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Hans-Georg Elias
Makromolekule Band 2: Physikalische Strukturen und Eigenschaften
@WILEY-VCH
Hans-Georg Elias
Makromolekule Sechste, vollstandig uberarbeitete Auflage
Band 1: Chemische Struktur und Synthesen Band 2: Physikalische Strukturen und Eigenschaften Band 3: Rohstoffe, Industrielle Synthesen, Polymere Band 4: Anwendungen
Hans-Georg Elias
Makromolekule Band 2 Physikalische Strukturen und Eigenschaften Sechste, vollstandig iiberarbeitete Auflage
@WILEY-VCH Weinheim . New York . Chichester . Brisbane . Singapore .Toronto
Prof. Dr. Hans-Georg Elias Michigan Molecular Institute 1920 W. St. Andrews Rd. Midland. MI 48640 USA
Das vorliegende Werk wurde sorgfaltig erarbcitet. Dennoch ubernehmen Autor und Verlag fur die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlagen sowie fur eventucllc Druckfehler keine Haftung.
1.Auflage 1971 2.. uberarbeitete Auflage 1972 3., uberarbeitete und erweitcrtc Auflage 1975 4.. uberarbeitete und erweiterte Auflage 19x1 S.,iiberarbeitete und erweiterte Auflage: Band I : 1990 Band 2: 1092 6.. vollstandig uberarbeitete und erweitertc Auflage: Band 1: 1990 Band 2: 2001 Bande 3 und 4: in Vorbcreitung
Die Deutsche Bibliothck - ('IP-Einheitsaufnahmc Ein Titeldatensatz f u r diew Publikation is1 hei Der Deutschcn I3ihliothek crhdltlich
ISBN 3-527-2YY)hO-2
0WILEY-VCH Verlag GmbH. D-69469 Weinheim (Federal Kcpublic of Gernianv). 2001 Gedruckt auf saurefreiem Papier Alle Rechte. insbesondere die dcr Ubersetzung in andere Sprachcn. vorbehaltcn. Kein Tell di ohne schril'tliche Genehmigung des Verlagcs in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - rcproduzicrt oder in eine von M hinen. insbesondere von Datcnverarbeitungsmaschinen. verwcndbarc Sprache ubertragen oder uberset7t wcrdcn. Die Wiedergahe v o n Warenheieichnungen. Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch herechtigt nicht /u der Annahm jedermann frei henutrt wcrden durfen.Vielmchr kann es sich auch d a m um eingerragene Waren, stige gesetilich geschutzte Kennxichen hilndcln. wenn sie nicht eigens als solche merkiert bind. All rights reserved (including those of translation in other languages). N o part ol this hook may he reproduced i n any form - by photoprinting. microfilm. or any other means - nor transmitted or translated into machine language without written permisston from the publishers. Registered n;lnles.trademarks.etc. used in this hook.cven when not specifically marked as such. are not to be considered unprotected by law. Druck: Strauss Offsetdruck. D-hVSOY Morlenhach Bindung: Buchbinderei Ossw;ild&Co.. D-67433 Neustadt (Wein\tralJe) Printed in the Federal Republic o f Germany.
Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr. sei nicht wahr ...
Johann Wolfgang yon Goethe Faust II. 1. Akt
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Vonvort
VII
Vorwort zu Band I1 der sechsten Auflage Im ersten Band des vierbadigen Werkes "Makromolekule" wurden die chemischen Strukturen und Synthesen von natiirlichen und synthetischen Makromolekiilen besprochen. Der vorliegende zweite Band behandelt die physikalischen Strukturen und Eigenschaften von solchen Makrornolekiilen sowie diejenigen der aus ihnen aufgebauten makromolekularen Substanzen. Wie ihre Vorgager der 1.-5. Auflage verfolgt auch die 6. Auflage die gleichen Ziele: nicht zu elementare Darstellung des Stoffes, praiise Definitionen der Grundlagen, detaillierte Ableitung wichtiger physikalischer Beziehungen, breiter Uberblick uber das Gesamtgebiet. integrierende Behandlung der Chemie, Physik, Biologie und Technologie makromolekularer Substanzen sowie eine ausgewogene Behandlung von Tatsachen- und Verstihdniswissen. Ein solcher Ansatz stosst beirn Betrachten chemischer Stxukturen und Eigenschaften (Band I) selten auf Problerne, da hier die spezifschen stofflichen Charakteristiken individueller Molekule im Vordergrund stehen, also lokale Gegebenheiten. Anders ist es bei physikalischen Strukturen und Eigenschaften, dem Thema dieses Bandes. Physikalische Ansatze gehen in der Regel von den globalen Eigenschaften von Molekiilen und MolekiilverbZnden aus; sie versuchen die universalen Gesetzmassigkeiten zu ergriinden. Die Tendenz zum Abstrahieren wird noch durch das Verwenden eleganter mathematischer Methoden versttirkt. Solche Methoden gehdren aber meist nicht zurn taglichen Handwerkszeug der rneisten Polymerwissenschaftler. Ihre detaillierte Behandlung wiirde zudern den Rahrnen dieses Buches sprengen. Anderemeits sind die Ergebnisse solcher theoretischen physikalischen Ansatze fiir das Verstandnis physikalischer Eigenschaften sehr wichtig. Die Gleichungen werden daher oft vereinfachend abgeleitet oder die GedankengZnge nur qualitativ geschildert; fiir detailliertere Begriindungen ist die SpeziaUiteratur zu konsultieren. Der erste Teil des Bandes I1 schildert die Struktur isolierter Molekiile und die zur Strukturaufklarungverwendeten Verfahren. Damit dieser Band separat von Band I lesbar ist, wird zunachst kurz die chernische Konstitution von Makromolekiilen repetiert (Kap. 2); zum Vertiefen ist Band I heranzuziehen. Um den Band I1 weitgehend unabhhgig von Band I zu machen. war es notwendig, in Kapitel 2 und auch in einigen anderen Kapiteln einige wenige Abschnitte und Abbildungen des Bandes I zu wiederholen, mit geringen Ausnahmen allerdings nicht verbatim. In den Kap. 3 und 4 werden dann die Mikro- und Makrokonformationen von Makrornolekulen beschrieben. Dieser Teil schliesst mit einem Kapitel 5 uber Streuverfahren ab, den wichtigsten Methoden zum Bestimmen der globalen Struktur von Makromolekiilen. Der zweite Teil befasst sich mit der physikalischen Struktur von Molekiilverb2nden in amorphen Zusthden, Schmelzen und konzentrierten Losungen (Kap. 6). im kristallinen Zustand (Kap. 7),in Mesophasen (Kap. S), sowie in und an Grenzflachen (Kap. 9). Im dritten Teil werden Makromolekule in Wsungen diskutiert, und zwar deren Therrnodynamik (Kap. lo), ihre Transporteigenschaften (Kap. 11) und. wegen ihrer grossen theoretischen und praktischen Bedeutung in einem besonderen Kapitel. die Viskositat verdiinnter Usungen (Kap. 12). Der vierte Teil ist den Eigenschaften von Schmelzen gewidrnet: zunachst den thermischen Eigenschaften einschl. den thermischen Urnwandlungen (Kap. 13). dann der Molekuldynamik (Kap. 14) und schliesslich der Schrnelzeviskositat (Kap. 15).
VIII
Vorwort
Der fiinfte und letzte Teil ist den mechanischen Eigenschaften von polymeren Festkorpem gewidmet: Elastizitat (Kap. 16), Viskoelastizitat (Kap. 17) und Bruchverhalten (Kap. 18). Die in Band I der 5 . Auflage enthaltenen Kapitel uber elektrische und optische Eigenschaften werden wegen ihrer grossen technischen Bedeutung nunmehr im Band IV der 6. Auflage behandelt. Der Band I1 der 6. Auflage schliesst dann mit einem Anhang (Kap. 19) ab, der SI-Grundeinheiten, Umrechnungsfaktoren usw. auflistet.
Aus dem Vorwort zur 1.4. Auflage D i e m Lehrbuch ist - wie so viele seiner Art - aus den Bediirhissen des Untemchts entstanden. Im obligatorischen Untemcht in den makromolekularen Wissenschaften fiir die Chemiker und Werkstoffkundler des 3.-7. Semesters (ETH Zurich) hatte ich seit vielen Jahren ein Lehrbuch vermisst, das von den Grundlagen der Chemie und Physik makromolekularer Substanzen bis zu den Anwendungen der Makromolekule in der Technik fiihrte. Dieses Lehrbuch sollte die Lucke zwischen den kulzen und daher oft zu sehr simplifizierenden Einfuhrungen und den hochspezialisierten Lehrbuchem und Monographien uber Teilgebiete der makromolekularen Wissenschaften schliessen und einen Uberblick uber das Gesamtgebiet vermitteln ... Bei den einzelnen Kapiteln wird eine angemessene Kennmis der anorganischen. organischen und physikalischen Chemie einschliesslich der dort verwendeten Methoden vorausgesetzt. Alle fiir die Wissenschaft der Makromolekiile wichtigen Uberlegungen und Ableitungen wurden jedoch - wenn immer moglich - von den Grundphuomenen und -iiberlegungen aus Schritt fiir Schritt vorgenommen. Ich hoffe daher. dass sich dieses Buch zum Selbststudium eignet. In einigen Fallen war ich gezwungen. strengere Ableitungen mit ihrem zwangsllufig grosseren mathematischen Aufwand zugunsten halbquantitativer, aber durchsichtigerer Ansatze zu vemachlasigen ... Ich habe also h l i c h wie Dr. Andreas Libavius den Lehrstoff in "miihevoller Arbeit, hauptsachlich aus den allerorten verstreuten Einzelangaben der besten alten und neueren Autoren, femer auch aus etlichen allgemeinen Lehrvorschnften zusammengetragen und anhand theoretischer Uberlegung und gr(issun6glicher praktischer Erfahrung nach sorgfaltiger Methode dargelegt und zu einem einheitlichen Gesamtwerk verarbeitet." *) Der Leser moge beurteilen, inwieweit dies fiir das vorliegende Lehrbuch gelungen ist. Hans-Georg Elias *) Operd e dispersis passi optimorum autorum, verterum recentium exemplis potissimum, tum etiam praeceptis quibusdam operoe collecta, adhibitsq; ratione expenentia, quanta potuit esse, methodo accuratd explicata & in integrum corpus redacta. Gmelin Institut fiir anorganische Chemie, Hrsg., Die Alchemie des Andreas Libavius (Ein Lehrbuch der Chemie aus dem Jahre 1597), VCH, Weinheim, 2. Nachdruck der 1. Auflage 1964.
IX
Verzeichnis der Abkilrzungen
Verzeichnis der Abkiirzungen IUPAC, Quantities, Units and Symbols in Physical Chemistry. Blackwell Scientific Publ., Oxford 1988 (Green Book) IUPAC, Gr(lssen, Einheiten und Symbole in der Physikalischen Chemie, VCH, Weinheim 1996 Abkurzungen fir Spruchhinweise: D: Deutsch E: Englisch (in amerikanischer Schreibweise) F: FranzUsisch G: Griechisch L: Lateinisch Bei chemischen Formeln wurden folgende Konventionen getroffen: R: Symbol f i r einen monovalenten Liganden, 2.B. CH3-. C6H5- (IUPAC) Z: Symbol f i r einen divalenten Rest, z.B. - C H 2 . -p-c6&Y: Symbol fiir einen Vivalenten Rest X: Symbol fir einen tetravalenten Rest Weitere Konventionen in diesem Buch: A, B: entweder Monomere, die zu Grundbausteinen -a- bzw. -b- fiihren, oder abspaltbare Reste funktioneller Gruppen (2.B. -OH von -COOH) L = AB: Symbol fUr ein Abgangsmolekul, z.B. H20 aus -OH + HOOCp-c6H4: in para-Stellung (1,4-) substituierter Benzolrest (para-Phenylen) (Formeln) pPh: in para-Stellung (1,4-) substituierter Benzolrest (para-Phenylen) (Text)
MATHEMATISCHE SYMBOLE (entsprechend den IUPAC-Empfehlungen) gleich ungleich identisch gleich ungefilhr gleich proportional (IUPAC: oder =) nmen sich an unendlich entspricht (IUPAC: g)
-
Differenz Differential panielles Differential Summe Integral Produkt
> 2
>> < I
<< f X
sin cos tan cot sinh grad
grtisser als gleich oder grCIsser als sehr viel grosser als kleiner als gleich oder kleiner als sehr viel kleiner als plus oder minus Multiplikation (Matrizen) Sinus Cosinus Tangens Cotangens Sinus hyperbolicus Gradient (identisch mit dem Nablaoperator V)
dekadischer Logarithmus (Basis 10); IUPAC: lg oder log,, IUPAC: In oder log, natiirlicher Logarithmus (Basis e);
X
Verzeichnis der Abkurzungen
SYMBOLE U M BUCHSTABEN ( )
[]
Mittelwen bei dunlichen Grossen (IUPAC), 2.B. (r2)= Mittel iiber die Quadrate der Fadenendenabstade r Stoffmengenkonzentration ("Molkonzentration")
HOCHGESTELLTE SYMBOLE UBER EINEM BUCHSTABEN
-
-
Partielle Gdsse, z.B. i A= partielles spezifisches Volumen der Komponenten A Mittelwertsstrich, z.B. M,,= Zahlenmittel der Molmasse M
HOCHGESTELLTE SYMBOLE HINTER EINEM BUCHSTABEN 0
0 m
m
Winkelgrad Winkelminute Winkelsekunde reine Substanz oder Standardzustand unendlich (2.B. Verdiinnung oder Molmasse) auf die Stoffmenge (in mol usw.) bezogene Griisse, wenn ein tiefgestelltes m unzweckm&sig wtire. Beide Schreibweisen sind nach IUPAC zullssig. q-te Ordnung eines Momentes (immer in Klammem, um Verwechlungen mit der q-ten Potenz zu vermeiden) aktivierte Griisse, z.B. E* = Aktivierungsenergie allgemeiner Exponent in P = KpMa (P = Eigenschafi) allgemeiner Exponent mit wechselnder Bedeutung Exponent in der GrenzviskositatszahWolmasse-Beziehung[ q ]= KvMa Exponent in der Beziehung (s2)lI2= K , W Exponent in der Beziehung qo = K,,ME Exponent in der Beziehung D = K a B Exponent in der Beziehung S = KsMG
TIEFGESTELLTE SYMBOLE HINTER EINEM BUCHSTABEN
00
G m d - oder Standardzustand (z.B. bei ungestiirten Dimensionen) Anfangsbedingung (z.B. zur Zeit Null); nicht Standardzustand L6sungsmittel (jedoch S, falls in Solvathiille) Geliistes, meist Polymeres (in AusnahmefSllen als P) zusltzliche Komponente, z.B. Salz, FaUungsmittel usw. Endzustand
A a am
Substanz A, z.B. M A = Molmasse der Substanz A Gruppe, Grundbaustein oder Kettenglied, z.B. als Masse m a von a amorph
B B
Substanz B Bruch
0
0 1
2 3
Verzeichnis der AbRiirzungen
b b bd be bP br
XI
Gruppe, Grundbaustein oder Kettenglied b in einem Makromolekiil Bindung (speziell Kettenbindung) Bindung (wenn Verwechslungsgefahr mit b fiir Gruppe usw.) effektive Bindungsltinge (= auf die Kettenrichtung projizierte L u g e 2.B. der Monomereinheit) Siedeprozess (E: boiling point) Veaweigung oder verzweigt (E: branch(ed))
cl comb cr crit cryst cycl
Kette (L: curenu), z.B. Netzwerkkette kritisch (nur bei thermodynamischen Grenztemperaturen. weil don international gebriiuchlich, sonst "crit"). Korrelation (Lcl= Korrelationslbge) Kombination kristallin kritisch Kristallisation ringF6rmig (cyclisch)
D
bezogen auf Diffusion
e el eff end eq exc
Verhakung, Verschlaufung (E: entanglement) elastisch effektiv Endgruppe Gleichgewicht (L: aequilibrium) Exzess (herschuss)
F f
Filllstoff biegsam, Biege- (E: flexural)
G g
Glaszustand beIiebige statistische Wichtung, z. B. n, m, z oder x, w,Z
H h
hydrodynamisch effektive Gr6sse oder Hydratation hydrodynamisch (2.B. h,D bei der Diffusion, h.v bei der Viskosit!ft)
I i i ii iii is lisl
Initiator Laufzahl, z.B. i. Komponente isotaktische Diade (IUPAC schlagt das Symbol m = meso vor. vgl. Band I) isotaktische Triade (IUPAC: mm) isotaktische Tetrade (IUPAC: mmm) heterotaktische Triade (IUPAC: mr) Summe der heterotaktischen Triaden is + si
i
Laufzahl
k
Laufzahl Kn2uel
C C
kn
XI1
Verzeichnis der Abkiirzungen
L 1
Fliissigkeit. Schmelze (L: liquidus) fliissig
M M M Mt m m mol mon
Schmelzprozess Monomermolekul Mauix (be1 Blends, verstiirkten Polymeren usw.) Metall Monomereinheit in Makromolekiilen molar (evtl. auch als Hochzahl m) Molekiil Monomeres (falls M missverst2ndlich ist)
n
Zahlenmittel
P P PO1 PS
Polymer Polymerisation, insbesondere Wachstum (E: propagation) Polymer (falls P missverst2ndlich ist) Persistenz variable Hilfsg~sse,fiir jedes Unterkapitel verschieden definiert elektrische Ladung
re1 red rep rlx
Reaktant Verhaltung (E: retention) auf den Fadenendenabstand bezogen, z.B. a, = auf den Fadenendenabstand bezogener Ausdehnungskoeffizient eines Kn2uels relativ reduzien Repetiereinheit Relaxation solvatisierendes Ltisungsmittel bezogen auf die Sedimentation syndiotaktische Diade (IUPAC schlagt das Symbol r = rucemo vor) bezogen auf den TriXgheitsradius Segment beliebiger Lginge heterotaktische Triade (IUPAC: rm) Kugel (G: spheiru) syndiotaktische Triade (IUPAC: IT) Startreaktion
T t
t tr U U
Temperatur Zeit Abbruchreaktion ("Terminierung") hertragungsreaktion ("Transfer") Grundbaustein, Monomereinheit im Polymeren Umsatz
Verzeichnis der AbRiirzungen V
ViskosiW (verdiinnte Msungen; q bei Schmelzen)
W
Massenmittel (“Gewichtsmittel”)
X
Vernetzung
Y
Streckgrem (E: yield)
Z
z-Mittel
11
Viskosit& (in Schmelzen; v bei verdiinnten LClsungen)
XI11
PR&IXES VON WORTEN (in systematischen Namen kursiv geschrieben) alt at
altemierend ataktisch
b blend br
block (IUPAC empfiehlt block) Polymerblend (Polymermischung) venweigt (nicht spezifiziert; E: branched). IUPAC empfiehlt sh-branch = kurzkettenverzweigt (E: short), 1-branch = langkettenvenweigt; f-branch = venweigt mit einem Venweigungspunkt der Funktionalitatf
C
cb co compl ct
ringfClrmig (“cyclisch); IUPAC empfiehlt cyclo kammartig (IUPAC empfiehlt comb) gemeinsam (unspezifiziert) Polymer-Polymer-Komplex cis-taktisch
eit
erythrodiisotaktisch
g
Graft- (Pfropf-)
ht
heterotaktisch
ipn it
interpenetrierendes Netzwerk isotaktisch
net
Netzwerk (IUPAC); p-net = Mikronetzwerk
Per
periodisch
r
statistisch im Sinne einer Bernoulli-Verteilung (E: random)
sipn stat sr
semi-interpenetxierendes Netzwerk statistisch (mit unspezifizierter Verteilung) stemfhnig (IUPAC empfiehlt star sowie f-star, wenn die Funktionalitat des Kerns bekannt ist; fist dam eine Zahl) syndiotaktisch
st
Verzeichnis der Abkurzungen
XIV tit tt
threodiisotaktisch trans-taktisch
ANDERE ABKmZUNGEN (Abkurzungen von Polymemamen siehe Kap. 19.4) AIBN Nfl-Azobisisobutyronitnl BPO Bu
Dibenzoylperoxid Butylgruppe (iBu = Isobutyl, sBu = sekundare Butylgruppe, rBu = tertiare Butylgruppe. Die normale Butylgmppe wird nach IUPAC unlogischenveise n i c k durch nBu gekennzeichnet, sondem lediglich durch Bu!)
C cell Cp
Katalysator (C* = aktiver Katalysator oder aktives Katalysatorzentrum) Celldoserest
Cyclopentadienyl(gruppe)
DMF NjV-Dimethylformamid DMSO Dimethylsulfoxid Et
Ethyl(gmppe)
G GLC GPC glc
gauche Glucose Gelpermeationschromatographie Glucosegruppe
I
IR
Initiator Infrarot
L LC
Ltisungsmittel flussig-kristallin (E: liquid crystalline)
MC Me Mt
Hauptkette (E: main chain) MethyKgruppe) Metall(atom)
NMR
Magnetische Kemresonanz
P Ph
Polymeres PhenyUgmppe) PrOPYl(gnpPe)
Pr
sc SEC
Seitenkette (E: side chain) Ausschlusschromatographie
THF
Tetrahydrofuran
uv
Ultraviolett
Verzeichnis &r AbklLzungen
xv
SYMBOLE Symbole folgen im Allgemeinen den Empfehlungen der IUPAC-Kommissionen; Abweichungen sind gekennzeichnet.
a a aT
Absorptionsvermogen (A = lg ([,,/I) = lg (l/zii; friiher: Extinktion FWhe Helmholtz-Energie (A = U - TS); friiher: Freie Energie Aktionskonstante (in k = A* exp(- E*/RT)) Zweiter (thermodynamischer) Virialkoeffizient; A3 = dritter Virialkoeffizient Thermodynamische Aktivitiit Linearer Absorptionskoeffizient (a = (1/L) lg (I&) Verschiebungsfaktor in der WLF-Gleichung
b
Bindungsliinge; b,ff= effektive Bindungsliinge
C C C
Zahlenkonzentration (Anzahl Einheiten pro totales Volumen); siehe auch c hertragungskonstante (immer mit Index, z.B. C, bei einem Regler) Whekapazitilt (meist in JK);C, = molare Wiirmekapazitat (z.B. in J/(mol K)) Elekuische Kapazittit Charakteristisches Verhtiltnis in der Kniiuelstatistik; C, = charakteristisches Verhatnis bei unendlich hoher Molmasse) Wtirmekapazitl bei konstantem Druck hrtragungskonstante bei Polyreaktionen (C, = klI/kp) Spezifische Wtirmekapazittit(meist in J f ( g K); cp = isobare spezifische Warmekapazitilt; cy = isochore spezifische Wmekapazitilt. Friiher: spezifische Warme Massekonzentration (= (Masse Gelostes)/(Volumen Usung), "Gewichtskonzentration". IUPAC schliigt fiir diese Grtisse den Namen "Massedichte" und das Symbol p vor, was jedoch zu Verwechslungen mit dem gleichen IUPAC-Symbol fiir die "echte" Massedichte (= (Masse Substanz)/(Volumen Substanz)) fiihrt. Bei der ublichen "Dichte" beziehen sich Masse und Volumen immer auf die gleiche Materie, bei der Massekonzentration jedoch auf zwei verschiedene Dinge (Masse Gelostes pro Volumen Losung). Nur bei reinen Substanzen werden Massekonzentration und Dichte identisch. Nach DIN 1304 kann man fiir andere Gr(lssen als die "echte" Dichte auf andere Buchstaben ausweichen (vgl. dazu Kap. 19.3). Spezifische W&mekapazitiit bei konstantem Druck Lichtgeschwindigkeit im Vakuum oder Schallgeschwindigkeit (ie nach Kapitel)
A A A A* A2
C
CN CP ClI C C
CP
c^
D D d
d
E E E e
Diffusionskoeffizient;Drat = Rotationskoeffizient Zugnachgiebigkeit Durchmesser von kompakten Teilchen (Kugeln, Stiibchen, Scheibchen) Dimensionalittit Energie ElastiziCitsmodul (Young-Modul) Elektrische Feldsttirke Elementarladung
Verzeichnis der Abkurzungen
XVI
e e e F
f
f
Parameter in der Q,e-Copolymerisationsgleichung Kohisionsenergiedichte Dehnungs- oder Scherkomponenten (Tensoren) Kraft Bruchteil (soweit nicht spezifiziert als Stoffmengenanteil (= "Molenbruch) x, Massenanteil ("Massenbruch") w. Volumenanteil (Volumenbruch) 4, usw.) Funktionalit2t (falls Verwechslungsgefahr:fo) Gibbs-Energie (G = H - TS);friiher: Freie Enthalpie Schermodul, G' = Scherspeichennodul, GpJ"= Plateau-Modul Anteil des statistischen Gewichtes (Gi = g J X i gi) Elektrischer Leitwen Erdbeschleunigung Statistisches Gewicht (IUPAC empfiehlt k, was jedoch wegen der vielen anderen Bedeutungen von k problematisch ist und femer den Gebrauch von K als Symbol f i r den Anteil des statistischen Gewichtes (statt G ) ausschliesst) Parameter f i r das Vemsltnis der Dimensionen verzweigter Makromolekiile zu denen unverzweigter gleicher Masse (= Verzweigungsindex)
H H h h h
Hohe Enthalpie Htihe Planck-Konstante (h = 6,626.10-34J s) Verzweigungsindex aus hydrodynamischen Messungen Elektrische Stmmstarke Intensitilt Strahlungsintensitateines Molekiils Laufzahl (ite Komponente usw.)
