eine zehnjahrige VerauBerungssperre ftir die aufnehmende deutsche Kapitalgesellschaft formuliert. Auf Seiten Deutschlands konnen die aus Osterreich eingebrachten Anteile gem. § 23 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG mit dem Teilwert angesetzt werden. Auf diese Weise ist auf Seiten Deutschlands bestehende siebenjahrige VerauBerungssperre gem. §§ 8b Abs. 4 Satz 1
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Nr. 2 i.V.m. 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG sowie § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG nicht zu beriicksichtigen. Es bleibt allerdings bei der durch das osterreichische Prinzip der aufgeschobenen Besteuerung verursachten zehnjahrigen VerauBerungssperre. Die osterreichischen Anteilseigner durfen bei Festsetzung der Steuerpflicht gem. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmgrStG zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung der in ihren Kapitalanteilen verhafteten stillen Reserven riickwirkend die Anschaffungskosten bzw. Buchwerte der Anteile urn die zu diesem Zeitpunkt bereits aufgedeckten und versteuerten stillen Reserven erhohen.
2.1.4 Weitere entscheidungsrelevante Faktoren Um eine grenzuberschreitende Verschmelzung durchflihren zu konnen, muss sowohl in Deutschland gem. §§ 13 Abs. 1, 65 Abs. 1 UmwG als auch in Osterreich gem. § 221 Abs. 1, Abs. 2 oAktG, § 98 oGmbHG die Hauptversammlung jeder Gesellschafl mit einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals zustimmen. Da der Entscheidungstrager im Rahmen der Modellannahmen als die qualifizierte Mehrheit der Anteilseigner defmiert wurde, ist diese Anforderung als erfiillt anzusehen. Auf diese Weise kann die Verschmelzung i.d.R. gegen den Willen von Minderheitsaktionaren durchgesetzt werden.^^^ Bezuglich der Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben gilt in Deutschland gem. § 82 Abs. 1 AktG sowie in Osterreich gem. § 71 Abs. 1 oAktG der Grundsatz, dass die Aktiengesellschaft durch den Vorstand vertreten wird, so dass die Anteilseigner nicht in den Entscheidungsprozess der Vermogensubertragung einbezogen werden miissen. Der Vorteil dieser Umstrukturierungsaltemative ist somit darin zu sehen, dass die Untemehmenszusammenfuhrung auf einfachere Weise verwirklicht werden kann, da keine unmittelbare Zustimmungsbediirftigkeit
seitens der Anteilseigner besteht. In
Deutschland wird jedoch durch die BGH-Entscheidung in Sachen Holzmiiller^^^ bestimmt, dass bei schwerwiegenden Eingriffen in die Rechte und Pflichten der Aktionare, wie z.B. der Ausgliederung eines Betriebs, der den wertvollsten Teil des Gesellschaftsvermogens bildet, auf eine dazu gegriindete Tochtergesellschaft, der Vorstand ausnahmsweise verpflichtet sein kann, gem. § 119 Abs. 2 AktG eine Entscheidung der Hauptversammlung herbeizufuhren. Der Grund fiir die Zustimmungsbedurftigkeit im entschiedenen Fall war darin zu sehen, dass die Ausgliederung den Kembereich der Untemehmenstatigkeit betroffen hat und dadurch die Untemehmensstruktur grundle-
Vgl. Sagasser, B./ Bula, T./ Brunger, T., Umwandlungen, 3. Aufl., Munchen 2002, 111. Vgl.BGHv. 25.02.1982-II ZR 174/80 - „Holzmuller", BGHZ 1983, S. 122.
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gend geandert wurde. Dadurch wurde die Rechtsstellung der Anteilseigner der den Betrieb einbringenden Gesellschaft direkt beeintrachtigt, da sie die Moglichkeit verloren haben, im Rahmen der gem. § 119 AktG der Hauptversammlung vorbehaltenen Befiignisse den Einsatz des abgespaltenen Betriebskapitals, das Risiko seines Verlusts und die Verwendung seiner Ertrage unmittelbar zu beeinflussen.^^^'^^^ Aus diesen Griinden muss m.E. auch bei einer grenziiberschreitenden Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben die Hauptversammlung mit einer qualifizierten Mehrheit von drei Vierteln des stimmberechtigten Kapitals zustimmen. Diese Zustimmung wird aufgrund der getroffenen Modellannahmen vorausgesetzt. Im Rahmen eines grenziiberschreitenden Anteilstauschs wurde im Modell die Annahme getroffen, dass samtliche Anteilseigner der Zielkapitalgesellschaft ihre Beteiligung ubertragen, so dass die Zielgesellschaft eine 100%ige Tochtergesellschaft der iibernehmenden Kapitalgesellschaft wird. Da der Anteilstausch auf Ebene der Gesellschafter durchgefiihrt wird, diirfte es als in der Praxis schwierig zu beurteilen sein, samtliche Anteile einer auslandischen Zielgesellschaft in der Hand einer inlandischen Mutterkapitalgesellschaft zusammenzufuhren, da der Anteilstausch eine Ubertragungshandlung durch jeden einzelnen Anteilseigner voraussetzt. Um die steuerlichen Vorteile des Anteilstauschs in Anspruch nehmen zu konnen, geniigt allerdings bereits die Einbringung von Anteilen in einer Hohe, die eine Stimmrechtsmehrheit zulasst. Da aufgrund der getroffenen Modellannahmen mindestens eine qualifizierende Mehrheit von 75 % der Anteilseigner die Anteile einbringen wird, sind die steuerlichen Voraussetzungen in jedem Fall als erfiillt anzusehen. Dariiber hinaus erlaubt § 327a AktG im Wege der Durchfiihrung eines squeeze-out den Zwangsausschluss einer Aktionarsminderheit. Demnach kann die Hauptversammlung einer AG auf Verlangen des Hauptaktionars, dem 95 % der Anteile gehoren, die Ubertragung der Aktien der Minderheitsaktionare auf den Hauptaktionar gegen Gewahrung einer angemessenen Barabfmdung beschlieBen.^^^ Da annahmegemaB von Publikumsgesellschaften ausgegangen wird, ist die Moglichkeit eines squeeze-out jedoch als unwahrscheinlich anzusehen, da es ublicherweise keinen Hauptaktionar mit einer Beteiligung von uber 95 % geben 504 505
Vgl.BGHv. 25.02.1982-II ZR 174/80-„Holzmuller", BGHZ 1983, S. 136. Vgl. einschrankend BGH v. 26.04.2004 - I! ZR 154/02 - „Gelatine", NZG 2004, S. 575; vgl. hierzu auch BGH v. 25.11.2002 - II ZR 133/01 - „Macrotron", NJW 2003, S. 1032; Meyer, A. in: Marsch-Bamer, K.I Schafer, F. (Hrsg.), Handbuch borsennotierte AG, Koln 2005, § 7, Rdz. 44. S. auch Luttermann, C , Squeeze out-Verfahren, Urkundennachweis, Einwendungen gegen Unternehmensbewertung („Stelcon AG/Readymix"): zu LG Dortmund, Beschluss vom 07.10.2004 (20 O 104/04), EWiR § 327b AktG 1/2005, S. 51 f; ders.. Squeeze out-Verfahren, Barabfindung, Urkundennachweis in der Antragsfrist („Buderus AG/Robert Bosch GmbH"): zu LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 17.12.2004 (3-5 O 253/04), EWiR § 327b AktG 2/2005, S. 193 f.
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wird. Das kurzfristige Ubertragen von Anteilen auf den Hauptaktionar bzw. die Grundung einer Gesellschafl einzig zu dem Zweck, um fiir kurze Zeit einen Hauptaktionar zu haben, ist dabei als rechtsmissbrauchlich anzusehen und kann folglich nicht zum Erreichen eines squeeze-out ftihren.^^^ Grundsatzlich dtirfte m.E. die Unsicherheit, samtliche Anteile der Zielgesellschaft in der Hand der iibemehmenden Gesellschaft zu vereinigen, tendenziell als Nachteil des grenzuberschreitenden Anteilstauschs gegenuber der Verschmelzung sowie der Betriebseinbringung zu werten sein. Allerdings geniigt bereits die qualifizierende Mehrheit von 75 % der Anteilseigner, um das gewunschte Beherrschungsverhaltnis herzustellen, was aufgrund der getroffenen Modellannahmen als gegeben angesehen werden kann. Allerdings setzt die Durchfiihrung des Einbringungskreislaufs sowohl in Deutschland als auch in Osterreich voraus, dass die aufnehmende Gesellschaft von jedem einzelnen Gesellschafter dessen Beteiligungshohe, das Anschaffungsdatum sowie die Anschaffungskosten kennen muss, um die Steuemeutralitat des Anteilstauschs gewahrleisten zu konnen. Sofem eine groBe Zahl an Gesellschaftem beteiligt ist, wird durch die Prinzipien der Buchwertfortfiihrung und Buchwertverkniipftjng ein erheblicher Verwaltungsaufwand auf Ebene der Kapitalgesellschaft ausgelost.^^^^
2.2 Optimale vorbereitende MaBnahmen im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses Samtliche der betrachteten Umstrukturierungsalternativen beruhen auf Sondervorschriften fiir grenzuberschreitende Umwandlungen. Die Steuerneutralitat des Vorgangs kann daher unmittelbar und ohne die vorhergehende Durchfiihrung von vorbereitenden MaBnahmen erreicht werden. Mehrstufige Umwegkonstruktionen, die MaBnahmen im Vorfeld der Umstrukturierung erfordern wurden, sind daher weder notwendig noch betriebswirtschaftlich sinnvoU. Somit ist eine Analyse der steuerlich optimalen vorbereitenden MaBnahmen im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses nicht notwendig, da die Umwandlungsmoglichkeiten im vorliegenden Aktionenraum direkt zum angestrebten Erfolg fuhren.
Vgl. Grunewald, B. in: Kropff, B./ Semler, J. (Hrsg.), Miinchener Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl., Munchen 2004, § 327a AktG, Rdz. 21 ff Vgl. Thommes, O., Besteuerung, in: Theisen, M./ Wenz, M. (Hrsg.), Die Europaische Aktiengesellschaft, 2. Aufl., Stuttgart 2005, S. 566; Bogenschiitz, E., Steuerliche Probleme bei europaischen Untemehmenszusammenschlussen - Erfahrungsbericht aus deutscher Sicht, IStR 2000, S. 612.
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2.3 Optimale nachfolgende MaBnahmen im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses Beziiglich der MaBnahmen, die im Anschluss an die Umstrukturierung durchgeflihrt werden miissen, um das optimale Ergebnis zu erzielen, gelten die Uberlegungen zu den steuerlich optimalen vorbereitenden MaBnahmen im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses analog. Da alle der analysierten Umwandlungsmoglichkeiten durch den Einsatz von steuerlichen Sondervorschriften zustande kommen, ist das gewtinschte Ziel des Umstrukturierungsvorgangs unmittelbar im Anschluss an die Durchfuhrung der Umwandlungsform realisiert. Auf eine weitergehende Analyse der optimalen nachfolgenden MaBnahmen im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses kann daher verzichtet werden.
3. Aufbau des Entscheidungsmodells Aufbauend auf den im Erklarungsmodell berechneten Belastungswirkungen der im Beschreibungsmodell identifizierten Umwandlungsaltemativen wird im folgenden Entscheidungsmodell die Auswahl der steuerlich und betriebswirtschaftlich optimalen Alternative vorgenommen. Zu diesem Zweck sollen zunachst die im Rahmen des modularen Untersuchungsaufbaus gefundenen Ergebnisse zusammengefasst betrachtet und analysiert werden. Im Rahmen des ersten Moduls, der steuerlichen Belastung der Umstrukturierung selbst, wurde festgestellt, dass keine der betrachteten Umwandlungsmoglichkeiten zu einer Belastung mit Ertragsteuem im Umwandlungszeitpunkt ftihrt. Gleichfalls ergibt sich auch mit Ausnahme der Grunderwerbsteuer keine Belastung mit Verkehrsteuem. Beziiglich der Grunderwerbsteuer wurde festgestellt, dass samtliche Umstrukturierungsaltemativen der Grunderwerbsteuer unterliegen, wobei die Grunderwerbsteuerbelastung mit Ausnahme des Inbound-Anteilstauschs fur jede der betrachteten Moglichkeiten in Deutschland und in Osterreich nominal jeweils gleich hoch ist. Verschmelzungen, Einbringungen sowie Anteilstausche werden im deutschen Grunderwerbsteuergesetz nicht in grundlegend unterschiedlicher Weise behandelt. In Osterreich wird im Fall der Anteilsvereinigung allerdings von einer hoheren Bemessungsgrundlage als im Fall der Verschmelzung sowie der Betriebseinbringung ausgegangen, so dass bei Vorliegen einer entsprechenden Hohe von Grundvermogen von einer Benachteiligung der Umstrukturierungsaltemative des Inbound-Anteilstauschs ausgegangen werden muss. In Deutschland besteht des Weiteren im Rahmen der bilanziellen Behandlung der Grunderwerbsteuer eine Ungleichbehandlung zwischen Verschmelzungsfallen und
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Einbringungen insoweit, als dass die Grunderwerbsteuer bei Verschmelzung als sofort abzugsfahige Betriebsausgabe zu behandeln ist, wohingegen bei Einbringungen eine Aktivierung zu erfolgen hat. In Osterreich dagegen kann die Grunderwerbsteuer in samtlichen Umstrukturierungsfallen als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Die entscheidungsrelevanten Kriterien werden in der folgenden Ubersicht zusammengefasst: Kriterium
Osterreich
Deutschland Grundbesitzwert
Betriebsausgabe
Betriebsausgabe
Osterreich
Deutschland
Bemessungsgrundlage
Einheitswert, zweifach
Grundbesitzwert
Bilanzielle Behandlung
Betriebsausgabe
Aktivierung
Osterreich
Deutschland
Bemessungsgrundlage
Einheitswert, dreifach
Grundbesitzwert
Bilanzielle Behandlung
Aktivierung
Betriebsausgabe
Bilanzielle Behandlung Anfall der GrESt
Anfall der GrESt Anteilstausch
Outbound-FaU
Einheitswert, zweifach
Anfall der GrESt Verschmelzung Bemessungsgrundlage
Einbringung
Inbound-Fall
Abbildung 49: Zusammenfassung der entscheidungsrelevanten Kriterien beziiglich der Grunderwerbsteuer
Als Handlungsempfehlung im Rahmen der Auswertung der Ergebnisse des ersten Moduls ergibt sich, dass fiir den Fall, dass weder in Deutschland noch in Osterreich Grundvermogen vorhanden ist, die Umwandlungsaltemativen als gleichwertig anzusehen sind, da sie jeweils weder zu ertragsteuerlichen noch zu verkehrsteuerlichen Belastungen fuhren. Sollte Grundvermogen in einem oder in beiden Kapitalgesellschaften vorhanden sein, muss eine Berechnung der Grunderwerbsteuerbelastung vorgenommen werden, die gleichzeitig auch die bilanzielle Behandlung der Grunderwerbsteuer mitberucksichtigt. SoUten sich diesbeziiglich signifikante Belastungsunterschiede ergeben, kann die Handlungsaltemative gegeben werden, dass die Ubertragung des Vermogens bzw. der Anteile des Ansassigkeitsstaats der Gesellschaft bzw. der Anteilseigner gewahlt werden sollte, die zu der niedrigeren Grunderwerbsteuerbelastung fiihrt. Tendenziell lasst sich die Aussage treffen, dass zum einen die OutboundEinbringung aufgrund der bilanziellen Behandlung der Grunderwerbsteuer als aktivierungspflichtig und zum anderen der Inbound-Anteilstausch aufgrund der erhohten Bemessungsgrundlage und ebenfalls der bilanziellen Behandlung der Grunder-
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werbsteuer als aktivierungspflichtig gegeniiber den Altemativen der Inbound- und Outbound-Verschmelzung, der Inbound-Einbringung sowie des OutboundAnteilstauschs als geringfugig ungunstiger zu beurteilen sind. Im Rahmen des zweiten Moduls wurde im Beschreibungsmodell die laufende Besteuerung der sich aus der jeweiligen Umstrukturierungsaltemative ergebenden Untemehmensstruktur quantifiziert. Werden die Besteuerungsfolgen nach der Hohe der Nettoertrage geordnet, ergibt sich die folgende Reihenfolge der Vorteilhaftigkeit der laufenden Besteuerung der einzelnen Umwandlungsformen: Deutsche Anteilseigner
Osterreichische Anteilseigner
Summe
Outbound-Verschmelzungs-SE
47,86
56,25
104,11
Outbound-Antei Istausch
47,86
56,25
104,11
Inbound-Verschmelzungs-SE
47,36
56,25
103,61
Inbound-Einbringung
47,36
56,25
103,61
Outbound-Einbringung
46,43
56,25
102,68
Inbound-Anteilstausch
47,36
55,15
102,51
Nettoertrag
Abbildung 50:
Platz 1. 3.
5. 1 6. 1
Rangfolge der Nettoertrage der laufenden Besteuerung der Umstrukturierungsaltemativen
Die Umstrukturierungsaltemativen, die zu den hochsten Nettoertragen fiihren, sind die Griindung einer Outbound-Verschmelzungs-SE sowie der Outbound-Anteilstausch. Im Ergebnis stellt sich hierbei sogar eine geringfligig gunstigere Besteuerung als in der Ausgangssituation dar, weil die Bemessungsgrundlage fiir den Solidaritatszuschlag um die anrechenbare osterreichische Kapitalertragsteuer gemindert wurde. Die Umstrukturierungsfalle der Inbound-Verschmelzungs-SE sowie der InboundEinbringung fuhren zu der gleichen steuerlichen Belastung wie die Ausgangssituation. Im Gegensatz zu den beiden erstplatzierten Umstrukturierungsformen kann die Bemessungsgrundlage des Solidaritatszuschlags nicht um die osterreichische Kapitalertragsteuer gemindert werden, da diese aufgrund des Inbound-Charakters der Umstrukturierung nicht anfallt. Von dieser Besonderheit abgesehen entsprechen diese vier Umwandlungsmoglichkeiten der steuerlichen Belastung der Ausgangssituation. Dies ergibt sich zwangslaufig durch das auf der Niederlassungsfreiheit basierende Verbot, inlandische Betriebsstatten auslandischer Kapitalgesellschaften steuerlich schlechter zu stellen als inlandische Betriebsstatten inlandischer Kapitalgesellschaften, sowie den
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Vorgaben der Mutter-Tochter-Richtlinie, die keinen Kapitalertragsteuerabzug bei Ausschtittungen von der Tochter- zur Mutterkapitalgesellschaft zulasst. Die fiinfltgunstigste Alternative stellt die Outbound-Einbringung dar. Die ungunstigere steuerliche Behandlung ergibt sich dabei nicht durch im Rahmen der grenzuberschreitenden Umstrukturierung verursachte zusatzliche auslandische Steuerbelastungen, da der auf Ebene der deutschen Kapitalgesellschaft erwirtschaftete Gewinn von 60,84 im Fall der Outbound-Einbringung dem Gewinn auf Ebene der Kapitalgesellschaft der Ausgangssituation entspricht. Da im Fall der Outbound-Einbringung die deutsche Kapitalgesellschaft allerdings eine Ausschuttung erhalt, greift das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot des § 8b Abs. 5 KStG, wodurch eine zusatzliche Steuerbelastung ausgelost wird. Die Umstrukturierungsaltemative, die zu der ungunstigsten laufenden Besteuerung fiihrt, ist der Inbound-Anteilstausch. Auch in diesem Fall ergibt sich der geringere Nettoertrag nicht durch in Osterreich verursachte Zusatzbelastungen, sondem beruht auf der deutschen Hinzurechnungsvorschrift des § 8b Abs. 5 KStG, da eine deutsche Kapitalgesellschaft im Rahmen des Inbound-Anteilstauschs Empfangerin einer Dividendenausschtittung ist und somit das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot eintritt. Die Belastungswirkung des § 8b Abs. 5 KStG ist im Fall des InboundAnteilstauschs hoher als im Fall der Outbound-Einbringung, da im Fall des InboundAnteilstauschs die Bemessungsgrundlage des § 8b Abs. 5 KStG lediglich um die osterreichische Korperschaftsteuer gemindert wurde und damit hoher ist als im Fall der Outbound-Einbringung, in dem die Bemessungsgrundlage um die hohere deutsche Korperschaftsbesteuerung der deutschen Betriebsstatte gemindert wurde und daher entsprechend niedriger ist. Aus diesem Grund ergibt sich die unterschiedliche Hohe der Nettoertrage, obwohl in beiden Fallen ausschlieBlich die Vorschrift des § 8b Abs. 5 KStG zu einer Abweichung von der steuerlichen Belastung der Ausgangssituation ftihrt. Fraglich ist allerdings, ob die Auswirkung des § 8b Abs. 5 KStG als ausschlieBlicher Grund angesehen werden kann, eine Umstrukturierungsaltemative als ungunstiger zu beurteilen. Die Vorschrift des § 8b Abs. 5 KStG ftihrt zwar zu Mehrbelastungen, wenn keine Ausgaben bestehen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den steuerfreien Einnahmen stehen, da pauschal 5 % der Bezuge als Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden diirfen. Gem. § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG fmdet im Gegenzug jedoch die Vorschrift des § 3c Abs. 1 EStG keine Anwendung, so dass samtliche tatsachlich anfallenden Kosten zur Ganze abzugsfahig sind. Aus diesem Grund kann sich die Vorschrift des § 8b Abs. 5 KStG sogar als steuerlich vorteilhaft erweisen, wenn tatsachliche Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Beteiligung an der auslandischen Kapitalgesellschaft anfallen.
