336 ÜBERSICHT
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Aspekte der Psychosomatische Adipositas
Zusammenfassung: Übergewicht und Adipositas sind in allen Industrienationen weit verbreitet und zählen in diesen Ländern zu den wichtigsten Gesundheitsproblemen. Bevölkerungsbasierte Studien in Deutschland haben ergeben, dass zwischen 12 und 18 % der erwachsenen Bevölkerung adipös ist. Übergewicht und Adipositas gehen mit einem Spektrum von Gesundheitsstörungen und massiven psychosozialen Belastungen einher. Neben den Erbanlagen wird die komplexe ¾tiologie der Adipositas vornehmlich bestimmt durch den Lebensstil, in den u. a. intraund interindividuelle Aspekte einflieûen. Innerhalb des Gesamtkollektivs adipöser Menschen stellt die ¹psychogene Adipositasª eine Subgruppe dar, bei der psychiatrische Störungen zu einer Veränderung des Ess- und Bewegungsverhaltens führen, deren Folge eine anhaltende positive Energiebilanz mit Übergewicht und Adipositas ist. Die Arbeit beschreibt die psychosozialen Probleme von adipösen Menschen, wobei insbesondere die kontrovers diskutierte Frage der psychiatrischen Komorbidität im Allgemeinen und der Essstörungen im Besonderen herausgestellt wird. Die Ergebnisse bisheriger vornehmlich verhaltenstherapeutisch orientierter Behandlungskonzepte werden dargestellt und schulenübergreifende Konzepte diskutiert. Schlieûlich wird die Problematik psychiatrischer/psychologischer Diagnostik bei adipösen Patienten mit dem Anliegen einer operativen Gewichtsreduktion im Spannungsfeld von Kostenträgern und Chirurgen aufgezeigt. Psychosomatic Aspects of Obesity: Overweight and obesity are widespread in industrial countries and are considered to be serious health problems in these countries. Population-based studies in Germany have shown that between 12 and 18 % of the adult population is obese. Overweight and obesity are accompanied by a large spectrum of health disorders and extreme psychosocial burdens. Besides the hereditary disposition, the life style including both intra- and inter-individual aspects determines the complex etiology of obesity. Within the collective sample of the obese, one sub-sample is the ¹psychogenic obeseª i. e. in which psychiatric disorders lead to a change in both eating and exercise behavior, the result then being a continuous positive energy reserve in the form of overweight and obesity. The paper describes the psychosocial problems of obese per-
PPmP Psychother Psychosom med Psychol 2001; 51: 336 ± 349 Georg Thieme Verlag Stuttgart New York ISSN 0937-2032 ·
Stephan Herpertz1, Bernhard Saller2 1
Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Rheinische Kliniken, Universität Essen 2 Abteilung für Endokrinologie, Medizinische Klinik, Universität Essen
sons; especially the controverse question with regard to psychiatric morbidity in general and eating disorders in particular are emphasized. The results of past, mainly behavioral oriented treatment concepts are presented and various concepts beyond single school orientation are discussed. Finally, the problems with psychiatric psychological diagnostics in those obese patients with the request for surgical weight reduction within the context of insurance coverage and the surgeons are presented. Key words: Obesity ± Epidemiology ± Etiology ± Risk factors ± Psychiatric comorbidity ± Obesity surgery
Einführung Übergewicht und Adipositas sind in allen Industrienationen weit verbreitet und zählen in diesen Ländern zu den wichtigsten Gesundheitsproblemen. Schon jetzt sind ca. 7 % der Krankheitskosten in Deutschland (ca. 35 Mrd. DM pro Jahr) der Adipositas zuzuschreiben [166]. In den Vereinigten Staaten werden schätzungsweise 30 ± 50 Milliarden Dollar für Schlankheitskuren, kalorienarme Diäten und ¹Abmagerungspillenª jährlich ausgegeben [90]. Übergewicht und Adipositas werden häufig als synonyme Begriffe verwandt, was die Definition der Messeinheit und, davon abgeleitet, eine Klärung der Begrifflichkeit notwendig macht. Der Broca-Index (%) (Körpergewicht 100/Normalgewicht; Normalgewicht = Körperlänge (cm) ± 100), der auf den französischen Chirurg Broca im letzten Jahrhundert zurückgeht, ist nicht zuletzt wegen seiner geringen Korrelation zur Körperfettmasse durch den Bodymass-Index (BMI) (Körpergewicht [kg]/Körperlänge [m]2) weitgehend ersetzt worden. Der Vorschlag von Garrow [51], wonach ein BMI von 25 ± 30 kg/m2 als Übergewicht zu bezeichnen ist, wurde mittlerweile auch von der Deutschen Adipositas Gesellschaft übernommen [41]. Die Klassifikation von Übergewicht und Adipositas anhand des BMI wird durch Tab. 1 wiedergegeben.
Eingegangen: 19. 2. 2001
Angenommen: 26. 4. 2001
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Psychosomatische Aspekte der Adipositas Tab. 1 Klassifikation der Adipositas anhand des Bodymass-Index. Klassifikation
BMI (kg/m2)
Normalgewicht
18,5 ± 24,9
Übergewicht
³ 25
Präadipositas
25,0 ± 29,9
Adipositas Grad I
30,0 ± 34,9
Adipositas Grad II
35,0 ± 39,9
Adipositas Grad III
> 40,0
Neben der Einteilung der Adipositas nach ursächlichen Faktoren ist im Rahmen einer phänomenologischen Klassifikation die regionale Fettverteilung prognostisch von Bedeutung. Durch Umfangsmessungen und die Bestimmung des Verhältnisses von Hüfte zur Taille (¹waist-to-hip ratioª) ist die regionale Fettverteilung abzuschätzen. Ein Quotient > 1,00 bei Männern und > 0,85 bei Frauen spricht für eine abdominale Adipositas. Bei der peripheren (gynoiden, gluteal-femoralen) Adipositas ist eine Fettvermehrung vornehmlich im Bereich der Hüften und der Oberschenkel zu beobachten. Gynoid weist auf die Geschlechterverteilung hin: 85 % der Frauen und ca. 20 % der Männer weisen diese Form der Adipositas auf, bei der metabolische Begleiterkrankungen nur geringfügig häufiger vorkommen als bei Normal- oder Idealgewichtigen [93]. Die ¹Stammfettsuchtª, die mit multiplen hormonellen und rheologischen Störungen einhergeht, steht für die abdominale (androide, zentrale, viszerale) Adipositas mit einer Fettvermehrung im Abdominalbereich. 80 % der Männer, aber nur 15 % der Frauen weisen diese Fettverteilung auf. Neuere Untersuchungen weisen auf biopsychosoziale Zusammenhänge der regionalen Fettverteilung hin, die für eine inverse Beziehung des Taille-/Hüft-Quotienten und der sozialen Schicht, Bildung und möglicher psychiatrischer Komorbidität sprechen [17, 98,102, 126]. So diskutiert Björntorp [16,18] hohe Kortisolspiegel infolge einer Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Achse als Ausdruck einer ¹Fluchtªreaktion des Hypothalamus auf chronischen Stress und depressive Verstimmung, was nicht zuletzt durch die hohe Dichte an Steroidrezeptoren der viszeralen Adipozyten (Fettzellen) zu einer Akkumulation von Fett in dieser Körperregion führe.
Epidemiologie Entsprechend den Angaben des Second National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES II) waren in dem Zeitraum von 1976 ± 1980 34 Millionen US-Amerikaner (25,7 %) übergewichtig, wobei im Vergleich zu übergewichtigen Männern (15 Millionen) der Anteil an übergewichtigen Frauen (19 Millionen) überwog [92]. Prospektive Untersuchungen zeigen, dass innerhalb eines Beobachtungsintervalls von 10 Jahren das Durchschnittsgewicht von Frauen, verglichen mit dem von Männern, stärker ansteigt. So ist die Inzidenz einer deutlichen Gewichtszunahme (Zunahme von > 5 BMI-Einheiten) bei Frauen im Vergleich zu Männern doppelt so hoch (5,3 % vs. 2,3 %). Im weltweiten Vergleich gehört die Bundesrepublik Deutschland mit 16 % zu den Ländern mit einer sehr hohen Prävalenz der Adipositas mit steigender Tendenz [166] (Tab. 2). Studien aus europäischen Ländern und Nordamerika belegen ebenfalls, dass die Zahl übergewichtiger Menschen auch in jüngster Zeit weiter zugenommen hat [62, 93, 94]. Die Prävalenz der
Tab. 2 Prozentuale Häufigkeit der Adipositas (BMI > 30 kg/m2) im internationalen Vergleich [44]. Rang
Land
Männer
Frauen
1.