J J
Fluss (von Masse, Volumen, Energie usw.) Schemachgiebigkeit
K K K
Allgemeine Konstante Gleichgewichtskonstante Kompressionsmodul
k kB
Geschwindigkeitskonstante chemischer Reaktionen
L
1
Lhge; Lcont = Konturlhge (Linge der physikalisch maximal gestreckten Kette); LK = L b g e eines Kuhn-Segmentes; Lketk = echte (historische) Konturlhge (= Zahl der Bindungen mal L h g e der Valenzbindungen); bS= Persistenzlhge; Lseg = Segmentlange Phhomenologischer Koeffizient Lange
M
Moment
L
Boltzmann-Konstante (kB = R / N A = 1,381.10-23J K-*)
Verzeichnis der Abkiirzungen
M Mr
m
N
XVII
Molmasse (physikalische Einheit MasseBtoffmenge, z.B. g/mol) Relative Molmasse = relative Molekiilmasse = "Molekulargewicht" (physikalische Einheit 1 = "dimensionslos") Masse
n n
zahi Avogadro-Konstante (NA= 6,023-1023mol-l) Stoffinenge einer Substanz (in mol); frtiher: Molzahl Brechungsindex
P P P P P P P P
Permeationskoeffizient (P = DS) Leistung Pemn-Faktor (Ellipsoide) Wahrscheinlichkeit (E: probability) Druck Reaktionsausmass (2.B. P A = Umsatz an Gruppen A) Anzahl konformativer Repetiereinheiten pro Helixwindung Dipolmoment
Q Q Q Q Q
Elektrizitiitsmenge Wbne Parameter in der Q,e-Copolymerisationsgleichung - Polymolekularit&sindex, z.B. Q = MJM, Wechselweise verwendeter Hilfsparameter f i r kompliziertere physikalische Gr6ssen. die nur in dem betreffenden Unterkapitel vorkommen Ladung eines Ions Wechselweise verwendeter Hilfsparameter f i r kompliziertere physikalische Gr6ssen, die nur in dem betreffenden Unterkapitel vorkommen Smufunktion (Kap. 5 )
NA
4 4 4 R R R R R
Re r r
Allgemeine Gaskonstante (R = 8,314 510 J K-l mol-l) Elekuischer Widerstand Dichroitisches Verhatnis Reaktionsgeschwindigkeit.2.B. R , = Polymerisationsgeschwindigkeit Radius. Die jeweiligen Indices bedeuten: D = aus Diffusionsmessungen (StokesRadius); eq = bei Bquivalenter Kugel (aus den Busseren Abmessungen); sph = fir gquivalente Kugeln; H = hydrodynamischer Wert; S = aus Sedimentation; v = aus der Viskosit3t verdiinnter Usungen (Einstein-Radius) Rayleigh-Verhatnis der Streuintensitaten Radius Fadenendenabstand; rcont= konventionelle KonturlZnge (= Abstand der Fadenenden einer Kette in all-trans-Konformation)
r
Copolymerisationsparameter
r0
AnfangsveWiltnis der Stoffmengen an Gruppen bei der Polykondensation
S S
Entropie Ltislichkeitskoefftzient
XVIII S
S S
S
T
t t
U U U U
V V V V
W W
X X X
Xbr
Y Y Y
Verzeichnis der Abkkzungen
Sedimentationskoeffzient(in der Literatur als s, was jedoch leicht mit dem gleichen IUPAC-Symbol s fiir den Tragheitsradius verwechselt werden kann) Nachgiebigkeitskonstante Trilgheitsradius (IUPAC); in der Literatur oft als R, Selektivitiskoeffizient (osmotischer Druck) Temperatur, und zwar sowohl in K (physikalische Gleichungen) als auch in OC (beschreibend). IUPAC empfiehlt fiir Celsius-Temperaturen entweder f (was mit dem gleichen Symbol fiir die Zeit verwechselt werden kann) oder 8 (was f2lschlicherweise meist mit dem in der makromolekularen Wissenschaft fiir die Theta-Temperatur verwendeten Symbol 8 identifiziert wird). DIN schlagt fiir Celsius-Temperaturen die Symbole f oder 19 vor Missversthdnisse beim Verwenden von T fiir Kelvin- und Celsius-Temperaturen sind bei Angabe der physikalischen Einheiten nicht mtlglich. In physikalischen Gleichungen ist ausschliesslich T in K zu verwenden Zeit Rotationswinkel um die Helixachse Innere Energie Elektrische Spannung Umsatz an Monomennolekulen (p = Umsatz an Gruppen; y = Ausbeute an Substanz) Ausgeschlossenes Volumen Volumen Elektrisches Potential Spezifisches Volumen Geschwindigkeit (lineare Geschwindigkeit v = dL,/dr) Arbeit (E: work) Massenanteil (Massenbmch, "Gewichtsbruch) Polymerisationsgrad = Anzahl der Monomereinheiten pro Molekul (nicht: Anzahl der Repefiereinheiten; siehe Y) Elektrischer Widerstand Stoffmengenanteil ("Molenbruch"), z.B. XA = Stoffmengenanteilan A Verzweigungsgrad Brechungsindexinkrement (= dnldc) Polymerisationsgrad = Anzahl der Repetiereinheiten pro Molekiil Ausbeute an Substanz (E: yield) stosszahl z - h t e i l (zi= zi/& zi) z-statistischesGewicht Koordinationszahl. AnzaN der Nachbam Dissymmetrie (Lichtstreuung) Parameter in der Theorie des ausgeschlossenen Volumens
Verzeichnis &r Abkrirzungen
a a
a a a [a1
B B B
B
XIX
Winkel. insbesondere Rotationswinkel der optischen Aktiviat ~ Bezug auf Linearer Aufweitungsfaktor von Substanzen oder Knilueln ( abei Diffusionsmessungen, bei Bezug auf hydmdynamische Abmessungen (allgemein), a, bei Bezug auf den Fadenendenabstand, a, bei Bezug auf den Trilgheitsradius s, a, bei Bezug auf die Viskositgt verdiinnter L6sungen) Lmearer thermischer Ausdehnungskoeffizient (in der Literatur oft als j3 bezeichnet, dam mit a fiir den kubischen thermischen Ausdehnungskoeffizienten) Kristalliniatsgrad Cjeweils mit Index fiir die entsprechende Methode. z.B. X bei Rthtgenmessungen) Elektrische Polarisierbarkeit eines Molekiils "Spezifische" optische Drehung Winkel Druckkoeffizient Kubischer Ausdehnungskoeffizient (in der Literatur oft als a bezeichnet. dann mit /3 fiir den Iinearen Ausdehnungskoeffizienten) Integral des ausgeschlossenen Volumens
7 7 Y 7
Parameter der Vomgssolvatation (Vomgshydratation) Winkel Oberflilchenspannung, Grenzflachenenergie Vernetzungsindex Geschwindigkeitsgeftdle = Schergeschwindigkeit = Geschwindigkeitsgradient
6 6 6
Verlustwinkel Ltislichkeitsparameter Chemische Verschiebung
E
Lineare Dehnung [ E = (L. - L.o)/Lo] Energie pro Molekiil Erwartung Relative Permittivit2t (friiher: Dielektrizit2tskonstante)
rH
E E &r
C
Vehatnis RdRSvon hydrodynamischen Radien zu Trggheitsradien, 2.B. Csph bei Kugeln, Ca bei Knilueln
rl
Dynamische Viskosititt, 2.B. qo = Ruhe-Viskosiat, ql= Viskosiat des Usungsmittels Relatives Viskositiitsinkrement ("spezifische Viskositilt"), qi = ( q - ql)/ql Inhi[rente Viskosiat, logarithmische Viskositittszahl, qfi = (ln qr)/c Viskosit3tsverhslltnis("relative ViskositW), tl,= q/ql Reduzierte Viskosiat, Viskositiitszahl. qred = ( q - ol)/(qlc) Spezifische Viskosit2t (= ( q - qo)/qo. W A C schl2gt fiir diese Grilsse den Namen "relatives Viskositatsinkrement" und das Symbol qi vor. Das Symbol qi ist jedoch leicht mit dem Symbol qi fiir die Viskositilt der Substanz i zu verwechseln und wird daher nicht in diesem Buch verwendet Grenzviskosit2tszahl (Staudinger-Index, intrinsic viscosity), lim J I , =~qrd. Die Grenzviskositiitszahlwird in DIN 1342 J,, genannt
1 qinh Itr
%ed qSP
[111
xx e 8
19
K K
A
A A A
Verzeichnis der Abkiirrungen
Charakteristische Temperatur, insbesondere Theta-Temperatur Winkel. insbesondere Torsionswinkel (makmmolekulare Konvention) Winkel. insbesondere Phasenwinkel bzw. Torsionswinkel (organisch-chemische Konvention) Isotherme (kubische) Kompressibilitlt Enthalpischer Wechselwirkungsparameter in der Theorie der LUsungen AchsenveWiltnis bei Stabchen (L&ge/Durchmesser) oder Rotationsellipsoiden (Hauptachsemebenachse) Wellenlbge (no = Wellenlage des Einfallslichtes) W2rmeleitmgkeit Verstreckungsverhiiltnis, A = L / b Chemisches Potential Moment (Verteilungen) Dipolmoment Poisson-Verhiiltnis Moment (Verteilungen), bezogen auf einen Referenzwert Kinetische Kettenlage Frequenz Effektive Stoffmengenkonzentration an Netzketten Geschwindigkeit Zustandssumme Reibungskoeffizient. IUPAC empfiehlt f,was jedoch mit dem gleichen Symbol fiir den Anteil ("Fraktion") kollidiert.
n It
P
P
Osmotischer Druck Mathematische Konstante pi Dichte (= MasseNolumen der jeweils gleichen Materie), z.B. Masse Substanz A pro Volumen Substanz A. p wird von IUPAC auch f i r andere "Dichten" verwendet, 2.B. fiir die Zahlenkonzentration C ("Zahlendichte") EIektrischer Volumenwiderstand Mechanische Spannung; ~ 1 =1 Normalspannung, a21 = Scherspannung Standardabweichung Behinderungsparameter (sterischer Faktor) Kooperativitilt Elektrische Leitmigkeit
s
Kopplungsgrad von Ketten bei Schulz-Zimm-Verteilungen; = UJji?,-
7
Bindungswinkel (Valenzwinkel) Relaxationszeit Scherspannung (= 021) Innere Durchlksigkeit (Transmission, Durchl2ssigkeitsfaktor)
7 7
9
H,,)
Verzeichnis der Abkiirtungen
Flory-Parameter, #e = Flory-Konstante (Theta-Zustand) "Molare"optische Drehung Volumenanteil (Volumenbruch) Winkel Potential zwischen zwei durch einen Abstand r getrennten Segmenten Wechselwirkungsparameter bei der Theorie der L6sungen
(Flory-Huggins-Parameter) Simha-Faktor f i r Ellipsoide Entropischer Wechselwirkungsfaktorin der Theorie der Usungen Winkel Thermodynamische Wahrscheinlichkeit Schiefe einer Velteilung Winkelfrequenz, Winkelgeschwindigkeit
XXI
XXII
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Weiterfiihrende Literatur und Quellennachweise befinden sich jeweils am Kapitelende. Motto ................................................................................................................... Vorworte ............................................................................................................. Verzeichnis der Abkiirzungen .............................................................................
1.
Einleitung
..................................................................................................
V VII Ix
1
Einzelne Makromolekule 2
.
Chemische Struktur ................................................................................... 2.1 Konstitution ..................................................................................... 2.1.1. Einfache Ketten ................................................................. 2.1.2 Bezeichnungen einfacher Ketten ....................................... 2.1.3. Polymerarchitektur ............................................................ Lineare Polymere ......................................................... Verzweigte Polymere .................................................... 2.1.4. Konstitutionell hoherdimensionale Makromolekiile ........... 2.2. Konfiguration .................................................................................. 2.2.1. Grundbegriffe .................................................................. 2.2.2 Konfigurationsstatistik ....................................................... 2.3. Polymerisationsgrade und Molmassen ............................................. 2.3.1. Ubersicht .......................................................................... 2.3.2. Molekiilmassen, Molekulargewichte und Molmassen ......... 2.3.3. Statistische Gewichte ......................................................... 2.3.4. Einfache Mittelwerte der Molmassen ................................. 2.3.5. Komplexere Mittelwerte der Molmassen ........................... Einfache hydrodynamische Mittelwerte ........................ Zusammengesetzte hydrodynamische Mittelwerte ........ 2.3.6. Mittelwerte der Polymerisationsgrade ................................ 2.3.7. Mittelwerte anderer Eigenschaften .................................... 2.3.8. Momente .......................................................................... 2.3.9. Molekulare Uneinheitlichkeit ............................................ 2.3.10. Konstitutionelle Uneinheitlichkeit ..................................... 2.3.1 1. Bestimmung von Molmassen ............................................. 2.4. Verteilungsfunktionen ..................................................................... 2.4.1. Darstellung von Verteilungsfunktionen ............................ 2.4.2. Gauss-Verteilung .............................................................. 2.4.3. Logarithmische Normalverteilung ..................................... 2,4,4, Poisson-Verteilung ............................................................. 2.4.5. Schulz-Zimm- und Schulz-Flory-Verteilung .....................
4 4 4
6 8 8 9 10 12 12 13 15 15 16 17 19 21 21 21 23 23 24 25 25 28 29 29 31 33 35 35
Inhaltsveneichnis
Generalisierte Exponentialverteilungen ............................. Bestimmung von Molmassenverteilungen .......................... Historische Notizen ...................................................................................
36 37 38
.
Mikrokonformationen .............................................................................. 3.1. Grundlagen ..................................................................................... 3.2. Lokale Konformationen ................................................................... 3.2.1 . Definitionen ...................................................................... 3.2.2. Rotationspotentiale ............................................................. 3.2.3. Konstitutionseinfliisse ........................................................ 3.3. Sequenzen von Mikrokonformationen ............................................. 3.3.1. Einleitung ......................................................................... 3.3.2. Helices .............................................................................. 3.3.3. Einfluss der Konstitution und Konfiguration ..................... 3.4. Optische Aktivitilt ............................................................................. 3.4.1. Grundlagen ....................................................................... Zirkulardichroismus ..................................................... Optische Aktivitit ......................................................... Optische Rotationsdispersion ........................................ 3.4.2. Eintluss der Struktur ......................................................... Poly(a-aminos2ure)n und Proteine .............................. Poly( 1-o1efin)e ............................................................ Cop01ymere ................................................................. 3.5. Umwmdlungen von Konformationen .............................................. 3.5.1. Phuomene ....................................................................... 3.5.2. Thermodynamik ............................................................... 3.5.3. Kinetik .............................................................................. Historische Notizen ...................................................................................
40 40 41 41 42 44 46 46 47 49 52 52 53 53 54 55 55 58 59 60 60 61 63 64
.
Makrokonformationen ............................................................................. Ubersicht ......................................................................................... 4.1.1. Einleitung .......................................................................... 4.1.2. Konformation in Ltlsungen .............................................. Helices in UIsungen .................................................... Partielle Helices in Liisung ............................................ 4.2. Kompakte Molekiile ........................................................................ 4.2.1. Einfiihrung ...................................................................... 4.2.2. Sphiroide ........................................................................ Kugeln ........................................................................ Ellipsoide .................................................................... 4.2.3. Stibchen ........................................................................... 4.3. Ungesttlrte Knluel linearer Ketten ................................................... 4.3.1. Konturllngen .................................................................... 4.3.2. Trlgheitsradien ................................................................ 4.3.3. Knlueltypen ..................................................................... 4.3.4. Molekiilmodelle ................................................................
66 66 66 67 68 68 70 70 71 71 73 73 75 75 77 79 80
2.4.6. 2.4.7.
3
XXIII
4
4.1.
XXIV
Inhaltsverzeic hnis
Irrflug-Kette ................................................................ Segment-Kette ............................................................. Valenzwinkel-Kette mit freier Drehbarkeit .................... Valenzwinkel-Kette mit behinderter Drehbarkeit .......... RIS-Modell .................................................................. 4.3.5. Flexibilitiit von Ketten ...................................................... Sterischer Faktor (Behinderungsparameter) .................. Charakteristisches Verhatnis ........................................ Kuhn-Langen .............................................................. Persistenzluge ............................................................ 4.3.6. Tragheitsradien ................................................................. 4.3.7. KnBueldichte .................................................................... 4.3.8. Verteilung der Fadenendenabsthde .................................. 4.3.9. Wurmartige Ketten ............................................................ 4.4. Gesttlrte Knauel hearer Ketten ....................................................... 4.4.1. Ausgeschlossene Volumina ............................................... 4.4.2. Aufweitungsfaktoren ........................................................ 4.4.3. Helicale wurmartige Ketten ............................................... 4.4.4. Einfluss der Molmasse ...................................................... 4.4.5. Einfluss der Polymolekulantat ........................................... 4.4.6. Temperaturabhlngigkeit der Tragheitsradien .................... 4.5. Ringf6rmige Makromolekule .......................................................... 4.6. Verzweigte Makromolekiile ............................................................ 4.6.1. Einleitung ......................................................................... 4.6.2. Stemmolekule ................................................................... 4.6.3. Dendrimer-Molekule ........................................................ 4.6.4. Hyperverzweigte Molekule ................................................ 4.6.5. Kamm-Molekule ............................................................... 4.7. Skalierung ....................................................................................... 4.7.1. Einfuhrung ....................................................................... 4.7.2. Fraktale ............................................................................ 4.7.3. Selbstrnichkeit .............................................................. 4.8. Atomistische und molekulare Modellierung .................................... 4.8.1. Einfuhrung ....................................................................... 4.8.2. Methoden ......................................................................... Gruppeninkrement-Methoden ..................................... Gittermethoden ............................................................ Gitterfreie Methoden .................................................... 4.8.3. Atomistische Kraftfelder ................................................... A.4. Anhang ............................................................................................. A-4.1. Valenzwinkel-Kette mit freier Drehbarkeit ........................ A-4.2. Beziehung zwischen Fadenendenabstand und Tragheitsradius bei Phantom-Ketten ...................................................... A-4.3. Verteilung der Fadenendenabstande .................................. Historische Notizen ................................................................................... Kraftfeld-Bibliographie .............................................................................
80 83 84 85 86 89 89 90 91 92 92 94 97 98 101 101 102 104 106 109 110 111 112 112 113 115 116 116 118 118 118 120 122 122 123 123 123 125 126 130 130
131 133 134 134
xxv
Inhaltsverzeichnis
5.
streumethoden
........................................................................................
5.1. Ubersicht ......................................................................................... 5.2, Statische Lichtsmumg: Rayleigh-Bereich ........................................ 5.2.1. Grundlagen ....................................................................... 5.2.2. Copolymere ...................................................................... Konzentrationsabh~gigkeit .............................................. 5.2.3. 5.2.4 Mischltjser ......................................................................... 5.3. Statische Lichtstreuung: Debye-Bereich ........................................... 5.3.1. Grundlagen ....................................................................... 5.3.2. Streufunktion ................................................................... 5.3.3. Zimm-Diagramm ............................................................... 5.3.4. Einfluss der Teilchengestalt ............................................... Kugeln ......................................................................... Sttibchen ....................................................................... Statistische Knauel ........................................................ Wurmanige Ketten ........................................................ Stemmolekule .............................................................. Kammmolekule ............................................................ 5.4. Rtjntgenkleinwinkelstreuung ............................................................ 5.4.1. Grundlagen ...................................................................... 5.4.2. Streufunktionen ................................................................. Kntiuel ......................................................................... Verzweigte Polymere .................................................... 5.5. Neutronenkleinwinkelstreuung
Historische Notizen
........................................................
...................................................................................
138 138 139 139 143 144 146 149 149 150 152 153 153 153 154 156 158 159 160 160 163 163 165 166 168
Molekulverbinde 6
.
...........................................................
170 170 170 172 174 174 175 176 176 177 179 180 182 183
................................................................................ .............................................................................
185 185
Ungeordnete kondensierte Systeme
Amorphe Polymere ......................................................................... 6.1.1. Struktur ............................................................................ 6.1.2. Dichte ............................................................................... 6.2. Polymerschmelzen ........................................................................... 6.2.1. Mikrokonformationen ...................................................... 6.2.2. Makrokonformationen ..................................................... 6.3. MBssig konzentrierte Usungen ....................................................... 6.3.1. Konzentrationsbereiche .................................................... 6.3.2. Temperaturabhlngigkeit der Knaueldimensionen ............. 6.3.3. Verschlaufungen ............................................................... 6.3.4. Blobs ................................................................................. 6.3.5. Trtigheitsradien von Stemmolekiilen ................................. Historische Notizen ....................................................................................
6.1.
7
.
Kristalline Zustiinde 7.1. Kristallstrukturen
Inhultsverzeichnis
XXVI
Definitionen des Kristalls ................................................... 185 Gitterstrukturen ................................................................. 185 Symmetrie-Eigenschaften .................................................. 187 Rontgenstrukturanalyse ..................................................... 189 Gitterkonstanten ................................................................ 193 Gitterstrukturen ................................................................ 195 Polymorphie ..................................................................... 197 Isomorphie ....................................................................... 198 Einheitszellen ................................................................... 198 7.2. KristallitsUukturen ........................................................................... 199 7.2.1. Fransenmizellen ................................................................ 199 7.2.2. Polymereinkristalle ............................................................ 200 7.3. Kristallisation ................................................................................... 206 7.3.1. Keimbildung ..................................................................... 207 Homogene Keimbildung .............................................. 207 Heterogene Keimbildung ............................................. 208 Keimbildner ................................................................ 209 Kristallisation aus Losungen ......................................... 209 Kristallisation aus Schmelzen ........................................ 211 7.3.2. Kristallisationsgeschwindigkeit .......................................... 212 7.4. Uberstrukturen ................................................................................ 215 7.4.1. Sphirolithe ....................................................................... 216 7.4.2. Andere Uberstrukturen ..................................................... 217 7.4.3. Einfluss der Kristallisationsbedingungen ........................... 218 7.5. Kristallinitit ..................................................................................... 221 7.5.1. Ideale Kristalle .................................................................. 221 7.5.2. Kristallisierbarkeit und Kristallinitat .................................. 221 7.5.3. Gitterdefekte ..................................................................... 222 7.5.4. Ein- und Zweiphasen-Modelle ........................................... 223 7.5.5. Rontgenographie .............................................................. 224 7.5.6. Dichte-Messungen ............................................................ 225 7.5.7. Kalorimetrie ...................................................................... 226 7.5.8. Infrarot-Spektroskopie ..................................................... 226 7.5.9. Indirekte Methoden .......................................................... 227 7.6. Orientierung .................................................................................... 227 7.6,l. Rontgen-Interferenzen ...................................................... 227 7.6.2. Optische Doppelbrechung ................................................. 228 7.6.3. Schallfortpflanzung .......................................................... 229 7.6.4. Infrarotdichroismus .......................................................... 230 7.6.5. Polarisierte Fluoreszenz ..................................................... 231 Historische Notizen ................................................................................... 231
7.1.1. 7.1.2. 7.1.3. 7.1.4. 7.1.5. 7.1.6. 7.1.7. 7.1.8. 7.1.9.
8
.
Mesophasen ............................................................................................. 8.1. Einfuhrung ...................................................................................... 8.1,l. Klassen von Mesophasen ................................................... 8.1.2 Andere Mesophasen .........................................................
235 235 235 236
Inhaltsverzeichnis
9
.