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die die pauschale Hinzurechnung von 5 % iibersteigen. Im Ergebnis ist eine allgemeingiiltige Aussage beziiglich der Belastungswirkung des § 8b Abs. 5 KStG nicht moglich. M.E. ist die Vorschrift des § 8b Abs. 5 KStG nicht geeignet, die Grundlage fiir pauschale Handlungsempfehlungen fur oder gegen eine Umstrukturierungsaltemative zu sein. Nur fiir den Fall, dass keine oder nur sehr geringe Ausgaben im Zusammenhang mit den steuerfreien Einnahmen vorliegen, ist die Vorschrift des § 8b Abs. 5 KStG als Negativum zu werten. Als Ergebnis der Auswertung des zweiten Moduls ist festzuhalten, dass sich die steuerliche Belastung der einzelnen Umstrukturierungsaltemativen im Verhaltnis zwischen Deutschland und Osterreich nicht wesentlich voneinander unterscheiden. Dies entspricht den Verhaltnissen eines Binnenmarktes, grenzuberschreitende Investitionsaltemativen von Steuerauslandem mit vergleichbaren Investitionsformen von Inlandem gleichzustellen. Aufgrund des Abzugs der auslandischen Kapitalertragsteuer von der Bemessungsgrundlage des Solidaritatszuschlags stellt sich die Belastung der Outbound-Verschmelzungs-SE sowie des Outbound-Anteilstauschs als steuerlich optimal heraus. Im Rahmen des dritten Moduls, der Berechnung der steuerlichen Folgen bei VerauBerung der Anteile, wurde festgestellt, dass die Besteuerungswirkungen fiir die Anteilseigner nicht von der Ausgangssituation abweichen. Dies ist dadurch zu begriinden, dass sich die steuerliche Verhaftung von Beteiligungen weder in Deutschland noch in Osterreich durch eine grenzuberschreitende Umstrukturierung verandert. Einerseits werden steuerverhaftete Beteiligungen durch eine intemationale Umwandlung nicht von der Steuerpflicht ausgenommen, andererseits wachsen grundsatzlich nicht steuerverhaftete Anteile durch die Umstrukturierung gleichfalls nicht in die Steuerpflicht hinein. Auch die Besteuerungsweise der Anteile andert sich weder in Deutschland noch in Osterreich im Zuge der Umwandlung, so dass die Begiinstigungen des Halbeinkiinfteverfahrens bzw. des Halbsatzverfahrens weiterhin in Anspruch genommen werden konnen. Dariiber hinaus fmdet durch den Wechsel der Anteilsrechte von Anteilen an einer inlandischen Kapitalgesellschaft zu Anteilen an einer auslandischen Kapitalgesellschaft keine Anderung der Besteuerungsrechte der VerauBerungsgewinne statt, da weiterhin gem. Art. 13 DBA-Osterreich dem Ansassigkeitsstaat des Anteilseigners das Besteuerungsrecht zusteht. Auf diese Weise sind aus Sicht des Anteilseigners bei VerauBerung der Beteiligung samtliche Umstrukturierungsaltemativen als gleichwertig anzusehen. Dariiber hinaus wurde der Fall diskutiert, dass die aufnehmende Gesellschaft selbst ihr Auslandsengagement durch VerauBerung der auslandischen Betriebsstatte im Fall der
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheiduns^smodells anhand eines EU-Staates
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Verschmelzung und der Betriebseinbringung oder durch VerauBerung der Anteile an der auslandischen Kapitalgesellschaft im Fall des Anteilstauschs beendet. Obwohl eine Fortfiihrung des untemehmerischen Engagements im Rahmen des Entscheidungsmodells angenommen wurde, kann es aus betriebswirtschaftlichen Griinden notwendig werden, das Auslandsengagement aufzugeben. Hierbei wurde untersucht, ob steuerliche Begunstigungen oder Benachteiligungen der VerauBerung auf Ebene der Kapitalgesellschaft in Abhangigkeit von dem gewahlten Durchfiihrungsweg der grenzuberschreitenden Umstrukturierung gegenuber der Ausgangssituation hervorgerufen werden. Auch wenn samtliche Umstrukturierungsformen bezuglich der VerauBerungsgewinnbesteuerung auf Ebene der Gesellschafter zu den gleichen Ergebnissen fiihren, kann es sein, dass die VerauBerungsgewinnbesteuerung auf Ebene der Gesellschaft den Ausschlag zugunsten oder zuungunsten einer Umstrukturierungsaltemative geben kann. Bezuglich der Handlungsaltemative der Grundung einer Verschmelzungs-SE wurde festgestellt, dass im Fall der VerauBerung der auslandischen Betriebsstatte eine voile Aufdeckung der stillen Reserven der Betriebsstatte und eine Besteuerung im Rahmen der Korperschaftsbesteuerung des Betriebsstattenstaates bewirkt werden. Diese Besteuerungsfolgen entsprechen der Ausgangssituation, indem sie bei VerauBerung einer Betriebsstatte zu einer Ertragsteuerbelastung auf Ebene der verauBemden Kapitalgesellschaft fiihren. Im Fall der grenziiberschreitenden Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben muss zwischen den Altemativen der Outbound-Einbringung und der Inbound-Einbringung unterschieden werden. Im Fall der Outbound-Einbringung fiihrt die VerauBerung der als einbringungsgeboren zu qualifizierenden Anteile innerhalb der Sperrfrist von sieben Jahren zu den gleichen Besteuerungsfolgen auf Ebene der verauBemden deutschen Kapitalgesellschaft wie im Fall der Outbound-Verschmelzungs-SE. Gleichzeitig fmdet die Aufdeckung der stillen Reserven auf Ebene der Kapitalgesellschaft, deren Anteile verauBert wurden, keine Beriicksichtigung und kann auch auf Ebene des erwerbenden Gesellschafters nicht mehr vollstandig ausgeglichen werden. Auf diese Weise wird eine 1 '/zfache Besteuerung der stillen Reserven bewirkt. Dies ist zum einen aus steuersystematischen Griinden als Nachteil der Outbound-Einbringung zu sehen; zum anderen miissen im Rahmen des Entscheidungsmodells die Folgewirkungen der VerauBerung auf Ebene der Kapitalgesellschaft dann mitberiicksichtigt werden, wenn die als Entscheidungstrager defmierten Gesellschafter selbst die Anteile an der das eingebrachte Betriebsvermogen ubemehmenden Kapitalgesellschaft erwerben mochten. Folglich stellt sich die Outbound-Einbringung als steuerlich nachteilig heraus, wenn
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Kapitel III: Konkretisieruns: des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
innerhalb der Sperrfrist von sieben Jahren eine Veraufierung der einbringungsgeborenen Anteile durch die ubertragende Kapitalgesellschaft vorgenommen wird. Grund hierflir ist nicht die steuerliche Belastung des VerauBerungsgewinns auf Ebene der deutschen Kapitalgesellschaft, die als steuersystematisch notwendig beurteilt werden kann, sondem die fehlende Beriicksichtigung der Aufdeckung der stillen Reserven auf Ebene der ubemehmenden Kapitalgesellschaft. Diese im Vergleich mit der Ausgangssituation bzw. der Griindung einer Outbound-Verschmelzungs-SE nachteilige Besteuerungsfolge wandelt sich jedoch in einen Vorteil urn, wenn d\Q Sperrfrist von sieben Jahren abgelaufen ist. In diesem Fall kann die deutsche Kapitalgesellschaft die einbringungsgeborenen Anteile zu 95 % steuerfrei verauBem, so dass ihr die Moglichkeit offen steht, ihr Auslandsengagement steuerfrei wieder zu beenden bzw. die in ihrer eingebrachten Betriebsstatte enthaltenen stillen Reserven steuerfrei zu verauBem. In diesem Fall ist die Outbound-Einbringung gegeniiber der Outbound-VerschmelzungsSE von Vorteil. Im Fall der Inbound-Einbringung stellt sich die steuerliche Situation in Osterreich parallel zu dem Fall der Outbound-Einbringung in Deutschland dar. Allerdings bestimmt das osterreichische Steuerrecht bei VerauBerung der als Gegenleistung erhaltenen Anteile durch die ubertragende Kapitalgesellschaft, dass das intemationale Schachtelprivileg, das VerauBerungsgewinne auslandischer Beteiligungen steuerfrei stellt, keine Anwendung fmdet. Auf diese Weise stellt sich die gleiche steuerliche Situation der verauBemden Kapitalgesellschaft in Osterreich dar, wie sie sich in Deutschland bei VerauBerung der einbringungsgeborenen Anteile ergeben hatte. Allerdings ergibt sich der bedeutsame Unterschied, dass die Steuerbefreiung nicht wie in Deutschland nach Ablauf einer bestimmten Sperrfrist wieder in Kraft tritt, sondem es verbleibt unabhangig von dem Zeitpunkt der VerauBemng bei der Steuerpflicht des Gewinns aus dem Anteilsverkauf. Auf diese Weise besteht in Osterreich eine unbegrenzte Sperrfrist, so dass im Ergebnis im Fall der Inbound-Einbringung bei VerauBemng der als Gegenleistung erhaltenen Anteile durch die osterreichische Kapitalgesellschaft eine Mehrfachbelastung mit Korperschaftsteuer zu erwarten ist. Im Fall des grenziiberschreitenden Anteilstauschs muss ebenfalls zwischen einem Inbound-Anteilstausch und einem Outbound-Anteilstausch unterschieden werden. Im Fall eines Inbound-Anteilstauschs werden bei WeiterverauBemng der eingebrachten Anteile durch die deutsche Kapitalgesellschaft keine in Osterreich entstandenen stillen Reserven im Inland besteuert, da der Ansatz zum gemeinen Wert erfolgt. Allerdings ist auf Seiten der deutschen ubemehmenden Kapitalgesellschaft die zehnjahrige osterreichische VerauBemngssperre zu beachten. Der osterreichische Gesetzgeber verfolgt fiir
Kapitel III: Konkretisiemns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
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Auslandseinbringungen von Anteilen durch nattirliche Personen das Konzept der aufgeschobenen Besteuerung, wonach es bei WeiterverauBerung der eingebrachten Anteile durch die aufnehmende auslandische Kapitalgesellschaft zu einer ruckwirkenden Festsetzung der bereits zum Einbringungszeitpunkt festgestellten Steuerschuld kommt. Korrespondierend ist in dem Fall der WeiterverauBerung jedoch auch riickwirkend die Aufstockung der Buchwerte bzw. Anschaffungskosten der als Gegenleistung erhaltenen Anteile vorzunehmen. Durch dieses Konzept wird sichergestellt, dass die in Osterreich entstandenen stillen Reserven auch in Osterreich besteuert werden, ohne dass es zu einer Doppelbesteuerung bei VerauBerung der als Gegenleistung gewahrten Anteile beim Einbringenden kommt. Nach Ablauf dieser Frist hat der Anteilstausch den Vorteil, dass die VerauBerung der eingebrachten Anteile durch die aufnehmende Gesellschaft keine Besteuerungsfolgen auf Ebene des Gesellschafters auslost. Somit konnen die stillen Reserven auf Ebene der Kapitalgesellschaft steuemeutral aufgedeckt werden. Dies ist als Vorteil gegeniiber der Verschmelzung anzusehen, da in diesem Fall die VerauBerung der auslandischen Einheit stets zu einer Besteuerung des VerauBerungsgewinns fuhrt. Im Rahmen eines grenziiberschreitenden Anteilstauschs kann nach Ablauf der zehnjahrigen Wartefrist die Auslandsverbindung im Wege der AnteilsverauBerung steuerfrei aufgelost werden, wobei das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot des § 8b Abs. 3 KStG aufgrund des Ansatzes der Anteile zum Teilwert ins Leere geht. Innerhalb der Sperrfrist wird dieser Vorteil nicht gewahrt, was m.E. jedoch nicht als Nachteil zu sehen ist, da durch die VerauBerung der Beteiligung durch die Kapitalgesellschaft lediglich die Steuerbelastung auf Ebene des Einbringenden hergestellt wird, die sich bei unmittelbarer VerauBerung ergeben hatte. Im Rahmen eines Outbound-Anteilstauschs werden bei WeiterverauBerung der von den deutschen Anteilseignem eingebrachten Anteile durch die osterreichische Kapitalgesellschaft die in Deutschland entstandenen stillen Reserven auf Ebene der Kapitalgesellschaft in Osterreich besteuert. Dabei besteht eine unbegrenzte Sperrfrist. Diese zu kritisierende Besteuerung Osterreichs ftihrt allerdings nicht zu einer verglichen mit der Ausgangssituation nachteiligen Besteuerung, da lediglich eine § 8b Abs. 2 KStG vergleichbare steuerliche Begiinstigung nach Ablauf von sieben Jahren nicht gewahrt wird. Dariiber hinaus werden die stillen Reserven bei WeiterverauBerung der Anteile durch die osterreichische Kapitalgesellschaft innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung auf Ebene der deutschen Anteilseigner aufgedeckt, da gem. § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG die Vorschrift des § 23 Abs. 4 UmwStG riickwirkend keine Anwendung mehr fmdet. Bei VerauBerung der eingebrachten Anteile innerhalb von sieben Jahren fmdet daher gleichzeitig sowohl eine Versteuerung der stillen Reserven auf E-
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
bene der osterreichischen Kapitalgesellschaft als auch riickwirkend die Versteuerung der gleichen stillen Reserven auf Ebene des deutschen Anteilseigners statt. Auf diese Weise fiihrt eine VerauBerung der eingebrachten Anteile durch die aufnehmende osterreichische Kapitalgesellschaft im Rahmen eines Outbound-Anteilstauschs innerhalb der siebenjahrigen Sperrfrist zu einer Mehrfachbelastung. Als Ergebnis des dritten Moduls lasst sich feststellen, dass nur fiir den Fall, dass auf Ebene der Kapitalgesellschaft die stillen Reserven vorzeitig aufgelost werden, eine steuerliche Ungleichbehandlung der Umwandlungsmoglichkeiten zu erkennen ist. Die beiden Altemativen der Griindung einer Verschmelzungs-SE ftihren dabei bei VerauBerung der Betriebsstatte durch die aufiiehmende Kapitalgesellschaft zu einer steuerlichen Belastung der Ausgangssituation. Im Fall der Outbound-Einbringung besteht bei VerauBerung innerhalb von sieben Jahren eine steuerlich nachteilige Situation aufgrund der 1 'Afachen Besteuerung der stillen Reserven. Nach Ablauf dieser Warteft-ist ist die Outbound-Einbringung allerdings gegeniiber der Ausgangssituation von Vorteil, da in diesem Fall eine zu 95 % steuerft-eie VerauBerung der Anteile moglich ist. Der Fall der Inbound-Einbringung ftihrt dagegen zu einer nachteiligen Besteuerung bei VerauBerung der als Gegenleistung erhaltenen Anteile unabhangig von dem Zeitpunkt der VerauBerung der Anteile und ist daher als nachteilig gegeniiber der Ausgangssituation zu beurteilen. Findet im Rahmen eines Inbound-Anteilstauschs eine VerauBerung der eingebrachten Anteile durch die auftiehmende Kapitalgesellschaft statt, wird bei VerauBerung innerhalb der zehnjahrigen Warteft-ist eine riickwirkende Besteuerung der stillen Reserven durchgeftihrt, die zu einer Einmalbesteuerung und damit zu einer steuerlichen Belastung der Ausgangssituation ftihrt. Nach Ablauf der Frist kann die deutsche Kapitalgesellschaft die Anteile zu 100 % aufgrund des Teilwertansatzes steuerfrei verauBem, so dass ein Vorteil gegeniiber der Ausgangssituation besteht. Im Fall des Outbound-Anteilstauschs ftihrt die VerauBerung innerhalb von sieben Jahren zu einer Mehrfachbelastung und damit zu einer Schlechterstellung gegeniiber dem Fall der Griindung einer Verschmelzungs-SE. Nach Ablauf der siebenjahrigen Sperrfrist fmdet lediglich eine Einmalbesteuerung der stillen Reserven statt, so dass eine steuerliche Belastung entsprechend der Ausgangssituation verursacht wird. Zusammenfassend ergibt sich daher, dass bei VerauBerungen auf Ebene der Anteilseigner samtliche Umstrukturierungsaltemativen zu den gleichen Besteuerungsfolgen ftihren. Besteuerungsunterschiede und damit Bewertungsdifferenzen ergeben sich lediglich dann, wenn die Ebene der Kapitalgesellschaft in die Analyse miteinbezogen wird. Dabei ist eine Umwandlungsaltemative, die auf Ebene der Kapitalgesellschaft eine steuemeutrale oder sogar steuerbegiinstigte VerauBerung des eingebrachten Ver-
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines EU-Staates
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mogens bzw. der erhaltenen Anteile erlaubt, einer Regelung gegeniiber im Vorteil, die zu einer Benachteiligung des VerauBerungsvorgangs fiihrt oder den Ablauf einer Sperrfrist zum Erreichen der Steuemeutralitat oder einer Steuerbegunstigung voraussetzt. Dabei wurde festgestellt, dass sowohl im Fall der Outbound-Einbringung nach Ablauf der Haltefrist von sieben Jahren als auch im Fall des Inbound-Anteilstauschs nach Ablauf von zehn Jahren eine gegeniiber der Ausgangssituation vorteilhafte steuerliche Behandlung erreicht werden kann, da auf Ebene der Kapitalgesellschaft die stillen Reserven zu 95 % bzw. zu 100% steuerfrei aufgedeckt werden konnen. Die Umstrukturierungsfalle der Inbound- oder Outbound-Verschmelzungs-SE, des Inbound-Anteilstauschs innerhalb der VerauBerungsfrist von zehn Jahren sowie des Outbound-Anteilstauschs auBerhalb der VerauBerungsfrist von sieben Jahren fiihren zu einer Einmalbesteuerung der stillen Reserven und entsprechen daher der Steuerbelastung der Ausgangssituation. Die Umwandlungsaltemativen der Outbound-Einbringung innerhalb der VerauBerungsfrist von sieben Jahren, der Inbound-Einbringung unabhangig vom VerauBerungszeitpunkt sowie des Outbound-Anteilstauschs innerhalb der VerauBerungsfrist von sieben Jahren fuhren zu einer Zusatzbelastung und sind daher als nachteilig gegeniiber der Ausgangssituation zu beurteilen. Beziiglich der Rechtssicherheit der einzelnen Umstrukturierungsaltemativen ist festzustellen, dass die Grundung einer Verschmelzungs-SE durch die Anwendbarkeit der SE-VO und der Fusionsrichtlinie als genauso rechtssicher einzustufen ist wie die Einbringung von Betrieben sowie der Anteilstausch, die bereits in nationales Recht umgesetzt wurden. Somit ist hier keine Aussage beziiglich der Vorziehenswiirdigkeit einer Handlungsaltemative
moglich.
Gesellschaftsrechtlich
ist
die
Grundung
einer
Verschmelzungs-SE sowie die Einbringung von Betrieben tendenziell auf unkompliziertere Weise vorzunehmen als ein Anteilstausch, der die Zustimmung sowie eine Einbringungshandlung einer Vielzahl von Gesellschaftem erfordert. Im Ergebnis ist gleichfalls keine Handlungsaltemative eindeutig zu favorisieren oder abzulehnen. Tendenziell wird ein grenziiberschreitender Anteilstausch allerdings einen groBeren Verwaltungsaufwand erfordem als eine Verschmelzung oder Betriebseinbringung. Als Gesamtergebnis ist unter Beriicksichtigung der Ergebnisse der drei betrachteten Module sowie der weiteren entscheidungsrelevanten Faktoren festzustellen, dass im Verhaltnis zwischen Deutschland und Osterreich die betrachteten sechs Umstrukturierungsaltemativen der Griindung einer Verschmelzungs-SE, der Betriebseinbringung sowie des Anteilstauschs jeweils mit der beherrschenden Kapitalgesellschaft in Deutschland und Osterreich als gmndsatzlich gleichwertig anzusehen sind. Dies ist zunachst einmal dadurch begriindet, dass samtliche Umstmkturiemngsaltemativen des
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Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines EU-Staates
Aktionenraums unter Buchwertfortfiihrung und damit ohne Aufdeckung der stillen Reserven durchgefiihrt werden konnen. Dariiber hinaus werden im Rahmen der Europaischen Union samtliche Investitionsformen einer Kapitalgesellschaft unabhangig von der rechtlichen Strukturierung des auslandischen Stiitzpunktes gleich behandelt. Dies wird insbesondere durch die einheitliche Hohe der auslandischen Steuersatze unabhangig von der gewahlten Struktur sowie der Behandlung von Gewinnausschiittungen auf Ebene der Kapitalgesellschaften sichergestellt. Fiir den Fall, dass keine Ubertragung von Grundstucken im Rahmen der Umstrukturierung stattfmdet, werden ebenfalls samtliche Umwandlungsaltemativen gleichbehandelt. Selbst bei spaterer VerauBerung der Beteiligungen auf Ebene der Anteilseigner ergeben sich keine Belastungsdifferenzen. Dariiber hinaus sind samtliche Umwandlungsmoglichkeiten ohne gesellschaftsrechtliche Risiken und damit unter Wahrung der Rechtssicherheit durchfuhrbar. Im Rahmen der laufenden Besteuerung hat sich allerdings herausgestellt, dass die Handlungsaltemative der Griindung einer Outbound-Verschmelzungs-SE sowie des Outbound-Anteilstauschs in geringem Umfang als steuerlich vorteilhaft gegenuber den anderen Handlungsaltemativen sind. Dabei soil allerdings betont werden, dass der steuerliche Vorteil nicht durch das Ausnutzen der im Rahmen der Umstrukturierung veranderten steuerlichen Struktur verursacht wurde, sondem auf der im Verhaltnis zu der Ausgangssituation um die auslandische Kapitalertragsteuer geminderten Bemessungsgrundlage fiir den Solidaritatszuschlag beruht. Insofern ist der Besteuerungsunterschied auf eine innerstaatliche Vorschrift Deutschlands zur Bestimmung der steuerlichen Bemessungsgrundlage zuriickzufuhren, nicht aber auf einer konzeptionellen, umwandlungsspezifischen Begunstigung einer Umwandlungsform. Fiir den Fall, dass sowohl in Deutschland als auch in Osterreich umfangreiches Grundvermogen vorhanden ist, kann von einer tendenziellen Benachteiligung der Handlungsmoglichkeiten
des
Inbound-Anteilstauschs
sowie
der
Outbound-
Einbringung ausgegangen werden. Sollte die Aufdeckung von stillen Reserven auf Ebene der Kapitalgesellschaft in Erwagung gezogen werden, stellen sich die Umstrukturierungsaltemativen der Outbound-Einbringung sowie des Inbound-Anteilstauschs jeweils nach Ablauf der geforderten Wartefrist als steuerlich vorteilhaft heraus. Aufgrund des Unterschiedsbetrag von 0,5 Prozentpunkten sollte sich m.E. ein rationaler Entscheidungstrager trotz prinzipieller Gleichwertigkeit der Umwandlungsmoglichkeiten aufgrund der Vorteile im Rahmen der laufenden Besteuerung fiir die Alternativen der Griindung einer Outbound-Verschmelzungs-SE oder des OutboundAnteilstauschs entscheiden.
Kapitel III: Konkretisieruns des Entscheidun2smodells anhand eines EU-Staates
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Die tendenziell einfachere Durchfiihrbarkeit der Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gegeniiber dem Anteilstausch im Wege der Einzelrechtsnachfolge sollte dabei den Ausschlag fur die Griindung einer Outbound-Verschmelzungs-SE geben.