Südafrika
15
18
2.
Deutschland (DHP-Studie)*
15
17
3.
Finnland
10
18
4.
USA
9
8
5.
United Kingdom
8
9
6.
Kanada
9
8
7.
Italien
10
8
8.
Australien
7
7
9.
Holland
4
5
* Deutsche Herz-Kreislauf-Studie
Adipositas permagna (BMI > 40 kg/m2, Grad III) dürfte zwischen 1 % und 1,2 % liegen [92]. Bei deutschen Schulkindern liegt der Anteil mit einem BMI > 30 kg/m2 bei 13 %, wobei die durchschnittliche Gewichtszunahme noch kein Plateau erreicht hat [119].
Medizinische Risikofaktoren Die Adipositas ist mit verschiedenen Krankheitsbildern assoziiert. Im Vordergrund steht ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 2, einer arteriellen Hypertonie, einer Fettstoffwechselstörung und einer koronaren Herzkrankheit. Im Rahmen des sog. ¹metabolischen Syndromsª findet sich charakteristischerweise eine abdominelle Adipositas mit Vermehrung des viszeralen Fettgewebes zusammen mit einer gestörten Glukosetoleranz oder einem manifesten Diabetes mellitus, einer arteriellen Hypertonie und Hyperlipidämien [99]. Der enge Zusammenhang dieser Risikofaktoren ist durch zahlreiche epidemiologische Untersuchungen belegt. Pathogenetisch kommt einer genetisch und durch Umweltfaktoren (fettreiche Ernährung, körperliche Inaktivität, Rauchen) determinierten Insulinresistenz eine zentrale Rolle zu. Mehr als 80 % aller Typ-2-Diabetiker sind adipös [111]. Jeder zweite Mann und jede dritte Frau über 50 Jahre muss, wenn eine Adipositas besteht, im Lauf des Lebens mit der Manifestation eines Diabetes mellitus rechnen [61, 84]. Ebenso gut belegt ist der Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Parametern des Fettstoffwechsels. Triglyzeride liegen bei Adipösen um etwa 30 mg/dl höher als bei Normgewichtigen. Bei häufig normalem oder nur leicht erhöhtem LDL-Cholesterin findet sich nicht selten eine Erniedrigung des HDL-Cholesterins [8, 97]. Gehäuft finden sich bei adipösen Patienten mit gestörtem Glukosestoffwechsel auch kleine, dichte LDL-Partikel mit erhöhter Atherogenität. Patienten mit metabolischem Syndrom haben in der Folge der genannten Zusammenhänge ein deutlich erhöhtes kardiovaskuläres und zerebrovaskuläres Risiko [13]. Bedeutsam ist, dass sowohl das Risiko für die Entwicklung einer koronaren Herzerkrankung als auch das Schlaganfallrisiko stärker mit der Fettverteilung, also der Vermehrung des viszeralen Fetts, als mit der Gesamtkörperfettmasse korreliert [95, 98,156]. Neben kardio- und zerebrovaskulären Erkrankungen beeinträchtigt die
338 PPmP Psychother Psychosom med Psychol 2001; 51 Adipositas aber auch das respiratorische System mit restriktiven und obstruktiven Ventilationsstörungen und schlafbezogenen Atmungsstörungen (obstruktives Schlafapnoesyndrom) [71,139]. Adipositasbedingte Schäden des Bewegungsapparates sind zu nennen, wobei insbesondere die Kniegelenke betroffen sind (Gonarthrose) [45]. Schlieûlich sei auf ein erhöhtes Karzinomrisiko bei Adipositas [35, 36, 50, 66] hingewiesen (relatives Risiko adipöser Männer 1,33; adipöser Frauen 1,55). Allerdings besteht noch Unklarheit darüber, ob das Übergewicht selbst oder die damit verbundene fett- und kalorienreiche Ernährung für das erhöhte Karzinomrisiko verantwortlich sind.
Mortalität Alle gröûeren prospektiven Studien (n > 20 000) konnten den Nachweis erbringen, dass ab einem BMI > 35 kg/m2 sich die Mortalität fast verdoppelt und die Mortalität im Rahmen von Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen um ein Vielfaches ansteigt [131]. Im Vergleich zum BMI scheint allerdings die abdominelle Fettverteilung einen stärkeren Prädiktor für die Mortalität darzustellen. Bei Übergewicht und milden Formen der Adipositas (BMI: 25 ± 32 kg/m2) stellt sich das Mortalitätsrisiko dagegen vergleichsweise gering dar [10].
¾tiologie Im Laufe der menschlichen Stammesgeschichte war die Fähigkeit, in Zeiten der Verfügbarkeit von Nahrung zuzunehmen und so für Notzeiten Reserven zu bilden, immer ein entscheidender evolutionsbiologischer Vorteil. Erst in den letzten 50 Jahren wurde dieser evolutionäre Vorteil von Überernährung und Übergewicht für alle Bevölkerungsschichten zu einem Nachteil unter permanenten Überflussbedingungen und abnehmender körperlicher Bewegung. Der Phänotyp Adipositas wird heute als Ergebnis der Interaktion von genetischer ± ¹evolutionärerª ± Prädisposition und Umweltfaktoren verstanden [43]. Der genetische Einfluss wird dabei nicht durch ein einzelnes Gen, sondern durch zahlreiche Gene bestimmt. Seltene Ausnahmen hiervon stellen einige Formen syndromaler Adipositas dar, die auf der Mutation eines einzelnen Gens oder einer Chromosomenaberration beruhen. Wichtiges Beispiel ist das Prader-Willi-Syndrom, das mit einer Häufigkeit von etwa 1 : 25 000 auftritt und zu einer ausgeprägten stammbetonten Adipositas führt. Zudem sind im Einzelfall endokrinologische Krankheitsbilder wie das ebenfalls mit einer stammbetonten Fettverteilung einhergehende Cushing-Syndrom auszuschlieûen. Auch wenn neue Erkenntnisse der Molekularbiologie auf eine stärkere ¹genetisch-biologische Kontrolleª des Essverhaltens und des Körpergewichts hinweisen [24, 48], ist der gröûte Teil der Varianz des Körpergewichts auf Bevölkerungsebene dennoch auf Umweltfaktoren zurückzuführen [70]. Neben der Ernährung und der körperlichen Bewegung sind als weitere wichtige Determinanten der Umwelt psychosoziale Aspekte zu nennen, die in der vorliegenden Arbeit dargestellt werden sollen. Es versteht sich von selbst, dass die individuell unterschiedlich gewichteten pathogenetischen Wirkfaktoren in der Entstehung der Adipositas ineinandergreifen und gegenseitig eine Verstärkerfunktion besitzen können. Auf dem Hintergrund einer multifaktoriellen Pathogenese innerhalb des Gesamtkollektivs adipöser Menschen lassen sich bestimmte Sub-
Herpertz S et al gruppen eingrenzen, für die eine spezielle Indikation für bestimmte Therapieschwerpunkte besteht. So dürfte sich hinter dem weit verbreiteten Begriff der ¹psychogenen Adipositasª eine Vielzahl von psychischen Störungen verbergen, die u. a. mit einer Störung des Gleichgewichts der Energieaufnahme und -abgabe einhergehen. Im Vordergrund stehen Störungen des Essverhaltens, seien es genuine Essstörungen wie die Binge-Eating Störung oder depressive Störungen, die mit einer hyperkalorischen Ernährung einhergehen.
