Stefanie Hartz Qualität in Organisationen der Weiterbildung
Organisation und Pädagogik Band 9 Herausgegeben von Micha...
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Stefanie Hartz Qualität in Organisationen der Weiterbildung
Organisation und Pädagogik Band 9 Herausgegeben von Michael Göhlich
Stefanie Hartz
Qualität in Organisationen der Weiterbildung Eine Studie zur Akzeptanz und Wirkung von LQW
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
. . 1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Stefanie Laux VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-17485-3
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Teil A: Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Teil B: Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages . . . . . . . . . . . . . . . 19 1 2 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 3
Qualität: ein standpunktgebundener Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Qualitätsdebatte in der Weiterbildung: ein Gemisch aus Bildungspolitik, Praxis und Disziplin . . . . . . . . . Entwicklungen auf der Ebene der Bildungspolitik . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftsnahe Modelle und Kritikpunkte der Disziplin . . . . . . . ISO und EFQM als wirtschaftsnahe Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritikpunkte der Disziplin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischen Qualitätsmanagementdiskurs, Weiterbildungspraxis und -disziplin: LQW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Projekt und der Evaluationsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19 22 23 29 29 33 35 42
Teil C: Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages . . . . . . . . . . . . . 45 1 1.1 1.2
Besonderheiten der Evaluationsforschung im Spannungsfeld von Praxis und Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Die Besonderheiten der Evaluationsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Das Problem von Wirkaussagen in komplexen unerforschten Feldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
5
Inhalt
2 3 3.1 3.2 3.3
4
Erkenntnisinteressengeleitete Präzisierung und daraus resultierende Theoriewahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages . . . . . . . . . Die theoriekonstitutiven Begriffe der Systemtheorie . . . . . . . . . . . Die theoriekonstitutiven Begriffe des Neo-Institutionalismus . . . . Differenzierung von (Sub-)Systemen im System der Weiterbildung vor dem Hintergrund der theoretischen Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Forschungsfragen auf der Grundlage von Auftrag und Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56 60 60 67
80 88
Teil D: Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung und Auswertungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1 1.1 1.2 2 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 3 4 4.1 4.2
6
Methodische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Grundsätzliche Verortung der Untersuchung vor dem Hintergrund der Besonderheiten der Evaluationsforschung . . . . . . 94 Methodische Überlegungen vor dem Hintergrund des theoretischen Zugangs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Formen der Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Instrumente der Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Ebenenbezogene Darstellung von Stichprobe und Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Die Ebene der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Die Ebene der Vermittlungsinstanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Die Ebene der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Die Schnittstelle Organisation und Interaktion – Zugang über Fallstudien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Die Ebene der Interaktion: freie Trainer und Dozenten sowie Teilnehmende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Einordnung der Daten anhand der Gütekriterien . . . . . . . . . . . . . 124 Qualitative wie quantitative Auswertungsstrategien . . . . . . . . . . . 128 Auswertung der qualitativen Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Auswertung der quantitativen Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
Inhalt
Teil E: Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 1 1.1 1.2 1.3 2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.2.1 2.1.2.2 2.1.2.3
2.1.2.4 2.1.2.5 2.1.3 2.1.4 2.1.4.1 2.1.4.2 2.1.4.3 2.1.4.4 2.1.4.5 2.1.5 2.1.5.1 2.1.5.2 2.1.5.3 2.1.5.4 2.2 2.2.1 2.2.2
Akzeptanz und Wirkungen von LQW in der Umwelt der Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . LQW und SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kommunikationen der politischen Akteure . . . . . . . . . . . . . . Die Marktöffnung: Konglomerat unterschiedlicher Interessen . . Akzeptanz und Wirkungen auf der Ebene der Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Akzeptanz von LQW auf der Ebene der Organisationen . . . . Teilnahme von Organisationen als Ausdruck von Akzeptanz . . . . Motive für die Einführung von LQW: ex ante und ex post . . . . . . Faktorenanalyse zu der Motivstruktur: ex ante und ex post . . . . . Sinnzuschreibungen anhand der Motivlage . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich erster und zweiter Messzeitpunkt unter der Perspektive von möglichen Einflussfaktoren: feldspezifische Legitimationsstrategien versus Feldkonstitution . Clusteranalyse zu der Motivstruktur ex ante und ex post . . . . . . Zwischenfazit: gegenläufige Phänomene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Motive gegen LQW: ex ante abgesprungene Einrichtungen . . . . . Erwartungen: Hoffnungen und Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . Faktorenanalyse zur Erwartungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sinnzuschreibungen anhand der Erwartungen . . . . . . . . . . . . . . . Erwartungen unter der Perspektive möglicher Einflussfaktoren . . Clusteranalyse zu den Erwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Qualitätsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Faktorenanalyse zu dem Qualitätsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . Die Bedeutung einzelner Qualitätsaspekte im Qualitätsverständnis der Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitätsverständnis unter der Perspektive möglicher Einflussfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungen von LQW auf der Ebene der Organisationen und an der Schnittstelle zu den Mitarbeitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Faktorenanalysen zu den Wirkungen von LQW . . . . . . . . . . . . . . Präzisierung der Anschlusskommunikationen anhand der Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
138 138 142 147 148 148 149 161 162 171
180 193 206 208 212 213 217 225 232 238 238 240 246 256 260 261 263 276
7
Inhalt
2.2.3
2.2.4 2.2.4.1 2.2.4.2 2.2.4.3 2.2.5
Zusammenhang zwischen Motivstruktur ex ante, Erwartungen, Wirkungen und Motivstruktur ex post unter der Perspektive der Lernerorientierung: Entscheidungsrationalisierung entgegen vorliegenden Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungen unter der Perspektive unterschiedlicher Einflussfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feldbezogene Aspekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prozessgestaltung und Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Clusteranalyse zu den Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
292 298 299 302 313 323
Teil F: Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337
8
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand in engem Zusammenhang meiner Tätigkeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) von 2002 bis 2003 und meiner Zeit als Wissenschaftliche Assistentin an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Im Kontext dieser beiden Arbeitszusammenhänge habe ich die Implementierung des Qualitätsmanagementsystems LQW in die Weiterbildung wissenschaftlich beobachtet: bis 2007 im engen Projektzusammenhang des Bund-Länder Verbundprojektes „Qualitätstestierung in der Weiterbildung“1 und seit Mitte 2007 als gewissermaßen eigenfinanzierte Forschungsarbeit, zunächst an der Eberhard Karls Universität Tübingen und seit 2008 als eigenfinanzierte Forschungsarbeit an der TU Braunschweig. Dass die Arbeit nicht als Habilitationsschrift eingereicht werden konnte, bevor der Ruf an die Technische Universität Braunschweig Carolo-Wilhelmina erging, verdanke ich wesentlich meiner wissenschaftlichen Sozialisation an der Ruhr-Universität Bochum bei Herrn Prof. Dr. K. Harney wie auch an der Eberhard Karls Universität Tübingen bei Herrn Prof. Dr. Josef Schrader. Ihnen beiden gilt mein herzlicher Dank für den bereichernden Gedankenaustausch und die immer konstruktive Bezugnahme auf mein forschendes Tun. Weiterhin möchte ich mich bei all denjenigen Kolleginnen und Kollegen im DIE, an der Eberhard Karls Universität Tübingen und nicht zuletzt an der TU Braunschweig bedanken, die den Entstehungsprozess dieser Arbeit in ihren unterschiedlichen Phasen mit ihren vielfältigen Impulsen begleitet haben. Größter Dank gilt meinem Mann, Björn Flader, ohne dessen Drängen die Arbeit möglicherweise nie zur Publikationsreife gebracht worden wäre. Gewidmet ist die Arbeit Björn und Paul.
1
Das BLK-Verbundprojekt „Qualitätstestierung in der Weiterbildung“ wurde gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, des Europäischen Sozialfonds und des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein.
9
Teil A: Einleitung
„Qualität ist zu einem der leitenden Begriffe innerhalb des allgemeinen Bildungsdiskurses geworden und hat mittlerweile eine Prominenz erreicht, die durchaus derjenigen früherer Leitkonzepte wie etwa Kindgemäßheit, Chancengleichheit, Emanzipation oder Wissenschaftsorientierung entspricht. Nun sind derartige Leitkonzepte nie als präzise definierte, empirisch operationalisierte oder auch nur operationalisierbare Landmarken innerhalb des Diskursfeldes „Bildung“ zu betrachten, sondern viel eher als begriffliche Verdichtungen breit gefächerter Bündel von Argumenten, Zielsetzungen, Überzeugungen und Verfahrensvorschlägen. Immanente Ungereimtheiten und ausfransende Bedeutungsränder gehören dazu. Solche Slogans sind immer positiv konnotiert: wer kann und will schon gegen Emanzipation, Chancengleichheit oder – heute – Qualität sein“ (Terhart 2000: 809, Herv. i. O.).
„Wer kann und will schon gegen (…) Qualität sein“ (Terhart 2000: 809), so die von Terhart formulierte, rein rhetorische Frage: Qualität ist – und dies gilt auch noch ein Jahrzehnt später – zu einem der Leitbegriffe des Bildungssystems geworden (vgl. Terhart 2000; Klieme/Tippelt 2008). Dabei hat der Begriff des Qualitätsmanagements mit seiner ausdrücklichen Organisationsorientierung eine gewisse Beharrungskraft entwickelt. Wie organisationsintern Prozesse zu steuern und Strukturen zu etablieren sind, damit es zu einer qualitativ hochwertigen Bildungsdienstleistung kommt, ist eine der wesentlichen Fragen, mit denen sich Weiterbildungspraxis und -disziplin an der Schwelle zum neuen Jahrtausend beschäftigt haben (vgl. exemplarisch Heinold-Krug/Griep/Klenk o. J.; Wiesner/ Knoll et al. 2004; Ehses/Heinen-Tenrich/Zech 2001). Von der Beharrungskraft der Debatte um Qualitätsmanagement und der damit verbundenen Organisationsorientierung zeugt auch das in der vorliegenden Studie zur Rede stehende Projekt „Qualitätstestierung in der Weiterbildung“1. In dem Projekt geht es um die von Bund und Ländern politisch mehrheitlich gewollte Implementierung des Qualitätsmanagementmodells LQW in das System der Weiterbildung mit dem 1
Das BLK-Verbundprojekt „Qualitätstestierung in der Weiterbildung“ wurde gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, des Europäischen Sozialfonds und des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein.
11 Stefanie Hartz, Qualität in Organisationen der Weiterbildung, DOI 10.1007/ 978-3-531-93115-9_1, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Teil A
Ziel, mehr Gewissheit hinsichtlich der Qualität der Weiterbildung respektive der Weiterbildungseinrichtungen zu gewinnen. Begleitend zu der Implementierung wurde eine Evaluation veranlasst, die die Universität Tübingen im Auftrag des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) bzw. der BLK realisiert. Sie ist mit der für sie zentralen Frage nach Akzeptanz und Wirkung der Implementierung von LQW 22 in das System der Weiterbildung Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Von der Implementierung von LQW in das System der Weiterbildung zu sprechen, hat vor dem Hintergrund seine Berechtigung, weil Qualitätsmanagement von außen an das System der Weiterbildung herangetragen worden ist (vgl. Hartz 2005). Die grundsätzlichen Impulse, sich im Kontext des Systems der Weiterbildung mit Qualitätsmanagement und Testierungsfragen auseinanderzusetzen, sind dem Funktionssystem der Wirtschaft und in jüngster Vergangenheit nachhaltig dem Funktionssystem der (Bildungs-)Politik zu verdanken (vgl. exemplarisch Pahl 2002; KAW 2002; Meisel 2003, 2008). Der Diskurs um die Qualitätsmanagementthematik kann insofern nicht als eine umweltunabhängige, ausschließlich interne Entwicklung des Systems der Weiterbildung verstanden werden. Die kontinuierlichen Störungen insbesondere der beiden Funktionssysteme Politik und Wirtschaft sind es vielmehr, die in dem System der Weiterbildung die Thematik immer wieder prozessiert haben. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung im Anschluss an den betriebswirtschaftlichen Diskurs auf die Anforderungen der Weiterbildung hin entwickelt worden ist (Ehses/Heinen-Tenrich/ Zech 2001). Vor dem Hintergrund bisheriger Kenntnisse aus Implementationsvorhaben (vgl. exemplarisch Dyer 1999; Fitz/Halpin/Power 1994; vgl. auch Mayntz 1980c) und den Grenzen der Steuerbarkeit, auf die insbesondere die Systemtheorie (vgl. Luhmann 1996, 2002b, 2004a, b) verweist, ist zu erwarten, dass sich derartige, aus fremden Funktionssystemen an die Weiterbildung herangetragene Erwartungen in dem System der Weiterbildung nicht einfach von oben nach unten durchsetzen lassen. Zwar werden durch das politische System strukturelle Verdichtungen in Form bestimmter Erwartungen oder gar Auflagen (wie beispielsweise im Rahmen von Hartz-Reformen, SGB III) erzeugt. Es ist aber zu vermuten, dass ihre Umsetzung kontingent bleibt und das Nadelöhr der unterschiedlichen an der Implementierung von LQW beteiligten Interessen und Rationalitäten durchschreitet (vgl. Hartz 2008a).
2
12
Im vorliegenden Forschungszusammenhang handelt es sich um die Implementierung der Modellversion 2. Da es vorrangig um die hinter LQW stehende Idee geht, wird im Folgenden darauf verzichtet, den Verweis auf die Modellversion immer mitzuführen, und der Einfachheit halber von LQW gesprochen.
Einleitung
Das Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung in der Weiterbildung (LQW) (re-)präsentiert auf seine Weise die Debatte um Qualitätssicherung in der Bildung im Allgemeinen und der Weiterbildung im Besonderen: Ist Letztere – wie oben dargelegt – dadurch charakterisiert, dass insbesondere in den 1990er Jahren eine Organisationsorientierung stattgefunden hat, greift LQW dieses unter Rekurs auf betriebswirtschaftliche Konzepte auf. Zugleich hat diese Organisationsorientierung im Bildungsbereich allerdings nicht nur positive Resonanz gefunden, sondern auch Kritik auf sich gezogen. Zu sehr schien der Kern von Bildungseinrichtungen – das Lehr-Lerngeschehen – unberührt zu bleiben und zu sehr schien sich die Optimierung organisationaler Schlüsselprozesse von den Qualitätsanforderungen in der Lehr-Lerninteraktion zu entkoppeln. Das Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung greift dieses Defizit auf und sieht vor, die domänenspezifischen Kernprozesse unter einer expliziten Orientierung am Lernenden zu gestalten, um sowohl organisations- als auch lehr-lerninteraktionsbezogene Aspekte der Qualitätssicherung zu adressieren (vgl. Zech 2006: 19) – ein Aspekt, dem in den sich um LQW herum gruppierenden Kommunikationen hoher Wert zugeschrieben wird. Vor dem Hintergrund der initiierten Vortrefflichkeitskommunikationen drängt sich bei einer solchen Modellausrichtung die Frage nach Akzeptanz und Wirkung geradezu auf. Unter der Perspektive von Akzeptanz geht es um die Frage, in welchem Ausmaß und bei welchen Akteuren LQW Anhängerschaft findet, welche Erwartungen von unterschiedlichen Akteuren an eine Implementierung geknüpft werden und warum sich Einrichtungen der Testierung unterziehen. Unter der Perspektive Wirkungen gilt es zu untersuchen, welche Erwartungen sich aus der Sicht unterschiedlicher Akteure haben realisieren lassen. Besonders im Fokus sind die Einrichtungen. Bezüglich derselben stellt sich die Frage, wie sie die modellinhärenten Imperative in ihre eigene Handlungslogik integrieren und wie sie sich das Modell der Lernerorientierung aneignen. Damit verbunden ist die Frage, inwieweit der modellinhärente, von der Bildungspolitik distribuierte und für die Qualitätsdebatte des Bildungssystems repräsentative Anspruch einer Durchdringung bis hin zur Lehr-Lerninteraktion eingelöst werden kann. Zur Systematisierung dieser Fragen und zur theoretischen Formulierung schließt das Projekt an die Systemtheorie einerseits und den Neo-Institutionalismus andererseits an. Indem die Systemtheorie von Widerspruchslosigkeit, Kausalitäten und Eindeutigkeiten abstrahiert und zugleich ein differenziertes Begriffsnetz für die Analyse komplexer interdependenter Phänomene vorhält, scheint sie für die Betrachtung des vorliegenden Implementationszusammenhangs prädestiniert. Den Gedanken der operativen Geschlossenheit profilierend betont sie die eigenständige Operationslogik sinnkonstituierter Systeme. Für den vorliegenden Untersuchungszusammenhang beharrt sie gewissermaßen da13
Teil A
rauf, dass das Modell LQW das Nadelöhr der unterschiedlichen Interessen und Rationalitäten durchschreiten muss und jedes System LQW mit je eigenem Sinn ausstattet. Damit adressiert die Systemtheorie in ihrer Ausrichtung die Grenzen linearer Steuerbarkeit, die insbesondere dann zutage treten, wenn Entscheidungen des einen Systems Wirkungen auf die Entscheidungen eines anderen Systems haben und grenzüberschreitende Prozesse in Gang kommen sollen. Nicht zuletzt ist die Systemtheorie auch deshalb hilfreich, weil sie durch die Reflexion unterschiedlicher Ebenen der Systembildung – Gesellschaft, Organisation und Interaktion – eine Heuristik entworfen hat, um die lose gekoppelten, an dem Implementierungszusammenhang beteiligten (Sub-)Systeme zu ordnen und ihre jeweiligen Rationalitäten in Bezug auf den Funktionszusammenhang zu spezifizieren (Luhmann 1996, 2002b, 2004a, b). Die Systemtheorie bietet demnach die Möglichkeit, die Komplexität des Feldes geordnet zu erhalten und das Arrangement verschiedener, miteinander in Kommunikation stehender Systeme in den Blick zu nehmen, um die kommunikative Durchdringung von LQW sowie die daran gebundenen Sinnzuschreibungen zu analysieren. Gleichzeitig genügt der ausschließliche Anschluss an die Systemtheorie nicht. Sie vermag zwar Gleichheit unter Rekurs auf die Einbettung in gleiche Funktionssysteme und Ungleichheit mit den Begriffen der operativen Geschlossenheit und der Autopoiesis zu erklären. Über den Einzelfall hinausreichende Unterschiede und Gleichheiten allerdings sind nur unzureichend im Blick (vgl. Hasse/Krücken 2005a). Offen bleiben die Fragen, warum sich Organisationen unterschiedlicher Funktionsbereiche dem Qualitätsmanagementgedanken nicht entziehen können und auf welcher Begründungsfolie sie gleiche Impulse ihrer Umwelt aufgreifen. Benötigt wird demnach ein Ansatz, durch den die an der Schnittstelle zwischen organisationaler und gesellschaftlicher Ebene der Systembildung auftretenden Phänomene fokussiert werden können. Hier bietet sich der Neo-Institutionalismus an. Er betrachtet die Grenze zwischen Organisation und Gesellschaft unter der Perspektive von Unsicherheitsab- und Legitimations- bzw. Legitimitätsaufbau und liefert ein Analyseinstrument, um die Mechanismen der Verbreitung von LQW im System der Weiterbildung respektive um bewusste und unbewusste Formen der Strukturangleichung in Organisationen zu erfassen (DiMaggio/Powell 1983; Meyer/Rowan 1977). Nur wenn diese über den Einzelfall hinausreichenden Unterschiede und Gleichheiten systematisch (mit)reflektiert werden, lässt sich die Frage nach Akzeptanz und Wirkungen im Konglomerat unterschiedlicher Wirkkräfte differenziert analysieren. Auf dieser Grundlage lässt sich die Fragestellung dieser Arbeit – über den Gegenstand der Akzeptanz- und Wirkungsanalyse hinaus – folgendermaßen präzisieren: Wie setzt sich das von außen an das System der Weiterbildung herangetragene Qualitätsmanagementmodell und das dem Modell unterlegte Qualitäts14
Einleitung
verständnis im Hinblick auf seine Akzeptanz und seine Wirkungen in den unterschiedlichen Systemen (kommunikativ) durch? Wie legitimieren Organisationen, dass sie an die Idee LQW anschließen (Isomorphie oder Optimierung organisationaler Strukturen), und welche Mechanismen der Isomorphie werden aktiviert? Vor dem Hintergrund dieser Fragestellung im Anschluss an Systemtheorie und Neo-Institutionalismus ist es erforderlich, die Komplexität des Implementationszusammenhangs im Untersuchungsdesign zu spiegeln. Deshalb werden alle relevanten, an dem Kommunikationszusammenhang LQW beteiligten unterschiedlichen Systeme der unterschiedlichen Systemebenen in die Untersuchung integriert (vgl. Hartz 2008b): die Systeme der Ebene der Gesellschaft mit der Bildungspolitik, der Testierungsstelle, den Gutachtern/Beratern; die Systeme der Ebene der Vermittlungsinstanzen mit den regionalen Unterstützungsstellen und der Zentralstelle im DIE; die Systeme der Ebene der Organisationen mit den Einrichtungen, die sich nach LQW testieren lassen bzw. die sich zunächst angemeldet und zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgemeldet haben, und die Systeme der Ebene der Lehr-Lerninteraktion mit den Mitarbeitenden von Weiterbildungseinrichtungen in den unterschiedlichen Hierarchien und Funktionen sowie den Teilnehmenden von Weiterbildungseinrichtungen. Um die Operationslogik der einzelnen an der Implementierung beteiligten Systeme systematisch zu erfassen und Akzeptanz und Wirkungen respektive die Kommunikationen der Beteiligten aus deren jeweiligen Logiken heraus zu begreifen, wurden die auf den unterschiedlichen Ebenen angesiedelten Akteure mit einer Methodenkombination aus standardisierten Befragungen, Experteninterviews, Gruppendiskussionen, Dokumentenanalysen und organisationsbezogenen Fallstudien zu zwei Messzeitpunkten vor Beginn und nach Beendigung der Implementierung von LQW erfasst. Entsprechend liegen qualitative und quantitative Datenmaterialien vor. Sie werden mit qualitativen Verfahren wie der Grounded Theory und multivariaten statistischen Verfahren wie Faktoren- und Clusteranalyse unter der Perspektive von Akzeptanz und Wirkung der Implementierung von LQW analysiert. Zur sukzessiven Präzisierung und Beantwortung der oben aufgeworfenen Fragen baut sich der Argumentationsgang der Arbeit folgendermaßen auf: Um den Evaluationszusammenhang systematisch verorten zu können, beschäftigt sich Teil B mit der Qualitätsdebatte in der Weiterbildung. Dabei gilt es zunächst, sich dem oft vagen und nach wie vor nicht als einheimisch deklarierten Begriff 15
Teil A
der Qualität (vgl. Klieme/Tippelt 2008) anzunähern. Dazu werden – wieder in Anlehnung an die Systemtheorie – Bezugsebenen ausgewiesen, auf die hin Qualitätsdiskurse referieren (Kap. B 1). Kapitel B 2 rekonstruiert die bildungspolitischen Entwicklungen und stellt die beiden zentralen Referenzmodelle ISO und EFQM samt der an ihnen geübten Kritik vor. Dieses bietet die Basis, um in Kapitel B 2.3 das hier zur Rede stehende Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung als Produkt bildungspolitischer Strömungen und disziplininterner Reaktionen darstellen und einordnen zu können. Das dritte Kapitel beschäftigt sich dann mit dem Evaluationsauftrag, der in einem gewissermaßen linearen Bezug zu den bildungspolitischen Entwicklungen und disziplininternen Debatten steht. Teil C nimmt eine theoretische Reformulierung des Evaluationsgegenstandes vor. Dabei gilt es zunächst, die Untersuchung im Spannungsfeld von Wissenschaft und Praxis zu verorten und die Besonderheiten von Evaluationsforschung zu extrahieren (Kap. C 1). Das zweite Kapitel (C 2) nimmt eine erste Präzisierung des Untersuchungszusammenhangs vor und begründet die Theoriewahl. Das Ergebnis desselben bildet Kapitel C 3. Hier werden die theoriekonstitutiven Begriffe der Systemtheorie wie auch des Neo-Institutionalismus – als die beiden zentralen theoretischen Anschlüsse – in enger Anbindung an den Untersuchungsgegenstand dargelegt. Darüber hinaus werden die unterschiedlichen an dem Kommunikationszusammenhang der Implementierung von LQW teilhabenden (Sub-)Systeme vor dem Hintergrund der theoretischen Anlage zu differenzieren sein. Dieses zusammen bildet die Grundlage, um die leitenden Forschungsfragen im Anschluss an die gewählten Theorien, an den Auftrag und an die Besonderheiten des Feldes zu präzisieren. Theorieanschluss und Forschungsfragen bedingen im Wesentlichen das Design der Untersuchung. Letzteres bildet den Gegenstand von Teil D. Nachdem einige methodische Überlegungen zu den Besonderheiten der Evaluationsforschung und dem theoretischen Zugang ausgewiesen worden sind (Kap. D 1), werden die unterschiedlichen Formen der Datenerhebung (Kap. D 2) beschrieben. Dazu werden die zum Einsatz kommenden Instrumente der Datenerhebung im Allgemeinen und dann eine ebenenbezogene Darstellung von Datenerhebung und Stichprobe im Besonderen präsentiert. Das dritte Kapitel (D 3) ordnet die Datenmaterialien entlang der Gütekriterien qualitativer und quantitativer Forschung ein. Der methodische Teil zum Design der Untersuchung endet mit der Darlegung der Auswertungsstrategien separiert für die qualitativen und quantitativen Materialien (Kap. D 4). Teil E beschäftigt sich mit den empirischen Befunden zu der Implementierung von LQW entlang der theoretischen und feldbezogenen Grundlegung. Zentral für die Beantwortung der Frage nach Akzeptanz und Wirkung sind die 16
Einleitung
Organisationen der Weiterbildung. Sie bilden den neuralgischen Punkt, an dem sich Akzeptanz und Wirkung von LQW bemessen. Entsprechend bilden sie nach dem Kapitel E 1 zur Akzeptanz und Wirkung von LQW in der Umwelt der Organisationen auch den Kern der Auswertungen: Kapitel E 2.1 beschäftigt sich mit der Akzeptanz von LQW entlang der hierfür herangezogenen Indikatoren wie quantitative Teilnahme, Motivstruktur, Erwartungen und Qualitätsverständnis. Kapitel E 2.2 behandelt die Wirkungen, die die Einführung von LQW in Organisationen der Weiterbildung hat. Das Schlusskapitel bilanziert die zentralen Befunde im Spiegel von Fragestellung und Theorieanschluss, um mit einem über den konkreten Forschungszusammenhang hinausreichenden Fazit zu enden.
17
Teil B: Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages
1
Qualität: ein standpunktgebundener Begriff
Der Begriff der „Qualität“ ist derzeit in aller Munde und vielfach positiv konnotiert (Terhart 2000). Sichtbar wird dies daran, dass Qualität in der Regel ein Surplus an Besserem unterstellt wird (Nuissl 1993). Diese Konnotation des Besseren lässt sich aus der philosophischen Tradition des Begriffes heraus nicht begründen, da der Begriff hier eine vorrangig analytische Funktion hat (vgl. Kuper 2002: 533f.; Kauffmann 1996: 429f.; Meisel 2001: 111f.): Qualitätsaussagen sind wertfreie Verweise auf die Beschaffenheit von Dingen. Ein Ausschlag in eine positive oder negative Richtung ist darin noch nicht enthalten (vgl. Kauffmann 1996: 429f.). Darüber hinaus drängen erkenntnistheoretische Arbeiten zunehmend die Frage auf, ob Qualitätsaussagen über die Gegenstände, über die Aussagen getroffen werden, bestimmt sind oder ob Qualitätsaussagen ausschließlich als Zuschreibungsprozesse derjenigen zu werten sind, die die Qualitätsaussage formulieren. Damit wird die Differenz zwischen der subjektiven Wahrnehmung auf der einen Seite und dem empirischen Gegenstand auf der anderen Seite eingeführt und die Relativität des Begriffes profiliert (vgl. Hartz 2004a; vgl. Kuper 2002: 533f.; Kauffmann 1996: 429f.). Diese Relationierung ist auch zentral für den ökonomischen Diskurs, auf den hin insbesondere die Qualitätsmanagementdebatte im Weiterbildungsbereich referiert. Qualität wird verstanden als „die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produktes oder einer Dienstleistung, die sich auf deren Eignung und Erfüllung festgelegter oder vorausgesetzter Erfordernisse beziehen“ (Masing 1999: 4). In Anlehnung an Kuper lässt sich Qualität insofern als Kommunikationsmedium begreifen, in dem Erwartungen und Beschaffenheiten zwischen einem abnehmenden und anbietenden Akteur abgestimmt werden (Kuper 2002). Die Kenntnis der begrifflichen Wurzeln trägt sich in den Umgang mit dem Begriff „Qualität“ im Bereich der Bildung – insbesondere der Bildungspraxis und der Bildungspolitik – zunächst nicht ein. Erst sukzessive differenziert sich
19 Stefanie Hartz, Qualität in Organisationen der Weiterbildung, DOI 10.1007/ 978-3-531-93115-9_2, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Teil B
die Auseinandersetzung. Eine Anerkennung der Relativität (Heid 2000) des nach wie vor oft als nicht einheimisch eingeordneten Begriffs (vgl. Klieme/Tippelt 2008) setzt sich durch. Dabei wird der Begriff vielfach mit der oben angesprochenen positiven Konnotation verbunden, z. T. aber auch – insbesondere in zusammengesetzter Form – mit Skepsis beäugt. Ob Skepsis oder Überschwang: Gemeinsam ist dem Begriffsgebrauch, dass das, was Qualität ist, kaum präzise gefasst ist (vgl. dazu auch die von Klieme/Tippelt 2008 herausgegebene zweite Zwischenbilanz). Der Begriff der „Qualität“ und die dazu eingesetzten Strategien zur Herstellung derselben referieren auf unterschiedliche Ebenen, ohne dass der Bezugsrahmen i. d. R. explizit benannt werden würde. Dadurch wirkt die Debatte um Qualität diffus und der Begriff der „Qualität“ droht zu einer semantischen Hülse zu degradieren. Dies erleichtert einen oberflächlichen, erschwert aber einen systematischen Anschluss (vgl. Klieme/Tippelt 2008). Diese inhaltlichen Unschärfen und die darüber aufgespannten Verständigungsfriktionen kontrastieren mit dem scheinbar zielgenauen Einsatz des Begriffes im Kontext von Änderungen oder Änderungsabsichten. Der Terminus taucht insbesondere dann auf, wenn bestimmte Veränderungen im Bildungssystem gefordert bzw. initiiert werden.1 Der Qualitätsbegriff ist somit ständiger Begleiter von Restrukturierungs- und Verbesserungsdebatten (Kuper 2002: 536). Kleinster gemeinsamer Nenner – also gewissermaßen das der Qualitätssicherung inhärente Ziel – dabei ist, dass eine i. d. R. übergeordnete Ebene versucht, sich Einblicke in die und Sicherheiten gegenüber den Aktivitäten einer anderen Ebene zu verschaffen (vgl. Kuper 2002; vgl. auch exemplarisch die Diskussion um Bildungsstandards Klieme 2004). Um die Debatte um Qualität zu ordnen und die unterschiedlichen Perspektiven und Interessen ausweisen zu können, bietet sich die – inzwischen etablierte, mit unterschiedlicher Nomenklatur bedachte – hier im Anschluss an Luhmann zu präzisierende Ebenendifferenzierung – die auch bei der Re-Formulierung des Untersuchungszusammenhangs zur Anwendung kommt (vgl. Kap. C 3.3) – an: die Ebene der Interaktion, die Ebene der Organisation und diejenige der Gesellschaft (vgl. jüngst Klieme/Tippelt 2008; Meisel 2008; Luhmann 1996, 2004a, b; Kuper 2002; vgl. auch Fend 2001, 2008). Von Interaktion ist dann die Rede, „wenn die Anwesenheit von Menschen benutzt wird, um das Problem der doppelten Kontingenz durch Kommunikation 1
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Deutlich zeigt sich dies in der jüngsten Vergangenheit an den Diskussionen, die die Ergebnisse der PISA-Studien ausgelöst haben. Die Ergebnisse wurden an Qualitätsfragen angebunden, indem unter Rekurs auf die Qualitätssemantik erörtert wurde, wie durch strukturelle Maßnahmen die Qualität des Bildungssystems angehoben werden kann.
Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages
zu lösen“ (Luhmann 2004b: 814). Interaktion bildet sich nicht außerhalb der Gesellschaft, sondern ist im Gebrauch von Kommunikation immer „Vollzug von Gesellschaft in der Gesellschaft“ (Luhmann 2004b: 814). Mit der Ebene der Interaktion ist im Kontext der allgemeinen Weiterbildung vorrangig an die konkrete Interaktion im Lehr-Lernprozess, die dafür erforderliche Kompetenz des Professionellen und die Aneignungsmuster des Lernenden gedacht. Qualitätsfragen fokussieren das (professionelle) Lehrhandeln, die grundlegenden Standards und handlungsleitenden Wissensbestände der Erwachsenenbildung/Weiterbildung sowie den Output auf der Seite der Lernenden. Die Ebene der Organisation adressiert die über Interaktion liegende Aggregationsebene. Ihr Charakteristikum ist es, „riesige Mengen von Interaktionen aufeinander“ abzustimmen (Luhmann 2004b: 837). Organisationen basieren auf Entscheidungen, die Grundlage neuer Entscheidungen sind, und können in der „zone of indifference“ (vgl. Barnard 1964; vgl. Simon 1957) eine an die Mitgliedschaft gebundene Akzeptanz von Anweisungen erwarten. Auf diese Weise geben sie dem Handeln in Organisationen einen strukturellen Rahmen. Im Kontext der Weiterbildung geht es um die einzelne Einrichtung. Die mit Blick auf die organisationale Ebene geführte Qualitätsdebatte fokussiert die einzelnen Einrichtungen mit ihren je konkreten organisatorischen Abläufen, die den Lehr-Lernprozess vor- und nachbereiten. Letzteres bildet den Gegenstand der jüngsten, in der Bundesrepublik Deutschland geführten Qualitätsdebatte (vgl. dazu auch Klieme/Tippelt 2008). Sichtbar wird dies daran, dass genau diejenigen Qualitätsmodelle, die auf eine Verbesserung organisationaler Prozesse zielen, den derzeitigen Diskurs um Qualität in der Weiterbildung dominieren. Die Gesellschaft – als dritte, über Interaktion und Organisation angesiedelte Aggregationsebene – fungiert als Komplexitätsreduktion und setzt als soziales System die Prämissen für das Operieren anderer sozialer Systeme (Interaktion und Organisation) (vgl. Baraldi/Corsi/Esposito 1999: 63). In Bezug auf den Bereich der Weiterbildung werden auf der Ebene der Gesellschaft die gesellschaftlichen Leistungen von Weiterbildung für die Gesellschaft und die Qualität des Gesamtsystems Weiterbildung diskutiert: die gesellschaftlichen Erwartungen, die nationale und internationale Anschlussfähigkeit (Schemmann 2008; Ioannidou 2008), die politische Bereitstellung von Ressourcen und Rahmenbedingungen zur Realisierung von Weiterbildung (Reutter 2008; Sauter 2008), die Standardisierung von Abschlüssen (Handt, v. d. 2008) etc.2 Dass die Qualitätsdebatte anhand dieses Analyserasters geordnet werden kann, bedeutet nicht, dass innerhalb der einzelnen Ebenen einheitliche Diskurse 2
Diese Ebene stand insbesondere in den Bemühungen um Qualität in den 1970er Jahren im Vordergrund, als die im Strukturplan ausgewiesene flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Weiterbildung zu realisieren war.
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Teil B
geführt werden würden. Genau das Umgekehrte ist der Fall: Abgesehen von einem von der fokussierten Ebene aus betrachteten ähnlichen Bezugspunkt, variieren die Schwerpunktsetzungen mit den jeweiligen Interessen der an der Debatte beteiligten Akteure (vgl. hierzu Meisel 2008)3. Zudem sind diese drei Ebenen nicht unabhängig voneinander. Sie stehen vielmehr in permanenten Wechselbezügen. Zur weiteren Systematisierung lässt sich an dieser Stelle die Differenzierung von Harvey/Green (2000) ergänzend nutzen. Harvey/Green ordnen die unterschiedlichen Begriffsbestimmungen je nach Verwendungsweise und unterscheiden, ob Qualität als Ausnahme im Sinne eines Erreichens oder Übertreffens anspruchsvoller Standards, als Perfektion, ausgezeichnet über Fehlerlosigkeit und Prozessbezug, als Zweckmäßigkeit, d. h. als variable Größe zwischen vorgegebenem Zweck und realisiertem Ergebnis, als adäquater Gegenwert nach dem Prinzip „value for money“ oder als Transformation im Sinne eines qualitativen Wechsels in den Blick kommt (Harvey/Green 2000). Durch derartige Heuristiken – wie die Ebenendifferenzierung oder die Verwendungsweisen nach Harvey/Green (2000) – lässt sich ein Bezugsrahmen ausweisen, in dem der je konkrete Begriffsgebrauch Geltung beanspruchen kann. Insofern bieten die in den Ordnungsversuchen eingetragenen Kriterien die Möglichkeit, die qualitätsbezogene Praxis systematisch zu beschreiben und zu bewerten, den in der Anwendung gesetzten Fokus zu markieren und das darin eingetragene Interesse zu benennen (vgl. hierzu auch Hartz 2010).
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Die Qualitätsdebatte in der Weiterbildung: ein Gemisch aus Bildungspolitik, Praxis und Disziplin
Die Qualitätsthematik ist für die Weiterbildung nicht neu. Qualitätsfragen waren stets eng mit Fragen der Professionalisierung der Lehrenden (Gieseke 1997; Schlutz 1995; Meisel 2008; Vogel 2008) und der Evaluierung der mikrodidaktischen Ebene – der Lehr-Lernsituation – verbunden (Reischmann 2002). Seit den 1990er Jahren wird über den Begriff des Qualitätsmanagements die Qualitätsdebatte von einer Organisationsorientierung bestimmt. Geändert hat sich darüber 3
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Ob beispielsweise eher ordnungspolitische, ökonomische oder professionsorientierte Interessen in den Vordergrund gerückt werden, ob diese oder jene Aspekte als qualitätsrelevant erachtet und inhaltlich werden (vgl. auch Meisel 2008).
Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages
hinaus, dass der Diskurs um Qualität nicht mehr nur disziplinintern geführt wird: Qualitätsfragen haben vielmehr die Aufmerksamkeit des öffentlichen Interesses auf sich gezogen. Dies hat zur Folge, dass sich konkrete Steuerungsakteure wie die Bildungspolitik in die disziplininternen Debatten mit entsprechenden Steuerungsimpulsen „einmischen“ (vgl. exemplarisch Pahl 2002; KAW 2002; Meisel 2003, 2008; vgl. Kap. B 2.1). Zudem sind es fremde Diskurse – bzw. Diskurse anderer Fachdisziplinen –, die mit dem Konzept des Qualitätsmanagements auf die Weiterbildung einwirken bzw. sie irritieren: So kommt der Diskurs um Qualitätsmanagement aus dem Wirtschaftssystem – speziell der Industrie. Er ist über die beiden internationalen Qualitätsmanagementmodelle ISO 9000ff:2000 und EFQM mit Begriffen wie Leitbilderstellung, Kundenorientierung, Prozessverbesserung, Selbst- und Fremdevaluation strukturiert (Kalmann 2007). Doch trotz der Abwehrhaltung der Disziplin bis in die 1990er Jahre (Hartz/ Meisel 2006) hat sich der Diskurs in der Praxis fortgesetzt – u. a. daran sichtbar, dass unterschiedlichste, auf den Bereich der Weiterbildung ausgerichtete Qualitätsmanagementmodelle – auf Einrichtungs-, Verbands-, Kommunal-, Landesund Bundesebene – konzipiert worden sind, in denen Ideen der aus dem ökonomischen Sektor stammenden Debatte aufgegriffen wurden (vgl. hierzu Hartz/ Meisel 2006). Ende der 1990er Jahre/Anfang 2000 führt die Disziplin zunehmend die Spezifität der Weiterbildung ins Feld und setzt den Industriemodellen eigene entgegen (vgl. die Adaption des EFQM-Modells Heinold-Krug/Griep/ Klenk o. J. oder das Qualitätsentwicklungssystem (QES) Wiesner/Knoll et al. 2004; vgl. zu den unterschiedlichen Modellen auch Stiftung Warentest 2008). Im Nachfolgenden gilt es zunächst, die bildungspolitische Debatte knapp zu rekonstruieren (Kap. B 2.1), um dann die beiden zentralen, die Debatte um Qualitätsmanagement im Wesentlichen umspannenden, wirtschaftsnahen Modelle und die an ihnen geübte Kritik vorzustellen (Kap. B 2.2). Zuletzt gilt es, das Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung zu behandeln, das einerseits eine Antwort auf die an den wirtschaftsnahen Modellen geübte Kritik bietet und andererseits im Fokus der nachfolgenden Untersuchung steht. Ihm wird vor diesem Hintergrund besondere Aufmerksamkeit gegeben (Kap. B 2.3).
2.1
Entwicklungen auf der Ebene der Bildungspolitik
In die Entwicklungen und Diskurse der Profession und die zunehmende Nachfrage nach Qualitätsmanagement durch die Weiterbildungspraxis spielen die Entwicklungen auf der bildungspolitischen Ebene. Letztere bringt mit ihren Debatten ein Interesse an Qualität und Qualitätsmanagement in der Weiterbildung 23
Teil B
zum Ausdruck und schafft damit gewollte und ungewollte Rückstoßeffekte auf die Weiterbildungspraxis und die dort Anerkennung findenden Modelle (vgl. dazu Hartz 2008a, b). Will man die Weiterbildungspolitik und ihre Positionierung zu Qualität allerdings systematisieren, stößt man sehr schnell an Grenzen. Dies hängt u. a. damit zusammen, dass im Mehrebenensystem der Weiterbildung (vgl. hierzu Schrader 2008) die Qualitätsdebatte auf unterschiedlichen ordnungspolitischen Ebenen, die sich gegenseitig mal ignorieren und mal irritieren, stattfindet (vgl. Hartz/ Meisel 2006; Meisel 2008). Nationale Initiativen von Bund, Land, Kommunen und einzelnen Trägern sowie von supranationalen Organisationen mischen in der Debatte um Qualität mit je unterschiedlichen Reichweiten und unterschiedlichem Durchsetzungsvermögen mit (vgl. Hartz/Meisel 2006; Sauter 2008; Meisel 2008; Schrader 2008). Immer dann, wenn sich die Weiterbildungspolitik mit Qualitätsfragen beschäftigt, werden seit jeher auch Fragen der Steuerung und Gestaltung virulent. Beispielhaft seien hier das auf Bundesebene allokalisierbare Fernunterrichtsschutzgesetz von 1974 oder die Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre verabschiedeten Weiterbildungsgesetze der Länder, die qualitätsbezogene Anforderungen und Voraussetzungen zur staatlichen Anerkennung und Förderung formulieren (vgl. hierzu Kuhlenkamp 2003; Grotlüschen/Haberzeth/ Krug 2009), genannt. Dass sich (Weiter-)Bildungspolitik mit Qualitätsfragen beschäftigt, ist demnach nicht neu. Nichtsdestoweniger hat sich das Interesse an Qualität und Qualitätssicherung Ende der 1990er Jahre auf der weiterbildungspolitischen Bühne intensiviert und zu unterschiedlichsten Maßnahmen geführt (vgl. Meisel 2008). Dies kann u. a. damit in Zusammenhang gebracht werden, dass unseriöse Angebote von Weiterbildungsanbietern, die nach der deutschen Einigung in den neuen Ländern auf dem expandierenden Markt in der beruflichen Weiterbildung aktiv wurden, Klagen über die mangelnde Qualität nach sich zogen (vgl. Sauter 1992; Galiläer 2005). Zudem durchdringen Marktprinzipien zunehmend das Weiterbildungssystem. Dadurch kann sich die Weiterbildung immer weniger den im Wirtschaftsbereich gesetzten Managementtrends entziehen (vgl. Gnahs 1996). Ausdruck hiervon ist die zunehmende Zuwendung zu Qualitätsmanagementmodellen durch die Weiterbildungspraxis. Dieses wiederum hat Rückwirkungen auf die Verhandlungen um neue Gesetze bzw. die Novellierungsdiskussionen der vorhandenen Weiterbildungsgesetze (ein zentrales Beispiel ist hierfür die Novellierung des Bremer Weiterbildungsgesetzes; vgl. auch Kuhlenkamp 2003). Nicht zu unterschätzen ist auch die Tatsache, dass öffentliche Haushalte mit knappen Ressourcen agieren müssen. Dies erfordert klare Kriterien für die Mittelvergabe – wie beispielsweise entlang von Qualitätskriterien (vgl. Sauter 1995). 24
Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages
Ohne hier die Hintergründe im Detail erörtern zu können, sei auf einige für den hier zur Rede stehenden Projektzusammenhang zentrale, auf Bundes- und Landesebene allokalisierbare Initiativen und Maßnahmen der jüngsten Vergangenheit verwiesen. Zur Sicherung der Qualität im Bereich der von der Bundesanstalt für Arbeit geförderten beruflichen Fort- und Weiterbildung wurde vor dem Hintergrund der Empfehlungen der so genannten Hartz-Kommission auf Bundesebene durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit noch 2002 ein entsprechender Gesetzesentwurf ausgearbeitet. Demnach müssen Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung eine Zertifizierung der Qualität nachweisen. Inzwischen hat die Bundesagentur in einer Verordnung vom 16. Juni 2004 das Zulassungsverfahren von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Bildung nach dem Dritten Sozialgesetzbuch festgelegt. Die entsprechende Verordnung, die Anerkennungs- und Zulassungsverordnung – Weiterbildung (AZWV), sieht vor, dass sowohl Träger als auch Maßnahmen, die von der Bundesanstalt für Arbeit gefördert werden, einer Prüfung durch so genannte Fachkundige Stellen unterzogen werden müssen (vgl. Anerkennungs- und Zulassungsverordnung – Weiterbildung – AZWV 2004). Die Anforderungen beziehen sich auf die Ebene der Weiterbildungsorganisationen (in der Sprache des Gesetzes: Träger). Sie müssen ein wirksames Qualitätsmanagementsystem nachweisen und dabei spezifische Anforderungen (z. B. kundenorientiertes Leitbild, Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, Anforderungen an die Leiter und Mitarbeiter, arbeitsmarktliche Orientierung der Bildungsarbeit) erfüllen. Die Anforderungen beziehen sich außerdem auf die Maßnahmenebene. Maßnahmen werden an definierten Kriterien wie Einbindung der Maßnahme in arbeitsmarktrelevante, regionale Entwicklungen, Abschlussorientierung etc. gemessen (vgl. Anerkennungs- und Zulassungsverordnung – Weiterbildung – AZWV 2004: 1103). Die auf Bundesebene anzusiedelnden Aktivitäten rund um die berufliche Fort- und Weiterbildung werden von zahlreichen Stellungnahmen und Initiativen begleitet. Ein von der Bundesregierung und den Ländern eingesetzter Arbeitsstab „Forum Bildung“ (Expertengruppe Forum Bildung 2002) empfiehlt beispielsweise die Entwicklung eines für alle Weiterbildungseinrichtungen offenen Qualitätstestats. Die Konzertierte Aktion Weiterbildung (KAW) als Politikberatungsorgan des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, in dem überregionale Träger der allgemeinen und beruflichen Weiterbildung vertreten sind, forderte im Anschluss an eine bundesweite Expertentagung ebenfalls die Entwicklung eines übergreifenden Referenzsystems. Zugleich soll dieses – trotz übergreifender Orientierung – der Unterschiedlichkeit der Einrichtungen gerecht werden (vgl. KAW 2002: 148). Die KAW reklamiert – ähnlich wie die zuständige Abteilungsleitung im Bundesministerium für Bildung und Forschung 25
Teil B
(vgl. Pahl 2002) – weitergehende Strukturelemente für eine umfassende, unterschiedliche Ebenen – Gesellschaft, Organisation und Interaktion (vgl. Kap. B 1) –, die Weiterbildungspraxis und -forschung gleichermaßen adressierende Qualitätspolitik. Sie fordert: „Entwicklung eines Referenzrahmens im Sinne eines Leitbildes unter Berücksichtigung der (...) [relevanten, S. H.] Kriterien für die Qualitätsentwicklung Verknüpfung des Qualitätsmanagements mit Konzepten der Organisationsund Personalentwicklung Stärkung der Position der Verbraucher, z. B. durch Bildungstests oder durch Integration vorhandener Checklisten (DIE, BIBB) Erhöhung der Transparenz des Angebots durch Weiterentwicklung z. B. bereits bestehender regionaler und überregionaler Datenbanken im Internet oder der Bildungsserver von Bund und Ländern, Lernfeste oder Kataloge im Sinne einer synoptisch orientierten Bestandaufnahme Förderung der Professionalität des Personals in der Weiterbildung Unterstützung von träger- und einrichtungsübergreifenden Initiativen wie beispielsweise Vergleichsringen und Entwicklungsgruppen Ausbau internationaler Kontakte zur Sicherung des Anschlusses an Entwicklungen von Qualitätsmanagementsystemen Förderung der Qualitätsforschung in der Weiterbildung, insbesondere der Wirkungsforschung“ (KAW 2002: 148). Wenngleich die praktische Umsetzung weit hinter der hier in Anschlag gebrachten Programmatik bleibt, so lassen sich doch einzelne Aspekte in den nachfolgenden Jahren in der Praxis finden. Genannt sei exemplarisch die Stärkung der Position der Verbraucher. Sie wird ausdrücklich in den vom BMBF geförderten, von der Stiftung Warentest realisierten Bildungstests betrieben. Mit dem Ziel, die Transparenz des Weiterbildungsmarktes zu verbessern und die Qualitätsbemühungen in den Organisationen der Weiterbildung zu stimulieren, begreifen sich die Bildungstests unmittelbar im Dienste des Verbrauchers (vgl. Kösters 2006; Töpper 2002).4 In die in die Programmatik eingetragene Richtung gehen auch die bezogen auf die allgemeine Weiterbildung durch die Kultusministerkonferenz entwickelten, länderübergreifenden Vorstellungen zu einem korporatistisch (von Bund, Ländern, Wissenschaft und Praxis) getragenen, länder- und trägerübergreifenden Testierungssystem (vgl. Krug 2002: 41). 4
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Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) kommentiert die Initiative von Bildungstests als „einen konsequenten Schritt, die Stellung der Bildungsnachfrager zu stärken“ (Krekel/Sauter 2002: 17).
Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages
Mit Blick auf die allgemeine Weiterbildung, die aufgrund der Kulturhoheit der Länder in der ordnungspolitischen Zuständigkeit der Länder liegt, seien weiterhin – wie oben bereits knapp skizziert – die Ländergesetze und deren Novellierungen zu nennen. Wenngleich sie alle von dem staatlichen Anspruch nach Qualität in der Weiterbildung zum Schutz der Lernenden (vgl. Gnahs 1999: 33; Melms 2002) getragen sind, variieren sie mit Blick auf die Frage, wie systematisch die Qualitätsthematik in diesen verankert ist, erheblich: In einigen Bundesländern werden weitergehende staatliche Interventionen abgelehnt, während sie in anderen Bundesländern ausdrücklich profiliert werden: Beispielsweise gilt in einigen Gesetzen der Teilnehmerschutz als Anerkennungsgrundsatz. In Niedersachsen werden die Einrichtungen nach der Gesetzesnovellierung verpflichtet, ihre Bildungsarbeit extern evaluieren zu lassen, die Ergebnisse zu dokumentieren und sich nach vier Jahren erneut einer externen Evaluation zu unterziehen. Die weitreichendste Regelung hat der Stadtstaat Bremen. Die in vielen Ländern alternativ diskutierte Frage, „staatliche Vorgaben versus Deregulierung“ (Seevers 2002; Seevers/Meisel/Brandt 2002: 22) hat der Stadtstaat Bremen in seinem erneuerten Gesetz im Sinn einer ‚mittleren Systematisierung’ gelöst. Im Interesse der Teilnehmenden und der Angebotsqualität werden den Einrichtungen einerseits verpflichtende Vorgaben gemacht. Andererseits bleibt eine hohe Eigenverantwortlichkeit für die Form der Qualitätsentwicklung bei der Einrichtung. Dabei bleibt es den Einrichtungen überlassen, welchem Qualitätsmanagementmodell sie sich unterziehen, solange es entwicklungsorientiert, schriftlich dokumentiert und extern begutachtet ist (vgl. hierzu Hartz/Meisel 2006). Gefolgschaft finden diese Novellierungen in unterschiedlichen Varianten von weiteren Bundesländern wie beispielsweise in Thüringen oder Sachsen (vgl. auch Kuhlenkamp 2003; vgl. hierzu auch Kap. C 3.3). Diese weiterbildungspolitischen Diskussionen wurden in den letzten Jahren durch bereichsspezifische5, träger- und bundeslandübergreifende6, träger5
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Als bereichsspezifisch lassen sich folgende Initiativen begreifen: die durch das Bundesinstitut für Berufsbildung in Kooperation mit betrieblichen Modellversuchen für die Qualitätsentwicklung der betrieblichen Weiterbildung entwickelten, praxisorientierten Handreichungen (vgl. Mohr et al.1998); die Gründung der Firma CERTQUA (vgl. Kegelmann 1995; vgl. Kap. A 2.1.1); die EFQM-Branchenversion für den Bereich der öffentlichen Weiterbildung durch das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung (DIE) (vgl. Heinold-Krug/Griep/Klenk o. J.); Initiativen im Sprachenbereich (vgl. Kelly/Grenfell 2004; Handt, v. d. 1999, 2008), der kulturellen Bildung (Stang 1999) oder der Gesundheitsbildung (Venth 1999) – um nur einige zu nennen. Als träger- und bundeslandübergreifend können folgende Initiativen angesehen werden: das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt zu vergleichenden Bildungstests bei der Stiftung Warentest (vgl. Töpper 2002); das vom BMBF unterstützte und vom DIE durchgeführte Projekt zur Entwicklung und Erprobung eines Fortbildungskonzepts zum/zur Qualitätsentwickler/in für Weiterbildungsorganisationen (vgl. Mathes 2002), das vom BMBF geförderte Projekt „Qualitätsentwicklung in Weiterbildungsverbünden“ (vgl.
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Teil B
und bundeslandbezogene7 sowie zahlreiche einzelne Initiativen, Projekte und Modellversuche flankiert (vgl. Meisel 2008; Hartz/Meisel 2006; Meisel 2001). Ihnen gemeinsam ist, dass sie einerseits an den Qualitätsdiskurs anschließen und entsprechende Entwicklungen vorantreiben, dass sie sich andererseits aber abgrenzen, indem sie auf die jeweilige Spezifität verweisen und ein den jeweiligen Bedarfen entsprechendes eigenes Qualitätsmanagementmodell entwickeln. Die daraus entstandene Vielfalt ist Ausdruck einer unglaublichen Produktivität und zeugt von einer gewissen Zerfaserung gleichermaßen (vgl. Meisel 2008; Hartz/Meisel 2006). In Summe konterkariert dies z. T. den bildungspolitischen Wunsch, „die strukturellen Qualitätskomponenten weiter systematisch miteinander zu verknüpfen“ (Pahl 2002: 40) und steht einer Einigung, „die eine Vergleichbarkeit der Konzepte ermöglichen“ (Schiersmann 2002: 25) soll, entgegen. Wendet man die hier beschriebenen bildungspolitischen Phänomene und Diskurse zu Qualität noch einmal theoretisch und bezieht diese auf die Steuerungsdebatte, so lassen sich strukturell Elemente einer modernen, auf Konsens und Kontrolle setzenden Kontextsteuerung durch Mobilisierung der Selbststeuerung finden. Die Bildungspolitik formuliert weniger konkrete gesetzliche Vorgaben. Sie hält vielmehr ein Thema in Gang und setzt auf die Einsicht in die Notwendigkeit von Qualitätsbemühungen: Die dezentrale Kontextsteuerung durch Mobilisierung der Selbststeuerung (Willke 1996: 249ff.) sieht sowohl von einem Steuerungszentrum als auch von der Vorstellung linear steuerbarer Systeme ab (vgl. Willke 1997; Degele 1997; vgl. kritisch Wiesenthal 2006). Damit verbunden ist eine Neuverteilung von Verantwortlichkeiten: Während die Umwelt wie beispielsweise Regierungsverantwortliche – oder hier konkret Bund und Land – vornehmlich bestimmte Bedingungsgefüge schaffen, liegt die Entscheidung, sich dem Steuerungsansinnen in einer bestimmten Form zu unterziehen, und damit die Verantwortung, diese oder jene Formen zu produzieren, bei den zu steuernden Systemen selbst (vgl. Willke 1997: 89): Sie sind als Steuerungsadressat Steuerungsobjekt und -subjekt zugleich (Wiesenthal 2006; vgl. auch Hartz 2008a, b). Im Nachfolgenden gilt es, den Blick auf das Steuerungsmedium Qualitätsmanagement zu lenken und die beiden zentralen, die Debatte um Qualitätsma-
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Liebald/Seiverth 2005; Deutsche Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung (DEAE)/Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben (BAK AuL) 2004) oder das hier zur Rede stehende Projekt. Vgl. exemplarisch die Idee der Gütesiegelverbünde wie der Verein Weiterbildung Hamburg e. V. (vgl. Krüger 1999) sowie das vom Land Sachsen geförderte Qualitätsentwicklungssystem (QES) (vgl. Knoll et al. 2001; Wiesner/Knoll et al. 2004) oder die Aktivitäten des bayrischen Volkshochschulverbandes (vgl. Lang 2002).
Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages
nagement im Wesentlichen umspannenden Modelle – die ISO 9000:2000 ff. und das EFQM-Modell – darzustellen (vgl. Stiftung Warentest 2008). Danach wird die Kritik gegenüber den Modellen referiert. Sie bezieht sich in der Disziplin der Weiterbildung im Wesentlichen auf die Organisationsorientierung der Modelle bei gleichzeitiger Vernachlässigung der mikrodidaktischen Ebene.
2.2
Wirtschaftsnahe Modelle und Kritikpunkte der Disziplin
2.2.1 ISO und EFQM als wirtschaftsnahe Modelle Nimmt man ausschließlich die organisationsbezogenen Qualitätsmanagementmodelle in den Blick, können die aus dem wirtschaftlichen Sektor stammende, auf organisationale Prozesse gerichtete ISO-Normenreihe und die Selbstbewertung nach EFQM als die prominentesten Ansätze eingeordnet werden. Sie wurden für den Bereich der Weiterbildung in modifizierter Form nutzbar gemacht und bilden mit Begriffen wie Kundenorientierung, Prozessverbesserung, Selbstund Fremdevaluation einen wesentlichen thematischen Fundus. Deshalb konzentriert sich die nachfolgende Darstellung auf diese beiden Modelle. Die DIN EN ISO 9000 ff. wurde 1987 herausgegeben. Sie ist eine international anerkannte Normenreihe, die anfänglich insbesondere im produzierenden Sektor angewandt wurde. Die DIN EN ISO 9000 ff. führt im industriellen Kontext ein neues Qualitätsverständnis ein, in dem sich die Qualitätsbemühungen nicht mehr nur auf die Qualitätsprüfung am Ende des Produktionsprozesses beziehen, sondern auf den gesamten Prozess der Produkterstellung. Damit einher geht ein doppelter Kundenbegriff: Als Kunde gilt der externe Abnehmer sowie die nachgelagerte Arbeitsstelle in Relation zu der vorgelagerten Arbeitsstelle. D. h.: Die einzelnen Arbeitseinheiten einer Organisation werden als eine Kunden-Lieferanten-Kette begriffen, bei der eine vorgelagerte Stelle die qualitativen Erwartungen der nachgelagerten Stelle zu bedienen hat. Es geht also um den externen wie auch den internen Kunden (Rescheneder 1996). Zu Beginn der 1990er Jahre dehnt sich die Bedeutung der Norm über den industriellen Bereich sukzessive aus und setzt sich als international anerkanntes Zertifizierungssystem durch. Beschleunigt wurde die Verbreitung dadurch, dass Unternehmen von ihren Zulieferern zunehmend einen Qualitätsnachweis fordern. Dies setzt Unternehmen unter Druck, sich nach der ISO-Norm zertifizieren zu lassen – nicht zuletzt um Aufträge zu halten. Diese Mechanismen im produzierenden Sektor, die Forderung von Qualitätsnachweisen, haben sich auf den Dienstleistungsbereich ausgebreitet: Letztere müssen sich in den 1990er Jahren zunehmend einer Zertifizierung stellen und die Qualität ihrer Arbeit entlang anerkannter Qualitätsmanagementmodelle dokumentieren. In diesem Zuge 29
Teil B
erreicht die Norm auch das System der Weiterbildung. Zunächst sind vornehmlich diejenigen Weiterbildungseinrichtungen betroffen, die mit Unternehmen der Wirtschaft kooperieren. Um Kooperationsverträge aufrechtzuerhalten, sind sie gezwungen, die Qualität ihrer Prozesse zu dokumentieren und sich mit dem Normensystem zu beschäftigen. Die inzwischen mehrfach revidierte – zuletzt im Jahr 2008 –, an die Philosophie des Total Quality Management angepasste DIN EN ISO Norm adressiert explizit die Prozessebene der Organisation (vgl. Pfitzinger 2009). „Die Norm ISO 9001 regelt Forderungen an ein wirksames QM-System, das dem Unternehmen erlaubt, die Fähigkeit nachzuweisen, Produkte und Dienstleistungen bereitzustellen, welche die Kundenanforderungen erfüllen.“ (Campbell 2002: 13).
Im Kontext der initiierten Revisionen wurde darüber hinaus die technische Sprache modifiziert. Dies soll den Anschluss an den Dienstleistungsbereich erleichtern (vgl. Wuppertaler Kreis e. V./CERTQUA 2002: 25ff.). Im Bildungsbereich – insbesondere demjenigen der beruflichen Bildung – wurde die von der Industrie her kommende ISO-Normenreihe durch die Firma CERTQUA8 (vgl. CERTQUA: http://www.certqua.de: 11.02.2010; Orru 2001: 65ff.) bekannt und handhabbar gemacht. Grundsätzlich zielt die Normenreihe unter besonderer Beachtung des internen wie auch des externen Kunden auf eine planvolle Fehlerverhütung. Alle relevanten Prozesse gilt es zu analysieren und zu verbessern, um die Qualität des angestrebten Produktes zuverlässig und systematisch zu erzeugen. Dementsprechend basiert die ISO-Norm auf einem auf Prozessoptimierung gerichteten Regelkreis, der sich über die Elemente Verantwortung der Leitung, Management von Ressourcen, Produktrealisierung, Messen, Analysieren und Verbessern sowie kontinuierliche Verbesserung des Qualitätsmanagementsystems bestimmt. Diese in fünf Bereiche gegliederten Teilsegmente sind über konkrete Normanforderungen präzisiert. Sie werden mit dem Ziel der externen Zertifizierung systematisch abgearbeitet. Voraussetzung hierfür ist die Dokumentation entlang des Normanforderungskataloges und die Erstellung eines Qualitätsmanagementhandbuches. Letzteres bildet die Grundlage für die Begutachtung durch die Auditoren. Nach Sichtung des Qualitätsmanagementhandbuches werden die Orga8
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Die CERTQUA ist ein gemeinsames Unternehmen der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, des Zentralverbands des Deutschen Handwerks und des Wuppertaler Kreises e. V. 1994 wurde die dann im Jahr 1996 als Zertifizierungsstelle anerkannte CERTQUA mit dem Ziel gegründet, die Qualität und Transparenz in der beruflichen Bildung mit Hilfe von Qualitätsmanagementsystemen zu steigern (Wuppertaler Kreis e. V./CERTQUA 2002: 109; vgl. Orru 2001; Doerr/Orru 2000; Orru/Pfitzinger 2005).
Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages
nisationen einem Audit unterzogen. Hierbei werden die dokumentierten Abläufe und beschriebenen Maßnahmen an Ort und Stelle geprüft. Auf der Basis des Audits verfassen die Auditoren einen Auditbericht, der über die Zertifizierung entscheidet. Die Zertifizierung muss alle drei Jahre wiederholt werden, wobei jährlich (Zwischen-)Audits zu bewältigen sind. Zudem nimmt die Firma CERTQUA einmal pro Jahr stichprobenartig eine Prüfung in zertifizierten Bildungseinrichtungen vor (vgl. Doerr/Orru 2000: 21; vgl. auch Pfitzinger 2009). Das ebenfalls aus dem Wirtschaftsbereich stammende EFQM-Modell basiert grundsätzlich auf einem ähnlichen Mechanismus wie die ISO-Normenreihe, nur dass hier der Prozessgedanke von Anfang an grundlegend gewesen ist. Das EFQM-Modell ist von der European Foundation for Quality Management, einer europäischen Stiftung namhafter Industrieunternehmen, entwickelt worden. Das infolge als das europäische Referenzmodell des Total Quality Management (TQM) klassifizierte EFQM-Modell unterscheidet zwischen den Befähigerund den Ergebniskriterien. Im Zusammenwirken dieser beiden Seiten, so die dem Modell unterlegte Annahme, bestimmt sich die Qualität einer Organisation. Dementsprechend ist eine Organisation über diese beiden Seiten analysierund beschreibbar. Die Befähiger-Kriterien stellen auf die Bedingungen ab, die erfüllt sein müssen, damit eine Organisation die von ihr anvisierten (Dienst-) leistungen erbringen kann. Sie gelten als die gestaltbaren Variablen, über die Qualität erzeugt werden kann. Gegliedert sind die Befähiger-Kriterien in Führung, Mitarbeiter, Politik und Strategie, Partnerschaften und Ressourcen sowie Prozesse. Die Ergebnis-Kriterien fokussieren die von der Organisation verfolgten Resultate. Über mitarbeiterbezogene Ergebnisse, kundenbezogene Ergebnisse, gesellschaftsbezogene Ergebnisse und Schlüsselergebnisse vergewissert sich eine Organisation hinsichtlich der von ihr erzeugten Wirkungen (Herrmann/ Koch 2002). Die einzelnen Kriterien werden mit Prozentpunkten versehen. Sie geben an, welche Relevanz den einzelnen Aspekten hinsichtlich ihres Beitrages zum Unternehmenserfolg zugeschrieben wird (vgl. Radtke/Wilmes 2002). Analog der ISO-Norm wird die Organisation in organisationsrelevante Segmente zerlegt, die ihrerseits in dem Leitfaden über Teilkriterien präzisiert werden. Die Teilkriterien sind ausdifferenziert über weitere Unterkriterien respektive über operationalisierte Indikatoren. Dabei gibt das Modell einen normativen, betriebswirtschaftlich orientierten Rahmen vor, anhand dessen die internen Prozesse reflektiert und zur „excellence“ geführt werden sollen. Indem die Anpassung des Modells an die spezifischen Bedingungen der konkreten Einrichtung von der Organisation selbst geleistet werden muss, unterstützt das Qualitätsmanagementmodell die Einrichtung in der Reflexion ihrer internen Prozesse respektive ihrer Selbstbewertung durch Selbstevaluation. Idealerweise resultieren hieraus Strukturen, die eine kontinuierliche Prozess31
Teil B
verbesserung ermöglichen, um nicht zuletzt auch die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Kontinuierliche Prozessverbesserung kombiniert mit rekursiven Qualitätskreisläufen soll langfristig die Basis für eine „Lernende Organisation“ schaffen (vgl. Heinold-Krug/Griep/Klenk o. J.: 7). Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung (DIE) hat mit der so genannten „Branchenversion“ versucht, das allgemeine, im wirtschaftlichen Kontext zur Anwendung kommende Modell für den Bereich der Weiterbildung und die Spezifika von Weiterbildungsorganisationen zu übersetzen. Dabei wurde die Systematik des EFQM-Modells weitgehend übernommen (vgl. Heinold-Krug/ Grieg/Klenk o. J.). Fokussiert die Branchenversion eindeutig Selbstevaluation, ohne auf eine Fremdevaluation im Sinne einer Zertifizierung abzustellen, ist dies prinzipiell allerdings nicht ausgeschlossen. Die European Foundation for Quality Management schreibt einen Qualitätspreis, den EFQM Excellence Award (EEA), aus. Um ihn können sich die mit EFQM befassten Organisationen bewerben. Im Bereich der Weiterbildung hat der bayrische Volkshochschulverband EFQM mit Testierung kombiniert. In der Anwendung des entsprechenden Modells soll es den Einrichtungen möglich werden, sich für eine erste Stufe der EFQM „Committed to excellence“ extern zertifizieren zu lassen (vgl. Eckert/ Ludwig 2006; vgl. auch Hartz/Meisel 2006). Die hier in Augenschein genommenen Modelle fokussieren die Qualität der Prozesse. Es sollen Strukturen in die Organisation eingezogen werden, die die Qualität der Verfahren, nach denen in der Organisation gearbeitet wird, sichern. Sie adressieren – bei aller Unterschiedlichkeit im Detail – mit Blick auf die Ebenendifferenzierung die Ebene der Organisation. Bringt man darüber hinaus die Kategorisierung von Harvey/Green (2000) in Anschlag, so lassen sich diese Modelle in die Rubriken Perfektionierung und Ausnahme sortieren. In Summe geht es um Verbesserung – oder gar Exzellenz – all derjenigen Service- und Supportleistungen, bei denen organisatorische Fragen eine zentrale Rolle spielen. Die Qualität der Lehr-Lerninteraktion, die damit verbundenen Unschärfen und Kontingenzen können damit nicht erreicht werden (vgl. Hartz/Meisel 2006). D. h.: Gesichert wird nicht das Geschehen in der Lehr-Lernsituation selbst, in dem Sinne, dass man davon ausgehen könnte, dass ISO-zertifizierte oder Awardgekrönte Bildungsanbieter qualitativ besonders hochwertige Bildungsangebote anbieten würden (vgl. Stiftung Warentest 2008). Gesichert werden lediglich die organisatorischen Prozesse, die die Lehr-Lernsituation vor- und nachbereiten (vgl. Bender 2007). Die Einsicht, dass mit diesen Modellen die pädagogische Qualität der Lehr-Lerninteraktion nicht direkt zugänglich ist, hat sich in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung recht schnell durchgesetzt. Ausdruck findet dies darin, dass die Tauglichkeit der Verfahren skeptisch beäugt wird (vgl. Meisel 1999: 250; vgl. auch Seiverth 1999). 32
Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages
2.2.2 Kritikpunkte der Disziplin „Wie man in der Rechtssoziologie schon lange weiß, ist (…) die Einlösung von Verfahrensanforderungen weder identisch mit der Einlösung des Ziels noch mit der Bearbeitung des unmittelbaren Substrats, auf das das Verfahren abstellt. So können Gerichte weder Gerechtigkeit noch Wahrheit unmittelbar bearbeiten. Sie können nur das Verfahren überwachen, in dem es zu Entscheidungen kommt, die durch das Verfahren als gerechtigkeits- und wahrheitsbezogene Entscheidungen legitimiert sind (vgl. Luhmann 1969). Mit dem Qualitätsmanagement verhält es sich analog (…)“ (Harney 1997a: 198f.).
Um die begrenzte Wirksamkeit und die darauf basierende ablehnende Haltung der Weiterbildung analytisch zugänglich zu machen, bietet es sich im Anschluss an Harney (1997a, 1998) an, zwischen der Logik eines auf die organisationalen Prozesse ausgerichteten Qualitätsmanagements und der Logik des professionellen pädagogischen Handelns zu unterscheiden (vgl. Harney 1997a, 1998). Ersteres fokussiert die Optimierung organisationaler Prozesse unter der Perspektive von Effizienz, Effektivität und Transparenz. Es stellt auf die Einführung legitimierter Verfahren ab, mit denen das Handeln in der Organisation geordnet und rationalisiert wird. Professionelles pädagogisches Handeln dagegen ist an eine falladäquat gestaltete Lehr-Lerninteraktion gebunden. Es ist kaum in Verfahren zu gießen oder durch diese sichtbar zu machen (vgl. Harney 1997a, 1998). Entsprechend nimmt ein auf die organisationale Ebene ausgerichtetes Qualitätsmanagement anderes in den Blick als eine Qualitätssicherung, die sich auf die Ebene der Lehr-Lerninteraktion respektive die Professionalisierung des in der Weiterbildung arbeitenden Personals bezieht. Durch die mit Qualitätsmanagementsystemen zur Anwendung kommenden Verfahren werden diejenigen Prozesse optimiert, die den Lehr-Lernprozess einschließen. Bis zur konkreten Lehr-Lerninteraktion dringen diese Verfahren nicht vor. Auf der Ebene der Interaktion – so die zentrale Argumentation – dominiert eine andere Logik, die andere – oder zusätzliche – Formen der Qualitätssicherung erforderlich macht. Dies ist nicht zuletzt auf die besondere Struktur von professionellem Handeln und der sich hierin ausdrückenden Professionalität zurückzuführen (vgl. hierzu Schrader/Hartz 2003; Goeze/Hartz 2008). Professionalität respektive die Sichtbarkeit derselben ist nicht von der konkreten Handlungssituation zu lösen. Erst in der Anwendung theoretischen Wissens in der konkreten Situation findet Können seinen Ausdruck. (vgl. Tietgens 1988: 37; Nittel 2000; Kade 1990). Dies bedeutet, dass sich die Bestimmung von Professionalität als gekonnte Beruflichkeit nicht in der Auflistung oder gar Dokumentation bestimmter Wissensbestände erschöpft (vgl. Schrader/Hartz 2003). Die Transformation von Wissen in Können muss in der Situation geleistet werden und ist an Erfahrungen gebunden. Zugleich schließt Situationsangemessenheit Unterdeterminiertheit ein: In der 33
Teil B
konkreten Interaktion bleibt immer ein Anteil zurück, der nicht vorab antizipierbar ist und auf den hinaus auch keine vorbereitende Planung erfolgen kann. Professionelles Handeln folgt demnach der Logik, situationsbezogen Routine vor dem Hintergrund von Theoriewissen zu durchbrechen und eben diese Durchbrechung zu routinisieren (Kade 1990). Die Qualität des Lehrhandelns bemisst sich über die sich im Fallbezug äußernde „situative Kompetenz“ (Kade 1990) und die damit einhergehende Transformation des theoretischen Wissens in praktisches Können. Die Struktur professionellen Handelns erfordert grundsätzlich andere Strategien der Qualitätssicherung als die Systematisierung organisationaler Prozesse. Für professionelles Lehrhandeln ist das Nadelöhr für den Aufbau und die Sicherung von Qualität der systematische Kompetenzaufbau und Kompetenznachweis derjenigen Akteure, die im Kontext der Weiterbildung als Professionelle tätig sind (vgl. hierzu Schrader/Hartz 2003; Goeze/Hartz 2008; Schrader/Hohmann/Hartz 2010). In der Disziplin und Praxis der Weiterbildung dominierte zunächst eine Kritik gegenüber der Qualitätsmanagementdebatte. Die Kritik bezieht sich darauf, dass die Verfahren zu starr seien, dass das professionelle Handeln eingeschränkt werden und dass das Eigentliche von Bildungseinrichtungen nicht erreicht werden würde (vgl. Seiverth 1999; Schlutz 1995; Gieseke 1997). Führt man sich die Struktur professionellen Handelns, die durch situations- und fallbezogene Varianz charakterisiert ist, vor Augen, gewinnt der gegenüber den auf Standardisierung, Einheitlichkeit und Transparenz setzenden Qualitätsmanagementverfahren geübte Vorwurf unmittelbar Plausibilität. Bis in die 1990er Jahre hinein werden keine systematischen Bezüge zwischen einem organisationsbezogenen Qualitätsmanagement und den originären Qualitätsdiskursen der Disziplin Erwachsenenbildung, die in die Themenfelder Evaluation (Reischmann 2002), Bedarfserschließung (Schlutz 1998, 2006), Teilnehmerorientierung (Tietgens 1983), Zielgruppenarbeit (Hippel v./Tippelt 2009), Didaktik etc. streuen, hergestellt (vgl. Nittel 1997). Gleichwohl Anknüpfungspunkte vorhanden – bleibt eine (weiter)bildungsbezogene Schärfung lange aus. Dies kann mit der Schwierigkeit in Zusammenhang gebracht werden, organisationale Erfordernisse und Lehr-Lerninteraktion bezogene Erfordernisse miteinander in Einklang zu bringen (vgl. Harney 1997a, 1998; Hartz/Schrader 2009). Indem das eine auf Verfahren und das andere auf Professionalität referiert, sind grundsätzlich unterschiedliche Formen der Qualitätssicherung erforderlich. Eine Anerkennung der unterschiedlichen Referenzpunkte, aus denen heraus sich die Qualitätssicherung begründet, im Sinne der oben referierten Ebenendifferenzierung ist grundlegend. Sie ermöglichte eine systematische Bezugnahme, ohne dass die jeweilige Eigenlogik ignoriert oder übergangen werden würde. Auf diese Weise würde die Aggregationsproblematik zwischen den beiden Ebe34
Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages
nen – Interaktion und Organisation – sichtbar und damit auch gestaltbar werden (vgl. Harney 2000: 287; vgl. auch Hartz/Meisel 2006; vgl. Hartz 2004a, 2010).
2.3
Zwischen Qualitätsmanagementdiskurs, Weiterbildungspraxis und -disziplin: LQW
Trotz der Abwehrhaltung von Teilen der Disziplin hat sich die Anwendung organisationsbezogener Qualitätsmanagementmodelle in der Praxis fort- und in gewisser Weise auch durchgesetzt. Dies ist u. a. daran sichtbar, dass unterschiedlichste auf den Bereich der Weiterbildung ausgerichtete Qualitätsmanagementmodelle – auf Einrichtungs-, Verbands-, Kommunal-, Landes- und Bundesebene – konzipiert worden sind (vgl. hierzu Meisel 2001; Hartz/Meisel 2006; Meisel 2008; Stiftung Warentest 2008). In der Weiterbildungspraxis hat sich forciert durch die Bildungspolitik und die Diskurse des Wirtschaftsbereichs die Meinung etabliert, dass mit wirtschaftswissenschaftlich ausgerichteten Qualitätsmanagementmodellen eine Modernisierung der Organisation realisiert werden kann, die auch Marktvorteile verspricht (vgl. auch Galiläer 2005). Ende der 1990er Jahre/ Anfang 2000 führt die Disziplin dementsprechend die Spezifität der Weiterbildung ins Feld: Beispiele hierfür sind die unter wissenschaftlicher Begleitung des DIE erfolgte Adaption des EFQM-Modells (Heinold-Krug/Griep/Klenk, o.J.), das Qualitätsentwicklungssystem (QES) (vgl. Wiesner/Knoll et al. 2004), das von der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft unterstützte QVB (Qualitätsentwicklung im Verbund von Bildungseinrichtungen) (Länge/Schmidt 2004) oder das in der vorliegenden Arbeit zur Rede stehende und im Nachfolgenden ausführlich zu behandelnde Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung (Zech 2005). Mit diesen Ansätzen wird teilweise implizit, teilweise explizit die Erwartung aufgespannt, eine Dominanz der Organisation überwinden und den Kern pädagogischen Tuns stärker in den Mittelpunkt rücken zu können – oder in der Sprache Harneys eine organisationale und eine pädagogische Handlungslogik bedienen zu können. Semantisch am deutlichsten tritt dies bei dem Modell der „Lernerorientierten Qualitätstestierung“ hervor. Das Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung stellt auf die Weiterbildung ab und zielt mit einer Verbindung von fremd- und selbstevaluativen Anteilen auf eine Testierung. Es basiert auf Ideen, die im Kontext des Landesverbandes der Volkshochschulen Niedersachsen, Vertretern aus Wissenschaft und Praxis der Weiterbildung und dem ArtSet Institut entwickelt worden sind (vgl. Heinen-Tenrich 2004). Im Zusammenhang eines zweijährigen BLK-Pilotprojektes im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung von 2000 bis 2002 wurden die Überlegungen zu der Lernerorientierten Qualitätstestierung 35
Teil B
in der Weiterbildung gebündelt (Ehses/Heinen-Tenrich/Zech 2002) und auf ihre Handhabbarkeit in der Praxis hin geprüft. Zum Abschluss des vom ArtSet Institut (Institut für kritische Sozialforschung in Hannover) durchgeführten Projektes im September 2002 waren 80 Einrichtungen zur Testierung angemeldet. Es waren „Volkshochschulen, Heimvolkshochschulen, Landeseinrichtungen wie die Evangelische Erwachsenenbildung, die Bildungsvereinigung Arbeit und Leben, freie Träger wie der VNB Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen, Zivildienstschulen und schließlich auch Berufsbildungswerke. Der Schwerpunkt des Modellversuchs liegt in Niedersachsen, es haben sich aber auch schon während der Pilotphase Einrichtungen aus Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein angemeldet“ (vgl. Ehses/Zech 2002: 23).
Über die durch die Weiterbildungspraxis vorangetragene, die Landesgrenzen Niedersachsens überwindende Verbreitung hinaus findet das Modell Interesse bei Vertretern der Politik. Vor diesem Hintergrund wurde das Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung im Rahmen einer Prüfphase – die gewissermaßen als Vorphase des in dieser Arbeit zu Rede stehenden Projektes gesehen werden kann – systematisch weiterentwickelt. Im Zusammenhang dieser Prüfphase wurden die Erfahrungen aus dem niedersächsischen Pilotprojekt aufgegriffen. Zudem erschien es wichtig, den Anschluss an die internationalen Modelle – ISO und EFQM – zu gewährleisten. Deshalb wurden diese systematisch analysiert und dahin gehend befragt, welche Aspekte aus diesen Modellen in LQW aufgegriffen werden sollten und wo eine Abgrenzung erforderlich ist. Zudem wurden die Landesgesetze und einzelne in den Ländern entwickelte Modelle ausgewertet. Nach einer knapp einjährigen von dem ArtSet Institut und dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) durchgeführten Überarbeitung wurde Mitte 2003 die überarbeitete Fassung, LQW 2, verabschiedet. Auf diese Fassung beziehen sich die nachfolgenden Darstellungen zu dem Modell. Ausgangspunkt der Überlegungen zu dem Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung war es, bestehenden Verfahren (DIN EN ISO 9000 ff., EFQM etc.) kein weiteres hinzuzufügen, sondern „vorhandene Entwürfe und Strategien zu einem einheitlichen und transparenten System zu bündeln, zu verdichten und weiterzuentwickeln“ (Ehses/Heinen-Tenrich/Zech 2001: 8). Dabei sollte ein erwachsenenpädagogisch fundiertes Qualitätsentwicklungsmodell hervorgehen, das „die Besonderheiten des Bildungsprozesses, der wesentlich vom Lernenden selbst abhängt, adäquat berücksichtigt“ (Ehses/Heinen-Tenrich/ Zech 2001: 8) und das auf unterschiedlichste Einrichtungen der Weiterbildung anwendbar sein soll: kleine und große Einrichtungen genauso wie Einrichtun36
Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages
gen, die sich aus unterschiedlichen Steuerungskontexten (vgl. Kap. C 3.3) rekrutieren (vgl. ArtSet: http://www.artset-lqw.de/html/verfahren.html: 11.02.2010). Die Autoren verankern in dem Modell ein Lernverständnis (das auch als solches in dem Modellhandbuch ausgewiesen ist), das an die konstruktivistische Debatte um selbstgesteuertes Lernen anschließt. Lernen wird einerseits als eine Eigentätigkeit der Lernenden verstanden (vgl. Zech 2005). Andererseits wird davon ausgegangen, dass durch eine Bereitstellung von Kontextfaktoren Einfluss auf den Lernprozess genommen werden kann (vgl. Zech 2005: 16ff.). Vor dem Hintergrund der dem Modell unterlegten, mit dem aktuellen Leitdiskurs zur Gestaltung von Lernprozessen (vgl. Siebert 2009) kompatiblen Lernphilosophie setzt das Modell die Idee „gelungenen Lernens“ (vgl. dazu Ehses/Zech 2001: 17) zentral. „Um (...) alle Ermöglichungs- und Befähigungsfaktoren für Lernprozesse optimal bereitzustellen und auszugestalten“ (Ehses/ Heinen-Tenrich/Zech 2001: 13), benötige eine Organisation eine Vorstellung gelungener Lernprozesse. Deshalb steht am Anfang des Qualitätsentwicklungsprozesses eine Definition gelungenen Lernens. Sie leitet als regulierende Idee das Qualitätsverfahren an, indem alle qualitätssichernden Maßnahmen, die in den einzelnen Bereichen durch die Einrichtung vollzogen werden, damit begründet und in einen Zusammenhang gestellt werden müssen (vgl. Zech 2005). Mit der Differenzierung in elf Qualitätsbereiche – Leitbild und Definition gelungenen Lernens, Bedarfserschließung, Evaluation, Schlüsselprozesse, LehrLernprozesse, Infrastruktur, Personal, Führung, Controlling, Kundenkommunikation und strategische Entwicklungsziele – werden zentrale, qualitätsrelevante Aspekte einer Bildungseinrichtung in dem Modell integriert. Für jeden der elf Qualitätsbereiche gibt es eine Definition, in der festgelegt ist, worauf der jeweilige Bereich fokussiert. Diese knappe Definition wird über eine Auflistung einzelner Komponenten spezifiziert. Zudem werden die in dem jeweiligen Bereich zu erfüllenden Anforderungen genannt und Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Organisation ihre Qualitätsbemühungen in den einzelnen Bereichen nachweisen kann. Bei der konkreten Ausgestaltung der offen formulierten Anforderungen bleibt den Einrichtungen sehr viel Spielraum. Exemplarisch sei die Gestaltung an dem Bereich Bedarfserschließung vorgestellt:
37
Teil B
„Definition: Bedarfserschließung meint die Anwendung geeigneter Instrumente zu systematischen Marktbeobachtungen hinsichtlich der Entwicklung der gesellschaftlichen Bedarfe und der individuellen Bildungsbedürfnisse der Adressaten. Die darauf bezogenen Programmentwicklungen müssen diese Bedarfe und Bedürfnisse zum eigenen institutionellen Auftrag in Beziehung setzen. Spezifikationen
Anforderungen
Nachweismöglichkeiten
Informationen über personale Bedürfnisse Informationen über gesellschaftliche Entwicklungstrends Informationen über Bedarfe von Kundenorganisationen Bedarfs- und Bedürfnisweckung durch Marktgestaltung Innovative Programmentwicklung als Folge der Marktbeobachtung
Analysen erfolgen regelmäßig. Geeignete Verfahren werden eingesetzt. Eine Begründung über Analyserhythmus, Umfang und Verfahren liegt vor. Eine Begründung der Qualitätsmaßnahmen in Bezug auf das Leitbild und die Definition gelungenen Lernens liegt vor.
Berichte Auswertungen Dokumentationen Recherchen etc.“
Quelle: Zech 2005: 27
Der Spielraum, den die Einrichtungen bei der Umsetzung des LQW-Modells haben, speist sich daraus, dass die Einrichtungen nicht festgelegt werden, wie etwas zu tun ist – im Sinne der Realisierung einer in dem Modell vorgegebenen best practices. Die Einrichtungen werden lediglich festgelegt, Aussagen zu den Spezifikationen zu machen und systematisch zu begründen, warum etwas wie getan wird. Die Umsetzungsform der jeweiligen Anforderungen bleibt den Einrichtungen anheimgestellt. „Es wurde versucht, formale Standards zu formulieren, ohne die Einrichtungen auf eine bestimmte inhaltliche Ausgestaltung festzulegen. (…) Es wird also ein verbindlicher Rahmen geschaffen, innerhalb dessen aber einrichtungsspezifische Justierungen und Ausgestaltungen erforderlich sind und entsprechende, inhaltlich selbst entwickelte Qualitätsleistungen erbracht und nachgewiesen werden müssen“ (Zech 2005: 25).
Die Herausforderung für die Einrichtungen bei der Umsetzung von LQW besteht darin, das über das Modell vorgegebene Gerüst inhaltlich zu füllen und die eigene Praxis systematisch und selbsterklärend zu begründen. Verdeutlichen lässt sich dies exemplarisch an den Anforderungen im Bereich Bedarfserschließung zu den Aspekten „Analysen erfolgen regelmäßig“ oder „Geeignete Verfahren werden eingesetzt“: Festgelegt wird hier, dass Analysen erfolgen und Verfahren 38
Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages
eingesetzt werden müssen. Den Analyserhythmus genauso auch die zum Einsatz kommenden Instrumente setzt die Einrichtung fest. Beides muss mit Blick auf die von der Einrichtung verabschiedete Definition gelungenen Lernens selbsterklärend begründet werden. Die Herausforderung von LQW besteht weniger in der Erfüllung konkreter Anforderungen als vielmehr in der plausiblen Darlegung der in der Organisation verfolgten Praktiken (vgl. hierzu Zech 2005: 25).9 Ist das, was Qualität ist, nicht standardisiert, ist der Qualitätsentwicklungsprozess in der Abfolge einzelner Schritte standardisiert: Er startet mit einem Einführungsworkshop. Dieser wird von einem für das LQW-Verfahren ausgebildeten Gutachter/Berater (vgl. hierzu Ehses 2005; vgl. Kap. C 3.3) durchgeführt. Ziel des Einführungsworkshops ist es, die Einrichtungen mit der Logik des Modells vertraut zu machen.10 Er markiert sozusagen den Beginn des Qualitätsentwicklungsprozesses nach LQW: Ab diesem Zeitpunkt haben die Einrichtungen Zeit, um die Umsetzung von LQW in ihrer Einrichtung zu realisieren. Idealerweise wird der Qualitätsentwicklungsprozess in den Einrichtungen mit einer internen Evaluation, an deren Anfang eine Leitbildentwicklung und eine Definition gelungenen Lernens stehen, fortgesetzt. Anschließend sind die Qualitätsbereiche zu reflektieren und gegebenenfalls optimierende Maßnahmen einzuleiten. Hierbei ist es den Einrichtungen überlassen, die Eigenheiten und speziellen Bedarfe in den Prozess und die Umsetzung der einzelnen Bereiche einzutragen, solange sich diese plausibel mit der Definition gelungenen Lernens begründen. Einrichtungsspezifische Aspekte können darüber hinaus durch einen optionalen Qualitätsbereich integriert werden. Durch ihn können die Einrichtungen den Qualitätsentwicklungsprozess um für sie zentrale Aspekte erweitern. Mit dieser in dem Modell angelegten Offenheit und der Ergänzungsmöglichkeit soll LQW für unterschiedliche Einrichtungstypen praktikabel und anschlussfähig sein. Wie die Anforderungen erfüllt werden, wird in einem Selbstreport entlang der Qualitätsbereiche dokumentiert. Dabei ist es erforderlich, dass bei der Bearbeitung der einzelnen Qualitätsbereiche und der Dokumentation derselben ein Bezug zu der Definition gelungenen Lernens und dem Leitbild hergestellt wird. 9
Zum Vergleich zwischen Einrichtungen hinsichtlich der Einhaltung konkreter Standards oder gar einer Rangbildung unter den Einrichtungen im Sinne der Etablierung von Benchmarks eignet sich das Modell in der aktuellen Form nicht – gleichwohl derartige Zuschreibungen an das Modell zumindest in einer Frühphase anzutreffen gewesen sind. Es ist vielmehr so, dass die Einrichtungen an den selbst gesetzten Zielen gemessen werden (vgl. Hartz/Meisel 2006). 10 Zunächst war angedacht, den Einführungsworkshop zu standardisieren. Dazu wurde auch ein Foliensatz durch die Testierungsstelle bereitgestellt, anhand dessen in die Prämissen von LQW eingewiesen werden sollte. Es zeigte sich aber zunehmend, dass Einrichtungen bereits über Erfahrungen verfügten. Deshalb wurde von dieser starren Praxis abgesehen und den Gutachtern/ Beratern eine Rückkoppelung mit den Einrichtungen empfohlen. Auf diese Weise sollte die Auftaktveranstaltung mit den Bedarfen in den Einrichtungen abgestimmt werden.
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Teil B
Zusätzlich zu dem Selbstreport wird ein Ordner angelegt, in dem die Nachweise der Qualitätsbemühungen der Organisation gesammelt werden. Dieser Ordner verbleibt bei der Organisation und ist im Rahmen der Visitation bereitzuhalten. Der Selbstreport ist bei der Testierungsstelle einzureichen. Die Testierungsstelle ihrerseits leitet den Selbstreport an zwei unabhängige Gutachter weiter. Unabhängig bedeutet, dass die Gutachter keinen Beratervertrag bei der zu begutachtenden Organisation haben und dass sie selbst in der eigenen Organisation nicht mit der Implementierung von LQW beschäftigt sind. Beide Gutachter betrachten den Selbstreport zunächst, ohne sich miteinander auszutauschen, sodass zwei Perspektiven auf den Selbstreport vorliegen. Der Erstgutachter formuliert das Gutachten, das dann mit dem Zweitgutachter abgestimmt werden muss. Da es von beiden unterzeichnet wird, muss es auch von beiden Akzeptanz finden. In dem Gutachten wird die Einhaltung der in dem Modell vorgegebenen Anforderungen bewertet. Sind einzelne Anforderungen nicht erfüllt, werden durch die Gutachter Auflagen formuliert, die von der Einrichtung bis zu dem Zeitpunkt der Visitation abgearbeitet werden müssen. In zeitlichem Abstand zu der Rückmeldung des Gutachtens an die Einrichtung findet die Vor-Ort-Visitation statt. Im Rahmen der Vor-Ort-Visitation hat der Erstgutachter die Möglichkeit, Einblick in den von der Organisation erstellten Nachweisordner zu nehmen und die Erfüllung der in dem Gutachten formulierten Auflagen zu prüfen. Die Visitation wird durch ein Protokoll dokumentiert. Gutachten und Visitationsprotokoll bilden die Grundlage für den Abschlussworkshop. Im Rahmen dessen werden die Ergebnisse der Begutachtung rückgespiegelt und Entwicklungsziele bestimmt, die den Ausgangspunkt für die weitere Qualitätsentwicklung in der Organisation darstellen und im Rahmen der Retestierung in die Bewertung miteinfließen (vgl. Zech 2005; vgl. Ehses/ Heinen-Tenrich/Zech 2001; vgl. auch Erhart 2006). Zum Abschluss des Qualitätsentwicklungsprozesses nach LQW wird der Einrichtung eine Keramikfliese überreicht. Diese Keramikfliese symbolisiert, Bestandteil einer Gemeinschaft und zugleich eigenständig zu sein: Sie ist ein Mosaikstein in einem Netzwerkbild, in dem alle testierten Einrichtungen mit einer Fliese repräsentiert sind, und stellt zugleich für sich genommen ein Kunstwerk dar (vgl. Zech 2005). Der sich hierin ausdrückende Gedanke der Vergemeinschaftung – oder der „Community-Bildung“, wie Forneck/Wrana (2005: 174) es formulieren – ist zentral für die Implementierung von LQW. So initiiert die Testierungsstelle regelmäßig Netzwerkkonferenzen, verschickt kontinuierlich an alle interessierten Einrichtungen Rundbriefe (LQW-Infodienst) oder richtet eine Mailingliste ein, durch die Einrichtungen „im Auge der Testierungsstelle“ untereinander Kontakt aufnehmen können. Die Praktiken der Vernetzung und das kontinuierliche „sich in Erinnerung Rufen“ sollen die Entwicklung 40
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einer „gemeinsamen Qualitätskultur in der Branche“ fördern (Zech/Braucks 2004: 16; vgl. Kap. C 3.3). Um Kontinuität – und gewissermaßen auch eine nach außen getragene Loyalität – geht es auch bei der Anforderung der Retestierung. Wie oben bereits angedeutet müssen sich die Einrichtungen auf der Grundlage der von ihr festgelegten strategischen Entwicklungsziele nach vier Jahren einer Retestierung unterziehen, sonst verfällt das Testat. Der Abschlussworkshop mit der Verabschiedung der strategischen Entwicklungsziele markiert also in dem auf Entwicklung abstellenden Verfahren Ende und Anfang zugleich. Das Modell verbindet mit den beiden Testierungsbestandteilen Selbstreport und externe Begutachtung die Aspekte Selbst- und Fremdevaluation. Es nimmt seinen Ausgangspunkt im Lernprozess und möchte die Einrichtungen zu einer dauerhaften Qualitätsentwicklung unter der Perspektive gelungenen Lernens führen (vgl. auch Ehses/Zech 2001). Damit geht das Modell über die bei ISO und EFQM beobachtbare reine Organisationsorientierung hinaus. Ohne dass die Einrichtung eine Vorstellung gelungenen Lernens entwickelt und diese in die einzelnen Qualitätsbereiche integriert, kann das Testierungsverfahren eigentlich nicht erfolgreich durchlaufen werden (vgl. Zech 2005, vgl. dazu auch Kap. E 2.2). Die Einrichtungen sind demnach gezwungen, organisatorische Aspekte und Verfahrensweisen mit der von ihnen entwickelten Vorstellung gelungenen Lernens zu verbinden. Eine rein organisationsbezogene Qualitätsentwicklung um transparenter Verfahren Willen soll damit ausgeschlossen werden. Gefordert wird eine Qualitätsentwicklung, die sich aus der Unterstützungsleistung für den Lernprozess heraus legitimiert und gerade auch das Kerngeschäft von Weiterbildungseinrichtungen mit in den Blick nimmt (vgl. Zech et al. 2006: 19). Außer dieser grundsätzlichen Anforderung, die unterschiedlichen Qualitätsbereiche unter der Perspektive gelungenen Lernens zu reflektieren, stellen insbesondere die Qualitätsbereiche Bedarfserschließung, Lehr-Lernprozess und Evaluation auf die Spezifika von Weiterbildungseinrichtungen ab. Eine entsprechende Umsetzung dieser Qualitätsbereiche ermögliche es den Einrichtungen, hierüber den Anschluss der Qualitätsentwicklung an das professionelle Handeln in Weiterbildungseinrichtungen auch auf mikrodidaktischer Ebene zu realisieren (Zech et al. 2006: 19).
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Teil B
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Das Projekt und der Evaluationsauftrag
Die Implementierung von LQW 211 in das System der Weiterbildung liegt auf einer Linie mit dem beschriebenen Mechanismus der Mobilisierung der Selbststeuerungsfähigkeit durch Kontextsteuerung (vgl. Kap. B 2.1). Dabei lassen sich – bilanziert man die bisherigen Ausführungen – auf politischer, disziplininterner und Praxisebene die folgenden, den Entstehungszusammenhang des Projektes befördernden Konstellationen noch einmal schlagwortartig festhalten: 1. Auf der bildungspolitischen Bühne haben sich die Debatten um Qualität intensiviert. Forciert durch die Entwicklungen um SGB III wird Qualitätsmanagement als Steuerungsmedium profiliert. Die Wirksamkeit als Steuerungsmedium allerdings setzt voraus, dass sich die Debatte nicht zu sehr zerfasert. Insofern ist die politische Maßgabe an der Förderung von Gemeinsamkeiten orientiert (vgl. KAW 2002; Pahl 2002). 2. In der Disziplin haben sich Diskurse um Qualitätsmanagement entsponnen, die an die aus dem wirtschaftlichen Sektor stammenden Managementmodelle anschließen und zugleich die Besonderheiten von Weiterbildungseinrichtungen zunehmend reklamieren. Ziel ist es, die Organisationsorientierung mit Blick auf die Ebene der Interaktion zumindest zu ergänzen. 3. Die Weiterbildungspraxis hat sich vor dem Hintergrund der Durchdringung derselben mit Marktmechanismen trotz Frustrationserlebnissen und anfänglicher Abwehrhaltung zunehmend gegenüber Fragen des Qualitätsmanagements geöffnet. Ob Zwang oder Beharrungskraft – diese Entwicklung hat dazu geführt, dass zertifizierungsfähige Qualitätsmanagementsysteme von den Einrichtungen der Weiterbildung nachgefragt werden. Aus diesem Konglomerat an Entwicklungen ist das Bund-Länder-Verbundprojekt „Qualitätstestierung in der Weiterbildung“ entstanden. Ziel desselben ist es, LQW bundesweit in Einrichtungen der Weiterbildung einzuführen. Das Qualitätsmanagementmodell LQW kann als ein Versuch gedeutet werden, unterschiedliche Qualitätskomponenten miteinander zu verknüpfen (vgl. Ehses/ Heinen-Tenrich/Zech 2001: 8). Wenngleich sich unter einer systematischen Perspektive darüber streiten lässt, inwieweit dieser Anspruch eingelöst worden ist, greift LQW zentrale Impulse des Diskurses um Qualitätsmanagement auf und präzisiert die Qualitätsdebatte unter weiterbildungsspezifischen Gesichtspunkten. Darüber hinaus stellt LQW auf eine Testierung ab und verbin11 Im vorliegenden Forschungszusammenhang handelt es sich um die Implementierung der Modellversion 2. Da es vorrangig um die hinter LQW stehende Idee geht, wird im Folgenden darauf verzichtet, den Verweis auf die Modellversion immer mitzuführen, und der Einfachheit halber von LQW gesprochen.
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Die Qualitätsdebatte: Entstehungszusammenhang des Evaluationsauftrages
det Selbst- und Fremdevaluation. Das Modell ist ausdrücklich so konstruiert, dass es einen verbindlichen Rahmen vorgibt und zugleich eine bedarfsgerechte Umsetzung ermöglicht. Dadurch soll LQW für unterschiedlichste Typen von Weiterbildungseinrichtungen praktikabel sein. Zuletzt ist LQW nicht gänzlich ohne empirischen Gehalt. Die Einführung desselben in Einrichtungen der Weiterbildung in Niedersachsen im Rahmen des Pilotprojektes hat nicht nur zu einer Modelloptimierung beigetragen, sondern darüber hinaus Wissen produziert, das zentral für eine erfahrungsgeleitete, operative Umsetzung und Implementierung eines testierungsfähigen Systems ist (beispielsweise liegen Kenntnisse zum Ablauf einer Testierung vor). Damit erfüllt LQW wesentliche Kriterien des in der Weiterbildungspraxis und -politik geführten Diskurses (vgl. Kap. B 2.1). Die Entscheidung, LQW in das System der Weiterbildung einzuführen und die Implementierung von LQW als Bund-Länder-Verbundprojekt zu platzieren, wird von allen Bundesländern mitgetragen. Zwar haben nicht alle Bundesländer das Projekt in gleicher Intensität unterstützt, dennoch ist zu betonen, dass sich keines der Bundesländer gegen das Projekt ausgesprochen hat. D. h.: Die Weiterbildungspolitik positioniert sich trotz der Kulturhoheit der Länder mit der Förderung des Projektes konsensual für ein Modell. Dies setzt entsprechende, als eine Form der Kontextsteuerung deutbare Signale im System der Weiterbildung, ohne dass der Staat modellbezogen schöpferisch tätig geworden wäre. In Bezug auf das Qualitätsmanagementmodell LQW ist er in katalysierender Funktion, indem er mit dem Beschluss der Projektförderung dem Modell Wert zuschreibt und damit den Diskurs in der Weiterbildung in Gang hält. Im Juni 2003 startete die erste Durchführungsphase zur bundesweiten Einführung von LQW in Einrichtungen der Weiterbildung. Diese erste Phase wird gemeinsam von ArtSet und DIE durchgeführt. Das ArtSet Institut ist in der Funktion der Testierungsstelle. Das DIE verantwortet im Wesentlichen den Aufbau von Supportstrukturen, die Einrichtung von regionalen Unterstützungsstellen und die Gutachterausbildung. Letzteres liegt auf einer Linie mit den Vernetzungsarbeiten der Testierungsstelle und dient der Entwicklung einer neuen Expertenkultur. Im Sommer 2005 wurde die zweite Durchführungsphase verabschiedet. Diese wird vorrangig durch das DIE bestritten. Nachdem in der ersten Durchführungsphase sichtbar wurde, dass in den Einrichtungen ein erheblicher Qualifizierungsbedarf besteht, fokussiert die zweite Durchführungsphase stärker die Professionalisierung der Weiterbildungspraxis und bietet Qualifizierungsangebote an.
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Teil B
Begleitend zu der Implementierung von LQW 2 wurde eine Evaluation des Vorhabens in Auftrag gegeben.12 Die Aufgabe der Systemevaluation übertrug das DIE zu weiten Teilen der Universität Tübingen. Evaluationsauftrag ist es, Akzeptanz und Wirkungen, die sich aus der Implementierung von LQW in das System Weiterbildung ergeben, zu analysieren und steuerungsrelevantes Wissen zur Implementierung von LQW 2 bereitzustellen. Der Evaluationsauftrag, die Implementierung von LQW 2 in das System der Weiterbildung hinsichtlich Akzeptanz und Wirkungen zu beurteilen, ist vage und kaum präzise gefasst. Das nachfolgende Kapitel beschäftigt sich deshalb mit der Konstitution des Untersuchungsgegenstandes vor dem Hintergrund der für Evaluationen geltenden Prämissen und reformuliert den Untersuchungsgegenstand unter einer theoretischen Perspektive.
12 Vgl. zu dem zunehmenden Interesse an Evaluationen staatlicher Programme Wollmann/Hellstern 1977.
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Teil C: Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages
Im Folgenden geht es um eine Operationalisierung des Evaluationsauftrages und die Konstitution des Forschungsgegenstandes. Der Evaluationsauftrag, die Implementierung von LQW 2 in das System der Weiterbildung hinsichtlich Akzeptanz und Wirkungen zu beurteilen, ist – wie bereits angedeutet – vage und kaum präzise gefasst. Es ist weder geklärt, welches die Kriterien sind, anhand derer sich das Ausmaß der Akzeptanz bemisst, noch ist definiert, welche konkreten Wirkungen durch die Implementierung von LQW in das System der Weiterbildung erwartet werden. Genauso diffus bleibt der Begriff „System der Weiterbildung“. Die Anbindung an eine in sich geschlossene, anhand operationalisierter Hypothesen überprüfbare Theorie stellt sich vor dem Hintergrund des Forschungsstandes als schwierig dar: Weder gibt es vergleichbare Interventionen in das System der Weiterbildung, an deren Ergebnisse angeschlossen werden könnte, noch gibt es in Theorien geronnene Erfahrungen, über die das Themenfeld systematisiert ist. D. h.: Empirisch geprüfte Theorien, aus denen punktgenaue theoretisch fundierte Fragestellungen oder Hypothesen über die Akzeptanz und Wirkungen der Implementierung von LQW in das System der Weiterbildung entwickelt werden könnten, liegen nicht vor. Damit stellt die vorliegende Evaluation keine Ausnahme dar: Renate Mayntz macht darauf aufmerksam, „daß nur im Ausnahmefall ein Programm zu Beginn des Implementationsprozesses als konkrete, faßbare Einheit vorliegt“ (Mayntz 1980a: 4), aus der konkrete Fragen ableitbar wären. Im vorliegenden Fall liefern lediglich der Diskurs um Qualitätsmanagement in der Weiterbildung (vgl. Kap. B 2), das Modell LQW (vgl. Kap. B 2.3) und die Projektanlage (vgl. Kap. B 3.) dem Evaluationsgegenstand inhärente Anhaltspunkte. Über sie spannen sich bestimmte Erwartungen auf. Die darüber hinausgehenden, nachfolgend geleisteten Anschlüsse und Operationalisierungen dagegen sind dem Evaluationsgegenstand nicht inhärent. Sie sind vielmehr das „Konstrukt des Forschers“, „das er an das Programm heranträgt, um sein Evaluationsdesign wissenschaftlich und methodologisch begründet entwickeln zu können“ (Kromrey 2001: 124)
45 Stefanie Hartz, Qualität in Organisationen der Weiterbildung, DOI 10.1007/ 978-3-531-93115-9_3, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Teil C
und „die notwendigen Präzisierungen vorzunehmen“ (Kromrey 2000: 37; vgl. Mayntz 1980a: 4). Wie Kromrey (2006) festhält, impliziert „jedes Forschungsvorhaben (…) vom Beginn bis zum Abschluß eine Fülle von Entscheidungen über den Umgang mit anfallenden Problemen (Eingrenzung des Themas, Wahl der Instrumente, Auswahl der Untersuchungsobjekte, Anwendung statistischer Verfahren usw.)“ (Kromrey 2006: 76). Zur Konstitution des Forschungsgegenstandes und zur Operationalisierung desselben sind in einem ersten Schritt Entscheidungen über die Theorie bzw. die zur Anwendung kommenden Begriffe (denn die Theorieentscheidung macht überhaupt erst sichtbar, was in den Blick kommt), die Forschungsfrage und die Methode, mit der der Gegenstand beobachtet werden soll, zu treffen. Diese drei den Forschungsgegenstand konstituierenden Bereiche stehen nicht in einem hierarchischen, wohl aber in einem interdependenten Verhältnis zueinander. In allen drei Bereichen werden in Abhängigkeit vom Erkenntnisinteresse forschungsleitende Entscheidungen getroffen, die mit den Entscheidungen der jeweils anderen Bereiche verbunden sind. Dabei muss man in Rechnung stellen, dass sich Evaluationsforschung von Grundlagenforschung in wesentlichen Punkten unterscheidet, da sie sich im Spannungsfeld von Wissenschaft und Praxis bewegt. Diese Oszillation trägt sich in die Konstitution des Forschungsgegenstandes ein. Deshalb werden im Folgenden zunächst die Besonderheiten der Evaluationsforschung dargestellt (Kap. C 1). Vor diesem sehr allgemeinen Hintergrund werden dann sukzessive der Evaluationsauftrag und -gegenstand aufgebrochen. Dazu wird – quasi im Rahmen einer ersten Annäherung – der Evaluationsauftrag erkenntnisinteressengeleitet präzisiert und die Theoriewahl begründet (Kap. C 2). Dies bildet die Basis, um den Evaluationsauftrag theoretisch zu reformulieren (Kap. C 3) und konkrete Forschungsfragen (Kap. C 4) zu entwickeln.
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Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages
1
Besonderheiten der Evaluationsforschung im Spannungsfeld von Praxis und Wissenschaft
1.1
Die Besonderheiten der Evaluationsforschung
Da die vorliegende Arbeit im Kontext des skizzierten Evaluationsauftrages firmiert, kann sie als Evaluationsforschung klassifiziert werden. Wie in Kap. B 3 angedeutet besteht der Auftrag darin, eine Akzeptanz- und Wirkungsanalyse der Implementierung von LQW in das System der Weiterbildung durchzuführen. Aufgabe ist es, den Auftraggebern steuerungsrelevantes Wissen zu liefern. Eine wissenschaftliche Arbeit im Kontext eines Evaluationsauftrages zu erstellen, bedeutet, dass unterschiedlichen Referenzsystemen Rechnung getragen werden muss: einerseits dem Wissenschaftssystem, vor dem die Untersuchung als wissenschaftliche Untersuchung um Anerkennung wirbt, andererseits der Praxis, der sie das im Rahmen ihrer Untersuchung generierte Wissen zur Steuerung der weiteren Projektgestaltung zur Verfügung zu stellen hat. Insofern muss eine Balance zwischen Wissenschaftlichkeit und praktischem Nutzen respektive der Logik des Wissenschaftssystems und derjenigen der Praxis gefunden werden. Die Synchronisierung beider Anforderungsstrukturen begleitet und beeinflusst den Forschungsprozess, da immer wieder Entscheidungen zu treffen sind, bei denen beide Interessenlagen aufeinander bezogen werden müssen. Evaluationsforschung wird hier im Anschluss an Bortz/Döring als „eine Anwendungsvariante wissenschaftlicher Forschungsmethoden auf eine spezielle Gruppe von Fragestellungen“ (Bortz/Döring 2005: 101) verstanden. Sie ist die „systematische Anwendung sozialwissenschaftlicher Forschungsmethoden zur Beurteilung der Konzeption, Ausgestaltung, Umsetzung und des Nutzens sozialer Interventionsprogramme“ (Rossi/Freeman/Hofmann 1988: 3, Herv. i. O.; vgl. auch Wottawa/Thierau 1998). Evaluationsforschung bezieht sich auf die gleiche Methodologie und die gleichen Methoden wissenschaftlicher Datenerhebung und -auswertung wie die Grundlagenforschung. Sie basiert darüber hinaus auf einem sehr ähnlichen Ablauf: Der Konstitution des Forschungsgegenstandes und Konzeptualisierung des Untersuchungsdesigns folgen die Phasen der Datenerhebung und der Datenauswertung (Kromrey 2006; Bortz/Döring 2005; Wottawa/Thierau 1998; Westermann 2002). Trotz dieser Gemeinsamkeiten unterscheidet sich Evaluationsforschung in wesentlichen Punkten von Grundlagenforschung. Denn gerade die oben angesprochenen unterschiedlichen Referenzsysteme, denen Rechnung getragen werden muss, erfordern es, bei der Gestaltung des Forschungsprozesses und den in diesem Zusammenhang zu treffenden Entscheidungen noch andere Parameter als die der reinen Erkenntnisgenerierung – wie sie bei der Grundlagenforschung zur Geltung kommen – zu be47
Teil C
rücksichtigen (vgl. Vedung 2000). Dies hat Auswirkungen auf den Grad, in dem die Gütekriterien empirischer Forschung erfüllt werden können: „Unterschiede in der Aufgabenstellung und in den Bedingungen der Projektdurchführung“ führen, so Kromrey, dazu, „dass die methodologischen Prinzipien nicht in gleichem Maße realisiert werden können“ (Kromrey 2006: 19). Eine Untersuchung im Kontext der Grundlagenforschung beginnt mit einer theoretisch begründeten, punktgenauen Fragestellung. Das Thema wird wissenschaftsimmanent entwickelt, indem theoriegeleitet Forschungsdesiderate formuliert werden. Ziel der Forschung ist es, die ausgewiesene Wissenslücke durch die entsprechende Untersuchung systematisch zu schließen. Bei Evaluationsforschung dominiert – wie in dem vorliegenden Fall auch – in der Regel eine andere Ausgangslage. Nicht die theoretisch begründete Fragestellung ist Ausgangspunkt der Forschungsarbeit, sondern eine Intervention in die Praxis, deren Wirksamkeit untersucht werden soll (vgl. Kromrey 2006; Moosbrugger/ Schweizer 2002). Im konkreten Fall ist die Intervention die Implementierung von LQW 2 in das System der Weiterbildung. Diese gilt es, hinsichtlich der Akzeptanz und Wirkungen zu beurteilen. Der so formulierte Evaluationsauftrag ist vage und kaum präzise gefasst – eine für Evaluationsprojekte durchaus typische Ausgangslage (Deutsche Gesellschaft für Evaluation (DeGEval) 2004). Zunächst ist weder geklärt, welches die Kriterien sind, anhand derer sich das Ausmaß der Akzeptanz bemisst, noch ist definiert, welche konkreten Wirkungen durch die Implementierung von LQW in das System der Weiterbildung erwartet werden.1 Genauso diffus bleibt der Begriff „System der Weiterbildung“. Die Anbindung an Theorie stellt sich in dem vorliegenden Fall insgesamt als schwierig dar, da es bisher keine vergleichbaren Interventionen in das System der Weiterbildung gibt. Empirisch geprüfte und in Theorien geronnene Erfahrungen, aus denen punktgenaue theoretisch fundierte Fragestellungen abgeleitet oder gar Hypothesen entwickelt werden könnten, liegen nicht vor. Insofern – und auch in diesem Punkt hat man es mit einem typischen Phänomen von Evaluationen zu tun (Wollmann/Hellstern 1977; Wollmann 2000; Moosbrugger/ Schweizer 2002) – ist der Evaluationsgegenstand ein theoretisch wenig durchdrungener, komplexer Untersuchungszusammenhang. Dies setzt den qua Auftrag geforderten Wirkaussagen Grenzen. Der unpräzise Evaluationsauftrag, die begrenzte theoretische Anbindbarkeit aufgrund fehlender vergleichbarer Untersuchungen sowie der Komplexitätsgrad des Untersuchungsgegenstandes erfordern eine Präzisierung des Auftrages mit einer entsprechenden Operationalisierung des Gegenstandes. Hierbei ist eine 1
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Wollmann/Hellstern weisen darauf hin, dass bei staatlichen Interventionen oft vage, ambivalente und z. T. auch verdeckte Ziele verfolgt werden, sodass die Festlegung von Wirkindikatoren sehr schwierig ist (vgl. Wollmann/Hellstern 1977: 425).
Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages
Balance zwischen der oben angesprochenen doppelten Anforderungsstruktur – den wissenschaftlichen Anforderungen und den Anforderungen der Anwendungspraxis – zu finden und eine Abstimmung mit dem Auftraggeber erforderlich. Im günstigen Fall beschränken sich diese Abstimmungsprozesse auf eine Abstimmung zwischen einem Auftraggeber und einem Auftragnehmer. Im eher weniger günstigen Fall sind verschiedene Auftraggeber mit unterschiedlichen, z. T. diffusen Interessenlagen und Erwartungen an dem Abstimmungsprozess beteiligt (vgl. auch Widmer 2000). In den Evaluationen eigenen Konstellationen – in denen auch aber nicht ausschließlich Forschung stattfindet – können die Anforderungen des zu untersuchenden Praxisfeldes (beispielsweise aus ethischen Gesichtspunkten), die Forderungen und Erwartungen der Auftraggeber sowie nicht zuletzt die durch sie bereitgestellten Ressourcen Vorrang gegenüber den Ansprüchen der Wissenschaftlichkeit einnehmen. Es müssen Kompromisse zwischen wissenschaftlichen Erfordernissen einerseits und den Bedingungen des Praxisfeldes mitsamt dem für die Anwendungspraxis relevanten Nutzen andererseits eingegangen werden. Dieses schränkt den wissenschaftlichen Gestaltungsspielraum ein (vgl. Kromrey 2001, 2006; Wollmann/Hellstern 1977; Wollmann 2000; Moosbrugger/Schweizer 2002). Forschung logiert nicht unter dem Prinzip der Zweckfreiheit, auf das sich insbesondere die Grundlagenforschung bezieht. Forschung wird vielmehr unter die Imperative des praktisch Möglichen und des ethisch Vertretbaren sowie nicht zuletzt auch unter den Imperativ der Nützlichkeit gestellt. Die Nützlichkeit der generierten Ergebnisse für die Praxis ist es, die in Evaluationsprojekten immer wieder nachgewiesen werden und an der sich die Evaluationsforschung aus der Perspektive der auftraggebenden Praxis messen lassen muss. Dementsprechend bilden nicht die Wissenschaftlichkeit und die Gütekriterien empirischer Forschung den ausschließlichen Maßstab von Entscheidungen, wie es in der Grundlagenforschung der Fall ist, sondern auch Nützlichkeit in Relation zu den Belangen der Anwendungspraxis (vgl. Kromrey 2006, 2000; Vedung 2000: 18ff.). Damit stößt man auf einen weiteren Aspekt, anhand dessen sich Grundlagenforschung und Evaluationsforschung unterscheiden: die Zeit. Evaluationen im Allgemeinen und formativ angelegte Evaluationen im Besonderen sind in der Regel ein Wettlauf gegen die Zeit in der Zeit, und zwar in allen Phasen des Forschungsprozesses. Der Wettlauf gegen die Zeit in der Zeit tritt im vorliegenden Fall in besonderem Maße hervor: Die formativ durchzuführende Evaluation ist auf ein enges Zeitfenster begrenzt. Dieses ergibt sich einerseits aus der Laufzeit des Projektes (vgl. Kap. B 3). Es ergibt sich zum anderen aus dem Kriterium der Nützlichkeit: Nützlich ist die Evaluationsforschung nur dann, wenn die Ergebnisse so zeitnah an die Anwendungspraxis gegeben werden, dass das gewonnene Wissen künftige Handlungen und Entscheidungen der Praxis orientieren kann 49
Teil C
(vgl. Kromrey 2006). Zeitnahe Einspeisung von Ergebnissen in das operative Geschehen bedeutet, dass die Phasen der Datenerhebung und -auswertung unter besonderem Zeitdruck stehen. Die Tatsache, dass es sich in dem vorliegenden Fall um einen wenig erforschten Untersuchungsgegenstand handelt, verschärft den Zeitdruck. Denn es kann gerade nicht auf bestehende, bereits als tauglich ausgewiesene Instrumente der Datenerhebung zurückgegriffen werden. Die Einzigartigkeit der Untersuchung erfordert es vielmehr, unter Zeitdruck passgenaue Instrumente der Datenerhebung zu entwickeln und entsprechend schnell einzusetzen. Zwar werden im vorliegenden Fall Pretests realisiert und Expertenmeinungen herangezogen, dennoch können Instrumentoptimierungen nur bis zu einem gewissen Grad vorangetrieben werden (vgl. hierzu Kap. D). Der Zeitdruck setzt sich in der Datenauswertung, die direkt an die Auftraggeber adressiert ist, fort. In einem ersten Zugriff zur Realisierung des über den Auftrag aufgespannten Pflichtteils lassen sich – wie in dem vorliegenden Fall auch – die über den Datensatz aufgespannten Möglichkeiten kaum ausschöpfen (vgl. dazu die im Projektkontext bereits entstandenen, an die Auftraggeber adressierten Berichte: Hartz/Goeze/Schrader 2007; Hartz/Goeze 2006; Hartz/Schrader/Berzbach 2005). Erst eine von Zeitdruck enthobene, an das Wissenschaftssystem gerichtete Datenauswertung ermöglicht andere Auswertungstiefen. Weiterhin sind die Art der Wissensproduktion und das daraus resultierende Wissen unterschiedlich: Bei der Wissensproduktion in der Grundlagenforschung geht es um einen systematischen Nachweis signifikanter Unterschiedlichkeit und um die systematische Prüfung von Hypothesen anhand der Daten. Wissensgenerierung in der Evaluationsforschung zielt auf den Nachweis von Effektivität. Diese bemisst sich gerade nicht nur an der Signifikanz eines Treatmenteffektes, sondern in wesentlichem Maße an der Relevanz der Intervention für die Praxis (Moosbrugger/Schweizer 2002; Kromrey 2006). An dem Aspekt der Relevanz tritt eine weitere Differenz zwischen Grundlagenforschung und Evaluationsforschung hervor: Grundlagenforschung ist ausdrücklich gehalten, sich Werturteilen zu enthalten. Anders ist dies im Kontext der Evaluationsforschung: Hier können die Bewertungen der Ergebnisse – gerade auch im Hinblick auf die praktische Relevanz – integraler Bestandteil des Evaluationsauftrages sein und auf Seiten der Entscheidungsträger die Entscheidungsgrundlage für weitere Interventionen bilden (Bortz/Döring 2005). D. h., dass sich auch das produzierte Wissen unterscheidet: Die Grundlagenforschung zielt auf die Generierung von Basiswissen; Fragen der Wissensnutzung und Anwendungsmöglichkeiten sind nicht im Visier. Evaluationsforschung dagegen hat explizit zur Auflage, Wissen bereitzustellen, das praktisch genutzt werden kann und Aussagen über die Relevanz der Intervention für die Praxis erlaubt.