XXVII
8.2.
Mesomorphe Zusmde ..................................................................... 8.2.1. Mesogene ......................................................................... 8.2.2. Anordnung der Mesogene ................................................ 8.3. Lyotmpe Flussigkristalle .................................................................. 8.3.1. Ubersicht .......................................................................... 8.3.2. Phasentrennung ................................................................ Onsager-Theorie .......................................................... Flory-Theorie .............................................................. 8.3.3. Chemische Potentiale ........................................................ 8.3.4. Orientierung der Mesogene ............................................... 8.3.5. Amphotrope Flussigkristalle .............................................. 8.4. Thermotrope Flussigkristalle ............................................................ 8.4.1. Strukturelle Voraussetzungen ........................................... 8.4.2. Strukturen in Mesophasen ................................................ 8.4.3. Eigenschaften von Mesophasen ........................................ 8.5. Blockpolymere ............................................................................... 8.5.1. Ubersicht ......................................................................... 8.5.2. Thermotrope Domaen .................................................... 8.5.3. Lyotrope SUukturen ......................................................... 8.6. Ionomere ......................................................................................... Historische Notizen .........................................................................
237 237 239 240 240 242 243 243 247 250 251 252 253 254 255 257 257 257 262 264 265
Polymere in und an Grenzflachen ............................................................ 9.1. Oberflichen von Polymeren ............................................................. 9.1.1. Grundlagen ....................................................................... 9.1.2. Methoden ......................................................................... 9.1.3. Zusammensetzung ............................................................ 9.2. Grenzfliichenspannungen ................................................................ 9.2.1. Grundlagen ....................................................................... 9.2.2. Messmethoden .................................................................. 9.2.3. Zeiteffekte ........................................................................ 9.2.4. Oberfliichenspannung von Polymerschmelzen .................. 9.2.5. Oberflachenspannung von Polymerl6sungen .................... 9.2.6. Grenzfliichenspannung zwischen zwei Flussigkeiten .......... 9.2.7. Kritische Oberflichenspannung Festkiirper-Flussigkeit ..... 9.3. Spreitung von Polymeren auf Hypophasen ..................................... 9.4. Adsorption auf festen Oberfliichen ................................................... 9.4.1. Grundlagen ....................................................................... 9.4.2. Methoden ......................................................................... 9.4.3. Zeitabhlngigkeit ............................................................... Adsorptionsgleichgewichte ................................................ 9.4.4. 9.5. Bursten ............................................................................................. 9.5.1. Abstossungskrafte ............................................................. 9.5.2. Blob-Theorie .................................................................... 9.5.3. Rheologie ......................................................................... Historische Notizen ...................................................................................
268 268 268 268 270 271 271 271 273 275 276 276 277 279 281 281 282 283 284 285 286 286 289 290
tnhaltsverzeichnis
XXVIII
Losungen 10. Thermodynamik von Losungen ............................................................... 292 10.1. Phhomenologische Thermodynamik ............................................. 292 292 10.1.1. Gestalt und Ltisungseigenschaften ..................................... 10.1.2. Thermodynamische Einteilung von Ltisungen .................. 293 295 10.1.3. Loslichkeitsparameter ........................................................ Uslichkeitsparameter von Losungsmitteln ................... 296 296 Uslichkeitsparameter von Polymeren ........................... Mischungsenthalpie ..................................................... 297 299 10.1.4. Molekulare Betrachtungen ................................................ Selbstassoziation von Ltjsungsmittelmolekulen ............. 299 Solvatation ................................................................... 300 300 Vorzugssolvatation ....................................................... 302 10.1.5. Losegeschwindigkeit ......................................................... 303 10.2. Statistische Thermodynamik ............................................................ 303 10.2.1. Einfuhrung ....................................................................... 304 10.2.2. Gittertheorie ..................................................................... Mischungsenthalpie ..................................................... 305 305 Wechselwi rkungsparameter ........................................... 307 Mischungsentropie ....................................................... Gibbs-Mischungsenergie .............................................. 308 Chemische Potentiale .................................................. 309 Zusammenfassung ....................................................... 310 311 10.2.3. Phasentrennung ................................................................ Losungen amorpher Polymerer ................................... 311 Quasibinae Systeme .................................................... 312 F a - und Usefraktionierung ........................................ 313 315 Triibungstitration ......................................................... FUfraktionierung chemisch uneinheitlicher Polymerer .. 3 16 316 Polymerblends ............................................................. 318 Kritische Mischungstemperaturen ................................. 319 Kristalline Polymere ..................................................... 10.3. Osmotischer Druck .......................................................................... 319 10.3.1. Grundlagen ...................................................................... 321 322 10.3.2. Membranosmometrie ........................................................ Semipermeable Membranen ......................................... 322 Nichtsemipermeable Membranen .................................. 323 324 10.3.3. Ebullioskopie und Kryoskopie ......................................... 325 10.3.4. Dampfdruckosmometrie .................................................... 326 10.4. Virialkoeffizienten ........................................................................... 326 10.4.1. Grundlagen ...................................................................... 10.4.2. Gittertheorie ..................................................................... 328 10.4.3. Einfluss des ausgeschlossenen Volumens .......................... 331 10.4.4. Einfluss der Molmasse ...................................................... 331 10.4.5. Einfluss der Temperatur .................................................... 333
XXIX
Inhaltsverzeichnis
10.4.6. Osmotischer Druck mWig konzentrierter Usungen ......... 10.5. Assoziation und Selbstassoziation .................................................... 10.5.1. Grundlagen ....................................................................... 10.5.2. Offene Selbstassoziation .................................................... 10.5.3. Geschlossene Selbstassoziation .......................................... 10.5.4. Komplexierung kleiner Molekule ..................................... 10.5.5. Polymer-Polymer-Komplexe ............................................ 10.6. Polyelektrolyte ................................................................................ 10.6.1. Struktur von Polyelektrolytltisungen ................................. 10.6.2. Themodynamische Aktiviat ............................................ 10.6.3 Osmotischer Druck ........................................................... 10.6.4. Gibbs-Mischungsenergie und Polyelektrolyt-Dimensionen . 10.7.Gele ................................................................................................ 10.7.1. Ubersicht .......................................................................... 10.7.2. Quellung chemisch vemetzter Gele .................................... 10.7.3. Quellung elektrisch geladener. chemisch vemetzter Gele ... 10.7.4. Physikalisch vemetzte Gele ................................................ 11. Transport in Losungen
.............................................................................
11.1. Translationsdiffusion ....................................................................... 11.1.1. Einfuhrung ....................................................................... 11.1.2. Messverfahren ................................................................... Klassisches Verfahren ................................................... Dynamische Lichtstreuung ........................................... 11.1.3. Reibungskoeffizienten der Translation .............................. Kugeln ......................................................................... Ellipsoide ..................................................................... Stgbchen ...................................................................... Knauel ......................................................................... 11.1.4. Diffusionskoefiizienten ..................................................... Kugeln ......................................................................... Stabchen ...................................................................... Knauel .......................................................................... 11.1.5. Konzentrationsabh2ngigkeit ............................................. 11.1.6. Mlssig konzentrierte Losungen ........................................ 11.1.7. Strukturierter muss ............................................................ 11.2. Rotationsdiffusion ........................................................................... 11.2.1. Einleitung ......................................................................... 11.2.2. StrCjmungsdoppelbrechung ............................................... 11.2.3. Reibungskoeffizienten der Rotation .................................. Kugeln und Ellipsoide .................................................. S t a m Stabchen ............................................................ 11.3. Sedimentation ................................................................................. 11.3.1. Grundlagen ....................................................................... 11.3.2. Sedimentationsgeschwindigkeit ......................................... 11.3.3. Konzentrationsabhangigkeit .............................................
334 336 336 336 339 343 345 348 348 350 351 35 3 354 354 355 357 358 363 363 363 365 365 366 368 368 368 369 370 373 373 375 375 376 377 379 380 380 380 382 382 382 383 383 384 386
xxx
.
12
Inhaltsverzeichnis
11.3.4. Molmassen ........................................................................ 11.3.5. Sedimentationsgleichgewicht ............................................. 11.3.6. Sedimentationsgleichgewicht im Dichtegradienten ............ 11.4. Kraftfeld-Flussfraktionierung .......................................................... 11.5. Elektrophorese ................................................................................
387 389 390 391 392
Viskositat verdiinnter Losungen ................................................................ 12.1. Grundbegriffe ................................................................................. 12.1.1. Definitionen ...................................................................... 12.1.2. Experimentelle Methoden ................................................. 12.2. Konzentrationsabhangigkeit ............................................................. 12.2.1. Nichtelektrolyte ................................................................. 12.2.2. Polyelektrolyte .................................................................. 12.3. Grenzviskositatszahlen ..................................................................... 12.3.1. Mitteiwerte ........................................................................ 12.3.2. Hydrodynamische Volumina ............................................ 12.3.3. Kugeln .............................................................................. 12.3.4. Ellipsoide .......................................................................... 12.3.5. Stgbchen ........................................................................... 12.3.6. Ungesttirte Knauel ............................................................. a-werte ........................................................................ K,-Werte ....................................................................... Hydrodynamische Radien ............................................ 12.3.7. Gest6rte Knauel ................................................................ 12.3.8. Verzweigte Polymermolekiile ............................................ Statistisch verzweigte Polymere ..................................... Stempolymere .............................................................. Hyperverzweigte Polymere ........................................... Dendrimere .................................................................. Kammpolymere ............................................................ 12.3.9. Scheibchen ........................................................................ 12.3.10. Polyelektrolyte .................................................................. A 12. Anhang: Flory-Konstanten ............................................................... Historische Notizen ...................................................................................
395 395 395 396 399 399 402 405 405 407 407 408 410 411 412 413 414 416 417 418 420 420 421 422 423 423 423 424
Schmelzen
.
13
Thermische Eigenschanen ........................................................................ 13.1. Grundlagen ...................................................................................... 13.1.1, Einfiihrung ........................................................................ 13.1.2. Stoffzustiinde ..................................................................... 13.1.3. Ordnungen von Zustandsumwandlungen ........................... 13.1.4. Methoden .......................................................................... 13.2. Molekulbewegungen ........................................................................ 13.2.1. Thermische Ausdehnung ...................................................
426 426 426 427 427 430 432 432
XXXI
Inhal tsverzeichnis
Wgrmekapazit2t ................................................................. Wmeleitfiihigkeit ............................................................ Thermische Relaxationen .................................................. 13.3. Schmelzprozesse .............................................................................. 13.3.1. Grundlagen ....................................................................... 13.3.2. Einfluss der Morphologie ................................................. Definition der Schmelztemperatur ................................ Einfluss der Aufheizgeschwindigkeit ............................ Einfluss der Kristallitgdsse .......................................... 13.3.3. Einfluss der Molmasse ....................................................... 13.3.4. Einfluss der Konstitution ................................................... 13.4. Umwandlung von Fliissigkristallen ................................................... 13.4.1. Thermische Zusthde ......................................................... 13.4.2. Molmassenabhgngigkeit .................................................... 13.4.3. Thermodynamische Grllssen .............................................. 13.5. Glasiibergkge ................................................................................. 13.5.1. Freies Volumen ................................................................. 13.5.2. Molekulare Interpretationen .............................................. 13.5.3. Konstitutionseinfliisse ........................................................ Lineare Ketten .............................................................. Verzweigte Polymere .................................................... Vemetzte Polymere ...................................................... Ionomere ...................................................................... 13.5.4. Weichmachung .................................................................. Aussere Weichmachung ............................................... Innere Weichmachung ................................................. 13.5.5. Statische und dynamische Glastemperaturen ...................... Andere Umwandlungen und Relaxationen ........................ 13.6. 13.2.2. 13.2.3. 13.2.4.
14. Transport in Polymeren .......................................................................... 14.1. Einleitung ........................................................................................ 14.2. Transport in fluiden Polymerphasen ................................................ 14.2.1. Losungsmittel in konzentrierten Polymerlbsungen ............ 14.2.2. Polymere in Schmelzen ..................................................... 14.2.3. Reptation von Polymerketten ............................................ 14.2.4. Polymerketten in Polymematrizen ................................... 14.3. Transport kleiner Molekule durch Polymermatrizen ........................ 14.3.1. hersicht ........................................................................... 14.3.2. Penneationskoeffizienten .................................................. 14.3.3. Permeation von Gasen ....................................................... 14.3.4. Permeation von Fltissigkeiten ............................................ 14.4. Transport von Polymeren durch Porenmembranen .......................... 14.4.1. Porenmembranen ............................................................. 14.4.2. Diffusion durch Poren ....................................................... 14.4.3. Gr6ssenausschlusschromatographie ...................................
Historische Notizen
....................................................................................
433 435 436 438 438 439 439 440 440 442 444 448 448 450 450 452 453 454 456 456 458 459 460 461 461 463 465 467 470 470 471 471 472 474 476 478 478 479 481 483 484 484 485 487 489
XXXII
.
15
lnhaltsverzeichnis
Viskositat von Schmelzen ........................................................................ 491 15.1. Typen von Deformationen ............................................................... 491 494 15.2. Viskosimetrie ................................................................................... 494 15.2.1. Typen von Viskosititen ..................................................... 15.2.2. Viskosimeter ..................................................................... 495 497 15.3. Newton'sche Scherviskositaten ......................................................... 497 15.3.1. Lineare Polymere in Schmelzen ........................................ 15.3.2. Rouse-Theone .................................................................. 498 499 15.3.3. Korrekturen fiir das Rouse-Gebiet .................................... 15.3.4. Reptation .......................................................................... 501 15.3.5. Nichtlineare Makromolekule ............................................ 502 15.4. Nicht-Newton'sche Scherviskositaten ................................................ 504 15.4.1. Ubersicht .......................................................................... 504 506 15.4.2. Rheometrie ....................................................................... 15.4.3. Schmelzeelastizitat ............................................................. 508 15.5. Dehnviskositaten .............................................................................. 509 509 15.5.1 Grundlagen ....................................................................... 15.5.2. Schmelzen ........................................................................ 510 15.5.3. LBsungen .......................................................................... 512 Historische Notizen ................................................................................... 514
Festkorper 16. Elastizitat .................................................................................................. 16.1. Einfuhrung ...................................................................................... 16.2. Zugversuch ...................................................................................... 16.2.1. Grundbegriffe ...................................................................
Nominelle Zugwerte ..................................................... Wahre Zugwerte ........................................................... Spannungsweichmachung ............................................ 16.2.2. Hooke'sches Gesetz ............................................................ 16.2.3. Poisson-ZaN ..................................................................... 16.2.4. Priifmethoden ................................................................... Zugmoduln .................................................................. Biegemoduln ................................................................ M o d s l aus Schallgeschwindigkeiten ........................... Gittermoduln ............................................................... 16.2.5 Einteilung von Polymeren ................................................. 16.3 Energie-Elastizitat ........................................................................... 16.3.1 . Generalisierte Hooke-Gleichung ....................................... 16.3.2. Lineare Elastizitltstheorie .................................................. Spannungen ................................................................. Verformungen ............................................................. 16.3.3. Steifheitskonstanten und Nachgiebigkeitskonstanten ......... Orthotrope Ktirper .......................................................
517 517 519 519 519 520 521 521 522 525 525 527 528 528 529 532 533 534 534 535 538 537
In haltsverzeichnis
.
17
XXXIII
Orientierte K6rper ........................................................ Isotrope Kbrper ............................................................ 16.3.4. Theoretische Moduln ........................................................ 16.3.5. Reale Elastizit2tsmoddn .................................................... Mischungsregeln .......................................................... Takayanagi-Modelle .................................................... Einfluss der Verarbeitung ............................................. 16.4. Entropie-Elastizitilt ........................................................................... 16.4.1. Phaomene ....................................................................... 16.4.2. Entropie-Elastizitit einzelner Molekiile ............................. 16.4.3. Chemische Thermodynamik ............................................. 16.4.4. Statische Thermodynamik ................................................ 16.4.5 Modelle ............................................................................. 16.4.6 Uniaxiale Dehnung ........................................................... 16.4.7. Biaxiale Dehnung ............................................................. 16.4.8. Dehnung realer Netzwerke ................................................ 16.4.9. Scheren von Netzwerken ................................................... Histonsche Notizen ..................................................................................
538 540 541 544 545 546 547 549 549 551 552 555 556 559 561 561 563 565
Viskoelastizitiit ......................................................................................... 17.1. Einfiihrung ...................................................................................... 17.1.1. Ubersicht ........................................................................... 17.1.2. Definitionen ...................................................................... 17.2. Streckgrenze .................................................................................... 17.2.1. Considtre-Diagramm ........................................................ 17.2.2. Molekulare Ursachen fiir Fliessgrenzen ............................. 17.2.3. Streckgrenze und Teleskopeffekt ...................................... 17.2.4. Fliesskriterien .................................................................... 17.3. Fliessbereich ..................................................................................... 17.3.1. Crazes und Scherbbder .................................................... 17.3.2. Einfluss der Verhakungsdichte ......................................... 17.3.3. Anteile von Crazes und Scherbbdem ................................ 17.3.4. Grosse Dehnungen ........................................................... 17.3.5. Nachgeben als Fliessprozess .............................................. 17.4. Kriechen und Relaxation ................................................................. 17.4.1. 2-Parameter-Modelle ......................................................... 17.4.2. Spannungsrelaxation ......................................................... 17.4.3. Knechversuch ................................................................... 17.4.4. 3- und 4-Parameter-Modelle .............................................. 17.4.5. Boltzmannsches Superpositionsprinzip .............................. 17.5. Dynamische Beanspruchungen ......................................................... 17.5.1. Elzwungene Schwingungen .............................................. 17.5.2. Freie Schwingungen .......................................................... 17.5.3. Komplexe Moduln ............................................................ 17.5.4. Dynamische Moduln fester Polymerer ............................... 17.5.5. Scherspeichermoduln von Schmelzen ................................
568 568 568 568 571 571 572 575 576 578 578 579 580 581 583 585 585 587 589 590 593 595 595 597 598 601 602
XXXIV
Inhaltsverzeic hnis
17.5.6. Scherspeichemoduln von Losungen ................................. A.17 . Anhang: Altemierende Deformationen ............................................ Historische Notizen ...................................................................................
606 608 609
.
Bruch von Polymeren ............................................................................... 18.1. Einleitung ........................................................................................ 18.1.1. Definitionen ...................................................................... 18.1.2. Einfluss der Molmasse ....................................................... 18.2. Zugfestigkeit ................................................................................... 18.2.1. Einfuhrung ........................................................................ 18.2.2. Bmch spr6der Polymerer ................................................... 18.2.3. Brucheinleitung ................................................................. 18.2.4. Bruchfonpflanzung ........................................................... 18.2.5. Theoretische Zugfestigkeiten ............................................ 18.3. Reale Zugfestigkeiten ...................................................................... 18.3.1. Einleitung ......................................................................... 18.3.2. Kritische Spannungsintensitatfaktoren ............................. 18.3.3. Bruchzihigkeit ................................................................. 18.3.4. Bmch duktiler Polymerer ................................................. 18.3.5. ScNagzaigkeit ................................................................ Historische Notizen ....................................................................................
611 611 611 612 614 614 615 618 620 622 624 624 625 627 628 629 632
.
Anhang ..................................................................................................... 19.1. SI-Einheiten und IUPAC-Symbole ................................................... Tab . 19-1 Physikalische Grundgr6ssen und SI-Einheiten ................ Tab. 19-2 Abgeleitete SI-Einheiten und IUPAC-Symbole ............... Tab. 19-3 Neben oder mit SI-Einheiten verwendete Bltere Einheiten . Tab. 19-4 Vorsatze fur SI-Einheiten im Dezimalsystem ................. Tab. 19-5 Vorsatze fiir bintire Systeme (Computerindustrie) ........... Tab. 19-6 Vorsatzzeichen in der U.S. Finanz- und Gaswirtschaft .... Tab. 19-7 RBrnische Zahlzeichen ................................................... Tab. 19-8 Fundamentale Konstanten .............................................. Tab. 19-9 Umrechnungen von veralteten Einheiten ........................ 19.2. Verhatnisse physikalischer Gassen ................................................. 19.3. Konzentrationen ............................................................................... 19.4. Abkurzungen ftir Kunststoffe, Fasem, Elastornere usw .....................
634 634 634 635 636 637 637 638 638 638 638 643 644 645
18
19
Sachregister ........................................................................................................
646
Englische Fachausdriicke ..................................................................................
668
1
1. Einleitung Makromolekulare Substanzen, gewtihnlich Polymere genannt, besitzen eine ungeheure Vielfalt von chemischen und physikalischen Strukturen. Diese Suukturen rufen wiederum chemische und physikalische Eigenschaften hervor, die nicht von chemischen Elementen und niedermolekularen Verbindungen exzeugt werden konnen. Solchen Eigenschaften verdanken Polymere ihre eminente Roue als Trilger des Lebens und als vielseitig verwendbare Materialien (Tab. 1-1). Niedermolekulare natiirliche und synthetische Substanzen werden in Natur und Technik haupts2chlich wegen ihrer chemischen Eigenschaften verwendet. 2.B. als Reagenzien (Chlor usw.), Energietrager (Kohlenwasserstoffe in Motoren, Zucker in Lebewesen usw.) oder Wirkstoffe (Hormone, Pharmaka, Herbizide usw.). Auch bei vielen natiirlichen makromolekularen Substanzen (Biopolymeren) stehen die chemischen Eigenschaften im Vordergrund, z.B. bei chemischen Matrizen (Nucleinsauren), Katalysatoren (Enzymen) und Reservestoffen (Glycogen in Tieren, Poly(alky1ensaure)n in Bakterien, Amylose in Pflanzen). Tab. 1-1 Verbrauch wichtiger organischer polymerer Stoffe im Jahre 1990 (ohne Jibensmittel; Stllrke mit hbensmitteln ca. 1.108 t/a). Bevolkerung: 5 320 OOO OOO (Welt), 247 000 OOO (USA). Kunststoffe. Elastomere, Klebstoffe usw. sind oft formuliert; sie enthalten ncch ZusWe. Mated
HauptCfchliche polymere Komponente
Jahresverbrauch in Tonnen Kilogramm/Kopf USA Welt Welt
Cellulose, Lignin
600000000
113
250
Papier, Pappe. Karton Kunststoffe (nur Rohmaterialien) AdhLive, Dichtungen Hane fiir graphischeZwecke
Cellulose, Lignin Cellulose, Lignin Cellulose verschiedene synthetische verschiedene synthetische verschiedene synthetische
900000000 400000000 400000000 54 500 000 4 500 000 940 000
169 75 75 12.0 0.85 0.18
474 371 560 113
Kautschuke,Elastomere Synthetische Kautschuke Naturkautschuk (nur Rohmaterial) Thermoplastische Elastomere
vedschiedene cis-1,4-Poly(isopren) verschiedene synthetische
9 950 000 4900000 650 OOO
1,87 0,92 0,12
FaW?l SynthetischeFasern Baumwolle Bast- und Hartfasern Rayon, A d a s e r n Wolle Seide
VersChiedene Cellulose verschiedenePolysaccharide Cellulose Proteine Proteine
Brennstoffe Brennholz, HoWrohle Werkstoffe,Informationsh.iiger
Bauholz Andere Hohateriatien
Verdicker Stake (ohne andere Anwendungen) Wasserl6sliche synth. Polymere Gummen C)lll)slichesynthetischePolymere
Amylose, Amylopectin
Verschiedene verschiedene Polysaccharide verschiedene
15 900 000 14 300 000 4 000 000 3200000 2000000 50 000 6000000 4600000 500 000 500 000
3,O 2,7 0.75
0,60
1,04
16 5 -6 0.50 2,2
0.38 0,001 1.1 0.86 0,094 0,094
0.14 0,22
2
I . Einleitung
Einige natiirliche Polymere sind wegen ihrer physikalischen Eigenschaften bedeutsam. z.B. in der Natur als Geriiststoffe von Tieren (Kollagen) oder Pflanzen (Cellulose, Lignine) oder fiir menschliche Zwecke als Fasem (Seide, Wolle, Cellulose). Physikalische Eigenschaften stehen auch beim weitaus uberwiegenden Teil aller synthetischen Polymeren im Vordergrund, und zwar vorwiegend das mechanische Verhalten als Festkdrper. Beispiele sind Kunststoffe, Fasem und Elastomere. Die physikalischen Eigenschaften von Polymerldsungen fallen tonnagemlssig weit weniger ins Gewicht. Beispiele sind hier Verdicker fiir Lebensmittel (wenn man von der Starke absieht) oder Zusatze f i r Motoreniile (vgl. Tab. 1-1). Kunststoffe (E: plastics) sind synthetische Polymere oder abgewandelte polymere Naturstoffe mit Glasiibergangstemperaturen TG oberhalb der Gebrauchstemperatur T. Chemisch unvemetzte Kunststoffe werden als Thermoplaste bezeichnet (E: thermoplastics), chemisch stark vernetzte als Duroplaste (E: thermosets). Chemisch schwach vemetzte Polymeren rnit Glastemperaturen unterhalb der Gebrauchstemperatur heissen Elastomere (E: elastomers). Fasern (E: fibers)sind in
der Regel "eindimensionale" Thermoplaste oder entsprechende Naturstoffe. Thermoplastische Elastomere (E: thermoplastic elastomers) und elastomere Fasern (E: elastomeric fibers) sind entsprechend schwach physikalisch vernetzte Polymere rnit TG c T. Die physikalischen Eigenschaften von Polymeren werden zum einen von ihrer physikalischen Struktur kontrolliert und zum anderen von der Beweglichkeit der Polymermolekule und -segmente. Die physikalische Struktur h a g t aber sowohl von der chemischen Struktur der den Polymeren zugrundeliegenden Makromolekule ab als auch von deren Wechselwirkung mit der Umgebung, d.h. mit dem Ldsungsmittel in Ltisungen bzw. rnit anderen Polymermolekiilen in Festkiitpem und Schmelzen. Das Wechselspiel zwischen Struktur und Eigenschaften wird in der Regel mit zwei grundverschiedenen Ansatzen untersucht. Chemiker stellen Polymere rnit mdglichst verschiedenen chemischen Strukturen her, die dann technologisch durch ihre unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften charakterisiert werden. Anschliessend werden chemische Strukturen und physikalische Eigenschaften korreliert, und zwar meist durch empirische oder semiempirische Regeln. Physiker betrachten dagegen wenn immer mdglich die einfachste physikalische Struktur und leiten daraus Gesetzmassigkeiten fiir physikalische Eigenschaften in verschiedenen Stoffzustaden ab, oft rnit intellektuell anspruchsvollen Theorien. die recht abstrakte mathematische Ansatze erfordem. Diese globule Betrachtungsweise besticht durch ihre Eleganz. Sie muss aber notwendigerweise die von Chemikem so hoch geschitzten lokalen Effekte vemachlassigen. Das Problem lbst sich vereinfachend wie folgt darstellen. Physiker versuchen, die Funktion zu finden, nach der die Eigenschaft E von der Struktur S abhangt (E = AS; E = A + BS;E = A exp(- BS) usw.). Chemiker sind dagegen hauptskhlich am Einfluss der Struktur auf die Parameter A und B interessiert. Beobachtete Eigenschaften werden dann anhand von als generell zutreffend erachteten physikalischen Theonen und Modellen diskutiert, ohne dass haufig hinterfragt wird, inwieweit die notwendigerweise vereinfachenden theoretischen Annahmen ncch zutreffen. Der vorliegende Band versucht einen Mittelweg zu gehen. Einerseits werden die verschiedenen physikalischen Theorien und Modelle samt ihren Ableitungen geschildert, hiufig jedoch in vereinfachter Form und unter Verzicht auf eine rigomse mathematische Behandlung (siehe dazu die in der Bibliographie aufgefiihrten Lehrbucher der Physik). Anderemeits wurde intensiver auf die stoffspezifischen Aspekte eingegangen als das ublicherweise in Lehrbuchem der Polymerphysik erfolgt. Weitere Informationen uber einzelne Polymere finden sich in Band I11 (Technische Synthesen und Polymere) sowie Band IV (Technologie der Polymeren).