Psychosoziale Aspekte der Adipositas
Adipositas und sozialer Status Schon in den 60er Jahren fanden Goldblatt et al. [54], dass Frauen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status 6-mal häufiger adipös waren verglichen mit Frauen der Oberschicht. Bei Männern war der Unterschied lediglich doppelt so groû. Verschlechterte sich der Sozialstatus der Frauen, nahm die Adipositashäufigkeit zu, eine Verbesserung des Sozialstatus zog eine Gewichtsabnahme nach sich. Bei Männern waren diese Veränderungen durch soziale Mobilität geringer. Goldblatt et al. [54] konnte in der Midtown-Studie den Einfluss sozialer Faktoren auf die Häufigkeit der Adipositas aufzeigen. Zwischen der Höhe des sozioökonomischen Status und der Häufigkeit von Adipositas wurde eine deutlich gegensätzliche Beziehung festgestellt. Fast 30 % der Frauen mit niedrigem sozioökonomischen Status waren adipös, 16 % der Frauen mit mittlerem Status und nur 5 % der Gruppe mit dem höchsten Status. In der Studie von Hällstrom u. Noppa [65] stand die Adipositas in einer inversen Beziehung zur Schulbildung, eine ¾nderung des sozioökonomischen Status hatte signifikante Auswirkungen auf das Körpergewicht. Die MONICA-Studie (Monitoring of International Trends and Determinants in Cardiovascular Disease) zeigte, dass in Deutschland der soziale Status ähnliche Auswirkungen auf das Gewicht wie in anderen Industriestaaten hat: je niedriger die soziale Schicht, desto höher das Gewicht [166]. Dieser Trend lieû sich insbesondere bei Frauen beobachten. Frauen mit Hauptschulabschluss waren 4-mal häufiger adipös als solche mit Abitur oder vergleichbarem Schulabschluss. Im Gegensatz zu Frauen aus Entwicklungsländern (¹developing societiesª) gilt bei Frauen vornehmlich in Industrienationen (¹developed societiesª) die inverse Beziehung von sozioökonomischem Status und Adipositas als gesichtert. Von insgesamt 30 Studien aus den Vereinigten Staaten, die von Sobal u. Stunkard [132] bewertet wurden, zeigten 28 Studien (93 %) diese inverse Beziehung, 2 Studien (7 %) konnten diesen Zusammenhang nicht aufzeigen, keine einzige Studie berichtete über einen direkten Zusammenhang von sozioökonomischem Status und Adipositas. Bei Männern stellte sich der Zusammenhang komplexer dar. Sowohl eine direkte als auch eine inverse Beziehung von sozioökonomischem Status und Adipositas konnte nachgewiesen werden.
Gesellschaftliche Vorurteile und soziale Diskriminierung Vorurteile und Diskriminierung gegenüber adipösen Menschen beginnen schon im Kindes- und Jugendalter. Kinder im Alter von sechs Jahren assoziieren mit einem dicken Kind ¹faul, dreckig, dumm, hässlich, hinterhältig und verlogenª [137]. Bei der Darstellung körperlich behinderter Kinder, z. B. mit fehlenden Extremitäten, und adipöser Kinder anhand von Schwarzweiû-Zeichnungen zeigten sowohl Kinder als auch Erwachse-
Psychosomatische Aspekte der Adipositas
PPmP Psychother Psychosom med Psychol 2001; 51 339
ne adipösen Kindern gegenüber mehr Ablehnung [55,104, 122]. Erstaunlicherweise werden diese Vorurteile von adipösen Menschen geteilt [104,137]. Canning u. Mayer [32] berichteten über erschwerte Aufnahmebedingungen für adipöse Schüler an renommierten amerikanischen Colleges. Die Arbeitsmarktsituation, die sich in fast allen Industrienationen in diesem Jahrzehnt drastisch zugespitzt hat, dürfte insbesondere für adipöse Menschen ein Problem darstellen [3]. Eine Untersuchung der Einkommensverhältnisse von adipösen Menschen in den Vereinigten Staaten ergab deutlich niedrigere Löhne im Vergleich zu Normalgewichtigen mit dem Fazit, dass jedes Pfund an Fett eine Lohnminderung von durchschnittlich 1000 Dollar pro Jahr bedeutet [81]. Die prospektive Untersuchung von Gortmaker et al. [57] an 10 039 Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 16 ± 24 Jahren konnte aufzeigen, dass Übergewicht in jungen Jahren erhebliche soziale und ökonomische Nachteile zur Folge hat. So wiesen nach einem Beobachtungszeitraum von sieben Jahren junge übergewichtige Frauen eine niedrigere Schulbildung auf, verfügten nur über 40 % des Einkommens normalgewichtiger Frauen, und halb so viele hatten geheiratet.
und in den Kategorien Unreife, Misstrauen und Rigidität signifikant höher. Studien an adipösen Kindern replizierten letztendlich die Ergebnisse in der Erwachsenenforschung [125,154] und konnten keinen Unterschied im Hinblick auf psychopathologische Merkmale aufzeigen. Die Mehrzahl der Studien beruhte auf psychometrischen Testverfahren, insbesondere das Minnesota Multiphasic Personality Inventory, MMPI. Diagnostische Interviews wurden nur vereinzelt eingesetzt und waren nicht standardisiert. ¾ltere Studien besaûen keine einheitliche Definition von Übergewicht oder Adipositas. Je nach Studie wurden Probanden mit 20 ± 100 % über dem Idealgewicht als übergewichtig definiert [14]. Zwar erreichten manche Studien eindrucksvolle Stichproben von mehr als tausend Probanden, die Untersucher waren jedoch nicht selten ¹field workersª, die über keinerlei qualifizierte diagnostische Ausbildung verfügten [112,136]. Stunkard u. Wadden kommen bei der Beurteilung der Studien der 60er bis 80er Jahre zu dem Ergebnis, dass sich übergewichtige und mäûig adipöse Menschen hinsichtlich psychopathologischer Variablen von normalgewichtigen Probanden nicht grundsätzlich unterscheiden [146,155].
Psychologische Aspekte der Adipositas
Studien neueren Datums, wie die von ihrem Stichprobenumfang und Design anspruchsvolle schwedische Interventionsstudie Swedish Obese Subjects (SOS) [150], lassen im Vergleich zu Kontrollgruppen auf eine gröûere Psychopathologie insbesondere von adipösen Frauen, schlieûen, wobei Angst und Depression im Vordergrund stehen. Margraf u. Mitarb. [108] (2000) untersuchten im Rahmen einer prospektiv angelegten analytisch-epidemiologischen Studie 2063 junge Frauen in Dresden. Ziel der Studie war neben der Erfassung der Prävalenz und Inzidenz der wichtigsten psychiatrischen Störungen die Ermittlung von Risiko- und Schutzfaktoren, die die Entstehung von pychischen Störungen beeinflussen. Ein strukturiertes klinisches Interview diente der Erhebung zuverlässiger Diagnosestellungen nach DSM-IV [5]. Ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Häufgkeit psychischer Störungen und dem BMI konnte beobachtet werden. Mehr als die Hälfte der adipösen Frauen erfüllte die Kriterien einer psychischen Störung (lifetime), wobei Angststörungen in der untersuchten Stichprobe am häufigsten auftraten, gefolgt von affektiven Störungen.
In den 50er Jahren etablierte sich die Sichtweise, Adipositas als eine Störung der Persönlichkeit anzusehen, die auf einen Mangel in der von Freud postulierten oralen Phase zurückgeht. Der so genannte orale Charakter als ein Persönlichkeitstyp ist bei adipösen Menschen gekennnzeichnet durch eine Unbefangenheit in sozialen Beziehungen bei gleichzeitiger passiver Abhängigkeit, einem übermäûigen Bedürfnis nach Zuwendung und Gefühlen von Minderwertigkeit. Auch wurde Essen, unter anderem im Sinne einer psychologischen Abwehr, als eine Regression und damit einer Möglichkeit zur Bewältigung negativer Gefühle, wie z. B. Angst und Depression, gesehen [121]. Demgegenüber beschrieb Bruch [29, 30] auch sekundäre, sich aus der Adipositas und frustraner Gewichtsreduktionsmaûnahmen ergebender, psychopathologische Aspekte. In den vergangenen Jahrzehnten haben vielfache Bemühungen stattgefunden, psychologische Unterschiede zwischen adipösen und normalgewichtigen Probanden empirisch nachzuweisen.