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Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages
Gleichzeitig – und dies ist bei der Rückspiegelung der Ergebnisse in die Praxis in Rechnung zu stellen – folgt die Verwendung der von den Forschern generierten Ergebnisse durch die Auftraggeber respektive die Praxis einer nicht durch den Forscher beeinflussbaren Logik: Die Anforderung, dass Forscher durch formative Evaluation steuerungsrelevantes Wissen für die Praxis generieren, bedeutet, dass Forschungsbefunde, die im Wissenschaftssystem produziert werden, über die Systemgrenze hinweg kommuniziert werden. Hier gilt, was für Kommunikationen zwischen unterschiedlichen Funktionssystemen (Luhmann 1996) im Allgemeinen gilt: Die Kommunikation wird unter andere Bedingungen der Fortsetzung gestellt und unterliegt den Systemreferenzen desjenigen Systems, das im Akt des Verstehens das mitgeteilte Forschungsergebnis aufgreift (vgl. Kap. C 3.1). Insofern muss zwischen dem von den Forschern angebotenen Wissen, der Nutzung desselben und der Überführung in Entscheidungen unterschieden werden. Die Wissensnutzung und die Transformation von Wissen in Entscheidungen liegen ausschließlich bei dem Auftraggeber und werden selbstredend durch deren Interessen modelliert (vgl. dazu jüngst auch Kuper 2008, 2005). In der Literatur werden mit unterschiedlichen Begrifflichkeiten verschiedene, wenig trennscharf voneinander abgrenzbare Funktionen von Evaluation genannt (vgl. Gollwitzer/Jäger 2009; Stockmann 2004, 2007; Wottawa/Thierau 1998; Westermann 2002; Kromrey 2001; Brüsemeister/Eubel 2008). Diese Funktionen kommen in der Regel nicht ausschließlich, sondern häufig in Mischformen vor. Sie legen je unterschiedliche Nutzenansprüche und Interessen in Bezug auf die Evaluationsergebnisse nahe (vgl. auch Widmer 2000): Stockmann (2004, 2007) differenziert zwischen der Erkenntnisfunktion, der Kontrollfunktion, der Dialogfunktion und der Legitimationsfunktion. Von Erkenntnisfunktion ist dann die Rede, wenn es darum geht, Erkenntnisse über den Evaluationsgegenstand zu generieren. Mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse soll dann steuernd und immer auch mit dem Impetus einer erkenntnisgeleitet zu optimierenden Praxis in dieselbe eingegriffen werden. Bei der Kontrollfunktion steht die Prüfung der Wirksamkeit einer Maßnahme im Zeitverlauf im Vordergrund. Defizite sollen aufgedeckt und korrigiert werden. Gleichzeitig werden auch Daten gewonnen, die darüber Auskunft geben, ob die in der Praxis beteiligten Akteure ihre der Intervention entsprechenden Pflichten erfüllen. Das hierbei gewonnene Wissen dient der prozessbegleitend zu initiierenden Korrektur und auch der Kontrolle der die Intervention realisierenden Akteure. Bei der Dialogfunktion steht die Versachlichung der Kommunikation zwischen unterschiedlichen Stakeholdern im Vordergrund. Die in der Evaluation generierten Daten werden genutzt, um den Austausch zwischen unterschiedlichen Stakeholdern sachorientiert zu strukturieren. Eine Evaluation gewinnt Legitimationsfunktion, wenn eine Entschei51
Teil C
dung abgesichert werden soll. Diese Funktion tritt insbesondere bei weitreichenden (politischen) Entscheidungen in den Mittelpunkt. Evaluationen werden in Auftrag gegeben, um die Richtigkeit der getroffenen Entscheidung zu belegen. D. h.: Ex post soll durch unterstützendes Datenmaterial eine in der Vergangenheit getroffene Entscheidung legitimiert werden: In diesem Fall dient das generierte Wissen der Absicherung (vgl. Stockmann 2004, 2007; Gollwitzer/ Jäger 2009; Brüsemeister/Eubel 2008; vgl. auch Joint Committee on Standards for Educational Evaluation/Sanders 2006). Im Kontext des vorliegenden Evaluationsauftrages sind – mehr implizit als explizit – von Seiten des Auftraggebers die Erkenntnisfunktion und die Legitimationsfunktion an die Evaluation gebunden. Ziel der Auftraggeber ist es, dass einerseits solches Wissen generiert wird, das einer nachhaltigen Implementierung von LQW nutzt und die operativen Arbeiten der das Projekt umsetzenden Akteure orientiert. Andererseits war damit die Hoffnung verbunden, die von Bund und Ländern gemeinsam getroffene Entscheidung für LQW als richtige Entscheidung zu profilieren. D. h.: Die in der Evaluation generierten Daten sollen im idealen Fall ex post die getroffene Entscheidung als gute Entscheidung ausweisen. Dies stellt die Evaluation in ein Geflecht sehr unterschiedlicher Anforderungen und setzt sie der Gefahr aus, interessenbezogen instrumentalisiert zu werden (vgl. dazu auch Kuper 2008, 2005; Wottawa/Thierau 1998). Im Bewusstsein dieses Spannungsfeldes und trotz des – Evaluationen eigenen – Primats der Praxis – Kromrey spricht von „einer für die Wissenschaft ungewohnten Verschiebung der Rangordnungen“ (Kromrey 2000: 22) – bleibt der Anspruch erhalten, den Forschungsprozess wissenschaftlich zu fundieren. „Die Stringenz wissenschaftlicher Prüfkriterien auf der einen Seite und unmittelbarer Realitätsbezug sowie praktische Relevanz auf der anderen lassen sich mithin als Pole eines methodischen Kontinuums begreifen“ (Wollmann/Hellstern 1977: 429). D. h.: In allen Phasen der Evaluationsforschung gelten die Gütekriterien qualitativer und quantitativer Forschung selbstredend als Maßstab (vgl. Kromrey 2001, 2006; Westermann 2002; vgl. Kap. D 3). Kromrey unterscheidet in Anlehnung an Eleanor Chelimsky (1997) drei Paradigmen, im Rahmen derer sich Evaluationen bewegen: das Forschungsparadigma, in dem es um die Verbreiterung der Wissensbasis geht, das Kontrollparadigma, das auf Erfolgskontrolle zielt, und das Entwicklungsparadigma, im Rahmen dessen das Interventionsprogramm (weiter-)entwickelt werden soll (Kromrey 2000, 2001). Möchte man die hier zur Rede stehende Evaluationsstudie in der Unterscheidung der drei Paradigmen verorten, so lässt sie sich dem Forschungsparadigma zurechnen: Denn es geht darum, Wissen über die Akzeptanz und Wirkung der Intervention – konkret der Implementierung von
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Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages
LQW in das System der Weiterbildung – zu generieren.2 Als externe, formative Evaluation gilt es, sowohl Akzeptanz- als auch Wirkaussagen zu formulieren. Gegenstand der Akzeptanzforschung ist es, aus der Perspektive derjenigen, an die sich die Implementierung adressiert, eine Einschätzung zu der Intervention zu erlangen und zu ermitteln, in welchem Maß die Implementierung – im konkreten Fall LQW – akzeptiert wird und was die Akzeptanz modelliert. Dies bedeutet, dass das Evaluationsdesign so angelegt sein muss, dass auch die Relevanzen der Nutzer in Bezug auf die Intervention erfasst werden (vgl. MüllerKohlenberg/Kammann 2000). Wirkungsforschung dagegen zielt „darauf, die durch staatliche Handlungsprogramme ausgelösten Wirkungen zu ermitteln“ (Wollmann/Hellstern 1977: 418). Im konkreten Fall geht es darum, die über das Modell LQW aufgespannten Erwartungen zu operationalisieren, um Wirkungen ausweisen zu können. Beiden Forschungsschwerpunkten – sowohl der Akzeptanz- als auch der Wirkungsforschung – ist im Folgenden Rechnung zu tragen (Kromrey 2000, 2001).
1.2
Das Problem von Wirkaussagen in komplexen unerforschten Feldern
Bei Wirkungsforschungen müssen selbstredend die Wirkungen, die durch das Programm erzielt und im Rahmen der Evaluation bewertet werden sollen, expliziert werden. Ein in diesem Zusammenhang naheliegender Schritt ist es, zu den im Handlungsprogramm ausgewiesenen Zielen Wirkindikatoren zu formulieren. Damit ist das Problem verbunden, dass all diejenigen Wirkungen aus dem Blick der Evaluation geraten, die nicht in dem Handlungsprogramm ausgewiesen sind und insofern in die Kategorie der nicht-intendierten Wirkungen fallen würden. Nicht-intendierte Wirkungen systematisch durch Wirkindikatoren auszuweisen, setzt voraus, dass Wirkverläufe zu dem Untersuchungsgegenstand vorliegen, mit Hilfe derer das Wirkungsfeld systematisch ausgeleuchtet werden kann (vgl. Wollman/Hellstern 1977; Kromrey 2000). Auf derartige Vorarbeiten kann in dem vorliegenden Fall allerdings nicht zurückgegriffen werden – ein Problem, mit dem Evaluationsforschung häufig konfrontiert ist. Dadurch bleibt man auf „heuristische Suchstrategien“3 verwiesen (vgl. Wollmann/Hellstern 1977: 426). Sie führen ihrerseits zu der Paradoxie, dass auf der einen Seite „unter methodologischen Gesichtspunkten empirisch bestätigte Theorien über die Struktur 2
3
Unabhängig von der vorliegenden Evaluation wird von der Testierungsstelle eine Modellevaluation durchgeführt. Sie lässt sich dem Entwicklungsparadigma zurechnen, da ihre Wissensgenerierung darauf zielt, das Modell LQW zu verbessern. Als Heuristik kann das Variablenmodell von Kromrey genutzt werden (vgl. Kromrey 2000: 41).
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Teil C
des Untersuchungsfeldes verlangt werden“ (Kromrey 2000: 42, Herv. i. O.), da sie für ein auf Wirkmessungen angelegtes Design unabkömmlich sind. Auf der anderen Seite ist genau dieses Wissen bei neuen Untersuchungsfeldern nicht verfügbar – schließlich soll es wie in dem vorliegenden Fall erst im Rahmen der Untersuchung gewonnen werden (vgl. Kromrey 2000: 42f.). Diese Paradoxie lässt sich nicht zugunsten beider Seiten auflösen. Sie führt vielmehr zu unzulänglichen Designs, wenn man die methodologischen Kriterien einer auf Wirkaussagen ausgelegten, idealen Untersuchungskonzeption zugrunde legt (Kromrey 2000: 43f., kritisch 2006: 538ff.). Die hier gewählte Umgangsform besteht darin, theorietestende mit theorieentwickelnder Forschung zu verbinden und das konkrete Forschungsdesign respektive die zum Einsatz kommenden Instrumente sukzessive zu operationalisieren und entsprechend zu optimieren (vgl. Kromrey 2000; Bortz/Döring 2005; Wollmann 2000). Dies erfordert es, qualitative und quantitative Forschungsstrategien miteinander zu kombinieren (vgl. Kelle/Erzberger 2008; vgl. auch Kardorff v. 2008a, b; vgl. Kap. D). Außer, dass im vorliegenden Fall ex ante nur eingeschränkt Wirkindikatoren gebildet werden können und dass es keine vergleichbaren Interventionen in das System der Weiterbildung gibt, an deren Befunde angeschlossen und aus denen Hypothesen hinsichtlich der Wirkungen gewonnen werden können, stellt das Wirkungsfeld selbst – in dem sich die Implementierung vollzieht – eine Schwierigkeit für die Formulierung von Wirkaussagen dar: Bildet der Evaluationsgegenstand nämlich wie im vorliegenden Fall „ein überaus komplex verflochtenes Wirkungsfeld“ (Wollmann/Hellstern 1977: 435), sind Wirkaussagen, die präzise auf die Intervention zurückgeführt werden können, Grenzen gesetzt (vgl. Wollmann/Hellstern 1977; Kromrey 2006). Die Begrenzung ergibt sich erstens durch die kaum realisierbare Kontrolle von Einflussfaktoren im Fluss der Zeit: Im Kontext eines vier Jahre laufenden Projektes muss eine formative Evaluation in Rechnung stellen, dass sich die Umwelt und mit ihr das zu evaluierende Wirkungsfeld permanent verändern; „beides – Aufgabe und Gegenstand der Evaluation – ist jeweils ‚mitten im Leben’“ (Kromrey 2000: 21, Herv. i. O.). Dies schränkt die Möglichkeit der Kontrolle von Einflussfaktoren zur Generierung eindeutiger Wirkaussagen erheblich ein. Grundlagenforschung – und hier treten abermals zentrale Differenzen zu Evaluationsforschung auf – würde versuchen, „die Fragestellung so weit einzuschränken, dass möglichst alle wesentlichen (potentiellen) Einflussgrößen methodisch kontrolliert werden können“ (Kromrey 2000: 42).4 Evaluationsforschung dagegen muss – um externe Validität zu gewährleisten und mit ihren Ergebnissen anschlussfähig zu 4
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Damit allerdings handelt man sich als Forscher gerne den Vorwurf ein, die Fragestellung bis zur Belanglosigkeit einzuschränken (Kromrey 2006: 540).
Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages
bleiben – die Komplexität des Untersuchungsgegenstandes erhalten und in ihr Untersuchungsdesign integrieren (Kromrey 2000). Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass erstens alle wesentlichen an der Implementierung von LQW beteiligten (Sub-)Systeme5 in die Untersuchung integriert werden. Auf diese Weise kann die Komplexität gewahrt bleiben. Es bedeutet zweitens, dass Veränderungen und Einflussfaktoren erfasst, beschrieben und reflektiert werden – wohl wissend, dass ihre Wirkungskraft nur begrenzt isoliert werden kann (vgl. Kap. C 3.3; D 1; D 2). Die Begrenzung ergibt sich zudem daraus, dass auch ein Experimentaldesign für den vorliegenden Fall keine Lösung darstellt, da ein solches schlicht nicht realisiert werden kann: LQW wird in das Gesamtsystem der Weiterbildung eingeführt. Wirkaussagen sollen sich demnach auf die Wirkungen der Implementierung von LQW in dem System der Weiterbildung beziehen. Durch eine derart umfassende Einführung gibt es keine Kontrollgruppe in Form eines „zweiten“, gleichen Systems der Weiterbildung, in das LQW nicht eingeführt werden würde. Nur mit Hilfe einer Kontrollgruppe aber können die aus der Implementierung von LQW resultierenden Wirkungen systematisch auf die Intervention zurückgeführt werden. Gedankenexperimentell könnte man sich eine geographische Spaltung des Systems der Weiterbildung vorstellen und beispielsweise im Norden LQW einführen, im Süden dagegen nicht. Dies allerdings ist weder das Interesse der Bildungspolitik, die gemeinsam ein für das Gesamtsystem der Weiterbildung akzeptanzfähiges Qualitätsmanagementmodell einführen will (vgl. Kap. B 2.1; E 1), noch wäre eine solche Segmentierung in Experimental- und Kontrollgruppe ethisch vertretbar gewesen. Zudem würde zugunsten einer Steigerung der internen Validität die externe Validität preisgegeben und das originäre Ziel des Projektes ad absurdum geführt. Aus diesen Gründen lässt sich ein Experimentaldesign, das vielfach als Idealtypus der Evaluationsforschung zur Generierung von Wirkaussagen gehandelt wird (vgl. Kromrey 2001, 2000; Bortz/Döring 2005; Cook/Matt 1990; Lee 2000)6, nicht realisieren.7 Um dennoch Aussagen über die Wirkungen treffen zu können, können die hinsichtlich der Wirkaussagen eingeschränkteren Vorher-Nachher-Vergleiche he5
6 7
Der Begriff der (Sub-)Systeme suggeriert, dass Systeme in andere Systeme eingeschlossen seien. Dies wird laut Lieckweg/Wehrsig (2001) aufgrund veränderter Umwelten und des Erfordernisses multireferentieller Orientierungen brüchig, was nicht zuletzt die Frage nach der Angemessenheit des Begriffs aufwirft (Lieckweg/Wehrsig 2001: 42). Der Begriff (Sub-)System stellt im vorliegenden Fall nicht auf die Eingeschlossenheit in ein Funktionssystem, wohl aber in ein Geflecht unterschiedlicher, temporär wechselnd relevanter Funktionssysteme ab. Gegen diesen methodologischen Rigorismus setzt Cronbach, Evaluation als „Kunst des Möglichen“ zu begreifen (vgl. Cronbach 1982). Vgl. zum Problem von Wirkaussagen und den methodischen Möglichkeiten unterschiedlicher Untersuchungsformen Wollmann/Hellstern 1977; vgl. auch Lee 2000.
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Teil C
rangezogen werden (vgl. Bortz/Döring 2005; Kromrey 2000; Rossi/Freeman/ Hofmann 1988). Dabei ist es erforderlich, Einflussfaktoren aufzuspüren und zu erheben (vgl. Rossi/Freeman/Hofmann 1988; Diekmann 2000). Darüber hinaus können im Kontext der Datenauswertung Strategien des Ex-Post-Facto-Designs zum Einsatz kommen, d. h., im Zuge der Datenauswertung werden die Daten durch Einteilung nach Einheiten gleicher Merkmalsträger derart gruppiert, dass Schlussfolgerungen möglich werden (Kromrey 2000; Bortz/Döring 2005). Von diesen beiden Möglichkeiten wird im Kontext der vorliegenden Evaluationsstudie Gebrauch gemacht (vgl. hierzu Kap. D).
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Erkenntnisinteressengeleitete Präzisierung und daraus resultierende Theoriewahl
Wenngleich der Evaluationsauftrag vage, der Evaluationsgegenstand wenig operationalisiert und nicht schlicht an eine in sich geronnene Theorie angeschlossen werden kann, liegen bestimmte Fragen und damit Theorieanschlüsse näher als andere, um die Akzeptanz und die Wirkungen der Implementierung von LQW im System der Weiterbildung zu analysieren. Bereits die Tatsache, dass das Modell von außen an das System der Weiterbildung herangetragen wurde, markiert einen wesentlichen, entscheidungsleitenden Eckpfeiler. Von „von außen herangetragen“ ist deshalb die Rede, weil die grundsätzlichen Impulse, sich im Kontext des Systems der Weiterbildung mit Qualitätsmanagement und Testierungsfragen auseinanderzusetzen, wie oben angedeutet, dem Funktionssystem der Wirtschaft und in jüngster Vergangenheit nachhaltig dem Funktionssystem der (Bildungs-)Politik zu verdanken sind. Der Diskurs um die Qualitätsmanagementthematik kann insofern nicht als eine umweltunabhängige, interne Entwicklung im System der Weiterbildung verstanden werden. Die kontinuierlichen, erwartungsgeladenen Impulse insbesondere von Politik und Wirtschaft sind es vielmehr, die in dem System der Weiterbildung die Thematik immer wieder prozessiert haben (vgl. dazu Kap. B). In Zusammenschau mit dem Auftrag – Akzeptanz und Wirkungen zu untersuchen – wird die Frage verfolgt, wie die erwartungsgeladenen Impulse von Politik und Wirtschaft in die Weiterbildung transferiert werden und dort Platz greifen. Damit verbunden sind die beiden sehr grundsätzlichen Fragen, bei wem LQW Akzeptanz findet, wo es seine Wirkungen im System der Weiterbildung entfaltet und welche Wirkungen dies sind. Diese Fragen können nicht aus der Perspektive eines an der Implementierung von LQW beteiligten (Sub-)Systems oder Akteurs beantwortet werden. Die Implementierung von LQW bringt vielmehr, wie in
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Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages
Kapitel B sichtbar wurde, verschiedene Funktionssysteme – Politik, Wirtschaft und Weiterbildung – und (Sub-)Systeme, die auf unterschiedlichen Handlungsebenen agieren (politische Administration, Testierungsstelle, Gutachter/Berater, Organisationen der Weiterbildung, Handelnde in den Einrichtungen etc.), mitsamt der ihnen unterliegenden Rationalitäten miteinander in Verbindung. Es entsteht ein komplexes Konglomerat unterschiedlicher Verflechtungen von unterschiedlichen an der Implementierung beteiligten (Sub-)Systemen oder Akteuren (vgl. Kap. C 3.3; vgl. auch Hartz 2008b, 2005). Sie müssen der Beobachtung durch eine entsprechende Operationalisierung dessen, was unter dem System der Weiterbildung im vorliegenden Fall verstanden wird, zugänglich gemacht werden. Nur so kann die Frage nach Akzeptanz und Wirkungen differenziert beantwortet werden (vgl. zum Diskurs der Implementationsforschung8 im Erziehungsbereich exemplarisch Dyer 1999; Fitz/Halpin/Power 1994; vgl. auch Mayntz 1980b, c9). Die Anwendung des Systembegriffs auf das Feld der Weiterbildung ist nach wie vor umstritten. Es besteht noch immer Diskussionsbedarf, ob das System der Weiterbildung als ein System im systemtheoretischen Sinne verstanden werden kann oder ob es aufgrund der Anforderung, sich an unterschiedlichen Rationalitäten orientieren zu müssen, in der Dienerschaft für andere Funktionsbereiche (Wirtschaft, Politik, Berufsbildungssystem) aufgeht (vgl. Harney 1997b). Genauso offen ist die Frage, welcher der für die Reproduktion der Weiterbildung relevante Code ist, wenn die Systemfrage mit Ja beantwortet wird (vgl. Kade 2004; Wittpoth 2003; Luhmann 2002a; Kade 1997). Trotz dieser noch bestehenden Offenheiten wird im Nachfolgenden die Terminologie des Auftrages „System der Weiterbildung“ und „Systemevaluation“ übernommen. Dabei ist 8
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Bei Implementationsforschung im engen Sinne geht es um „die Erfassung von Regelmäßigkeiten bei der Durchführung von Maßnahmen zur Regulierung sozialer Probleme“ (Hucke/ Wollmann 1980: 216). Übergeordnetes Ziel der Implementationsforschung ist „die ursächliche Erklärung auftretender Diskrepanzen zwischen Norm und Wirklichkeit, Programmziel und tatsächlich erzeugter Wirkung“ (Mayntz 1980b: 236), indem die Vorgänge in der Implementationsphase unter der Perspektive des durchzuführenden Programms, der Merkmale der Durchführungsinstanzen und der Merkmale der Zielgruppe analysiert werden (vgl. Mayntz 1980b: 242ff.). Dabei weisen Wollmann/Hellstern darauf hin, dass Implementationsforschung weniger als staatliche Auftragsforschung als vielmehr als universitäre Forschung organisiert sei (Wollmann/Hellstern 1977). Insgesamt gibt es zahlreiche Überlappungen zwischen Implementationsund Evaluationsforschung, die Begriffsverwendung ist nicht immer sehr trennscharf, manchmal sogar synonym. Charakteristisch für den vorliegenden Zusammenhang ist, dass weniger die Vorgänge und die Formen der Implementierung an sich als vielmehr Akzeptanz und Wirkung bei den unterschiedlichen (Sub-)Systemen interessieren. Im Kontext der Implementationsforschung im Allgemeinen und der Implementationsforschung im Erziehungsbereich im Besonderen werden unterschiedliche Formen des Zugangs zum Forschungsgegenstand unter den Begriffen bottom-up und top-down kontrovers diskutiert (vgl. hierzu allgemein Sabatier 1986 und für den Erziehungsbereich Fitz/Halpin/Power 1994).
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Teil C
weniger der Reproduktionscode der Weiterbildung insgesamt und die Suche danach, was das System eint, von Erkenntnisinteresse. Die Begriffsnutzung im zur Rede stehenden Forschungszusammenhang begründet sich vielmehr damit, dass der Systembegriff auf Komplexität und das Geflecht miteinander in Wechselwirkung stehender Systeme und (Sub-)Systeme abstellt (vgl. Schrader 2008). Für die Art und Weise, wie die Systeme zueinander in Verbindung gedacht werden, hat Weick (1976) in Auseinandersetzung mit dem Erziehungssystem den Begriff der „losen Koppelung“ geprägt. Eine solche Perspektive entspricht der Komplexität und Vielfältigkeit des Untersuchungsgegenstandes. „Lose Koppelung“ meint, dass die einzelnen (Sub-)Systeme locker miteinander verbunden, relativ autonom und operativ geschlossen sind (vgl. Weick 1976, 2007; vgl. Schrader 2001, 2008, 2010). Als operativ geschlossene (Sub-)Systeme können die einzelnen (Sub-)Systeme weder auf die Operationen des jeweils anderen zugreifen, noch können sie die Operationen der jeweils anderen mit Bestimmtheit voraussagen. Obwohl die (Sub-)Systeme unzugänglich füreinander sind, werden sie in enger Beziehung zueinander gedacht. Insofern meint „lose gekoppelt“ weder losgelöst noch entkoppelt. Lose gekoppelt verweist vielmehr auf die Dialektik einer spezifischen Verbundenheit der Elemente miteinander bei einer gleichzeitigen Unabhängigkeit und Unbestimmtheit (vgl. Weick 1976; vgl. Orton/Weick 199010). Für die Adressierung der beschriebenen Phänomene – lose Koppelung, operativ geschlossene (Sub-)Systeme, komplexes Geflecht etc. – bietet sich in der Annahme, dass für die Operationsweise von (Sub-)Systemen im Erziehungssystem Gleiches gilt wie für soziale Systeme im systemtheoretischen Sinne, die Systemtheorie geradezu an. Systemtheorie sieht von Widerspruchslosigkeit, Kausalitäten und Eindeutigkeiten ab und erscheint aufgrund ihres hoch komplexen Begriffsnetzes für die Analyse komplexer interdependenter Phänomene besonders geeignet. Von einer operativen Geschlossenheit ausgehend betont sie die Eigenständigkeit sinnkonstituierter Systeme. Zudem bietet sie ein Instrumentarium, mit dem sie die Art und Weise reflektiert, wie operativ geschlossene (Sub-)Systeme miteinander bzw. mit ihrer Umwelt in Beziehung stehen. Indem sie unter dieser Perspektive differenzierte Analysen und Begriffsarbeit geleistet hat, hat sie auf die Grenzen der Steuerbarkeit aufmerksam gemacht – insbesondere dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, unterschiedliche (Funktions-)Systeme Erwartungen aneinander formulieren und Entscheidungen des einen Systems Wirkungen auf die Entscheidungen des anderen Systems haben: also grenzüber10 Orton/Weick (1990) verweisen in einem Aufsatz von 1990 auf den inflationären, uneinheitlichen Gebrauch des Wortes „loosely coupled“. Dieses würde sowohl eindimensional als auch dialektisch genutzt, ohne dass in den Arbeiten die eingenommene Position ausgewiesen werden würde (vgl. Orton/Weick 1990: 205).
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schreitende Prozesse der Kommunikation in Gang kommen (sollen). Durch die Reflexion unterschiedlicher Ebenen der Systembildung – Gesellschaft, Organisation und Interaktion – bietet die Systemtheorie darüber hinaus eine Heuristik, um die lose gekoppelten, an dem Implementationszusammenhang beteiligten (Sub-) Systeme zu ordnen und ihre jeweiligen Rationalitäten in Bezug auf den Funktionszusammenhang zu spezifizieren. Mit der Systemtheorie kann also die Komplexität des Feldes erhalten und das Arrangement verschiedener, miteinander in Kontakt stehender Systeme in den Blick genommen werden. D. h.: Die Frage nach Akzeptanz und Wirkungen kann unter Beachtung der unterschiedlichen lose gekoppelten, den Systemzusammenhang bildenden Systeme (politische Administration, Testierungsstelle, Gutachter/Berater, Organisationen der Weiterbildung, Handelnde in den Einrichtungen etc.) analysiert werden. Zugleich genügt der ausschließliche Anschluss an Systemtheorie nicht. Sie vermag zwar Gleichheit unter Rekurs auf die Einbettung in gleiche Funktionssysteme und Ungleichheit mit den Begriffen der operativen Geschlossenheit und der Autopoiesis zu erklären, über den Einzelfall hinausreichende Unterschiede und Gleichheiten allerdings lassen sich nur unzureichend fassen (vgl. Hasse/ Krücken 2005a). Hierauf den Blick zu wenden, ist aber gerade vor dem Hintergrund der Kulturhoheit der Länder, der unterschiedlichen Gesetzesgrundlagen in Bezug auf Qualität und der – jenseits des offiziellen Votums (vgl. Kap. B 3) – im Detail durchaus differenten Positionierung der Bundesländer zu LQW (vgl. Kap. E 1), durch die sich solche einzelfallübergreifenden Unterschiede und Gleichheiten einstellen können, bedeutsam. Nur wenn diese über den Einzelfall hinausreichenden Unterschiede und Gleichheiten systematisch (mit)reflektiert werden, lässt sich die Frage nach der Akzeptanz und den Wirkungen von LQW im System der Weiterbildung im Konglomerat unterschiedlicher Wirkkräfte differenziert analysieren. Weiterhin lässt Systemtheorie die Frage offen, warum sich Organisationen unterschiedlicher Funktionsbereiche dem Qualitätsmanagementgedanken nicht entziehen können bzw. auf welcher Begründungsfolie sie – trotz operativer Geschlossenheit – gleiche Impulse ihrer Umwelt aufgreifen. Benötigt wird deshalb ein Ansatz, durch den die an der Schnittstelle zwischen organisationaler und gesellschaftlicher Ebene der Systembildung auftretenden – mit der Systemtheorie nur unzureichend erklärbaren – Phänomene präzisiert werden können. An dieser Stelle bietet sich ein Rekurs auf den NeoInstitutionalismus an. Der Neo-Institutionalismus betrachtet die Grenze zwischen Organisation und Gesellschaft unter der Perspektive von Unsicherheitsabund Legitimations- bzw. Legitimitätsaufbau11 und liefert ein Analyseinstrument, 11 Beide Begriffe finden im Theorierahmen des Neo-Institutionalismus Anwendung und werden z. T. synonym verwendet. Ihre Beziehung zueinander bleibt unklar (Hellmann 2006: 86). Legitimation wird im Folgenden als Berechtigung bzw. Nachweis einer durch die Umwelt aner-
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Teil C
um die Mechanismen der Verbreitung von LQW im System der Weiterbildung respektive um bewusste und unbewusste Formen der Strukturangleichung in Organisationen zu erfassen. Der Anschluss an die beiden Theorien – die Systemtheorie und den NeoInstitutionalismus – erfordert es, die jeweiligen theoriekonstitutiven Begriffe darzustellen (Kap. C 3.1; C 3.2). Über sie wird der Untersuchungsgegenstand theoretisch reformuliert. Auf diese Weise kann dann das Erkenntnisinteresse sowohl theoriegeleitet als auch in Anbindung an die Praxis (den Diskurs um Qualitätsmanagement, das Modell LQW und die Projektanlage) bezüglich der Phänomene Akzeptanz und Wirkungen der Implementierung eines Gedankens (LQW) in ein Geflecht locker gekoppelter Systeme präzisiert und operationalisiert werden.
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Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages
3.1
Die theoriekonstitutiven Begriffe der Systemtheorie
Theoriekonstitutiv für die Systemtheorie ist die Unterscheidung (Arnold 1995: 600) von System und Umwelt. Systeme konstituieren und erhalten sich dadurch, dass sie eine Differenz zur Umwelt erzeugen und bewahren. Umwelt und System können nur zusammen durch die Grenzziehung des Systems entstehen (vgl. Luhmann 1996: 35f., 249f.). Dieses Differenzschema ist nicht nur als Abgrenzungsmechanismus nach außen zentral. Auch nach innen hin ist es fundamental, indem es die Grundlage für Systemdifferenzierung im System durch die Wiederholung der System-Umwelt-Differenz bildet (vgl. Luhmann 1996: 22). Auf gesellschaftlicher Ebene entstehen durch den Prozess der funktionalen Differenzierung die unterschiedlichen Funktionssysteme wie das politische System, das Rechtssystem oder das medizinische System. Innerhalb der Funktionssysteme kommt es dann durch Ausdifferenzierung zu weiteren Systembildungsprozessen: Systembildung auf der Ebene von Organisationen und auf der Ebene von Interaktionen. Dass sich das System in eine beliebige Zahl von operativ verwendbaren System-Umwelt-Differenzen ausdifferenziert und darüber konstituiert12, wirft die Frage nach der Relationierung der (Sub-)Systeme zueinander kannten Berechtigung begriffen. Legitimität ist eine auf die Handlungen einer Einheit bezogene Zuschreibung (die Legitimation der Legitimität), dass diese in einer bestimmten Umwelt (Wertsphäre) wünschbar, korrekt und angemessen sind. Es geht also um eine Übereinstimmung von Handeln mit den Erwartungen des Bezugssystems als Ergebnis von Zuschreibung und Bewertung (Hellmann 2006: 81). 12 Ausdifferenzierung ist immer dann nötig, wenn das Komplexitätsgefälle zwischen einer überaus komplexen Umwelt und einem weniger komplexen System zu groß wird. Dann ist das
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auf. Diese Frage tangiert das System der Weiterbildung unmittelbar. Erstens stehen zahlreiche lose gekoppelte (Sub-)Systeme unterschiedlicher Systemebenen miteinander in Verbindung (vgl. dazu auch Kap. C 3.3). Zweitens ist es unentschieden, ob die miteinander in Verbindung stehenden (Sub-)Systeme als Systeme eines oder unterschiedlicher Funktionssysteme begriffen werden können (vgl. Harney 1997b; vgl. allgemein Tacke 200113). Drittens können für ein (Sub-)System mehrere Funktionsbezüge als Orientierungsgröße relevant sein – Ökonomie, Politik, Wissenschaft (vgl. Schröer 200514; Kade 2004; vgl. allgemein Hasse/Krücken 2005a; Lieckweg/Wehrsig 2001; Wehrsig/Tacke 1992), was organisationsinterne Rückstoßeffekte haben dürfte (Dollhausen 2008). Die Antwort auf die Frage, wie die (Sub-)Systeme miteinander in Beziehung stehen, behandelt die Systemtheorie komplex. Einerseits kann man davon ausgehen, dass Organisationen innerhalb von Funktionssystemen deren „Funktionsprimate“ (Luhmann 2004b: 841) übernehmen. Andererseits operieren (Sub-)Systeme oder Organisationen genauso wie andere soziale Systeme auch im Medium doppelter Kontingenz. Sie beobachten sich wechselseitig als kontingent und integrieren dabei die Perspektive des jeweils Anderen in die eigene. Sie werden zudem als autopoietische, in ihrer inneren Steuerungsstruktur geschlossene und von der Umwelt weder unmittelbar abhängige noch unmittelbar beeinflussbare, selbstreferentielle Systeme begriffen (vgl. Luhmann 1996; Willke 1996: 61). Damit wird, wie Hasse/Krücken (2005a) feststellen, „eine lediglich lose Beziehung zwischen Organisation und Gesellschaft unterstellt“ (Hasse/Krücken 2005a: 191, Herv. i. O.). Die selbstreferentielle, operative Geschlossenheit, durch die ein System innere Ordnung gegenüber den Umweltturbulenzen bewahrt und „in produktiver und selbst-reproduktiver Weise mit seiner Eigenkomplexität“ (Willke 1994: 148) umgehen kann, bildet nämlich die Grundlage der Autonomie des Systems (vgl. Luhmann 1996: 60ff.). Unmittelba-
System gewissermaßen gezwungen, seine eigene Komplexität zu steigern. Wenn aufgrund der Komplexitätssteigerung das Möglichkeitsspektrum eines Systems über das Maß ansteigt, das es tatsächlich realisieren kann, resultiert ein Selektionszwang, bekannt unter dem Begriff der Kontingenz (vgl. Luhmann 1996: 46f.; Willke 1996: 30f.; vgl. Hartz 2004b). 13 Tacke diskutiert die Frage der Typologisierung von Organisationen und hält eine Eins-zu-einsZuordnung von Organisationen zu Funktionssystemen für einen der Systemtheorie unterstellten Irrtum: Zwar fänden sich in der Systemtheorie Formulierungen, die dies nahelegen, gleichzeitig scheitere die Zuordnung an der Annahme der operativen Geschlossenheit. Durch die „Zurechnung von Organisationen zu Funktionssystemen“ wird „beobachtend zusammengehalten (…), was operativ getrennt ist“ (Tacke 2001: 167, Herv. i. O.). Kategorisierung ist immer eine beobachterabhängige Simplifikation von Beobachtern erster und zweiter Ordnung (vgl. Tacke 2001). 14 Schröer beschreibt am Beispiel einer kirchlichen Einrichtung der Erwachsenenbildung/Weiterbildung, wie sich diese im Spannungsfeld klerikaler, ökonomischer und pädagogisch-professioneller Rationalitäten konstituiert (vgl. Schröer 2005).
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Teil C
re Zugriffs- und Steuerungsmöglichkeiten zwischen System und (Sub-)System bzw. zwischen Systemen werden damit relativiert. In dem vorliegenden Projekt sind Steuerbarkeit und die mit Steuerung verbundenen Grenzen – wie bereits oben angedeutet – zentrale Themen. Einerseits muss die Bildungspolitik davon ausgehen, dass sich ihre Entscheidungen im System der Weiterbildung durchsetzen. Würde Politik ihrem Handeln und den von ihr verabschiedeten Prämissen für andere Systeme diese Annahme nicht unterlegen, würde sie sich selbst ad absurdum führen. Das Funktionssystem der Politik reproduziert und legitimiert sich nicht zuletzt dadurch, dass es genau diese Durchsetzungsmacht unterstellt. Andererseits ist vor dem Hintergrund der Überlegungen zur relativierten Steuerbarkeit zu erwarten, dass die von außen an das System der Weiterbildung herangetragenen Prämissen – die Anforderung der Implementierung eines Qualitätsmanagementmodells – durch die jeweiligen (Sub-)Systeme in je eigener Weise verarbeitet werden (vgl. Luhmann 2002a: 129ff.) und dass die Beziehung zu den übergeordneten Funktionssystemen also lose bleibt. Es werden zwar – wie im vorliegenden Fall – durch das politische System strukturelle Verdichtungen in Form bestimmter Erwartungen oder gar Auflagen (wie beispielsweise im Rahmen der Hartz-Reformen, SGB III) erzeugt, ihre Umsetzung im System der Weiterbildung im Allgemeinen und in einzelnen Einrichtungen im Besonderen allerdings bleibt kontingent (vgl. zum Verhältnis gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung auch Bohnert/Klitzsch 1980). Trotz der Unmöglichkeit, dass ein System auf die Operationen eines anderen Systems zugreift, was je spezifische Fragen der Steuerbarkeit aufwirft, werden Systeme zugleich in enger Beziehung zueinander gedacht. Ohne die stimulierende Wirkung der Umwelt und der in ihr logierenden anderen Systeme würde sich ein System in der Reproduktion des Immergleichen erschöpfen. Systeme haben also keine voneinander entkoppelte Existenz, sondern sind strukturell gekoppelt. Nur so können sie sich selbst erfahren und entfalten.15 „Strukturelle Koppelung und Selbstdetermination des Systems stehen in einer ,orthogonalen Beziehung‘ zueinander: Auch wenn sie sich voraussetzen, können sie sich gegenseitig nicht bestimmen“ (Baraldi/Corsi/Esposito 1999: 186). Es ist vielmehr so, dass die Umwelt permanent Irritationen erzeugt. Ob eine Irritation vom jeweiligen System aus aber als Irritation behandelt wird, entscheidet das System. Überträgt man dies auf das System der Weiterbildung, lässt sich die Idee der losen Koppelung präzisieren: Die einzelnen (Sub-)Systeme sind Umwelt füreinander, sie (ko)operieren im Medium doppelter Kontingenz (Luhmann 1996) 15 Vgl. zur Interpenetration insbesondere Luhmann 1996: 289-300; vgl. Baraldi/Corsi/Esposito 1999: 85-88; Hutter vermutet, dass psychisches und soziales System im Verhältnis der Emergenz zueinander stehen (vgl. Hutter 1992: 357f.).
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und werden zugleich in enger Beziehung zueinander gedacht. Insofern meint „lose gekoppelt“ weder losgelöst noch entkoppelt. Systeme werden durch die strukturelle Kopplung zu ihrer Umwelt ständig irritiert. Die Irritationen allerdings greifen nicht in das System ein, sondern müssen von dem System, um systemintern als Irritation zu gelten, als solche kodiert werden. Systemintern wird ein Informationsverarbeitungsprozess in Gang gesetzt, der nur systemintern gehandhabt werden kann (vgl. Luhmann 2004c: 127). (Sub-)Systeme irritieren sich also gegenseitig, indem Entscheidungen bzw. Kommunikationen des einen (Sub-)Systems Wirkungen auf diejenigen des anderen (Sub-)Systems haben. Wobei die Wirkungen immer nur systemintern generiert, nie von außen produziert werden können. Die Einrichtungen der Weiterbildung als die zentralen Adressaten der Implementierung von LQW entscheiden demnach selbst, wie sie das Modell handhabbar machen.16 Für die Art und Weise, wie die jeweiligen Systeme die Komplexität der Umwelt verarbeiten, wie sie dabei mit ihrer Eigenkomplexität umgehen und wie sie diese in die jeweils anderen Systeme einbringen, ist der Begriff des Sinns zentral. Der Sinnbegriff Luhmanns unterscheidet sich wesentlich von unserem Alltagsverständnis: Sinn ist das Medium, um innerhalb des Systems Formen zu erzeugen. Diese sind vor dem Hintergrund hoher Komplexität immer selektiv. Denn ein System kann nicht alle Sinnformen, die sich ihm als mögliche anbieten würden, realisieren. Es muss auswählen. Deshalb bestimmt sich Sinn auch nicht über die alltagssprachliche Differenz von sinnvoll versus sinnlos, sondern über diejenige von real versus möglich bzw. aktuell versus potentiell (vgl. Willke 1996: 44). Die Auswahl von Umweltdaten anhand von systemspezifisch sinnvollen – oder aktuellen – Kriterien bildet die Voraussetzung für die Existenz des Systems. Sinn verhindert, dass sich ein System in der Komplexität verliert und auf alles reagiert. Sinn selektiert, bestimmt den Umgang mit und die Bewertung von Umweltinformationen und erzeugt so eine auf ein Innen und ein Außen verweisende Sinngrenze (dazugehörig versus nicht-dazugehörig) (vgl. Luhmann 1996: 93ff.). Die Leistung dieser Grenzziehung ist die Begrenzung von Sinn durch eine gezielt sinngerichtete Bezugnahme auf die überaus komplexe Umwelt und die Festlegung derjenigen Bedingungen, unter denen Eingeschlossenes auf sich verweist (Luhmann 1996; Willke 1996). Auf den vorliegenden Forschungszusammenhang bezogen erlaubt ein solcher Sinnbegriff, u. a. die Bezugnahme der im System der Weiterbildung agierenden (Sub-)Systeme aufeinander sowie auf das Modell LQW zu präzisieren. 16 Eine Spezialform der strukturellen Koppelung ist die Interpenetration (vgl. Luhmann 1996, 2004c). Luhmann spricht von Penetration, wenn der Sachverhalt einseitig vorliegt, während Interpenetration auf die Gegenseitigkeit verweist (vgl. Luhmann 1996: 290ff.).
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Teil C
Für die Sinngrenze grundlegend ist der binäre Code. Er basiert auf einer Unterscheidung unter rigider Ausgrenzung dritter Werte. Der Code orientiert die Operationen des Systems und ermöglicht es, nach innen „Verbindungen zu spezifizieren“ (Baraldi/Corsi/Esposito 1999: 35) und nach außen eine Grenze zu identifizieren und Anschlussmöglichkeiten zu bestimmen (vgl. Baraldi/Corsi/ Esposito 1999: 33; vgl. Bardmann 1994). Vor dem Hintergrund dieses Sinnbegriffs wendet sich Luhmann von der Konzeption von Handlung (Luhmann 2000: 123) als Letztelement autopoietischer Systeme ab. Handlung als vorfabrizierter Baustein könne als Letztelement nicht in Rechnung stellen, dass Systeme durch rekursive Operationen die verknüpfenden Elemente konstituieren und demnach mitproduzieren (Luhmann 1996: 191ff.; Willke 1996). Um die auf der Basis eines bestimmten Sinnzusammenhangs operierenden sozialen Systeme in ihrer Reproduktion angemessen erfassen zu können, erscheint Kommunikation als dreistellige Einheit aus der Selektion von Information, von Mitteilung und von Verstehen (als Unterscheidungsoperation von Information und Mitteilung) analytisch geeigneter. Handlung ist als Akt der Mitteilung nur ein Element der Kommunikation. Dass es zu der Trias aus Selektion von Information, Mitteilung und Verstehen kommt, ist an Verstehen gebunden. Durch dieses wird die Unterscheidung von Information und Mitteilung markiert, zu einer Einheit gefasst und über den Sinn der Kommunikation entschieden. Ohne Verstehen, das in dem hier gemeinten Sinn immer auch ein Missverstehen sein kann, findet keine Kommunikation statt (Luhmann 2004c: 298ff., 1996). Kommunizieren kann nur die Kommunikation (Fuchs 1997), indem sich „kommunikative Ereignisse an weitere kommunikative Ereignisse anschließen“ (Pfeffer 2004: 23). Als ein autokatalytischer Prozess schafft sie eine eigene Realitätsebene (Pfeffer 2004). Zugleich ist Kommunikation als dreistellige Einheit der Beobachtung nicht vollständig zugänglich, sondern nur die Handlung als Akt der Mitteilung. Kommunikation ist insofern die elementare Einheit der Selbstkonstitution und -reproduktion, während Handlung die elementare Einheit der Selbst- und Fremdbeobachtung sozialer Systeme darstellt (vgl. Luhmann 1996: 225-241). Ein solches Kommunikationsverständnis hat unmittelbare Konsequenzen dahin gehend, was beobachtet wird: nämlich keine Einzelpersonen, sondern Kommunikationen bzw. im Kontext von Organisationen Entscheidungen (Nassehi 1998). Im Fokus stehen der zum Ausdruck gebrachte Sinnzusammenhang eines Systems in der Kommunikation, die kommunikativen Anschlüsse zwischen (Sub-)Systemen und die Interpenetration derselben im Medium von Kommunikation: die kommunikativen Verkettungen.
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Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages
Darüber hinaus bietet sich für Kommunikationen zwischen unterschiedlichen Systemen oder für grenzüberschreitende Prozesse (zwischen sozialen Systemen wie auch zwischen sozialen und psychischen Systemen), wie sie im Kontext der Weiterbildung und in dem zur Rede stehenden Evaluationsprojekt vielfach anzutreffen sind, mit diesem Kommunikationsbegriff eine analytisch wertvolle Perspektive: Das Kommunikationsmodell basiert auf der Annahme, dass grenzüberschreitende Prozesse „beim Überschreiten der Grenze unter andere Bedingungen der Fortsetzung (zum Beispiel andere Bedingungen der Verwertbarkeit oder andere Bedingungen des Konsenses) gestellt werden“ (Luhmann 1996: 36; Pfeffer 2004: 81). Die als Handlung zurechenbare Mitteilung – die zunächst ein sinnleerer Akt ist, der erst im Kontext der vollzogenen Dreistelligkeit Sinn gewinnt – wird demnach bei Kommunikationen zwischen unterschiedlichen Systemen, also grenzüberschreitenden Prozessen, nicht automatisch mit gleichem Sinn ausgestattet. Ein und dieselbe Handlung wird von unterschiedlichen Systemen im Akt des Verstehens vielmehr mit unterschiedlichem Sinn versehen. Sie bekommt „unterschiedliche Selektivität und unterschiedliche Anschlußfähigkeit, unterschiedliche Vergangenheiten und unterschiedliche Zukünfte“ (Luhmann 1996: 293, Herv. i. O.). Es werden Praktiken analytisch zugänglich, die Teubner mit dem Begriff der „stillen Post“ (Teubner 1999: 13) belegt, – in dem Sinne, „daß Operationen autonomer Systeme einander gerade nicht verstehen, aber dennoch aneinander kommunikativ anschließen und im Mißverstehen etwas Neues produzieren“ (Teubner 1999: 13). Die Sinnzuschreibung an die systemrelative Mitteilung lässt die Selbstreferenz der jeweiligen an der Kommunikation beteiligten Systeme und die in den Kommunikationen jeweils aktualisierten, hinsichtlich der anderen Seite der Unterscheidung zu reflektierenden Sinnformen hervortreten. Dieses macht auf Anschluss- und Verständigungsformen zwischen Systemen und selbstredend auch auf die Grenzen der Steuerbarkeit aufmerksam (vgl. Harney/Rahn 2000). Auf den hier betrachteten Zusammenhang der Implementierung von LQW in das System der Weiterbildung bezogen lassen sich über die konkret produzierten, sinnkonstituierten Anschlüsse durch die einzelnen (Sub-)Systeme Transformationen der Implementationsabsicht analysieren und markieren. In Organisationen als einer Ebene, auf der es neben der Ebene der Gesellschaft und der Ebene der Interaktion zu Systembildung kommt, nehmen Kommunikationen die Form von Entscheidungen an. Sie bilden die Grundlage autopoietischer Reproduktion. Organisationsmitgliedschaften, Weisungsbefugnisse, Organisationsform etc. basieren auf Entscheidungen und können als solche dargestellt werden. Eine Organisation ist demnach ein „rekursiv geschlossenes, mit eigenen Entscheidungen auf eigene Entscheidungen bezugnehmendes System,
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das sich selbst durch ein Verfahren der Eigenzurechnung von Entscheidungen von der Umwelt unterscheiden kann“ (Luhmann 1988: 166; Dollhausen 2008). Insgesamt betont die Systemtheorie die Eigenständigkeit von sozialen Systemen im Allgemeinen und von Organisationen als Referenzebene zwischen Gesellschaft und Interaktion im Besonderen. Sie basiert im Wesentlichen auf den Prinzipien der Autopoiesis und der operativen Geschlossenheit. Mit diesen Begriffen kann Systemtheorie erklären, warum es zur organisationseigenen Brechung von Umweltinformationen (die nie als solche in der Umwelt vorliegen, sondern immer systemintern prozessiert werden) und zur Variation zwischen Organisationen kommt. Diese Begriffe bilden demnach die Basis zur Behandlung von Verschiedenheit. Parallel zur Eigenständigkeit als Erklärungsfolie für die Verschiedenheit der Systeme wird zugleich eine enge Beziehung zwischen den Ebenen der Systembildung (Gesellschaft, Organisation und Interaktion) wie auch zwischen sozialen Systemen und sinnkonstituierenden psychischen Systemen gedacht. Der Zusammenhang ergibt sich grundsätzlich aus der Einheit der Differenz von System und Umwelt und wird mit Begriffen wie strukturelle Koppelung oder dem Spezialfall derselben – der Interpenetration – präzisiert. Beide Begriffe bleiben allerdings vage (vgl. Teubner 1999; vgl. auch Schimank 1995; Hartz 2004b). Was die Beziehung zwischen den Ebenen der Systembildung speziell der Ebene der Gesellschaft und der Organisation anbelangt, so ist diese über die Idee der Funktionssysteme präzisiert. Die Ausdifferenzierung von Funktionssystemen bringt auf der Systembildungsebene der Organisation Organisationen hervor, die ihre internen Operationen an funktionssystembezogen ähnlichen Codes orientieren. Über Beobachtungen zweiter Ordnung kann dann Gleichheit zwischen Organisationen, die gleichen Funktionssystemen zugeordnet werden – beispielsweise Organisationen des Wirtschaftssystems oder Organisationen des medizinischen Systems –, und Ungleichheit zwischen Organisationen, die unterschiedlichen Funktionssystemen zugeordnet werden, behandelt werden. Mit den Begriffen Autopoiesis und Funktionssystembezug allerdings erschöpft sich das systemtheoretische Repertoire zur Thematisierung von Gleichheit und Ungleichheit. Hasse/Krücken halten fest, dass „diejenigen Unterschiede, die über den Einzelfall hinausreichen und dennoch nur eine Teilmenge an Organisationen eines bestimmten Typs erfassen, nicht in das Blickfeld der systemtheoretischen Analysen geraten“ (Hasse/Krücken 2005a: 198). Genauso wenig lässt sich über Systemtheorie herleiten, warum funktionssystemübergreifend eine Orientierung an bestimmten Formen der Organisationsgestaltung und des Organisationswandels dominiert – im konkreten Fall, warum sich die Philosophie des Qualitätsmanagements funktionssystemübergreifend durchsetzt – also Organisationen des Funktionssystems Erziehung sich der Idee genauso anschließen 66
Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages
wie Organisationen des Funktionssystems Wirtschaft (vgl. hierzu Walgenbach 1998, 2000). Die Frage also, warum Qualitätsmanagement im System der Weiterbildung Raum greift, in Organisationen implementiert wird und Akzeptanz gewinnt, lässt sich mit Hilfe der Systemtheorie nur unzureichend beantworten. An dieser Stelle, die gewissermaßen die Anschlussstelle zur Ebene der Gesellschaft markiert, lassen sich aus dem Neo-Institutionalismus und dessen Weiterentwicklungen (vgl. Hasse/Krücken 2005a, b) Impulse gewinnen, die für den vorliegenden Fall respektive die beobachtbaren Konstellationen im System der Weiterbildung eine Erkenntnissteigerung versprechen.
3.2
Die theoriekonstitutiven Begriffe des Neo-Institutionalismus
Im Kontext der Organisationsforschung hat sich der Neo-Institutionalismus weniger als umfassende Organisationstheorie als vielmehr „als Ergänzung mit Schwerpunkten im Bereich der Analyse gesamtgesellschaftlicher oder zwischenorganisatorischer Einflüsse etabliert“ (Hasse/Krücken 2005a: 197). In dieser Hinsicht nimmt auch die vorliegende Arbeit auf den Neo-Institutionalismus Bezug. Der Neo-Institutionalismus fokussiert die Grenze zwischen Organisation und Gesellschaft und betrachtet diese unter der Perspektive von Unsicherheitsabbau und Legitimations- respektive Legitimitätsaufbau in Organisationen. Im Groben geht es bei dem Neo-Institutionalismus um die Untersuchung von Diffusionsprozessen, und zwar die Diffusion externer Ideen in Organisationen (Hasse/Krücken 2005b: 55). Für Organisationen unterschiedlicher Funktionssysteme weisen neo-institutionalistisch ausgerichtete Untersuchungen nach, dass Organisationen gerade nicht in einer „Sphäre ,gesellschaftsfreier‘ Rationalität und Effizienzorientierung“ (Hasse/Krücken 2005b: 55, Herv. i. O.) existieren. Sie sind vielmehr „durch gesellschaftliche Erwartungen im Allgemeinen und durch staatlich-politische Regulierungen im Besonderen beeinflusst“ (Hasse/Krücken 2005b: 55). Für die vorliegende Arbeit sind zwei der drei (Meyer/Rowan 1977; DiMaggio/Powell 1983; Zucker 1977) Stränge zentral: derjenige um Meyer/Rowan (1977)17 mit dem grundlegenden Werk „Institutionalized Organizations: Formal Structures as Myth and Ceremony“ und derjenige von DiMaggio/Powell (1983)18 mit dem Aufsatz „The Iron Cage Revisited: Institutional Isomorphism and Collective Rationality in Organizational Fields“.19 17 Eine deutsche Übersetzung bieten Koch/Schemmann 2009: vgl. Meyer/Rowan 2009. 18 Eine deutsche Übersetzung bieten Koch/Schemmann 2009: vgl. DiMaggio/Powell 2009. 19 Seine Anfänge nimmt der Neo-Institutionalimus in Analysen zu Bildungs- und Kultureinrichtungen. Erst später kommt es zu Untersuchungen im Bereich der Wirtschaft (vgl. Hasse/Krü-
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Meyer/Rowan (1977) begreifen die Umwelt als einen Quasi-Akteur, der die Organisationen gewissermaßen zwingt, diejenigen Verfahren und Praktiken zu adaptieren, denen in der organisationalen Umwelt Rationalität zugeschrieben wird. Indem die Organisationen die in der Gesellschaft verankerten Annahmen spiegeln, steigern sie ihre Legitimität. Letztere sei gegenüber Effizienz vorrangig (vgl. Meyer/Rowan 1977). Damit verbunden ist eine Absage an die – lange leitende – Annahme, dass Effizienz die Strukturierung innerhalb von Organisationen bestimme und Organisationen legitimiere (vgl. Weber 1964a, b). Legitimitäts- und Effizienzerfordernisse gingen eben nicht miteinander einher, sondern seien zwei voneinander unabhängige Variablen (vgl. Meyer/Rowan 1977): Legitimität erhält man, indem ein Pendant zwischen den Rationalitätsannahmen in der Umwelt und in den formalen Strukturen der Organisation geschaffen wird. Die Organisation gleicht sich ihren Umwelten an und entwickelt „formal-rationale Strukturen zur Erzielung von Legitimität und nicht zur möglichst effizienten Problembearbeitung“ (Hasse/Krücken 2005b: 22; Meyer/Rowan 1977). Angleichungsmechanismen werden von Mythen gesteuert (vgl. Meyer/Rowan 1977). Es sind von der Umwelt als rational qualifizierte Konzepte, um die herum sich der Glaube gruppiert, angemessen zu sein und bestimmte rationale Zwecke verfolgen zu können (Meyer/Rowan 1977: 344). Solche als tauglich angesehenen Mythen werden von Organisationen übernommen, ohne empirisch auf ihre Tauglichkeit hin geprüft zu werden. Hinsichtlich der Frage, wie Mythen entstehen, bleiben bei Meyer/Rowan (1977) wie auch anderen Vertretern des Neo-Institutionalismus zahlreiche Fragen offen (vgl. Walgenbach 2000: 69ff.; DiMaggio 1988). Indem Meyer/Rowan (1977: 346ff.) die Entstehung und Weiterentwicklung von Mythen in einen Zusammenhang mit Netzwerkbildungen von Organisation und einer Zunahme institutionalisierter Regeln der Rationalität stellen, erschöpfen sich ihre diesbezüglichen Aussagen. Anleihen zur Präzisierung des Mythenbegriffs lassen sich der Philosophie entnehmen. Hier wird der Mythos als Medium des Menschen begriffen, mit dem dieser von jeher die fundamentalen Welt- und Naturgegebenheiten zu fassen versucht (vgl. Cassirer 1994; Blumenberg 1996; Ignatow 1991; Bonato 1996; Knatz 1999). Mythen haben weder direkte Erfinder noch benennbare Augenblicke ihrer Erfindung (Blumenberg 1996: 299). Dennoch ordnen und rationalisieren sie als Erfindung komplexe, unübersichtliche Phänomene. Sie ebnen Widersprüche ein und schaffen ein kritikresistentes, mit Gefühlen und Leidenschaften aufgeladenes Wissen jenseits allgemeingültiger Rationalitätsstandards (vgl. Cassirer cken 2005b). In die deutschsprachige Erziehungswissenschaft wird der Neo-Institutionalismus erst jüngst sukzessive eingeführt (vgl. allgemein hierzu Koch/Schemmann 2009; vgl. für dem Bereich der Schule Schaefers 2002, 2004, 2009; vgl. für den Bereich der Weiterbildung Hippel v./Fuchs/Tippelt 2008; Koch/Schemmann 2009; Hartz 2004b, 2009; Koch 2009a, b).
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1988: 368ff.; Blumenberg 1996: 292ff., 303ff.). Auch wenn der Mythos keine an ein empirisch geprüftes Wissen rückbindbare Wahrheit enthält, kann er nicht als Verlegenheitsformel für Theorie- oder Wissensmangel kodiert werden, sonst hätte er mit zunehmendem Erstarken der Wissenschaft bzw. zunehmendem Erkenntnisgewinn verdrängt werden müssen (vgl. Blumenberg 1996: 299ff.). Im Mythos wird ein bestimmter Sinn, über den ein bestimmter Geltungsanspruch definiert wird, transportiert. Dieser meist emotional geladene Geltungsanspruch setzt sich als eigene, weitgehend kritikresistente Realitätsebene durch. Folgt man Cassirer, wird in der heutigen Zeit Mythenbildung dann ausgelöst, wenn „ein Geschäft gefährlich und sein Ausgang ungewiß ist“ (Cassirer 1988: 363). Ähnlich argumentiert auch Blumenberg, wenn er den Mythenbedarf innerhalb einer Gesellschaft an den Veränderungsdruck, der immer auch mit Unsicherheit, Kontingenz, Vernunftversagen und Angst zu tun hat, bindet (Blumenberg 1996: 41). Auf dieser Linie liegt die Annahme Kiesers, dass nämlich Managementmythen aus der Angst vor dem Scheitern und der eigenen Hilflosigkeit erwachsen. In einer überkomplexen Welt ordnen Mythen dem gestressten Manager die Umwelt und geben eine Orientierung über Relevanzen und Wichtigkeiten. Im Befolgen von Managementmythen als allgemeingültige, rationale Konzepte entlastet sich der Manager von Verantwortung. Er schafft sich eine Attributionsfläche jenseits seiner Person (vgl. Kieser 1997; Kieser/Hegele 1998). Meyer/Rowan fokussieren weniger die Angst vor Scheitern als vielmehr den Aufbau und Erhalt von Legitimität. Indem Organisationen in ihrer Formalstruktur die durch die Umwelt als rational mystifizierten Konzepte – die Mythen – präsentieren20, erhalten Organisationen Legitimität. Dabei werden weder Fragen nach der Effizienz noch nach der Praxistauglichkeit im und für den konkreten Einzelfall gestellt. Mythen werden vielmehr durch die Organisationen ungeprüft übernommen (Meyer/Rowan 1977) – und zwar, wie empirische Untersuchungen zeigen konnten, insbesondere von großen Organisationen (Greening/Gray 1994; vgl. auch Walgenbach/Beck 2003). An dieser Stelle lässt sich auf die von Jepperson (1991) eingeführte Differenz zwischen „insitutionalization“ und „action“ (Jepperson 1991: 146ff.) rekurrieren, um das Verhalten von Organisationen zu klassifizieren. Als „institutional practice“ könnte es dann bezeichnet werden, wenn etwas nicht mehr hinterfragt und aus Konventionen heraus getan wird. Eine Organisation handelt dann nicht mehr eigenwillig, sondern tut etwas, weil es alle tun. Die Erwartungshaltung der Umwelt wird als so dominant kodiert, dass außer Nachahmung – im Sinne eines Anschlusses an den Mythos – keine Handlungsoptionen gesehen werden, um 20 Ein Beispiel hierfür kann in dem Modernisierungsimperativ der Implementierung von Gruppenarbeit gesehen werden (vgl. hierzu Hartz 2004b).
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Legitimität zu bewahren. „Institutions are taken for granted, then, in the sense that they are both treated as relative fixtures in a social environment and explicated (accounted for) as functional elements of that environment“ (Jepperson 1991: 147). Von „action“ könnte dann gesprochen werden, wenn weniger das „Zur-Schau-Stellen“ des Legitimität erhaltenden Mythos als vielmehr die tatsächliche interne Prozessoptimierung – die interne Effizienz – die Entscheidung der Organisation antreibt (Jepperson 1991).21 Die ungeprüfte Übernahme von Mythen – „institutional practices“ – kann zur Folge haben, dass die in der Umwelt als rational geltende Formalstruktur mit den Bedarfen innerhalb der Organisation inkompatibel ist. Innerhalb der Organisation können zur Reproduktion andere Abläufe erforderlich sein als diejenigen, die die Formalstruktur und die in sie eingetragenen Imperative vorschreiben (vgl. Meyer/Rowan 1977: 353ff.). Organisationen lösen diesen Konflikt, so eine der von Meyer/Rowan formulierten Thesen, indem sie die als störend und untauglich begriffene Formalstruktur von den internen Aktivitäten der Organisation, der Aktivitätsstruktur, entkoppeln (vgl. Meyer/Rowan 1977: 356ff.) bzw. – in der Sprache der Systemtheorie – indem sie die Formalstruktur gerade nicht in Entscheidungen gießen und nicht in den internen Reproduktionszusammenhang integrieren. Eine solche Entkoppelung allerdings bedeutet für Organisationen eine doppelte Anpassungsleistung: eine Anpassung der nach außen inszenierten Formalstruktur an die Rationalitätsmythen der Umwelt und eine Handhabbarmachung der Formalstruktur vor dem Hintergrund gegebener interner Erfordernisse. Die These der Entkoppelung ist innerhalb des Neo-Institutionalismus umstritten (vgl. Scott 1995; Tolbert/Zucker 1996) und bislang noch kaum empirisch untersucht worden. Eine Ausnahme stellt eine qualitativ angelegte Studie aus dem Wirtschaftsbereich von Walgenbach (2000) dar: Dabei deutet sich an, dass die These der Entkoppelung weder in Gänze verworfen noch in Gänze angenommen werden kann. Das Verhältnis ist vielmehr vielschichtiger: „Die Entkoppelung institutionalisierter Strukturelemente von den Arbeitsprozessen erfolgt abgestuft. Das Ausmaß der Entkoppelung wird dabei nicht zuletzt davon beeinflusst, inwieweit sich institutionalisierte Elemente oder ihre Bestandteile ihrer Nutzbarmachung entziehen oder versperren“ (Walgenbach 2000: 431). Darüber hinaus zeigt Walgenbach in eben dieser Studie, dass das Kriterium des Legitimitätserhalts auch im Diskurs um Qualitätsmanagement eine zentrale Rolle spielt (vgl. Walgenbach 1998, 2000; Walgenbach/Beck 2000). Dem 21 Die Begriffe „institutional practice“ und „action“ werden bei Jepperson nicht systematisch differenziert. Im Zusammenhang des Qualitätsmanagements und des von der Umwelt auf Einrichtungen lastenden Drucks läge „action“ auch vor, wenn Einrichtungen kein Qualitätsmanagementsystem einführen.
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Qualitätsmanagement wird in der Umwelt der Organisationen Rationalität zugeschrieben, sodass sich das Konzept zu einem Mythos in dem oben formulierten Sinn entwickeln konnte. Organisationen unterschiedlichster Branchen und Dienstleistungsbereiche – auch der Weiterbildung – stehen vor der Anforderung, selbiges in ihre formalen Strukturen zu integrieren. Für das System der Weiterbildung forciert möglicherweise das hier zur Rede, mit bildungspolitischen Interventionen in Zusammenhang stehende Projekt der „Implementierung von LQW 2 in das System der Weiterbildung“ den Anpassungsdruck geradezu (vgl. Kap. B 2.1; B 3). Infolgedessen könnte im Anschluss an den Neo-Institutionalismus vermutet werden, dass die Entscheidung für LQW stärker über Legitimitätserhalt als über eine enge Koppelung von Formal- und Aktivitätsstruktur strukturiert ist. In Summe spannen sich entlang der Arbeiten Meyer/Rowans und der hierzu generierten empirischen Befunde mit Blick auf den konkreten Fall die folgenden Fragen auf: Inwieweit schließen Organisationen der Weiterbildung formal an die Idee des Qualitätsmanagements an, um Legitimität zu erhalten? Kommt es bzw. inwieweit kommt es der Annahme Meyer/Rowans folgend zu einer Entkoppelung respektive Walgenbach folgend einer Teilentkoppelung zwischen der nach außen inszenierten Formalstruktur und internen Aktivitäten? Gewinnt LQW den Charakter eines mystifizierten Konzeptes? Indem diese Fragen mit Hilfe neoinstitutionalistischer Begrifflichkeiten verfolgt werden, lassen sich Rückschlüsse hinsichtlich der Akzeptanz und Wirkungen der Implementierung von LQW unter der Perspektive der Koppelung von Formal- und Aktivitätsstruktur ziehen (vgl. Kap. E). Zudem lässt sich der Entscheidungsbegriff der Systemtheorie präzisieren. Durch die Differenzierung zwischen Legitimitäts- und Effizienzerfordernis kann nämlich die eine Entscheidung begründende Rationalität in der Differenz von innen und außen in den Blick genommen werden. Die Arbeit von DiMaggio/Powell (1983) schließt an die Verwerfung des Effizienzimperatives und die Fokussierung des Legitimitätserhalts respektive der Legitimation22 als (Re-)Strukturierungsanlass an. Anders als Meyer/Rowan (1977) geht es ihnen weniger um die Gleichheit zwischen Organisation und Umwelt im Allgemeinen als vielmehr um diejenige zwischen Organisationen im Besonderen. Zentral dafür ist der Begriff des organisationalen Feldes, der aus ihrer Sicht die Beziehung zwischen Organisation und Umwelt zu präzisieren vermag. Ein organisationales Feld als relevante gesellschaftliche Umwelt stellt den Bezugs- und Orientierungsrahmen einer Organisation dar. Das organisationale Feld umfasst „those organizations that, in the aggregate, constitute a recognized area of institutional life: key suppliers, resource and product consumers, 22 DiMaggio/Powell benutzen den Begriff der Legitimation.
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regulatory agencies, and other organizations that produce similar services and products“ (DiMaggio/Powell 1983: 148). Damit werden nicht nur konkurrierende Organisationen oder Netzwerke in den Blick genommen, sondern es wird die Gesamtheit aller relevanten Akteure unter der Perspektive von „connectedness“ und „structural equivalence“ betrachtet. Connectedness verweist auf die Transaktionen, durch die die Organisationen miteinander verbunden sind, während der Begriff der „structural equivalence“ auf gleichartige Beziehungen zum Umfeld abstellt (vgl. DiMaggio/Powell 1983: 148). Die Struktur eines organisationalen Feldes lässt sich weder abstrakt noch a priori bestimmen. Strukturelle Charakteristika müssen vielmehr auf der Basis empirischer Untersuchungen gewonnen werden. Hierfür gelten folgende Aspekte als wesentlich: steigende Interaktionshäufigkeit von Organisationen, die Entstehung von interorganisationalen Dominanzstrukturen und Koalitionsmustern, zunehmende Informationsmenge, mit der sich Organisationen innerhalb eines Feldes auseinandersetzen müssen, und die Entwicklung eines Bewusstseins dafür, involviert zu sein (vgl. DiMaggio/Powell 1983: 148). In organisationalen Feldern bilden sich Legitimationsmuster heraus, mit denen Organisationen sich und ihre Umwelt beobachten. Dadurch kommt es auf der Ebene der Formalstruktur zu Angleichungen zwischen Organisationen. DiMaggio/Powell (1983) belegen diesen Angleichungsmechanismus mit dem Begriff der Isomorphie – als die Bestrebung einer in einem bestimmten organisationalen Feld eingelagerten Organisation, in ihren Strukturen die im relevanten organisationalen Feld zirkulierenden Annahmen zu reproduzieren. Mit Strukturangleichung bauen Organisationen die Unsicherheiten einer komplexen, kontingenten Umwelt ab und Legitimität auf (DiMaggio/ Powell 1983). Analytisch unterscheiden DiMaggio/Powell (1983) Isomorphie durch Zwang, mimetischen Isomorphismus und normativen Isomorphismus. Ersterer „results from both formal and informal pressures exerted on organizations by other organizations upon which they are dependent and by cultural expectations in the society within which organizations function” (DiMaggio/ Powell 1983: 150). Demnach basiert Isomorphie durch Zwang auf staatlichen Regulierungsformen wie Rechtsvorschriften, die bindenden Charakter haben, oder auf klaren Weisungsverhältnissen von hierarchisch übergeordneten Organisationen gegenüber hierarchisch untergeordneten Organisationen. Strukturangleichungen durch Zwang dürften im Bereich der Weiterbildung beispielsweise von den in den Weiterbildungsgesetzen der Länder verankerten, auf die Weiterbildungseinrichtungen zurückwirkenden Förderbedingungen ausgehen. Es ließe sich erwarten, dass diejenigen Einrichtungen, die unter gleichen Bedingungen Fördergelder reklamieren, ähnliche (Formal-)Strukturen ausbilden. Entsprechend könnte man annehmen, dass in Bundesländern, in denen Qualitätsmanagement bereits gesetzlich vorgeschrieben ist (vgl. Kap. B 2.1), zwangs72
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weiser Isomorphismus ausgeprägter sein dürfte. Mimetischer Isomorphismus fokussiert Angleichungsprozesse, die auf gegenseitiger Beobachtung und Nachahmung basieren. Nachgeahmt werden die Praktiken derjenigen Organisationen, die innerhalb eines organisationalen Feldes eine hervorgehobene Stellung haben oder die als besonders erfolgreich gelten. Mimetische Prozesse brechen sich insbesondere im Zusammenhang großer Unsicherheiten Bahn (DiMaggio/ Powell 1983), wenn Ziele uneindeutig sind und Handeln unter Mehrdeutigkeit realisiert werden muss (vgl. hierzu March/Olsen 1990). Dieses spielt im vorliegenden Zusammenhang der Implementierung von LQW insbesondere zu Projektbeginn eine bedeutende Rolle: Es dominiert Unsicherheit hinsichtlich der Förderkriterien des in Veränderung begriffenen SGB III (vgl. Kap. B 2.1; E 1.1). Bundesweite staatliche Vorgaben hinsichtlich eines formalisierten Qualitätsmanagementsystems wurden erwartet, waren aber noch so vorläufig, dass sie nur begrenzt als Orientierungsrahmen dienen konnten. Greifen die von DiMaggio/ Powell (1983) beschriebenen Mechanismen im System der Weiterbildung, so wäre zu vermuten, dass die vagen staatlichen Orientierungspunkte mit einer Orientierung an den Praktiken bekannter oder als Vorbild dienender Einrichtungen kompensiert werden. Normativer Isomorphismus beschreibt die Anpassung der formalen Struktur an professionelle Standards – also an Praktiken, die in der professionellen Gemeinschaft als gute Praktiken anerkannt sind. Ihre Anerkennung beziehen sie aus zwei Quellen: „One is the resting of formal education and of legitimation in a cognitive base produced by university specialists; the second is the growth and elaboration of professional networks that span organizations and across which new models diffuse rapidly” (DiMaggio/Powell 1983: 152, 150ff.). Für das System der Weiterbildung sind Professionalisierung und die Entwicklung einer vernetzten Expertenkultur noch nicht so weit fortgeschritten (vgl. Nittel 2000), dass sie als Orientierungsrahmen in einem umfassenden Sinne dienen könnten. Es ist vielmehr so, dass von dem Projekt selbst Professionalisierungs- und Vernetzungsimpulse erwartet werden. Dies impliziert, dass der Anwendung des Modells LQW die Möglichkeit zugeschrieben wird, die Weiterbildungspraxis expertisieren und vernetzen zu können. Diese Zuschreibungen werden erstens durch die Projektbeteiligung des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) als Serviceinstitut für Wissenschaft und Praxis der Weiterbildung und zweitens durch die Tatsache, dass das Modell – zwar angeregt durch andere Funktionssysteme – aber dennoch von Akteuren der Weiterbildung für Organisationen der Weiterbildung im Zusammenspiel von Wissenschaft und Praxis entwickelt worden ist, unterstützt. Normativer Isomorphismus ist hier also modifiziert zu betrachten: Es geht weniger um eine Adaption und Bestätigung bereits etablierter professioneller Standards und Netze als um eine Durchsetzung und (Weiter-)Entwicklung derselben durch systematische Quali73
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tätsentwicklung – forciert durch diejenigen, die im System der Weiterbildung für Professionalität stehen. Wenngleich in der Praxis die drei Isomorphien nicht isoliert vorliegen, sondern in zahlreichen Wechselwirkungen zueinander stehen (vgl. DiMaggio/Powell 1983: 150; vgl. auch Hasse/Krücken 2005b: 27; Krücken 2004), so vermögen mit einer solchen Differenzierung dennoch die Schnittstelle zwischen Organisation und Umwelt respektive die Legitimität erhaltenden Entscheidungen von Organisationen spezifiziert analysiert zu werden: „while the three types intermingle in empirical setting, they tend to derive from different conditions and may lead to different outcomes“ (DiMaggio/Powell 1983: 150). Überträgt man die Überlegungen zu organisationalen Feldern und zu der Vermutung, dass sich innerhalb eines organisationalen Feldes Legitimationsmuster herausbilden, mit denen Organisationen sich und ihre Umwelt beobachten, auf die Weiterbildung, stellen sich zahlreiche Fragen: erstens nämlich, ob die Weiterbildung als Feld verstanden werden kann oder ob sich innerhalb des Systems der Weiterbildung unterschiedliche Felder konstituiert haben bzw. konstituieren und zweitens, ob – wenn die zuletzt formulierte Frage mit Ja beantwortet werden kann – sich in den Feldern unterschiedliche Legitimationsmuster herausbilden. Um diese Fragen zu beantworten, bedarf es einer Spezifizierung des Feldbegriffs für die Weiterbildung. Dies ist dadurch erschwert, dass sowohl der Begriff des organisationalen Feldes selbst als auch die Kriterien, mit Hilfe derer konkrete Felder spezifiziert werden können, in dem Theorieentwurf DiMaggio/ Powells (1983) vage bleiben (vgl. Koch 2009a; Walgenbach 2002; vgl. auch DiMaggio 1986).23 Neben der Frage, wie sich Felder abgrenzen und erfassen lassen, sind die statischen Konzeptionierungen und Formen der Feldbestimmung in die Kritik geraten. In jüngeren Arbeiten wird der eher statischen Fassung eine eher dynamische Fassung organisationaler Felder gegenübergestellt (vgl. Leblebici et al. 1991; Scott 1994). Auf diese Weise können thematische und zeitliche Veränderbarkeiten Berücksichtigung finden (vgl. Walgenbach 2002). In diesem Zusammenhang zu erwähnen sei die Studie von Hoffman (1999). Am Beispiel der chemischen Industrie werden Wandel und Konstitution organisationaler Felder weniger an Technologien oder Märkten als vielmehr an Themen, in die sich Organisationen einklinken, festgeschrieben (Hoffman 1999; Koch 2009a; vgl. auch Herbrechter/Schemmann 2010). 23 DiMaggio/Powell neigen dazu, die analytische Ebene der Zuschreibungspraxis der Forscher auf der Grundlage von Beobachtungen mit den Beobachtungen der konkreten Organisationen zu vermischen (sichtbar anhand der Kriterien selbst (vgl. auch Walgenbach 2002: 173)). Für die vorliegenden Zwecke wird deshalb eine klare Perspektive eingenommen. Die Konstitution eines organisationalen Feldes wird als analytische Konstruktionsleistung des Forschers begriffen, die Selbstzuschreibungen der Organisationen spielen keine Rolle.
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Trotz zahlreicher begrifflicher Unschärfen soll im Folgenden der Begriff des organisationalen Feldes genutzt werden. Dazu bedarf es einer Präzisierung für das System der Weiterbildung im Allgemeinen und für den konkreten zur Rede stehenden Implementationszusammenhang im Besonderen. Die oben aufgeworfene Frage, ob die Weiterbildung an sich als ein Feld verstanden werden kann, kann mit Blick auf den disziplinären Diskurs (vgl. Nuissl 2009; Forneck/Wrana 2005; Schrader 2008, 2010; Kade/Nittel/Seitter 2007; vgl. auch Tietgens 1979) verneint werden. Dies steht mit dem Phänomen einer kaum einheitlich regulierten Weiterbildung in Zusammenhang (vgl. Kap. B 2.1). Aufgrund zersplitterter Zuständigkeiten parzelliert (vgl. Forneck/Wrana 2005; Schrader 2001) sich die Weiterbildung regelrecht in je unterschiedliche Felder. Diese lassen sich nicht anhand eines gewissermaßen starren Kriteriums charakterisieren. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sich über unterschiedliche Merkmale temporär unterschiedliche Felder konstituieren, die Überschneidungen, aber auch Widersprüchlichkeiten aufweisen können. Ein für den vorliegenden Zusammenhang bedeutendes Kriterium, an dem sich organisationale Felder zu konstituieren vermögen, dürften im Anschluss an Schrader (2008, 2010) die Bedingungen der Ressourcen- und der Legitimationsbeschaffung sein. Ressourcen- wie auch Legitimationsbeschaffung sind an die Akzeptanz bestimmter institutioneller Regeln und als anerkannt geltender Rationalitäten gebunden. Ressourcen beschaffen sich Einrichtungen der Weiterbildung durch Aufträge (als Vereinbarung unter hierarchischen Bedingungen) oder Verträge (als Vereinbarung unter gleichen Bedingungen). Legitimationen gewinnen Einrichtungen, indem sie ihre Leistungen in den Dienst öffentlicher oder privater Interessen stellen. Entlang der beiden Dimensionen Ressourcen, mit den Merkmalsausprägungen Auftrag und Vertrag, und Legitimation, mit den Endpunkten öffentliche versus private Interessen, spannt Schrader ein Koordinatensystem mit vier miteinander in Wechselwirkung stehenden Reproduktions- und Steuerungskontexten auf: Staat, Korporationen, Markt und Organisationseinheiten in Unternehmen (vgl. Schrader 2008, 2010).24 In ihnen gelten entsprechend je unterschiedliche Formen der Ressourcen- und Legitimationsbeschaffung, sodass, so die hier verfolgte Argumentation, Ähnlichkeiten zwischen Einrichtungen gleicher und Unähnlichkeit zwischen Einrichtungen unterschiedlicher Kontexte naheliegen. Insofern lassen sich die genannten vier Kontexte unter der Perspektive des Neo-Institutionalismus als je eigene Felder mit je eigenen Reproduktionsbedingungen begreifen (vgl. Schrader 2010). Dem durch öffentliche Interessen und einem Auftrag zu Weiterbildung charakterisierten Reproduktions- und Steuerungskontext Staat 24 In diese Reproduktions- und Steuerungskontexte spielen auch je typische Rechtsformen rein. Charakteristisch für die im Kontext Markt operierende Weiterbildungseinrichtung ist die GmbH, während im Bereich der Korporation der Verein dominiert (vgl. hierzu Schrader 2010).
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gehören Einrichtungen der öffentlich anerkannten Weiterbildung in Verantwortung von Kommune, Stadt oder Land wie beispielsweise Volkshochschulen an. In demjenigen der Korporationen sammeln sich Einrichtungen, für deren Entstehung eine Wertebindung zentral ist. Sie agieren in der Regel im Medium öffentlichen Interesses und beschaffen sich ihre Ressourcen durch Verträge. Typische Vertreter dieses Steuerungskontextes sind kirchliche, gewerkschaftliche oder genderpolitisch orientierte Einrichtungen. Verträge sind auch die zentrale Quelle, aus denen Einrichtungen des Kontextes Markt ihre Ressourcen speisen. Sie allerdings bedienen private Interessen, suchen sich also einen Markt, der für ihre Angebote zahlt. Dem Markt ist die klassische, privatwirtschaftlich agierende Bildungs-GmbH zugeordnet, für die das Primat der Zweckrationalität gilt. Den vierten Kontext bilden Organisationseinheiten in Unternehmen. Sie operieren auf der Grundlage von Aufträgen. In der Realisierung derselben verfolgen sie die privaten Interessen ihres Auftraggebers. Typische Beispiele sind Abteilungen der Personalentwicklung von Unternehmen (vgl. hierzu Schrader 2008, 2010).25 Die in den Reproduktions- und Steuerungskontexten unterschiedlich greifenden Formen der Legitimierung und Ressourcenbeschaffung lassen erwarten, dass in den darüber konstituierten Feldern auch zwangsweisem, mimetischem und normativem Isomorphismus unterschiedliche Bedeutung zugeschrieben wird. Sichtbar wird die Form der Legitimierung über die von den Einrichtungen artikulierte Motivstruktur (vgl. Kap. E 2.1.1). In Bezug auf die über die Motivstruktur zu respezifizierenden Legitimationsformen ließe sich weiterhin vermuten, dass in den unterschiedlichen Feldern unterschiedliche Erwartungen distribuiert und unterschiedliche Wirkungen beobachtet werden (vgl. hierzu Hartz 2009). Derartigen im Anschluss an den Neo-Institutionalimus formulierten Annahmen gilt es, im Ergebnisteil der Arbeit nachzugehen (vgl. Kap. E). Der alleinige Rekurs auf Reproduktions- und Steuerungskontexte genügt jedoch nicht, um die Weiterbildung unter der Perspektive organisationaler Felder zu beschreiben. Über die Differenzierung nach Steuerungs- und Reproduktionskontexten hinaus ist in dem vorliegenden Projektzusammenhang das Bundesland, in dem die Einrichtung angesiedelt ist, bedeutend. Die Bedeutung des Bundeslandes speist sich daraus, dass Weiterbildungspolitik für den Bereich der allgemeinen Weiterbildung in der Verantwortung der Bundesländer liegt. Aufgrund der Kulturhoheit existieren in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Weiterbildungsgesetze, in denen die Frage der Qualitätssicherung unterschiedliche Relevanz hat. Zudem gibt es in den einzelnen Bundesländern 25 Wenngleich sich Einrichtungen in der Regel einem der vier Kontexte zuordnen lassen, entstehen in der praktischen Orientierung der Einrichtungen Spannungsfelder. Möglicherweise muss unterschiedlichen Rationalitäten Rechnung getragen werden, sodass empirisch Mischformen im Sinne hybrider Organisationen entstehen (vgl. beispielsweise Schröer 2005).
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unterschiedliche Positionen zu der Frage, ob und inwieweit Qualitätssicherung durch ein Qualitätsmanagementsystem an die Förderung von Weiterbildungseinrichtungen gebunden werden soll (vgl. Kap. B 2.1; Hartz/Meisel 2006). Die unterschiedlichen Gesetzesgrundlagen und Grundhaltungen lassen erwarten, dass das Modell LQW in den unterschiedlichen Bundesländern unterschiedlich kommuniziert und mit unterschiedlichen Wertzuschreibungen ausgestattet wird. Obwohl sich also vordergründig alle Bundesländer an dem Projekt beteiligen (vgl. Kap. B 3; E 1.2), variiert die landesinterne Positionierung zu LQW. Neben der Vorderbühne der offiziellen Projektbefürwortung gibt es also eine Hinterbühne: Nicht alle Bundesländer unterstützen das Projekt in gleicher Weise. Es lassen sich vielmehr Bundesländer differenzieren, die sich gegenüber dem Projekt befürwortend, neutral oder gar distanziert positionieren. Dieses dürfte die Attraktivität von LQW für Einrichtungen der Weiterbildung in den jeweiligen Bundesländern entsprechend modellieren. Im Anschluss an neo-institutionalistische Überlegungen ließe sich demnach erwarten, dass die jeweiligen Positionierungen der Bundesländer mit der Konstitution je spezifischer Felder einhergehen: die Position des Bundeslandes also feldkonstituierend wirkt. Mit der Zugehörigkeit zu einem Bundesland verbunden und gleichzeitig in gewisser Weise auch gegenläufig zu der über die Bundesländer bestimmten Feldkonstitution ist die Zuordnung der Weiterbildungseinrichtungen zu den regionalen Unterstützungseinheiten (sowie die Inanspruchnahme der Angebote der regionalen Unterstützungseinheiten durch die Weiterbildungseinrichtungen). Im Kontext der Implementierung von LQW werden bundesweit sechs Unterstützungseinheiten eingerichtet, die zwar regional, immer aber auch bundeslandübergreifend agieren. Damit kommt ein Kriterium ins Spiel, das in gewisser Weise Landesgrenzen aufweicht und gegenläufig zu dem Kriterium einer qua Kulturhoheit bedingten, landesgrenzenbezogenen Feldkonstitution ist. Die Zugehörigkeit einer Weiterbildungseinrichtung zu einer Unterstützungsstelle als Kriterium, an dem sich Felder zu konstituieren vermögen, ist ein Aspekt, der insbesondere im Laufe des Projektes an Relevanz gewinnen könnte. Schließlich ist es erklärtes Ziel, während des Projektes die regionalen Unterstützungsstellen im System der Weiterbildung zu verankern. Was die Unterstützungsstellen anbelangt, so erscheint für den hier verfolgten Zusammenhang eine Verbindung der Idee des organisationalen Feldes von DiMaggio/Powell mit der Idee der Vermittlungsinstanzen im Rahmen des „world polity“-Ansatzes bedeutsam. Der „world polity“Ansatz geht davon aus, dass eine „broad cultural order that has explicit origins in Western society“ (Meyer 1987: 41) dem Handeln von Staaten, Organisationen und Individuen vorausgesetzt ist, dieses leitet und sich weltweit durchsetzt. Zwischen Weltgesellschaft als Absender der „world polity“ und Organisationen als Adressaten der „world polity“ fungieren Agenten (vgl. Meyer/Jepperson 2005) 77
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oder Vermittlungsinstanzen (vgl. Hasse/Krücken 2005a: 198f.). Ihr Agieren ist wesentlich für die Verbreitung der in der „world polity“ eingetragenen Strukturierungen und Vorgeformtheiten und nicht zuletzt die weltweite Isomorphie (Meyer 1987; Meyer/Jepperson 2005). Dabei gehen Meyer/Jepperson (2005) davon aus, dass die „world polity“ von den Agenten weitgehend einheitlich verbreitet wird. Hasse/Krücken (2005a) teilen diese Einschätzung nicht. Sie kritisieren, dass Aspekte des Wandels, der Änderung oder Abweichung mit der Annahme einer einheitlichen Rezeption nur unzureichend behandelt werden können. Folgte man an dieser Stelle Meyer/Jepperson, desensibilisierte sich auch der Neo-Institutionalismus gegenüber einzelfallübergreifenden Unterschieden (vgl. Hasse/Krücken 2005a). Hasse/Krücken (2005a) dagegen argumentieren, dass „es [einerseits, S.H.] eine Gemeinsamkeit dieser Vermittlungsinstanzen [ist, S.H.], dass sie aus Legitimitätsgründen in besonderer Weise den Vorgaben der „world polity“ verpflichtet sind. (…) Andererseits gilt aber auch hier das Organisationsprinzip der losen Koppelung. Das heißt, diese Vermittlungsinstanzen greifen Vorgaben der „world polity“ selektiv, eigensinnig und mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf“ (Hasse/Krücken 2005a: 198f., Herv. i. O.). Vermittlungsinstanzen sind damit nicht per se positive Verstärker von Ideen – wie dies in frühen Ansätzen des Neo-Institutionalismus noch angelegt gewesen ist (vgl. Meyer/Jepperson 2005). Indem ihre operative Geschlossenheit anerkannt wird, ist vielmehr davon auszugehen, dass durch sie Ideen sehr unterschiedlich prozessiert und an Organisationen herangetragen werden. Einzelfallübergreifende Gemeinsamkeiten auf der einen Seite und Unterschiede zu Organisationen, die im Kontext anderer Vermittlungsinstanzen agieren, auf der anderen Seite können damit Erklärungen zugänglich gemacht werden. In Summe gewinnt man hiermit ein Analyseinstrument, um den mit der Herausbildung neuer Populationen interagierenden Wandel und Veränderungen der „world polity“ beschreibbar machen zu können (vgl. Hasse/Krücken 2005a: 198ff.). Im vorliegenden Fall können die regionalen Unterstützungseinheiten als Vermittlungsinstanzen eingeordnet werden. Die Unterstützungsstellen haben alle die gleichen Aufgaben – nämlich lokal die Idee LQW mit den Organisationen der Weiterbildung zu „vernetzen“. Folgt man Hasse/Krücken (2005a), werden sie diese, ihrer Rezeptionslogik entsprechend, unterschiedlich umsetzen. Dadurch sorgen sie einerseits für Variation und andererseits für eine feldspezifische Form der Isomorphie. Deshalb wird die Zugehörigkeit zu einer Unterstützungsstelle als ein Kriterium betrachtet, das ein organisationales Feld zu konstituieren vermag. Damit integriert man neben den Kriterien Ressourcen/Legitimation und Positionierung des Bundeslandes eine regionale und zugleich länderübergreifende Komponente. Sie erlaubt es, den Fragen nachzugehen, inwieweit die Unterstützungsstellen durch ihre jeweiligen Aktivitäten zu einer Verbreitung von LQW beitragen, ob sich möglicherweise 78
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aus deren Agieren übergreifende Unterschiede und Gleichheiten ergeben und sie die Bedeutung der jeweiligen bildungspolitischen Position zu relativieren vermögen (vgl. insbesondere Kap. E 2.1.1). Um den Begriff des organisationalen Feldes für das „parzellierte Feld der Weiterbildung“ (Forneck/Wrana 2005) zu präzisieren und das teilweise vorliegende Nebeneinander organisationaler Felder in den Blick nehmen zu können, soll hier neben Steuerungs- und Reproduktionskontext, Bundesland und Zuordnung zu einer Unterstützungseinheit auch der von Hoffman (1999) in der Debatte verankerte Gedanke, dass sich Felder über Themen konstituieren, aufgegriffen werden. Nicht zuletzt ist nämlich auch denkbar, dass die an der Implementierung von LQW beteiligten Einrichtungen über das Thema LQW ein eigenes Feld bilden. Möglicherweise spricht das Qualitätsmanagementmodell LQW Einrichtungen eines bestimmten Typs an. Einander unbekannte Einrichtungen mit latent vorhandenen Gemeinsamkeiten werden über die Entscheidung für LQW gebündelt und miteinander in Austausch gebracht. Demnach wäre vorstellbar, dass sich über das Thema LQW – über die unterschiedlichen Reproduktions- und Steuerungskontexte, die Landesgrenzen wie auch die Zugehörigkeit zu Vermittlungsinstanzen hinweg – ein Feld konstituiert. Das Thema LQW würde dann nach innen hin Einheitlichkeit und nach außen hin Differenz markieren (vgl. hierzu auch Kap. E 2.1.2.5). Anders gewendet würde sich an der Entscheidung für ein bestimmtes Qualitätsmanagementmodell – ISO, EFQM, LQW etc. – eine thematisch strukturierte In- bzw. Exklusion in ein bestimmtes bzw. aus einem bestimmten Feld ergeben. Die Feldkonstitution entlang von Themen wird darüber hinaus unter der Perspektive der Differenz berufliche versus allgemeine Weiterbildung beobachtet. Beide Bereiche unterliegen unterschiedlichen Hoheiten. Wird Erstere durch den Bund reguliert, unterliegt Letztere der Hoheit der Länder (vgl. Kap. B 2.1; C 3.3). Darüber hinaus hat sich von Ersterer aus die Verbreitung von Qualitätsmanagement in der Weiterbildung mit der Distribution der ISO-Norm durch CERTQUA entsponnen (vgl. Kap. B 2.2.1). Insofern wäre zu prüfen, ob sich entlang der Differenz berufliche versus allgemeine Weiterbildung bzw. hohe versus geringe Bedeutung beruflicher Bildung für die Einrichtungen unterschiedliche Legitimierungsformen finden und Felder konstituieren. Im Anschluss an die von DiMaggio/Powell (1983) geprägte Figur des organisationalen Feldes wird im System der Weiterbildung demnach davon ausgegangen, dass sich vielschichtige, durch mehrere institutionalisierte Regeln charakterisierte, themenspezifisch temporäre Felder bilden, die durch ein Nebeneinander und Ineinandergreifen von Merkmalen und Merkmalskombinationen bestimmt sind. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Neo-Institutionalismus seine Stärke darin hat, zu erklären, warum der Gedanke des Qualitätsmanagements in 79
Teil C
Organisationen unterschiedlicher Funktionssysteme Verbreitung findet. Mit der Differenz von Legitimität und Effizienz lassen sich über ihn die Entscheidungen unterliegenden Rationalitäten präzisieren. Damit gewinnt man für die Analyse der die Form von Entscheidungen annehmenden Kommunikationen eine Konkretion, die die Systemtheorie entbehrt. Zudem lässt sich die Doppelstruktur von Organisationen – die Formal- und die Aktivitätsstruktur – adressieren. Defizitär ist der Ansatz, wenn es darum geht, Umformulierungen des Qualitätsmanagementgedankens zu analysieren – beispielsweise die Herausbildung von LQW als Umformulierung des aus dem Wirtschaftssystem kommenden Qualitätsmanagements für die Weiterbildung. Das Gleiche trifft für die Erklärung von Unterschieden in der internen Umsetzung respektive die Umformulierungen der in LQW eingetragenen Ideen in den Organisationen der Weiterbildung zu. Hier bleiben dem Neo-Institutionalismus die hilfreichen, aber nicht hinreichenden Verweise auf die organisationalen Felder sowie auf die variierende Distributionsform der Vermittlungsinstanzen. An diesen Stellen tritt die Bedeutung von Systemtheorie hervor: Mit ihr lassen sich – nicht zuletzt – einzelfallbezogene Umformulierungen durch einen Verweis auf die autopoietischen Prozesse des sozialen Systems begründen. Sie erlaubt aufgrund ihrer eigenen Komplexität, das Feld der Weiterbildung und die initiierten grenzüberschreitenden Kommunikationen in ihrer Komplexität zu erfassen.
3.3
Differenzierung von (Sub-)Systemen im System der Weiterbildung vor dem Hintergrund der theoretischen Grundlagen
Für den Untersuchungsgegenstand ist es bedeutsam zu präzisieren, welche (Sub-)Systeme bei der Implementierung des Testierungsverfahrens der Lernerorientierten Qualitätstestierung (LQW) in das System der Weiterbildung lose gekoppelt miteinander in Beziehung stehen und an dem grenzüberschreitenden Kommunikationszusammenhang teilnehmen. Um die miteinander interagierenden (Sub-)Systeme zu ordnen, wird auf die unterschiedlichen Ebenen der Systembildung zurückgegriffen: Gesellschaft, Organisation und Interaktion (vgl. Luhmann 2004a, b, 1996)26. Gleichzeitig genügt für die vorliegende Untersuchung diese Differenzierung nicht. Bedeutend für die Implementierung von LQW und die Form der Distribution der Idee ist die Ebene der Vermittlungsinstanzen (vgl. Kap. C 3.2). Die Vermittlungsinstanzen können – insbesondere aus analytischen Gründen – als eine Ebene der Systembildung begriffen werden, 26 Damit wird an die gleiche Ordnungsfolie angeschlossen, mit der in Kapitel B 1 die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen in der Qualitätsdebatte differenziert werden.
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Theoretische Reformulierung des Evaluationsauftrages
die sich zwischen die Ebene der Gesellschaft und die Ebene der Organisation schiebt. Sie ergänzt somit die drei Ebenen der Systembildung um eine vierte Ebene. Die Eigenständigkeit begründet sich damit, dass Vermittlungsinstanzen weder den Status eines Funktionssystems haben – sodass sie auf der Ebene der Gesellschaft angesiedelt werden könnten – noch eine eine Funktion ausübende Organisation innerhalb eines Funktionssystems im strengen Sinne sind – sodass sie der Ebene der Organisation zugerechnet werden könnten. Sie liegen vielmehr dazwischen und vermitteln zwischen den Erwartungen der Makroebene und den Adressaten der Implementierung von LQW – den Weiterbildungsorganisationen der Mesoebene (vgl. Hasse/Krücken 2005a). Die Leistung einer derartigen Ebenendifferenzierung liegt darin, die einzelnen (Sub-)Systeme allokalisieren zu können und damit die Komplexität und Vielfältigkeit des Untersuchungszusammenhangs systematisch zugänglich zu machen. Funktionen und Rationalitäten, denen die unterschiedlichen (Sub-) Systeme unterliegen, können auf diese Weise präzise differenziert und die Quellen isomorphistischer Mechanismen adressiert werden. Damit können Zuschreibungen (Erwartungen und Motive) vor dem Hintergrund ebenenbezogener und (sub-)systemspezifischer Rationalitäten in den Blick genommen und die Rezeption von LQW mit den – den jeweiligen Funktionssystemen eigenen – Reproduktionslogiken relationiert werden. Gesellschaft Bedeutend für die Weiterbildungspraxis ist der gesellschaftliche Kontext, in dem sie sich vollzieht. Die auf der Ebene der Gesellschaft angesiedelten Funktionssysteme setzen die Prämissen für das Operieren anderer Systeme auf gleicher bzw. niederer Systemebene (Interaktion und Organisation) (vgl. Baraldi/Corsi/ Esposito 1999: 63). Dabei orientiert sich die Kommunikation der auf dieser Ebene angesiedelten Systeme an den jeweiligen zu erfüllenden Funktionen (Wirtschaft: haben/nicht-haben – Geld, Recht: recht/unrecht – Gesetze, Politik: innehaben/nicht-innehaben – Macht etc.). Für die Weiterbildung bestimmt sich diese Ebene u. a. über gesellschaftliche Leistungen und Erwartungen, über die politische Bereitstellung von Ressourcen und Rahmenbedingungen zur Realisierung von Weiterbildung, über die Steuerungsformen und gesetzlichen Grundlagen (vgl. hierzu auch Kap. B 2). Für den hier fokussierten Untersuchungsgegenstand lassen sich folgende Funktionssysteme als für die Weiterbildung und Fragen der Implementierung von Qualitätsmanagementsystemen relevante ausweisen: Zentral auf dieser Ebene ist das mit Bildungsfragen betraute und in das Bildungssystem mit Steuerungsversuchen intervenierende politische System. Dieses ist wesentlicher Referenzpunkt des zwangsweisen Isomorphismus. Für die Weiterbildung gibt es auf politischer Ebene eine geteilte Zuständigkeit: Für die 81
Teil C
allgemeine Weiterbildung liegt die Hoheit bei den Bundesländern, für die berufliche Weiterbildung dagegen bei dem Bund (vgl. Kap. B 2.1). Insofern sind für den hier verfolgten Untersuchungszusammenhang sowohl die auf Landesebene als auch die auf Bundesebene operierenden Akteure und geltenden Erlasse von Relevanz. Die Bedeutung von Bundes- und Landesebene profiliert sich noch dadurch, dass das zur Rede stehende Projekt als ein Bund-Länder-Verbundprojekt verankert gewesen ist. Als Reproduktionscode des politischen Systems gilt das Innehaben bzw. Nicht-Innehaben von Macht (vgl. Luhmann 2002b). Es trifft Entscheidungen, mit denen es versucht, Einblicke in die für es unzugänglichen Operationen anderer Systeme – insbesondere der Einrichtungen – zu gewinnen. Die für das Weiterbildungssystem relevanten Entscheidungen legen Handlungskorridore nahe und schließen andere wiederum aus. Die Bedeutung, die die Entscheidungen des politischen Systems für das Weiterbildungssystem haben – die Macht –, hängt davon ab, wie verbindlich die Entscheidungen des politischen Systems für die Weiterbildung bzw. Einrichtungen der Weiterbildung sind. Es gibt in den Entscheidungen und Erlassen des politischen Systems eingetragene feste Größen, die für die Einrichtungen eine hohe Verbindlichkeit haben. So müssen beispielsweise die in Landesgesetzen festgehaltenen Förderbedingungen eingehalten werden, will man gefördert werden. Zugleich ist die Verbindlichkeit, die solche Entscheidungen und Erlasse für Einrichtungen haben, immer auch eine Frage der Zuschreibung durch die und Relevanzbildung in der Einrichtung. Im Jahr 200327 – zum Zeitpunkt der Implementierung von LQW – kann noch mehrheitlich eine geringe, in der Entscheidung der politischen Akteure eingetragene manifeste Verbindlichkeit, sich mit Qualitätsmanagement auseinanderzusetzen, angenommen werden. Die vom politischen System getroffene Entscheidung ist nur dort eine manifeste Größe, wo der Nachweis von Qualitätsmanagement ein Förder- bzw. Anerkennungskriterium ist (wie beispielsweise in den Ländergesetzen des Stadtstaates Bremen, der Länder Niedersachsen, Thüringen (vgl. dazu Kuhlenkamp 2003) oder jüngst Sachsen (Weiterbildungsförderungsverordnung – WbFöVO, 15.10.2008), eingeschränkt im Saarland oder zu erwarten in Nordrhein-Westfalen). Auch das lange diskutierte Gesetz für Träger und Maßnahmen der beruflichen Bildung, die von der Bundesagentur für Arbeit gefördert werden, ist 2003 noch keine manifeste Größe. Erst seit Juni 2004 muss nach dem Dritten Sozialgesetzbuch ein System zur Sicherung der Qualität nachgewiesen und dieses von so genannten Fachkundigen Stellen geprüft werden (vgl. Anerkennungs- und Zulassungsverordnung – Weiterbildung – AZWV 2004; vgl. auch Kap. B 2.1). Abgesehen von 27 Zu diesem Zeitpunkt mussten sich die hier zur Rede stehenden Einrichtungen entscheiden, ob sie LQW im Rahmen des Projektes einführen oder nicht. Bis zur Marktöffnung – parallel zur Verabschiedung der AZWV – im Sommer 2004 waren keine Anmeldungen möglich.
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der Zugehörigkeit zu einem Bundesland hängt es insofern wesentlich von der Zuschreibungspraxis der Einrichtung ab, ob und inwieweit 2003 die organisationsinterne Etablierung eines Qualitätsmanagementsystems als eine manifest gesetzlich vorgeschriebene Anforderung eingeordnet wird. Denn Gesetze wirken nicht erst ab dem Zeitpunkt ihres Erlasses. Die sich um sie während ihres Entstehens gruppierenden Diskurse werfen vielmehr ihre Schatten voraus. Auch die Initiierung dieses Projektes wird in den Kontext von Diskussionen um Gesetzesnovellierungen gestellt. Es zeugt von der Bedeutungszuschreibung der Weiterbildungspolitik an die Qualitätsthematik respektive an eine Auseinandersetzung der Weiterbildungseinrichtungen mit Qualitätsfragen und hat entsprechende Signalwirkungen. In Summe also erzeugen solche Diskurse Gefolgschaft, gleichwohl selbige noch nicht in gesetzlichen Regeln verankert ist. Die von Bund und Ländern für die Durchführung der Testierung autorisierte Testierungsstelle (vgl. dazu Power 1997, 2000) ist ein weiteres zentrales, auf der Ebene der Gesellschaft allokalisierbares, an dem Kommunikationszusammenhang LQW beteiligtes (Sub-)System. Die Testierungsstelle ist diejenige Instanz, die den rechtlichen und organisatorischen Rahmen der Testierung nach LQW verantwortet. In der Projektlaufzeit der ersten Durchführungsphase ist sie gewissermaßen Bund und Land unterstellt. In der zweiten Durchführungsphase löst sich die Testierungsstelle von der Projektförderung und agiert ausschließlich privatwirtschaftlich. Ihr Interesse ist es, Einrichtungen für LQW zu gewinnen. Nur dann kann sie sich im betriebswirtschaftlichen Sinne reproduzieren. Unter Reproduktionsgesichtspunkten ist die Testierungsstelle wesentlich von den Einrichtungen der Weiterbildung, die sich LQW unterziehen, abhängig. Insofern haben die Einrichtungen der Weiterbildung Macht gegenüber der Testierungsstelle. Zugleich sind auch die Operationen der Testierungsstelle gegenüber den Einrichtungen über Macht bestimmt. Sie entscheidet nämlich auf der Grundlage des Selbstreportes (vgl. Kap. B 2.3) hinsichtlich der Erfüllung versus Nicht-Erfüllung von Standards und damit über Inklusion und Exklusion.28 Sie steuert damit entlang bestimmter im LQW-Modell verankerter Kriterien, welche Einrichtungen die über das Testat sichtbare Glaubwürdigkeit erlangen, dass sie das, was sie tun, gut tun. Die Testierungsstelle hat hoheitliche Aufsicht über die von den Gutachtern verfassten Gutachten. Sie überwacht die Qualität der Gutachtertätigkeit und prüft damit letztinstanzlich die Einhaltung der Standards zur Qualitätsentwicklung in den Einrichtungen. Ihre Funktion erlaubt es ihr, Einrichtungen betreffende Standards zur Qualitätsentwicklung in dem LQWModell festzuschreiben und Kriterien der Qualitätssicherung gegenüber den 28 Forneck/Wrana sprechen hinsichtlich der Zertifizierungsagenturen von einem „institutionellen Niederschlag der neuen Grammatik des Regierens“ (Forneck/Wrana 2005: 175).
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Teil C
als Qualitätsüberwacher eingesetzten Gutachtern zu setzen. Sie hat damit qua Funktion die Macht, Standards für das System der Weiterbildung zu definieren und steuernd in die Weiterbildung einzugreifen (vgl. Erhardt 2006). Auf der Ebene der Gesellschaft zu allokalisieren sind weiterhin die Gutachter und Berater: Sie sind durch die von Bund und Ländern autorisierte Testierungsstelle autorisiert und stehen in der formalen Machtkaskade unterhalb der Testierungsstelle. Indem sie von ihr das Mandat der Begutachtung erhalten, müssen sie in einem gewissen Rahmen die Logik der Testierungsstelle anerkennen und nicht zuletzt auch deren Interessen distribuieren – sonst droht der Verlust des Mandats. Als Gutachter und Berater gelten diejenigen Personen, die eine Spezialausbildung (vgl. Ehses 2005) für die Beratung und Begutachtung der Implementierung von LQW in den konkreten Einrichtungen der Weiterbildung absolviert haben. Insgesamt wurden für die Implementierung von LQW im Rahmen des niedersächsischen Pilotprojektes sowie während der ersten Durchführungsphase in mehreren Ausbildungsgängen Gutachter und Berater ausgebildet. Die Gruppe der Gutachter und Berater kommt durch Selbst- und Fremdselektion zustande: Auf der Folie einer Ausschreibung, in der ein bestimmtes Qualifikationsprofil gefordert wird, kann man sich um eine Ausbildung bewerben. Die Bewerbung basiert demnach auf Freiwilligkeit (Selbstselektion). Die Annahme der Bewerbung fußt auf einer Prüfung der Bewerbungsunterlagen anhand des erstellten Qualifikationsprofils sowie einem Bewerbungsgespräch (Fremdselektion)29. Die die Fremdselektion leitenden Kriterien – das Qualifikationsprofil – sind das Produkt einer Absprache zwischen Bund, Ländern, Testierungsstelle und DIE. Durch diese beiden Formen der Selektion handelt es sich bei dem Kreis der Gutachter/Berater um Personen mit bestimmten Merkmalskonstellationen, die die Repräsentanz des Mandats in der von der Testierungsstelle gewünschten Form wahrscheinlich machen. Da sie quantitativ betrachtet den intensivsten (Direkt-) Kontakt zu den Einrichtungen haben und LQW vor Ort repräsentieren, gewinnen sie, auch wenn sie in der formalen Machtkaskade am unteren Rand stehen, Macht. In ihrer Scharnierfunktion zwischen Testierungsstelle und Einrichtung tragen sie wesentlich zum Ausmaß der Akzeptanz von LQW in den Einrichtungen der Weiterbildung bei (vgl. Erhart 2006; Bosche 2007).
29 Als Voraussetzungen gelten: ein einschlägiges Studium im sozialwissenschaftlichen Bereich, organisationsbezogene Zusatzqualifikationen, z. B. Organisationsberatungs- oder Qualitätsmanagementfortbildungen, Organisationsberatungserfahrungen, Branchenkenntnis in der Weiterbildung.
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Ebene der Vermittlungsinstanzen Für die Implementierung von LQW bedeutend ist, wie bereits erwähnt, die Ebene der Vermittlungsinstanzen. Deshalb findet im Anschluss an den Neo-Institutionalismus (Hasse/Krücken 2005a) eine Erweiterung der Luhmann’schen Ebenendifferenzierung statt. Die Vermittlungsinstanzen legitimieren und reproduzieren sich durch die zu initiierenden Akte der Vernetzung. Als Agenten der Idee LQW adressieren sie die Organisationen der Weiterbildung und initiieren Vernetzung zwischen diesen und mit den auf der Ebene der Gesellschaft allokalisierten Akteuren. Vernetzungsarbeit wird insbesondere durch die im DIE angesiedelten Tätigkeiten geleistet. Dabei geht es in der ersten Durchführungsphase um die Vernetzung von Beratern untereinander und den Austausch zwischen Einrichtungen. Als Aktivitäten der Vernetzung gelten Workshops, Informationsseminare und Fortbildungen rund um das Thema Qualität und Qualitätsentwicklung. In der zweiten Durchführungsphase konzentriert sich die Arbeit der Zentralstelle auf die Professionalisierung des Feldes. Diese veränderte Schwerpunktsetzung resultiert unmittelbar aus den in der ersten Durchführungsphase generierten Ergebnissen, die Defizite in dieser Hinsicht belegen. Zentral für Vernetzung sind in der ersten Durchführungsphase auch die regionalen Unterstützungsstellen. Durch sie soll der anfänglich sehr hohe Informations- und Beratungsbedarf der Weiterbildungseinrichtungen aufgefangen und die Idee LQW lokal distribuiert werden (vgl. Hochdörffer 2006). Mit der Einbindung des DIE in diese Funktion können die Vermittlungsinstanzen als Referenzpunkt des normativen Isomorphismus angesehen werden. Sie rekrutieren sich aus den als professionell geltenden Peers, vertreten das Thema Qualität und arbeiten an einer Durchsetzung und (Weiter-)Entwicklung professioneller Standards. Insgesamt wurden bundesweit sechs dieser Unterstützungsstellen eingerichtet, die je nach den regionalen Gegebenheiten unterschiedliche Verbreitungsund Unterstützungsstrategien realisieren. Das konkrete Zustandekommen der einzelnen Unterstützungsstellen oszilliert zwischen Selbstinitiative, politischem Willen sowie einer Steuerung durch die Testierungsstelle und das DIE – sie sind auf jeden Fall in der ersten Durchführungsphase auf die Autorisierung durch die Zentralstelle – das DIE – angewiesen. Nach Projektende erhält sich die Idee der dezentral operierenden Unterstützungsstellen. Von den während der Projektlaufzeit eingerichteten Unterstützungsstellen sind diejenigen erhalten geblieben, die in besonderer Weise der Logik der Testierungsstellen entsprochen haben. Zugleich sind weitere Stellen hinzugekommen. Sie bieten ihr Unterstützungsangebot in engem Kontakt mit der Testierungsstelle an (vgl. dazu auch die Verankerung der Unterstützung auf der Homepage der Testierungsstelle, ArtSet: http:// www.artset-lqw.de/cms/index.php?id=regionale-unterstuetzung: 22.02.2010).
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Organisation Die Implementierung von LQW zielt auf die Ebene der Weiterbildungsorganisationen. Sie bilden gewissermaßen das organisierte Zentrum des Weiterbildungssystems und geben dem Lernen einen Ort. Wenn im System der Weiterbildung von Organisationen die Rede ist, dann sind damit die einzelnen Weiterbildungseinrichtungen gemeint, die in irgendeiner Weise die gesellschaftlich gesetzten Prämissen „verarbeiten“. Die gesellschaftlichen Prämissen sind für Organisationen der Weiterbildung nicht immer eindeutig. Unterschiedliche Funktionsbezüge – wie Ökonomie, Politik, Wissenschaft – samt den in den Reproduktionskontexten eingetragenen Anforderungen können als Orientierungsgröße relevant werden. D. h.: Organisationen agieren im Spannungsfeld unterschiedlicher Anforderungen, denen in der internen Reproduktion Rechnung getragen werden muss (vgl. Dollhausen 2008; Schrader 2008; vgl. Kap. C 3.2). Für die Implementierung von LQW in das System der Weiterbildung stellen die Organisationen der Weiterbildung den neuralgischen Punkt dar. Sie sind zunächst Adressat der Implementationsabsicht. Folgen sie der politischen Aufforderung, werden sie im günstigen Fall mit einem nach außen sichtbaren Testat belohnt. Sie sind zugleich als operativ geschlossene Systeme auch Akteure. An ihrer Beteiligung bzw. Nichtbeteiligung an LQW, an der Art und Weise, wie sie darüber kommunizieren und wie sie dadurch ihre interne Steuerungskompetenz verbessern, entscheiden sich Akzeptanz und Wirkungen der Steuerungsabsicht. Da Organisationen füreinander Orientierungspunkt sein können, sie einander beobachten und nachahmen, sind sie in der Sprache des Neo-Institutionalismus als diejenige Ebene zu begreifen, von der mimetische Formen der Strukturangleichung ausgehen. Für die Untersuchung der Implementierung von LQW sind vor diesem Hintergrund vorrangig diejenigen Einrichtungen von Interesse, die sich zu einer Beteiligung an LQW entscheiden und den Testierungsprozess durchlaufen. An ihnen kann analysiert werden, wie die durch die gesellschaftliche Ebene gesetzten Prämissen, hier: das Qualitätsmanagementmodell, kommuniziert und in Entscheidungen überführt werden (beispielsweise als veränderte Organisationsstrukturen). Allerdings sind nicht nur diejenigen Einrichtungen von Interesse, die sich an LQW beteiligen, sondern auch diejenigen Einrichtungen, die sich bewusst für eine andere Form der Zertifizierung/Testierung entscheiden, Einrichtungen, die sich bei der Testierungsstelle zunächst für eine Testierung nach LQW 2 angemeldet, sich aber, noch bevor erste Schritte in der Einrichtung initiiert wurden, wieder abgemeldet haben, oder Einrichtungen, die im laufenden Prozess abgesprungen sind.
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Interaktion Innovationsabsichten, Umstrukturierungsprogramme oder im vorliegenden Fall die LQW unterlegten Imperative müssen immer durch das Nadelöhr derjenigen, die sie in den Organisationen in Handlung transferieren (Hartz 2004b; Hartz 2007). Insofern ist auch die Aggregationsebene der Interaktion (vgl. Kap. B 1) zentral für den Kommunikationszusammenhang LQW. Sie lässt sich anhand derjenigen Akteure ausdifferenzieren, die an Interaktionen in Einrichtungen der Weiterbildung teilhaben: die Mitglieder und Nicht-Mitglieder der Weiterbildungseinrichtungen. Einrichtungsleiter, pädagogische Mitarbeiter und Verwaltungspersonal sind i. d. R. Mitglieder der Organisation. Ihre formalisierte Mitgliedschaft ist an die Realisierung einer bestimmten Funktion gebunden. Dazu stellen sie – in Grenzen – ihr Handeln unter die Prämisse organisationaler Interessen und Rationalitäten und tragen funktionsbezogen zur Reproduktion der Organisation bei. Wesentlich sind auch die Nicht-Mitglieder der Organisation: die freien Trainer und Dozenten. Freie Trainer und Dozenten reproduzieren sich durch den Verkauf ihrer Lehrtätigkeit an Bildungseinrichtungen. Um sich auf diesem Markt zu behaupten, müssen sie einerseits Bindung zu einzelnen Organisationen herstellen, ohne sich andererseits zu sehr von einem einzelnen Auftraggeber abhängig zu machen (vgl. Rosenbladt v./Thebis 2004). Von der Weiterbildungseinrichtung aus betrachtet sind sie zentral für die Qualität der Bildungsarbeit, da sie in direkter Interaktion mit dem eigentlichen Kunden, dem Lernenden, stehen (vgl. Schrader/Hartz 2003). Insofern müssen sowohl die Mitglieder als auch die Nicht-Mitglieder der Organisation die aus der Implementierung von LQW in den Einrichtungen resultierenden Veränderungen tragen (vgl. Hartz 2004b, 2007, 2008c). Beide können also als Adressaten und Akteure des Implementationszusammenhangs LQW gleichermaßen eingeordnet werden. Mit der im Modell eingetragenen Anforderung, eine Definition gelungenen Lernens zum Ausgangspunkt der Qualitätsentwicklung zu machen, nimmt darüber hinaus der Lernende, dessen Interesse an Weiterbildung Analysen zufolge von geselligem Klientelismus (Harney/Markowitz 1987) bis hin zur Bewältigung einer Abschlussprüfung reichen kann, eine exponierte Stellung ein. Er fließt als hypothetische Größe in die Qualitätsarbeit der Organisation ein und soll idealerweise von der Organisationsentwicklung profitieren. Insofern hat auch der Lernende, Teilnehmende oder Kunde teil an dem Kommunikationszusammenhang LQW.