I . Einleitung
3
Literatur zu Kap. 1 GESCHICH'E W.H.Stockmayer, B.HZimm. When Polymer Science h k e d Easy, Ann.Rev.Phys.Chem. 35 (1984) 1
H.-GElias. Makmmolekiile, Band I. U p . 1, Wiley-VCH, Weinheim. 6. Aufl. 1999 HANDBUCHER Houben-Weyl, Methoden der organischen Chemie (Hrsg. E. Miiller). 4. Aufl.. Bd. XIV (2 Teile). Thieme, Stuttgart 1961-63; 5. Aufl., Bd, E 20, Makromolekulare Stoffe (3 Teile). Thieme 1987 G.W.Becker, D.Braun, Hrsg., Kunststoff-Handbuch, Hanser,Miinchen, 2. Ausgabe (seit 1983) H.Mark, C.Overberger, G.Menges, N.Bikales, Hrsg.. Encyclopedia of Polymer Science and Engineering, Wiley, New York, 2. Aufl. 1985-1990.19 Bde. + 2 Ergtinzungsbande G.Allen. J.C.Bevington, Hrsg., Comprehensive Polymer Science, Pergamon, Oxford, 7 Bde. (1989), First Supplement 1992. Second Supplement (19%), speziell Band 1 (Polymer C h a r a c W o n ) und Band 2 polymer properties) J.E.Mark, Hrsg.. Physical hperties of Polymers Handbook. A P Press. Williston (VT) 1996 (enthat auch Datensammlungen) J.C.Salamone. Hrsg.. Polymeric Materials Encyclopedia, CRC Press, Boca Raton 19%,12 Bande oder 1 CD-ROM. Kurzform: Concise Polymeric Materials Encyclopedia. CRC Press. Boca Raton (FL) 1999
J.E.Mark. Hrsg., Polymer Data Handbook, Oxford Univ. Press, New York 1999 DATENSAMMLUNGEN 0.Griffin Lewis, Physical Constants of Linear Homopolymers, Springer, Berlin 1968 W.J.Roff. JRScott, Handbook of Common Polymers, Butterworths. London 1971 BEllis, Polymers - A Property Database,Chapman & Hall.Boca Raton (FL) 1999 (CD-ROM) J.E.Mark. Hrsg., Polymer Data Handbook. Oxford University Press, New York 1999 J.Brandrup, E.H.Immergut. E.A.Grulke, Hrsg.. Polymer Handbook, Wiley, New York, 4. Aufl. 1999 N.A.Waterman. MF.Ashby, Hrsg., The Materials Selector, Chapman & Hall, Boca Raton (FL) 1999 D.J.David, A.Misra, Relating Materials Properties to Structure.Hanbook and Software for Polymer Calculations and Materials Properties, Technomic Publ., Lancaster (PA) 2000 WORTERBUCHER. LEXIKA T.Whelan, Polymer Technology Dictionary, Chapman and Hall. London 1994 M.S.M.Alger. Polymer Science Dictionary, Chapman and Hall, London, 2. Aufl. 1997 BIBLIOGRAPHIEN O.A.BaUista, The Polymer Index, McGraw Hill, New York 1976 J.T.Lee, Literature of Polymers, Encyclopedia of Polymer Science and Engineering, 2. Aufl.. 9 (1987) 62
R.T.Adkins. Hrsg.. Information Sources in Polymers and Plastics, K.G.Saur. New York 1989 LEHRBUCHER DER POLYMERPHYSIK F.Bueche, Physical Properties of Polymers, Interscience, New York 1%2 J.M.Schultz, Hrsg.. Treatise on Materials Science and Technology, Band 10. Properties of Solid Polymeric Materials, Academic Press, New York 1977 J.E.Mark, A.Eisenbexg. W.W.Graessley, L.Mandelkern, J.L.Koenig, Physical Propexties of Polymers. Am.Chem.Soc.. Washington (DC), 2. Aufl. 1993 U.Eisele, Introduction to Polymer Physics, Springer. Berlin 1990 W.Retting. H.M.Laun, Kunststoff-Physik, Hanser, Miinchen 1991 L.H.Spetling, Introduction to Physical Polymer Science, Wiley. New York 1992 R.W.Cahn, P.Haasen, E.J.Kramer, E.L.Thomas, Hrsg., Materials Science and Technology, Band 12, EL.Thomas. Hrsg.. Structure und Properties of Polymers, VCH, Weinheim 1993 U.W.Ged&, Polymer Physics, Chapman and Hall, London 1995 M.Doi. Introduction to Polymer Physics, Oxford Univ. Press, New York 1996 G.R.Strob1, The Physics of Polymers, Springer, Berlin, 2. Aufl. 1997 A.Gmshg, Hrsg.. Theoretical and Mathematical Models in Polymer Research, Academic Press,San Diego 1998
4
2.
Chemische Struktur
2.1.
Konstitution
2 . 1 . 1 . Einfache Ketten Makromolekiile sind grosse Molekiile (G: makros = gross; L: molecula = Meine Masse, Diminutiv von moles = Masse) aus Hunderten bis Millionen von Atomen. Die Atome werden wie bei kleinen Molekulen durch chemische Bindungen zusammengehalten (Band I, Kap. 2). Wie kleine Molekiile bestehen praktisch alle Makromolekiile auch aus zwei oder mehr verschiedenen Typen von Atomen, z.B. Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff beim Poly(oxymethy1en). Makromolekiile aus nur einem einzigen Typ von Atomen sind die sehr seltene Ausnahme, z.B. der polymere Schwefel (Tab. 2-1). Makromolekiile werden auch Polymermolekiile genannt (Band I, Kap. 1.2). Eine sub,: Kollektion gleicher Makromolekule bildet eine makromolekulare Substanz (I. sfanfia = Stoff, Bestand, Wesen) bzw. ein Polymer (G: polys = viele, meros = Teil). "Polymetfmolekiil)" wird jedoch haufig im eingeschrakten Sinn als aus vielen gleichen oder gleichartigen Teilen bestehend gebraucht. Die Substanz Poly(ethy1en) ist dann ein Polymer, nicht aber ein aus verschiedenen a-Aminosaureresten aufgebautes Protein. Tab. 2- 1 Monomere sowie Monomereinheiten,Repetiereinheiten und Symbole der Polymeren. Monomere
Monomereinheiten
Repetiereinheiten
Symbol
--CHz-
PE
AHz-
PM
A H A H -
PP
I
CH3
-NH(CH&-
PA 6
6 -NH(CH&NHC(CHJ4CI1
I1
0 0 -NH(CH&NHC(CHJ4C-
-S-
I1
II
0
0
PA 66 PA 66
S
2. chemische strukncr
5
Makromolekule entstehen aus Monomermolekulen durch Polyreaktionen oder aus anderen Makromolekiilen durch Polytransformationen (polymeren Umwandlungen). Makromolekulare Subsrunzen werden entsprechend aus monomeren Substanzen (Monomeren) eneugt oder aus anderen makromolekularen Substanzen (Band I). Ein Makromonomer ist ein Monomer mit einem htiheren Molekulargewicht. Die Verbindung CH2=CH(COOCH~CH(C~HS)H} bezeichnet man zum Beispiel als Monomer, die Verbindung CH2=CH[COO[CH2CH(C6H5)]25H) dagegen als Makromonomer. Bei Polyreaktionen werden Monomermolekiile zu Monomereinheiten (E: monomer(ic) units) bzw. Meren (E: men) oder Grundbausteinen. Ein Beispiel ist die Polymerisation von Ethen CH2=CH2 zu Ethyleneinheiten -CHyCH2-. Bei Unipolymeren sind alle Monomereinheiten identisch, z.B. beim Poly(ethy1en) oder beim Poly(g1ycin). Copolymere weisen dagegen verschiedene Typen von Monomereinheiten auf. zum Beispiel zwei beim Poly(ethy1en-co-propylen) und bis zu zwanzig bei unmodifizierten Proteinketten: R#H2-CH24H2-.
.... - C H 2 4 H , - C H,-CH,-CH,fR
Poly(ethylen)
H f N H ~ H,-Co-NH-CE~.....-- N H - - C H , - - C ~ H R~H,-CH,-CH,~H-CH,-CH,-.
CH3
....-CH,--yH+R'
Poly(ethylen-co-propylen)
CH,
H ~ N H - C ~ - C O - ~ .....~ H~ - ~C ~H CH,
Poly(g1ycin)
-
-
c
ein ~ Protein H
C,H*
Der Suuktur nach unterscheidet man femer zwischen Kettengliedem. Monomereinheiten, konstitutionellen Repetiereinheiten und Segmenten einerseits und Endgruppen andererseits (E: end groups). Wenn man auf die Monomereinheiten abstellt (E: monomer(ic) units), sind H und OH die beiden Endgruppen des Poly(glycins). Chemiker sehen dagegen NHz und COOH als die beiden Endgruppen dieses Makromolekiils an. Konstitutionelle Repetiereinheiten kdMen grtisser als, gleich gross wie oder kleiner als Monomereinheiten sein (Tab. 2- 1). Beim Poly(propy1en) aus Propen (111) sind Monomereinheiten und konstitutionelle Repetiereinheiten (konstitutionelle Wiederholungseinheiten. Strukturelemente (veraltet)) gleich gross (E: constitutional repeating units). Auch die Monomereinheiten -CH2- aus der Polymerisation von Diazomethan (11) sind mit den konstitutionellen Repetiereinheiten identisch. Aus Ethen (I) entstehen jedoch Ethyleneinheiten -CHz--CH2-, die grtisser als die Repetiereinheiten - C H y sind. Beim Poly(hexamethy1enadipamid) (PA 66. Nylon 66) aus Hexamethylendiamin (VIII) und AdipinslIure (IX) sind dagegen umgekehn die Repetiereinheiten grtisser als die Monomereinheiten. Monomereinheiten und Repetiereinheiten sind dagegen identisch, oder dem wenn PA 66 aus dem sog. AH-Salz "[NH~(CH~)6NH~]ee[00C(CH2)4C00]e Dimeren (X)hergestellt wird. Kettenglieder (E: chain units) sind in der Regel kleiner als Monomereinheiten; nur beim Poly(methy1en) aus Diazomethan (11) sind Kettenglieder und Monomereinheiten gleich gross. In den meisten Fmen besteht eine Monomereinheit aus verschiedenen Kettengliedem, wie ein Blick auf Tab. 2-1 zeigt. Die Kettenglieder selbst bestehen aus Kettenatomen und deren Substituenten, wobei in der organischen Chemie die an C-Kettenatomen befindlichen H-Atome nicht als Substituenten bezeichnet werden.
6
2.1. Konstitution
In der Physik ist es oft iiblich, die kleineren Einheiten von Polymermolekiilen als "Monomere" zu bezeichnen. D i m Bezeichnungsweise ist aus drei Griinden inkmekt. Einmal konnen mahmolekulare Substanzen von der Herstellung her durchaus noch echte Monomere (= nichtpolymerisierte Ausgangsstoffe) enthalten. Zum anderen ist nicht immer Mar, ob es sich bei den "Monomeren" der Physik um Monomereinheiten, konstitutionelle Repetiereinheiten oder gar Kettenglieder handelt Schliesslich ist "Monomer" eine Substunz und weder ein Molekiil noch eine Atomgruppierung. Die Anzahl N der Monomereinheifen pro Polymermolekiil wird als Polymerisationsgrad X des Polymermolekiils bezeichnet (E: degree of polymerization of the polymer molecule). Eine Ausnahme besteht bei Polymermolekulen aus Polykondensationen vom Typ AA + BB. 2.B. bei dem Poly(hexamethy1enadipamid) aus den Monomeren VIII und IX. Hier wird entsprechend der Polykondensationstheorie der Polymerisationsgrad auf die Repetiereinheiten bezogen. Bei Makromolekiilen, die keine Polymermolekule im engeren Sinne sind (2.B. Enzym- oder Nucleinsauremolekiile). ist es nicht sinnvoll, einen Polymerisationsgrad anzugeben. In chemischen Formeln wird die unbekannte Zahl der Monomereinheiten pro Makromolekul bzw. der unbekannte Polymerisationsgrad nicht durch N bzw. X, sondem traditionsgemass durch n symbolisiert. Die Konstitutionsformel des Poly(ethy1en)-Molekiils wird zum Beispiel R(CH~CHZ)~R' geschrieben und bei unbekannten Endgruppen auch als +CH2CH*. n ist aber nach den IUPAC-Regeln das Symbol fiir die Stoffmenge einer Subsfanz (z.B. in mol, kmol usw.). Bei makromolekularen Substanzen (Polymeren) ist nun der Polymerisationsgrad X des Polymeren numrnerisch identisch rnit der Stoffmenge n an Monomereinheiten in der Substanz, allerdings nicht in Bezug auf die physikalische Einheit. Da in einer polymeren Substanz Polymermolekiile rnit verschiedenen Polymerisationsgraden vorliegen kllnnen. ist das n in der Konstitutionsformel ein Mittelwerf uber die Stoffmenge an Monomereinheiten pro Molekiil (s.a. Kap. 2.3 und 2.4).
2.1.2.
Bezeichnungen einfacher Ketten
Polymerketten werden nach der Zahl der Typen von Kettenatomen in Homo- und Heteroketten eingeteilt. Bei Homoketten sind alle Kettenatome identisch. Beispiele sind Poly(ethy1en) rnit lauter C-Kenenatomen und polymerer Schwefel mit lauter S-Kettenatomen (Tab. 2-1). Heteroketten enthalten zwei oder mehr Typen von Kettenatomen. Sie liegen z.B. bei den Poly(oxyethy1en)en mit den Monomereinheiten -0-CH2-CH2und den Poly(dimethylsi1oxan)en mit den Monomereinheiten -O-Si(CH3)y vor. Polymere werden einheitlich genannt (E: uniform, "monodisperse"), wenn ihre Makromolekiile in Bezug auf Konstitution und Polymerisationsgrad identisch sind. Ein Beispiel sind Enzyme. Die meisten synthetischen Polymeren sind dagegen uneinheitlich (E: non-uniform, "polydisperse") in Bezug auf die Zahl, Anordnung oder Konstitution der Monomereinheiten von Makromolekiil zu Makromolekiil (zur Etymologie von "dispers",s. Band I, S. 41). In diesem Werk bezieht sich konstitutionell uneinheitlich auf Unterschiede in der Konstitution oder der gegenseitigen Anordnung der Mere und molekularuneinheitlich auf Unterschiede in der ZaN der Monomereinheiten pro Kette. Regulare Polymere weisen in allen ihren Molekiilen nur einen einzigen Typ konstitutioneller Repetiereinheiten in der gleichen Anordnung auf. Irregulire Polymere sind dagegen nicht durch einen einzigen Typ konstitutioneller Repetiereinheiten in gleicher Sequenz beschreibbar. Wenn die gleichen Monomereinheiten verschieden miteinander verknupft werden, mten Regioisomerien auf.
7
2. chemische struktur
Die gleiche Monomereinheit -CH2-CHR- kann z.B. bei der Polymerisation des Monomeren in Kopf-Schwanz-, Kopf-Kopf- oder Schwanz-Schwanz-Stellungeingebaut werden. Poly(vinylfluorid) (R = F) weist z.B. (6-10) 96 Kopf-Kopf-Verlcniipfgen neben den "gewtihnlichen" Kopf-Schwanz-Strukturen auf. Polymermolekiile kUMm ferner noch von der Polymerisation stammende "falsche" Einheiten besiuen, und zwar entweder aus dem Monomeren selbst oder aus bei der Polymerisation anwesenden Fremdstoffen. Deraaige Imgularitaen beeinflussen die physikalischen Strukturen und Eigenschaften von Polymeren, was einer der Griinde sein kann. wenn Theorie bzw. Model1 und Realitiit auseinanderklaffen.
Die in der Literatur angegebenen Konstitutionsformeln von Polymermolekulen sind folglich immer idealisiert. Das Gleiche gilt fiir die systematischen und generischen Namen von Polymennolekulen. Systematische Namen sind Konstitutionsnamen. die nach den von CAS (Chemical Abstracts Service) bzw. IUPAC (International Union of Pure and Applied Chemistry) aufgestellten Regeln gebildet werden (vgl. Band I). Diese Regeln sind fiir organische und anorganische Makromolekiile verschieden, wobei Molekiile als anorganisch bezeichnet werden, wenn die Kettenatome zu weniger als 50 % aus Kohlenstoffatomen bestehen. Systematische Namen sind komplex und werden daher ebenso wie die CAS Registry Numbers meist nur fiir archivarische Zwecke benutzt. Dabei ist zu beachten, dass die Namen im Laufe der Zeit stark variierten. z.B. fiir das Polyamid 66: Poly[imino(l,4-dioxo-l,4-butandiyl)imin~l,6-hexandiyl] Poly [hino(1.6-dioxohexamethylen)iminohexamethylen] Poly [iminoadipoyliminohexan-l,6-diyl] Poly[imino(l,6-dioxohexamethylen)iminohexan-1,6-diyl]
CAS. veraltet IUPAC 1975 CAS. IUPAC 1996 CAS, IUPAC 1996.altemativ
Die Literatur benutzt meist sog. generische Namen. welche Poly(monomer)-Namen darstellen. Der Name des Polymennolekiils besteht hier aus dem Namen der Monomermolekiile (nicht der Monomereinheiten) und der Vorsilbe "Poly". In diesem Buch werden dabei alle Namen von Monomermolekulen in Klammem gesetzt, in der Literatur dagegen nur komplexere. Einige Beispiele finden sich in Tab. 2-2. Tab. 2-2 Monomere, Monomereinheiten, Poly(monomer)-Namen und systematische Namen.
Monomer Name
Ethen propen I-Buten Styrol Butadien Acetylen Fddehyd
Konstitution
Monomereinheit Konstitution
Poly(monomer)Name Poly(ethen)
Konstitutionsname
Poly(ethy1en) P~ly(propan-1,3-diyl) Poly@ropen) Poly(pr0pyIen) POly(l-bUten) Poly(b~tan-1.4-diyl) POlY(StYr0l) Poly( 1-phenylethylen) 1,4-PoIy(butadien) Poly(l-buten-1,4-diyl) Poly(acety1en) Poly(ethen-l.2-diyl) Poly(formaldehyd) Poly(oxymethy1en)
8
2.1.3.
2.1. Konstitution
Polymerarchitektur
Lineare Polymere Die geradkettigen Molekiile des Poly(ethylen)s, Poly(propylen)s, Poly(oxyethy1en)s usw. werden aus historischen Griinden als lineare Ketten bezeichnet (E: linear chains), weil man urspriinglich annahm, dass sie sowohl in Kristallen als auch in Llisungen als "Stiibchen" vorliegen. Heute bezieht sich "linear" auf die konstitutionell eindimensionale Vereinigung der Kettenatome, d.h. auf die Abwesenheit von Kettenverzweigungen. Cyclische Makromolekiile ("Ringpolymere") z M t man nicht zu den linearen Polymeren, obwohl sie geradkettig sind. Unipolymere entstehen aus einer einzigen Sorte von Monomermolekiilen. Copolymere aus i = zwei oder mehr Sorten. z.B. Bipolymere (i = 2), Terpolymere (i = 3). Quaterpolymere (i = 4), Quinterpolymere (i = 5) usw. "Copolymer" wird hgufig d s Synonym fiir "Bipolymer" venvendet. In Copolymeren folgen sich die verschiedenen Typen von Monomereinheiten je nach den Synthesebedingungen in unterschiedlicher Weise. Bei Bipolymeren stellen z.B. Diblockcopolymere (E: block copolymers) den einen Grenzfall dar und alternierende Bipolymere (E: alternating bipolymers) den anderen. Zwischen diesen Typen liegen die Gradientenbipolymeren (E: graded bipolymers, tapered bipolymers), segmentierten Bipolymeren (E: segment bipolymers), periodischen Bipolymeren (E: periodic bipolymers) und statistischen Bipolymeren (Tab. 2-3). Bei den Letzteren lltsst sich der Grenzfall der statistischen Bipolymeren mit einer Bernoulli-Statistik der Monomereinheiten (Markow-Statistik nullter Ordnung; E: random bipolymers) von denen mit anderen Statistiken unterscheiden (2.B. Markow-Statistiken hoherer Ordnung; E: statistical bipolymers). Alle diese Bipolymeren und die entsprechenden hliheren Copolymeren sind lineare Polymere. Pfropfcopolymere weisen dagegen verzweigte Ketten auf. Blockcopolymere [a,b,, a,b,cr usw.]. altemierende Bipolymere [(ab),] sowie periodische Copolymere [(abb),, (aabb),, (abc), usw.] sind durch geeignete Synthesen praktisch konstitutionell einheitlich zughglich, aber manchmal nicht notwendigerweise auch molekulareinheitlich. Bei statistischen Copolymeren variieren dagegen immer sowohl die Zusammensetzung an Monomereinheiten als auch deren Sequenz von Polymermolekiil zu Polymermolekiil. Statistische Copolymere sind daher stets molekularuneinheitlich. Tab. 2-3 Typen von Bipolymeren mit den Monomereinheiten a und b. Name AltemierendeBipolymere Pendische Bipolymere (Beispiel 1 ) Periodkche Bipolymere (Beispiel 2) Statistische Bipolymere (Bernoulli) Gradientenbipolymere Segmentierte Bipolymere (n, m gross) Diblockpolymere bpfbipolymere
Schematischer Aufbau
...abababababababababababababababababababababab... ...abbabbabbabbabbabbabbabbabbabbabbabbabbabb...