Studien in der Normalbevölkerung Die Frage von trait und state bei psychischen Merkmalen der Adipositas wird in der Literatur kontrovers diskutiert, hat sich aber in den letzten Jahren zu sekundären Aspekten verschoben [146,155]. Schon in den 60er Jahren ergaben die Studien von Moore et al. [112] in den Vereinigten Staaten und Silverstone et al. [129] in Groûbritannien keinen Hinweis auf eine ausgeprägtere Psychopathologie adipöser Menschen gegenüber Normal- oder Übergewichtigen. Die Beobachtungen von Moore und Silverstone konnten von fünf weiteren gröûeren europäischen epidemiologischen Studien mit Stichproben von mindestens 500 Probanden bestätigt werden [47, 64, 65, 97]. Die Studien von Crisp u. McGuiness [38] und Stewart u. Brook [136] lieûen sogar auf eine geringere Ausprägung psychischer Probleme bei adipösen gegenüber normalgewichtigen Probanden schlieûen. Demgegenüber rangierten in der Midtown-Studie [54] adipöse Probanden im Vergleich zu Normalgewichtigen in sieben von acht psychopathologischen Indizes höher
Kontrollierte Studien Wie Wadden u. Stunkard in ihrer Übersichtsarbeit 1985 herausstellten [155], ergab die Mehrzahl bisheriger unkontrollierter Studien keinen Anhalt für eine ausgeprägtere Psychopathologie adipöser Menschen, wobei Ergebnisse der SOS-Studie [150] und der Studie von Margraf et al. [108] noch nicht rezipiert werden konnten. Was einzelne psychologische Merkmale anbelangt, so verwiesen die Autoren auf eine eher inkonsistente Datenlage, was sie auf die Heterogenität der untersuchten Stichproben adipöser Menschen zurückführten. Umso mehr stellte sich die Notwendigkeit der Analyse kontrollierter Studien, was Friedman u. Brownell 1995 [49] in ihrer beachtlichen Metaanalyse kontrollierter Studien an adipösen Menschen mit dem Anliegen einer Gewichtsreduktion unternahmen. Die Metaanalyse von insgesamt sechs kontrollierten Studien [23, 33, 46, 63,101,127] hinsichtlich psychopathologischer Aspekte und/oder psychiatrischer Komorbidität ergab Hinweise sowohl auf eine höhere lifetime-Prävalenz von affektiven Störungen und Angststörungen als auch einer ausgeprägteren
340 PPmP Psychother Psychosom med Psychol 2001; 51 Tab. 3
Herpertz S et al
Studien zur Prävalenz von psychiatrischen Störungen bei Individuen mit Adipositas permagna (BMI > 40 kg/m2) (Black et al. 1992).
Autor
Jahr
n
Erhebung
Persönlichkeitsstörung (%)
affektive Störung (%)
andere Störungen
Mendelson et al.
1961
25
med./psychiatr. Klinik
Fink et al.
1962
31
psychosom. Klinik
55
Reivich et al.
1962
30
psychosom. Klinik
Atkinson u. Ringuette
1967
21
±
Swanson u. Dinello
1970
25
endokrinol. Studie
49
±
Alkoholismus
Kalucy u. Crisp
1974
20
chir. Behandl.
±
80
Angststörung Alkoholismus Tablettenabhängigkeit Æ Diagnose
(%)
Zyklothymie Schizophrenie Angststörung Alkoholismus
4 4 4 4
58
Schizophrenie Æ Diagnose
10 3
63
17
Angststörung Æ Diagnose
3 13
67
62
Angststörung Konversion Alkoholismus psychosom. Störung Schizophrenie
24 5 5 5 5 4 25 20 10 15
Castelnuovo-Tedesco u. Schiebel
1975
12
chir. Behandl.
83
8
±
±
Webb et al. 1976
1976
70
chir. Behandl.
83
0
Psychoneurose Psychose Æ Diagnose
11 1 9
Wise u. Fernandez
1979
24
chir Behandl.
±
8
Æ Diagnose
92
Halmi et al.
1981
80
chir. Behandl.
±
29
Axe I (DSM III) Axe I & II Æ Diagnose
48 50 50
Hutzler et al.
1981
102
chir. Behandl.
15
13
Eheprobleme Alkoholismus Hysterie schizoaffektive Störung Æ Diagnose
10 1 1 1 58
Gentry et al.*
1984
33
chir. Behandl.
±
12
Alkoholismus Hysterie Angststörung mentale Retardierung
6 3 1 1
Dubovsky et al.
1985
52
chir. Behandl.
±
69
Alkoholismus mentale Retardierung
2 2
Black et al.*
1989
38
chir. Behandl.
40
±
±
Larsen*
1990
103
chir. Behandl.
22
8
Angststörung somatoforme Störung Anpassungs-Störung mentale Retardierung Æ Diagnose
14 2 15 1 55
Black et al.**
1992
88
chir. Behandl.
72
31
Angststörung Bulimie Nikotinabhängigkeit
48 8 41
Sansone et al.**
1995
61
amb. Versorg.
7 ± 25***
±
±
±
±
* Diagnostisches Interview, ** Diagnostisches Interview und Kontrollgruppe, *** Borderline-Persönlichkeitsstörung
bulimischen Symptomatik adipöser Probanden gegenüber den jeweiligen Kontrollgruppen. Friedman u. Brownell [49] verweisen auf hochselektionierte Stichproben einzelner Studien, deren Ergebnisse somit nicht als repräsentativ zu bewerten sind. Insbesondere der Vergleich von adipösen Probanden mit dem Anliegen einer chirurgischen Gewichtsreduktionsmaûnahme mit gesunden Probanden erscheint problematisch. Die kleine Anzahl von Studien, die klinische Kontrollgruppen, etwa Patienten allgemeinchirurgischer Kliniken, verwandten
[72, 79, 86], konnte nicht zuletzt aufgrund unterschiedlicher Messparameter und Messinstrumente von Friedman u. Brownell [49] in ihrer Metaanalyse nicht berücksichtigt werden. Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Metaanalyse von Friedman u. Brownell [49], dass adipöse Menschen (BMI > 30 kg/ m2) mit dem Anliegen einer Gewichtsreduktion im Vergleich zu normalgewichtigen Probanden eine gröûere psychiatrische Komorbidität aufweisen.
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Psychosomatische Aspekte der Adipositas Die Ergebnisse von Studien an Menschen mit Adipositas permagna (BMI > 40 kg/m2) [14, 22, 23, 59, 96] sprechen für eine erhebliche psychiatrische Komorbidität dieser klinischen Stichproben im Vergleich zu Normalgewichtigen, wobei affektive Störungen, Angststörungen, Essstörungen und Persönlichkeitsstörungen im Vordergrund stehen [23]. Tab. 3 gibt eine Übersicht der Studien zur psychiatrischen Komorbidität von klinischen Stichproben mit Adipositas permagna. Die Mehrzahl dieser Studien kann jedoch nicht als repräsentativ angesehen werden und wird heutigen methodischen Standards nicht mehr gerecht.
Lebensqualität Der Begriff der Lebensqualität besitzt keine allgemeingültige Definition. Am ehesten ist er synonym der subjektiven Wertschätzung der Lebenszufriedenheit eines Individuums, wobei in Anbetracht seiner Bedürfnisse und Erwartungen diese Wertschätzung immer ein relatives Maû darstellt. Die Lebensqualität eines Individuums ist abhängig von vielfältigen Faktoren, u. a. von seinem seelischen Befinden und seinen körperlichen Funktionen wie auch von seinem sozialen Umfeld. Das Problem der Lebensqualitätsmessung besteht im Fehlen von Standards, um zu entscheiden, was klinisch relevante Veränderungen ausmacht [135,149], so dass die Sensitivität von Messverfahren von Lebensqualität problematisch ist. Auch die Spezifität der Messinstrumente im Bereich der Adipositasforschung dürfte insbesondere im deutschen Sprachraum ein Problem darstellen. In klinischen Studien wird meist die so genannte ¹gesundheitsbezogene Lebensqualitätª (health related quality of Life; HRQL) gemessen, die in Anlehnung an den Gesundheitsbegriff der WHO, konsensgemäû das physische und psychische Wohlbefinden, die Alltagsfunktionsfähigkeit, die soziale Einbindung und bestimmte Umweltfaktoren, wie z. B. den Zugang zu materiellen Ressourcen, umfasst [31]. Die Mehrzahl bisheriger Arbeiten stützte sich bei der Bewertung der Lebensqualität von Adipösen auf die Zusammenschau von sozialen Stressoren (soziale Diskriminierung) und gesundheitsbezogener Lebensqualität (Health Related Quality of Life, HRQL). So wurden in der SOS-Studie [150] psychosoziale Messparameter verwandt, die vergleichende Aussagen zur Lebensqualität zulassen. Demnach schätzten adipöse Probanden im Vergleich zu mäûig Adipösen und groûen amerikanischen Zufallsstichproben ihren Gesundheitszustand als schlechter ein, Emotionen wie Angst und Depression wurden im VerTab. 4
gleich zu Stichproben mit anderen neurologischen und internistischen chronischen Krankheiten häufiger genannt und als subjektiv belastender gewertet. Ebenso stellten sich Probleme im psychosozialen Umfeld gravierender dar. Rössner [124] wertet das permanente Diätverhalten Adipöser, mittels dessen sie den gesellschaftlichen Gewichtsstandards zu entsprechen versuchen, als gröûere Belastung, verglichen mit der Erfahrung der Andersartigkeit und des Ausgeschlossenseins.