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Teil C
4
Forschungsfragen auf der Grundlage von Auftrag und Theorie
Nachdem nun mit Hilfe der Systemtheorie und des Neo-Institutionalismus ein theoretischer Bezugsrahmen ausgewiesen wurde, durch den die Komplexität des Feldes gespiegelt und die an dem Implementationszusammenhang beteiligten, unterschiedlichen (Sub-)Systeme allokalisiert werden konnten, lassen sich nun die Forschungsfragen zu Akzeptanz und Wirkung der Implementierung von LQW präzisieren. Über die theoretische Reformulierung des Evaluationsgegenstandes hinaus ist für die Forschungsfragen der Anschluss an den Diskurszusammenhang des Praxisfeldes relevant. Hierbei geht es um die Kommunikationen, die durch das Modell LQW nahegelegt werden (vgl. Kap. B 2.3), sowie um die Konkretisierung von Fragen, die sich über das Praxisfeld der Weiterbildung herleiten lassen und sich aus der Reflexion der dort zirkulierenden Probleme ergeben (vgl. insbesondere Kap. B 2.1; B 2.2.2). Um Aussagen über die Akzeptanz von LQW treffen zu können, werden Fragen der Verbreitung, der Anerkennung des Qualitätsverständnisses sowie der Sinnzuschreibung und Legitimierung untersucht: Verbreitung Unter der Perspektive der Verbreitung geht es um die Frage, welche und wie viele Einrichtungen sich LQW anschließen, ob LQW für Einrichtungen unterschiedlicher Steuerungskontexte – oder mit dem Neo-Institutionalismus gesprochen – unterschiedlicher Felder unterschiedlich attraktiv ist und damit unterschiedlich Akzeptanz findet. Die diesbezügliche Entwicklung gilt es über den engen Untersuchungszeitraum der Implementierung hinaus von 2004 bis 2009 zu betrachten. Akzeptanz des Qualitätsverständnisses Grundlegend für die Akzeptanz von LQW ist, dass das dem Modell unterlegte Qualitätsverständnis geteilt wird. Deshalb wird zu untersuchen sein, wie sich das von außen an das System der Weiterbildung herangetragene Qualitätsmanagementsystem und das dem Modell unterlegte Qualitätsverständnis in den unterschiedlichen, lose miteinander gekoppelten (Sub-)Systemen kommunikativ durchsetzt. Neuralgischer Punkt an dieser Stelle sind die Einrichtungen der Weiterbildung, sodass sie den Fokus der Analyse bilden. Hierbei stellt sich die Frage, ob das auf politischer Ebene konsensual verabschiedete, in LQW geronnene Qualitätsverständnis in den Einrichtungen geteilt und LQW von den Mitarbeitenden angenommen wird.
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Sinnzuschreibung und Legitimierung entlang von Motiven und Erwartungen In engem Zusammenhang zu der Frage der Akzeptanz stehen darüber hinaus die Motive, die Einrichtungen für ihre Beteiligung an LQW heranziehen. Es wird geschaut, was die Bezugnahme auf LQW motiviert und welche Sinnzuschreibungen zum Ausdruck kommen. Stehen unter systemtheoretischer Perspektive die Sinnzuschreibungen im Allgemeinen im Vordergrund, wird unter neo-institutionalistischer Perspektive untersucht, ob sich Einrichtungen aus Effizienzgründen oder aus Gründen des Legitimitätserhalts der Einführung von LQW unterziehen, ob es also um die Erfüllung von Umweltanforderungen oder um eine Verbesserung interner Prozesse mit dem Ziel einer Effizienzsteigerung geht. Hinsichtlich der Frage, wie Einrichtungen die Implementierung legitimieren, wird untersucht, ob und, wenn ja, welche Mechanismen der Isomorphie aktiviert werden, ob sich Einrichtungen identifizieren lassen, die gleichen Legitimationsmustern folgen, und was die diesbezüglichen Modellierungsparameter sind. Letzteres stellt auf die Bedeutung unterschiedlicher organisationaler Felder für die von den Einrichtungen in Anschlag gebrachte Motivstruktur ab. Unter systemtheoretischer Perspektive lässt sich annehmen, dass Einrichtungen, die sich der Implementierung von LQW unterziehen, dieses mit bestimmten Erwartungen tun. Deshalb wird der Frage nachgegangen, was die Einrichtungen von der Implementierung des Modells LQW erwarten, d. h., wie sie die Implementierung von LQW mit Sinn ausstatten. Dieses wird auf die Idee der organisationalen Felder zurückbezogen, um zu untersuchen, welche Bedeutung die unterschiedlichen organisationalen Felder für die von den Einrichtungen genannte Erwartungsstruktur haben. Die Fragen operieren mit Annahmen, welche quasi unabhängigen Variablen die abhängige Variable Akzeptanz beeinflussen. Vor dem Hintergrund von Theorieanschluss und Struktur der Weiterbildung sind dies beispielsweise die die organisationalen Felder bestimmenden Faktoren wie Reproduktions- und Steuerungskontexte (Staat, Markt, Korporationen, Unternehmen), Bundesland (Gesetz, Positionierung der Bildungspolitik zu LQW), Bedeutungszuschreibung an Vernetzung, die Wichtigkeit beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen, die thematischen Schwerpunktsetzungen, die Einrichtungsgröße, Vorkenntnisse in der Qualitätsthematik, interne versus externe Motivierung etc. Welche „Kriteriumsvariablen“ konkret in die einzelnen Auswertungen integriert werden, bestimmt sich über die bis zu dem jeweiligen Teil bereits generierten Befunde. D. h., dass die Auswertung sukzessive entlang der Ergebnisse angepasst wird.
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Teil C
Bezogen auf die zweite Untersuchungsdimension, die Wirkungen, fokussiert die vorliegende Arbeit vornehmlich die Ebene der Organisationen respektive die Schnittstelle zwischen Organisation und Interaktion. Die Organisationen sind gefordert, das Steuerungsansinnen mit Sinn zu füllen. Dies geht letztendlich nur über das Agieren der in ihnen arbeitenden Mitarbeitenden. Hierüber bestimmen sich die Wirkungen, die LQW für Einrichtungen der Weiterbildung konkret hat. Im Anschluss an Theorie, Modell und Praxisfeld werden Fragen zu den kommunikativen Anschlüssen, der Vereinbarkeit der beiden Handlungslogiken und zu der für den Neo-Institutionalismus zentralen Thematik von Koppelungen und Entkoppelungen untersucht: Kommunikative Anschlüsse Unter der Perspektive kommunikativer Anschlüsse geht es um die Fragen, welchen Sinnzusammenhang die Systeme bei der Bezugnahme auf LQW zum Ausdruck bringen, wo vor dem Hintergrund der jeweiligen Systemreferenzen Anschlussmöglichkeiten und -grenzen existieren und wie LQW in den Einrichtungen der Weiterbildung wirkt. Ziel ist es, Typiken der Bezugnahme zu identifizieren und zu untersuchen, ob die dem Modell unterlegten Ideen von Einrichtungen, die hinsichtlich ähnlicher Merkmalsausprägungen gruppiert werden können, ähnlich rezipiert werden. Mit Blick auf die kommunikativen Anschlüsse geht es darüber hinaus um die Fragen, ob und, wenn ja, wie Kommunikationen in Entscheidungen gegossen werden, sich die Kommunikation zwischen den an der Interaktion beteiligten (Sub-)Systemen ändert und neues Wissen inkludiert wird. Vereinbarkeit der Handlungslogiken Entsprechend der Modellausrichtung von LQW geht es weiterhin um die Frage, ob LQW sowohl die pädagogische als auch die organisationale Handlungslogik zu bedienen vermag, ob die Einseitigkeit bisheriger Zuschnitte von Qualitätsmanagementmodellen auf die Optimierung organisationaler Prozesse überwunden und eine Fokussierung des pädagogischen Kerngeschäfts integriert werden kann. Darüber hinaus wird geschaut, ob es einen Zusammenhang zwischen Typiken der Bezugnahme und Wirkung auf eine der beiden Handlungslogiken oder gar die Verbindung beider gibt. Entkoppelung von Formal- und Aktivitätsstruktur Mit Blick auf den Neo-Institutionalismus wird die Thematik von Koppelung und Entkoppelung von Formal- und Aktivitätsstruktur verfolgt. In dieser Hinsicht wird zu untersuchen sein, ob beide in Konkurrenz oder Kongruenz zuein-
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ander stehen. Damit verbunden ist die Frage der Mythenbildung, die um LQW herum geschaffen wird. Auch hinter diesen Fragestellungen verbergen sich Annahmen zu den die Wirkungen modellierenden, unabhängigen Variablen. Dabei wird unterschieden zwischen: (1) feldbezogenen Faktoren wie Reproduktions- und Steuerungskontext (Finanzierung, Legitimation), Bundesland (Gesetz, Positionierung der Bildungspolitik zu LQW) und Grad der Vernetzung, (2) Ausgangslage in der Einrichtung wie das von den Einrichtungen zum Ausdruck gebrachte Qualitätsverständnis, die Frage, inwieweit dieses von den Mitarbeitenden geteilt wird, die Dauer der bisherigen Beschäftigung mit der Qualitätsthematik, die Frage, woher der Anstoß zur Auseinandersetzung mit der Qualitätsthematik kommt, die Erwartungen und die Motivstruktur sowie (3) Aspekten der Prozessgestaltung, von denen hemmende wie auch förderliche Impulse auf die internen Wirkungen und Fragen von Koppelung und Entkoppelung zu erwarten sind. Wenngleich der Fokus der hier vorliegenden Studie auf die Ebene der Organisation gerichtet ist, ist es zur Beantwortung dieser Fragen notwendig, den Umgang der einzelnen (Sub-)Systeme unterschiedlicher Systemebenen mit LQW in den Blick zu nehmen, ihre je spezifische Perspektive auf LQW zu analysieren und mit derjenigen der anderen (Sub-)Systeme in Bezug zu setzen (vgl. Kap. D).
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Teil D: Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung und Auswertungsstrategie
Nachdem der Theorieanschluss dargestellt und Fragen formuliert worden sind, erfordert die Konstitution des Untersuchungsgegenstandes auch Entscheidungen hinsichtlich des zur Anwendung kommenden Untersuchungsdesigns und der einzusetzenden Methoden. Das Ergebnis dieser Entscheidungen – das Design der Untersuchung – ist Gegenstand dieses Kapitels. Gleichwohl die Anordnung der Kapitel eine lineare Beziehung zwischen Theorieanschluss, Frage und Methode suggeriert, ist dies in der Forschungspraxis mitnichten der Fall. Die drei den Forschungsgegenstand konstituierenden Bereiche stehen in einem interdependenten Verhältnis zueinander, da in allen drei Bereichen in Abhängigkeit vom Erkenntnisinteresse forschungsleitende Entscheidungen getroffen werden, die mit den Entscheidungen der jeweils anderen Bereiche verbunden sind. Vom Erkenntnisinteresse ausgehend, Akzeptanz und Wirkungen zu analysieren, wird zunächst eine grundsätzliche Verortung der Untersuchung unter der Perspektive der Besonderheiten der Evaluationsforschung vorgenommen (Kap. D 1.1). Die Theoriewahl und die entsprechende Reformulierung des Evaluationsgegenstandes im Anschluss an die Systemtheorie erfordern es, einige Überlegungen zu (systemtheoretisch orientierter) Forschung voranzustellen. Hierbei wird die spezifische Perspektive der Systemtheorie auf Phänomene der Realität mit Blick auf das methodische Vorgehen sowie die zum Einsatz kommenden Instrumente reflektiert (Kap. D 1.2). Anschließend werden die Formen der Datenerhebung im Allgemeinen erörtert (Kap. D 2.1), um dann die ebenenbezogene Form der Datenerhebung und der Stichprobe im Besonderen zu entfalten (Kap. D 2.2). In einem weiteren Kapitel gilt es, das Datenmaterial unter der Perspektive der Gütekriterien zu reflektieren (vgl. Kap. D 3). Zuletzt werden die Auswertungsstrategien für das generierte Datenmaterial dargelegt (Kap. D 4).
93 Stefanie Hartz, Qualität in Organisationen der Weiterbildung, DOI 10.1007/ 978-3-531-93115-9_4, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Teil D
1
Methodische Überlegungen
1.1
Grundsätzliche Verortung der Untersuchung vor dem Hintergrund der Besonderheiten der Evaluationsforschung
Wie in den Theorieanschluss und die Forschungsfragen tragen sich auch in das Untersuchungsdesign die Differenzen zwischen Grundlagenforschung und Evaluationsforschung in nicht unwesentlicher Form ein. Erheblich für Evaluationsforschung ist es, den Aspekt der Nützlichkeit – d. h. der zeitnahen, adäquaten Wissensgenerierung für die Auftraggeber – und die Bedingungen des Feldes prioritär zu behandeln (vgl. Kap. C 1). Die vorliegende Evaluationsstudie ist deshalb als formative Evaluation konzipiert, mit dem Ziel Aussagen zur Akzeptanz und zu den Wirkungen zeitnah zu formulieren. Wie bereits dargelegt sind der Generierung von Wirkaussagen Grenzen gesetzt, da das dafür als Königsweg ausgewiesene Experiment aus den in Kapitel C 1 angeführten Gründen nicht realisiert werden kann. Im Anschluss an die dort dargelegte Argumentation kommen vielmehr Vorher-Nachher-Vergleiche zum Tragen. Diese werden im Rahmen der Datenauswertung durch Strategien des Ex-Post-Facto-Designs ergänzt. Durch eine Integration der oben genannten (Sub-)Systeme in die Untersuchung, einen kontrollierten Wechsel von Systemreferenzen sowie die Kombination unterschiedlicher Erhebungsmethoden sollen auf der Basis von Selbst- und Fremdeinschätzungen – in begrenztem Rahmen – Aussagen über die Wirkungen der Implementierung von LQW 2 in das System der Weiterbildung möglich werden. Vor dem Hintergrund des bislang wenig theoretisch ausgeleuchteten Forschungsthemas, der Komplexität des Gegenstandes und der Unmöglichkeit, ex ante exakte Wirkverläufe zu formulieren, verbindet die vorliegende formative Evaluationsstudie explorative, explanative und deskriptive Anteile (vgl. hierzu Bortz/Döring 20051). Explorativ ist die Studie insofern, als mit qualitativen und quantitativen Verfahren systematisch Informationen über den Untersuchungsgegenstand gesammelt werden, um den Untersuchungsgegenstand zu beschreiben und um Hypothesen- wie auch Theoriebildung vorzubereiten. Folgt man der Differenzierung von Bortz/Döring, kann diese Vorgehensweise als empiriebasierte Exploration bezeichnet werden (vgl. Bortz/Döring 2005: 373ff.; Kromrey 2006: 71ff.). Im Rahmen der formativ angelegten Evaluationsstudie wird die Datenerhebung wie auch die Konstruktion der Datenerhebungsinstrumente parallel zu ersten Auswertungen und immer unter Zeitdruck präzisiert. U. a. durch Fallstudien und kontinuierliche Beobachtungen galt es, die „heuristischen Suchstra1
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Vgl. zur Abgrenzung zwischen deskriptiven, explorativen und explanativen Untersuchungen Bortz/Döring 2005.
Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
tegien“ (Wollmann/Hellstern 1977) voranzutreiben sowie die konkreten Erhebungsinstrumente und Indikatoren für Akzeptanz und Wirkungen feldnah zu operationalisieren. Auf dieser Grundlage werden standardisierte wie auch teilstandardisierte Instrumente entwickelt, mit denen Vorher-Nachher-Erhebungen realisiert werden. Das explorative Vorgehen trägt sich auch in die Datenanalyse ein: Bei der Analyse der qualitativen und auch der quantitativen Daten kommen Strukturen entdeckende Verfahren zum Einsatz – im Falle qualitativer Verfahren die Auswertung nach den Prinzipien der Grounded Theory (Kap. D 4.1) und im Falle quantitativer Verfahren die Faktorenanalyse und die Clusteranalyse (vgl. Kap. D 4.2). Ihr Ziel ist es, Muster oder Regelmäßigkeiten in den Daten aufzuspüren. Die theoretische Reformulierung des Forschungsauftrages im Anschluss an die Systemtheorie und an den Neo-Institutionalismus erlaubt es – wie oben dargestellt – darüber hinaus, Fragen an den Untersuchungsgegenstand zu formulieren und – bei aller Vorsicht – zwischen quasi abhängigen Variablen und quasi unabhängigen Variablen zu unterscheiden (vgl. Kap. C 4). Zusammen mit dem formativen Ansatz der Evaluation und den damit einhergehenden prozessbezogenen Auswertungen von Daten konnten im Verlauf der Untersuchung Hypothesen aufgestellt werden, die es dann im weiteren Forschungsverlauf zu prüfen galt. Dieses ermöglicht es, Ex-Post-Facto-Designs zu konzipieren und die in den Fragen implizierten Annahmen zu prüfen. Insofern trägt die Arbeit auch explanative Anteile (vgl. hierzu Bortz/Döring 2005). Neben den explorativen und explanativen Elementen hat die Untersuchung auch deskriptive Züge. Denn es soll nicht zuletzt auch darum gehen, durch dichte Beschreibungen (Geertz 2002) Kenntnisse über den noch wenig ausgeleuchteten Untersuchungsgegenstand zu gewinnen.
1.2
Methodische Überlegungen vor dem Hintergrund des theoretischen Zugangs
Für die konkrete Umsetzung der formativen Evaluation mit explorativ beschreibenden und explanativen Elementen in ein Untersuchungsdesign ist es vor dem Hintergrund der Theorieentscheidung für die Systemtheorie bedeutend, einige grundsätzliche Prämissen, die selbige an den Zugang zu Phänomenen der Wirklichkeit impliziert, in Rechnung zu stellen. Wirklichkeit im Verständnis der Systemtheorie liegt nicht per se vor. Sie ist nur über Unterscheidungen zugänglich. Demnach orientiert sich Systemtheorie an Unterscheidungen und beobachtet Beobachtungen hinsichtlich getroffener Unterscheidungen. Beobachten als eine Grundoperation ist die Handhabung einer Unterscheidung. Dabei wird eine Seite bezeichnet und die andere, die nicht95
Teil D
bezeichnete Seite, kontinuierlich mitgeführt. Systeme können nicht anders als durch die Nutzung von Unterscheidungen erkennen und sich darüber Wirklichkeit erschließen. Dies bedeutet, dass das, „was für das System Welt ist und damit Realität hat, über Unterscheidungen konstituiert“ (Luhmann 2005: 39) ist. Wirklichkeit liegt insofern weder schlicht vor, noch wird sie negiert. „Bestritten wird nur die erkenntnistheoretische Relevanz einer ontologischen Darstellung der Realität“ (Luhmann 2005). Luhmann nennt dies „De-ontologisierung der Realität“ (Luhmann 2005: 35, Herv. i. O.) verbunden mit der „Unterbrechung des unmittelbaren Kontinuums von Realität und Kenntnis“ (Luhmann 2004a: 37). Kurzum: Erkennen ist nicht gleich Realität, sondern eine unterscheidungsbasierte Konstruktion (Luhmann 1996, 2005). Diese unterscheidungsbasierte Konstruktion von Wirklichkeit bedingt, dass Realität als ein stets in Veränderungen begriffenes Resultat eines Zusammenspiels standpunktbezogener, unterscheidungsbasierter Beobachtungen betrachtet werden muss (Luhmann 1996, 2005). Dieses hat Auswirkungen auf die Erfassung des Untersuchungsgegenstandes (1) wie auch auf die Einordnung von Forschung respektive die Aussagen, die getroffen werden (2): (1) Beobachtungsperspektiven dürfen gerade nicht in der Logik des „entweder oder“ gegeneinander ausgespielt werden. Es geht vielmehr darum, durch eine Anerkennung der unterschiedlichen Beobachtungen ein Phänomen multidimensional zu erfassen (vgl. dazu Vogd 2005a) und die Beobachterstandpunkte miteinander in einen Zusammenhang zu stellen. Unterschiedliche Beobachterperspektiven der Beobachter erster Ordnung in eine Untersuchung zu integrieren, erscheint demnach geradezu unausweichlich. Nur so kann der Untersuchungsgegenstand in seiner Komplexität erhalten und nur so können – für den vorliegenden Fall – differenzierte Aussagen über Akzeptanz und Wirkung der Implementierung von LQW in das System der Weiterbildung getroffen werden. Akzeptanz und Wirkungen sind demnach nicht gegeben. Sie sind vielmehr Zuschreibungen durch die Beobachter erster Ordnung. D. h.: Sie werden durch die zur Anwendung kommenden Unterscheidungen der Beobachter erster Ordnung gewissermaßen erst geschaffen. (2) Aufgabe der Forschung in diesem Zusammenhang ist es, zu beobachten, wie diese Unterscheidungen hervorgebracht werden. Dabei gilt für die Beobachtungen der Forschung im Besonderen Gleiches wie für Beobachtungen im Allgemeinen. Das, was Empiriker gemeinhin als „Wirklichkeit“ betrachten, ist das Produkt von Beobachtungen. Damit weist Systemtheorie in radikaler Weise darauf hin, dass Empirie gerade kein „unmittelbarer Realitätskontakt“ ist, sondern dass eine jede Theorieentscheidung, „das, was sich dem empiri96
Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
schen Blick zeigt, erst sichtbar macht“ (Nassehi 1998: 205; vgl. auch Vogd 2005a). Forschung produziert Beobachtungen zweiter Ordnung, indem sie Beobachtungen erster Ordnung, also die Beobachtungen der beobachteten Systeme, dahin gehend beobachtet, wie beobachtet wird. Ziel der Beobachtungen zweiter Ordnung ist es, mit den durch sie zur Anwendung kommenden Unterscheidungen, die Beobachtungen erster Ordnung hinsichtlich der in ihnen eingetragenen Unterscheidungen zu befragen und das durch die Beobachtung sichtbar und unsichtbar Gemachte zu fokussieren (vgl. Luhmann 2004c: 142ff., 2005: 43). Für die Beobachtung zweiter Ordnung – im konkreten Fall den Blick des Forschers – ist es entscheidend, dass die Unterscheidungen, die im Vollzug des Beobachtens zum Tragen kommen als kontingente Unterscheidungen mitreflektiert werden. Dieses bedeutet auch zu explizieren, welche Beobachtungen welche Unterscheidungen implizieren und welche Beobachtungen ausgeklammert und im Bereich des „blinden Flecks“ liegen (vgl. hierzu Luhmann 2004a: 43; vgl. auch Nassehi 1998; Vogd 2005a; Ahlemeyer 1996). Bei einer konsequenten Umsetzung dieser Forderung endete man im infiniten Regress von Beobachtungen n-ter Ordnung und wäre mit der Ausführung all dessen beschäftigt, was man nicht tut. Im vorliegenden Zusammenhang wird derart damit umgegangen, dass die forschungsleitenden Entscheidungen offengelegt werden – eine nicht gerade systemtheoriespezifische, wenngleich auch vielfach nicht eingehaltene Anforderung an Forschung – und dass eine Sensibilität dafür aufrechterhalten wird, dass empirische Forschung immer nur kontingente Beobachtungen zweiter Ordnung erzeugen kann und Ergebnisse immer nur als das spezifische Zusammenspiel von Theorieanschluss, Fragestellung, Erhebungsinstrumenten und Datenauswertung begriffen werden können. Insgesamt sind Versuche einer methodologischen Interpretation systemtheoretischer Konzepte rar (vgl. Schneider 1995; vgl. Pfeffer 20042, vgl. Vogd 2005a3).4 2
3
4
Pfeffer stellt eine Verbindung zwischen der Familientherapie und dem dort zum Einsatz gebrachten zirkulären Fragen auf der einen Seite und der Systemtheorie auf der anderen Seite her. In diesem Zusammenhang entwickelt er erste Orientierungen für die Durchführung von Interviews. Vogd bezieht Systemtheorie und rekonstruktive Sozialforschung nach Bohnsack aufeinander. Sein Ziel ist es, Systemtheorie für empirische Forschung zu öffnen (vgl. Vogd 2005a). Vogds Arbeit basiert auf dem Vergleich verschiedener Fälle. Dadurch „werden auf der einen Seite die Kontingenzen des Sinngeschehens aus der Varianz der gefundenen Selektionen deutlich. Auf der anderen Seite geben die Gemeinsamkeiten in den Selektionsmustern Hinweise auf die funktionalen Notwendigkeiten und eröffnen Generalisierungspotentiale“ (Vogd 2005a: 31). Luhmanns vorrangiges Interesse kann darin gesehen werden, die Soziologie aus der Theoriekrise zu befreien. Diesen Weg sieht er nicht in der Aneinanderreihung empirischer Forschung (Luhmann 1996: 7). In der hohen Bedeutungszuschreibung an Theorie und der zum Ausdruck
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Teil D
Bislang ist die Nutzung der Systemtheorie in der empirischen Forschung noch defizitär (vgl. Vogd 2005a; vgl. kritisch zu den Folgen der Profilierung der Theoriearbeit Luhmanns auf empirische Forschung Haferkamp 1987: 60ff.; vgl. die Nutzung der Systemtheorie in der Erwachsenenbildung exemplarisch Dollhausen 2008; Behrmann 20085; vgl. dazu auch Hartz/Schardt 2010) – und das, obwohl sie eines der wesentlichen Theorieangebote der Soziologie bildet und obwohl sich in den Funktionssystemanalysen Luhmanns immer wieder empirische Rückbindungen finden lassen. Ahlemeyer bringt dieses Defizit damit in Verbindung, dass die methodischen Probleme durch die Fokussierung auf Kommunikationen nicht geringer werden (Ahlemeyer 1996: 36; Pfeffer 2004: 14). Als Forscher ist man mit der Anforderung konfrontiert, zirkuläre Strukturen, also Prozesse, der Beobachtung zugänglich zu machen – eine Problematik, die – wenngleich sie in der Systemtheorie besonders virulent wird – sich nicht nur innerhalb derselben, sondern auch außerhalb stellt. Sofern Systemtheorie überhaupt für empirische Forschung genutzt wird, wird der umgekehrte Weg einer systemtheoretischen Interpretation methodologischer Konzepte beschritten (vgl. hierzu Hausendorf 1992; Froschauer/Lueger 1992; Schneider 1995). Es wird Bezug auf Methoden genommen, die in anderen theoretischen Kontexten entwickelt wurden, und diese werden auf die spezifischen, durch die Systemtheorie aufgeworfenen Fragen und die daraus resultierenden Bedarfe hin fokussiert (vgl. Pfeffer 2004: 13ff.). Dieser Weg wird auch in der vorliegenden Arbeit beschritten. Damit schließt die Arbeit an eine sozusagen konventionelle Perspektive der Wissenschaftsdisziplinen an: dass nämlich nicht die Methode den Distinktionsgewinn zwischen den Disziplinen erzeugt, sondern die Frage. Dem ist die Annahme unterlegt, dass sich Wissenschaftsdisziplinen durch eine spezifische Verknüpfung von gegenstandsbezogenen Fragen einerseits sowie Theorien und Methoden, die eine Beantwortung dieser Fragen ermöglichen, andererseits konstituieren. Exklusiv sind die Fragen, während Theorien und Methoden in der Regel nicht nur in ei-
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gebrachten Distanz zu Empirie in der Theorie Luhmanns sieht Haferkamp die Distanz zu einer Umsetzung der Systemtheorie in empirische Forschung angelegt (Haferkamp 1987: 60ff.). Luhmann selbst hat insofern den Abstand der Theorie zur empirischen Forschung vorbereitet (vgl. Luhmann 2004a: 39), indem er, wie es Nassehi zusammenfasst, einen „kategorialen Vorrang der Gesellschaftstheorie vor der empirischen Forschung“ (Nassehi 1998: 199) postuliert (vgl. Luhmann 2004a, b). Dollhausen (2008) wie auch Behrmann (2008) schließen an den Begriff der Entscheidung ihre Forschungsarbeiten an, ohne jedoch eine systematische methodologische Interpretation vorzunehmen. So beschäftigt sich Dollhausen mit dem Phänomen der Angebotsplanung in Weiterbildungseinrichtungen und begreift die programmplanungsbezogenen Operationen als eine Aneinanderreihung von Entscheidungen (Dollhausen 2008). Behrmann nutzt die Kategorie der Entscheidung, um einen durch Qualitätsmanagement orientierten Organisationsentwicklungsprozess zu analysieren (Behrmann 2008).
Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
ner, sondern in unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen genutzt werden (vgl. Schrader/Hartz 2007; Schrader 2006). Für die Fragestellung und damit das Untersuchungsdesign ist es zentral, alle Ereignisse als kommunikativ erzeugte Ereignisse teilsystemischer Autopoiesis zu betrachten. Dazu genügt es nicht, von der Einzelperson auf die Kommunikation zu schließen. Es muss vielmehr die Koproduktion von Bewusstsein und Sozialem in Rechnung gestellt und die operative Verkettung der dreistelligen Kommunikationen fokussiert werden. Um kommunikative Phänomene aus den unterschiedlichen Beobachtungen der an der Kommunikation beteiligten Funktions- und (Sub-)Systeme heraus zu analysieren und der sich selbst prozessierenden Kommunikation auf die Spur zu kommen, ist es – wie bereits angedeutet – wichtig zu beobachten, vor dem Hintergrund welchen Sinnzusammenhangs die beobachteten Systeme ihre Unterscheidungen treffen und welche Codes zur Anwendung kommen. Es geht also um die Suche nach den Unterscheidungen, nach denen die Beforschten operieren. Die Behandlung der Befragten als Beobachter erster Ordnung, die nicht Wirklichkeiten beschreiben, sondern kontingente Beobachtungen anbieten, erfordert eine entsprechende Fragetechnik (vgl. Kap. D 2.1). Sie impliziert, dass die unterschiedlichen Beobachter bzw. die an dem Kommunikationszusammenhang beteiligten Funktions- oder (Sub-)Systeme explizit nach Beobachtungen gefragt werden – und zwar nicht nach allgemeinen Beobachtungen (Was ist das Problem?), sondern nach den Beobachtungen des jeweiligen Funktions- oder (Sub-)Systems (bspw.: Was ist das Problem aus der Sicht der Bildungspolitik?) (vgl. Pfeffer 2004). Besonders geeignet hierfür sind Erklärungsfragen, die auf die Vergangenheit, die Gegenwart wie auch die Zukunft gerichtet sein können (vgl. Pfeffer 2004: 63). Konkret wird an die Idee des zirkulären Fragens angeschlossen. Sie hat ihren Ursprung in der Familientherapie und ist durch Pfeffer für die Sozialwissenschaften fruchtbar gemacht worden (Pfeffer 2004). Im vorliegenden Zusammenhang wird sie als Heuristik genutzt, um den kontrollierten Wechsel zwischen Selbst- und Fremdreferenz anzuleiten und um die jeweiligen, von den sozialen Systemen aus konstruierten Sinnformen und Unterscheidungen, mit denen sie sich auf LQW beziehen, in den Blick zu nehmen. Es wird analysiert, wie bestimmte Zurechnungen erzeugt und Wirklichkeiten konstruiert werden, wie sie im Kommunikationskontext aufeinander bezogen sind (vgl. auch Pfeffer 2004: 96) und wie die einzelnen (Sub-)Systeme trotz gegenseitiger Irritation ihren eigenen Sinnzusammenhang bewahren und LQW an ihre Realitäten adaptieren. Zugleich sensibilisiert die Systemtheorie dafür, dass der Eintritt des Forschers in den Untersuchungszusammenhang durch seine Fragen irritiert oder gar stört. Der Interviewer wird Teil des Systems (Ahlemeyer 1996). Die von 99
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ihm während des Verlaufs teilweise implizit, teilweise explizit in den Fragen zur Anwendung kommenden Unterscheidungen beeinflussen die Interviewsituation respektive die in den Antworten eingetragenen Unterscheidungen der Interviewten (Ahlemeyer 1996; Vogd 2005a).
2
Formen der Datenerhebung6
2.1
Instrumente der Datenerhebung
Indem Realität als ein stets in Veränderungen begriffenes Resultat eines Zusammenspiels standpunktbezogener, unterscheidungsbasierter Beobachtungen betrachtet wird und – abstrakt formuliert – danach gefragt wird, wie LQW das System der Weiterbildung kommunikativ durchdringt und welche Anschlüsse in den einzelnen, das System der Weiterbildung konstituierenden (Sub-)Systemen erzeugt werden, erscheint es erforderlich, alle unter Kap. C 3.3 ausgewiesenen (Sub-)Systeme in die Untersuchung zu integrieren. Neben der Differenzierung der miteinander in Interpenetration stehenden (Sub-)Systeme ist es zudem bedeutsam, der Prozesshaftigkeit Rechnung zu tragen. Nur so können Aussagen zu Veränderungen, zu Akzeptanz und Wirkungen der Implementierung von LQW 2 in das System der Weiterbildung getroffen werden. Prozesse im eigentlichen Sinne allerdings sind schwer zugänglich und entziehen sich der unmittelbaren Beobachtung. Ein Hilfskonstrukt zur Handhabbarmachung von Prozessen ist die Verbindung zweier oder mehrerer Messzeitpunkte. Dabei ist die Wahl eines Messzeitpunktes immer eine Selektion. Ziel ist es, aus der analytischen Verknüpfung der Selektionen Schlüsse darüber zu ziehen, wie der Prozess verläuft.7 Im vorliegenden Fall werden im Wesentlichen zwei Messzeitpunkte miteinander verknüpft. Grundsätzlich werden zu einem ersten Messzeitpunkt Motivlagen und Erwartungen, die die unterschiedlichen Funktions- und (Sub-) Systeme im System Weiterbildung an die Implementierung von LQW respektive andere Funktions- und (Sub-)Systeme herantragen, erhoben und ihre Interpenetration analysiert. Zu einem zweiten Messzeitpunkt werden die von einzelnen Systemen beobachteten Wirkungen der Implementierung von LQW erfasst. Die Wirkungen lassen sich in veränderten Kommunikationen oder veränderten Entscheidungen manifestieren (vgl. Kap. C 3.1). Insofern fokussiert der zweite Messzeitpunkt, wie die von politischer Seite gesetzten Prämissen in den ein6 7
Vgl. hierzu auch die Ausführungen im Abschlussbericht Hartz/Goeze/Schrader 2007. Diese Messproblematik verstärkt sich, wenn man wie im vorliegenden Fall Kommunikationsprozesse untersucht, ist aber kein der Systemtheorie eigenes Problem.
100
Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
zelnen (Sub-)Systemen in Entscheidungen gegossen werden und wie sie sich in Kommunikationen abbilden. Dieses wird mit den zum ersten Messzeitpunkt erhobenen Erwartungen gespiegelt, um die Kommunikationen und Wechselwirkungen zu rekonstruieren. Neben der Verbindung zweier Messzeitpunkte wird eine Methodenkombination aus Beobachtung, Dokumentenanalyse, Experteninterview, standardisierter Befragung und Gruppendiskussion eingesetzt. Ein Ziel einer solchen Methodenkombination ist es, durch die qualitativen Verfahren – im Sinne des explorativen Anteils der Forschungsarbeit – sukzessive Operationalisierungen vorzunehmen und die Grundlagen zu schaffen, die standardisierten und teilstandardisierten Erhebungsinstrumente zu konstruieren. Mittels der standardisierten Befragungen gilt es dann, einerseits quantifizierbare Aussagen zu generieren und andererseits zusammen mit den qualitativen Materialien Hypothesen zu prüfen. Durch eine solche Methodenkombination und die Verbindung qualitativer und quantitativer Elemente ist es zudem möglich, sich dem Forschungsgegenstand auf der Basis verschiedener Ansätze parallel anzunähern, sodass Schwächen einzelner Formen ausgeglichen werden können (vgl. dazu Wollmann/Hellstern 1977) und ein der Komplexität des Gegenstandes entsprechend komplexer Zugang gewahrt bleibt. Auf diese Weise können Teilinformationen wechselseitig miteinander konfrontiert und validiert werden (vgl. Flick 1998; Kuper 2005; Kromrey 2006). In der jüngeren Methodenliteratur wird dieses Vorgehen mit dem oft wenig präzisierten Begriff der Triangulation besetzt (vgl. Flick 2008a, b). Im Folgenden geht es nun um eine grundsätzliche Einordnung der im Zusammenhang der Untersuchung eingesetzten Methoden; eine Präzisierung der Erhebungsinstrumente in Bezug auf die zu untersuchenden (Sub-)Systeme wird erst im anschließenden Kapitel geleistet. Die Beobachtungsmethode ist die einzige Methode, durch die die kommunikativen Verkettungen in der Realzeit beobachtet werden können, also zu dem Zeitpunkt, zu dem sie sich ereignen (vgl. Bohnsack 1992; Lamnek 2005). Deshalb sind für die Beantwortung der hier verfolgten Fragen Beobachtungen erforderlich. Ihrem Einsatz allerdings sind aufgrund der Gleichzeitigkeit von Prozessen und verfügbaren personellen Ressourcen enge Grenzen gesetzt. Die Beobachtungen werden insbesondere in Form von teilnehmenden Beobachtungen (beispielsweise bei Veranstaltungen) realisiert. Als Beobachtungsgegenstand sind vorrangig solche Ereignisse von Interesse, bei denen unterschiedliche (Sub-)Systeme aufeinandertreffen. Die teilnehmenden Beobachtungen haben den Vorteil, dass eine große Nähe zu den kommunikativen Verkettungen hergestellt werden kann; nachteilig ist, dass der Forschende selbst Teil der kommunikativen Verkettungen wird (vgl. zu dieser Problematik Vogd 2005a: 66ff.). Beobachtungen sind – wie Forschung überhaupt – immer selektiv und durch die 101
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Perspektive des Forschenden strukturiert (vgl. Kap. D 1.2). Es muss in Rechnung gestellt werden, dass nur die Ereignisse protokolliert werden und Relevanz gewinnen, denen der Beobachter vor dem Hintergrund seines Sinnzusammenhangs Bedeutung zuschreibt. Zudem werden die protokollierten Daten durch das Wissen des beobachtenden Systems ergänzt und in einen Zusammenhang eingeordnet. D. h.: Jede Beobachtung zeugt „von der Logik des beobachtenden Systems und seiner kognitiven Struktur“ (Willke 1994: 22, Herv. i. O.; Willke 1996). Sind die bei standardisierten Beobachtungen zum Tragen kommenden Unterscheidungen durch die strukturiert-standardisierte Datenerfassung offensichtlich, kommen sie bei der nicht-standardisierten Datenerfassung genauso zum Tragen, ohne dass dies jedoch i. d. R. so expliziert werden würde. Die Selektivität und die beobachtungsleitenden Unterscheidungen bei der Datenerfassung müssen mitreflektiert und bei der Datenauswertung und -interpretation in Rechnung gestellt werden. Zudem werden Dokumente in die Analysen einbezogen. Von Interesse sind diejenigen Dokumente, die sprachliche Mitteilungen der oben genannten, miteinander in Interpenetration stehenden (Sub-)Systeme zu dem Implementationszusammenhang LQW schriftlich (E-Mail-Austausch, Vereinbarungen, Selbstreporte, Broschüren, Internetpräsentationen …) manifestieren. Ziel ist es, über die Dokumente, „Aussagen über die soziale Realität außerhalb der Texte (Dokumente) zu gewinnen“ (Kromrey 2006: 319). Die Dokumente sind insofern Informationsträger; ihre Informationen können manifest wie auch latent vorliegen. Als weitere Methode kommt die Befragung zum Einsatz. Die Befragungen dienen dazu, die Perspektiven der (Sub-)Systeme in den Blick zu nehmen. Sie bieten Zugang zu den unterschiedlichen Positionen, Rationalitäten und Interessen, aus denen heraus auf LQW Bezug genommen wird. Bei den Befragungen wird in Rechnung gestellt, dass die oben differenzierten (Sub-)Systeme gerade nicht als eine Ansammlung psychischer Systeme begriffen werden, die miteinander kommunizieren. Entsprechend genügt es für die hier verfolgten Zwecke auch nicht, rein individuenzentriert zu fragen. Den befragten Personen kommt insofern eine mittelnde Funktion zu (Ahlemeyer 1996: 42). Über sie soll ein Zugang zu Kommunikationssituationen und -weisen im Kontext der Implementierung des Qualitätsmanagementsystems LQW realisiert werden. Die Fragen ihrerseits stellen auf Funktionssysteme ab und tragen dem Umstand Rechnung, dass soziale Systeme aus Kommunikationen bestehen, die ihren eigenen autopoietischen Kommunikationsprozess erzeugen.8 Anregungen für die Umsetzung des systemtheoretisch angeleiteten Erkenntnisinteresses und der darüber aufge8
Kommunikation lässt sich, wie bereits angedeutet, nicht „auf Menschen zurückführen, sondern muss als autokatalytischer Prozess beschrieben werden, in dem kommunikative Ereignisse an weitere kommunikative Ereignisse anschließen“ (Pfeffer 2004: 23).
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Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
spannten Fragen in ein Fragedesign lassen sich, wie bereits angedeutet, aus dem Kontext der „systemischen“ Familientherapie gewinnen (vgl. Pfeffer 2004).9 Das zirkuläre Fragen abstrahiert von linearen Ursache-Wirkungszusammenhängen. Es unterlegt einen rekursiven Zusammenhang von Ursache und Wirkung. Gleichzeitig schließt Zirkularität Linearität nicht aus: „Zu einem kreisförmigen Modell gelangt man (…), wenn man die in eine Richtung verlaufende Tendenz nimmt und dazu eine passende Bewegung in die Gegenrichtung sucht. Auf diese Wiese lassen sich die Aussagen miteinander verbinden und die eine als Rückwirkung auf die jeweils andere darstellen“ (Pfeffer 2004: 29). Das zirkuläre Fragen zielt auf Kommunikationsbeiträge einzelner Systeme. Sie werden als komplementäre Elemente eines gemeinsam erzeugten Kommunikationszusammenhangs betrachtet (Pfeffer 2004: 29ff.). Wie oben angedeutet wird im vorliegenden Fall das zirkuläre Fragen als eine Heuristik genutzt. Ziel ist es, die kommunikative Durchdringung von LQW dadurch zu rekonstruieren, dass Beobachtungen hinsichtlich ihrer Orientierungsrahmen betrachtet und die Beobachtungen unterschiedlicher Beobachter miteinander verknüpft werden. Dazu werden die unterschiedlichen (Sub-)Systeme eines Kommunikationszusammenhangs zu einem Phänomen – hier die „Implementierung von LQW“ – befragt. In den Interviews mit den unterschiedlichen (Sub-)Systemen werden Beobachtungen der Beobachteten beobachtet, indem die durch den Beobachter herangezogenen Unterscheidungen im Hinblick auf bestimmte Phänomene und Beobachtungen anderer Beobachter fokussiert und erfragt werden. Dazu werden Fragen, die auf Beschreibungen, Erklärungen und Bewertungen zielen und einen Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftsbezug herstellen, genutzt (wie, was, wo, wann). Besonders geeignet erscheinen Wie-Fragen, da sie Ausführungen stimulieren, wie bestimmte Phänomene entstanden sind. Weniger geeignet dagegen sind Warum-Fragen. Sie unterstützen den Befragten zu sehr, einen linearen Ursache-Wirkungszusammenhang zu präsentieren (vgl. Pfeffer 2004). Wichtig für die Konstruktion der Instrumente und deren Einsatz ist, dass lediglich der Befragte und damit der Beobachter erster Ordnung und dessen Beobachtungsstandort gewechselt werden. D. h.: Die Fragen sind zu den jeweiligen Messzeitpunkten für alle Funktionssysteme gleich, es werden lediglich der Beobachtungsstandort und damit auch die im Interview anzusprechenden anderen (Sub-)Systeme variiert. 9
Die Nähe der systemischen Familientherapie zu der Luhmann’schen Systemtheorie ist nicht direkt, sondern eher indirekt, indem gleiche Quellen theoriekonstitutiv sind. Gleichzeitig hat es sich bislang nicht durchgesetzt, diese Methode in den Bereich der empirischen Sozialforschung zu transferieren. Dieses führt Pfeffer nicht zuletzt darauf zurück, dass es kein in sich geschlossenes Konzept des zirkulären Fragens gibt und die Methode noch zahlreiche Leerstellen hinterlässt (Pfeffer 2004).
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Die Idee des zirkulären Fragens wird im Rahmen von Experteninterviews (vgl. hierzu Gläser/Laudel 2009) realisiert. Denn wie im Experteninterview im Allgemeinen geht es auch in dem vorliegenden Zusammenhang im Besonderen um Entscheidungsmaximen, das diese Maxime anleitende (Erfahrungs-)Wissen und die daraus erwachsenden Anschlusskommunikationen. Von Experten soll im vorliegenden Zusammenhang dann die Rede sein, wenn von den Befragten angenommen werden kann, dass sie in der Vertretung einer bestimmten Funktion Expertenstatus haben und sie sich durch das für die spezifische Funktionserfüllung erforderliche Wissen von anderen Experten mit anderen Funktionen unterscheiden (beispielsweise Verwaltungsmitarbeitende als Experten für die organisatorischen Belange einer Organisation oder politische Akteure als Experten für die Gestaltung von Prämissen für andere Systeme). Dabei geht es nicht nur um das in den Handlungs- und Kommunikationsbeschreibungen reflexiv zugängliche, explizite Wissen, sondern auch um das zur Geltung kommende implizite, nicht unbedingt reflexiv verfügbare Wissen (Meuser/Nagel 1997). Der Einsatz des Experteninterviews im vorliegenden Zusammenhang kann Meuser/ Nagel (1997) zufolge als prototypisch eingeschätzt werden. Dieses komme nämlich u. a. insbesondere in der Bildungsforschung und der Forschung zur Implementierung politischer und pädagogischer Programme gerade im Kontext von Evaluationen zum Einsatz (Meuser/Nagel 1997; vgl. Kuckartz et al. 2008). Kommt die Befragung mittels Interview auf allen Ebenen und bei allen in die Untersuchung integrierten (Sub-)Systemen zum Tragen, kommen darüber hinaus auf der Ebene der Organisationen standardisierte Befragungen derjenigen Einrichtungen zum Einsatz, die sich an LQW beteiligen. Hierbei wird die Idee des zirkulären Fragens ebenfalls als eine Heuristik bei der Gestaltung der Fragen wie auch der Gestaltung der einzelnen Antwortitems genutzt. Auch wird ausdrücklich immer nach der Position der Einrichtung gefragt. Die Einzelperspektive desjenigen Organisationsmitgliedes, das den Fragebogen ausfüllt, soll ausdrücklich nicht in die Beantwortung einfließen. Insofern wurde bei der Fragebogenkonstruktion darauf geachtet, dass die Fragen immer die Sicht der Organisation als Einheit adressieren. Damit werden die Organisationen neo-institutionalistischen Ansätzen entsprechend als Quasi-Akteure und die Entscheidungen als Organisationsentscheidungen behandelt. Ziel der standardisierten Befragung ist es, ein zusätzliches Aggregationsniveau zu gewinnen. Die quantitativen Daten erlauben durch Aggregation Informationen zu konstruieren, die über den Standpunkt einer einzelnen Einrichtung hinausgehen (vgl. hierzu Kuper 2005; Kelle/Erzberger 2008). Zur Datengenerierung werden weiterhin Gruppendiskussionen genutzt. Sie finden insbesondere im Rahmen des zweiten Messzeitpunktes Einsatz, um einen Zugang zu der Mikroebene und zu den von den Mitarbeitern konstatierten Wir104
Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
kungen zu gewinnen. Darüber hinaus werden sie herangezogen, um Wirkungen aus der Perspektive der Teilnehmenden zu rekonstruieren. Ziel der Gruppendiskussionen, wie sie hier zum Einsatz kommen, ist es, anhand von Thesen einen Austausch von Beobachtungen und Argumenten in einer Gruppe zu initiieren, um einen Zugang zu den kollektiven Orientierungen zu erhalten. Der Vorteil einer Gruppendiskussion kann darin gesehen werden, dass Meinungen nicht wie im Einzelinterview isoliert geäußert werden. Sie stehen vielmehr in einem diskursiven Zusammenhang und können näher an den Meinungen des Alltags sein (vgl. Flick 1998; Loos/Schäffer 2001). In dem vorliegenden Untersuchungszusammenhang werden die Gruppendiskussionen entlang von Thesen gestaltet. Der Diskussionsleiter bringt keine eigene Meinung ein. Seine Funktion ist es, Redebeiträge zu bündeln und zu kontrastieren, in der Gruppe geteilte und nicht geteilte Meinungen zu enttarnen und die Diskussion themennah zu halten (vgl. Bohnsack/Przyborski/Schäffer 2006). Quer zu den unterschiedlichen Formen der Datenerhebung liegen die in die Untersuchung integrierten Fallstudien (Merkens 2008). Über sie soll der Zugang zu der Ebene der Interaktion gewonnen werden. In der ersten Durchführungsphase richten sich die Fallstudien auf die Mitarbeitenden, die die durch LQW in den Organisationen angestoßenen Veränderungen tragen. Die Fallstudien sind gewissermaßen das Medium, um die Aktivitäten der Qualitätsentwicklung mit Veränderungen auf der Ebene der Interaktion zu relationieren – die Ebene der Interaktion also in Zusammenschau mit derjenigen der Organisation zu bringen. Dazu wurden zwei Einrichtungen der Weiterbildung, die sich der Implementierung von LQW unterziehen, gewonnen. Über den über sie realisierten Zugang zu der Ebene der Interaktion bieten sich Fallstudien geradezu an, wenn, wie in dem vorliegenden Evaluationszusammenhang, die Theoriebildung nicht weit fortgeschritten ist und der Evaluationsgegenstand aufgrund der „Neuheit“ zunächst exploriert werden muss (Wollmann/Hellstern 1977; vgl. Kap. C 1). „Die analytische Ergiebigkeit solcher eher heuristischen und explorativen Fallstudien ist insbesondere darin zu sehen, daß ihre Untersuchungsanordnung selbst als Lernprozeß angelegt ist“ (Wollmann/Hellstern 1977: 445; vgl. Kardorff v. 2008b; Flick 2008b). Insofern werden die im Rahmen der ersten Durchführungsphase in den Einrichtungen realisierten Fallstudien – außer in ihrer Funktion der Verbindung der beiden Handlungsebenen Interaktion und Organisation – in zwei weiteren Hinsichten genutzt: Sie prozessieren erstens in Kombination mit einer kontinuierlichen Kontextbeobachtung das notwendige Wissen, um Detailfragen der Untersuchung prozessbegleitend präzisieren bzw. an die aktuelle Situation anpassen und damit den Ansprüchen einer formativen Evaluation gerecht werden zu können. Durch das über sie generierte Wissen können neue Fragen aufgeworfen und alte verworfen wie auch Hypothesen formuliert werden. Die Fallstudien 105
Teil D
liefern bezogen auf den Untersuchungsgegenstand wichtige Erkenntnisse, die für die Entwicklung der standardisierten Erhebungsinstrumente von zentraler Bedeutung sind. Sie werden zweitens zur Illustration und Plausibilisierung der quantitativen Daten herangezogen und können, wie Kelle/Erzberger (2008) es ausdrücken, „Lücken ,variablensoziologischer‘ Erklärungen“ (Kelle/Erzberger 2008: 306, Herv. i. O.) schließen oder durch Sichtbarmachung von Divergenzen neue Denkanstöße – u. a. Heuristiken für die Auswertung der quantitativen Daten – liefern (vgl. Kelle/Erzberger 2008; Kromrey 2006). Insofern stellen die Fallstudien – auch – das Bindeglied zwischen qualitativen und quantitativen Untersuchungsformen her (multifunktionaler Einsatz). Im Rahmen der zweiten Durchführungsphase werden Fallstudien genutzt, um eine explorative Untersuchung der Wirkungen aus der Perspektive der Teilnehmenden zu realisieren. Auch hierzu werden zwei Falleinrichtungen ausgewählt.
2.2
Ebenenbezogene Darstellung von Stichprobe und Datenerhebung
Um Aussagen über die Akzeptanz und Wirkungen von LQW 2 in dem System der Weiterbildung treffen zu können und zu analysieren, wie eine kommunikative Durchdringung stattfindet, ist es notwendig, den Umgang der einzelnen (Sub-)Systeme mit LQW in den Blick zu nehmen, ihre je spezifische Perspektive auf LQW zu analysieren und mit denjenigen der anderen (Sub-)Systeme in Bezug zu stellen. Deshalb werden, wie oben dargestellt, die unterschiedlichen an der Implementierung von LQW 2 beteiligten oder davon betroffenen (Sub-) Systeme in die Untersuchung integriert. Im Folgenden geht es darum – nachdem die grundsätzlich zum Einsatz kommenden Methoden dargestellt worden sind – (sub-)systembezogen die Form der Datenerhebung, wie sie im Kontext der beauftragten Evaluationsstudie realisiert worden ist, zu präzisieren (vgl. zu dem folgenden Kap. auch Hartz/Goeze/Schrader 2007) – wenngleich der Fokus im Auswertungsteil auf die Ebene der Organisation gerichtet sein wird. 2.2.1 Die Ebene der Gesellschaft Das mit Bildungsfragen betraute politische System Das Funktionssystem der Politik setzt Prämissen für andere (Sub-)Systeme. Die von Bund und Ländern gemeinsam getragene Entscheidung für die bundesweite Implementierung von LQW kann als eine solche Prämisse verstanden werden. An sie sind Steuerungsinteressen gebunden, deren Durchsetzung kontingent ist und von zahlreichen Einflussfaktoren abhängt (vgl. Kap. C 3.3). Um Datenmaterial zu dieser Ebene zu gewinnen und diese Ebene in Bezug zu anderen (Sub-) Systemen zu stellen, wurden Experteninterviews, Beobachtungen und Doku106
Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
mentenanalysen realisiert. Experteninterviews wurden mit den Weiterbildungsreferenten der Länder und demjenigen Vertreter, der auf Bundesebene das Projekt betreut und dieses nach außen vertritt, zu zwei Zeitpunkten durchgeführt: zu Beginn des Projektes und zum Ende des Projektes. Die Frageform orientiert sich – wie bei allen anderen Experteninterviews auch – an den oben genannten Ideen des zirkulären Fragens. Thematisch fokussieren die zu dem ersten Messzeitpunkt zu realisierenden Interviews das Qualitätsverständnis, Erwartungen an LQW 2, Erwartungen im Kontext von SGB III und die Situation der Weiterbildung. Außer unter der Perspektive der kommunikativen Durchdringung wurde das Datenmaterial des ersten Messzeitpunktes u. a. auch unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung des standardisierten Erhebungsinstrumentes und der Vorbereitung des zweiten Messzeitpunktes ausgewertet. Im Rahmen des zweiten Messzeitpunktes geht es um die Geschehnisse in der Projektlaufzeit, Veränderungen in der Umwelt der Weiterbildungseinrichtungen und die Wirkungen, die vom politischen System aus in Bezug auf das System der Weiterbildung, die Ebene der Organisation und der Interaktion beobachtet werden können. Zudem geht es in den Interviews immer auch darum, wie von dem jeweiligen (Sub-) System aus die anderen (Sub-)Systeme in den Blick geraten und was sie als ihre Aufgabe im Kontext der Implementierung von LQW begreifen. Ziel war es, zum ersten Messzeitpunkt von Ende 2003 bis Frühjahr 2004 alle 16 für den Bereich Weiterbildung verantwortlichen Landesvertreter und den projektbetreuenden Akteur auf Bundesebene zu befragen. Zwar wurden alle 16 Ländervertreter kontaktiert, eine Vollerhebung konnte aber nicht realisiert werden. Zwei Landesvertreter haben ein Interview nach mehrfacher Kontaktaufnahme abgelehnt. In einem weiteren Bundesland gab es personelle Veränderungen, durch die auf ein Interview verzichtet werden musste. Aus den 13 weiteren Ländern liegen Interviews vor, von einem aufgrund geteilter Zuständigkeiten sogar zwei. Zusammen mit dem Interview mit dem Vertreter auf Bundesebene bilden 15 Interviews die Auswertungsgrundlage. Im Rahmen des zweiten Messzeitpunktes wurde keine Vollerhebung vorgesehen. Stattdessen wurde eine geschichtete Stichprobe gezogen: Es wurden Ländervertreter ausgewählt, deren Länder eine sehr hohe und eine sehr niedrige Beteiligung an LQW aufweisen. Zudem wurden befürwortende und stark in das Projekt eingebundene sowie distanzierte und schwach in das Projekt eingebundene Landesvertreter interviewt, sodass in Summe sechs Interviews vorliegen. Als weiterer Zugang zu dieser Ebene kommen Beobachtungen zum Tragen. Dabei geht es um Beobachtungen der Vertreter der Weiterbildungspolitik von Bund und Ländern in projektbezogenen Veranstaltungen (insbesondere Beiratssitzungen zu dem Projekt), bei öffentlichen Auftritten und Stellungnahmen.
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Teil D
Diese – begrenzt zum Einsatz kommenden – Feldbeobachtungen werden vorwiegend genutzt, um die in den Interviews generierten Aussagen zu validieren. Zudem sind Veränderungen in den Gesetzgebungen der Länder, die Entwicklungen rund um SGB III sowie schriftliche Stellungnahmen von Interesse. Zu beidem wird der Zugang über Feldbeobachtungen und Dokumentenanalysen gewählt. Testierungsstelle In Bezug auf die Testierungsstelle geht es darum, deren Arbeitsweise nach innen und nach außen zu analysieren, um die dort geltenden Rationalitäten und Interessen zu erfassen. Zugang zu der Funktionsweise der Testierungsstelle wird durch eine Kombination aus Beobachtung, Dokumentenanalyse und Experteninterview realisiert. Auch hier dient die Beobachtung punktueller Auftritte – bei Gutachtertreffen, Netzwerkkonferenzen, Informationsveranstaltungen oder Beiratssitzungen – der Validierung der in anderen Verfahren erhobenen Daten. Als ein untersuchungsrelevantes Dokument gilt der in regelmäßigen Abständen an die Einrichtungen versandte LQW-Info-Dienst, der im Laufe des Untersuchungszeitraums aufgrund der Erweiterung der Qualitätsentwicklungsmodelle auf Schulen, Kindertagesstätten etc. in LQ-Info-Dienst umbenannt wurde. In den Infodiensten werden aktuelle Entwicklungen rund um die Lernerorientierung von der Testierungsstelle an die Einrichtungen kommuniziert. Darüber hinaus fließen in die Analyse die Internetpräsentation der Testierungsstelle, die in Zeitschriften oder Büchern veröffentlichten Berichterstattungen, die Modellüberarbeitungen von LQW und deren Kommentierung, die zahlreichen Pressemitteilungen und nicht zuletzt auch eine von der Testierungsstelle in Auftrag gegebene Evaluation zur Wirkweise von LQW ein. Das Experteninterview adressiert die leitende Mitarbeiterin der Testierungsstelle. Es entspricht in Inhalt, Aufbau und Form den bereits erwähnten Experteninterviews. Ein erstes Interview wurde im Frühjahr 2004 geführt. Das Interview war so terminiert, dass zu diesem Zeitpunkt alle Einführungsworkshops erledigt waren. Der zweite Messzeitpunkt war nach dem Vollzug der Testierung im Frühjahr 2006 projektiert. Zu dem Zeitpunkt war ein Großteil der Bewertung der Selbstreporte durch die Testierungsstelle abgeschlossen. Gutachter/Berater Um die Funktions- und Reproduktionsweise der Gutachter/Berater zu erfassen (vgl. Kap. C. 3.3), werden punktuell Diskussionen im Rahmen von Gutachterund Beratertreffen beobachtet. Zudem werden Experteninterviews mit Gutachtern und Beratern zu zwei unterschiedlichen Messzeitpunkten geführt. Thema-
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Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
tisch sind die Interviews ähnlich strukturiert wie diejenigen für die Vertreter der Weiterbildungspolitik. Zum ersten Messzeitpunkt im Sommer/Herbst 2004 waren bereits 25 Gutachter vom DIE ausgebildet und anerkannt worden.10 Sie bilden zusammen mit den von der Testierungsstelle bereits im BLK-Pilotprojekt ausgebildeten rund 30 Gutachtern die Grundgesamtheit des ersten Messzeitpunktes. Aus kapazitären Gründen konnten sie nicht alle über ein Experteninterview in die Untersuchung einbezogen werden. Insofern war bereits zum ersten Messzeitpunkt die Ziehung einer Stichprobe erforderlich. Eine Zufallsstichprobe erwies sich als nicht praktikabel, da – wie sich nach ersten Versuchen herausstellte – nicht alle Gutachter in gleicher Intensität in die Begutachtung eingebunden waren11 oder werden wollten12. Da es bei der Einbindung dieser Ebene in die Untersuchung im Wesentlichen um die Frage ging, wie LQW die Gruppe derjenigen durchdringt, die aktiv das Begutachtungsverfahren bestreiten, mussten auch solche Gutachtenden und Beratenden aufgesucht werden, die sich aktiv an dem Kommunikationszusammenhang des Begutachtungsgeschehens beteiligen.13 Im Sinne des Erkenntnisinteresses und um die Qualität und den Informationsgehalt der Interviews zu gewährleisten, wurden die zu befragenden Gutachter/Berater nach den folgenden beiden Kriterien für ein Experteninterview ausgewählt: Sie mussten erstens über Erfahrungen mit LQW im Allgemeinen und Qualitätsmanagement im Besonderen verfügen und sollten zweitens in unterschiedlichen Einrichtungen der Weiterbildung zur Durchführung von Einführungsworkshops eingesetzt, d. h. an dem Kommunikationszusammenhang des Begutachtungsund Beratungsgeschehens beteiligt gewesen sein. Mit Strauss (1998) lässt sich diese kriteriengeleitete Auswahl mit dem Begriff des Theoretical Samplings belegen (Strauss 1998; Glaser/Strauss 2005). Bei der Anzahl der in die Erhebung integrierten Gutachter und Berater kommt das Prinzip der theoretischen Sättigung (Strauss 1998) zum Einsatz. Dies bedeutet, dass die Datenerhebung abgeschlossen wird, wenn unter der Perspektive der Fragestellung keine zusätzlichen 10 Insgesamt wurden für die Implementierung von LQW im Rahmen der Projektlaufzeit in vier Ausbildungsgängen Gutachter und Berater ausgebildet. 11 Von der Begutachtung sind all jene ausgeschlossen, die selbst in einer Einrichtung arbeiten, die auch mit der Implementierung von LQW beschäftigt sind. Zudem haben sich einige der Gutachter nicht bewährt, sodass auch sie nicht weiter eingesetzt wurden. 12 Es gab Gutachter, die die Ausbildung durchlaufen haben, um die Implementierung in der eigenen Einrichtung zu betreuen, und die an einem Gutachtereinsatz, wie sich im Nachhinein herausstellte, kein Interesse hatten. 13 Systemtheoretisch sind selbstredend auch diejenigen von Interesse, die weniger in den Kommunikationszusammenhang eingebunden sind. Nur standen sie dem Geschehen oft so fern, dass sie zu der eigentlichen Gutachterfunktion, derentwegen sie angesprochen wurden, nur wenig sagen konnten.
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Teil D
Erkenntnisse mehr zu erwarten sind. Insgesamt wurden 15 Gutachter/Berater zu dem ersten Messzeitpunkt im Sommer 2004 interviewt. Zum zweiten Messzeitpunkt waren insgesamt 120 Gutachter/Berater ausgebildet, davon wurden zwölf befragt. Da auch für diesen Messzeitpunkt die Einbindung in den Kommunikationszusammenhang des Begutachtungsgeschehens und Vertrautheit zentral waren, wurde abermals nach dem Prinzip des Theoretical Samplings eine kriteriengeleitete Auswahl getroffen. Als Kriterien galten folgende Punkte: Die Gutachter/Berater sollten erstens unterschiedliche und möglichst viele (mehr als fünf) Einrichtungen der Weiterbildung begutachtet oder beraten haben und zweitens über vielfältige Erfahrungen mit der Einführung von LQW verfügen (vgl. dazu Bosche 2007). Daraus ergab sich, dass sechs Gutachter und Berater zum zweiten Messzeitpunkt befragt wurden, die auch zum ersten Messzeitpunkt befragt wurden. Unter den insgesamt zwölf Befragten befinden sich fünf Akteure, die auch in die Arbeit der regionalen Unterstützungsstellen eingebunden sind. Sie können wertvolle Erfahrungen aus der Beratungsarbeit mit Einrichtungen in das Interview einbringen. (vgl. Bosche 200714; vgl. zu den Gutachtern auch Harp 2006). Gutachterausbildung Zu der im Laufe der ersten Durchführungsphase konzipierten Gutachterausbildung wurde ein Curriculum entwickelt. Das Curriculum ist das Ergebnis der mehrfach durchgeführten und mehrfach evaluierten Gutachterausbildung. Die Evaluation der Gutachterausbildung wurde durch das Projektteam im DIE realisiert. Für die Systemevaluation ist das Curriculum insofern von Interesse, weil darüber die Schwerpunkte sichtbar werden, die die Einführung der Gutachter in das Modell LQW bestimmen und durch die gewissermaßen Kommunikationskorridore vorgegeben werden (vgl. Ehses 2005, 2006; Ehses/Veltjens 2004). Über das Curriculum hinaus wurde ein Experteninterview mit der für die Gutachterausbildung verantwortlichen Mitarbeiterin geführt. Das Interview wurde nach Abschluss aller Ausbildungsgänge im Juli 2005 realisiert. 2.2.2 Die Ebene der Vermittlungsinstanzen Vernetzungsstelle (DIE) und regionale Unterstützungsstellen Für die Implementierung von LQW bedeutend ist, wie bereits erwähnt, die Ebene der Vermittlungsinstanzen. Zentral agiert das DIE, das für die Steuerung der Projektaktivitäten die Ergebnisse der Systemevaluation abruft.15 De14 Auswertungen zu diesem Teil wurden durch das DIE realisiert (vgl. Bosche 2007). 15 Es gibt kontinuierliche Rückkoppelungen der Arbeiten dieser Projektmitarbeitenden zu den Arbeiten der Systemevaluation. Ergebnisse werden systematisch zur Projektsteuerung auf der operativen Ebene genutzt.
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Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
zentral agieren sechs ausschließlich für die erste Durchführungsphase eingerichtete regionale Unterstützungsstellen. Zugang zu dieser Ebene wird über die Kombination der Datenerhebungsinstrumente Beobachtung, Dokumente und Experteninterviews genommen. Beobachtet werden konnten einzelne von der Zentralstelle und den dezentralen Einheiten durchgeführte Veranstaltungen. Die Aktivitäten der regionalen Unterstützungsstellen richten sich je nach regionalen Bedarfen auf Akquise neuer Einrichtungen und Informationsverbreitung oder auf Unterstützungsworkshops für die im Prozess befindlichen Einrichtungen zur Bearbeitung einzelner Qualitätsbereiche respektive zur Gestaltung des Qualitätsentwicklungsprozesses. Zudem wurde an einer Diskussionsrunde zwischen Zentralstelle und dezentralen Einheiten zur Auswertung der Arbeit der regionalen Unterstützungsstellen im Projektzusammenhang teilgenommen. Außer den Beobachtungen liegen Dokumente vor (Arbeitsberichte der regionalen Unterstützungsstellen, punktuelle Internetpräsentationen). Zudem wurden Experteninterviews mit den Mitarbeitenden im DIE wie auch mit den Repräsentanten der regionalen Unterstützungsstellen durchgeführt. Die Interviewleitfäden entsprechen den bereits vorgestellten Prinzipien. Im Frühjahr 2004 wurde mit den Mitarbeiterinnen des DIE ein erstes Interview geführt. Ende Juli 2005 – vor Ablauf der ersten Durchführungsphase – wurde der zweite Messzeitpunkt realisiert. Mit zwei Vertretern regionaler Unterstützungsstellen wurden zu beiden Messzeitpunkten Interviews durchgeführt. Mit zwei weiteren Vertretern der regionalen Unterstützungseinheiten wurden während bzw. am Ende der ersten Durchführungsphase Interviews im Rückblick auf die gesamte Projektlaufzeit geführt. Diese Ergänzung erschien erforderlich, um die regional bedingte Unterschiedlichkeit in den Tätigkeiten aufzufangen. Die Ebene der regionalen Unterstützungsstellen wird in der 2. Durchführungsphase nicht weiter gefördert. Drei der ehemals sechs regionalen Unterstützungsstellen bleiben erhalten, weitere fünf wurden im Zusammenspiel mit der Testierungsstelle sukzessive neu eingerichtet. Mit einem Vertreter einer neuen Unterstützungsstelle wurde ein Interview geführt. 2.2.3 Die Ebene der Organisation Einrichtungen im Prozess Trotz der zentralen Bedeutung von Umweltfaktoren in ihren förderlichen bzw. hemmenden Wirkungen respektive der Irritationen durch die die Organisationsebene einschließenden anderen Systeme und Systemebenen sind die Einrichtungen der Weiterbildung der wesentliche Gradmesser für Akzeptanz und Wirkungen. Ohne ihre Beteiligung an dem Verfahren respektive ihre Anmeldungen zu LQW würde sich dieses im System der Weiterbildung nicht durchsetzen können. D. h.: An ihrer Teilhabe bemisst sich die Akzeptanz und über ihren Umgang mit 111
Teil D
LQW bestimmen sich die wesentlichen Wirkungen von LQW im System der Weiterbildung. Sie bilden demnach den Kern der Untersuchung. Da die Untersuchungseinheit der an der Implementierung von LQW beteiligten Einrichtungen auf Selbstselektion basiert, ist eine Orientierung darüber erforderlich, welche Einrichtungen an dem Projekt der Implementierung von LQW beteiligt sind. Zudem ist es bedeutsam zu beobachten, welche Einrichtungen sich nach der Marktöffnung ab Sommer 2004 zu LQW anmelden und wie sich die Verbreitung von LQW entwickelt. Dazu werden alle zu dem Verfahren LQW angemeldeten Einrichtungen – also diejenigen, die sich im Rahmen des Projektes und diejenigen, die sich nach der Marktöffnung für LQW entschieden haben – zu drei Messzeitpunkten hinsichtlich folgender Daten erfasst: dem Typ der Einrichtung und der darauf basierenden Zuordnung zu einem Reproduktionskontext, dem Bundesland und der Zugehörigkeit zu dem Betreuungsgebiet einer regionalen Unterstützungsstelle. Auf diese Weise lässt sich die sukzessive Verbreitung von LQW unter der Perspektive des Neo-Institutionalismus analysieren (vgl. Kap. E 2.1.1). Neben den für die Beschreibung der quantitativen Ausbreitung von LQW zu erfassenden Daten werden zu zwei Messzeitpunkten Vollerhebungen mit standardisierten Fragebögen realisiert. Diese Datenerhebung beschränkt sich auf diejenigen Einrichtungen, die an der Implementierung von LQW im Rahmen der Projektlaufzeit beteiligt sind (d. h. diejenigen Einrichtungen, die sich nach Marktüberlassung zu LQW angemeldet haben, werden nicht befragt)16. Die quantitativen Daten erlauben es, Informationen zu konstruieren, die über den Standpunkt einer einzelnen Einrichtung hinausgehen (vgl. hierzu Kuper 2005) und stellen insofern eine Ergänzung zu den Fallanalysen (vgl. Kap. D 2.1) dar. Im Hinblick auf die Verbindung von Akzeptanz- und Wirkungsforschung gilt es, zu einem ersten Untersuchungszeitpunkt die an LQW herangetragenen, nach innen wie nach außen gerichteten Erwartungen hinsichtlich LQW und dem im Projekt angebotenen Support, die Teilnahmemotive, die Entwicklungsbedarfe, die Positionierung zu Qualität, die Wahrnehmung der anderen (Sub-)Systeme etc. zu erforschen. Zu einem zweiten Untersuchungszeitpunkt werden die Wirkungen, die die Einrichtungen nach der Einführung von LQW beobachten können, erhoben. Dabei geht es um Wirkungen innerhalb der Einrichtungen u. a. entlang der in LQW festgelegten Qualitätsbereiche wie auch um Wirkungen, die von der Organisationsebene aus im System der Weiterbildung beobachtet werden. Ziel ist es, die Erwartungen, die die Einrichtungen zu dem ersten Messzeitpunkt mit der Einführung von LQW verbunden haben, mit den tatsächlich 16 Diese Einschränkung ist dem Projektauftrag geschuldet, in dem ausdrücklich eine Konzentration auf die in der Projektlaufzeit angemeldeten Einrichtungen festgelegt ist.
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Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
beobachtbaren Wirkungen zu vergleichen, um Rückschlüsse über die kommunikative Durchdringung zu ziehen. Die Ergebnisse der standardisierten Befragung werden an die Ergebnisse der qualitativen Fallstudien angebunden: Letztere werden u. a. zur Illustration und Plausibilisierung der quantitativen Daten herangezogen (vgl. Kap. D 2.1). Die Wahl von Messzeitpunkten sind Selektionen. Die Entscheidungen für diese Selektionen werden anhand kritischer Ereignisse getroffen: Für die Platzierung des ersten Messzeitpunktes war es bedeutend, dass die Einrichtungen sich mit dem Modell LQW vertraut gemacht hatten. Deshalb wurde entschieden, den ersten Messzeitpunkt nach der Welle der Einführungsworkshops (vgl. B 2.3) durchzuführen. Es war zu vermuten, dass zu diesem Zeitpunkt die Einrichtungen auf der Grundlage erster Auseinandersetzungen mit dem Modell erste Erwartungen ausgebildet hatten. Die Umsetzung des ersten Messzeitpunktes war in der Zeit von Mai bis Juli 2004. Der Befragung ging eine Entwicklung und kritische Diskussion des standardisierten Messinstrumentes unter der Perspektive von Validität und Reliabilität voraus. Vor der eigentlichen Befragung wurde das Instrument durch einen Pretest auf Praxistauglichkeit geprüft. Erst nach der systematischen Auswertung des Pretests und der Überarbeitung des Instruments wurde die standardisierte Befragung in den Einrichtungen durchgeführt.17 Es wurden 286/28518 zu diesem Zeitpunkt in der Testierung befindliche Einrichtungen angeschrieben. Die Befragung hatte einen Rücklauf von rund 60 Prozent. Die Dateneingabe, -aufbereitung und -bereinigung wurde im November 2004 abgeschlossen. Erste Auswertungen wurden insbesondere im Blick auf die Informationsbedarfe der Auftraggeber und zur Vorbereitung des zweiten Messzeitpunktes durchgeführt (vgl. Hartz/Schrader/Berzbach 2005). Der zweite Messzeitpunkt sollte realisiert werden, wenn die Einrichtungen die Testierung durchlaufen haben. Vor Projektbeginn war dies auf Frühling 2005 projektiert. Dieser Termin konnte aus verschiedenen Gründen nicht eingehalten werden: 1. Viele Einrichtungen haben eine Verlängerung ihres Qualitätsentwicklungsprozesses beantragt und gewährt bekommen. 2. Es gab Engpässe bei der Testierungsstelle selbst. Die Anzahl der Begutachtungen zu bestimmten Zeiten überstieg die Kapazitäten, sodass es eine Verzögerung in den Begutachtungen nach Abgabe des Selbstreports gab. Dies führte dazu, dass viele Einrichtungen erst Ende 2005 ihre Testierung abgeschlossen hatten und erst zu diesem Zeitpunkt befragt werden konnten. Die Entwicklung des Messinstrumentes für 17 Ein unter Nützlichkeitsgesichtspunkten erfreulicher Effekt war, dass das entwickelte Instrument von Einrichtungen genutzt wurde, um eine interne Positionsbestimmung vorzunehmen. 18 In die Untersuchung fließen allerdings nur 285 Einrichtungen ein, da sich eine der angeschriebenen Einrichtungen im Nachhinein als eine Einrichtung enttarnte, die sich noch nach LQW 1 zertifizieren ließ.
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den zweiten Messzeitpunkt wurde im Juli 2005 nach intensiver Diskussion in einen Pretest verabschiedet. Die Auswertung des Pretestes und die Umsetzung der Änderungen konnten im August 2005 vollzogen werden. 180 bis August 2005 testierte Einrichtungen (Stichtag: 19.08.2005) wurden daraufhin mit dem Fragebogen angeschrieben. Ein Großteil weiterer Fragebögen wurde zwischen November 2005 und Januar 2006 versendet, vereinzelt wurden zudem noch weitere Fragebögen bis August 2006 auf den Postweg gebracht (immer dann, wenn die Testierung abgeschlossen war). Insgesamt konnten bis August 2006 264/26519 der 285 Einrichtungen kontaktiert werden. Bei der Differenz von 21 Einrichtungen zwischen erstem und zweitem Messzeitpunkt handelt es sich um Einrichtungen, die nach dem Einführungsworkshop im Laufe des Prozesses von dem Verfahren zurückgetreten sind, sowie um Einrichtungen, die nach eigenen Angaben zu dem Zeitpunkt, an dem die Datensätze geschlossen werden mussten, noch im Prozess sind. Der Rücklauf beim zweiten Messzeitpunkt lag bei rund 56 Prozent der angeschriebenen Einrichtungen. Nach dem 1. Messzeitpunkt vom Verfahren zurückgetretene Einrichtungen Zehn Einrichtungen sind nach dem ersten Messzeitpunkt, d. h. nachdem sie den Einführungsworkshop in Anspruch genommen haben und nachdem LQW für sie kostenpflichtig geworden ist, zurückgetreten. Mit sieben von ihnen konnten Telefoninterviews geführt werden. Thematisch ging es im Wesentlichen um Motive, die für eine Implementierung von LQW gesprochen haben, sowie um Motive, die den Ausstieg aus dem Verfahren begründen. Zudem ging es um die Frage, welche Rolle die Qualitätsthematik in der Weiterbildungseinrichtung weiterhin spielen wird. Vor dem 1. Messzeitpunkt vom Verfahren zurückgetretene Einrichtungen 56 Einrichtungen haben sich, nachdem sie sich zunächst zur Testierung angemeldet hatten, noch bevor der Einführungsworkshop durchgeführt werden konnte, wieder abgemeldet. Diese wurden mit einer telefonischen Kurzbefragung kontaktiert. Gegenstand waren im Wesentlichen die Motive, die die Einrichtungen zur Anmeldung und zur späteren Abmeldung bewegt haben, die Argumente für eine bewusste Entscheidung gegen eine Testierung nach LQW 2 bzw. gegen Testierung im Allgemeinen, die Zukunftsplanungen in Bezug auf Qualitätsmanagement und Argumente für andere Systeme. Insgesamt konnten in der ersten Jahreshälfte 2004 von den 56 abgesprungenen Einrichtungen 52 telefonisch befragt werden. 19 In die Auswertung fließt auch der Antwortbogen einer Einrichtung ein, die nicht zu den im Rahmen des ersten Messzeitpunktes angeschriebenen Einrichtungen gehört. Sie wurde im Rahmen des Pretests beim zweiten Messzeitpunkt kontaktiert.
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Einrichtungen, die sich für andere Testierungssysteme entschlossen haben Um zu sehen, wie sich Kommunikationen über LQW auch bei denjenigen Einrichtungen durchsetzen, die andere Formen der Qualitätsentwicklung und Testierung anwenden, wurden Experteninterviews mit Vertretern von Einrichtungen geführt, die sich für andere Zertifizierungssysteme entschieden haben. Der Zugang zu Interviewpartnern stellte sich als schwierig dar. Deshalb musste auf persönliche Feldkontakte und Empfehlungen zurückgegriffen werden. Ziel war es, sowohl den Bereich der öffentlich geförderten als auch den der privatwirtschaftlichen Weiterbildung abzudecken. Es wurden vier Einrichtungen gewonnen: zwei öffentlich geförderte Einrichtungen (eine klein-, eine großstädtisch) sowie zwei private Anbieter. Drei dieser Einrichtungen waren ISO-zertifiziert, eine Einrichtung hat das von dem Bundesverband der Träger beruflicher Bildung (Bildungsverband BBB) e. V. herausgegebene, auf die Anforderungen der AZWV abstellende Bildungs-Qualitäts-Management-Zertifikat (BQM) angewandt (vgl. Hartz/Meisel 2006). 2.2.4 Die Schnittstelle Organisation und Interaktion – Zugang über Fallstudien Ziel des Falls Wie oben bereits angedeutet werden die Fallstudien unter mehreren Perspektiven genutzt. Sie stellen erstens eine Verbindung der beiden Handlungsebenen Interaktion und Organisation her, sie prozessieren zweitens in Kombination mit einer kontinuierlichen Kontextbeobachtung das notwendige Wissen, um Detailfragen der Untersuchung prozessbegleitend zu präzisieren und die Erhebungsinstrumente zu entwickeln, und sie dienen drittens der Illustration und Plausibilisierung der quantitativen Daten. Übergeordnetes Ziel der multifunktional genutzten Fallstudien ist es, in Einrichtungen, die sich der Einführung von LQW stellen, die Wechselwirkungen zwischen Qualitätsentwicklung als organisationsbezogenem Gestaltungsinstrument und der interaktiven Ebene, den Mitarbeitenden in den Einrichtungen, zu analysieren. Nur am konkreten „Fall“ lassen sich Akzeptanz und Wirkung von Qualitätstestierung unter Berücksichtigung der personalen und der organisationalen Ebene differenziert analysieren. Es geht darum zu untersuchen, inwieweit durch die Einführung eines derartigen Qualitätsmanagementsystems Veränderungen im Selbstverständnis, in den Tätigkeitsfeldern, in den internen Kooperationsformen, in dem für die Bewältigung der Arbeit notwendigen Wissen und nicht zuletzt in der Sichtweise auf Qualität resultieren. Dieses soll in Abhängigkeit von den Interessen, die die Einrichtungen an die Einführung von LQW 2 herantragen, und von ihren je eigenen Rationalitäten aus betrachtet werden.
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Die Auswahl des Falls Um Aussagen in dem konturierten Rahmen machen zu können, wurde als Auswahlkriterium für die Fälle festgesetzt, dass sie in sich unterschiedlich – also kontrastierend – sein sollten. Dies ermöglicht trotz geringer Fallzahl Variation und Mehrperspektivität (Patton 1990; Merkens 2008; Kuper 2005). Als Auswahlkriterium galten unterschiedliche, für die Einrichtungen relevante Reproduktions- und Steuerungskontexte (vgl. Kap. C 3.3; vgl. Schrader 2008, 2010). Ziel war es, den Reproduktions- und Steuerungskontext Staat und denjenigen des Marktes jeweils durch einen Fall zu repräsentieren. Diese beiden Felder sind für den Untersuchungszusammenhang deshalb von Bedeutung, weil einerseits aus dem Kontext Staat die typischen Weiterbildungseinrichtungen kommen, die sich für LQW entscheiden. Andererseits wird der Gewinn privatwirtschaftlicher Einrichtungen – gerade auch von politischer Seite – als Voraussetzung dafür gesehen, dass sich LQW als ein Testierungsmodell neben der etablierten ISOZertifizierung nach der Projektlaufzeit durchsetzen kann (vgl. Kap. E 1.2). Insofern ist es nicht unbedeutend, wie diese hinsichtlich der Reproduktions- und Steuerungskontexte unterschiedlichen Einrichtungstypen auf LQW zugreifen und das Modell in ihrer Organisation handhabbar machen. Neben den unterschiedlichen Reproduktions- und Steuerungskontexten Markt und Staat sollten die Einrichtungen aus unterschiedlichen Bundesländern und unterschiedlich groß sein. Als Nebeneffekt konnten diese Auswahlkriterien sicherstellen, dass die Falleinrichtungen in keinem Konkurrenzverhältnis zueinander stehen – regional wie auch adressatenbezogen besetzen sie unterschiedliche Märkte. Die Gewinnung von zwei Falleinrichtungen, die diese Kriterien erfüllen und zugleich bereit waren, sich als Fall für die Untersuchung zur Verfügung zu stellen, erwies sich als schwierig. Erst nach einigen Absagen konnten zwei den oben genannten Kriterien entsprechende Einrichtungen gewonnen werden. Es handelt sich um eine Volkshochschule sowie um einen privaten Anbieter von arbeitsmarktrelevanten Maßnahmen. Inwieweit sich die „Untersuchungsverweigerer“ systematisch von den beiden rekrutierten Einrichtungen unterscheiden (vgl. hierzu Bortz/Döring 2005), lässt sich für den vorliegenden Untersuchungszusammenhang nicht ermitteln. Ex ante hätte man vermuten können, dass die Bereitschaft zur Untersuchungsteilnahme und zur Einsicht in den Prozess mit einer besonders intensiven und sorgfältigen Umsetzung von LQW interagiert. Ex post lässt sich diese Vermutung nicht halten. Mag dies für die Volkshochschule der Fall sein, gilt dies für den privaten Anbieter nicht. Er wählt einen eher pragmatischen Umgang. Nichtsdestotrotz ist dieser Aspekt bei der Datenauswertung mitzureflektieren (vgl. Merkens 2008).
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Form der Datenerhebung und Charakterisierung der Fälle Das Untersuchungsdesign ergänzt vorab festgelegte um späterhin erst präzisierbare Elemente (vgl. Merkens 2008). Grundsätzlich galten kritische Ereignisse wie Visitation und Abschlussworkshop in zeitlicher Hinsicht als Strukturierungsparameter der Datenerhebung. Zudem sollten die Fälle mehrperspektivisch abgebildet werden, was die Einbindung von Mitarbeitern unterschiedlicher Hierarchieebenen und Funktionsbereiche in die Untersuchung erforderte. Offenheit bestand darin, welche Ereignisse durch die spezielle Prozessgestaltung der Einrichtungen zusätzlich berücksichtigt werden, welche und wie viele Mitarbeiter konkret befragt werden und welche Erhebungsinstrumente – Beobachtungen, Gruppendiskussionen, Expertenbefragungen und Dokumentenanalysen – für welche Untersuchungseinheit konkret zur Anwendung kommen. In Summe wurden beide Falleinrichtungen facettenreich aus unterschiedlichen Perspektiven erfasst. Die Stichproben wurden nach dem Prinzip des Theoretical Samplings bis zur theoretischen Sättigung vorangetrieben. In beiden Einrichtungen startete Mitte des Jahres 2004 die Datenerhebung, beide Einrichtungen hatten den Einführungsworkshop hinter sich und mit der Umsetzung von LQW begonnen. Die Einrichtungen allerdings gestalteten ihren Prozess unterschiedlich, was sich entsprechend in die Datenerhebung eingetragen hat. Die Volkshochschule Die dem Reproduktions- und Steuerungskontext Staat zugeordnete Volkshochschule20 arbeitet mit einer sehr stabilen personellen Besetzung. Sie beschäftigte zum Zeitpunkt der Untersuchung 83 Mitarbeiter, davon sind 27 pädagogische Mitarbeiter; als Kursleitende arbeiten etwa 1300 Personen. Bereits seit Anfang der 1990er Jahre setzt sie sich intensiv mit Organisations- und Qualitätsentwicklung auseinander. In dieser Zeit wurden Fragen der Marktausrichtung und der Entwicklung eines Marketingkonzeptes virulent, die nach einem externen Gutachten eine Qualitätsentwicklung in der Einrichtung anstießen. Die Entwicklungsprozesse waren anfangs von Beratern begleitet und wurden späterhin selbstständig weitergeführt. Die Volkshochschule trat 2001 einer auf EFQM basierenden Qualitätsinitiative bei. Bei der Umsetzung des Modells legte man großen Wert auf eine möglichst breite Beteiligung der Mitarbeiter. Die Implementierung von LQW 2 in die Volkshochschule erscheint als Fortsetzung eines langjährigen, von den Mitarbeitern mitgestalteten und mitgetragenen Organisationsentwicklungsprozesses. Es liegen Erfahrungen in Bezug auf Qualitätsma20 Die Einrichtung selbst stimmte einer solchen Klassifizierung nicht zu und verortet sich im Kontext Markt, was für die allgemein beobachtbare zunehmende Relevanz des Marktes gerade auch für Einrichtungen der allgemeinen Weiterbildung spricht (Schröer 2005; Schrader 2008, 2010).
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nagement wie auch in Bezug auf die Eigensteuerung von Entwicklungsprozessen unter Einbindung möglichst vieler Mitarbeiter vor. Bei der Implementierung von LQW wechselten in der Volkshochschule Phasen, in denen alle pädagogischen Mitarbeiter eingebunden wurden (wie Leitbildentwicklung und Definition gelungenen Lernens), mit arbeitsteiligen, auf die Qualitätsbereiche bezogenen Gruppenphasen, die sich je nach Themengebiet z. T. aus pädagogischen Mitarbeitern und Verwaltungsmitarbeitern zusammensetzten. Vor diesem Hintergrund kamen Beobachtungen, Experteninterviews, Gruppendiskussionen und Dokumentenanalysen in folgender Kombination zum Einsatz: Es wurden Beobachtungen im Kontext von Dienstbesprechungen, pädagogischen Konferenzen und den für den LQW-Prozess relevanten Statuspassagen – Visitation und Abschlussworkshop – durchgeführt. Zudem wurden Experteninterviews mit dem Einrichtungsleiter, dem Qualitätsbeauftragten und allen Arbeitsgruppenleitenden geführt. Von da ausgehend wurden auf der Basis des erreichten Kenntnisstandes von den Arbeitsgruppenleitern empfohlene Mitarbeiter befragt: Es waren Mitarbeiter unterschiedlicher Funktions- und Hierarchieebenen, die an dem Prozess der Einführung mitarbeiteten. In Summe wurden von insgesamt 83 Mitarbeitern 17 befragt. Die Interviews waren zu einem Zeitpunkt, als alle Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse verschriftlicht und an den Qualitätsbeauftragten geleitet hatten. Nach Abschluss der Testierung – also dann, wenn sich LQW im Alltag bewähren muss – wurden Gruppendiskussionen mit drei unterschiedlich zusammengesetzten Mitarbeitergruppen geführt. Es handelte sich dabei um eine Gruppe von in den Prozess der Implementierung eingebundenen Verwaltungsmitarbeitern, um eine Gruppe in den Prozess der Implementierung eingebundener pädagogischer Mitarbeiter und um eine Gruppe von Mitarbeitern, die zwar nicht an der Implementierung von LQW mitgearbeitet hat, aber dennoch von der Implementierung von LQW betroffen war. Im Abstand von rund einem Dreivierteljahr nach der Testierung wurde ein weiteres Interview mit dem Qualitätsbeauftragten zu den Wirkungen von LQW in der Einrichtung geführt. Als Dokumente liegen die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen, der von dem Qualitätsbeauftragten in der Endredaktion verantwortete Selbstreport, die von dem Gutachter erteilten Auflagen und zahlreiche Protokolle von Besprechungen vor. Das privatwirtschaftliche Bildungsunternehmen Das privatwirtschaftliche, dem Reproduktions- und Steuerungskontext Markt zugeordnete Bildungsunternehmen (Rechtsform: GmbH) wurde zum Zeitpunkt der Entscheidung für LQW 2 im Jahr 2003 von zwei geschäftsführenden Gesellschaftern geleitet. Ein Geschäftsführer, Pädagoge, ist für den pädagogischen Bereich zuständig, der andere, Jurist, für den kaufmännischen. Hinzukäufe führ118
Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
ten im Laufe von 2004 zu einer völligen Umstrukturierung der Unternehmensgruppe. Der Kauf eines insolventen, lokal angesehenen Bildungsdienstleisters veranlasste die geschäftsführenden Gesellschafter, das zu untersuchende, für die Testierung angemeldete Unternehmen mit dem neu erworbenen zusammenzuschließen. Da Angebot und auch Mitarbeiter des neuen Bildungsdienstleisters zum Teil identisch waren, wurde bei der Testierungsstelle eine Änderung des zur Testierung angemeldeten Bildungsdienstleisters beantragt. Diese Änderung wurde von der Testierungsstelle akzeptiert. Das nun zu testierende Tochterunternehmen wurde zum Zeitpunkt der Untersuchung lokal von einem Geschäftsführer geleitet, der den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern untersteht. Das Unternehmen beschäftigte 22 feste und 12 freie Mitarbeiter, wobei die Mitarbeiterzahl sich schnell – je nach Auftragssituation – veränderte. Firmenübernahmen und Neugründungen wie auch die einschneidenden Veränderungen auf dem staatlich geförderten Weiterbildungsmarkt durch die Hartz-IV-Reformen erzeugen im Unternehmen einen raschen und gravierenden Wandel: Starke Überlastung wechselt mit geringer Auslastung, kurzfristige Entlassungen und (Wieder-)Einstellungen von freien und festen Mitarbeitern sind keine Besonderheit. Namen, Organisation, Mitarbeiterzahl sowie die Zusammensetzung und Ausrichtung der Holding und der Subunternehmen ändern sich schnell und wiederholt. Inhaltliche Vorerfahrungen mit anderen standardisierten Qualitäts- oder Organisationsentwicklungsmodellen – wie bei der Volkshochschule – waren bei den Geschäftsführern, im Gegensatz zu einigen Mitarbeitern, nicht vorhanden. Durch einen von der Testierungsstelle abgelehnten Selbstreport ergeben sich zwei strukturell unterschiedliche Phasen, in denen Daten gewonnen wurden: vor und nach der Ablehnung. In der ersten Phase wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, in der für jeden Qualitätsbereich ein bis maximal drei Mitarbeiter zuständig waren. In den Zeitraum dieser Arbeitsgruppe fielen der Kauf der insolventen Firma und die Unternehmensneugründung durch Zusammenschluss der beiden bildungsdienstleistenden Unternehmen. Die Arbeitsgruppe rekrutierte sich ausschließlich aus Mitarbeitern des „alten“, ursprünglich zur Testierung angemeldeten Unternehmens. Ihre Aufgabe war es, die entsprechenden Kapitel des Selbstreportes zu verfassen und in Arbeitstreffen mit allen Mitarbeitenden zu diskutieren. In dieser Phase wurden gemeinsame Arbeitstreffen beobachtet, zudem wurden mit allen neun in den Prozess integrierten Mitarbeitern sowie dem lokalen Geschäftsführer und den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern Interviews durchgeführt. Nachdem der von den Mitarbeitern gemeinsam verfasste Selbstreport von der Testierungsstelle nicht angenommen wurde, veränderten die geschäftsführenden Gesellschafter noch im Dezember 2004 ihre Strategie. Sie zogen 119
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sich selbst aus dem Prozess zurück, indem sie die Verantwortung dem örtlichen Geschäftsführer überließen und drei Mitarbeiter aus dem Kreis des aufgekauften bildungsdienstleistenden Unternehmens mit dem Verfassen eines neuen Selbstreportes beauftragten. Diese drei Mitarbeiter wurden in einer Diskussionsrunde beobachtet und mit ihnen wurde jeweils ein Experteninterview geführt. Zudem wurde die Visitation beobachtet und protokolliert. Die Einrichtung hat die Testierung nicht erfolgreich abschließen können. Sieben Monate nach der Visitation wurde mit dem pädagogischen Geschäftsführer zusammen mit einem neu ernannten Qualitätsbeauftragten ein abschließendes Interview zu Qualitätsmanagement in dem Unternehmen geführt. Als Dokumente liegen beide Selbstreporte, die Korrespondenz mit der Testierungsstelle und das Gutachten vor. 2.2.5 Die Ebene der Interaktion: freie Trainer und Dozenten sowie Teilnehmende Außer den Mitarbeitenden in Weiterbildungseinrichtungen können die freien Trainer und Dozenten und die Teilnehmenden als weitere auf der Mikroebene angesiedelte (Sub-)Systeme begriffen werden. Sie wurden in der ersten Durchführungsphase ausdrücklich nicht in den Projektauftrag integriert. Zwar werden im Rahmen des ersten und zweiten Messzeitpunktes bei der Befragung der Einrichtungen auch Fragen zur Integration der freien Trainer und Dozenten in die Qualitätsdebatte der Einrichtung und zu den Wirkungen, die die Implementierung von LQW 2 auf die freien Trainer und Dozenten hat, erfasst, eine detaillierte Fokussierung dieses (Sub-)Systems war jedoch zunächst nicht vorgesehen. Die Evaluationsergebnisse, die im Kontext der ersten Durchführungsphase im Rahmen des ersten Messzeitpunktes generiert wurden, lieferten Hinweise, dass die freien Trainer und Dozenten aus der Perspektive der Organisationen wie auch der Gutachter nur eingeschränkt eingebunden und für sie auch nur eingeschränkt Änderungen erwartet wurden (vgl. hierzu Hartz/Goeze 2006; Bosche 2007). Dieses erstaunte insofern, dass bei einem Modell, bei dem der Lernende der Referenzpunkt aller Qualitätsbemühungen sein soll, auch ein Vordringen zum Kern pädagogischen Handelns und dementsprechend auch Veränderungen im Tun der freien Trainer und Dozenten angenommen werden. Vor diesem Hintergrund wurde in der zweiten Durchführungsphase von den Auftraggebern eine Studie, die diese Ebene fokussiert, initiiert. Die Analyse der Auswirkungen der Einführung von LQW 2 auf das Handeln der freien Trainer und Dozenten wird von Mitarbeitenden des DIE durchgeführt. Dieser Untersuchungsbaustein gehört somit nicht zu dem hier vorgestellten Evaluationsauftrag
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im engeren Sinne, gleichwohl die dort generierten Ergebnisse auch für den hier verfolgten Zusammenhang von Interesse sind. Die Teilnehmenden wurden in die Untersuchungen der ersten Durchführungsphase deshalb nicht integriert, weil der Evaluationszeitraum auf die Implementierung von LQW in Einrichtungen der Weiterbildung begrenzt war. Eine Akzeptanz- und Wirkungsforschung auf Seiten der Teilnehmenden erscheint erst dann erkenntnisbringend, wenn die Einrichtungen die Testierung abgeschlossen haben, d. h., wenn die Implementierung von LQW vollzogen ist und die Einrichtungen nach der Logik von LQW ihren Alltag gestalten. Erst dann, so die Annahme, können Teilnehmende – ihr Eintreten vorausgesetzt – Wirkungen bzw. Veränderungen beobachten. Wenn, wie im Fall der Lernerorientierten Qualitätstestierung, der Lernende und die Definition gelungenen Lernens den Referenzpunkt der Qualitätsbemühungen bilden, wird – insbesondere auf der Ebene des politischen Systems wie Analysen ergeben (vgl. Kap. E 1.2) – die Erwartung geweckt, dass sich auch in der Interaktion mit den Lernenden bzw. in der Interaktion mit den Teilnehmenden etwas verändert. Es stellt sich insofern die Frage, ob diejenigen erreicht werden, an denen sich die Qualitätsentwicklung zu orientieren hat, und ob – systemtheoretisch gesprochen – eine kommunikative Durchdringung bis zu dieser Ebene realisiert werden kann. Der Auftrag, dieses zu analysieren, wird zu einem integralen Bestandteil des hier zur Rede stehenden Evaluationsprojektes (vgl. hierzu Hartz/Goeze/Schrader 2007). Abgesehen von den methodischen Schwierigkeiten, die Grundgesamtheit der Teilnehmenden zu definieren und hieraus eine repräsentative Stichprobe zu ziehen, schließen die finanziellen Rahmenbedingungen eine standardisierte repräsentative Befragung der Teilnehmenden derjenigen Einrichtungen, die LQW einführen, aus. Hinzu kommt, dass man sich auch hier in einem nicht erforschten Feld bewegt. Vor diesem Hintergrund wird einem explorativen Vorgehen mit Hilfe von qualitativ angelegten Fallstudien der Vorzug gegeben. Dieses wird durch eine standardisierte Befragung der an dem Projekt beteiligten Einrichtungen zur Einbindung von Teilnehmenden ergänzt. Die Auswahl des Falls Um Aussagen über die Wirkungen aus der Perspektive der Teilnehmenden machen zu können, erscheint es sinnvoll, Einrichtungen auszuwählen, die ein breites Spektrum unterschiedlicher Teilnehmenden adressieren und hinsichtlich ihrer Operationsweise in Bezug auf die Teilnehmenden vergleichbar sind. Damit verbunden ist ein weiteres Kriterium für die Auswahl der Einrichtungen, und zwar, dass sie dem gleichen Reproduktions- und Steuerungskontext angehören. Zudem sollten beide Einrichtungen zum gleichen Zeitpunkt die Testierung absolviert haben und zum Zeitpunkt der Untersuchung mindestens ein Jahr testiert 121
Teil D
sein. Diese auf Homogenität der Fälle abstellenden Kriterien wurden um einen auf Differenz zielenden Aspekt ergänzt: Die Einrichtungen sollen sich in der Gestaltung des Qualitätsentwicklungsprozesses unter der Perspektive „Einbindung von Teilnehmenden in den Qualitätsentwicklungsprozess“ versus „keine Einbindung von Teilnehmenden in den Qualitätsentwicklungsprozess“21 unterscheiden. Durch eine diesbezügliche Unterschiedlichkeit der Einrichtungen kann der Frage nachgegangen werden, inwieweit die Einbindung von Teilnehmenden in den Qualitätsentwicklungsprozess mit einer Zurechnung von Wirkungen durch die Teilnehmenden interagiert. Da keine Informationen vorlagen, von wie vielen Einrichtungen überhaupt eine Einbindung der Teilnehmenden in den Qualitätsentwicklungsprozess praktiziert wird und wie sich eine Einbindung von Teilnehmenden in den Qualitätsentwicklungsprozess gestaltet, war die Identifizierung von Einrichtungen mit der genannten Merkmalskombination nicht einfach. Zudem fehlten Kennzahlen, um einzuschätzen, wie typisch oder atypisch die Einbindung versus Nicht-Einbindung von Teilnehmenden in Relation zu allen in die über die standardisierte Befragung in die Untersuchung integrierten Einrichtungen ist. Um diese Daten zu generieren, wurde eine Telefonbefragung realisiert. Der entwickelte, standardisierte Fragebogen geht über das enge Interesse der Einrichtungsidentifikation, im Sinne einer Quantifizierung von Einbindung versus Nicht-Einbindung, hinaus und fragt die Motivationsstruktur von Einrichtungen zur Einbindung versus Nicht-Einbindung von Teilnehmenden und freien Trainern und Dozenten ab. Die oben genannten Kriterien bilden zusammen mit der Telefonbefragung die Grundlage, zwei adäquate Einrichtungen für die Untersuchung zu akquirieren. Im Ergebnis handelt es sich um die Volkshochschule der ersten Durchführungsphase, die keine Teilnehmenden einbindet, und um eine zweite Volkshochschule, die Teilnehmende einbindet. Form der Datenerhebung in den Falleinrichtungen Zur Untersuchung der Wirkungen aus der Perspektive der Teilnehmenden werden zunächst Experteninterviews mit den Qualitätsbeauftragen der Einrichtungen durchgeführt. Die Experteninterviews gliedern sich in drei Frageteile: Der erste Teil adressiert allgemeine, mit für beide Einrichtungstypen (Einbindung versus Nicht-Einbindung) gleichen Fragen. Es wird gefragt, wen die Einrichtung 21 Einbindung bedeutet, dass die Teilnehmenden an der Umsetzung von Qualitätsbereichen oder qualitätsrelevanten Aspekten mitarbeiten, sie beispielsweise in eine Arbeitsgruppe zu einem Qualitätsbereich integriert sind, einzelne Bereiche auf der Teilnehmendenversammlung diskutiert wurden oder Teilnehmende schriftlich um Anregung gebeten wurden. Einbindung von Teilnehmenden heißt nicht, sie schriftlich zu informieren oder Teilnehmendenbefragungen im Rahmen von Kursevaluationen durchzuführen.
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als Teilnehmer begreift, wie sich die Erwartungen von Teilnehmern hinsichtlich der Einrichtung im Laufe der Zeit verändert haben und welche Rückwirkungen dies auf Qualitätssicherungsstrategien hat. In dem zweiten Frageteil erhalten die Qualitätsbeauftragten unterschiedliche Fragen, je nach Einbindung oder NichtEinbindung von Teilnehmenden. Bei Einrichtungen mit Teilnehmereinbindung geht es um die in der Einrichtung diskutierten und praktizierten Formen sowie um Erfahrungen und Erwartungen bezüglich der Einbindung von Teilnehmenden in den Qualitätsentwicklungsprozess. Bei Einrichtungen, die keine Teilnehmenden in den Qualitätsentwicklungsprozess eingebunden haben, konzentriert sich dieser Frageteil auf die Ergründung, warum keine Teilnehmereinbindung vollzogen wurde. Dabei ist – für beide Einrichtungstypen – die Frage entscheidend, an welchen Stellen die Teilnehmerperspektive respektive die Einbindung der Teilnehmenden aus der Sicht der Einrichtung überhaupt einen Beitrag zum Qualitätsentwicklungsprozess nach LQW 2 leisten kann. Im dritten Teil finden sich Fragen zu den Einschätzungen der Qualitätsbeauftragten, ob und wie sich LQW 2 auf die Teilnehmer insgesamt auswirkt und zu den Wirkungen, die aus ihrer Sicht von den Teilnehmenden in Bezug auf die Einrichtung beobachtet werden können. In einem zweiten Schritt sollen durch die Vermittlung der Qualitätsbeauftragten Kontakte zu Teilnehmern hergestellt werden, um Gruppendiskussionen zu realisieren. Für die Auswahl der Teilnehmenden werden folgende Kriterien angelegt: Die Teilnehmenden sollen seit etwa drei Jahren regelmäßig an Veranstaltungen der Weiterbildungseinrichtung teilnehmen. Langjährigen Teilnehmenden ist es am ehesten möglich, Veränderungen in den Einrichtungen aufgrund der Implementierung von Qualitätsmanagementsystemen zu registrieren. Sie sollen zudem zentrale Teilnehmertypen der Einrichtung sein. Für die Strukturierung der Gruppendiskussionen wurden Thesen zu den Wirkungen des Qualitätsmanagements formuliert. Sie orientieren sich an den über die Experteninterviews generierten Aussagen und an dem Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung. Letzteres wurde zur Entwicklung von Aussagen zu möglichen Wirkbereichen dahin gehend analysiert, wo Operationen an der Schnittstelle zu den Teilnehmenden thematisiert werden (beispielsweise die Organisation des Lehr-Lernprozesses, die Anmeldung, die Vertragsschließung, die Kundenkommunikation). In der Einrichtung mit Teilnehmereinbindung fanden im Sommer 2006 drei Gruppendiskussionen statt. Eine Gruppendiskussion rekrutierte sich aus Teilnehmenden, die in den Qualitätsentwicklungsprozess eingebunden waren und die an Qualitätsbereichen mitgearbeitet haben. Zwei Diskussionen sammelten Teilnehmende, die nicht in den Prozess eingebunden gewesen sind. In der zweiten Einrichtung, die keine Teilnehmenden eingebunden hat, ergaben sich 123
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Schwierigkeiten in der Datenerhebung: Von drei geplanten und vorbereiteten Gruppendiskussionen wurden von Seiten der Einrichtung kurzfristig zwei Diskussionsrunden abgesagt. Der Grund war, dass sich keine Teilnehmenden zur Diskussion bereitfanden. Eine Diskussionsrunde konnte realisiert werden, die Daten allerdings sind aufgrund des Teilnehmerkreises, der durch Selbstselektion der Teilnehmenden entstanden ist, nur begrenzt aussagefähig. Gemäß dem Prinzip des „geselligen Klientelismus“ (Harney/Markowitz 1987) waren die Teilnehmenden weniger an den von den Forschern eingebrachten Themen als an ihren eigenen Geschichten, die aufgrund der Generationenlagerung in eine Prozessierung von Kriegserlebnissen mündeten, interessiert. Deshalb musste die Datenerhebung ein zweites Mal erfolgen. Die Wiederholung der Datenerhebung war Ende Oktober 2006. Für die Gewinnung von Teilnehmenden zur Durchführung der Gruppendiskussion wurde über Kursleitende in rund 15 Kursen um Beteiligungsbereitschaft geworben. Von diesen rund 200 zur Beteiligung aufgeforderten Personen kamen sechs Teilnehmende zu den Gruppendiskussionen – und das, obwohl vorher telefonischer Kontakt aufgenommen wurde. In Absprache mit dem Auftraggeber wurde nach dem Oktobertermin die Datenerhebung für beendet erklärt, da vor dem Hintergrund der geringen Resonanz Aufwand und Ertrag nicht mehr in Einklang zu bringen und zudem so keine völlig neuen Einsichten zu erwarten waren.
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Einordnung der Daten anhand der Gütekriterien
Der Logik der Wissenschaftlichkeit folgend ist es erforderlich, das Datenmaterial entlang der Gütekriterien empirischer Forschung einzuordnen. Als Gütekriterien der empirischen Forschung gelten gemeinhin die um die Begriffe der Objektivität, der Validität, der Reliabilität und der Repräsentativität rankenden Verfahren (vgl. Kromrey 2006). Sie finden vornehmlich im Bereich der quantitativen Forschung Konsens. Anders sieht dies im Rahmen qualitativ angelegter Studien aus. Hier differieren die Einschätzungen, ob und wenn ja, welche Kriterien für die Bewertung der Forschung heranzuziehen sind (Steinke 2008; Lüders 2003). Während die eine Position die Übertragung quantitativer Kriterien auf qualitative Forschung fordert (vgl. exemplarisch Kirk/Miller 1986), betont eine zweite die Generierung eigener Kriterien (vgl. exemplarisch Bohnsack 2005). Eine dritte Gruppe dagegen lehnt Kriterien gänzlich ab (vgl. exemplarisch Shotter 1990). Gleichwohl es keinen Konsens hinsichtlich der anzuwendenden Standards zu geben scheint, betonen Helsper et al. (2001) die vielfach beobachtbare, methodologische Fundierung qualitativ angelegter Studien. Ausstehender, ins-
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besondere begrifflicher Konsens einerseits und die beobachtbare Qualität qualitativer Forschung andererseits bringt Bohnsack (2005) dadurch zusammen, dass qualitativ hochwertige Forschung auch ohne explizierte Standards zu realisieren sei. Nichtsdestoweniger stehe eine systematische Explikation aus (Bohnsack 2005: 64; vgl. auch Steinke 2008). Im Oszillieren zwischen quantitativen und qualitativen Elementen wird im hier zur Rede stehenden Forschungszusammenhang zumindest der Versuch unternommen, plausible Einschätzungen in Bezug auf die Güte der Untersuchung vorzunehmen. Dazu wird – anders als Steinke (2008) für die Einschätzung qualitativer Forschung plädiert – auf die einschlägige Begrifflichkeit Objektivität, Validität, Reliabilität und Repräsentativität referiert, um der oben angesprochenen Oszillation Rechnung zu tragen und Anschlussfähigkeit an beide Seiten herzustellen. Zugleich wird die Einlösung der Gütekriterien als fallbezogen variierender Zielpunkt begriffen, dem sich die Forschungspraxis anzunähern versucht und über den Rechenschaft abzulegen ist (vgl. dazu auch Brüsemeister 2008). Objektivität stellt im Methodendiskurs gemeinhin darauf ab, dass Datenerhebung und -auswertung unabhängig von denjenigen sind, die diese Messungen und Auswertungen durchführen (Kromrey 2006; Kuper 2005). Bezieht man diese Forderung auf die in Kap. D 1.2 dargelegten methodologischen Überlegungen der Systemtheorie, lässt sich dies als ein uneinlösbarer Anspruch einordnen. Der Eintritt des Forschers selbst beispielsweise in einem Interview stellt bereits eine Intervention dar, die zwangsläufig mit ihm als autopoietischem System interagiert. Zudem erzeugt Forschung Beobachtungen zweiter Ordnung, die wie bereits dargestellt immer mit denjenigen Unterscheidungen in Beziehung stehen, die der Forschende zur Anwendung bringt (vgl. Kap. D 1.2). D. h.: Die Logik des Forschers trägt sich unweigerlich in die Datenerhebung und -auswertung ein und begrenzt als Beobachtung zweiter Ordnung die Objektivität. In dem hier vorliegenden Zusammenhang wird Objektivität im Sinne einer intersubjektiven Nachvollziehbarkeit verstanden (vgl. Steinke 2008). Sie wird dadurch angestrebt, dass die forschungsleitenden Unterscheidungen expliziert werden und sowohl in der Datenerhebung als auch -auswertung leitend sind. Auf diese Weise wird versucht, die Datenerhebung und -auswertung in Anerkennung der unhintergehbaren Eigenlogik der Forscher zu „objektivieren“. Der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit dient weiterhin eine systematische Dokumentation des Forschungsprozesses. Dazu zählen u. a. Aussagen über das Forschungsverständnis insgesamt (vgl. Kap. D 1), die zum Einsatz gebrachten Methoden im Allgemeinen (vgl. Kap. D 2.1), ihre spezifische Nutzung als Zugang zu den jeweiligen (Sub-)Systemen im Besonderen (vgl. Kap. D 2.2), die Strategien der Datenauswertung (vgl. Kap. D 4), Aussagenbelege anhand des Auswertungsmaterials etc. Zugleich sind den Möglichkeiten intersubjektiver Nachvollziehbar125
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keit durch Aussagenbelege anhand des Auswertungsmaterials im vorliegenden Zusammenhang Grenzen gesetzt, da der Untersuchung z. T. auferlegt wurde, von wörtlicher Zitation abzusehen. Weiterhin ist es von zentraler Bedeutung, die Validität der Untersuchung und der in ihr zum Einsatz kommenden Instrumente einzuschätzen. Validität fordert Aussagen dazu, inwiefern die Untersuchung misst, was sie zu messen vorgibt; inwiefern also Erhebungs- und Auswertungsmethoden in Relation zu Fragestellung und theoretischen Vorannahmen angemessen sind (vgl. dazu für qualitative Forschung auch Steinke 2008). Dabei wird gemeinhin zwischen den teilweise überlappenden Formen der Inhalts-, Kriteriums- und Konstruktvalidität unterschieden (Kromrey 2006; Kuper 2005). Bei der Inhaltsvalidität geht es um den Grad, in dem ein zu erfassendes Merkmal durch Fragen respektive im Kontext der standardisierten Instrumente durch Items theoretisch begründet repräsentiert wird. Inhaltsvalidität wird in dem vorliegenden Zusammenhang durch die theoretische Anbindung wie auch die sukzessive Präzisierung der Erhebungsinstrumente in Relation zu den forschungsprozessbegleitend generierten Befunden realisiert. Durch die aufgrund des unerforschten Untersuchungszusammenhangs erforderliche Rekursivität von Instrumentenkonstruktion, Datenerhebung, Auswertung im Anschluss an den wissenschaftlichen Diskurs, Instrumentenkonstruktion etc. kann davon ausgegangen werden, dass eine Inhaltsvalidität realisiert ist. In engem Zusammenhang mit der Inhaltsvalidität steht das Kriterium der Konstruktvalidität. Sie markiert, inwieweit sich das Messergebnis für die Entwicklung, Begründung und Prüfung von Theorie eignet. Hierein spielt die Frage, inwieweit hinter den Instrumenten der Datenerhebung theoretisch begründete Konstrukte stehen, durch die Theorieentwicklung geleistet werden kann. Da der Untersuchungsgegenstand entlang von Systemtheorie und Neo-Institutionalismus theoretisch reformuliert wurde, lassen sich in Bezug auf diese beiden Theorieansätze auch Theorieentwicklungen erwarten. Darüber hinaus spiegelt sich die empirisch vorfindbare und theoretisch reformulierte Komplexität des Untersuchungsgegenstandes im Design der Untersuchung durch die Adressierung der unterschiedlichen auf den differenten Systemebenen allokalisierten Systeme sowie die unterschiedlichen Formen der Datengewinnung. Zudem dürfte die Konstruktvalidität auch durch die rekursive Untersuchungsanlage und die sukzessive -präzisierung befördert werden. Schwierig ist es, Aussagen zur Kriteriumsvalidität zu machen. Sie stellt auf die Stimmigkeit der mit dem Messinstrument erhobenen Daten mit Daten zu anderen Variablen respektive einem Außenkriterium ab. Da es sich um ein bislang unerforschtes Terrain handelt, lassen sich weder Außenkriterien ausmachen noch systematische Aussagen dazu treffen (vgl. dazu auch Kuper 2005).
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Ebenso problematisch sind Aussagen zu dem Kriterium der Reliabilität. Sie gilt dann als erfüllt, wenn bei wiederholter Messung das gleiche Messergebnis reproduziert wird, also genau gemessen wird. Eine Einschätzung des qualitativen Datenmaterials unter der Perspektive der Messgenauigkeit bei dem hier verfolgten Untersuchungsinteresse der kommunikativen Durchdringung schließt sich schlicht aus (vgl. dazu auch Strübing 2004). Für die quantitative Erhebung auf der Ebene der Organisationen scheiden vor dem Hintergrund der Veränderungsmessung, der Fragebogenkonstruktion selbst mit sehr heterogenen, Differenz erfassenden Items wie auch der zeitlichen Limitation die Verfahren wie Retest (Messwiederholung nach Zeitabstand), Paralleltest (zweifache Messung zur gleichen Zeit mit parallelen Instrumenten wie die Nutzung vergleichbarer Intelligenztests bei gleichen Probanden), Konsistenzanalyse oder Testhalbierung für den vorliegenden Untersuchungszusammenhang aus. Dennoch kann eine gewisse Reliabilität des zum Einsatz gebrachten standardisierten Instruments erwartet werden. Sie stützt sich auf kritische Reflexionen des Instrumentariums während seiner Entwicklung von unterschiedlichen an der Untersuchung beteiligten Akteuren einerseits sowie Diskussionsrunden mit Wissenschaftlern, die im Bereich der Fragebogenentwicklung auf zahlreiche Erfahrungen referieren können, und Praktikern andererseits. Durch diese diskursive Form wurden sukzessive die Genauigkeit einzelner Items und Fragen vorangetrieben, sodass eine gewisse Zuverlässigkeit unterstellt werden kann. In diesem Sinne zuträglich dürfte auch die Durchführung der Pretests gewesen sein. Hierbei wurden die Fragebögen durch Vertreter derjenigen Personengruppe beantwortet und auf Tauglichkeit hin geprüft, die in der Untersuchung adressiert wurden. Weiterhin fordert die Auswertung in Anlehnung an die Grounded Theory Zuverlässigkeit, und zwar im Sinne einer kontinuierlichen Gültigkeitsprüfung vorgenommener Deutung in den empirischen Daten (vgl. zu Gütekriterien und Grounded Theory Strübing 2004). Zuletzt gilt es, die Untersuchung noch unter dem Gesichtspunkt der Repräsentativität zu betrachten. Eine diesbezügliche Einschätzung kann hier nicht pauschal gegeben werden. Die quantitativen, die Organisationsebene adressierenden Erhebungen lassen sich dem Methodendiskurs folgend als Vollerhebung klassifizieren. Dabei werden die an dem Projekt in der ersten Durchführungsphase an LQW beteiligten Einrichtungen als Grundgesamtheit verstanden und zu zwei Messzeitpunkten kontaktiert. In Zusammenschau mit den Rücklaufquoten von rund 56 und 60 Prozent und der Relationierung des Rücklaufs mit Strukturdaten der Grundgesamtheit (vgl. hierzu Kap. E 2.1.1) kann von einer repräsentativen Befragung ausgegangen werden, und zwar repräsentativ für diejenigen Einrichtungen, die sich in der Projektlaufzeit mit LQW befassen, nicht für Einrichtungen der Weiterbildung im Allgemeinen. Als Vollerhebung ist auch 127
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die Befragung der zeitnah nach der Anmeldung abgesprungenen Einrichtungen repräsentativ. Hinsichtlich der Repräsentativität weniger eindeutig lässt sich das qualitative Datenmaterial einordnen. Neben den oben ausgewiesenen Selektionskriterien für Vertreter der Bildungspolitik, der Gutachter/Berater etc. wurde weitgehend nach dem Prinzip der theoretischen Sättigung gearbeitet und die Datenerhebung solange vorangetrieben, wie neue Erkenntnisse zu generieren waren. Durch die Fülle unterschiedlicher qualitativer Materialien von Systemen unterschiedlicher Systemebenen der an der Implementierung von LQW Beteiligten kann davon ausgegangen werden, dass der Kommunikationszusammenhang der Implementierung von LQW für die erkenntnisleitenden Unterscheidungen zum Zeitpunkt der Erhebung repräsentativ abgebildet wurde. Aussagen zu Akzeptanz und Wirkungen von Implementierungen im Allgemeinen – also über den konkreten Untersuchungszusammenhang hinaus – soll durch eine Rückbindung der Ergebnisse an den Theorierahmen der Systemtheorie wie auch des Neo-Institutionalismus geleistet werden, sodass das Ziel der vorliegenden Untersuchung – auch – in der Generierung generalisierbarer Aussagen gesehen werden kann.