...a ...
..abaabbababbaaaaaabaatiaabbbbaaaabaabbaaaabaabbb... an=baaaaabaaabababbabbbbbbbbbbbaab,,,
anbAnbrAhn a ................................... ab ................................. b ....a-a-a .......a-a-a.. .a-a-a ...............a-a-a .......a-a-a. .. I bn
I
bm
I
bl
I
I
bk
bh
9
2. Chemische Struktw
Verzweigte Polymere Der Begriff der "Kettenverzweigung" der makromolekularen Chemie unterscheidet sich vom Begriff der "Verzweigung" der niedermolekularen organischen Chemie. In der organischen Chemie gilt ein Molekiil als verzweigt, wenn der "Substituent" aus einer Seitenkette rnit den gleichen Atom(gruppen) wie die Hauptkene besteht. Das 3-Ethylpentan H-CH2-CH2-CH(C2H5)-CH2-CH2-H ist demnach ein verzweigtes Isomeres des Heptans. In der Polymerchemie wird dagegen ein Makromolekul rnit der Monomereinheit -CHyCH(C2H5)- als unverzweigt betrachtet, weil die Seitenkette -C2H5 bereits im Monomeren CHz=CH(C2Hs) vorhanden war. Aus diesem Grunde werden in der Technik auch die aus Ethen CH2=CH2 rnit etwas 1-Hexen CH2=CH(CqHg) entstehenden Copolymeren als lineare Poly(ethy1en)e niedriger Dichte bezeichnet. Verzweigte Polymere (E: branched polymers) im Sinne der Polymerchemie entstehen erst durch die Polymersynthese und zwar entweder gezielt oder rein statistisch. Sternmolekiile (E: star moIecules) werden sowohl durch Wachstum von linearen Ketten von einem drei- oder mehrfunktionellen Kern aus gebildet als auch durch Koppeln von drei oder mehr vorgeformten Ketten an einen Kern. Dieser Kern kann ein kleines Molekul sein wie z.B. Ammoniak oder ein gr6sseres Gebilde wie z.B. ein Latexteilchen. Stemmolekule besitzen entsprechend zwischen drei und hundert Arme mit jeweils Hunderten und Tausenden von Monomereinheiten. Dendrimermolekiile sind Stemmolekiile mit regelmassigen Folgeverzweigungen. Jede neue "Schicht" von Verzweigungseinheiten nennt man eine "Generation". Das Dendrimer der Abb 2-1 besitzt z.B. einen vierfunktionellen Kern und 3 Generationen von Verzweigungseinheiten 4,also 4 + 8 + 16 = 28 Verzweigungspunkte und entsprechend 32 Endgruppen. Durch kontrollierte Synthesen sind praktisch molekulareinheitliche Dendrimere rnit bis zu 9 Generationen und Molekulargewichten von einigen Hundemausend erzeugt worden. Dendrimermolekule sind jedoch nicht notwendigerweise Polymermolekiile mit spharischer Symmetrie. Bei rein statistischer Reaktion von Monomermolekiilen der Typen AB2, AB3 usw. rnit sich selbst bzw. mit bifunktionellen Molekiilen AB entstehen statistisch venweigte Polymermolekule, falls nur A rnit B reagieren kann, aber nicht A rnit A und/oder B mit B. Das Ausmass der Verzweigung dieser hyperverzweigten Polymermolekiile (E: hyperbranched) ist in gewissen Grenzen durch die Reaktionsbedingungen steuerbar.
Sternartiges Polymermolekul
Kammartiges
Polymermolekiil
Dendrimermolekiil
Kette mit DendrimerSeitengruppen
Hyperverzweigtes Polymermolekiil
Statistisch verzweigtes
Polymermolekiil
Abb. 2- 1 Einige Typen von verzweigten Makromolekiilen (schematisch).
10
2.1. Konstitution
Kammmolekiile (E: comb molecules) mit in regelmgssigen Abstiinden angeordneten, gleich langen Seitenketten erhdt man durch Polymerisation von Makromonomeren. Bei der Pfropfpolymerisation von Monomeren von oder zu linearen Ketten entstehen dagegen Kammmolekiile mit ungleich langen Asten, die sich zudem in unregelmBssigen Abstiinden folgen. Bei beiden Typen konnen die Seitengste entweder die gleiche wie oder aber eine andere Konstitution als die Hauptkette aufweisen. Im letzteren Fall handelt es sich um Pfropfcopolymere. Lineare Ketten mit Dendrimer-Seitengruppen k6nnen als Spezialfall der Dendrimeren oder als besondere Typen von Kammmolekulen aufgefasst werden. Wenn die Dendrimer-Seitengruppen gross genug und eng gepackt sind, zwingen sie das lineare Ruckgrat in die gestreckteren Formen der steifen Ketten bzw. flexiblen Sthichen. Besonders bei radikalischen und kationischen Polymerisationen, teilweise auch bei anionischen und insertierenden, entstehen durch Kettenubertragungen statistisch verzweigte Polymermolekiile. Ein Beispiel ist die radikalische Polymerisation von Ethen. Kurzkettenverzweigungen (E: short-chain branches) werden hier durch intramolekulare Ubertragungsreaktionen der radikalischen Kettenenden mit anschliessender Anlagerung weiterer Monomermolekule an das neu gebildete kettensthdige Radikal hervorgerufen. Solche Kurzkettenverzweigungen kann man als seitenstiindig mit der Hauptkette verknupfte Oligomermolekule auffassen. Langkettenverzweigungen (E: long-chain branches) resultieren aus intermolekularen Ubertragungen der wachsenden Makroradikale auf andere Polymerketten. Sie sind seitenstiindig verknupfte Polymermolekule, wie man bei Poly(ethy1en)en sieht:
langkettenverzweigt tx. y. 2.4 >> 1)
2.1.4.
Konstitutionell hoherdimensionale Makromolekiile
Lineare Makromolekule konnen als konstitutionell eindimensionale Gebilde aufgefasst werden, da die Liinge der gestreckten Kette weit grosser als der Kettendurchmesser ist. Entsprechend gibt es auch konstitutionell zwei- und dreidimensionale Makromolekule sowie dazwischen liegende Formen. Alle diese konstitutionell ein-, zwei- oder dreidimensionalen Formen sind in der Regel geometrisch dreidimensionale Gebilde. Als Grundstruktur kann man stets eine einzelne lineare Kene annehrnen. Durch chemische Verknupfungen mehrerer solcher Ketten bauen sich dann verzweigte und/oder konstitutionell hoherdimensionale Ketten auf (vgl. Abb. 2- 1 bis Abb. 2-3). Die zugrundeliegenden Ketten konnen wiederum offenkettig sein oder grosse Ringe bilden. Ihre aktuelle geometrische Form wird dabei durch ihre Konstitution sowie ihre Makrokontiguration (Kap. 2.2) und Makrokonformation (Kap. 3) bestimmt, die wiederurn durch die Sequenzen der Mikrokonfigurationen und -konfonnationen diktiert werden. Diese Sequenzen mdgen ungeordnet oder geordnet sein (2.B. in Helixstrukturen) und zu flexibleren oder steiferen Segmenten fuhren. Durch ein Verknupfen der Ketten entstehen dann noch kompliziertere Gebilde.
11
2. chemisehe stnckw
Polycatenan
Polyrotaxan
>:x:x:xx Spirokette
Sph8roidales Protein
Polymernilhe
Leiterpolymer
Doppelhelix
Doppelleiterkette
Kugelmolektll
Abb. 2-2 Einige Typn hiiherdimensionaler Makromolekiile (nicht massstilblich).
In Polycatenanen sind ringfbrmige Fadenmolekiile ohne intermolekulare chemische Bindungen miteinander verkettet (L: catena = Kette). Bei Polyrotaxanen sind durchlbcherte Perlen (2.B. Cyclodextrine) ebenfalls ohne intermolekulare chemische Bindungen auf Ketten aufgezogen (L: rotare = drehen). Polymerriihren besitzen eine Hohlachse; die Atome bzw. Atomgruppen ihrer W h d e sind chemisch aneinander gebunden. Spiroketten (in Abb. 2-2: Poly(pentaerythrit)) bauen sich aus zwei Einzelketten auf, die in periodischen Abstiinden ein gemeinsames Kettenatom besitzen. Bei Leiter- bzw. Doppelstrangpolymeren sind dagegen die beiden Ketten durch chemische Bindungen verbunden, hier beim cyclisierten 1.2-Poly(butadien). Bei Doppelhelices winden sich zwei helicale Ketten umeinander; bei Desoxyribonucleinsiuren werden sie 2.B. sowohl durch Wasserstoffbrtickenbindungen als auch durch x-x-Wechselwirkungen zusammengehalten. Doppelleiterketten kommen ausser bei dem in Abb. 2-2 gezeigten Apophyllit in vielen anderen Formen vor, z.B. bei Silikaten. Konstitutionell zwei- und dreidimensionale Polymermolekiile sind verhtiltnismissig selten. Regelmlssig aufgebaute Phyllopolymere bilden zweidimensionale Gitter, z.B. der Graphit der Abb. 2-3 (G: phyflon = Blatt). Solche Polymere mit Dicken von einer Atomlage nennt man auch Schichten-,Flachen- oder Parkettpolymere. Folienpolymere (E: sheet polymers) sind mehrere Atomlagen dick. Ein Beispiel ist der Glimmer. Tectopolymere (G: tekron = Zimmermann, L: rectum = Dach) bzw. Gitterpolymere (E: lattice polymers) liegen z.B. beim Diamanten, beim Quarz und beim schwarzen Phosphor vor. Gitterpolymere existieren ausschliesslich im festen Zustand. Im Gegensatz zu diesen chemisch regelmlssig dreidimensional vemetzten Polymeren sind die Ketten bei Elastomeren und Duroplasten statistisch vemetzt.
Phyllopolymer
Tectopolymer
Abb. 2-3 Einige zwei- und dreidimensional vernetzte Makromolekiile.
Statistisches Netzpolymer
2.2. Konfiguration
12
2.2.
Konfiguration
2 . 2 . 1 . Grundbegriffe Molekiile chemischer Verbindungen aus der gleichen ZaN gleicher, aber unterschiedlich angeordneter Atome sind Isomere (G: isos = gleich, meros = Teil). Konstitutionsisomere besitzen bei gleicher Summenfonnel verschiedene Aufeinanderfolgen der Atome im Molekiil. Beispiele sind Butan C H ~ C H Z C H ~ Cund H ~Isobutan CH3CH(CH3)2. Stereoisomere sind dagegen Molekule mit gleicher Aufeinanderfolge, aber unterschiedlicher raumlicher Anordnung der Atome, z.B. D-Alanin und L-Alanin (G: stereos = starr, fest, hart). Ein Molekiil ist entweder ein Konstitutionsisomer oder ein Stereoisomer. Stereoisomere werden nach ihren Symmetrieeigenschaften oder nach ihren Energiebameren eingeteilt. Nach den Symmetrieeigenschaften unterscheidet man Enantiomere und Diastereomere (Abb. 2-4). Zwei Stereoisomere sind immer enantiomer oder diastereomer zueinander, jedoch niemals beides zugleich. Enantiomere verhalten sich zueinander wie Bild und Spiegelbild. Sie gleichen sich wie die linke und die rechte Hand und sind daher immer chiral (G: cheir = Hand). Diastereomerie tritt bei Isomeren aus (mindestens zwei) stereogenen Zentren auf, wenn nur einige dieser Zentren enantiomere Gruppierungen darstellen, die anderen aber konfigurativ identisch sind (Abb. 24). Diastereomere Molekule weisen keine Spiegelbildisomerien auf. Sie konnen chiral sein wie Threose und Erythrose oder achiral wie cis- und truns-l,2-Dibromethen (vgl. Band I, Abb. 4-1). Diastereomere
M
Enantiomere
El
Diastereomm
M
E2
Abb. 2 4 Enantiomere und Diastereomere. Die Teilstrukturen sind entweder enantiomer zueiander (E) oder aber konfigurativ identisch (K). El, E2 = enantiomere Molekiile, M = meso-Verbindung. Stereoisomere werden weiterhin nach der Hohe der sic trennenden Energiebarrieren in Konfigurations- und Konformationsisomere eingeteilt. Als Konfiguration (E: configuration) wird in der Chemie eine raumliche Lagerung von Atomen oder Atomgruppen um ein Zentralatom oder eine Mehrfachbindung bezeichnct (L: corn = zusammen, f i g u ra = Form), die nur nach dem Uberwinden einer hohen Energiebamere in eine andere Konfiguration uberftihrbar ist. Kinetisch stabile Isomere sind z.B. die Konfigurationsisomeren des Poly(propy1en)s (E: configurational isomers) (Abb. 2-5, R = CH3) und, wenn man den Begriff der Konfigurationsisomene erweitert, die Torsionsisomeren (geometriwhen Isomeren) (E: torsional isomers) des 1,4-Poly(butadien)s (Abb. 2-5, rechts).
isotaktisc h
syndiotaktisch
-
cis-taktisch
Wans-taktiXh
Abb. 2-5 Beispiele fiir Konfigurationsisornere (links) und Torsionsstereoisomere(rechts). Bindungen: - in der Papierebene, iiber der Papierebcne, I I unter der Papierebene. 1 0
1'
13
2. chemische stnckhrr
I
II
X
X
X
m
N
V
Abb. 2-6 Darstellungen des dreidimensionalen Molekiils CzyxH auf dem zweidimensionalen Papier. I: Perspektivische Darstellung. Bei II-IV geben Keile Bindungen fiber der Papierebene, ausgezogene Linien solche in der Papierebene und gestrichelte Linien solche unter der Papierebene an. Die zweidimensionale Fischer-Projektion V entspricht der "rilumlichen" Darstellung I11 bzw. der pseudorilumlichen Darstellung IV. Der schwame punkt kennzeichnet das stemgene Atom.
Konforma tionsisomere (E: conformational isomers) weisen dagegen eine niedrige Energiebamere fiir den hergang von einer Konfomation in die andere auf (Kap. 3). Derartige Isomere wandeln sich daher schnell ineinander um. Da man bei den Konformationsisomeren wie bei den Konfigurationsisomeren die Humlichen Lagen der Atome bzw. Atomgruppen betrachtet, w i d die Statistik der Konformationen in der Physik wie vor 1940 allgemein ublich hlufig als "Konfigurationsstatistik" bezeichnet.
2.2.2.
Konfigurationsstatistik
Die Konfgurationsstatistik der Chemie beschreibt die statistische Aufeinanderfolge der Konfigurationen um die einzelnen Zentralatome bzw. Mehrfachbindungen. Anders als in der organischen Chemie ist man in der makromolekularen Chemie nicht an der sog. absoluten Konfiguration interessiert, sondem an den relativen Konfigurationen. Die absolute Konfiguration um das stereogene Zentrum ("asymmetrisches Zentralatom"; "chirales Atom") wird mit zwei Konventionen beschrieben. Beim D,L-System wird dem optisch rechtsdrehenden (+)-Glycerinaldehyd als Bezugssubstanz willkiirlich die D-Konfiguration zugeordnet. Das R,S-System kommt dagegen ohne BezugssubstanZen aus. Bei ihm erhalten die Substituenten (Liganden) Prioritlten, die sich nach der Stellung der Substituenten im Periodensystem richten. Iod erMt die hiichste Priorittit (E: seniority). ein einsames Elektmnenpaar die niedrigste (Band I, Kap. 4.1.6). Die "absoluten Konfigurationen" der organischen Chemie betrachten die Konfgurationen um jedes Stereoisomerie-Zentrum relativ zum Liganden mit der niedrigsten Priorittit. Die relativen Konfigurationen ergeben sich dagegen, wenn man eine Polymerkette von einem Ende her abschreitet. Die Substituenten CH3 und C2H5 der konstitutionellen Repetiereinheiten des Poly(2penten)s kefnnen 2.B. beide sterisch festgelegt sein. Altemativ kann nur ein Substituent sterisch definien sein oder sogar keiner, wie man aus den Fischer-Projektionen sieht (vgl. auch Abb. 2-6). Man unterscheidet entsprechend stereoreguliire und taktische Einheiten.
SteXeURgIW
und raktisch
stem@
und taktisch
taktisch, nicht stemreguW
weder taktisch noch steraregular
14
2.2. Konjiguration
Sterische Repetiereinheiten (E: stereorepeating units) sind konfigurative Repetiereinheiten, bei denen die Konfiguration um alle stereogenen Zentren festgelegt ist. Ein stereoregulares Polymeres ist entsprechend ein regullres Polymeres, dessen Molekiile aus nur einer einzigen Spezies von sterischen Repetiereinheiten bestehen. die immer gleich miteinander verkniipft sind. Bei einer taktischen Repetiereinheit sind dagegen nicht alle Konfigurationen urn stereogene Zentren festgelegt, jedoch mindestens eine von ihnen (s. die dritte der vorstehenden Fonneln). Bei einem taktischen Polymeren enthalten entsprechend alle Molekiile jeweils die gleichen Typen von taktischen Repetiereinheiten in gleicher Verkniipfung. Stereoregulilre Polymere sind immer taktisch, taktische aber nicht notwendigerweise auch stereoregulilr, da ja nicht alle Stereoisomeriezentren festgelegt sein miissen. sind z.B. die einfachsten sterischen RepeBeim Poly(propy1en) +CHpCH(CH3% tiereinheiten mit den entsprechenden einfachsten taktischen Repetiereinheiten identisch. Eine isotaktische Repetiereinheit (E: isotactic repeating unit) besteht aus einer einzigen konstitutionellen bzw. konfigurativen Repetiereinheit. Isotaktische Polymere (IT) enthalten folglich nur Molektile mit derartigen isotaktischen Einheiten (G: isos = gleich). Syndiotaktische Repetiereinheiten sind aus zwei enantiomeren konfgurativen Repetiereinheiten (= zwei Monomereinheiten) aufgebaut. Syndiotaktische Polymermolekiile (ST) entstehen durch Repetition dieser Einheiten (G: syn = zusammen, dios = zwei). Bei heterotaktischen Repetiereinheiten mussen sich dagegen jeweils vier Monomereinheiten in gleicher Abfolge wiederholen, um ein heterotaktisches Polymermolekiil (HT)zu bilden. Z M t man hier dagegen nur drei Monomereinheiten pro Repetiereinheit, d m wechseln sich zwei Typen von Repetiereinheiten miteinander ab. Taktische Poly(propy1en)e besitzen ein Stereoisomerie-Zentrm pro konfigurative Monomereinheit; sie sind monotaktisch. Stereoregulare Poly(2-penten)e (s. S. 13) weisen dagegen zwei definierte Stereoisomerie-Zentren pro konfigurative Monomereinheit auf; sie sind ditaktisch. Taktische Diaden bestehen aus jeweils zwei Monomereinheiten,taktische Triaden aus jeweils drei, usw. Jede Monomereinheit gehon daher zu 2 taktischen Diaden, 3 taktischen Triaden, 4 taktischen Tetraden, usw. Es gibt jeweils zwei Typen von Diaden (i und s), vier Typen von Triaden (ii. is, si, ss), usw. In der Literatur wird statt "iso" oft "meso" (m)verwendet und statt "syndio" dann "racerno" (r) (Band I, Kap. 4.3.3).
7%
7H3 7H3 7H3 7H3 7H3 7H3 4~-C-CH24-CH242H2-C-CH24-4H~-CH,CI I I I I I I H HI H H H H H , I y
--CH I
*-
3
7
7%
C-CH234H24-4H I I I H CH, H I I
7%
y
HI y C-CH244H2-C-CH2-C-CH 2-1 I I I CH3 H CH3 H I I I
7H3
K
I
H
3
2-i
HI C-
ST
CH3 I
H H 7% y I 7 I -C~-C-CH2~4H2-C4H2-C-CH2--C4~-C4H24-CH2--Cy
I H
I
3
y
I H
I
CH,
I CH3
II
I
H
3
y
I H
3
I CH,
HT
I
CH, I
15
2. chemischestncknu
Zwischen den verschiedenen Typen von J-Aden (J = di, tri, tetra usw.) bestehen allgemeingiiltige Beziehungen. da sich jede J-Ade von den Triaden an aus mehreren Diaden zusammensetzt. Isotaktische Diaden i sind beispielsweise in der isotaktischen Triade ii und den heterotaktischen Triaden is und si enthalten. Die Beziehungen zwischen den Stoffmengenanteilen der Diaden und Triaden lauten daher Xi = Xii + (1/2)(Xis + x,i) und x, = xss + (1/2)(XSi + xi,). Entsprechende Beziehungen lassen sich fiir die Beziehungen zwischen Diaden und Tetraden, Triaden und Tetraden usw. aufstellen. Sueng genommen gelten alle diese Beziehungen und die Folgenden nur f i r ringfdrmige bzw. unendlich lange Ketten, bei denen die Endeinheiten vemachllssigbar sind. Die Summe der Stoffinengenanteile ("Molenbriiche") aller Typen einer Sorte von JAden muss jeweils gleich 1 sein (xi + x, = 1; xii + xi, + xsi + x,, I 1 usw.). Die Stoffmengenanteile an isotaktischen Diaden, Triaden, Tetraden usw. sind bei isotaktischen Polymeren jeweils Eins (xi = xii = xi;; = ... = 1). Bei syndiotaktischen Polymeren gilt entsprechend x, = x,, = x,,, = ... = 1. Da heterotaktische Polymere aus jeweils gleichen Anteilen an iso- und syndiotaktischen Diaden bestehen, hat man hier xi = x, = lr;! sowie xii = xss = 0 und xis = x,i = 1/2. Ataktische Polymere besitzen definitionsgemass gleiche Mengen an allen mdglichen konfigurativen Einheiten mil ideal-statistischer Verteilung von Molekiil zu Molekiil: Xi = x, = 1/2. xii = xi, = x,i = x,, = 1/4, usw. Eine derartige Verteilung entspricht einer Bernoulli-Verteilung (Markow-Verteilung nullter Ordnung). "Ataktisch w i d in der Literatur allerdings meist nicht in diesem strengen Sinne, sondem meist als "nicht iiberwiegend taktisch" verwendet. Auch die isotaktischen Polymeren der Literatur sind meist nicht 100 % isotaktisch und ebenso nicht die syndiotaktischen. Derartige Polymeren lassen sich durch die mittleren Sequenzlkgen der isotaktischen bzw. syndiotaktischen Homosequenzen charakterisieren. Eine isotaktische Sequenz wird durch eine heterotaktische Triade ...si... begonnen und durch eine heterotaktische ...is... Triade beendet. Das Zahlenmittel des Polymerisationsgrades der isotaktischen Sequenzen ist daher durch = 2 Xi/(Xis + Xsi) gegeben = (1/ 2) + = 1/(xis +xsi). und das Zahlenmittel aller Sequenzen durch
xses,n
z~,~ [ z ~ zs,n] ,~
2.3.
Polymerisationsgrade und Molmassen
2.3.1.
Ubersicht
Makromolekulare Substanzen erhalten ihre charakteristischen und von niedermolekularen Substanzen abweichenden Eigenschaften von den hohen Molmassen ihrer Molekiile. Natiirlich vorkommende Proteine und Polysaccharide sowie die meisten synthetischen Polymeren weisen je nach Funktion bzw. Synthese und Verwendungszweck Molekulargewichte zwischen einigen Tausend und einigen Millionen auf, Desoxyribonucleinsluren manchmal jedoch erheblich hdhere (Tab. 2-4). Die (meist hypothetischen) gestreckten Lkgen (Konturlkgen) variieren entsprechend zwischen einigen Mikrometem beim konventionellen Poly(ethy1en) und mehreren Kilometem bei der Desoxyribonucleinsaure des Lungentisches. Die Molekiile sind aber sehr schlank, selbst wenn sich je zwei Ketten zu einer wurmartigen Doppelhelix umeinanderwinden.