Kapitel IV: Konkretisieruns
des Entscheidungsmodells
anhand eines Drittstaates
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IV. Konkretisierung des Entscheidungsmodells anhand eines Drittstaates (USA) 1. Aufbau des Beschreibungsmodells 1.1 Analyse des deutschen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts Bei der Analyse des deutschen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts kann zur Ganze auf die in Kapitel III vorgenommenen Ausfiihrungen verwiesen werden. Der Gliederungspunkt wurde aus dem Grund auch im Rahmen der Konkretisierung des Entscheidungsmodells mit den USA aufgenommen, um das Entscheidungsmodell vollstandig darzustellen. 1.2 Analyse des US-amerikanischen innerstaatlichen Umwandlungssteuerrechts 1.2.1 Grundlagen der Besteuerung in den USA Das Steuersystem der USA zeichnet sich durch ein Nebeneinander dreier eigenstandiger Steuerhoheiten aus, wobei zwischen der Ebene der Bundesbesteuerung (federal taxation), der einzelstaatlichen Besteuerung {state taxation) und der kommunalen Besteuerung {local taxation) unterschieden werden muss. Aufgrund des streng foderalistischen Verfassungsverstandnisses steht entsprechend dem Prinzip der Souveranitat der Einzelstaaten die steuerliche Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungshoheit den Bundesstaaten und nur in Ausnahmefallen dem Bund zu.^'^ Bis 1913 hatte der BunVgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 267; Djanani, CI BrShler, G./ Lose!, C, Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 53; dies., Arbeitnehmerentsendung in die USA, Heme/Berlin 2005, S. 115 ff.; Odenbach, M./ Strunk, G., Der Einfluss bundesstaatlicher Steuergesetze auf auslandische Direktinvestitionen in den U.S.A., IStR 1994, S. 49; Lee, P./ Kowallik, A., Steuerliche Rahmenbedingungen des Untemehmenskaufs in den USA, IWB Nr. 9 v. 09.05.2001, Fach 8 USA, Gruppe 2, S. 1085; Mussener, I., USA, in: Mennel, A./ Forster, J. (Hrsg.), Steuem in Europa, Amerika und Asien, 59. Erg.Lief., Heme/Berlin 2005, Rdz. 1; Kowallik, A., Typische Investitionsstmkturen fiir Direktinvestitionen von USUntemehmen in Europa, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, S. 836. Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 267; Djanani, C.I Brahler, G./ Losel, C, Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 53; Bungert, H., Recht der Niederlassung auslandischer, insbesondere deutscher Kapitalgesellschaften in den USA, DB 1994, S. 1457; McDermott, R./ Reemers, J./ Turcon, R., Gmndlagen des USamerikanischen Gesellschaftsrechts - Folgemngen fiir die Rechtsformwahl, in: Turcon, J.I Zimmer, D. (Hrsg.), Gmndlagen des US-amerikanischen Gesellschafts-, Wirtschafts-, Steuer- und Gesellschaftsrechts, Miinchen 1994, S. 2; Zschiegener, H., Uberblick iiber das amerikanische Steuerrecht, in: Kramer, J.-D. (Hrsg.), Gmndziige des US-amerikanischen Steuerrechts, Stuttgart 1990, S. 59.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
desgesetzgeber {Congress) lediglich das Recht, direkte Steuem im Verhaltnis der Bevolkerungszahl der Einzelstaaten zu erheben.^" Durch den 16. Verfassungszusatz vom 25.02.1913 wurde der Bund zur Erhebung einer eigenen Einkommensteuer {income tax) und Korperschaftsteuer {corporate tax) ohne Beriicksichtigung der Bevolkerungsverhaltnisse der Einzelstaaten ermachtigt.^'^ Fur die Bundeseinkommensbesteuerung sind das Bundessteuergesetz, der Internal Revenue Code {IRC), die Verlautbarungen des Verwaltungswesens - insbesondere die Steuerrichtlinien {treasury regulations) sowie die Entscheidungen der Steuerrechtssprechung {judicial decisions) maBgebend.^'^ Dabei gilt es zu beachten, dass das Steuerrecht in den USA zwar in vielfaltiger und umfangreicher Weise als Gesetzesrecht {statutory law) kodifiziert ist, dem Richter- und Fallrecht {case law) allerdings erheblicher Einfluss zugeschrieben werden muss.^'"^
1.2.2 Die Besteuerung von corporations Gem. Sec. 11(a) IRC unterliegen US-corporations der unbeschrankten Steuerpflicht in den USA. Der Korperschaftsteuersatz, der im Gegensatz zur Einkommensteuer nicht inflationsbereinigt wird, bestimmt sich gem. Sec. 11(b)(1) IRC.^'^ Hierbei handelt es sich um einen StufenanstoBtarif, der wie folgt dargestellt wird:^'^'
Vgl. Pratt, J./ Kulsrud, W., Federal Taxation, Edition 2006, Houston 2006, S. 1 ^ ; Djanani, C./ Brahler, G./ Lose), C , Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 53. Vgl. Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 267; Dreissig, H., Der Einfluss der Besteuerung auf die Gestaltung deutscher Direktinvestitionen in den Vereinigten Staaten von Amerika, Saarbriicken 1979, S. 54. Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 268; Djanani, C./ Brahler, G./ Losel, C , Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 54. Vgl. Pratt, J./ Kulsrud, W., Federal Taxation, Edition 2006, Houston 2006, S. 2-28 ff. Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 283; Djanani, C.I Brahler, G.I Losel, C , Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 87; Kroschel, J., Die Federal Income Tax der Vereinigten Staaten von Amerika, Dusseldorf 2000, S. 329 f.; ders., US-Einkommensteuerrecht: Systematische Unterschiede zum deutschen Recht, RIW 2000, S. 290; Kahle, H., Die Ertragsbesteuerung der Beteiligung an einer US-Limited Partnership, Stuttgart 1996, S. 278. Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 283 ff.; Djanani, C.I Brahler, G./ Losel, C , Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 87 f.
Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates zu versteuemdes Einkommen (taxable income)
1
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regulare Einkommensteuer (regular income tax)
von US-$
bis US-$
in US-$
zuziiglich %
uberUS-$ 1
^
50.000 75.000 100.000 335.000 10.000.000 15.000.000 18.333.333
0 7.500 13.750 22.250 113.900 3.400.000 5.150.000 6.416.667
15 25 34 39 34 35 38 35
50.000 75.000 100.000 335.000 10.000.000 15.000.000 18.333.333 |
50.001 75.001 100.001 335.001 10.000.001 15.000.001 18.333.334
Tabelle 13:
01
Steuertarif fiir Kapitalgesellschaften
Die sich aus daraus ergebende Durchschnittsbelastung wird in der folgenden Abbildung verdeutlicht:
Durchschnittssatze Korperschaftsteuer in den USA
Durchschnittssatz
taxable income in $ Abbildung 51: Durchschnittssatze Korperschaftsteuer in den USA Neben der Bundeskorperschaftsteuer (corporate income tax) miissen in den USA allerdings noch weitere Steuerarten berucksichtigt werden: (a) Die branch profits tax wird gem. Sec. 884 IRC als Zweigstellensteuer auf den Netto-Entnahmesaldo von Betriebsstattengewinnen auslandischer Kapitalgesellschaften erhoben. Bemessungsgrundlage ist gem. Sec. 884(b) IRC der sog. „aus•^'^ Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 285; Djanani, C./ Brahler, G./ Losel, C, Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 88.
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Kapitel IV: Konkretisiemns des Entscheidun2smodells anhand eines Drittstaates
schiittungsgleiche Betrag" {dividend equivalent amount), der sich aus dem Betriebsstattengewinn nach Steuem und einem Zuschlag fiir Wertminderung {disinvestment) bzw. einem Abschlag fiir Reinvestitionen {investment) bestimmt.^^^ Der Steuersatz betragt gem. Sec. 884(a) IRC 30 %. (b) Die alternative minimum tax ist in den USA in einer Schattenveranlagung gem. Sec. 55 ff. IRC als zweite Steuerschuld zu ermitteln.^'^ Der sich aus den beiden Berechnungen ergebende hohere Betrag stellt die definitive Korperschaftsteuerschuld dar.^^^ Durch verschiedene Modifikationen des zu versteuemden Einkommens soil verhindert werden, dass gewinnbringende Untemehmen ihre Steuerschuld durch die Inanspruchnahme von steuerlichen Vergiinstigungen, wie z.B. insbesondere durch Sonderabschreibungen und Investitionsbegunstigungen, uber ein gewiinschtes Mal3 hinaus reduzieren.^^' Auf diese Weise ist die alternative mi-
Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 286; Hey, F., Subjektive Steuerpflicht der GmbH bezuglich der Branch Profits Tax in den USA, RIW 1992, S. 749; Fischer-Zemin, J., Die US-Branch Profits Tax in den USA, RIW 1992, S. 1940; Lau, P./ Auster, R., Structuring U.S. Operations for Foreign Corporations in the Current Tax Climate, Journal of Corporate Taxation 2000, S. 40; Amdt, H.-W., Entwicklungstendenzen der beschrankten Steuerpflicht im deutschen und amerikanischen Einkommensteuerrecht, StuW 1990, S. 370; Dreissig, H., Steuerliche Aspekte bei der Untemehmensgriindung und beim Beteiligungser-werb durch Auslander in den USA, in: Sonnemann, E. (Hrsg.), Rechnungslegung, Priifung, Wirtschaftsrecht und Steuem in den USA, Wiesbaden 1989, S. 325. Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 287 ff; Djanani, C./ Brahler, G./ Losel, C , Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 114 ff; Streng, W. (u.a.). Choice of Management, Tax Management Inc., Washington 1999, S. A-84; Ault, H., Comparative Income Taxation: A structural analysis. Den Haag 1997, S. 141. Vgl. Djanani, CI Brahler, G.I Losel, C, Konzepte der Mindestbesteuerung - Eine vergleichende Darstellung fur Deutschland, Osterreich und die USA, IWB Nr. 15 v. 14.08.2002, Each 10 International, Gruppe 2, S. 1607 f; dies., Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 118; Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 287; Apfelthaler, G./ KausI, H., USA Businesswise, Wien 1997, S. 207; Keith, M., US changes tax burden on international projects, Intemational Financial Law Review 1997, S. 34; Zschiegener, H., Das Einkommensteuerrecht der USA - Teil I -, IWB v. 25.03.1998, Fach 8, USA, Gruppe 2, S. 933. Vgl. ausfiihrlich Djanani, C./ Brahler, G./ Losel, C , Konzepte der Mindestbesteuemng - Eine vergleichende Darstellung fur Deutschland, Osterreich und die USA, IWB Nr. 15 v. 14.08.2002, Fach 10 Intemational, Gruppe 2, S. 1607 ff; Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 287 ff; Kesselmeyer, B., Die partnership im US-Steuerrecht (Federal) unter Beriicksichtigung der Beteiligung deutscher partner, Aachen 2000, S. 19; Zschiegener, H., Die Besteuemng von Gesellschaften, in: Kramer, J.-D. (Hrsg.), Gmndzuge des US-amerikanischen Steuerrechts, Stuttgart 1990, S. 127 f; ders., Das Einkommensteuerrecht der USA - Teil III -, IWB V. 22.04.1998, Fach 8, USA, Gmppe 2, S. 966; Haun, J., Hybride Finanzierungsinstmmente im deutschen und US-amerikanischen Steuerrecht, Frankfurt a.M. 1996, S. 155; Busl, P., Zur Steueranrechnung nach dem DBA-USA, RIW 1993, S. 750; Kroschel, J./ Wellisch, D., Der Taxpayer Relief Act von 1997 - Die USA konnen sich Umverteilung wieder leisten, IStR 1998, S. 499; Hirsch, C, US-amerikanische Besteuemng des Ergebnisses einer Betriebsstatte in den USA, IStR 1996, S. 62.
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nimum tax mit dem deutschen Konzept der Mindestbesteuerung^^^ vergleichbar. Fur das Entscheidungsmodell soil im weiteren Verlauf der Arbeit unterstellt werden, dass keine alternative minimum tax anfallt. (c) Die accumulated earnings tax gem. Sec. 531-537 IRC stellt eine Strafsteuer flir uberhohte Gewinnthesaurierung dar.^^"^ Auf diese Weise soil verhindert werden, dass Gesellschafter Gewinne in der Kapitalgesellschafl akkumulieren, um die Besteuerung auf Gesellschafterebene zu vermeiden (Sec. 532(a) IRC). Da die accumulated earnings tax durch Gewinnausschtittungen bzw. eine detaillierte und nachvoUziehbare Dokumentation der Griinde fur Gewinnthesaurierungen vermieden werden kann, wird sie im weiteren Verlauf des Entscheidungsmodells nicht weiter betrachtet. (d) Die personal holding company tax kann gem. Sec. 541 IRC sowohl auf L^^corporations als auch auf auslandische Kapitalgesellschaften mit Einkunften aus US-amerikanischen Quellen Anwendung fmden. Liegt demnach eine personenbezogene Holdinggesellschaft (personal holding company) vor, wird auf 15 % des unausgeschiitteten Einkommens eine zusatzliche Steuer zur Vermeidung von Gewinnthesaurierungen erhoben.^^"* Die personal holding company tax kann ebenfalls durch Ausschiittung von Dividenden vermieden werden, so dass sie im weiteren Verlauf der Untersuchung nicht betrachtet wird. Neben der Besteuerung auf Ebene des Bundes muss auch die Besteuerung der Einzelstaaten sowie der Gemeinden beriicksichtigt werden. Verfassungsrechtliche Grundvoraussetzung fiir einen Besteuerungsanspruch eines Einzelstaates ist, dass der Steuerpflichtige einen Ankniipfungspunkt flir die Besteuerung durch personliche oder sachli-
Vgl. hierzu ausfUhrlich Djanani, C./ Brahler, G./ Losel, C, Konzepte der Mindestbesteuerung Eine vergleichende Darstellung flir Deutschland, Osterreich und die USA, IWB Nr. 15 v. 14.08.2002, Fach 10 International, Gruppe 2, S. 1603 ff Vgl. ausfUhrlich Djanani, C./ Brahler, G./ Losel, C, Investitionen und Steuem in den USA, Herne/Berlin 2005, S. 130 ff.; Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 289 ff.; Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 150-V\ S. 14; Vorwold, G., Wahl und Besteuerung von Kapitalgesellschaften in den USA, GmbHR 2001, S. 19; Nordmeyer, G., Steuerpolitische Uberlegungen zur Direktinvestition in den USA, RIW 1983, S. 30; Jakob, W./ Hormann, N., Mittelstandisches Engagement durch Griindung einer Tochterkapitalgesellschaft in den Vereinigten Staaten, BB 1990, S. 2380; Abrams, H./ Doemberg, R., Essentials of United States Taxation, Boston 1999, S. 2-310 ff.; Samson-Himmelstjema, A. von. Die U.S. Corporation und ihre Besteuerung, Munchen 1981, S. 122. Vgl. ausfUhrlich Djanani, C./ BrShler, G./ Losel, C, Investitionen und Steuem in den USA, Herne/Berlin 2005, S. 119; Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 291; Abrams, H./ Doemberg, R., Essentials of United States Taxation, Boston 1999, S. 2-317 ff.
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che Bezugen zum Einzelstaat bietet.^^^ Die Steuergesetze differieren teilweise erheblich zwischen den einzelnen Bundesstaaten, so dass Vergleiche zur Steuerbelastung nur unter Beriicksichtigung sowohl der jeweiligen nominalen Steuersatze als auch der Unterschiede bei den steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften durchgefiihrt werden konnen.^^^ Die nominelle Belastung betragt dabei zwischen 0 % und 12 % der jeweiligen Bemessungsgrundlage.^^^ Die von den einzelnen Kommunen erhobene Korperschaftsteuer betragt regelmaBig weniger als 2,25 %.^^^ Sowohl die Staatensteuem als auch die kommunalen Steuem sind gem. Sec. 164(a) IRC von der Bemessungsgrundlage der Bundessteuer abzugsfahig. Auf diese Weise wird ein Kaskadeneffekt in Form der Erhebung einer „Steuer von der Steuer" vermieden.^^^ Im Gegenzug ist auch die Bundessteuer in einigen Einzelstaaten abzugsfahig, und teilweise mindem die einzelstaatlichen Ertragsteuem auch ihre eigene Bemessungsgrundlage.^^^ Aufgrund der uneinheitHchen Steuersatze der Einzelstaaten und Kommunen sowie der unterschiedlichen Auswirkungen der jeweiligen Steuerarten auf die verschiedenen Steuerbemessungsgrundlagen konnen die Staatensteuem und die kommunalen Steuem nur in pauschaler Form Eingang in die Untersuchung fmden. Die Hohe der Steuerbelastung dieser Steuerarten wird aus Grunden der Vereinfachung und Ubersichtlichkeit Vgl. DJanani, C./ Brahler, G./ Lose!, C, Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 60; The Committee to Study Foreign Investment in the United States of the Section of Corporation, Banking and Business Law of the American Bar Association, A Guide to Foreign Investment, New York 1979, S. 50; Schwarz, M., FuE-Untemehmenskooperationen in Form eines Equity Joint Ventures: eine ertragsteuerliche Analyse im Zweilandermodell Deutschland - USA, Munchen 2000, S. 34. Vgl. Butler, E./ Mielert, B./ Rosendahl, R., Investitionen und Untemehmensrecht in den Vereinigten Staaten von Amerika, Munchen 1983, S. 130; Hufbauer, G., U.S: Taxation of International Income, Washington 1992, S. 129; Rappen, H., Grundziige der Finanzverfassung, in: Adams, W./ Losche, P. (Hrsg.), Landerbericht USA, Bonn 1998, S. 585; Pfluger, H., Ein Organisations- und Belastungsvergleich zwischen dem US-amerikanischen und dem deutschen Steuersystem, FR 1996, S. 210; American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuem in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 98; Zschiegener, H., Uberblick Uber das amerikanische Steuerrecht, in: Kramer, J.-D. (Hrsg.), Gmndzuge des US-amerikanischen Steuerrechts, Stuttgart 1990, S. 60. Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 269 m.w.N. Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 270; Djanani, C./ Brahler, G./ Losel, C, Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 60; Hitschler, W., Der EinfluB der Besteuemng auf Innovation, Investition und Eigenkapitalbindung, Frankfurt 1993, S. 72. Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 271; Djanani, C./ Brahler, G.I Losel, C, Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 61; Hirsch, C, US-amerikanische Besteuerung des Ergebnisses einer Betriebsstatte in den USA, IStR 1996, S. 60. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G./ L6sel, C, Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 61; Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 271; Schwarz, M., FuE-Untemehmenskooperationen in Form eines Equity Joint Ventures: eine ertragsteuerliche Analyse im Zweilandermodell Deutschland - USA, Munchen 2000, S. 56 ff.
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im Folgenden mit 6 % angenommen, was als reprasentative Durchschnittsbelastung durch die state and local taxes angesehen werden kann.^^' Dariiber hinaus konnen in den USA Verkehrssteuem {sales taxes) in Form der Grunderwerbsteuer {real estate transfer tax) sowie Umsatzsteuem {value added tax) erhoben werden. Diese sind allerdings nicht auf Bundesebene geregelt, sondem werden von den Einzelstaaten erhoben, so dass sich teilweise erhebliche Besteuerungsunterschiede ergeben.^^^ Im Vergleich zu europaischen Staaten ist die Grunderwerbsteuer allerdings ublicherweise wesentlich niedriger.^^^ Gleiches gilt fur die Umsatzsteuer, die als kombinierte Warenverkaufs- und Warenversandhandelssteuer im Allgemeinen weniger als 10 % betragt. Des Weiteren erheben die USA auf Bundesebene keine Stempelsteuem Oder vergleichbare Steuem auf die Ubertragung von Aktien oder die Erhohung des Eigenkapitals einer Kapitalgesellschaft.^^'* Aus diesen Griinden beziehen sich die im weiteren Verlauf der Untersuchung vorgenommenen Ausfiihrungen aufgrund ihrer Bedeutung ausschlieBlich auf die Bundessteuem. Ebenso wie in Deutschland und in Osterreich herrscht in den USA im Rahmen der Besteuerung von Kapitalgesellschaften das Trennungsprinzip, so dass sich die steuerliche Leistungsfahigkeit des Anteilseigners erst dann erhoht, wenn die auf Ebene der corporation erwirtschafteten Gewinne an ihn ausgeschiittet werden."^ In den USA besteht grundsatzlich keine Pflicht, fiir inlandische Anteilseigner Kapitalertragsteuer einzubehalten. Allerdings tritt ein sog. backup withholding system'^^ dann Vgl. Rudden, J./ Sieker, K., Besteuerung deutscher Untemehmen in den USA, hrsg. v. C & L Deutsche Revision AG, Berlin 1994, S. 14; Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg2002, S. 271. Vgl. Miissener, 1., USA, in: Mennel, A./ Forster, J. (Hrsg.), Steuem in Europa, Amerika und Asien, 59. Erg.Lief, Heme/Berlin 2005, Rdz. 300 f; Kramer, J.-D., Die Finanzverfassungen der Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich, in: Kramer, J.-D. (Hrsg.), Grundzuge des US-amerikanischen Steuerrechts, Stuttgart 1990, S. 40; Kroschel, J., Die Federal Income Tax der Vereinigten Staaten von Amerika, Dusseldorf 2000, S. 211. Vgl. Lee, P./ Kowallik, A., Steuerliche Rahmenbedingungen des Untemehmenskaufs in den USA, IWB Nr. 9 V. 09.05.2001, Fach 8 USA, Gruppe 2, S. 1093; Mussener, I., USA, in: Mennel, A./ Forster, J. (Hrsg.), Steuem in Europa, Amerika und Asien, 59. Erg.Lief., Heme/Berlin 2005, Rdz. 311. Vgl. Mussener, I., USA, in: Mennel, A./ Forster, J. (Hrsg.), Steuem in Europa, Amerika und Asien, 59. Erg.Lief., Heme/Berlin 2005, Rdz. 308; Lee, P./ Kowallik, A., Steuerliche Rahmenbedingungen des Untemehmenskaufs in den USA, IWB Nr. 9 v. 09.05.2001, Fach 8 USA, Gruppe 2, S. 1092 f.; Grotherr, S., Uberblick iiber auslandische Umwandlungs- und Umwandlungssteuerrechte, in: Schaumburg, H./ Piltz, D. (Hrsg.), Intemationales Umwandlungssteuerrecht, Koln 1997, S. 207. Vgl. Abrams, H./ Doemberg, R., Essentials of United States Taxation, Boston 1999, S. 2-1; Paul, D., Triple Taxation, The Tax Lawyer 2003, S. 571 ff.; Kowallik, A., Typische Investitionsstmkturen fiir Direktinvestitionen von US-Untemehmen in Europa, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, S. 836. Vgl. CCH Incorporated, 2005 U.S. Master Tax Guide, Chicago 2004, S. 698, Tz. 2645.
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in Kraft, wenn der Anteilseigner bestimme formale Voraussetzungen nicht erfullt, wie z.B. die Angabe seiner TIN {taxpayer identification number) auf entsprechend vorgesehenen Formularen. In diesem Fall muss gem. Sec. 3406(a) IRC der vierthochste Multiplikator des Steuersatzes fiir ledige Steuerpflichtige gem. Sec. 1(c) IRC angewendet werden, der fiir das Jahr 2006 28 % betragt. Fiir den Fall, dass eine auslandische naturliche Person die Ausschiittung erhalt, muss allerdings Kapitalertragsteuer {withholding tax) gem. Sec. 871(a)(1)(A) IRC i.H.v. 3 0 % der ausgeschutteten Dividende einbehalten werden; gleiches gilt gem. Sec. 881(a)(1) IRC fur den Fall, dass eine auslandische Kapitalgesellschaft durch die Ausschiittung begiinstigt wird. 1st der Empfanger der Dividendenausschiittung eine natiirliche Person, erfolgt keine Besteuerung als ordinary income, sondem gem. Sec. l(h)(ll) IRC eine begiinstigte Besteuerung zu den Steuersatzen der langfristigen VerauBerungsgewinne {long-term capital gains rates). Demnach wird in Abhangigkeit von dem individuellen Steuersatz des Anteilseigners eine Besteuerung der Dividenden inlandischer und auslandischer Kapitalgesellschaften i.H.v. 15 % oder 5 % vorgenommen. Voraussetzung hierfiir ist gem. Sec. l(h)(l l)(B)(iii) IRC, dass die Anteile mehr als 60 Tage wahrend eines Zeitraums von 120 Tagen, der 60 Tage vor dem Ausschiittungsbeschluss beginnt, gehalten wurden. Ist der Empfanger der Dividendenausschiittung eine Kapitalgesellschaft, bestimmt Sec. 243(a) IRC eine sog. dividend received deduction, um einen Kaskadeneffekt bei mehrmaliger Ausschiittung desselben Einkommens zu verringem bzw. zu vermeiden.^^^ Sec. 243(a)(1) IRC erlaubt fiir den Fall, dass die Ausschiittung von einer inlandischen Kapitalgesellschaft vorgenommen wurde, einen Abzug i.H.v. 70 % der erhaltenen Dividenden. Dieser Prozentsatz erhoht sich gem. Sec. 243(c) IRC auf 80 %, wenn die Beteiligungshohe an der ausschiittenden corporation mindestens 20 % betragt. Fiir den Fall, dass verbundene Kapitalgesellschaften in Form einer affiliated group gegeben sind, werden die Dividenden gem. Sec. 243(a)(3) IRC ganzlich von der Besteuerung ausgenommen. Dies ist gem. Sec. 243(b)(2) IRC dann gegeben, wenn die Beteiligungshohe mindestens 80 % betragt. Die steuerliche Behandlung von VerauBerungsgewinnen von Anteilen an einer corporation ist in den USA in einem komplexen System geregelt. Wahrend VerauBerungs-
"^ Vgl. Abrams, H.I Doemberg, R., Essentials of United States Taxation, Boston 1999, S. 2-83; Karls, J., United States, in: Karls, J. (Hrsg.), Effective Tax Strategies for International Corpo-rate Acquisitions, 2, Aufl., Boston 1992, S. 279; Mobus, S., Steuerliche Auswirkungen der Check-theBox-Richtlinien auf Investitionen von in Deutschland unbeschrankt Steuerpflichtigen in den USA, in: Grotherr, S. (Hrsg.), Handbuch der Intemationalen Steuerplanung, 2. Aufl., Heme/Berlin 2003, S. 571.