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Qualitative wie quantitative Auswertungsstrategien
Die Datenauswertung unterliegt, wie die Untersuchung insgesamt, den Prämissen einer formativen Evaluation. Wie in Kapitel C 1 dargelegt oszillieren Evaluationen zwischen dem Referenzsystem der Praxis und demjenigen der Wissenschaft und stehen in der Perspektive der Auftraggeber in der Pflicht, Wissen für bestimmte Zwecke zu generieren. Im vorliegenden Fall ist dies die nachhaltige Implementierung von LQW in das System der Weiterbildung. Entsprechend erfolgte eine an dem Erkenntnisinteresse des Auftraggebers ausgerichtete, sukzessive zeitnahe Datenauswertung. Gerade der Zeitdruck impliziert, dass erste Berichte auf deskriptiven Auswertungen basieren und insofern deskriptiven Charakter haben (vgl. Hartz/Goeze/Schrader 2007; Hartz/Goeze 2006; Hartz/ Schrader/Berzbach 2005). Dies ist zu unterscheiden von den hier vorgelegten, deutlich zeitversetzten Auswertungen und Analysen. Ihr Referenzsystem ist die Wissenschaft mit der Perspektive einer vertiefenden theoretischen Wendung. Entsprechend gilt es auch, die zur Anwendung kommenden qualitativen wie quantitativen Auswertungsstrategien darzulegen. Wie im Rahmen der methodischen Überlegungen bereits dargelegt erforderte der zunächst unpräzise Untersuchungsgegenstand eine sukzessive Präzisierung, die entsprechende Auswertungen erforderlich machten. So wurden – wie bereits
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erläutert – Interviews mit Experten unterschiedlicher Systemebenen genutzt, um die Instrumente zu verfeinern bzw. im Falle der standardisierten Befragung überhaupt erst zu entwickeln. Entsprechend der Datenerhebung, die sich zwischen den Polen quantitativer und qualitativer Verfahren bewegt, sind auch die Datenauswertungen durch quantitative wie auch qualitative Strategien geprägt. Die gewonnenen Datenmaterialien können „als Ausdruck verschiedener ineinander verschachtelter systemischer Kontexturen verstanden werden“ (Vogd 2005a: 89). Dabei wird die Autonomie der Systeme auf den unterschiedlichen Ebenen der Systembildung gewahrt. Sie sind als „verschiedene systemische Kontexturen anzusehen, die gleichzeitig bestehen, jedoch nicht in einer simplen Kausalbeziehung aufeinander zurückgeführt werden können“ (Vogd 2005a: 88). „Ein Ausgangspunkt der Interpretation könnte nun entsprechend gerade darin liegen, die im Text vorliegenden Zurechnungen und Festlegungen zu identifizieren, und dahin gehend zu prüfen, welchen Sinn sie aus dem Blickwinkel verschiedener Kontexturen ergeben. Als Produkt der Analyse erscheint dann eine mehrschichtige Interpretation, in der verschiedene Orientierungsrahmen, sozusagen unterschiedliche Weisen Sinn herzustellen, – gleichzeitig vorkommend – einander überlagern, wobei sich manchmal mehr der eine und manchmal mehr der andere Orientierungsrahmen in den Vordergrund drängt“ (Vogd 2005b: 119). Die hierin zum Ausdruck kommende Programmatik, die aus der Perspektive Vogds (2005a, b) am ehesten mit der interpretativen Methode nach Bohnsack realisiert werden könne, gilt als die Leitlinie der hier verfolgten Auswertungsstrategie. Ziel ist es, die kommunikative Durchdringung von LQW dadurch zu rekonstruieren, dass Beobachtungen hinsichtlich ihrer Orientierungsrahmen befragt und die Beobachtungen unterschiedlicher Beobachter miteinander verknüpft werden. Aussagen über Motive, Erwartungen und Wirkungen werden dementsprechend nicht vom Gesamtzusammenhang isoliert. Tiefenschärfe gewinne eine Auswertung demnach dadurch, „dass nun einerseits die immer mitschwingende Kontingenz des sich hier offenbarenden sozialen Geschehens gewürdigt werden kann, und andererseits gerade die gesellschaftlichen Kontexturen identifiziert werden können, in die das Sinngeschehen bevorzugt einrastet“ (Vogd 2005a: 81). Ziel ist es, das Datenmaterial so aufzubrechen, dass ein Zugang zu den unterschiedlichen Positionen, Rationalitäten und Interessen, aus denen heraus auf LQW 2 Bezug genommen werden kann, hergestellt und die kommunikative Durchdringung rekonstruiert werden kann.
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4.1
Auswertung der qualitativen Daten
Die Auswertung des qualitativen Datenmaterials erfolgt in Anlehnung an die Grounded Theory (Strauss 1998), die sich insbesondere für die Fokussierung von Prozessen (hier die kommunikative Durchdringung) eignet. Diese Auswertungsmethode ist gegenüber unterschiedlichen Datenerhebungsmethoden und theoretischen Interessen grundsätzlich offen und richtet sich auf eine in den empirischen Daten gründende Theoriebildung (vgl. dazu auch Brüsemeister 2008). Dabei wird die Grounded Theory als ein Auswertungsstil verstanden, durch den zugleich auch eine Brücke zu den quantitativen Daten geschlagen werden kann. Grundlegend ist – und diese Vorgehensweise entspricht der Tatsache, dass der Untersuchungsgegenstand noch nicht hinreichend theoretisch ausgeleuchtet ist –, dass sich der Forschungsprozess gerade nicht um Hypothesen gruppiert, in dem Sinne, dass ein Set von im Vorfeld generierten Annahmen systematisch überprüft werden würde. Hier geht es vielmehr darum, den Fall in seiner ihm eigenen Logik zu verstehen und die theoretischen Erklärungen in den Daten zu gründen bzw. sie aus diesen zu generieren. Dies bedeutet nicht, dass ein Forschungsprozess ohne Vorabwissen auskommt und dass im Laufe des Forschungsprozesses in Rückbindung an den theoretischen Anschluss wie auch an die in den Daten gründenden theoretischen Erklärungen nicht auch Vorabhypothesen formuliert werden könnten (vgl. zum Verhältnis von qualitativer Forschung und Vorwissen/Hypothesen Brüsemeister 2008; Meinefeld 2008). Im Gegenteil, Letzteres wird im vorliegenden Fall geradezu forciert und bildet die Brücke zwischen Fallstudien, qualitativem Datenmaterial und aggregierten Daten (vgl. hierzu auch Kap. D 2.1). Konkret bedeutet dies, dass in Rückbindung an den theoretischen Anschluss wie auch an die in den Daten gründenden theoretischen Erklärungen Annahmen entwickelt werden. Sie liefern nicht nur, wie oben bereits dargestellt, Anhaltspunkte für die Instrumententwicklung, sondern auch Suchstrategien, mit Hilfe derer die quantitativen Daten durch Ex-Post-Facto-Designs analysiert werden. Neben der Offenheit für die Daten und dem Apell, Theorie in den Daten zu schaffen, betont die Grounded Theory darüber hinaus, dass der Forschungsprozess mitnichten linear strukturiert ist. Im linear strukturierten Forschungsprozess determiniert die Hypothesenbildung die Datenerhebung, die ihrerseits vor Beginn der Datenanalyse zum Abschluss gebracht sein muss. Die Anwendung der Grounded Theory dagegen basiert auf einem offenen und zirkulär angelegten Forschungsprozess. Dieses entspricht dem zunächst kaum präzisierten Untersuchungsgegenstand, dem sich durch die miteinander in Beziehung stehenden Phasen der Datenerhebung und der Datenauswertung in Anbindung an Theorie angenähert wird. Erste Interpretationen dienen der Theoriewahlfundie-
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Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
rung – insbesondere der theoretischen Annahmen der Systemtheorie und des Neo-Institutionalismus (vgl. Kap. C 3) – wie auch der weiteren Theoriegenerierung. Sie liefern darüber hinaus die Entscheidungsgrundlage für weitere Datenerhebung und unterstützen nicht zuletzt die (Fort)Entwicklung der Instrumente. Das Wechselspiel von Datenerhebung und Datenauswertung wird bis zur theoretischen Sättigung vorangetrieben. Sättigung heißt, dass von einer weiteren Datenerhebung und -analyse keine neuen Erkenntnisse mehr zu erwarten sind und die Theoriebildung dann als abgeschlossen angesehen werden kann (Strauss 1998; vgl. auch Brüsemeister 2008; Hildenbrand 2008). Die Basisoperation der Datenauswertung ist das Kodieren. Im Prozess des Kodierens werden die Daten aufgebrochen und auf einem höheren Abstraktionsniveau konzeptualisiert und neu zusammengesetzt. Die Kodiervorgänge legen Muster in den Daten offen. Eng gebunden an das Kodieren ist das Kategorisieren. Im Prozess des Kategorisierens werden Begriffe zu Oberbegriffen gebündelt und Relationen zwischen den unterschiedlichen Begriffs- oder besser Kategorienebenen bestimmt (Strauss 1998). Ziel dieser Auswertungsoperationen ist es, die jeweiligen Rationalitäten zu rekonstruieren, aus denen heraus die jeweiligen Systeme auf LQW Bezug nehmen, sowie gegenseitige Irritationen und Rückstoßeffekte zu enttarnen.
4.2
Auswertung der quantitativen Daten
In der Logik des Strukturenentdeckens steht auch die Auswertung des quantitativen Datenmaterials, das auf der Ebene der Organisationen zu den Erwartungen und Wirkungen generiert worden ist. In dieser Hinsicht kommen insbesondere die Faktorenanalyse und die Clusteranalyse zum Einsatz. Ziel der Faktorenanalyse ist es, Variablen zu bündeln, die gemeinsame Informationen erfassen, Variablen also auf der Grundlage ihrer korrelativen Beziehung zu gruppieren und dimensionale Strukturen zu erkennen (vgl. Überla 1977; Revenstorf 1976; Ritsert/Stracke/Heider 1976; Hartung/Elpelt 1995; Russell 2002; Bortz 2005). In die Faktorenanalyse eingespeiste Daten sollten idealerweise metrisch skaliert sein (vgl. Rudolf/Müller 2004: 125; Fromm 2004: 229; Backhaus et al. 2000). Diese Voraussetzung ist – wie in vielen Untersuchungen im Kontext der Sozialwissenschaft – im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Daten sind lediglich ordinalskaliert in der Regel auf einer Likert-Skala von „1“ (sehr wichtig/trifft voll zu) bis „4“ (nicht wichtig/trifft nicht zu). Wenn sie nichtsdestoweniger mit Verfahren bearbeitet werden, die ein Intervallniveau voraussetzen, dann erscheint dies vor dem Hintergrund von Simulationsstudien, in denen nachgewiesen werden konnte, dass die daraus resultierenden Fehler131
Teil D
quellen weitgehend gering sind (Baur 2004: 194), legitim. Hinzu kommt, dass die Stärke von Zusammenhängen, wenn man ordinalskalierte Variablen als intervallskaliert betrachtet, eher unter- als überschätzt wird (vgl. Schulze 2000). Im vorliegenden Zusammenhang wird die Hauptkomponentenanalyse als Extraktionsmethode eingesetzt. Als exploratives, faktorenanalytisches Verfahren liegt sie auf einer Linie mit der ansonsten hier zur Anwendung kommenden Auswertungsstrategie. Ihr liegen – verglichen mit anderen faktorenanalytischen Verfahren – keine speziellen Annahmen über die statistische Verteilung der Daten zugrunde (vgl. Kirchhoff/Kuhnt/Lipp/Schlawin 2001: 81; Backhaus et al. 2000). Dies entlastet, da die vielfach zur Voraussetzung erklärte Normalverteilung im vorliegenden Untersuchungszusammenhang nicht anzutreffen ist. Zur Realisierung faktorenanalytischer Verfahren sind genügend große Stichproben erforderlich. Die Mindestanforderung hierbei ist, dass mehr Fälle als Variablen vorhanden sein sollten (Revenstorf 1976; Backhaus et al. 2000). Letzteres ist in den vorliegenden Auswertungen immer erfüllt, vielfach kann sogar der Forderung nach „n = Itemanzahl + 50“ (Clauß/Ebner 1982) oder noch besser dem Anspruch nach einer Fallzahl, die das Dreifache der Variablenzahl ist (Backhaus et al. 2000), entsprochen werden. Die Anzahl der extrahierten Faktoren richtet sich nach dem Kaiser-GuttmanKriterium und somit nach der Anzahl der Eigenwerte, die eins überschreiten. Zusätzlich wird die Möglichkeit genutzt, die Anzahl der zu extrahierenden Faktoren aufgrund einer Screeplot-Interpretation vorzugeben. Eine eindeutige Richtlinie zur Bestimmung der Anzahl der Faktoren gibt es nicht. Screeplot und Kaiser-Guttman-Kriterium liefern nur vage Anhaltspunkte. Deshalb ist die Interpretierbarkeit der Faktoren ein mitentscheidendes Kriterium für die Bestimmung der Faktorenzahl (vgl. Bortz 2005: 662ff.; Backhaus et al. 2000: 288ff.). Als Rotationsmethode wird die orthogonal rotierende Varimax-Methode verwandt, weil die Unabhängigkeit der Faktoren gewahrt sein soll (Backhaus et al. 2000; Bortz 2005). Fehlende Werte können aufgrund der geringen Fallzahl nicht ausgeschlossen werden, sondern werden durch den Mittelwert der betreffenden Variablen ersetzt. Die faktoriellen Lösungen, die sich vor dem Hintergrund theoretischer Überlegungen und bereits realisierter Auswertungen gut interpretieren lassen, werden in Abstimmung mit den genannten Bedingungen (Screeplot und KaiserGuttman-Kriterium) ausgewählt. Von diesen Lösungen werden Faktorwerte ausgegeben, die nach der Regressionsmethode berechnet werden. Der einem Fall zugeordnete, relationale, rekodierte22 Faktorwert ist z-standardisiert und verortet 22 Da ein niedriger Faktorwert – relational zu dem gesamten Antwortverhalten – eine geringere Zustimmung zu den den Faktor konstituierenden Elementarvariablen bedeuten soll, die Elementarvariablen jedoch bei geringerer Zustimmung stets einen hohen Wert auf der Likert-Skala
132
Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
den Fall im Gesamtantwortverhalten. Die z-standardisierten Werte liegen in der Regel zwischen -3 und 3 (vgl. Bühl/Zöfel 2005). Anhand von einzelnen sehr hohen bzw. niedrigen Faktorwerten wird eine Rückbindung an das ursprüngliche Ankreuzverhalten bei den Elementarvariablen vorgenommen, um die Korrektheit der Prozedur zu überprüfen. Benannt werden die einzelnen Faktoren im Lichte der theoretischen Überlegungen. Die z-standardisierten Werte stellen die Grundlage für eine Quartilsbildung. Auf diese Weise können die Fälle hinsichtlich ihres Zustimmungsgrades zu dem jeweiligen Faktor in vier Gruppen unterschieden werden. Die Quartile werden mit Benennungen/Wertelabels versehen. Da die Verteilung der Ursprungsvariablen sehr häufig stark links- oder rechtsschief ist, kann sich die Benennung nicht einfach nach den im Fragebogen vorgegebenen Skalenbeschriftungen richten. Vielmehr wurde anhand von Häufigkeitsauszählungen und der Betrachtung der kumulierten Prozentzahlen für jede Ursprungsvariable, die in die Faktorenanalyse einfloss, eine verteilungsadäquate Benennungsform gewählt. Die Quartilszuordnungen erhielten die Wertelabelbenennung, die bei den Faktor konstituierenden Variablen überwiegend vorlagen – unter besonderer Beachtung und Gewichtung der Variablen, die durch ihre relativ hohe Faktorladung den Faktor besonders stark repräsentieren. Eine solche Quartilsbildung bietet die Möglichkeit, schlichte Kreuztabellen auf der Grundlage hoch verdichteten Datenmaterials rechnen respektive diese vier Gruppen im Sinne von Ex-Post-Facto-Designs in Varianzanalysen miteinander zu vergleichen, wenn dies aus auswertungsstrategischen Gründen sinnvoll erscheint. Als Strukturen entdeckendes, multivariates Verfahren lässt sich weiterhin die hier zum Einsatz kommende Clusteranalyse einordnen (vgl. Rudolf/Müller 2004; Janssen/Laatz 2005). Konkret findet die Ward-Methode Anwendung, die sich der Gruppe der hierarchischen Clusteranalyseverfahren zuordnen lässt und die von Studien als die in ihren Ergebnissen beste Methode hervorgehoben wird (vgl. Bortz 2005; Backhaus et al. 2000; Kohn 2005: 551). Hierarchische Verfahren bieten sich insbesondere bei kleinen Fallzahlen an. Anders als in der Clusterzentrenanalyse, die sich für große Fallzahlen eignet, ist im laufenden Verfahren der Clusterbildung kein Gruppenwechsel möglich (Bacher 1996: 144). Eine Voraussetzung bei der Anwendung des Ward-Verfahrens ist die Eliminierung von Außenseitern. Sie beeinflussen den Fusionierungsprozess der anderen Objekte so stark, dass das Erkennen von Zusammenhängen zwischen den übrigen Objekten erschwert wird. Deshalb wird in dem vorliegenden Untersuchungszusam(4 = „nicht wichtig“, „trifft nicht zu“; 1 = „sehr wichtig“, „trifft voll zu“) aufweisen, müssen die resultierenden Faktorwerte rekodiert werden. Auf diese Weise kann gesichert werden, dass ein hoher Faktorwert auch eine relativ betrachtet hohe Zustimmung zu dem zugrunde liegenden Faktor darstellt.
133
Teil D
menhang der Empfehlung gefolgt, mit Hilfe des Nearest-Neighbour-Verfahrens, das seinerseits zu Kettenbildungen neigt, die Ausreißer zu ermitteln und von den Partitionierungen im Rahmen des Ward-Verfahrens auszuschließen (Kohn 2005: 549ff.). Charakteristisch für das Ward-Verfahren ist, dass die Gruppenbildung auf einer möglichst geringen Varianzerhöhung bei Aufnahme eines Falls in das Cluster basiert: „Mit den ersten Fusionierungsschritten werden bevorzugt kleine Cluster in Regionen hoher Objektdichte gebildet. Mit fortschreitender Fusionierung tendiert der Algorithmus dazu, Unterschiede in den Besetzungszahlen verschiedener Cluster auszugleichen, d. h. es werden Cluster mit annähernd gleich großen Besetzungszahlen gebildet“ (Bortz 2005: 578). Das wirkt sich nachteilig aus, wenn die optimale Clusterlösung in unterschiedlichen Gruppengrößen läge. Im Dienste der Validierung empfiehlt es sich deshalb, die mit einer Methode gefundene Partitionierung mit einem anderen Verfahren zu bestätigen bzw. zu optimieren (vgl. Bortz 2005: 572; Kohn 2005; Litz 2000: 423). Der Empfehlung der Validierung der gefundenen Clusterlösung durch den Vergleich mit auf anderen Partitionierungsverfahren basierenden Lösungen23 wird durch eine Anwendung des Two-Step-Verfahrens gefolgt. Dieses ist ein heuristisches Verfahren mit eigener Clusterbildung, wenngleich die Anzahl derselben auch vorgegeben werden kann. Two Step bedeutet, dass zuerst die Anzahl der Klassen ermittelt und dann – gewissermaßen in einem zweiten Schritt – die Clusterbildung unter Anwendung hierarchischer Verfahren realisiert wird (Janssen/Laatz 2005: 455f.). Anders als in dem Ward-Verfahren ist hier ein Gruppenwechsel im Laufe des Verfahrens möglich. Es gilt darüber hinaus als ein sehr robustes Verfahren, das auch dann noch angewandt werden kann, wenn die als metrisch behandelten Variablen nicht normal verteilt sind (Wittenberg/Cramer 2003: 146). Anders als in anderen Verfahren – für den vorliegenden Zusammenhang allerdings von nachrangiger Bedeutung – können hier Variablen unterschiedlicher Skalenniveaus in eine Clusteranalyse geschickt werden (Bacher/Wenzig/Vogler 2004: 3; Wittenberg/Cramer 2003: 146).24 Aufgrund der genannten Differenzen zu dem Ward-Verfahren – wie eigene Ermittlung der Clusterzahl, Wechsel der Gruppen im laufenden Verfahren, Offenheit für die Einspeisung von Variablen unterschiedlicher Skalenniveaus und Robustheit – bietet das Two-Step-Verfahren 23 In der Literatur werden unterschiedliche Verfahren der Validierung gefundener Clusterlösungen diskutiert. Häufig findet sich die Empfehlung, mit Diskriminanzanalysen die Gültigkeit der gefundenen Lösung zu prüfen. Wiedenbeck/Züll schätzen den Nutzen eines solchen Vorgehens als begrenzt ein. Es sei tautologisch, da die gleichen Variablen wie in der Clusteranalyse verwendet werden (Wiedenbeck/Züll 2001: 17). Darüber hinaus findet sich die Empfehlung, Lösungen mit Hilfe einfaktorieller und multipler Varianzanalysen (Litz 2000: 420ff.) zu überprüfen. 24 Allerdings seien die Ergebnisse für gemischt skalierte Daten oft unbefriedigend, da nominale Variablen in der Analyse höher gewichtet und dadurch das Ergebnis bestimmen würden (Bacher/Wenzig/Vogler 2004).
134
Das Design der Untersuchung: methodische Überlegungen, Datenerhebung, Auswertungsstrategie
gute Voraussetzungen, um die im Ward-Verfahren generierte Lösung zu validieren: Erstens lässt sich die Anzahl der durch das Two-Step-Verfahren ermittelten Cluster mit der anhand des Koeffizientensprungs ermittelten Clusterzahl im Ward-Verfahren vergleichen. Zweitens lassen sich die Clustercharakterisierung sowie die jeweilige Zuordnung der Fälle zu den einzelnen, in den Verfahren ermittelten Clustern gegenprüfen. Zusammenfassend basieren die im Ergebnisteil präsentierten clusteranalytisch ermittelten Ergebnisse auf folgenden Rechen- und Auswertungsoperationen: Zuerst werden mit Hilfe des Nearest-Neighbour-Verfahrens Ausreißer und Koeffizientensprung ermittelt. Nach einer Eliminierung der Ausreißer wird das Ward-Verfahren zur Partitionierung genutzt. Als Distanzmaß wird die euklidische Distanz herangezogen. Zudem wird anhand des Koeffizientensprungs die Anzahl der Cluster erneut geprüft. Für unterschiedliche in ihrer Clusterzahl variierende Lösungen werden je neue Variablen erstellt, um dann die jeweiligen Cluster durch Errechnung der Mittelwerte zu charakterisieren und ihre Interpretationsfähigkeit zu prüfen. Zur Validierung der Lösungen wird dann das TwoStep-Verfahren ebenfalls unter Ausschluss der Ausreißer gerechnet. Dazu wird zunächst ohne Vorgabe der Clusterzahl gearbeitet, um selbige mit dem über das Ward-Verfahren ermittelten Koeffizientensprung zu vergleichen. Darüber hinaus wird das Two-Step-Verfahren unter Vorgabe der Clusterzahl spiegelbildlich für all diejenigen Ward-Lösungen gerechnet, die interpretationsfähig sind. Sie bilden die Grundlage für den systematischen Vergleich der über die jeweiligen Verfahren generierten Cluster, ihrer Charakteristik wie auch der Zuordnung der Fälle zu den einzelnen Clustern. Die unter der Perspektive des Two-Step-Verfahrens valideste und zugleich interpretationsfähige Lösung bildet dann das im Auswertungsteil präsentierte Ergebnis. In Summe war in allen hier dargestellten clusteranalytischen Befunden die Übereinstimmung zwischen den beiden über die unterschiedlichen Verfahren generierten Lösungen außerordentlich hoch, sodass die im Ergebnisteil vorgestellten, auf dem Ward-Verfahren basierenden Cluster als valide bezeichnet werden können. Weniger als Strukturen entdeckend als vielmehr prüfend kommen im Sinne oben angedeuteter Ex-Post-Facto-Designs die einfaktorielle ANOVA sowie der t-Test zum Einsatz. Um unzureichende Schlussfolgerungen zu vermeiden, wurden im Rahmen der Varianzanalysen unterschiedliche a posteriori Vergleichstests auf die Daten angewandt. Dabei gilt der Scheffé-Test gemeinhin als einer der konservativsten, für den Vergleich ungleich großer Stichproben aber in besonderer Weise geeignet (vgl. RRZN 2006: 72; Wittenberg/Cramer 2003: 204). Sensibler für Differenzen ist auf den ersten Blick der ebenfalls vielfach empfohlene Duncan-Test (Bühl/Zöfel 2005). Er führt häufiger als andere Tests zu Signifikanzen, was vor dem Hintergrund des zugrunde gelegten lokalen Signifi135
Teil D
kanzniveaus zu voreiligen Interpretationen führen kann (vgl. hierzu Horn/Vollandt 1995: 106). Im Zusammenhang der vorliegenden Arbeit wird für den Fall von Varianzhomogenität dem Tukey-Test der Vorzug gegeben, da er als besonders leistungsstark klassifiziert wird (vgl. hierzu Horn/Vollandt 1995; Shavelson 1996; vgl. auch Rudolf/Müller 2004). Das eigentlich für gleich große Stichproben hergeleitete Verfahren ist nach Horn/Vollandt selbst für ungleiche Stichprobenumfänge – bei denen wie angedeutet das Scheffé-Verfahren empfohlen wird – überlegen (vgl. Horn/Vollandt 1995: 31). In einem Vergleich multipler Tests kommen Horn/Vollandt (1995) zu dem Schluss, dass das Scheffé-Verfahren „bei der Prüfung aller Paarhypothesen eine geringere Güte als das Tukey-KramerVerfahren und alle vergleichbaren Methoden“ (Horn/Vollandt 1995: 106) hat. Liegt keine Homogenität der Varianzen vor, werden entsprechende Verfahren wie Tamhane-T2, Dunnett-T3, Games-Howell oder Dunnett C herangezogen.
136
Teil E: Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Die Frage von Akzeptanz und Wirkung von LQW 2 ist nicht schlicht und kaum systemübergreifend zu beantworten. Die Indikatoren, an denen Akzeptanz und Wirkung abgelesen werden können, sind unterschiedlich und stehen in engem Zusammenhang mit den jeweiligen die Systeme leitenden Rationalitäten. In der Beantwortung der Frage nach Akzeptanz und Wirkungen sind die Organisationen der Weiterbildung zentral: Auf der Ebene der Organisationen muss das Modell Anhängerschaft finden – also Organisationen, die sich einer Qualitätstestierung nach LQW unterziehen. Innerhalb der Organisationen muss es an der Schnittstelle zu den in der Organisation Tätigen in Handlung gegossen werden. Kann Letzteres nicht realisiert werden, ist LQW unter der Perspektive eines in Organisationen Entwicklungen befördernden Modells wirkungslos (vgl. Hartz 2004b, 2007). Deshalb werden die Organisationen samt der Aktivitätsstruktur an der Schnittstelle zum Individuum als der neuralgische Punkt für Akzeptanz und Wirkungen begriffen. Zugleich operieren Organisationen weder in einer gesellschaftsfreien Sphäre, wie der Neo-Institutionalismus dies ausdrücken würde, noch lassen sie sich ohne Umwelt als Systeme begreifen, wie die Systemtheorie argumentiert. Dies zwingt, die Entwicklungen in der gesellschaftlichen Sphäre respektive der Umwelt der Organisationen und den auf gesellschaftlicher Aggregationsebene angesiedelten Systemen unter der Perspektive von Akzeptanz und Wirkungen zu analysieren. Dieser Thematik widmet sich Kap. E 1. Das Herzstück des empirischen Teils allerdings bilden Ausführungen zu Akzeptanz und Wirkungen auf der Ebene der Organisationen (vgl. Kap. E 2).
137 Stefanie Hartz, Qualität in Organisationen der Weiterbildung, DOI 10.1007/ 978-3-531-93115-9_5, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Teil E
1
Akzeptanz und Wirkungen von LQW in der Umwelt der Organisationen
Um Aussagen über die Akzeptanz und Wirkungen von LQW in der Umwelt der Organisationen treffen zu können, lassen sich zahlreiche Indikatoren heranziehen. Die hier vorliegenden Ausführungen konzentrieren sich auf Aspekte, die im Kontext der Projektanlage besondere Bedeutung einnehmen, und zwar: die Entwicklung und Anerkennung von LQW im Rahmen von SGB III und die Allokation des Modells im Geflecht der auditierten Gesellschaft (Power 1997, 2000), die Positionierung von Land und Bund zu LQW (Interviews1, Berufsbildungsbericht, schriftliche Stellungnahmen, Sozialbericht, Gesetze), die von Bund und Land unterstützte vorzeitige Marktöffnung. Über die genannten Indikatoren lassen sich Rückschlüsse hinsichtlich der Wertzuschreibung an LQW und seine Wirkungen im System der Weiterbildung ziehen.2 1.1
LQW und SGB III
Wie in Kapitel B herausgearbeitet entwickelt sich der Implementationszusammenhang von LQW in einem politischen Kontext, in dem ein gemeinsamer Referenzrahmen für Qualität auf der Agenda steht. Der Wunsch, „die strukturellen Qualitätskomponenten weiter systematisch miteinander zu verknüpfen“ (Pahl 2002: 40) und ein für alle Weiterbildungseinrichtungen offenes Qualitätstestat (Expertengruppe Forum Bildung 2002) zu entwickeln, spielt in die zu Projektbeginn von Seiten der Auftraggeber formulierte Forderung, mit LQW ein integriertes Modell zu schaffen, durch das die im Rahmen von SGB III formulierten Anforderungen abgedeckt werden können. Die Testierungsstelle hatte deshalb die Auflage, LQW mit den Anforderungen nach SGB III abzustimmen. Anvisiert war, LQW so kompatibel zu machen, dass mit einer entsprechenden Testie1 2
Bezüglich der Aussagen dieser Personengruppe sind den Möglichkeiten intersubjektiver Nachvollziehbarkeit (vgl. Kap. D 4.2) Grenzen gesetzt, da von wörtlicher Zitation abzusehen war. Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, werden vornehmlich solche Indikatoren und die diesbezüglich zu beobachtenden Kommunikationen aufgegriffen, von denen angenommen werden kann, dass sie unmittelbare Rückstoßeffekte in die Einrichtungen der Weiterbildung haben. Weitgehend ausgeklammert bleiben beispielsweise systematische Analysen, wie das Thema LQW im wissenschaftlichen Diskurs vorkommt, in den Kommunikationen anderer Zertifizierungsgesellschaften oder in der Positionierung anderer Verbände (wie der Rahmenvertrag des DVV: vgl. dazu knapp Kap. E 2.1.3).
138
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
rung zugleich auch die Vorgaben nach SGB III zu erfüllen sind. Die am 11. Mai 2005 formulierte Empfehlung des Anerkennungsbeirates zeigt, dass dieses nicht hat realisiert werden können: „Eine Festlegung auf bestimmte Systeme zur Sicherung der Qualität erfolgt nicht. Die in § 8 Abs. 4 AZWV genannten Anforderungen werden im Zertifizierungsverfahren von den Fachkundigen Stellen unabhängig vom verwendeten Qualitätssicherungssystem überprüft.“ (Empfehlung des Anerkennungsbeirates, 11. Mai 2005: Empfehlung zum Vorliegen eines Systems zur Sicherung der Qualität nach § 8 Abs. 4 AZWV)
Weder ein einzelnes Qualitätsmanagementsystem wird im Rahmen der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung – Weiterbildung (Anerkennungs- und Zulassungsverordnung – Weiterbildung – AZWV 2004) präferiert, noch ist ein einzelnes System (ISO, BQM, AWQ, LQW …) so anerkannt, dass die Prüfung der im Rahmen der AZWV festgelegten Anforderungen entbehrt werden könnte. Wenngleich sich an dieser Stelle das Projektziel, in dem sich die allgemeine, bildungspolitisch verfolgte Linie spiegelt, nicht hat realisieren lassen, so sei unter Akzeptanzgesichtspunkten hervorzuheben, dass LQW in der Reihe der etablierten, international anerkannten Qualitätsmanagementsysteme aufgelistet ist: „Zu den Grundpfeilern eines anerkannten Systems zur Qualitätssicherung gehört jedoch, dass standardisierte und allgemein anerkannte Methoden, wie z. B. im Bereich der Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000, 9001:2000, des Modells der European Foundation for Quality Management (EFQM) oder der „Lernerorientierten Qualitätstestierung“, Anwendungen finden.“ Begründung zur AZWV, o. J.: 12 (Bundesagentur für Arbeit (o. J.): Begründung zur AZWV: http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A05-Berufl-Qualifizierung/A052-Arbeitnehmer/ Publikation/pdf/AZWV-Begruendung.pdf: 22.02.2010)
In einem Atemzug mit ISO und EFQM gelistet zu sein, zeugt von der Anerkennung, die LQW als Testierungsmodell in der Bildungspolitik gefunden hat. LQW als neues und junges Modell gewinnt damit den Status eines konkurrenzfähigen Zertifizierungsverfahrens. Die hierüber kommunizierte Wertzuschreibung dürfte – wenngleich diese Entwicklung nicht den Erwartungen entspricht, die die Vertreter der Weiterbildungspolitik der Länder sowie das BMBF an das Projekt und nicht zuletzt an das Modell LQW herangetragen haben – in Summe positive Rückstoßeffekte auf eine nachhaltige Verankerung von LQW im System der Weiterbildung haben. Bezieht man diese Entwicklung auf die in Kapitel B 2.1 nachgezeichnete, in jüngerer Vergangenheit geführte Debatte um Qualität, so haben die gesetzliche Umsetzung und die daraus resultierenden Folgen für die Weiterbildungspraxis
139
Teil E
gerade nicht zu der anvisierten Komplexitätsreduktion geführt. Das Gegenteil ist der Fall. Für die Einrichtungen hat sich die Komplexität erhöht. Sie müssen sich – wollen sie von der Bundesagentur geförderte Maßnahmen durchführen – zweifach, von unterschiedlichen Instanzen prüfen lassen: 1. durch die jeweilige Zertifizierungs- oder Testierungsstelle, die die Umsetzung des implementierten Qualitätsmanagementmodells auditiert, und 2. durch die Fachkundigen Stellen, die die Einhaltung der Anforderungen der AZWV prüfen. Pointiert bringt die Stiftung Warentest die hierin angelegte Entwicklung in einem Beitrag im Jahr 2008 auf den Punkt. Sie bilanziert die gewissermaßen politisch forcierten Qualitätsbemühungen und stellt für Weiterbildungsanbieter wie auch Weiterbildungsabnehmer – die Endverbraucher – fest, dass von Transparenz mitnichten die Rede sein könne (vgl. Stiftung Warentest 2008: 2). Bezogen auf den bildungspolitischen Willen sind durch die realisierte Politik gleich mehrere Ziele nicht erreicht worden (vgl. Kap. B 2.1). Die Faktoren, die im Geflecht politisch widerstreitender Interessen zu dieser Lösung geführt haben, entziehen sich dem Einfluss der Testierungsstelle. Grundsätzlich hat sie eine an die AZWV angepasste Modellentwicklung vorangetrieben, die Erfüllung von Kompatibilität aufgrund von ihr nicht steuerbarer Einflussgrößen aber nicht erreichen können. Das Ergebnis mit den gewollten und ungewollten Effekten zeugt von den Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten, die sich im Zusammenhang politischer Steuerungsabsichten ergeben können. Gleichwohl, wie oben dargestellt, die Empfehlungen und Begründungen zur AZWV als Anerkennungsbekundung gegenüber LQW gelesen werden können, setzt sich diese Deutung auf der Ebene der Weiterbildungseinrichtungen zunächst nicht durch. Vorübergehend müssen LQW und auch die Testierungsstelle mit Akzeptanzverlusten umgehen: Rückmeldungen von Einrichtungen (insbesondere in Form von Randnotizen im Fragebogen, im Kontext der Interviews in den Fallstudien oder gegenüber der Testierungsstelle selbst) deuten darauf hin, dass die Nicht-Erfüllung der an LQW herangetragenen Erwartungen dem Modell respektive der dahinterstehenden Testierungsstelle zugeschrieben werden. Anstatt, dass die Einrichtungen in die von der Testierungsstelle unbeeinflussbaren politischen Prozesse attribuieren würden, wird die Testierungsstelle selbst als Vertragspartner der Einrichtungen zur Projektionsfläche von Unmut. Dies lässt sich mit der in den Einrichtungen beobachtbaren Erwartungshaltung in Zusammenhang bringen. Etwas mehr als 90 Prozent (das erwarten wir/ das erwarten wir sicher) der Einrichtungen sind zum ersten Messzeitpunkt von Mai bis August 2004 davon ausgegangen, dass mit der Testierung nach LQW zugleich auch die Anerkennung nach SGB III verbunden sein würde. D. h.: Die von Projektseite in Aussicht gestellte und durch die Politik zunächst profilierte Erwartung, dass LQW in einem umfassenden Sinne kompatibel zu SGB III sein 140
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
würde, hat sich auf Seiten der Einrichtungen als Anspruchshaltung gegenüber dem Projekt im Allgemeinen und LQW und der Testierungsstelle im Besonderen durchgesetzt (vgl. hierzu Hartz/Goeze/Schrader 2007: 38). Die Kompatibilitätserwartung auf Seiten der Einrichtungen steht in engem Zusammenhang mit den von der Testierungsstelle aus distribuierten Kommunikationen. In den von der Testierungsstelle an die beteiligten Einrichtungen adressierten Info-Diensten wird diese Thematik immer wieder positiv aufgegriffen und die qua Projektauftrag in Aussicht gestellte Kompatibilität als Medium der Attraktivierung von LQW genutzt (vgl. ausführlich zu den von der Testierungsstelle distribuierten Kommunikationen Hartz/Goeze/Schrader 2007: 38ff.). Inzwischen scheinen sich die Aufregungen gelegt und die Einrichtungen der Weiterbildung einen Umgang mit den an sie herangetragenen Prüfanforderungen gefunden zu haben. Diese Einschätzung legt die offene Inszenierung der unterschiedlichen einer Einrichtung ausgestellten Zertifikate, wie sie aktuell in Programmheften von Weiterbildungseinrichtungen beobachtet werden kann, nahe. Wenngleich dies empirisch systematisch und über einen längeren Zeitraum geprüft werden müsste (beispielsweise anhand der Retestierungen), deuten auch die im Rahmen des zweiten Messzeitpunktes erhobenen Daten sowie die inzwischen um LQW gruppierte Anhängerschaft in die Richtung, dass durch die politischen Entwicklungen keine anhaltenden Akzeptanzverluste ausgelöst worden sind: Erstens würden sich rund 90 Prozent der Einrichtungen ein zweites Mal für LQW entscheiden. Zweitens nehmen die Einrichtungen die Situation mehrheitlich nicht so wahr, dass sich die politische Lage so verändert hat, dass die Einführung von LQW umsonst war (vgl. dazu auch Kap. E 2.1.2; vgl. auch Hartz/Goeze/Schrader 2007). Drittens sind bundesweit inzwischen 521 Einrichtungen mit der Organisationsentwicklung nach LQW beschäftigt (vgl. Kap. E 2.1.1; vgl. ArtSet: http://www.artset-lqw.de/cms/index.php?id=organisationen: 22.02.2010). Unter Akzeptanzgesichtspunkten stabilisierend dürfte sich die Ende 2006 verabschiedete Kooperationsvereinbarung zwischen der Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung in Hannover und der Zertifizierungsstelle Cert-IT in Berlin zur Zusammenarbeit bei der Zulassung von Bildungsträgern und Bildungsmaßnahmen nach der AZWV ausgewirkt haben. Mit Cert-IT konnte eine Fachkundige Stelle gewonnen werden, die unter Einbezug von LQW-Gutachtern die Anerkennung nach AZWV vornimmt:
„Die Agentur informiert LQW-testierte Einrichtungen und Unternehmen über die Zulassungen gem. AZWV und die Kooperation mit Cert-IT. Die AZWV-konforme Zulassung der durch die Agentur vermittelten LQWtestierten Einrichtungen und deren Bildungsmaßnahmen erfolgt ausschließlich durch den Einsatz von AZWV-Auditoren mit LQW-Gutachterqualifizierung.
141
Teil E
Cert-IT unterstützt die Agentur bei der Durchführung von Informationsveranstaltungen zu Themen und Fragen der Zulassung gem. AZWV. Die von der Agentur vermittelten LQW-testierten Einrichtungen erhalten einen Rabatt in Höhe von 10 % auf den Nettorechnungsbetrag (exkl. Reisekosten) der Träger- und Maßnahmezulassung.“ (Cert-IT: Pressemitteilung vom 01. November 2006: http://www.cert-it.de/ files/2006_11_03_pn_lqw.pdf: 22.02.2010; vgl. auch Agentur für Erwachsenenund Weiterbildung: http://www.aewb-nds.de/Qualitaet/2008_09_AZWV-LQWHandreichung_V1_2.pdf: 27.05.2010)
Damit hat LQW – analog zu anderen Verfahren wie die ISO – einen Akteur gewonnen, durch den die Interessen im Konglomerat von Zertifizierungs- und Testierungsverfahren auf der einen Seite und von Fachkundigen Stellen auf der anderen Seite vertreten werden können. Mit Power (1997, 2000) könnte man auch sagen, dass sich LQW in der „audit society“ einen Platz anberaumt hat und damit einer Anerkennung von LQW als Alternative zu der weitaus bekannteren und etablierten ISO-Norm der Weg geebnet ist.
1.2
Die Kommunikationen der politischen Akteure
Die nachfolgenden Auswertungen zu den Kommunikationen der Bildungspolitik basieren auf den Interviews mit Vertretern der Bildungspolitik, auf einer Analyse der Ländergesetze wie auch auf öffentlich gewordenen Stellungnahmen (vgl. Kap. D 2.2). Bei den aus den Interviews destillierten Kommunikationen muss man in Rechnung stellen, dass u. a. Vertreter zweier, dem Projekt mit Distanz gegenüberstehender Länder nicht für ein Interview gewonnen werden konnten. Da in Summe für den ersten Messzeitpunkt 15 und für den zweiten Messzeitpunkt sechs Interviews (vgl. hierzu Kap. D 2.2) von Bundes- und Landesvertretern vorliegen und zugleich weitere Materialien herangezogen worden sind, lassen sich die im Nachfolgenden herausgearbeiteten Befunde dennoch als die wesentlichen Kommunikationen begreifen. Summarisch lässt sich festhalten, dass die Kommunikationen der im vorliegenden Untersuchungszusammenhang Befragten (vgl. dazu im Einzelnen Hartz/Goeze/Schrader 2007) weitgehend das reproduzieren, was im politischen Diskurs als geltende Meinung dominiert (vgl. Kap. B 2.1; B 3). Abgesehen von drei Ländern, die eine zurückhaltende Perspektive einnehmen, überwiegen die positiven Stellungnahmen zu LQW und zu dem Projekt. In den Kommunikationen der stellvertretend für das politische System stehenden Akteure wird gerade vor dem Hintergrund der Kulturhoheit der Länder die Einigung auf ein im Projektkontext bundesweit einzuführendes Qualitätsmanagement als herausragend profiliert. Dies zeuge von einer Annäherung im 142
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Qualitätsverständnis und in der Frage, wie Qualität in der Weiterbildung zu sichern sei. Damit verbunden sei auch ein Konsens, was in den Einrichtungen der Weiterbildung nicht mehr als hinreichende Bemühung um Qualität anzuerkennen sei. Wenngleich in dem Projektzusammenhang vornehmlich die allgemeine Weiterbildung im Visier ist, so lässt sich immerhin für diesen Teilbereich, so ließe sich die Deutung der politischen Akteure auf die Forderungen der KAW (2002; vgl. Kap. B 2.1) beziehen, von einem gemeinsamen „Referenzrahmen“ sprechen. Neben dieser für die allgemeine Weiterbildung herauszuhebenden Errungenschaft werden mit Blick auf die europäische Ebene zugleich weitergehende Debatten als Anforderungen der Zukunft benannt. Dieser mit Kosten und Zugeständnissen, z. T. mühsam erzeugte Konsens spannt zahlreiche Wirkerwartungen auf, die sich auf die Ebene der Gesellschaft, die Ebene der Organisationen und die Ebene der Interaktion projizieren lassen: Auf der Ebene der Gesellschaft an der Schnittstelle zwischen dem Weiterbildung anbietenden System und den Weiterbildung abnehmenden Systemen wie anderen Funktionssystemen, dem Arbeitsmarkt oder dem Endverbraucher werden Anerkennungsgewinne erwartet: So wird vielfach die Meinung vertreten, dass sich die Außenwahrnehmung der Weiterbildung durch ein bundesweit eingeführtes Qualitätsmanagementmodell verbessere. Wenn sich Einrichtungen einem politisch anerkannten Qualitätsmanagement stellen, könne dies zu einer optimierten Wahrnehmung der Weiterbildung durch ihre Umwelt führen – so der vielfach hergestellte, erwartete Kausalzusammenhang. Die Weiterbildung zeige auf diese Weise, die in der Umwelt geltende Logik des Qualitätsmanagements in die eigene integrieren zu können, und beweise durch die dadurch initiierte Strukturangleichung – in der Deutung des Neo-Institutionalismus – Anschlussfähigkeit. Auch wird erwartet, dass die Einigung auf bestimmte Standards Transparenz erzeugt: Für Auftraggeber, Kunden, Teilnehmende und Lernende – so setzt sich die Meinung durch – würde die Qualität der Weiterbildung transparenter. In dieser Argumentation tritt der der Qualitätsmanagementdebatte gewissermaßen unterlegte Glaube der Schaffung von Einsehbarkeit in die Operationen eines anderen im eigentlichen Sinne nicht zugänglichen Systems hervor: Die Auseinandersetzung mit Qualitätsmanagement in den und die Dokumentation durch die Einrichtungen macht – so die Vorstellung – die Umwelt – insbesondere die Bildungspolitik – sehfähig gegenüber dem organisationsinternen Tun. Spiegelt man dies mit den Ergebnissen der Stiftung Warentest (2008), so lässt sich die Erwartung nach mehr Transparenz ex post jedoch als nur bedingt erfüllt einordnen (vgl. Kap. B 2). Auf der Ebene der Organisation wird in der Sprache der modernen Steuerungstheorie durch eine konsensuale Diskurspraxis auf der Ebene der Bildungspolitik eine Mobilisierung von Selbststeuerung erwartet (vgl. dazu Hartz 2008a, b). In den Einrichtungen der Weiterbildung sei eine breitere Auseinandersetzung mit Qualität zu beobachten und gerade durch das in den Diskurs eingespeiste 143
Teil E
Branchenmodell LQW auch weiterhin zu erwarten. Hinter dem insbesondere auch durch die Bildungspolitik immer wieder reproduzierten Term „von der Branche für die Branche“ steht die Hoffnung, dass für die Mobilisierung der Einrichtungen der im Namen herausgestellte Bezug zur Weiterbildung eine zentrale Rolle einnimmt. Die Lernerorientierung, so die Annahme, schaffe Akzeptanz, durch die die Qualitätsbemühungen in den Einrichtungen noch einmal intensiviert werden. Da LQW zugleich Bezüge zu anderen Referenzsystemen wie der Wirtschaft erkennen lasse und von der Modellanlage her für Einrichtungen unterschiedlichen Typs wie auch unterschiedlicher Größe anwendbar sei, hoffen die Befürworter auf eine nachhaltige Durchsetzung von LQW – auch nach Projektende. In Summe begreift die Bildungspolitik den von ihr prozessierten Qualitätsdiskurs als Anstoß für die darunter liegende Systemebene der Organisationen, sich mit Qualität zu befassen. Damit tritt in den Deutungen der Politik die Organisation als Adressat der Steuerungsabsicht und als Akteur gleichermaßen hervor. Als Adressat sind die Organisationen der Weiterbildung nämlich diejenigen, die die politischen Absichten in eine entsprechend modifizierte Handlungspraxis gießen müssen. LQW fordere die institutionalisierte Reflexion von Strukturen und Abläufen, was – so die unterstellte Wirkung – rekursiv in eine kontinuierlich verbesserte Praxis münde. Dass die Qualitätsentwicklung unter der Prämisse gelungenen Lernens getan wird, bringt Erwartungen bezüglich der Ebene der Lehr-Lerninteraktion ins Spiel. „Das Weiterbildungsangebot und die Lernprozesse werden intensiver auf die Bedürfnisse der Teilnehmer und Kunden ausgerichtet, denn der Lernende steht im Mittelpunkt. Der Lernende ist der eigentliche ‚Produzent‘ von Bildung. Das ist die besondere Herausforderung der Qualitätsentwicklung von Weiterbildung. Bildung wird nicht, wie andere Produkte oder Dienstleistungen, vom Anbieter erstellt oder erbracht, sondern durch den Abnehmer – also dem Lernenden [sic!] selbst. Der einzigartige Prozess des Zusammenwirkens von Nutzer und Anbieter macht die Entwicklung eines speziellen Qualitätsmodells notwendig.“ (Landesregierung Schleswig-Holstein, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr/Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003): Pressemitteilung vom 16.06.2003 zum Projektstart: http://www.schleswig-holstein.de/ArchivSH/PI/MWAV/2003/Weiterbildungseinrichtungen.html: 22.02.2010)
Indem der Lernende Referenzpunkt der Qualitätsbemühungen in den Einrichtungen ist, würden die organisationalen Prozesse mit der konkreten LehrLerninteraktion in Kommunikation gebracht. Die Orientierung am Lernenden, so die Deutung, verpflichte die Einrichtung, sich auf ihr Mandat, nämlich Lernen zu initiieren, zurückzubeziehen und die auf der organisatorischen Ebene angesiedelten Qualitätsbemühungen mit methodisch-didaktischen Fragen der 144
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Lehr-Lerninteraktion in Verbindung zu bringen. Mit dieser gegenüber der Implementierung von LQW artikulierten Erwartung reproduzieren Vertreter der Bildungspolitik in ihren Kommunikationen genau das, was in der Benennung des Modells als „lernerorientiert“ semantisch in Aussicht gestellt wird. Indem in den Einrichtungen Reflexionsprozesse institutionalisiert würden und die Qualitätsbemühungen immer mit der Definition gelungenen Lernens in einen Zusammenhang gebracht werden müssten, wird über eine Verbesserung der Strukturen hinaus ein Professionalisierungsschub erwartet, der nicht zuletzt zu einer optimierten Lehr-Lerninteraktion führt. Damit wird LQW auch von der Bildungspolitik als ein Modell kommuniziert, das beide Handlungslogiken – die organisationale und die pädagogische (vgl. Kap. B 2.2.2; B 2.2.3) – zu befördern verspricht. Die von dem politischen System kommunizierten, ebenenübergreifenden Erwartungen erlauben den Rückschluss, dass sich die Attraktivität des Modells LQW für die Bildungspolitik gerade daraus speist, dass gleich zwei für sie unzugängliche Ebenen einzusehen geglaubt werden: diejenige der Organisation und diejenige der Lehr-Lerninteraktion mit Rückstoßeffekten für den zu orientierenden Endverbraucher. Dabei oszilliert die in Anschlag gebrachte Argumentation zwischen einer Delegation von Steuerungsverantwortung an die adressierten Einrichtungen einerseits und dem Wunsch – trotz Delegation – Einblick und damit Kontrolle zu erhalten andererseits. Das politische Handeln ist von dem Glauben getragen, durch die von ihnen reproduzierten Kommunikationen als Form der Kontextsteuerung auf der unter ihr angesiedelten Aggregationsebene der Weiterbildungsorganisationen Strukturen verankern zu können. Inhaltlich aufgespannt wird dieses über das Thema Qualität. Qualität ist als Kommunikationsmedium ebenenübergreifend anschlussfähig und stellt – indem sich alle auf das Thema beziehen – zumindest semantisch Konsens her. Über diese auf die unterschiedlichen Ebenen gerichteten Erwartungen verspricht sich ein Teil der Vertreter der Weiterbildungspolitik auch eine Komplexitätsreduktion für das eigene gesetzlich administrative Handeln. Von befürwortenden Ländern wurde LQW vielfach auch als Alternative bzw. Ergänzung zu staatlichen Anerkennungspraktiken diskutiert. Die Integration der Qualitätsmanagementthematik in die gesetzlich verankerte Anerkennungspraxis war bereits vor dem Diskurs um LQW in Gang gekommen. Ausdruck dieser Entwicklungen sind die Novellierungen der Weiterbildungsgesetze im Stadtstaat Bremen, in den Ländern Niedersachsen, Thüringen, Sachsen und dem Saarland wie auch – in eingeschränkter Form – in Rheinland-Pfalz und Hessen (vgl. Kuhlenkamp 2003; Grotlüschen/Haberzeth/Krug 2009). Im Rahmen der Novellierungen wurden Qualitätsaspekte profiliert. Mit der Diskussion um LQW als Alternative bzw. Ergänzung zu staatlichen Anerkennungspraktiken knüpft man gewissermaßen 145
Teil E
an diese Entwicklungen an. In dieser ex ante von einigen Akteuren angedachten Konsequenz wurde dies allerdings – so lässt sich eine Analyse der Gesetzesnovellierungen bilanzieren – nie realisiert. In die von der Politik aus kommunizierten positiven Erwartungen mischen sich auch Bedenken. Dazu gehört die Kontingenz der Nachhaltigkeit: Eine nachhaltige Durchsetzung ist gerade für die Befürworter von LQW zentral. Die Beteiligung der Länder an dem Modellprojekt sowie die in Gang gesetzten positiven Kommunikationen signalisieren den Weiterbildungseinrichtungen, dass LQW ein politisch gewolltes und damit vertrauenswürdiges Qualitätsmanagementmodell ist. Mit der Entscheidung für LQW greifen die Einrichtungen der Weiterbildung das Signal auf – sie handeln also so, wie die Bildungspolitik dies wünscht. Dieser von Seiten der Einrichtungen damit zum Ausdruck gebrachte Vertrauensvorschuss müsse, so die mehrheitliche bildungspolitische Maßgabe, durch eine nachhaltige Implementierung von LQW erfüllt werden. Entsprechend begreifen es die Vertreter der Bildungspolitik als ihre Rolle, für Nachhaltigkeit zu sorgen und die diesbezüglichen Voraussetzungen zu fördern. Hieraus beispielsweise schöpft sich die Idee der regionalen Unterstützungsstellen, das Insistieren, LQW 2 an die im Rahmen von SGB III zu erfüllenden Anforderungen anzupassen (vgl. dazu Kap. B 3; E 1.1), oder der kontinuierliche Verweis auf die Aufwertung des Modells, wenn Kooperationspartner der Wirtschaft sowie Einrichtungen der Privatwirtschaft bzw. der beruflichen Weiterbildung, die ihrerseits historisch bedingt eine Affinität zu ISO aufweisen, gewonnen werden können (vgl. Kap. B 2.2.1). Der hohe Anteil an Volkshochschulen (vgl. Kap. E 2.1.1) ist in letztgenannter Perspektive nicht nur ein Sockel, sondern zugleich auch ein Risiko. Wesentlich ist, dass das Modell über den öffentlich geförderten Sektor hinaus Anerkennung findet. Gleichzeitig gibt es auch Länder, die sich von dieser Position distanzieren. Ihnen ist Nachhaltigkeit nicht nur nicht wichtig, sie ist gewissermaßen gegenläufig zur landeseigenen Qualitätspolitik. Von ihnen aus kommt LQW weder als Alternative zu international anerkannten Qualitätsmanagementmodellen in den Blick noch möchten sie LQW – jedenfalls zunächst – mit den im eigenen Land geförderten Modellen in Konkurrenz sehen (wie beispielsweise in Sachsen mit QES, Bayern und Baden-Württemberg mit EFQM). In Summe lässt sich festhalten, dass die Vertreter der Weiterbildungspolitik in den Interviews wie auch in entsprechenden Schriftstücken (vgl. Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung 2005: 39; Bundesministerium für Bildung und Forschung 2006) mehrheitlich positive Erwartungen an die Implementierung von LQW binden. Ihre Erwartungen adressieren unterschiedliche Ebenen: die Ebene der Gesellschaft, die Ebene der Organisationen mit den Einrichtungen der Weiterbildung und die Ebene der Interaktion mit einer Pro146
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
fessionalisierung des Personals und einer Optimierung der Lehr-Lernprozesse. Zugleich stellen sie immer wieder in Rechnung – und entlasten sich damit in gewisser Weise –, dass sich die Akzeptanz von LQW nicht schlicht herstellen lässt. Letztere ist vielmehr das Produkt unterschiedlicher gleichzeitiger, zum Teil gegenläufiger, kontingenter Wirkkräfte.
1.3
Die Marktöffnung: Konglomerat unterschiedlicher Interessen
Ein weiterer zu nennender, wesentlicher Indikator, an dem sich die Akzeptanz von LQW – oder neutraler formuliert: die Beharrungskraft virulenter Diskurse im Konglomerat unterschiedlicher Interessen – ablesen lässt, ist die vorzeitige Marktöffnung. In der ersten Durchführungsphase wurde die Aufnahme von Weiterbildungseinrichtungen zeitlich (Anmeldeschluss war Sommer 2003) und mengenmäßig begrenzt. Im Sommer 2004 wurde dies in einem gemeinsamen Einvernehmen von Auftraggeber, also Bildungspolitik, und Auftragnehmer, konkret der Testierungsstelle, mit positivem Votum des Projektbeirates zurückgenommen. So erklärten Bund und Land in einer gemeinsamen Pressemitteilung am 14. Oktober 2004, dass sich mit LQW „das nun marktreife Zertifikat aus den Anforderungen der Bildungsbranche heraus entwickelt“ (Landesregierung Schleswig-Holstein, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr/Bundesministerium für Bildung und Forschung 2004: 1) habe und dass dieses als „Qualitätszertifikat der Weiterbildung früher als erwartet marktreif“ sei (Landesregierung Schleswig-Holstein, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr/Bundesministerium für Bildung und Forschung 2004: 1). Seit August 2004 können sich alle interessierten Einrichtungen für das Verfahren anmelden. Dieses emergente und in der Projektplanung nicht vorgesehene Ereignis ergibt sich im Ineinandergreifen unterschiedlicher Phänomene: Die Organisationen der Weiterbildung sehen sich aufgrund der Entwicklungen und Diskurse in ihrer Umwelt im Laufe des Jahres 2004 zunehmend vor der Aufforderung, ihre Qualitätsbemühungen in eine Form zu gießen und mit einem Zertifikat/Testat auszuweisen. Dies begründet die durch diese Ebene immer wieder an die Testierungsstelle herangetragene Bitte um Anmeldung. Die Testierungsstelle ihrerseits muss vor dem Hintergrund der Projektbedingungen entgegen ihrem eigenen Interesse, einer über einen hohen Anmeldestand zu realisierenden Reproduktion, die Anmeldegesuche ablehnen. Nichtsdestoweniger kommen sie ihr zupass. Sie nutzt die Anmeldegesuche, um die Projektbedingungen zu modifizieren. Mit dem Votum der Einrichtungen handelt sie dabei in eigenem Interesse. Neben diesem über die Testierungsstelle kommunizierten Druck durch die Organisationen findet das Argument der Nachhaltigkeit hohe 147
Teil E
Anschlussfähigkeit auf der Ebene der Bildungspolitik. Sie kann langfristig keine Entscheidung legitimieren, die der nachhaltigen Umsetzung abträglich sein könnte und auf die Bildungspolitik zurückführbar wäre. Insofern ist es auch bildungspolitisch strategisch, dem durch das Nachfrageverhalten der Einrichtungen über die Testierungsstelle kommunizierten Druck nachzugeben und die Marktöffnung zu befürworten. Darüber hinaus lässt sich die Marktöffnung gut inszenieren. Sie ist – wie die Pressemitteilung erkennen lässt – politisch nutzbar, um die Leitlinien der Bildungspolitik und deren Erfolge zu profilieren: „Mit diesem neuen System zur allgemeinen Qualitätssicherung werde ein wichtiges Ziel erreicht, sagte Bulmahn. „LQW2 [sic!] hat das Potenzial erstmals bundesweit Mindeststandards in der Weiterbildung zu etablieren.“ Gleichzeitig leiste die Zertifizierung einen effektiven Beitrag zur laufenden Arbeitsmarktreform, sagte die Bundesbildungsministerin.“ (Landesregierung Schleswig-Holstein, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr/Bundesministerium für Bildung und Forschung 2004: 1f.). Summarisch ist die Marktöffnung als Ausdruck gegenwärtiger und Plattform künftiger Akzeptanz für alle an dem Implementationszusammenhang Beteiligten vorteilhaft: Organisationen der Weiterbildung gewinnen eine weitere Option an zertifizierungsfähigen Qualitätsmanagementsystemen und können sich vor dem Hintergrund der von ihnen gedeuteten Umwelterwartungen dem für sie als einschlägig kommunizierten Modell anschließen. Die Testierungsstelle gewinnt – vorzeitig – eine für ihre Reproduktion erforderliche zusätzliche Anhängerschaft. Im Sinne der eigenen Reproduktion nutzt sie die Situation darüber hinaus, um einen höheren Preis für die Testierung durchzusetzen (vgl. zu der Testierungsstelle und ihren Kommunikationen Hartz/Goeze/Schrader 2007: Kap. 5.2.2). Die Bildungspolitik profiliert sich und deklariert die Marktöffnung als ihren Erfolg. Sie entzieht sich damit als Attributionsfläche, auf die hin die nicht nachhaltige Implementierung zugerechnet werden könnte. D. h., sie entlastet sich mit dem Zugeständnis, die Nachfrage nicht mehr regulieren zu können.
2
Akzeptanz und Wirkungen auf der Ebene der Organisationen
2.1
Die Akzeptanz von LQW auf der Ebene der Organisationen
Nachdem nun die Kommunikationen in der Umwelt der Organisationen auf der Ebene der Bildungspolitik behandelt worden sind, wendet sich die Arbeit dem neuralgischen Punkt, den Organisationen, zu. Ein Indikator für Akzeptanz auf
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Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
der Ebene der Organisationen besteht in der Entscheidung derselben für LQW. Deshalb wird in einem ersten Zugang beschrieben, welche Einrichtungen sich dem Kommunikationszusammenhang LQW anschließen und sich einer Organisationsentwicklung nach dem Modell unterziehen (Kap. E 2.1.1). Gradmesser für Akzeptanz sind weiterhin die Motive, aus denen heraus sich Einrichtungen der Weiterbildung für LQW entscheiden. Über sie lassen sich die Mechanismen der Verbreitung von LQW präzisieren und eine aus der Umwelt sich speisende von einer inhaltlichen, auf die Aktivitätsstruktur der Einrichtungen gerichtete Akzeptanz unterscheiden (vgl. Kap. E 2.1.2). Aufschlussreich für Fragen der Akzeptanz sind allerdings nicht nur die Motive für, sondern auch diejenigen gegen eine Einführung von LQW. Sie werden anhand der abgesprungenen Einrichtungen in Kapitel E 2.1.3 rekonstruiert. Über die Motive hinaus wurden die Einrichtungen nach Hoffnungen und Bedenken gefragt, die sie in Bezug auf die Einführung von LQW im Besonderen und die Debatte um Qualitätsmanagement im Allgemeinen pflegen. Denn auch über die Erwartungsstruktur lassen sich Anhaltspunkte hinsichtlich der Akzeptanz von LQW gewinnen (vgl. Kap. E 2.1.4). Das letzte, sich mit Akzeptanz beschäftigende Kapitel verfolgt die Frage, ob das in dem Modell formulierte, durch die Akteure der Weiterbildungspolitik unterstützte und durch die Testierungsstelle distribuierte Qualitätsverständnis von den Einrichtungen der Weiterbildung im Allgemeinen und den in den Organisationen agierenden Mitarbeitern im Besonderen geteilt wird (Kap. E 2.1.5). Auf diese Weise gilt es, die kommunikative Durchdringung von LQW in Organisationen der Weiterbildung zu betrachten. 2.1.1 Teilnahme von Organisationen als Ausdruck von Akzeptanz Im nachfolgenden Kapitel wird die Struktur der an der Implementierung von LQW beteiligten Einrichtungen entlang der in Kapitel C 3.2 dargestellten beiden feldkonstituierenden Kriterien Reproduktions- und Steuerungskontext sowie Bundeslandzugehörigkeit betrachtet. Darüber hinaus wird die Beteiligung von Einrichtungen an LQW nach der Marktöffnung analysiert. Weiterhin werden ganz klassische Merkmale wie Einrichtungsgröße und thematische Schwerpunktsetzungen genutzt, um die beteiligten Einrichtungen zu beschreiben. Auf diese Weise gilt es, erste Anhaltspunkte für die Akzeptanz von LQW auf der Ebene der Organisationen zu gewinnen. Kategorisiert man die an dem Projekt beteiligten 285 Einrichtungen entlang der als feldkonstituierend angenommenen Reproduktions- und Steuerungskontexte Staat, Korporationen, Markt und Organisationseinheiten in Unternehmen (vgl. Kap. C 3.2; vgl. Schrader 2008, 2010; vgl. auch Hartz/Goeze/Schrader 2007), zeigt sich eine ungleiche Beteiligung: Knapp 61 Prozent der Einrichtungen lassen sich dem Kontext Staat, fast 28 Prozent dem Kontext Korporationen 149
Teil E
und mehr als 11 Prozent dem Kontext Markt, keine demjenigen der Organisationseinheiten von Unternehmen zuordnen. Ähnliche Anteilswerte finden sich auch in den beiden Rückläufen (vgl. Kap. D 2.2.3; vgl. Hartz/Goeze/Schrader 2007), sodass die Grundgesamtheit repräsentativ abgebildet werden konnte (vgl. Abb. 1).3
Abbildung 1: Verteilung der Beteiligung nach Reproduktions- und Steuerungskontext (N = 285)
Bezieht man diesen Befund auf die im Berichtssystem Weiterbildung über Teilnahmefälle ermittelten Anteilswerte, wird die Schieflage deutlich: Hier bündeln Volkshochschulen im Jahr 2003 nur 14 Prozent der Teilnahmefälle (vgl. Kuwan et al. 2006: 2844). Kontrastiert man diesen Anteilswert mit dem hohen Anteil an Volkshochschulen mit über 53 Prozent in dem hier zur Rede stehenden Projekt, so lässt sich sagen, dass das Modell LQW überproportional viele Volkshochschulen an sich gebunden hat. Keinen kommunikativen Anschluss hat LQW in dem Reproduktions- und Steuerungskontext Organisationseinheiten in Unternehmen gefunden, die laut Berichtssystem Weiterbildung mit einem Anteil von 30 Prozent an Teilnahmefällen im Jahr 2003 einen bedeutenden Anbieter von Weiterbildung darstellen (vgl. Kuwan et al. 2006: 284). Der Anteil an Einrichtungen des Reproduktions- und Steuerungskontextes Korporationen sowie der auf den ersten Blick gering erscheinende Anteil aus demjenigen des Marktes mit privatwirtschaftlichen Einrichtungen entsprechen in etwa dem Anteil an Teil3 4
Rücklauf des ersten Messzeitpunktes: Staat: 61 %, Korporationen: 27,3 %, Markt: 11,6 %; Rücklauf des zweiten Messzeitpunktes: Staat: 64,4 %, Korporationen: 24,8 %, Markt: 10,7 %. Aufgrund mangelnder Datenlage in der Weiterbildung wird an dieser Stelle auf den nicht ganz exakten Vergleich mit den Daten des Berichtssystems Weiterbildung zurückgegriffen: Hier werden Anteilswerte über Teilnahmefälle ermittelt (vgl. Kuwan et al. 2006: 283f.).
150
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
nahmefällen, die diese Segmente laut dem Berichtssystem Weiterbildung auf sich bündeln (vgl. Kuwan et al. 2006).5 Begreift man den Reproduktions- und Steuerungskontext als feldkonstituierend (vgl. Kap. C 3.2), ließe sich festhalten, dass es zu einer feldgebundenen Verbreitung von LQW gekommen ist. In dieser feldgebundenen Verbreitung drückt sich eine in Abhängigkeit zur Umwelt – nämlich den differenten Reproduktions- und Steuerungskontexten – stehende unterschiedliche Attraktivität des Modells für Einrichtungen der Weiterbildung aus. Durchgesetzt hat sich LQW in dem zunächst gegenüber formalisierten Testierungsmodellen zurückhaltenden Kontext Staat, nicht jedoch im Bereich der betrieblichen respektive beruflichen, vielfach marktnahen Weiterbildung – von der aus sich die Distribution der Idee Qualitätsmanagement wesentlich entsponnen hat (vgl. Kap. B 2.2.2). Unter der Perspektive Nachhaltigkeit – im Sinne einer breiten, von unterschiedlichen Einrichtungen getragenen Akzeptanz – ist der hohe Anteil an Volkshochschulen wie in Kapitel E 1.2 angedeutet nicht nur ein Sockel, sondern zugleich auch ein Risiko. Differenziert man die an LQW beteiligten Einrichtungen nach Bundesländern (vgl. Abb. 2), so spiegelt sich hierin die landesinterne Positionierung zu LQW.
Abbildung 2: Verteilung der Beteiligung nach Ländern (N = 285)6 5
6
Als Korporationen klassifiziert werden aus dem Berichtssystem Weiterbildung: Kammern, Verbände, Berufsverbände, Kirchen, Wohlfahrtsverbände (nicht kirchliche), Arbeitgeberverbände, Berufsgenossenschaften, Gewerkschaften, Parteien. Irritierend ist die geringe Beteiligung niedersächsischer Einrichtungen. Viele Weiterbildungseinrichtungen sind aufgrund des dort vollzogenen Pilotprojektes bereits nach LQW 1 testiert, sodass hier in Summe zahlreiche Anhänger zu finden sind, sie jedoch nicht im engeren Sinne zu
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Teil E
In der Sprache des Neo-Institutionalismus konstituieren die jeweiligen Positionierungen der Bundesländer Felder, in denen LQW eine je unterschiedliche Attraktivität gewinnt: Eher zurückhaltend, was die Einführung formalisierter Testierungssysteme angeht, verhalten sich – insbesondere zum Zeitpunkt des Projektbeginns 2003 – die Länder Baden-Württemberg und Bayern. Die jeweilige lokale Bildungspolitik operiert gegenüber LQW zunächst im Medium der Abgrenzung. Dies trägt sich in die Reaktionen der dortigen Einrichtungen ein und verweist auf den rekursiven Zusammenhang zwischen Umwelt und Organisation. In beiden Bundesländern lässt sich für den Bereich der allgemeinen Weiterbildung prozessiert über die Aktivitäten der Volkshochschulverbände eine Nähe zu dem auf Selbstevaluation abstellenden EFQM-Modell beobachten (vgl. Kap. B 2.2.1). Zugleich zeigen die Entwicklungen insbesondere in Bayern, dass man sich auch hier dem in der Umwelt der Einrichtungen zirkulierenden Zertifizierungsimperativ kaum entziehen kann: Wie in Kapitel B 2.2.1 angedeutet hat der bayrische Volkshochschulverband auf der Grundlage von EFQM eine volkshochschulspezifische Variante von EFQM entwickelt. Sie bietet die Möglichkeit, sich für eine erste Stufe des EFQM „Committed to Excellence“ zu bewerben und extern zertifizieren zu lassen. Insgesamt beteiligten sich 100 Einrichtungen im Jahr 2010 an dieser Initiative, 11 davon haben sich bereits nach dem „Committed to Excellence“ zertifizieren lassen (vgl. Eckert/ Ludwig 2006; vgl. Bayrischer Volkshochschulverband: http://www.vhs-bayern. de/bvv.de/index.php?StoryID=204: 22.02.2010). Ähnliche Entwicklungen finden sich im Kontext des baden-württembergischen Volkshochschulverbandes. Dieser hat ebenfalls in Anlehnung an EFQM ein Qualitätsmodell entwickelt. Bis Juni 2005 hatte das Prozessmodell bei ca. 80 der 173 Volkshochschulen Anhängerschaft gefunden (vgl. Schiersmann/Vidinlio÷lu/Zierer 2005: 9). Wenig verbreitet ist LQW weiterhin in Bremen. Hier bindet das 1996 verabschiedete Weiterbildungsgesetz die Anerkennung von Weiterbildungseinrichtungen an die Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems (vgl. Hartz/Meisel 2006). Dadurch brachen sich im Stadtstaat Qualitätsentwicklungs- und Zertifizierungsprozesse zu einem Zeitpunkt Bahn, als LQW noch nicht entwickelt war. Das Branchenmodell kommt hier gewissermaßen zu spät auf einen bereits gesättigten Markt (Seevers 2002; Seevers/Meisel/Brandt 2002). Auch in der Hansestadt Hamburg fasst LQW keinen Fuß. Hier ist die Qualitätsthematik von dem lokalen Gütesiegelverbund besetzt (Krüger 1995, 1999, 2000, 2002; vgl. auch Hartz/ Meisel 2006). Ihm treten zahlreiche Weiterbildungseinrichtungen bei (vgl. Krüger 1999, 2002; Melms 2002), was in Kombination mit dem geringen Beteidem hier zur Rede stehenden Projekt gehören (am 30. November 2005 lassen sich für Niedersachsen 101 Einrichtungen zählen).
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ligungsgrad Hamburger Einrichtungen an LQW für einen geringen Bedarf an einem zusätzlichen Qualitätsmanagementsystem spricht. Auf den ersten Blick irritierend ist die geringe Beteiligung niedersächsischer Einrichtungen. Viele Weiterbildungseinrichtungen sind aufgrund des dort vollzogenen Pilotprojektes bereits nach LQW 1 testiert, sodass hier in Summe zahlreiche Anhänger zu finden sind, sie jedoch nicht im engeren Sinne zu dem hier zur Rede stehenden Projekt gehören (am 30. November 2005 lassen sich für Niedersachsen 101 Einrichtungen zählen). Für die Distribution von LQW hat sich in Niedersachsen der Landesverband der Volkshochschulen Niedersachsen in besonderer Weise eingesetzt (vgl. Heinen-Tenrich 2004). Indem er das Thema Qualität im Rahmen der im Verband zusammengeschlossenen Volkshochschulen gefördert und sich selbst einer Testierung unterzogen hat, markiert er die Bedeutung von Qualitätsentwicklung im Allgemeinen und LQW im Speziellen. Aus der Perspektive neoinstitutionalistischer Theorie agiert der Landesverband der Volkshochschulen – repräsentiert durch einen in der niedersächsischen Weiterbildungslandschaft anerkannten Akteur – als Vermittlungsinstanz in die Weiterbildungslandschaft hinein (Hasse/Krücken 2005a). Um die These zu erhärten, dass sich die Positionierung der Bundesländer gegenüber LQW in die Kommunikationen der Einrichtungen über LQW einträgt, werden die Länder in LQW-befürwortende (Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Hessen, Sachsen-Anhalt), neutrale (Nordrhein-Westfalen, Saarland (beide mit Tendenz der Befürwortung), Bremen) und distanzierte Länder (Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Sachsen7) differenziert. Entsprechend der Tatsache, dass die Länder LQW mehrheitlich positiv gegenüberstehen, rekrutieren sich 75 Prozent der beteiligenden Einrichtungen aus LQW-befürwortenden Ländern, in deutlichem Abstand gefolgt von Einrichtungen aus LQW-neutral gegenüberstehenden Ländern. Die geringste Nachfolge findet LQW in den LQW-distanzierten Ländern. Um systematische Effekte der Positionierung der Bundesländer zu LQW im Hinblick auf die Beteiligung der aus den jeweiligen Ländern kommenden Einrichtungen machen zu können, wäre ein Index erforderlich, der die absoluten Häufigkeiten in den Kategorien befürwortend, neutral und distanziert mit der jeweiligen Anzahl der Bundesländer in diesen Kategorien, der Größe der Bundesländer und der Dichte an Weiterbildungseinrichtungen relationiert. Dies ist vor dem Hintergrund der Datenlage in der Weiterbildung nicht möglich. Einzig kann ein Index gebildet werden, der die absoluten Häufigkeiten in den Kategorien befürwortend, neutral und distanziert mit der jeweiligen Anzahl der 7
Zum Zeitpunkt des Projektbeginns kann Sachsen in diese Kategorie sortiert werden, heute hat dies keinen Gültigkeitsanspruch mehr.
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Teil E
Bundesländer in diesen Kategorien in Beziehung setzt.8 Eine solche, unter wissenschaftlicher Perspektive unbefriedigende Indexbildung zeigt, dass sich im Schnitt rund 25 Einrichtungen aus den als befürwortend, 17 aus den als neutral und nur 5 aus den als distanziert beschriebenen Bundesländern rekrutieren. So unbefriedigend die Kennzahl sein mag, so profiliert sie doch die Bedeutung, die die Positionierung des Bundeslandes für die Akzeptanz gerade zu Beginn hat. Die Differenzierung der Weiterbildungseinrichtungen nach den als feldkonstituierend angenommenen Kriterien wie dem Reproduktions- und Steuerungskontext und dem Bundesland zeigt, dass im Anschluss an den Neo-Institutionalismus Felder sowohl fördernde als auch hindernde Bedingungen für die Verbreitung von LQW darstellen. Felder können als wesentliche Faktoren für die Möglichkeiten und Grenzen der Entwicklung von LQW im System der Weiterbildung eingeordnet werden. Systemtheoretisch gewendet tragen sich die Kommunikationen in der Umwelt der Organisationen in die Akzeptanz von LQW auf der darunter liegenden Aggregationsebene der Organisationen ein. Vor diesem Hintergrund ist es interessant, der Frage nachzugehen, wie sich die Verbreitung von LQW nach der Marktüberlassung entwickelt: Bundesweit sind zusammen mit den Einrichtungen, die in Niedersachsen an dem Pilotprojekt teilgenommen haben, Anfang 2010 514 Einrichtungen angemeldet (ArtSet: http://www.artset-lqw.de/cms/index.php?id=organisationen: 22.02.2010). In Summe ist dies ein stabiler Anmeldestand, vergleicht man ihn mit demjenigen beispielsweise vom März 2007 – zum Ende der zweiten Durchführungsphase – mit 538 Einrichtungen.9 Hinter der für die bundesrepublikanischen Entwicklungen auf den ersten Blick stabil erscheinenden Zahl verbergen sich recht unterschiedliche Entwicklungen in den einzelnen Bundesländern. Hervorzuheben sind insbesondere die Entwicklungen in Bayern und Baden-Württemberg: Mit Anfang 2010 inzwischen 17 baden-württembergischen und 31 bayrischen Einrichtungen kann man für diese beiden Länder wachsende Akzeptanz notieren. Dass gerade Länder, die formalisierten Testierungssystemen eher zurückhaltend gegenüberstehen – was sich in der Projektlaufzeit modifiziert hat –, einen Zugewinn verbuchen können, ist Ausdruck dafür, dass die Weiterbildung insge8
9
Bei der Indexbildung werden die Einrichtungen des Landes Niedersachsen sowie das Land Niedersachsen nicht berücksichtigt. Würde man lediglich diejenigen Einrichtungen aus Niedersachsen berücksichtigen, die an dem Projekt beteiligt sind, würde man den Index nach unten verzerren. Würde man alle in Niedersachsen mit LQW beschäftigten Einrichtungen in die Rechnung integrieren, würde man den Index nach oben verzerren. Ein Verzicht scheint deshalb am adäquatesten. Mehr als verdoppelt hat sich der Anmeldestand in Österreich: Waren im März 2007 21 Einrichtungen angemeldet (vgl. ArtSet: http://www.artset-lqw.de/html/organisationen.html: 28.04.2007), sind es im Februar 2010 52 (ArtSet: http://www.artset-lqw.de/cms/index. php?id=organisationen: 22.02.2010).
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Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
samt in den „Sog“ von Testierung geraten ist. Auch die zunächst testierungsdistanzierten Länder wie Bayern und Baden-Württemberg vermögen sich diesen Entwicklungen zunehmend nicht mehr zu entziehen – sichtbar beispielsweise an den Initiativen des bayrischen Volkshochschulverbandes (vgl. Kap. B 2.2.1; s. o.). Fokussiert man die Frage, woher sich die beteiligten Einrichtungen in diesen Bundesländern rekrutieren, ist für Bayern auffällig, dass keine Volkshochschulen gewonnen werden konnten. Sie folgen der Politik des Landesverbandes und schließen sich der bayernspezifischen EFQM-Variante an. Damit grenzen sich die bayrischen Volkshochschulen als Repräsentanten des öffentlich geförderten Sektors von dem bundesrepublikanischen Mainstream ab (in Baden-Württemberg kann man Ähnliches beobachten, jedoch nicht in gleicher Radikalität). Hier konstituiert sich ein über die Verbandspolitik strukturiertes Feld. Fuß gefasst hat LQW in Bayern in den Reproduktions- und Steuerungskontexten Korporation und Markt. Diese im Vergleich zum Projektstart außerordentlichen Entwicklungen in Bayern und Baden-Württemberg stehen in engem Zusammenhang mit den Initiativen der in der ersten Durchführungsphase eingerichteten und über die Projektlaufzeit hinaus verstetigten Arbeit der dortigen regionalen Unterstützungsstelle. Angedockt an eine auf dem freien Markt sich behauptende Beratungsfirma, die ihrerseits inzwischen auch LQW-testiert ist (vgl. bb beratung und training: http://www.barbarabecker.net/: 22.02.2010), hat diese regionale Unterstützungsstelle ein Eigeninteresse an der Verbreitung von LQW. Beratungs- und Begutachtungstätigkeiten in der Weiterbildung fördern die eigene Reproduktion. Insofern ist es aus der Perspektive der regionalen Unterstützungsstelle verständlich, dass sie sich nachdrücklich um eine Bekanntmachung des Verfahrens bemüht und in ihrer Funktion als Vermittlungsinstanz als positiver Verstärker der Idee wirkt (vgl. Meyer/Jepperson 2005). Anschließen lässt sich dieser Befund auch an die Überlegung, dass – insbesondere langfristig – die Aktivitäten der regionalen Unterstützungsstellen Ländergrenzen und damit die Bedeutung der Positionierung der Bundesländer aufzuweichen vermögen (vgl. Kap. C 3.2). Die Unterstützungsstellen werden für die Einrichtungen der Weiterbildung zu eigenständigen Orientierungspunkten und vermögen als solche neue, über ihren Wirkungsradius bestimmte Felder im System der Weiterbildung zu konstituieren. Damit verbunden ist, dass sich durch die auf Dauer gestellte Kooperation der regionalen Unterstützungsstellen mit der Testierungsstelle im Dienste der eigenen Reproduktionsförderung durch solche Interventionen wie die Implementierung eines Testierungssystems neue Märkte mit neuen Organisationen entwickeln können (vgl. hierzu Hasse/Krücken 2005a; Krücken 2004). Strukturell ähnliche Mechanismen greifen auch in Berlin und NordrheinWestfalen. Mit 26 beteiligten Einrichtungen in Berlin und 42 in NordrheinWestfalen zu Projektbeginn zu inzwischen 59 Einrichtungen in Berlin und 76 155
Teil E
in Nordrhein-Westfalen nach der Marktöffnung hat LQW auch in diesen beiden Ländern deutliche Verbreitung gefunden. In beiden Ländern haben sich – in Berlin über die Projektlaufzeit hinaus, in Nordrhein-Westfalen neu – marktwirtschaftlich operierende Unterstützungsstellen etabliert. Als solche haben sie sich der Distribution der Idee angenommen und mit der generierten Anhängerschaft der eigenen Reproduktion zugespielt. Neben den Aktivitäten der Unterstützungsstelle seien für Nordrhein-Westfalen noch die politisch geführten Debatten um verbindliche Zertifizierung zu nennen. Diese dürften ihrerseits Druck auf die Einrichtungen ausgeübt haben, sich einer Zertifizierung zu stellen. Eine positive Bilanz lässt sich weiterhin in Hessen ziehen. Nach einem Start mit 34 Einrichtungen lassen sich hier inzwischen 55 Einrichtungen zählen. In Hessen lässt sich ein deutlicher Bias an Volkshochschulen beobachten. Dies kann damit in Zusammenhang gebracht werden, dass der hessische Volkshochschulverband als Unterstützungsstelle wirkt und dementsprechend im Feld der Volkshochschulen Imitationen nach sich zieht. Strukturell vergleichbar – hoher Bias an Volkshochschulen und Allokation der Unterstützungsstelle an den Verband – ist die Situation in Thüringen, nur dass hier kaum Zuwächse zu konstatieren sind (von 22 Einrichtungen im Jahr 2003 auf 25 im Jahr 2010). Letzteres erstaunt vor dem Hintergrund der oben angesprochenen Gesetzesnovellierung, erklärt sich aber mit der Diskussion um landeseigene Initiativen. Ein leichter Zuwachs lässt sich im Land Schleswig-Holstein beobachten. Von den 38 beteiligten Einrichtungen sind 16 Volkshochschulen. Dies ist verglichen mit dem bundesrepublikanischen Durchschnitt respektive dem Anteil, den Volkshochschulen in anderen Ländern haben, in denen die Arbeit der Unterstützungsstelle an den Volkshochschulverband angeschlossen wird, unterdurchschnittlich. Weitgehend stagniert haben die Anmeldungen in Rheinland-Pfalz mit einem Zugewinn von insgesamt drei Einrichtungen. Neben Stagnation und positiven Entwicklungen lassen sich im Saarland, in Sachsen-Anhalt und in Mecklenburg-Vorpommern (leichte) Rückgänge erkennen (Stand 22.02.2010).
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Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Abbildung 3: Vergleich der Beteiligung nach Reproduktions- und Steuerungskontexten von 2003 (N=285), 2007 (N=531) und 2009 (N=514)
Um der Frage nachzugehen, ob LQW über den Projektzeitraum hinaus den hohen Bias an Volkshochschulen überwinden konnte, gilt es, die Verbreitung von LQW unter der Perspektive der Zuordnung zu den unterschiedlichen Steuerungs- und Reproduktionskontexten über die Zeit zu betrachten. Hierzu werden drei Messzeitpunkte miteinander verglichen (vgl. Abb. 3): 1.) 2003 mit den Einrichtungen, die sich an dem Projekt beteiligt haben (N = 285), 2.) Januar 2007 mit allen zu Projektende mit LQW in der Bundesrepublik befassten Einrichtungen (N = 531)10 und 3.) November 2009 ebenfalls mit allen mit LQW in der Bundesrepublik befassten Einrichtungen (N = 514).11
10 Die Daten haben den Stand von Januar 2007 und beziehen sich auf die bis dahin 531 in Deutschland angemeldeten, auf der Homepage von ArtSet registrierten Einrichtungen (vgl. ArtSet: http://www.artset-lqw.de/html/organisationen.html: Rechercheende Januar 2007). Zu diesem Zeitpunkt konnte gemäß dem Projektarbeitsplan der Datensatz geschlossen werden. 11 Die Daten haben den Stand von November 2009 und beziehen sich auf die bis dahin 514 in Deutschland angemeldeten, auf der Homepage von ArtSet registrierten Einrichtungen (vgl. ArtSet: http://www.artset-lqw.de/html/organisationen.html: Rechercheende November 2009).
157
Teil E
Im Vergleich zum Projektbeginn hat sich der extreme Bias an Einrichtungen des Reproduktions- und Steuerungskontextes Staat mit knapp mehr als 50 Prozent etwas relativiert. Nichtsdestoweniger erlaubt eine Projektion auf die Daten des Berichtssystems immer noch, von einem überproportionalen Anteil dieses Reproduktions- und Steuerungskontextes zu sprechen (vgl. Kuwan et al. 2006). Hinzugewinne von rund 9 Prozent im Zeitverlauf sind in dem Reproduktionsund Steuerungskontext der Korporationen beobachtbar, während der Anteil privatwirtschaftlicher Einrichtungen mit knapp 11 Prozent stabil geblieben ist. Hervorzuheben ist, dass über die Zeit auch Organisationseinheiten in Unternehmen für das Qualitätsentwicklungsverfahren gewonnen werden konnten. Wenngleich der Anteil von 2,5 Prozent ausbaufähig ist, so ist doch in diesem für die Weiterbildung zentralen Segment ein Grundstein gelegt (vgl. hierzu auch Brückner/ Schütte-Reuter/Riedel 2009; Douillet/Steinhäußer 2009; Erhart/Zech 2009). In Summe allerdings bleibt die über die Reproduktions- und Steuerungskontexte bestimmte, feldspezifische Verbreitung, in der sich auch eine feldspezifische Akzeptanz ausdrückt, erhalten: LQW ist für Einrichtungen unterschiedlicher Reproduktions- und Steuerungskontexte unterschiedlich attraktiv. Ohne hier auf Details eingehen zu wollen, so lässt sich der Befund, dass unterschiedliche Typen von Weiterbildungseinrichtungen in unterschiedlicher Weise von LQW angesprochen werden, auch durch eine Erhebung im Rahmen des Weiterbildungsmonitors des Bundesinstituts für Berufsbildung manifestieren. Die an Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung12 (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung: http://www.bibb.de/de/20447.htm: 28.04.2007) gerichtete Datenerhebung zeigt, dass LQW für über drei Viertel der Einrichtungen keine Relevanz hat. Nach Wichtigkeit sortiert nimmt LQW weit hinter ISO, Gütesiegeln, AZWV etc. nur den siebten Platz ein (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/wb-monitor_umfrage-2005_frage-2. pdf: 28.04.2007; vgl. hierzu Hartz 2010; vgl. auch Hartz/Goeze/Schrader 2007). Von einer Marktdurchdringung, im Sinne einer übergreifenden Akzeptanz, kann demnach noch nicht gesprochen werden. LQW ist für unterschiedliche Einrichtungen unterschiedlich attraktiv. In Zusammenschau mit den hier generierten Befunden deutet dies darauf hin, dass sich die Distribution von Qualitätsma12 „Rund 1.700 Weiterbildungsanbieter haben sich 2005 beteiligt. Für diese Umfrage wurden neben „alten“ Panelteilnehmern über 3.100 Weiterbildungseinrichtungen angeschrieben, die in der Aufbauphase des wbmonitor in 2001 / 02 in der Datenbank KURS der Bundesagentur für Arbeit noch nicht enthalten waren, aber jetzt dort vertreten sind. Von diesen beteiligten sich nur gut 300 und gingen in die Auswertung ein. (…) Berufliche Weiterbildung ist für knapp zwei Drittel der an dieser Umfrage beteiligten Einrichtungen Haupt-, für gut ein Drittel nur Nebenaufgabe. Allgemeine Weiterbildung haben rund ein Sechstel zur Neben- und knapp ein Fünftel zur Hauptaufgabe; 1 Prozent der Befragten bietet aktuell keine Weiterbildung mehr an“ (Feller et al. 2005: 1; http://www2.bibb.de/tools/fodb/pdf/zw_20510.pdf: 28.04.2007).
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Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
nagementmodellen entlang der Differenz allgemeine versus berufliche, betriebliche Weiterbildung feldgebunden vollzieht: Während sich im Bereich der beruflichen und betrieblichen, z. T. markt- und wirtschaftsnahen Weiterbildung ISO vor LQW durchsetzt, konnte sich LQW die öffentlich anerkannte, allgemeine Weiterbildung erschließen – eine Entwicklung, die nicht in Gänze den bildungspolitischen Erwartungen entspricht (vgl. Kap. E 1.2). Da LQW für unterschiedliche – gerade auch große und kleine – Einrichtungen anwendbar sein soll (vgl. Kap. B 2.3), ist ein weiterer Indikator für Akzeptanz dessen Anwendung über Einrichtungen unterschiedlicher Größenordnungen hinweg. Dabei wird die Größe der Einrichtung über die Zahl der Organisationsmitglieder, also diejenigen Mitarbeiter, die im Prozess der Qualitätsentwicklung miteinander koordiniert werden müssen – Management, pädagogische Mitarbeiter, Verwaltungsmitarbeiter, hauswirtschaftliches Personal ohne neben- und freiberufliche Kursleiter/Trainer – bestimmt (vgl. Abb. 4). Es zeigt sich über die beiden Messzeitpunkte hinweg, dass Einrichtungen mit fünf bis neun bzw. zehn bis 14 Mitarbeitenden am häufigsten vertreten sind. Bei einer – hier nicht dargestellten – Differenzierung der kleinen Einrichtungen in Kleinsteinrichtungen (mit bis zu zwei Stellen) wird zudem deutlich, dass Letztere mit knapp 3 Prozent in nur geringem13 Umfang für LQW gewonnen werden konnten.14 Auch war es von Interesse zu eruieren, welche thematischen Schwerpunkte die Einrichtungen anbieten, die sich für LQW entschieden haben (vgl. Abb. 5)15:
13 Auch wenn kaum geeignete Vergleichsgrößen vorliegen, mit der sich die Bewertung „gering“ im wissenschaftlichen Sinne systematisch belegen lassen würde, so legt ein Bezug zu der Differenzierung von Weiterbildungseinrichtungen nach Mitarbeiterzahl des wbmonitors diesen Schluss doch nahe: Bei der auf Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung gerichteten Umfrage haben 34 Prozent der Einrichtungen unter 3 Beschäftigte (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung: http://www.berufsbildungsbericht.info/_htdocs/bbb2002/teil2/anhang/teil2_schaubilder.htm#sch16: 17.08.2008). 14 Zu der Größe der Einrichtungen wurden über Internet Nachrecherchen vorgenommen, sodass insgesamt für etwa zwei Drittel aller zu Projektbeginn beteiligten Einrichtungen diesbezügliche Daten vorliegen, die diese Annahme begründen. Insgesamt entspricht die Größenstruktur der Einrichtungen, deren Antworten in die Auswertung eingeflossen sind, in etwa der Größenstruktur, die vor dem Hintergrund vorliegender Daten für die Grundgesamtheit angenommen werden kann. 15 Die Werte variieren zwischen dem ersten und dem zweiten Messzeitpunkt leicht. Wegen des nicht weiter nennenswerten Unterschieds werden sie hier in Durchschnittswerten aufgeführt.
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Teil E
Abbildung 4: Größe der Einrichtung, antwortende Einrichtungen
Abbildung 5: Thematische Schwerpunkte der Einrichtungen (N (erster Messzeitpunkt) = 172, N (zweiter Messzeitpunkt) = 132)
Gleichwohl zahlreiche Einrichtungen als typische Einrichtungen der allgemeinen Weiterbildung verstanden werden können (wie beispielsweise Volkshochschulen), liegt ein deutlicher Schwerpunkt im Bereich der beruflichen und berufsbezogenen Weiterbildung. Angesichts dieser Schwerpunktsetzung über-
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Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
rascht es nicht, dass die befragten Einrichtungen zu insgesamt 80 Prozent angeben, dass dieser Bereich für sie wichtig bzw. sehr wichtig sei.16 68 Prozent der befragten Einrichtungen bieten arbeitsmarktrelevante Maßnahmen an. Diese ersten Auswertungen zur Struktur der an der Implementierung von LQW beteiligten Einrichtungen sowie die Analysen zur Entwicklung nach Marktöffnung zeigen, dass LQW für Einrichtungen bestimmten Typs besondere Attraktivität zu haben scheint. Dies deutet darauf hin, dass LQW keine generelle Akzeptanz gefunden hat. Die Akzeptanz, im Sinne einer Anhängerschaft, scheint vielmehr entsprechend der theoretischen Vorannahmen in Zusammenhang mit unterschiedlichen Faktoren zu stehen. Bereits dieser erste Zugang profiliert die in Kapitel C 3.2 vorgestellten Überlegungen zur Bedeutung von Feldern. Dies legitimiert es in besonderer Weise, entlang der theoretischen Überlegungen die kommunikativen Anschlüsse mit Hilfe von Ex-Post-Facto-Designs zu analysieren.
2.1.2 Motive für die Einführung von LQW: ex ante und ex post Gradmesser für Akzeptanz stellen die Motive dar, aus denen heraus sich Einrichtungen der Weiterbildung für LQW entscheiden (vgl. hierzu Hartz/Schrader/Berzbach 2005: 4; sowie Hartz/Goeze/Schrader 2007; Hartz 2009). Über die anhand der Motive rekonstruierten Legitimierungsstrategien wird sichtbar, ob und, wenn ja, welche isomorphistischen Prozesse sich entsponnen haben. Weiterhin erlaubt eine Analyse der Motivstruktur Rückschlüsse darüber, ob die Implementierung aus Gründen der Optimierung der Aktivitätsstruktur oder zum Zwecke der Inszenierung in der Formalstruktur, um in der Umwelt Legitimität zu erhalten, realisiert wird. Eine Analyse der Motivstruktur vermag also die Mechanismen der Verbreitung von LQW zu präzisieren und eine aus der Umwelt sich speisende von einer inhaltlichen, auf die Aktivitätsstruktur der Einrichtungen gerichtete Akzeptanz zu unterscheiden (vgl. zu der Motivstruktur auch Hartz 2009). Die von den Einrichtungen bemühten Legitimierungen ihrerseits erlauben Annahmen über Wirkungen. Denkbar ist beispielsweise, dass eher extrinsisch motivierte Einrichtungen geringere Aufmerksamkeit auf die Optimierung interner Steuerungszusammenhänge legen und damit weniger Wirkungen 16 Für weitere Analysen hat sich die Dichotomisierung in sehr wichtig/wichtig versus eher weniger wichtig/unwichtig als wenig brauchbar erwiesen. Signifikant unterschiedlich votieren insbesondere diejenigen Einrichtungen, die beruflichen und berufsbezogenen Maßnahmen eine sehr hohe Wichtigkeit zuschreiben. Deshalb wurde eine weitere Dichotomisierung vorgenommen in Einrichtungen, die diese Angebote für sehr wichtig halten (53,8 Prozent der Einrichtungen), und solche, die diesen Angeboten eine abgeschwächte Bedeutung zuweisen (46,2 Prozent der Einrichtungen).
161
Teil E
ausweisen als intrinsisch motivierte. Derartige auf der Motivstruktur aufruhende Überlegungen werden dann in Kapitel E 2.2.3 zu prüfen sein. Im Folgenden werden die die Motivstruktur explorierenden Faktorenanalysen für die Motivlage ex ante wie auch ex post dargestellt (vgl. Kap. E 2.1.2.1). Anhand der Motivlage wird dann die Sinnzuschreibung der Einrichtungen allgemein behandelt. Hierbei erfolgt neben den quantitativen Auswertungen auch ein Rückgriff auf das qualitative, in den Falleinrichtungen gewonnene Datenmaterial (vgl. Kap. E 2.1.2.2). Dieses bildet die Grundlage, um in Kapitel E 2.1.2.3 der Frage nachzugehen, wie sich die Sinnzuschreibungen entlang unterschiedlicher Einflussfaktoren modellieren bzw. welche Einrichtungstypen welche Argumentationsstruktur in den Vordergrund stellen. Die Ausführungen zu den Motiven für die Implementierung von LQW enden mit einer Clusteranalyse. Mit ihrer Hilfe werden Einrichtungen hinsichtlich ihrer Sinnzuschreibung zu möglichst ähnlichen und möglichst unähnlichen Gruppen sortiert (vgl. Kap. E 2.1.2.4). 2.1.2.1 Faktorenanalyse zu der Motivstruktur: ex ante und ex post Im Rahmen des ersten Messzeitpunktes wurden die Einrichtungen nach ihrer Motivstruktur für Qualitätsmanagement im Allgemeinen und nach der Motivstruktur für die Einführung von LQW im Besonderen befragt. Zwischen den auf gleiche Beweggründe fokussierenden einzelnen Items der beiden Itembatterien konnten sehr hohe Korrelationen festgestellt werden. Vor dem Hintergrund dieser hohen Korrelation zwischen der Motivlage für Qualitätsmanagement im Allgemeinen und LQW im Besonderen wurden beide Itembatterien in eine Hauptkomponentenanalyse eingespeist (vgl. Kap. D 4.2). Ziel derselben ist es, die zentralen Dimensionen zu destillieren, über die sich die motivbezogene Kommunikation bestimmt. Basierend auf dem Screeplot17 wird zum ersten Messzeitpunkt einer fünffaktoriellen Lösung mit einer Varianzaufklärung von knapp 57 Prozent der Vorzug gegeben. Sie bietet darüber hinaus sehr gut interpretierbare, an den Theorierahmen des Neo-Institutionalismus anschlussfähige Ergebnisse (vgl. Tab. 1).
17 Das Kaiser-Guttman-Kriterium würde eine siebenfaktorielle Lösung nahelegen, dies erscheint jedoch eine Überschätzung substantiell interpretierbarer Faktoren (vgl. zu dieser Problematik Bortz 2005: 544; Backhaus et al. 2000: 288; vgl. Kap. D 4.2).
162
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Tabelle 1: Faktorenanalyse zu den Motiven ex ante Rotierte Komponentenmatrix (a): 5 Faktoren (Eigenwerte über 1) Varianzaufklärung kumuliert: 57 % Faktor 1: Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik LQW 2, weil es hilft, die internen Strukturen zu überdenken LQW 2, weil es einen Organisationsentwicklungsprozess in Gang setzt LQW 2, weil es Anforderungen einer WB-Einrichtung gerecht wird QM, weil es unseren internen Strukturen nutzt LQW 2, weil es hilft, unser Handeln zu professionalisieren LQW 2, weil der Lernende in den Mittelpunkt aller Qualitätsbemühungen gestellt wird LQW 2, weil wir inhaltlich von LQW 2 überzeugt sind LQW 2, weil es die pädagogische Qualität betont LQW 2, weil der Markt es erfordert LQW 2, weil Marketingeffekte resultieren QM, weil es der Markt erfordert LQW 2, weil es der Einrichtung helfen wird, sich am Markt zu positionieren QM, weil wir ein Testat haben wollen LQW 2, weil es ein politisch gewolltes Testierungsverfahren ist QM, weil die politischen Entwicklungen es fordern
Faktor 2: Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie
Faktor 3: Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie
Faktor 4: Legitimitätserhalt durch Anerkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie
Faktor 5: Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie
,841
,792
,723 ,719 ,712
,673
,639 ,570
,444 ,749 ,735 ,660
,615
,463 ,416 ,415
,371
163
Teil E
Faktor 1: Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik QM, weil die übergeordnete Stelle es fordert QM, weil der Zuwendungsgeber es zur Voraussetzung macht LQW 2, weil es die vorgesetzte Stelle so will QM, weil die Gesetzgebung es fordert LQW 2, weil das DIE an dem Projekt beteiligt ist LQW 2, weil das ArtSet Institut an dem Projekt beteiligt ist LQW 2, weil es die Mitarbeiter so wollen LQW 2, weil es vergleichbare Einrichtungen der Region auch tun QM, weil es andere Einrichtungen in der Region auch tun
Faktor 2: Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie
Faktor 3: Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie
Faktor 4: Legitimitätserhalt durch Anerkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie
Faktor 5: Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie
,697 ,687 ,658 ,576 ,816 ,716 ,384
,544 ,903
,847
Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung Rotation in 8 Iterationen konvergiert N = 172 Einrichtungen
Der Faktor mit der meisten Varianzaufklärung (18,9 Prozent) bündelt diejenigen Items, die auf eine Optimierung interner Steuerungszusammenhänge zielen. Sie referieren dabei sowohl auf organisationsbezogene (wie Struktur- und Organisationsentwicklung) als auch klassisch pädagogische Aspekte (wie Professionsentwicklung und Lernerorientierung). Im Anschluss an Harney (1998) wird der Faktor „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ tituliert. Die weiteren vier Faktoren der fünffaktoriellen Lösung lassen sich an die theoretischen Annahmen des Neo-Institutionalismus anschließen. Wie in Kapitel C 3.2 dargelegt beschreibt er die Diffusion externer Ideen in Organisationen
164
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
mit unterschiedlichen Formen des Isomorphismus, sodass die in den Entscheidungen eingetragenen Rationalitäten spezifiziert werden können. Dabei verweisen die in den Faktoren hervortretenden Legitimationsstrategien auf zwangsweise, normative und mimetische Strukturangleichungsmechanismen. Faktor 2 der fünffaktoriellen Lösung mit einer Varianzaufklärung von rund 11 Prozent sammelt diejenigen hochladenden Items, die auf mimetische Mechanismen mit dem abstrakten Referenzpunkt Markt abstellen. Sich Qualitätsmanagement im Allgemeinen und LQW im Besonderen anzuschließen, impliziert Inklusion in den Markt, während eine Negation von Qualitätsmanagement in der Wahrnehmung der Einrichtungen die Gefahr der Exklusion aus dem Markt mit sich zu bringen scheint. Es wird ein Trend nachgeahmt, dem auf einem unspezifischen Markt Wert zugeschrieben wird. Rational in der Perspektive der Einrichtungen ist demnach das, was am Markt Anerkennung findet. Durch Nachahmung vermögen die Organisationen sichtbar zu machen, dass sie sich in der Logik des Marktes bewegen können. Der abstrakte, das Handeln von Organisationen orientierende Markt kann als Quasi-Akteur begriffen werden, der mimetische Prozesse freisetzt. Gleichzeitig könnten die auf einem Markt als nachahmenswert geltenden Trends auch als „cultural expectations“ (DiMaggio/Powell 1983) im Sinne eines informellen Zwangs eingeordnet werden, sodass sich in Mimese auch Zwang mischt. Auf dieser Linie liegen die weniger hochladenden beiden letzten Items, die explizit auf zwangsweise Formen der Strukturangleichung abstellen (politisch gewollt/aufgrund politischer Entwicklungen erforderlich). Vor diesem Hintergrund wird Faktor 2 mit „Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie“ benannt.18 Der dritte Faktor mit 9,8 Prozent Varianzaufklärung repräsentiert Zwang19, und zwar sehr konkrete Formen des Zwangs zu Qualitätsmanagement durch die vorgesetzten Stellen, Gesetzgebung oder Fördervoraussetzungen. Rational in dieser Logik ist es, Hierarchie respektive den damit verbundenen Zwang anzuerkennen. Der Faktor trägt deshalb den Namen „Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie“. Der vierte Faktor (9,4 Prozent Varianzaufklärung) sammelt Items, die normativen Isomorphismus, also Professionsorientierung (motiviert durch das DIE als das die Profession vertretende Institut, ArtSet oder die eigenen Mitarbeiter als konkrete Professionsvertreter) beschreiben. In dieser Motivgruppe speist sich Rationalität aus dem Anschluss an die in der professionellen Gemeinschaft geltende Expertise. Er wird entsprechend mit „Legiti18 Diese Überschneidung könnte ein Indikator für eine mehr analytische, weniger aber konkret empirische Trennschärfe zwischen den unterschiedlichen Formen des Isomorphismus sein (vgl. DiMaggio/Powell 1983). 19 Die Doppelladung auf dem Item „weil die politischen Entwicklungen es fordern“ ist an dieser Stelle plausibel in die Argumentation einbindbar.
165
Teil E
mitätserhalt durch Anerkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie“ benannt. Items, die mit der Motivierung durch andere vergleichbare Einrichtungen konkrete mimetische Strukturangleichungen ansprechen, zieht der letzte Faktor mit einer Varianzaufklärung von knapp 8 Prozent zusammen. Rational in diesem Sinne sind Vergleich und Handeln wie andere Einrichtungen, sodass der Faktor mit „Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie“ tituliert wird. Errechnet man eine zweifaktorielle Lösung, die eine Varianzaufklärung von etwas mehr als 36 Prozent erreicht, dann bleibt der erste Faktor in seiner Struktur erhalten, während der zweite Faktor alle isomorphistische Mechanismen beschreibenden Items zusammenzieht. Dabei hat Faktor 1 „Optimierung der Aktivitätsstruktur: organisationale und pädagogische Handlungslogik“ eine Varianzaufklärung von 21,6 Prozent und Faktor 2 „Isomorphie“ eine Varianzaufklärung von 14,6 Prozent. Zum zweiten Messzeitpunkt nach dem durchlaufenen Prozess wurden die Einrichtungen gefragt, ob sie LQW 2 – wenn sie es noch einmal zu entscheiden hätten – noch einmal einführen würden. 10 Prozent würden von einer nochmaligen Einführung von LQW absehen, während rund 90 Prozent der Einrichtungen sich ein zweites Mal für LQW aussprechen würden. Dies zeugt von einer hohen Akzeptanz von LQW bei denjenigen Einrichtungen, die das Verfahren anwenden. Sowohl diejenigen Einrichtungen, die LQW ein zweites Mal einführen würden, als auch diejenigen Einrichtungen, die sich nicht wieder für LQW entscheiden würden, wurden danach gefragt, was nach ihren Erfahrungen mit LQW ihre Argumente für bzw. gegen eine abermalige Einführung von LQW seien. Letzteres wurde mit einer offenen Frage, Ersteres mit einer geschlossenen Itembatterie erfasst. Bei der geschlossenen Frage ging es nicht um die Motivstruktur für Qualitätsmanagement allgemein, sondern ausschließlich um die Motive für eine abermalige Einführung von LQW. Dazu wurde eine im Vergleich zum ersten Messzeitpunkt inhaltlich fast identische, an entsprechenden Stellen etwas erweiterte und den Entwicklungen um LQW angepasste Itembatterie eingesetzt. Hervorzuheben ist, dass bei den inhaltlich identischen Motiven ex ante und ex post zwar signifikante, in Summe aber eher geringe Korrelationen von r = 0,148 (LQW: weil es die pädagogische Qualität betont) bis r = 0,442 (LQW: weil es die vorgesetzte Stelle will) vorliegen (Spearman-Roh). Die Bedeutungszuschreibungen an die Motive vor und nach der Implementierung von LQW scheinen sich also zu entkoppeln. Für die im Vergleich zum ersten Messzeitpunkt erweiterte Itembatterie des zweiten Messzeitpunktes wurde ebenfalls eine Faktorenanalyse gerechnet. Dabei lassen sich zwischen dem ersten und dem zweiten Messzeitpunkt inhaltlich 166
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
vergleichbare, teilweise identische, gut an den Theorierahmen des Neo-Institutionalismus anschlussfähige Faktoren mit den darin eingetragenen Rationalitäten extrahieren. Screeplot, Kaiser-Guttman-Kriterium sowie die theoretische Anbindbarkeit legen zum zweiten Messzeitpunkt eine siebenfaktorielle Lösung mit einer Varianzaufklärung von rund 69 Prozent nahe (vgl. Tab. 2). Tabelle 2: Faktorenanalyse zu Motiven ex post Rotierte Komponentenmatrix (a): 7 Faktoren (Eigenwerte über 1) Varianzaufklärung kumuliert: 69 % Faktor 1: Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale Handlungslogik weil es hilft, die internen Strukturen zu überdenken und neu zu ordnen weil es hilft, unser Handeln zu professionalisieren weil es einen Organisationsentwicklungsprozess in Gang setzt weil es den Anforderungen einer Weiterbildungseinrichtung gerecht wird weil es die pädagogische Qualität betont weil der Lernende in den Mittelpunkt aller Qualitätsbemühungen gestellt wird weil wir inhaltlich von LQW 2 überzeugt sind
Faktor 2: Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – pädagogische Handlungslogik
Faktor 3: Reproduktionssicherung an der Schnittstelle zur Umwelt
Faktor 4: Legitimitätserhalt durch Anerkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie
Faktor 5: Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie
Faktor 6: Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie
Faktor 7: Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie
,840
,839
,746
,638
,334
,791
,780
,711
167
Teil E
Faktor 1: Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale Handlungslogik weil wichtige Aufträge dadurch erhalten geblieben sind weil wir neue Aufträge akquirieren konnten weil die Kunden danach fragen weil das DIE an dem Projekt beteiligt ist weil das ArtSet Institut an dem Projekt beteiligt ist weil es der Einrichtung helfen wird, sich am Markt zu positionieren weil der Markt es erfordert weil aus LQW 2 Marketingeffekte resultieren weil es die vorgesetzte Stelle so will weil es ein politisch gewolltes Testierungsverfahren ist weil es vergleichbare Einrichtungen in der Region auch tun weil die Mitarbeiter es so wollen
Faktor 2: Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – pädagogische Handlungslogik
Faktor 3: Reproduktionssicherung an der Schnittstelle zur Umwelt
Faktor 5: Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie
Faktor 6: Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie
Faktor 7: Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie
,881
,829
,557
Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung Rotation in 6 Iterationen konvergiert N = 132 Einrichtungen
168
Faktor 4: Legitimitätserhalt durch Anerkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie
,827 ,811
,754
,700 ,671
,741 ,642
,792
,748
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Die Faktoren 1 und 2 adressieren die Optimierung der Aktivitätsstruktur einer Einrichtung: Faktor 1 mit einer Varianzaufklärung von 14,1 Prozent bündelt Motive, die einer Optimierung der organisationalen Handlungslogik das Wort reden („Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale Handlungslogik“), während Faktor 2 diejenigen Motive sammelt, die den zentralen Referenzpunkt einer Weiterbildungseinrichtung – den Lernenden und die pädagogische Qualität – in den Blick nehmen (Varianzaufklärung von 11,5 Prozent). Er wird „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – pädagogische Handlungslogik“ genannt. Faktor 3, der eine Varianzaufklärung von 10,2 Prozent aufweist, zieht die Items zusammen, die die konkrete Reproduktion an der Schnittstelle zur Umwelt auf dem Markt fokussieren: Erhalt und Neuakquise von Aufträgen sowie Kundennachfragen. Über ökonomische Rationalität bestimmt, trägt er die Benennung „Reproduktionssicherung an der Schnittstelle zur Umwelt“. Faktor 4 bündelt Items, die normativen Isomorphismus ansprechen („Legitimitätserhalt durch Anerkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie“, Varianzaufklärung: 9,4 Prozent). In Faktor 5 mit einer Varianzaufklärung von knapp 9 Prozent sind Items vertreten, die abstrakte mimetische Mechanismen beschreiben. Er wird als „Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie“ benannt. Zwang in den Vordergrund stellende Items vereint Faktor 6 (Varianzaufklärung von rund 7,3 Prozent). Dabei geht es um Zwang durch die vorgesetzte Stelle oder aufgrund der Signalwirkung eines politisch gewollten Testates: „Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie“. Faktor 7 sammelt Items, die auf konkrete mimetische Prozesse im Vergleich mit anderen Einrichtungen zielen (Varianzaufklärung von kapp 7,3 Prozent). Er wird entsprechend Faktor 5 der fünffaktoriellen Lösung zu den Motiven ex ante als „Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie“ tituliert. Den geringen Korrelationen zwischen den Primärvariablen entsprechend weisen auch die inhaltlich vergleichbaren Faktoren ex ante und ex post nur geringe z. T. allerdings hoch signifikante Korrelationen auf. Sie liegen zwischen r = 0,157 und r = 0,409 (Pearson), wobei die den abstrakten Markt repräsentierenden Faktoren die höchste Korrelation aufweisen. Weiterhin zeigt die Gegenüberstellung der Ergebnisse der beiden Faktorenanalysen zu der Motivstruktur vor und nach der Implementierung von LQW, dass sich die Reihung der Faktoren verschiebt, dass sich durch die hinzugenommenen Items ein neuer Faktor bildet und dass sich Faktor 1 der fünffaktoriellen Lösung des ersten Messzeitpunktes, der sowohl auf die organisationale als auch die pädagogische Handlungslogik abstellt, zum zweiten Messzeitpunkt in zwei Faktoren trennt: einen, der die organisationale und einen, der die pädagogische Handlungslogik adressiert (vgl. Tab. 3). 169
Teil E
Tabelle 3: Vergleich der Faktorlösungen zu den Motiven ex ante und ex post Erster Messzeitpunkt
Zweiter Messzeitpunkt
Faktor 1: Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik
Faktor 1: Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale Handlungslogik Faktor 2: Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – pädagogische Handlungslogik Faktor 3: Reproduktionssicherung an der Schnittstelle zur Umwelt
Faktor 2: Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie
Faktor 5: Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie
Faktor 3: Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie
Faktor 6: Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie
Faktor 4: Legitimitätserhalt durch Anerkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie
Faktor 4: Legitimitätserhalt durch Anerkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie
Faktor 5: Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie
Faktor 7: Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie
Um die Faktorlösung des ersten Messzeitpunktes mit der Faktorlösung des zweiten Messzeitpunktes unter der Perspektive einer Trennung von organisationaler und pädagogischer Handlungslogik zu synchronisieren, wurden mit den Items des ersten Messzeitpunktes auch höhere Lösungen gerechnet, d. h. Lösungen mit mehr als 5 Faktoren und einer höheren Varianzaufklärung. Der erste Faktor der fünffaktoriellen Lösung „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ bleibt in seiner doppelten Ausrichtung auch in höheren Lösungen, also einer 6er oder 7er Lösung, erhalten. Auch wurde geprüft, ob nicht dann, wenn nur diejenigen Items, die zum ersten Messzeitpunkt unmittelbar nach der Motivstruktur von LQW fragen, in die Faktorenanalyse gegeben werden, Faktoren extrahiert werden, die zwischen den beiden Dimensionen trennen. Auch in diesem Falle lässt sich keine Differenzierung der beiden Dimensionen erzeugen. D. h.: Ex ante findet sich keine Differenzierung zwischen denjenigen nach innen gerichteten Motiven, die eher auf die Verbesserung organisationaler Handlungslogik, und solchen, die eher auf die Verbesserung einer pädagogi170
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
schen Handlungslogik abstellen. Die Begründung der Implementierung mit der Optimierung der Aktivitätsstruktur wird ex post also differenzierter betrachtet. Dies ist möglicherweise ein verborgener Indikator dafür, dass die Lernerorientierte Qualitätstestierung unterschiedlich auf die beiden, die Aktivitätsstruktur abbildenden Dimensionen Organisation und Pädagogik wirkt. Analog zur Vorgehensweise im Rahmen des ersten Messzeitpunktes wurde auch für die Motive ex post eine zweifaktorielle Lösung errechnet. Sie erreicht eine Varianzaufklärung von 34,5 Prozent. Der erste Faktor zieht die beiden ersten Faktoren der siebenfaktoriellen Lösung zusammen und adressiert damit Motive, die die interne Optimierung fokussieren (Varianzaufklärung von 20,7 Prozent). Der zweite Faktor rekrutiert sich aus den Faktoren drei bis sieben und nimmt damit – wie Faktor 2 der zweifaktoriellen Lösung des ersten Messzeitpunktes – alle isomorphistische Mechanismen beschreibenden Faktoren zusammen (Varianzaufklärung von 13,8 Prozent). 2.1.2.2 Sinnzuschreibungen anhand der Motivlage Die Faktorenanalysen leisten eine Präzisierung der in den Entscheidungen eingetragenen Rationalitäten entlang der für den Neo-Institutionalismus konstitutiven Differenz zwischen Effizienz und Legitimität. Um nun die Sinnzuschreibungen an die einzelnen Motive respektive die Bedeutung der einzelnen, in den Faktoren zum Ausdruck kommenden Rationalitäten für den Motivzusammenhang der Einrichtungen spezifizieren zu können, werden die Faktoren an die Elementarvariablen rückgekoppelt. Dadurch lassen sich Anhaltspunkte über die Bewertungsrichtung der einzelnen auf den Faktoren hochladenden Items gewinnen.20 Dazu wird zunächst die Argumentationsstruktur im Kontext des ersten Messzeitpunktes dezidiert betrachtet. Eine Rückbindung des Faktors 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ an die Beantwortung der Elementarvariablen zeigt, dass die Erwartung einer verbesserten internen Steuerungskompetenz bei der Begründung der Implementierung von LQW eine bedeutende Rolle spielt. Hohe Attraktivität für die Einrichtungen hat in diesem Zusammenhang auch die Fokussierung des Modells auf den Lernenden. Knapp 86 Prozent der antwortenden Einrichtungen stellen diesen Aspekt als wesentlich für ihre Entscheidung für LQW heraus – ein Befund, der die Attraktivität eines auf die Spezifika der Weiterbildung ausgerichteten Modells profiliert (vgl. dazu Kap. B 2.3). Insgesamt 20 Eine solche Rückbindung an die Elementarvariablen scheint deshalb geboten, weil bei den in die Faktorenanalyse eingehenden Items keine Normalverteilungen vorliegen, die, auch wenn sie nicht zur Voraussetzung gemacht werden, so doch wünschenswert sind (vgl. Backhaus et al. 2000; vgl. Kap. D 4.2).