Adipositas und Essstörungen Der oben aufgeführte Begriff der ¹psychogenen Adipositasª verweist auf eine Dominanz emotionaler Faktoren in der Genese der Adipositas, was sich am überzeugendsten am Beispiel des Syndroms nächtlichen Essens (Night Eating Syndrom) und an der Binge Eating Störung (Binge Eating Disorder, BED) aufzeigen lässt. Entsprechend den Kriterien des DSM-IV [5] wurde die Binge Eating Störung als vorläufige Subgruppe der Nicht Näher Bezeichneten Essstörung (Eating Disorder Not Otherwise Specified, EDNOS) definiert. Während das Syndrom nächtlichen Essens charakterisiert ist durch Anorexie am Morgen, Hyperphagie am Abend und Schlaflosigkeit [15,140], zeichnet sich die Binge Eating Störung ähnlich der Bulimia nervosa durch einen Kontrollverlust der Nahrungsaufnahme aus, lässt jedoch ein auûergewöhnliches Kontrollverhalten gegenüber Körperfigur und -gewicht, wie es die Diagnose der Bulimia nervosa vorschreibt, vermissen [133,134]. Von daher sind Patienten mit Binge Eating Störung im Gegensatz zu den in der Regel ¹idealgewichtigenª bulimischen Patienten häufig übergewichtig oder adipös, was die klinische wie auch wissenschaftliche Relevanz dieser Subgruppe innerhalb der Nicht Näher Bezeichneten Essstörung ausmacht. Tab. 4 u. 5 geben einen Überblick über die Prävalenz der Binge Eating Störung in unterschiedlichen Stichproben. Wir selber [73 ± 77] fanden in unserer Untersuchung zur Komorbidität von Diabetes mellitus und Essstörungen bei 322 Typ-2-Diabetikern mit einem mittleren BMI von 29,7 kg/m2 eine Prävalenz der Binge Eating Störung von 5,9 ± 7,8 %. Die Bedeutung des gezügelten Essverhaltens als wichtiger pathogenetischer Faktor in der Entstehung einer Bulimia nervosa dürfte weitgehend als gesichert gelten. Im Hinblick auf die Binge Eating Störung dürften noch keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen, zumal in schätzungsweise nur der Hälfte der Fälle von Binge Eating Störung Diätverhalten (gezügeltes Essverhal-
Epidemiologische Studien zur Punktprävalenz der ¹Binge Eating Störungª. ¹Binge Eating Störungª
Binge Eating Verhalten*
in der Normalbevölkerung Spitzer et al. (USA, 1992)
2,0 %
Spitzer et al. (USA, 1993)
4,6 %
Bruce u. Agras (USA, 1992)
1,8 %
Spitzer et al. (USA, 1995)
3,0 %
Basdevant et al. (Frankreich, 1995)
0,7 %
Robertson u. Palmer (UK, 1997)
1,3 %
in der Normalbevölkerung bei Menschen mit Adipositas (> 30 kg/m2) Spitzer et al. (USA, 1992) Bruce u. Agras (USA, 1992)
4,4 % 10,0 %
* Das Kriterium ¹emotional distressª, entsprechend den Kriterien des DSM-IV (APA 1994), fehlt
6,3 %
24,0 %
342 PPmP Psychother Psychosom med Psychol 2001; 51 Tab. 5 Binge Eating Störung bei Teilnehmern von institutionalisierten Gewichtsreduktionsmaûnahmen Loro u. Orleans (1981)
22,0 %
Marcus et al. (1985)
46,0 %
Spitzer et al. (1992, 1993)
30,0 ± 70 %
de Zwaan, Nutzinger, Schoenbeck (1992)
34,4 %
Brody, Walsh u. Devlin (1994)
18,0 %
Basdevant et al. (1995) Robertson u. Palmer (1997) Varnado et al. (1997) Wilson et al. (1993)
9,0 ± 15,0 % 13,0 % 1,7 ± 7,3 % 18,2 %
Binge Eating Störung bei Patienten mit Wunsch nach einer operativen Adipositastherapie Adami et al. (1995)
46,0 %
Kalarchian et al. (1996)
39,0 %
Binge-Eating Störung bei Typ-2-Diabetikern Herpertz et al. (1999a, 1999b, 2000a, 2000b)
5,9 ± 7,8 %
ten) der Essstörung vorausgeht [1]. Während bei der Anorexia und Bulimia nervosa Frauen im Vergleich zu Männern ungefähr 10-mal häufiger betroffen sind, sind bei der Binge Eating Störung keine gröûeren Geschlechtsunterschiede zu beobachten [134]. Adipöse Menschen mit Binge Eating Störung weisen gegenüber nichtessgestörten Adipösen eine hohe Prävalenz psychosomatischer/psychiatrischer Störungsbilder [23,169] mit Prädominanz der affektiven Störungen auf [105,106]. Ihre durchschnittliche Kalorienaufnahme ist auch auûerhalb eines Heiûhungeranfalls erhöht [170]. In ihrer Anamnese finden sich groûe Gewichtsschwankungen im Wechsel mit Phasen strengen Diätverhaltens [26], die katamnestischen Untersuchungen deuten eher auf eine schlechte Prognose hinsichtlich einer dauerhaften Gewichtsabnahme [107] hin.
Herpertz S et al die therapeutischen Bemühungen immer mehr auf die Erhaltung dieser Gewichtsreduktion konzentrieren [100]. Die Langzeitergebnisse der Adipositasbehandlung stimmen nicht optimistisch. So führen Goodrick u. Foreyt [56] an, dass nur 5 % aller Teilnehmer an konservativen Gewichtsreduktionsmaûnahmen einen signifikanten und dauerhaften Erfolg vorweisen können. Langzeiterfolge durch die Kombination von niedrigkalorischen Formulardiäten und Verhaltenstherapie liegen nach Ansicht der Autoren bei 10 %.
Psychoanalytische Therapie Zahlreiche Therapiestudien zu psychotherapeutischen Ansätzen im Rahmen der Adipositastherapie sind in der Vergangenheit publiziert worden und entstammen vornehmlich der Verhaltenstherapie. Genuin psychoanalytische Verfahren haben sich nur bedingt bewährt, was durch die Tatsache begründet sein mag, dass diese Verfahren auf das Essverhalten nur indirekt einwirken, wenn sie neurotische Konflikte zu bearbeiten versuchen. Gleichwohl konnten Rand u. Stunkard [120] in ihrer Untersuchung von adipösen Patienten in psychoanalytischer Behandlung aufzeigen, dass nach einem Beobachtungsintervall von 1,5 Jahren die durchschnittliche Gewichtsreduktion dieser Patienten die damaligen Ergebnisse verhaltenstherapeutischer Interventionen [142,161] übertraf und nach vier Jahren bei einer niedrigen drop-out-Rate bemerkenswert stabil blieben. Therapievergleiche wären allerdings nur durch kontrollierte Studien denkbar. Die Länge und die Dosis psychoanalytischer Verfahren lassen jedoch in Anbetracht der zunehmenden epidemiologischen Bedeutung der Adipositas und der damit verbundenen Kosten ¹flächendeckendeª Überlegungen nicht zu. Gleichwohl zeigt die Studie, dass auch andere nicht auf das Essverhalten bezogene Wirkprinzipien, wie etwa die Bearbeitung neurotischer Konflikte, zu einschneidenden Veränderungen im Hinblick auf interpersonelle Konflikte, Akzeptanz des eigenen Körpers und Selbstwertgefühl führen, was wiederum Veränderungen des Essverhaltens zur Folge hat.