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gewinne im Allgemeinen als ordinary income das zu versteuemde Einkommen erhohen, erfahren KapitalverauBerungsgewinne und -verluste (capital gains and losses) eine steuerliche Sonderbehandlung. Capital gains and losses entstehen bei der VerauBerung von Kapitalgiitem {capital assets), die in Sec. 1221(a) IRC definiert werden. Unter die Kapitalgiiter sind ebenfalls Anteile an Kapitalgesellschaften zu fassen. Die KapitalverauBerungsgewinne und -verluste werden in Abhangigkeit von der Haltedauer des verauBerten Wirtschaftsguts unterteilt in sog. short term capital gains gem. Sec. 1222(1), (2) IRC, wenn die Haltedauer hochstens ein Jahr betragt, sowie in long term capital gains gem. Sec. 1222(3), (4) IRC, wenn die Haltedauer langer als ein Jahr betragen hat.^^^ Zur Ermittlung der Besteuerungsfolgen bei KapitalverauBerungsgewinnen und -verlusten werden zunachst die short term capital gains mit den short term capital losses verrechnet. Ebenso fmdet eine Saldierung der long term capital gains mit den long term capital losses statt. Verbleibt hiemach ein short term capital loss, kann dieser mit einem verbleibenden long term capital gain verrechnet werden; verbleibt ein long term capital loss, kann dieser mit einem verbleibenden short term capital gain verrechnet werden.^^^ Ein nach diesen Saldierungen verbleibender short term capital gain erfahrt keine steuerliche Sonderbehandlung, sondem wird als ordinary income der Besteuerung unterworfen.^^^ Verbleibende long term capital gains werden bei naturlichen Personen steuerlich bevorzugt behandelt, indem reduzierte Steuersatze gem. Sec. 1(h) IRC zur Anwendung kommen, die in Abhangigkeit von der Hohe des zu versteuemden Einkommens zwischen 5 % und 1 5 % liegen.^"*' Ftir Kapitalgesellschaften bestehen keine steuerlichen Begunstigungen wie long term capital gains, so dass die VerauBerungsgewinne wie ordinary income besteuert werden.^"^^
Vgl. Abrams, H./ Doemberg, R., Essentials of United States Taxation, Boston 1999, S. 1-52; Thiele, C , Einflihrung in das US-amerikanische Steuerrecht, Wien 1997, S. 88 ff. Vgl. Djanani, C./ Brahler, G./ Losel, C , Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 128. Vgl. Lee, P./ Kowallik, A., Steuerliche Rahmenbedingungen des Untemehmenskaufs in den USA, IWB Nr. 9 V. 09.05.2001, Fach 8 USA, Gruppe 2, S. 1087. Vgl. CCH Incorporated, 2005 U.S. Master Tax Guide, Chicago 2004, S. 517, Tz. 1736. Vgl. Djanani, CI Brahler, G.I Losel, C , Investitionen und Steuem in den USA, Heme/Berlin 2005, S. 128; Lee, P./ Kowallik, A., Steuerliche Rahmenbedingungen des Untemehmenskaufs in den USA, IWB Nr. 9 v. 09.05.2001, Fach 8 USA, Gruppe 2, S. 1088 f.; Ruffer, R./ Turcon, E., Gmndlagen des US-amerikanischen Steuerrechts (unter besonderer Beriicksichtigung der Besteuemng auslandischer Direktinvestitionen), in: Turcon, T./ Zimmer, D. (Hrsg.), Gmndlagen des USamerikanischen Gesellschafts-, Wirtschafts-, Steuer- und Gesellschaftsrechts, Miinchen 1994, S. 401; Zschiegener, H., Die Besteuemng von Gesellschaften, in: Kramer, J.-D. (Hrsg.), Gmndziige des US-amerikanischen Steuerrechts, Stuttgart 1990, S. 127; Mussener, I., USA, in: Mennel, A./ Forster, J. (Hrsg.), Steuem in Europa, Amerika und Asien, 59. Erg.Lief., Heme/Berlin 2005, Rdz. 101.
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1.2.3 Steuerneutrale Griindung einer corporation {tax-free incorporation) gem. Sec. 351 IRC In den USA besteht ebenso wie in Deutschland die Moglichkeit einer steuemeutral durchflihrbaren (Sach-)Grundung einer Kapitalgesellschaft gem. Sec. 351 IRC. Die dabei anzuwendenden Grundsatze konnen auch auf Einbringungsfalle sowie grenzuberschreitende Sachverhalte (ibertragen werden und sind daher von besonderer Relevanz. Ausgangspunkt der Betrachtung ist, dass der Grundungsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft seine Gesellschaft nicht mit Bargeld, sondem mit einem oder mehreren Wirtschaftsgutem eines ihm zuzurechnenden Betriebsvermogens ausstatten mochte. Der dadurch bewirkte Entnahmevorgang fiihrt grundsatzlich zu einer Aufdeckung der in diesen Wirtschaftsgutem enthaltenen stillen Reserven. Der Grundungsgesellschafter hat allerdings das Interesse, die Griindung steuemeutral zu vollziehen, da ihm durch den Grundungsvorgang selbst keine liquiden Mittel zufliefien, mit denen er die durch die Vermogensubertragung vemrsachten Steuerzahlungen begleichen konnte. In der US-amerikanischen Literatur wird dieses sachlogische, dem deutschen Rechtsverstandnis entsprechende concept
Konzept der Steuemeutralitat als
,,wherewithal-to-pay-
bezeichnet.^'*^ Sec. 351(a) IRC bestimmt die Steuemeutralitat des Vorgangs
{nonrecognition treatment) durch die Moglichkeit der Buchwertfortfiihmng, wenn Vermogen durch eine oder mehrere Personen auf eine Kapitalgesellschaft ausschlieBlich gegen Gewahmng von Anteilen dieser Kapitalgesellschaft iibertragen und unmittelbar im Anschluss an diesen Vorgang die Kapitalgesellschaft durch den oder die Griinder kontrolliert wird. Auf diese Weise hat der Anteilseigner seine direkte Beteiligung an den Vermogenswerten lediglich durch eine indirekte Beteiligung ersetzt.^'*'^ Durch die Buchwertfortfiihrung ist die Besteuerung allerdings lediglich aufgeschoben (deferred) und wird durch die geringeren Abschreibungen bzw. hoheren VerauBemngsgewinne in den Folgejahren wieder ausgeglichen. Die Buchwertfortfiihmng ist folglich der Preis fiir die Steuemeutralitat. Dabei beinhaltet Sec. 351 IRC kein Wahlrecht flir den Steuerpflichtigen, sondem tritt bei Erfiillen der Voraussetzungen zwangslaufig in Kraft.^'*^ Die Buchwertfortftihmng entspricht dem in Kapital III dargestellten Vgl. Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hail's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 2-14, S. 7-2; vgi. auch Brauner, Y., A Good Old Habit, or Just an Old One? Preferential Tax Treatment for Reorganizations, Brigham Young University Law Review 2004, S. 8; s. auch Chirelstein, M., Federal Income Taxation, 8. Aufl., New York 1999, S. 313 ff. Vgl. Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 2-14; s. auch Abrams, H./ Doemberg, R., Federal Corporate Taxation, New York 1998, S. 19. Vgl. Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-P\ S. 4; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 2-39; Abrams, H./ Doemberg, R., Essentials of United States Taxation, Boston 1999, S. 1-52.
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Einbringungskreislauf, d.h. die aufnehmende Kapitalgesellschaft {transferee corporation) fiihrt grundsatzlich gem. Sec. 1032 i.V.m. Sec. 362 IRC die Buchwerte (basis) der Griindungsgesellschafter fort. Dieser Wertansatz ist entsprechend dem Prinzip der Buchwertverknupfung gem. Sec. 358(a) IRC auch bestimmend fur den Ansatz der Buchwerte der Anteile des Einbringenden. Die drei Voraussetzungen der Sec. 351 IRC sollen wie folgt verdeutlicht werden: L Vermogen muss durch eine oder mehrere Personen ubertragen werden (transfer of property). Der BQgriff property wird in Sec. 351 IRC nicht defmiert. Die Rechtsprechung erfasst unter diesen Terminus Geld und nahezu alle denkbaren Vermogensgegenstande wie einzelne Wirtschaftsgiiter, Betriebe, Teilbetriebe sowie Anteile an Kapitalund Personengesellschaflen.^'^^ Gem. Sec. 351(d) IRC sind allerdings Dienstleistungen sowie bestimmte Schuldtitel als begiinstigte Gegenstande ausgeschlossen. Z Die Gegenleistung der Kapitalgesellschaft darf ausschlieBlich in Aktien der Kapitalgesellschaft selbst bestehen (in exchange for stock in such corporation). Gem. Sec. 351 IRC ist als Gegenleistung jede Aktiengattung der gegrundeten Kapitalgesellschaft moglich, ft)lglich Aktien mit und ohne Stimmrecht, Vorzugsaktien oder Stammaktien. Gem. Treas. Regs. § 1.351-l(a)(l)(ii) werden allerdings Aktienbezugsrechte sowie Optionsscheine ftir Aktien vom Begriff „^7oc/:" ausgenommen. 3. Die Grundungsgesellschafter mussen unmittelbar nach dem Austausch die Kontrolle iiber die Kapitalgesellschaft haben (control immediately after the exchange). Der Begriff der Kontrolle wird in Sec. 368(c) IRC defmiert und setzt voraus, dass die Griinder in ihrer Gesamtheit liber mindestens 80 % der stimmberechtigten Aktien und mindestens 80 % aller anderen Aktiengattungen verftigen mussen.^'^^ Gem. Treas. Regs. § 1.351-1(a)(1) ist der Begriff der Unmittelbarkeit nicht dahingehend zu verstehen, dass das Vermogen der Grundungsgesellschafter zum genau gleichen
Vgl. Bristor, K./ McGinley, E./ Leibler, A., Intellectual Property as Transferable Property for Purposes of Section 351, The Computer & Internet Lawyer 2004, S. 11 ff.; CCH Incorporated, 2005 U.S. Master Tax Guide, Chicago 2004, S. 128; Pratt, J./ Kulsrud, W., Federal Taxation, Edition 2006, Houston 2006, S. 19-30; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 2-15; Bank, S., Taxation of business entities, 13. Aufl., Chicago 2004, S. 78 ff.; Rothenberg, W., Tax aspects of acquisitions and mergers. New Jersey 1974, S. 153 f. Vgl. Willens, R., Tax-Efficient Techniques for Disposing of an Appreciated Equity Stake Abound, Journal of Taxation 2003, S. 148; Abrams, H.I Doemberg, R., Essentials of United States Taxation, Boston 1999, S. 2-33; Abrams, H.I Doemberg, R., Federal Corporate Taxation, New York 1998, S. 39.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines Drittstaates
Zeitpunkt ubertragen wird. Der Vorgang muss allerdings auf einer Vereinbarung beruhen, die tatsachlich durchgefiihrt wird.^"^^ Der Griindungsvorgang nach Sec. 351 IRC entspricht im deutschen Gesellschaftsrecht einer Sachgriindung i.S.d. § 5 Abs. 4 GmbHG bzw. § 27 AktG, allerdings mit dem Unterschied, dass im Rahmen einer Sacheinlage kein Bargeld verwendet werden kann. Diese Form der Sachgriindung fallt in Deutschland steuerrechtlich unter die Einbringung, die in Form der Einzelrechtsnachfolge durchgefiihrt wird und unter den Voraussetzungen des § 20 UmwStG ebenfalls zur Steuemeutralitat fiihrt. Die deutsche Vorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 UmwStG bestimmt allerdings den Einbringungsgegenstand im Verhaltnis zum US-amerikanischen Begriff des property enger, indem lediglich Betriebe, Teilbetriebe, Mituntemehmeranteile sowie mehrheitsvermittelnde Anteile begiinstigt ubertragen werden konnen. Einzelne Vermogensgegenstande sind somit von dem Anwendungsbereich der Einbringung ausgenommen. Dariiber hinaus fordert § 20 Abs. 1 UmwStG nicht, dass die Griindungsgesellschafter die Kapitalgesellschaft kontrollieren. LedigHch bei der Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft wird verlangt, dass die aufnehmende Kapitalgesellschaft selbst die Kontrolle iiber den Einbringungsgegenstand auslibt. 1.2.3.1 Folgen von Sec. 351 IRC fur den UbertrSger Wenn samtliche Voraussetzungen von Sec. 351 IRC erfiillt sind, entsteht keine Steuerpflicht des einbringenden Gesellschafters fiir die durch den Tauschvorgang aufgelosten stillen Reserven des eingebrachten Gegenstandes. Um einen endgultigen Steuerverlust zu vermeiden, erfolgt gem. Sec. 358(A)(1) IRC eine Wertverkniipfung zwischen dem Buchwert der (ibertragenen Vermogensgegenstande und dem Buchwert der erhaltenen Anteile. Auf diese Weise bleiben die stillen Reserven des iibertragenen Vermogens in den gewahrten Anteilen an der iibemehmenden Kapitalgesellschaft weiterhin steuerverstrickt. Im Ergebnis liegt also eine doppelte Verstrickung der stillen Reserven wie in Deutschland vor. Wird dem Griindungsgesellschafter neben Anteilen der gegriindeten Kapitalgesellschaft eine andere Art von Gegenleistung {boot), beispielsweise Geld oder Wertpapiere anderer Kapitalgesellschaften, gewahrt, ist Sec. 351 IRC trotzdem anwendbar (Sec. 351(b) IRC). Allerdings kann die Steuemeutralitat des Vorgangs in diesem Fall nicht mehr zur Ganze aufi-echterhalten werden. Diesbeziiglich unterscheidet das US^^^ Vgl. Pratt, J./ Kulsrud, W., Federal Taxation, Edition 2006, Houston 2006, S. 19-30; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 2-19.
Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
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amerikanische Steuerrecht zwischen einem realisierten {realized) und einem steuerlich wirksamen {recognized) Gewinn oder Verlust.^"^^ Der realisierte Gewinn besteht in den aufgedeckten stillen Reserven des ubertragenen Wirtschaftsguts, d.h. die Differenz zwischen Marktwert der erhaltenen Anteile und dem Buchwert der eingebrachten Vermogensgegenstande. Der tatsachlich einer Steuerpflicht unterliegende Teil des realized gains wird als recognized gain bezeichnet. Die Differenz aus realized gain und recognized gain stellt den sog. postponed gain dar.^^^ Dies ist folglich der Wert des getauschten Vermogens, der erfolgsneutral bleibt, d.h. der Teil der stillen Reserven, der bei der Transaktion nicht aufgedeckt wird und somit bis zu einer steuerpflichtigen Disposition steuerverhaftet bleibt. Wird daher dem Griindungsgesellschafter eine Gegenleistung in Form von boot gewahrt, liegt grundsatzlich in Hohe dieser anderen Gegenleistung ein steuerpflichtiger recognized gain vor (Sec. 351(b)(1) IRC).^^' Der recognized gain in Hohe des Betrags der Geldgegenleistung (Sec. 351(b)(1)(A) IRC) bzw.
des
Verkehrswerts
{fair
market
value)
der
anderen
Vermogenswerte
(Sec. 351(b)(1)(B) IRC) kann allerdings nicht den Betrag der stillen Reserven iibersteigen, so dass der kleinere Betrag aus realized gain und boot der Besteuerung unterliegt. Der Differenzbetrag zwischen boot und realized gain stellt den postponed gain dar, dessen Besteuerung in die Zukunft verschoben wird. Ein eventuell entstehender Verlust aus der Grtindung der Kapitalgesellschaft im Rahmen einer Z?oo/-Gewahrung wird jedoch gem. Sec. 351(b)(2) IRC steuerlich nicht berucksichtigt. Die Wertverkniipfung zwischen dem Buchwert des ubertragenen Vermogens und dem Buchwert der als Gegenleistung erhaltenen Anteile wird durch Sec. 358(a)(1) IRC vorgeschrieben, wobei die Bemessungsgrundlage der empfangenen Anteile um den Marktwert der als Gegenleistung gewahrten anderen Vermogenswerte {other property. Sec. 358(a)(l)(A)(i) IRC), den Betrag einer Geldleistung {amount of any money. Sec. 358(a)(l)(A)(ii) IRC) und einen eventuell steuerlich wirksamen Verlust aus der Grundung {loss recognized on such exchange. Sec. 358(a)(l)(A)(iii) IRC) zu reduzieren und um eine als Dividende behandelte Zahlung {amount treated as a dividend. Sec. 358(a)(l)(B)(i) IRC) sowie um den steuerpflichtigen Gewinn aus dem Griin-
Vgl. Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions -- Tax aspects, Tax Management Portfolio, N. 110-y^, S. 55; Willis, E. (u.a.). West Federal Taxation Comprehensive Volume, 2003 Edition, Ohio 2003, S. 19-18; Bank, S., Taxation of business entities, 13. Aufl., Chicago 2004, S. 81; Reeves, J., Tax aspects of corporate mergers, exchanges, redemptions, liquidations and reorganizations, New York 1967, S. 16. Vgl. Willis, E. (u.a.), West Federal Taxation Comprehensive Volume, 2003 Edition, Ohio 2003, S. 19-18. Vgl. Kyser, N., The Long and Winding Road: Characterization of Boot under Section 356(a) (2), The New York University Tax Law Review 1984, S. 297 ff.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
dungsvorgang {recognized gain. Sec. 358(a)(l)(B)(ii) IRC) wieder zu erhohen ist. Da aufgrund der Vorschrift der Sec. 351(b)(2) IRC ein steuerlich wirksamer Verlust zum Zeitpunkt
der
Grlindung
nicht
entstehen
kann,
ist
die
Vorschrift
der
Sec. 358(a)(l)(A)(iii) IRC fur den weiteren Verlauf ohne Relevanz. Gleiches gilt fiir die Vorschrift der Sec. 358(a)(l)(B)(i) IRC. Somit ergibt sich zusammenfassend folgende Vorgehensweise zur Ermittlung des Buchwerts der erhaltenen Anteile:
Buchwert des iibertragenen Vermogens pGeldleistung ./. ^^^^ [^ Verkehrswert der als Gegenleistung gewahrten Vermogensgegenstande, die nicht in Anteilen der Gesellschaft bestehen + recognized gain = Bemessungsgrundlage (basis) der erhaltenen Anteile Abbildung 52: Ermittlung der Bemessungsgrundlage der erhaltenen Anteile gem. Sec. 358 IRC Die gem. Sec. 358(a)(1) IRC vorzunehmende Minderung ist notwendig, da die Gegenleistung in Form von hoot den Wert der gegriindeten Kapitalgesellschaft und folglich einen erzielbaren VerauBerungserlos mindert. Wiirde die Gewahrung einer anderen Gegenleistung nicht zu einer Minderung des Beteiligungsansatzes an der gegriindeten Kapitalgesellschaft fiihren, ware der Wert der erhaltenen Anteile im Verhaltnis zum Wert des Untemehmens zu hoch. Der Buchwert wiirde in diesem Fall nicht zum Ausdruck bringen, dass die Gegenleistung in Form von boot aufgrund des erfolgten Abganges nicht mehr im Untemehmen vorhanden ist. Auf diese Weise ware der Gewinn aus einer eventuellen spateren VerauBerung der als Gegenleistung erhaltenen Anteile in Hohe der gewahrten anderen Gegenleistung zu niedrig, so dass eine teilweise steuerfreie VerauBerung moglich ware. Dies wird durch den Abzug der boot-Gewahrung zur Ermittlung der basis der erhaltenen Anteile verhindert, so dass die Versteuerung des noch nicht realisierten Teils der stillen Reserven sichergestellt ist. Da allerdings gem. Sec. 351(b)(1) IRC die Gewahrung von boot eine sofortige Steuerpflicht auslost, muss dies auch in der Bemessungsgrundlage der erhaltenen Anteile zum Ausdruck kommen. Dies erfolgt durch die Erhohung der Bemessungsgrundlage der erhaltenen Anteile um den recognized gain. Der bereits der Besteuerung unterlegene recognized gain wird daher nicht emeut steuerpflichtig, da er der Bemessungsgrundlage wieder hinzugerechnet werden muss.