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weisen die auf diesem Faktor ladenden Items eine rechtsschiefe, z. T. L-förmige Verteilung mit einem Modus von 1 („Motiv trifft voll zu“) bzw. 2 („Motiv trifft zu“) und verhältnismäßig niedrige Standardabweichungen21 auf. Faktor 2 „Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie“ bündelt ebenfalls Items mit rechtsschiefen, z. T. L-förmigen Verteilungen. Zusammen mit den einzelnen Modi zu den Primärvariablen, die – mit Ausnahme des niedriger ladenden Items „LQW 2, weil es ein politisch gewolltes Testierungsverfahren ist“ – Ausprägungen von 1 („Motiv trifft voll zu“) und 2 („Motiv trifft zu“) zeigen, verweist dies auf die hohe Bedeutung dieser Motive in der Argumentationsstruktur. Etwas anders ist dies bei Faktor 3 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie“: In der Argumentation der Einrichtungen spielen die auf diesem Faktor hochladenden Items – mit Ausnahme des einheitlich sehr bedeutend eingeschätzten Items „Qualitätsmanagement, weil die Gesetzgebung es fordert“ (Modus = 1, L-förmig) – gegenüber den die ersten beiden Faktoren zentral konstituierenden Items mehrheitlich eine abgeschwächte, insgesamt sehr heterogene Rolle. Sichtbar wird dieses an z. T. linksschiefen, spiegelverkehrt L-förmigen, manchmal fast U-förmigen Verteilungen, einem Modus von 4 „Motiv trifft nicht zu“ sowie vergleichsweise hohen Standardabweichungen von über 1. Auch die auf Faktor 4 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie“ hochladenden, in ihrer Verteilungsform tendenziell linksschiefen, über einen Modus von 3 und 4 bestimmten Items nehmen relational zu den auf den ersten beiden Faktoren hochladenden Items eine nachgeordnete Position in der Argumentation ein. Was den Faktor 5 „Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie“ betrifft, so haben die auf diesem Faktor hochladenden Items mit einem jeweiligen Modus von 3, leicht linksschiefen, z. T. an Gleichverteilung reichenden Verteilungsformen und an 1 heranreichenden Standardabweichungen in der Argumentation der Einrichtungen eine offenbar sehr unterschiedliche Relevanz. In Summe lässt sich demnach festhalten, dass die Sinnzuschreibung gegenüber und Argumentation für die Beteiligung an LQW auf der Ebene der Organisationen sowohl über interne Effizienzkriterien (Organisationsentwicklung unter der Perspektive der Lernerorientierung) als auch – mit unterschiedlicher Gewichtung – über Legitimitätserhalt in der Umwelt bestimmt ist. Ließe sich vor dem Hintergrund des Neo-Institutionalismus erwarten, dass die auf Isomorphie verweisenden Motive – also die Anpassung der Organisation an die Anforderungen der Umwelt zur Bewahrung der Legitimität – gegenüber den 21 Über alle Items hinweg bewegen sich die Standardabweichungen zwischen s = 0,614 und s = 1,239 und liegen bis auf vier Ausnahmen unter 1.
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Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
nach innen gerichteten Motiven eine dominante Rolle haben (Meyer/Rowan 1977; DiMaggio/Powell 1983), so kann dies in dem vorliegenden Zusammenhang über alle beteiligten Einrichtungen hinweg nicht bestätigt werden. Externe, auf Legitimitätserhalt gerichtete Motive nehmen in der Argumentationsstruktur eine entscheidende, nicht aber eine hervorgehobene Bedeutung gegenüber den auf die Optimierung der internen Steuerungskompetenz abstellenden Motiven ein. Zudem haben nicht alle drei Formen des Isomorphismus gleiche Sogkraft. Während der abstrakte Markt mehrheitlich isomorphistische Prozesse auszulösen scheint, ist dies für konkrete mimetische, normative wie auch zwangsweise Aspekte nicht der Fall. Sie sind – so lassen sich die obigen Ausführungen deuten – in der Argumentationsstruktur der Einrichtungen offenbar unterschiedlich repräsentiert. Bilanzierend lässt sich dennoch sagen, dass sowohl interne Optimierungs- und Effizienz- als auch Legitimationskriterien die Entscheidung für LQW bestimmen. Begreift man im Anschluss an Jepperson (1991) die interne an Effizienzkriterien orientierte Entscheidung als Ausdruck von „action“ und die auf Legitimitätserhalt in der Umwelt abstellenden Motive als Indikator für „institutionalization“ (vgl. Kap. C 3.2), kann vor dem Hintergrund der Befundlage in dem vorliegenden Zusammenhang von einer Gleichzeitigkeit von „institutional practices“ und „action“ gesprochen werden. Die profilierte Bedeutung nach innen gerichteter Motive durch die hier befragten Einrichtungen liegt auf einer Linie mit der Sinnzuschreibung an LQW respektive den initiierten Vortrefflichkeitskommunikationen eines auf die internen Entwicklungen abstellenden Modells in der Umwelt der Einrichtungen – und zwar den Sinnzuschreibungen und Kommunikationen der Testierungsstelle (vgl. Zech 2005; Zech et al. 2006), der Gutachter/Berater (vgl. Bosche 2007), der Vermittlungsinstanzen (Hochdörffer 2006) wie auch der Weiterbildungspolitik (vgl. Kap. E 1.2). Demnach wird das Modell in den Argumentationszusammenhang der Einrichtungen so integriert, wie die Schöpfer – die Testierungsstelle –, die Förderer und Distribuierer – Bildungspolitik, Gutachter und Vermittlungsinstanzen – dieses in ihren Kommunikationen vorbereiten. Die Reproduktion der von den Schöpfern, Förderern und Distribuierern induzierten Kommunikation wird auch an den durch die Einrichtungen ausgewiesenen, in drei markanten Punkten bündelbaren Stärken von LQW gegenüber ISO oder EFQM deutlich. Die Überlegenheit von LQW zeige sich darin, 1. dass der Lernende Referenzpunkt der Qualitätsbemühungen sei, 2. dass mit dem Qualitätsmanagementsystem LQW die pädagogische Qualität in den Blick komme und 3. dass LQW ein Modell sei, das den Spezifika von Weiterbildungseinrichtungen gerecht werde. In Summe werden also diejenigen Kriterien als Stärken von LQW ausgewiesen, die in der Konzeption des Modells grundlegend gewesen sind, die von der Testierungsstelle bei der Vermarktung des Konzeptes und bei der Abgrenzung des Mo173
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dells LQW gegenüber anderen Modellen dominant gesetzt werden und die eine zentrale Rolle bei der – öffentlich kommunizierten – Entscheidung von Bund und Ländern für das Projekt gespielt haben (vgl. hierzu Hartz/Goeze/Schrader 2007). Modell und mit ihm Nomenklatur erweisen sich also über unterschiedliche Ebenen hinweg als anschlussfähig. Zugleich scheint die in der Motivstruktur zum Ausdruck kommende hohe Erwartung an optimierte interne Steuerungszusammenhänge auch ein weiterbildungsspezifisches Phänomen zu sein. So spielen beispielsweise in der qualitativ angelegten Studie von Walgenbach zur Verbreitung von Qualitätsmanagement im Wirtschaftsbereich nach innen gerichtete Motive „keine oder eine äußerst untergeordnete Rolle“ (Walgenbach 2000: 293). Anders ist dies in Weiterbildungseinrichtungen adressierenden Studien22: In derjenigen von Bötel/Krekel (200423) aus dem Jahr 2002 zeigt sich analog zu den hier generierten Befunden die hohe Bedeutungszuschreibung an die nach innen gerichteten (inhaltlichen) Motive, so auch in der Studie von Rahe (2007)24, der Ende 2005/Anfang 2006 die Beweggründe von Einrichtungen der Weiterbildung untersucht. Eine veränderte Bedeutungszuschreibung über die Zeit lässt sich mit Blick auf die nach außen gerichteten Motive und damit auch auf die Bedeutung isomorphistischer Prozesse beobachten: Legitimitätserhalt in der Umwelt hat in der hier zur Rede stehenden Studie (aufgrund der geringen Vergleichbarkeit der Items, eingeschränkt auch bei Rahe (2007)) an Relevanz gewonnen: In der 2002er Erhebung von Bötel/Krekel weisen 64 Prozent der befragten Einrichtungen das Marktmotiv und 48 Prozent das Motiv „gesetzliche Vorgaben“ als wichtigen Grund für ihre internen Qualitätsbemühungen aus (vgl. Bötel/Krekel 2004: 25). In den hier zur Rede stehenden Daten aus dem Jahr 2004 dagegen stimmen rund 86 Prozent25 der befragten Einrichtungen dem Motiv zu, dass der Markt dies erfordere, und knapp 59 Prozent argumentieren, dass die Gesetzgebung dies verlange. Offenbar können sich Einrichtungen der Weiterbildung aufgrund der Situation in der organisationalen Umwelt dem Qualitätsmanage22 In der Weiterbildung gibt es kaum Untersuchungen zur Motivlage für die Einführung von Qualitätsmanagement. Um dennoch einen Vergleich realisieren zu können, wird auf die Studie von Bötel/Krekel (2004) sowie diejenige von Rahe (2007) rekurriert. Auch wenn weder die Stichproben identisch noch die Items eins zu eins ineinander überführt werden können, so sind Feld und Art der Frage doch mit der vorliegenden Untersuchung vergleichbar. 23 Die Daten basieren auf einer telefonischen Repräsentativbefragung von Weiterbildungsanbietern der beruflichen und der allgemeinen Weiterbildung mit Weiterbildung als Teil- oder Nebenfunktion (vgl. Bötel/Krekel 2004: 21). 24 Über die Internetseiten von Dachverbänden sowie darüber hinausgehende Recherchen legt Rahe eine Datenbank mit Einrichtungen aus dem konfessionellen, dem gewerkschaftlichen und dem freien Bereich an, aus der eine Zufallsstichprobe mittels Online-Befragung kontaktiert wird (Rahe 2007: 20f.). 25 Das gleiche für LQW im Speziellen formulierte Item findet zu 72 Prozent Zustimmung.
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ment zunehmend nicht (mehr) entziehen. Projiziert man dies auf die Studie von Walgenbach, so basiert die Verbreitung von Qualitätsmanagement in der Weiterbildung auf ähnlichen Mechanismen wie im Wirtschaftssystem (Walgenbach 2000: 279ff.; vgl. auch Walgenbach 1998; Walgenbach/Beck 2000). Qualitätsmanagement wird – auch – gebraucht, um Legitimität zu erhalten (DiMaggio/ Powell 1983), sodass sich hier wie da Formen mimetischen, zwangsweisen und normativen Isomorphismus durchsetzen. Bestätigung finden diese auf aggregierter Ebene ermittelten Befunde in der von den Falleinrichtungen artikulierten Motivstruktur. Wie angedeutet stellt sich die Implementierung von LQW 2 in der Volkshochschule als Fortsetzung eines langjährigen, von den Mitarbeitern mitgestalteten und mitgetragenen Organisationsentwicklungsprozesses dar. Dass die Qualitätsthematik abermals aufgegriffen wird, begründet die Einrichtung mit Veränderungen in der organisationsrelevanten Umwelt: Die Entwicklungen rund um SGB III (vgl. Kap. E 1.1; B 2.1) lassen die Implementierung eines testierungsfähigen, überregional relevanten und überverbandlichen Qualitätsmanagementsystems als unausweichlich erscheinen. Damit wird – wie im Kontext der standardisierten Befragung auch – äußerem Zwang eine bedeutende Rolle bei der Entscheidung für LQW zugeschrieben. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Außenwirkungen Vorrang gegenüber der internen (Re-)Strukturierung einnehmen würden. Die Optimierung interner Prozesse – die Fokussierung organisationaler und pädagogischer Handlungslogik – und die Fortführung bisheriger Qualitätsbemühungen hat innerhalb der Einrichtung ebenso hohe Priorität (vgl. hierzu Röser 2006). „Dass das auch wichtig ist, um die inneren Strukturen zu prüfen und anzupassen, grad in der VHS, weil doch so eine Tendenz da war, laufen zu lassen und das wird schon alles sich finden, unser Teilnehmer war nicht Kunde, sondern kommt und kriegt ein Angebot und dieser ..., und da ist in den letzten Jahren so eine Umkehr, dass das nicht automatisch so alles ist.“ Verwaltungsmitarbeitende, Volkshochschule
Die Organisation entscheidet sich bewusst für LQW. Es gilt gegenüber anderen Verfahren als überlegen und verspricht, über die Hierarchieebenen hinweg Akzeptanz bei den Mitarbeitern zu finden: „Dann war auch sehr schnell Verständigung drüber, dass LQW gut ist für uns, dass es passt, und es war auch sehr klar und ich glaube auch von allen gewollt.“ Qualitätsbeauftragter, Volkshochschule
Im Vergleich mit anderen, auf Testierung ausgerichteten Modellen sei organisationsintern „die Aufnahme [von LQW, S. H.] sehr viel freundlicher“ gewesen. Als „genuin pädagogisches Konzept“ habe es, so die Deutung des Qualitäts-
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beauftragten, den Mitarbeitern „gut gefallen“. Wie in den aggregierten Daten wird auch im Fall herausgestellt, dass damit die pädagogische, auf die Ebene der Lehr-Lerninteraktion referierende Handlungslogik adressiert werden könne: „Was gut ist, ist, dass im Modell die pädagogischen Prozesse einen eigenen und auch so benannten Platz haben, dass zum Beispiel Evaluation und Lehr-Lernprozesse eigene Bereiche jetzt haben.“ Qualitätsbeauftragter, Volkshochschule
Insbesondere bei den pädagogischen Mitarbeitern habe das Modell „Nestwärme“ erzeugt, so der Qualitätsbeauftragte. Diese Einschätzung spiegelt sich in den Kommunikationen, die die Mitarbeiter der Einrichtung über LQW prozessieren: „Zum einen fand ich auch den Ansatz von LQW, weil es teilnehmerzentriert ist. Das fand ich wirklich gut von dem, was ich bis jetzt, obwohl ich mich sonst nicht so gut auskenne, aber es kommt unserem Ansatz als Pädagogen und Volkshochschule extrem entgegen.“ Pädagogischer Mitarbeiter, Volkshochschule oder „… das LQW-Verfahren ist für mich wirklich das, was sich eben mit dem Lernen als Verfahren Lehren und Lernen hauptsächlich beschäftigt.“ Pädagogischer Mitarbeiter, Volkshochschule
Die Lernerorientierung im Besonderen respektive die pädagogische Ausrichtung des Modells im Allgemeinen werden – wie in der Umwelt der Organisation durch Schöpfer, Förderer und Distribuierer angelegt – mit hohem Wert ausgestattet. Sie bilden die Grundlage für die organisationsinterne Akzeptanz und erzeugen den kommunikativen Anschluss, mit dem die Entscheidung für LQW und gegen andere Testierungsverfahren begründet wird. Spielen im ersten Fall – wie auch in den aggregierten Daten – interne wie externe Gründe eine zentrale Rolle, so nimmt im Fall der privatwirtschaftlichen Einrichtung die nach außen gerichtete Begründungsstruktur eine Vorrangstellung gegenüber einer nach innen gerichteten Motivierung ein. Das (ursprünglich) zur Testierung angemeldete Unternehmen sieht sich durch anstehende Änderungen der Gesetzgebung und neue Verordnungen der Bundesagentur für Arbeit zum Erwerb eines Qualitätszertifikates gezwungen. Der zügige, teilweise als existenziell kommunizierte Erwerb „der Fliese“ steht im Vordergrund und soll Legitimität gegenüber der Bundesagentur für Arbeit sichern. Hinsichtlich der Frage, warum LQW gegenüber anderen Modellen der Vorzug gegeben worden sei, werden diejenigen Argumente referiert, die sich in der Kommunikation über LQW allgemein durchgesetzt haben: der Zuschnitt von LQW auf die
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Bedarfe von Weiterbildungseinrichtungen und die Orientierung am Lernenden. Darüber hinaus wird auch der Kostenaspekt ins Feld geführt und die Entscheidung für LQW und gegen ISO monetär gerahmt. Interessant für die Entwicklung ggf. Veränderung der Bedeutungszuschreibung an interne (nach innen gerichtete) und externe (nach außen gerichtete) Motive – und damit an die Rolle der Umwelt – ist an dieser Stelle eine Analyse der im Rahmen der standardisierten Befragung erhobenen Motivstruktur nach der vollzogenen Testierung. Dabei ist zunächst auffällig, dass über alle Items hinweg die Standardabweichungen mit Ausprägungen zwischen s = 0,559 und s = 0,931 geringer sind als beim ersten Messzeitpunkt, wo diese zwischen s = 0,614 und s = 1,239 liegen. Dies deutet darauf hin, dass sich die Bedeutungszuschreibungen an die unterschiedlichen Motive bei den beteiligten Einrichtungen über die Zeit hinweg aneinander angeglichen haben, die Auffassungen weniger unterschiedlich sind als zuvor. Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass bei den mit Faktor 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur: organisationale und pädagogische Handlungslogik“ des ersten Messzeitpunktes vergleichbaren Faktoren 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale Handlungslogik“ und 2 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – pädagogische Handlungslogik“ des zweiten Messzeitpunktes wohl rechtsschiefe, aber keine L-förmigen Verteilungen mehr dominieren und dass mit einem jeweiligen Modus von 2 das Motiv in der Relevanzstruktur in Relation zum ersten Messzeitpunkt leicht abgerutscht zu sein scheint. Eine Rückbindung von Faktor 3 „Reproduktionssicherung an der Schnittstelle zur Umwelt“ an die Primärvariablen offenbart, dass bei allen drei auf diesem Faktor hochladenden Items eine linksschiefe Verteilung mit einem eindeutig auf 3 „trifft eher nicht zu“ liegenden Modus vorliegt. Eine solche Bewertung der Motivgruppe ex post kann als erster Indikator dafür gesehen werden, dass eine Beteiligung an einem Qualitätsmanagementmodell entscheidend für das Mitspielen (Crozier/Friedberg 1993) – im Sinne einer Eintrittskarte –, nicht aber für einen Wettbewerbsvorsprung ist. Die auf dem Faktor 4 – „Legitimitätserhalt durch Anerkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie“ – hochladenden Items sind vor dem Hintergrund von Verteilungsform und Modus in der Argumentationsstruktur der Einrichtungen ähnlich wie zum ersten Messzeitpunkt verankert. Ein Rekurs auf die Primärvariablen bei Faktor 5 „Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie“ ergibt ein vergleichbares Bild wie bei den Faktoren 1 und 2 des zweiten Messzeitpunktes: Die diesen Faktor vertretenden Items weisen rechtsschiefe, mit einem Modus von 2 bestimmte Verteilungen auf. Sie spielen damit in der Argumentation eine relevante Rolle, fallen aber wie die auf den Faktoren 177
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1 und 2 hochladenden Items auch im Vergleich zum ersten Messzeitpunkt in der Relevanzstruktur zurück. In Zusammenschau mit der Bewertung der Primärvariablen von Faktor 3 deutet sich an, dass man allgemein auf Qualitätsmanagement und Testierung glaubt nicht verzichten zu können, während zugleich konkrete Effekte in Form neuer bzw. gehaltener Aufträge oder Kundenanfragen in der Begründung einer abermaligen Implementierung nachgeordnet sind. Dieser Befund entspricht den in der qualitativen Studie von Walgenbach generierten Beobachtungen. Auch bei den dort zur Rede stehenden Wirtschaftsunternehmen spielen Kundenanfragen oder gar -anforderungen keine maßgebliche Rolle, mit der der Erwerb des Zertifikates – hier ist es ISO – begründet werden würde (vgl. Walgenbach 2000: 279). Qualitätsmanagement ist demnach wichtig für ein Mitspielen am Markt, keineswegs jedoch eine Garantie für eine privilegierte Position auf demselben. Die Primärvariablen zu Faktor 6 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie“ werden weniger homogen als andere Items des zweiten Messzeitpunktes, etwas weniger heterogen jedoch als die gleichnamigen Items des ersten Messzeitpunktes bewertet.26 In der Verteilungsform bleibt das Item „weil es die vorgesetzte Stelle will“ spiegelverkehrt L-förmig, während sich die Bewertung des Items „weil es ein politisch gewolltes Testat ist“ von einer annähernd gleichförmigen, mit einem Modus auf 4 zu einer rechtsschiefen Verteilung mit einem Modus bei 2 wandelt. Dabei ist das arithmetische Mittel zu beiden Messzeitpunkten recht ähnlich (erster Messzeitpunkt: m = 2,82; zweiter Messzeitpunkt: m = 2,73). Bei Faktor 7 „Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie“ zeigt die Rückbindung an die Elementarvariablen, dass das zentrale, auf diesem Faktor hochladende Item zum zweiten Messzeitpunkt positiver bewertet wird als noch zum ersten Messzeitpunkt (der Modus verschiebt sich von 3 auf 2) – was als Indikator dafür gesehen werden kann, dass die Bedeutung über die Zeit steigt. Bilanzierend lässt sich festhalten, dass bezüglich der organisationsinternen Motive eine immer noch hohe, verglichen mit dem ersten Messzeitpunkt aber abgeschwächte Zustimmung anzutreffen ist. Möglicherweise werden an die Implementierung gebundene Effizienzerwartungen ex post nicht in dem Umfang erfüllt, wie ex ante erhofft. Tendenziell Ähnliches lässt sich für die nach außen gerichteten Motive – insbesondere den Faktor 5 „Legitimitätserhalt durch Nachahmung einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie“ beobachten. Eine Ausnahme bildet Faktor 7 „Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie“. Die Bedeutung der Umwelt spezifiziert sich demnach von einer allgemeinen Relevanz zu einer besonderen 26 Sichtbar auch an den Standardabweichungen von s = 0,774 und s = 0,931: Insgesamt – also über alle Items hinweg – sind die Standardabweichungen beim zweiten Messzeitpunkt mit Ausprägungen zwischen s = 0,559 und s = 0,931 geringer als beim ersten Messzeitpunkt.
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Relevanz vergleichbarer Organisationen, die es nachzuahmen gilt. Der Zustimmungszugewinn des mimetische Prozesse beschreibenden Motivs lässt vermuten, dass die Beteiligung von Einrichtungen und die Beobachtung der Beteiligung durch andere Einrichtungen weitere Beteiligungen erzeugen. Dadurch steigen Bekanntheits- und weiterer Beteiligungsgrad sukzessive an, was in Summe positive Rückstoßeffekte auf die Akzeptanz von LQW haben dürfte (vgl. DiMaggio/Powell 1983) – zumindest in denjenigen Steuerungs- und Reproduktionskontexten, in denen LQW bereits eine gewisse Verbreitung gefunden hat. Empirisch augenscheinlich wird der Zusammenhang an der insgesamt steigenden, relational in Bezug auf die einzelnen Reproduktions- und Steuerungskontexte aber weitgehend stabil bleibenden Verbreitung von LQW nach der Marktöffnung (vgl. Kap. E 2.1.1). In den Reproduktions- und Steuerungskontexten, in denen Vorbilder fehlen, dürften mimetische Prozesse und damit auch das Motiv der konkreten Mimese nachgeordnet sein. Mehr noch, unter prognostischer Perspektive ließe sich sogar erwarten, dass die sehr geringe bis nicht vorhandene Verbreitung von LQW im Bereich von Weiterbildungsabteilungen in Organisationen sich auch zukünftig – wenn überhaupt – eher zögerlich entwickeln dürfte. Über die in die Motivstruktur eingetragene Sinnzuschreibung derjenigen Einrichtungen, die LQW nach ihren Implementierungserfahrungen ein zweites Mal einführen würden, hinaus sind die offen abgefragten Begründungen derjenigen 10 Prozent der Einrichtungen, die LQW kein zweites Mal einführen würden, von Interesse. An ihrer Argumentation zeigt sich, wo LQW mit Akzeptanzverlusten konfrontiert ist. Ein entscheidendes Kriterium dieser Einrichtungen gegen LQW ist die in ihrer Deutung nicht optimale Kosten-Nutzen-Bilanz. Der für die Implementierung zu betreibende zeitliche, finanzielle und personelle Aufwand amortisiere sich nicht durch einen für die Einrichtungen messbaren Gewinn. Gewinn begreifen die Einrichtungen als Wettbewerbsvorteil oder finanziellen Nutzen – beides bleibe aus. Auch argumentiert eine Einrichtung, dass sich LQW für eine auf den Lehr-Lernprozess bezogene Qualitätssicherung nicht als tauglich erwiesen habe – dass also hinsichtlich der für eine Weiterbildungseinrichtung zentralen Bereiche kein Nutzen erzeugt werden kann. Auch sei LQW für die Optimierung organisationaler Abläufe ein den Modellen ISO und BQM unterlegenes Modell – so eine Einrichtung. Insofern werden sowohl Defizite in den über das Modell eröffneten Möglichkeiten einer Optimierung organisationaler wie auch pädagogischer Handlungslogik reklamiert. Dafür, dass Entkoppelung bei diesen Einrichtungen eine besondere Rolle spielen könnte, spricht auch das von diesen Einrichtungen ins Feld geführte Argument, dass die in Aussicht gestellte Kompatibilität von LQW mit den Anforderungen nach SGB III nicht hat erfüllt werden können (vgl. Kap. E 1.1). Dies ist – wie die beklagten ausgebliebenen Wettbewerbsvorteile – ein Indikator für 179
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eine extrinsische Motivation. Legitimitätserhalt steht im Vordergrund. Da sie von der Umwelt entzogen wird, rutscht das Testat in der Relevanz ab. Eine solche Argumentation ist ein interessanter und für das Renommee von LQW nicht zu unterschätzender Befund. Er verweist auf die Bedeutung der Umwelt und der von dieser kommunizierten Sinnzuschreibung an das Modell für die Akzeptanz, die dieses dann in den Einrichtungen der Weiterbildung findet. Auch wenn nur eine Minderheit von 10 Prozent der Einrichtungen LQW nicht mehr einführen würde, bringen die Motive gegen eine nochmalige Implementierung von LQW in Summe zum Ausdruck, dass Erwartungen und eingetretene Wirkungen auseinanderklaffen. Manifest wird dieses an den in unterschiedlichen Hinsichten unbefriedigenden Kosten-Nutzen-Kommunikationen. 2.1.2.3 Vergleich erster und zweiter Messzeitpunkt unter der Perspektive von möglichen Einflussfaktoren: feldspezifische Legitimationsstrategien versus Feldkonstitution Von diesem allgemeinen Befund ausgehend, dass für die befragten Einrichtungen interne auf Effizienzgewinn sowie externe auf Legitimitätserhalt abstellende Motive – also die Erfüllung von Umweltanforderungen sowie die Verbesserung interner Prozesse mit dem Ziel einer Effizienzsteigerung – gleichermaßen bedeutend sind und dass Letzteres im Vergleich zu früheren Untersuchungen an Bedeutung gewonnen hat, gilt es nun, auf der Grundlage der über die Faktorenanalyse errechneten Faktorlösungen folgenden Fragen nachzugehen: 1. Lassen sich Einrichtungen bzw. Einrichtungstypen in ihrer Bedeutungszuschreibung an interne Motive und Motive, die Legitimitätserhalt in der Umwelt adressieren, signifikant voneinander unterscheiden? 2. Unterliegt die Sinnzuschreibung an die unterschiedlichen Motive im Zeitverlauf (also zwischen dem ersten Messzeitpunkt und dem zweiten Messzeitpunkt) Veränderungen? Dazu werden im Sinne eines Ex-Post-Facto-Designs die Einrichtungen entsprechend der theoretischen Vorüberlegungen nach unterschiedlichen Kriterien differenziert (vgl. Kap. C 4) und über die ihnen auf einem Faktor zugeordneten Faktorwerte27 mit einer einfaktoriellen ANOVA respektive einem t-Test miteinander verglichen. Zentral für die nachfolgenden Ausführungen ist die Differenzierung nach Steuerungskontexten, nach Relevanz beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen, nach Bundesland, nach Größe, nach Dauer der Beschäftigung mit dem Qualitätsthema und nach internem versus externem Anstoß. 27 Die Faktorwerte werden nach der Regressionsmethode errechnet. Dabei ist zu beachten, dass die zugewiesenen Faktorwerte z-standardisiert sind und vor dem Hintergrund der ursprünglichen Likertskalierung (4 = „nicht wichtig“, „trifft nicht zu“; 1 = „sehr wichtig“, „trifft voll zu“) umkodiert werden mussten. Auf diese Weise finden relationale Zustimmung in positiven und relationale Ablehnung in negativen Faktorwerten ihren Ausdruck (vgl. hierzu Kap. D 4.2).
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Differenzierung der Einrichtungen nach Steuerungskontext Vor dem Hintergrund der Bedeutung, die die Beobachtung der Beteiligung anderer Einrichtungen hat, sowie der wachsenden, relational in Bezug auf die einzelnen Reproduktions- und Steuerungskontexte aber gleich bleibenden Verbreitung von LQW nach der Marktöffnung lässt sich erwarten, dass das Motiv der konkreten Mimese in der Relevanzstruktur der Einrichtungen unterschiedlicher Reproduktions- und Steuerungskontexte unterschiedlich platziert ist. Dies verdichtet die im Anschluss an die oben formulierten systemtheoretischen wie auch neo-institutionalistischen Überlegungen zu verfolgende These, dass Einrichtungen unterschiedlicher Reproduktions- und Steuerungskontexte ihre Entscheidung je unterschiedlich legitimieren. Signifikante Unterschiede zwischen Einrichtungen differenter Steuerungskontexte28 hinsichtlich der Bedeutungszuschreibung an die über die fünffaktorielle Faktorenanalyse geordneten Motive ex ante (also zum Zeitpunkt der Entscheidung für LQW) lassen sich in einer einfaktoriellen Varianzanalyse für die Faktoren 3 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie“ und 5 „Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie“ finden.29 Mit einem Post-Hoc-Vergleich lassen sich auf der Grundlage des Tukey-Verfahrens für Faktor 3 homogene Untergruppen ermitteln: Auf dem Faktor 3 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie“ grenzen sich die dem Reproduktionskontext Staat zugeordneten Einrichtungen signifikant von denjenigen, die dem Markt, und denjenigen, die dem der Korporationen zugerechnet werden, ab.30 Die über die Faktorwerte errechneten Mittelwerte zeigen, dass für die staatlichen Einrichtungen konkreter zwangsweiser Isomorphismus eine vergleichsweise geringere Rolle spielt (m = -0,35) als für marktnahe Einrichtungen (m = 0,91) und korporativ gebundene Einrichtungen (m = 0,39).31 Die relational deutlich höhere Relevanzzuschreibung an Umweltzwänge durch marktnahe Einrichtungen ist einerseits nicht erstaunlich. Für Einrichtungen des Reproduktions- und Steue28 Bestätigung finden die im Folgenden referierten Befunde auch bei einer Differenzierung nach Rechtsformen. Da Letztere in einem engen Zusammenhang mit den Steuerungskontexten stehen, wird der Aspekt der Rechtsform nicht gesondert ausgeführt. 29 Für die zweifaktorielle Lösung lassen sich bezüglich der Steuerungs- und Reproduktionskontexte mittels Post-Hoc-Tests keine signifikanten Unterschiede ermitteln (d. h., die Differenzen zwischen den Einrichtungen schmelzen sich in den höher aggregierten Daten ein). Ein t-Test, bei dem nur Einrichtungen des Marktes und solche des Steuerungskontextes Staat miteinander verglichen werden, ergibt für den 2., isomorphistische Prozesse bündelnden Faktor signifikante Unterschiede zwischen den Steuerungskontexten Markt und Staat. 30 Signifikante Unterschiede lassen sich an dieser Stelle nicht nur von dem Tukey-Verfahren, sondern auch vielen anderen Post-Hoc-Vergleichstests ermitteln. 31 Es handelt sich hierbei um Mittelwerte der z-standardisierten Faktorwerte auf den einzelnen Faktoren (vgl. Bühl/Zöfel 2005).
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rungskontextes Markt dürften die Erwartungen und Erfordernisse der Umwelt schon immer ein zentraler, für die interne Steuerung und Reproduktion relevanter Referenzpunkt gewesen sein. Andererseits könnte die unterschiedliche Bewertung auch Ausdruck davon sein, dass staatliche Interventionen, die immer auch einen Eingriff in die Autonomie der Organisation bedeuten, unterschiedlich kodiert werden. Die staatsnahen Einrichtungen dürften sich immer schon an staatlichen Interventionsformen orientiert haben. Damit vertraut, fühlen sie sich durch die von der Bildungspolitik geführten Diskurse in ihrer Autonomie möglicherweise weniger stark beschnitten als marktnahe Einrichtungen. Für den Faktor 5 „Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie“ muss aufgrund des Levene-Tests von einer Varianzheterogenität ausgegangen werden. Dies erfordert es, entsprechend robustere mit z. T. konservativeren Einschätzungen verbundene Verfahren heranzuziehen (wie Tamhane-T2, Dunnett-T3, Games-Howell oder Dunnett C) (vgl. Wittenberg/ Cramer 2003: 206f.; vgl. hierzu auch Kap. D 4.2). Die Tests ergeben, dass sich die den Steuerungskontexten Staat und Markt zugeordneten Einrichtungen signifikant unterscheiden32 und differenten Gruppen zugewiesen werden, während die den Korporationen zugerechneten Einrichtungen nicht eindeutig verortet sind, d. h. sich weder von den marktnahen noch von den staatsnahen Einrichtungen signifikant unterscheiden. Für Einrichtungen des Reproduktions- und Steuerungskontextes Staat (m = 0,20) spielt die auf Mimese abstellende Argumentation eine bedeutendere Rolle als für marktnahe Einrichtungen (m = -0,52). Betrachtet man die vergleichsweise höhere Bedeutungszuschreibung der dem Kontext Staat zugeordneten Einrichtungen an den Aspekt der Mimese im Zusammenhang damit, dass sich aus diesem Bereich auch die meisten an der Implementierung von LQW beteiligten Einrichtungen rekrutieren, so bestätigt dies die oben formulierte Annahme: Mimese wird da erzeugt, wo es entsprechende Vorbilder in der organisationalen Umwelt gibt. Ist ein Reproduktions- und Steuerungskontext weniger stark repräsentiert, ist es sachlogisch, dass dieser Aspekt in der Motivstruktur relational eine geringere Rolle spielt. Langfristig könnten die aktuell den Kontext Markt repräsentierenden Einrichtungen selbst – wenn überhaupt – einen solchen Vorbildcharakter für andere gewinnen und Nachahmung in diesem Kontext auslösen. Bezüglich des Faktors 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“, des Faktors 2 „Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie“ und des Faktors 4 „Legitimitätserhalt durch An32 Ein t-Test zum Vergleich der dem Kontext Staat und dem Kontext Markt zugerechneten Einrichtungen ergibt entsprechend ebenfalls signifikante Unterschiede.
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erkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie“ lassen sich bei den die Motivstruktur ex ante abbildenden Faktoren keine signifikant voneinander abweichenden Untergruppen destillieren. In den unterschiedlichen, über die Reproduktions- und Steuerungskontexte charakterisierten Untergruppen kann von einer weitgehend einheitlichen Bedeutungszuschreibung an die diese Motive bündelnden Faktoren ausgegangen werden. Dass sich marktnahe Einrichtungen bezüglich des Faktors 2 einer abstrakten, über einen unspezifischen Markt regulierten Mimese gepaart mit abstraktem Zwang nicht von Einrichtungen unterscheiden, die dem Steuerungskontext Staat oder Korporationen zugerechnet werden bzw. umgekehrt, dass in den traditionell eher marktfernen Segmenten Markt eine ähnlich hohe Bedeutung zugeschrieben wird wie von Einrichtungen, für die es der zentrale Referenzpunkt ist, liegt auf einer Linie mit der Annahme einer zunehmenden Marktorientierung aller Einrichtungen der Weiterbildung (vgl. hierzu Schröer 2005 für den kirchlichen Bereich; vgl. Bastian/Beer/Knoll 2002; vgl. auf einer abstrakteren Ebene Schrader 2008, 2010). Einrichtungen sind mit unterschiedlichen, mehrdeutigen und zum Teil widersprüchlichen Rationalitäten konfrontiert. In der Bearbeitung derselben werden sie zu hybriden, durch ausfransende Systemgrenzen gekennzeichnete Gebilde (vgl. Schrader 2008; vgl. zum Umgang mit unterschiedlichen Anforderungen in der Programmplanung Dollhausen 2008). Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich unter der Perspektive differenter Steuerungs- und Reproduktionskontexte nur für zwei Faktoren der fünffaktoriellen Lösung im Rahmen des ersten Messzeitpunktes signifikante Unterschiede ermitteln lassen, ist es interessant, der Frage nachzugehen, wie sich der Zusammenhang zwischen Steuerungs- und Reproduktionskontext auf der einen Seite und Sinnzuschreibung an Motive auf der anderen Seite nach der erfolgreichen Implementierung – also zum zweiten Messzeitpunkt – darstellt. Hierbei finden sich nur noch für den Faktor 7 „Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie“ der siebenfaktoriellen Lösung signifikante Unterschiede zwischen den Einrichtungen unterschiedlicher Steuerungs- und Reproduktionskontexte33: Wie zum ersten Messzeitpunkt bilden auch zum zweiten Messzeitpunkt die marktnahen und die staatlichen Einrichtungen die beiden signifikant differierenden Untergruppen. Während für die dem Kontext Staat zugeordneten Einrichtungen der Vergleich mit anderen Einrichtungen in der Entscheidung für LQW auch ex post eine deutliche Rolle spielen würde (m = 0,28), 33 Für die zweifaktorielle Lösung lassen sich im Rahmen von Post-Hoc-Tests keine signifikanten Unterschiede zwischen Einrichtungen unterschiedlicher Steuerungs- und Reproduktionskontexte finden. Es lassen sich auch dann keine signifikanten Unterschiede zwischen Einrichtungen aus dem Kontext Staat und Markt finden, wenn diese beiden Gruppen separiert in einem t-Test miteinander verglichen werden.
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distanzieren sich die marktnahen Einrichtungen relational betrachtet von diesem Argument auch nach der durchlaufenen Testierung deutlich (m = -0,77).34 Aus ihrer Logik heraus ist dies naheliegend, schließlich würden sie sonst ihre Entscheidung nachträglich irritieren. Denn auch für den Zeitpunkt der zweiten Messung kann mit Bezug auf die Studie des WB Monitors (Feller et al. 2005; vgl. Kap. E 2.1.1) noch immer angenommen werden, dass die meisten marktnahen Einrichtungen etwas anderes machen. Die dem korporativen Kontext zugerechneten Einrichtungen unterscheiden sich weder von denjenigen des Kontextes Markt noch denjenigen des Kontextes Staat signifikant, wobei der die Gruppe der korporativen Einrichtungen charakterisierende Mittelwert (m = -0,46) eine Nähe zu der Sinnzuschreibungspraxis der dem Marktsegment zugerechneten Einrichtungen erkennen lässt. Dies entspricht dem zum ersten Messzeitpunkt ermittelten Befund. Die vergleichsweise geringere Bedeutungszuschreibung der dem Steuerungskontext Markt zugerechneten Einrichtungen an diesen Aspekt über den Zeitverlauf in Zusammenschau mit der aktuell begrenzten und relational auch nach Marktöffnung gleich bleibenden Beteiligung von Einrichtungen aus diesem Kontext stützt die zuvor formulierte These, dass da, wo Vorbilder fehlen, Mimese nachgeordneter ist und sich dementsprechend die Durchsetzung von LQW „träger“ vollzieht. Dass für alle anderen Faktoren der siebenfaktoriellen Lösung keine signifikanten Unterschiede zwischen den Einrichtungen unterschiedlicher Steuerungsund Reproduktionskontexte ermittelt werden können, kann als Indikator dafür angesehen werden, dass sich die in die Motive eingetragene Sinnzuschreibung an LQW von Einrichtungen unterschiedlicher Steuerungskontexte ex post als recht homogen darstellt. Möglicherweise konstituieren die an LQW beteiligten Einrichtungen über die Zeit eine gemeinsam geteilte Sinnzuschreibung, über die sich In- und Exklusion bestimmt. Mehr noch, ohne dies im Rahmen dieser Arbeit systematisch prüfen zu können, könnte dies sogar ein Indiz dafür sein, dass sich über die Wahl eines Qualitätsmanagementmodells thematisch (vgl. Hoffman 1999) strukturierte organisationale Felder bilden (vgl. Kap. C 3.2). In ihnen etablieren sich einheitliche Sinnzuschreibungen in Abgrenzung zu anderen. Stützen lässt sich diese These mit dem Zulauf, den die für LQW-Einrichtungen ausgerichteten jährlichen Netzwerkkonferenzen finden. Im Rahmen dieser jährlichen, von der Testierungsstelle initiierten Netzwerkkonferenzen tauschen sich LQW anwendende Einrichtungen aus (vgl. hierzu Zech et al. 2006: 118). Die Einrichtungen gewinnen damit ein Plateau, um sich in ihrem Commitment zu LQW zu stabilisieren. Sie konstituieren sich als Gemeinschaft mit gleichen 34 Aufgrund von Varianzhomogenität und ungleich großen Stichproben kommt hier wie im Folgenden der Tukey-Test zur Anwendung.
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Qualitätsidealen und entwickeln als eine Art Jüngerschaft ein gemeinsames Selbstverständnis. Die Analyse der Motivstruktur verweist bilanzierend auf zwei – eigentlich gegenläufige – Phänomene, nämlich das Nebeneinander feldspezifischer Legitimation einerseits und Feldkonstitution bzw. gegenseitige Annäherung von Einrichtungen unterschiedlicher Steuerungskontexte über das Thema LQW andererseits: Die Betrachtung der Motivstruktur ex ante unter der Perspektive unterschiedlicher Reproduktions- und Steuerungskontexte respektive der darüber generierte Befund einer unterschiedlichen Bedeutungszuschreibung an die zwei der drei voneinander analytisch abgrenzbaren Isomorphismen zeigt, dass in den hier vertretenen drei Steuerungskontexten unterschiedliche Formen der Legitimierung bzw. des Legitimitätserhaltes dominieren. Dies stellt die Feldspezifik von Legitimationsstrategien heraus. Die homogene Sinnzuschreibung an die unterschiedlichen Motive – gerade im Kontext des zweiten Messzeitpunktes – sowie die für Einrichtungen aller drei Steuerungskontexte charakteristische Argumentation, dass (in teilweise unterschiedlichen Gewichtungen) sowohl Kriterien, die auf „action“ als auch solche, die auf „institutionalization“ verweisen (sich Organisationen also weder ausschließlich der einen noch der anderen Kategorie zuschlagen lassen), die Entscheidung tragen, profilieren dagegen die Konstituierung einer gemeinsam geteilten Sinnzuschreibung – möglicherweise im Sinne einer Feldkonstitution über Qualitätsmanagement, konkret LQW. Differenzierung der Einrichtungen nach Relevanz beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen Historisch betrachtet ist es die berufliche, z. T. markt- und wirtschaftsnahe Weiterbildung gewesen, die zuerst mit den Anforderungen, die internen Prozesse nach Qualitätsmanagementmodellen zu organisieren, konfrontiert gewesen ist (vgl. hierzu Wuppertaler Kreis e. V./CERTQUA 2002; vgl. auch Kap. B 2.2.1). Insofern ließe sich annehmen, dass die Legitimationsstrategien der Einrichtungen mit der Bedeutungszuschreibung an berufliche respektive berufsbezogene Maßnahmen interagieren oder konkret, dass Einrichtungen, bei denen berufliche respektive berufsbezogene Maßnahmen eine besondere Wichtigkeit haben, stärker nach außen gerichtete Motive in den Vordergrund stellen. Deshalb ist – wie in Kapitel C 3.2 und C 4 erörtert – die Wichtigkeit beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen ein weiteres Differenzierungsmerkmal. Anhand des Fragebogens lassen sich Einrichtungen diesbezüglich in fünf Kategorien (sehr hohe Wichtigkeit bis keine Wichtigkeit) differenzieren. Ein Vergleich der Einrichtungen mit unterschiedlicher Wichtigkeitszuschreibung an berufliche und berufsbezogene Angebote ergibt ein sehr uneinheitliches, kaum interpretierbares Bild. Von einem linearen Zusammenhang zwischen der Wichtigkeit beruflicher und 185
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berufsbezogener Angebote in Relation zur Bedeutungszuschreibung an Motive jedenfalls kann vor dem Hintergrund einer einfaktoriellen ANOVA mitnichten die Rede sein. Interessant zu beobachten ist, dass diejenigen Einrichtungen, die berufliche und berufsbezogene Maßnahmen als „sehr wichtig“ ausweisen – was für mehr als die Hälfte der Einrichtungen zutrifft –, sich deutlich von Einrichtungen anderer Zustimmungsgrade abgrenzen. Deshalb wurde von der ursprünglichen – mehr oder weniger ergebnislosen35 – Dichotomisierung der Einrichtungen in „berufliche und berufsbezogene Angebote“ sehr wichtig/wichtig versus mittel/eher weniger wichtig/unwichtig Abstand genommen und eine Dichotomisierung von Einrichtungen realisiert, die beruflichen und berufsbezogenen Angeboten eine sehr hohe (53,8 Prozent der Einrichtungen) und solchen, die diesen Angeboten eine abgeschwächte Bedeutung zuweisen (46,2 Prozent der Einrichtungen). Hierbei zeigt sich in einem t-Test Folgendes: Einrichtungen, für die berufliche und berufsbezogene Angebote eine sehr hohe Wichtigkeit haben, bewerten den isomorphistische Prozesse beschreibenden Faktor der zweifaktoriellen Lösung signifikant bedeutender als Einrichtungen, für die berufliche und berufsbezogene Bildungsangebote abgeschwächt wichtig bis unwichtig sind. Entsprechend zeigen sie in der fünffaktoriellen Lösung bei den Faktoren 2 „Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie“ (m = 0,32) und 3 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie“ (m = 0,38) eine vergleichsweise höhere Zustimmung. Einrichtungen, für die berufliche und berufsbezogene Bildungsangebote abgeschwächt wichtig bis unwichtig sind, votieren bezüglich der beiden Faktoren distanzierter (m = -0,38 (Faktor 2); m = -0,44 (Faktor 3)); sie allerdings schreiben konkreter Mimese (Faktor 5 „Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie“) – also dem Vergleich mit anderen Einrichtungen – signifikant mehr Relevanz zu (m = 0,31). Dieser Befund deutet darauf hin, dass die Wichtigkeit, die berufliche und berufsbezogene Maßnahmen für Einrichtungen haben, mit intern wirksam werdenden Referenzpunkten der Umwelt interagiert. Für Einrichtungen, die im Bereich der beruflichen Bildung tätig sind, ist der Referenzpunkt, an dem sie sich in der Umwelt zu orientieren haben, offensichtlich eindeutig über Gesetze und Markt definiert. Einrichtungen, die eine solch klare, über die Angebotsstruktur fixierte, in organisationsinternen Zielen manifestierbare Orientierung nicht haben, schaffen sich andere, in der Umwelt allokalisierte Referenzpunkte, über die sie Legitimität zu erhalten hoffen – in diesem Falle eine Orientierung an den Peers. Bestätigung findet dieser Befund, wenn man Einrichtungen hinsichtlich des Aspektes unterscheidet, ob sie einen 35 Bei der Dichotomisierung sehr wichtig/wichtig versus mittel/eher weniger wichtig/unwichtig kann bei der zweifaktoriellen Lösung nur auf Faktor 2 ein signifikanter Befund und bei der fünffaktoriellen Lösung kein signifikanter Befund ermittelt werden.
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Themenschwerpunkt in allgemeiner Weiterbildung haben oder nicht. Hierbei zeigt sich, dass Einrichtungen mit einem Themenschwerpunkt in allgemeiner Weiterbildung den Faktor 3 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie“ signifikant weniger relevant für ihre Entscheidung für LQW bewerten, als dies Einrichtungen tun, die diesen diffusen, in der Umwelt mit wenig Bezugsgrößen ausgestatteten allgemeinen Themenschwerpunkt nicht haben. Anders wieder im Falle der konkreten Mimese (Faktor 5): Diesen Aspekt profilieren Einrichtungen mit dem Themenschwerpunkt allgemeine Weiterbildung signifikant in Relation zu den anderen Einrichtungen – und zwar nicht nur im Kontext der Motivstruktur ex ante, sondern auch ex post. Die relational betrachtet signifikant höhere Bedeutungszuschreibung an Mimese bei Einrichtungen mit einem Schwerpunkt in allgemeiner Weiterbildung ist geradezu Ausdruck uneindeutiger Umwelten. Sie liegt auf einer Linie mit den Annahmen des Neo-Institutionalismus, dass die Begründung von Strukturangleichung mit Mimese insbesondere dann zum Tragen kommt, wenn unklare, im konkreten Fall vielfältige organisationsinterne Ziele dominieren, andere Referenzpunkte u. a. deshalb uneindeutig sind und in der Umwelt hohe Unsicherheit herrscht. In einer solchen Situation greife die Beobachtung und Imitation anderer, als legitim klassifizierter Modelle (vgl. Kap. C 3.2; vgl. DiMaggio/Powell 1983; Hasse/Krücken 2005a). Darüber hinaus lässt sich dieser Befund in einen Zusammenhang mit den Befunden zur Differenzierung nach Steuerungskontexten bringen: Gleich ist, dass sich hier wie dort bei den Faktoren 3 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie“ und 5 „Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie“ signifikant voneinander unterschiedene Untergruppen finden lassen. Anders ist, dass unter dem Differenzierungsmerkmal Wichtigkeit beruflicher und berufsbezogener Angebote auch der Faktor 2 „Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie“ signifikant variiert wahrgenommen wird36, während Einrichtungen unterschiedlicher Steuerungskontexte dem Marktmotiv ähnliche Bedeutung zuschreiben. Insofern wird das Marktmotiv in seiner Relevanz für die Einrichtungen gerade nicht über die Steuerungskontexte – wie erwartbar gewesen wäre – modelliert. Es zeigt sich vielmehr, dass es andere Aspekte wie die Wichtigkeitszuschreibung an berufliche und berufsbezogene Angebote sind, 36 Bei einer Kreuztabellierung der Variablen „Wichtigkeit beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen“ mit den unterschiedlichen Steuerungskontexten wird offenbar, dass sich Einrichtungen, die die Wichtigkeit beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen in besonderer Weise profilieren, – relational betrachtet – signifikant häufiger aus dem Steuerungskontext Markt rekrutieren. Anhand von standardisierten Residuen von über 2 bzw. über -2 lässt sich dieser Befund anhand einer Kreuztabellierung ablesen.
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die die Bedeutungszuschreibung an das Marktmotiv bestimmen. Dies profiliert die in Kapitel C 3.2 vorgetragene Annahme, dass in der Weiterbildung im Nebeneinander und Ineinandergreifen von Merkmalskombinationen temporär vielschichtige, durch mehrere institutionalisierte Regeln charakterisierte, themenspezifisch variierende Felder mit parzellierten Legitimierungen existieren (unterstützt wird dies durch Diagnosen zur Weiterbildung: vgl. Nuissl 2009; Forneck/Wrana 2005; Schrader 2008, 2010; Kade/Nittel/Seitter 2007; vgl. auch Tietgens 1979). Vergleicht man die Motivstruktur nach dem durchlaufenen Prozess – also ex post – bei Einrichtungen mit sehr hoher und abgeschwächter Bedeutungszuschreibung an die Wichtigkeit beruflicher und berufsbezogener Angebote, verlieren sich die für den ersten Messzeitpunkt ermittelten Signifikanzen.37 Im Vergleich der Bedeutungszuschreibung an Motive zwischen dem ersten und dem zweiten Messzeitpunkt von Einrichtungen, die beruflichen und berufsbezogenen Angeboten unterschiedliche Bedeutung zuschreiben, lässt sich demnach auch hier im Verlaufe der Auseinandersetzung mit LQW eine Homogenisierung in der Bedeutungszuschreibung an die unterschiedlichen Motive beobachten. D. h.: Ex post lassen sich zwischen Einrichtungen mit unterschiedlicher Wichtigkeitszuschreibung an berufliche und berufsbezogene Angebote Angleichungen in der Argumentation finden.38 Dies redet der oben artikulierten These das Wort, dass sich über die Wahl eines Qualitätsmanagementmodells organisationale Felder mit einheitlichen Sinnzuschreibungen bilden: Qualitätsmanagementmodelle also Felder zu konstituieren vermögen. Differenzierung der Einrichtungen nach Bundesland Um weitere Anhaltspunkte bezüglich unterschiedlicher Praxen der Sinnzuschreibung an die Motive vor und nach der Implementierung von LQW zu gewinnen, wurden die Einrichtungen darüber hinaus nach den 16 Bundesländern differenziert. Bei einer solchen Differenzierung zeigen sich weder für den ersten noch für den zweiten Messzeitpunkt systematisch interpretierbare Effekte, mit Ausnahme, dass im Bundesland Thüringen der Zwang hoch zu sein scheint, was mit der dortigen Gesetzesnovellierung in Verbindung gebracht werden kann 37 Lediglich auf dem Faktor 4 der siebenfaktoriellen Lösung – also in Bezug auf die Bedeutungszuschreibung an normative Isomorphie – finden sich signifikante Unterschiede, und zwar dahin gehend, dass Einrichtungen, für die berufliche und berufsbezogene Angebote weniger wichtig sind, sich deutlich mehr von normativem Isomorphismus distanzieren. 38 Auf eine ähnliche Befundlage kommt man auch, wenn man Einrichtungen dahin gehend unterscheidet, ob sie arbeitsmarktrelevante Maßnahmen anbieten oder nicht und einen Zusammenhang zwischen der Motivstruktur ex ante und ex post herstellt. Die Befunde werden deshalb hier nicht separat dargestellt.
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(vgl. Kap. B 2.1; C 3.3).39 Darüber hinaus wurden die Bundesländer unter theoretisch anschlussfähigen Aspekten klassiert, und zwar a) hinsichtlich der insbesondere auf der Hinterbühne artikulierten Positionierung des Bundeslandes zu LQW in befürwortende, neutrale und distanzierte Länder, b) hinsichtlich einer Verankerung von Qualitätsentwicklung in dem jeweiligen Weiterbildungsgesetz des Landes, c) hinsichtlich der Zuordnung des Landes und damit der Einrichtungen zu regionalen Unterstützungsstellen (ein Aspekt, der allerdings erst für den zweiten Messzeitpunkt besondere Relevanz gewinnen dürfte) und d) hinsichtlich neues versus altes Bundesland. Was die Bedeutungszuschreibung an die die Motivstruktur abbildenden Faktoren anbelangt, so lassen sich für die beiden Aggregierungen Positionierung des Landes zu LQW und Zugehörigkeit zur regionalen Unterstützungsstelle zum ersten Messzeitpunkt keine signifikanten Unterschiede finden. Ersteres ist erstaunlich, da es verständlich gewesen wäre, wenn die Positionierung des Bundeslandes zu LQW die Motivstruktur modelliert hätte. Letzteres dagegen ist plausibel, da sich die regionalen Unterstützungsstellen erst im Laufe des Projektes im Feld der Weiterbildung verankern. Anders sieht dies für die Differenzierung der Bundesländer nach der gesetzlichen Regulierung von Qualitätsentwicklung aus. Hier findet sich erwartungsgemäß ein Zusammenhang zu der Bedeutungszuschreibung an Faktor 3 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie“: Organisationen aus den Bundesländern Thüringen, Saarland40 und Niedersachsen – also aus den Bundesländern, in denen Qualitätsentwicklung (in unterschiedlichen Formen) gesetzlich fixiert ist, – sind mit einem Mittelwert von m = 0,90 in ihrer Entscheidung für LQW relational betrachtet signifikant stärker durch den Zwangsaspekt bestimmt als Einrichtungen aus Bundesländern, in denen es diese gesetzlichen Vorgaben nicht systematisch gibt – also solche Länder, die die Qualitätsthematik zwar ansprechen, aber nicht weiter ausführen (m = -0,41) und solche, die die Qualitätsthematik in dem Gesetz gar nicht erst explizit aufgreifen (m = 0,03) (vgl. Kap. B 2.1; C 3.3). Dies ist insofern eingängig, als sich über die Bundesländer und de39 Ein Problem sind auch die niedrigen Zellenbesetzungen. 40 Im Saarland spielt Qualitätssicherung anders als in den anderen beiden Bundesländern für die Anerkennung von Bildungsveranstaltungen im Rahmen der Freistellung eine Rolle – ein Element, das seit 2003 integraler Bestandteil des Gesetzes ist. Dabei wird sogar ausdrücklich der Begriff ISO verwendet. Da derartige Initiativen entsprechende Diskussionen und zuweilen „Unruhen“ in der Weiterbildung verbreiten, wird das Saarland trotz der etwas anderen Situation denjenigen Ländern zugeschlagen, die die Qualitätsthematik gesetzlich ausdrücklich verankert haben.
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ren Gesetzespraktiken organisationale Felder konstituieren, über die sich Relevanzbildungen in den Einrichtungen bestimmen. Darüber hinaus führt auch eine Klassierung nach alten und neuen Bundesländern zu signifikanten Differenzen in der Bedeutungszuschreibung an Faktor 3: Hier begreifen sich Einrichtungen der neuen Bundesländer signifikant mehr unter Zwang, was möglicherweise in einem Zusammenhang zentralstaatlicher Erfahrungen zu DDR-Zeiten gesehen werden kann. Auch im Rahmen des zweiten Messzeitpunktes variieren die Mittelwerte in Bezug auf Zwang augenscheinlich, die Differenzen sind jedoch nicht signifikant. Signifikant unterschiedlich dagegen werden der Faktor 3 „Reproduktionssicherung an der Schnittstelle zur Umwelt“ und der Faktor 4 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie“ bewertet. Ihnen wird von Einrichtungen aus Bundesländern mit gesetzlichen Verbindlichkeiten vergleichsweise höhere Bedeutung zugeschrieben. Eine Erklärung für die besondere Profilierung dieser beiden Faktoren im Rahmen des zweiten Messzeitpunktes könnte sein, dass das, was möglicherweise zunächst als gesetzlich verordnet wahrgenommen wurde, sich im Laufe der Zeit zu einem professionellen Standard, durch den Aufträge erhalten bzw. neu akquiriert werden, entwickelt hat. Ein weiterer für den zweiten Messzeitpunkt erwähnenswerter Befund ist, dass es sowohl für den Faktor 2 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – pädagogische Handlungslogik“41 als auch den Faktor 4 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung geltender professioneller Standards: normative Isomorphie“ signifikante Unterschiede zwischen den Einrichtungen der hinsichtlich der Zustimmung gegenüber LQW unterschiedlich klassifizierten Bundesländer gibt. Einrichtungen derjenigen Bundesländer, die als gegenüber LQW neutral klassifiziert werden können, bewerten eine abermalige Einführung von LQW aufgrund normativer Mechanismen der Strukturangleichung und einer Optimierung pädagogischer Handlungslogik signifikant positiver als Einrichtungen klar positionierter Bundesländer – insbesondere distanzierter Bundesländer.42 Möglicherweise wird die über die Bildungspolitik ausbleibende Eindeutigkeit durch eine stärkere Orientierung an der professionellen Gemeinschaft sowie einer Profilierung der Optimierung pädagogischer Handlungslogik – also feldspezifische Inhaltlichkeit – kompensiert.43 41 Trotz Signifikanz werden bei dem Tukey-Test keine homogenen Untergruppen ermittelt. 42 Aufgrund des Mittelwertes haben LQW-befürwortende Bundesländer mehr Nähe zu den distanzierten Bundesländern, wenngleich nicht alle Post-Hoc-Tests hier eine eindeutige Untergruppe von distanzierten und befürwortenden Ländern bilden. 43 Auch lassen sich vereinzelt signifikante Unterschiede zwischen Einrichtungen unterschiedlicher regionaler Unterstützungsstellen finden – eine systematische Interpretation erlauben die Befunde allerdings nicht.
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Differenzierung der Einrichtungen nach Größe Im Kontext neo-institutionalistischer Forschungen lässt sich beobachten, dass insbesondere große Organisationen dazu neigen, sich institutionellen Anforderungen zu unterziehen (Greening/Gray 1994). Für die Implementierung der ISO-Norm im industriellen Bereich kommen Walgenbach/Beck (2003) zu ganz ähnlichen Ergebnissen (vgl. Kap. C 3.2). Deshalb wurden die Einrichtungen auch nach Größe differenziert. Ziel war es, der Frage nachzugehen, ob Einrichtungen unterschiedlicher Größenordnungen sich aus unterschiedlichen Gründen einer Implementierung von LQW unterziehen und ob – wie neo-institutionalistische Forschungsbefunde dies nahelegen – insbesondere große Einrichtungen sich aufgrund isomorphistischer Prozesse der Implementierung von LQW anschließen. Dazu wurden die Einrichtungen hinsichtlich der Zahl der Organisationsmitglieder, also der pädagogischen Mitarbeiter und der Verwaltungsmitarbeiter, differenziert. In Anlehnung an eine vom BIBB vorgenommene Kategorisierung werden Cluster von 1 bis 3, 5 bis 9, 10 bis 49, 50 bis 99 und über 100 Mitarbeiter gebildet.44 Anhand einer auf dieser Grundlage gerechneten einfaktoriellen ANOVA lassen sich auf Faktor 3 signifikant verschiedene Untergruppen finden. Dabei zeigt sich, dass Einrichtungen unter 10 Mitarbeitenden das Zwangsmotiv (deutlich) unterdurchschnittlich bewerten, während Einrichtungen mittlerer Größe mit 50 bis 99 Beschäftigten den Zwangsaspekt deutlich überdurchschnittlich beurteilen. Alle anderen Gruppen sammeln sich mit Werten von m = -0,02 bis m = 0,19 um den z-standardisierten Mittelwert. Zwang hat demnach für Einrichtungen unterschiedlicher Größe ex ante unterschiedliche Relevanz. Im Rahmen des zweiten Messzeitpunktes hingegen verschwindet dieser Effekt. Ein eindeutig linearer Zusammenhang zwischen Einrichtungsgröße und Bedeutungszuschreibung an Isomorphie, wie vor dem Hintergrund neo-institutionalistischer Forschung hätte angenommen werden können, findet sich demnach nicht. Es lassen sich nur wenige signifikante Unterschiede in der Bedeutungszuschreibung an Motive zwischen Einrichtungen unterschiedlicher 44 Aufgrund der Datenlage erschienen zwei Modifikationen sinnvoll: Die erste Gruppe sammelt kleine Einrichtungen bis einschließlich 3 Mitarbeitern (beim BIBB sind es bis unter 3 Mitarbeiter). Zudem wurde die Gruppe mit 50 und mehr Beschäftigten noch einmal differenziert (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung: http://www.berufsbildungsbericht.info/_htdocs/bbb2002/ teil2/anhang/teil2_schaubilder.htm#sch16: 17.08.2008) in 50 bis 99 und 100 und mehr Mitarbeiter. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Differenzierung des BIBB auf hauptberuflich pädagogisch Beschäftigten basiert. Insgesamt hat eine solche Klassierung den Preis sehr unterschiedlich großer Gruppen, sodass sich der Rücklauf folgendermaßen zusammensetzt: 1. Messzeitpunkt: 1 bis 3 Mitarbeiter: 6,5 Prozent, 4 bis 9 Mitarbeiter: 40,2 Prozent, 10-49 Mitarbeiter: 44,4 Prozent, 50-99 Mitarbeiter: 4,1 Prozent, 100 und mehr Mitarbeiter: 4,7 Prozent; 2. Messzeitpunkt: 1 bis 3 Mitarbeiter: 4,9 Prozent, 4 bis 9 Mitarbeiter: 44,4 Prozent, 10-49 Mitarbeiter: 42,4 Prozent, 50-99 Mitarbeiter: 5,6 Prozent, 100 und mehr Mitarbeiter: 2,8 Prozent.
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Größenordnung ausmachen, die weitestgehend in die von Walgenbach/Beck (2003) beschriebene Richtung weisen.45 Differenzierung der Einrichtungen nach Dauer der Beschäftigung mit dem Qualitätsthema Differenziert man Einrichtungen hinsichtlich der Dauer, die sie sich bereits mit dem Qualitätsthema im Allgemeinen und Qualitätsmanagement im Besonderen beschäftigen, und untersucht dies hinsichtlich der Motivlage (ex ante), LQW zu implementieren, lässt sich folgendes Phänomen extrahieren: Für die Dauer der Beschäftigung mit Qualitätsmanagement ergibt sich kein Zusammenhang, wohl aber für die Dauer der Beschäftigung mit dem Qualitätsthema. Einrichtungen, die sich schon länger als 14 Jahre mit der Qualitätsthematik beschäftigen, also zu den Pionieren der Auseinandersetzung mit Qualität gezählt werden können, schließen sich dem Qualitätsmanagementmodell LQW signifikant weniger an, weil es der internen Optimierung dient. Zu dem die interne Motivierung bündelnden Faktor 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ der fünffaktoriellen Lösung haben diese Einrichtungen eine überdurchschnittliche Distanz (m = -0,95). Möglicherweise sind diese Einrichtungen aufgrund bereits vorliegender Erfahrungswerte skeptischer, was die internen Effekte anbelangt. Neben der Dauer der Beschäftigung erscheint es weiterhin interessant, der Frage nachzugehen, wer sich in der Einrichtung mit Qualitätsfragen wie intensiv beschäftigt, wer in die Diskussion um die Einführung von LQW eingebunden ist und ob sich dieses mit der Bedeutungszuschreibung an die Motive in einen Zusammenhang bringen lässt. Weder bei der Differenzierung nach der Intensität der Beschäftigung unterschiedlicher Mitarbeitergruppen (Leitung, pädagogische Mitarbeiter, freie Trainer und Dozenten, Verwaltungsmitarbeiter, Hausmeister) mit Qualität noch bei der unterschiedlichen Einbindung derselben in die Diskussion lassen sich signifikante Unterschiede in der Wertzuschreibung an die die Motivstruktur repräsentierenden Faktoren finden.
45 Ein systematischer Vergleich der insbesondere für den industriellen Bereich generierten Befunde mit denjenigen der vorliegenden Studie bietet sich vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Größenordnungen nicht an: So differenzieren beispielsweise Walgenbach/Beck (2003) zwischen Einrichtungen mit weniger als 100 Mitarbeitern, 100-500 Mitarbeitern und mehr als 500 Mitarbeitern. Eine solche Differenzierung auf Einrichtungen der Weiterbildung anzuwenden, ginge an der Realität des Feldes vorbei. In der vorliegenden Untersuchungseinheit lässt sich die Kategorie 100 bis 500 Mitarbeiter kaum und diejenige größer als 500 Mitarbeiter gar nicht finden.
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Differenzierung der Einrichtungen nach internem versus externem Anstoß Unter der Perspektive „institutionalization“ und „action“ wurde der Frage nachgegangen, wer die Auseinandersetzung mit LQW initiiert hat, ob interne oder externe Impulse ausschlaggebend gewesen sind und ob sich Einrichtungen, die einem externen Anstoß folgen, bei der Bewertung der die Motive abbildenden Faktoren signifikant von Einrichtungen unterscheiden, die eine intern initiierte Auseinandersetzung betonen (vgl. Kap. C 3.2). Dabei zeigt eine Kategorisierung der Einrichtungen nach internem, internem und externem sowie externem Anstoß, dass sich nur knapp 5 Prozent der Einrichtungen ausschließlich auf Initiation ihrer Umwelt (Kollegen anderer Einrichtungen, Berater, übergeordnete Stelle …) – also auf den externen Anstoß hin – für LQW entschieden haben. 15 Prozent der Einrichtungen nennen interne und externe Impulse, während die überwiegende Mehrzahl – rund 80 Prozent – den Anstoß in der Organisation verortet (die Leitung, ein Mitarbeiter der Einrichtung …). Signifikante Unterschiede bei der fünffaktoriellen Lösung lassen sich nur bei den Faktoren, die normative (Faktor 4)46 und konkrete zwangsweise Isomorphie (Faktor 3)47 beschreiben, diagnostizieren.48 Dabei unterscheiden sich diejenigen Einrichtungen, die ausschließlich einem internen Anstoß folgen, signifikant von denjenigen Einrichtungen, die neben internen auch externe bzw. nur externe Stimuli angeben. Bei Letzteren ist der Zustimmungsgrad zu den beiden Faktoren am höchsten. Dieser Befund liegt auf einer Linie mit der über den Neo-Institutionalismus aufspannbaren Erwartung, dass nämlich diejenigen Einrichtungen, die über externe Stimuli die Auseinandersetzung mit Moden der Umwelt wie LQW initiieren, stärker durch isomorphistische Mechanismen beeinflusst sind.49 2.1.2.4 Clusteranalyse zu der Motivstruktur ex ante und ex post Über diese gerichtete Suche nach Zusammenhängen hinaus wurden Clusteranalysen (vgl. hierzu Kap. D 4.2) zu der Motivlage ex ante wie auch ex post realisiert. Als exploratorisches Verfahren sollte die Clusteranalyse durch die über die Faktorenanalyse ermittelten Faktorwerte auf den einzelnen, die Motivstruktur abbildenden Faktoren die Einrichtungen zu möglichst ähnlichen und zu untereinander möglichst unähnlichen Gruppen bündeln. Auf diese Weise lässt sich ermitteln, mit welchen Sinnzuschreibungen an die Motive die extrahierten 46 Auch hier werden trotz signifikanter Werte durch das Tukey-Verfahren keine homogenen Untergruppen gebildet. 47 Hier liegt keine Homogenität der Varianzen vor, sodass entsprechende Verfahren wie TamhaneT2, Dunnett-T3, Games-Howell oder Dunnett C herangezogen werden. 48 Für die zweifaktorielle Lösung ergeben sich signifikante Unterschiede für den 2., isomorphistische Prozesse bündelnden Faktor. 49 Die Stichprobenumfänge variieren sehr stark: interner Anstoß = 138 Fälle, externer Anstoß = 8 Fälle, interner und externer Anstoß = 26 Fälle.
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Teil E
Gruppen operieren respektive wie die Beteiligung an LQW in voneinander klar abgrenzbaren Gruppen mit Sinn ausgestattet wird. Es sollen über die allgemeine Aussage hinaus, dass sowohl interne als auch externe Motive die Implementierung begründen, Kenntnisse darüber gewonnen werden, in welchen Kombinationen die unterschiedlichen Legitimierungsformen in den voneinander verschiedenen Gruppen auftauchen. Für die Motivlage ex ante ergab sich folgende, mit der unter Kapitel D 4.2 beschriebenen Methode gut validierbare Lösung mit 6 Clustern (vgl. Abb. 6):
Erklärung: Aufgrund der z-standardisierten Werte ist der Gesamtmittelwert bei 0. Die für die Clusterlösungen ermittelten Mittelwerte markieren insofern die Abweichung von dem für die Untersuchungsgesamtheit geltenden Mittelwert 0. Abbildung 6: Motivstruktur der Einrichtungen ex ante: Clusteranalyse nach Ward auf der Grundlage der über die Faktorenanalyse generierten Faktorwerte
Anhand der ermittelten Cluster zeigt sich, wie bei den oben geprüften Zusammenhängen auch, dass für die Einrichtungen die Motive nicht in gleicher Weise relevant sind. Es lassen sich vielmehr Gruppen extrahieren, die einzelnen Motiven oder Motivkonstellationen besonders hohe bzw. besonders niedrige Bedeutung zuschreiben. Begreift man eine Abweichung vom Faktormittelwert 0 von 194
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
+/-1 als markant, dann lassen sich über die generierten Clustermittelwerte – bis auf Cluster 2 – alle Cluster über ein, teilweise auch mehrere zentrale Motive beschreiben. Auffällig ist, dass die unterschiedlichen Formen des Isomorphismus am besten differenzieren. Der das Motiv „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ abbildende Faktor übersteigt nur einmal profilbildend die Einsermarke und reicht nur einmal an die Einsermarke heran. Konkret wird in nur einer Untergruppe – Cluster 1 – der Untersuchungseinheit die Optimierung der Aktivitätsstruktur abweichend von der Gesamtheit unterdurchschnittlich bewertet. Dass sich eine Untergruppe an dieser Stelle von dem überwiegenden Rest der Einrichtungen unterscheidet und der Optimierung der Aktivitätsstruktur eine deutlich niedrigere Bedeutung zuschreibt, könnte ein Indiz dafür sein, dass bei Einrichtungen dieser Gruppe bereits in der Motivierung eine Entkoppelung von Aktivitäts- und Formalstruktur eingetragen ist (Meyer/Rowan 1977) und die Implementierung von LQW mit einer bezüglich interner Wirkungen geringeren Erwartungshaltung korrespondiert. Darüber hinaus ließe sich vermuten, dass dann, wenn die Optimierung der Aktivitätsstruktur schon keine besondere Rolle in der Motivstruktur für Qualitätsmanagement spielt, im Prozess der Einführung des Managementsystems systematische Arbeiten an der Aktivitätsstruktur nachgeordnet sein und diesbezügliche Wirkungen auch nicht eintreten werden. Umgekehrt herum deutet sich für alle anderen Untergruppen in der Motivstruktur keine Entkoppelung an. Für Cluster 5 wäre sogar Gegenteiliges zu untersuchen. Ob sich die unterstellten Zusammenhänge in den Daten respezifizieren lassen, wird in Kapitel E 2.1.4.3, das die Erwartungsstruktur behandelt, wie auch in Kapitel E 2.2.4.2, das sich mit den Wirkungen von LQW in den Einrichtungen der Weiterbildung beschäftigt, zu prüfen sein. Cluster 1, das mit 31 Einrichtungen 18,2 Prozent der Einrichtungen sammelt, ist die angesprochene, durch eine unterdurchschnittliche Motivierung über „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ charakterisierte Untergruppe. Zugleich weist sich dieses Cluster durch eine erhöhte Bedeutungszuschreibung an Faktor 4 – normativen Isomorphismus – aus. Das Interesse an einer Gesichtswahrung in der professionellen Gemeinschaft ist demnach überdurchschnittlich ausgeprägt – ohne dass, so lassen die Daten vermuten, eine Optimierung der Aktivitätsstruktur im Vordergrund stünde. Sie werden im Folgenden als „Gesichtswahrer in der professionellen Gemeinschaft mit geringem inhaltlichem Verbesserungsmotiv“ benannt. In Bezug auf die exponierte Stellung normativen Isomorphismus – also Legitimitätserhalt in der professionellen Gemeinschaft – fast spiegelbildlich vo195
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tiert Cluster 2. Als einziges Cluster ohne über +/-1 ausschlagende Werte grenzt es sich mit einem Mittelwert von m = -0,90 von normativem Isomorphismus ab. Genauso spielt auch konkreter mimetischer Isomorphismus für dieses, insgesamt größte, 35,9 Prozent der Einrichtungen einende Cluster eine unterdurchschnittliche Rolle, während alle anderen Faktoren durchschnittliche Relevanz haben. Legitimitätserhalt in der Umwelt ist insofern nicht vorrangig für die Auseinandersetzung mit Qualitätsmanagement. Hier sind also die „Unauffälligen mit Abgrenzungstendenzen zu Norm und Mimese“ bestimmten Einrichtungen versammelt. Durch Abgrenzung von unterschiedlichen Formen der Mimese – und zwar sowohl gegenüber einem abstrakten Markt als auch gegenüber einem konkreten Vergleich mit anderen Einrichtungen – zeichnet sich auch das kleinste Cluster mit 10 Einrichtungen und einem Anteil von 5,9 Prozent – Cluster 3 – aus. Unterdurchschnittlich bedeutsam sehen diese Einrichtungen darüber hinaus den Zwangsaspekt, während dagegen die Bedeutungszuschreibung an normativen Isomorphismus leicht erhöht ist. Vertreter dieses Clusters lassen sich als die „Marktautonomen mit Orientierung an Standards der professionellen Gemeinschaft“ begreifen. Bezüglich dieser Gruppe drängt sich die Frage auf, welche Einrichtungstypen es sind, die die Bedeutung des Marktes in ihrer Entscheidung für Qualitätsmanagement derart zurückweisen – was aber aufgrund der niedrigen Fallzahlen eher zu Spekulationen als belastbaren Befunden führen dürfte. In Bezug auf konkreten mimetischen Isomorphismus votieren Einrichtungen von Cluster 4 sehr different zu den Clustern 2 und 3. Das 31 Einrichtungen umfassende, mit einem Gesamtanteil von 18,2 Prozent vertretene Cluster profiliert geradezu den konkreten Vergleich mit anderen Einrichtungen als Antrieb für die Implementierung von LQW. Legitimitätserhalt im Kontext vergleichbarer Einrichtungen ist also das zentrale Charakteristikum. Es wird als das Cluster der „Vergleichsorientierten“ benannt. Da diese Legitimationsstrategie insbesondere von Einrichtungen des Steuerungskontextes Staat verfolgt wird, ließe sich vermuten, dass staatliche Einrichtungen in diesem Cluster überdurchschnittlich präsent sind. Cluster 5, das mit 14,7 Prozent 25 Einrichtungen zusammenzieht, ist durch eine überdurchschnittlich hohe Bewertung normativen Isomorphismus gepaart mit einer an die Einsermarke heranreichenden überdurchschnittlichen Motivierung durch eine in Aussicht gewähnte Optimierung der Aktivitätsstruktur charakterisiert. D. h. sowohl Gesichtswahrung und Legitimitätserhalt in der professionellen Gemeinschaft als auch interne Optimierungserwartungen prägen die Argumentation für LQW. Es lässt sich als das Cluster der „Musterschüler mit starkem inhaltlichem Verbesserungsmotiv“ betiteln. Mit Blick auf die oben angesprochene These, dass möglicherweise bereits in der Motivstruktur Ten196
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
denzen zur (Ent-)Koppelung von Aktivitäts- und Formalstruktur angelegt sein könnten, böte es sich bei diesem Cluster an, dieses im Kontext der Wirkanalyse in besonderer Weise ins Visier zu nehmen. Es wäre zu analysieren, ob es in diesen Einrichtungen gerade nicht zu den von Meyer/Rowan (1977) beschriebenen Entkoppelungseffekten kommt (vgl. hierzu Kap. E 2.2.4.2). Von den bisher vorgestellten Clustern sehr unterschiedlich ist Cluster 6. Das mit 12 Einrichtungen und einem Anteil von 7,1 Prozent zweitkleinste Cluster zeichnet sich durch eine überdurchschnittliche Bedeutungszuschreibung an Zwang aus. Diese Einrichtungen begreifen die Implementierung von Qualitätsmanagement im Allgemeinen und LQW im Besonderen demnach als Folge gesetzlicher Vorgaben bzw. klarer Anweisung übergeordneter Ebenen. Es sind die „über Zwang Gesteuerten“, die sich hier sammeln. Legitimitätserhalt gegenüber denjenigen, die finanzielle Ressourcen verwalten, ist prägend – ein Motivzusammenhang, der insbesondere von Einrichtungen des Reproduktions- und Steuerungskontextes Markt profiliert wird (vgl. Kap. E 2.1.2.3). Vor dem Hintergrund der herausgearbeiteten Unterschiede in den Clustern hinsichtlich der Bedeutungszuschreibung an interne und die unterschiedlichen Formen externer Motivierungen liegt es unter neo-institutionalistischer Perspektive auf der Hand, zu untersuchen, ob Einrichtungen bestimmter organisationaler Felder – konkret Einrichtungen unterschiedlicher Reproduktions- und Steuerungskontexte – in einzelnen Clustern über- bzw. unterrepräsentiert sind. Vorab ließe sich auf der Grundlage der bisher herausgearbeiteten Zusammenhänge erwarten, dass Cluster 6 – die „über Zwang Gesteuerten“ – wesentlich von Einrichtungen aus dem Steuerungskontext Markt dominiert sein dürfte, dass Letztere in Cluster 3 – die „Marktautonomen mit Orientierung an Standards der professionellen Gemeinschaft“ – kaum anzutreffen sein dürften und dass sich Cluster 4 – die „Vergleichsorientierten“ – überdurchschnittlich aus Einrichtungen des Steuerungskontextes Staat rekrutieren dürfte. Eine Kreuztabellierung zwischen Clusterzugehörigkeit und Steuerungskontext ergibt folgendes Bild (vgl. Abb. 7):
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Abbildung 7: Zusammensetzung der die Motivstruktur abbildenden Cluster nach Reproduktions- und Steuerungskontexten
Auf den ersten Blick bestätigen sich für Cluster 3, die „Marktautonomen“, die oben formulierten Annahmen, wenngleich aufgrund der niedrigen Fallzahl respektive Zellenbesetzungen und einem standardisierten Residuum von -1,1 in der Zelle Markt keine statistisch belastbaren Kennwerte herangezogen werden können. So wenig statistisch belastbar die Befunde auch sein mögen, so spricht der Umstand, dass in diesem Cluster keine Einrichtungen des Reproduktionsund Steuerungskontextes Markt zu finden sind, für deren Distanz zu der dieses Cluster charakterisierenden Argumentationsstruktur. Dieser Befund ist vor dem Hintergrund dessen, dass sich marktnahe Einrichtungen in besonderer Weise am Markt orientieren müssen und diesen als Referenzpunkt kaum negieren können, nicht erstaunlich. Auch Cluster 4, die Gruppe der „Vergleichsorientierten“ entspricht den artikulierten Erwartungen: Von den 31 diesem Cluster zugehörigen Einrichtungen sind 27 Einrichtungen (das entspricht 87,1 Prozent) aus dem Mimese signifikant bedeutender bewertenden Reproduktions- und Steuerungskontext Staat. Anhand der standardisierten Residuen zeigt sich, dass Letztere überrepräsentiert, während Einrichtungen des Kontextes Markt und des Kontextes Korporationen unterrepräsentiert sind.50 Für Cluster 6, die „über Zwang Gesteuerten“, ist die Situation zwar auf den ersten Blick nicht so eindeutig, dennoch bestätigen sich in Summe auch hier die über die oben dargestellte Befundlage 50 Immerhin reichen hier die standardisierten Residuen mit Werten von 1,8 und -1,9 zumindest teilweise an 2er Marke heran.
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Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
generierten Vermutungen: 25 Prozent der Einrichtungen des sehr kleinen Clusters 6 rekrutieren sich aus dem Steuerungskontext Markt. Entsprechend dem insgesamt geringen Anteil an Einrichtungen aus dem Steuerungskontext Markt von insgesamt 11,5 Prozent bzw. im Rücklauf vom ersten Messzeitpunkt von 11,6 Prozent (vgl. Kap. E 2.1.1) findet sich mit einem Anteil von 25 Prozent in dieser Parzelle auch ein leicht erhöhtes, auf Überrepräsentanz verweisendes, standardisiertes Residuum von 1,3. Überdurchschnittlich häufig vertreten sind Einrichtungen des Marktes auch in Cluster 2, den „Unauffälligen mit Abgrenzungstendenzen zu Norm und Mimese“. Auch dieses liegt auf einer Linie mit den oben dargestellten Ergebnissen und bestätigt die Distanz marktnaher Einrichtungen zu konkreter Mimese. Auffällig ist zuletzt noch Cluster 1, die „Gesichtswahrer in der professionellen Gemeinschaft mit geringem inhaltlichem Verbesserungsmotiv“. Hier sammeln sich mit einem standardisierten Residuum von 1,2 überdurchschnittlich viele Einrichtungen aus dem Steuerungskontext Korporationen. Eine weitergehende Differenzierung der dem Steuerungskontext Korporationen zugerechneten Einrichtungen offenbart, dass gewerkschaftsnahe Einrichtungen deutlich überrepräsentiert sind (standardisiertes Residuum von 2,8). Über die Differenzierung der Cluster nach Reproduktions- und Steuerungskontexten deutet sich – auch wenn die statistische Belastbarkeit grenzwertig ist – an, dass in bestimmten Feldern bestimmte Argumentations- und Legitimationspraktiken näherliegen als in anderen. Dabei reproduzieren sich die in Kapitel E 2.1.2.3 herausgearbeiteten signifikanten Unterschiede in den Sinnzuschreibungen. Vor diesem Hintergrund werden die Cluster über die Differenzierung nach Steuerungs- und Reproduktionskontexten hinaus auch unter der Perspektive der Wichtigkeitszuschreibung an berufliche und berufsbezogene Maßnahmen analysiert. Vor dem Hintergrund der in Kapitel E 2.1.2.3 herausgearbeiteten Befunde wäre zu erwarten, dass Einrichtungen, die beruflichen und berufsbezogenen Maßnahmen eine besondere Rolle zuweisen, in Cluster 3 und 4 unter- und in Cluster 6 überrepräsentiert sind (vgl. Abb. 8).
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Abbildung 8: Zusammensetzung der die Motivstruktur abbildenden Cluster nach Wichtigkeit beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen
Für Cluster 3 – die „Marktautonomen“, die abstrakte Mimese in besonderer Weise zurückweisen – lassen sich die Erwartungen nicht bestätigen, wohl aber für Cluster 4 – die „Vergleichsorientierten“ – und Cluster 6 – die „über Zwang Gesteuerten“: In dem konkrete Mimese – also den Vergleich mit anderen Einrichtungen – herausstellenden Cluster 4 sammeln sich unterdurchschnittlich viele Einrichtungen mit hoher und überdurchschnittlich viele mit nachgeordneter Bedeutungszuschreibung an berufliche und berufsbezogene Maßnahmen. In beiden Zellen sind die standardisierten Residuen über 2. Für Einrichtungen mit einer hohen Bedeutungszuschreibung an berufliche und berufsbezogene Maßnahmen ist – wie sich oben bereits andeutet – die Legitimierung eigener Praktiken über den Vergleich mit anderen Einrichtungen gegenüber den Referenzpunkten Markt (abstrakte Mimese) und Staat (Zwang) nachgeordnet. Vor dem Hintergrund ihrer Sinnzuschreibungen ist es nicht erstaunlich, dass sie in dem den Zwang profilierenden Cluster 6 überrepräsentiert sind. Dieses bestimmt sich zu 83,3 Prozent aus Einrichtungen, die beruflichen und berufsbezogenen Maßnahmen eine besonders hohe Wichtigkeit attestieren, umgekehrt sind sie nur zu 25,8 Prozent in dem Mimese herausstellenden Cluster 4 vertreten. Eine Differenzierung nach Bundesländern zeigt zwar, dass die Argumentationen bundeslandbezogen variieren, dass beispielsweise über zwei Drittel der Einrichtungen distanzierter Bundesländer zu Cluster 2, den „Unauffälligen“, gehören, dass Osteinrichtungen wie auch Einrichtungen, deren Länder Qualitätsentwicklung gesetzlich verankert haben, stark in dem Zwang profilierenden Cluster 6 vertreten sind oder dass in Hessen Mimese in besonderer Weise do200
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
miniert. Darüber hinausgehende interpretationsfähige Muster, die sich systematisch auf die unterschiedlichen Differenzierungen beziehen ließen, lassen sich allerdings kaum erkennen. Gleiches trifft auch für eine Differenzierung nach Größe zu. In Summe werden über die Clusteranalysen dennoch unterschiedliche Sinnzuschreibungen an die Motive sichtbar. Auch zeigt sich anhand der Differenzierung der Clusterzusammensetzung nach Steuerungskontexten und Wichtigkeit beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen, dass sich Einrichtungen bestimmter Felder und Typiken zusammenziehen, sich in ihrer Argumentationsstruktur also ähneln – ein Befund, der der These der feldspezifischen Legitimationsstrategien das Wort redet. Wie bereits angedeutet bilden sich über die Faktorenanalyse zum zweiten Messzeitpunkt zwar gleiche Faktoren heraus, die Korrelationen zwischen den einander entsprechenden Faktoren des ersten und zweiten Messzeitpunktes allerdings sind gering (vgl. Kap. E 2.1.2.1). Dies weist darauf hin, dass es in der Bedeutungszuschreibung an die Motive im Laufe der Auseinandersetzung mit LQW Bedeutungsverschiebungen gegeben hat. Dies motiviert eine Clusteranalyse für die ex post artikulierten Motive. D. h.: Auch ex post sollen die Einrichtungen über die durch die Faktorenanalyse ermittelten Faktorwerte auf den einzelnen, die Motivstruktur abbildenden Faktoren zu möglichst ähnlichen und zu untereinander möglichst unähnlichen Gruppen hinsichtlich ihrer Sinnzuschreibung gebündelt werden, um darauf aufbauend weitere Analysen anschließen zu können. Dabei ergab sich folgende gut validierbare Lösung mit 7 Clustern (vgl. Abb. 9):
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Abbildung 9: Motivstruktur der Einrichtungen ex post: Clusteranalyse nach Ward auf der Grundlage der über die Faktorenanalyse generierten Faktorwerte
Über alle Cluster hinweg ist auffällig, dass Faktor 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale Handlungslogik“ ähnlich bewertet wird und er keines der Cluster in besonderer Weise charakterisiert. War Faktor 1 der fünffaktoriellen Lösung des ersten Messzeitpunktes „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ für nur zwei Cluster charakterisierend, ebnet sich die clustercharakterisierende Kraft für den die organisationale Seite repräsentierenden Faktor 1 im Rahmen des zweiten Messzeitpunktes ganz ein. Anders ist es für den die pädagogische Seite ansprechenden Faktor 2 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – pädagogische Handlungslogik“. Er kennzeichnet durch über- und unterdurchschnittliche Ausprägungen von +/-1 gleich zwei Cluster. Dies lässt im Anschluss an den Neo-Institutionalismus die Frage aufkommen, ob es bei Einrichtungen, die den Faktor über- bzw. unterdurchschnittlich bewerten, zu weniger bzw. mehr Entkoppelung von Aktivitäts- und Formalstruktur kommt – ein Aspekt, der in dem mit Wirkungen beschäftigten Kapitel E 2.2.4.2 zu prüfen sein wird. 202
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Markant differenzieren die unterschiedlichen Formen des Isomorphismus. Dies entspricht der die Einrichtungen nach Motiven gruppierenden Clusteranalyse zu den Daten des ersten Messzeitpunktes. Ansonsten ist die Struktur der Cluster im Vergleich zu derjenigen des ersten Messzeitpunktes – auch wenn sich Bezüge herstellen lassen – recht unterschiedlich. Dies liegt auf einer Linie mit den geringen Korrelationen der Elementarvariablen des ersten mit denen des zweiten Messzeitpunktes und bestätigt die Annahme einer sich auf der Zeitachse verschiebenden Bedeutungszuschreibung an unterschiedliche Motive. In Cluster 1 mit 23 Einrichtungen und einem Anteil von 17,6 Prozent sammeln sich Einrichtungen, die als Motiv für die Wiedereinführung von LQW demjenigen Faktor überdurchschnittliche Bedeutung zuweisen, der zwangsweisen Isomorphismus vertritt. Das Cluster bündelt Einrichtungen, die sich überdurchschnittlich unter dem Druck vorgesetzter Stellen für die Implementierung von LQW entschieden haben und – möglicherweise – aus den Initiativen der Länder Verpflichtungen ableiten, die es (auch vor dem Hintergrund der Entwicklungen rund um die AZWV) so pauschal in der Umwelt der Einrichtungen nicht gibt. Es sind die „über Zwang Gesteuerten“, die von der Argumentationsstruktur her mit den in Cluster 6 des ersten Messzeitpunktes gruppierten Einrichtungen vergleichbar sind. In allen anderen Clustern spielt der zwangsweisen Isomorphismus beschreibende Faktor eine durchschnittliche, teilweise sogar eine deutlich unterdurchschnittliche Rolle (wie in den Clustern 6 und 7). Einrichtungen des Clusters 2 (N = 18, 13,7 Prozent) profilieren einerseits den Aspekt der Reproduktion an der Schnittstelle zur Umwelt, LQW also deshalb einzuführen, weil dadurch Aufträge aufrechterhalten bzw. neue akquiriert werden können. Andererseits distanzieren sie sich von allen isomorphistische Mechanismen beschreibenden Faktoren – insbesondere demjenigen des normativen Isomorphismus: Es sind die „Reproduktionsorientierten mit Abgrenzung zu Angleichungsmechanismen“. Im Kontext der Wirkanalyse wäre zu prüfen, ob diese Einrichtungen tatsächlich Aufträge durch LQW haben erhalten oder neu akquirieren können (vgl. Kap. E 2.2.4.2). Cluster 3 zeichnet sich dadurch aus, dass die einzelnen Faktoren die +/- 1er-Marke nicht überschreiten. Es ist das mit 34 Einrichtungen und einem Anteil von mehr als einem Viertel größte Cluster. Hier finden sich eine leicht überdurchschnittliche Distanzierung von dem Motiv einer abermaligen Implementierung von LQW aufgrund einer verbesserten pädagogischen Handlungslogik und eine leicht überdurchschnittliche positive Bewertung der Reproduktion an der Schnittstelle zur Umwelt – also gehaltene und erneuerte Aufträge. Vor dem Hintergrund wenig auffallender Bewertungen lässt es sich als das Cluster der „Unauffälligen“ beschreiben und weist vor dem Hintergrund der wenig prägnanten Bewertungen einzelner Faktoren Gemeinsamkeiten mit dem Cluster 2 des ersten Messzeitpunktes auf. Einrichtungen aus Cluster 4 203
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(N = 19, 14,5 Prozent) betonen einerseits konkrete wie auch abstrakte Mimese – also eine deutlich externe Motivierung. Sie heben andererseits die Optimierung der pädagogischen Handlungslogik in überdurchschnittlicher Weise hervor. Sie erinnern in einer im Vergleich allerdings ausgeprägteren Orientierung an der Umwelt an die „Musterschüler“ des ersten Messzeitpunktes (Cluster 5), die sich ebenfalls über das inhaltliche Verbesserungsmotiv abgrenzen. Insbesondere an dem Aspekt – Optimierung der pädagogischen Handlungslogik – unterscheiden sich Cluster 4 und Cluster 5. Das mit 9 Einrichtungen und einem Anteil von 6,9 Prozent kleinste Cluster 5 grenzt sich von dem Motiv, LQW einzuführen, weil damit das Pädagogische und das, was LQW von anderen Qualitätsmanagementmodellen unterscheidet, vehement ab. Im Kontext der Wirkanalyse wird deshalb zu untersuchen sein, ob Einrichtungen dieses Clusters gerade in den pädagogisch einschlägigen Tätigkeitsbereichen kaum auf die Implementierung von LQW zurechenbare Effekte attestieren können (vgl. hierzu Kap. E 2.2.4.2). Unterdurchschnittlich ausgeprägt ist in Cluster 5 weiterhin die Bedeutungszuschreibung an normativen Isomorphismus, während dagegen die Nachahmung eines abstrakten Marktes überdurchschnittlich motiviert. In Summe betrachtet ist es das Cluster, das LQW gerade nicht wegen seines Alleinstellungsmerkmals wählt und der Bedeutung des Pädagogischen eine Absage erteilt: die „Entmystifizierer/die Ernüchternden“. Durch eine Distanzierung von konkretem mimetischem Isomorphismus mit einem Wert von knapp -2,5 ist Cluster 6 (N = 13, 9,9 %) gekennzeichnet; alle anderen Faktoren werden mehr oder weniger unauffällig bewertet. Es sind die „Absager an konkreten Vergleich“. Es ließe sich vermuten, dass sich in dem über Absage an Vergleich charakterisierten Cluster die dem Steuerungskontext Markt zugeordneten Einrichtungen sammeln. Das 15 Einrichtungen umfassende Cluster 7 mit einem Anteil von 11,5 Prozent zeichnet sich durch Abgrenzung von abstraktem mimetischem und zwangsweisem Isomorphismus aus. Unterdurchschnittlich wird weiterhin die Reproduktionssicherung durch LQW eingeschätzt, während konkreter mimetischer Isomorphismus vergleichsweise hoch eingeschätzt wird – das Cluster der „begrenzt Autonomen“. In Summe lässt sich bilanzierend festhalten: Auch nach dem durchlaufenen Prozess der Implementierung von LQW argumentieren die Einrichtungen unterschiedlich. Sie rücken einzelne Motive bzw. Motivkonstellationen in den Vorder- bzw. Hintergrund und weisen damit unterschiedliche Relevanzen zu. Gleichzeitig sind die Motivkonstellationen zum zweiten Messzeitpunkt andere als für den ersten Messzeitpunkt – sichtbar an der eingeschränkten Vergleichbarkeit der ermittelten Cluster. Für die Wirkanalysen hat dies zur Folge, dass Orientierungen beider Clusteranalysen aufgegriffen werden (vgl. Kap. E 2.2.4.2).
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Eine Charakterisierung der Cluster anhand einer Differenzierung nach Reproduktions- und Steuerungskontexten oder nach der Wichtigkeitszuschreibung an berufliche Bildung erweist sich als schwierig. Hinsichtlich des Ersteren wäre vor dem Hintergrund der herausgearbeiteten, deutlich niedrigeren Mittelwerte bei Einrichtungen des Steuerungskontextes Markt auf dem konkrete Mimese abbildenden Faktor zu erwarten gewesen, dass sich Cluster 6 – die „Absager an konkreten Vergleich“ – wesentlich aus Einrichtungen des Marktes rekrutiert. Dieses bestätigt sich allerdings nicht. Einrichtungen des Reproduktionskontextes Markt sind lediglich in Cluster 3 – die „Unauffälligen“ – leicht unterrepräsentiert. Auffälligkeiten finden sich auch in Cluster 2 – die „Reproduktionsorientierten mit Abgrenzung zu Angleichungsmechanismen“: Sind Einrichtungen des Steuerungskontextes Korporationen in Cluster 2 überdurchschnittlich, sind solche des Reproduktionskontextes Staat unterdurchschnittlich vertreten. Erstere profilieren also den Erhalt bzw. die Neuakquise von Aufträgen in besonderer Weise. Ansonsten lassen sich über die nach Steuerungskontexten differenzierten Clusterzusammensetzungen kaum markante Befunde ermitteln. Für den Aspekt der Wichtigkeitszuschreibung an berufliche und berufsbezogene Maßnahmen deutet sich der oben skizzierten Befundlage zufolge zum zweiten Messzeitpunkt bereits eine Nivellierung in der Bedeutungszuschreibung an die unterschiedlichen Motivgruppen an. Dieser Befund festigt sich bei einer diesbezüglichen Differenzierung der Cluster. In keinem der Cluster zeigen sich Über- oder Unterrepräsentationen, um zu einer über die Wichtigkeitszuschreibung an berufliche Maßnahmen strukturierten Charakterisierung der Cluster zu gelangen. Interessant ist, dass sich Cluster 2 – die „Reproduktionsorientierten“ – zu rund 94 Prozent aus Einrichtungen rekrutiert, die arbeitsmarktrelevante Maßnahmen anbieten.51 In Cluster 7, das sich von dem Motiv der Einführung aufgrund der Reproduktion an der Schnittstelle zur Umwelt distanziert dagegen, sind diese Einrichtungen unterrepräsentiert. Wie zum ersten Messzeitpunkt zeigt eine Differenzierung nach Bundesländern auch zum zweiten Messzeitpunkt, dass die Argumentationen bundeslandbezogen variieren, ohne dass die Differenzen systematisch interpretierbar wären. Dennoch stößt man auf einen unter der Perspektive der Bedeutung organisationaler Felder erwähnenswerten Zusammenhang: Eine Differenzierung der Cluster nach Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Unterstützungsstellen führt trotz z. T. kleiner Zellenbesetzungen zu auffälligen standardisierten Residuen (sie sind oft über +/-1,5 und reichen z. T. sogar über die Zweiermarke hinaus).52 Dies ist zunächst ein Indikator dafür, dass sich bei Einrichtungen 51 Im Vergleich: 66 Prozent der Einrichtungen bieten arbeitsmarktrelevante Maßnahmen an. 52 Gerade im Vergleich zum ersten Messzeitpunkt sind die standardisierten Residuen auffällig.
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gleicher Felder mit anzunehmender hoher Kommunikationsdichte (es entstehen Austauschmöglichkeiten auf den von den Unterstützungsstellen angebotenen Informationsveranstaltungen, Fortbildungen, Workshoptagen …) ähnliche Deutungen durchsetzen. Darüber hinaus verweist dies in Zusammenschau mit der geringen Clustercharakterisierungsmöglichkeit über die Reproduktions- und Steuerungskontexte auf ein gerade unter neo-institutionalistischem Blickwinkel interessantes Phänomen: Möglicherweise ist zum zweiten Messzeitpunkt nicht nur – oder gar weniger – die Zugehörigkeit zu einem Steuerungskontext, sondern auch – oder gar vielmehr – die Zugehörigkeit zu ein- und derselben Unterstützungsstelle ein zentrales Charakteristikum für ein gleiches, mit geteilten Deutungen operierendes Feld. Durch die Unterstützungsstellen entstehen während der Projektlaufzeit regionale Austauschplattformen, die die Interaktionsund Kommunikationsdichte für Einrichtungen bestimmter Regionen erhöhen. Einrichtungen werden durch die Unterstützungsstellen regional zu Veranstaltungen rekrutiert, ohne dass der Steuerungskontext, dem sie entstammen, eine Rolle spielen würde. Unter der Perspektive Steuerungskontext kann also von einer Durchmischung, unter der Perspektive Regionalität von einer Segmentierung gesprochen werden.53 Durch eine solche Durchmischung und Segmentierung könnten sich neue Felder mit je eigenen gleichen Deutungen etablieren. Dieses würde die im Neo-Institutionalismus herausgearbeiteten Annahmen bestätigen, dass einrichtungsübergreifende Gleichheiten wesentlich mit Vermittlungsinstanzen respektive mit der Einbettung in organisationale Felder zusammenhängen, sodass trotz der in der Systemtheorie angenommenen operativen, auf Autopoiesis basierenden Geschlossenheit der einzelnen Organisationen einzelfallübergreifende Gleichheit entsteht und erklärt werden kann.
2.1.2.5 Zwischenfazit: gegenläufige Phänomene In Summe lässt sich festhalten, dass sich die Diffusion der Qualitätsmanagementthematik, konkret LQW, wesentlich auf der Grundlage isomorphistischer Prozesse entspinnt. Damit lassen sich für die Weiterbildung ähnliche Mechanismen nachzeichnen wie für andere Sektoren und gesellschaftliche Bereiche auch. Die über die Faktorenanalyse geordnete Motivstruktur und die in den einzelnen Faktoren zum Ausdruck kommenden Strategien des Legitimitätserhalts verweisen auf die unterschiedlichen Isomorphismen. Insofern lassen sich Grundannahmen des Neo-Institutionalismus für den Fall der Weiterbildung respezifizieren. Zugleich zeigt sich, dass die Argumentation für die Beteiligung an LQW sowohl 53 Einrichtungen unterschiedlicher Reproduktions- und Steuerungskontexte machen in gleichen Anteilen von den Angeboten der regionalen Unterstützungsstellen Gebrauch, sodass die Angebote der regionalen Unterstützungsstellen diesbezüglich nicht selektiv sind.
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über interne Effizienzkriterien (Organisationsentwicklung unter der Perspektive der Lernerorientierung) als auch – mit unterschiedlicher Gewichtung – über Legitimitätserhalt in der Umwelt bestimmt ist. Ließe sich vor dem Hintergrund des Neo-Institutionalismus erwarten, dass die auf Isomorphie verweisenden Motive – also die Anpassung der Organisation an die Anforderungen der Umwelt zur Bewahrung der Legitimität – gegenüber den internen, an Effektivität orientierten Motiven eine dominante Rolle einnehmen, so kann dies in dem vorliegenden Zusammenhang über alle beteiligten Einrichtungen hinweg nicht bestätigt werden. Nach außen, auf Legitimitätserhalt gerichtete Motive nehmen in der Argumentationsstruktur eine entscheidende, nicht aber eine hervorgehobene – wie im Anschluss an Meyer/Rowan (1977) sowie auf der Folie der von Walgenbach (2000) generierten Befunde hätte angenommen werden können – Bedeutung gegenüber den auf die Optimierung der internen Steuerungskompetenz abstellenden Motiven ein. Die Einrichtungen unterstellen, dass Qualitätsmanagement tatsächlich als Optimierungsinstrument dienen kann. Sie bringen insbesondere zum ersten Messzeitpunkt, als noch keine Erfahrungen im Umgang mit LQW vorliegen, einen Glauben an den dem Qualitätsmanagement unterliegenden Rationalitätsgedanken zum Ausdruck. Eine Entkoppelung von Aktivitäts- und Formalstruktur deutet sich also auf der Grundlage der Motivstruktur nicht unmittelbar an, wenngleich die distanziertere Bewertung der diese Faktoren konstituierenden Items im Rahmen des zweiten Messzeitpunktes als Indikator für einen geringeren internen Effizienzgewinn als erwartet gelesen werden kann. Erst differenzierte Wirkanalysen (vgl. Kap. 2.2) vermögen Klarheit über das Verhältnis von Formal- und Aktivitätsstruktur zu schaffen. Auffällig sind die in den Daten sich abzeichnenden gegenläufigen Phänomene: nämlich feldspezifische Legitimationsstrategien und differente Sinnzuschreibungen auf der einen Seite und homogene Sinnzuschreibungen respektive Feldkonstitution über die Qualitätsmanagementthematik – speziell LQW – auf der anderen Seite. Für beide Thesen lassen sich in den Daten Bestätigungen finden. Für feldspezifische Legitimationsstrategien spricht beispielsweise, dass nicht alle drei Formen der Isomorphie in allen Reproduktionskontexten gleich ausgeprägt sind. Während der abstrakte Markt mehrheitlich, also über alle Einrichtungen hinweg, isomorphistische Prozesse auszulösen scheint, ist dies für konkrete mimetische, normative wie auch zwangsweise Aspekte nicht der Fall. Differente Sinnzuschreibungen zeigen sich auch in den Clusteranalysen, in denen sich Einrichtungen mit ähnlichen und differenten Argumentationen voneinander unterscheiden lassen. Für feldspezifische Legitimation spricht weiterhin, dass sich in den Daten andeutet, dass sich durch die infolge der Implementierung von LQW neu etablierten Akteure – konkret die Vermittlungsinstanzen – 207
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neue Felder zu konstituieren scheinen. Daneben lassen sich auch Hinweise für Feldkonstitution über das Thema Qualität im Sinne gemeinsam geteilter Sinnzuschreibungen finden. Hierfür spricht, dass die Bedeutung des die Einrichtungen steuernden Reproduktionskontextes hinsichtlich variierender Sinnzuschreibungen zum zweiten Messzeitpunkt abnimmt. Zusammen mit den vielfach recht homogenen Bedeutungszuschreibungen der nach unterschiedlichen Kriterien differenzierten Einrichtungen an die Motive redet dies der Feldkonstitution über die Qualitätsdebatte, konkret über das Qualitätsmanagementmodell LQW, das Wort. In Summe bedeutet dies, dass nicht Felder an sich ihre Relevanz verlieren. Die Befunde weisen vielmehr auf die Varianz über die Zeit. Neue Referenzpunkte lösen – im vorliegenden Fall – Feldgrenzen unter der Perspektive der Steuerungskontexte auf und führen zu Grenzbildung unter der Perspektive von Themen oder Vermittlungsinstanzen. 2.1.3 Motive gegen LQW: ex ante abgesprungene Einrichtungen Neben den an der Implementierung von LQW beteiligten Einrichtungen wurden darüber hinaus auch Einrichtungen in die Untersuchung integriert, die sich zunächst zur Testierung angemeldet, die sich aber, noch bevor sie mit dem Verfahren gestartet sind, wieder abgemeldet haben. Mit 52 dieser 56 „abgesprungenen“ Einrichtungen wurden im Mai 2004 telefonische Befragungen durchgeführt. Gegenstand waren im Wesentlichen die Motive, die die Einrichtungen zur Anmeldung und zur späteren Abmeldung bewogen hatten (vgl. Hartz/Goeze/ Schrader 2007). Die abgesprungenen Einrichtungen oszillieren wie alle anderen Einrichtungen zwar auch zwischen interner und externer Motivierung. Betrachtet man sich aber die Argumentationsanteile für interne und externe Motive genauer, zeigt sich, dass diejenigen, die auf externe Motivierung abstellen, deutlich stärker sind. Wie auf aggregierter Datenebene und in den konkreten Falleinrichtungen auch lassen sich bei den abgesprungenen Einrichtungen alle drei Formen des Isomorphismus nachweisen. Auffällig ist, dass nur rund ein Zehntel der befragten Einrichtungen inhaltliche Kritik an dem Modell als Rücktrittsmotiv nennt. Mehrheitlich sind es organisationsinterne wie -externe Aspekte, mit denen die Einrichtungen ihre Distanzierung von LQW begründen. So argumentiert rund die Hälfte der 52 befragten Einrichtungen mit dem nicht aufzubringenden finanziellen, personellen und zeitlichen Aufwand. Gerade diese Einrichtungen inszenieren ihren Rücktritt von LQW nicht als einen grundsätzlichen Verzicht auf Qualitätsmanagement. Auch sei der Rücktritt kein Ausdruck dafür, dass die Bedeutung von Qualitätsmanagement negiert würde. Sie haben ihren Rücktritt vielmehr als eine zeitliche Verschiebung eingeordnet: Einige Einrichtungen sind in die Situation geraten, 208
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
aufgrund von Umstrukturierungen Personal zu entlassen. Mit den verfügbaren personellen Ressourcen wurde der Qualitätsentwicklungsprozess als nicht zu bewältigen eingeschätzt. Einigen Einrichtungen erschien der Rücktritt von der Testierung als einzige gangbare Lösung in dieser Situation. Auch wiesen einige Einrichtungen darauf hin, dass sie Beratung bräuchten, um den Prozess zu bewältigen. Dazu fehlten den Einrichtungen vielfach die finanziellen Möglichkeiten. Ohne zusätzliche, externe Unterstützung sahen sie keine Aussicht auf Erfolg. Auch deuteten sie die Situation so, dass nur noch der Rücktritt von dem Verfahren blieb, um ein Scheitern zu verhindern. In engem Zusammenhang mit personellen und finanziellen Engpässen steht der Faktor Zeit: Der zeitliche, für das erfolgreiche Durchlaufen des Organisationsentwicklungsprozesses als erheblich eingeschätzte Aufwand auf der einen Seite und die durch die Testierungsstelle – zunächst – gesetzte zeitliche Limitierung, die Testierung innerhalb eines Jahres zu durchlaufen, auf der anderen Seite erschienen einigen Einrichtungen als unvereinbar. Außer finanziellen, personellen und zeitlichen Gründen waren der geringe Bekanntheitsgrad und die Unsicherheit in Bezug auf die Entwicklungen beim SGB III entscheidende Beweggründe für den Rücktritt – ein Argument, das auch bei denjenigen Einrichtungen, die LQW kein zweites Mal einführen würden, eine Rolle spielt (vgl. hierzu auch Kap. E 1.1). Zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Testierung im Sommer 2003 war weder entschieden, wie LQW im Rahmen der Rechtsverordnung nach SGB III verankert sein, noch wie sich seine Bekanntheit entwickeln würde. Dies bewog Einrichtungen dazu, eine Testierung nach LQW zeitlich zu verschieben oder sich für eine Zertifizierung nach der bekannteren ISO zu entscheiden. Der Bekanntheitsvorsprung von ISO gegenüber LQW und die Tatsache, dass die ISO-Norm zum Zeitpunkt der Einführung von LQW besser am Markt etabliert war, waren beim Wechsel von LQW zu anderen Verfahren bedeutende Faktoren. Dabei ist auffällig, dass sich die Einrichtungen mit einem Wechsel zu ISO nicht immer auf der inhaltlich überlegenen, wohl aber auf der marktstrategisch sichereren Seite wähnen. Typisch hierfür ist die nachfolgende Passage: „LQW ist sehr interessant, ist sehr gut, also es gibt überhaupt nichts Negatives an LQW, aber es ist eben einfach nicht so bekannt zum Beispiel bei Firmen, ne. Und wenn wir jetzt schon so etwas machen und wenn wir uns schon den ganzen Aufwand und die ganze Arbeit machen, dann nehmen wir auch was, wo wir sagen können, wir sind auf der sicheren Seite …“ Interview: abgesprungene Einrichtung
Die Vorrangstellung marktstrategischer gegenüber inhaltlichen Erwägungen deutet darauf hin, dass der Kontext, in dem sich die Einrichtungen bewegen, und
209
Teil E
der Zweck, den das Testat nach außen hin erfüllen soll, entscheidende Parameter in der Wahl des „geeigneten“ Qualitätsmanagementmodells darstellen. Es geht also neo-institutionalistischen Annahmen entsprechend im Wesentlichen um Legitimitätserhalt in der Umwelt, der durch LQW nicht uneingeschränkt gesichert zu sein scheint. Für den Erhalt von Legitimität spielt nicht nur die Abnehmerumwelt – also die Kunden – eine entscheidende Rolle, sondern auch die beobachteten Entscheidungen anderer Einrichtungen: Einrichtungen gaben an, zurückgetreten zu sein, weil sie feststellten, dass andere Einrichtungen in ihrem regionalen Umfeld – Kooperationspartner wie auch Konkurrenten – sich für ein anderes Zertifizierungsmodell entschieden hatten. „Im Nachhinein denke ich, dass eigentlich LQW das bessere Modell ist. Nur wir sind jetzt im Konzert mit den Nachbar-VHSen auf diesem Dampfer und wir müssen das jetzt durchziehen. Sonst werden wir wiederum unglaubwürdig, immer hin- und herzuspringen. Das ist für mich eigentlich mehr eine, die Entscheidung gewesen. Manchmal tut es mir sogar ein bisschen Leid. Weil ich denke, es ist wirklich fürchterlich, dieses ISO. Weil, ne. Also man muss es dann umsetzen, runterbrechen, was heißt das überhaupt, also ich finde es; LQW ist eigentlich hilfreicher.“ Interview: abgesprungene Einrichtung
Das beobachtete Verhalten der und die Kooperationsbeziehung zu einzelnen Einrichtungen der Region sind ausschlaggebender als konkrete, den Verfahren zugeschriebene inhaltliche Vor- oder Nachteile. Legitimitätserhalt in der Umwelt wird demnach höher bewertet als erwartbarer interner Nutzen und dominiert letztendlich die interne Entscheidung für das eine und gegen das andere Verfahren. Die Unsicherheiten hinsichtlich der Tragfähigkeit von LQW, Legitimität zu erhalten, werden darüber hinaus durch Aktivitäten relevanter Akteure der organisationalen Umwelt – konkret des Deutschen Volkshochschulverbandes (DVV) – forciert. Durch den zwischen dem Deutschen Volkshochschulverband und der CERTQUA geschlossenen Rahmenvertrag vom Sommer 2003 bestätigt sich nämlich in der Deutung der Einrichtungen die ohnehin bestehende Unsicherheit: Es wird vereinbart, dass Volkshochschulen zu gesonderten preislichen Konditionen durch die CERTQUA nach ISO zertifiziert werden können54. Dies erschien Einrichtungen als Ausweg aus der mit LQW behafteten Unsicherheit bei gleichzeitiger Aussicht auf ein preisgünstiges, in der Umwelt bekanntes und anerkanntes Qualitätstestat:
54 Im Feld wird diese Praxis vielfach „ISO light“ genannt.
210
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
„So und dann kam die Vereinbarung, dass wir, dass es auch so eine Art Lightversion gibt von ISO. Und da haben wir gesagt, also wenn das jetzt mit so einer Lightversion auch geht, dann machen wir das.“ Interview: abgesprungene Einrichtung „Also ich denke mal, wahrscheinlich ist das alles für Sie nicht unbekannt. Es gab ja dann und das schlug hier bei uns in der Region zumindest, könnte man schon sagen, wie eine Bombe ein, also ArtSet versus CERTQUA, es gab die Aktivität des DVV, mit CERTQUA ein Rahmenabkommen zu schließen mit ähnlich günstigen Konditionen, wie ArtSet sie anbot.“ Interview: abgesprungene Einrichtung
Diese Umweltentwicklungen führten in Kombination mit dem Vergleich mit den Reaktionsweisen anderer Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen mit 25 Abmeldungen – das macht insgesamt rund 47 Prozent der Abmeldungen aus – zu erheblichen Ketteneffekten. Demnach basiert nicht nur die Teilnahme an LQW – wie insbesondere in Kapitel E 2.1.2 herausgearbeitet wurde –, sondern auch das Abspringen von dem Verfahren auf Mechanismen, die sich mit dem Begriff des mimetischen Isomorphismus beschreiben lassen. Da darüber hinaus 23, also 92 Prozent der zurückgetretenen nordrhein-westfälischen Einrichtungen dem Steuerungskontext Staat zugerechnet werden können und zugleich von einer hohen Vernetzung zwischen Volkshochschulen einerseits und zwischen Volkshochschulen und (landes)verbandlichen Strukturen andererseits ausgegangen werden kann, zeugt das Rücktrittsverhalten von der Bedeutung organisationaler Felder für die Orientierung von Organisationen und von der Relevanz derselben für organisationsinterne Entscheidungen. Der überregional arbeitende Deutsche Volkshochschulverband und dessen Aktivitäten stellen eine starke Referenzgröße für die dem Steuerungskontext Staat zugeordneten Volkshochschulen dar, was den hohen Bias abgesprungener Volkshochschulen zu erklären vermag. Die Überregionalität des DVV allerdings wirft zugleich die Frage auf, warum sich diese „Kettenreaktion“ regional auf das Bundesland Nordrhein-Westfalen begrenzt hat und warum nicht auch Ketteneffekte in anderen Bundesländern ausgelöst worden sind. Dies lässt sich mit den Aktivitäten der Landesverbände der Volkshochschulen in Zusammenhang bringen. Ihre Interessen liegen nicht immer auf einer Linie mit der Politik des Deutschen Volkshochschulverbandes55, sodass sie im Sinne des Neo-Institutionalismus als lokale Vermittlungsinstanzen begriffen werden können. In ihrer Positionierung zu LQW modellieren 55 Nachvollzogen werden können diese Differenzen unter anderem an einem Interview mit einem Mitarbeiter eines zu der Politik des Deutschen Volkshochschulverbandes distanzierten Landesverbandes.
211
Teil E
sie regional die Akzeptanz desselben.56 Während die Landesverbände der Volkshochschulen Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen gemeinsam die LQW-nahe Initiative QE 2157 verfolgen und damit einen Konterpunkt zu den Aktivitäten des DVV setzen, beteiligt sich der Landesverband der Volkshochschulen von NRW e. V. nicht. Er betreibt bezogen auf LQW eine neutrale bis hin zu einer als distanziert beschreibbaren Politik und bereitet somit der Durchsetzung der Politik des DVV den Boden.58 Gerade an den herausgearbeiteten Motiven der abgesprungenen Einrichtungen wird sichtbar, wie sich Kommunikationen der Umwelt in Kommunikationen der Organisationen eintragen, Akzeptanz modellieren und die Form von Entscheidungen gewinnen. Ob und inwieweit Kommunikationen in der Umwelt in den Organisationen relevant werden, hängt nicht zuletzt mit der Anerkennung der in der Umwelt agierenden Systeme durch die Organisationen selbst zusammen. Umweltkontakt basiert – wie die Systemtheorie festhält – immer auf Selbstkontakt. Darüber hinaus zeigt sich an den Abspringern die Bedeutung organisationaler Felder. Sie irritieren je nach Wahrnehmung der eigenen Einbettung, der Interaktionsdichte mit anderen Organisationen, den Koalitionen und den Austauschpraktiken die internen Entscheidungszusammenhänge. Mehr noch, indirekt formen sie sogar die Entscheidungen, und zwar wider organisationsintern eigene inhaltliche Positionierungen und forcieren mimetische Strukturangleichung statt Orientierung an passgenauer Inhaltlichkeit. 2.1.4 Erwartungen: Hoffnungen und Bedenken Über die Motive hinaus wurden die Einrichtungen zum ersten Messzeitpunkt – also zum Zeitpunkt der Entscheidung für LQW – auch nach Hoffnungen und Bedenken gefragt, die sie in Bezug auf die Einführung von LQW im Besonderen und der Debatte um Qualitätsmanagement im Allgemeinen pflegen. Denn auch über die Erwartungsstruktur lassen sich Anhaltspunkte hinsichtlich der Akzeptanz von LQW gewinnen. Die zur Bewertung angebotenen, Hoffnungen und Bedenken abbildenden Items stellen dabei auf Aspekte ab, die einer Optimierung 56 Eindrücklich sichtbar wird dies an den Aktivitäten des Landesverbandes der Volkshochschulen Niedersachsens e. V., der mit seiner eigenen Testierung und seinen stetigen Bemühungen um Qualität wesentlich zur Verbreitung von LQW in Niedersachsen beigetragen hat. 57 QE 21 setzt sich zum Ziel, Qualitätsentwicklung in Einrichtungen der Weiterbildung zu unterstützen, und arbeitet in Abstimmung und Kooperation mit der Testierungsstelle (vgl. QE 21 LQW – Flyer: http://weiter.bildung.hessen.de/news/1113218507.pdf: 02.03.2010). 58 Bestätigung findet diese unmittelbar sichtbare Distanz in einem Interview mit der Vertretung der regionalen Unterstützungsstelle für Nordrhein-Westfalen und Hessen. Den Aussagen zufolge halte sich der Landesverband der Volkshochschulen von NRW e. V. deutlich bedeckt, was den Zugang der regionalen Unterstützungsstelle zu dem lokalen Feld erheblich erschwert habe.