16
2.3. Polymerisationsgrade und Molmassen
Tab. 2-4 Molekulargewichte M, Durchmesser d der Ketten und konventionelle Konturlhgen rant (= maximale Lhgen linearer Ketten) sowie aktuelle Gesralten einiger Makromolekiile. Makromolekiil
Desoxyribonucleinsiiuren Lungenfiih Mensch Hefe Bacterium subtilis Polyoma SV 40-Virus Amylopektin aus SWke Osterlilie Web Poly(ethy1en) ultrahochmolekular konventionell
Mr
rC0,Jnm
dlnm
Gestalt
69000000000000 34700000000 2000000000000 1000000000 9000000000 4600000 2000000000 1000000 3000000 1000
2,o 2,o 2.0 2-0 2,o
linear, Doppelhelix linear, Doppelhelix linear, Doppelhelix linear, Doppelhelix ringformig
250 000 000 2000000
venweigt 10 000
0,74 0,74
linear, Einzelkette linear, Einzelkeae
3000000 100 000
272 000 9 100
0,49 0,49
lineare Einzelkette verzweigte Kette
Die konstitutionelle Gr6sse der Makromolekule wird experimentell durch deren Molekulargewicht bzw. Molmasse charakterisiert, theoretisch jedoch durch den Polymensationsgrad. Molmassen sind in Polymerisationsgrade umrechenbar, wenn die konstitutionellen Repetiereinheiten sowie die Molmassen der Endgruppen bekannt sind. Nur wenige natiirlich vorkommende makromolekulare Substanzen sind molekulareinheitlich. Die meisten Polymeren weisen vielmehr eine Molekulargewichts- bzw. Molmassenverteilung auf, die ebenfalls experimentell ermittelt und in die entsprechende Verteilung der Polymerisationsgrade umgerechnet werden kann. Anstelle der Verteilungsfunktion bestimmt man oft nur bestimmte Mittelwerte oder Momente. Diese Mittelwerte bzw. Momente unterscheiden sich in der statistischen Wichtung der Anteile (z.B. nach der Zahl N,der Masse m usw.). Bei jeder Verteilung existieren unendlich viele Mittelwerte und Momente bzw. deren Kombinationen; nur wenige sind jedoch experimentell zugmglich oder praktisch bzw. theoretisch wichtig.
2.3.2.
Molekulmassen, Molekulargewichte und Molmassen
Die Atommasse ist die Masse ma eines Atoms, die Molekiilmasse (E: molecular mass) entsprechend die Masse mmol eines Molekuls. Ein Beispiel ist die Masse m,(12C) eines Atoms des Kohlenstoffisotops I2C, aus der sich die atomare Massenkonstante (E: atomic mass constant) zu m, = ma(l2C)/12 = 1,660 540 2.lCkZ7 kg berechnet. Die atomare Massenkonstante mu = 1 u ist definitionsgem%s gleich der vereinheitlichten Atommassen-Einheit u @: unified atomic mass unit); ublich ist auch das Symbol amu. In der Biochemie hat sich fiir die physikalische Einheit u = a m u der Name Dalton und das Symbol Da eingebiirgert. Die Con,&ence Gknhale des Poi& et Mesures erkennt jedoch weder "Dalton"ncch "Da" an. Ausserdem ist zu beachten, dass die atomare Massenkonstante und daher auch die Einheit u die physikalische Einheit einer Masse aufweist, w h n d das "Dalton" oft fdschlicherweise als dimensionslos angesehen wird. Bei der Massenspektroskopie bestimmt man das Verh3tnis mmol/q der Molekiilmasse mmo1 zur elektrischen Ladung q der Molekiile bzw. Molekulfragmente (Band I). Dieses VerhStnis ist eine reduzierte Molekiilmasse; es wird als reduzierte relative Molekiilmasse M,/q angegeben.
2. Chemische Strukncr
17
Die relative Molekiilmasse Mr = mmol/m, (E: relative molecular mass) ist als das Verhaltnis der Masse mmoleines Molekiils einer Substanz zur atomaren Massenkonstante definiert (IS0 31-8). Sie ist als reine ZaN "dimensionslos" (physikalische Einheit 1). Die einzige bekannte Methode zur direkten Ermittlung der relativen Molekiilmasse besteht in der chemischen Bestimmung des Anteils der Endgmppen, wozu die Konstitution der Molekiile bekannt sein muss (vgl. Band I). Physikalische Methoden wie die Membranosmomevie, die Lichtstreuung, usw., liefem nicht relative Molekiilmassen, sondem Molmassen M = m/n (E: molar masses) als Masse m pro Stoffmenge n der Subsfunz. In der makromolekularen Wissenschaft ist es iiblich, Molmassen in der Einheit glmol (und nicht kglmol) anzugeben, da dann Molmassen und relative Molekiilmassen nummerisch (aber nicht dimensionsmassig!) identisch werden. Uneinheitliche Polymere weisen verschiedene Mittelwerte der relativen Molekiilmassen bzw. Molmassen auf. Zahlenmittel mitteln iiber die Anzahl bzw. die Stoffmenge der einzelnen Spezies, Massenmittel iiber deren Massen usw. Das Zahlenmittel der Molmasse trggt das Symbol (E: number-average molar mass, das Zahlenmittel der relativen Molekiilmasse dagegen das Symbol %r,n (E: number-average molecular mass). Analog von dem Massenmittel der unterscheidet man das Massenmittel der Molmasse ( relativen Molekiilmasse (@r,w). Relative Molekiilmassen kdnnen auch Molekulargewichte genannt werden (E: molecular weight), weil es sich um relative Grdssen handelt. Das Gewicht G = mg (in Newton) ist als Produkt von Masse m und Beschleunigung g des freien Falls definiert. Bei relativen Gr6ssen kann daher "Gewicht" verwendet werden, wenn es widerspmchsfEi erfolgt. Man kann also von einem Gewichfsmittel des Molekulargewichfes sprechen oder von einem Mussemittel der relativen Molekiilmasse, aber nicht von einem Gewichfsmittel der relativen Molekiilmasse und nicht von einem Gwichtsmittel der Molmusse.
z,,
zw)
2.3.3.
Statistische Gewichte
Zahlen- und Massenmittel unterscheiden sich in den statistischen Gewichten gi, mit denen die Anteile an den einzelnen Komponenten belegt werden. Es gibt sehr viele verschiedene statistische Gewichte, die wichtigsten sind die zahlen-, massen-, z- und (z+l)statistischen Gewichte. Diese statistischen Gewichte sind uber die Molmassen miteinander verkniipft (s. unten). Chemische Reaktionen werden ublicherweise auf die Zahl Ni der reagierenden Molekule bzw. deren Stoffmengen ni (in mol) bezogen. Beide Grossen sind nach ni = NJNA uber die Avogadro-Konstante NA (in mol-l) miteinander verknupft. Altemativ werden manchmal die Stoffmengenkonzentrationen ("Molkonzentrationen", "Molaritaten") [i] = nJV verwendet, also die Stoffmenge ni der Komponente i pro Volumen V der Ldsung nach dem Mischen von i mit dem Ldsungsmittel (E: amount-ofsubstance concentration, amount concentration). Aus diesen Gleichungen folgt mit der Definition der Molmasse M i = NA(mmol)i, dass bei molekulareinheitlichen Spezies i die Masse mi und die Stoffmenge ni iiber die Molmasse Mi der Komponente i miteinander verknupft sind:
18
2.3. Polymerisationsgrade und Molmassen
Bei einem uneinheitlichen Polymeren ist die Molmasse durch den Quotienten der Summe aller Massen mi und der Summe aller Stoffmengen ni gegeben. Die Molmasse (E: number-average molar mass): wird zum Zahlenmittel der Molmasse H,,
Experimentell ermittelt man jedoch meist nicht die Stoffmenge ni. sondem die Masse mi = (mmo1)iNi aller Molekiile des Typs i. Diese Masse ergibt sich aus der Masse (mmo1)i eines einzelnen Molekules und der Zahl Ni aller Molekule dieses Typs. Analog zum ZaNenmittel der Molmasse der G1.(2-2) definiert man man das Massenmittel der Molmasse Zw (E: mass-average molar mass):
Ausser zahlen- und massenstatistischen Gewichten konnen noch niedrigere und hohere statistische Gewichte definiert werden, z.B. ein z-statistisches Gewicht, ein {z+l J-statistisches Gewicht und ein {n-1)-statistisches Gewicht. Zu den Wichtungen ni und mi treten dann die Wichtungen zi, { z+l ) i und (n-1 ) i: (2-4) (2-5) (2-6) (2-7) (2-8)
(n--l)-statistisches Gewicht: zahlenstatistisches Gewicht: massenstatistisches Gewicht: z-statistisches Gewicht: (z+l J -statistisches Gewicht:
niMi-’ n; mi ~niMi Zi = niM;* { z+lJi niMi3 (n-l)i ni
I G
m.M-2 t t - m.M-1 = I t “mi =miMi miMi2
{m-2)i = {m-l}i = {m)i = {m+lJi { m+2 J i
Das z-statistische Gewicht heisst so, weil es zuerst bei Zentrifugenversuchen ermittelt wurde. (z+l} und {n-1) wurden analog zu z und n benannt; f i r diese statistischen Gewichte gibt es keine speziellen Symbole. Die Reihe statistischer Gewichte kann im Prinzip zu noch niedrigeren statistischen Gewichten wie z.B. {n-2Ji oder zu noch Mheren wie (z+2Jiusw. enveitert werden. Experimentelle Methoden sind jedoch unbekannt. Die in den G1.(24)-(2-8) in geschweiften Klammem stehenden Ausdriicke reprasentieren nicht mathematische Operationen, bei denen eine Zahl zu einer physikalischen Gr(isse zu- oder abgezkhlt wird, sondem Symbole fiir physikalische Grtissen. Eine Zahl enthaltende Symbole sind ausser fiir {z+ 1 J i und { n-1 ) nicht gebrauchlich. Ublicherweise werden nur die links vom ersten Identitatszeichen stehenden Symbole benutzt. Die Ausdriicke der G1.(2-4)-(2-8) gelten nur fiir einheitliche Spezies. Nummerisch ist leicht zu zeigen, dass in diesen Beziehungen bei uneinheitfichen Spezies i (z.B. Fraktionen) immer dejenige Mittelwert fiir die Molmasse Mi eingesetzt werden muss, der dem zu multiplizierenden statistischen Gewicht entspricht. Diese Regel gilt generell f i r jedes statistische Gewicht und fir jede Eigenschaft. Die G1.(2-4)-(2-8) werden dann zu
2. Ckmische Struktw
19
Anstelle der Stoffmengen, Massen usw. kann man als statistische Gewichte auch deren Anteile verwenden, z.B. die Stoffmengenanteile ("Molenbriiche")X i , Massenanteile ("Gewichtsbriiche") Wit z-Anteile Zi usw. Mit den Definitionen und den G1.(24a) ff. resultiert f i r uneinheitliche Spezies i:
ii?,,,i, Rw,iund Hz,i sind dabei die ZaNen-, Massen- und z-Mittel der Fraktionen i und z, H, und gzdie entsprechenden Mittelwerte des gesamten Polymeren. Bei einheitlichen Fraktionen gilt Hn,i = ii?,,i = Uz,i= Hi. Die G1.(2-9)-(2-11) werden zu
Der Vergleich der G1.(2-9)-(2-11) fiir die statistischen Gewichtsanteile mit den G1.(25)-(2-7) f i r die statistischen Gewichte zeigt, dass bei Umrechnungen von statistischen Gewichtsanfeilen ineinander jeweils die Mittelwerte der Molmasse des gesamten Polymeren zu beriicksichtigen sind. Wie man auch der Analyse der Dimensionen enmimmt, gilt -~ S WOi = XiMilHn und nicht W i = XiMi sowie Zi = XiMTK M , M,) und nicht Zi = X i M? . Ausser diesen auf die zahl N (bzw. n oder x ) oder die Masse m (bzw. w ) der Molekiile oder Teilchen bezogenen statistischen Gewichten gibt es solche, die statistische Wichtungen uber die Abmessungen vomehmen, z.B uber Liingen und Volumina (Bd. IV).
2.3.4.
Einfache Mittelwerte der Molmassen
Die Molmasse M eines einheiflichen Polymeren setzt sich aus der Molmasse M,, des aus vielen Monomereinheiten (oder Repetiereinheiten, usw.) bestehenden Polymergeriistes und der Summe der Molmassen Mend aller Typenj von Endgruppen zusammen:
Im Folgenden wird angenommen, dass der Beitrag der Endgruppen zur Molmasse des Polymeren vemachlBssigbar ist. Diese Annahme trim nicht bei Oligomeren zu und auch nicht bei hochverzweigten Polymemolekiilen. Die nachstehenden Gleichungen sind fiir diese F2lle zu modifizieren. Bei uneinheitlichen Polymeren ist das M der G1.(2-12) ein Mittelwert. Im Folgenden wird weiter angenommen, dass derartige Polymere zwar molekularuneinheitlich sind, aber konstitutionell einheitlich. Alle Monomereinheiten bzw. Repetiereinheiten sollen also identisch sein. Die bei solchen molekularuneinheitlichen Polymeren gemessenen Molmassen sind damit stets Mittelwerte iiber die pro Molekiil unterschiedlichen Zahlen (Massen usw.) der Monomereinheiten, deren Molmassen wiederum definitionsgemiss alle identisch sind.
20
2.3. Polymerisationsgrade und Molmassen
Physikalische Methoden, die mit sich in thermodynamischen Gleichgewichten befindenden Systemen arbeiten (Membranosmometrie, statische Lichtstreuung, Sedimentationsgleichgewicht usw.), fiihren zu einfachen Mittelwerren der Molmassen ( H,,Gw, Gz usw.), weil sie auf einer Reihe von einfachen, miteinander verkniipften statistischen Gewichten basieren (G1.(2-4)-(2- 11a)). Im allgemeinen Fall ist jede Spezies i selber molekularuneinheitlich; ihre Molmasse ist daher selbst ein Mittelwen. Eine Substanz aus solchen molekularuneinheitlichen Spezies weist bei vernachiassigbaren Beitragen der Endgruppen daher das folgende Zahlenmittel der Molmasse auf (E: number-average molar mass):
Dabei sind Ni = Zahl der Molekiile der Spczies i, ni = N ~ / N A= Stoffmenge der Spezies, xi = Ni/& N i = ni/& ni = Stoffmengenanteil ("Molenbruch") und wi = m J Z i mi = Massenanteil ("Gewichtsbruch"). ES gilt weiterhin & N i = N , & ni = n, & X i = 1, Ci mi = m und C i w i ~ 1. Das Massenmittel der Molmasse einer Substanz mit molekularuneinheitlichen Spezies lautet nach der Definition bzw. mit G1.(2-6) und m = n g , bzw. En (xi niM,,i)/n:
Analog ergibt sich mit den G1.(2-10) und (2-1 1) fur das z-Mittel der Molmasse
Die G1.(2-13)-(2-15) reduzieren sich fiir Polymere rnit einheitlichen Spezies i zu
Bei Berechnungen werden oft die G1.(2-13a)-(2- 1Sa) anstelle der G1.(2-13)-(2-1S) verwendet, wcil man die Unterschiede nicht als signifikant ansicht. Tatsachlich konnen dadurch betrachtliche Fehler entstehen. Nimmt man hier z.B. = gw,i = pz,ian und M i = M,,i, dann wird zwar M, korrekt gefunden, Gwund Mz sind jedoch zu tief. Setzt man umgckehrt M i = Gw,i,so ist En z u hoch, korrekt und Mz zu tief. Ein nummerisches Beispiel findet sich in Band I, S. 84 (6. Auflage).
nn,i
nw
2. chemische struktur
21
2.3.5. Komplexere Mittelwerte der Molmassen Hydrodynamische Messungen liefern hydrodynamische GrOssen H (Diffusionskoeffizienten usw.), die nach einer Potenzfunktion von der Molmasse M abh2ngen:
Kh und h sind in der Regel empirische, molmassenunabh2ngige Konstanten, die mit der Konstitution und Konfiguration des Polymeren sowie dem LOsungsmittel und der Temperatur variieren. Derartige Gleichungen lassen sich fiir jeden geniigend klein gewmten Molmassenbereich schreiben. Sie gelten jedoch oft f i r erstaunlich breite Bereiche.
Einfache hydrodynamische Mittelwerte Bei uneinheitlichen Polymeren wird Stan H ein hydrodpamischer Mittelwert Hg gemessen, wobei g das statistische Gewicht ist (g = n, m,z usw. oder G = x. w ,2 usw.):
Das g-Mittel Hg der hydrodynamischen Eigenschaft ist nach pg= K h M t g analog zu G1.(2- 16) mit einem g-hydrodynamischen Mittel der Molmasse verknupft. Lost man nach Mh,g auf und setzt das Resultat in G1.(2-17) ein, so erh2lt man f i r das g-hydrodynamische Mittel der Molmasse ein Exponentenmittel:
Das hydrodynamische Mittel z h , g der Molmasse steIlt nach GL(2-18) die h-te Wurzel aus dem h-ten Moment der g-Verteilung der Molmassen dar. Fur h = 1 geht es in ein einfaches einmomentiges Mittel iiber, z.B. in ein Massenmittel fiir Gi = wi. Das aus einer hydrodynamischen GrOsse H mit einer Eichbeziehung H = KhMh berechnete hydrodynamische Molmassenmittel ist somit kein einfaches Mittel. Ein Beispiel ist das sog. Viskositatsmittel der Molmasse (Gl.(l2-12)). Zusammengesetzte hydrodynamische Mittelwerte Molmassen sind manchmal ohne Eichbeziehungen durch Kombination zweier hydrodynamischer Gassen erhatlich. Die Svedberg-Gleichung M S D = K s ~ S i D i - lerlaubt z.B., die Molmasse aus dem Sedimentationskoeffizienten Si und dem Diffusionskoeffizienten D i einer einheitlichen Substanz i zu berechnen. Die Molmasse erhnt man auch aus Si und der Grenzviskosititszahl [q]inach M s v = K ~ , S ? / ~ [ q ] i 'oder n aus Di und [q]i nach MD, = KDvDi-3[q]i-' (zur Ableitung dieser Gleichungen, s. Kap. 11.3.4). Entsprechend G1.(2-16) gilt f i r die Molmassenabhhgigkeiten von S, D und [a]:
22
2.3. Polymerisationsgradeund Molmassen
Fur die hydrodynamischen Molmassen gilt somit
Die linken und rechten Seiten dieser Gleichungen mussen jeweils die gleichen physikalischen Einheiten aufweisen. Bei molmassenunabhiingigen Exponenten a, und 6 und Konstanten K S D ,K s v und K D , gilt daher unabhungig von jeder Theorie uber die Form und Wechselwikung der Molekde die Exponentenregel (E: exponent rule): (2-22)
1 = 5-6
= (3/2)5+(1/2)a
(2-23)
o = 2-35
= -(I + 3 6 )
= -36-a
Wegen der Exponentenregel bei den molmassenunabhangigen Konstanten K , bzw . K,, mussen femer die Produkte der Konstanten in den rechts stehenden Ausdriicken der G1.(2-19)-(2-21) gleich 1 sein. Aus G1.(2-19) folgt nmlich M/(MS-&) = K S D K S / K D= 1 und analog auch K s ~ K ~ / =~ 1K(G1.(2-20)) ~ / ~ bzw. KbKi3K;' = 1 (G1.(2-21)). Die aus den G1.(2- 19)-(2-22) erh2tlichen hydrodynamischen Minelwerte der Molmasse sind Absolutwerre, da sie keine Annahmen uber Molekdgestalten, Reibungskoeffizienten, Wechselwirkungen zwischen Polymeren und LCisungsmitteln usw. erfordem. In G1.(2- 19) sind z.B. der Sedimentationskoeffizient S, der Diffusionskoeffizient D und die Konstante K S D = RT/(l - i2p1) direkte experimentelle Grijssen (R = molare Gaskonstante, T = thermodynamische Temperatur, C2 = partielles spezifisches Volumen des Polymeren, p1 = Dichte des Ltisungsmittels). Direkt messbare Grtjssen kommen auch in den Grossen Ksv = [(62/201") XNA][ql/(l - G2p113/2und KD, = [20/(64x ~ N A ~ ) I [ R Tvor, /~~I~ wobei 91 die dynamische Viskositat des Losungsmittels ist. Diese "absoluten" MittelweRe sind aber bei molekularuneinheitlichen Polymeren noch losungsmittelabh2ngig! Die Grossen Si und Di werden ntimlich mit (oft verschiedenen) statistischen Gewichten g bzw. g' gemessen, wiihrend [qji stets ein Massenmittel ist:
Fur die hydrodynamischen Molmassen ergibt sich somit mit der Exponentenregel aus den Gl.(2-19)-(2-21) nach dem Einsetzen der Potenzbeziehungen fiir Si, D i und [q]i
23
2. Chemische Struktur
2.3.6.
Mittelwerte der Polymerisationsgrade
Bei vemachlissigbaren Endgruppen ergeben sich die verschiedenen Mittelwerte der Polymerisationsgrade X analog zu den Gl.(2-13)-(2-14) zu
Als statistische Gewichte kann man auch die entsprechenden Anteife verwenden, also die Stoffmengenanteile ("Molenbriiche") xi, Massenanteile ("Gewichtsbriiche") Wi, z-Anteile Zi usw, Dabei ist jedoch zu beachten, dass Molmassen stets einschliesslich der Endgruppen gemessen werden, w2hrend sich Polymerisationsgrade nur auf die Monomereinheiten bzw. Repetiereinheiten beziehen. Aus den G1.(2-24)-(26) erhilt man mit den G1.(2-5a)-(2-7a) dann die in Tab. 2-5 zusammengestellten Ausdriicke. Tab. 2-5 Mittelwerte der Polymerisationsgrade. keine Endgruppen, uneinheitliche Spezies i
Mittelwert
nicht vernachhigbare Endgruppen. uneinheitliche Spezies i
2.3.7.
Mittelwerte anderer Eigenschaften
kine Endgruppen, einheitliche Spezies i
Die vorstehenden Ausdriicke fiir die Mittelwerte von Polymerisationsgraden und Molmassen diirfen nicht formal auf andere Eigenschaften Pi (Molekiildimensionen, Diffusionskoeffizienten usw.) ubertragen werden. Wegen der Beziehungen zwischen Stoffmengen und Massen bzw. deren Anteilen ergibt sich z.B. fiir das Massenmittel Fw der Eigenschaft P einer Substanz aus jeweils mofekufureinheiffichenSpezies i nmlich
24
2.3.8.
2.3. Polymerisationsgrade und Molmassen
Momente
Einige experimentelle Methoden liefem nicht einfache arithmetische Mittel, sondem kompliziertere Mittelwerte der Eigenschaften. Ein Beispiel sind die aus Sedimentationsund Diffusionskoeffizienten berechenbaren Molmassen (Kap. 2.3.6). Diese komplizierteren Mittelwerte werden zweckmissig als Kombinationen der Momente von Verteilungsfunktionen geschrieben (vgl. auch Tab. 11-2). In der Mechanik ist das erste Moment dl)einer Kraft als Vektor-Produkt von Kraft (z.B. g) und Abstand von der Achse (z.B. P) zur Angriffslinie der Kraft definiert. Das zweite Moment d2)ist entsprechend das Pmdukt von Kraft und Quadrat des Abstandes. Greifen mehrere Krifte an mehreren Absttinden an, so hat man zur Bestimmung der Momente die Summen dieser Pmdukte zu bilden. Momente kdnnen nicht nur fiir Beziehungen zwischen Kraft und Abstand, sondem generell f i r beliebige Grtjssen angegeben werden. Das q-te Moment vgh)der g-Verteilung der X-Werte in Bezug auf einen Referenzwert X o ist daher
Die Ordnung q des Momentes kann beliebige Werte annehmen: positive oder negative, ganzzahlige oder gebrochene, rationale oder irrationale. Ein Moment besitzt daher in der Regel eine andere physikalische Einheit als die Eigenschaft bzw. deren Mittelwert. Die statistischen Gewichtsanteile G k6nnen wie sonst auch Stoffmengenanteile, Massenanteile, Z-Anteile usw. sein und die Eigenschaften P z.B. Polymensationsgrade X , Molmassen M , Diffusionskoeffizienten D usw. Der Referenzwert Po ist prinzipiell beliebig w8hlbar. Da es aber keine negativen Polymerisationsgrade, Molmassen usw. gibt, bezieht man zweckmiissigerweise die Momente au€ einen Referenzwert 0 und gibt den so definierten Momenten das Symbol p:
Das Zahlenmittel des Polymerisationsgrades ist z.B. das uber die StofTmengen(antei1e) gewichtete arithmetische Mittel (G1.(2-24)). Es ist gleichzeitig das erste Moment der Stoffmengenverteilung der Polymerisationsgrade in Bezug auf den Ursprung:
Das zweite Moment der Stoffmengenverteilung der Polymerisationsgrade lautet dann
Das Massenmittel des Polymerisationsgrades kann daher als Verhiilmis des zweiten und des ersten Momentes der Stoffmengenverteilung der Polymerisationsgrade geschrieben werden, bei mlekuiareinheittichen Fraktionen i mit Mi = MuXi also als
25
2. chemisehe Stnckhcr
2.3.9.