Kapitel IV: Konkretisierung des Entscheidungsmodells anhand eines Drittstaates
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Im Ergebnis weicht die Bemessungsgrundlage der erhaltenen Anteile nicht von dem Buchwert des ubertragenen Vermogens ab, wenn der realized gain mindestens so hoch ist wie der Betrag des boot. In diesem Fall entsprechen sich die Kurzung durch die Gewahrung des boot und die Erhohung durch den recognized gain. Durch das Zusammenspiel der steuerlichen Vorschriften wird letztendlich erreicht, dass der noch nicht versteuerte Teil des realized gain vom Marktwert der als Gegenleistung erhaltenen Anteile abgezogen wird, so dass die unversteuerten stillen Reserven in der Zukunft noch einer Besteuerung unterliegen konnen. Diese Systematik bei Gewahrung von boot soil wie folgt zusammenfassend dargestellt werden:
realized gain Marktwert der erhaltenen Anteile
recognized gain Wert des boot, maximal realized gain
postponed gain
r - - • realized gain \ ' abzUglich i
abzUglich T - -
1
>. recognized gain
Buchwert der eingebrachten Vermogensgegenstande 1 1
realized gain
Anschaffungskosten der Anteile Marktwert der erhaltenen Anteile abzUglich •-• postponed gain
1
J
recognized gain
postponed gain
Anschaffungskosten (basis) der erhaltenen Anteile
Abbildung 53: Zusammenfassung der Systematik der Sec. 358 IRC 1.2.3.2 Folgen von Sec. 351 IRC fiir die aufnehmende Kapitalgesellschaft Aufgrund der Vorschrift der Sec. 1032(a) IRC flihrt der Erhalt von Geld oder anderen Vermogenswerten von einer Kapitalgesellschaft im Austausch von Anteilen auf Ebene der auftiehmenden Kapitalgesellschaft nicht zu einer Steuerpflicht. Die Bemessungsgrundlage fiir das erhaltene Vermogen ergibt sich aus Sec. 1032(b) IRC, die auf die Vorschrift der Sec. 362 IRC verweist. Gem. Sec. 362(b) IRC fiihrt die ubemehmende
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines Drittstaates
Kapitalgesellschaft die Buchwerte der ubertragenden Gesellschafter fort. Durch diese Wertverknupfling wird eine Fortfiihrung der Buchwerte des Griinders bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ohne Aufdeckung der stillen Reserven ermoglicht, so dass der Vorgang steuemeutral durchgefuhrt werden kann. Die Kapitalgesellschaft tritt dabei in die Rechtsposition der ubertragenden Kapitalgesellschaft ein und ftihrt insbesondere die Abschreibungsmethode sowie die Haltedauer der ubertragenden Gesellschafter fort.^^^ Um im Falle der Gewahrung einer Gegenleistung, die nicht in Gesellschaftsrechten besteht, eine doppelte Besteuerung des Teils der stillen Reserven, der bereits auf Ebene des die boot-Zdhhxng empfangenden Gesellschafters einer Steuerpflicht unterlegen ist, bei VerauBerung der eingebrachten Vermogenswerte durch die Kapitalgesellschaft selbst zu vermeiden, setzt die iibemehmende Kapitalgesellschaft das Vermogen gem. Sec. 362(a)(1), (2) IRC mit dem Buchwert an, der um den recognized gain auf Ebene des Griinders erhoht ist. Dieser Wertansatz ist folgerichtig, da nur auf diese Weise eine Einfachbesteuerung der stillen Reserven erreicht werden kann. Ubemimmt die neu gegriindete Kapitalgesellschaft Verbindlichkeiten, die mit den ubertragenen Vermogenswerten in Zusammenhang stehen, ist ftir den ubertragenden Gesellschafter kein steuerpflichtiger Sachverhalt gegeben (Sec. 357(a) IRC). Somit stellt die Ubemahme von Verbindlichkeiten grundsatzlich keine Gewahrung von boot dar.^^^ Allerdings bestehen gem. Sec. 357(b) und (c) IRC zwei wichtige Ausnahmen von diesem Grundsatz. Zum einen wird die Ubemahme von Verbindlichkeiten, wenn sie
als
alleiniges
Ziel
die
Steuerumgehung
{tax
avoidance
purpose)
hat
(Sec. 357(b)(1)(A) IRC) oder nicht auf vemiinftigen wirtschaftlichen Griinden beruht {bona fide business purpose) (Sec. 357(b)(1)(B) IRC), als ^ooZ-Gewahrung behandelt.^^"^ Konsequenz ist in diesem Fall, dass samtliche ubemommenen Verbindlichkeiten, d.h. auch die Verbindlichkeiten, die nicht von Sec. 357(b) IRC erfasst werden, zu einer steuerpflichtigen Gewinnrealisierung ftihren. Zum anderen muss die Ubemahme von Verbindlichkeiten, wenn und soweit die Hohe der Verbindlichkeiten den gem. Sec. 362(a) IRC angepassten Buchwert {adjusted basis) der iibertragenen Vermogenswerte ubersteigt, aufgmnd der notwendigen Wertaufstockung zu einer Steuerpflicht ftihren (Sec. 357(c)(1) IRC). Folglich liegt in Hohe des ^" Vgl. Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 2-28. ^^^ Vgl. Pratt, J./ Kulsrud, W., Federal Taxation, Edition 2006, Houston 2006, S. 19-33; Bank, S., Taxation of business entities, 13. Aufl., Chicago 2004, S. 82; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 2-24. ^^^ Hierzu zShlen insbesondere Verbindlichkeiten, die unmittelbar vor der Ubertragung der Vermogenswerte aufgenommen wurden; vgl. Bank, S., Taxation of business entities, 13. Aufl., Chicago 2004, S. 82; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 2-25.
Kapitel IV: Konkretisierun2 des Entscheidungsmodells anhand eines Drittstaates
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den angepassten Buchwert iibersteigenden Betrags ein steuerpflichtiger Gewinn vor. Diese Regelung ist sachlogisch, da ansonsten die aufnehmende Kapitalgesellschaft ein negatives Vermogen ubemehmen wiirde, was durch die Buchwertverkntipfung zu negativen Anschaffungskosten beim Gesellschafter fiihren wurde. Da dies nicht moglich sein kann, muss eine steuerwirksame Zwangsaufstockung erfolgen, die in weiterer Konsequenz bei dem aufnehmenden Gesellschafter liber die Vorschrift der Sec. 358 IRC zu Anschaffungskosten von Null fiihrt.^^^
1.2.3.3 Vergleich der steuerlichen Vorschriften in den USA mit Deutschland Grundsatzlich sind die Vorschriften der USA mit denen Deutschlands vergleichbar, da beide Staaten das Prinzip der Buchwertfortftihrung und Buchwertverkniipfting („Einbringungskreislauf *) anwenden. Die Vorschriften zur Zwangsaufstockung sind ebenfalls ahnlich, da Deutschland im Fall einer Einbringung von negativem Vermogen gem. § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG ebenfalls eine Zwangsaufstockung zur Vermeidung eines Ansatzes von negativen Anschaffungskosten bestimmt. Die Vorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG, die in Deutschland eine weitere Pflicht zur Auflosung stiller Reserven vorsieht, wenn der einbringende Gesellschafter eine Gegenleistung erhalt, die nicht in Gesellschaftsrechten besteht, und diese Gegenleistung den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermogens iibersteigt, ist in den USA nicht entsprechend vorgesehen, da die Gewahrung von boot zu einer sofortigen Steuerpflicht auf Ebene des Gesellschafters ftihrt. Beziiglich der Behandlung von Gegenleistungen an die ubertragenden Gesellschafter, die nicht in Gesellschaftsrechten der aufnehmenden Kapitalgesellschaft besteht, lasst sich ein weiterer, elementarer Unterschied feststellen. Sec. 351(b) IRC bestimmt eine sofortige Steuerpflicht bei einer 6oo/-Gewahrung in Hohe des kleineren Betrags von boot und stillen Reserven. § 20 Abs. 4 Satz 2 UmwStG erlaubt dagegen den Abzug des gemeinen Werts der Gegenleistung von den Anschafftmgskosten der erhaltenen Anteile, so dass der Erhalt der Gegenleistung zunachst ohne steuerliche Konsequenzen bleibt und erst bei VerauBerung der Anteile steuerlich wirksam wird.^^^ Aufgrund des Prinzips der Buchwertfortftihrung und -verkniipfung muss sich dieser Unterschied auf mehreren Ebenen weiter auswirken, um im Ergebnis eine Einmalbesteuerung der gesamten stillen Reserven zu erreichen. Wahrend im Rahmen der aufnehmenden Kapitalgesellschaft sowohl in den USA als auch in Deutschland die Methode der Buchwertfortftihrung Anwendung findet, muss
^^^ Vgl. Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 2-26. ^^^ Vgl. Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 440.
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Kapitel IV: Konkretisieruns
des Entscheidun^smodells
anhand eines
Driftstaates
in den USA im Falle der Gewahrung von boot gem. Sec. 362(a)(1), (2) IRC der Buchwert des erhaltenen Veimogens um den recognized gain erhoht werden. Dieser Unterschied ist sachlogisch, da die durch die /jooZ-Gewahrung realisierten Gewinne in beiden Landem zu unterschiedlichen Zeitpunkten besteuert werden. Da in den USA eine sofortige Steuerpflicht des Z)oo/-Betrags besteht, sind folgerichtig die Buchwerte bei der aufhehmenden Kapitalgesellschaft um den recognized gain zu erhohen. In Deutschland ist dies aufgrund der Steuemeutralitat des Vorgangs nicht notwendig. Der Gesellschafter setzt gem. Sec. 358 IRC die als Gegenleistung erhaltenen Anteile zunachst mit dem Buchwert der hingegebenen Wirtschaftsguter an, der um die bootGewahrung zu kiirzen ist. Diese Vorgehensweise entspricht zunachst der steuerlichen Behandlung in Deutschland, da gem. § 20 Abs. 4 Satz 2 UmwStG der gemeine Wert der anderen Wirtschaftsguter, d.h. dem boot, bei der Bemessung der Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile abgezogen werden muss. Die steuerliche Behandlung in den USA weist allerdings den Unterschied auf, dass in einem weiteren Schritt der Buchwert um den Betrag des recognized gain, d.h. dem kleineren Betrag von boot und realized gain, erhoht wird. Wiederum wird durch diese Vorgehensweise der Tatsache Rechnung getragen, dass bereits im Einbringungszeitpunkt im Gegensatz zu der deutschen Regelung eine Besteuerung der /7w;/-Gewahrung stattgefunden hat, so dass die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile nach US-amerikanischen Recht im Verhaltnis zu den deutschen Vorschriften mit einem hoheren Wert auszuweisen sind.
boot
Behandlung in den USA
Buchwert
Ansatz bei Kapitalgesellschaft
Ansatz bei Gesellschafter
hoot Sofortige Steuerpflicht fur Gesellschafter
Behandlung in Deutschland
Buchwert
^
Buchwert
Buchwert./. boot
Abbildung 54: Vergleich der steuerlichen Behandlung der nicht in Anteilen bestehenden Gegenleistung in Deutschland und USA
Kapitel IV: Konkretisierung des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
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Im Ergebnis wird die Besteuerung der Gegenleistung, die nicht in Anteilen der aufnehmenden Kapitalgesellschaft besteht, in Deutschland in die Zukunft verschoben. Diese Regelung in Deutschland ist als steuerlich vorteilhafter anzusehen, da sie keine Steuerpflicht im Jahr des Erhalts der Gegenleistung zur Folge hat, sondem die Besteuerung der stillen Reserven trotz vorzeitiger teilweiser VerauBerung des Vermogens im Einbringungszeitpunkt auf den VerauBerungszeitpunkt der Anteile verschiebt. Dieser Vorteil gleicht sich allerdings in den Folgejahren bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft durch die geringeren Abschreibungen und die hoheren VerauBerungsgewinne bzw. bei dem Gesellschafter durch einen hoheren VerauBerungsgewinn aus. Im Ergebnis fiihren beide Regelungen zu einer systemgerechten vollstandigen Erfassung der stillen Reserven. Die zeitlichen Unterschiede im Rahmen des Anfalls der steuerpflichtigen Aufdeckung der stillen Reserven sind allerdings zwingend im Rahmen der Steuerplanung zu beriicksichtigen.
1.2.4 Umstrukturierungen innerhaib der USA 1.2.4.1 Grundlagen In den USA konnen Akquisitionen grundsatzlich steuerpflichtig (taxable) oder steuerfrei (tax-free) durchgefiihrt werden.''^^ Die steuerfreien Umstrukturierungen werden als reorganizations bezeichnet. Die steuerpflichtigen sowie die steuerfreien Umstrukturierungsmoglichkeiten konnen ihrerseits aufgrund der Art der ubertragenen Vermogensgegenstande unterschieden werden, wobei entweder die Vermogensgegenstande einer Kapitalgesellschaft selbst (asset deal) oder die Anteile an dieser Gesellschaft (share deal) Gegenstand einer Ubertragung sein konnen.
Vgl. Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 3; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions -- (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"'', S. 3 ff.; Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-r', S. 42; Abrams, H./ Doemberg, R., Essentials of United States Taxation, Boston 1999, S. 2-199.
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Kapitel IV: Konkretisieruns
des Entscheidungsmodells
anhand eines
Drittstaates
Moglichkeiten von Akquisitionen taxable acquisitions
tax-free acquisitions (reorganizations)
asset
asset deal
asset reorganization
stock
stock deal
stock reorganization
Gegenstand der Akquisition
Abbildung 55: Mogliche Akquisitionsformen in den USA
Werden die Voraussetzungen einer steuerfreien reorganization nicht erfullt, unterliegen sowohl ein asset deal als auch ein share deal in den USA der Steuerpflicht.^^^ VerauBert eine Kapitalgesellschaft entweder einzelne Veimogensgegenstande oder im Rahmen eines Untemehmensverkaufs die Gesamtheit ihrer Vermogensgegenstande, ist ein asset deal gegeben. Die steuerlichen Folgen flir die verauBernde Kapitalgesellschaft ergeben sich aus Sec. 1001 IRC. Hiemach wird der sich aus der VerauBerung ergebende Gewinn als Unterschiedsbetrag zwischen der erhaltenen Gegenleistung und dem Buchwert des Vermogensgegenstandes als recognized gain bei der verauBemden Kapitalgesellschaft der vollen Steuerpflicht unterworfen (Sec. 1001(c) IRC). Der Erwerber setzt die erworbenen Vermogensgegenstande gem. Sec. 1012 IRC mit den Anschaffungskosten {cost basis) an mit der Folge des Erwerbs eines erhohten Abschreibungspotentials.^^^ Wird der VerauBerungserlos von der Kapitalgesellschaft ausgeschiittet, unterliegt er grundsatzlich ein weiteres Mai auf Ebene der die Ausschiittung empfangenden Anteilseigner gem. Sec. 301, 331 IRC der Besteuerung. Somit mussen bei Durchfiihrung eines asset deals zwei Besteuerungsebenen beachtet werden.^^^ Im Vgl. Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 3 f; Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions — Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3'^'^, S. 9; s. auch Flick, H., Umstrukturierungen nach dem Untemehmenserwerb in den USA (oder bleibt die Kuh auf dem Eis?), IStR 2001, S. 502 f ^^^ Vgl. Broadwin, D., Accounting and tax considerations in business acquisitions (with form). The Practical Tax Lawyer 1997, S. 1 ff ^^^ Vgl. Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions ~ Tax aspects, Tax Management Portfolio, N. 770-3^ S. 39.
Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidun2smodells anhandeines Drittstaates
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Rahmen eines share deals liegt dagegen eine VerauBerung der Anteile einer Kapitalgesellschaft durch ihre Gesellschafter vor, so dass sich auf Ebene der Gesellschaft keinerlei steuerliche Folgen - insbesondere keine Aufstockung der Buchwerte {carryover basis) - ergeben, da ihre Vermogenssphare nicht betroffen ist.^^''^^^ Die Anteilseigner erzielen jedoch einen steuerwirksamen Gewinn oder Verlust gem. Sec. 1001 IRC.
1.2.4.2 Steuerfreie Umstrukturierungen Werden ausschlieBlich die steuerfreien Umwandlungsmoglichkeiten betrachtet, kann zwischen steuerfreien Reorganisationen {tax-free reorganizations), die zusammenhangend in einem eigenen Kapitel gesetzlich geregelt sind, und steuerfreien Transaktionen gem. Sec. 351 IRC unterschieden werden. Diese Unterteilung fmdet sich ebenfalls im deutschen Umwandlungssteuerrecht, da in Deutschland zum einen steuemeutrale Umstrukturierungsmoglichkeiten existieren, die im Umwandlungsgesetz kodifiziert sind, und zum anderen das Umwandlungssteuergesetz selbst mit dem Rechtsinstitut der Einbringung
als Auffangtatbestand
eine weitere
Umstrukturierungsmoglichkeit
schafft.
1.2.4.2.1
Steuerfreie Reorganisationen {tax-free reorganisations)
Das US-amerikanische Umwandlungssteuerrecht ist nicht wie in Deutschland in einem eigenstandigen Gesetz geregelt, sondem wurde in den IRC eingearbeitet. Die bundesgesetzlichen Vorschriften^^^ fiir Umwandlungen von Kapitalgesellschaften befinden sich in Subtitle A - Income Taxes, Chapter I. Normal taxes and Surtaxes, Subchapter C Corporate Distributions and Adjustments, Part III. Corporate Organizations and Reorganizations des IRC in Sec. 351-368. Die Vorschriften untergliedem sich wie folgt:
Gem. Sec. 338 IRC ist es aber unter den dort genannten Voraussetzungen moglich, trotz Vorliegens eines share deals durch eine Fiktion die steuerlichen Folgen eines asset deals eintreten zu lassen, insbesondere mit der Konsequenz der Erhohung der Abschreibungsbasis {cost basis). Vgl. Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7 ^ ; Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions — Tax aspects, Tax Management Portfolio, N. 770-3'^ S. 89; Warner, J. (u.a.), Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1'', S.49. Der IRC wird untergliedert in Subtitles [symbolisiert durch GroBbuchstaben, beginnend mit (A)], Chapters [symbolisiert durch arabische Ziffem, beginnend mit (1)], Subchapters [symbolisiert durch GroBbuchstaben, beginnend mit (A)], Parts [symbolisiert durch romische Ziffem, beginnend mit (I)], Subparts [symbolisiert durch GroBbuchstaben, beginnend mit (A)] und - dem deutschen Paragraphen entsprechend - Sections [symbolisiert durch arabische Ziffem, beginnend mit (1)], vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, Anhang S. XXXII.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
Part III. Corporate Organizations and Reorganizations Subpart A. Corporate organizations Sec. 351. Transfer to corporation controlled by transferor Subpart B. Effects on shareholders and security holders Sec. 354. Exchanges of stock and securities in certain reorganizations Sec. 355. Distribution of stock and securities of a controlled corporation Sec. 356. Receipt of additional consideration Sec. 357. Assumption of liability Sec. 358. Basis to distributes Subpart C. Effects on corporations Sec. 361. Nonrecognition of gain or loss to corporations; treatment of distributions Sec. 362. Basis to corporations Subpart D. Special rule; definitions Sec. 367. Foreign corporations Sec. 368. Definitions relating to corporate reorganizations. Abbildung 56: Uberblick uber die relevanten Vorschriften des US-amerikanischen Umwandlungsteuerrechts Im Gegensatz zu der etwa in Deutschland und Osterreich gewahlten Vorgehensweise verweist das US-amerikanische Umwandlungssteuerrecht nicht auf handels- und gesellschaftsrechtliche Vorschriften, sondem definiert eigenstandig die Begriffe sowie die Voraussetzungen fur die Steuemeutralitat. Der Grund hierfiir ist darin zu sehen, dass das Gesellschaftsrecht in den USA Staatenrecht darstellt, das Steuerrecht dagegen Bundesrecht.^^"^ Da folglich bis zu 50 eigene Gesellschaftsrechte in den USA existieren, hat sich das US-amerikanische Umwandlungssteuerrecht unabhangig von gesellschaftsrechtlichen Vorschriften der Einzelstaaten entwickelt. Die unterschiedlichen Zielsetzungen von Steuer- und Gesellschaftsrecht haben zur Folge, dass die Auslegung und Anwendung der Steuergesetze autonom zu erfolgen hat. Die steuerfreien Reorganisationen konnen unterschieden werden in acquisitive asset reorganisations, acquisitive stock reorganisations, recapitalizations, change in name or location, bankruptcy reorganizations sowie control reorganizations. Die Umstrukturierungsmoglichkeiten der recapitalizations,
change in name or location sowie
bankruptcy reorganizations stellen sog. „single corporation reorganizations'^ dar, weil lediglich eine Kapitalgesellschaft an dem Vorgang beteiligt und ist und ft)lglich kein Vermogenstransfer stattfmdet. Im Rahmen einer reorganization konnen zwei oder
Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhandeines Drittstaates
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mehr Kapitalgesellschaften als Parteien beteiligt sein. Wird die reorganization ausschliefilich zwischen dem Erwerber und der Zielkapitalgesellschaft durchgefiihrt, besteht eine direkte {straight) {„A'\ „B" oder „C") reorganization. In den USA ist es aber abweichend vom deutschen Recht auch moglich, dass die Muttergesellschaft des Erwerbers insoweit in die reorganization miteinbezogen wird, als dass ihre Anteile als Gegenleistung fur die Vermogensiibertragung gewahrt werden. In diesem Fall liegt eine triangular reorganization vor. Diese Dreiecksumwandlungen sind in vier verschiedenen Formen moglich: triangular „B" oder triangular „C"
reorganizations,
forward triangular mergers und reverse triangular mergers. In Deutschland ist eine Dreiecksumwandlung nicht zulassig, da die Vorschriften der §§2, 20 Abs. 1 Nr. 3, 123 UmwG sowie § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG bestimmen, dass die Gegenleistung durch die iibemehmende Kapitalgesellschaft selbst erbracht werden muss. Zusammenfassend lassen sich die Moglichkeiten der steuerfreien Reorganisationen in den USA wie folgt systematisieren:
Vgl. Brahler, G., Deutsche Direktinvestitionen in den USA, Hamburg 2002, S. 49 f.; Bungert, H., Recht der Niederlassung auslandischer, insbesondere deutscher Kapitalgesellschaften in den USA, DB 1994, S. 1457; Bungert, H., Gesellschaftsrecht in den USA, Munchen 1994, S. 1.