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Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
der Aktivitätsstruktur unter der Perspektive organisationaler und pädagogischer Handlungslogik, der Relationierung von Ressourceneinsatz und Ertrag, den unterschiedlichen Formen der Legitimierung und den Wirkungen auf das System der Weiterbildung insgesamt das Wort reden. Zur Datenreduktion der insgesamt 30, Hoffnungen und Bedenken erfragenden Items wurde eine Faktorenanalyse gerechnet, deren Ergebnisse im folgenden Kapitel E 2.1.4.1 darzustellen sein werden. Danach werden durch eine Rückbindung der Faktoren an die Elementarvariablen die über die Erwartungsstruktur sichtbaren Sinnzuschreibungen im Allgemeinen herausgearbeitet (Kap. E 2.1.4.2). Wie im Kontext der Darstellung der Motivstruktur auch werden auch hier Befunde der qualitativen Datenanalyse der Falleinrichtung zur Veranschaulichung integriert. Ob und wie Erwartungen einrichtungstypenbezogen variieren, ist Gegenstand von Kapitel E 2.1.4.3. Dazu werden die Einrichtungen nach unterschiedlichen Kriterien differenziert. Anschließend werden die Einrichtungen zu einander gleichen und ungleichen Einheiten gruppiert und unter der in den einzelnen Clustern zum Ausdruck gebrachten Erwartungshaltung analysiert (vgl. Kap. E 2.1.4.4). 2.1.4.1 Faktorenanalyse zur Erwartungsstruktur In einer Faktorenanalyse der 30, die Hoffnungen und Bedenken bezüglich der Einführung von Qualitätsmanagement im Allgemeinen und LQW im Besonderen beschreibenden Items bietet sich – orientiert am Screeplot59 – eine sechsfaktorielle Lösung mit einer Varianzaufklärung von 48,2 Prozent an. Sie liefert gegenüber höher- wie auch niedrigfaktorielleren Lösungen theoretisch anschlussfähige, gut interpretierbare Faktoren (vgl. Tab. 4).
59 Nach dem Screeplot und dem Kaiser-Guttman-Kriterium wäre eine zehner Lösung adäquat. Diese aber bietet eine zu geringe Komplexitätsreduktion. In Zusammenschau mit Interpretationsfähigkeit und mit den über den Screeplot noch vertretbaren Lösungen wurde eine Entscheidung für die 6er Lösung getroffen.
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Teil E
Tabelle 4: Faktorenanalyse zu den Erwartungen ex ante Rotierte Komponentenmatrix (a): 6 Faktoren Varianzaufklärung 48,2 Prozent Komponente Faktor 1: Faktor 2: „externe „VernetReguliezung und rung bei konsensgeringem basierte Nutzen“ Standardisierung“
Das Testat ist zu unbekannt und bringt keine Imageeffekte. Es wird immer mehr um das Testat, weniger um die Verbesserung interner Prozesse gehen. Die Testierungsstelle gewinnt immer mehr an Macht und drückt uns ihre Qualitätsstandards auf. Die politische Lage verändert sich so, dass die Einführung von LQW umsonst war. ‚Schwarze Schafe‘ unter den Weiterbildungsanbietern werden aufgespürt. LQW setzt sich nicht als bundesweites Modell durch und wird nach der Modellphase bedeutungslos. Leistungen und Abläufe werden immer mehr durch staatliche Vorgaben standardisiert. Es stellt sich ein hilfreicher Austausch zwischen den Einrichtungen ein. Netzwerke zwischen den Einrichtungen entstehen. Teilnehmende tragen zunehmend mehr Erwartungen an die Einrichtungen heran. Allgemein gültige Standards setzen sich durch. Die Qualität wird insgesamt steigen. Die internen Prozesse werden geordnet. Der finanzielle Aufwand für den Testierungsprozess steht in keiner Relation zum Nutzen. Der Zeitaufwand für den Testierungsprozess steht in keiner Relation zum Nutzen.
214
Faktor 3: „unter pädagogischer Perspektive negative KostenNutzenBilanz“
,639 ,629
,612
,528
-,477
,431
,394
,732 ,655 ,584
,531 ,463 ,677
,642
Faktor 4: „Professionalisierungsgewinn“
Faktor 5: „Testierung als Zwang in der Funktion des Legitimitätserhalts“
Faktor 6: „Abnahme pädagogischer Qualität ohne Zunahme an Transparenz“
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Komponente Faktor 1: Faktor 2: „externe „VernetReguliezung und rung bei konsensgeringem basierte Nutzen“ Standardisierung“
Der Anteil an organisatorischen Arbeiten nimmt zu. Durch die Testierung wird die Handlungsautonomie der einzelnen Einrichtung eingeschränkt. Professionell pädagogische Standards werden zugunsten wirtschafts- und managementbezogener Standards zurückgedrängt. Das professionelle pädagogische Selbstverständnis leidet. Der Selbstreport bereitet sehr viel Mühe. Die Durchführung von Kursen und Seminaren wird professioneller. Professionalisierungsfragen werden neu aufgegriffen. Die Programmplanung wird strukturiert. Weiterbildung wird insgesamt mehr Anerkennung finden. Es resultiert ein Zwang zu Testierung und Zertifizierung. Die Verteilung finanzieller Zuwendungen wird an das Testat geknüpft. Die Bundesagentur für Arbeit wird uns ihre Qualitätsstandards aufdrücken. LQW-testierte Einrichtungen bekommen die SGB III Anerkennung. LQW-testierte Einrichtungen erfüllen die Forderungen der jeweiligen Weiterbildungsgesetze. Die pädagogische Qualität nimmt ab. Tätigkeiten in unserer Einrichtung werden für Außenstehende transparenter.
Faktor 3: „unter pädagogischer Perspektive negative KostenNutzenBilanz“
Faktor 4: „Professionalisierungsgewinn“
Faktor 5: „Testierung als Zwang in der Funktion des Legitimitätserhalts“
Faktor 6: „Abnahme pädagogischer Qualität ohne Zunahme an Transparenz“
,556
,546
,507
,497 ,444 ,721 ,655 ,580 ,509 ,797 ,665
,572
,542
,488 ,830 -,620
Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung Rotation in 8 Iterationen konvergiert, N = 172 Einrichtungen
215
Teil E
Faktor 1 der über die Hauptkomponentenanalyse gerechneten Faktorenanalyse (vgl. hierzu Kap. D 4.2) mit einer Varianzaufklärung von 9,7 Prozent bündelt Items, die auf externe Regulierung respektive Machtgewinn externer Instanzen gegenüber Organisationen der Weiterbildung bei geringem Nutzen für die Organisationen selbst verweisen. Der geringe Nutzen bezieht sich hierbei auf organisationsinterne Prozesse wie auch auf die Schnittstelle Organisation und Umwelt, sodass der Mehrwert sowohl nach innen als auch nach außen in Frage gestellt wird. Faktor 1 wird kurz „externe Regulierung bei geringem Nutzen“ benannt. Über die Einzeleinrichtung hinausgehende Wirkungen auf die Systemebene respektive in der Umwelt der Einrichtungen adressiert Faktor 2, der 9,2 Prozent der Gesamtvarianz zu erklären vermag. Er zieht Items zusammen, die Netzwerkbildung zwischen den Einrichtungen und auf Konsens basierende Standardisierung beschreiben. Auf den ersten Blick quer dazu liegt das Item „Teilnehmende tragen zunehmend mehr Erwartungen an die Einrichtungen“ heran. Interpretativ einfangen lässt sich dies dadurch, dass auch artikulierte Teilnehmendenerwartungen zu Standardisierungen innerhalb von Organisationen führen können. Insofern referieren die Items auf Vernetzung und Vereinheitlichung. Deshalb wird der Faktor mit der Formel „Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung“ tituliert. Faktor 3 mit 8,4 Prozent Varianzaufklärung vertritt Items, die eine negative Kosten-Nutzen-Bilanz bei gleichzeitiger Einschränkung der Handlungsautonomie, einer Vernachlässigung des Pädagogischen und einer erwarteten Zunahme organisatorischer Arbeiten ansprechen. Infolgedessen wird der Faktor mit dem Term „unter pädagogischer Perspektive negative Kosten-Nutzen-Bilanz“ versehen. Der 7,7 Prozent der Varianz auflösende Faktor 4 wird über den Begriff „Professionalisierungsgewinn“ repräsentiert. Er sammelt Erwartungen, die eine Optimierung professionell pädagogischen Handelns adressieren – und zwar auf mikro- wie mesodidaktischer Ebene. Faktor 5 mit einer ebenfalls rund 7,7-prozentigen Varianzaufklärung ist über den Aspekt des Zwanges strukturiert. Er bündelt Items, die eine Restriktion durch Umwelteinflüsse insbesondere staatliche Regulierungsformen erwarten lassen, sodass Testierung nicht mehr als eigenständige Entscheidung der Organisationen, sondern zwangsweise Reaktion auf eine als dominant erlebte, Ressourcen verteilende Umwelt gesehen wird. Testierung steht also in der Funktion des Legitimitätserhalts, was mit einer entsprechenden Benennung des Faktors „Testierung als Zwang in der Funktion des Legitimitätserhalts“ einhergeht. Eine Varianzaufklärung von noch 5,5 Prozent weist der letzte Faktor auf. Er lädt positiv auf dem Item „die pädagogische Qualität nimmt ab“ und negativ auf dem Item „Tätigkeiten in unserer Einrichtung werden für Außenstehende transparenter“. Während Ersteres auf Qualitätseinbußen auf mikrodidaktischer Ebene mit dem Referenzpunkt „Lerner“ abstellt, profiliert Letzteres Transparenz an der Schnittstelle zur Umwelt mit dem Refe216
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
renzpunkt „potentieller Kunde“. Die positive Ladung des einen Items verweist auf interne, konkret pädagogische Qualitätseinbußen. In Zusammenschau mit der negativen Ladung des anderen Items und der darin zum Ausdruck kommenden Negation von Transparenz wird der Faktor mit dem Komplex „Abnahme pädagogischer Qualität ohne Zunahme an Transparenz“ tituliert.60 2.1.4.2 Sinnzuschreibungen anhand der Erwartungen Insgesamt lässt sich festhalten, dass unterschiedliche, im Wesentlichen über die sechs Faktoren beschreibbare Erwartungen gegenüber der Einführung von LQW im Besonderen und Qualitätsmanagement im Allgemeinen in Organisationen der Weiterbildung vorzufinden sind. Die referierten über die Faktoren aggregierten Erwartungen stecken den Rahmen ab, an denen sich das Qualitätsmanagementmodell LQW unter der Perspektive, welche Wirkungen es erzeugt, messen lassen muss (vgl. hierzu Kap. E 2.2). Deshalb gilt es auch hier, die über die Erwartungen zum Ausdruck kommenden Sinnzuschreibungen zu erfassen. Dazu werden die die Erwartungen vertretenden Faktoren an die Elementarvariablen zurückgebunden (vgl. zu einzelnen in diesem Kapitel thematisierten Verteilungen auch Hartz/Goeze/Schrader 2007: Kap. 5.4.5). In Summe weisen die recht niedrigen Standardabweichungen bei den Elementarvariablen zwischen s = 0,541 und s = 0,816 auf eine geringe Streuung und damit recht homogene Bewertungen hin. Auffällig für den ersten, „externe Regulierung bei geringem Nutzen“ benannten Faktor ist, dass die beantworteten Primärvariablen eine vorwiegend linksschiefe Verteilung zeigen. Linksschief bedeutet im vorliegenden Fall, dass ein Eintreten der über die einzelnen Items beschriebenen Aspekte eher nicht erwartet wird – die Items in Summe also eine geringe Zustimmung erfahren. Manifest wird die bezüglich dieser Items distanzierte Einschätzung auch an dem Modus, der auf einer Skala von 1 „das erwarten wir sicher“ bis 4 „das erwarten wir sicher nicht“ – außer bei dem negativ ladenden Item „‚schwarze Schafe‘ unter den Weiterbildungsanbietern werden aufgespürt“ – bei 3 („das erwarten wir eher nicht“) liegt. Die Einrichtungen erwarten also mehrheitlich eher nicht, dass die über den Faktor beschriebenen externen Regulierungen ohne Optimierung der Organisationen nach innen wie auch an der Schnittstelle zur Umwelt eintre60 Gut interpretierbare Variablengruppierungen liefert auch eine dreifaktorielle Lösung: Hierbei werden die Faktoren 2 und 4 der sechsfaktoriellen Lösung zu einem ersten Faktor zusammengezogen. Der zweite Faktor der dreifaktoriellen Lösung sammelt im Wesentlichen die auf den Faktoren 1 und 3 der sechsfaktoriellen Lösung hochladenden Items, während der dritte Faktor der dreifaktoriellen Lösung in seiner Struktur weitgehend derjenigen des Faktors 5 der sechsfaktoriellen Lösung entspricht. Zwar wurde auch diese Lösung im Auge behalten, aufgrund des Screeplots und einer deutlich geringeren Varianzaufklärung von 37 Prozent wird sie in den nachfolgenden Ausführungen allerdings nicht weiter verfolgt.
217
Teil E
ten würden. Mit der hinter dem Faktor stehenden Bewertung kommt damit eine positive Zuschreibung an Qualitätsmanagement im Allgemeinen und LQW im Besonderen durch die an der Implementierung beteiligten Einrichtungen zum Ausdruck. Eine Rückbindung von Faktor 2 „Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung“ an die Primärvariablen zeigt, dass die Beantwortung der Items dieses Faktors relational zu Faktor 1 genau umgekehrt, also rechtsschief ist. Dies bedeutet, dass mehrheitlich sowohl eine Vernetzung zwischen den Einrichtungen als auch eine für die Weiterbildung insgesamt mit Qualitätssteigerung belegte Standardisierung erwartet werden. Auch dieses zeugt von einer insgesamt positiven Wertzuschreibung. Wie bei Faktor 1 zeigt der Blick auf die Primärvariablen bei Faktor 3 „unter pädagogischer Perspektive negative Kosten-Nutzen-Bilanz“, dass diese – bis auf das annähernd symmetrisch verteilte Item „der Anteil an organisatorischen Arbeiten nimmt zu“ und das rechtsschiefe Item „der Selbstreport bereitet sehr viel Mühe“ – linksschief sind. Eine negative Kosten-Nutzen-Bilanz mit einer Einschränkung der Handlungsautonomie wird mehrheitlich also eher nicht befürchtet, was ebenfalls einer positiven Bezugnahme auf LQW gleichkommt. Positive Bezugnahme kommt auch in Faktor 4 zum Ausdruck. Die hinter dem den Professionalisierungsgewinn abbildenden Faktor 4 stehenden Elementarvariablen offenbaren hohe Erwartungen. Rechtsschiefe, über einen Modus von 2 bestimmte Verteilungen zeigen, dass sich wesentliche, über LQW in der Umwelt der Einrichtungen kommunizierte Hoffnungen auf eine bis in die mikrodidaktischen Tätigkeiten hineinreichende Professionalisierung (vgl. Kap. E 1.2) tradiert haben. So wie die Lernerorientierung mit einer Assoziation zur Ebene der Lehr-Lerninteraktion die Entscheidung für LQW (vgl. Kap. E 2.1.2) bestimmt, so strukturiert sie demnach auch die Erwartungen. Anders als bei Faktor 4 geht es bei Faktor 5 nicht unmittelbar um erwartete Wirkungen nach innen, sondern um solche, die nach außen hin gerichtet sind und Rückstoßeffekte auf interne Entscheidungszusammenhänge haben. Testierung wird als Zwang in der Funktion des Legitimitätserhalts thematisiert. Die Elementarvariablen offenbaren, dass die Einrichtungen zukünftig von einem zunehmenden Zwang zu Testierung ausgehen. Ablesbar ist dies unter anderem an rechtsschiefen, über einen Modus von 2 bestimmten Verteilungen. Die diesbezüglich hohe Erwartungshaltung ist insofern erstaunlich, als Zwang in der Motivstruktur der Einrichtungen eine heterogene, keinesfalls jedoch eine uneingeschränkt exponierte Stellung einnimmt (vgl. Kap. E 2.1.2.2). D. h., auch wenn Einrichtungen die eigene Entscheidung für Qualitätsmanagement nur eingeschränkt mit staatlich politischen Interventionen erklären, so wird in der Zukunft doch in diesen Umweltentwicklungen ein ausschlaggebender Anstoß für 218
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Testierung gesehen. Es werden Entwicklungen erwartet, durch die der Zwang so ansteigt, dass den Einrichtungen außer einer formalen Akzeptanz – d. h. einer in die Formalstruktur eingetragenen Sichtbarkeit der Testierung als Nachweis von Qualitätsfähigkeit – keine Wahlmöglichkeiten bleiben. Dies ist Ausdruck dafür, dass sich die Akzeptanz des Qualitätsmanagementmodells nicht nur über die inhaltliche Struktur des Modells, die Lernerorientierung, bestimmt, sondern auch über die Legitimität, die man dadurch erhalten kann. Unter neo-institutionalistischer Perspektive ließe sich vor diesem Hintergrund vom ersten Messzeitpunkt aus vermuten, dass es über die Zeit zu einem Bedeutungsanstieg zwangsweisen Isomorphismus kommen würde. Zieht man allerdings die bisherigen Befunde zur Motivstruktur ex post heran, lässt sich dies nicht so ohne Weiteres bestätigen. Die Bewertung bleibt recht ähnlich (vgl. Kap. E 2.1.2.2). Dies lässt sich in Zusammenhang mit den Entwicklungen um SGB III bringen. Sie haben sich anders vollzogen, als es zu Projektbeginn durch die Kommunikationen der politischen Akteure wie auch der Testierungsstelle (vgl. hierzu Kap. E 1.1) zu erwarten gewesen wäre. Die Beantwortung der auf Faktor 6 hochladenden beiden Items deuten eine geradezu umgekehrte Erwartungshaltung, nämlich keine Abnahme pädagogischer Qualität ohne Zunahme an Transparenz, an. Der bei dem Item „die pädagogische Qualität nimmt ab“ über die Merkmalsausprägung „das erwarten wir sicher nicht“ (4) und der bei dem Item „Tätigkeiten in unserer Einrichtung werden für Außenstehende transparenter“ über die Merkmalsausprägung „das erwarten wir“ (2) bestimmte Modus zeugen davon. Damit kommt auch in dieser Antwortstruktur eine insgesamt positive Erwartungshaltung gegenüber LQW zum Ausdruck. Bilanzierend lässt sich festhalten, dass die über die Rückbindung an die Elementarvariablen differenzierten Erwartungen eine insgesamt positive Haltung gegenüber LQW zeigen. Hoffnungen dominieren Bedenken. Die über den Begriff der Lernerorientierung aufgespannten Erwartungen werden in den Kommunikationen der Einrichtungen über LQW reproduziert. Anders gewendet: Die Semantik „Lernerorientierte Qualitätstestierung“ scheint erfolgreich Hoffnungen zu wecken, die in entsprechende Kommunikationen integriert werden. Die rekonstruierten Erwartungen zeugen in Zusammenschau mit der herausgearbeiteten Motivstruktur davon, dass die Semantik „Lernerorientierung“ nicht unerheblich für die Akzeptanz von LQW ist. Mit einer solchen Nomenklatur gewinnt das gemeinhin fremde Qualitätsmanagement (vgl. hierzu Kap. B 2.2.1) Anschlussfähigkeit an die Weiterbildung (vgl. hierzu auch die Motivstruktur der Falleinrichtungen: Hier ist von Nestwärme die Rede (vgl. Kap. E 2.1.2.2)). Es liegt auf einer Linie mit den für die Weiterbildung zentralen mikro- und makrodidaktischen Leitbegriffen der Teilnehmer- und Zielgruppenorientierung (Tiet219
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gens 1983; Hippel v./Tippelt 2009) und wird mit positiven Erwartungen konnotiert. Zugleich sind auch die Umweltkonstellationen im Hinblick auf die in Gang gesetzten positiv belegten Kommunikationen nicht zu unterschätzen. Sie tragen, so lassen sich die Befunde deuten, ihren Teil dazu bei, dass LQW im Besonderen und Qualitätsmanagement im Allgemeinen – zumindest als eine in der Formalstruktur sichtbare – Anerkennung in Einrichtungen der Weiterbildung findet. Mit Blick auf die Entkoppelungsthese ist es in Bezug auf Faktor 4 „Professionalisierungsgewinn“ an dieser Stelle interessant, die auf die einzelnen Qualitätsbereiche hin artikulierten, zum ersten Messzeitpunkt erwarteten Wirkungen mit in Augenschein zu nehmen. Hierbei ist einerseits auffällig, dass rund 77 Prozent der Einrichtungen erwarten, dass die Zufriedenheit der Teilnehmenden wie auch deren Lernerfolg steigen würden. Dies liegt auf einer Linie mit der – von unterschiedlichen an dem Kommunikationszusammenhang beteiligten Akteuren artikulierten – Erwartung einer bis in den mikrodidaktischen Bereich vordringenden Professionalisierung mit einem Nutzen für den „Verbraucher“. Werden die Einrichtungen andererseits (jenseits der in dem LQW-Handbuch hinterlegten Nomenklatur) mit sehr konkreten Fragen zu erwarteten Wirkungen des Qualitätsmanagementmodells auf methodisch-didaktische Aspekte konfrontiert, fallen die Voten distanzierter aus. Rund 64 Prozent der Einrichtungen erwarten von der Einführung von LQW nämlich keinen Einfluss auf eine teilnehmerangemessene Methodik und Didaktik (vgl. Hartz/Goeze/Schrader 2007: 103ff.). Dies kontrastiert auf den ersten Blick sowohl mit den für Faktor 4 referierten Verteilungen als auch mit den auf Zufriedenheit und Lernerfolg gerichteten Erwartungen. Nicht zuletzt steht es auch disparat zur Motivstruktur selbst: dass nämlich Einrichtungen die Lernerorientierung als Stärke des Modells und wesentlichen Faktor in der Entscheidung für LQW profilieren und LQW gerade deshalb den Vorzug gegenüber anderen Modellen geben, weil der Lernende der Referenzpunkt der Qualitätsbemühungen ist (vgl. Kap. E 2.1.2; vgl. auch Hartz/ Goeze/Schrader 2007: Kap. 5.4.4.2, 5.4.9.2). Hinzu kommt, dass die von den Einrichtungen erwarteten Wirkungen vornehmlich die makrodidaktische Ebene respektive organisatorische, den Lehr-Lernprozess vor- und nachbereitende Faktoren adressieren: Knapp 81 Prozent gehen von einer Verbesserung der Evaluation, rund 65 Prozent von einer verbesserten Bedarfserschließung aus. Darüber hinaus erwarten 80 Prozent in Bezug auf Leitbildentwicklung, 88 Prozent in Bezug auf interne Kommunikation, 66 Prozent in Bezug auf Controlling und ebenfalls 66 Prozent in Bezug auf die organisationalen Prozesse eine Optimierung (vgl. Hartz/Goeze/Schrader 2007: 105). Wenn nun diese makrodidaktischen und organisatorischen Bereiche ausdrücklich mit hohen Optimierungserwartungen ausgestattet werden und wenn gleichzeitig hinsichtlich der methodisch-didaktischen Ebene von 64 Prozent der 220
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Einrichtungen keine Veränderungen erwartet werden, könnten folgende Hinweise dahinter verborgen sein: dass die Implementierung von LQW – trotz semantischer Inaussichtstellungen und der Reproduktion derselben durch die Einrichtungen – eine primär organisationsbezogene Betrachtungsweise nahelegt, dass der durch die Lernerorientierung erhoffte und in den Kommunikationen durch Anbieter und Abnehmer als bedeutungsvoll inszenierte Mehrwert sich auflöst und es zumindest teilweise – nämlich in Bezug auf die Lernerorientierung, da also, wo LQW für sich in Relation zu anderen Qualitätsmanagementmodellen ein Alleinstellungsmerkmal reklamiert – zu einer Entkoppelung von Aktivitäts- und Formalstruktur kommt. Es könnte zudem ein Hinweis dafür sein, dass die Einrichtungen aufgrund vorliegender Expertise in Sachen Gestaltung von Lehr-Lernprozessen diesbezüglich den geringsten Optimierungsbedarf sehen, an dieser Stelle also keine Entwicklungserfordernisse für sich ausmachen können, sondern einen Sättigungsgrad erreicht haben. Rückenwind erhält die zuletzt formulierte These, wenn man sich erstens anschaut, ob und inwieweit dieser Qualitätsbereich61 als bereits erfüllt angesehen wird, und wenn man zweitens die von den Einrichtungen diagnostizierten Entwicklungsbedarfe62 betrachtet. Rund ein Fünftel der Einrichtungen geht davon aus, dass dieser Qualitätsbereich voll, fast drei Viertel geben an, dass er überwiegend erfüllt sei. Dies deckt sich mit der Einordnung der Entwicklungsbedarfe: Von 14, in dem standardisierten Instrument ausgewiesenen Entwicklungsbereichen logiert derjenige, der methodisch-didaktische Aspekte abbildet, mit 10 Nennungen an drittletzter Position. Methodisch-didaktische Fragen werden also von nur wenigen Einrichtungen als verbesserungsbedürftig begriffen. Sie gelten als gut entwickelt. An der Spitze der Entwicklungsbedürftigkeit stehen die Bereiche Bedarfserschließung mit 48 sowie Evaluation und Controlling mit jeweils 45 Nennungen (vgl. hierzu Hartz/ Goeze/Schrader 2007: Kap. 5.4.9.1) – Bereiche also, an die hohe Optimierungserwartungen geknüpft werden (vgl. Kap. E 2.2). Die herausgearbeitete, zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht auflösbare Erklärungslücke zwischen Motivstruktur, erwartetem Professionalisierungsgewinn und erwarteten Wirkungen im methodisch-didaktischen Bereich findet sich zum Teil auch in den Falleinrichtungen. Hierbei zeigen sich in beiden Fällen Aussagen, die eher auf die Entkoppelungs- als auf die Sättigungsthese verweisen. Bei der Volkshochschule kursieren unterschiedliche Einschätzungen: So erwartet der Leiter der Einrichtung, dass durch LQW der Lernende stärker ins Blickfeld 61 Hier wurden den Einrichtungen einzelne Qualitätsbereiche zur Bewertung, inwieweit diese erfüllt seien, vorgelegt. 62 Um einen Eindruck davon zu gewinnen, wo Einrichtungen Entwicklungsbedarfe sehen, wurden sie aufgefordert, drei derjenigen Bereiche zu benennen, in denen sie in ihrer Einrichtung den größten Entwicklungsbedarf sehen (vgl. hierzu Hartz/Goeze/Schrader 2007: Kap. 5.4.9.1).
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gerückt wird und dass sich auf der methodisch-didaktischen Ebene positive Veränderungen ergeben – es also zu einer Durchdringung bis in den mikrodidaktischen Bereich kommt. „Indirekt sicher schon durch die Diskussion über gelungenes Lernen, über Lernformen, Lernerwartungen von Teilnehmern rückt mittelfristig der [Lernende, S. H.] auch schon in den Blickwinkel der Diskussion. (…) Das Interesse der Lernenden wird mit Unterstützung durch das LQW-Modell stärker ins Blickfeld gerückt.“ Leiter, Volkshochschule
Abweichend von der Perspektive des Leiters nehmen sowohl der Qualitätsbeauftragte als auch die Mitarbeiter zurückhaltendere Positionen ein. Zwar werden auch von diesen Entwicklungsbedarfe im mikrodidaktischen Bereich, der wesentlich durch die Kursleitenden repräsentiert wird, gesehen, konkrete Erwartungen hinsichtlich veränderter Arbeitsweisen allerdings werden nur vorsichtig formuliert. „Im Modell liegt natürlich mit dem Qualitätsbereich eins Leitbild und Definition gelungenen Lernens, dadurch, dass es Referenzkriterium ist, ist es natürlich von besonderer Bedeutung. Was gut ist, ist, dass im Modell die pädagogischen Prozesse einen eigenen und auch so benannten Platz haben, dass zum Beispiel Evaluation und Lehr-Lernprozesse eigene Bereiche jetzt haben. Die sind deswegen, wenn man es überhaupt machen kann, vielleicht ein bisschen wichtiger, weil es der Schritt hin zu unseren Kursleitenden ist.“ Qualitätsbeauftragter, Volkshochschule
Demnach nimmt die Lehr-Lerninteraktion durch LQW zwar eine andere Stellung in der innerorganisatorischen Thematisierung ein als bei anderen Qualitätsmanagementmodellen. Dennoch bleibt in der Aussage, „wenn man es überhaupt machen kann“, Unsicherheit zurück, ob und wie der über das Modell induzierte „Schritt hin zu unseren Kursleitenden“ als der neuralgische Punkt für die Optimierung methodisch-didaktischer Fragen realisiert werden kann.63 In die gleiche Richtung geht auch die Aussage eines pädagogischen Mitarbeiters: „Also, ich bin mir unsicher drüber, ob dieses Verfahren faktisch eine Qualitätsverbesserung im eigentlichen Angebotsbereich bewirken wird. Also, ob nun die Schulungen, die die VHS anbietet, diese Seminare, die Kurse, was auch immer, ob die wirklich in Qualität verbessert werden. Also, nehmen wir mal an im didaktischen Design, oder in vielleicht auch in Qualifikation der Kursleitenden. Da würde ich ein großes Fragezeichen setzen.“ Pädagogischer Mitarbeiter, Volkshochschule 63 Zum Zeitpunkt der Implementierung von LQW jedenfalls waren Kursleitende weder eingebunden noch wurden konkrete Wirkungen auf deren Handeln erwartet.
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D. h.: Auch wenn die Lernerorientierung wesentlich die Entscheidung für LQW begründet und die Akzeptanz von Qualitätsmanagement positiv beeinflusst – die Lernerorientierung in der Aussage des Qualitätsbeauftragten so etwas wie Nestwärme erzeugt – (vgl. hierzu Kap. E 2.1.2.2), so muss sich LQW hinsichtlich einer Durchdringung bis in den Lehr-Lernprozess erst einmal beweisen. Wie in den aggregierten Daten fallen auch in den Falleinrichtungen konkrete diesbezügliche Erwartungen hinter die in der Motivstruktur sichtbare positive Bezugnahme auf die Lernerorientierung und hinter die darüber zunächst erwartbaren Erwartungen zurück – Befunde, die die These einer zumindest partiellen Entkoppelung unterlegen. Auch für den privaten Bildungsdienstleister hat die Lernerorientierung Charme und unterstützt – jedenfalls in der inszenierten Außendarstellung – die Entscheidung für LQW (wesentlich ist darüber hinaus der gegenüber einer ISOZertifizierung geringere Preis, vgl. Kap. E 2.1.2.2). Eine extrinsische Motivierung dominiert aber eindeutig interne Änderungs- und Optimierungsabsichten. Nach innen gerichtete, auf Professionalisierung oder gar den mikrodidaktischen Bereich abstellende Erwartungen spielen in der Kommunikation kaum eine Rolle. Darauf angesprochen findet man bei Mitarbeitenden unterschiedlicher Positionsebenen und Funktionen recht resignierte Einschätzungen. „Ich erwarte aufgrund dessen keine großartigen Veränderungen.“ „Ich erwarte keine. Ich erhoffe mir Änderungen.“ „Aber eine große Auswirkung auf das tägliche Geschäft, auf das alltägliche Leben wird es, glaube ich, nicht haben. Was man sich ja so wünscht, was dieses schöne Ziel, wie es angedacht ist, das theoretische Ziel, wird meines Erachtens nach nicht erreicht werden und äh wird auch nicht umgesetzt werden.“ „Weil ich Ihnen ganz offen und ehrlich eingestehen muss, dass das, was wir dort zum Teil schriftlich dargestellt haben, was wir auch für uns festgelegt haben, zwar der Wunsch Vater des Gedankens ist, aber sich noch nicht praktizieren lässt zum Teil.“ Aussagen unterschiedlicher Mitarbeitender, privater Bildungsdienstleister
Der in der Motivstruktur kommunizierte Mehrwert der Lernerorientierung spannt nach innen hin demnach maximal Wünsche, nicht aber Erwartungen auf. Die offenen Kommunikationen über die Differenz zwischen Wunsch und Wirklichkeit bzw. die Differenz zwischen Schriftlichkeit und praktischem Tun legen nahe, dass sich bei dem privaten Bildungsdienstleister bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Implementierung von LQW eine recht umfassende Entkoppelung von Formalstruktur mit einer nach außen hin inszenierten Testierung und Aktivitätsstruktur abzeichnet. Von Sättigung im Sinne einer vollendeten 223
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Expertisierung der Mikroebene kann – den Aussagen der Mitarbeiter zufolge – mitnichten die Rede sein. Beide, die Widersprüchlichkeit zwischen Motivstruktur, erwartetem Professionalisierungsgewinn und erwarteten Wirkungen erklärenden Deutungsangebote mit den darin eingetragenen Thesen – Entkoppelung versus Sättigung – werden unter der Perspektive tatsächlich eingetretener Wirkungen in Kapitel E 2.2.2 noch einmal aufzugreifen und zu analysieren sein. War die Implementierung von LQW in der privatwirtschaftlichen Bildungseinrichtung hauptsächlich durch die anstehende Änderung der Gesetzgebung und die neue Verordnung der Bundesagentur für Arbeit motiviert, steht die Frage der diesbezüglichen Anerkennung durch die entsprechenden Instanzen eindeutig im Vordergrund. Insofern richten sich die von der Organisation an die Implementierung von LQW herangetragenen Wirkerwartungen vornehmlich auf eine bessere Positionierung in der organisationalen Umwelt. Eine nach außen gerichtete Erwartungshaltung findet sich trotz der hohen Binnenorientierung auch bei der Volkshochschule. An der Schnittstelle zur Umwelt hofft man, dass sich die Einrichtung durch LQW profilieren würde und positive Effekte auf die Marktposition resultieren. Die Volkshochschule nimmt in dem für sie regional relevanten, organisationalen Feld eine Vorreiterrolle ein, eine Rolle, die dem Selbstverständnis der Einrichtung – in der eigenen Positionierung orientierend für andere Einrichtungen zu sein und Erfahrungen zu distribuieren – entspricht: „Und das Dritte, das ist für diese Einrichtung speziell, würd ich schon meinen, als (…) Einrichtung mit dieser Ausstattung, haben wir auch den Auftrag, für das System Weiterbildung, was Innovatives zu tun. Also wenn ich mir die Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen anderer Einrichtungen anschau, dann haben die einfach viel schlechtere. Wenn wir nichts draus machen, wenn wir nicht Projekte realisieren, (...) wer soll’s dann machen? Also insofern, was zu machen und auch für andere zur Verfügung zu stellen, dazu gehört auch die Qualitätsentwicklung, da sind wir schon ein bisschen mit vorne dran und das meine ich, ist aber ein Auftrag, …“ Qualitätsbeauftragter, Volkshochschule
Die eingenommene Rolle des Pioniers und die damit verbundene exponierte Stellung im Feld implizieren Erwartungen im Hinblick auf Imageeffekte und Marktvorteile: „Also, wenn man sieht, zum Beispiel, wer hat die Kachel in Deutschland ...? Also, wenn’s dann heißt, äh die … [Name der eigenen Einrichtung, S. H.] war die Erste und in diesem ersten Durchlauf auch die Einzige, dann ist das natürlich
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nochmal irgendwie was Herausragenderes, als wenn es jetzt zwanzig gewesen wären. Also ... denke schon, dass das äh ne Bedeutung.“ Gruppendiskussion mit nicht in die Implementierung von LQW eingebundenen Mitarbeitenden, Volkshochschule
Zugleich beweist die Volkshochschule in der Beschäftigung mit Qualitätsmanagement, so die organisationsinterne Deutung, dass man sich als staatlich geförderte Einrichtung in der Logik von Marktanforderungen bewegen kann und somit auch anschlussfähig an die in der Umwelt kursierenden Erwartungen ist: „… für uns war das eine gute Möglichkeit, uns ganz zu zeigen, weil VHS natürlich immer noch mit einem Image von Biederkeit und Nicht-Professionalität zu kämpfen hat.“ Pädagogischer Mitarbeiter, Volkshochschule
Die Teilhabe an Qualitätsmanagement wird in Zusammenschau mit der NichtTeilhabe regional vergleichbarer Einrichtungen als Chance kodiert, organisationsexternen Zuschreibungen entgegenzuwirken. In der Deutung der Einrichtung ist es eine Möglichkeit, die Kluft zwischen gewünschtem (also wie die Einrichtung wahrgenommen werden will) und aktuellem (also wie die Einrichtung wahrgenommen wird) Image zu bearbeiten. Insofern sind an die Implementierung von LQW hohe Erwartungen gebunden, die auf eine externe Anerkennung zielen. 2.1.4.3 Erwartungen unter der Perspektive möglicher Einflussfaktoren Von den allgemeinen Befunden zu den Erwartungen und der insgesamt sehr hohen Erwartungshaltung ausgehend gilt es nun, auf der Grundlage der über die Faktorenanalyse errechneten Faktorlösungen der Frage nachzugehen, ob sich Einrichtungen bzw. Einrichtungstypen in ihrer Erwartungsstruktur signifikant voneinander unterscheiden lassen – die Sinnzuschreibungen also einrichtungstypenbezogen variieren. Dazu werden – wie im Zusammenhang der Analyse der Motivstruktur – im Sinne eines Ex-Post-Facto-Designs die Einrichtungen entsprechend der theoretischen Vorüberlegungen nach unterschiedlichen Kriterien differenziert (vgl. Kap. C 4) und über die ihnen auf einem Faktor zugeordneten Faktorwerte mit einer einfaktoriellen ANOVA respektive einem t-Test miteinander verglichen (vgl. hierzu Kap. D 4.2). Zentral für die nachfolgenden Ausführungen ist die Differenzierung nach Steuerungskontexten, nach Relevanz beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen, nach Bundesland, nach Größe und nach Dauer der Beschäftigung mit dem Qualitätsthema. Darüber hinaus gilt es auch zu analysieren, in welchem Zusammenhang Motivstruktur und Erwartungshaltung stehen.64 64 Auf Ausführungen zu einer Differenzierung nach internem und externem Anstoß wird verzichtet. Vor dem Hintergrund des in Kapitel E 2.1.2.3 herausgearbeiteten Befundes, dass diejeni-
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Differenzierung der Einrichtungen nach Steuerungskontext Eine Analyse der über die Faktorenanalyse extrahierten sechs Faktoren unter der Fragestellung, ob Einrichtungen unterschiedlicher Reproduktions- und Steuerungskontexte sich in ihren Erwartungen signifikant voneinander unterscheiden, liefert nur ein signifikantes Ergebnis: Lediglich in Bezug auf Faktor 5 „Testierung als Zwang in der Funktion des Legitimitätserhalts“ lassen sich signifikante Bewertungsdifferenzen zwischen Einrichtungen des Reproduktions- und Steuerungskontextes Markt einerseits und Einrichtungen der anderen beiden Steuerungskontexte andererseits finden. Einrichtungen des Steuerungskontextes Markt erwarten mit einem Mittelwert von m = 0,78 (Staat: m = -0,08; Korporationen: m = 0,16) deutlich stärker, dass Legitimitätserhalt, insbesondere staatlich regulierte finanzielle Reproduktion und gesetzliche Anerkennungspraxis, an eine Testierung geknüpft sein werden. Dies liegt auf einer Linie mit der unterschiedlichen Bedeutungszuschreibung an die Motive im Rahmen des ersten Messzeitpunktes. D. h.: Die deutliche Profilierung zwangsweisen Isomorphismus (vgl. Kap. E 2.1.2.3) durch marktnahe Einrichtungen entspricht der hier zum Ausdruck gebrachten Erwartungshaltung. Differenzierung nach der Bedeutung beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen Der Zusammenhang zwischen Motivstruktur und Erwartungen tritt auch für das Differenzierungsmerkmal Wichtigkeit beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen hervor: Auch hier erwarten – der Motivlage entsprechend – diejenigen Einrichtungen, für die berufliche und berufsbezogene Maßnahmen besondere Bedeutsamkeit haben, signifikant stärker, dass es zu einem zunehmenden Zwang (Faktor 3) kommen würde (m = 0,24 versus m = -0,26). Erklärbar ist dies damit, dass die Einhaltung bestimmter staatlicher Regelungen für ihre Teilhabe an dem für sie besonders relevanten Bereich der beruflichen Bildung maßgeblich für ihre Existenz ist (vgl. dazu auch Kap. B 2.1). Die Umwelt ist demnach ein zentraler Referenzpunkt für interne Entscheidungen. Darüber hinaus unterscheiden sich Einrichtungen unterschiedlicher Bedeutungszuschreibung an gen Einrichtungen, die sich aufgrund externer Stimuli zu einer Implementierung von LQW entschieden haben, stärker durch isomorphistische Mechanismen beeinflusst sind, wäre erwartbar gewesen, dass sich Einrichtungen, die einem externen Anstoß folgen, in ihrer Erwartungshaltung signifikant von Einrichtungen unterscheiden, die eine intern initiierte Auseinandersetzung betonen. Mit statistischen Tests lassen sich hier keine signifikanten Befunde generieren. Betrachtet man sich die Mittelwerte der nach Anstoß differenzierten Einrichtungen, scheinen die ausbleibenden Signifikanzen zwar eher der ungleichen Zellenbesetzung geschuldet zu sein, als dass es den Zusammenhang empirisch tatsächlich nicht gebe. Nichtsdestoweniger wird an dieser Stelle von weiteren Ausführungen abgesehen, da man sich ansonsten schnell an der Grenze zur Spekulation bewegt.
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berufliche und berufsbezogene Maßnahmen auch auf den Faktoren 4 „Professionalisierungsgewinn“ und 2 „Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung“. Bezüglich Ersterem sind die Erwartungen derjenigen Einrichtungen, die beruflichen und berufsbezogenen Maßnahmen sehr hohe Wichtigkeit zuschreiben, mit einem Mittelwert von m = 0,34 signifikant höher als bei Einrichtungen mit geringerer Relevanzzuschreibung (m = -0,40). Möglicherweise assoziieren Einrichtungen mit hoher Bedeutungszuschreibung an berufliche und berufsbezogene Maßnahmen mit staatlichen Interventionen eine Aufforderung zur Rechenschaftslegung ihrer Professionalisierungsbemühungen, sodass Zwang und Professionalisierung einhergehen und überdurchschnittlich bewertet werden. Für Faktor 2 „Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung“ verhält es sich umgekehrt: Hier haben Einrichtungen, für die berufliche und berufsbezogene Maßnahmen besondere Wichtigkeit haben, mit einem Mittelwert von m = -0,19 geringere Erwartungen als solche, die beruflichen Maßnahmen eine nachgeordnete Bedeutung zuschreiben (m = 0,22). Dies gewinnt Plausibilität, wenn man sich abermals die Bewertung der unterschiedlichen, die Motivstruktur abbildenden Faktoren in Erinnerung ruft: Einrichtungen, für die berufliche und berufsbezogene Maßnahmen eine nachgeordnete Bedeutung haben, profilieren konkrete Mimese, also den Vergleich mit anderen Einrichtungen. Dies ist ein wesentlicher in der Umwelt allokalisierbarer Referenzpunkt, an dem sie ihre internen Entscheidungen orientieren. Vor dem Hintergrund dieser Orientierungslogik mag es zu erklären sein, dass genau diese Einrichtungen deutlich höhere Erwartungen in Vernetzung mit anderen Einrichtungen und Standardisierung in der Weiterbildungslandschaft setzen. Differenzierung nach Bundesland Keine signifikanten Unterschiede in der Erwartungshaltung ergibt eine Differenzierung nach Bundesländern. Dies ändert sich auch bei der Klassierung nach den unterschiedlichen Positionierungen der Bundesländer zu LQW mit zwei Ausnahmen kaum: Ein signifikanter Unterschied findet sich zwischen Einrichtungen der neuen und Einrichtungen der alten Bundesländer bei der Bewertung von Faktor 3. Er zielt darauf ab, dass es insbesondere unter einer pädagogischen Perspektive zu einer negativen Kosten-Nutzen-Bilanz komme: Einrichtungen der neuen Bundesländer erwarten ihrem Mittelwert zufolge stärker eine solche negative Kosten-Nutzen-Bilanz. Möglicherweise steht dies in Zusammenhang mit der unterschiedlichen Bewertung des Motivs „Isomorphie durch konkreten Zwang“, das in den neuen Bundesländern signifikant mehr die Einführung von LQW stimuliert. Diese Bewertungskombination deutet darauf hin, dass die externen Erfordernisse, denen man sich mit der Implementierung von LQW beugt, im Gegensatz zu internen, pädagogischen Erfordernissen gesehen wer227
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den, dass externer Zwang also in Opposition zu internen Bedarfen steht. Eine weitere Signifikanz ergibt ein t-Test zwischen Einrichtungen aus Bundesländern mit und ohne gesetzlich verankerter Qualitätsentwicklung auf Faktor 1 „externe Regulierung bei geringem Nutzen“: Dabei erwarten Einrichtungen, in deren Bundesländer es noch keine gesetzlichen Vorgaben gibt, signifikant stärker, dass es zu zunehmender externer Regulierung ohne interne Optimierung kommen würde, als Einrichtungen, die bereits mit staatlicher Regulierung konfrontiert sind. Dies könnte damit in Zusammenhang stehen, dass Qualitätsentwicklung in Bundesländern mit gesetzlichen Vorgaben den Charakter des Fremden, des der Organisation Äußerlichen, verloren hat. In Niedersachsen – beispielsweise – hat Qualitätsentwicklung aufgrund des Vorläuferprojektes inzwischen eine gewisse Tradition. Die von den akzeptanzfördernden Initiativen des Volkshochschulverbandes flankierten gesetzlichen Rahmenbedingungen haben möglicherweise die Distanz zu dem zunächst als von außen oktroyiert kodierten Diskurs gemindert und Einsichten in den Nutzen geschaffen. Möglicherweise konnte Qualitätsentwicklung hier in alltägliche – gewinnbringende – Routinen eingebaut werden, sodass selbige nicht mehr als irritierende Zwangshandlung ohne Nutzen begriffen wird. Differenzierung nach der Größe der Einrichtungen Die Erwartung einer unter pädagogischer Perspektive negativen Kosten-NutzenBilanz scheint auch mit der Größe der Einrichtungen in Zusammenhang zu stehen. Auch wenn die Zuordnung zu homogenen Untergruppen nicht linear ist und die Signifikanz bei der grobrastrigeren Differenzierung verschwindet, so deutet sich in den Daten des Faktors 3 doch an, dass bei kleinen Einrichtungen die Sorge, dass es zu einer Divergenz zwischen Nutzen und pädagogischem Gewinn kommen könnte, relational ausgeprägter ist als bei größeren Einrichtungen. Kleine, in der Selbstbeschreibung personell meist unterbesetzte Einrichtungen sehen sich mit der Implementierung eines umfänglichen Qualitätsmanagementmodells möglicherweise in Ambivalenzen manövriert: Unter zeitlicher Perspektive kann die Verfolgung des Tagesgeschäftes leicht mit den außerordentlichen Arbeitsanforderungen der Qualitätsentwicklung in Konflikt geraten, sodass aufgrund der immer wieder neu zu entscheidenden Priorisierung zwischen alltäglichen und außeralltäglichen Arbeiten – wie die Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems – die Einsicht in den Nutzen abrutschen kann. Der Zusammenhang zwischen ungünstiger Aufwand- und Gewinnerwartung einerseits und der Größe der Einrichtungen andererseits bestätigt sich auch in den Argumentationen der abgesprungenen Einrichtungen: Mehr als die Hälfte derjenigen abgesprungenen Einrichtungen, die personelle Ressourcenknappheit für ihren Rücktritt ins Feld führen, sind kleine Einrichtungen mit bis zu zehn Mitarbeitern. 228
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Weiterhin zeigt sich – parallel zu der Bedeutungszuschreibung an die unterschiedlichen Motive (vgl. Kap. 2.1.2) – eine signifikante Auffälligkeit auf dem die Zwangserwartung abbildenden Faktor 5.65 Zwar sind auch hier die Zuordnungen zu homogenen Untergruppen nicht linear, nichtsdestoweniger wird die Tendenz sichtbar, dass Einrichtungen mittlerer Größe Zwang am stärksten erwarten. In Zusammenschau mit der Motivstruktur ist dies ein Indikator dafür, dass sich Einrichtungen mittlerer Größe in ihrer Selbstwahrnehmung am umweltabhängigsten von Gesetzen bzw. übergeordneten Interventionen begreifen. Einrichtungen mit weniger als 10 Mitarbeitern wie auch solche mit 100 und mehr Mitarbeitern dagegen distanzieren sich von der Zwangserwartung. Auch wenn es wie im Kontext der Motivstruktur keinen eindeutig linearen Zusammenhang zwischen Einrichtungsgröße und Zwangserwartung gibt – was aber für den Fall der sehr großen Einrichtungen (größer 100) mit der geringen Zellenbesetzung (N = 8) in Zusammenhang stehen kann –, lassen sich doch Indizien finden, dass gerade größere (oder besser gesagt für das Feld der Weiterbildung als größer qualifizierbare) Organisationen dazu neigen, institutionalisierte Anforderungen zu reproduzieren (Walgenbach/Beck 2003; Greening/Gray 1994). Differenzierung der Einrichtungen nach Dauer der Beschäftigung mit dem Qualitätsthema Bei der Analyse der Motivstruktur kam zum Vorschein, dass sich Einrichtungen, die sich länger als 14 Jahre mit der Qualitätsthematik beschäftigen, deutlich von einer internen Motivierung distanzieren. Auf dieser Linie liegt der Befund, dass Einrichtungen, die sich zwischen neun und 13 sowie länger als 14 Jahre mit der Qualitätsthematik auseinandergesetzt haben, andere Erwartungen auf Professionalisierungsgewinne richten als Einrichtungen, die kürzere Zeit mit dem Thema vertraut sind. Mit einem Mittelwert von m = -0,71 von Einrichtungen, die sich zwischen neun und 13 Jahren mit Qualität beschäftigt haben, und m = -0,39 bei Einrichtungen mit einer über 14 Jahre hinausgehenden Beschäftigungsdauer grenzt sich die über diese beiden Kategorien bestimmte Untergruppe zwar nicht signifikant vom Rest ab, dennoch kommt eine relational betrachtet distanziertere Einschätzung im Vergleich zu Einrichtungen kürzerer Beschäftigungszeiten zum Ausdruck (1 bis 2 Jahre: m = -0,01; 3 bis 5 Jahre: m = 0,29; 6 bis 8 Jahre: m = 0,28).66
65 Diesen Effekt kann man sowohl bei einer fein- als auch bei einer grobgliedrigen Differenzierung finden. 66 Ein Zusammenhang zwischen der Intensität der Beschäftigung unterschiedlicher Mitarbeitergruppen (Leitung, pädagogische Mitarbeiter, freie Trainer und Dozenten, Verwaltungsmitarbeiter, Hausmeister) mit Qualität und der Einbindung derselben in die Diskussion auf der einen
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Differenzierung nach Motiven Die artikulierten Hoffnungen und Bedenken stehen auch in Zusammenhang mit den Motiven, die Einrichtungen für die Implementierung von LQW als relevant ausweisen. Dabei ließe sich vermuten, dass dann, wenn die Erwartungen in Bezug auf den Faktor 2 „Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung“ und den Faktor 4 „Professionalisierungsgewinn“ hoch sind, ein entsprechend ausgeprägter, über interne Motive bestimmter Begründungszusammenhang für die Implementierung von LQW vorliegt: also eine entsprechend hohe Bewertung von Faktor 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“. Hoch signifikante Korrelationen von r = 0,437 (Faktor 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ mit Faktor 2 „Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung“) und r = 0,300 (Faktor 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ mit Faktor 4 „Professionalisierungsgewinn“) stützen den angenommenen Zusammenhang. Wie in Kapitel D 4.2 dargelegt wurden die Einrichtungen anhand ihrer Faktorwerte in Quartile differenziert, um unterschiedliche Zustimmungsgrade unterscheiden zu können. Diese Quartilszuweisung wird genutzt, um Einrichtungen mit unterschiedlichen Zustimmungsgraden zu den die Motivstruktur abbildenden Faktoren hinsichtlich ihrer Erwartungshaltung – ihren Hoffnungen und Bedenken – mit einer einfaktoriellen ANOVA zu vergleichen. Dabei ergibt sich folgendes Bild: Einrichtungen, die in dem in Bezug auf Faktor 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ höchste Zustimmung ausdrückenden 4. Quartil sind, unterscheiden sich bezüglich der Erwartungshaltung auf Faktor 2 „Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung“ mit einem Mittelwert von m = 0,62 signifikant von Einrichtungen, die den unteren beiden Quartilen angehören mit Mittelwerten von m = -0,45 für das zweite und m = -0,37 für das erste, relational zur Gesamtheit distanzierteste Quartil. Ein vergleichbares Bild ergibt sich auch für Faktor 4 „Professionalisierungsgewinn“: Hier verzeichnet das relational die meiste Zustimmung zu dem Motiv „Optimierung der Aktivitätsstruktur“ ausdrückende 4. Quartil einen Mittelwert von m = 0,56, während das distanzierteste Quartil einen Wert von m = -0,47 aufweist. Vereinfacht gesagt lässt sich festhalten: Je bedeutender das Motiv „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der AktivitätsstrukSeite und der Sinnzuschreibung an die Erwartungsstruktur auf der anderen Seite lässt sich wie im Kontext der Analyse der Motivstruktur nicht finden.
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tur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ in dem Argumentationszusammenhang der Einrichtungen ist, desto höher sind die Erwartungen auf dem Faktor 2 „Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung“ und dem Faktor 4 „Professionalisierung“. Insofern interagiert die profiliertere Begründung der Implementierung von LQW aufgrund interner Motive mit positiveren Erwartungshaltungen für die Weiterbildung im Allgemeinen und Professionalisierung in den Einrichtungen im Besonderen. Vor dem Hintergrund dieses extrahierten Zusammenhangs zwischen Motivstruktur und Erwartungen erscheint es lohnend, folgenden, in Kapitel E 2.1.2.4 formulierten Thesen nachzugehen: Aufgrund der Datenlage wurde für das im Kontext der Clusteranalyse zu den Motiven ermittelte Cluster 1 – die „Gesichtswahrer in der professionellen Gemeinschaft mit geringem inhaltlichem Verbesserungsmotiv“ –, das durch eine unterdurchschnittliche Motivierung über die „Optimierung der Aktivitätsstruktur: organisationale und pädagogische Handlungslogik“ charakterisiert ist, angenommen, relational betrachtet geringere interne Wirkerwartungen zu pflegen. Umgekehrt wurde für Cluster 5, die „Musterschüler mit starkem inhaltlichem Verbesserungsmotiv“, Gegenteiliges vermutet. Eine einfaktorielle ANOVA gepaart mit einem t-Test für die Cluster 1 und 5 bestätigen die Annahmen: Einrichtungen des Clusters 1 haben bezüglich Faktor 4 „Professionalisierungsgewinne“ signifikant geringere Erwartungen (m = -0,09) als die „Musterschüler“ mit einem Mittelwert von m = 0,91. Umgekehrt distanzieren sich Letztere relational mit einem Mittelwert von m = -0,77 signifikant von Faktor 1 „externe Regulierung bei geringem internem und externem Nutzen“. D. h., die mit einer überdurchschnittlichen internen Motivierung angetretenen „Musterschüler“ befürchten gerade nicht, dass die externe Regulierung überhandnehme und organisationsinterne Gewinne ausblieben. Die „Gesichtswahrer in der professionellen Gemeinschaft mit geringem inhaltlichem Verbesserungsmotiv“ dagegen zeichnen sich mit m = 0,35 durch einen erhöhten Wert aus und bringen damit relational betrachtet leichte Befürchtungen zum Ausdruck. Vor dem Hintergrund dieses Zusammenhangs ließe sich erwarten, dass sich die beiden Cluster durch eine unterschiedliche Fokussierung auf ihre Aktivitätsstruktur auszeichnen und sich die Relationierung von Formal- und Aktivitätsstruktur unterschiedlich gestaltet (vgl. dazu Kap. E 2.2.4.2). Trotz dieses den Vermutungen entsprechenden Zusammenhangs muss festgehalten werden, dass Cluster 1 – die „Gesichtswahrer“ – bezogen auf Faktor 4 „Professionalisierungsgewinne“ nicht das Cluster mit den am geringsten ausgeprägtesten Erwartungen ist: Sowohl das in Bezug auf die Bewertung des Motivs Optimierung der Aktivitätsstruktur leicht überdurchschnittlich votierende Cluster 3, die „Marktautonomen mit Orientierung an Standards der professionellen Gemeinschaft“, als auch das bezüglich des Motivs Optimierung der Ak231
Teil E
tivitätsstruktur unauffällige Cluster 4, die „Vergleichsorientierten“, weisen noch deutlichere in den negativen Bereich ausschlagende Werte auf. Insofern kann der unterstellte Zusammenhang zwischen unter- respektive überdurchschnittlich ausgeprägter intrinsischer Motivstruktur und Erwartungshaltung für die „Gesichtswahrer“ (Cluster 1) respektive die „Musterschüler“ (Cluster 5) zwar bestätigt, nicht jedoch generalisiert werden. Auch Einrichtungen mit vergleichsweise leicht über- bzw. durchschnittlicher intrinsischer Motivierung haben geringe Professionalisierungserwartungen. Einen weiteren – in der hoch signifikanten Korrelation von r = 0,197 angedeuteten – schwachen wechselseitigen Zusammenhang zwischen Motiv- und Erwartungsstruktur destilliert der Zwangsaspekt: Zwar verfehlt ein über die einfaktorielle ANOVA gerechneter Vergleich zwischen einer über konkreten Zwang strukturierten Begründung und der Erwartung, dass zunehmend Zwang zu einer Einführung von Qualitätsmanagement führen würde (Erwartungen Faktor 5) mit einem Wert von p = 0,051 knapp die Signifikanz, ein t-Test für das erste, dem Zwangsaspekt besondere Distanz und das vierte, dem Zwangsaspekt besondere Zustimmung entgegenbringende Quartil jedoch ist mit p = 0,004 eindeutig signifikant. D. h.: Einrichtungen, die LQW einführen, weil sie sich aufgrund politischer Entwicklungen dazu gezwungen sehen, erwarten zukünftig sehr viel stärker (m = 0,39) als Einrichtungen, für die dieses Argument eine nachgeordnete Rolle spielt (m = -0,35), dass Zwang zunehmend mehr die Implementierung von Qualitätsmanagement in Organisationen der Weiterbildung bestimmt. Darüber hinaus lässt sich auch an dieser Stelle eine Verbindung zu den über die Motivstruktur differenzierten Clustern herstellen. Mit einem Mittelwert von m = 0,80 unterscheidet sich Cluster 6, das die „über Zwang Gesteuerten“ bündelt, signifikant von Cluster 4 (m = -0,26), die „Vergleichsorientierten“, die Zwang zurückweisen. Ein ähnlicher Befund wäre auch für den Vergleich zwischen Cluster 6, den „über Zwang Gesteuerten“ und 3, den „Marktautonomen mit Orientierung an Standards der professionellen Gemeinschaft“, zu vermuten. Dabei deutet sich in den Mittelwerten (Cluster 3: m = 0,04 und Cluster 6: m = 0,80) der Zusammenhang zwar an, die Differenz jedoch ist nicht signifikant. Motivstruktur und Erwartungen sind demnach keine entkoppelten, sondern miteinander in Beziehung stehende Größen und werden in den Kapiteln E 2.2.3 und E 2.2.4.1 hinsichtlich ihrer Relationierung zu Wirkungen untersucht. 2.1.4.4 Clusteranalyse zu den Erwartungen Wie für die Analyse der Motivstruktur wurde auch für die die Hoffnungen und Bedenken beschreibenden Faktoren eine Clusteranalyse gerechnet, um über die gerichtete Suche nach Zusammenhängen hinaus (vgl. hierzu Kap. D 4.2) exploratorisch gleiche und ungleiche Gruppen zu bündeln. Auf diese Weise lässt 232
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
sich ermitteln, welche Erwartungskonstellationen auftreten und ob bestimmte Einrichtungstypen in einzelnen Clustern über- bzw. unterrepräsentiert sind. Im Ergebnis bietet sich eine mit dem Two-Step-Verfahren gut validierbare, nach Ward gerechnete Lösung mit 6 Clustern an (vgl. Abb. 10).
Abbildung 10: Clusteranalyse nach Ward auf der Grundlage der über die Faktorenanalyse generierten Faktorwerte zu den Erwartungen
Die destillierten Cluster sind in ihrer Struktur bzw. in der darin zum Ausdruck kommenden Sinnzuschreibung an die einzelnen Faktoren zum Teil widersprüchlich. Dies ist ein Indikator dafür, dass ex ante die Erwartungen noch wenig differenziert und z. T. ambivalent sind. Ambivalentes, mit Widersprüchlichkeiten ausgestattetes Antwortverhalten findet sich auch in der qualitativ angelegten Studie von Walgenbach zu Qualitätsmanagement im Wirtschaftsbereich. Zwar wird dort nicht explizit nach den Erwartungen gefragt, sondern nach Auslösern und Zielen der Implementierung der ISO-Norm. Zugleich kann aber davon ausgegangen werden, dass sich in Ziele implizit immer auch Erwartungen im Sinne des zu erreichen Gewünschten mischen. Insofern lässt sich das Phänomen widersprüchlicher Ziele und Anstöße in der einen und widersprüchlicher Erwartungen in der anderen Studie miteinander in Beziehung setzen. Um Klarheit in den Aussagen bemüht, versucht Walgenbach die Widersprüchlichkeiten in der weiteren Deutung allerdings aufzulösen. Er erklärt die Widersprüchlichkeit erstens als Folge der Datenerhebung mittels Befragung. Dadurch seien die Antwortenden gezwungen, unmittelbar und spontan auf die Fragen zu reagieren. Eine 233
Teil E
systematische Kontrolle des zu unterschiedlichen Zeitpunkten Gesagten sei dadurch nicht möglich, sodass Unstimmigkeiten und Ungereimtheiten entstünden. Vor diesem Hintergrund könne in der Datenanalyse auch nicht „jedes Wort auf die Goldwaage“ (Walgenbach 2000: 295) gelegt werden. Zweitens erklärt er die Widersprüchlichkeiten mit dem professionellen Aufgabenverständnis der Qualitätsmanager. Ihr Selbstverständnis erlaube es ihnen nicht, einer reinen Zertifikatsorientierung ohne Professionalisierungsgewinn das Wort zu reden (vgl. Walgenbach 2000: 295ff.). Eine solche Argumentation und die damit verbundene Nivellierung von Widersprüchlichkeiten erscheinen aus der hier vertretenen Sicht nicht hinreichend. Widersprüchlichkeit lässt sich in komplexen Kontexten nicht einfach „wegdeuten“ und damit auflösen. Vielmehr ist sie möglicherweise geradezu eine typische Begleiterscheinung von Änderungsprozessen. Die zum Ausdruck kommende Ambivalenz scheint insofern eher dem nicht immer explizit bewussten, so doch kontingenten Ausgang einer in Anlehnung an Umweltanforderungen orientierten Organisationsentwicklung geschuldet zu sein. Insofern wird hier Ambivalenz eher als Phänomen verstanden, das mit durch Unsicherheit charakterisierten Organisationsentwicklungsprozessen verbunden ist. Am deutlichsten tritt die Ambivalenz in Cluster 3 mit 17,3 Prozent der Einrichtungen hervor. Relational zur Gesamtheit werden sowohl überdurchschnittliche Professionalisierungserwartungen (Faktor 4) als auch Sorgen, dass es unter pädagogischer Perspektive zu einer negativen Kosten-Nutzen-Bilanz kommen könnte (Faktor 3) und pädagogische Qualität abnehme, ohne dass eine Zunahme an Transparenz resultiere (Faktor 6), artikuliert. In die gleiche Richtung geht auch die Bewertung von Faktor 1 „externe Regulierung bei geringem internem Nutzen“ mit einem ebenfalls in den positiven Bereich ausschlagenden und damit Bedenken transportierenden Mittelwert. Einrichtungen dieses Clusters oszillieren also zwischen Hoffnung und Skepsis und werden entsprechend als die „Ambivalenten: zwischen Hoffnung und Skepsis“ benannt. Ambivalenz kommt auch in dem 15 Einrichtungen sammelnden Cluster 6 zum Vorschein. Es ist einerseits überdurchschnittlich durch die Erwartung, dass pädagogische Qualität abnehme, ohne dass eine Zunahme an Transparenz resultiere (Faktor 6), und unterdurchschnittlich durch die Erwartung eines Professionalisierungsgewinns (Faktor 4) geprägt. Diese zunächst in sich stimmige Einschätzung wird andererseits durch einen über m = -1 reichenden Mittelwert auf Faktor 1 ergänzt. Dieser bringt, anders als vor dem Hintergrund der Bewertung von Faktor 6 zu erwarten gewesen wäre, eine Distanzierung von der Sorge zum Ausdruck, dass es zu einer externen Regulierung bei geringem Nutzen nach innen hin wie auch an der Schnittstelle zur Umwelt komme. Nutzen wird in diesem Cluster also nicht generell in Zweifel gezogen, wohl aber der konkrete Nutzen, der den mikrodidaktischen, explizit pädagogischen Bereich adressiert. 234
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Es eint insofern diejenigen, die unter der Perspektive von Lernerorientierung und Branchenbezug des Modells ambivalent sind: die „Entmystifizierer“. Weitgehend kongruent in seiner Erwartungsstruktur ist Cluster 5. Es sammelt mit knapp 15 Prozent 25 Einrichtungen und teilt weder die in Faktor 1 noch die in Faktor 6 eingetragenen Sorgen. Ein Machtgewinn externer Akteure bei geringem internem und externem Nutzen sowie Qualitätseinbußen gerade auch in pädagogischen Fragen werden also nicht erwartet. Gleichzeitig sehen sie auf die Organisationen einen Zwang zukommen, sich mit Qualitätsmanagement auseinanderzusetzen, um Legitimität zu erhalten. Neben Zwang und nicht erwarteten, negativen Begleiterscheinungen gibt es keine besonders hohe Erwartungshaltung gegenüber positiven Aspekten wie Standardisierung und Vernetzung. Im Gegenteil, für den Faktor 4 „Professionalisierungsgewinn“ sind die Erwartungen sogar unterdurchschnittlich ausgeprägt. Sorgenvoll betrachtet man die Implementierung von LQW demnach nicht. Für die Weiterbildungspraxis wertvolle Entwicklungen wie Vernetzung, konsensbasierte Standardisierung oder gar Professionalisierungsgewinne allerdings werden auch nicht erwartet. Insofern kommt in diesem Cluster eine gewisse, auf das Modell LQW bezogene sorglose Nüchternheit bei gleichzeitiger Zwangserwartung zum Vorschein: Es sind die „trotz Zwang sorglos Nüchternen“. Durch eine positive Erwartungshaltung gegenüber „Vernetzung und konsensbasierter Standardisierung“ und eine unterdurchschnittlich ausgeprägte Zwangserwartung zeichnet sich das 31 Einrichtungen umfassende Cluster 4 aus. Es werden also die nach außen gerichteten positiven Effekte hervorgehoben, während ein von außen nach innen diffundierender zunehmender Anpassungsdruck zurückgewiesen wird. Gleichzeitig mischen sich mit leicht überdurchschnittlichen Werten auf den Faktoren 1 und 3 auch Sorgen in die über das Cluster zum Ausdruck gebrachte Erwartungsstruktur. Im Vordergrund allerdings steht eindeutig die Hoffnung auf Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung. Es sind also diejenigen, die positive Erwartungen auf das System als Ganzes richten: die „in Bezug auf das System Weiterbildung Hoffnungsvollen“. Kongruent in seiner Erwartungshaltung ist Cluster 2 mit 21 Einrichtungen. Einrichtungen dieses Clusters profilieren durch den auf Faktor 5 über m = 1,5 liegenden Mittelwert einen steigenden, durch die Umwelt auf die organisationalen Entscheidungen einwirkenden Zwang. Zugleich bringt die Bewertung von Faktor 1 zum Ausdruck, dass es aufgrund eines solchen Zwangs immer mehr um das Testat, weniger jedoch um eine Optimierung interner Prozesse gehen würde. Zwang und der dadurch möglicherweise raumgreifende zwangsweise Isomorphismus überformen die Einsicht in die Sinnhaftigkeit und die Möglichkeiten von Qualitätsmanagement. In der Terminologie von Jepperson (1991) gewinnt Qualitätsmanagement im Allgemeinen und LQW im Besonderen in der Inter235
Teil E
pretation dieser Einrichtungen den Charakter einer „institutional practices“ (vgl. Kap. C 3.2). Als Gegenwert dafür, dass sie sich Qualitätsmanagement unterwerfen, erwarten sie Legitimität. Damit stellen sie Tausch heraus und können als die „Legitimität Erwartenden“ tituliert werden. Das mit 47 Einrichtungen und einem Gesamtanteil von 28 Prozent größte Cluster 1 kann als ein insgesamt positives, nicht aber durch Extreme auffälliges Cluster bezeichnet werden: Sie weisen die Annahme, dass pädagogische Qualität abnehme, ohne dass eine Zunahme an Transparenz resultiere, zurück. Sie verneinen, so deutlich wie sonst kein anderes Cluster, die unter pädagogischer Perspektive geringe Kosten-Nutzen-Bilanz. Sie sehen leichte Professionalisierungsgewinne (was unter der Perspektive, dass nur zwei Cluster dieses überhaupt tun, erwähnenswert ist) und sie begreifen Testierung nicht als Zwang. Zugleich weist dieses Cluster eine auf das Gesamtsystem der Weiterbildung gerichtete Erwartung einer zunehmenden Vernetzung und konsensbasierten Standardisierung zurück. In Summe sammeln sich hier die „gegenüber LQW genuin Hoffnungsvollen“. Sie hegen – genau umgekehrt zu den Einrichtungen von Cluster 4, den „in Bezug auf das System Weiterbildung Hoffnungsvollen“ – nur für sich, nicht aber für die Weiterbildungslandschaft allgemein positive Erwartungen. Um die Cluster hinsichtlich der Zusammensetzung zu analysieren, d. h. sie hinsichtlich Über- und Unterrepräsentationen bestimmter Einrichtungstypen zu vergleichen, werden sie nach Reproduktions- und Steuerungskontext, der Wichtigkeitszuschreibung an berufliche und berufsbezogene Maßnahmen, nach der Dauer der Beschäftigung mit der Qualitätsthematik, nach Bundesland mit den verschiedenen Binnendifferenzierungen sowie nach Größe differenziert. Dabei finden sich bis auf wenige Ausnahmen kaum Auffälligkeiten. Zu erwähnen seien lediglich folgende Befunde: Einrichtungen des Steuerungskontextes Markt sind in Cluster 5 überrepräsentiert. Es ist das Cluster der „trotz Zwang sorglos Nüchternen“, die weder interne noch externe Effekte erwarten, keine negativen Folgen befürchten und, indem sie auf steigenden Zwang verweisen, diesen anerkennen. In Cluster 4 dagegen, das Zwang geradezu ablehnt und systembezogen positive Erwartungen gepaart mit leichten Bedenken profiliert, sind sie leicht unterrepräsentiert. Dieser Befund liegt auf einer Linie mit ihrer unterschiedlichen Bedeutungszuschreibung an den die Hoffnungen und Bedenken beschreibenden Faktor 5 „Testierung als Zwang in der Funktion des Legitimitätserhalts“ (vgl. Kap. E 2.1.4.3) und an den die Motivstruktur beschreibenden Faktor 3 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie“ (vgl. Kap. E 2.1.2.3). Dieser Befund stützt die bereits oben formulierte Deutung, dass für marktnahe Einrichtungen die Erwartungen und Erfordernisse der Umwelt zentraler für die interne Steuerung sind als für Einrichtungen anderer Reproduktions- und Steuerungskontexte. Da die Hervor236
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
hebung von Zwang auf der einen Seite möglicherweise mit der Wahrnehmung von Autonomieverlust auf der anderen Seite korrespondiert, stärkt dies zugleich die Annahme, dass Einrichtungen unterschiedlicher Steuerungskontexte die mit dem politisch forcierten Diskurs um Qualitätsmanagement einhergehenden Autonomieverluste unterschiedlich kodieren. Konkret scheinen marktnahe Einrichtungen sensibler auf die staatlichen Interventionen zu reagieren (vgl. hierzu Kap. E 2.1.2.3). Bezüglich der Differenzierung nach Bundesländern ist auffällig, dass Einrichtungen derjenigen Bundesländer, die sich auf der Hinterbühne von LQW distanzieren, in dem durch die meisten Ambivalenzen charakterisierten Cluster 3, die „Ambivalenten: zwischen Hoffnung und Skepsis“, überrepräsentiert sind. Die Unsicherheiten in der organisationalen Umwelt gehen gewissermaßen mit ambivalenten Erwartungsmustern in den Einrichtungen einher. Bemerkenswert ist weiterhin, dass Einrichtungen mit zwischen 50 und 99 Beschäftigten in Cluster 2 überrepräsentiert sind. Es sind die „Legitimität Erwartenden“, die Zwang herausstellen, ohne dass weitere positive Effekte erwartet werden würden. Die beobachtete Überrepräsentation ist stimmig mit der Bewertung von Faktor 5 „Testierung als Zwang in der Funktion des Legitimitätserhalts“ und der Bedeutungszuschreibung an den die Motivstruktur beschreibenden Faktor 3 (vgl. Kap. E 2.1.2.3). Auch wenn kein eindeutig linearer, sondern nur von der Tendenz her sichtbarer Zusammenhang zwischen Einrichtungsgröße und Bedeutungszuschreibung an zwangsweise Isomorphie beobachtbar ist, so schließt dies in der Zusammenschau doch an den Befund an, dass gerade größere, unter besonderer Umweltbeobachtung stehende Einrichtungen auf die institutionalisierten Anforderungen der Umwelt reagieren (Walgenbach/Beck 2003; Greening/Gray 1994). In Cluster 2 weiterhin überrepräsentiert sind Einrichtungen, die sich schon länger als 14 Jahre mit dem Qualitätsthema beschäftigen. Letzteres passt zu der von diesen Einrichtungen zum Ausdruck gebrachten Distanzierung von einer intrinsischen Motivation sowie von einem erwarteten Professionalisierungsgewinn. Trotz einzelner Auffälligkeiten lässt sich in Summe festhalten, dass die Cluster unter der Perspektive unterschiedlicher, feldbeschreibender Differenzierungskategorien sehr durchmischt sind. Insofern lassen sich die über die Cluster sichtbaren Ambivalenzen weniger als ein feldspezifisches als vielmehr als ein die Gesamtheit der an der Implementierung von LQW beteiligten Einrichtungen betreffendes Phänomen begreifen. Ähnlich wie die herausgearbeitete Motivstruktur trägt also auch die herausgearbeitete Erwartungsstruktur gegenläufige Phänomene hervor: nämlich feldspezifische Erwartungen mit differenten Sinnzuschreibungen auf der einen Seite und homogene Sinnzuschreibungen auf der anderen Seite. Letzteres kann als ein Indikator für eine thematische Strukturiert237
Teil E
heit über LQW angesehen werden und verweist auf Feldkonstitution über die Qualitätsmanagementthematik speziell über LQW. 2.1.4.5 Zwischenfazit Insgesamt lässt sich festhalten, dass unterschiedliche, im Wesentlichen über die sechs Faktoren beschreibbare Erwartungen gegenüber der Einführung von LQW im Besonderen und Qualitätsmanagement im Allgemeinen in Organisationen der Weiterbildung vorzufinden sind. Eine Rückbindung der die Erwartungen vertretenden Faktoren an die Elementarvariablen zeigt eine insgesamt positive Haltung gegenüber LQW. In den Kommunikationen der Einrichtungen dominieren Hoffnungen die Bedenken. Dabei sind die Erwartungen sowohl auf interne als auch auf in der Umwelt allokalisierbare Effekte bezogen. Sowohl die Analyse der Erwartungsstruktur unter der Perspektive unterschiedlicher Differenzierungskategorien als auch die Analyse der Cluster respektive deren Zusammensetzung legen – wie bei der Untersuchung der Motivstruktur – gegenläufige Phänomene frei: An einzelnen Aspekten lassen sich die Bedeutung organisationaler Felder und die innerhalb dieser Felder geteilte Sinnzuschreibung nachweisen. Die Lernerorientierte Qualitätstestierung im Besonderen und Qualitätsmanagement im Allgemeinen ziehen in den differenten Kontexten unterschiedliche Erwartungen nach sich, die mal in Form von Befürchtungen, mal in Form von Hoffnungen Ausdruck finden. Zugleich bleibt festzuhalten, dass vielfach keine Signifikanzen auftreten. Dies deutet darauf hin, dass es nur einzelne gleich bzw. ungleich bewertete Aspekte in den organisationalen Feldern gibt. Um spezifische Typiken der Sinngebung in den einzelnen organisationalen Feldern zu destillieren und sie systematisch voneinander abzugrenzen, sind die Befunde schwach. Sie deuten eher darauf hin, dass die Erwartungen und die darin eingetragenen Sinnzuschreibungen im System der Weiterbildung über die Feldgrenzen hinweg frei flottieren. Diese z. T. homogenen Erwartungen der nach unterschiedlichen Kriterien differenzierten Einrichtungen reden der These der Feldkonstitution über die Qualitätsdebatte das Wort. 2.1.5 Das Qualitätsverständnis Gerade vor dem Hintergrund des komplexen Implementationszusammenhangs, der vielfältigen grenzüberschreitenden Kommunikationen und des Umstandes, dass Qualitätsmanagement von außen an das System der Weiterbildung herangetragen wurde, ist die Form der kommunikativen Durchdringung auf der Ebene der Organisationen – wie bereits mehrfach angedeutet – ein neuralgischer Punkt für die nachhaltige Implementierung. Insofern drängt sich über die Motiv- und die Erwartungsstruktur als Indikatoren für Akzeptanz hinaus die Frage auf, ob das in dem Modell formulierte, durch die Akteure der Weiterbildungspolitik 238
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
unterstützte und durch die Testierungsstelle distribuierte Qualitätsverständnis von den Einrichtungen der Weiterbildung im Allgemeinen und den in den Organisationen agierenden Mitarbeitern im Besonderen geteilt wird. Dazu wurde in Anlehnung an das Modell LQW eine Itembatterie entwickelt, die zentrale Elemente des unterlegten Qualitätsverständnisses in den modellrelevanten Qualitätsbereichen sowie darüber hinausgehende Qualitätsaspekte abfragt. Im Anschluss an das für die Organisation zu bestimmende Qualitätsverständnis wurde um eine Einschätzung gebeten, ob das über das Antwortverhalten dargelegte Qualitätsverständnis der Organisation von den in der Weiterbildungseinrichtung agierenden Akteuren – der Leitung, den pädagogischen Mitarbeitern, den Verwaltungsmitarbeitern, den freien Trainern und Dozenten, dem hauswirtschaftlichen Personal und dem Vorstand – geteilt wird. Zur Datenreduktion des untersuchten Qualitätsverständnisses werden die 48 Items zunächst faktorenanalytisch geordnet (Kap. E 2.1.5.1). Anschließend erfolgt eine Rückbindung an die Elementarvariablen, um die hinter den Faktoren stehende Bedeutung einzelner Qualitätsaspekte zu analysieren. Danach wird der Frage nachgegangen, inwieweit hinsichtlich des zum Ausdruck gebrachten Qualitätsverständnisses von Mitarbeitern unterschiedlicher Hierarchieebenen und Funktionsbereiche Konsens besteht. Die durch die quantitativen Daten ermittelten Befunde werden auch hier durch qualitative Ergebnisse aus den Falleinrichtungen ergänzt. Diese profilieren die Frage, in welchem Ausmaß die einzelnen Mitarbeitergruppen mit dem für die Einrichtung kommunizierten Qualitätsverständnis übereinstimmen. Deshalb werden die Einrichtungen unter Rekurs auf die quantitativen Daten anschließend hinsichtlich des Übereinstimmungsgrades der unterschiedlichen Mitarbeitergruppen mit dem Qualitätsverständnis der Organisation geclustert (vgl. Kap. E 2.1.5.2). Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit einrichtungstypenbezogenen Varianzen in dem für die Organisationsebene kommunizierten Qualitätsverständnis. Diese werden sowohl im Hinblick auf das Qualitätsverständnis selbst als auch im Hinblick auf die nach Übereinstimmungsgraden der unterschiedlichen Mitarbeitergruppen mit dem Qualitätsverständnis der Organisation unterschiedenen Einrichtungen zu untersuchen sein (vgl. Kap. E 2.1.5.3). In der Logik der Auswertungsstrategie erscheint es aussichtsreich, Einrichtungen mit gleichem und unterschiedlichem Qualitätsverständnis zusammenzuziehen. Eine Clusteranalyse zu dem Qualitätsverständnis liefert allerdings keine interpretierbaren Befunde. Unterschiedliche Cluster lassen sich nur „künstlich“ erzeugen und sind kaum prägnant voneinander abgrenzbar. Das Two-Step-Verfahren, das die Clusterzahl eigenständig ermittelt (vgl. Kap. D 4.2), bringt die Homogenität auf den Punkt, indem es die Untersuchungseinheit als ein Cluster begreift. Dies steht mit der sehr einheitlichen Beantwortung der das Qualitäts239
Teil E
verständnis erfassenden Items in Verbindung. Insofern fließt der durch die Clusteranalyse ermittelte Befund in die Auswertung ein, auf eine explizite Darstellung derselben allerdings wird verzichtet. 2.1.5.1 Faktorenanalyse zu dem Qualitätsverständnis Die Faktorenanalyse würde nach dem Kaiser-Guttman-Kriterium eine 14-faktorielle Lösung für das Qualitätsverständnis bieten. Dies scheint jedoch eine Überschätzung gut interpretierbarer Faktoren zu sein. Deshalb wird in Orientierung an dem Screeplot mit dem Bestreben einer möglichst starken Komplexitätsreduktion bei gleichzeitig guter Interpretierbarkeit einer achtfaktoriellen Lösung der Vorzug gegeben (vgl. Tab. 5). Tabelle 5: Faktorenanalyse zu dem Qualitätsverständnis Erklärte Gesamtvarianz: 51 % Rotierte Komponentenmatrix (a) Komponente „makrodidaktische Qualität“
Der Weiterbildungsbedarf wird durch entsprechende Instrumente systematisch erschlossen. Das Weiterbildungsprogramm wird systematisch und kontinuierlich evaluiert. Die einzelnen Kurse werden kontinuierlich evaluiert. Die gesamte Weiterbildungseinrichtung wird kontinuierlich evaluiert. Die Ergebnisse der Evaluation werden in die künftige Arbeit integriert.
240
,723
,665
,658
,640
,600
„Qualität einer wirtschaftlichen, strukturierten Reproduktion der Organisation“
„Qualität als Zusammenspiel von Ambiente und Lernen“
„Qualität interner und an der Schnittstelle zur Umwelt angesiedelter Kommunikation und Kooperation“
„Qualität als eine leitbildorientierte Organisationssteuerung“
„mikrodidaktische Qualität als Passung von Methodik und Didaktik in Relation zu den Anforderungen der Maßnahme“
„Qualität als Ausdruck von Wachstum“
„Qualität der Kundenkommunikation“
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Komponente „makrodidaktische Qualität“
Der Gedanke des gelungenen Lernens durchdringt die gesamten Prozesse der Organisation. Die Einrichtung reagiert schnell auf Marktentwicklungen. Zielvereinbarungen werden mit den Mitarbeitern getroffen. Die Weiterbildungseinrichtung wird den Bildungsanforderungen ihrer Zielgruppe gerecht. In der Einrichtung wird eine systematische Personalentwicklung betrieben. Die Führungsgrundsätze sind bekannt. Die Prozesse der Organisation sind gut geordnet. Die zentralen organisatorischen Abläufe verlaufen reibungsfrei. Die Strukturen der Organisation sind klar. Die Einnahmen stimmen. Die Organisation wird durch ein systematisches Controlling gesteuert. Die finanziellen Ressourcen werden effizient eingesetzt. Die Zuständigkeiten sind geregelt. Wir akquirieren Gelder. Die räumliche Ausstattung ist gut.
„Qualität einer wirtschaftlichen, strukturierten Reproduktion der Organisation“
„Qualität als Zusammenspiel von Ambiente und Lernen“
„Qualität interner und an der Schnittstelle zur Umwelt angesiedelter Kommunikation und Kooperation“
„Qualität als eine leitbildorientierte Organisationssteuerung“
„mikrodidaktische Qualität als Passung von Methodik und Didaktik in Relation zu den Anforderungen der Maßnahme“
„Qualität als Ausdruck von Wachstum“
„Qualität der Kundenkommunikation“
,487
,475
,426
,423
,409
,378 ,738
,735 ,625 ,541 ,529
,504 ,449 ,399 ,791
241
Teil E
Komponente „makrodidaktische Qualität“
Der Lernort entspricht den Lernanforderungen. Die Räume sind sauber. Die Teilnehmenden haben gelernt. Ein intensiver Austausch zwischen Lehrenden und Planenden findet statt. Die Teilnehmenden bestehen die Prüfung. Ein intensiver Austausch zwischen Planenden und Verwaltung findet statt. Die Aufgaben von Verwaltung, Programmplanung und Kursleitung sind gut aufeinander bezogen. Es findet ein intensiver Austausch zwischen Lehrenden und Verwaltung statt. Durch die Einrichtung werden neue Akzente in der Weiterbildungslandschaft gesetzt. Die Mitarbeitenden sind ihrem Qualifikationsprofil entsprechend eingesetzt. Die Mitarbeitenden sind gut qualifiziert. Jeder in der Organisation weiß, was das Ziel ist. Die Lernenden können Einfluss auf Inhalte, Ziele, Arbeitsformen nehmen.
242
„Qualität einer wirtschaftlichen, strukturierten Reproduktion der Organisation“
„Qualität als Zusammenspiel von Ambiente und Lernen“
„Qualität interner und an der Schnittstelle zur Umwelt angesiedelter Kommunikation und Kooperation“
„Qualität als eine leitbildorientierte Organisationssteuerung“
„mikrodidaktische Qualität als Passung von Methodik und Didaktik in Relation zu den Anforderungen der Maßnahme“
,770 ,724 ,383
,340
,285
-,262
,660
,656
,608
,435
,348
,317 ,604
,593
„Qualität als Ausdruck von Wachstum“
„Qualität der Kundenkommunikation“
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Komponente „makrodidaktische Qualität“
„Qualität einer wirtschaftlichen, strukturierten Reproduktion der Organisation“
„Qualität als Zusammenspiel von Ambiente und Lernen“
„Qualität interner und an der Schnittstelle zur Umwelt angesiedelter Kommunikation und Kooperation“
„Qualität als eine leitbildorientierte Organisationssteuerung“
Wir haben ein nach außen hin transparentes Leitbild. Das Weiterbildungsprogramm entspricht dem Bildungsauftrag/Leitbild. Entscheidungen werden nach nachvollziehbaren Kriterien getroffen. Die Lehrenden verfügen über ein hohes Maß an situativer Kompetenz. Die Methoden entsprechen den Anforderungen der Maßnahme. Das didaktische Konzept entspricht den Anforderungen der Maßnahme. Die Lernziele sind klar formuliert. Das Stundenvolumen steigt. Die Einrichtung hat ständig wachsende Teilnehmerzahlen. Der Gewinn steigt. Das Programm ist übersichtlich gestaltet. Kundenbeschwerden werden ausgewertet. Die Einrichtung steht in der Öffentlichkeit gut da. Die Teilnehmenden sind zufrieden. Die Vertragsmodalitäten zwischen Kunde und Einrichtung sind transparent.
„mikrodidaktische Qualität als Passung von Methodik und Didaktik in Relation zu den Anforderungen der Maßnahme“
„Qualität als Ausdruck von Wachstum“
„Qualität der Kundenkommunikation“
,590
,528
,410
,304
,727
,708 ,451 ,818 ,773 ,751 ,738 ,523 ,517 -,257
,494
,327
Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung Rotation in 11 Iterationen konvergiert, N = 172 Einrichtungen
243
Teil E
Faktor 1 mit einer Varianzaufklärung von knapp 10 Prozent bestimmt sich über Items, die eine systematische Bedarfserschließung und Evaluation unterschiedlicher Ebenen (Lehr-Lerninteraktion, Programm, Organisation) ansprechen. Er stellt insofern auf Kerntätigkeiten makrodidaktischen Handelns ab und trägt die Benennung „makrodidaktische Qualität“. Faktor 2 (Varianzaufklärung von 7,21 Prozent) vertritt Themen, die sowohl auf die Strukturiertheit der Organisation als auch auf die Wirtschaftlichkeit abstellen. Es geht also um die „Qualität einer wirtschaftlichen, strukturierten Reproduktion der Organisation“. Eine Varianzaufklärung von 6,62 Prozent weist Faktor 3 auf. Er zieht scheinbar Heterogenes zusammen und adressiert einerseits mit sehr hochladenden Items die Qualität der Infrastruktur, sprich der räumlichen Ausstattung, Sauberkeit und lernanforderungsbezogenen Adäquatheit, und andererseits mit weniger hochladenden Items den Lernerfolg der Lernenden. Ambiente und Lernen, Atmosphärisches und Interaktionsanlass werden in diesem Faktor also in einen Kontext gestellt: „Qualität als Zusammenspiel von Ambiente und Lernen“. Faktor 4 (Varianzaufklärung von 6,58 Prozent) bezieht sich auf die interne Kommunikation und Kooperation von Mitarbeitern unterschiedlicher Funktionsbereiche und Hierarchieebenen. Zugleich verweist er mit der kommunikativen Einbindung der oft lose an die Organisation gekoppelten Kursleitenden und mit dem Item „durch die Einrichtung werden neue Akzente in der Weiterbildungslandschaft gesetzt“ auf die die Organisationsgrenze überschreitenden Kommunikationen. Deshalb wird der Faktor als „Qualität interner und an der Schnittstelle zur Umwelt angesiedelter Kommunikation und Kooperation“ bezeichnet. Faktor 5 (Varianzaufklärung von 6,3 Prozent) mit Items wie die Kenntnis des Organisationsziels, die Entsprechung von Programm und Bildungsauftrag oder die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen – um nur einige zu nennen – verkörpert die „Qualität als leitbildorientierte Organisationssteuerung“. Faktor 6 mit einer Varianzaufklärung von 5,1 Prozent thematisiert die „mikrodidaktische Qualität als Passung von Methodik und Didaktik in Relation zu den Anforderungen der Maßnahme“. Auffällig ist, dass Items, die auf die Qualität der Durchführung von Lehr-Lerninteraktionen oder auf den Teilnehmenden verweisen, unsystematisch im Wesentlichen in andere Faktoren hineinstreuen. So lädt beispielsweise das diesbezüglich einschlägige Item „die Lehrenden verfügen über ein hohes Maß an situativer Kompetenz“ auf Faktor 6 kaum und ist mit einer eher schwachen Ladung dem Faktor 5 zugeordnet. Ähnliches lässt sich auch für die auf den Teilnehmenden referierenden Items beobachten. Wachstum durch steigendes Stundenvolumen, steigende Teilnehmerzahlen und nicht zuletzt auch steigenden Gewinn sind Qualitätsaspekte, durch die Faktor 7 „Qualität als Ausdruck von Wachstum“ charakterisiert ist. Er weist eine Varianzaufklärung von annähernd 5 Prozent auf. Der letzte Faktor steht für die Kommunikation der Einrichtung 244
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
nach außen: Programmgestaltung, Beschwerdemanagement und Teilnehmendenzufriedenheit sind zentrale Kriterien des die „Qualität der Kundenkommunikation“ vertretenden Faktors (Varianzaufklärung von 4,5 Prozent). Unter der Perspektive der Lernerorientierten Qualitätstestierung und der damit einhergehenden Erwartung, dass dem Lernenden eine besondere Rolle im Qualitätsverständnis zukommt, ziehen die Items „die Teilnehmenden haben gelernt“, „die Teilnehmenden bestehen die Prüfung“ und „die Teilnehmenden sind zufrieden“ in Zusammenschau mit Faktor 6 „mikrodidaktische Qualität“ Aufmerksamkeit auf sich: Zunächst ist auffällig, dass die beiden Items „die Teilnehmenden haben gelernt“ und „die Teilnehmenden bestehen die Prüfung“ auf keinem der Faktoren besonders hoch laden. Insbesondere das Item „die Teilnehmenden bestehen die Prüfung“ scheint trotz der Bandbreite der Qualitätsaspekte nirgendwo systematisch verortet zu sein. Für die Deutung, dass die beiden Items in dem durch die Einrichtungen kommunizierten Qualitätsverständnis kaum systematisch integriert sind, sprechen auch folgende Beobachtungen: In der nach dem Kaiser-Guttman-Kriterium ermittelten 14-faktoriellen Lösung werden die beiden Items „die Teilnehmenden haben gelernt“ und „die Teilnehmenden bestehen die Prüfung“ zu Faktor 13 mit einer Varianzaufklärung von 3 Prozent zusammengezogen. Dahinter kommt nur noch Faktor 14, der allein durch das Item „die Teilnehmenden sind zufrieden“ mit knapp 2,8 Prozent Varianzaufklärung bestimmt ist. Verfolgt man die Verortung der die Teilnehmenden adressierenden Items von der 14-faktoriellen Lösung bis zu einer siebenfaktoriellen Lösung abwärts, zeigt sich, dass sich bereits in der 13-faktoriellen Lösung der Faktor 14 auflöst und das Item „die Teilnehmenden sind zufrieden“ stabil dem Faktor, der auf Qualität an der Schnittstelle zum Kunden referiert – dem jetzigen Faktor 8 – zugewiesen wird.67 Deutet man dies so, dass der Teilnehmende in seiner Eigenschaft „zufrieden“ als Kunde kodiert wird, lässt sich dies interpretativ auffangen. Anders bei den anderen beiden Items „die Teilnehmenden haben gelernt“ und „die Teilnehmenden bestehen die Prüfung“: In der 13-faktoriellen Lösung konstituieren sie gemeinsam Faktor 13. Danach begeben sie sich auf „Wanderschaft“. In der elf- und neunfaktoriellen Lösung schließen sie sich mit dem Wirtschaftlichkeitsaspekt zusammen. In der zehnfaktoriellen Lösung wandern sie zu Leitbilditems, die auf Transparenz und Klarheit abstellen, und landen in der achtfaktoriellen Lösung bei Faktor 3, der die räumliche Ausstattung, das Ambiente, in den Vordergrund rückt. Eine solche Zuordnung wirkt in Zusammenschau mit den Wanderbewegungen in der siebenfaktoriellen Lösung geradezu willkürlich. In der siebenfaktoriellen Lösung bleibt das 67 Eine Ausnahme bildet die 12-faktorielle Lösung, die mit 25 Iterationen nicht zu konvergieren vermag.
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Item „die Teilnehmenden haben gelernt“ dem auf Ambiente referierenden Faktor mit einer sehr schwachen Ladung erhalten. Das Item „die Teilnehmenden bestehen die Prüfung“ dagegen wandert mit einer negativen Ladung von -0,340 zu dem auf den mikrodidaktischen Bereich abstellenden Faktor 7. Von der irritierenden negativen Ladung abgesehen, drängt sich unter theoretischer Perspektive die grundsätzliche Frage auf, warum diese beiden Items nicht mit Items zusammengehen, die auf die mikrodidaktische Qualität referieren. Das heißt konkret, warum sie in der achtfaktoriellen Lösung nicht zu dem Faktor 6 „mikrodidaktische Qualität“ gehören. Mit sehr hohen Ladungen auf den auf die Lehr-Lerninteraktion vorbereitenden Passungsitems „die Methoden entsprechen den Anforderungen der Maßnahme“ und „das didaktische Konzept entspricht den Anforderungen der Maßnahme“ kommt Letzterer völlig ohne Bezug zum Teilnehmenden aus. Mehr noch, die auf den Teilnehmenden bezogenen Items laden auf dem die mikrodidaktische Qualität beschreibenden Faktor 6 sogar deutlich negativ mit Werten zwischen -0,202 und -0,262. In Summe deutet dies darauf hin, dass der Teilnehmende als Lernender mit ausweisbarem Lernerfolg noch keinen systematischen Platz im Qualitätsverständnis gefunden hat, dass er als Referenzpunkt für mikrodidaktische Qualität von dieser gar entkoppelt ist. Das heißt auch, dass das Spezielle von LQW, das zugleich kommunikativ immer wieder profiliert wird, keine zentrale, eigenständige Dimension, über die sich das Qualitätsverständnis der Einrichtungen beschreiben ließe, einnimmt. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als fraglich, ob der Lernende tatsächlich einen zentralen Ankerpunkt im Qualitätsentwicklungsprozess einnimmt und ob die Gestaltung der Qualitätsbereiche unter dem Primat der von den Einrichtungen festgelegten Definition gelungenen Lernens tatsächlich umgesetzt wird. 2.1.5.2 Die Bedeutung einzelner Qualitätsaspekte im Qualitätsverständnis der Einrichtungen Das Qualitätsverständnis lässt sich, der Faktorenanalyse folgend, über acht Qualitätsaspekte beschreiben. Dabei zeigt ein Blick auf die Standardabweichungen der über eine Viererskala bewerteten Elementarvariablen, dass die einzelnen Items mit Werten zwischen s = 0,438 und s = 0,885 recht homogen bewertet worden sind. Im Folgenden wird nun eine Rückbindung an die Elementarvariablen vorgenommen, um die hinter den Faktoren stehende, von den Einrichtungen zum Ausdruck gebrachte Bedeutungszuschreibung an die einzelnen Qualitätsitems beurteilen zu können. Dabei ist auffällig, dass die Items jeweils sehr hoch bewertet werden. Möglicherweise wird ein negatives Votum vor dem Hintergrund des professionellen Selbstverständnisses – auch wenn hier explizit nicht nach der Einzelmeinung, sondern nach der Perspektive der Organisation gefragt
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Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
wurde – gemieden. Bei der Interpretation der Daten sollte dies im Auge behalten werden. Der die makrodidaktische Qualität repräsentierende Faktor 1 zeichnet sich im Wesentlichen durch rechtsschiefe, über einen Modus von 2 („wichtig“) bestimmte Verteilungen aus. Dabei liegen die Standardabweichungen relational zu den das Qualitätsverständnis abbildenden Items in einem mittleren Bereich mit Ausprägungen zwischen s = 0,521 und s = 0,761. In Zusammenschau mit den Mittelwerten verweist dieses auf die Wichtigkeit, die die Einrichtungen einer systematischen Bedarfserschließung und Evaluation zuschreiben. Beide Aspekte haben auch in dem LQW-Modell selbst mit je eigenen gleichnamigen Qualitätsbereichen eine hohe Relevanz. Eine hohe Bedeutung in der Perspektive der Einrichtungen lässt sich auch für Faktor 2, der die „Qualität einer wirtschaftlichen, strukturierten Reproduktion der Organisation“ vertritt, diagnostizieren. Rechtsschiefe, teilweise aber auch L-förmige mit einem Modus auf „1“ („sehr wichtig“) liegende Verteilungen stellen die Nachdrücklichkeit dieses Aspektes im Qualitätsverständnis von Organisationen der Weiterbildung heraus. Dieses kann einerseits erstaunen, nimmt man die lange prozessierte Distanz der Pädagogik gegenüber organisatorischen Belangen zum Maßstab (Terhart 1986; Fuhr 1994; Kuper 2001; Kuper/Thiel 2009). Es liegt andererseits auf einer Linie mit der Aufwertung von Managementthemen und organisatorischen Fragen durch die Disziplin (vgl. Böttcher/Terhart 2004; Göhlich/Hopf/Sausele 2005) wie auch durch die pädagogische Praxis selbst (vgl. Bastian/Beer/Knoll 2002; Meisel 2001). Indem nun organisatorischen und finanziellen Fragen von pädagogischen Einrichtungen qualitätsentscheidende Relevanz zugeschrieben wird, lässt sich über die Daten – zumindest auf der Ebene des Bekenntnisses – eine Relevanzerweiterung über das nach außen hin immer schon als zentral inszenierte Pädagogische hinaus hin zur Organisation (einem auch in dem LQWModell exponierten Qualitätsbereich) empirisch respezifizieren. Für eine – zumindest nach außen hin inszenierte – Relevanzerweiterung sprechen auch die Bewertungen zu den den Faktor 3 „Qualität als Zusammenspiel von Ambiente und Lernen“ und den den Faktor 5 „leitbildorientierte Organisationssteuerung“ repräsentierenden, ebenfalls zentrale Qualitätsaspekte des Modells abbildenden Items. Die im Wesentlichen rechtsschiefen, z. T. L-förmigen Verteilungen bringen zum Ausdruck, dass sich die Qualität einer Weiterbildungseinrichtung gerade nicht allein über die Fokussierung auf die Lehr-Lerninteraktion bestimmt. Letzterer wurde insbesondere von Gegnern der Managementdebatte mit Verweis auf Professionalisierungserfordernisse lange eine Vorrangstellung gegeben (vgl. hierzu auch Kap. B 2.2.2). Für die hier zur Rede stehenden Einrichtungen allerdings sind auch Fragen der organisationsinternen Steuerung sowie der organisatorisch herstellbaren, den Lehr-Lernprozess umschließenden Atmosphäre 247
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qualitätsrelevant. Hoch ist auch die Bedeutungszuschreibung an eigentlich pädagogische Themen – zumindest in der nach außen hin inszenierten Relevanzbildung der Einrichtungen: Durch im Wesentlichen L-förmige Verteilungen sind die auf Faktor 6 „mikrodidaktische Qualität als Passung von Methodik und Didaktik in Relation zu den Anforderungen der Maßnahme“ hochladenden Items charakterisiert. Dies spricht für eine hochgeschätzte Bedeutung qualitativ hochwertiger Lehr-Lernprozesse und profiliert auf den ersten Blick die dem Modell unterlegte Lernerorientierung. Auf den zweiten Blick aber stellt sich vor dem Hintergrund der den Faktor konstituierenden Items sowie in Zusammenschau mit der oben herausgearbeiteten „Wanderschaft“ der auf den Teilnehmenden referierenden Items die Frage, wie systematisch die das pädagogische Kerngeschehen betreffenden Qualitätsaspekte in das Qualitätsverständnis der Einrichtungen eingerastet sind. Semantisch scheint der Kern des Pädagogischen da zu sein, faktisch aber ist er möglicherweise hohl, kaum allokalisier- und greifbar. Ungebrochenen hoch ist auch die Bedeutung der den Faktor 4 „Qualität interner und an der Schnittstelle zur Umwelt angesiedelter Kommunikation und Kooperation“ repräsentierenden Variablen. Rechtsschiefe, z. T. L-förmige Verteilungen bezeugen den Stellenwert einer nach innen wie nach außen gerichteten, guten Kommunikation und Kooperation. Auch wenn einzelne Aspekte wie die der internen Kommunikation nicht explizit durch einen Qualitätsbereich in dem Modell LQW repräsentiert sind, so sind sie doch durch die Anforderungen an die Gestaltung des anhand von LQW zu realisierenden Organisationsentwicklungsprozesses implizit – sozusagen als normative Annahmen dessen, was eine gelungene Organisationsentwicklung ausmacht – in das Modell integriert. Insofern werden auch hier zentrale dem Modell unterlegte Annahmen von den Einrichtungen der Weiterbildung geteilt. Die Relevanz der an der Schnittstelle zur Umwelt allokalisierten Bemühungen bezeugt die Bewertung der den Faktor 8 „Kundenkommunikation“ vertretenden Items, die im Wesentlichen durch L-förmige Verteilungen bestimmt sind. D. h.: Sowohl nach innen als auch nach außen hin verbindliche Kommunikationen sind im Qualitätsverständnis der Einrichtungen wie auch in der Struktur des Modells zentral. Leicht abgeschlagen sind die den Faktor 7 „Qualität als Ausdruck von Wachstum“ charakterisierenden Primärvariablen: Mit den relational höchsten Standardabweichungen und z. T. linksschiefen, durch einen Modus von „3“ („eher weniger wichtig“) bestimmten Verteilungen ist dieser, in dem Modell in den strategischen Entwicklungszielen implizit verankerte Aspekt im Qualitätsverständnis der Einrichtungen heterogen repräsentiert. Die insgesamt hohe Bedeutungszuschreibung an die einzelnen Qualitätsfaktoren sowie die geringe Kategorisierung einzelner Qualitätsbereiche als weniger 248
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
wichtig oder gar unwichtig erlauben die Aussage, dass in Summe weitgehend Konsens zwischen den beteiligten Weiterbildungseinrichtungen, dem Modell LQW und den das Modell protegierenden politischen Akteuren hinsichtlich der Frage, was für die Weiterbildung wichtige und qualitätsrelevante Aspekte sind, existiert. Unter der Perspektive einer kommunikativen Durchdringung – zumindest bis hin zu der Ebene eines nach außen inszenierten Qualitätsverständnisses – ließe sich also durchaus Erfolg vermelden: Das, was von übergeordneten Ebenen als qualitätsrelevant formuliert und in dem Modell fixiert worden ist, findet von den adressierten Organisationen Zustimmung und wird – zumindest auf der semantischen Ebene – reproduziert. Zugleich – und das zeigen die Ergebnisse der Faktorenanalyse – scheint der Teilnehmende als Lernender noch keinen systematischen Ort im Qualitätsverständnis gefunden zu haben. Dem Befund einer hohen Kongruenz zwischen dem in der Umwelt der Organisationen kursierenden Qualitätsverständnis einerseits und dem von den Organisationen kommunizierten Qualitätsverständnis andererseits schließt sich die Frage an, inwieweit das von den Organisationen auf aggregierter Ebene zum Ausdruck gebrachte Qualitätsverständnis auch nach innen hin, also von den Organisationsmitgliedern, geteilt wird. Zur Beantwortung dieser Frage werden die Einschätzungen desjenigen herangezogen, der den Fragebogen ausfüllt – in der Regel ist dies der Qualitätsbeauftragte. Insofern basieren die im Folgenden präsentierten Daten nicht auf einer Befragung der Mitarbeitenden selbst. Insgesamt ist zunächst auffällig, dass der Grad, in dem das Qualitätsverständnis geteilt wird, in Summe hoch eingeschätzt wird. Zugleich variiert der Übereinstimmungsgrad hierarchie- und funktionsbezogen: Annähernd 79 Prozent der zur Ausfüllung des Fragebogens aufgeforderten Qualitätsbeauftragten teilen das für die Organisation formulierte Qualitätsverständnis vollständig.68 Sie sind mit einem Anteil von rund 68 Prozent vollkommener Kongruenz gefolgt von der Leitung der Einrichtung. Graduelle Abbrüche lassen sich – aus Sicht der antwortenden Qualitätsbeauftragten – bei den pädagogischen Mitarbeitern, deutlicher noch bei dem Verwaltungspersonal finden. Bei Ersteren sind es knapp 45 Prozent, bei Letzteren rund 28 Prozent, die das Qualitätsverständnis vollkommen teilen. Um die Einrichtungen hinsichtlich unterschiedlicher Grade, in denen das Qualitätsverständnis laut Einschätzung der Qualitätsbeauftragten Zustimmung findet, zu differenzieren, wurden die den einzelnen Organisationsmitgliedern – Qualitätsbeauftragter, Leitung, pädagogische Mitarbeiter und Verwaltungsmitarbeiter – unterstellten Übereinstimmungsgrade in eine Clusteranalyse eingespeist. Dabei kristallisieren sich vier unterschiedliche, hinsichtlich der Zustim68 Bewertungsgrundlage ist eine Skala von 1 „vollständig geteilt“ bis 4 „nicht geteilt“.