Molekulare Uneinheitlichkeit
Nach den G1.(2-24)-(2-26) muss fur die verschiedenen einfachen Mittelwerte der Polymerisationsgrade und analog auch fiir die entsprechenden Mittelwerte der Molmassen immer die Ungleichung 92-33) gelten:
Die Breite einer Polymerisationsgrad- bzw. Molmassenverteilung kann somit durch das Verhztnis zweier (arithmetischer) Mittelwerte charakterisiert werden. Vie1 verwendet wird das Verhntnis Fw/ynvon Massen- zu Zahlenmittel des Polymerisationsgrades bzw. = der Molmassen. Dieses Verhatnis wird das entsprechende Verhntnis Qw,., gelegentlich Polymolekularitatsindex genannt (E: polydispersity index). Im Deutschen - 1 als molekulare Uneinheitlichkeit. Molekulardefiniert man auch Uw,n = ( - einheitliche Polymere weisen entsprechend Uw,n = 0 und M J M n = 1 auf. Je breiter die - Molmassenverteilungen, umso grosser sind M J M , und Uw,n. Qw,n und Uw,n sind allerdings nicht sehr empfindlich auf die Breite enger Verteilungen. Zweckmiissiger ist hier die Zahlen-Standardabweichung on,definiert als
nw/@,, aW/an)
(2-34)
- -
On 2 (X,
X , - Fn2)lfloder auch als
On
--
= ( MwMn - R n 2 ) l l 2
Die Standardabweichung ist bei Gauss-Verteilungen ein absolutes Mass fiir die Verteilungsbreite map. 2.4.2), nicht aber bei anderen Verteilungstypen. Es folgt
Bei konstanter Standardabweichung - und nach G1.(2-35) folglich variabler molekularer Uneinheitlichkeit Uw,n - sind die Breiten von Gauss-Verteilungen unabhagig vom Polymerisationsgrad gleich gross (vgl. auch Abb. 3-1 in Band I, 6. Aufl.). Bei konstanter molekularer Uneinheitlichkeit variiert dagegen die Standardabweichung mit der Grlisse des Polymerisationsgrades: die Verteilungskurven von Gauss-Verteilungen werden mit zunehmendem Polymerisationsgrad immer breiter. Umgekehrt laisst sich fiir SchulzZimm-Verteilungen zeigen, dass zwar Uw,nund Qw,n Masszahlen f i r die absolute Verteilungsbreite sind. nicht aber a,. Bei anderen Verteilungsfunktionen als Gauss- und Schulz-Zimm-Verteilungen sind weder die Standardabweichung noch die molekulare Uneinheitlichkeit Masszahlen zum Kennzeichnen absofurer Verteilungsbreiten.
2.3.10.
Konstitutionelle Uneinheittichkeit
Bei Bipolymeren kann sich jedes Polymermolekiil von einem anderen sowohl in der relativen Zusammensetzung an den Grundbaustein-Typen a und b als auch in deren absoluten Zahlen Na und N b pro Bipolymermolekiil unterscheiden. Jedes Bipolymermolekiil mit der Molmasse M besteht aus einem a-Anteil mit der zoralen Molmasse M a und einem b-Anteil mit der t o t a h Molmasse M b . Bei Diblockpolymeren sind dies die Molmassen der beiden Bllicke, bei statistischen Bipolymeren die kumulativen Molmassen jeder einzelnen Bausteinsorte.
26
2.3. Polymerisationsgrade und Molmassen
Bipolymere bestehen aus N i Bipolymermolekulen der jeweiligen Molmasse M i . Die Zahlenmittel der Molmassen der a- und b-Anteile im Bipolymeren sind folglich
Das Zahlenmittel Hn der Molmasse des gesamten Copolymeren ist daher gleich der Summe der Molmassen der a- und b-Anteile:
Aus der Additiviat der Zahlenmittel der Molmassen der a- und b-Anteile kann nicht der Polymerisationsgrad der aSequenzen berechnet werden. Das Zahlenmittel des Polymerisationsgrades von a-Homosequenzen ("Blocken") im Bipolymeren ist als (2-38)
Xn,a-block
Ci Na- block.iXa-b1ock.i x i Na-block.i
definiert. Der Z2hler dieses Ausdrucks ist nichts anderes als die totale Zahl N a = X i Naj aller a-Bausteine im Bipolymeren. Der Nenner ergibt sich aus der Uberlegung. dass in einer unendlich langen Kette jede a-Homosequenz mit einer -b-a- Bindung beginnt und mit einer -a-b- Bindung endet. Die Zahl der a-Blocke muss also gleich der HWte der Zahl N&+b/a = Ni&l aller (ab+ b/a)-Bindungen sein: (2-39)
x i Na-block,i =
Nlalbl
Diese Beziehung gilt exakt fiir ringformige Molekule und in guter Niiherung f i r lineare Makromolekule hohen Polymerisationsgrades. Die Zahl Nl*l lisst sich durch den Stoffmengenanteil xl*l dieser Bindungen an allen Kettenbindungen ausdriicken oder altemativ dadurch, dass die Zahl der Bindungen in einem linearen Molekul immer um 1 kleiner als der Polymerisationsgrad der Bipolymer-Molekule ist und dass die Zahl aller Bindungen durch die Zahl der vorhandenen Bipolymer-Molekiile gegeben ist:
Die Zahl aller a-Bausteine betrggt Na = maNA/Ma und die Zahl aller Bipolymer-Molekiile Ncop= (ma + mb)NA/En. Die Zahlenmittel des Polymerisationsgrades und der Molm a s s sind durch
miteinander verknupft. Das Einsetzen aller dieser Ausdriicke in G1.(2-36) gibt (2-42)
- 1 Xa-block.n
--{
- Xla/bl 2
1
M~ waMn
,bMa} waMb
27
2. chemischestnckncr
Die Zahlenmittel der Polymerisationsgrade ("Liingen") der Blticke (Sequenzen) berechnen sich somit aus den Massenanteilen wa und Wb und den Molmassen M a und M b der Bausteine a und b, dem Stoffmengenanteil xl*l an beiden Kreuzbindungen (a/b + b/a) und dem Zahlenmittel Hnder Molmasse des Bipolymeren. Diese Zahlenmittel k6nnen also nur berechnet werden, wenn eine analytische Methode zum Bestimmen des Anteils der Kreuzbindungen a/b und b/a besteht, 2.B. die Kemresonanzspektroskopie. Hgufig wird auch eine Sequenzzahl oder Blockzahl Rn (E: run number) verwendet. Sie gibt die totale Zahl aller B16cke bzw. Homosequenzen pro 100 Grundbausteine an, wobei 2 Mittelwerte zu beriicksichtigen sind: (2-43)
- =&
2.100
-
Xa-bIwk.n + Xb-block,n
nq
Das Massenmittel der Molmasse des Bipolymeren setzt sich nicht additiv aus den entsprechenden Massenmitteln der a- und b-Anteile zusammen. Das Massenmittel der Molmasse einer Mischung von a-Homopolymeren und b-Homopolymeren ist durch
gegeben. Das Massenmittel der Molmasse der a-Anteile pro Bipolymer-Molekiil ist dagegen definiert als
xi
xi
N;M& # Na,iM?,i gilt, muss noch ein Kreuztenn eingefiihrt werden, Da aber der die a/b- bzw. b/a-Verknupfungen beriicksichtigt:
G1.(2-46) ist leider nutzlos, da der Kreuzterm @a/bl,w nicht direkt experimentell zugaglich ist. Mit einer lageren Rechnung lbst sich jedoch zeigen, dass immer die folgende Ungleichung (2-47) gelten muss:
Bei einer Mischung aus zwei Homopolymeren wird in G1.(2-46) gleich null. Das Massenmittel der Polymeren dieser Mischung setzt sich additiv aus den gewichteten Massenmitteln der Molmassen der a- und b-Anteile zusammen (linke Summe der Ungleichung (2-47)). Bei einem Bipolymeren mit konstitutionell gleichartigen Ketten. also ohne Variation der Zusammensetzung von Molekiil zu Molekul. wird dagegen das Massenmittel gleich dem rechten Quotienten der G1.(2-47).
28
2.3.11.
2.3. Palymerisatiansgrade und Malmassen
Bestimmung von Molmassen
Experimentelle Methoden zur Bestimmung von Molekulargewichten, reduzierten Molekiilgewichten und Molmassen werden in Absolut-, Aquivalent- und Relativmethoden eingeteilt. Diese Methoden liefem verschiedene Mittelwerte; sie sind oft nur in bestimmten Molmassenbereichen anwendbar (Tab. 2-6). Bei Absolutmefhoden werden Molmassen oder reduzierte Molekulmassen aus den Messgrossen ohne weitere AMahmen uber die chemische und/oder physikalische Struktur der Polymeren berechnet. Die nummerischen Werte der Molmassen sind bei einfachen Mittelwerten unabhiingig von den Versuchsbedingungen (z.B. Membranosmometrie, Lichtstreuung). nicht jedoch bei komplexen Mitteln (2.B. Sedimentation + Diffusion) (Kap. 2.3.5 und 11.3.4). Bei manchen dieser Methoden wird auch aus Zweckmassigkeitsgriinden geeicht, obwohl das bei Kennmis aller relevanten Apparatedaten nicht notwendig ware (Dampfdruckosmometrie, Lichtstreuung). Aquivalenfmefhoden benotigen dagegen eine Kennmis der chemischen Struktur der Polymeren. Das einzige bekannte Beispiel ist die Endgruppenbestimmung (Band I). Refafivmefhodensprechen sowohl auf die chemische und die physikalische Struktur des Gelosten als auch auf dessen Wechselwirkung mit dem Ldsungsmittel an; sie mussen stets geeicht werden. Beispiele: Viskosimetrie, Grdssenausschlusschmmatographie. Die Auswahl einer Methode richtet sich primar nach der gewiinschten Information und sekundar nach dem Arbeitsbereich, der verfiigbaren Substanzmenge, dem Zeitbedarf und der evtl. erforderlichen Probenvorbereitung. Die meisten Methoden erfordem Messungen in verdiinnten Lbsungen. In der Regel werden Messungen bei verschiedenen Konzentrationen vorgenommen. Aus diesen Messwerten wird mit Hilfe einer "idealen", nur fiir unendliche VerduMungen geltenden, theoretischen Beziehung eine scheinbare Molmasse berechnet (E: apparent molar mass). Die wahre Molmasse erh8t man d a m durch Extrapolation der scheinbaren Molmassen auf die Konzentration null. Tab. 2-6 Mittelwertstypen und ungefare Arbeitsbereiche experimenteller Methoden zum Bestimmen von Molekulqgewichten und Molmassen. A = Absolutmethode, R = Relativmethode (Eichung erforderlich), E = Aquivalentmethode (Konstitution muss bekannt sein), n = Zahlenmittel, v = ViskositLitsmittel, w = Massenmittel, z = z-Mittel. 6 Mit bestimmten Annahmen, * Obergrenze ca.106 &no]. Methode Lichtstreuung, statische Viskosimetrie verdiinnter Lijsungen Rontgen- cder Neutronenkleinwinkelsfreuung Kombinierte Sedimentation und Diffusion Grijssenausschlusschmatographie Viskosimetrie von Schmelzen Feldflussfraktionierung Membranosmometrie * Ebullioskopie, Kryoskopie Endgruppenbestimmung (Titration) Dampfdruckosmomebie Massenspektroskopie Sedimentationsgleichgewicht Lichtstreuung, dynamische
Typ A
RP A A
R R
R A
A E A A A
R
Mittel
Bereich in g/mol > >
>
100
m
500 1000 1000 > 1000 > 1000 > 5000 < 20000 < 40000 < 50000 < 200000 < 1000000 < 10000000 > >
Sektion 5.2 12 5.4, 5.5 11
14.4.3 15 11.4 10.3.2 10.3.3 BandI 10.3.4
BandI 11.3.5 11.1.2
29
2. chemische Struktur
2.4.
Verteilungsfunktionen
2. 4 . 1 . Darstellung von Verteilungsfunktionen Verteilungsfunktionen von Eigenschaften sind normierte mathematische Funktionen, welche die Anteile der variablen Eigenschaftswerte angeben. Sie sind diskontinuierlich oder kontinuierlich (Abb. 2-7). Sowohl diskontinuierliche als auch kontinuierliche Verteilungen ktlnnen jeweils differenziell oder integral sein. Ausserdem sind stets die statistischen Gewichte anzugeben. Kontinuitit. Alle Verteilungen von Molmassen und Polymerisationsgraden sind von Haus aus diskret (E: discrete) bzw. diskontinuierlich (E: discontinuous), da der Polymerisationsgrad eines Molekuls nur eine game, positive Zahl sein kann. Derartige Verteilungen sind Stufenverteilungen (Abb. 2-7, links). Sie sind entweder differenziell (Abb. 2-7, links oben) oder integral (Abb. 2-7, links unten).
1
-Xi
Abb. 2-7 Darstellung von Zahlen-Verteilungen (via Molenbriiche x ) der Polyrnerisationsgrade X . Links oben: Diskontinuierlichediffemzielle Verteilung xi =fTxi). Links unten: Diskontinuierliche integrale Verteilung &xi =flXi). Rechts oben: Kontinuierlichedifferenzielle Verteilung x =fo. Rechts unten: Kontinuierliche integrale Verteilung $ x u =Ax). &I die Stelle der Stoffrnengenanteilex k6nnen auch andere statistischeGewichte Ireten, z.B. w oder 2. Ahnliche Verteilungskurven ergeben sich fiir andere Eigenschaften, z.B. Molmassen M,Sedirnentationskoeffizienten S oder Viskositiiten q.
Summierung. Differenzielle (E: differential) Verteilungen beschreiben die Population von Spezies mit einer bestimmten Eigenschaft (Abb. 2-7, oben), z.B. den Anteil von Molekulen mit dem Polymerisationgrad Xi = 1050 in einem Polymeren mit 1 5 Xi I5000. Die Eigenschaft Xi kann auch ein Eigenschaftsbereich sein, z.B. lo00 IXi I 1100. Integrafe (E: integral) bzw. kumulative (E: cumulative) Verteilungsfunktionen summieren die Population bis zu einem bestimmten Eigenschaftswert. Die differenzielle diskontinuierliche Verteilung der Stoffmengenanteile ("Molenbriiche") w i d im Deutschen auch als Hiufigkeitsverteilung bezeichnet. Im Englischen kann sich jedoch der entsprechende Ausdruck "frequency distribution" auch auf andere Anteile beziehen. z.B. auf Massenanteile.
30
2.4. Verteilungsfunktionen
Obwohl Polymerisationsgradverteilungenprinzipiell stets differenziell sind, konnen sie doch als integrale Verteilungen dargestellt werden. Polymerisationsgrade unterscheiden sich n2mlich stets nur um den Wen 1. Dieser Unterschied ist aber gegenuber dem bis in die Hunderttausende gehenden Gesamtbereich zu vemachlassigen. Das Gleiche gilt fiir die Molmassen der Polymermolekule. die sich ja auch nur um die Molmasse einer Monomereinheit unterscheiden konnen. Diskontinuierliche differenzielle Verteilungen werden z.B. von der Fraktionierung uneinheitlicher Polymerer nach der Konstitution oder der Molmasse geliefert. Beim Umrechnen der differenziellen Verteilung in eine integrale ist zu beriicksichtigen, dass jede Fraktion wieder eine bestimmte Verteilung aufweist. Der fiir diese Fraktion gemessene Polymerisationsgrad ist darum ein Mittelwert. In erster Niiherung weist nun die eine Hafte der Fraktion eine Zusammensetzung untehalb des Polymerisationsgrades auf und die andere Hafte eine Zusammensetzung oberhalb. Fur die Fraktion 1 der Tab. 2-8 ist daher zur Berechnung der integralen Zusammensetzung nicht der Anteil wl = 0,0532 zu nehmen, sondem nur der halbe Anteil w1/2 = 0,0266. Der integrale Anteil der Fraktion 2 berechnet sich aus der ganzen Fraktion 1 und der halben Fraktion 2 zu wl + (w2/2) = 0,0532 + (0,0740/2) = 0,0902USW. Durch Auftragen von & wi gegen X i erh2lt man die diskontinuierliche integrale Verteilung. Das Verbinden der Punkte liefert die entsprechende kontinuierliche integrale Verteilung. Diese Verteilung kann anschliessend graphisch zur kontinuierlichen differenziellen Verteilung differenziert werden. Wegen der Uneinheitlichkeit der Fraktionen kann man dagegen nicht direkt von der diskontinuierlichen differenziellen Verteilung zur kontinuierlichen differenziellen ubergehen. Statistische Gewichte. Reaktionsmechanismen fiihren zu Verteilungen der Zahlen, Stoffmengen oder Stoffmengenanteile als Funktion der Polymerisationsgrade (E: number-distribution functions) Die meisten physikalischen Methoden liefem jedoch Massenverteilungen der Molmussen (E: mass-distribution functions), und zwar entweder fiir die Masse m oder den Massenanteil (Gewichtsbruch) w. Die Massenverteilung kann mit Mi = mJni in die Zahlenverteilung umgerechnet werden. Zahlen- und Massenverteilungen differieren erheblich (Abb. 2-9). Je nach Abhwgigkeit der statistischen Gewichte g von den Eigenschaften X unterscheidet man verschiedene Typen von Verteilungsfunktionen. Die wichtigsten Typen werden meist mit dem Namen ihrer Entdecker bezeichnet. Die nBchsten Sektionen beschreiben einige mathematische Konsequenzen dieser Verteilungsfunktionen. Ihre Zuordnung zu Gleichgewichten und Reaktionsmechanismen usw. erfolgte in Band I. Tab. 2-7 Umrechnung von diskontinuierlichendifferenziellenPolymerisationsgradverteilungenin diskontinuiediche integrale. Fraktion i 1 2 3 4 usw.
Polymerisationsgrad
Massenanteil
Xi
Wi
15
0,0532
31
0,0740 0,0622
50 76 usw.
0,0864
usw.
Kumulativer Anteil ci wi
0,0266 0,0902 0,1583
0,2326 usw.
31
2. Chemische Struktur
2.4.2.
Gauss-Verteilung
Die Gauss-Verteilung (E: Gaussian distribution) ist die bekannteste Verteilungsfunktion. Sie gibt das Fehlergesetz flir zufaige Fehler bei voneinander unabh2ngigen Experimentalwerten wieder. Wegen ihres hlufigen Vorkommens wird die Gauss-Verteilung in der Mathematik auch Normalverteilung genannt (E: normal distribution). Im deutschsprachigen Raum wird abweichend davon manchmal auch die sog. Schulz-Flory-Verteilung (s. unten) als "Normalverteilung" bezeichnet (Kap. 2.4.5). Gauss-Verteilungen lassen sowohl positive als auch negative Variable zu. Ihre Anwendung auf Eigenschaften wie z.B. Polymerisationsgrade ist daher eigentlich nicht korrekt, da es keine negativen Polymerisationsgrade gibt. Gauss-Verteilungen k6nnen jedoch auch bei diesen Eigenschaften ohne merklichen Fehler verwendet werden, wenn die Lage des Maximums in den differenziellen Verteilungen sowie die Verteilungsbreite den Beiwag negativer Werte vemacNlssigbar klein machen. Bei der Gauss-Verteilung lautet die differentielle Zahlenverteilung der Eigenschaft X
Die Verteilungsfunktion x ( X ) der Stoffmengenanteile ist dabei von plus unendlich bis minus unendlich normalisiert. Beim Medianswert Xmedian besitzen 50 % der Population grUssere Eigenschaftswerte und 50 % kleinere. Da die Gauss-Verteilung der Stoffmengenanteile symmetrisch um den Median ist (vgl. Abb. 2-9), gibt der Median hier (und nur hier) gleichzeitig das Zahlenmittel Fn der Eigenschaft X an.
a, aw
t 6
0
2000
3000
-x
4000
5000
-
Abb. 2-8 AusgezogeneKurve: Kontinuierliche differenzielleGauss'sche Zahlenverteilung x =AX) der Polymerisationsgrade eines Polymeren mit Fn=3000 und X,-= 3170, d.h. mit einer Zahlen-Standardabweichung von on= 714 (Gl. (2-51)).Das Zahlenmittel X, des Polymerisationsgrades ist mit dem Median der Verteilung (linke senlaechte geshichelteLinie) identisch. Geshichelte Kurve: Die gleiche Gauss'sche Zahlenverteilung ist als Massenverteilung w =BX)aufgerragen. Die symmetrische-Verteilung wird nunmehr unsymmetrisch. Umgekehrt wirg eine Gausssche Massenverteilung mit X , = 3170 beim Auftragen von w =AX) symmetrisch um X,, nicht aber beim Aufmgen von x =AX).
32
2.4. Verteilungsfunktionen
Die Zahlen-Standardabweichung on (E: number-standard deviation) beschreibt die Breite der Verteilung und damit auch die Abweichung vom Mittelwert. Sie dient hhfig zur Charakterisierung der Breite beliebiger Verteilungsfunktionen, nicht nur dejenigen von Gauss-Verteilungen. Die Zahlen-Standardabweichungergibt sich aus den Zahlen- und Massenmitteln wie folgt. Der Eigenschaftswert Xi weicht um den mittleren Fehler des Einzelwertes Sn vom Zahlenmittelwert F,, ab. Bei Ni Messwerten mit den Eigenschaftswerten Xi gilt
Aufldsen und Surnmieren fiihrt mit
S:
= o i zu
Teilen durch Xj niXi. Einsetzen der Ausdriicke fir die Zahlen- und Massenmittel der Polymerisationsgrade und Aufltisen nach ongibt
Die men-Standardabweichung o, ist ein absolutes Mass fur die Breite einer GaussZahlenverteilung. Ein Wert von f 1 on entspricht namlich immer einem Stoffmengenanteil von 68,26 %, ein Wert von F,, f 2 oneinem Anteil von 95,44 % und ein Wert von Fnf 3 on einem von 99.73 %. Beim Beispiel der Abb. 2-8 bewgt die Zahlen-StanI 3714 liegen folglich 68,26 % aller dardabweichung o, = 714. Im Bereich 2286 5 Molekule. Fur andere Verteilungen als Zahlen-Gaussverteilungen ist die Zahlen-Standardabweichung jedoch nur ein relatives Mass. Die differenzielle Gauss-Verteilung der Stoffmengenanteile wird unsymmetrisch, wenn man als statistisches Gewicht den Massenanteil w = xX/X,, anstelle des Stoffmengenanteils x w Wt (vgl. Abb. 2-8). Anstelle von G1.(2-48) erh2lt man dam
xn
xn
(2-52)
w=
- (X - Fn)
X (2 .)1/2
anFn
Diese Gleichung gibt eine Gauss-Verteilung der Stoffmengenanteile wieder, die durch eine Verteilung der Massenanteile ausgedriickt wird; es ist nicht die Gauss-Verteilung der Massenanteile! Die echte Gauss-Verteilung der Massenanteile bezieht sich auf das Massenmittel Fw der Polymerisationsgrade und die Standardabweichung ow: (2-53)
X
w= (2
(2-54)
ow
ow = (FZFw - Fi)112 = Fw[(Fw / Yn) - 1f’2
33
2. Chemische Strukhu
Tab.2 3 Massenanteile w- an Polymeren im Molmassenbereich xw- owund w+ im Molmassenbereich X , + owbei Gauss-MassenvemilungenG. logarithmischen Normalmassenve$?ilygenLN und Schulz-Zimm-MassenverteilungenSZ mit verschiedenen MolmassenverWtnissen Xw/X,, [2].
xw/x* 1,1
1,s 24 5,O
Gauss-Verteilung Ww+ 0,3413 0,3413 0,3413 0,3413
0,3413 0,3413 0,3413 0,3413
LogarithmischeNormalverteilung Schulz-Zimm-Verteilung Ww+ Ww+ 0,290 0,427 0.57 1 0,251 0,662 0,232 w - + w + > l!