Verhaltenstherapie Therapie der Adipositas
Konservative Behandlung der Adipositas ± Verlaufsstudien Gemäû den Richtlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft [41] besteht für die Adipositas (BMI > 30 kg/m2) grundsätzlich eine Indikation zur Behandlung. Eine Indikation ist aber auch bei Übergewicht (BMI 25 ± 30 kg/m2) und Vorliegen übergewichtsbedingter Gesundheitsstörungen, Verschlimmerung einer Krankheit durch Übergewicht, einem abdominalen Fettverteilungsmuster und schlieûlich psychosozialen Problemen gegeben. Eckpfeiler der Adipositasbehandlung ist in der Regel eine Ernährungsumstellung, eine ¾nderung des Essverhaltens, eine Steigerung der körperlichen Aktivität und verhaltenstherapeutische Interventionen [66, 68,166]. Eine abschlieûende Beurteilung des Stellenwerts von Pharmaka in der Adipositastherapie wie das Sibutramin (Reduktil) oder der Lipasehemmstoff Orlistat (Xenical) steht noch aus [2, 25]. Die Behandlungsziele der Adipositas haben sich in den letzten Jahren radikal geändert nicht zuletzt durch die Erkenntnis, dass eine Gewichtsabnahme um 10 % oder weniger ausreicht, um eine Reduktion der adipositasassoziierten Risikofaktoren zu bewirken [147,162,164,165]. Nicht etwa das ¹Idealgewichtª wird angestrebt, sondern ein Gewichtsverlust von 5 ± 10 %, wobei sich
Entsprechend den Leitlinien der Deutschen Adipositasgesellschaft [41] stellt die Verhaltenstherapie neben diätetischen Maûnahmen und körperlicher Aktivität ein etabliertes Therapieelement dar. Wilson u. Brownell bewerteten 1980 [159] in einer Übersichtsarbeit 17 kontrollierte Studien zu verhaltenstherapeutisch orientierten Gewichtsreduktionsmaûnahmen, die zwischen 1971 und 1979 durchgeführt wurden. Demnach betrug der durchschnittliche Gewichtsverlust am Ende der Behandlung mit einer durchschnittlichen Dauer von 12,8 Wochen 11,4 lbs (~ 5,2 kg). Schon nach einem Jahr zeigten zahlreiche Studien enttäuschende Ergebnisse im Hinblick auf die Erhaltung der erreichten Gewichtsreduktion. Bei den meisten Patienten, die ihr reduziertes Gewicht halten konnten, lieû sich keine weitere Gewichtsabnahme beobachten. Bei den wenigen damals vorliegenden Studien mit einem Katamnesezeitraum von mehr als einem Jahr lieû sich bei vielen Patienten eine Gewichtszunahme beobachten [11, 58,142]. Sieben Jahre später beschrieben Brownell u. Jefery [27] wesentliche Verbesserungen der mittels Verhaltenstherapie erreichten durchschnittlichen Gewichtsreduktion von 3,9 kg im Jahr 1974 auf 7,0 kg 1984 und 10,0 kg 1986. Mehrere Studien neueren Datums konnten Gewichtsreduktionen von 11,6 ± 13,6 kg aufzeigen [85,116,145]. Wing [163] führt folgende mögliche Erklä-
Psychosomatische Aspekte der Adipositas rungen auf: längere Behandlungszeiten neuerer Therapiekonzepte von durchschnittlich 16,7 Wochen, ein höheres Durchschnittsgewicht der Patienten, wobei das Ausmaû der Gewichtsabnahme vom Initialgewicht abhängig zu sein scheint [113] und schlieûlich eine Intensivierung der VT-Programme.
Leitlinien 1998 veröffentlichte das National Heart, Lung, and Blood Institute (NHLBI) [114] in Kooperation mit dem National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases Leitlinien zur Behandlung der Adipositas, basierend auf den Kriterien der Evidence-Based Medicine [37]. Insgesamt wurden 394 ausschlieûlich randomisierte kontrollierte Studien berücksichtigt. Im Hinblick auf die Verhaltenstherapie wurde den Fragen nachgegangen, ob sie neben anderen Gewichtsreduktionsmaûnahmen wie Diät, körperliche Aktivität und Pharmakotherapie einen zusätzlichen Gewinn darstellt und ob sich die einzelnen verhaltenstherapeutischen Strategien hinsichtlich ihrer Effektivität unterscheiden. Die Auswertung von 36 randomisierten kontrollierten Studien konnte einen zusätzlichen Effekt der Verhaltenstherapie im Hinblick auf eine Gewichtsreduktion innerhalb eines Beobachtungszeitraums von einem Jahr aufzeigen. Dieser Effekt bleibt jedoch nach längeren Beobachtungsintervallen von drei bis vier Jahren aus. Auf die klinische Praxis bezogen nahm die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer von Gewichtsreduktionsmaûnahmen mit verhaltenstherapeutischem Schwerpunkt nach Beendigung der Intervention wieder auf das Ausgangskörpergewicht zu. Die einzelnen verhaltenstherapeutischen Interventionen zeigten keine unterschiedlichen Effekte, im Gegenteil sprechen sich die Leitlinien für multimodale Behandlungsstrategien aus. So beinhalten gängige multimodale Therapiekonzepte initial eine Gewichtsabnahmephase mittels Formulardiäten, strukturierte Trainingsangebote und die Vermittlung neuerer Konzepte zur Verhaltensmodifikation, insbesondere im Hinbick auf die Rückfallprophylaxe. Die Analyse verhaltenstherapeutischer Konzepte zur Adipositastherapie durch Bennett [12] konnte sechs Therapievariablen identifizieren, die für einen Therapieerfolg ausschlaggebend waren: Behandlungsdauer, Erfahrung des Therapeuten, Häufigkeit des Patient-Therapeut-Kontaktes, praktische Übungen und Einbeziehung der Familie. Das Therapiekonzept von Björvell u. Rössner [20], welches sich weitgehend auf diese Therapievariablen stützte, erbrachte bei Patienten mit einem Durchschnitts-BMI von 41 kg/m2 und Katamneseintervallen von vier und zehn Jahren (Rücklaufquote 71 %) eine durchschnittliche Gewichtsreduktion von 11,7 kg nach vier Jahren, die auch nach zehn Jahren ohne weitere Therapiemaûnahmen weitgehend konstant blieb [21]. Die Behandlung der ¹psychogenen Adipositasª, also der Subgruppe adipöser Menschen, bei denen pathogenetisch eine psychiatrische Komorbidität im Vordergrund steht, wie Binge Eating Störung, affektive und Angststörungen, machen differenziertere Therapiekonzepte notwendig, die sowohl auf die Behandlung der psychischen Störung abzielen als auch symptomzentriert eine Normalisierung der Ernährung und zumindest mittelfristig eine Gewichtsreduktion herbeiführen. Neben genuin verhaltenstherapeutischen Therapiestrategien wird zunehmend der Versuch unternommen, verhaltenstherapeutische und psychoanalytische Therapieelemente [78] zu integrieren, wobei entsprechend dem Störungsmodell der Verhaltenstherapie die Behandlung mehr symptomzentriert und auf
PPmP Psychother Psychosom med Psychol 2001; 51 343 die bewusstseinsfähigen Gedankeninhalte ausgerichtet ist, tiefenpsychologische Verfahren mehr die Einbettung gegenwärtiger Konflikte in die Lebensgeschichte berücksichtigen und unbewusste Phantasien einbeziehen.