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Kapitel IV: Konkretisieruns
des Entscheidunssmodells
anhand eines
Drittstaates
MOglichkeiten der steuerfreien Reorganisationen in den USA Statutory merger (^^A " reorganization) Sec. 368(a)(1)(A) IRC Forward triangular merger C*(a)(2)(D) " reorganization) Acquisitive asset reorganizations
Sec. 368(a)( 1 )(A), (a)(2)(D) IRC "C" reorganization Triangular "C*' Reorganization Sec. 368(a)(1)(C) IRC Nondivisive **D" reorganization Sec. 368(a)( 1 )(D) i.V.m. Sec. 354 IRC "^ " reorganization
Acquisitive stock Reorganizations
Triangular **B " reorganization Sec. 368(a)(1)(B) IRC Reverse triangular merger (**(a)(2)(E) reorganization) Sec. 368(a)( 1 )(A), (a)(2)(E) IRC
Recapitalizations
''E'' reorganization Sec. 368(a)(1)(E) IRC
Change in name or location
"F" reorganization Sec. 368(a)(1)(F) IRC
Bankruptcy reorganizations
**G" reorganization Sec. 368(a)(1)(G) IRC
Control reorganizations
Divisive "/) " reorganization Sec. 368(a)( 1 )(D) i.V.m. Sec. 355 IRC
Abbildung 57: Steuerfreie Reorganisationsformen gem. Sec. 368(a) IRC
Wie aus der Abbildung deutlich wird, entsprechen die Bezeichnungen der Reorganisationsformen den entsprechenden subchapters der Sec. 368(a) IRC; so wird der statutory merger, der in Sec. 368(a)(1)(A) IRC kodifiziert ist, „A " reorganization genannt. Es soil betont werden, dass im US-amerikanischen Umwandlungssteuerrecht im Gegensatz zu den deutschen Vorschriften keine Wahlrechte hinsichtlich des steuerlichen Ansatzes von Wirtschaftsgutem bestehen, so dass die von den Beteiligten gewtinschte
Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines Drittstaates
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steuerliche Rechtsfolge ausschliefilich durch die konkrete Ausgestaltung der Transaktion beeinflusst werden kann.^^^
1.2.4.2.1.1 Grundvoraussetzungen fur steuerfreie Reorganisationen in den USA Um Steuerfreiheit fiir die jeweilige Reorganisationsmoglichkeit beanspruchen zu konnen, miissen zahlreiche Voraussetzungen erfullt werden, die sich in die nicht gesetzlich kodifizierten Merkmale, die nonstatutory requirements, sowie die explizit in Sec. 368(a) IRC genannten Merkmale, die statutory requirements, unterscheiden lassen. Die nonstatutory requirements sind als allgemeine Grundprinzipien zum Erreichen der Steuerfreiheit anzusehen. Das US-amerikanische Umwandlungssteuerrecht weist vier nonstatutory requirements auf. Diese sind business purpose, continuity of interest, continuity of business enterprise sowie die Schaffung und Einhaltung eines plan of reorganization.^^^ Die Anforderungen haben sich aus der Rechtssprechung entwickelt und wurden begrifflich in Sec. 368 IRC und die dazugehorigen treasury regulations (TrQas. Regs. § 1.368-1(b), 1.368-2(b)(2)) aufgenommen. _L: Business purpose Eine Reorganisation kann nur dann als steuerfrei behandelt werden, wenn sie aus wirtschaftlichen und durch den Geschaftsbetrieb verursachten Griinden mindestens einer der an der Umstrukturierung beteiligten Kapitalgesellschaften vollzogen wird.^^'' Dazu gehort auch, dass nach der Umstrukturierung einer der Geschaftsbetriebe fortgefuhrt werden muss.^^^ Wird eine Reorganisation allein aus steuerlichen Beweggriinden, insbesondere der Nutzung von Verlustvortragen, durchgefiihrt, ist das Erfordemis des business purpose nicht als erfullt anzusehen. Anerkannte wirtschaftliche Grtinde flir
Vgl. Holzman, R., Tax-free Reorganizations, 3. Aufl,, New York 1976, S. 6 f.; American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuem in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 181. Vgl. Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions ~ Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3'*^, S. 126; Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 151; Willis, E. (u.a.). West Federal Taxation Comprehensive Volume, 2003 Edition, Ohio 2003, S. 19-16; Taylor, G./ Belanger, P., Minimizing tax costs for a sandwich structure, Tax Notes 2003, S. 85 ff.; Claybon, M./ Cohen, S./ Feinberg, R., Taxation of Mergers and Acquisitions in the United States, in: Feinschreiber, R./ Kent, M. (Hrsg), International Mergers & Acquisitions: Country by Country Tax Guide, o.O. 2003, S. 1 ff. Vgl. Karayan, J./ Swenson, C./ Neff, J., Strategic corporate tax planning. New Jersey 2002, S. 321; Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions — Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3^ S. 133; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions ~ (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^*, S. 159 ff. Vgl. Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 211 ff.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines Drittstaates
eine Reorganisation sind beispielsweise Effizienzsteigerungen, das Realisieren von Einsparpotentialen sowie die Bundelung von Fachwissen. 2/. Continuity of interest Gem. Treas. Regs. § 1.368-l(e)(l)(i) besteht das Ziel des Kriteriums der continuity of interest darin, einer VerauBerung gleichkommende Vorgange von der Begunstigung der Steuemeutralitat auszuschliefien. Die continuity of interest verlangt daher, dass die Anteilseigner der Zielkapitalgesellschaft nach der Reorganisation ihre Beteiligung in einer bestimmten Hohe fortflihren.^^^ Im Ergebnis stellt das Kriterium auf die wertmaBige Fortfiihrung der Beteiligung der Anteilseigner der erworbenen Kapitalgesellschaft ab. Die continuity of interest ist aus Sicht der Finanzverwaltung als erfiillt anzusehen, wenn die Halfte der Anteilseigner der Zielkapitalgesellschaft entweder an der erwerbenden Kapitalgesellschaft oder im Falle einer triangular reorganization an der kontrollierenden Kapitalgesellschaft beteiligt werden.^^^ Die Einhaltung des Kriteriums kann materiell ausschliefilich im Rahmen einer Gegenleistung, die in Anteilen der ubemehmenden bzw. kontrollierenden Kapitalgesellschaft - die sog. issuing corporation - besteht, gewahrleistet werden (Treas. Regs. § 1.368-l(e)(l)(i)). Erfolgt zu einem spateren Zeitpunkt ein Riickerwerb der Anteile durch die issuing corporation, ist das Kriterium der continuity of interest nicht mehr als erftillt anzusehen, wenn die geforderte
Beteiligungsgrenze
unterschritten
wird
(Treas.
Regs.
§ 1.368-1(e)(6)-
Example(4)(i)). Recapitalizations gem. Sec. 368(a)(1)(E) IRC sowie changes in name or location gem. Sec. 368(a)(1)(F) IRC miissen das Kriterium der continuity of interest nicht erftillen.^^'
Vgl. Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 152; Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions ~ Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3'^ S. 8, S. 127; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-46; Rothenberg, W., Tax aspects of acquisitions and mergers. New Jersey 1974, S. 61; Schindler, C , Treatment of Foreign Mergers under US Tax Law, International Tax Review 2004, S. 426; Kwall, J., The Federal Income Taxation of Corporations, Partnerships, Limited Liability Companies, and Their Owners, 2. Aufl., New York 2000, S. 567; Forster, G,, Umstrukturierung deutscher Tochtergesellschaften im Ertragsteuerrecht, Diisseldorf 1991, S. 94; Krieger, S., Ertragsteuerliche Konsequenzen der Verschmelzung deutscher und US-amerikanischer Kapitalgesellschaften, Berlin 2001, S. 32. Vgl. Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions — Tax aspects, Tax Management Portfolio, N. 770-3'*^, S. 129; Warner, J. (u.a.), Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-P\ S. 64. Vgl. Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-P', S. 65.
Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
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3^: Continuity of business enterprise Das Erfordemis der continuity of business enterprise, d.h. der Weiterfuhrung des untemehmerischen Engagements, besteht darin, dass die issuing corporation entweder den Geschaflsbetrieb der ubertragenden Kapitalgesellschaft {historic business) oder einen wesentlichen Anteil der ubertragenen Wirtschaftsgiiter {historic business assets) wirtschaftlich fortfuhrt (Treas. Regs. § 1.368-1(d)). Durch diese Forderung wird sichergestellt, dass die Reorganisation aus wirtschaftlichen Grunden und nicht aus Grunden der Steuervermeidung erfolgt ist.^^^ Die Geschaftsbetriebsfortflihrung {business continuity) wird in Treas. Regs. § 1.368-l(d)(2)(i)-(iv) naher erlautert. Insbesondere wird festgestellt, dass es als nicht ausreichend anzusehen ist, wenn die issuing corporation lediglich in demselben Geschaftszweig wie die ubertragende Kapitalgesellschaft tatig ist. Ubt die ubertragende Kapitalgesellschaft mehrere Geschaftszweige aus, ist es allerdings ausreichend, wenn bereits ein wesentlicher Geschaftszweig fortgeftihrt wird.^''^ Die Fortfiihrung der Wirtschaftsgiiter {asset continuity) setzt gem. Treas. Regs. § 1.368-l(d)(3)(i)-(iii) voraus, dass ein wesentlicher Anteil der ubertragenen Wirtschaftsgiiter weiterverwendet wird, wobei sich die Beurteilung der Wesentlichkeit nach der Bedeutung der Wirtschaftsgiiter ftir die Geschaftstatigkeit richtet. Daruber hinaus wird aber auch der Verkehrswert der Wirtschaftsgiiter herangezogen. Somit fmdet in den USA in Abweichung von der steuerlichen Behandlung in Deutschland**^"^ die quantitative Betrachtungsweise Anwendung. Zur Einhaltung des Kriteriums der continuity of business enterprise ist es auch zulassig, dass die issuing corporation die Anteile oder Vermogensgegenstande nach der Umstrukturierung auf ein verbundenes Unternehmen {related party) iiberftihrt (sog.
Vgl. Woodruff, J., Cross-border acquisitions, divestitures, and restructurings of U.S. multinationals. Tax Notes 2004, S. 629 ff; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions - (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 161; Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 201 ff; Kwall, J., The Federal Income Taxation of Corporations, Partnerships, Limited Liability Companies, and Their Owners, 2. Aufl., New York 2000, S. 587 ff; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-47; Brauner, Y., A Good Old Habit, or Just an Old One? Preferential Tax Treatment for Reorganizations, Brigham Young University Law Review 2004, S. 60; Willens, R., TaxEfficient Techniques for Disposing of an Appreciated Equity Stake Abound, Journal of Taxation 2003, S. 152; Gilson, R./ Black, B., The Law and Finance of Corporate Acquisitions, New York 1991, S. 108. Vgl. Karayan, J./ Swenson, C./ Neff, J., Strategic corporate tax planning. New Jersey 2002, S. 322; Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions — Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3''*, S. 135; Kwall, J,, The Federal Income Taxation of Corporations, Partnerships, Limited Liability Companies, and Their Owners, 2. Aufl., New York 2000, S. 521. Vgl. hierzu ausfiihrlich Djanani, CJ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 304, S. 403.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
remote continuity). Auf diese Weise werden insbesondere triangular
reorganizations
ermoglicht.^^^ 4,: Plan of reorganization Als weitere Voraussetzung wird durch Treas. Regs. § 1.368-1(c) bestimmt, dass der Vorgang gemaB einem Restrukturierungsplan {plan of reorganization)
durchgefiihrt
werden muss. In dem Vertrag mtissen nicht nur die einzelnen Umstrukturierungsschritte dargestellt werden, sondem insbesondere die wirtschaftlichen Griinde flir die gewahlte Reorganisationsform.^^^ Gem. Treas. Regs. § 1.368-2(g) ist festgelegt, dass durch den plan of reorganization keinesfalls eine Erweiterung der in Sec. 368(a) IRC dargelegten Reorganisationsformen vorgenommen werden kann. Auch wenn kein ausdriickliches Erfordemis besteht, den plan of reorganization schriftlich zu formulieren, wird von einer impliziten Pflicht ausgegangen.^^^
1.2.4.2.1.2 Acquisitive asset reorganizations Grundsatzlich ist eine Vermogensubertragung von einer corporation auf eine andere gegen Gewahrung von Anteilen gem. Sec. 351 IRC moglich. Problematisch ist allerdings der gem. Sec. 351(a) i.V.m. Sec. 368(c) IRC zu erfiillende Kontrolltatbestand. Dieser fordert das Fortbestehen der iibertragenden corporation. Soil aber die ubertragende corporation nach der Umstrukturierung erloschen, sind die Moglichkeiten der Gestaltung nach Sec. 351 IRC iiberschritten. Somit bedarf es zusatzlicher Regelungen, die den Anwendungsbereich steuemeutraler Umstrukturierungen erweitem. Im Folgenden sollen die vier Moglichkeiten der Durchflihrung einer acquisitive asset reorganisation analysiert werden.
a) Statutory merger C'A " reorganization) In Sec. 368(a)(1)(A) IRC ist als ''statutory merger or consolidation'' die "A" reorganization kodifiziert. Im Rahmen eines merger erfolgt entsprechend der in Deutschland in §§2-122 UmwG, §§ 11-13 UmwStG geregelten Verschmelzung eine Ubertra-
Vgl. Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1"', S. 67. Vgl. Rothenberg, W., Tax aspects of acquisitions and mergers. New Jersey 1974, S. 59 f.; Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 210; Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-r\ S. 68; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions — (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 167. Vgl. Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1", S. 68.
Kapitel IV: Konkretisieruns
des Entscheidunssmodells
anhand eines Drittstaates
•333-
gung des Vermogens einer Kapitalgesellschaft auf eine iibemehmencle Kapitalgesellschaft gegen Gewahrung von Anteilsrechten an dieser Kapitalgesellschaft, wobei die ubertragende Kapitalgesellschaft ohne Liquidation aufgelost wird. Wird das Vermogen von mehreren Kapitalgesellschaften auf eine iibemehmende Kapitalgesellschaft ubertragen, liegt eine consolidation vor.^^^
Ubertragende Kapitalgesellschaft (target corporation)
1
Vermogen
^
Ubemehmende Kapitalgesellschaft (acquiring corporation)
1
Untergang \ j / derAnteile / N
Gegenleistung (i.d.R. Anteile}^^
1
Anteilseigner
Anteilseigner
Abbildung 58: Zielstruktur eines statutory merger („A" reorganization)
Vgl. Bank, S., Taxation of business entities, 13. Aufl., Chicago 2004, S. 150; Claybon, M./ Cohen, S./ Feinberg, R., Taxation of Mergers and Acquisitions in the United States, in: Feinschreiber, R./ Kent, M. (Hrsg), International Mergers & Acquisitions: Country by Country Tax Guide, o.O. 2003, S. 1 ff.; Hoffmann, W, (u.a.). Corporations, Partnerships, Estates and Trusts, Ohio 2002, S. 7-10; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-23; Rothenberg, W., Tax aspects of acquisitions and mergers. New Jersey 1974, S. 80; Abrams, H./ Doernberg, R., Essentials of United States Taxation, Boston 1999, S. 2-221 ff.
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Kapitel IV: Konkretisiemns des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
Anteilseigner
Ubemehmende Kapitalgesellschaft (acquiring corporation) Vermogen Ubertragende Kapitalgesellschaft {target corporation) Untergang V / derAnteile / N
Anteilseigner
Vermogen
Gegenleistung (i.d.R. Anteile)
Ubertragende Kapitalgesellschaft {target corporation) Untergang der Anteile
Anteilseigner
Abbildung 59: Zielstruktur einer consolidation {„A " reorganization) Die gesetzliche Definition der „A " reorganization ist sehr weit gefasst.
Wichtigste
Voraussetzung ist gem. Treas. Regs. § 1.368-2T(b)(l)(ii), dass die Verschmelzung in Ubereinstimmung mit den US-amerikanischen Gesetzen oder den Gesetzen der Einzelstaaten erfolgen muss. Sec. 368(a)(1)(A) IRC stellt insbesondere keine Anforderungen an den Umfang der iibertragenen Vermogensgegenstande oder die Art der Gegenleistung. So sind als Gegenleistung fiir die ubertragenen Vermogenswerte die Ausgabe von stimmrechtslosen Vorzugsaktien, Genussrechten, sonstigen Wertpapieren oder Schuldverschreibungen sowie eine Barzahlung zulassig.^^^ Eine Einschrankung der Gestaltungsmoglichkeiten besteht lediglich durch die nonstatutory requirements, insbesondere die Erfordemisse der continuity of interest sowie der continuity of business Vgl, Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 257; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-26; Abrams, H./ Doemberg, R., Federal Corporate Taxation, New York 1998, S. 210. ^^° Vgl. American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuem in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 197; Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1*^', S. 55.
Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
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enterprise.^^^ Die Doktrin der continuity of interest schrankt die Gestaltungsfreiheit insofern ein, als im Rahmen der Gegenleistung in einer bestimmten Mindesthohe Aktien der issuing corporation gewahrt werden miissen.^
Die Finanzverwaltung sieht
die Doktrin als erfiillt an, wenn mindestens 50 % der Gegenleistung in Anteilsrechten an der issuing corporation besteht.^^^ Die Doktrin der continuity of business enterprise begrenzt den Interpretationsspielraum fur den Umfang der (ibertragenen Vermogensgegenstande, indem bestimmte Wirtschaftsgiiter zur Fortftihrung des Geschaftsbetriebes iibertragen werden mussen.^^'^ Beztiglich der Ubemahme von Verbindlichkeiten der ubertragenden Kapitalgesellschaft bestehen bei einer „A" reorganization keine gesetzlichen Beschrankungen.^ ^ Sollten die Verbindlichkeiten allerdings im Verhaltnis zu den eingebrachten Vermogensgegenstanden zu hoch werden, konnte ein VerstoB gegen das Erfordemis der continuity of interests vorliegen.^^^ Werden jedoch Verbindlichkeiten der ubertragenden Kapitalgesellschaft ubernommen, deren Glaubiger die Anteilseigner der Kapitalgesellschaft selbst sind, fiihrt dies auf Ebene der Anteilseigner zu einer Gewahrung von hoot i.S.v. Sec. 356 IRC. Zusammenfassend liegen die Vorteile einer „A " reorganization in ihrer hohen Flexibilitat und des weiten Handlungsspielraums.
Da im Gegensatz zu einer ,,C" reorgani-
zation nicht das im Wesentlichen gesamte Vermogen (.^substantially air) iibertragen werden muss, konnen Vermogensgegenstandc, wclchc die issuing corporation nicht ubernehmen mochte, im Zuge der Verschmelzung an Dritte verauBert werden, ohne die Steuerneutralitat des Vorgangs zu getahrden.^^ Nachteilig ist allerdings, dass die Vgl. Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1", S. 55; Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions - Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3^^ S. 137. Vgl. DolobotT, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions -- (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2'^ S. 16. Vgl. Thompson, S., Section 367: A 'wimp' for inversions and a 'bully' for real cross-border acquisitions. Tax Notes 2002, S. 1509; ders.. Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 11. Vgl. American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuern in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 197. Vgl. Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions - (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 17. Vgl. Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions - (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 17. Vgl. Broadwin, D., Accounting and tax considerations in business acquisitions (with form). The Practical Tax Lawyer 1997, S. 1 ff.; Hoffmann, W. (u.a.). Corporations, Partnerships, Estates and Trusts, Ohio 2002, S. 7-10; Immerman, L.I Ashraf, S., Tax-free corporate mergers have been redefined for the LLC era. Corporate Taxation 2003, S. 5. Vgl. American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuern in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 197.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidun2smodells anhand eines Driftstaates
issuing corporation samtliche Verbindlichkeiten der ubertragenden Kapitalgesellschaft ubemehmen muss. Dazu zahlen insbesondere auch unbekannte Verpflichtungen sowie Eventxialverbindlichkeiten.^^^ Dariiber hinaus muss die target corporation samtliche Miet-, Leasing-, Lizenz- und sonstige Vertrage iibertragen, wobei es denkbar ist, dass diese Vertrage zivilrechtlich nicht ubertragbar sind.^^^ Aus diesem Grund kann der Wunsch bestehen, eine Verschmelzungsform zu wahlen, bei der die iibertragende Kapitalgesellschafl bestehen bleibt.
P) Forward triangular merger C*(a) (2) (D)'' reorganization) Im Rahmen eines forward triangular merger gem. Sec. 368(a)(2)(D) IRC liegt ein Dreiecksverhaltnis vor. Eine Mutterkapitalgesellschaft ubt durch eine Mehrheitsbeteiligung die Kontrolle uber eine Tochterkapitalgesellschaft aus, auf welche die target corporation verschmolzen wird.^^' Die Gegenleistung fiir die iibertragende target corporation besteht allerdings nicht in Anteilen der aufnehmenden Tochterkapitalgesellschaft, sondem in Anteilen der Mutterkapitalgesellschaft. Eine solche Dreiecksverschmelzung existiert im deutschen Umwandlungsrecht nicht.
Vgl. Hoffmann, W. (u.a.). Corporations, Partnerships, Estates and Trusts, Ohio 2002, S. 7 12: Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7 26. Vgl. Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7 26; Rothcnberg, W., Tax aspects of acquisitions and mergers. New Jersey 1974, S. 82. Vgl. Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions ~ Tax aspects. Tax Management Portfolio, N.770-3'^ S. 40, S. 149 ff; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions^-(A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 36; K ramcr, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-27; Holzman, R., 1 ax-free Reorganizations, 3. Aufl., New York 1976, S. 12; Broadwin, D., Accounting and tax considerations in business acquisitions (with form). The Practical Tax Lawyer 1997, S. 1 ff; Horn, N., Cross-Border Mergers and Acquisitions and the Law: An Introduction, in: Horn, N. (Hrsg.), Cross-Border Mergers ans Acquisitions and the Law, New York 2001, S. 13.
Kapitel IV: Konkretisierung des Entscheidungsmodells
Ubertragende Kapitalgesellschaft (target corporation)
anhand eines Drittstaates
Ubertragung des 1 nahezu gesamten Betriebsvermogens W
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Ubemehmende Tochterkapitalgesellschaft {acquiring corporation)
1
Untergang V / derAnteile / N 1
Gegenleistung in Form von Anteilen
Anteilseigner
^
Mutterkapitalgesellschaft {controlling corporation)
Abbildung 60: Zielstruktur trnt?, forward triangular merger
Fur die Qualifizierung dih forward triangular merger mussen folgende Voraussetzungen erfullt werden: - Die Mutterkapitalgesellschaft muss eine Tochterkapitalgesellschaft kontrollieren. Der Begriff der Kontrolle wird in Sec. 368(c) IRC definiert, wonach die Mutterkapitalgesellschaft als controlling corporation uber mindestens 80 % der stimmberechtigten Anteile (voting power of all classes of stock entitled to vote) und mindestens 80 % aller nicht stimmberechtigten Aktienarten (shares of all other classes of stock) verfiigen muss. Dieses Kriterium wird haufig dadurch erfullt, dass die Mutterkapitalgesellschaft die Tochterkapitalgesellschaft als Akquisitionsvehikel grundet. - Die ubertragende Kapitalgesellschaft muss das gesamte bzw. das nahezu gesamte Betriebsvermogen (substantially all of the properties) ubertragen. Die Finanzverwaltung sieht dieses Kriterium als erfullt an, wenn mindestens 90 % des Nettovermogens und mindestens 70 % des Bruttovermogens ubertragen werden.'''^^ - Die ubertragende Kapitalgesellschaft wird durch die Verschmelzung auf die acquiring corporation aufgelost. - Als Gegenleistung werden den Anteilseignern der ubertragenden Kapitalgesellschaft im Rahmen einer Dreiecksverschmelzung nicht Anteile der aufnehmenden Tochterkapitalgesellschaft gewahrt, sondern Anteile an der die Tochtergesellschaft kontrollierenden
Mutterkapitalgesellschaft.
Dies
wird
ausdriicklich
durch
Sec. 368(a)(2)(D)(i) IRC bestimmt, wonach keinesfalls Anteile der erwerbenden Vgl. Broadwin, D., Accounting and tax considerations in business acquisitions (with form). The Practical Tax Lawyer 1997, S. 1 ff; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions ~ (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"'^, S. 41, S. 71.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidun2smodells anhand eines Drittstaates
Tochterkapitalgesellschaft als Gegenleistung bestimmt werden diirfen. Hierin ist auch der entscheidende Unterschied zu einer „A " reorganization zu sehen. Aus diesem Grund wird Qm forward triangular merger auch als ^.hybrid type „A " reorganization'' bezeichnet.^^^ - Wie bei den „ ^ " reorganizations gibt es keine gesetzlichen Einschrankungen fiir die Ubemahme von Verbindlichkeiten durch die acquiring corporation. Allerdings ist emeut auf die Einhaltung des Kriteriums der continuity of interests zu achten.^^"^ Gem. Treas. Regs. § 1.368-2(b)(2) kann auch die Mutterkapitalgesellschaft Verbindlichkeiten der Zielgesellschaft ubemehmen. Vorteil eines forward triangular merger ist, dass die Mutterkapitalgesellschaft die Verbindlichkeiten der target corporation nicht ubemehmen muss und somit das Haftungsrisiko durch die Verschmelzung vermindert wird.^^^ Dariiber hinaus ist bei einem forward triangular merger die Zustimmung der Anteilseigner der Mutterkapitalgesellschaft nicht erft)rderlich.^'^^' Zustimmungspflichtig sind lediglich die Anteilseigner der Zielkapitalgesellschaft sowie die gesetzlichen Vertreter der Mutterkapitalgesellschaft, da die Muttergesellschaft als controlling corporation selbst die Anteile an der Tochtergesellschaft besitzt. Da die Mutterkapitalgesellschaft im Rahmen der Dreicksverschmelzung die Gegenleistung fiir die Obertragung des Vermogens auf die Tochtergesellschaft erbringt, muss sie uber die notwendige Anzahl an eigenen Aktien verfiigen. Diese Aktien konnen am Markt von der Muttergesellschaft selbst erworben worden sein oder aus einer Kapitalerhohung stammen. Da der Kapitalerhohung wiederum von den Anteilseignern der Muttergesellschaft zugestimmt werden muss, wird haufig die Tochtergesellschaft eigens zu dem Zweck der Verschmelzung mit der Zielgesellschaft als Akquisitionsvehikel gegriindet. Die Griindung erft)lgt durch Sacheinlagen in Form von Anteilen der Mutterkapitalgesellschaft, die anschliefiend im Rahmen des triangular merger als Akquisitionswahrung dienen.'''^^ Vgl. Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1", S. 55; vgl. auch DolobotT, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions — (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 39. Vgl. Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions — (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 40. Vgl. Karayan, J./ Swenson, C./ Neff, J., Strategic corporate tax planning. New Jersey 2002, S. 323; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-28. Vgl. Horn, N., Cross-Border Mergers and Acquisitions and the Law: An Introduction, in: Horn, N. (Hrsg.), Cross-Border Mergers ans Acquisitions and the Law, New York 2001, S. 14; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-28; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions — (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 7712"^ S. 37. Vgl. Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions ~ (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 38.
Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidungsmodells anhand eines Dhttstaates
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Nachteilig hti forward triangular mergers im Verhaltnis zu „ ^ " reorganizations ist, dass strengere Voraussetzungen zu erfiillen sind. So muss das nahezu gesamte {substantially all) Betriebsvermogen ubertragen werden. Die Gegenleistung in Form von Anteilen darf nur durch Anteile an der controlling corporation gewahrt werden. Allerdings sind gem. Treas. Regs. § 1.368-2(b)(2) auch andere Vermogenswerte wie z.B. Bargeld oder Schuldverschreibungen zulassig.
X) „ C" reorganization Bei einer „C" reorganization gem. Sec. 368(a)(1)(C) IRC ubertragt die target corporation ihr gesamtes oder nahezu gesamtes (substantially all) Betriebsvermogen auf die acquiring corporation. Als Gegenleistung erhalten die Anteilseigner der target corporation Stimmrechtsaktien {voting stock) der acquiring corporation. Im Zuge der Verschmelzung wird die ubertragende Gesellschaft aufgelost.^^^ Die ,,C" reorganization ist folglich mit der „A " reorganization vergleichbar und entspricht ebenfalls der deutschen Verschmelzung (§§ 2-122 UmwG, §§ 11-13 UmwStG).
Ubertragung des
Ubertragende Kapitalgesellschaft (target corporation)
1 iiaii^z^u ji,csaiiiicii
Betriebsvermogens w
Ubemehmende Kapitalgesellschaft (acquiring corporation)
1
Untergang \ j / der Anteile / \
Gegenleistung ^^'^^ i. 80 % votingstock)^
1
Anteilseigner
Anteilseigner
Abbildung 61: Zielstruktur einer ,, C" reorganization
Vgl. Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions — Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. nO-3''^, S. 143 ff.; Bank, S., Taxation of business entities, 13. Aufl., Chicago 2004, S. 152; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions -- (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"'^, S. 46; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-29; Claybon, M./ Cohen, S./ Feinberg, R., Taxation of Mergers and Acquisitions in the United States, in: Feinschreiber, R./ Kent, M. (Hrsg), International Mergers & Acquisitions: Country by Country Tax Guide, o.O. 2003, S. 1 ff.; Thiele, C , Eintuhrung in das US-amerikanische Steuerrecht, Wien 1997, S. 103; Madden, L./Zent, B., Corporate Reorganization, Corporate Business Taxation Monthly, December 2003, S. 33; Abrams, H./ Doernberg, R., Federal Corporate Taxation, New York 1998, S. 219.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
Im Unterschied zu einer „A" reorganization bestehen bei einer „ C " reorganization Einschrankungen in Bezug auf das iibertragene Betriebsvermogen. Wie bei Q\x\Qm forward triangular merger muss die target corporation nahezu das gesamte Betriebsvermogen {substantially all of the properties) iibertragen, d.h. mindestens 90 % des Marktwerts des Nettovermogens {net assets) und gleichzeitig mindestens 70 % des Marktwerts der Aktiva {gross assets).^"^"^ Auf diese Weise soil gewahrleistet werden, dass keine wesentlichen Vermogensgegenstande zuriickbehalten werden, um sie in einem anderen Geschaftsbetrieb einzusetzen oder an die Anteilseigner auszuschiitten.^^^ Die Belastung der target corporation mit hohen Verbindlichkeiten gefahrdet die Erfiillung des Kriteriums. Des Weiteren hat die Gegenleistung grundsatzlich ausschlieBlich {solely) gegen Stimmrechtsaktien zu erfolgen. Dabei wird die Gegenleistung gem. Sec. 368(a)(1)(C), (a)(2)(G) IRC zunachst der iibertragenden Kapitalgesellschaft gewahrt, die in einem zweiten Schritt im Zuge der Liquidation zusammen mit den nicht ubertragenen Vermogenswerten an ihre Anteilseigner ausgeschiittet werden muss (Sec. 368(a)(2)(G)(i) IRC). Gem. Sec. 368(a)(2)(B) IRC, der sog. ,,hoot relaxation rule'"^'^^\ muss eine Ubertragung gegen Stimmrechtsanteile von lediglich 80 % des zu Marktwerten bewerteten Vermogens der target corporation erfolgen.^'^'"^ Folglich ist eine Gewahrung von hoot dann unschadlich, wenn damit weniger als 20 % des Marktwerts der iibertragenden Kapitalgesellschaft erworben werden. Die Obernahme von Verbindlichkeiten der target corporation durch die acquiring corporation ist zulassig (Sec. 368(a)(1)(C) IRC). Allerdings mlissen sowohl das Erfordernis der Ubertragung des nahezu gesamten Betriebsvermogens sowie der continuity of interests beachtet werden.
Vgl. Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions — Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3'^ S. 144; Abrams, H./ Doernberg, R., Essentials of United States Taxation, Boston 1999, S. 2-231; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions - (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"'', S. 71; Bank, S., Taxation of business entities, 13. Aufl., Chicago 2004, S. 161; Abrams, H./ Doernberg, R., Federal Corporate Taxation, New York 1998, S. 219. Vgl. Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions ~ (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 70. Vgl. Woodruff, J., Cross-border acquisitions, divestitures, and restructurings of U.S. multinationals. Tax Notes 2004, S. 629 ff.; Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-r', S. 57. Vgl. Hoffmann, W. (u.a.). Corporations, Partnerships, Estates and Trusts, Ohio 2002, S. 7-18; Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 278; Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions — Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3'^ S. 146.
Kapitel IV: Konkretisierung des Entscheidunssmodells
anhandeines
Drittstaates
•341
Neben der direkten {straight) „ C " reorganization ist gem. Sec. 368(a)(1)(C) IRC auch eine triangular „ C " reorganization moglich. In diesem Fall besteht ebenfalls eine Dreiecksbeziehung, in der eine von einer Mutterkapitalgesellschaft {controlling corporation) beherrschte Tochterkapitalgesellschaft {acquiring corporation) nahezu das gesamte Betriebsvermogen einer target corporation erwirbt.^^^ Als Gegenleistung erhalt die target corporation Anteile der Mutterkapitalgesellschaft, keinesfalls Anteile der erwerbenden Tochterkapitalgesellschaft (Treas. Regs. § 1.368-2(d)(l)). Auch im Falle einer triangular „C" reorganization schiittet die target corporation im Zuge der Liquidation die als Gegenleistung erhaltenen Anteile an ihre Anteilseigner aus. Dieser Zusammenhang wird wie folgt verdeutlicht:
Ubertragende Kapitalgesellschaft {target corporation) —
I
—
Untergang V / der Anteile / N
Anteilseigner
Ubertragung des 1 nahezu gesamten Betriebsvermogens w
Ubemehmende Tochterkapitalgesellschaft {acquiring corporation)
—
Gegenleistung (mind. 80 % ^ voting stock)
^
Mutterkapitalgesellschaft {controlling corporation)
Abbildung 62: Zielstruktur eines triangular „C" merger
Im Vergleich zu QinQin forward triangular merger stellt ein triangular „ C" merger im Rahmen der Gegenleistung mit dem Grenzwert von 80 % sowie der Forderung nach Stimmrechtsaktien hohere Anft)rderungen zur Erreichung der Steuemeutralitat des Vorgangs.^'^*'^ Dariiber hinaus kann die Mutterkapitalgesellschaft bei einer triangular ,, C" reorganization im Gegensatz zu Qincm forward triangular merger keine Verbindlichkeiten der target corporation iibemehmen.^^^
Vgl. Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions -- Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3'^'^, S. 148; Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 302 f.; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions - (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 85. Vgl. Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-30 f. Vgl. Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions — (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 86 f.
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Kapitel IV: Konkretisierung des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
Zusammenfassend gilt die „ C " reorganization dadurch, dass Sec. 368(a)(1)(C) IRC die angestrebte Steuerfreiheit durch das substantially a//-Erfordemis sowie die Normierung der zulassigen Gegenleistung an wesentlich engere Voraussetzungen als die „A " reorganization kniipft, als die unpraktibelste aller Reorganisationsformen.^^^
5) Nondivisive "D'' reorganization Die in Sec. 368(a)(1)(D) IRC kodifizierten " D " reorganizations lassen sich in zwei verschiedene Auspragungen unterscheiden, namentlich die nondivisive „D" reorganizations und die divisive „D" reorganizations. Im Rahmen einer nondivisive „D" reorganization iibertragt die target corporation ihr gesamtes oder nahezu gesamtes Betriebsvermogen auf die acquiring corporation, wobei unmittelbar nach der Ubertragung die acquiring corporation kontrolliert werden muss.^^^^ Die der target corporation zu gewahrende Gegenleistung muss im Zuge der Auflosung der Gesellschaft an die Anteilseigner gem. Sec. 354 IRC ausgeschuttet werden. Aus diesem Grund liegt bei einer nondivisive „D" reorganization eine der deutschen Verschmelzung vergleichbare Umwandlungsform vor. Bei einer divisive ,,D" reorganization, die in den verschiedenen Formen eines spinoffs, split-offs und split-ups auttreten kann, wird lediglich ein Teil des Vermogens auf die acquiring corporation ubertragen. Folglich bleibt auch in den Fallen des spin-offs und split-offs die target corporation bestehen und wird nicht liquidiert. Aus diesem Grund sind divisive „D" reorganizations mit der Auf- bzw. Abspaltung im deutschen Umwandlungsrecht gem. §§ 123-173 UmwG und § 15 UmwStG vergleichbar. Samtliche ,,D" reorganizations haben gemeinsam, dass die iibernehmende Kapitalgesellschaft unmittelbar im Anschluss an die Umwandlung kontrolliert werden muss. Die Kontrolle kann dabei von der target corporation selbst, ihren Anteilseignern oder in beliebiger Zusammensetzung von target corporation und Anteilseignern ausgeubt werden (Sec. 368(a)(1)(D) IRC). Dabei ist es offenkundig, dass im Fall der Auflosung der target corporation diese nicht die Kontrolle uber die aufnehmende Gesellschaft austiben kann. Das control-Knterium ist stets gem. Sec. 355(a)(l)(D)(ii) IRC durch die Vgl. American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuern in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 201; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions -- (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"'', S. 47. Vgl. Ridgway, C./ Phillips, L., Corporate Acquisitions ~ D Reorganizations, Tax Management Portfolio, No. 772-3'^ S. 3 f; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998,8.7-31. Vgl. Claybon, M./ Cohen, S./ Feinberg, R., Taxation of Mergers and Acquisitions in the United States, in: Feinschreiber, R./ Kent, M. (Hrsg), international Mergers & Acquisitions: Country by Country Tax Guide, o.O. 2003, S. 1 ff
Kapitel IV: Konkretisierung
des Entscheidungsmodells
anhand eines Drittstaates
•343-
Anteilseigner der target corporation zu erfiillen, so dass die target corporation ohnehin selbst bei Fortbestehen hochstens eine Minderheitsbeteiligung halten kann.
Ubertragende Kapitalgesellschaft {target corporation) \ Untergang V / der Anteile / | \
Anteilseigner
Ubertragung des 1 nahezu gesamten Betriebsvermogens w stock or ^ ^ ^ securities^^.^ ^y^
Ubemehmende Kapitalgesellschaft {acquiring corporation)
^
Anteilseigner
Abbildung 63: Zielstruktur einer nondivisive „ D " reorganization
Die drei entscheidenden Voraussetzungen zum Erreichen der Steuemeutralitat flir nondivisive „D" reorganizations werden in Sec. 368(a)(1)(D) IRC definiert: (1) Die ubertragende Kapitalgesellschaft {transferor) iibertragt alle oder einen Teil ihrer Vermogensgegenstande {all or a part of its assets) auf die ubemehmende Kapitalgesellschaft. Gem. Sec. 354(b)(1)(A) IRC ist das ,,all or a part''-KviiQv'mm gleichzusetzen mit dem Kriterium des .substantially alt. Die Anforderungen sind aber niedriger als bei einer „C" reorganization!'^'^ Die US-amerikanische Rechtsprechung sieht das Kriterium als erflillt an, wenn mindestens 50 % des Marktwerts der Aktiva {gross assets) und mindestens 70 % der betriebsbezogenen Vermogensgegenstande {operating assets) iibertragen werden.^'" (2) Die ubertragende Kapitalgesellschaft muss als Gegenleistung Aktien oder Schuldverschreibungen {stock or securities) der iibemehmenden Kapitalgesellschaft erhalten. Diese Aktien oder Schuldverschreibungen miissen mit den anderen, zuruckbehaltenen Vermogensgegenstanden an die Anteilseigner ausgeschuttet werden (Sec. 354(b)(1)(B) IRC), sog. distribution requirement!'^^ Diese Verpflichtung Vgi. American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuem in den USA, Frankfurt a.M. 2001,8.208. Vgl. Ridgway, C./ Phillips, L., Corporate Acquisitions — D Reorganizations, Tax Management Portfolio, No. 772-3'^ S. 16. Vgl. Ridgway, C.I Phillips, L., Corporate Acquisitions ~ D Reorganizations, Tax Management Portfolio, No. 712-3"^, S. 21; Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-r', S. 57.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidun^smodells anhand eines Driftstaates
bedeutet in praktischer Hinsicht, dass die iibertragende Kapitalgesellschaft zumindest steuerlich liquidiert werden muss.^'^ Sec. 354(a)(1) IRC gewahrt die Steuemeutralitat, wenn eine Gegenleistung in Form von Aktien oder Schuldverschreibungen gewahrt wird. Im Rahmen der nondivisive „ D " reorganization kann der transferor allerdings gem. Sec. 354(b)(1)(B) IRC auch boot erhalten, das gleichfalls an die Anteilseigner ausgeschiittet werden muss. Bzgl. der Z>oo/-Gewahrung verweist Sec. 354(a)(3)(A) IRC auf die Vorschrift der Sec. 356 IRC. Durch Sec. 365(a)(1) IRC wird bestimmt, dass durch diesen Vorgang ein steuerpflichtiger Gewinn in Hohe der aufgedeckten stilien Reserven entsteht. (3) Die Anteilseigner der iibertragenden Kapitalgesellschaften mussen unmittelbar nach der Transaktion die Kontrolle uber die ubernehmende Kapitalgesellschaft ausuben konnen, sog. control requirement!'^
Aufgrund der Vorschrift der
Sec. 368(a)(2)(H)(i) IRC bestimmt sich der Begriffder Kontrolle nach Sec. 304(c) IRC und somit nicht nach Sec. 368(c) IRC wie beispielsweise im Rahmen des /^>>A^ward triangular merger. Demnach besitzen die Anteilseigner die Kontrolle, wenn sie uber mindestens 50 % der stimmberechtigten Aktien oder mindestens 50 % des Gesamtwerts samtlicher Aktien der ubernehmenden Kapitalgesellschaft verfiigcn. Werden Verbindlichkeiten der target corporation ubertragen, ist dies gem. Sec. 357(a) i.V.m. Sec. 361 IRC steuerneutral moglich, wenn keine Steuerumgehungsabsicht {tax avoidance purpose) i.S.v. Sec. 357(b) IRC besteht.^'''^ Im Ergebnis weisen Nondivisive „D" reorganizations eine nicht unwesentliche Ahnlichkeit mit ,,C" reorganizations auf Aus diesem Grund bestimmt Sec. 368(a)(2)(A) IRC, dass fur den Fall, dass eine Reorganisation unter beide Begiinstigungsvorschriften subsumiert werden konnte, der nondivisive „D" reorganization der Vorrang einzuraumen ist. Im Vergleich zu „A " reorganizations mussen bei Durchfuhrung einer nondivisive ,,D" reorganization strengere Vorschriften beachtet werden, insbesondere das all or a par/-Kriterium, das co/7/ro/-Erfordernis sowie die Art der zulassigen Gegenleistung.
^'^ Vgl. American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuern in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 208. ^''^ Vgl. Warner, J. (u.a.), Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1", S. 57; Ridgway, C./ Phillips, L., Corporate Acquisitions ~ D Reorganizations, Tax Management Portfolio, No. 772-3'^ S. 8; Abrams, H./ Doernberg, R., Essentials of United States Taxation, Boston 1999, S. 2-236; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-32. ^''"* Vgl. Ridgway, C./ Phillips, L., Corporate Acquisitions — D Reorganizations, Tax Management Portfolio, No. 772-3'^ S. 95.
Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines Driftstaates
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Nondivisive „D" reorganizations weisen gegeniiber „C" reorganizations den Vorteil auf, dass eine Gewahrung von boot fiir mehr als 20 % des Marktwerts des Vermogens erfolgen kann, solange das co/7/ro/-Kriterium von 50 % der Anteile eingehalten wird.^'^ Durch diese als relativ niedrig anzusehende Grenze werden steuemeutrale Reorganisationen in den USA erleichtert.
1.2.4.2.1.3 Acquisitive stock reorganizations Im Gegensatz zu den acquisitive asset reorganizations werden bei acquisitive stock reorganizations lediglich Rechte an Anteilen geandert, so dass eine indirekte Vermogensiibertragung gegeben ist. Acquisitive stock reorganizations konnen in den Foimen einer „B'' reorganization oder als reverse subsidiary merger auftreten.
a) „B** reorganization In Sec. 368(a)(1)(B) IRC ist die „B" reorganization kodifiziert, bei der es sich um einen Anteilstausch handelt, mit dessen Hilfe die erwerbende Kapitalgesellschaft eine Kontrollbeteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft erwirbt/''^' Im Gegensatz zu den vorhergehenden Umstrukturierungsformen der ,,A" reorganization, forward triangular merger, ,,C" reorganization und nondivisive ,,D" reorganization hat die „B" reorganization keine Auswirkungen auf die zivilrechtliche Existenz der Zielkapitalgesellschaft, die somit durch den Vorgang nicht aufgelost wird. Durch den Anteilstausch hat die Zielkapitalgesellschaft lediglich einen neuen Mehrheitsanteilseigner/''^ Die „B" reorganization
entspricht der deutschen Vorschrift des §20 Abs. 1 Satz 2
UmwStG, nach der ein nationaler Anteilstausch steuerneutral durchgetuhrt werden kann. Sec. 368(a)(1)(B) IRC ermoglicht zwei verschiedene Formen des Anteilstauschs, zum einen die direkte (straight) „B" reorganization sowie die triangular „B" reorganization. Beide Formen unterscheiden sich lediglich in der Art der von der ubernehmenden
Vgl. Ridgway, C./ Phillips, L., Corporate Acquisitions ~ D Reorganizations, Tax Management Portfolio, No. 772-3^'', S. 64. Vgl. Claybon, M./ Cohen, S./ Feinberg, R., Taxation of Mergers and Acquisitions in the United States, in: Feinschreiber, R./ Kent, M. (Hrsg), International Mergers & Acquisitions: Country by Country Tax Guide, o.O. 2003, S. 1 ff; Abrams, H.I Doernberg, R., Federal Corporate Taxation, New York 1998, S. 216; Kwall, J., The Federal Income Taxation of Corporations, Partnerships, Limited Liability Companies, and Their Owners, 2. Aufl., New York 2000, S. 544. Vgl. American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuern in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 199; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-33; Rothenberg, W., Tax aspects of acquisitions and mergers. New Jersey 1974, S. 98.
Kapitel IV: Konkretisierung des Entscheidunssmodells
-346-
anhand eines
Drittstaates
Kapitalgesellschaft an die Ubertragerin zu gewahrenden Gegenleistung in Form von Anteilen: - Im Fall einer straight „ B " reorganization muss die erwerbende Kapitalgesellschaft als Gegenleistung ausschlieBlich eigene Stimmrechtsaktien (solely voting stock) gewahren.^'^ - Im Fall einer triangular „B" reorganization erfolgt die Gegenleistung nicht in Stimmrechtsaktien der erwerbenden Kapitalgesellschaft, sondem in Stimmrechtsaktien der Mutterkapitalgesellschaft {corporation which is in control of the acquiring corporation).
Zielkapitalgesellschaft (target corporation)
Ubemehmende Kapitalgesellschaft (acquiring corporation)
«
1
Tausch V/ der Anteile / | \
Anteilseigner
y^
^y^ ^y^
^x^^^Stimmrechtsaktien Anteilseigner
Abbildung 64: Zielstruktur einer straight „ B " reorganization
Vgl. Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions -- Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3'^ S. 140; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions -- (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"*^, S. 91; Hoffmann, W. (u.a.), Corporations, Partnerships, Estates and Trusts, Ohio 2002, S. 7-14; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-34; Rothenberg, W., Tax aspects of acquisitions and mergers. New Jersey 1974, S. 92; Woodruff, J., Cross-border acquisitions, divestitures, and restructurings of U.S. multinationals, Tax Notes 2004, S. 629 ff.; Bernstein, R., Selected current tax issues in public company transactions. Corporate Taxation 2004, S. 34.