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mungsgrade in einer Rangfolge abbildbare Einrichtungstypen heraus: Cluster 2 sammelt mit 26 Prozent diejenigen Einrichtungen, deren vier Mitarbeitergruppen das von der Organisation artikulierte Qualitätsverständnis uneingeschränkt teilen. Es wird deshalb mit dem Term „die Kongruenten“ versehen. Cluster 4 gruppiert etwas mehr als 18 Prozent der Einrichtungen. Hier grenzen sich Qualitätsbeauftragter, Führung und pädagogische Mitarbeiter mit einer hohen von dem Verwaltungspersonal mit einer eingeschränkten Übereinstimmung mit dem Qualitätsverständnis ab. Insofern differenzieren hier Funktion und damit inhaltliche Nähe zu den Kernaufgaben einer Weiterbildungseinrichtung. Das Cluster kann als die „funktionsbezogen variierend Kongruenten und Distanzierten“ begriffen werden. Das prozentual zu Cluster 2 ähnlich große Cluster 3 spaltet über die Funktion hinaus auch entlang der Hierarchielinie: Qualitätsbeauftragter und Leitung als Repräsentanten der Führung stehen mit einer uneingeschränkten Übereinstimmung den pädagogischen Mitarbeitern und den Verwaltungsmitarbeitern mit einer eingeschränkten Übereinstimmung mit dem Qualitätsverständnis gegenüber. Es wird als das Cluster der „hierarchie- und funktionsbezogen variierend Kongruenten und Distanzierten“ bezeichnet. In Cluster 1 ist die Übereinstimmung mit dem Qualitätsverständnis am schwächsten ausgeprägt. Es ist mit knapp 30 Prozent der Einrichtungen dadurch charakterisiert, dass allen vier Mitarbeitergruppen eine relative Distanz zu dem Qualitätsverständnis der Organisation attestiert werden kann. (Die Mittelwerte variieren von m = 1,52 bei dem Qualitätsbeauftragen bis m = 2,29 bei den Verwaltungsmitarbeitern.) Es wird im Folgenden als „die Distanzierten“ tituliert. Aufschlussreich ist die Zusammenschau zwischen dem Übereinstimmungsgrad mit dem Qualitätsverständnis in der Mitarbeiterschaft und der Bedeutungszuschreibung an die einzelnen das Qualitätsverständnis repräsentierenden Faktoren. Letzteres variiert in den hinsichtlich des internen Übereinstimmungsgrades mit dem Qualitätsverständnis differenzierten Clustern signifikant bei Faktor 1 „makrodidaktische Qualität“, Faktor 2 „Qualität einer wirtschaftlichen, strukturierten Reproduktion der Organisation“, Faktor 3 „Qualität als Zusammenspiel von Ambiente und Lernen“, Faktor 4 „Qualität interner und an der Schnittstelle zur Umwelt angesiedelter Kommunikation und Kooperation“ und Faktor 5 „Qualität als leitbildorientierte Organisationssteuerung“. Sucht man nach dem Gemeinsamen dieser Faktoren, fällt auf, dass insbesondere in denjenigen Qualitätsaspekten Signifikanzen auftreten, in denen interne Kooperation und Kommunikation eine besondere Rolle spielen. Entsprechend schreiben Einrichtungen, in denen das Qualitätsverständnis hierarchie- und funktionsübergreifend uneingeschränkt geteilt wird, diesen Qualitätsaspekten signifikant mehr Bedeutung zu als diejenigen, in denen über alle Mitarbeitenden hinweg eine eingeschränkte Distanz anzutreffen ist. Weitgehend einheitlich bewertet werden Faktor 6 „mi250
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
krodidaktische Qualität als Passung von Methodik und Didaktik in Relation zu den Anforderungen der Maßnahme“, Faktor 7 „Qualität als Ausdruck von Wachstum“ und Faktor 8 „Qualität der Kundenkommunikation“ – unabhängig davon, ob das Qualitätsverständnis ein- oder uneingeschränkt geteilt wird. Unter der Perspektive Qualitätsverständnis hervorzuheben ist weiterhin, dass den unmittelbaren Organisationsmitgliedern mehr Zustimmung gegenüber dem Qualitätsverständnis attestiert wird als den lose gekoppelten freien Trainern und Dozenten. Nur 13 Prozent der Einrichtungen gehen davon aus, dass die freien Trainer und Dozenten das organisationseigene Qualitätsverständnis vollständig teilen. Die gegenüber den Organisationsmitgliedern weitaus geringere, von der Organisation aus unterstellte Zustimmung der freien Trainer und Dozenten bezüglich des organisationsinternen Qualitätsverständnisses liegt auf einer Linie mit der von knapp über 80 Prozent der Einrichtungen artikulierten Annahme, dass sich die freien Trainer wenig bis nicht intensiv mit dem Qualitätsthema beschäftigten. Unterstellen die Einrichtungen den freien Trainern, der Qualitätsthematik wenig Aufmerksamkeit zuzuwenden, so scheinen auch umgekehrt die Einrichtungen wenig Aufmerksamkeit in die Einbindung derselben in die organisationseigene Qualitätsentwicklung zu betreiben. Den Angaben der Organisationen im Rahmen des ersten Messzeitpunktes zufolge bindet nur ein Drittel der Einrichtungen die freien Trainer und Dozenten in die organisationsinternen Qualitätsdebatten ein. Insofern sind – trotz mangelnder Zufriedenheit – auch die von der Organisation aus initiierten Integrationsbestrebungen begrenzt (vgl. hierzu Hartz/Goeze/Schrader 2007). Letzteres ändert sich im Laufe des Implementationsprozesses. Zum zweiten Messzeitpunkt geben 53 Prozent, also etwas mehr als die Hälfte, der befragten Einrichtungen an, die freien Trainer und Dozenten in die Qualitätsentwicklung nach LQW integriert zu haben. Dies kann als Indikator dafür gesehen werden, dass Einrichtungen die Bedeutung der freien Trainer für die Qualität der Einrichtung an der Schnittstelle zum Lernenden im Laufe der Auseinandersetzung mit der Qualitätsthematik erkannt bzw. anerkannt haben. Dennoch bleibt an dieser Stelle Skepsis zurück. Sie speist sich aus zwei Quellen: Erstens zeichnen die Aussagen der Einrichtungen ein positiveres Bild, als es sich den Gutachtern und Beratern in ihren Praxiskontakten zu vermitteln scheint. Von marginalen Ausnahmen abgesehen seien freie Trainer und Dozenten in die Qualitätsentwicklung der Organisation nicht eingebunden. Genauso wenig werden von den Gutachtern und Beratern für die Ebene der freien Trainer und Dozenten Veränderungen in der konkreten Arbeit erwartet (vgl. Deutsches Institut für Erwachsenenbildung 2005; vgl. Bosche 2007). Dies deutet darauf hin, dass gerade an der entscheidenden Stelle zum Lernenden hin ein Durchgreifen der Lernerorientierten Qualitätstestierung mehrheitlich ausbleibt. 251
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Untermauern lässt sich diese Skepsis zweitens durch einen Rekurs auf die in Kapitel E 2.1.4 herausgearbeiteten Befunde. Hier konnte aufgezeigt werden, dass die Erwartungen an einen Professionalisierungsgewinn vordergründig hoch sind, während auf die methodisch-didaktische Ebene und damit den Handlungsbereich der freien Trainer von rund 64 Prozent der Einrichtungen keine Auswirkungen erwartet werden. Vor dem Hintergrund geringer Wirkerwartung im Handlungsbereich der freien Trainer und der geringen Einbindung derselben insbesondere zu Beginn des Qualitätsentwicklungsprozesses stellt sich an dieser Stelle die Frage der Entkopplung noch einmal anders: ob es nämlich zu einer Entkoppelung einer für die Qualität der Einrichtung an der Schnittstelle zum Lernenden relevanten Akteursgruppe gekommen ist. Möglicherweise steht dieses in Zusammenhang mit der geringen Durchdringung der Lernerorientierten Qualitätstestierung bis zur Ebene der Lehr-Lerninteraktion und den auf dieser Ebene messbaren Wirkungen (vgl. Kap. E 2.2.2). Neue bzw. anders nuancierte Einsichten zu der kommunikativen Durchdringung des dem Modell LQW unterlegten Qualitätsverständnisses bieten die in den Falleinrichtungen diesbezüglich generierten qualitativen Daten. Eine Analyse der beiden Fälle lässt nämlich zwei sehr unterschiedliche Phänomene hervortreten: In der Volkshochschule wird das LQW unterlegte Qualitätsverständnis umfassend geteilt. Zwar werden hierarchie- und funktionsbezogen unterschiedliche Aspekte in den Vorder- respektive den Hintergrund gerückt, in Summe jedoch besteht innerhalb der Einrichtung eine hohe Kongruenz. Indem LQW – insbesondere bei den pädagogischen Mitarbeitern – so etwas wie „Nestwärme“ erzeugt (vgl. dazu auch Kap. E 2.1.2.2), liegen die über das qualitative Material erschlossenen Befunde auf einer Linie mit der für die aggregierten Daten herausgearbeiteten hohen Anschlussfähigkeit von LQW in den Organisationen der Weiterbildung. Anders ist dies in dem privatwirtschaftlichen Bildungsunternehmen. Zwar findet LQW und das dem Modell inhärente Qualitätsverständnis auch hier auf der Vorderbühne Zustimmung, auf der Hinterbühne allerdings schleicht sich insbesondere auf der Führungsebene – der den aggregierten Daten zufolge eine sehr hohe Zustimmung zu dem Qualitätsverständnis attestiert werden kann – eine Abgrenzungssemantik gegenüber LQW im Allgemeinen und dem dahinterliegenden Qualitätsverständnis im Besonderen ein. Während die Mitarbeitenden noch Hoffnungen an LQW binden und, zumindest partiell, zentrale Aspekte des dem Modell unterlegten Qualitätsverständnisses teilen, thematisieren die beiden Geschäftsführer die in dem Modell LQW fixierten Anforderungen im Laufe des Prozesses immer mehr in Widerspruch zu den für die Reproduktion des Unternehmens wichtigen Handlungen. Augenscheinlich wird dies im Selbstreport, wo Aussagen über Identität und Auftrag vorgenommen werden. Für die Einrichtung scheint es sich als schwierig zu erweisen, 252
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
den engen Bezug zum Lerner herzustellen und sich auf diesen Begriff einzulassen. Semantisch drückt sich dies in dem Begriffswechsel zum „Kunden“ aus: „Die … [Name der Einrichtung, S. H.] sieht sich selbst als modernes Bildungsunternehmen, in dem die Kunden (= die Lerner) maximale pädagogische und infrastrukturelle Voraussetzungen finden (...). Wesentlich bei diesem Ansatz ist der Kundenbegriff (...).“ „Der Hauptauftraggeber der … [Name der Einrichtung, S. H.] ist mit über 90 % des Gesamtumsatzes die Bundesanstalt für Arbeit (ab 2004: Bundesagentur für Arbeit/BA). Daraus resultiert eine doppelte Kundenorientierung: einmal der Auftraggeber BA mit seinen unterschiedlichen Mitarbeitern in den jeweiligen Geschäftsstellen. Zum anderen die von den jeweiligen Agenturen für Arbeit (AfA) zugewiesenen Arbeits- oder Ausbildungssuchenden, (...).“ Auszug aus dem ersten Selbstreport, privater Bildungsdienstleister
Im Selbstverständnis vorrangig präsent und für die Unternehmensreproduktion bedeutsam sind weniger die konkreten Lerner als vielmehr die Auftraggeber. Sie sind – wie die Bundesagentur für Arbeit – die eigentlichen Kunden, die die Lerner in die Einrichtung schicken. Der für die Reproduktion der Einrichtung zentrale, zahlende Kunde und der Lernende fallen auseinander. Dies führt zu einem Dilemma, das die pädagogische Geschäftsführung folgendermaßen kommentiert: „Die Widerstände kamen eben aus der unterschiedlichen Definition der Lerner, dass bei uns und bei dem Modell die Zielgruppen nicht übereinstimmen.“ Pädagogische Geschäftsführung, privater Bildungsdienstleister
Angesichts der Bundesagentur für Arbeit als Auftraggeber bemesse sich der Erfolg des Unternehmens vornehmlich „an Quoten, an Zahlen, an Messbarem und nicht an einem, … an einem nicht klar messbaren, subjektiv, vielleicht auch determinierten Lernerfolg eines Lerners“, so der pädagogische Geschäftsführer. Die Bildungsmaßnahme müsse sich demnach an dem Kunden und dessen Anforderungen – nämlich der Vermittlungsquote in den Arbeitsmarkt – orientieren. Nachrangig ist das Lernen der zur Qualifizierungsmaßnahme abgeordneten Teilnehmenden. Eine Lernerorientierung im engeren Sinne erscheint dem privatwirtschaftlichen Unternehmen vor diesem Hintergrund im Laufe des Prozesses eher hinderlich als erstrebenswert. Hinzu kommt, dass die Gesellschafter eine begrenzte Kompatibilität sehen zwischen dem Lernenden, der in die von ihnen durchgeführten Maßnahmen geschickt wird, und dem dem Modell – aus ihrer Perspektive – unterlegten Idealtyp eines Lerners: „Also in der Rückschau bin ich mit einigen Elementen der starken Fokussierung auf den Lerner und dessen Lernprozess skeptisch. Ob das etwas ist, was tatsäch-
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lich mit der Schulungswirklichkeit zu tun hat. Der Ansatz ist ein sehr schulischer, vielleicht damit auch ein VHS-Ansatz. Wenn man von einem Idealtypus des Lerners ausgeht, vollständig intrinsisch motiviert, hier sein Ding machen will und vielleicht außer Acht lässt, dass wir sehr viele Teilnehmer haben, die Schulungen, so sie überhaupt stattfinden, die einfach auch kommen, weil das Arbeitsamt sagt, „du machst das jetzt, sonst kriegst du Ärger“. Also bei den Maßnahmen, die unser Hauptgeschäft bilden, (...). Da könnte man anhand der Fehlzeiten, der gelben Zettel, schon sehen, dass da eine intrinsische Motivation wenig vorausgesetzt werden kann. Sehr vieles läuft völlig weg von dem, was wir eigentlich hier zu tun haben, oft unwillige, oft von ihrem Potential her wenig ausgeschöpfte Teilnehmerschaft. Wo die Widerstände gegen das Lernen und die Mühsal des Lernens groß ist, wo man sagt, „OK, ich habe jetzt vier Wochen lang Word gemacht, ich kann es immer noch nicht, und du bist schuld.“ Lernen ist ja etwas Mühseliges, das wissen wir alle.“ Pädagogische Geschäftsführung, privater Bildungsdienstleister
Neben den beiden Widersprüchen zwischen Kunde und Lerner sowie zwischen dem konkreten Teilnehmer und dem dem Modell aus ihrer Sicht unterlegten Idealtyp werden darüber hinaus auch Konflikte zwischen den internen, auf Schnelligkeit abstellenden Handlungserfordernissen der Einrichtung und dem dazu gegenläufigen, zeitintensiven, partizipativ angelegten Qualitätsentwicklungsprozess nach LQW wahrgenommen. Begreifen die Geschäftsführer Zeitknappheit und Schnelligkeit als ein der Marktlogik inhärentes Phänomen, deuten sie die zeitintensive Auseinandersetzung mit den internen Prozessen, wie sie durch LQW gefordert werden, auf einer Linie mit der aus ihrer Sicht behäbigeren Logik der öffentlichen Weiterbildung. Die von der Einrichtung gedeuteten Widersprüche zwischen Einrichtungsrealität und unterstelltem Modellanspruch werden genutzt, um die Schwerfälligkeit, die die Einrichtung mit der Umsetzung von LQW hat, zu rationalisieren. Diese Form der Rationalisierung geht im Laufe des Prozesses mit einem insbesondere nach außen hin immer wieder kommunizierten Akzeptanzverlust von LQW einher. Flankiert wird der auf der Grundlage der inszenierten Passungsproblematik rationalisierte Akzeptanzverlust durch die Entwicklungen rund um SGB III und die Deutungen derselben zulasten von LQW. Auf dieser Grundlage degradieren sie die über LQW initiierten, organisationsintern zu realisierenden Qualitätsdebatten zu einem nutzlosen Mehraufwand. Mehr noch, in ihren Kommunikationen disqualifizieren sie LQW regelrecht zu einem Medium, das für die unter Marktgesetzen operierende Einrichtung untauglich ist. Dieser in der Einrichtung insbesondere von den Geschäftsführern beschriebene, durchaus aber sukzessive in die Mitarbeiterschaft distribuierte und dort z. T. geteilte Widerspruch zwischen der intern erforderlichen Handlungslogik und den Wertzuschreibungen einerseits und dem dem LQW-Modell unterlegten 254
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Qualitätsverständnis andererseits lässt sich folgendermaßen zusammenfassen (vgl. Abb. 11):
Abbildung 11: Wahrgenommener Widerspruch zwischen Unternehmenslogik und Modelllogik bei dem privatwirtschaftlichen Bildungsunternehmen
Obwohl in den nach außen inszenierten, im Dienste der Rationalisierung stehenden Kommunikationen der Einrichtung Anreiz und Sinn der vornehmlich extrinsisch motivierten Auseinandersetzung, nämlich Marktanforderungen zu bedienen, verloren gehen, versucht die Einrichtung weiterhin – auch nach einem ersten zur Überarbeitung zurückgewiesenen Selbstreport – LQW in ihre Formalstruktur zu integrieren. Die Einrichtung bleibt angemeldet und damit in dem Testierungsverfahren. Die immer augenscheinlicher werdende Differenz zwischen den über das Modell fixierten Forderungen und der Umsetzung derselben in die Aktivitätsstruktur wird im Rahmen der Visitation allerdings aufgelöst. Der für ökonomische Belange verantwortliche geschäftsführende Gesellschafter erklärte das Scheitern der Einrichtung und beendete die Visitation. LQW erreicht also weder die Aktivitätsstruktur noch die Formalstruktur – deutbar als Ergebnis einer sukzessive wahrgenommenen und immer wieder zur Schau gestellten Inkongruenz zwischen Modellanforderungen und Unternehmenslogik. 255
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2.1.5.3 Qualitätsverständnis unter der Perspektive möglicher Einflussfaktoren Obwohl auf der Ebene der aggregierten Daten ein insgesamt sehr homogenes Qualitätsverständnis diagnostiziert worden ist, gilt es im Folgenden, auf der Grundlage der über die Faktorenanalyse errechneten Faktorlösung der Frage nachzugehen, ob sich Einrichtungen bzw. Einrichtungstypen in ihrem Qualitätsverständnis signifikant voneinander unterscheiden lassen. Dazu werden – wie in den vorangegangenen Kapiteln auch – im Sinne eines Ex-Post-Facto-Designs die Einrichtungen entsprechend der theoretischen Vorüberlegungen nach unterschiedlichen Kriterien differenziert (vgl. Kap. C 4) und über die ihnen auf den jeweiligen, das Qualitätsverständnis abbildenden Faktoren zugeordneten Faktorwerte mit einer einfaktoriellen ANOVA respektive einem t-Test miteinander verglichen (vgl. hierzu Kap. D 4.2). Zugleich wird auch zu untersuchen sein, ob der Grad, in dem das Qualitätsverständnis innerhalb der Organisation Zustimmung findet, einrichtungstypenbezogen variiert. Differenzierung der Einrichtungen nach Steuerungskontext Anders als es die Ausführungen zu den beiden Falleinrichtungen hätten erwarten lassen, verweisen die aggregierten Daten auf ein über die einzelnen Steuerungskontexte hinweg homogenes Qualitätsverständnis. Lediglich hinsichtlich der Bewertung der das Qualitätsverständnis abbildenden Faktoren 3 „Qualität als Zusammenspiel von Ambiente und Lernen“ und 8 „Kundenkommunikation“ lassen sich Auffälligkeiten finden: Einrichtungen des Reproduktions- und Steuerungskontextes Staat und Markt auf der einen Seite unterscheiden sich in der Bewertung von Faktor 3 signifikant von Einrichtungen des korporativen Kontextes auf der anderen Seite. Während Erstere diesem Faktor – relational betrachtet – eine leicht unterdurchschnittliche Bedeutung zuschreiben (Staat: m = -0,23; Markt: m = -0,14), bewerten Letztere diesen Faktor signifikant gewichtiger (Korporation: m = 0,58). Die unterdurchschnittliche Ausprägung dieses Faktors bei Einrichtungen des Steuerungskontextes Staat im Vergleich zu Einrichtungen anderer Steuerungskontexte lassen sich möglicherweise auf die z. T. wenig durch die Einrichtung selbst beeinflussbare räumliche Infrastruktur erklären. Gerade Volkshochschulen sind in Bezug auf die Nutzung von Veranstaltungsräumen oft auf Kooperationen mit Schulen oder anderen Bildungseinrichtungen vor Ort angewiesen und können deren Ausstattung nur begrenzt steuern. Für Einrichtungen des Steuerungskontextes Markt erstaunt es, dass das Atmosphärische keine im Vergleich zu Einrichtungen anderer Steuerungskontexte hervorgehobene Bedeutung hat. Denkbar wäre gewesen, dass die um Kunden werbenden privatwirtschaftlichen Einrichtungen mit ansprechendem Ambiente Distinktionsgewinne zu erzielen suchen und diesen Aspekt besonders herausstellen. Führt man sich jedoch die in dieser Studie zur Rede stehende pri256
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
vatwirtschaftliche Einrichtung vor Augen, gewinnt die im Vergleich zu Einrichtungen anderer Steuerungskontexte durchschnittliche Bewertung dieses Faktors Plausibilität. Der für viele der hier zur Rede stehenden marktnahen Einrichtungen eigentliche Kunde ist die Bundesagentur für Arbeit. Sie operiert mit knappen Mitteln und dürfte ihren Fokus nicht vorrangig auf das Ambiente legen. Für marktnahe Einrichtungen mit anderem Klientel hätte man hier möglicherweise andere Befunde generieren können. Interpretationsoffen ist der für Einrichtungen des korporativen Kontextes ermittelte Befund. Kennt man von katholischen Bildungshäusern die Betonung des Atmosphärischen, so bleibt für die Gesamtheit der dem Steuerungskontext zugeordneten Einrichtungen doch offen, warum dieser Aspekt eine relational betrachtet signifikant höhere Bewertung erfährt. Interessant ist auch die Bewertung von Faktor 8 „Kundenkommunikation“: Diesen Aspekt profilieren die staatlichen Einrichtungen im Vergleich zu den Einrichtungen der anderen beiden Steuerungskontexte am deutlichsten. Sie grenzen sich mit einem Mittelwert von m = 0,27 signifikant von marktnahen Einrichtungen mit einem Mittelwert von m = -0,70 ab, während die Korporativen mit m = -0,30 uneindeutig verortet sind.69 Es erstaunt, dass es gerade die marktnahen Einrichtungen sind, die der Kundenkommunikation relational die geringste Bedeutung zuweisen. Möglicherweise ist ihre vergleichsweise geringere Zustimmung Ausdruck der Tatsache, dass dieser Aspekt in ihrem Selbstverständnis so verankert ist, dass er keiner besonderen Betonung bedarf. Anders dürfte dies bei staatlichen Einrichtungen sein. Waren hier die Begriffe Teilnehmerorientierung und Adressatenbezug lange Zeit die zentralen Bezugspunkte, sind sie mit dem des Kunden erst in jüngster Vergangenheit konfrontiert (vgl. Nittel 1997, 1999). Möglicherweise findet ihre Orientierung hin zum Kunden in einer entsprechend deutlicheren Betonung ihren Niederschlag. Differenzierung der Einrichtungen nach Wichtigkeit beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen Eine Differenzierung der Einrichtungen unter der Perspektive der Wichtigkeit beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen weist Signifikanzen auf den Faktoren 1 „makrodidaktische Qualität“, 3 „Qualität als Zusammenspiel von Ambiente und Lernen“ und 6 „mikrodidaktische Qualität“ auf. Allen drei Faktoren wird von Einrichtungen, die beruflichen und berufsbezogenen Maßnahmen eine besondere Bedeutung zuschreiben, ein über den Mittelwert sichtbarer höherer Stellenwert attestiert. Wichtigkeit von beruflichen und berufsbezogenen Maß69 Entsprechend der besonderen Bedeutung, die dem Qualitätsfaktor „Kundenkommunikation“ von Einrichtungen des Steuerungskontextes Staat zugesprochen wird, bewerten Einrichtungen mit einem Schwerpunkt in der allgemeinen Weiterbildung diesen Faktor als bedeutsamer als Einrichtungen ohne einen diesbezüglichen Schwerpunkt.
257
Teil E
nahmen steht für einen Weiterbildungsbereich, bei dem gerade nicht das Primat des geselligen Klientelismus, sondern der bedarfsbezogenen Qualifizierung im Vordergrund steht. Vor diesem Hintergrund lässt es sich plausibilisieren, dass makro- und mikrodidaktische Aspekte sowie „Qualität als Zusammenspiel von Ambiente und Lernen“ eine im Vergleich hervorgehobene Rolle spielen. Differenzierung der Einrichtungen nach Dauer der Beschäftigung Einen Einfluss auf die Bewertung einzelner Qualitätsfaktoren hat weiterhin die Dauer, die sich die Einrichtungen mit der Qualitätsthematik beschäftigen. Länger als 5 Jahre damit befasste Einrichtungen profilieren in ihrem Qualitätsverständnis mit einem Mittelwert von m = 0,36 die Bedeutung von Faktor 2 „Qualität einer wirtschaftlichen, strukturierten Reproduktion der Organisation“ signifikant stärker als Einrichtungen mit einer kürzeren Phase der Auseinandersetzung mit m = -0,24. Offenbar erzeugt die zunehmende Auseinandersetzung eine im Vergleich stärkere Sensibilität für den organisationsbezogenen, lange vernachlässigten Aspekt von Qualität. Umgekehrt herum scheint „Qualität als Ausdruck von Wachstum“ für Erstere weniger bedeutsam als für Letztere, die signifikant höher werten. Nicht signifikante Differenzierungen Bezogen auf die Einrichtungsgröße zeigen sich vereinzelt variierende Bedeutungszuschreibungen – konkret bei den Faktoren 3 „Qualität als Zusammenspiel von Ambiente und Lernen“ und 8 „Qualität der Kundenkommunikation“. Ein linearer interpretationsfähiger Zusammenhang allerdings lässt sich nicht erkennen. Keine signifikanten Befunde ergeben sich bei einer Differenzierung nach Bundesland respektive den darauf basierenden Kategorisierungen. D. h., welchen bundeslandbezogenen gesetzlichen Anforderungen Einrichtungen unterliegen, ob die Länder sich befürwortend, distanziert oder neutral zu LQW positionieren, aus dem Osten oder dem Westen kommen, spielt keine Rolle für das Qualitätsverständnis. Auch Analysen hinsichtlich der Fragen, ob der Impuls für die Implementierung von LQW von außen kommt oder innerhalb der Einrichtung zu verorten ist, oder ob das in der Organisation dominierende Organisationsverständnis Einfluss auf das Qualitätsverständnis hat, ergeben keine signifikanten Unterschiede. Dass insgesamt wenig Unterschiede in dem Qualitätsverständnis zwischen Einrichtungen unterschiedlichen Typs haben konstatiert werden können und auch eine Clusteranalyse zu dem Qualitätsverständnis keine befriedigenden, durch klar abgrenzbare Merkmale charakterisierten Cluster bietet, zeugt in Zusammenschau mit der ansonsten recht homogenen Bewertung der einzelnen das Qualitätsverständnis beschreibenden Items von einem weitgehenden Konsens 258
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
darüber, was Qualität in der Weiterbildung ausmacht – jedenfalls bei denjenigen Einrichtungen, die sich für eine Implementierung von LQW entschieden haben. Ob dieser Befund eines gemeinsam geteilten Qualitätsverständnisses auf die Weiterbildung insgesamt übertragen werden kann, bleibt unsicher und ist im Rahmen dieser Untersuchung nicht zu klären. Denkbar wäre, dass die Einheitlichkeit im Qualitätsverständnis mit der Entscheidung für LQW korrespondiert, dass also LQW nur solche Einrichtungen anspricht, die ein bestimmtes LQW-kompatibles Qualitätsverständnis haben. Dies würde bedeuten, dass weniger von einem generellen Konsens ausgegangen werden kann als vielmehr davon, dass LQW Einrichtungen bestimmten Typs zusammenzieht. Einander unbekannte Einrichtungen mit latent vorhandenen Gemeinsamkeiten werden über die Entscheidung für LQW gebündelt. Über das Thema LQW konstituiert sich demnach ein Feld, in dem Gemeinsamkeiten virulent werden, in dem also nach innen hin Einheitlichkeit und nach außen hin Differenz dominieren. Unter theoretischer Perspektive lässt sich dieses Phänomen mit dem von Hoffman vorgetragenen Befund in Zusammenhang bringen, dass weniger Märkte oder Technologien als vielmehr Themen Felder konstituieren (vgl. Hoffman 1999; vgl. Kap. C 3.2). Hinsichtlich der Frage, ob die nach unterschiedlichen Kriterien differenzierten Einrichtungen in den nach Zustimmungsgraden im Qualitätsverständnis differenzierten Clustern über- oder unterrepräsentiert sind, lassen sich ebenfalls nur wenige Auffälligkeiten diagnostizieren. Cluster 2, das eine hohe organisationsinterne Kongruenz aufweist, besteht leicht überdurchschnittlich aus Einrichtungen, die beruflicher Bildung eine besonders hohe Bedeutung zuschreiben, während Cluster 4, „die funktionsbezogen variierend Kongruenten und Distanzierten“, ein leicht erhöhtes standardisiertes, auf überdurchschnittliche Besetzung verweisendes Residuum im Steuerungskontext Markt zeigt. Auffällig für Cluster 1, also „die Distanzierten“, ist, dass sich hier Einrichtungen sammeln, die sich erst in jüngster Vergangenheit mit dem Qualitätsthema beschäftigen (86 Prozent), umgekehrt sind Einrichtungen, die seit mehr als 5 Jahren Qualitätsfragen diskutieren, unterrepräsentiert. Linear ist der Zusammenhang zwischen dem Grad, in dem das Qualitätsverständnis geteilt wird, und der zeitlichen Vertrautheit allerdings nicht. In den ebenfalls durch Übereinstimmungsverluste charakterisierten Clustern 3 und 4 sind nämlich gerade die längerfristig mit Qualität beschäftigten Einrichtungen überrepräsentiert. Wäre weiterhin zu erwarten gewesen, dass mit zunehmender Einrichtungsgröße das Qualitätsverständnis zunehmend weniger geteilt wird, da die Möglichkeiten der Direktkontakte ab- und Anonymität zunehmen, so lässt sich dies in den Daten nicht bestätigen. Zwar finden sich vereinzelt über +/-1 hinausreichende standardisierte Residuen, sodass die Größe in die Clusterzusammen259
Teil E
setzung hineinzuspielen scheint, systematisch interpretierbare Effekte jedoch lassen sich nicht finden. Gleiches lässt sich auch für eine Differenzierung der Einrichtungen nach internem versus externem Anstoß konstatieren. 2.1.5.4 Zwischenfazit Wie in Kapitel E 1.2 dargestellt begreift die Mehrheit der befragten Akteure der Länder und des Bundes die Realisierung des Projektes als einen Schritt auf dem Weg zu einem gemeinsam geteilten Qualitätsverständnis. Auf dieser Linie liegt die Erwartung von rund 90 Prozent der Einrichtungen, dass sich allgemeingültige Standards durchsetzen würden und die Qualität der Weiterbildung steigen würde. Die zum ersten Messzeitpunkt beobachtbare konsensuale Einschätzung wichtiger und qualitätsrelevanter Aspekte der Weiterbildungseinrichtungen deutet auf den ersten Blick darauf hin, dass man einen entscheidenden Schritt in eine von politischer Seite gewollte Richtung gegangen ist. Auf den zweiten Blick könnte die Homogenität im Qualitätsverständnis aber auch ein Phänomen selektiver Attraktivität von LQW sein. Möglicherweise entscheiden sich gerade diejenigen Einrichtungen für LQW, die in ihrem Qualitätsverständnis bestimmte Dispositionen aufweisen. Sie waren sich möglicherweise auch schon vor ihrer Auseinandersetzung mit LQW ähnlich. Greifbar wird die Ähnlichkeit allerdings erst durch die Entscheidung für LQW, die gewisse Einstellungen zu Qualität voraussetzt. Über die in das Feld implementierte Thematik LQW gewinnt die latent vorhandene Ähnlichkeit demnach Form. Dies kann in einen Zusammenhang mit der Beobachtung Hoffmans (1999) gestellt werden, der Themen feldkonstituierende Kraft zuschreibt. Dass sich über die unterschiedlichen Ebenen hinweg – Interaktions-, Organisations-, Vermittlungs- und Gesellschaftsebene – so etwas wie eine weithin geteilte Vorstellung von Qualität zeigt, lässt sich insofern möglicherweise nicht als Annäherung zu einem gemeinsamen Qualitätsverständnis begreifen. Möglicherweise ist es genau andersherum, dass nämlich über das Projekt ein Thema da ist, das die latent bestehende Ähnlichkeit respektive bestehende Gleichheit in der Einstellung zu Qualität an die Oberfläche befördert und zusammenführt. Wendet man eine systemtheoretische Deutung an, ließe sich sagen, dass an dem grenzüberschreitenden Kommunikationszusammenhang LQW nur diejenigen (Sub-)Systeme teilhaben, bei denen LQW ein Mindestmaß an Anschlussfähigkeit erzeugt. Akzeptanz findet LQW demnach selektiv da, wo Umweltkontakt einen je ähnlichen Selbstkontakt auslöst.
260
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
2.2
Wirkungen von LQW auf der Ebene der Organisationen und an der Schnittstelle zu den Mitarbeitern
Inwieweit sich die über die Implementierung von LQW im Allgemeinen und die über das Modell der Lernerorientierung spezifizierbaren Erwartungen im Besonderen in Wirkungen transformiert haben, ist Gegenstand des nachfolgenden Kapitels. Dabei geht es um die Wirkungen, die die auf der organisationalen Ebene allokalisierten Einrichtungen innerhalb ihres eigenen Systems wie auch in ihrer Umwelt wahrnehmen können. Unter systemtheoretischer Perspektive ist es das Ziel, die kommunikativen Anschlüsse, die die Einrichtungen der Weiterbildung in Bezug auf LQW erzeugen, und die Form, die sie LQW geben, offenzulegen (vgl. Kap. C 3.1). Dabei ist es im Anschluss an den Theorierahmen des Neo-Institutionalismus (vgl. Kap. C 3.2) von Interesse, die Frage zu verfolgen, inwieweit es zu einer Koppelung respektive Entkoppelung von Formal- und Aktivitätsstruktur kommt. In ihre Formalstruktur eingetragen haben LQW alle diejenigen Einrichtungen, die das Testat erhalten haben, und dieses nach außen als Qualitätsnachweis darstellen können. Damit sind noch keine Anhaltspunkte darüber gewonnen, inwieweit auch die Aktivitätsstruktur geändert worden ist. In diesem Zusammenhang kommt dem Kriterium der Lernerorientierung eine besondere Aufmerksamkeit zu. Wie anhand der Motivstruktur (vgl. Kap. E 2.1.2) respektive anhand der an die Implementierung herangetragenen Erwartungen (vgl. Kap. E 2.1.4) nachvollzogen werden konnte, spielt nämlich die das Modell gegenüber anderen Qualitätsmanagementmodellen profilierende Lernerorientierung eine bedeutende Rolle. Das Alleinstellungs- und Profilierungsmerkmal Lernerorientierung ist sowohl ein zentrales Element, durch das die Entscheidung für LQW begründet wird, als auch ein wesentlicher Ankerpunkt, an dem sich Erwartungen aufspannen. Sie verspricht sowohl die pädagogische als auch die organisationale Handlungslogik zu bedienen und trägt bei den untersuchten Einrichtungen wesentlich zur Akzeptanz des Modells bei (vgl. Kap. E 2.1). Insofern ist es sachimmanent, über die allgemeine Frage, ob und in welchem Umfang LQW Wirkungen nach innen wie auch nach außen zeigt, hinaus zu untersuchen, inwiefern sich die Lernerorientierung in die Aktivitätsstruktur der Einrichtungen eingetragen hat und inwiefern sie bis hin zu der Lehr-Lerninteraktion durchgedrungen ist. Pointiert formuliert wird LQW an dieser Stelle dahin gehend geprüft, ob es sich tatsächlich um ein Qualitätsmanagementmodell handelt, das nicht nur die organisationale und pädagogische Handlungslogik adressiert, sondern diese auch erreicht. Anhand des Fragebogens wurden einerseits in Analogie zu dem Qualitätsverständnis (vgl. Kap. E 2.1.5) Wirkungen erfragt, die sich auf die modelltheoretisch verankerten Anforderungen von LQW beziehen (ohne dass die Semantik
261
Teil E
immer eins zu eins übernommen worden wäre). Darüber hinaus wurde quasi spiegelbildlich zu den im Rahmen des ersten Messzeitpunktes ermittelten, an die Implementierung von LQW gebundenen Erwartungen (vgl. Kap. E 2.1.4) mit einer vor dem Hintergrund der Befunde des ersten Messzeitpunktes und zwischenzeitlicher Änderungen von Kontextfaktoren erweiterten70, in Summe aber weitgehend ähnlichen Itembatterie im Rahmen des zweiten Messzeitpunktes gefragt, inwieweit diese einzelnen auf die Organisations- wie auch die Systemebene bezogenen Aspekte aus der Perspektive der Einrichtungen eingetreten sind. Dadurch liegen zwei umfangreiche, Wirkungen adressierende Itembatterien vor. Auswertungsstrategisch sind vor diesem Hintergrund zwei Varianten denkbar: Erstens könnten die Wirkungen in ihrer Gesamtheit analysiert werden. Dieses bedeutete, Wirkungen mit Bezug zu den Qualitätsbereichen zusammen mit den aus Sicht der Einrichtungen eingetretenen Erwartungen in eine Faktorenanalyse einzuspeisen. Dies ist allerdings aus zwei Gründen problematisch. Aus inhaltlichen Gründen variiert erstens die Skalierung zwischen beiden Itembatterien. Bei der Frage nach Wirkungen in Bezug auf Qualitätsbereiche wurde eine 5-stufige Skala gewählt, die von sehr verbessert über unverändert bis hin zu sehr verschlechtert reicht. Anders verhält es sich bei der Frage nach dem Realisierungsgrad einzelner Aspekte. Hier ging es nicht um verbessert versus verschlechtert, sondern um das Ausmaß, in dem etwas eingetreten ist. Dieses wird auf einer Skala von 1 „in sehr hohem Maße eingetreten“ bis 4 „nicht eingetreten“ erfasst. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Einrichtungen die 5er-Skalierung nicht ausschöpfen, ließe sich dieses Problem noch entkräften. Schwerwiegender erscheint der zweite Einwand, der das Verhältnis von Fallund Itemzahl betrifft: Die Zahl der in der Faktorenanalyse zu berücksichtigenden Fälle (N = 132) ist nur geringfügig größer als die Itemzahl von 107. Damit ist – wenn man der Empfehlung unterschiedlicher Autoren folgt – die Mindestanforderung, mehr Fälle als Items in die Faktorenanalyse zu geben, zwar erfüllt. Optimale Voraussetzungen allerdings, wie sie von Clauß/Ebner (1982) (demnach die Fallzahl die Itemanzahl um 50 übersteigen sollte) oder Backhaus et al. (2000) (demnach die Fallzahl das Dreifache der Variablenzahl haben sollte) formuliert werden, sind dies nicht (vgl. Kap. D 4.2). Eine trotz dieser Unwägbarkeiten gerechnete Faktorenanalyse mit allen 107, auf Wirkungen abstellenden Items – also denjenigen Items, die die Qualitätsbereiche und denjenigen, die den Realisierungsgrad unterschiedlicher Hoffnungen und Bedenken adressieren – liefert dennoch gut interpretierbare Faktoren. In weitergehenden, auf die 70 Die Erweiterungen beziehen sich im Wesentlichen auf Effekte an der Schnittstelle zwischen Organisation und Umwelt.
262
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
z-standardisierten Faktorwerte bezogenen Analysen allerdings lassen sich nur eingeschränkt signifikante Befunde ermitteln. Offensichtlich ist das „Rauschen“ des realisierten Abstraktionsgrades zu hoch. Diese Einschränkungen führen in Zusammenschau mit einer weiteren inhaltlichen Erwägung zu einer naheliegenden zweiten Auswertungsstrategie: und zwar einer getrennten Analyse der beiden Itembatterien. Dies vermag zwar weniger Komplexität zu reduzieren, Wirkungen können aber systematisch auf das Modell einerseits und auf die unterschiedlichen in ihrer Struktur zum ersten Messzeitpunkt sehr ambivalenten Erwartungen andererseits bezogen werden. Auf diese Weise bleiben nicht nur die unterschiedlichen Referenzpunkte – nämlich die über das Modell adressierten Wirkungen und die allgemeineren, über das Modell hinausgehenden Erwartungen – in ihrer Klarheit erhalten. Es ermöglicht darüber hinaus auch, Beziehungen zwischen den auf das Modell bezogenen Wirkungen und den eher allgemeineren, von der Modellsemantik losgelösten Wirkungen zu untersuchen. Nichtsdestoweniger werden die Wirkungen nicht getrennt voneinander analysiert, sodass sich folgende Kapitelstruktur ergibt: Zunächst werden die Ergebnisse der beiden faktorenanalytisch separat geordneten Itembatterien – also die hinter den Wirkungen stehende Struktur – beschrieben (Kap. E 2.2.1). Anschließend gilt es, unter Rekurs auf die Elementarvariablen die in den Einrichtungen initiierten Anschlusskommunikationen zu präzisieren. Über die Nutzung der aggregierten Daten hinaus wird hierbei analog zu den anderen Kapiteln auch auf die qualitativen Materialien aus den Falleinrichtungen zurückgegriffen. Auf diese Weise werden die aggregierten Befunde im Einzelfall gespiegelt (Kap. E 2.2.2). Kapitel E 2.2.3 widmet sich dem Zusammenhang zwischen Motivstruktur ex ante, Erwartungen, Wirkungen und Motivstruktur ex post speziell unter der Perspektive der Lernerorientierung. Dies bildet die Grundlage, um in Kapitel E 2.2.4 die Wirkungen in Relation zu möglichen Einflussfaktoren zu betrachten. Das letzte Kapitel E 2.2.5 beschäftigt sich mit einer Clusteranalyse. Dabei wird lediglich die Clusteranalyse beschrieben, die die Einrichtungen hinsichtlich der von ihnen wahrgenommenen, mit Blick auf die über LQW beschriebenen Wirkungen gruppiert. Auf die Darstellung der Clusteranalyse, die die über LQW hinausgehenden allgemeineren Wirkungen adressiert, wird verzichtet, da diese kaum interpretierbar ist. 2.2.1 Faktorenanalysen zu den Wirkungen von LQW In die Faktorenanalyse der auf die Qualitätsbereiche bezogenen Wirkungen werden 51 Items eingespeist. Nach dem Kaiser-Guttman-Kriterium läge eine 15-faktorielle Lösung mit einer 70-prozentigen Varianzaufklärung nahe. Obwohl sich die Faktoren interpretieren und auf die Qualitätsbereiche zurückbe263
Teil E
ziehen lassen, wird eine solch hochfaktorielle Lösung aufgrund ihrer geringen Komplexitätsminderung verworfen (vgl. zu dieser Problematik Bortz 2005: 544; Backhaus et al. 2000: 288). In Orientierung an dem Screeplot wird stattdessen eine vierfaktorielle Lösung gewählt, die mit einer immer noch zufriedenstellenden Varianzaufklärung von knapp 38 Prozent die Faktorzahl beträchtlich reduziert und Wirkungen über die folgenden Dimensionen beschreibbar macht (vgl. Tab. 6): Tabelle 6: Faktorenanalyse zu den Wirkungen in Bezug auf die über das Modell adressierten Qualitätsbereiche Rotierte Komponentenmatrix (a) Erklärte Gesamtvarianz: 37,8 % Komponente Faktor 1: „Wirkdimension: LehrLerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ Passung zwischen Methoden und Anforderungen der Maßnahme Passung zwischen didaktischem Konzept und Anforderungen der Maßnahme Einflussnahme der Lernenden auf Inhalte, Ziele und Arbeitsformen Formulierung der Lernziele Austausch zwischen Lehrenden/ Dozenten und Programmplanenden Passung zwischen Lernort und Lernanforderungen Passung zu den Bildungsanforderungen der Zielgruppe/Kunden Reaktion auf Marktentwicklungen die (situative) pädagogische Kompetenz der Lehrenden die Setzung neuer Akzente in der Weiterbildungslandschaft durch die Einrichtungen Austausch zwischen Lehrenden/ Dozenten und Verwaltung das Qualifikationsniveau (fachlich, didaktisch-methodisch) der Mitarbeitenden die Passung von Weiterbildungsprogramm und Bildungsauftrag/Leitbild
264
,829 ,815 ,646 ,590 ,557 ,554 ,538 ,536 ,531 ,528 ,508 ,462 ,415
Faktor 2: „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“
Faktor 3: „Wirkdimension: Evaluation unterschiedlicher Bezugsebenen“
Faktor 4: „Wirkdimension: (optimierte) Reproduktion durch Wachstum“
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Komponente Faktor 1: „Wirkdimension: LehrLerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ das Lernen der Teilnehmenden/ Lernenden die räumliche Ausstattung Austausch zwischen Programmplanenden und Verwaltung die Sauberkeit der Räume der Einsatz der Mitarbeiter entsprechend ihrem Qualifikationsprofil die Zufriedenheit der Teilnehmenden/Lernenden die Quote bestandener Prüfungen der organisatorische Ablauf die Klarheit der Strukturen die Ordnung der Prozesse die Festlegung von Zuständigkeiten die Bekanntheit der Führungsgrundsätze die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen die Kenntnis des Organisationsziels nach innen die Mitarbeiterführung mit Zielvereinbarungen das Berichtswesen die alltägliche Umsetzung des Leitbilds das systematische Controlling Koordination der Aufgaben zwischen Verwaltung, Programmplanung und Dozenten die Transparenz des Leitbildes nach außen die Stellung der Einrichtung in der Öffentlichkeit die Personalentwicklung die Deckungsbeitragsrechnung die Transparenz der Vertragsmodalitäten zwischen Kunden und Einrichtung die übersichtliche Gestaltung des Programms die effiziente Nutzung finanzieller Ressourcen die Integration der Evaluationsergebnisse in die künftige Arbeit
Faktor 2: „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“
Faktor 3: „Wirkdimension: Evaluation unterschiedlicher Bezugsebenen“
Faktor 4: „Wirkdimension: (optimierte) Reproduktion durch Wachstum“
,409 ,397 ,389 ,373 ,362 ,360 ,689 ,658 ,604 ,604 ,592 ,568 ,563 ,518 ,483 ,474 ,443 ,431 ,428 ,423 ,387 ,375 ,357 ,338 ,337 ,755
265
Teil E
Komponente Faktor 1: „Wirkdimension: LehrLerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“
Faktor 2: „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“
die kontinuierliche Evaluation der Weiterbildungseinrichtung die kontinuierliche Evaluation des Weiterbildungsprogramms die kontinuierliche Evaluation der Kurse/Seminare die systematische Erschließung des Weiterbildungsbedarfs die Durchdringung der Organisation mit dem Gedanken des gelungenen Lernens die Auswertung der Kundenbeschwerden Wachstum: Teilnehmerzahlen Wachstum: Gewinn Wachstum: Stundenvolumen die Akquise von Geldern die Bestandssicherung des Personals
Faktor 3: „Wirkdimension: Evaluation unterschiedlicher Bezugsebenen“
Faktor 4: „Wirkdimension: (optimierte) Reproduktion durch Wachstum“
,736 ,710 ,692 ,393 ,381 ,331 ,777 ,746 ,706 ,523 ,406
Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung Rotation in 6 Iterationen konvergiert N = 132 Einrichtungen
Faktor 1 mit einer Varianzaufklärung von knapp 13 Prozent bündelt im Wesentlichen Items, die einen direkten Bezug zur Lehr-Lerninteraktion herstellen. Er repräsentiert erstens Wirkungen auf der mikrodidaktischen Ebene. Zweitens bündelt er Wirkungen hinsichtlich der personellen Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit es zu gelungenen Lernprozessen kommen kann. Genannt seien der Austausch zwischen Lehrenden, Programmplanung und Verwaltung oder die Kompetenzen der Mitarbeitenden im Allgemeinen und der Lehrenden im Besonderen. Bezeichnet wird der Faktor im Folgenden als „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“. Managementbezogene Aspekte fokussiert Faktor 2 mit einer Varianzaufklärung von rund 11 Prozent. Er vertritt Items, die in einem umfassenden Sinne die organisationsinterne Steuerung durch systematische Managementtechniken ansprechen wie Eindeutigkeit von Strukturen, eine an transparenten Kriterien
266
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
orientierte Führung und Instrumente des Controllings. Darüber hinaus werden mit weniger hochladenden Items auch Aspekte adressiert, die die Reputation der Einrichtung in der relevanten Organisationsumwelt betreffen, sodass der Faktor mit „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“ betitelt wird. Eine systematisierte Evaluation der Organisation, der Lehr-Lerninteraktion, des Programms wie auch der von außen nach innen transportierten Kundenbeschwerden – also unterschiedlicher Ebenen – fokussiert Faktor 3 (Varianzaufklärung: 7,4 Prozent). Er trägt den Kurztitel „Wirkdimension: Evaluation unterschiedlicher Bezugsebenen“. Items, die Wirkungen dahin gehend beschreiben, dass sich die Organisation nicht schlicht reproduziert, sondern auch durch Wachstum wie steigende Teilnehmendenzahlen, Gewinnmaximierung und erhöhtes Stundenvolumen charakterisiert ist, sind die Mechanismen, die sich hinter Faktor 4 (Varianzaufklärung: 6,5 Prozent) verbergen. Benannt wird er deshalb mit dem Term: „Wirkdimension: (optimierte) Reproduktion durch Wachstum“ (vgl. hierzu auch Hartz/Schrader 2009). Bezieht man die die Wirkungen beschreibenden Faktoren – Lehr-Lerninteraktion, Steuerung der Organisation durch Management, Evaluation und Wachstum – auf die in dem Modell LQW ausgewiesenen Qualitätsbereiche, dann integriert Faktor 1 Aspekte, die auf die Qualitätsbereiche Lehr-Lernprozesse, Bedarfserschließung, in Teilen Infrastruktur und Personal zurückführbar sind. Faktor 2 lässt sich im weitesten Sinne auf die Qualitätsbereiche Schlüsselprozesse, Führung, Leitbild, Controlling und Kundenkommunikation projizieren. Den Qualitätsbereich Evaluation deckt der gleichnamige 3. Faktor ab, während Faktor 4 Wirkungen zusammenzieht, die implizit in dem Bereich strategische Entwicklungsziele von Belang sind (vgl. Zech 2005; Kap. B 2.3). Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Erwartungen und Wirkungen sind die Korrelationen von Interesse, die zwischen den die erwarteten Wirkungen beschreibenden Qualitätsbereichen des ersten Messzeitpunktes und den hier extrahierten Wirkfaktoren beobachtet werden können. Dabei zeigen sich schwache, zugleich z. T. hoch signifikante Korrelationen: So korrelieren die erwarteten Wirkungen bezüglich einer „teilnehmerangemessenen Didaktik und Methodik“ sowie bezüglich „Infrastruktur und Ausstattung“ mit Faktor 1 „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ mit r = 0,261 bzw. r = 0,212. Darüber hinaus lassen sich Zusammenhänge zwischen erwarteten Wirkungen, die sich auf den systematischen Personaleinsatz, interne Kommunikation und Kooperation, Führung und geordnete Organisation beziehen, und Faktor 2 „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“ erkennen. 267
Teil E
Sie sind hoch signifikant mit Werten zwischen r = 0,302 und r = 0,366. Bezogen auf den mikrodidaktischen Bereich wie auch auf den Bereich der internen Organisationssteuerung stehen die Wirkeinschätzungen ex ante mit den ex post eingetretenen Wirkungen in Beziehung. Neben diesen noch erkennbaren Konformitäten zwischen Erwartungen und Wirkungen lassen sich auch sehr geringe, nicht signifikante Korrelationen finden. Zu nennen seien die Bereiche Evaluation und Wachstum. Inwieweit nun auf den einzelnen Dimensionen tatsächlich Wirkungen eingetreten sind, ist Gegenstand von Kapitel E 2.2.2. Zuvor werden die faktorenanalytisch gewonnenen Ergebnisse der zweiten, auf allgemeinere Effekte zugeschnittenen Itembatterie vorgestellt. Wie bereits angedeutet ist die Itembatterie zwar um einzelne Variablen erweitert, in Summe aber spiegelbildlich zu den im Rahmen des ersten Messzeitpunktes erfragten Erwartungen. Für die 56 in die Faktorenanalyse eingegangenen Items würde eine alleinige Orientierung am Kaiser-Guttman-Kriterium abermals eine höherfaktorielle Lösung als die im Folgenden präferierte nahelegen. Da – wie bei den zuvor beschriebenen Faktorenanalysen auch – eine möglichst umfassende Informationsverdichtung realisiert werden soll, wird in Anlehnung an den Screeplot und vor dem Hintergrund der sich eröffnenden Interpretationsmöglichkeiten eine achtfaktorielle Lösung gewählt. Sie erreicht eine Varianzaufklärung von 50,4 Prozent (vgl. Tab. 7). Tabelle 7: Faktorenanalyse zu modellübergreifenden Wirkungen mit Bezug zur Organisations- und Systemebene Rotierte Komponentenmatrix (a) Erklärte Gesamtvarianz: 50,4 % Komponente Faktor 2: Faktor 1: „optimierte „optiBewirtmierte Bewirtschafschaftung tung der an der Human- Schnittressour- stelle zur ce“ Umwelt“ Systematischere Dokumentation der Fortbildungsaktivitäten der freien Trainer/ Dozenten Systematischere Fortbildung der Mitarbeiter
268
,698
,643
Faktor 4: „Divergenz Faktor 3: zwischen „externe PädagoRegulie- gik und rung bei Organisageringem tion/ÖkoNutzen“ nomie“
Faktor 6: „Konvergenz zwischen Faktor 5: Päda„Konsens- gogik, bildung Ökonound mie und VernetOrganisazung“ tion“
Faktor 7: „Testierung als externer Zwang“
Faktor 8: „Ambivalenz und Teilentkoppelung“
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Komponente Faktor 2: Faktor 1: „opti„optimierte mierte BewirtBewirtschaftung schaftung der an der Human- Schnittressour- stelle zur ce“ Umwelt“ Tätigkeiten wurden transparenter für Mitarbeiter Steigerung der Motivation der Mitarbeiter Mehrwert von Entwicklungsgesprächen mit Mitarbeitern Verbesserung des Verständnisses zwischen Verwaltung und pädagogischen Mitarbeitern Aufwertung der Verwaltungsmitarbeiter als Experten für Prozesse durch LQW 2 Mitarbeiter wissen, dass QE gut für die WBEinrichtung ist Stärkere Forderung an freie Trainer/Dozenten an Fortbildungen teilzunehmen Verantwortlichkeiten klarer geregelt Der Lernende im Mittelpunkt Tätigkeiten wurden transparenter für Außenstehende Hierarchien wurden abgebaut Neue Aufträge durch LQW 2 Sicherung wichtiger Aufträge
Faktor 4: „Divergenz Faktor 3: zwischen „externe PädagoRegulie- gik und rung bei Organisageringem tion/ÖkoNutzen“ nomie“
Faktor 6: „Konvergenz zwischen Faktor 5: Päda„Konsens- gogik, bildung Ökonomie und und VernetOrganisazung“ tion“
Faktor 7: „Testierung als externer Zwang“
Faktor 8: „Ambivalenz und Teilentkoppelung“
,617
,614
,607
,604
,550
,503
,492
,452 ,452
,446 ,332 ,750 ,708
269
Teil E
Komponente Faktor 2: Faktor 1: „opti„optimierte mierte BewirtBewirtschaftung schaftung der an der Human- Schnittressour- stelle zur ce“ Umwelt“ Steigerung des Ansehens bei den Kooperationspartnern in der Wirtschaft durch LQW 2 Kunden fragen nach Testat Mehr Erwartungen der Teilnehmenden Testat bringt Marktvorteile Testat zu unbekannt, bringt keinen Imageeffekt Verbraucher haben eine bessere Orientierung für die Auswahl bekommen Zeitaufwand für die Testierung und Nutzen für die Einrichtung stehen in keiner Relation Tests wichtiger als die Verbesserung interner Prozesse Veränderung der politischen Lage, daher LQW 2 umsonst Finanzieller Aufwand der Testierung und Nutzen für die Einrichtung stehen in keiner Relation Die Testierungsstelle hat mehr Macht und drückt Qualitätsstandards auf
270
Faktor 4: „Divergenz Faktor 3: zwischen „externe PädagoRegulie- gik und rung bei Organisageringem tion/ÖkoNutzen“ nomie“
,698 ,650
,594 ,481
-,417
,415
,629
,615
,559
,546
,537
Faktor 6: „Konvergenz zwischen Faktor 5: Päda„Konsens- gogik, bildung Ökonomie und und VernetOrganisazung“ tion“
Faktor 7: „Testierung als externer Zwang“
Faktor 8: „Ambivalenz und Teilentkoppelung“
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Komponente Faktor 2: Faktor 1: „opti„optimierte mierte BewirtBewirtschaftung schaftung der an der Human- Schnittressour- stelle zur ce“ Umwelt“ QE bedeutet mehr Arbeit, bringt aber im Alltag nichts Durch LWQ 2 werden sich die Weiterbildungseinrichtungen im Angebot immer ähnlicher Einschränkung der Handlungsautonomie der Einrichtung durch LWQ 2 Arbeitsamt/ Bundesagentur drückt eigene Qualitätsstandards auf Es wurde keine QE in Gang gesetzt Arbeitsplätze der Mitarbeiter sind auch nach QE bedroht Professionelles pädagogisches Selbstverständnis leidet Durch LQW 2 Widerspruch zwischen organisationsbezogenen und pädagogischen Anforderungen Zurückdrängung pädagogischer Standards zugunsten wirtschafts- und managementbezogener Standards
Faktor 4: „Divergenz Faktor 3: zwischen „externe PädagoRegulie- gik und rung bei Organisageringem tion/ÖkoNutzen“ nomie“
Faktor 6: „Konvergenz zwischen Faktor 5: Päda„Konsens- gogik, bildung Ökonomie und und VernetOrganisazung“ tion“
Faktor 7: „Testierung als externer Zwang“
Faktor 8: „Ambivalenz und Teilentkoppelung“
,536
,475
,471
,465 ,429
,355
,826
,709
,680
271
Teil E
Komponente Faktor 2: Faktor 1: „opti„optimierte mierte BewirtBewirtschaftung schaftung der an der Human- Schnittressour- stelle zur ce“ Umwelt“ Weniger pädagogische Qualität Konflikte zwischen Verwaltungsmitarbeitern und päd. Mitarbeitern durch LQW 2 Anforderungen des Modells im Widerspruch zu den Erfordernissen der Einrichtung Einheitliches Qualitätsverständnis in der Weiterbildung Steigerung der Qualität der Weiterbildung Vernetzung der Weiterbildungslandschaft Austausch mit anderen Einrichtungen ‚Schwarze Schafe‘ unter den Weiterbildungsanbietern werden aufgespürt Weiterbildung bekommt insgesamt mehr Anerkennung Mehr Auseinandersetzung mit der wirtschaftlichen Seite der Einrichtung Bessere Arbeitsorganisation der päd. Mitarbeiter erforderlich
272
Faktor 4: „Divergenz Faktor 3: zwischen „externe PädagoRegulie- gik und rung bei Organisageringem tion/ÖkoNutzen“ nomie“
Faktor 6: „Konvergenz zwischen Faktor 5: Päda„Konsens- gogik, bildung Ökonomie und und VernetOrganisazung“ tion“
,657
,627
,557
,689
,615
,536
,536
,491
,450
,655
,542
Faktor 7: „Testierung als externer Zwang“
Faktor 8: „Ambivalenz und Teilentkoppelung“
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Komponente Faktor 2: Faktor 1: „opti„optimierte mierte BewirtBewirtschaftung schaftung der an der Human- Schnittressour- stelle zur ce“ Umwelt“
Faktor 4: „Divergenz Faktor 3: zwischen „externe PädagoRegulie- gik und rung bei Organisageringem tion/ÖkoNutzen“ nomie“
Professionalisierung der Durchführung von Kursen und Seminaren Strukturierung der Programmplanung Aufgreifen von Professionalisierungsfragen Verteilung finanzieller Zuwendung wird an das Testat geknüpft Zwang zur Testierung und Zertifizierung durch die Umwelt Standardisierung von Leistungen und Abläufen durch staatliche Vorgaben Bessere Definition der Schnittstellen in der Organisation Mehr organisatorische Arbeiten Klarere Strukturen, aber Teilnehmende lernen nicht besser Selbstreport bereitet viel Mühe
Faktor 6: „Konvergenz zwischen Faktor 5: Päda„Konsens- gogik, bildung Ökonomie und und VernetOrganisazung“ tion“
Faktor 7: „Testierung als externer Zwang“
Faktor 8: „Ambivalenz und Teilentkoppelung“
,539
,513
,457
,690
,602
,404
-,578 ,452
,430 ,371
Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung Rotation in 14 Iterationen konvergiert N = 132 Einrichtungen
Faktor 1 mit einer Varianzaufklärung von 9,4 Prozent vertritt Items, die auf eine unter organisatorischer Perspektive optimierte Verwaltung und Bewirtschaftung
273
Teil E
der Humanressource zielen. Es geht um systematische Fortbildung und deren Dokumentation, um Transparenz, klare Verantwortlichkeiten, verbesserte Kommunikationen etc. Dabei adressieren die Items vorwiegend die Organisationsmitglieder – also pädagogische Mitarbeiter und Verwaltungsmitarbeiter – und die diese betreffenden Maßnahmen. Zugleich sind aber auch die lose gekoppelten freien Trainer und Dozenten mit Variablen, die eine systematische Dokumentation der oder Forderung von Fortbildungsaktivitäten derselben ansprechen, im Visier. Um Einschluss der unterschiedlichen Mitarbeitergruppen – den losen und den eng gekoppelten – sowie des bewirtschaftenden und verwaltenden Aspektes bemüht, trägt der Faktor den Namen „optimierte Bewirtschaftung der Humanressource“. Eine Varianzaufklärung von 8,3 Prozent erreicht Faktor 2. Im Gegensatz zu Faktor 1 ist dieser nicht nach innen, sondern auf Wirkungen nach außen hin gerichtet. Es geht um Wirkungen, die sich an der Schnittstelle zur Umwelt realisieren wie die Neuakquise und der Erhalt von Aufträgen, Ansehenssteigerung in der Umwelt oder die Realisierung von Marktvorteilen. Er wird mit dem Term „optimierte Bewirtschaftung an der Schnittstelle zur Umwelt“ tituliert. Faktor 3, der eine Varianzaufklärung von 7,1 Prozent erreicht, bündelt Items, die auf einen Machtgewinn der in der Umwelt zu allokalisierenden Instanzen und deren regulierenden Eingriff in die Aktivitäten der Organisationen, ohne dass dieses gewinnbringend wäre, abstellen. Unspezifische Items zu geringem Nutzen werden ergänzt um Items, die sowohl den organisationsinternen Gewinn („es wurde keine Organisationsentwicklung in Gang gesetzt“, „es geht immer mehr um das Testat und immer weniger um die Verbesserung der internen Prozesse“) als auch den Gewinn an der Schnittstelle zur Umwelt („die politische Lage hat sich so verändert, dass die Einführung von LQW 2 umsonst war“) in Abrede stellen. Benannt wird der Faktor deshalb mit dem Term „externe Regulierung bei geringem Nutzen“. Dass pädagogische Standards zugunsten wirtschafts- und managementbezogener Standards zurückgedrängt würden, sich ein Konflikt zwischen Mitarbeitenden der Verwaltung und pädagogischen Mitarbeitern Bahn gebrochen habe und Modellanforderungen auf der einen Seite und Belange der Einrichtung auf der anderen Seite in Widerspruch geraten seien, sind die zentralen, Faktor 4 charakterisierenden Aussagen (Varianzaufklärung: knapp 7 Prozent). Der Faktor bringt damit eine „Divergenz zwischen Pädagogik und Organisation/Ökonomie“ zum Ausdruck und trägt deshalb eine solche Benennung. Konsensbildung und Vernetzung verbunden mit einer gesteigerten Anerkennung der Weiterbildung insgesamt sind die Themen, die Faktor 5 zusammenzieht. Er hat eine Varianzaufklärung von 5,7 Prozent und heißt kurz „Konsensbildung und Vernetzung“. 274
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Komplementär zu Faktor 4 lässt sich Faktor 6 (Varianzaufklärung: knapp 5 Prozent) lesen. Reklamiert Ersterer Divergenz, verweist Letzterer ausdrücklich auf die Konvergenz zwischen Modellanforderungen und pädagogischen Ansprüchen. Mehr Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Fragen und eine verbesserte Arbeitsorganisation der pädagogischen Mitarbeiter werden in Zusammenhang mit Professionalisierungsaspekten, speziell einer Professionalisierung der Lehr-Lerninteraktion und der makrodidaktischen Ebene gebracht. Betitelt wird er mit „Konvergenz zwischen Pädagogik, Ökonomie und Organisation“. Zwang ist das Thema, das Faktor 7 dominiert. Mit einer insgesamt geringen Varianzaufklärung von 4,3 Prozent repräsentiert er das Phänomen, dass Testierung als eine unausweichliche Reaktion der Organisation auf Umweltanforderungen empfunden wird. Er wird mit dem Term „Testierung als externer Zwang“ versehen. Als schwierig in der Interpretation stellt sich der nur noch 3,6 Prozent der Gesamtvarianz erklärende Faktor 8 dar. Die negative Ladung auf dem Item, dass die Schnittstellen besser definiert seien, auf der einen Seite und die positiven Ladungen auf den Items, dass der Anteil organisatorischer Tätigkeiten zunehme und die Strukturen klarer seien, die Teilnehmenden aber nicht besser lernten, auf der anderen Seite drücken Ambivalenz hinsichtlich der Wirkkraft der Implementierung von LQW aus. Hinter dieser Ambivalenz lässt sich eine zumindest partielle Entkoppelung zwischen Formal- und Aktivitätsstruktur vermuten, sodass Faktor 8 „Ambivalenz und Teilentkoppelung“ benannt wird. Bezieht man nun die auf der Folie der Faktorenanalyse herausgearbeitete Erwartungsstruktur (vgl. Kap. E 2.1.4.1) auf die von den Einrichtungen referierte Wirkstruktur, lassen sich inhaltlich z. T. vergleichbare Faktoren finden: Beispielsweise entsprechen die den Faktor 2 „Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung“ der sechsfaktoriellen Lösung des ersten Messzeitpunktes konstituierenden Items weitgehend denjenigen, die Faktor 5 „Konsensbildung und Vernetzung“ der achtfaktoriellen Lösung des zweiten Messzeitpunktes bilden. Vergleichbar sind auf den ersten Blick auch die Faktoren 1 „externe Regulierung bei geringem Nutzen“ der sechsfaktoriellen Lösung des ersten Messzeitpunktes und 3 „externe Regulierung bei geringem Nutzen“ der achtfaktoriellen Lösung des zweiten Messzeitpunktes. Hier allerdings verweist ein Blick auf die Elementarvariablen sowohl auf Überschneidungen als auch auf Variationen bei den die Faktoren bestimmenden Items. So wandern Items des 3. Faktors „unter pädagogischer Perspektive negative Kosten-Nutzen-Bilanz“ des ersten Messzeitpunktes zu Faktor 3 des zweiten Messzeitpunktes. Sie bilden in Teilen zugleich die Grundlage für Faktor 4 „Divergenz zwischen Pädagogik und Organisation/Ökonomie“. Dies zeugt zunächst davon, dass die ex ante hinter den
275
Teil E
Erwartungen stehende Struktur Schnittmengen zu der die Wirkungen repräsentierenden Struktur hat, dass es zugleich aber auch Abweichungen gibt. Interessant sind an dieser Stelle die Korrelationen zwischen den die Erwartungen abfragenden Elementarvariablen und dem spiegelbildlich dazu erfragten Realisierungsgrad sowie den dazu extrahierten Faktoren. Dabei zeigen sich sowohl zwischen den entsprechenden Elementarvariablen als auch zwischen den Faktoren nur schwache bis sehr schwache Korrelationen. So besteht beispielsweise ein schwacher, aber dennoch signifikanter Zusammenhang von r = 0,208 zwischen dem die Erwartungsstruktur repräsentierenden Faktor 1 „externe Regulierung bei geringem Nutzen“ und dem den entsprechenden Effekt abbildenden Faktor 3. Ein ähnlich schwacher, zugleich aber signifikanter Zusammenhang besteht zwischen Faktor 4, der die Erwartung eines Professionalisierungsgewinns vertritt, und den Wirkfaktoren 1 „optimierte Bewirtschaftung der Humanressource“ (r = 0,269) und 2 „optimierte Bewirtschaftung an der Schnittstelle zur Umwelt“ (r = 0,287). In nur zwei Fällen überschreiten höchst signifikante Korrelationskoeffizienten die 0,3er- oder 0,4er-Marke. Dies trifft erstens auf die auf Vernetzung abstellenden Faktoren des ersten und des zweiten Messzeitpunktes zu. Hier ist der Zusammenhang zwischen Erwartung und deren Realisierung mit einer signifikanten Korrelation von r = 0,416 am höchsten. Ein höchst signifikanter Zusammenhang mit einem Korrelationskoeffizienten von r = 0,338 findet sich zweitens zwischen Faktor 3, der Erwartung einer unter pädagogischer Perspektive negativen Kosten-Nutzen-Bilanz, und dem Wirkfaktor 8, der für Ambivalenz und Teilentkoppelung steht. Bilanzierend können die in Summe schwachen Zusammenhänge als Indikator dafür gelesen werden, dass die ex ante von den Einrichtungen erwarteten Effekte auf der einen Seite mit den ex post tatsächlich von den Einrichtungen wahrgenommenen Effekten auf der anderen Seite einerseits zwar nicht in einer engen Beziehung zueinander stehen, sich andererseits aber auch nicht gänzlich voneinander entkoppeln. 2.2.2 Präzisierung der Anschlusskommunikationen anhand der Wirkungen Um etwas über die Wirkungen und die durch LQW auf der Wirkebene erzielten Anschlusskommunikationen sagen zu können, werden die Ausprägungen der auf den jeweiligen Faktoren hochladenden – also die den Faktor konstituierenden – Items analysiert. Dazu werden zunächst die für die Qualitätsbereiche extrahierten Wirkdimensionen betrachtet. Eine Rückbindung von Faktor 1 „Wirkung auf die Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ an die auf einer Skala von 1 „sehr verbessert“ über 3 „nicht verändert“ bis 5 „sehr verschlechtert“ gemessenen Elementarvariablen zeigt Folgendes: Die vier am 276
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
höchsten ladenden Items, die allesamt die unmittelbare Lehr-Lerninteraktion adressieren (Methodik, Didaktik, Mitgestaltung durch Lernende, Lernzielformulierung), weisen einen Modus von 3 „nicht verändert“ auf: 50 Prozent können bei dem Item, das die Formulierung von Lernzielen fokussiert, und 60 und mehr Prozent bei den restlichen drei Items keine Auswirkungen sehen. Bestätigung findet diese Einschätzung auch in den qualitativen Datenmaterialien der Falleinrichtung, den Beobachtungen der Gutachter sowie der Testierungsstelle (sichtbar an den Auflagen) und nicht zuletzt in den über den Zugang zu den Teilnehmenden generierten Befunden (vgl. Hartz/Goeze/Schrader 2007). Zu anderen Ergebnissen kommen Tödt (2006) und Rädiker (2006) in ihren in Anbindung an die Testierungsstelle realisierten Untersuchungen. Tödt (2006) beschreibt entlang qualitativer Interviews in Einrichtungen der Weiterbildung den Nutzen, den die Definition gelungenen Lernens für die Organisationen bringt. Dabei wendet sie explizit den Blick auf den Gewinn für den Lehr-Lernprozess und schildert am Einzelfall entlang insbesondere Bewusstseinsänderungen im Hinblick auf die Lehr-Lerninteraktion, die auf die Diskussion um und die Definition von gelungenem Lernen zurückführbar seien. Rädiker (2006) arbeitet quantitativ und befragt mit einem standardisierten Instrument die Einrichtungen nach der durchlaufenen Testierung nach den Auswirkungen der Lernerorientierten Qualitätsentwicklung. Hierbei zeige sich, dass sich die Auswahl der Lehrenden verbessert habe und deutlich stärker entlang von Anforderungsprofilen verlaufe. Darüber hinaus würde das Item „alle Mitarbeitenden tragen auf ihre Weise zum gelungenen Lernen der Teilnehmenden bei“ deutlich positiver eingeschätzt. U. a. vor diesem Hintergrund kommt er bezogen auf den Lehr-Lernprozess zu dem Schluss, dass „der von vielen Organisationen häufig als eigentlicher Kern der Qualitätsarbeit angesehene Lehr-Lern-Prozess (…) starke Verbesserungen erfahren“ (Rädiker 2006: 206) habe. Die Widersprüchlichkeit zwischen den von Tödt (2006) und Rädiker (2006) gezogenen Schlüssen zu den hier vorgetragenen Befunden können in einem Zusammenhang zu dem Untersuchungsdesign und den zur Messung herangezogenen Items gesehen werden. Es ist auffällig, dass beide in ihren Formulierungen (beispielsweise bei Rädiker im Falle der Items) sehr eng an der Modellsprache bleiben. In der hier vorliegenden Untersuchung wurden explizit auch Items integriert, die von der Modellsprache abweichen, die sozusagen die Modellsprache in die dahinterliegende Bedeutung übersetzen. In der Bewertung der Items zeigt sich, dass mit zunehmender Distanz zu der Modellsprache eine offensichtlich „leidenschaftslosere“ Bewertung möglich wird. Die Einrichtungen bestätigen dann nicht mehr schlicht und reproduzieren die im Modell vorgegebene Semantik, sondern votieren offenbar stärker am Sachverhalt entlang. Insofern wird die hier generierte Befundlage einer mehrheitlichen
277
Teil E
Unberührtheit des mikrodidaktischen Tätigkeitsbereichs weiter verfolgt und hinsichtlich möglicher Erklärungsmodelle ausgeleuchtet. Da es sich bei LQW um ein Qualitätsmanagementmodell handelt, das ausdrücklich den Lernenden zum Referenzpunkt der Qualitätsbemühungen erhebt und dieser von der Testierungsstelle wie auch der politischen Ebene als Alleinstellungsmerkmal profilierte Aspekt in der Motivstruktur der Einrichtungen bei der Entscheidung für LQW eine besondere Rolle spielt – und zwar ex ante gleichermaßen wie ex post (vgl. Kap. E 2.1.2) –, erstaunt die in der vorliegenden Untersuchung herausgearbeitete mehrheitliche Unberührtheit des mikrodidaktischen Tätigkeitsbereichs. Dieses ließe sich damit erklären, dass die Einrichtungen hier keine Verbesserungsbedarfe sehen, die an diesen Qualitätsbereich gestellten Anforderungen bereits erfüllt und – pointiert formuliert – Wirkungen nicht erforderlich sind (vgl. hierzu auch Kap. E 2.1.4.2). Für diese Erklärung spricht, dass im Rahmen des ersten Messzeitpunktes bezüglich der methodischdidaktischen Ebene von 64 Prozent der Einrichtungen keine Veränderungen erwartet und in Bezug auf die Lehr-Lernprozesse ex ante mit die geringsten Entwicklungsbedarfe gesehen werden. Mehr noch, knapp 94 Prozent der Einrichtungen begreifen zum ersten Messzeitpunkt diesen Qualitätsbereich als voll bis überwiegend erfüllt (vgl. hierzu Kap. E 2.1.4.2). Eine ähnliche Einschätzung findet man bezogen auf den die Kompetenzen der unterschiedlichen Mitarbeitergruppen ansprechenden Qualitätsbereich Personal. Auf dieser Linie liegen auch die Befunde im Rahmen des zweiten Messzeitpunktes: Nur eine Minderheit von 4 Prozent der Einrichtungen sieht die Notwendigkeit, im Laufe des Prozesses der Implementierung von LQW ein auf den Lehr-Lernprozess bezogenes Wissen neu anzueignen. Da zugleich über 80 Prozent der Einrichtungen dieses Wissen als ein für die Umsetzung des Modells wichtiges bis sehr wichtiges Wissen ausweisen, scheint Wissen rund um den Lehr-Lernprozess aus der Perspektive der Einrichtungen ausreichend vorhanden zu sein (vgl. Hartz/Goeze/Schrader 2007). Gegen die Erklärung, dass es schlicht keinen Verbesserungsbedarf im Bereich der Lehr-Lernprozesse gibt und deshalb keine diesbezüglichen Wirkungen zu verbuchen sind, spricht, dass der Qualitätsbereich der Lehr-Lernprozesse zu denjenigen drei Qualitätsbereichen gehört, in denen die meisten Auflagen durch die Gutachter respektive letztinstanzlich durch die Testierungsstelle erteilt wurden. Von den fast 90 Prozent der Einrichtungen, die angaben, auf der Grundlage des Selbstreports Auflagen erhalten zu haben, hatten knapp 60 Prozent Auflagen im Bereich der Lehr-Lernprozesse. (Durchschnittlich hat jede Einrichtung 1,2 Auflagen in diesem Bereich (vgl. Hartz/Goeze/Schrader 2007: 126ff.)). Dies irritiert vor dem Hintergrund der Sicherheit, die die Einrichtungen gerade in Bezug auf diese ihnen funktionslogisch nahestehende Wissensdomäne präsentieren. Es zeigt zugleich, dass aus Sicht der Gutachter wie auch 278
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
der Testierungsstelle mehr Anstrengungen in diesem Punkt notwendig gewesen wären und die dem Modell unterlegten, diesbezüglichen Anforderungen nicht in Gänze erfüllt sind. Die über die Elementarvariablen zum Ausdruck gebrachte begrenzte Wirkung von LQW in diesen Bereichen kann demnach nicht mehr auf Sättigung, im Sinne einer vollkommenen Qualitätsrealisierung im mikrodidaktischen Bereich, zurückgeführt werden. Unter neo-institutionalistischer Perspektive drängt sich vielmehr die Annahme der Entkoppelung zwischen einer in der Formalstruktur über das Testat inszenierten Lernerorientierung auf der einen Seite und einer geringen Übersetzung derselben in die Aktivitätsstruktur auf der anderen Seite auf. Der Entkoppelung reden noch weitere auf diesem ersten Faktor hochladende Items das Wort: Weder die Kompetenz der Lehrenden – als neuralgische Schnittstelle zum Lernenden – im Besonderen noch das Qualifikationsniveau der Mitarbeitenden im Allgemeinen, das Lernen der Teilnehmenden oder die Passung von Lernanforderungen und -ort haben sich aus der Sicht der Einrichtungen durch die Implementierung von LQW optimiert. Mit einem Modus von 3 beobachten bei den einzelnen Items teilweise über 60 Prozent der Einrichtungen keine Veränderungen. Dies alles deutet darauf hin, dass das, was LQW in seinem Namen betont und woraus sich seine Akzeptanz speist, nur begrenzt hat realisiert werden können. Die Lernerorientierte Qualitätstestierung entkoppelt sich an der Schnittstelle zum Lerner und hat genau da die geringste Wirkung, wo unter semantischen Gesichtspunkten eigentlich die deutlichsten Effekte hätten angenommen werden können. In der Deutung der Systemtheorie gibt es also keine kommunikative Durchdringung von LQW bis hin zu der Ebene der Lehr-Lerninteraktion. Hierfür sprechen auch die Kommunikationen der Teilnehmenden (vgl. Kap. D 2.2.5). Gleichwohl in ihrem Wissenshaushalt eine Weiterbildungseinrichtung hauptsächlich über die Lehr-Lernsituation präsent ist und sie die Qualität von Lehr-Lerninteraktionen als Ankerpunkt einer Weiterbildungseinrichtung begreifen, können sie über die vergangenen Jahre hinweg keine diesbezüglichen Veränderungen konstatieren. Änderungen beobachten sie – ohne dass sie dieses in einen Kausalzusammenhang mit der Implementierung von LQW bringen könnten –, wenn überhaupt, in Bezug auf die den Lehr-Lernprozess umschließenden makrodidaktischen und organisatorischen Aktivitäten, also hauptsächlich dann, wenn sie aus der Sicht der Organisation als Kunde angesprochen werden (vgl. hierzu ausführlich Hartz/Goeze/Schrader 2007). Ob eine Entkoppelung an der Schnittstelle zum Lernenden eingetreten ist, weil sich die Einrichtungen in ihrem ‚ureigenen’ Kernbereich kompetent fühlten und deshalb die Anforderungen flüchtiger als in anderen Bereichen behandelt haben, weil sich die Einrichtungen mehr auf das ihnen Fremde des Managens hin fokussiert und das ihnen Altbekannte vernachlässigt haben oder weil das Modell aus Einrichtungssicht kaum Aktivität in diesem Punkt notwendig mach279
Teil E
te, das Modell als Lernerorientiertes Modell durch die Einrichtungen möglicherweise nicht so rezipiert werden kann, wie es von den Schöpfern bzw. Gutachtern propagiert wird, bleibt eine empirisch offene Frage. Unter systemtheoretischer Perspektive jedenfalls lässt sich festhalten, dass in dem für die Reproduktion einer Organisation zentralen Akt des Verstehens in den Einrichtungen je spezifische Anschlüsse erzeugt werden. LQW und dessen modelltheoretischen Implikationen werden „beim Überschreiten der Grenze unter andere Bedingungen der Fortsetzung (…) gestellt“ (Luhmann 1996: 36). Das, was die Besonderheit von LQW ausmacht, die Lernerorientierung, wird in den Einrichtungen der Weiterbildung gerade nicht in der Weise umgesetzt, wie das Modell respektive die Testierungsstelle und die über sie formulierten Auflagen dies vorsehen (vgl. auch Hartz/Schrader 2009; vgl. auch Bender 2007; vgl. auch Bender/Zech 2007). Über diese den Faktor konstituierenden Items, die geringe Wirkung anzeigen, hinaus prägen den Faktor auch Items, die auf Wirkungen verweisen: Hervorzuheben sind die aus der Perspektive der Einrichtungen optimierten Kommunikationsstrukturen zwischen Lehrenden, Programmplanenden und Verwaltung. Die entsprechenden Items tragen einen Modus von 2 und haben eine Zustimmung zwischen 60 und 70 Prozent. Dieses erlaubt die Annahmen, dass LQW den kommunikativen Austausch innerhalb der Mitarbeitenden der Organisation und an der Stelle zu den lose gekoppelten freien Trainern und Dozenten anzuregen vermag. Gerade an der Stelle zu den lose gekoppelten freien Trainern und Dozenten ist dies erstaunlich, wenn man erstens, wie in Kapitel E 2.1.5.2 dargelegt, in Rechnung stellt, dass diese zunächst in nur einem Drittel der Fälle in die Debatten um Qualität eingebunden gewesen sind und erst im Laufe des Prozesses eine Orientierung zu ihnen hin stattgefunden hat, und wenn man zweitens die diesbezüglich skeptischen Einschätzungen der Gutachter und Berater heranzieht. Da die Einrichtungen gerade auch Wirkungen erhoffen, die die organisatorische, den Lehr-Lernprozess vor- und nachbereitende Ebene betreffen (vgl. hierzu Kap. E 2.1.4), und hier die höchsten Korrelationen zwischen erwarteten und eingetretenen Wirkungen haben aufgezeigt werden können (vgl. Kap. E 2.2.1), ließe sich erwarten, dass auf dem die Wirkungen abbildenden Faktor 2 „Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“ von den Einrichtungen die meisten Effekte beobachtet werden können. Diese Annahme lässt sich in den Daten respezifizieren: Die ersten acht, auf diesem Faktor hochladenden Items haben ausnahmslos einen Modus von 2. Zwischen rund 60 bis hin zu rund 86 Prozent der Einrichtungen beobachten, dass sich organisatorische, managementbezogene Aspekte (sehr) verbessert haben. Z. T. etwas abgeschwächter verhält es sich mit den restlichen elf Items. Bei sechs, weniger hochladenden Items verschiebt sich der Modus 280
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
auf 3 „keine Veränderung“. Nichtsdestoweniger erfüllen sich in Summe die an LQW herangetragenen Erwartungen. Offensichtlich – und Bestätigung findet dieses auch in den Kommunikationen von Testierungsstelle und Gutachtern/ Beratern – kommt es hier zu einer Koppelung von Formal- und Aktivitätsstruktur, sodass bezüglich der Organisationsentwicklung, der Systematisierung von Strukturen, das Modell zu halten scheint, was es verspricht. Von der Implementierung zu profitieren scheinen die Einrichtungen auch hinsichtlich des dritten, die „Wirkdimension: Evaluation“ abbildenden Faktors. Die im Blick auf Evaluation artikulierten Entwicklungsbedarfe und die diesbezüglich hohen Erwartungen ex ante korrespondieren mit den von den Organisationen ex post beobachteten Wirkungen. Auf den jeweiligen hochladenden, über einen Modus von 2 bestimmten Items konstatieren zwischen 68 und 81 Prozent der Einrichtungen (starke) Optimierungen. Einrichtungen schätzen Wissen im Bereich Evaluation als sehr bedeutsam für die Umsetzung von LQW ein. In eine Relevanzkette gebracht logiert es hinter modellbezogenem Wissen und Wissen zu Bedarfserschließung an dritter Position. Auffällig ist, dass Wissen in diesem Bereich nur von einem eher geringen Teil der Einrichtungen neu angeeignet werden musste. Diesbezüglich lag also Wissen in den Einrichtungen vor, nur schien dieses – bezieht man die Aussage zu dem ex ante ausgewiesenen Entwicklungsbedarf ein – noch nicht systematisch genutzt worden zu sein. Noch nicht einmal einem Fünftel der Einrichtungen fällt die Umsetzung dieses Qualitätsbereichs schwer. Dies erlaubt die Deutung, dass das den Einrichtungen durch das Modell LQW an die Hand gegebene Gerüst hilft, Wissen im Bereich Evaluation systematisch zu reaktivieren und in die Organisationsprozesse einzubinden. Dafür sprechen nicht nur die Selbsteinschätzungen der Einrichtungen. Auch die Testierungsstelle und die Gutachter/Berater sehen hier die Selbstmobilisierung der Einrichtungen als besonders gelungen. Manifest wird dies auch an den von den Gutachtern und Beratern bzw. letztinstanzlich der Testierungsstelle formulierten Auflagen: Der Qualitätsbereich Evaluation ist der Bereich, in dem mit die geringsten Auflagen ausgesprochen worden sind. Bezogen auf die Handlungsanforderung Evaluation lässt sich insofern die unter Rekurs auf den NeoInstitutionalismus formulierte These der Entkoppelung zwischen Formal- und Aktivitätsstruktur nicht bestätigen: Das Gegenteil ist der Fall. Gerade unter der Perspektive Evaluation scheint sich LQW den Erwartungen entsprechend in die Aktivitätsstruktur der Einrichtungen eingetragen zu haben. Erstaunlich ist die geringe Korrelation zwischen erwarteten und eingetretenen Wirkungen. Ihr zufolge steht die Erwartungshaltung zum ersten Messzeitpunkt in nur schwachem linearem Zusammenhang zu der beobachteten Wirkung zum zweiten Messzeitpunkt (vgl. Kap. E 2.2.1). Dies deutet darauf hin, dass bei den einen Einrichtungen Wirkungen hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, während bei den 281
Teil E
anderen die eingetretenen Wirkungen die Erwartungen übertroffen haben: Die einen dürften enttäuscht, die anderen positiv überrascht worden sein (vgl. hierzu auch Rädiker 2006). Als wirkungslos lässt sich LQW im Hinblick auf den Aspekt „Wachstum“ beschreiben. Hier sind sich die Einrichtungen in z. T. über 90 Prozent der Fälle einig, dass keine Wirkungen eingetreten sind. Dies korrespondiert mit der ex ante artikulierten Erwartungshaltung, nach der fast 80 Prozent der Einrichtungen keine diesbezüglichen Hoffnungen haben. Wenngleich sich dieses auf den ersten Blick als erwartungskonform darstellt, so macht die diesbezüglich leicht negative Korrelation auf den zweiten Blick auf Abweichungen zwischen Erwartungen und Wirkungen aufmerksam. Demnach schöpfen Organisationen in Bezug auf makrodidaktische Aspekte wie auch in Bezug auf managementbezogene, organisatorische Aspekte Wert aus der Implementierung von LQW. Dieser aus den aggregierten Daten der Organisationsebene generierte Befund spiegelt sich auch in den Kommunikationen der Testierungsstelle, der Gutachter/Berater wie auch der Teilnehmenden – wenngleich Letztere keine linearen Ursache-Wirkungszusammenhänge beschreiben können. Zugleich lässt sich der Befund auch in der Falleinrichtung der Volkshochschule beobachten. Nach den Wirkungen gefragt, können zwar viele Mitarbeiter Änderungen in ihrer Arbeit nicht ursächlich auf die Implementierung von LQW zurückführen (immer wieder wird auf die Tradition der Qualitätsentwicklung verwiesen, die eine Separierung von Effekten kaum ermögliche), dennoch fertigen sie zahlreiche Beschreibungen an, die sich als Wirkungen gerade auf der organisatorischen und der makrodidaktischen Ebene begreifen lassen. Sichtbar wird dies beispielsweise daran, dass die Mitarbeitenden der Einführung von LQW trotz des vordergründig geringen Neuigkeitswertes von Qualitätsmanagement und trotz der auf den ersten Blick kaum wahrnehmbaren Effekte durchweg hohe Relevanz zuschreiben: Sie wird darin verortet, dass durch LQW die Qualitätsentwicklungsprozesse der Einrichtung reaktiviert worden seien. Bestehende Diskussionszusammenhänge zu einschlägigen Themen wie Evaluation71 seien intensiviert und das Modell sei genutzt worden, um die organisationsinternen Strukturen in Relation zu pädagogischen Anforderungen zu reflektieren. Entsprechend viel Aufmerksamkeit wurde auf den Austausch von Pädagogen und Verwaltungsmitarbeitern gelegt.72
71 Bereits im Januar 2000 wurde allen Mitarbeitern der Volkshochschule ein Reader mit Texten einschlägiger Autoren zum Thema „Evaluation“ zur Verfügung gestellt. 72 Die zu einem Qualitätsbereich arbeitenden Mitarbeitergruppen sind oft interdisziplinär zusammengesetzt. Von den Verwaltungsmitarbeitern wird dies als Aufwertung ihrer Funktion in der Organisation begriffen (vgl. hierzu auch Hartz/Goeze/Schrader 2007).
282
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Der über das Modell semantisch in besonderer Weise adressierte mikrodidaktische Bereich dagegen bleibt den aggregierten Daten wie auch dem analysierten Fall zufolge weitgehend unberührt. Dabei liegt die Selbstbeobachtung der Organisationen auf einer Linie mit den Fremdbeobachtungen der in der Umwelt der Organisationen allokalisierbaren anderen an dem Kommunikationszusammenhang teilhabenden Akteure wie Testierungsstelle, Gutachtern/Beratern oder Teilnehmenden. Wunsch und Wirklichkeit liegen demnach weit auseinander, insbesondere für die Bildungspolitik, die bezogen auf die Lehr-Lerninteraktion mit hohen Erwartungen an die Implementierung von LQW herangetreten ist (vgl. Kap. E 1.2). Bezieht man die hier vorgestellten Befunde auf die von Meyer/Rowan (1977) vertretene These der Entkoppelung von Formal- und Aktivitätsstruktur in Organisationen, so lässt sich dies auch in der vorliegenden Studie weder bestätigen noch verwerfen (vgl. Kap. C 3.2): Der Sachverhalt ist vielmehr differenzierter. Während über den Begriff der Lernerorientierung einerseits eine Legitimationsfassade nach innen wie auch nach außen hin aufgebaut wird (vgl. hierzu Kap. E 2.1.2), die sich nicht in eine entsprechend veränderte Aktivitätsstruktur im mikrodidaktischen Tun umschlägt, wird LQW andererseits als Instrument der organisationsbezogenen wie auch der makrodidaktischen Steuerung genutzt. Hier scheint sich das Modell in der Selbst- und Fremdbeobachtung in die Aktivitätsstruktur einzutragen. Die Einrichtungen machen sich das Modell also für ihre Zwecke in Relation zu ihren intern kodierten Veränderungsbedarfen respektive ihrer Veränderungstoleranz handhabbar. Sie integrieren es in der Deutung der Systemtheorie nicht linear modelllogisch – im Sinne der Schöpfer, Förderer und Distribuierer –, sondern vor dem Hintergrund operativer Geschlossenheit ihrer je eigenen Operationslogik entsprechend in die internen Kommunikationsstrukturen. Dabei kommt es – wie Walgenbach (2000) in seiner qualitativ angelegten Studie herausfinden konnte (vgl. hierzu Kap. C 3.2) – sowohl zu Koppelungen als auch zu Entkoppelungen. LQW wird gerade dort entkoppelt, wo das genuin pädagogische Selbstverständnis der Organisation und der in ihr Arbeitenden unmittelbar tangiert werden würde – nämlich bei Interventionen und konkreten Änderungsanforderungen in Bezug auf den mikrodidaktischen Bereich der Lehr-Lerninteraktion. Ein bis in die Lehr-Lerninteraktion hineinreichender Organisationsentwicklungsprozess würde möglicherweise den Kernbereich pädagogischen Tuns nicht nur irritieren, sondern erheblich stören. Dieses könnte gerade bei den pädagogischen Mitarbeitern zu Akzeptanzverlusten des Änderungsansinnens führen. Mehr noch, folgt man Befunden zu Änderungsprozessen in Betrieben, könnte das Reorganisationsansinnen an der mentalen Mitgliedschaft der in der Organisation agierenden Akteure sogar zerschellen, forderte dies das Selbstverständ283
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nis der Mitarbeitenden zu sehr heraus (Hartz 2007, 2004b). Für diese Deutung spricht die folgende Reaktion eines in den Qualitätsentwicklungsprozess der Volkshochschule eingebundenen Mitarbeiters auf die Frage, an welchen Stellen die Organisation nach wie vor Optimierungsbedarfe habe und ob durch LQW diese Defizite angesprochen worden seien: „Da haben wir bei uns ein bisschen Nachholbedarf immer noch … (unverständlich). Ich habe die Vermutung, das muss ich ganz vorsichtig sagen, dass ein vertieftes Nachdenken über Lernen, Lernformen und Lernbedingungen in vielen Fachbereichen nicht gewünscht wird. Das heißt nicht, dass die nichts tun, aber da könnte man schon noch mehr überlegen …“ Mitarbeiter, Volkshochschule
Parallel zu der Beobachtung, dass Optimierungsbedarfe im Bereich der LehrLernprozesse gesehen werden, scheitere eine Durchdringung an der Distanz, die die Mitarbeitenden zu solchen Fragen aufbauen. D. h.: Obwohl Verbesserungsnotwendigkeiten gesehen werden, ist eine Bearbeitung derselben prekär. „Dass ein vertieftes Nachdenken über Lernen, Lernformen und Lernbedingungen“ nicht gewünscht ist, stützt die Annahme, dass LQW stört, würde das Modell an der Stelle ernst genommen, an der es den pädagogischen Bereich adressiert und auf Einschlägigkeit referiert. Zugleich scheint es für die in den Qualitätsentwicklungsprozess eingebundenen Mitarbeiter keinen Anlass zu geben, auf einer Fokussierung der Lehr-Lernprozesse zu insistieren – jedenfalls lassen sich keine nachhakenden Aktivitäten erkennen. Dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass das Modell und damit nicht zuletzt auch die Testierungsstelle das Nichtstun in diesem Bereich weitgehend dulden. Eine geringe Durchdringung bis hin zum Lehr-Lernprozess wird lediglich mit erhöhten Auflagen bestraft. Es scheint aber keine Grundlage zu bieten, das Testat nicht zu verleihen. Die Nachsicht der Testierungsstelle, die hierin zum Ausdruck kommt, sichert die an Anhängerschaft gebundene Reproduktion derselben: Einrichtungen werden nicht abgeschreckt, sich dem Verfahren zu unterziehen. Sie fallen – mit Ausnahme einer Einrichtung – nicht durch. Mehr noch, in den Kommunikationen der Testierungsstelle lässt sich das Verfahren auf diese Weise sogar als besonders entwicklungsorientiert inszenieren – ein Begriff mit hoher Anschlussfähigkeit an die Bildungspraxis. Den Organisationen bietet dies den Raum, um LQW ihren Operationslogiken entsprechend zu entkoppeln: nämlich da, wo LQW zu stören droht. Entkoppelung in Bezug auf den mikrodidaktischen Bereich der Lehr-Lerninteraktion ist demnach der Tausch, den die Organisationen und nicht zuletzt auch die Testierungsstelle bereitwillig eingehen, um Ruhe in der Einrichtung zu halten, die Akzeptanz von LQW zu wahren und nicht zuletzt Anhängerschaft im Feld der Weiterbildung zu sichern. Änderungen werden demnach von Seiten der Einrich-
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tungen nur in den über die mentalen Mitgliedschaften abgesteckten Toleranzbereichen forciert. D. h.: Zu einer Koppelung kommt es da, wo die Einrichtungen und ihre Organisationsmitglieder Nutzungsmöglichkeiten sehen, ohne dass das eigene Selbstverständnis gefährdet werden würde: in organisations-, management- und evaluationsbezogenen Bereichen. Eng verbunden mit der Frage nach den Wirkungen im Allgemeinen ist die Frage, welche Mitarbeitergruppen von der Implementierung von LQW am meisten betroffen sind oder, anders formuliert, an welchen Stellen die Implementierung von LQW Auswirkungen auf die Arbeit der einzelnen Akteure hat. Entsprechend der entlang der Wirkungen herausgearbeiteten Koppelungen und Entkoppelungen lässt sich erwarten, dass die das Tun in einer Weiterbildungsorganisation bestreitenden Akteure in unterschiedlichem Ausmaß von der Implementierung tangiert sind (vgl. Abb. 12).
Abbildung 12: Veränderungen in der Arbeit der Mitarbeitenden (Hartz/Goeze/Schrader 2007: 178)
Erwartungskonform zu den herausgearbeiteten Befunden ergeben sich in 75 Prozent der Einrichtungen für diejenigen, die mikrodidaktisch in der LehrLerninteraktion tätig sind – die in der Regel lose gekoppelten freien Trainer und Dozenten – kaum Veränderungen in ihren Arbeiten. Höchst signifikante, vielfach die 0,4er-Marke überschreitende Korrelationen zwischen den allgemein wahrgenommenen Wirkungen auf der mikrodidaktischen Ebene und den beobachteten Auswirkungen auf das Handeln der freien Trainer und Dozenten unterstreichen den Zusammenhang. Zugleich profilieren die 75 Prozent noch einmal die Deutung der Entkoppelung an dem für eine Weiterbildungseinrich-
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tung eigentlich neuralgischen Punkt – gerade vor dem Hintergrund, dass die freien Trainer und Dozenten als Dreh- und Angelpunkt an der Schnittstelle zum Lernenden eingeordnet werden können. Deutliche Auswirkungen auf das Handeln erfahren die Organisationsmitglieder selbst. Entsprechend der konstatierten Wirkungen im organisationsbezogenen wie auch im makrodidaktischen Bereich ergeben sich für die hauptberuflichen pädagogischen Mitarbeiter die meisten Veränderungen, gefolgt von der Leitung respektive Geschäftsführung und dem Verwaltungspersonal. Über die Betrachtung der Wirkungen in den Qualitätsbereichen und in Relation zu den Mitarbeitergruppen hinaus ist es weiterhin von Bedeutung, die allgemeineren Effekte, die spiegelbildlich zu den im Rahmen des ersten Messzeitpunktes erfragten Erwartungen zu lesen sind, ins Visier zu nehmen. Dazu wird auch hier – analog zu dem bislang praktizierten Vorgehen – eine Rückbindung der achtfaktoriellen Lösung an die entsprechenden, die Faktoren konstituierenden Items vorgenommen. Die den Faktor 1 „optimierte Bewirtschaftung der Humanressource“ bestimmenden Items zeigen folgende, auf einer Skala von 1 „in hohem Maße eingetreten“ bis 4 „sicher nicht eingetreten“ erfassten Ausprägungen: Mit Ausnahme des letzten, faktorkonstituierenden, weniger hochladenden Items „Hierarchien wurden abgebaut“ mit einem Modus von 3 weisen alle anderen Items einen Modus von 2 mit rechtsschiefen Verteilungen und Mittelwerten zwischen m = 1,99 und m = 2,49 auf. D. h., dass die Einrichtungen bezüglich der Verwaltung und Bewirtschaftung ihrer Mitarbeiter – und zwar der Organisationsmitglieder selbst wie auch der lose gekoppelten freien Trainer und Dozenten – eine Verbesserung konstatieren können (vgl. dazu auch Rädiker 2006). Dies liegt auf einer Linie mit den von den Einrichtungen beobachteten, verbesserten Kommunikationsstrukturen wie auch den optimierten organisations- und managementbezogenen Faktoren. Insofern ist es wenig erstaunlich, dass eine höchst signifikante Korrelation zwischen diesem Faktor und Faktor 2 „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“ von r = 0,468 vorliegt. Anders sind die Wirkungen an der Schnittstelle zur Umwelt. Analysiert man die Bewertung der den Faktor 2 „optimierte Bewirtschaftung an der Schnittstelle zur Umwelt“ konstituierenden Items, offenbart sich eine eingeschränkte Wertschöpfung: Dabei ist auffällig, dass dann, wenn die Einrichtungen gewissermaßen aus der Innensicht einschätzen sollen, wie ihre Auseinandersetzung mit Qualitätsmanagement von der Umwelt – also durch das Außen – wahrgenommen wird, sie zu positiveren Urteilen hinsichtlich der Wirkungen der Implementierung von LQW kommen, als wenn konkrete Effekte oder konkrete Reaktionen der Umwelt auf LQW abgefragt werden. Wird das unspezifische, auf eine allgemeine Klassifizierung der durch LQW realisierten Positionierung 286
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am Markt abstellende Item „das Testat bringt Marktvorteile“ noch mehrheitlich bestätigt (Modus: 2, m = 2,5), wird die Ansehenssteigerung bei Kooperationspartnern der Wirtschaft nur noch von knapp 44 Prozent der Einrichtungen bejaht (wenngleich der Modus noch immer bei 2, der Median allerdings bei 3 liegt, m = 2,75). Noch distanzierter werden die Bewertungen, wenn man die beiden am höchsten ladenden Items heranzieht, die mit der Sicherung und Neuakquise von Aufträgen den konkreten Gewinn an der Schnittstelle zur Umwelt adressieren: Mit einem Modus von 3 und entsprechenden, die 3er Marke überschreitenden Mittelwerten können jeweils über 80 Prozent der Einrichtungen (eher) keine Effekte konstatieren. Entsprechendes zeigt sich, wenn konkrete Handlungen der Umwelt abgefragt werden: Nur etwa 10 Prozent der Einrichtungen können Kundenanfragen, nur etwas mehr als ein Viertel der Einrichtungen gesteigerte an die Organisationen herangetragene Teilnehmendenerwartungen73 beobachten. Eine vergleichbare Einschätzung findet sich auch in der testierten Falleinrichtung, der Volkshochschule. Obwohl die Erwartungen hinsichtlich der Außenwirkungen – gerade vor dem Hintergrund der exponierten Stellung, die sich die Einrichtung anberaumt – hoch sind (vgl. Kap. E 2.1.4.2), können auf konkrete Nachfragen hin keine diesbezüglichen Effekte bestätigt werden. „Ich weiß gar nicht, wie es nach außen wirkt, weil im Moment wirkt es, glaube ich, noch nicht nach außen. Also meinem Eindruck nach, das ist im Augenblick ein inner-institutioneller Prozess, mit dem wir wahrscheinlich erst irgendwie an die Öffentlichkeit treten als zertifizierter Betrieb, sozusagen, dass der Betrieb zertifiziert ist. Im Moment hat das aus meiner Sicht noch keine Außenwirkung.“ Pädagogischer Mitarbeiter, Volkshochschule
In Zusammenschau damit, dass die Umwelt sowohl ex ante als auch ex post ein nicht unerheblicher Auslöser für die Einrichtungen ist, sich mit der Implementierung von Qualitätsmanagement im Allgemeinen und LQW im Besonderen auseinanderzusetzen und sie in der Motivstruktur über die Zeit hinweg – also stabil – eine bedeutende Rolle einnimmt (vgl. Kap. E 2.1.2), ist es zunächst erstaunlich, dass die Einrichtungen keine unmittelbaren Umweltreaktionen beobachten können. Dies deutet auf eine Differenz zwischen dem, was von den Einrichtungen als Erwartungen der Umwelt kodiert wird und vor dem Hintergrund dieser Deutung in die organisationsinterne Steuerung einfließt einerseits, und dem, was an konkreten Reaktionen der Umwelt auf die organisationsinternen Anstrengungen durch die Einrichtungen beobachtet werden kann andererseits, 73 Letzteres muss fast erstaunen, stellt man in Rechnung, dass die in dem vorliegenden Zusammenhang untersuchten Teilnehmer zwar Vorstellungen davon haben, was eine gute Bildungseinrichtung ausmacht, sie aber keinerlei Kenntnis über die Qualitätsbemühungen der Einrichtung haben, durch die sie strukturiert an dieselben herantreten und Erwartungen formulieren könnten (vgl. Hartz/Goeze/Schrader 2007).
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hin. Denn obwohl die Umwelt ein zentraler Antriebsfaktor für die Einrichtungen ist, spielen konkrete Reaktionen derselben ex post weder in der Motivstruktur – wie in Kapitel E 2.1.2.2 herausgearbeitet (vgl. den die Motivstruktur ex post beschreibenden Faktor 3 „Reproduktionssicherung an der Schnittstelle zur Umwelt“) – noch als tatsächlich beobachtbare Wirkungen eine entscheidende Rolle. Anders ausgedrückt: obwohl man der Meinung ist, aufgrund der Umweltanforderungen auf LQW nicht verzichten zu können, treiben weder konkrete Reaktionen der Umwelt wie Neuakquise oder Sicherung von Aufträgen die Implementierung von LQW an noch können konkrete Effekte beobachtet werden, durch die die allgemein hohe Bedeutungszuschreibung an die Umwelt empirisch respezifiziert werden könnte.74 Dies stützt die in Kapitel E 2.1.2.2 formulierte Annahme, dass eine Testierung für das Mitspielen am Markt erforderlich scheint, ohne dass dies zu einer privilegierten Position auf demselben führen oder in einem unmittelbar messbaren, in einen Kennwert überführbaren Effekt ausgedrückt werden könnte. D. h., Testierung sichert Wettbewerbsfähigkeit, aber keinen Wettbewerbsvorsprung. Betrachtet man sich die Bewertung der den Faktor 3 „externe Regulierung bei geringem Nutzen“ konstituierenden Items, wird darüber hinaus sichtbar, dass die ausbleibenden Reaktionen der Umwelt nicht dazu führen, dass der Nutzen der Organisationsentwicklung nach dem Modell LQW respektive die Relation zwischen Aufwand und Ertrag an sich infrage gestellt werden würden. Die Mittelwerte der hochladenden Items liegen an, meistens über m = 3, der Modus variiert bis auf zwei Items zwischen 3 und 4, was einer Distanzierung von der These externer Regulierung bei geringem internem Nutzen gleichkommt. D. h.: In Summe bestätigen die Einrichtungen mehrheitlich nicht, dass es zu einer externen Regulierung bei geringem internem Nutzen gekommen sei. Eine noch deutlichere Abgrenzung zu negativen Begleiterscheinungen wird über die den Faktor 4 „Divergenz zwischen Pädagogik einerseits und Organisation und Ökonomie andererseits“ konstituierenden Items sichtbar. Hier dominiert ein Modus von 4 mit entsprechenden spiegelverkehrt L-förmigen Verteilungen. Damit wird eine durch Qualitätsmanagement nach LQW eingetretene Divergenz zwischen Pädagogik einerseits und Organisation und Ökonomie andererseits von den an der Implementierung von LQW beteiligten Einrichtungen negiert. Den Einschätzungen der Einrichtungen zufolge tritt eine solche Passungsproblematik durch die Nutzung des Qualitätsmanagementmodells LQW nicht ein – eine Beobachtung, die auf einer Linie mit den diesbezüglich artikulierten Erwar74 Zwischen dem die Motivstruktur ex post beschreibenden Faktor 3 „Reproduktionssicherung an der Schnittstelle zur Umwelt“ und dem die allgemeinen Wirkungen beschreibenden Faktor 2 „optimierte Bewirtschaftung an der Schnittstelle zur Umwelt zur Sicherung der Reproduktion“ besteht eine hoch signifikante Korrelation von r = 0,505.
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tungen liegt (vgl. Kap. E 2.1.4.2 und den die Erwartungsstruktur beschreibenden Faktor 3 „unter pädagogischer Perspektive negative Kosten-Nutzen-Bilanz“) und auch im Einzelfall der Volkshochschule Bestätigung findet. Mehr noch, die Fallanalyse zeigt sogar, dass LQW implizit als Instrumentarium genutzt wird, um pädagogische Professionalisierungsfragen und organisatorische Erfordernisse durch diejenigen aufeinander zu beziehen, die im operativen Umgang immer wieder gefordert sind, eine Lösung für diese Spannung zu finden. „Ich denke nur grundsätzlich, diese Arbeitsgruppen sind ja immer so zusammengesetzt, dass da Leute zusammenkommen, die sonst nie zusammenkämen. Und zumindest in dieser Arbeitsgruppe ist auf einmal auch ein Verständnis oder ein Verstehen für was entstanden, was vorher nicht da war. Das wär jetzt mal ein kleines Stück, sag ich mal. Wir erwarten natürlich mehr, aber das bleibt abzuwarten.“ Verwaltungsmitarbeiter, Volkshochschule oder „Also, für meine Arbeit sind sicherlich diese Schlüsselprozesse ‘ne wichtige Geschichte, einfach weil es da eben um Abläufe geht, die meine Arbeit stark beeinflussen, ähm was auch ein schöner Nebeneffekt von dieser Qualitätsentwicklung ist, ähm habe ich auch gemerkt, dass die Kollegen, die man sonst nicht so erreicht, einfach mal aufklären kann, was man so tut, und dass die eigene Arbeit eigentlich wichtig ist und entscheidend ist und ähm was man sich denn noch mehr wünschen würde.“ Verwaltungsmitarbeiter, Volkshochschule oder „Insbesondere sind eben durch diese Arbeitskreise in dem Jahr auch die Kollegen zusammengemixt worden und mal in Arbeitsgruppen zusammengekommen, die man sonst in dieser Konstellation nicht kennt. Ich denke, da ist viel, viel an Informationen gelaufen, da sind viele Aha-Effekte entstanden und da ist natürlich auch ein verstärkter Blick auf so was mal gekommen. Bei vielen, ja.“ Pädagogischer Mitarbeiter, Volkshochschule
Dass es gerade nicht zu einer Divergenz von Pädagogik einerseits und Ökonomie und Organisation andererseits kommt und dass das Instrumentarium sogar genutzt wird, um unterschiedliche Mitarbeitergruppen zusammenzubringen, sind sowohl für den erwachsenenbildnerischen Diskurs als auch die Weiterbildungspraxis nicht unerhebliche Befunde. In der Debatte um die gegenüber pädagogischen Einrichtungen zunehmende Anforderung, auch wirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen, findet sich nämlich eine modernisierungskritische und eine modernistisch-managementorientierte Diskursposition. Vertreten die einen die Ansicht, dass es zu einer ‚Geißelung‘ des Pädagogischen komme (vgl. Pongratz 2000; Meueler 1999), fordern die anderen eine Öffnung gegenüber
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den neuen Anforderungen und definieren sie als Chance (vgl. Zech 1997; Ehses/Zech 1999, 2000; Bastian/Beer/Knoll 2002; Meisel 2001). Beide Haltungen generieren sich, wie Dollhausen (2008) festhält, eher aus theoriegeleiteten oder praktisch-politischen Argumentationsmustern, als dass sie empirisch gesättigt wären. Die hier neu gewonnenen Befunde bieten nun erste Möglichkeiten der Rückbindung der genannten Positionen an empirisch gewonnene Einsichten respektive eine Rückbindung der Befunde an die genannten Diskurspositionen. Dabei lässt sich den Ergebnissen zufolge eine strikt modernisierungskritische, Divergenz profilierende Position empirisch nicht verifizieren: In der subjektiven Wahrnehmung der Einrichtungen scheinen sich in der konkreten Umsetzung des hier zur Rede stehenden Managementtools diesen mehr Möglichkeiten zu bieten, den Kern des Pädagogischen zu wahren, als dies die modernisierungskritische Position annimmt. Für die Weiterbildungspraxis ist dieser Befund insofern von Interesse, als er diese in Bezug auf die Sorge, von Managementanforderungen überrollt zu werden, zu beruhigen vermag. Offensichtlich stehen die vielfach als Gegensätze in Anschlag gebrachten Referenzpunkte – Pädagogik auf der einen Seite und Organisation und Ökonomie auf der anderen Seite – im praktischen Tun der Einrichtungen respektive in der Wahrnehmung ihres Tuns nicht derart in Widerspruch, dass dies zu organisationsinternen Konflikten führen würde (vgl. hierzu auch die Befunde von Dollhausen 2008). Im Gegenteil, anhand der Fallanalysen zeigt sich, dass die Umsetzung von LQW und die in diesem Zusammenhang eingesetzten funktionsübergreifend zusammengesetzten Arbeitsgruppen ein gegenseitiges Kennenlernen der Arbeitsfelder initiieren, durch das Verstehen entsteht – ein Verstehen, das Divergenzen offenbar abzubauen vermag. Gegen eine pauschale Divergenzannahme spricht auch die Bewertung der den Faktor 6 „Konvergenz zwischen Pädagogik, Ökonomie und Organisation“ konstituierenden Items: Mit einem Modus von 2 und um m = 2,5 gruppierten Mittelwerten werden eine intensivere Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Fragen und eine verbesserte Arbeitsorganisation der pädagogischen Mitarbeiter in einen positiven Zusammenhang mit Professionalisierungsaspekten, speziell einer Professionalisierung bei der Durchführung von Kursen und makrodidaktischen Tätigkeiten gebracht. LQW wird also gerade an der Schnittstelle zwischen klassischen pädagogischen Handlungsfeldern einerseits und neuen Managementanforderungen andererseits als nützlich kodiert. Einen aus der Implementierung von LQW resultierenden Gewinn drückt auch die Bewertung der den Faktor 5 „Konsensbildung und Vernetzung“ konstituierenden Items aus: Zwar bleiben in Summe die Erwartungen hinter den Wirkungen zurück, nichtsdestoweniger verweist der mehrheitlich auf 2 liegende
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Modus auf diesbezüglich eingetretene Effekte.75 Mehrheitlich gehen die Einrichtungen davon aus, dass sich ein gemeinsames Qualitätsverständnis durchgesetzt, sich die Qualität gesteigert und sich eine Vernetzung realisiert habe. Distanziert allerdings fallen die Einschätzungen zu den weniger hochladenden Items, „‚schwarze Schafe‘ werden aufgespürt“ und „die Weiterbildung hat insgesamt mehr Anerkennung gefunden“, aus (Modus: 3). Von der oben angesprochenen Differenz zwischen dem, was von den Einrichtungen als Erwartungen der Umwelt kodiert wird, und dem, was vor dem Hintergrund dieser Deutung in die organisationsinterne Steuerung einfließt, einerseits und dem, was an konkreten Reaktionen der Umwelt auf die organisationsinternen Anstrengungen durch die Einrichtungen beobachtet werden kann, andererseits, zeugt auch die Bewertung der hinter dem Faktor 7 „Testierung als externer Zwang“ stehenden Items. Ein allgemeiner, unspezifischer äußerer Zwang ist in der Deutung der Einrichtungen auch ex post ein entscheidender Faktor für die Auseinandersetzung mit Qualitätsmanagement: Knapp drei Viertel der Einrichtungen nehmen einen solchen Zwang wahr und begründen die gedankenexperimentelle Wiedereinführung von LQW damit. Betrachtet man sich aber die auf dem Wirkungen beschreibenden Faktor 7 „Testierung als externer Zwang“ ladenden Items, die konkrete Reaktionen der Umwelt ansprechen, zeigt sich Folgendes: Aus der Sicht von fast 60 Prozent der Einrichtungen wurde die finanzielle Zuwendung nicht an das Testat gebunden. Zudem bleibt aus der Sicht von etwa 65 Prozent der Einrichtungen eine staatlich regulierte, organisationsinterne Standardisierung aus. Im Vergleich von Begründungsstruktur und Wirkwahrnehmung wird also sichtbar, dass sich Rationalitätsannahmen durchsetzen, ohne dass diese tatsächlich verifiziert wären; ja mehr noch, sie werden sogar entgegen konkreter Erfahrungen und Beobachtungen aufrechterhalten. Um die Annahme eines externen Zwangs gruppiert sich demnach ein Mythos, dessen darin eingelagertes Wissen sich gegenüber empirischer Erfahrung immunisiert (Meyer/Rowan 1977; vgl. auch Kap. C 3.2). In der Deutung schwierig stellt sich Faktor 8 „Ambivalenz und Teilentkoppelung“ dar. Betrachtet man die diesen Faktor konstituierenden Items, zeigt sich, dass das am höchsten, zugleich negativ ladende Item „Schnittstellen innerhalb der Organisation sind besser definiert“ von rund 92 Prozent der Einrichtun75 Die Korrelation zwischen dem die Erwartungsstruktur konstituierenden Faktor 2 „Konsensbildung und Vernetzung“ und dem die Wirkungen beschreibenden Faktor 5 „Konsensbildung und Vernetzung“ ist hoch signifikant und liegt bei r = 0,416. Überhaupt ist hier der Zusammenhang zwischen Erwartung und Wirkungen am deutlichsten ausgeprägt.
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gen Zustimmung findet. Damit geht die Einschätzung von etwa 70 Prozent der Einrichtungen einher, dass der Anteil organisatorischer Arbeiten zugenommen habe. Bei beiden Items liegt der Modus auf 2 mit deutlich rechtsschiefen Verteilungen. Neben diesen attestierten Wirkungen bestätigen knapp über 40 Prozent der Einrichtungen, dass die Strukturen zwar klarer seien, die Teilnehmenden aber nicht besser lernten. Während also die Einrichtungen einen eindeutigen Gewinn hinsichtlich der organisationalen Seite konstatieren können, bleibt eine Durchdringung bis hin zu den Lernenden in Teilen aus. Dieses redet der These der Gleichzeitigkeit von Koppelungen und Entkoppelungen das Wort. In Summe lässt sich festhalten, dass zwar die von den Einrichtungen ex post beobachteten Wirkungen hinter den ex ante artikulierten Erwartungen zurückfallen, dennoch mehrheitlich positive Bezugnahmen auf LQW vorliegen. 2.2.3 Zusammenhang zwischen Motivstruktur ex ante, Erwartungen, Wirkungen und Motivstruktur ex post unter der Perspektive der Lernerorientierung: Entscheidungsrationalisierung entgegen vorliegenden Erfahrungen Wie bereits dargelegt erstaunt die mehrheitliche Unberührtheit des mikrodidaktischen Tätigkeitsbereichs – insbesondere dann, wenn man in Rechnung stellt, dass es sich bei LQW um ein Qualitätsmanagementmodell handelt, das ausdrücklich den Lernenden zum Referenzpunkt der Qualitätsbemühungen erhebt, und dass genau dieser von den Schöpfern – der Testierungsstelle –, den Distribuierern und den Förderern (vgl. E 1.2) als Alleinstellungsmerkmal profilierte Aspekt in der von den Einrichtungen artikulierten Motivstruktur bei der Entscheidung für LQW eine besondere Rolle spielt – und zwar ex ante gleichermaßen wie ex post (vgl. Kap. E 2.1.2). In Kapitel E 2.2.2 konnte gezeigt werden, dass die über die Elementarvariablen zum Ausdruck gebrachte eingeschränkte Wirkung von LQW in dem mikrodidaktischen Bereich weniger auf Sättigung im Sinne einer vollkommenen Qualitätsrealisierung zurückzuführen ist. Die eingeschränkte Durchdringung der Lernerorientierung bis in den mikrodidaktischen Bereich kann vielmehr auf eine Entkoppelung zwischen einer in der Formalstruktur über das Testat inszenierten Lernerorientierung auf der einen Seite und einer geringen Umsetzung derselben in die Aktivitätsstruktur auf der anderen Seite erklärt werden. Diese Entkoppelung wird im Folgenden zum Ausgangspunkt genommen, um den Zusammenhang zwischen Motiven ex ante, Erwartungen, Wirkungen und Motiven ex post unter der Perspektive der Lernerorientierung ausdrücklich zu analysieren. Dabei wird davon ausgegangen, dass der mikrodidaktische Bereich ein wesentlicher Referenzpunkt einer Lernerorientierten Qualitätstestierung ist. Insofern hätte angenommen werden können, dass es bezüglich des 292
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Lehr-Lernprozesses und einer Fokussierung desselben durch die Lernerorientierung einen Zusammenhang zwischen der Motivstruktur und der Erwartungshaltung ex ante gibt. Ein solcher liegt allerdings nur sehr schwach vor: Zwischen dem Item, das die Erwartung einer Wirkung auf den Lehr-Lernprozess – im Sinne einer teilnehmerangemessenen Didaktik und Methodik – abfragt, und dem inhaltlich entsprechenden, die Motivstruktur vertretenden Faktor 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ gibt es eine nur geringe, dafür aber sehr signifikante Korrelation von r = 0,207 (Spearman-Roh).76 Trotz dieser schwachen Korrelation werden diejenigen 35 Prozent der Einrichtungen, die Änderungen hinsichtlich des Lehr-Lernprozesses erwarten, und diejenigen 65 Prozent der Einrichtungen, die keine diesbezüglichen Änderungen erwarten, hinsichtlich ihrer Ausprägungen auf dem die Motivstruktur vertretenden Faktor 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ anhand eines t-Testes miteinander verglichen: Dabei treten signifikant voneinander unterschiedene Mittelwerte hervor. Diejenigen Einrichtungen, die keine Änderungen hinsichtlich des Lehr-Lernprozesses erwarten, bewerten den Faktor leicht unter- (m = -0,22) und diejenigen, die eine Änderung erwarten, leicht überdurchschnittlich (m = 0,39).77 D. h.: Auch wenn der Zusammenhang nur sehr schwach ausgeprägt ist, stehen Motivstruktur und Erwartungshaltung ex ante in einer Beziehung zueinander. Vor dem Hintergrund des herausgearbeiteten, schwachen Zusammenhangs stellt sich die Frage, welche Beziehungen zwischen Motivstruktur und Erwartungshaltung ex ante zu der Wahrnehmung der auf der mikrodidaktischen Ebene allokalisierbaren Wirkungen ex post vorliegen. Die Korrelation zwischen der auf den mikrodidaktischen Bereich fokussierten Erwartung und dem entsprechenden, diesen Wirkbereich repräsentierenden Faktor 1 „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ ist mit einem Korrelationskoeffizienten von r = 0,258 (Spearman-Roh) ebenfalls sehr signifikant, aber schwach. Dennoch lassen sich bei einer weitergehenden, gerichteten Suche auch hier signifikant voneinander unterscheidbare Gruppen finden: Einrichtungen, die ex ante Verbesserungen im 76 Zwischen dem Erwartungsitem und den den Faktor 1 konstituierenden, den pädagogischen Aspekt vertretenden Primärvariablen ergeben sich teilweise ebenfalls hoch signifikante Korrelationen zwischen r = 0,126 und r = 0,253 (Spearman-Roh). 77 Hierbei muss in Rechnung gestellt werden, dass der gesamte Faktor in die Berechnung integriert wird und nicht nur die einzelnen, die pädagogische Perspektive adressierenden Items. Deshalb wurde geprüft, ob ein Mittelwertvergleich bei den den pädagogischen Aspekt repräsentierenden Elementarvariablen zu ähnlichen Ergebnissen führt, was in Summe bestätigt werden kann.
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mikrodidaktischen Bereich erwarten, bewerten den diesen Wirkaspekt abbildenden Faktor 1 „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ mit m = 0,44 signifikant höher als Einrichtungen, die ex ante keine diesbezüglichen Erwartungen hegen, mit m = -0,27. Für den die Lernerorientierung in der Motivstruktur ex ante profilierenden Faktor 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ und den die „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ vertretenden Faktor 1 verschwindet der Zusammenhang mit r = 0,090 (Pearson) fast gänzlich. D. h.: Die über die Lernerorientierung in der Motivstruktur ex ante aufgebaute Legitimierung ist unabhängig davon, was Einrichtungen etwa zwei Jahre später an Wirkungen nennen. Oder umgekehrt, die Wirkungen haben nichts mit den ex ante in Anschlag gebrachten Motiven zu tun. Eine einfaktorielle ANOVA, die die hinsichtlich ihrer Zustimmung zu dem Motiv „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ in Quartile differenzierten Einrichtungen miteinander vergleicht, bestätigt dieses: Zwar weist das auf diesem Faktor durch höchste Zustimmung charakterisierte Quartil bezüglich der „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ mit m = 0,49 den höchsten Mittelwert auf, allerdings nimmt er nicht linear, relational zur Distanzierung zu dem Motiv ab. Den niedrigsten Mittelwert auf dem Faktor „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ mit m = -0,58 verzeichnet nämlich dasjenige Quartil, das dem Motiv „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale und pädagogische Handlungslogik“ die zweithöchste Zustimmung entgegenbringt. Sind unter der Perspektive der Lernerorientierung die Zusammenhänge zwischen der Motivstruktur und der Erwartungshaltung sowie zwischen der Erwartungshaltung und den Wirkungen bereits sehr schwach, so entkoppeln sie sich zwischen Motivstruktur ex ante und Wirkungen fast gänzlich. Pointiert formuliert lässt sich festhalten: Die Entscheidung für LQW war ex ante wesentlich durch die Lernerorientierung bestimmt, ohne dass ex post an der für das Modell einschlägigen Stelle in einem umfassenden Sinne Wirkungen konstatiert werden könnten. Interessant wird der Zusammenhang zwischen den unter der Perspektive der Lernerorientierung beobachteten Wirkungen und der Motivstruktur ex post, den Gründen also, die aus der Sicht der Einrichtungen nach der vollzogenen Testierung für eine abermalige Implementierung sprechen. Es wäre plausibel, würde sich die Erfahrung der Einrichtung bezüglich einer eingeschränkten 294
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Durchsetzungskraft von LQW im mikrodidaktischen (und damit in dem für die Lernerorientierung zentralen) Bereich in einer eingeschränkten Zustimmung zu denjenigen Items niederschlagen, die eine auf die Lernerorientierung hin fokussierte Motivstruktur abbilden und die Auseinandersetzung mit LQW darüber legitimieren. Diese Plausibilität bestätigt sich in den Daten nicht: Zwischen dem Faktor 1, der die Wirkungen auf der mikrodidaktischen Ebene bündelt, und dem Faktor 2, der die Optimierung der pädagogischen Handlungslogik als Antriebsgrund für eine abermalige Implementierung beschreibt, verweist eine nicht signifikante Korrelation von r = 0,122 (nach Pearson) auf einen sehr schwachen Zusammenhang. Beobachtete Wirkungen und ex post genannte Motive einer hypothetischen abermaligen Einführung sind also mit Blick auf den Aspekt der Lernerorientierung weitgehend unabhängig voneinander78. Erfahrungen werden offenbar nicht unmittelbar in Entscheidungsrationalisierungen integriert. Mehr noch, sie verlaufen – so ließen sich die Daten interpretieren – sogar jenseits konkreter Erfahrungen. Ein Mittelwertvergleich anhand einer ANOVA zwischen den anhand der Faktorwerte auf dem Faktor 1 „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ in Quartile eingeteilten Einrichtungen hinsichtlich der Bewertung des Faktors, der die Beweggründe ex post unter der Perspektive „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – pädagogische Handlungslogik“ bündelt, ergibt dementsprechend auch keine signifikanten Unterschiede: In der Tendenz zeigt sich zwar, dass Faktor 2 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – pädagogische Handlungslogik“ von denjenigen Einrichtungen, die in dem Quartil mit den relational höchsten Wirkbeobachtungen sind, mit einem im positiven Bereich liegenden Mittelwert von m = 0,44 die meiste Zustimmung findet. Mit m = -0,33 weist zugleich aber auch dasjenige Quartil stärkste Distanz auf, das relational gesehen die zweit meisten Wirkbeobachtungen attestieren kann. Dies unterstreicht noch einmal den nicht-linearen Zusammenhang zwischen Wirkungen und Motivstruktur ex post. Zudem bestätigt es die These, dass die diagnostizierte Wirkung auf der mikrodidaktischen Ebene und die Entscheidungsrationalisierung durch die auf diese Ebene abstellenden Motive der Lernerorientierung entkoppelt sind. Die Entscheidung wird also anders rationalisiert, als es die in den Einrichtungen generierten Beobachtungen zunächst vermuten ließen.
78 Bestätigung findet dies auch in der Korrelation der entsprechenden Elementarvariablen. Hier liegen die Korrelationskoeffizienten zwischen r = 0,226 und r = 0,077.
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Dass der modelltheoretisch in Aussicht gestellte – durch die Umwelt der Organisationen79 immer wieder profilierte – Durchgriff von LQW auf die mikrodidaktische Ebene nicht hat realisiert werden können, wird offenbar nicht als problematisch empfunden – sonst würden die Einrichtungen ex post nicht denselben nicht realisierten Grund nennen, der ex ante, d. h. ohne die Erfahrung, dass es keine diesbezügliche Wirkung gibt, ihre Einführung von LQW motiviert hat. In der Entscheidungsrationalisierung wird LQW das über die Lernerorientierung aufgebaute Alleinstellungsmerkmal nicht abgesprochen. Statt ein Unvermögen beim inhaltlichen Kernanspruch von LQW zu konstatieren, bleibt eine hohe Wertzuschreibung an das über die Lernerorientierung profilierte Alleinstellungsmerkmal erhalten. Mehr noch, mit der ex post zum Ausdruck gebrachten Motivstruktur wird das Alleinstellungsmerkmal semantisch geradezu reproduziert. Auch bei Einrichtungen, die LQW kein zweites Mal einführen würden, spielt der nicht realisierte Durchgriff auf die mikrodidaktische Ebene eine nachgeordnete Rolle: Lediglich eine Einrichtung von denjenigen Einrichtungen, die LQW kein zweites Mal einführen würden, begründet dieses mit der geringen Durchdringung bis hin zum Lehr-Lernprozess. Die im mikrodidaktischen Bereich nicht eingetretenen Wirkungen, die über die Motivstruktur ex post sichtbare, fortdauernd positive Bedeutungszuschreibung an die Lernerorientierung sowie die Tatsache, dass diese Entkoppelung offensichtlich nicht als problematisch wahrgenommen wird, könnte als Indikator interpretiert werden, dass forciert durch den Namen Lernerorientierte Qualitätstestierung eine Mythenbildung um LQW herum in Gang gekommen ist und durch die Einrichtungen prozessiert wird. Im Sinne Cassirers (1988) kann der Begriff „Lernerorientierung“ als magisch eingeordnet werden. Er schafft eine Atmosphäre, die eine eigene Reflexion umnebelnde Realität erzeugt. Die Lernerorientierung umhüllt den Qualitätsentwicklungsprozess mit Leidenschaft und Gefühl – in der Volkshochschule wird dies mit dem Begriff der „Nestwärme“ markant zum Ausdruck gebracht –, sodass die im Zeichen des Lernenden stehenden Bemühungen nicht nur ex ante, sondern auch ex post, und zwar entgegen – wohl nicht bewusst enttarnter, so doch – widersprechender Erfahrungen 79 Vgl. hier exemplarisch Landesregierung Schleswig-Holstein, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr/Bundesministerium für Bildung und Forschung (2003), Pressemitteilung vom 16.06.2003: „Das Weiterbildungsangebot und die Lernprozesse werden intensiver auf die Bedürfnisse der Teilnehmer und Kunden ausgerichtet, denn der Lernende steht im Mittelpunkt. Der Lernende ist der eigentliche ‚Produzent‘ von Bildung. Das ist die besondere Herausforderung der Qualitätsentwicklung von Weiterbildung. Bildung wird nicht, wie andere Produkte oder Dienstleistungen, vom Anbieter erstellt oder erbracht, sondern durch den Abnehmer – also dem Lernenden selbst. Der einzigartige Prozess des Zusammenwirkens von Nutzer und Anbieter macht die Entwicklung eines speziellen Qualitätsmodells notwendig.“ Vgl. dazu auch Kap. E 1.2.