Chirurgische Adipositastherapie Die chirurgische Behandlung der Adipositas gewinnt in den letzten Jahren nicht zuletzt in Anbetracht der ernüchternden Ergebnisse konservativer Maûnahmen bei Menschen mit Adipositas permagna (BMI > 40 kg/m2) [144] des sinkenden Operationsrisikos von derzeit 0,1 % in spezialisierten Zentren [110] und deutlicher Besserung fast aller medizinischer Risikofaktoren [60] für Psychiater, ¾rzte für psychotherapeutische Medizin und Psychologen zunehmend an Bedeutung. Adipöse Patienten mit dem Anliegen einer operativen Maûnahme werden diesen Berufsgruppen von Seiten der operierenden Kollegen präoperativ vorgestellt mit dem Ziel, einen psychopathologischen Befund, der den Operationserfolg infrage stellen könnte, auszuschlieûen. Auch für die Kostenträger ist eine eingehende psychologisch/psychiatrische Untersuchung immer mehr Voraussetzung für die Übernahme der Operationskosten. Diese Verfahrensweise birgt allerdings eine Vielzahl von gravierenden Problemen, von denen einige skizziert werden sollen: Entsprechende psychologische/psychiatrische Untersuchungen haben in der Regel nicht den Status einer Begutachtung, so dass sich die Frage nach der Qualität des Gutachtens und der Qualifikation des Gutachters nicht stellt. Monokausale, unidirektionale Erklärungsmodelle für psychische Störungen bei massiv adipösen Menschen greifen häufig zu kurz. Die Frage von State und Trait einer psychiatrischen Komorbidität setzt ein umfangreiches fachübergreifendes Wissen voraus und lässt sich häufig nur interdisziplinär in Kooperation mit Internisten und Chirurgen beantworten. In dem einen Fall würde eine Operation evtl. eine Verstärkung seelischer Probleme und eine erhebliche Störung der Compliance zur Folge haben, im anderen Fall würde sich bei dem zu erwartenden drastischen Gewichtsverlust nicht zuletzt durch Sistieren der sozialen Diskriminierung oder gewichtsbedingter chronischer Schmerzen des Stützapparates die depressive Störung rückläufig zeigen. Die Standardisierung einer präoperativen psychiatrischen/psychologischen Diagnostik und die Entwicklung wissenschaftlich begründeter Leitlinien im Hinblick auf differenzialindikatorische Entscheidungsprozesse sind dringend vonnöten. Die Stellungnahme medizinischer Dienste der Krankenkassen (MdK) [7] erscheint hier wenig wissenschaftlich fundiert und wird einer sachgerechten Indikationsstellung nicht gerecht. Entsprechend den Leitlinien der Deutschen Adipositasgesellschaft ist die Indikation für eine chirurgische Adipositastherapie erst bei einem BMI > 40 kg/m2, der mehr als drei Jahre besteht, möglich [82]. Von über 30 bisher beschriebenen OP-Verfahren haben sich drei Verfahrenskategorien herauskristallisiert, die heute gewöhnlich zur Anwendung kommen: die restriktiven Verfahren (Gastric Banding, Vertical Banded Gastroplasty [VBG], Silastic Ring Vertical Gastroplasty [SRVG]), den Gastric Bypass (GB) und die kombinierten Verfahren (Biliopancreatic Diversion [BPD], Distal Gastric Bypass [DGBP]). Zunehmende Verbreitung findet das laparoskopische ¹gastric bandingª. Die Restriktionsverfahren haben die Malabsorptionstechniken in den Hintergrund treten lassen, die aufgrund von Resorptions- und Assimilationsstörungen medizinische Komplikationen zur Konsequenz hatten. Erwähnt seien auch Kombinationen von Magenrestriktion mit Malabsorptions-
344 PPmP Psychother Psychosom med Psychol 2001; 51
Herpertz S et al
techniken wie der Roux-en-Y-Magen-Bypass oder der biliopankreatische Bypass. Von daher sind Studien zum psychosozialen outcome der operativen Adipositastherapie immer kritisch im Hinblick auf das gewählte OP-Verfahren zu werten. Durchschnittliche Gewichtsreduktionen von 30 ± 60 kg in den ersten beiden Jahren nach der Operation sind die Regel. Etwa 1 /6 verliert mehr als 75 % der überschüssigen Fettmasse, 2/3 mehr als 50 % [109,168]. Neben der Gewichtsreduktion ist eine deutliche Besserung des Fettstoffwechsels, der diabetischen Stoffwechsellage wie auch kardialer, pulmonaler und orthopädischer Funktionsparameter zu beobachten [117]. Gröûere prospektive Studien konnten mittlerweile auch den Effekt der chirurgischen Adipositastherapie auf psychosoziale Parameter nachweisen, wobei insbesondere Fragen der Lebensqualität zunehmend Gegenstand intensiver Forschung werden. So konnte die Adelaide Study [69] bei 240 von ursprünglich 310 operierten Patienten nach drei Jahren deutliche Verbesserungen im Hinblick auf Selbstbewusstsein, Sozialverhalten und Arbeitsplatzsituation nachweisen. In die gleiche Richtung wiesen die Ergebnisse der Norwegischen Untersuchung von Larsen [96] an 90 Männern und Frauen. Immerhin wiesen 20 ± 40 % der Patienten präoperativ eine psychiatrische Diagnose nach DSM-III [4] auf. Ein und drei Jahre postoperativ hatte die überwiegende Mehrheit der Patienten deutliche Fortschritte im Sozialverhalten gemacht, wozu insbesondere das Sexualleben dieser Patienten zählte. Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen die Beobachtung, dass die präoperativ diagnostizierte Psychopathologie in der Mehrzahl stateabhängige Merkmale darstellt, die sich postoperativ deutlich rückläufig zeigen. Patienten mit trait-Merkmalen wie Persönlichkeitsstörungen profitierten erwartungsgemäû nur wenig von der Operation. Die ersten Ergebnisse der Swedish Obese Subjects (SOS)-Studie, einer zur Zeit in Schweden durchgeführten kontrollierten prospektiven Interventionsstudie [131], weisen in die gleiche Richtung. In dieser Studie werden Patienten konservativer und chirurgischer Gewichtsreduktionsmaûnahmen an insgesamt 750 medizinischen Zentren im Hinblick auf Mortalität, Morbidität und psychosoziale Fragestellungen verglichen. Im Hinblick auf die Lebensqualität, die auf vier verschiedenen Ebenen (aktuelles Gesundheitsbefinden, psychisches
Wohlbefinden, affektive Störungen, soziale Interaktion) abgebildet wurde, schnitten chirurgische Patienten gegenüber Teilnehmern konservativer Gewichtsreduktionsmaûnahmen, abhängig von dem Ausmaû ihres Gewichtsverlusts nach zwei Jahren, deutlich besser ab [89]. Ergebnisse neuerer Studien scheinen diese Ergebnisse auch nach gröûeren Beobachtungszeiträumen zu replizieren [40, 83, 97]. Prävalenzraten von Persönlichkeitsstörungen bei Menschen mit Adipositas permagna und dem Anliegen einer chirurgischen Intervention schwanken je nach Studie zwischen 0 % [88] und 80 % [34]. Studien, die sich auf ein strukturiertes Interview stützen [22, 23, 96], zeigen Prävalenzraten zwischen 22 % und 39,5 % (Tab. 6). Diese Studien machen deutlich, dass eine eingehende psychiatrisch/psychosomatische Diagnostik bei adipösen Patienten mit dem Anliegen einer chirurgischen Maûnahme notwendig ist, wobei die Diagnose einer psychiatrischen Störung die Indikation für eine Adipositaschirurgie nicht von vornherein ausschlieût, sondern auch prä- und postoperative psychotherapeutische Behandlungsangebote notwendig erscheinen lässt. Weitere Erfahrungswerte sind allerdings vonnöten, um in Kooperation mit Internisten und Chirurgen und in Abwägung konservativer Maûnahmen, möglicher Folgeerkrankungen, der Compliance und der Lebensqualität ein differenzielles Therapieangebot machen zu können.
Resümee Kürzlich wurde die Adipositas als Pandemie des neuen Millenniums bezeichnet [151]. Die Welt stellt sich paradox dar: In den USA sind mehr als ein Drittel der Bevölkerung übergewichtig. Millionen von Menschen quälen sich mit Diäten, Medikamenten und Fitnessübungen, um eine Gewichtsabnahme zu erreichen. Auf der anderen Seite können in der gleichen Gesellschaft mehr als 20 Millionen Menschen ihren täglichen Energiebedarf nicht decken. Von daher liegt die Annahme eines gesellschaftlichen Problems und weniger eines individuellen Problems nahe. Insbesondere Zwillingsuntersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass der Genetik in der ¾tiologie der Adipositas
Tab. 6 Studien zur Prävalenz von psychiatrischen Störungen (%) bei Individuen mit Adipositas permagna (BMI > 40 kg/m2) und dem Anliegen einer chirurgischen Intervention. Autor
Jahr
n
Erhebungsinstrument
Persönlichkeitsstörung
affektive Störungen 80
Kalucy u. Crisp
1974
20
Fragebogen
n. u.