Kapitel IV: Konkretisierung
des Entscheidunssmodells
\
,
•347-
Ubemehmende Kapitalgesellschaft (acquiring corporation)
u
Zielkapitalgesellschafl {target corporation)
anhand eines Drittstaates
LllllJ
1
Anteile^^^
Tausch V/ derAnteile /\\ 1
Anteilseigner
^
^
Stimmrechtsaktien
Mutterkapitalgesellschaft (parent corporation)
Abbildung 65: Zielstruktur einer triangular „ B " reorganization
Von entscheidender Bedeutung flir die Qualifikation als „B" reorganization ist, dass die acquiring corporation unmittelbar nach der Reorganisation die Kontrolle uber die (ibertragene Kapitalgesellschaft ausiibt.^'^ Gem. Sec. 368(c) IRC muss die ubemehmende Kapitalgesellschaft folglich iiber mindestens 80 % der Anteile der target corporation verfiigen. Dabei ist es wie im Falle des § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG^^^ ohne Relevanz, ob die Kontrolle bereits vor der Reorganisation vorgelegen oder sich erst durch den Anteilstausch selbst ergeben hat (Sec. 368(a)(1)(B) IRC). Somit ist insbesondere auch die Aufstockung einer bereits bestehenden Kontrollbeteiligung steuerneutral moglich.^^' Eine straight „B" reorganization weist groBe Ahnlichkeiten mit einer Einbringung gem. Sec. 351 IRC auf, da eine Gbertragung von Vermogensgegenstanden in Form von Anteilen vorliegt.^^^ Voraussetzung fiir Sec. 351 IRC ist, dass die Anteilseigner der target corporation unmittelbar nach der Einbringung der Anteile die Kontrolle iiber die acquiring corporation ausuben konnen. Liegen im Ergebnis sowohl die VorVgl. Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 340; Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions — Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3'^'*, S. 142; Holzman, R., Tax-free Reorganizations, 3. Aufl., New York 1976, S. 15; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-34; Rothenberg, W., Tax aspects of acquisitions and mergers. New Jersey 1974, S. 93; Abrams, H./ Doemberg, R., Essentials of United States Taxation, Boston 1999, S. 2-228. Vgl. hierzu ausfiihrlich Djanani, C./ Brahler, G., Umwandlungssteuerrecht, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 409 ff. Vgl. American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuem in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 200; Samson-Himmelstjema, A. von. Die U.S. Corporation und ihre Besteuerung, Munchen 1981, S. 149. Vgl. Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions ~ (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^^, S. 104; American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuem in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 200.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
aussetzungen der Sec. 368(a)(1)(B) IRC als auch der Sec. 351 IRC vor, iiben die Anteilseigner der ubertragenen Kapitalgeselischaft die Kontrolle uber die acquiring corporation aus, die ihrerseits die iibertragene Kapitalgeselischaft kontrolliert. „ 5 " reorganizations weisen den Vorteil auf, dass die ubertragene Kapitalgeselischaft nicht aufgelost wird, da sich der Umwandlungsvorgang ausschlieBlich auf Ebene ihrer Gesellschafter abspielt.^^^ Nachteilig ist allerdings, dass die Gegenleistung ausschlieBlich in Anteilen bestehen darf^^"^ Die boot relaxation rule findet keine Anwendung. Unter diesen Voraussetzungen wird eine „ 5 " reorganization stets steuerfrei vollzogen.
P) Reverse triangular merger C^(a)(2)(E) reorganization) Wie bei einem forward triangular merger liegt auch bei einem reverse triangular merger ein Dreiecksverhaltnis vor. Aufgrund dieser Tatsache stellt der reverse triangular merger, der in Sec. 368(a)(2)(E) IRC kodifiziert ist, eine Sonderform des statutory merger gem. Sec. 368(a)(1)(A) IRC dar und wird deshalb auch als hybrid type „A " reorganization bezeichnet.'" Ausgangspunkt der Betrachtung ist, dass eine Mutterkapitalgesellschaft samtliche Anteile einer target corporation steuerneutral erwerben mochte. Zu diesem Zweck wird eine Tochterkapitalgesellschaft (sog. ..merger sub'"'~') der parent corporation unter Autlosung auf die target corporation verschmolzen. Die Anteile der Mutterkapitalgesellschaft an der iibertragenden Tochtergesellschaft werden durch Anteile an der target corporation ersetzt. AnschiieBend kommt es zu einem Anteilstausch zwischen der pa-
Vgl. Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-36; Rothenberg, W., Tax aspects of acquisitions and mergers. New Jersey 1974, S. 98. Vgl. Karayan, J./ Swenson, C./ Neff, J., Strategic corporate tax planning. New Jersey 2002, S. 324; Broadwin, D., Accounting and tax considerations in business acquisitions (with form). The Practical Tax Lawyer 1997, S. 1 \T.; Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1", S. 59; Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 346; Rothenberg, W., Tax aspects of acquisitions and mergers. New Jersey 1974, S. 98, S. 119; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions - (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 90. Vgl. Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1", S. 59; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions — (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2""*, S. 106; Claybon, M./ Cohen, S./ Feinberg, R., Taxation of Mergers and Acquisitions in the United States, in: Feinschreiber, R./ Kent, M. (Hrsg), International Mergers & Acquisitions: Country by Country Tax Guide, o.O. 2003, S. 1 ff.; Merkt, H., US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Heidelberg 1991, S. 543. Vgl. Horn, N., Cross-Border Mergers and Acquisitions and the Law: An Introduction, in: Horn, N. (Hrsg.), Cross-Border Mergers ans Acquisitions and the Law, New York 2001, S. 13; American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuern in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 205; Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1", S. 59.
Kapitel IV: Konkretisieruns
des Entscheidungsmodells
anhand eines Driftstaates
rent corporation und den Anteilseignem der target corporation.
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Auf diese Weise
erwirbt die Mutterkapitalgesellschaft eine Beteiligung an der target corporation, die ihr die Kontrolle i.S.d. Sec. 368(c) IRC liber die nun entstehende Tochtergesellschaft ermoglicht/'^^
Zielkapitalgesellschaft {target corporation)
Obertragung des 1 nahezu gesamten Betriebsvermogens
Tochterkapitalgesellschaft {merger sub)
Tausch V/ derAnteile / N
V/ Tausch / | \ derAnteile
1
1
Anteile Anteilseigner Stimmrechtsaktien
^
Mutterkapitalgesellschaft (acquiring and controlling corporation)
Abbildung 66: Zielstrukliir eines reverse triangular merger
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass im Fall eines reverse triangular merger im Grunde um einen Tausch eigener Anteile der Mutterkapitalgesellschaft gegen Anteile der target corporation handelt/'"' Da Anteile und keine Vermogenswerte der target corporation ubertragen werden, handelt es sich bei einem reverse triangular merger um eine acquisitive stock reorganization, wohingegen der forward triangular merger aufgrund des Erwerbs von Vermogensgegenstanden eine acquisitive asset reorganization darstellt.
Vgl. Broadwin, D., Accounting and tax considerations in business acquisitions (with form), The Practical Tax Lawyer 1997, S. I tT; Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 6; Willens, R., Tax-Eftlcient Techniques for Disposing of an Appreciated Equity Stake Abound, Journal of Taxation 2003, S. 151; Kwall, J., The Federal Income Taxation of Corporations, Partnerships, Limited Liability Companies, and Their Owners, 2. Aufl., New York 2000, S. 604. Vgl. Fuller, J., U.S. Tax Review, Tax Notes International 2005, S. 501 ff. So auch Baums, T., Verschmelzung mit Hilfe von Tochtergesellschaften, in: Lieb, M. (Hrsg.), Festschrift tlir Wolfgang Zollner, Band 1, Koln 1998, S. 72 f.; ders.. Corporate contracting around defective regulations: The Daimler-Chrysler case, http://www.jura.uniosnabrueck.de/institute/hwr/pdf/paper68.pdf, abgerufen am 23.01.2006; Stocker, M., Rechtsfragen grenziiberschreitender Unternehmenszusammenschliisse - unter besonderer Beriicksichtigung des Falles Daimler/Chrysler -, Frankfurt a.M. 2003, S. 236; Hoffmann, J., Die Bildung der Aventis S.A. - ein Lehrstiick des europaischen Gesellschaftsrechts, NZG 1999, S. 1082.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunzsmodells anhand eines Dhttstaates
Ein reverse triangular merger gem. Sec. 368(a)(2)(E) IRC wird in drei Schritten durchgefiihrt: (1) Die Mutterkapitalgesellschafl muss fiir den reverse triangular merger eine Tochtergesellschaft als Akquisitionsvehikel {merger subf^^ verwenden, wobei es gem. Treas. Regs. § 1.368-2(j)(5) ohne Bedeutung ist, ob die Tochtergesellschaft vor der Reorganisation bereits Bestand hatte oder eigens zu diesem Zweck gegriindet wurde. Die Tochtergesellschaft wird im Rahmen eines statutory merger auf die target corporation
verschmolzen.
Im
Zuge
dieser
Verschmelzung,
die
gem.
Sec. 368(a)(2)(E) IRC als „A" reorganization zu charakterisieren ist, wird das merger sub aufgelost. Die Anteile der Mutterkapitalgesellschafl an dem merger sub gehen aufgrund der Verschmelzung unter und werden durch Anteile an der target corporation ersetzt, die diese Gegenleistung in Form eigener Anteile oder im Rahmen einer Kapitalerhohung erbringt. (2) Die target corporation verfiigt nach der Verschmelzung neben ihrem eigenen Betriebsvermogen auch iiber das gesamte Betriebsvermogen {substantially all) des merger sub (Sec. 368(a)(2)(E)(i) IRC). Gem. Treas. Regs. § 1.368-2(j)(3)(iii) sind fiir die Einhaltung des substantially a/Z-Kriteriums dieselben Anforderungen wie an die „ C" reorganization zu stellen. (3) Unmittelbar nach der Transaktion muss die parent corporation die Kontrolle iiber die target corporation innehaben (Sec. 358(a)(2)(E)(ii) IRC, Treas. Regs. § 1.3682(j)(3)(ii)). Dies erfolgt dadurch, dass die Anteilseigner der target corporation der aufnehmenden Mutterkapitalgesellschaft Anteile gegen Gewahrung von Stimmrechtsaktien in einer Hohe vermitteln, die der Muttergesellschaft die Kontrolle erlaubt. Gem. Treas. Regs. § 1.368-2(j)(3)(i) ist fiir den Begriff der Kontrolle Sec. 368(c) IRC anzuwenden, so dass von einer Ubertragung von mindestens 80 % der Anteile auszugehen ist. Diese Beteiligung muss gem. Treas. Regs. § 13682(j)(3)(i) zwingend durch die Transaktion selbst erworben werden, so dass keine steuemeutrale Reorganisation im Rahmen eines reverse triangular merger moglich ist, wenn die Mutterkapitalgesellschaft vor der Reorganisation bereits uber mehr als 20 % der Anteile verfiigt hat. In diesem Fall kann allerdings die Umstrukturierung noch als „B" reorganization angesehen werden, um die gewunschte Steuerneutralitat des Vorgangs zu erreichen.^^'
^^^ Vgl. Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions ~ (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"^ S. 3. ^^' Vgl. Warner, J. (u.a.), Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-P\ S. 60; American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuem in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 206.
Kapitel IV: Konkretisieruns: des Entscheidunssmodells
anhand eines Drittstaates
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Die Gewahrung von boot als Gegenleistung an die Anteilseigner der target corporation ist zulassig, sofem i.H.v. mindestens 80 % der Anteile der Zielgesellschaft Aktien ubertragen werden.^^^ Gem. Treas. Regs. § 1.368-2(j)(4) ist die Ubemahme von Verbindlichkeiten der target corporation durch die Mutterkapitalgesellschaft zulassig. Eine boot-GQwahrung wird in diesem Fall nicht angenommen, da von einer Kapitaleinlage der Muttergesellschaft in die target corporation ausgegangen wird (Treas. Regs. §1.368-20X4)). Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sowohl bei QinQm forward triangular merger als auch bei einem reverse triangular merger eine Dreiecksreorganisation vorliegt. Die folgende Abbildung zeigt eine Ubersicht uber die in den USA bestehenden triangular reorganizations:
Triangular reorganizations in den USA Forward triangular merger ((a)(2)(D) reorganization) Triangular asset reorganizations
Sec. 368(a)( 1 )(A), (a)(2)(D) IRC Triangular **C'' reorganization Sec. 368(a)(1)(C) IRC Reverse triangular merger ((a)(2)(E) reorganization)
Triangular stock
Sec. 368(a)(1)(A), (a)(2)(E) IRC
reorganizations
Triangular **B " reorganization Sec. 368(a)(1)(B) IRC
Abbildung 67:
Ubersicht iiber die triangular reorganizations
Bei QinQm forward triangular merger wird die Zielkapitalgesellschaft durch die Verschmelzung auf die Tochterkapitalgesellschaft aufgelost, wahrend bei einem reverse triangular merger das Akquisitionsvehikel im Rahmen der Vermogensiibertragung untergeht. In der Praxis wird daher haufig dem reverse triangular merger gegeniiber dem forward triangular merger der Vorzug gegeben, da die target corporation nicht aufgelost wird und folglich sowohl ihren Geschaftbetrieb als auch ihren Markennamen
^~ Vgl. Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions -- (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2'^ S. 108; American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuern in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 206; Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1", S. 60.
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fortfuhren kann.^^^ Auf Ebene der Anteilseigner entsprechen sich die beiden Reorganisationsformen, da die Anteilseigner jeweils die Beteiligung an ihrer target corporation gegen Anteile an der Mutterkapitalgesellschaft getauscht haben. Triangular reorganization im Allgemeinen zeichnen sich auf Ebene der Anteilseigner der target corporation durch den Umstand aus, dass als Gegenleistung Anteile der Mutterkapitalgesellschaft gewahrt werden, die aufgrund ihrer GroBe und Streubesitzhohe eine erhohte Marktgangigkeit aufweisen.^^"^ Daruber hinaus ist es bei alien triangular reorganization von Vorteil, dass es zu keiner Vereinigung der Vermogensmassen zwischen der Mutterkapitalgesellschaft und der target corporation kommt, so dass die Haftung der Mutterkapitalgesellschaft gegeniiber den Glaubigem der erworbenen Kapitalgesellschaft begrenzt ist. Triangular mergers werden des Weiteren haufig eingesetzt, wenn die Anteilseigner der Mutterkapitalgesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit einer direkten Verschmelzung der Muttergesellschaft mit der target corporation nicht zustimmen werden bzw. wenn die Zustimmung im Allgemeinen nicht als sicher erscheint. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Mutterkapitalgesellschaft borsennotiert ist und ihre Anteile breit gestreut sind.^^^ Wird dagegen die target corporation mit einem Akquisitionsvehikel verschmolzen, ist die Zustimmung der Anteilseigner der Mutterkapitalgesellschaft nicht notwendig, da die Muttergesellschaft selbst die Anteile an der Tochtergesellschaft halt. Zur Durchftihrung von triangular mergers ist lediglich ein Mehrheitsbeschluss der Anteilseigner der target corporation notwendig.^^^ Die der Verschmelzung nicht zustimmenden Anteilseigner der target corporation miissen ihre Anteile zuriickgeben, da der Mehrheitsbeschluss ftir sie BindungsVgl. Karayan, J./ Swenson, C.I Neff, J., Strategic corporate tax planning. New Jersey 2002, S. 324; Phiiipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions - Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3^ S. 151 f.; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-29; American Chamber of Commerce in Germany e.V., Steuern in den USA, Frankfurt a.M. 2001, S. 204. Vgl. Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-28. Vgl. Phiiipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions ~ Tax aspects. Tax Management Portfolio, N.770-3'^ S. 16; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-28; Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 7. Vgl. Horn, N., Cross-Border Mergers and Acquisitions and the Law: An Introduction, in: Horn, N. (Hrsg.), Cross-Border Mergers ans Acquisitions and the Law, New York 2001, S. 14; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions ~ (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"'*, S. 4; Phiiipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions ~ Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3'^'*, S. 16; Kloster, L., Grenzuberschreitende Unternehmenszusammenschliisse, Hamburg 2004, S. 437; Phiiipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions - Tax aspects, Tax Management Portfolio, N. 770-3'^'*, S. 9; Stocker, M., Rechtsfragen grenztiberschreitender Untemehmenszusammenschlusse - unter besonderer Beriicksichtigung des Falles Daimler/Chrysler -, Frankfurt a.M. 2003, S. 47; Hoffmann, J., Die Bildung der Aventis S.A. - ein Lehrstiick des europaischen Gesellschaftsrechts, NZG 1999, S. 1082.
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wirkung entfaltet.^^^ Die als Gegenleistung verwendeten Anteile der Muttergesellschaft mtissen eigene Anteile darstellen, aus einem Riickkauf stammen oder im Rahmen einer Kapitalerhohung geschaffen worden sein. Im Ergebnis weisen triangular mergers Vorteile gegenuber straight mergers bezuglich der Trennung von Veimogensgegenstanden und Verbindlichkeiten sowie der geringeren Zustimmungserfordernisse auf. M.E. sollte aus diesen Griinden erwogen werden, Dreiecksumwandlungen auch im deutschen Gesellschafts- und Steuerrecht zuzulassen.
1.2.4.2.1.4 „£•" reorganizations Gem. Sec. 368(a)(1)(E) IRC sind steuerfreie Umstrukturierungen auch in Form von recapitalizations, d.h. Kapitalumschichtungen, moglich.^^^ Der Begriff recapitalization wird weder im Gesetz noch in den Richtlinien naher umschrieben; in den Richtlinien werden in Treas. Regs. § I.368-2(e) lediglich einige Beispiele fuv recapitalizations genannt. Diese Beispiele beschreiben in Treas. Regs. § 1.368-2(e)(2)-(5) den Tausch von Anteilen gegen Anteile (stock-for-stock-exchange)
sowie in Treas. Regs.
§ 1.368-2(e)(l) den Tausch von Schuldverschreibungen gegen Anteile. Im Rahmen eines Anteilstauschs ist die Vorschrift der Sec. 305(b) IRC zu beachten, durch die beispielsweise im Falle einer ungleichgewichtigen Vermogensubergabe eine anteilige Gewinnrealisierung ausgelost wird. Werden Schuldverschreibungen gegen Anteile getauscht, liegt ebenfalls ein steuerneutraler Vorgang vor mit der Ausnahme, dass die in den Schuldverschreibungen enthaltenen Stuckzinsen der Steuerptlicht unterliegen. Durch Sec. 368(a)(1)(E) IRC wird auch der Austausch von Schuldverschreibungen gegen Schuldverschreibungen
(securities-for-securities-exchange)
erfasst.
Steuer-
pflicht tritt gem. Sees. 354(a)(2)(A), 356(d) IRC nur insoweit ein, als der Wert der neuen Schuldverschreibungen den Wert der alten ubersteigt.^'"^'^ Der Tausch von Aktien Vgl. Philipps, B./ Rothman, R., Structuring corporate acquisitions -- Tax aspects. Tax Management Portfolio, N. 770-3^^ S. 16; Horn, N., Cross-Border Mergers and Acquisitions and the Law: An Introduction, in: Horn, N. (Hrsg.), Cross-Border Mergers ans Acquisitions and the Law, New York 2001, S. 14; Kloster, L., Grenziiberschreitende Untemehmenszusammenschlusse, Hamburg 2004, S. 438; Doloboff, J./ Wilcox, G., Corporate Acquisitions - (A), (B), and (C) Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 771-2"'', S. 4; Decher, C , The Daimler-Chrysler Merger, in: Horn, N. (Hrsg.), Cross-Border Mergers ans Acquisitions and the Law, New York 2001, S. 112. Vgl. Kliegman, M., Single Entity Reorganizations: Recapitalizations and F Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 774-2"'^, S. 25; Holzman, R., Tax-free Reorganizations, 3. Aufl., New York 1976, S. 22 f; Thompson, S., Taxable and tax-free corporate mergers, acquisitions and Ibo's, St. Paul 1994, S. 15; Hoffmann, W. (u.a.). Corporations, Partnerships, Estates and Trusts, Ohio 2002, S. 7-24; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-16, S. 7 ^ 3 ff.; Kwall, J., The Federal Income Taxation of Corporations, Partnerships, Limited Liability Companies, and Their Owners, 2. Aufl., New York 2000, S. 750 ff. Vgl. Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1", S. 61.
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Kapitel IV: Konkretisieruns des Entscheidunssmodells anhand eines Drittstaates
gegen Schuldverschreibungen dagegen flihrt stets zu einer steuerpflichtigen Gewinnrealisierung (Treas. Regs. § 1.354-l(d)-ExampIe(3)). Um Steuemeutralitat gewahrleisten zu konnen, miissen „E" reorganizations die Erfordemisse des business purpose sowie dt^ plan of reorganization erfiillen, wobei das Kriterium des wirtschaftlichen Zwecks weniger streng auszulegen ist als bei den ubrigen Reorganisationsformen.^'^^ Die nonstatutory requirements der continuity of interests sowie der continuity of business enterprise finden jedoch ab dem 25.02.2005 aufgrund einer Anderung der regulations diyxirecapitalizations keine Anwendung mehr.^"^'
1.2.4.2.1.5 „ F" reorganizations Gem. Sec. 368(a)(1)(F) IRC ist der Wechsel der Identitat {mere change in identity), der Rechtsform (form) oder des Gesellschaftssitzes (place of organization) einer Kapitalgesellschaft steuemeutral moglich.^'^^ Die Finanzverwaltung stellt dabei an die „F" reorganization folgende vier Anforderungen:^'*^ - Samtliche Anteile der neu gegriindeten Kapitalgesellschaft (resulting corporation) werden an die ubertragende Kapitalgesellschaft ausgegeben. - Es darf sich keine Anderung der Struktur der Anteilseigner ergeben. - Die ubertragende Kapitalgesellschaft muss im Zuge der Reorganisation aufgelost werden. - Die resulting corporation darf unmittelbar vor der Reorganisation uber kein Vermogen oder steuerlich relevante Merkmale (tax attributes) wie z.B. Verlustvortrage verfiigen.
Vgl. Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-1", S. 60. Vgl. Kliegman, M., Single Entity Reorganizations: Recapitalizations and F Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 774-2"^^, S. 32; Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 7 5 0 - r \ S . 60. Vgl. Holzman, R., Tax-free Reorganizations, 3. Aufl., New York 1976, S. 23 ff; Kliegman, M., Single Entity Reorganizations: Recapitalizations and F Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 774-2"^ S. 5; Kramer, J./ Pope, T., Prentice Hall's Federal Taxation 1998, Texas 1998, S. 7-16, S. 7- 45; Hoffmann, W. (u.a.). Corporations, Partnerships, Estates and Trusts, Ohio 2002, S. 7-25. Vgl. Kliegman, M., Single Entity Reorganizations: Recapitalizations and F Reorganizations, Tax Management Portfolio, N. 774-2""*, S. 6 ff; Warner, J. (u.a.). Corporate Overview, Tax Management Portfolio, No. 750-r\ S. 61.
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Ebenso wie bei einer „£"' reorganization miissen bei einer „F" reorganization die nonstatutory requirements der continuity of interests sowie der continuity of business enterprise nicht beachtet werden.^'^'^
1.2.4.2.1.6 „(j" reorganizations Sec. 368(a)(1)(G) IRC definiert die „ G " reorganization als steuerfreie Reorganisationsform, die auf Konkurs- und ahnliche Falle gem. Sec. 368(a)(3)(A), (D) IRC Anwendung findet (sog. bankruptcy reorganization).^^^ Die insolvente target corporation ubertragt im Rahmen einer „ G " reorganization ihr gesamtes Vermogen oder einen Teil davon auf die erwerbende Kapitalgesellschaft, wobei die Gegenleistung in Anteilen oder Schuldverschreibungen bestehen kann, die unter Beachtung der Vorschriften der Sees. 354, 355 oder 356 IRC an die Anteilseigner ausgeschiittet werden mussen.^"^^ Eine „ G " reorganization entspricht somit inhaltlich im Wesentlichen einer „ D " reorganization ^"^^ Als Voraussetzungen muss die „ G " reorganization die Kriterien des business purpose, der continuity of interests sowie der continuity of business enterprise erfiillen, wobei die Erfiillung der continuity of interests auch die Interessen der Glaubiger mitber