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die Entscheidung für LQW zu legitimieren und rationalisieren vermögen. Der Mythos enthält insofern nicht nur empirisch nicht zurückbindbares Wissen (Blumenberg 1996; vgl. auch Kap. C 3.2); in diesem Falle überlagert der Mythos sogar das in der Organisation generierte Wissen. Es wird eine mit eigenem Sinn ausgestattete Realitätsebene mit kritikresistentem Geltungsanspruch erschaffen. Der Widerspruch zwischen Erwartung, Entscheidungsstruktur und Wirkung bleibt sublim, unterhalb der Wahrnehmungsschwelle – so, als gäbe es ihn nicht. Der Begriff schafft eine „Aura des Vertrauens“ (Walgenbach 2000: 51), die sowohl nach außen als auch nach innen hin von Bedeutung ist. Nach außen ist die Lernerorientierung in Zusammenschau mit den Wirkungen an der Schnittstelle zum Lernenden ein Lippenbekenntnis. Sie ist so etwas wie eine „richtige Vokabel“, die dazu führt, „daß die Organisation einwandfrei und rational wirkt“ (Walgenbach 2000: 50). Einwandfrei und rational im vorliegenden Fall bedeutet, dass die existenzberechtigende Funktion der Einrichtung in Passung zu dem gewählten, für den Weiterbildungsbereich einschlägigen Qualitätsmanagement steht. Nach innen hin schafft die Lernerorientierung Akzeptanz – jedenfalls, so ließe sich vermuten, solange die Umsetzung derselben nicht das pädagogische Kerngeschäft tangiert (vgl. Kap. E 2.2.2). Die Lernerorientierung erzeugt eine gewisse Offenheit für den innerorganisatorischen Diskurs um das zunächst von der Praxis vielfach skeptisch beäugte Qualitätsmanagement (vgl. Kap. B 2.2). Demnach trägt das Festhalten an dem Mythos „Lernerorientierung“ aus der Perspektive der Einrichtungen rationale Elemente. Sie speisen sich nicht aus Effizienz, sondern aus Legitimitätserhalt nach innen und außen: Sich mit einem Qualitätsentwicklungsmodell zu beschäftigen, das zumindest semantisch die Kernaufgabe einer Weiterbildungseinrichtung, gelungene Lehr-Lernprozesse zu arrangieren, adressiert, ist nach außen hin in der Formalstruktur gut inszenierbar und nach innen hin in akzeptanzfördernder Funktion – vielleicht sogar mit beruhigender Wirkung – nutzbar. Lernerorientierung ist insofern ein Mythos, an dessen Aufrechterhaltung nicht nur die das Modell vermarktende Testierungsstelle, sondern darüber hinaus auch die mit LQW beschäftigten Einrichtungen selbst Interesse haben. Der Mythos des Besonderen bzw. der besonderen Passung wird von ihnen möglicherweise deshalb forciert, weil er – sowohl für die nach außen darstellbare Formalstruktur (Meyer/Rowan 1977) als auch die Akzeptanz nach innen hin – vorteilhaft ist (vgl. zu diesem Phänomen auch Walgenbach 2000: 49f.). Vorrangig wichtig scheint die kommunikativ immer wieder prozessierte Betonung des genuin Pädagogischen, nicht die Einlösung einer darüber in Aussicht gestellten Durchdringung der Qualitätsentwicklung bis in die Lehr-Lerninteraktion hinein. Mehr noch, es ließe sich sogar erwarten, dass dann, wenn Letzteres durch die Testierungsstelle respektive
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die Gutachter/Berater nachhaltig eingeklagt werden würde, dieses auf der Ebene der Organisationen Akzeptanzeinbußen nach sich ziehen könnte. Es gibt eine gewisse symbiotische Verschmelzung zwischen den Interessen der Einrichtungen und denjenigen der Testierungsstelle. Dass es mehr um die Betonung des Pädagogischen als dessen konkrete Einlösung geht, legt auch die Modellanlage, die unter der Perspektive des Qualitätsbereichs „Lehr-Lernprozesse“ noch zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten zurücklässt, selbst nahe. Der unter Marketinggesichtspunkten rationale Name „Lernerorientierung“ und die darüber in Aussicht gestellte Fokussierung der Lehr-Lerninteraktion kontrastieren mit der Tatsache, dass modelltheoretisch diejenigen Akteure nicht in die Umsetzung von LQW eingebunden werden müssen, die das Lehr-Lerngeschehen bestimmen und die insofern Schlüssel für die Erreichbarkeit der mikrodidaktischen Ebene sind: die freien Trainer und Dozenten und die Lernenden selbst. D. h.: Der Erhalt des Testates ist weder an die Integration derjenigen gebunden, die modelltheoretisch adressiert werden, noch derjenigen, die die Lernprozesse arrangieren. Umso erstaunlicher ist es, dass dennoch knapp 19 Prozent der Einrichtungen Lernende80 und sogar 53 Prozent der Einrichtungen freie Trainer und Dozenten81 in den Qualitätsentwicklungsprozess integrieren. Dies zeigt, dass es praktisch – wohl eine Herausforderung wie vielfach diskutiert – keineswegs jedoch unmöglich ist, diese beiden (Sub-)Systeme zu integrieren. Dass darüber hinaus die Einbindung der lose gekoppelten (Sub-)Systeme modelltheoretisch auch in der inzwischen vor dem Hintergrund der Projekterfahrungen überarbeiteten Modellversion 3 nicht systematisch verankert ist (vgl. Zech 2008), drängt den Verdacht auf, dass der Begriff der Lernerorientierung vornehmlich strategisch, in Akzeptanz fördernder Mission durch die Modellvertreiber genutzt wird. Möglicherweise ist auch der Testierungsstelle die kommunikativ immer wieder prozessierte Betonung des genuin Pädagogischen wichtiger als die Einlösung desselben. 2.2.4 Wirkungen unter der Perspektive unterschiedlicher Einflussfaktoren Von den zu den Wirkungen generierten Befunden ausgehend gilt es nun, auf der Grundlage der über die Faktorenanalyse errechneten Faktorlösungen der Frage 80 Weitere 5 Prozent der befragten Einrichtungen taten dies zunächst auch, haben aber die Einbindung der Teilnehmenden aus unterschiedlichen Gründen wieder beendet. 76 Prozent haben zu keinem Zeitpunkt Teilnehmende einbezogen (vgl. hierzu Hartz/Goeze/Schrader 2007: Kap. 5.6.2.1). 81 Rund 6 Prozent haben zunächst eine Einbindung realisiert, dann aber wieder davon abgesehen. Etwa 4 Prozent arbeiten generell ohne freie Trainer und Dozenten und etwa 37 Prozent der Einrichtungen haben nie freie Trainer und Dozenten integriert.
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nachzugehen, ob sich Einrichtungen bzw. Einrichtungstypen in den von ihnen beschriebenen Wirkungen signifikant voneinander unterscheiden, ob also die Umsetzung von LQW respektive die daraus resultierenden Veränderungen einrichtungstypenbezogen variieren. Wie in den vorangegangenen Kapiteln auch werden im Sinne eines Ex-Post-Facto-Designs die Einrichtungen entsprechend der theoretischen Vorüberlegungen nach unterschiedlichen Kriterien differenziert (vgl. Kap. C 4) und über die ihnen auf einem Faktor zugeordneten Faktorwerte mit einer einfaktoriellen ANOVA respektive einem t-Test miteinander verglichen (vgl. hierzu Kap. D 4.2). Als unabhängige und Wirkungen modellierende Variablen gelten solche, die sich erstens im Anschluss an den Neo-Institutionalismus auf feldkonstitutive Überlegungen beziehen, die zweitens die Ausgangslage der Einrichtung in Rechnung stellen und die drittens auf die Prozessgestaltung abstellen (vgl. Kap. C 4). 2.2.4.1 Feldbezogene Aspekte Unter neo-institutionalistischer Perspektive ließe sich erwarten, dass sich feldkonstituierende Merkmale in die von den Einrichtungen beschriebenen Wirkungen eintragen. Dies bedeutete, dass sich Einrichtungen unterschiedlicher Felder in den von ihnen beschriebenen Wirkungen unterscheiden bzw. Einrichtungen gleicher Felder sich in den wahrgenommenen Wirkungen gleichen. Zentral in dieser Hinsicht ist die Differenzierung nach Steuerungskontexten, nach Relevanz beruflicher und berufsbezogener Maßnahmen, nach Bundesland, nach Zugehörigkeit zu einer Unterstützungsstelle sowie nach Größe. Ein Vergleich der nach Reproduktions- und Steuerungskontexten geordneten Einrichtungen zeigt, dass sich die in korporative, staats- und marktnahe Einrichtungen klassierten Gruppen in den konstatierten Wirkungen mit zwei Ausnahmen nicht signifikant voneinander unterscheiden. Eine Ausnahme bei den auf die Qualitätsbereiche bezogenen Wirkdimensionen stellt diejenige dar, die Wachstum beschreibt: Einrichtungen, die sich in dem Steuerungskontext Staat allokalisieren lassen, analysieren mit m = 0,22 signifikant mehr Effekte auf der „Wirkdimension: Wachstum“ als Einrichtungen der anderen beiden Kontexte (Markt m = -0,55, Korporationen m = -0,32). Demnach würde sich unter dem Gesichtspunkt Wachstum die Einführung von LQW für Einrichtungen des Reproduktionskontextes Staat mehr lohnen als für Einrichtungen, die ausschließlich der Marktlogik unterliegen. Betrachtet man die über die Qualitätsbereiche hinausgehenden Wirkungen, findet sich bei Faktor 5 „Konsensbildung und Vernetzung“ eine weitere Ausnahme: Staatliche Einrichtungen können stärkere Wirkungen hinsichtlich Konsens-
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bildung und Vernetzung beobachten (m = 0,29)82 als Einrichtungen der anderen beiden Steuerungskontexte. Gerade die marktnahen Einrichtungen distanzieren sich an dieser Stelle mit einem Mittelwert von m = -0,77 deutlich. Dass es gerade Einrichtungen des Steuerungskontextes Staat sind, die die Wirkungen in Bezug auf Konsensbildung und Vernetzung im Vergleich zu den anderen Einrichtungen hervorheben, liegt auf einer Linie damit, dass für diese mengenmäßig am stärksten vertretenen Einrichtungen in der Motivstruktur ex ante wie auch ex post die Orientierung an vergleichbaren Einrichtungen – Mimese – eine besondere Rolle spielt (vgl. Kap. E 2.1.2.3). Diese Form des Umweltbezuges – Orientierung an und Vernetzung mit anderen (vergleichbaren) Einrichtungen – scheint den diesem Kontext zugeordneten Organisationen besonders wichtig. Diese These lässt sich erhärten, wenn man darüber hinaus betrachtet, welche Einrichtungen mit anderen faktisch in Kontakt bzw. nicht in Kontakt getreten sind. Hierbei zeigt ein leicht erhöhtes standardisiertes Residuum, dass sich Einrichtungen des Steuerungskontextes Markt weniger in Austausch mit Qualitätsbeauftragten anderer Einrichtungen begeben als Einrichtungen der Steuerungskontexte Staat und Korporationen, wenngleich sich marktnahe Einrichtungen bei der Einschätzung der Wichtigkeit von Vernetzung nicht von Einrichtungen der anderen beiden Kontexte unterscheiden (vgl. zu der Vernetzungsthematik allgemein Hartz/ Goeze/Schrader 2007: Kap. 5.4.6). Von diesen Signifikanzen abgesehen zeigt sich in Summe, dass sich Einrichtungen unterschiedlicher Steuerungskontexte in den wahrgenommenen Wirkungen nicht wesentlich voneinander abgrenzen. Das heißt auch, dass der Steuerungskontext, dem eine Einrichtung zugeordnet werden kann, einen nur geringen Einfluss darauf zu haben scheint, wie die kommunikativen Anschlüsse von Organisationen gleicher bzw. unterschiedlicher Steuerungskontexte verlaufen. Typische, steuerungskontextbezogen variierende Verarbeitungsmuster bilden sich weitgehend nicht heraus. Entsprechend lassen sich bei der Differenzierung der Einrichtungen nach ihrer thematischen Ausrichtung kaum signifikante Unterschiede finden. Auch eine Kategorisierung der Einrichtungen hinsichtlich der Bedeutungszuschreibung derselben an berufliche Bildung lässt nur wenig signifikante Unterschiede offenbar werden: Beispielsweise deutet sich an, dass Einrichtungen, für deren Reproduktion die berufliche Bildung besondere Relevanz hat, eine externe Regulierung bei geringem Nutzen deutlicher spüren als Einrichtungen, für die dieser Bereich eine nachgeordnete Bedeutung hat. Mit p = 0,054 wird jedoch die Signifikanz knapp verfehlt. Signifikant weniger Wirkungen auf der „Wirkdimension: Wachstum“ attestieren Einrichtungen, die 82 Entsprechend bewerten Einrichtungen, deren thematischer Schwerpunkt auf der allgemeinen Weiterbildung liegt, Wirkungen mit Blick auf Vernetzung und Konsensbildung höher als Einrichtungen, die keine diesbezügliche thematische Orientierung aufweisen.
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der beruflichen Bildung für ihre eigene Angebotsstruktur eine besonders hohe Wichtigkeit zuschreiben.83 In Summe allerdings lässt sich festhalten, dass sich auch über die unterschiedliche Bedeutungszuschreibung an berufliche Bildung in Bezug auf Wirkungen keine einheitliche Rezeptionsweise durchsetzt. Gleiches trifft auch für eine Differenzierung der Einrichtungen nach Bundesland inklusive der darauf basierenden Klassierung nach Ost und West, nach der Positionierung des Bundeslandes zu LQW, nach der gesetzlichen Verankerung von Qualitätsmanagement und der Zugehörigkeit zu den unterschiedlichen Unterstützungseinheiten zu: Mehrheitlich sind die Befunde nicht signifikant. Eine Ausnahme bildet die Tatsache, dass Einrichtungen der neuen Bundesländer weniger Wirkungen auf dem Faktor 5 „Vernetzung und Konsensbildung“ beobachten können als Einrichtungen der alten Bundesländer. Hinsichtlich der Zuordnung der Einrichtungen zu einer Unterstützungsstelle befördert die die Qualitätsbereiche beschreibende „Wirkdimension: Evaluation“ signifikante Unterschiede hervor: Ein systematischer Zusammenhang zu den von den Unterstützungsstellen aus initiierten Kommunikationen – in dem Sinne, dass diejenigen Unterstützungsstellen, deren Einrichtungen mehr Wirkungen auf der Dimension Evaluation ausweisen, mehr auf den Qualitätsbereich Evaluation abgestellte Unterstützungsangebote realisiert hätten – lässt sich allerdings nicht herstellen. Wenig Signifikanzen – und wenn, sind sie kaum systematisch interpretierbar – lassen sich auch hinsichtlich der Kategorisierung der Einrichtungen anhand der Mitarbeiterzahl ermitteln. Denkbar wäre gewesen, dass die Einrichtungsgröße und damit die in dem Qualitätsentwicklungsprozess zu koordinierenden Mitarbeiter Einfluss auf die von den Einrichtungen beschriebenen Wirkungen haben. Plausibilität gewinnt dieses Argument vor dem Hintergrund des im Kontext neo-institutionalistischer Forschung generierten Befundes, dass große Organisationen sich institutionellen Anforderungen eher unterziehen (Greening/ Gray 1994; Walgenbach/Beck 2003). Aufgrund einer bei großen Organisationen stärker wirkenden externen Motivierung läge die Erwartung der Entkoppelung von Formal- und Aktivitätsstruktur nahe. Für den vorliegenden Untersuchungszusammenhang jedoch konnten weder linear unterschiedliche einrichtungsgrößenspezifische Legitimierungen (vgl. Kap. E 2.1.2.3) noch Wirkungen festgestellt werden. Dieser Befund ist gerade auch unter der Perspektive Koordination von Interesse: Er bedeutet nämlich auch, dass die Anzahl der in der Einrichtung zu koordinierenden Mitarbeitenden keinen Einfluss darauf hat, was von den Einrichtungen aus an Wirkungen wahrgenommen wird. D. h.: Weder kleine Einrichtungen, in denen sich hypothetisch noch alle Mitarbeitenden kennen und in Kommunikation unter Anwesenden treten können, noch große Einrichtungen, 83 Gleiches trifft auch für Einrichtungen zu, die arbeitsmarktrelevante Maßnahmen anbieten.
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die durch einen höheren Grad der Anonymisierung charakterisiert sind, scheinen in Bezug auf die von ihnen wahrnehmbaren Wirkungen im Vor- oder Nachteil zu sein. Ein Vergleich der Einrichtungen unter der Perspektive der im Anschluss an den Neo-Institutionalismus als feldkonstituierend angenommenen Merkmale respektive der über unterschiedliche Merkmale präzisierten Felder zeigt keine prägnant ähnlichen oder unähnlichen Wirkmuster innerhalb bzw. zwischen den Feldern. Feldeinheitlich strukturierte Anschlusskommunikationen, in dem Sinne, dass sich eine feldtypische Wirkkommunikation herausbilden würde, lassen sich demnach nicht nachweisen. Vor dem Hintergrund der geringen Unterschiede in den Mittelwerten stellt sich vielmehr auch hier wieder die Frage, ob sich durch den Anschluss an ein bestimmtes Qualitätsmanagementsystem ein neues, thematisch modelliertes Feld konstituiert, oder konkret: ob LQW ein Feld konstituiert, in dem sich bestimmte Kommunikationen reproduzieren und andere nicht (vgl. Hoffman 1999). Dies deutete sich bereits im Vergleich der ex ante und ex post in Anschlag gebrachten, über die Motive rekonstruierten Legitimationsstrategien an. Ließ sich für den ersten Messzeitpunkt noch herausarbeiten, dass nicht alle drei Formen der Isomorphie in allen Reproduktionskontexten gleich ausgeprägt sind, relativiert sich zum zweiten Messzeitpunkt die Relevanz organisationaler Felder und feldspezifischer Legitimationsstrategien (vgl. Kap. E 2.1.2.3). Feldbildend sind demnach weniger die hier in Anschlag gebrachten Aspekte wie Steuerungskontext, Bundesland oder Zugehörigkeit zu einer Vermittlungsinstanz. Feldbildend scheinen vielmehr Themen, denen sich die Einrichtungen anschließen oder nicht (vgl. hierzu Kap. C 3.2). 2.2.4.2 Ausgangslage Sind Feldzugehörigkeiten gewissermaßen exogene Faktoren, die hinsichtlich des Einflusses auf die von den Einrichtungen beobachteten Wirkungen zu überprüfen gewesen sind, lassen sich auch Differenzierungsmerkmale ausmachen, die auf die internen Zusammenhänge der Einrichtungen selbst zurückzuführen sind. Deshalb werden im Folgenden über die feldkonstituierenden Merkmale hinaus die Einrichtungen auch nach Kriterien differenziert, die auf die Ausgangslage der Einrichtung referieren. Hierunter subsumiert werden das von den Einrichtungen zum Ausdruck gebrachte Qualitätsverständnis, die Frage, inwieweit dieses geteilt wird, die Dauer der bisherigen Beschäftigung mit der Qualitätsthematik, die Frage, woher der Anstoß zur Auseinandersetzung mit der Qualitätsthematik kommt, die Erwartungen, die die Einrichtungen ex ante an die Implementierung von LQW binden, sowie die Motivstruktur (vgl. hierzu auch Kap. E 2.1).
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Hinsichtlich des Qualitätsverständnisses gilt es zu untersuchen, inwieweit sich die bezüglich der Zustimmung zu einzelnen Qualitätsfaktoren in Quartile differenzierten Einrichtungen in ihren Wirkbeschreibungen unterscheiden. Es ließe sich vermuten, dass dann, wenn Einrichtungen zum ersten Messzeitpunkt bestimmte Aspekte in ihrem Qualitätsverständnis besonders hervorheben, sich der Prozess der Qualitätsentwicklung darauf fokussiert und sich dieses in entsprechenden Wirkwahrnehmungen abbildet. Dahinter steht die Vermutung, dass sich das, was in der Einrichtung kommunikativ angelegt ist, in entsprechenden Wirkungen niederschlägt (vgl. Kap. C 3.2). Auf die Belange einer Weiterbildungseinrichtung zugespitzt könnte dies bedeuten, dass in Einrichtungen, in denen der Gedanke der pädagogischen Qualität in besonderer Weise verankert ist, LQW anders rezipiert wird als in Einrichtungen, die diesen Aspekt in ihrem Qualitätsverständnis relational betrachtet nachrangig einordnen. Stützen lässt sich diese Vermutung beispielsweise in dem privaten Bildungsunternehmen (vgl. Kap. E 2.1.5.2). Für die aggregierten Daten allerdings lässt sich dieses so nicht bestätigen: Bei sieben der acht das Qualitätsverständnis beschreibenden Faktoren lässt sich kein signifikanter Einfluss auf die wahrgenommenen Wirkungen nachweisen – auch nicht bei dem auf die mikrodidaktische Ebene der Lehr-Lernprozesse abstellenden Qualitätsaspekt. Eine Ausnahme stellt Faktor 1 dar, der auf die makrodidaktische Qualität zielt. Hier zeigt sich, dass Einrichtungen, die die makrodidaktische Qualität in ihrem Qualitätsverständnis besonders profilieren und in dem diesem Aspekt die meiste Zustimmung entgegenbringenden Quartil logieren, signifikant mehr Wirkungen auf der die Qualitätsbereiche beschreibenden „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ konstatieren als Einrichtungen, die diesem Aspekt eine relational weniger hohe Bedeutung in ihrem Qualitätsverständnis zuschreiben. Ansonsten scheinen sich das Qualitätsverständnis, mit dem die Einrichtungen starten, und die Wirkungen, die sie ex post wahrnehmen können, zu entkoppeln. Denkbar wäre weiterhin, dass dann, wenn es innerhalb der Einrichtungen in Bezug auf das dem LQW-Modell unterlegte Qualitätsverständnis eine hohe hierarchie- und funktionsübergreifende Kongruenz gibt, sich auch Wirkungen in besonderem Ausmaß einstellen würden. Entsprechende Mittelwertvergleiche zwischen Einrichtungen mit unterschiedlichen Kongruenzgraden im Qualitätsverständnis allerdings zeigen, dass die Frage, inwieweit das Qualitätsverständnis in den Einrichtungen geteilt bzw. nicht geteilt wird, die durch die Einrichtungen wahrgenommenen Wirkungen nicht beeinflusst. Genauso wenig sind die Dauer der Beschäftigung mit der Qualitätsthematik im Allgemeinen und Qualitätsmanagement im Besonderen oder die Frage, ob die Auseinandersetzung mit
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Qualitätsmanagement auf einem internen oder einem externen Anstoß basiert84, Faktoren, die die Wirkwahrnehmung modellieren. Auch stellt sich die Frage, in welchem Zusammenhang Erwartungen und Wirkungen stehen. Wie bereits in Kapitel E 2.2.1 angedeutet sind die Korrelationen zwischen den die Erwartungen repräsentierenden Faktoren und den spiegelbildlich dazu die Effekte abbildenden Faktoren teilweise zwar signifikant, in Summe aber schwach. Schwache Zusammenhänge lassen sich darüber hinaus zwischen den Erwartungen und den auf die Qualitätsbereiche im Speziellen abzielenden Wirkdimensionen finden. Am deutlichsten ausgeprägt ist der Zusammenhang zwischen dem in der Erwartungshaltung einen Professionalisierungsgewinn repräsentierenden Faktor 4 und der „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ (Faktor 1) mit einer hoch signifikanten Korrelation von r = 0,344. Abgeschwächt, aber dennoch signifikant ist darüber hinaus der Zusammenhang zu der „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“ (Faktor 2) mit r = 0,226. Wenngleich Erwartungen und beobachtete Wirkungen den ermittelten Korrelationskoeffizienten zufolge also in keinem engen Verhältnis zueinander stehen, so sind sie zugleich auch nicht als voneinander entkoppelte Größen zu begreifen. Deshalb wurde der Frage nachgegangen, inwieweit Einrichtungen unterschiedlicher Erwartungshaltungen unterschiedliche Wirkungen – und zwar bezogen auf die Qualitätsbereiche wie auch bezogen auf die spiegelbildlich zu den Erwartungen abgefragten Effekte – beobachten können. Dazu wurden die Einrichtungen abermals auf der Grundlage der ihnen zugeordneten Faktorwerte in Quartile unterteilt und miteinander verglichen. Keine signifikanten oder interpretierbaren Befunde in Bezug auf die Wirkungen finden sich zwischen Einrichtungen, die das Eintreten einer externen Regulierung bei geringem internem Nutzen (Faktor 1), einer unter pädagogischer Perspektive negativen Kosten-Nutzen-Bilanz (Faktor 3), einer Zwangstestierung (Faktor 5) und interner und externer Qualitätseinbußen (Faktor 6) unterschiedlich wahrnehmen. Erwähnenswerte Effekte finden sich – wie die ermittelten Korrelationskoeffizienten vermuten lassen – in Bezug auf die anhand der Faktoren 2 „Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung“ und 4 „Professionalisierungsgewinn“ in Quartilen differenzierten Einrichtungen: Einrichtungen, die Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung relational am stärksten erwarten – und in den beiden oberen Quartilen eingeordnet sind –, weisen signifikant mehr Wirkungen auf Faktor 5 „Konsensbildung und Vernetzung“ aus als Einrichtungen, deren diesbezügliche Erwartungshaltung relational 84 Problematisch ist, dass hier die Zellenbesetzungen z. T. so klein und different werden, dass Mittelwertvergleiche kaum noch realisiert werden können.
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betrachtet geringer ausgeprägt ist. Vor dem Hintergrund dieses Befundes ließe sich ein Zusammenhang zwischen Erwartungshaltung und wahrgenommenen Wirkungen einerseits und der Bedeutungszuschreibung an Vernetzung als Projektziel sowie eigenen diesbezüglichen Aktivitäten wie Austausch mit anderen Qualitätsbeauftragten oder mit in der Testierung befindlichen Einrichtungen andererseits vermuten. Es lassen sich z. T. die 0,3er-, teilweise sogar die 0,4erMarke überschreitende, hoch signifikante Korrelationen finden. Dieses deutet darauf hin, dass Erwartungshaltung und Wirkungsbeobachtung einerseits und Bedeutungszuschreibung und Eigenaktivität andererseits gering gekoppelt sind. Anders gewendet besagt dies, dass die Erwartung respektive Beobachtung gestiegener Vernetzung nicht zwangsläufig mit eigenen konkreten Vernetzungstätigkeiten interagiert.85 Ein ähnlicher Zusammenhang wie zwischen der Vernetzungs- und Konsensbildungserwartung und der Beobachtung diesbezüglich realisierter Wirkung offenbart sich auch zwischen der Erwartung eines „Professionalisierungsgewinns“ (Faktor 4) und der Bewertung der „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ (Faktor 1). Einrichtungen, die Professionalisierungsgewinn relational am stärksten erwarten und in den beiden oberen Quartilen eingeordnet sind, weisen signifikant mehr Wirkungen auf der auf die Lehr-Lerninteraktion referierenden Wirkdimension aus als Einrichtungen mit einer diesbezüglich geringeren Erwartungshaltung. In Summe lässt sich auch über die Mittelwertvergleiche bestätigen, dass die von den Einrichtungen ex ante formulierten Erwartungen und die ex post ausgewiesenen Wirkungen in einem nur geringen Zusammenhang zueinander stehen. Neben der unter Rekurs auf die Elementarvariablen generierten allgemeinen Beobachtung, dass die Wirkungen hinter den Erwartungen zurückbleiben, ist vor diesem Hintergrund darüber hinaus zu konstatieren, dass vergleichsweise hohe Erwartungshaltungen nicht zwangsläufig mit vergleichsweise hohen Wirkbeobachtungen korrelieren. Weiterhin wäre zu vermuten, dass die Motivstruktur ex ante wie auch ex post mit unterschiedlichen Wirkwahrnehmungen in Zusammenhang steht. Unter der Perspektive der Lernerorientierung wurde dieser Aspekt bereits durchdekliniert (vgl. Kap. E 2.2.3). Im Folgenden geht es nun um den Zusammenhang von Motiven und Wirkungen über den engen Bezug zur Lernerorientierung hinaus. Dazu werden die Einrichtungen – wie in den vorangegangenen Auswertungen 85 Bestätigung findet dies auch in entsprechenden Kreuztabellierungen. Auch hier finden sich keine derart erhöhten standardisierten Residuen, die einem Unterschied zwischen Einrichtungen, die Vernetzung und konsensbasierte Standardisierung erwarten und zugleich als eingetretene Effekte ausweisen, und einer höheren Bedeutungszuschreibung an Vernetzung und stärkerer diesbezüglicher Aktivitäten das Wort reden würden.
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– entlang ihrer Zustimmung zu den die Motive repräsentierenden Faktoren in Quartile differenziert und mit einer ANOVA hinsichtlich der von ihnen ausgewiesenen Wirkungen miteinander verglichen. Wie bereits in Kapitel E 2.2.3 herausgearbeitet lässt sich für den Aspekt der Lernerorientierung – das also, was die pädagogische Handlungslogik zu adressieren verspricht – von einer Entkoppelung zwischen Motivstruktur ex ante und Wirkwahrnehmung ex post sprechen (vgl. Kap. E 2.2.3). Eine engere Beziehung zwischen Motivation und Wirkung lassen die Korrelationskoeffizienten in Bezug auf die organisationale Handlungslogik erwarten. So finden sich zwischen dem die Motivstruktur ex ante repräsentierenden Faktor 1 „Optimierung der Aktivitätsstruktur: organisationale und pädagogische Handlungslogik“ einerseits und der „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“ (Faktor 2) sowie der „Wirkdimension: Evaluation unterschiedlicher Bezugsebenen“ (Faktor 3) andererseits hoch signifikante Korrelationskoeffizienten von r = 0,314 bzw. von r = 0,303. Auf dieser Linie liegt, dass sich für die „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“ (Faktor 2) entsprechend signifikante Unterschiede zwischen den hinsichtlich ihrer Zustimmung zu dem Motiv „Optimierung der Aktivitätsstruktur: organisationale und pädagogische Handlungslogik“ in Quartilen geordneten Einrichtungen ausmachen lassen: Einrichtungen mit einer relational sehr hohen Zustimmung weisen in ihren im positiven Bereich liegenden Mittelwerten mehr Effekte auf dieser Wirkdimension auf als Einrichtungen, die relational betrachtet zurückhaltender gegenüber dieser internen Motivierung sind.86 Die Mittelwerte zwischen den über das interne Motiv gebildeten Quartilen zu Faktor 3 „Evaluation unterschiedlicher Bezugsebenen“ deuten zwar ebenfalls auf einen linearen Zusammenhang hin, er bleibt aber unter der Signifikanzschwelle. Für die über die Qualitätsbereiche hinausgehenden allgemeineren Wirkungen lassen sich mit Ausnahme des Faktors 5 „Konsensbildung und Vernetzung“ keine signifikanten Unterschiede zwischen den Quartilen finden. In Zusammenschau mit den insgesamt sehr schwachen Korrelationen kann insofern von einer weitgehenden Entkoppelung zwischen der über die Optimierung der Aktivitätsstruktur angespornten Implementierung von LQW und den auf die Aktivitätsstruktur abstellenden Wirkbeobachtungen gesprochen werden. Ähnliches lässt sich auch für die die Motivstruktur repräsentierenden Faktoren beobachten, die die Implementierung von LQW mit den unterschiedlichen Formen des Isomor86 Die meisten diesbezüglichen Wirkwahrnehmungen finden sich in dem Quartil mit der zweithöchsten Zustimmung mit einem Mittelwert von m = 0,73, gefolgt von demjenigen mit der höchsten Zustimmung von m = 0,16, während in dem distanziertesten Quartil mit m = -0,56 die geringsten diesbezüglichen Effekte beobachtet werden konnten.
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phismus legitimieren. Die Zusammenhänge zu entsprechenden Wirkungen sind gering mit kaum signifikanten respektive interpretierbaren Befunden. Vor dem Hintergrund der in Kapitel E 2.1.2.4 dargelegten Clusteranalyse zu der Motivstruktur ex ante und der herausgearbeiteten unterschiedlichen Bedeutungszuschreibung an einzelne Motive in den Clustern stellt sich die Frage, inwieweit sich die einzelnen Cluster hinsichtlich der wahrgenommenen Wirkungen voneinander unterscheiden. Von Interesse ist Cluster 1, das abweichend von den anderen Clustern die Optimierung der Aktivitätsstruktur unterdurchschnittlich bewertet: die „Gesichtswahrer in der professionellen Gemeinschaft mit geringem inhaltlichem Verbesserungsmotiv“. In Bezug auf sie drängt sich die Frage auf, ob bei Einrichtungen dieses Clusters bereits in der Motivierung ex ante eine Entkoppelung von Aktivitäts- und Formalstruktur eingetragen gewesen ist (Meyer/Rowan 1977). Die in der Motivstruktur zum Ausdruck kommende, unterdurchschnittliche, intrinsische Motivation könnte nämlich dazu geführt haben, dass im Prozess der Einführung des Qualitätsmanagementsystems systematische Arbeiten an der Aktivitätsstruktur nachgeordnet waren und dementsprechend auch geringere Wirkungen eingetreten sind. Kontrastierend zu Cluster 1 positionieren sich die Einrichtungen von Cluster 5, die „Musterschüler“. Letztere profilieren die interne Motivierung geradezu, was möglicherweise besondere diesbezügliche Anstrengungen ausgelöst hat und mit entsprechenden Wirkbeobachtungen einhergeht. Insofern liegt es nahe, Cluster 1 und 5 anhand eines t-Tests hinsichtlich der Bewertung der vier destillierten Wirkdimensionen zu vergleichen.87 Hierbei zeigt sich zwar, dass – ausgenommen der „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“, bei der die Mittelwerte mit m = 0,10 und m = 0,07 fast beieinanderliegen – Cluster 1 immer niedrigere Mittelwerte und damit niedrigere Wirkbeobachtungen ausweist als Einrichtungen von Cluster 5. Signifikant sind die Unterschiede allerdings nicht – auch nicht bei der „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“, bei der die Mittelwerte mit m = -0,36 und m = 0,58 auf den ersten Blick deutlich voneinander abweichen (p = 0,73). Gleichzeitig ist auffallend, dass Cluster 5, die „Musterschüler“, mit Mittelwerten zwischen m = 0,46 und m = 0,58 dasjenige Cluster ist, das im Mittel – außer bei der „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ – die meisten Wirkungen beobachten kann. Ein t-Test allerdings, in dem Cluster 5 mit den restlichen Clustern verglichen wird, liefert keine signifikanten Ergebnisse. Insofern deuten die Befun87 Ein Mittelwertvergleich aller Cluster mit Hilfe einer einfaktoriellen ANOVA ergibt keine signifikanten Unterschiede zwischen den Clustern.
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de zwar in die hypothetisch angenommene Richtung – dass von Einrichtungen desjenigen Clusters, das die interne Optimierung in der Motivstruktur besonders herausstellt, mehr Wirkungen beobachtet werden und die Entkoppelungsthese nicht oder nur eingeschränkt eingetreten ist (vgl. auch Kap. E 2.1.2.4) –, statistisch belastbar sind diese Vermutungen jedoch nicht. Die Beziehung zwischen den Gründen, die die Einrichtungen ex ante zur Implementierung von LQW antreiben, und den späterhin diagnostizierten Wirkungen ist lose. Dies trifft nicht nur für den Aspekt der Lernerorientierung – und damit die Seite der pädagogischen Handlungslogik –, sondern auch darüber hinaus zu. Dies mag damit in Zusammenhang stehen, dass die Einrichtungen zum ersten Messzeitpunkt noch keine Erfahrungen haben, wie LQW auf ihre internen Steuerungszusammenhänge wirkt und welche Effekte sich für das System der Weiterbildung dadurch einstellen. Für den zweiten Messzeitpunkt wäre zu erwarten, dass die Einrichtungen ihre Erfahrungen hinsichtlich der Wirkungen von LQW auf die Begründung einer hypothetischen abermaligen Einführung übertragen und ihre Rationalisierung der Implementierung von LQW in Einklang mit den beobachteten Wirkungen bringen. Diese Annahme allerdings bestätigt sich nur eingeschränkt. Während – wie in Kapitel E 2.2.3 bereits dargelegt – der Konnex zwischen der Begründung der Implementierung mit der Optimierung der pädagogischen Handlungslogik und den entsprechenden auf diese Dimension referierenden Wirkungen unter der Perspektive der Lernerorientierung sehr schwach ist, zeichnet sich für die organisationsbezogene Seite ein engerer Zusammenhang ab: Ein hoch signifikanter Korrelationskoeffizient von r = 0,305 deutet an, dass dann, wenn das Motiv „Optimierung der organisationalen Handlungslogik“ profiliert wird, tendenziell auch Wirkungen auf der „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“ beobachtet werden, vice versa. Für die weitergehende Analyse des Zusammenhangs von Wirkungen und Motiven werden die von den Einrichtungen diagnostizierten Wirkungen als quasi unabhängige Variable begriffen, die sich in die über die Motive sichtbare Legitimationsstruktur einer abermaligen Implementierung eintragen. In einem signifikanten Mittelwertvergleich zwischen den nach beobachteten Wirkungsgraden in Quartile differenzierten Einrichtungen zeigt sich, dass Einrichtungen, die auf der „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“ überdurchschnittliche Effekte beobachten können, eine homogene Untergruppe (1. Quartil: m = 0,40, 2. Quartil: m = 0,16, 3. Quartil: m = 0,19) bilden. Sie unterscheiden sich signifikant von dem 4. Quartil, das unterdurchschnittliche Wirkungen auf dieser Dimension sieht (m = -0,89). Weiterhin deutet sich ein leichter, hoch signifikanter Zusammenhang (r = 0,231) zwischen der „Wirkdimension: Evaluation“ 308
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
und dem die Motivstruktur abbildenden Faktor 3 „Reproduktionssicherung an der Schnittstelle zur Umwelt“ an. In einem signifikanten Mittelwertvergleich der Quartile bestätigt sich: Je mehr Wirkungen Einrichtungen im Bereich Evaluation beobachten, desto mehr profilieren sie das Motiv einer konkreten Reproduktionssicherung an der Schnittstelle zur Umwelt. Der insgesamt stärkste Zusammenhang besteht in einer mittleren, sehr signifikanten Korrelation von r = 0,505 zwischen dem allgemeine Wirkungen fokussierenden Faktor 2 „optimierte Bewirtschaftung an der Schnittstelle zur Umwelt zur Sicherung der Reproduktion“ und dem die Motivstruktur repräsentierenden Faktor 3, bei dem die Implementierung von LQW mit einer konkreten Reproduktionssicherung in Form von Auftragserhalt respektive Neuakquise begründet wird. Eine Rückbindung beider Faktoren an die sie konstituierenden Primärvariablen (vgl. Kap. E 2.2.2 und Kap. E 2.1.2.2) konnte zeigen, dass Erhalt und Neuakquise von Aufträgen mehrheitlich weder als zentral für die Begründung der Implementierung von LQW angesehen werden noch dass selbiges durch die LQW-Testierung eingetreten wäre. Insofern korreliert eine eingeschränkt wahrgenommene Wertschöpfung mit einer Negation einer darüber aufgebauten Rationalisierung. Ein Mittelwertvergleich zwischen den nach beobachteten Wirkungsgraden differenzierten Quartilen liefert signifikante Unterschiede, die die Linearität des Zusammenhangs bestätigen. Einrichtungen, die in dem Quartil mit den meisten Wirkbeobachtungen sind, bewerten das Motiv im Mittel mit m = 0,79, während Einrichtungen, die in dem distanziertesten Quartil verortet sind, einen Mittelwert von m = -1,10 aufweisen. Ein – schwacher – Zusammenhang zwischen beobachteten Wirkungen und ex post profilierten Begründungen findet sich zwischen dem über die Qualitätsbereiche hinausgehenden, allgemeinere Effekte adressierenden Faktor 3 „externe Regulierung bei geringem Nutzen“ und dem die Motivstruktur repräsentierenden die Implementierung von LQW mit der Optimierung der organisationalen Handlungslogik begründenden Faktor 1 mit einer negativen, sehr signifikanten Korrelation von r = -0,306. Die im Mittelwertvergleich hervortretenden Signifikanzen erlauben die Aussage, dass je weniger eine externe Regulierung bei geringem internem Nutzen bestätigt werden kann, je bedeutender das Motiv der Optimierung der organisationalen Handlungslogik für die Legitimierung einer abermaligen Implementierung ist. Ein schwacher positiver, hoch signifikanter Zusammenhang von r = 0,267 lässt sich weiterhin zwischen dem Grad, in dem von den Einrichtungen Vernetzung und Konsensbildung beobachtet werden kann, und der Bedeutung, die abstrakte mimetische Prozesse (Faktor 5: „Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie“) in der Motivstruktur gewinnen, konstatieren. Im Vergleich der in Quartilen gruppierten Einrichtungen 309
Teil E
zeigt sich, dass diejenigen Einrichtungen, die auf dem Faktor „Vernetzung und Konsensbildung“ die meisten Wirkungen ausweisen können und damit in den oberen beiden Quartilen sind, ihre Entscheidung einer abermaligen Implementierung von LQW stärker mit Markterfordernissen und der allgemeinen Relevanz von Testierung (Faktor 5: „Legitimitätserhalt in einer abstrakten Umwelt: mimetische und zwangsweise Isomorphie“) begründen als Einrichtungen, die eine solche Konsensbildung und Standardisierung nicht beobachten können. Den in Bezug auf einen abstrakten Markt beobachtbaren Zusammenhang findet man in einer abgeschwächteren Form (r = 0,219) auch für die Begründung der Implementierung von LQW mit konkreten mimetischen Prozessen. In der Tendenz sind Einrichtungen, die Konsensbildung und Vernetzung stärker beobachten können, in ihrer Entscheidung für die Implementierung von LQW auch stärker über den konkreten Vergleich mit anderen Einrichtungen motiviert. Auch scheint die Wahrnehmung von Entkoppelung (Faktor 8) in die Rationalisierung der Entscheidung reinzuspielen. Eine – zwar schwache – in Summe aber hoch signifikante Korrelation von r = -0,255 signalisiert einen negativen Zusammenhang zwischen wahrgenommener Entkoppelung und Begründung der Implementierung mit einer Optimierung der pädagogischen Handlungslogik. Ein Vergleich der in Quartilen gruppierten Einrichtungen bestätigt dies und offenbart, dass Einrichtungen, die eine solche Entkoppelung stark sehen, dem Motiv „Optimierung der pädagogischen Handlungslogik“ eine unterdurchschnittliche Bedeutung zuschreiben (m = -0,36). Einrichtungen dagegen, die sich von einer Entkoppelung distanzieren, begründen eine abermalige Auseinandersetzung mit LQW mit dem pädagogischen Motiv (m = 0,53). Umgekehrt verhält es sich in Bezug auf die Rationalisierung der Entscheidung mit allgemeinen Marktanforderungen. Sie spielen insbesondere bei denjenigen Einrichtungen eine signifikant exponiertere Rolle, die Entkoppelung in hohem Maße wahrnehmen. In Summe lässt sich festhalten, dass die von den Einrichtungen beobachteten Wirkungen in einem schwachen bis losen Zusammenhang mit der Rationalisierung einer hypothetischen abermaligen Entscheidung stehen. Am losesten ist die Koppelung zwischen konkreten Wirkbeobachtungen – den eigenen Erfahrungen – einerseits und Rationalisierung andererseits im Blick auf die Lernerorientierung. Diesbezüglich scheinen die von den Einrichtungen vorgenommenen Rationalisierungen weit resistenter gegenüber konkret vorliegenden eigenen Erfahrungen, als dies in anderen Bereichen der Fall zu sein scheint. Dies mag einerseits mit der Mythenbildung um LQW herum in Zusammenhang stehen (vgl. Kap. E 2.2.3). Es kann andererseits aber auch daran liegen, dass die Wirkbeobachtungen in anderen Bereichen präziser sind, sodass Wirkbeobachtung und Begründungsstruktur klarer aufeinander bezogen werden können. 310
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
Vor dem Hintergrund der zwar schwachen, so doch vorliegenden Zusammenhänge zwischen beobachteten Wirkungen und Legitimierung und entgegen der bisherigen gerichteten Suche hinsichtlich der Frage, wie sich die Wirkungen in die Ex-post-Legitimierungen eintragen, gilt es an dieser Stelle, einen Bezug zu der in Kapitel E 2.1.2.4 erörterten Clusteranalyse herzustellen. Hier wurden die Einrichtungen nach den von ihnen ex post ausgewiesenen Motiven gruppiert. Wie in Kapitel E 2.1.2.4 dargelegt charakterisiert der die organisationale Seite adressierende Faktor 1 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – organisationale Handlungslogik“ keines der destillierten Cluster in besonderer Weise. Anders ist dies bei dem die pädagogische Seite ansprechenden Faktor 2 „Legitimitätserhalt durch unterstellte Effizienz: Optimierung der Aktivitätsstruktur – pädagogische Handlungslogik“, der für zwei Cluster profilbildend wirkt – nämlich Cluster 4 – das der „Musterschüler“ –, das die Optimierung der pädagogischen Handlungslogik in überdurchschnittlicher Weise hervorhebt, und Cluster 5 – das der „Entmystifizierer/die Ernüchternden“ –, das sich von dem Motiv, LQW einzuführen, weil damit das Pädagogische in besonderer Weise adressiert werden würde, vehement abgrenzt. Diese beiden Cluster werden nun hinsichtlich der von ihnen beobachteten Wirkungen miteinander verglichen. Dabei fällt zunächst auf, dass die Mittelwerte auf den vier die Qualitätsbereiche beschreibenden Wirkdimensionen in Cluster 4 auf ein Surplus an Wirkungen im Vergleich zu Cluster 5 verweisen (vgl. Tab. 8).
311
Teil E
Tabelle 8: Vergleich von Cluster 4 und 5 unter der Perspektive wahrgenommener Wirkungen Gruppenstatistiken Cluster
N
Mittelwert
Standardabweichung
Standardfehler des Mittelwertes
t-Test für Mittelwertvergleich Sig. (2-seitig) ,061
Faktor 1: „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“
Cluster 4
18
,44402
1,357912
,320063
Cluster 5
9
-,29232
,584802
,194934
Faktor 2: „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“
Cluster 4
18
,55497
1,624467
,382891
Cluster 5
9
-,11332
,802121
,267374
Faktor 3: „Wirkdimension: Evaluation unterschiedlicher Bezugsebenen“
Cluster 4
18
,13186
1,594990
,375943
Cluster 5
9
-,61432
1,031482
,343827
Cluster 4
18
,48277
1,463783
,345017
Cluster 5
9
,34363
,706101
,235367
Faktor 4: „Wirkdimension: optimierte Reproduktion durch Wachstum“
,258
,216
,791
Trotz dieser zum Teil augenscheinlichen Unterschiede sind die Differenzen nicht signifikant. Ein ähnliches Phänomen findet sich bei den über die Qualitätsbereiche hinausgehenden allgemeineren, die internen Steuerungszusammenhänge adressierenden Wirkungen (Faktor 1: „optimierte Verwaltung und Bewirtschaftung der Humanressource“ und Faktor 2: „optimierte Bewirtschaftung an der Schnittstelle zur Umwelt zur Sicherung der Reproduktion“). Signifikant sind die Unterschiede zwischen den beiden Clustern bei den ebenfalls allgemeinere Effekte beschreibenden Faktoren 4 „Divergenz zwischen Pädagogik einerseits und Organisation und Ökonomie andererseits“ und 8 „Ambivalenz und Teilentkoppelung“. Einrichtungen, die sich in Cluster 5 sammeln und sich von der Motivierung über eine Optimierung pädagogischer Handlungslogik abgrenzen, profilieren mit m = 1,12 (versus Cluster 4 mit m = -0,36) Divergenz und stellen mit m = 1,16 (versus Cluster 4 mit m = -0,44) ihre Ambivalenz samt Entkoppelungstendenzen zur Schau. Demnach kann an dieser Stelle ein Zusammenhang 312
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
zwischen der von ihnen vorgenommenen Entscheidungsrationalisierung einerseits und der Wirkbeobachtung andererseits angenommen werden. Mit Blick auf die von den Einrichtungen ausgewiesenen Gründe ist weiterhin Cluster 2 – die „Reproduktionsorientierten mit Abgrenzung zu Angleichungsmechanismen“ – auffällig. Dieses hebt in der Argumentationsstruktur einer abermaligen Implementierung von LQW die Reproduktion an der Schnittstelle zur Umwelt in besonderer Weise hervor. Deshalb gilt es zu untersuchen, ob von Einrichtungen dieses Clusters Neuakquise und Auftragserhalt in besonderer Weise beobachtet werden können. Im Vergleich der sieben Cluster attestiert Cluster 2 an der Schnittstelle zur Umwelt hinter Cluster 4, den „Musterschülern“, die meisten Wirkungen. Insofern lässt sich auch hier ein Zusammenhang zwischen den von den Einrichtungen ausgewiesenen Motiven und den von ihnen diagnostizierten Wirkungen erkennen. In Summe allerdings stehen die Entscheidungsrationalisierungen und die beobachteten Wirkungen in einem eher schwachen Zusammenhang. Entscheidungen werden demnach nicht entlang des in der Organisation erzeugten Wissens rationalisiert. Erstere emanzipieren sich von Letzteren. Mehr noch, möglicherweise stört Letzteres sogar. Aus der Perspektive der Systemtheorie könnte man sagen, dass die im Blick auf die Formalstruktur erforderlichen Anschlusskommunikationen von denjenigen Kommunikationen gelöst sind, die die Aktivitätsstruktur reproduzieren. 2.2.4.3 Prozessgestaltung und Wirkungen Im Folgenden geht es um den Zusammenhang von Prozessgestaltung und konstatierten Wirkungen. „Betroffene zu Beteiligten machen“ ist eine der zentralen Botschaften der modernen Organisationsentwicklung (Neuberger 2002; Schiersmann/Thiel 2009). Dem unterliegt die Annahme, dass die Einbindung von Betroffenen positiv auf die Akzeptanz und die Umsetzung des Neuen in Handlung wirkt. Übertragen auf den vorliegenden Zusammenhang wird vor diesem Hintergrund der Frage nachgegangen, inwieweit sich die Einbindung der „Beteiligten“, die Art und Weise, wie also der Prozess der Einführung von LQW gestaltet ist, in die beobachteten Effekte einträgt. Über die Einbindung der Betroffenen hinaus werden noch weitere die Organisierung des Prozesses betreffende Faktoren, von denen angenommen wird, dass sie die Wirkung von LQW respektive die in den Einrichtungen in Gang gebrachten Anschlusskommunikationen beeinflussen, analysiert. Dabei werden im Wesentlichen die in den Prozess eingespeisten zeitlichen, finanziellen und personellen Ressourcen betrachtet.
313
Teil E
Einbindung einzelner Mitarbeitender in die Umsetzung prozessbezogener Aufgaben Rolle des Qualitätsbeauftragten Bei der Behandlung der Thematik, wer in den Prozess der Implementierung eingebunden ist und was dies für die Beobachtung von Wirkungen bedeutet, drängt sich die Frage auf, ob – wie in dem Modell gefordert – die Organisation die Funktion des Qualitätsbeauftragten eingerichtet hat oder anders formuliert: ob die Qualitätsthematik einen Akteur in der Organisation hat, der sie vertritt. Hierbei ist hervorzuheben, dass im Rahmen des ersten Messzeitpunktes – also Mitte 2004, als die Einrichtungen den Prozess begonnen haben – bereits rund 77 Prozent der Einrichtungen der Aufforderung gefolgt sind, eine solche Stelle einzurichten. Nach der Testierung, also zum zweiten Messzeitpunkt, geben sogar knapp über 90 Prozent der antwortenden Einrichtungen an, einen Qualitätsbeauftragten zu haben. Dies deutet darauf hin, dass die bereits zum ersten Messzeitpunkt vorliegende Einsicht in die Bedeutung einer solchen Stelle im Laufe der Zeit noch zugenommen hat. Zugleich verbirgt sich hinter der über die Institutionalisierung einer derartigen Funktion sichtbaren Bedeutungszuschreibung auch die Annahme, dass der Qualitätsbeauftragte für die Umsetzung des Prozesses zentral ist. Umso drängender ist es zu untersuchen, ob sich Einrichtungen mit und ohne Qualitätsbeauftragten in den von ihnen wahrgenommenen Wirkungen unterscheiden. Hinsichtlich der die Qualitätsbereiche abbildenden vier Wirkdimensionen lässt sich nur mit Blick auf die „Wirkdimension: Evaluation“ ein signifikanter Unterschied zwischen Einrichtungen mit und ohne die Funktion des Qualitätsbeauftragten konstatieren. Dabei zeigt sich, dass Einrichtungen, die keinen Qualitätsbeauftragten haben, mit m = -0,93 unterdurchschnittlichere Effekte im Vergleich zu Einrichtungen, die einen Qualitätsbeauftragten haben (m = 0,09), ausweisen. Auffallend ist, dass die restlichen Wirkdimensionen weitgehend unbeeinflusst von dem Vorhandensein respektive Nichtvorhandensein einer solchen Funktion zu sein scheinen. Auch bei der Bewertung der über die Qualitätsbereiche hinausgehenden Effekte deutet es sich nicht an, dass die Wirkkommunikation in Einrichtungen mit und ohne Qualitätsbeauftragten unterschiedlich ausfallen würde – beispielsweise in dem Sinne, dass im Falle einer nicht eingerichteten Funktion Wirkkommunikationen negativer wären. Für Letzteres lassen sich sogar gegenteilige Befunde eruieren. So distanzieren sich Einrichtungen ohne Qualitätsbeauftragten mit m = -0,73 signifikant stärker von Faktor 3 „externe Regulierung bei geringem Nutzen“ als Einrichtungen mit einem Qualitätsbeauftragten. Umgekehrt auffallend ist dagegen die Bewertung von Faktor 5 „Konsensbildung und Vernetzung“. Hier offenbart sich, dass Einrichtungen mit einem Qualitätsbeauftragten (m = 314
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
0,08) signifikant mehr Effekte beobachten können als Einrichtungen, die diese Funktion nicht institutionalisiert haben (m = -0,84). Dass einerseits nach innen hin keine wesentlich unterschiedlichen Wirkwahrnehmungen zwischen Einrichtungen mit und ohne Qualitätsbeauftragten konstatiert und dass andererseits gerade an der Schnittstelle zur Umwelt unter der Perspektive von Vernetzung und Konsensbildung unterschiedliche Wirkungen beobachtet werden können, könnte als Indikator dafür gelesen werden, dass der Qualitätsbeauftragte nicht nur nach innen hin Funktionen zu erfüllen hat, sondern auch nach außen hin für Vernetzung sorgt. Vor diesem Hintergrund wäre deshalb zu prüfen, ob sich Einrichtungen, die die Funktion des Qualitätsbeauftragten eingerichtet haben, mehr vernetzen als Einrichtungen ohne einen Qualitätsbeauftragten. In Summe sind die Korrelationskoeffizienten zwar signifikant, mit Werten unter r = 0,2 aber sehr schwach. Einbindung der Mitarbeitenden in den Prozess Welche in der Organisation arbeitenden Mitarbeitenden wie in den Prozess der Einführung eingebunden gewesen sind, wurde im Rahmen der standardisierten Befragung sehr differenziert erfasst. Diese Differenziertheit erschien in mehrfacher Hinsicht sachlogisch. Da es erstens keine prototypische, rezeptologisch beste Gestaltungsform für eine Organisationsentwicklung gibt und unterschiedliche Einrichtungen unterschiedliche Formen der Mitarbeitereinbindung und Zuständigkeitsverteilungen präferieren und verfolgen, schien es erforderlich, diese Komplexität bis zu einem gewissen Grad in der Antwortstruktur abzubilden. Hätte man direkt abstraktere Kategorien gewählt, hätte man einerseits die Varianzen untergraben und den Antwortenden andererseits sehr viel Deutungsspielraum gegeben. Dadurch wäre nur noch schwer nachvollziehbar gewesen, welche konkreten Formen und Einflussnahmen sich im Einzelnen hinter abstrakten Kategorien wie beispielsweise leitungsdominiert verbergen. Zweitens drohte eine grobere, pauschalere Form der Erfassung, ein auf soziale Erwünschtheit gerichtetes Antwortverhalten zu induzieren. Drittens musste in der Erfassung der Gestaltung des Organisationsentwicklungsprozesses dem Umstand Rechnung getragen werden, dass ähnliche Formen der Prozessgestaltung in den Einrichtungen in unterschiedlicher Weise wahrgenommen werden. D. h.: Was die einen als förderlich begreifen, kodieren andere, in anderen Konstellationen befindliche Einrichtungen als hemmend. Deshalb wurde in einem Dreischritt gefragt, ob es bestimmte Formen der Prozessgestaltung – differenziert nach (1) Steuerung und Koordination, (2) inhaltliche Bearbeitung und Durchführung und (3) Erstellung des Selbstreports – durch unterschiedliche Mitarbeitende gab, welchen Einfluss die jeweilige Mitarbeitendengruppe hatte und ob dies förderlich für den Prozess gewesen ist. 315
Teil E
Für die Auswertung allerdings konnte diese Komplexität nicht erhalten werden. Um zu vermeiden, dass sich die Auswertung in Einzelheiten verliert, schien es geboten, die aufgebaute Komplexität systematisch zu reduzieren. Dazu bedurfte es zahlreicher Umkodierungen und Konsistenzprüfungen.88 Dadurch konnten die Einrichtungen aufgabenbezogen in zunächst drei, in einem weiteren Schritt in zwei Gruppen unterteilt werden: einer leitungsdominierten, einer hierarchieübergreifend partizipativ ausgerichteten und einer bottum-up Umsetzung. Leitungsdominiert heißt, dass im Wesentlichen die Leitung zusammen mit dem Qualitätsbeauftragen (sofern vorhanden) die (1) Steuerung und Koordination, (2) die inhaltliche Bearbeitung und Durchführung oder (3) die Erstellung des Selbstreports wahrgenommen hat und dieses auch für den Prozess als förderlich eingeordnet wurde. In dieser Gruppe sind dementsprechend auch Einrichtungen, die zwar aus Verwaltungs- und pädagogischem Personal rekrutierte Arbeitsgruppen installiert haben, deren jeweiliger Einfluss aber als gering und damit wenig prozessförderlich eingestuft wurde. Hierarchieübergreifend partizipativ bedeutet, dass sowohl die Leitung und der Qualitätsbeauftragte (sofern vorhanden) als auch die Mitarbeitenden respektive Mitarbeitendengruppen an den einzelnen Aufgaben mitgewirkt haben und dieses auch als förderlich kodiert wurde. In der Kategorie bottom-up werden Einrichtungen zusammengezogen, in denen einzelne Aufgaben ausschließlich mitarbeiterdominiert gestaltet wurden. Dabei zeigte sich, dass eine bottom-up Umsetzung von zwei – im Falle der Erstellung des Selbstreports sogar nur von einer – Einrichtung verfolgt wurde. Dieses gab den Anlass, die Eingangsvariablen auf eine dichotome Variable zu reduzieren und in die weiteren Rechenoperationen nur die Einrichtungen einfließen zu lassen, die eindeutig in eine leitungsdominierte oder eine hierarchieübergreifend partizipative Umsetzung der einzelnen Aufgabenbereiche zu kategorisieren waren. Unter inhaltlichem Gesichtspunkt sei hervorzuheben, dass mit Ausnahme einer Einrichtung in allen anderen Einrichtungen die Leitung in die Umsetzungsverantwortung eingebunden gewesen ist und Qualitätsentwicklung respektive die Implementierung eines solchen Qualitätsmanagementsystems als eine (Mit-) Angelegenheit der Leitung begriffen wird. Folgt man der einschlägigen Literatur zu Organisationsentwicklung, so ist die Unterstützung von Änderungsansinnen durch die Leitung eine wesentliche Grundlage für einen erfolgreichen Prozess. Die Form der Umsetzung – leitungsdominiert versus hierarchieübergreifend partizipativ – galt es dann, unter der Perspektive der Auswirkung auf die von den Einrichtungen wahrgenommenen Wirkungen respektive auf die mit Blick 88 Hervorzuheben sind die hohen Korrelationen zwischen dem Einfluss einer bestimmten Funktion respektive Personenkonstellation einerseits und der Einordnung als prozessförderlich andererseits.
316
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
auf die Wirkungen generierten kommunikativen Anschlüsse zu untersuchen. Erlaubt an dieser Stelle die Systemtheorie nur die Annahme einer einrichtungsindividuellen Rezeption und Anschlusskommunikation, ließe sich vor dem Hintergrund des in dem Diskurs der Organisationsentwicklung prominent gewordenen Slogans „Betroffene zu Beteiligten machen“ erwarten, dass Einrichtungen, die die Umsetzung der Aufgaben hierarchieübergreifend partizipativ angelegt haben, mehr auf die Implementierung von LQW beziehbare Wirkungen beobachten können als Einrichtungen, die sich, unter Ausschluss der Mitarbeitenden für eine leitungsdominierte Form entschieden haben. 1) Strukturierung und Koordination des Prozesses Hinsichtlich der Strukturierung und Koordination des Prozesses zeigt sich, dass rund 70 Prozent der Einrichtungen hierarchieübergreifend partizipativ arbeiten. Vergleicht man nun Einrichtungen, die eine leitungsdominierte Strukturierung und Koordination verfolgen, mit solchen, die hierarchieübergreifend partizipativ vorgehen im Hinblick auf die von den Einrichtungen ausgewiesenen Wirkungen anhand eines t-Tests, lassen sich bezüglich der die Qualitätsbereiche adressierenden Wirkdimensionen keine signifikanten Unterschiede finden.89 Anders verhält es sich bei den über die Qualitätsbereiche hinausgehenden allgemeineren, spiegelbildlich zu den Erwartungen erfassten Wirkungen: Einrichtungen mit einem leitungsdominierten Vorgehen distanzieren sich signifikant stärker davon, dass die externe Regulierung hoch sei, es intern aber keinen Gewinn gebe (m = -0,48) als die hierarchieübergreifend partizipativ arbeitenden Einrichtungen (m = 0,17). Auf den ersten Blick widersprüchlich dazu ist die signifikant unterschiedliche Bewertung von Faktor 8 „Ambivalenz und Teilentkoppelung“. Hier sind es die Einrichtungen, die leitungsdominiert vorgegangen sind, bei denen dieser Aspekt mehr Zustimmung findet. Obwohl also eine externe Regulierung ohne internen Gewinn zurückgewiesen wird, scheint dennoch Ambivalenz zurückzubleiben. Signifikant positiver verhalten sich die leitungsdominiert arbeitenden Einrichtungen in Bezug auf den Aspekt einer gesteigerten Konsensbildung und Vernetzung. Einen signifikanten Zusammenhang zwischen leitungsdominiertem Vorgehen und eigenen Vernetzungsaktivitäten gibt es allerdings nicht. 2) Inhaltliche Bearbeitung und Durchführung Noch stärker hierarchieübergreifend partizipativ gestaltet sich die inhaltliche Bearbeitung und Durchführung qualitätsentwickelnder Maßnahmen: Nahezu 86 Prozent der Einrichtungen geben an, hierarchieübergreifend partizipativ vorge89 Ausgenommen der „Wirkdimension 2: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“ liegen die Mittelwerte jeweils sehr eng beieinander.
317
Teil E
gangen zu sein. Bei der Analyse der Frage, inwieweit eine leitungsorientierte respektive eine partizipative inhaltliche Bearbeitung und Durchführung des Qualitätsentwicklungsprozesses Rückwirkungen auf die von den Einrichtungen diagnostizierten Effekte haben, stellen sich interessante Befunde ein. Auch hier wird der t-Test zum Vergleich der beiden Gruppen herangezogen. In Bezug auf die die Qualitätsbereiche adressierenden Wirkdimensionen zeigt sich grundsätzlich, dass die Mittelwerte der Einrichtungen mit einer leitungsorientiert organisierten Bearbeitung und Durchführung qualitätsentwickelnder Maßnahmen immer unter denjenigen der Einrichtungen liegen, die ein partizipatives Vorgehen realisieren. Signifikant sind die Befunde in Bezug auf Faktor 2 „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“. Einrichtungen mit einer leitungsorientierten inhaltlichen Bearbeitung und Durchführung qualitätsentwickelnder Maßnahmen distanzieren sich mit einem Mittelwert von m = -0,77 signifikant von den gemeinhin als unstrittig wahrgenommenen organisationsbezogenen Wirkungen. (Der Mittelwert der Einrichtungen, die die Realisierung der konkreten qualitätsentwickelnden Maßnahmen partizipativ gestalten, liegt bei m = 0,16). In Einrichtungen, in denen Betroffene also nicht zu Beteiligten gemacht werden, werden auch in demjenigen Bereich die Effekte deutlich geringer eingeschätzt, in dem Einrichtungen im Schnitt konsensual Wirkungen konstatieren können. Dies erlaubt die Deutung, dass die Einbindung der „Beteiligten“ in den Prozess modelliert, inwieweit Qualitätsmaßnahmen in Handlung umgesetzt werden. Es redet nicht zuletzt der operativen Bedeutung der im Managementdiskurs gängigen Glaubensformel „Betroffene zu Beteiligten machen“ das Wort. Stützen lässt sich der Befund auch durch die über die Qualitätsbereiche hinausgehenden allgemeineren, spiegelbildlich zu den Erwartungen erfassten Wirkungen. Signifikant unterscheiden sich die beiden Bearbeitungs- und Durchführungsformen auf den Dimensionen: „Divergenz zwischen Pädagogik und Organisation/ Ökonomie“ (Faktor 4) und „Ambivalenz und Teilentkoppelung“ (Faktor 8). In Einrichtungen mit leitungsdominiertem Vorgehen wird die Divergenz zwischen pädagogischen und ökonomischen Anforderungen signifikant stärker wahrgenommen (m (leitungsorientiert) = 0,74, m (partizipativ) = -0,14). Entsprechend profilieren sie auch die mit LQW verbundenen Ambivalenzen und Teilentkoppelungen mit m (leitungsorientiert) = 0,65 signifikant mehr als dies Einrichtungen mit einem partizipativen Stil tun (m (partizipativ) = -0,08). In die organisationsintern beobachteten Wirkungen trägt sich also die Form der Einführung ein und zwar so, dass diejenigen Einrichtungen in den Wirkwahrnehmungen nach innen hin profitieren, die den Prozess partizipativ angelegt haben. Anders verhält es sich bei den Wirkbeobachtungen an der Schnittstelle zur Umwelt. Auf Faktor 5 „Konsensbildung und Vernetzung“ sind es nämlich die leitungsorientiert vorge318
Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
gangenen Einrichtungen, die im Vergleich zu den Partizipativen Wirkungen herausstellen. Mit einem Mittelwert von m = 0,62 unterscheiden sich die „Leitungsorientierten“ signifikant. Dieser Befund lässt sich in einem Zusammenhang mit Leitungsfunktionen insgesamt sehen. Als Repräsentant der Organisation sind sie nicht nur nach innen hin verantwortlich, sondern auch an der Schnittstelle zur Umwelt. Die Beobachtung gesellschaftlicher Trends, insbesondere der von Peers reproduzierten, kann als integraler Bestandteil ihres Funktionsspektrums gesehen werden. Insofern richten sie ihre Sensoren, so lässt sich der Befund deuten, auch stärker auf das, was durch eine solche Implementierung in der Umwelt passiert. Vor diesem Hintergrund ist deshalb zu prüfen, ob sich Einrichtungen, die leitungsorientiert vorgehen, mehr vernetzen als Einrichtungen, die intern eine partizipative Form wählen. Hierbei lassen sich keine signifikanten Unterschiede finden. 3) Realisierung des Selbstreports Ähnlich wie bei der inhaltlichen Bearbeitung und Durchführung qualitätsentwickelnder Maßnahmen gestaltet sich auch die Erstellung des Selbstreports in knapp 87 Prozent der Einrichtungen hierarchieübergreifend partizipativ. Die mittels t-Test realisierte Analyse, inwieweit eine leitungsorientierte respektive partizipative Erstellung des Selbstreports Einfluss auf die wahrgenommenen Wirkungen hat, ergibt keinerlei Signifikanzen. Die Befunde erlauben die Aussage, dass es für die intern wahrgenommenen Wirkungen nachrangig ist, ob der Prozess leitungsorientiert oder hierarchieübergreifend partizipativ gesteuert wurde. Genauso scheint es auch für die Wirkwahrnehmung nachrangig, wer letzten Endes den Selbstreport schreibt. Bedeutend dagegen ist, wer an der inhaltlichen Bearbeitung und Durchführung mitwirkt. Hier scheint es den Befunden zufolge am zentralsten, Betroffene zu Beteiligten zu machen. Schnittstelle Umwelt: Einbindung von Kursleitern/freien Trainern und Dozenten sowie von Teilnehmenden Befassten sich die bisherigen Ausführungen mit der Frage, inwieweit die Einbindung der in der Organisation arbeitenden Mitarbeiter Einfluss auf die wahrgenommenen Wirkungen hat, beschäftigt sich der nachfolgende Abschnitt mit dem Thema, ob und wie sich die (Nicht)Einbindung der mit der Organisation assoziierten freien Trainer und Dozenten, die in der Regel kein Mitglied der Organisation sind, auswirkt. Dazu lässt sich grundsätzlich festhalten, dass mit 53 Prozent der Einrichtungen etwas mehr als die Hälfte die freien Trainer und Dozenten einbindet. Vergleicht man diejenigen Einrichtungen, die kontinuierlich freie Trainer und Dozenten in den Qualitätsentwicklungsprozess eingebunden 319
Teil E
haben, mit denjenigen 37 Prozent, die dies konsequent nicht taten90, in einem t-Test, ergeben sich keine signifikanten Unterschiede in den Wirkwahrnehmungen. Dies erstaunt insofern, als dass man hätte annehmen können, dass Einrichtungen, die freie Trainer und Dozenten einbinden, beispielsweise ein besonderes Augenmerk auf die durch diese gestaltete Lehr-Lerninteraktion legen und dadurch auf der die mikrodidaktische Ebene adressierenden Dimension hervorgehobene Wirkungen resultieren. Den Befunden zufolge ist dies jedoch nicht der Fall. D. h.: Ob sich Einrichtungen den Mühen einer Integration der externen freien Trainer und Dozenten unterziehen oder nicht, hat keine Auswirkungen auf mehr oder weniger intern wahrgenommene Wirkungen. Weiterhin wird der Frage nachgegangen, ob die Teilnehmenden, die als Lernende Adressat der Qualitätsentwicklung sind, in die Implementierung eingebunden waren und inwieweit sich dieses in die wahrgenommenen Effekte einträgt. 76 Prozent der Einrichtungen binden keine Teilnehmenden in den Qualitätsentwicklungsprozess ein; nur knapp 19 Prozent tun dies während des gesamten Prozesses (vgl. Hartz/Goeze/Schrader 2007). Analog der Befundlage zum Zusammenhang der Einbindung der externen freien Trainer und Dozenten im Hinblick auf die wahrgenommenen Wirkungen lassen sich auch hier keine signifikanten Unterschiede in den Mittelwerten der beiden Gruppen nachweisen. Für die wahrgenommenen Wirkungen ist es der Befundlage zufolge also gleichgültig, ob man sich der als arbeitsintensiv und aufwendig beschriebenen Integration der Teilnehmenden in den Prozess stellt oder nicht. Andersherum betrachtet, spielt es auch für die Wirkwahrnehmung durch die Teilnehmenden keine entscheidende Rolle, ob sie an dem Prozess der Implementierung beteiligt gewesen sind oder nicht. Gruppendiskussionen mit in den Prozess eingebundenen wie auch nicht eingebundenen Teilnehmenden zeigen, dass beide kaum, wenn nicht keine, linear auf LQW zurückführbare Wirkungen registrieren können. In den Prozess eingespeiste zeitliche, finanzielle und personelle Ressourcen Im Folgenden geht es um die Frage, inwieweit sich die in den Prozess der Implementierung eingespeisten zeitlichen, finanziellen und personellen Ressourcen systematisch in die beobachteten Wirkungen eintragen. Konkret wurde die These geprüft, ob Einrichtungen, die der Implementierung von LQW unter zeitlicher, finanzieller und personeller Hinsicht viel Aufmerksamkeit entgegenbrin90 Rund 4 Prozent der befragten Einrichtungen arbeiten ohne freie Trainer und Dozenten und etwa 6 Prozent haben zunächst eine Einbindung derselben versucht, während des Prozesses aber davon Abstand genommen. Verglichen werden hier nur diejenigen Einrichtungen, die konsequent, also während des gesamten Prozesses, freie Trainer und Dozenten eingebunden haben, und solche, die dies konsequent – also während des gesamten Prozesses – nicht taten.
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Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
gen, mehr Wirkungen beobachten können als Einrichtungen, die diesbezüglich unterdurchschnittlich viel investierten. Dazu wurden die auf die eingespeisten Ressourcen abstellenden Items faktorenanalytisch zu vier Dimensionen geordnet und die Einrichtungen nach dem beschriebenen Verfahren in Quartile gruppiert (vgl. Kap. D 4.2). Die generierten Quartile bilden dann die Untergruppen, die hinsichtlich der wahrgenommenen Wirkungen in einer einfaktoriellen ANOVA miteinander verglichen werden. Dabei lassen sich keine systematischen Effekte finden. Um diesen Befund abzusichern, wurde neben den über die Faktorenanalyse verdichteten, in Quartilen gruppierten Dimensionen alle auf die Ressourcen abstellenden Primärvariablen noch einmal mit Blick auf die Wirkungen betrachtet. Auch hier lassen sich keine systematischen Differenzen finden. Ob Einrichtungen also verglichen mit anderen Einrichtungen über- oder unterdurchschnittlich viele personelle, finanzielle oder zeitliche Ressourcen in den Prozess einspeisen, spielt keine Rolle hinsichtlich der beobachteten Wirkungen. Sie stellen also nicht den neuralgischen Punkt für die in den Einrichtungen wahrgenommenen Wirkungen dar. In den Aspekt personeller, finanzieller und zeitlicher Ressourcen streut auch die Inanspruchnahme externer Hilfesysteme wie beispielsweise die Rekrutierung externer Berater oder die Nutzung von Angeboten der regionalen Unterstützungsstellen. Grundsätzlich haben rund 44 Prozent der Einrichtungen einen Berater rekrutiert. Wenngleich der Prozess also mehrheitlich ohne externe Beratung realisiert wurde, ist das Ausmaß in Anspruch genommener Beratung doch hoch – stellt man die Klagen über finanzielle Engpässe in Rechnung. Wer Beratung nachfragt, unterstellt, dass er auch Vorteile aus dem Beratungsprozess zieht. In den Wirkungen allerdings lassen sich diese den Daten zufolge nicht spezifizieren. Signifikant mehr Wirkungen beobachten diejenigen Einrichtungen, die den Prozess durch einen Berater haben begleiten lassen, lediglich auf der auf die Qualitätsbereiche abstellenden „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“ mit einem Mittelwert von m = 0,29 (Einrichtungen ohne beratende Begleitung haben einen Mittelwert von m = -0,24). Negativ formuliert lässt sich festhalten, dass die beratenen Einrichtungen unter der Perspektive beobachteter Wirkungen nicht wesentlich von der Beratung profitieren. Positiv formuliert scheinen diejenigen, die den Prozess ohne Beratung realisiert haben, keine wesentlichen Nachteile im Sinne von Wirkeinbußen hinnehmen zu müssen. Schaut man sich die soziologische Beratungsforschung an, die davon ausgeht, dass Beratung oft im Dienste anderer als der nach außen hin kommunizierten Funktion einer besonders ‚ernsten‘ Änderungsabsicht steht, ist dies kein besonders erstaunlicher Befund. Die Wirksamkeit derselben steht mehr in als außer Frage (Ameln v./Kramer/Stark 2009; Kühl 2009; Moldaschl 2009; Wim321
Teil E
mer 2009, 1992). Systemtheoretisch betrachtet ist es darüber hinaus unmittelbar einleuchtend. Denn erstens ändert auch die Beratung nichts daran, dass das Steuerungsansinnen das Nadelöhr der organisationsinternen Logik durchlaufen und entsprechend handhabbar gemacht werden muss. Zweitens erhöht sich mit der ins Spiel gebrachten Beratung die Komplexität, da mit ihr ein weiteres System an dem Kommunikationszusammenhang der Veränderungen teilhat (Hartz 2002). Der Gewinn der Beratung liegt also nicht primär in den unmittelbar durch das Steuerungsansinnen adressierten und durch die Organisationen selbst zu erzeugenden Wirkungen. Sie sind – so lassen sich die Befunde deuten – mehr oder weniger unberührt von der Beratungsdienstleistung. Der Gewinn liegt möglicherweise in anderen Dingen wie dem Aufbau von Fassaden oder der Beruhigung (Kühl 2009). Ähnliches lässt sich auch in Bezug auf die von den Einrichtungen in Anspruch genommenen Unterstützungsleistungen konstatieren. Selbige nehmen knapp 66 Prozent der Einrichtungen in Anspruch. Signifikant mehr Wirkungen stellen sich aber auch hier nur auf der „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“ und den über die Qualitätsbereiche hinausgehenden Wirkungen auf den Aspekt „optimierte Bewirtschaftung der Humanressource“ ein. Für alle anderen Wirkungen beschreibenden Dimensionen deuten die zum Teil sehr nahe beieinanderliegenden Mittelwerte darauf hin, dass eine Teilnahme an den von den regionalen Unterstützungsstellen angebotenen Veranstaltungen keinen Surplus für die internen Wirkungen erbringt und das, gleichwohl die Veranstaltungen von über 90 Prozent derjenigen Einrichtungen, die diese besucht haben, als wichtig bis sehr wichtig eingeschätzt werden. Die Relevanz der Supportstrukturen speist sich den Befunden zufolge also nicht aus konkreten, über die Implementierung von LQW adressierten Wirkungen. Sie ist möglicherweise stärker darin zu sehen, dass sich das Thema selbst in der organisationalen Umwelt reproduziert. Berater wie auch Unterstützungsstellen schaffen durch Interaktionsdichte Verbindlichkeiten, die es den Einrichtungen erschweren, sich von dem Kommunikationszusammenhang LQW zu lösen. Für die Reproduktion der Qualitätsmanagementthematik sind sie insofern nicht obsolet, gleichwohl sie dann, wenn in den Organisationen Anschluss erzeugt wird, keinen Zugriff darauf zu haben scheinen, wie die Organisationen dem Medium Qualitätsmanagement Form geben – ein unter systemtheoretischer Perspektive kein erstaunlicher, für die Profession der Berater aber problematischer Befund.
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Ergebnisse: Organisation als neuralgischer Punkt für die Akzeptanz und die Wirkung von LQW
2.2.5 Clusteranalyse zu den Wirkungen Über die gerichtete Suche nach Zusammenhängen hinaus (vgl. hierzu Kap. D 4.2) gilt es im Nachfolgenden, exploratorisch mit Hilfe der Clusteranalyse entlang der über die Faktorenanalyse in Bezug auf die Qualitätsbereiche ermittelten Wirkdimensionen die Einrichtungen zu möglichst ähnlichen und zu untereinander möglichst unähnlichen Gruppen zu bündeln. Auf diese Weise lässt sich ermitteln, welche Wirkkonstellationen in den extrahierten Gruppen vorliegen respektive welche Wirkkommunikationen sich in den einzelnen Gruppen durchsetzen. Im Ergebnis bietet sich eine mit dem Two-Step-Verfahren gut validierbare, nach Ward gerechnete Lösung mit 4 Clustern an (vgl. Abb. 13).
Abbildung 13: Clusteranalyse nach Ward auf der Grundlage der über die Faktorenanalyse generierten Faktorwerte zu den Wirkungen
Anhand der ermittelten Cluster zeigt sich, dass sich Einrichtungen in ihren Wirkkommunikationen unterscheiden. Unter der Perspektive Lernerorientierung sticht Cluster 1 in besonderer Weise hervor: Wenngleich in den vorangegangenen Analysen vielfach von einer Entkoppelung an der Schnittstelle zum Lernenden gesprochen wurde, so zeigt die Clusteranalyse, dass es doch eine Gruppe von Einrichtungen gibt, die genau dieses relational betrachtet besonders herausstellt. Sie sehen genau solche Wirkungen als überdurchschnittlich eingetreten, die als Besonderheit des Modells von den Schöpfern, den Distribuierern, den Förderern und nicht zuletzt auch den Einrichtungen (vgl. Kap. E 2.1.2.2) 323
kommuniziert werden: die „Lernerorientierten“ (N = 35, 24,8 Prozent). Kontrastierend hierzu sind die Cluster 2 und 4 zu sehen: Für Cluster 4 ist Faktor 1 „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“ genau umgekehrt profilbildend wie für Cluster 1. Das mit 42 Einrichtungen (knapp 30 Prozent) größte Cluster beobachtet eine Entkoppelung an der Stelle zur Lehr-Lerninteraktion, während es auf den drei anderen Wirkdimensionen überdurchschnittlich von der Implementierung von LQW zu profitieren scheint: die „Entkoppler an der Schnittstelle zum Lerner“. Einen in den unterschiedlichsten Hinsichten unterdurchschnittlichen Gewinn sehen die 25 Prozent der in Cluster 2 zusammengezogenen Einrichtungen. Sie können, relational betrachtet, überspitzt als die „Wirkungslosen“ charakterisiert werden, da sie nicht nur unterdurchschnittliche Wirkungen im Bereich der auf die Lehr-Lerninteraktion abstellenden Änderungen, sondern auch in denjenigen Bereichen, in denen in Summe die meisten Wirkungen haben beobachtet werden können, diagnostizieren. Das mit 28 Einrichtungen kleinste Cluster 3 (knapp 20 Prozent) bündelt diejenigen Einrichtungen, die auf der Ebene der Organisation Gewinn aus der Implementierung von LQW schöpfen: die „Organisationsorientierten“. Entsprechend der in Kapitel E 2.2.4.1 herausgearbeiteten Befunde lassen sich die Cluster nicht über feldbezogene Aspekte weitergehend beschreiben. Hinsichtlich Über- und Unterrepräsentationen bestimmter Einrichtungstypen finden sich keine Auffälligkeiten. Zusätzlich werden über die feldkonstituierenden Merkmale hinaus die Einrichtungen auch nach Kriterien differenziert, die auf die Ausgangslage der Einrichtung referieren. Hierunter subsumiert werden das von den Einrichtungen zum Ausdruck gebrachte Qualitätsverständnis, die Frage, inwieweit dieses geteilt wird, die Dauer der bisherigen Beschäftigung mit der Qualitätsthematik, die Frage, woher der Anstoß zur Auseinandersetzung mit der Qualitätsthematik kommt, die Erwartungen, die die Einrichtungen ex ante an die Implementierung von LQW binden, sowie die Motivstruktur (vgl. hierzu auch Kap. E 2.1). Erwähnenswert ist lediglich, dass ein erhöhtes standardisiertes Residuum von 1,9 darauf hinweist, dass sich in Cluster 1 – den „Lernerorientierten“ – überdurchschnittlich viele Einrichtungen sammeln, die ex ante die Einführung von LQW mit einer Optimierung organisationaler und pädagogischer Handlungslogik begründen. Insgesamt allerdings bietet auch eine Betrachtung der Cluster unter der Perspektive der Ausgangslage keine systematische Beschreibungsgrundlage. Genauso wenig trägt eine Differenzierung der Cluster im Blick auf die unterschiedlichen Formen der Prozessgestaltung oder die Inanspruchnahme externer Unterstützung.
Teil F: Schlussbetrachtung
„Alles Vortreffliche ist ebenso schwierig wie selten.” Baruch Benedictus de Spinoza Die vorliegende Arbeit untersucht die Akzeptanz und Wirkung der Implementierung des politisch gewollten Testierungsverfahrens LQW in das System der Weiterbildung. Die von außen an das System der Weiterbildung herangetragene Implementierung von LQW bringt verschiedene Funktionssysteme – Politik, Wirtschaft und Weiterbildung – einerseits und Systeme, die auf unterschiedlichen Handlungsebenen agieren – Gesellschaft, Organisation und Lehr-Lerninteraktion mit der Bildungspolitik, der Testierungsstelle, den Gutachtern/ Beratern, den Organisationen der Weiterbildung, den Handelnden in den Einrichtungen etc. – andererseits mitsamt der in ihnen geltenden Rationalitäten in einen Kommunikationszusammenhang. Dieses Konglomerat unterschiedlicher an der Implementierung beteiligter Akteure (vgl. Kap. C 3.3; vgl. auch Hartz 2008b, 2005) ist dadurch charakterisiert, dass sich permanent grenzüberschreitende Kommunikationen vollziehen. Maßgabe für die vorliegende Untersuchung war es, die unterschiedlichen an dem Kommunikationszusammenhang beteiligten Systeme wie auch die von ihnen realisierten Kommunikationen der Beobachtung zugänglich zu machen. Dies erfordert ein Verständnis davon, was im vorliegenden Zusammenhang unter dem System der Weiterbildung zu verstehen ist und welche konkreten Systeme an dem Kommunikationszusammenhang teilhaben. Nur so erscheint die Frage nach Akzeptanz und Wirkung angemessen beantwortbar zu sein. Wenn hier nun vom System der Weiterbildung gesprochen wird, ist, wie in Kapitel C 3.2 angedeutet, weniger der Reproduktionscode der Weiterbildung insgesamt oder gar die Suche danach, was das System eint, von Erkenntnisinteresse (vgl. Kade 1997; Luhmann 2002a; Wittpoth 2003). Die Begriffsnutzung im zur Rede stehenden Forschungszusammenhang stellt vielmehr auf die Komplexität und das Geflecht miteinander in Wechselwirkung stehender Systeme ab (vgl. Schrader 2008, 2010). Dazu wird an den Begriff der losen Koppelung 325 Stefanie Hartz, Qualität in Organisationen der Weiterbildung, DOI 10.1007/ 978-3-531-93115-9_6, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Teil F
angeschlossen, der auf Komplexität und Vielfältigkeit verweist und die einzelnen Systeme als locker miteinander verbunden, relativ autonom und operativ geschlossen begreift (vgl. Weick 1976, 2007; vgl. Schrader 2001, 2008, 2010). Weiterhin wird an die Systemtheorie einerseits und den Theorierahmen des Neo-Institutionalismus andererseits angeschlossen. Mit Hilfe dieser beiden Theorieangebote war es möglich, die in der Weiterbildung anzutreffenden Phänomene zu adressieren und den Evaluationsauftrag feldbezogen theoretisch zu reformulieren. Systemtheorie sieht von Widerspruchslosigkeit, Kausalitäten und Eindeutigkeiten ab und betont von einer operativen Geschlossenheit ausgehend die Eigenständigkeit sinnkonstituierter Systeme. Indem die Komplexität des Feldes geordnet erhalten werden kann, vermag Systemtheorie die Grenzen der Steuerbarkeit zu betrachten. Zugleich genügt – wie in Kapitel C 3 dargelegt – der alleinige Anschluss an die Systemtheorie nicht. Sie vermag über den Einzelfall hinausreichende Unterschiede und Gleichheiten nur unzureichend zu fassen (vgl. Hasse/Krücken 2005a). Benötigt wird deshalb ein Ansatz, durch den die an der Schnittstelle zwischen organisationaler und gesellschaftlicher Ebene der Systembildung auftretenden – mit der Systemtheorie nur unzureichend erklärbaren – Phänomene der Strukturgleichheit präzisiert werden können. An dieser Stelle bietet sich ein Rekurs auf den Neo-Institutionalismus an. Der Neo-Institutionalismus betrachtet die Grenze zwischen Organisation und Gesellschaft unter der Perspektive von Unsicherheitsab- und Legitimations- bzw. Legitimitätsaufbau und liefert ein Analyseinstrument, um die Mechanismen der Verbreitung von LQW im System der Weiterbildung zu erfassen (Meyer/Rowan 1977; DiMaggio/Powell 1983). Die in Kapitel C geleistete theoretische Reformulierung ermöglicht es, die an dem Kommunikationszusammenhang LQW beteiligten Systeme ebenenbezogen systematisch auszuweisen und den zunächst vagen Untersuchungsgegenstand der Akzeptanz- und Wirkungsanalyse mit konkreten Forschungsfragen zu präzisieren. Entlang dieser in Kapitel C 4 explizierten Fragen gilt es nun, die zentralen Aussagen dieser Arbeit noch einmal zu bündeln. Wie bereits mehrfach angedeutet ist die Frage der Akzeptanz kaum systemübergreifend zu beantworten. Unter der Perspektive welcher Indikatoren von Akzeptanz zu sprechen ist, hängt mit den je unterschiedlichen Rationalitäten und Sinnzuschreibungen der jeweiligen an der Implementierung beteiligten Systeme zusammen. Dabei stellen die Organisationen der Weiterbildung den neuralgischen Punkt dar. Sie müssen gewonnen werden, damit sich das Modell nachhaltig durchzusetzen vermag. Deshalb erscheint es auch für die Beantwortung der Frage, ob LQW Akzeptanz findet, erforderlich zu schauen, welche Einrichtungen sich einer Implementierung von LQW unterziehen. Über einen Zeitraum von fünf Jahren wurde in Kapitel E 2.1.1 aufgezeigt, dass LQW für 326
Schlussbetrachtung
Einrichtungen unterschiedlicher Reproduktions- und Steuerungskontexte unterschiedlich attraktiv ist. Dabei bleibt festzuhalten: Der hohe Bias an staatsnahen Einrichtungen kann auch über die enge Projektlaufzeit hinaus nicht aufgefangen werden. Einrichtungen des Steuerungskontextes Unternehmen resp. Organisationseinheiten in Unternehmen, die als ein zentrales Segment der Weiterbildung begriffen werden können (vgl. Kuwan et al. 2006), konnten nur zögerlich gewonnen werden und machen einen Anteil von insgesamt 2,5 Prozent der mit LQW befassten Einrichtungen aus. Es kommt also zu einer feldspezifischen Verbreitung von LQW. Dass LQW in den unterschiedlichen Reproduktions- und Steuerungskontexten je spezifische Anschlusskommunikationen nach sich zieht, unterstützt die Annahme, dass sich über dieselben je unterschiedliche Felder mit je eigenen Rationalitäten und Reproduktionsbedingungen konstituieren (vgl. dazu Kap. E 2.1.1; C 3.2). In engem Zusammenhang zu der Frage der Akzeptanz stehen die Motive, die Einrichtungen für ihre Beteiligung an LQW in Anschlag bringen. Deshalb wurde nachvollzogen, was die Bezugnahme auf LQW motiviert und welche Sinnzuschreibungen dabei zum Ausdruck kommen. Präzisieren lassen sich die in den Beweggründen ex ante und ex post zum Ausdruck gebrachten Sinnzuschreibungen mit Hilfe neo-institutionalistischer Überlegungen. Entsprechend wird der Frage nachgegangen, ob sich Einrichtungen aus Effizienzgründen oder aus Gründen des Legitimitätserhalts der Einführung von LQW unterziehen, ob es also um die Erfüllung von Umweltanforderungen oder um eine Verbesserung interner Prozesse mit dem Ziel einer Effizienzsteigerung geht. Dabei zeigt sich grundsätzlich, dass beides von zentraler Bedeutung ist, ohne dass dem Legitimationserhalt in der Umwelt, wie im Anschluss an den Neo-Institutionalismus oder an die von Walgenbach (2000) generierten Befunde hätte angenommen werden können, eine Vorrangstellung eingeräumt worden ist. Dieses spricht für eine hohe inhaltliche Akzeptanz des Modells. Die Einrichtungen gehen davon aus, dass Qualitätsmanagement tatsächlich als Optimierungsinstrument dienen kann. Sie bringen zum ersten Messzeitpunkt, als noch keine Erfahrungen im Umgang mit LQW vorliegen, wie auch zum zweiten Messzeitpunkt, als Erfahrungen mit LQW vorliegen, einen Glauben an den dem Qualitätsmanagement unterliegenden Gedanken einer Durchdringung bis hin zur Lehr-Lerninteraktion zum Ausdruck. Damit schließen die Einrichtungen an die Vortrefflichkeitskommunikation an, die insbesondere von Schöpfern, Distribuierern und Förderern in Bezug auf LQW prozessiert wird, und reproduzieren diese. Zugleich zeigt sich anhand der über die Faktorenanalyse geordneten Motivstruktur, dass sich die Diffusion von LQW auch auf der Grundlage isomorphistischer Prozesse vollzieht. In der Argumentationsstruktur der Einrichtungen spielen zwangsweiser, normativer und mimetischer Isomorphismus eine zentrale Rolle. Bezieht man 327
Teil F
diese gleichzeitige Bedeutungszuschreibung an interne Optimierung und Legitimitätserhalt in der Umwelt auf die Thematik der Entkoppelung von Aktivitätsund Formalstruktur, so deutet sich selbiges auf der Grundlage der Motive nicht an. Über die Frage hinaus, wie Einrichtungen die Implementierung allgemein legitimieren, wurde untersucht, ob sich Einrichtungen identifizieren lassen, die gleichen Legitimationsmustern folgen und was die diesbezüglichen Modellierungsparameter sind. Letzteres stellt auf die Bedeutung unterschiedlicher organisationaler Felder (vgl. Kap. C 3.3) für die von den Einrichtungen in Anschlag gebrachten Motive ab. Auf dieser Linie liegen beispielsweise die beobachteten unterschiedlichen Sinnzuschreibungen, die für den Faktor 3 „Legitimitätserhalt durch Anerkennung von Zwang: zwangsweise Isomorphie“ und den Faktor 5 „Legitimitätserhalt durch Nachahmung von Peers: mimetische Isomorphie“ für den ersten Messzeitpunkt haben extrahiert werden können. Hierbei haben die Kategorisierungen nach Steuerungs- und Reproduktionskontexten sowie nach Wichtigkeitszuschreibung an berufliche und berufsbezogene Maßnahmen Signifikanzen hervorgebracht. Dies stützt die Annahme, dass die Einbettung in organisationale Felder Gleichheit respektive Unterschiedlichkeit zwischen Organisationen gleicher respektive unterschiedlicher organisationaler Felder hervorzubringen vermag. Stärken lässt sich die Bedeutung organisationaler Felder noch dadurch, dass sich Einrichtungen von Ländern mit einer gesetzlich verankerten Qualitätsentwicklung in ihrer Bedeutungszuschreibung an Faktor 3 signifikant von Einrichtungen ohne diese gesetzlichen Ankerpunkte abgrenzen. Differente Sinnzuschreibungen zeigen sich auch in den Clusteranalysen, in denen sich Einrichtungen mit ähnlichen und differenten Argumentationen voneinander unterscheiden lassen. Gegenläufig zu der These einer feldspezifischen Anschlusskommunikation ist, dass sich in Summe nur wenige signifikante Unterschiede zwischen den nach theoretisch anschlussfähigen Kategorisierungen differenzierten Untergruppen diagnostizieren lassen. Insbesondere der auf interne Motivierung referierende Faktor 1 wird von Einrichtungen unterschiedlicher Reproduktions- und Steuerungskontexte, unterschiedlicher Wichtigkeitszuschreibung an berufliche und berufsbezogene Maßnahmen, unterschiedlicher Bundesländer und daran orientierten Gruppierungen wie auch unterschiedlicher Größe weitgehend homogen bewertet. Die über die Steuerungskontexte hinweg insgesamt homogenen Sinnzuschreibungen an die unterschiedlichen Motive – gerade im Kontext des zweiten Messzeitpunktes – sowie die über die unterschiedlichen Differenzierungen hinweg charakteristische Argumentation, dass sowohl Kriterien, die auf „action“ als auch solche, die auf „institutionalization“ verweisen, die Entscheidung tragen, profilieren die Annahme, dass sich eine gemeinsam geteilte Sinnzuschreibung durchsetzt. Dies lässt sich auf den Befund 328
Schlussbetrachtung
von Hoffman (1999) beziehen. Er entwickelt entlang empirischer Untersuchungen die These, dass sich Felder entlang von Themen bilden. Im vorliegenden Fall wäre dies – so lassen sich die Ergebnisse deuten – eine Feldbildung entlang des Themas LQW. In Summe hat man es mit einem Nebeneinander feldspezifischer Legitimation einerseits und Feldkonstitution über die Qualitätsmanagementthematik, speziell LQW, andererseits zu tun. Bezogen auf die Feldthematik ist weiterhin hervorzuheben, dass nicht Felder an sich ihre Bedeutung verlieren. Über die Zeit hinweg variieren lediglich die sie konstituierenden Merkmale: So lassen sich neben der thematischen Strukturiertheit auch Hinweise dahin gehend finden, dass sich durch neue Akteure wie die Vermittlungsinstanzen (vgl. dazu auch Kap. E 2.1.1; E 2.1.2; E 2.1.3) neue Referenzpunkte etablieren. Sie vermögen im Themenfeld LQW bislang geltende Feldgrenzen – beispielsweise unter der Perspektive Steuerungskontexte – aufzulösen und neue Grenzbildungen beispielsweise unter der Perspektive der Vermittlungsinstanzen zu begründen. Über die Motivstruktur hinaus erlaubt auch die gegenüber LQW zum Ausdruck gebrachte Erwartungshaltung Rückschlüsse zur Akzeptanz. Auf der Folie der Systemtheorie wurde der Frage nachgegangen, was die Einrichtungen von der Implementierung des Modells LQW erwarten, d. h., wie sie die Implementierung von LQW mit Sinn ausstatten und welche kommunikativen Anschlüsse sie in ihrer Erwartungshaltung erzeugen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass unterschiedliche, im Wesentlichen über sechs Faktoren beschreibbare Erwartungen gegenüber der Einführung von LQW im Besonderen und Qualitätsmanagement im Allgemeinen in Organisationen der Weiterbildung vorzufinden sind (vgl. Kap. E 2.1.4.1). Eine Rückbindung der Faktoren an die Elementarvariablen zeigt, dass in den Kommunikationen der Einrichtungen insgesamt positive Erwartungen gegenüber Bedenken dominieren. Dabei sind die Erwartungen sowohl auf organisationsinterne Effekte als auch auf in der Umwelt allokalisierbare Effekte bezogen. Damit reproduziert sich in der Erwartungshaltung der Einrichtungen das, was sich an positiven Kommunikationen in der Umwelt der Einrichtungen, insbesondere den Kommunikationen der Schöpfer, Distribuierer und Förderer an Inhaltlichkeit finden lässt. Die von den Einrichtungen kommunizierten Erwartungen galt es weiterhin, mit der Idee der organisationalen Felder in Zusammenhang zu bringen und zu analysieren, welche Bedeutung die unterschiedlichen organisationalen Felder für die von den Einrichtungen genannte Erwartungsstruktur haben. Dabei legen sowohl die Analyse der Erwartungsstruktur entlang der Differenzierungskategorien als auch die Analyse der Cluster die bereits für die Motivstruktur beschriebenen gegenläufigen Phänomene frei: Einerseits lassen sich an einzelnen Aspekten die Bedeutung organisationaler Felder und die innerhalb dieser Felder geteilte Sinnzuschreibung nachweisen. Die Lernerorientierte Qualitätstestierung ist in den differenten Feldern mit 329
Teil F
unterschiedlichen Erwartungen ausgestattet, die mal in Form von Befürchtungen, mal in Form von Hoffnungen Ausdruck finden. Die vielfach ausbleibenden signifikanten Unterschiede zwischen Einrichtungen unterschiedlicher organisationaler Felder deuten andererseits allerdings darauf hin, dass es nur einzelne gleich bzw. ungleich bewertete Aspekte in den organisationalen Feldern gibt. Erwartungen und die darin eingetragenen Sinnzuschreibungen flottieren im System der Weiterbildung über die als feldkonstituierend angenommenen Grenzen hinweg, was die These, dass das Thema selbst ein Feld zu bestimmen vermag, stützt. Gerade vor dem Hintergrund des komplexen Implementationszusammenhangs, der mit vielfältigen grenzüberschreitenden Kommunikationen verbunden ist, galt es, unter der Perspektive Akzeptanz zuletzt noch das Qualitätsverständnis der Einrichtungen zu rekonstruieren. Grundlegend für die Akzeptanz von LQW ist, dass das dem Modell unterlegte, durch die Akteure der Weiterbildungspolitik unterstützte und durch die Testierungsstelle, die Berater und Gutachter distribuierte Qualitätsverständnis geteilt wird. Es konnte gezeigt werden, dass bei denjenigen Einrichtungen, die sich für eine Implementierung von LQW entschieden haben, Konsens darüber besteht, was Qualität ausmacht. Zwischen Einrichtungen unterschiedlichen Typs konnten nur wenige Differenzen rekonstruiert werden. Auch eine Clusteranalyse bietet keine befriedigenden, durch klar abgrenzbare Merkmale charakterisierbaren Gruppen. Dies drängt die Deutung auf, dass die Einheitlichkeit im Qualitätsverständnis mit der Entscheidung für LQW korrespondiert. Demnach würde LQW hauptsächlich solche Einrichtungen ansprechen, die ein bestimmtes LQW-kompatibles Qualitätsverständnis haben. Insofern kann möglicherweise weniger von einem generellen Konsens im Qualitätsverständnis in Einrichtungen der Weiterbildung – was zentrale Hoffnung der Bildungspolitik gewesen ist – ausgegangen werden, als vielmehr davon, dass LQW Einrichtungen bestimmten Typs zusammenzieht, LQW also selektiert. Entsprechend ließe sich annehmen – und empirisch wäre dies noch zu respezifizieren –, dass einander unbekannte Einrichtungen mit latent vorhandenen Gemeinsamkeiten über die Entscheidung für LQW gebündelt werden. Zahlreiche der hier wie auch der von Hoffman (1999) referierten Befunde reden dieser These das Wort und erlauben die Deutung, dass sich über das Thema LQW ein Feld konstituiert, in dem Gemeinsamkeiten virulent werden, in dem also nach innen hin Einheitlichkeit und nach außen hin Differenz dominieren. Die hier zum Ausdruck gebrachte Homogenität im Qualitätsverständnis wäre dann als ein Phänomen selektiver Attraktivität zu begreifen, da sich – weitergedacht – nur diejenigen Einrichtungen für LQW entscheiden und dabei bleiben, die in ihrem Qualitätsverständnis bestimmte Dispositionen vorhalten. Dieses Phänomen selektiver Attraktivität lässt sich nicht nur mit Blick auf die Ebene 330
Schlussbetrachtung
der Organisationen der Weiterbildung behandeln, sondern auch über die unterschiedlichen Ebenen hinweg. Dass sich zwischen Interaktions-, Organisations-, Vermittlungs- und Gesellschaftsebene in den Kommunikationen so etwas wie eine weithin geteilte Vorstellung von Qualität abbildet, lässt sich möglicherweise ebenfalls nur in Teilen als Annäherung an ein gemeinsames Qualitätsverständnis begreifen. Vielmehr lässt es sich auch umgekehrt denken: Über das Projekt ist ein Thema da, das latent bestehende Ähnlichkeit in der Einstellung zu Qualität an die Oberfläche befördert und zusammenführt. An dem grenzüberschreitenden Kommunikationszusammenhang LQW haben demnach nur diejenigen Systeme teil, bei denen LQW ein Mindestmaß an Anschlussfähigkeit erzeugt und bei denen Umweltkontakt einen je ähnlichen Selbstkontakt auslöst. LQW erfreut sich demnach keiner allgemeinen, sondern einer selektiven Akzeptanz, die aber so weit ausreicht, dass sich die Idee reproduziert. Nichtsdestoweniger kann in Zusammenschau von Verbreitungsgrad und von den von den Einrichtungen initiierten Kommunikationen von einer insgesamt guten Akzeptanz ausgegangen werden. Wenn etwas akzeptiert wird, heißt das noch nicht, dass es auch Wirkungen hat. Mehr noch, manchmal finden gerade solche Interventionen die meiste Akzeptanz, die wirkungslos bleiben. Oder anders gewendet: Manchmal ist Wirkungslosigkeit eine Voraussetzung von Akzeptanz. Deshalb wurde in einem zweiten empirischen Teil der Frage nach den Wirkungen nachgegangen. Dabei fokussiert die vorliegende Arbeit vornehmlich die Ebene der Organisationen resp. die Schnittstelle zwischen Organisation und Interaktion, da hier die Steuerungsabsicht in Handeln gegossen werden muss. Unter systemtheoretischer Perspektive geht es um die Frage, wo vor dem Hintergrund der jeweiligen Systemreferenzen Anschlussmöglichkeiten und -grenzen existieren, wie kommunikative Anschlüsse im Sinne von Wirkungen in den Einrichtungen der Weiterbildung realisiert werden und welchen Sinnzusammenhang die Systeme bei der Umsetzung von LQW zum Ausdruck bringen. Dabei lassen sich die eingetretenen, auf die Qualitätsbereiche von LQW referierenden Wirkungen entlang von vier Dimensionen beschreiben: „Wirkdimension: Lehr-Lerninteraktion samt der dafür erforderlichen Kompetenzen und Austauschbeziehungen“, „Wirkdimension: Steuerung der Organisation durch ein nach innen wie auch nach außen erkennbar, systematisches Management“, „Wirkdimension: Evaluation unterschiedlicher Bezugsebenen“ und „Wirkdimension: Wachstum“. Wirkungen profilieren die Organisationen auf zwei der vier ausgewiesenen Dimensionen. Sie schöpfen insbesondere Wert in organisatorischer, managementbezogener und makrodidaktischer Hinsicht. Dass die Implementierung von LQW unmittelbare Auswirkungen auf das Wachstum der Organisationen hätte, können die Einrichtungen nicht bestätigen. Ebenfalls lassen sich kaum Wirkungen in Bezug auf die Ebene 331
Teil F
der Lehr-Lerninteraktion von den Einrichtungen aus beobachten. Letzteres erstaunt vor dem Hintergrund der hohen Bedeutung, die der Lernerorientierung in der Motivstruktur zugeschrieben wird – und zwar zum ersten Messzeitpunkt, als die Einrichtungen noch keine Erfahrungen mit LQW hatten, und zum zweiten Messzeitpunkt, als die Beobachtung ausbleibender Wirkungen bereits vollzogen war. In organisationsintern wirksame Entscheidungen wird LQW demnach in Bereichen gegossen, die den Lehr-Lernprozess vor- und nachbereiten, nicht jedoch an der für die Qualität einer Weiterbildungseinrichtung zentralen Stelle der Lehr-Lerninteraktion selbst. Die Einrichtungen erzeugen demnach im Verstehen ihre je eigenen Anschlüsse, die in der Umsetzung von den modellbezogenen Kommunikationen von Schöpfern, Distribuierern und Förderern abweichen. Mit Blick auf den Neo-Institutionalismus schließt dieser Befund direkt an die Thematik von Koppelung und Entkoppelung von Formalstruktur und Aktivitätsstruktur an. Die im Neo-Institutionalismus verfolgte These der Entkoppelung lässt sich weder verifizieren noch falsifizieren, es kommt weder zu einer gänzlichen Entkoppelung noch zu einer gänzlichen Koppelung. Vielmehr finden sich Koppelungen und Entkoppelungen – wie in der Studie von Walgenbach (2000) – gleichermaßen. In die Aktivitätsstruktur wird das Modell offenbar im Zusammenhang organisatorischer und makrodidaktischer interner Steuerung integriert. Entkoppelt wird das Modell an der Schnittstelle zur Lehr-Lerninteraktion. Der Begriff der Lernerorientierung fungiert als eine in der Formalstruktur gut inszenierbare Legitimationsfassade, ohne eine Durchdringung in den Bereich der Lehr-Lerninteraktion zu haben.1 Wie in Kapitel E 2.2.2 herausgearbeitet wird LQW also gerade da entkoppelt, wo das genuin pädagogische Selbstverständnis der in der Organisation Arbeitenden adressiert werden würde. Indem weniger die pädagogische als vielmehr die organisationale Handlungslogik erreicht wird, kann durch das Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung semantisch die Einseitigkeit bisheriger Zuschnitte von Qualitätsmanagementmodellen zwar ausgeglichen werden (vgl. Kap. B 2.3), nicht jedoch operativ. Letzteres spielt – gleichwohl es von den Einrichtungen beobachtet wird – allerdings eine nachgeordnete Rolle. Es scheint weder Schöpfer noch Einrichtungen zu stören. So rationalisieren Letztere nach wie vor ihre Entscheidung für LQW mit dem Alleinstellungsmerkmal der Lernerorientierung und gruppieren – entgegen anderer empirischer Erfahrungen – um den Begriff herum einen Mythos. Die Lernerorientierung erzeugt „Nestwärme“ und umhüllt den Qualitätsentwicklungsprozess mit Leidenschaft. Sie ist eine richtige Vokabel, die die Passung zwischen Qualitätsmanagement und Weiterbildung inszeniert, und gewinnt den 1
Andere Befunde hierzu generiert eine Forschergruppe um die Schöpfer herum. Sie postulieren durchaus Wirkungen in Bezug auf den Lehr-Lernprozess messen zu können (vgl. Rädiker 2006; Tödt 2006), was aber eher der Anlage der Untersuchung geschuldet zu sein scheint.
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Schlussbetrachtung
Charakter einer mit kritikresistentem Geltungsanspruch ausgestatteten Realitätsebene, die ihrerseits eine bewusste Kommunikation des Widerspruches verbietet. Hypothetisch wäre zu erwarten, dass dann, wenn die Lernerorientierung bis auf die Ebene der Lehr-Lerninteraktion durchdekliniert werden würde oder müsste (weil beispielsweise ansonsten das Testat durch die Testierungsstelle verweigert werden würde), das Modell möglicherweise mit erheblichen Akzeptanzverlusten auf Seiten der Organisationen der Weiterbildung konfrontiert wäre (vgl. Kap. E 2.2.3). Insofern, so könnte man die Befunde zuspitzen, sichert die Entkoppelung von LQW im ureigenen Kernbereich einer Weiterbildungseinrichtung die Reproduktion des Modells. Zu Koppelungen kommt es da, wo die Organisationen und die in ihnen Arbeitenden Nutzungsmöglichkeiten jenseits einer Bedrohung ihres pädagogischen Selbstverständnisses sehen: in organisations- und evaluationsbezogener Hinsicht. Pointiert lässt sich festhalten, dass die mit Vortrefflichkeitskommunikation ausgestattete Idee der Lernerorientierten Qualitätstestierung sich semantisch in den Kommunikationen der Einrichtungen zwar abbildet. In der operativen Umsetzung allerdings ist sie ebenso schwierig wie selten – vielleicht sogar noch nicht einmal gewollt. Die in den Entkoppelungen eingetragene Differenz zwischen Steuerungsabsicht und -wirkung verweist über den konkreten Fall der Implementierung von LQW in das System der Weiterbildung hinaus und offenbart systemimmanente Probleme der Steuerung im Mehrebenensystem der Weiterbildung. Die unterschiedlichen Systeme sind vor dem Hintergrund operativer Geschlossenheit unzugänglich füreinander, sodass die Umsetzung von Steuerungsabsichten im Allgemeinen und LQW im Besonderen der Logik der rezipierenden Systeme folgt. In der je eigenen Aneignung der Steuerungsabsicht kommt es zu Brüchen und Umdeutungen, um im Konglomerat unterschiedlicher Interessen Handhabbarkeit herzustellen. Über die Wirkungen in den LQW-spezifischen Qualitätsbereichen hinaus lassen sich über die allgemeinen, Wirkungen adressierenden Items noch weitere Effekte beschreiben: Hinsichtlich einer „optimierten Bewirtschaftung der Humanressource“ sowie einer „Konsensbildung und Vernetzung“ in der Umwelt der Organisationen belegen die Einrichtungen die Implementierung von LQW mit Wert. Wertzuschreibung an LQW kommt auch in den Abgrenzungen von negativen Begleiterscheinungen zum Ausdruck: Weder konstatieren sie mehrheitlich eine aus der Implementierung von LQW resultierende gesteigerte „externe Regulierung bei geringem Nutzen“ noch beobachten sie „Divergenz zwischen Pädagogik einerseits und Organisation und Ökonomie andererseits“. In den Kommunikationen der Einrichtungen lässt sich eher die These der „Konvergenz“ respezifizieren. Wenig Nutzen sehen die Einrichtungen hinsichtlich einer „optimierten Bewirtschaftung an der Schnittstelle zur Umwelt“. Wenn333
Teil F
gleich die Einrichtungen davon ausgehen, eine Testierung zu brauchen, um am Markt zu bleiben, und ein „unspezifischer Zwang“, sich einer Implementierung zu stellen, wahrgenommen wird, bleiben konkrete Reaktionen der Umwelt auf die Testierung aus: Durch LQW lassen sich in der Perspektive der Einrichtungen weder Aufträge im engeren Sinne sichern noch neu akquirieren. Dennoch: In Summe sind die von den Einrichtungen aus initiierten Kommunikationen über LQW durchschnittlich positiv. Im Zusammenhang der analysierten Wirkungen ging es weiterhin darum, Typiken der Bezugnahme zu identifizieren. Dabei galt es, der Frage nachzugehen, ob die dem Modell unterlegten Ideen von Einrichtungen, die hinsichtlich ähnlicher Merkmalsausprägungen gruppiert werden können, ähnlich rezipiert werden. Ein Vergleich der Einrichtungen unter der Perspektive der im Anschluss an den Neo-Institutionalismus als feldkonstituierend angenommenen Merkmale zeigt, dass keine prägnant ähnlichen oder unähnlichen Wirkmuster innerhalb bzw. zwischen Feldern vorliegen. Wenngleich die theoretisch entwickelten, feldkonstituierenden Merkmale über die Zeit an Bedeutung verlieren, bedeutet dies nicht, dass Felder als solche im Kommunikations- und Implementationszusammenhang LQW an Bedeutung einbüßen. Variierend über die Zeit sind lediglich die Konstitutionsmerkmale, nicht das Phänomen des Feldes (vgl. Leblebici et al. 1991; Scott 1994; Walgenbach 2002; Hoffman 1999). Wie für die Motivlage, die Erwartungen und das Qualitätsverständnis bereits herausgeschält, lässt sich auch in Bezug auf die kommunizierten Wirkungen beobachten, dass sich über das Thema LQW ein Feld zu konstituieren scheint, in dem sich bestimmte Kommunikationen durchsetzen und andere nicht. Über die Gruppierung der Einrichtungen entlang unterschiedlicher Feldzugehörigkeit hinaus wurden die Einrichtungen auch hinsichtlich ihrer Ausgangslage in Motivstruktur, Qualitätsverständnis und Erwartungen differenziert. Ziel war es, der Frage nachzugehen, ob die Ausgangslage die wahrgenommenen Wirkungen modelliert. Bereits die Korrelationskoeffizienten zeigen einen geringen Zusammenhang, der sich in entsprechenden Mittelwertvergleichen bestätigt. Insofern lässt sich in Summe festhalten, dass die Ausgangslage in den Einrichtungen kaum Einfluss auf die von den Einrichtungen wahrgenommenen Wirkungen hat. Anders ist dies bei der Form der Prozessgestaltung. Sie trägt sich durchaus in die Wirkwahrnehmung ein. Dabei ist auffällig, dass mit Blick auf die inhaltliche Bearbeitung und Durchführung der Slogan „Betroffene zu Beteiligten machen“ bestätigt werden kann. Außerordentliche monetäre Investitionen wie Freistellung von Personal, Integration externer Berater, Inanspruchnahme zusätzlicher Hilfesysteme etc. dagegen scheinen sich nicht hinsichtlich eines Mehr an Wirkungen auszuzahlen. Dies erlaubt die These, dass sich die Relevanz zusätzlicher 334
Schlussbetrachtung
Supportstrukturen nicht aus konkreten, durch die Implementierung von LQW zu realisierenden Wirkungen speist. Es ist zu vermuten, dass eher der Aufbau von Fassaden und die Beruhigung im Vordergrund stehen. Bilanzierend lässt sich dem Modell eine hohe Akzeptanz attestieren. Zugleich lässt sich gerade mit Blick auf die Wirkungen festhalten, dass LQW von denjenigen Systemen, die dieses in ihren Kommunikationszusammenhang integrieren, handhabbar gemacht wird – und zwar nach ihrer je eigenen Logik und nicht derjenigen, die dem Modell als Steuerungsansinnen unterlegt ist. LQW bekommt „unterschiedliche Selektivität und unterschiedliche Anschlußfähigkeit, unterschiedliche Vergangenheiten und unterschiedliche Zukünfte“ (Luhmann 1996: 293, Herv. i. O.). Dies redet der These das Wort, dass Steuerungsansinnen nicht schlicht modelllogisch durchzusetzen sind. Aus der Perspektive des Modells gehen sie mit Verlusten einher. Aus der Perspektive derjenigen, die Anschlüsse erzeugen, entsteht Neues, mit – ggf. anderem Sinn – Ausgestattetes. Sind Brüche und Umdeutungen unter einer systemtheoretischen Perspektive sachlogisch, so lässt sich auch festhalten, dass LQW selbst vor dem Hintergrund seiner modelltheoretischen Anlage ein Einfallstor für Umdeutungen bietet. Dies hängt mit der doppelten Stoßrichtung des Modells zusammen. Wird derselben als Idee Vortrefflichkeit anberaumt, so scheint die Umsetzung doch mindestens schwierig. Im Anschluss an Harney (1997a, 1998, 2000) ließe sich argumentieren, dass dies damit zusammenhänge, dass die Qualitätssicherung organisatorischer Prozesse einer anderen Logik folgt als Qualitätssicherung, die unmittelbar auf die Ebene der Lehr-Lerninteraktion zielt. Erstere stellt auf die Optimierung organisationaler Prozesse unter den Gesichtspunkten von Effizienz, Effektivität und Transparenz ab. Sie zielt auf Handeln ordnende Verfahren. Letztere erfordert falladäquates Handeln in der Situation und ist eben nicht in Verfahren zu gießen, sondern an den Aufbau professioneller Kompetenzen gebunden (vgl. Kap. B 2.2.2). Beides in ein Modell zu integrieren, erfordert eine Anerkennung und Bearbeitung der Unterschiedlichkeit beider Handlungslogiken. Dieses ist in dem Modell der Lernerorientierten Qualitätstestierung bis dato noch nicht systematisch gelöst. Die sich im Namen ausdrückende Mischung organisations- und lehr-lerninteraktionsbezogener Aspekte setzt sich in der Konstruktion der einzelnen Qualitätsbereiche fort. Differenzen zwischen beiden Handlungslogiken und die damit verbundenen unterschiedlichen Ansprüche werden dadurch eingeebnet. Die Aggregationsproblematik zwischen den beiden Ebenen – Interaktion und Organisation – und die damit verbundene Gestaltungsanforderung drohen verharmlost zu werden (vgl. Nittel 1997, 2000; vgl. Harney 1997a, 1998, 2000). Einrichtungen setzen die Vermischung fort, indem sie semantisch den Konnex beider Seiten herstellen und die dem Modell unterlegte Vortrefflichkeitskommunikation reproduzieren, ohne in der Umsetzung systematisch an der Verbindung 335
Teil F
organisationsbezogener und lehr-lernbezogener Qualität zu arbeiten. Da Letzteres für den Erhalt des Testats keine Konsequenzen hat, setzen sich die spezifischen Koppelungen und Entkoppelungen durch.
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