Castelnuovo-Tedesco u. Schiebel
1975
12
Fragebogen (u. a. MMPI)
83
8
Wise u. Fernandez
1979
24
unstrukt. Interv.+ Frageb.
n. u.
8
unstrukt. Interv. + MMPI
15
13
strukt. Interv.+ + MMPI
n. u.
12
Hutzler et al.
1981
102
Gentry et al.
1984
33
Dubovsky et al.
1985
52
unstrukt. Interview
n. u.
69
Gertler u. Ramsey-Stewart
1986
153
unstrukt. Interview
3
30
Black et al.
1989
38
Larsen et al.
1990
103
Webb et al.
1990
Black et al.
1992
+
strukt. Interview*, **
40
unstrukt. Interview
22
Æ unters.
70
MMPI
83
0
88
strukt. Interview*
72
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8
Clinical Analysis Questionnaire (CAQ); * National Institute of Mental Health Diagnostic Interview Schedule (DIS); Personality Diagnostic Questionnaire (PDQ), Structured Interview for DSM-III Personality Disorders; ** Personality Diagnostic Questionnaire ± revised (PDQ-R), Diagnostic Interviw for Borderlines (DIB)
PPmP Psychother Psychosom med Psychol 2001; 51 345
Psychosomatische Aspekte der Adipositas ein nicht unerheblicher Stellenwert eingeräumt werden muss, umgekehrt unterstreicht die rasche Gewichtszunahme in den meisten Industrienationen umweltassoziierte Faktoren. Psychische Aspekte als alleinige oder vornehmliche Erklärung der Adipositas greifen sicherlich zu kurz, und es besteht die Notwendigkeit, den häufig inflationär gebrauchten Begriff der psychogenen Adipositas restriktiver zu handhaben. Dennoch hat der Begriff im Hinblick auf eine Subgruppe adipöser Menschen, bei der psychische Probleme zu einer Veränderung des Ess- und Bewegungsverhaltens mit anhaltender positiver Energiebilanz führen, seine Berechtigung. Insbesondere der psychogenen Adipositas kann nur mit einem multidimensionalen Behandlungskonzept begegnet werden, in das neben genuin psychotherapeutischen Therapieelementen und diätetischen Maûnahmen auch die Motivation zur körperlichen Aktivität einflieûen muss. Letztere ist aber nur auf dem Hintergrund eines ausreichenden Selbstbewusstseins denkbar, welches untrennbar mit der Akzeptanz des eigenen Körpers verbunden ist. Menschen mit psychogener Adipositas, insbesondere einer Essstörung wie der Binge Eating Störung, haben in der Regel an einer Vielzahl von frustranen Gewichtsreduktionsmaûnahmen teilgenommen, so dass eine erneute restriktive Ernährung wenig Sinn macht. Vielmehr sollte die Behandlung primär das Ziel verfolgen, sowohl das gestörte Essverhalten als auch die psychischen Probleme zu bearbeiten, was in der Regel eine Gewichtsreduktion auch bei normokalorischer Ernährung nach sich zieht.
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346 PPmP Psychother Psychosom med Psychol 2001; 51 35
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38
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PD Dr. med. Stephan Herpertz Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik Rheinische Kliniken Essen Virchowstraûe 174 45147 Essen E-mail:
[email protected]
STELLUNGNAHME
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des Vorstandes des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin (DKMP e. V.) zur Integration Psychosomatischer Grundkompetenz in die Facharztausbildung Auf dem Deutschen ¾rztetag 1994 wurde die Integration einer psychosomatischen Grundkompetenz in alle klinischen Facharzt-Curricula beschlossen. Seitdem gibt es verschiedene begrüûenswerte, aber auch sehr unterschiedliche Initiativen seitens der wissenschaftlichen Fachgesellschaften und der Weiterbildungskommissionen der Landesärztekammern, diese Weiterbildungsordnung in die Praxis umzusetzen. Der 104. Deutsche ¾rztetag 2001 hat sich nun wiederum mit der Weiterbildung befasst. Die Delegierten wurden dringend gebeten, den so genannten Paragraphenteil, der die Struktur der Weiterbildung enthält, zunächst nur als Arbeitsgrundlage zu betrachten, da die Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer Bereiche, Schwerpunkte und Befähigungsnachweise erst noch erarbeiten müssen. Die Weiterbildungsordnung sei nicht nur eine ¹Bildungsordnungª, sondern bestimme auch wesentlich die Strukturen und das Angebot ärztlicher Versorgung. Es gibt also weiterhin Klärungs- und Definitionsbedarf. Als für den Bereich Psychosomatik zuständige wissenschaftliche Fachgesellschaft ist es uns in Abstimmung mit anderen Fachgesellschaften der psychosomatischen und psychotherapeutischen Medizin A¾GP, AIM und DGPM ein Anliegen, die Qualität dieses Weiterbildungsmoduls nach einheitlichen Maûstäben zu sichern. Eine Kommission des DKPM hat unter Vorsitz von Prof. Dr. U. T. Egle (Universität Mainz) bereits vor einiger Zeit ein entsprechendes Curriculum entwickelt. Das DKPM fordert die Vermittlung psychosomatischer Grundkompetenz in der Facharztweiterbildung nach einem Mindeststandard in 50 Stun-
PPmP Psychother Psychosom med Psychol 2001; 51 349 den. Dem Konzept der Kommission zufolge umfasst das 50stündige Curriculum folgende Teile: 1. 10 Stunden allgemeine psychosomatische Theorievermittlung: z. B. ätiopathogenetische Modelle psychischer und psychosomatischer Störungen, diagnostische Grundlagen, depressive und Angsterkrankungen, Sucht, somatoforme und Konversionsstörungen, Krankheitsverarbeitung und Anpassungsstörungen, Psychosen, Borderline- und andere Persönlichkeitsstörungen 2. 10-mal 3 Stunden praktische Übungen in Gesprächsführung in Kleingruppen zur Gesprächsführung bei verschiedenen Patientengruppen bzw. Problemfeldern: Themenkatalog: Erheben einer biografischen bzw. psychosozialen Anamnese, Wahrnehmung von Interaktionsverhalten, lösungsorientierte Gesprächsführung, Aufklärungsgespräch bei schwer wiegender Tumorerkrankung, Betreuung von Tumorpatienten, Aufklärungsgespräch bei funktioneller Störung, Vorbereitung einer Überweisung zum Psychosomatiker/Psychotherapeuten/Psychiater, Betreuung Suchtkranker, Sexualanamnese und -beratung, präoperatives Aufklärungsgespräch, Umgang mit Kindern bei schmerzhaften Interventionen, Aufklärungsgespräch mit nahen Angehörigen 3. Weitere 10 Stunden dienen zur fachspezifischen Vermittlung psychosomatischen Wissens in: Innerer Medizin, Radiotherapie, Allgemeinmedizin, Anästhesiologie, Orthopädie, Unfallchirurgie, Neurochirurgie, Neurologie, Ophthalmologie, HNO, MKG-Chirurgie, Gynäkologie, Urologie, Viszeralchirurgie, HTG-Chirurgie, Transplantationschirurgie, Dermatologie Dieses Konzept berücksichtigt die unterschiedlichen Anliegen der verschiedenen Fachgebiete. Es baut auf die Vermittlung von Wissen und nicht auf ¹aufgezwungeneª Selbsterfahrung. Es ist mit den Weiterbildungskatalogen verschiedener Fachgesellschaften, die sich mit der psychosomatischen Grundversorgung befassen, kompatibel und stellt hierfür einen Baustein dar. Anders als in der Facharztordnung ist das Ziel der Weiterbildung in psychosomatischer Grundversorgung, als niedergelassener Arzt psychosomatisch zu arbeiten und die KV-Bedingungen zur Abrechnung der EBM Ziffern 850 und 851 zu erfüllen. Der Vorstand des DKPM: Dr. M. Broda (Bad Bergzabern), Prof. Dr. W. Eich (Heidelberg), Prof. Dr. P. Joraschky (Dresden), Prof. Dr. J. Küchenhoff (Basel), PD Dr. C. Scheidt (Freiburg), Prof. Dr. B. Strauû (Jena), Dr. A. Zintl-Wiegand (Mannheim)