0.386 0,441 0,477 0,553
0,304 0,274 0,260 0,242
Diese Gauss-Massenverteilungist bei Wahl der Massenanteile als statistisches Gewicht symmetrisch um den Median, der hier durch das Massenmittel des Polymerisationsgrades gegeben ist. Zu beiden Seiten von Fw liegt daher je eine Hafte des Massenanteils, welcher der Massen-Standardabweichungow entspricht, also je w+ = w- = 0,3413. Andere als Gauss-Verteilungen sind jedoch unsymmetrisch um ihren Median. Die Massenanteile w- im Bereich - ow sind daher von denen fiir den Bereich Fw + ow verschieden (Tab. 2-8). Anders als bei Gauss-Verteilungen variieren femer die w-- und Das gleiche Ph&omen tritt auch bei w+-Werte mit dem Molmassenverhumis xw/Fn. Zahlenverteilungen auf, wenn als Parameter der Stoffmengenanteil gew2hlt wird.
zw
xw
2.4.3.
Logarithmische Normalverteilung
Differenzielle logarithmische Normalverteilungen (LN-Verteilungen; E: logarithmic normal distributions) der Stoffmengenanteile weisen die gleiche mathematische Form wie die entsprechenden Gauss-Verteilungen auf. Als Variable trin jedoch der natiirliche Logarithmus der Eigenschaft und nicht die Eigenschaft selbst auf:
Die Kurve ist nunmehr um In Xmed symmetrisch; der Median x m e d ist aber nicht mit dem ZaNenmittel F,,des Polymerisationsgrades identisch (vgl. weiter unten). Die Funktion entspricht dem Fehlergesetz fiir das geometrische Mittel. Bei logarithmischen Normalverteilungen ist daher das Verhutnis der Polymerisationsgrade wichtig, bei GaussVerteilungen dagegen die Differenz. Differenzielle logarithmische Normalverteilungen lassen sich generalisieren, 2.B. fiir die Massenverteilung der Polymerisationsgrade (B = exp [(1/2)(ow*)2(A + 1121):
In der Polymerwissenschaft venvendet man die Lansing-Kraemer-Verteilung(A = 0 und B = exp [(1/2)(0~*)~1) und die Wesslau-Verteilung(A = 1 und B = 1).
34
2.4. Verteilungsfunktionen
0
1oOOO
20000
I
I
I
30 000
,
"
0
10 OOO
20 OOO
30 000
- xAbb. 2-9 Differenzielle kontinuierliche Verteilungen der Polymerisationsgrade X fiir die logarithmische Normalverteilung 0, Schulz-Flory-Verteilungund Tung-Verteilung der Stoffmengen, dargesgllt als Verteilungcn der Stoffrnengenanteile (oben) und Massenanteile (unten) fiir ein Polyrneres rnit X, = 20 000 und X, = 10 OOO. Die Poisson-Verteilung ist so eng, dass sie fiir eine probe rnit dem gleichen Zahlenmittel in dieser Darstellung nur als Smch wiedergegeben werden kann. Abb. 2-9 gibt eine logarithmische Normalverteilung der Stoffmengenanteile gemass G1.(2-56) wieder. Die logarithmische Verteilung ist demnach eine schiefe Veneilung, wenn als Abszisse der Polymerisationsgrad selbst und nicht sein natiirlicher Logarithmus gew2hlt wird. Das Bild a d e n sich nicht prinzipiell, wenn man f i r die logarithmische Normalverteilung der Stoffmengen nicht die Stoffmengenanteile, sondem die Massenanteile auftdgt. Auch hier ist das Maximum der Kurve weder mit dem Zahlenmittel noch mit dem Massenmittel der Eigenschaft identisch. Im Gegensatz zu den weiter unten besprochenen Schulz-Flory- und Tung-Verteilungen besitzt die differenzielle kontinuierliche Verteilung der Stoffmengenanteile bei LNVerteilungen ein Maximum. Dieses Maximum tritt jedoch im Gegensatz zur Gauss-Verteilung nicht beim Zahlenmittel der Eigenschaft auf (Abb. 2-9). Die Verteilungskurve ist femer weder um den Median noch um symmetrisch. Fur die Beziehung zwischen dem Medianswert Xmed und den Mittelwenen gilt
x,,
(2-57)
xg
xg = X m d exp [(2 A + C)(O,*)~/~]
Die G1.(2-57) fiihrt rnit C = 1 f i r g = n, C = 3 fiir g = w, und C = 5 fiir g = z zu
35
2. Chemische Struktur
Das Verh3ltnis zweier aufeinanderfolgender einfacher Mittelwerte der Polymensationsgrade bzw. der entsprechenden Molmassen ist bei logarithmischen Normalverteilungen konstant und unabhhgig von dem betreffenden Mittelwert. Analog erh3lt man fiir das Viskosit2tsmittel der Polymerisationsgrade mit dem Exponenten a der Beziehung [ q ]= &Ma (Kap. 12.3.1):
xv
(2-59)
2.4.4.
-
Xv = X,dexp
[I2 (A
+ a) + 1)(ow*)*/21
Poisson-Verteilung
Poisson-Verteilungen der Polymerisationsgrade treten auf, wenn eine konstante Zahl von Polymerketten gleichzeitig zu wachsen anf2ngt und die Monomeren sich an diese Ketten zufUig und unabhhgig von den vorhergehenden Schritten anlagem. Derartige Verteilungen werden angen2hert bei idealen lebenden Polymerisationen erhalten (Bd. I). Sie fiihren mit zunehmender Zahl der Schritte zu immer engeren Verteilungen. Bei Poisson-Verteilungen lauten die differentiellen Zahlen- und Massenverteilungen (2-60)
X=
(2-61)
W=
(Fn- 1lx-l exp (1 - Fn (X - l)!
x(Xn- 1f-l exp(1(X - l)! In
;
V=
-
xn-1
;
(x- I)! =r(x)
xn)- xvX-lexp(- v) (X - l)!( v + 1)
Bei Poisson-Verteilungen gilt femer f i r die Beziehung zwischen dem Massen- und dem Zahlenmittel des Polymerisationsgrades: (2-62)
xw/xn
(und damit auch das entsprechende MolDas Polymerisationsgradverh3ltnis massenverhaltnis) h b g t somit anders d s bei anderen Verteilungen bei der Poisson-Verteilung nur vom Zahlenmittel des Polymerisationsgrades und keinem anderen Parameter ab. Mit steigendem Polymerisationsgrad strebt dieses Verhtdtnis dem Wert 1 zu. PoissonVerteilungen sind daher sehr enge Verteilungen.
2.4.5.
Schulz-Zimm- und Schulz-Flory-Verteilung
Schulz-Zimm-Verteilungen von Polymerisationsgraden liegen Prozesse zugrunde, bei denen eine zeitlich konstante Zahl von aktiven Ketten solange wahllos Monomennolekule addiert. bis die individuellen Ketten desaktiviert werden. Im Gegensatz zur PoissonVerteilung miissen die ursprUnglich vorhandenen Keime nicht individuell erhalten bleiben. Sie miissen auch nicht alle zur gleichen Zeit eine Polymerkette starten. Die Breite solcher Verteilungen wird durch den Kopplungsgrad kontrolliert, der angibt, wieviel unabhwgig gewachsene Ketten zu einer toten Kette gekoppelt wurden. Er ist z.B. gleich 2, wenn zwei radikalische Ketten zu einer einzigen Kette kombinieren.
36
2.4. Verteilungsjiunkrionen
Die differenziellen Schulz-Zimm-Verteilungen (SZ-Verteilungen) lauten
wobei T(c+ 1) die Gamma-Funktion von (<+ 1) ist. Aus G1.(2-63) folgt, dass die Verhutnisse der einfachen arithmetischen Mittelwerte mit steigendem Kopplungsgrad immer kleiner werden:
Schulz-Zimm-Verteilungen k6nnen von logarithmischen Normalverteilungen auch uber die Verhdtnisse der Mittelwerte der Polymerisationsgrade unterschieden werden. Nach G1.(2-64) gilt bei Schulz-Zimm-Verteilungen unabhtingig von der Verteilungsbreite immer (F,, + Fzyxw - - = 2, warend diese Beziehung bei logarithmischen Normalverteilungen nur bei X,: X , : Z, = 3:2: 1 erhalten wird. Fur hohe Polymerisationsgrade und dem Wert von 6 = 1 geht die Schulz-Zimm-Verteilung (SZ-Verteilung) in die Schulz-Flory-Verteil~nguber (SF-Verteilung; in englischsprachigen L2ndem meist nur als Flory-Verteilung) (Abb. 2-9). Die SF-Verteilung wird bei vielen Prozessen erhalten, an denen hochmolekulare Polymere beteiligt sind, z.B. einfache bifunktionelle Gleichgewichtspolykondensationen,radikalische Polymerisationen mit Disproportionierungsreaktionen und statistische Kettenspaltungen. Da diese Prozesse den "Normalfall" darstellen, wird die SF-Verteilung in deutschsprachigen Laindem oft auch "Normalverteilung" genannt (nicht zu verwechseln mit der Gauss-Normalverteilung). In englischsprachigen Landem heisst die SF-Verteilung ebenso unzutreffend "most probable distribution". Das Auftragen der Stoffmengenanteile gegen die Polymerisationsgrade liefert fiir die differenzielle Schulz-Flory-Verteilung eine exponentiell abfallende Kurve (Abb. 2-9), warend z.B. die logarithmische Normalverteilung durch ein Maximum geht. Bei den differenziellen Massenverteilungen zeigt jede der Verteilungskurven der Abb. 2-9 ein Maximum. Nur bei Schulz-Zimm-Verteilungen ist jedoch die Position des Maximums mit dem Zahlenmittel des Polymerisationsgrades identisch.
2.4.6.
Generalisierte Exponentialverteilungen
Generalisierte Exponentialverteilungen (GEX-Verteilungen) weisen im Exponentialausdruck die Variable X mit einer Potenz auf. Diese "gestreckten Exponentiale" liefern naturgemass besonders anpassungsf&ige Verteilungsfunktionen. In den Polymerwissenschaften werden viele empirische GEX-Verteilungen verwendet, und zwar sowohl fiir Molmassen als auch fur physikalische Eigenschaften wie z.B. die Bruchfestigkeit. Fur Molmassen benutzt man haufig die Kubin-Verteilung:
37
2. chemische StrURiur
B gibt dabei die Lage der Verteilung an. Die Gr6ssen E und 7 bestimmen die Lage der Verteilung, ihre Vorzeichen die Schiefe. Die verschiedenen Mittelwerte Fg berechnen sich aus
wobei a = 0 f i r g = n, a = 1 f i r g = w und a = 2 f i r g = z. Die Kubin-Verteilung enthat eine Reihe anderer Verteilungen als SpezialMle (Tab. 2-9). Zu den gestreckten Exponential-Verteilungen gehtiren noch eine Reihe anderer Verteilungen, die nicht von G1.(2-65) erfasst werden, wobei Xo, A, B, C, D und E anpassungsfaige Konstanten sind: (2-67)
w = exp (-X/Xo)B
Rammler-Bennett-Verteilung
(2-68)
w = 1 - exp [(XO- X)B/Al
Weibull-Verteilung
(2-69)
w = A X B exp [C - D (ln
mE]
Miltz-Rom-Verteilung
Tab. 2-9 Spezialme der Kubin-Verteilung. Name
Y
Pearson-Verteilung Logarithmische Normalverteilung 2-Verteilung Schulz-Flory-Verteilung Schulz-Zimm-Verteilug Tung-Verteilung
2.4.7.
&
B
m
a
g
-1
0
Grenzwerte
00
1/2_
1
1
1
1 Y
Y- 1
s
dX"
Bestimmung von Molmassenverteilungen
Molmassenverteilungen sind mit einer Reihe von Methoden ermittelbar (Tab. 2- 10). Die meisten dieser Methoden sind Relativverfahren; sie bentitigen Eichungen mit Polymerstandards. Bei den analytischen Methoden ist z.Zt. die Grtissenausschlusschromatographie am beliebtesten, bei den pdparativen Methoden die Fraktionierung aus LXlsungen durch stufenweisen Zusatz eines FUungsmittels. Die verschiedenen Methoden liefem teils differenzielle und teils integrale Verteilungen, teils diskontinuierliche und teils kontinuierliche. Die Variablen sind auch nicht immer Massen(antei1e) und Molmassen, so dass die primlr erhaltenen Verteilungskurven noch umgerechnet werden mussen. Die Massenspektrometrie fiihrt z.B. bei Oligomeren zu differenziellen diskontinuierlichen Massenverteilungen der Verhsltnisse von Molmasse zu elektrischer Ladung, weil man die Massenanteile jeder einzelnen Molekiilsorte separat misst und jede Molekiilsorte sich nur um den Polymerisationsgrad 1 von der nlchsten Sorte unterscheidet. Bei echten Polymeren sind die Unterschiede refativ klein, so dass man praktisch differenzielle kontinuierliche Verteilungen erhtilt (Band I).
38
Literatur zu Kap. 2
Bei der Grtissenausschlusschromatographieerhdt man ebenfalls differenzielle kontinuierliche Kurven, und zwar eine Konzentrationsgrtisse (Brechungsindex, Infrarotabsorption, usw.) als Funktion des pro Zeiteinheit ausgeflossenen Elutionsvolumens V,. Diese Elutionskuwe wird d m mit einer Eichfunktion V , = A M )in eine Molmassenverteilung umgewandelt (Band I, Kap. 3.3.4; Band 11, Kap. 14.4.3). Man kann auch die Molmasse des in einem Element des Elutionsvolumen enthaltenen Polymeren "kontinuierlich" messen. z.B. direkt durch Streulichtmessungen oder indirekt iiber die Viskositlt. Da sich diese Messungen auf endlich grosse Volumina beziehen und nicht auf unendlich kleine. ist die experimentell beobachtete Kurve zwar eine differenziell-kontinuierliche. in Bezug auf die Molmasse bzw. den ihr proportionalen GrCissen jedoch eine differenziell-diskontinuierliche.Jedes dieser Volumenelemente enthat eine Molmassenverteilung. was bei der Umrechnung solcher differenziell-diskontinuierlicher Kurven in differenziell-kontinuierlichezu beriicksichtigen ist. Tab. 2-10 Methoden zur Bestimmung von Molmassenverteilungen. A = Analytisch, D = Desorption von einer Matrix, L = in Ulsung, LF = in LBsung mit Filllungsmittel, LT = in Usung mit Temperaturvariation, M = in der Schmelze, P = prilparativ. Methode Massenspektrometrie (falls MALDI) GrBssenausschlusschromatographie(SEC, GPC) Dynamische Lichtstreuung Fraktionierung Triibungspunkt-Titon Triibungsternperatur-Analyse Sedimentation (Geschwindigkeitoder Gleichgewicht) Feldflussfraktionierung (FFF) Str6mungsdoppelbrechung Speichermodul und andere viskoelastischeEigenschafien
Typ A A, P A P A A A A A A
Zustand D L L LF LF LT L L L M
Kapitel Band I 14.4.3 11.1.2 10.2.3 10.2.3 10.2.3 11.3 11.4 11.2.2 17.5.3
Historische Not izen Zur Erkenntnis des makromolekularen Charakters der Polymeren siehe Band I, Kap. 1. Zur Entdeckung der Taktiziat siehe Band I, Kap. 4.1.1.
Literatur zu Kap. 2 2.0.0. NOMENKLATUR IUPAC, Commission on Macromolecular Nomenclature, Compendium of Macromolecular Nomenclature, Blackwell, London 1991 ("Purple Book) IUPAC, Commission of Macromolecular Nomenclature, Glossary of Basic Terms in Polymer Science (IUPAC Recommendations 1996), Pure Appl. Chem. 68/12 (1996) 2287
2. Chemische Struktur
39
2.0.1. ALLGEMEINE ANALYSENMETHODEN M.Hoffmann, H.Kr6mer. R.Kuhn, Polymeranalytik, Thieme, Stuttgart 1977 (2 Bde.) L.S.Bark, N.S.Allen, Hrsg., Analysis of Polymer Systems, Appl.Sci.Publ., Barking, Essex 1982 J.Mitchel1. jr., Hrsg., Applied Polymer Analysis and Characterization, Hanser. Miinchen 1987 E.SchrUder, G.Miiller, K.-F.Amdt, Leitfaden der Polymercharaktefisierung,Akademie-Verlag, Berlin. 1982;-,Polymer Characterization, Hanser, Miinchen 1989 T.R.Crompton. Analysis of Polymers, Pergamon. Oxford 1989 J.R.White, D.Campbel1, Polymer Characterization. Physical Techniques, Chapman and Hall, New York 1989 G.Allen, J.C.Bevington, Hrsg., Comprehensive Polymer Science; C.Booth, C.Price, Hrsg., Bd. 1, Polymer Characterization. Pergamon Press,Oxford 1989 J.J.Kroschwitz, Hrsg., Polymers: Characterization and Analysis, Wiley, New York 1990 (Nachdruck von Amkeln in der Encyclopedia of Polymer Science and Engineering) H.G.Barth. M.IJames, Hrsg., Polymer Characterisation, Blackie Academic. Glasgow 1993 J.L.Koenig. Spectroscopy of Polymers, Elsevier, Amsterdam, 2. Aufl. 2000
2.1. KONSTITUTION und 2.2.KONFIGURATION, siehe Band I (1999);Nachtmg: M.K.Mishra, S.Kobayashi, Star and Hyperbranched Polymers, Dekker, New York 1999 2.3.-2.4. MOLMASSEN UND MOLMASSENVERTEILLJNGEN (nur allgemeine Literatur; fiir spezielle Methoden siehe die berreffenden Kapitel) S.R.Rafikov, S.Pavlova. I.I.Tverdokhlebova, Determination of Molecular Weights and Polydispersity of High Polymers, Akad.Wiss.USSR, Moskau 1963;Israel Program of Scientific Translation, Jerusalem 1964 P.E.Slade, Jr., Polymer Molecular Weights, Dekker, New York 1975 (2 Bde.) A.R.Cooper, Hrsg., Determination of Molecular Weight, Wiley, New York 1990 S.R.Holding, E.Meehan, Molecular Weight Characterization of Synthetic Polymers (Rapra Review Report), Plastics Design Library. Norwich (NY) 1997
2.3.a. MITl'ELWERTE UND MOMENTE H.-G.Elias, R.Bareiss, J.G.Watterson, Mittelwerte des Molekulargewichtes und anderer Eigenschaften, Adv.Polym.Sci.-Fortschr.Hochpolym.Forschg.11 (1973)11 1 H.GElias, Polymolecularity and Polydispersity in Molecular Weight Determinations, Pure Appl.Chem. 43/1-2(1975)115
2.3.b. BESTIMMUNG VON MOLMASSEN R.U.Bonner, M.Dimbat, F.H.Stross, Number Average Molecular Weights, Interscience, New York 1958 D.V.Quayle, Molecular Weight Determination of Polymers by Electron Microscopy, Brit.Po1ym.J.
l(1969) 15 P.E.Slade. jr., Polymer Molecular Weights, Dekker, New York 1975 (2Bde.) N.C.Billingham, Molar Mass Measurements in Polymer Science, Halsted Press, New York 1977 A.K.Bledzki, TSpychaj, Molekulargewichtsbestimmungenvon hochmolekularen Stoffen, Huthig und Wepf, Base1 1991 (ilbungsaufgaben) S.R.Holding. E.Meehan, Molecular Weight Characterization of Synthetic Polymers (Rapra Review Report), Plastics Design Library. Norwich (NY) 1997
2.4. VERTEILLJNGSFUNKTIONEN J.Aitchison, J.A.C.Brown, The Lognormal Distribution, Cambridge University Press, Cambridge 1969 L.H.Peebles, Molecular Weight Distributions in Polymers, Interscience, New York 1971
Quellennachweise 111 H.-G.Elias, R.Bareiss, J.G.Watterson, Adv.Polym.Sci. 11 (1973) 11 1 [21 J.G.Watterson, H.-G.Elias, J.Macrornol.Sci.-Chem. A 5 (1971)459
40
3.
Mikrokonformationen
3.1. Grundlagen Bei Polymermolekulen detinierter Konstitution und Konfiguration sind die Bindungslhgen b zwischen je zwei Kettenatomen sowie die Bindungswinkel T zwischen je drei Kettenatomen festgelegt. Die Kettenatome isolierter Polymermolekiile k6Men aber dank der mikro-Brown'schen Bewegung dennoch verschiedene rgumliche Lagen einnehmen. In Abb. 3-1 bewegt sich beispielsweise das Kettenatom 3 bei konstanten Bindungsl h g e n b2-3 und 63-4 und konstanten Bindungswinkeln ~ 1 - 2 - 322-34 , usw. auf der eingezeichneten Kreisbahn um die Verlhgerung der Achse 1-2. Analog kann das Kettenatom 4 auf einer Kreisbahn urn die verlhgerte Achse 2-3 rotieren. Auf diesen Bahnen kijnnen die Kettenatome im Prinzip unendlich verschiedene Lagen einnehmen. Nur wenige dieser Lagen sind jedoch energetisch ausgezeichnete Vorzugslagen. Diese Vorzugslagen nennt man bei kleinen Molekiilen Konformationen (E: conformations) und bei Makromolekiilen Mikrokonformationen (E: microconformations). im Deutschen friiher auch "Konstellationen" (L: corn = gleich, ihnlich; forma = Gestalt). Ihre Art und Folge bestimmt die Makrokonformation des Molekuls. In ideal-kristallinen Polymeren ist die Makrokonformation dank der intra- und intermolekularen Wechselwirkungen zwischen den Atomgruppen festgelegt. z.B. ...TTlT..., ...TG+TG+..., TTG-TTG- ... usw. und von Molekul zu Molekul gleich. Bei Polymerketten in verdiinnten Liisungen werden jedoch die Mikrokonformationen im Allgemeinen rasch ineinander umgewandelt. Die Kette nimmt dam eine unregelmissige Form an. Bei kurzen Ketten und kurzen Kettensegmenten ist jedoch die Zahl der mdglichen Kettengestalten eingeschrwt. Wie man aus Abb. 3-1 (Mitte und rechts) sieht, prigen die konstanten Bindungswinkel der Kette trotz der mehr oder weniger "freien" Drehbarkeit um die Kettenbindungen eine Vorzugsrichtung auf. Die Kette besitzt somit eine Persistenz (L: persisrere = stillstehen). Erst oberhalb einer bestimmten Persistenzl2nge sind die Kenenbindungen nicht mehr korreliert (S. 92 und 98).
11
A
Abb. 3-1 Links: Mogliche Rotationen der Kettenatome einer Poly(methy1en)-Kette +CH& um die Verhgemngen der vorhergehenden Kettenbindungen. Die Kettenatome sind in der energetisch bevorzugten trans-lage 0 0 eingezeichnet; die ebenfalls moglichen, energetisch hier etwas ungunstigeren beiden gauche-Lagen G+und G- sind durch 0 markiert. Mitte und rechrs: Projektionen der gleichen Kettenatome auf die Papierebene bei zwei Ketten mit statistischer Folge von trans- und gauche-Lagen.
41
3. Mibokonformatwnen
3.2.
Lokale Konformationen
3.2.1. Definitionen Einfache Molekule des Typs A-B-D sind mit den beiden Bindungslmgen ~ A - Bund bB-D und dem Bindungswinkel ~A-B-D geometrisch vollsttindig beschrieben. Ein Beispiel ist das Methanmolekiil H-CHyH mit ~ C - H= 0,1094 nm und TH-C-H = 109O18'. Bei Molekiilen vom Typ A-B-D-E wie z.B. dem Ethan H - C H F C H ~ H muss dage~ den beiden Bindungswingen ausser den drei BindungsUngen ~ A - B ,~ B - Dund b b und keln TA-B-D und Q - ~ Enoch der Torsionswinkel, Konformationswinkel, Rotationswinkel bzw. Diederwinkel8 bekannt sein (E: torsion angle). Der Torsionswinkel von A und E um die Bindung B-D ist der Winkel zwischen der Projektion der Bindung A-B und der Projektion der Bindung D-E auf eine Ebene, die normal (rechtwinklig) zur Bindung B-D ist (Abb. 3-2). Er ist somit auch der Winkel zwischen der Ebene A-B-D und der Ebene B-D-E. Der Torsionswinkel bestimmt die relative rlumliche Lage der "gebundenen" Substituenten (Liganden, Atomgruppen, Atome) zu den "ungebundenen". Wenn zum Beispiel im Ethan H3C1-C2H3 die drei H-Atome des C1 als "gebunden" bezeichnet werden, d m sind die H-Atome des C* "ungebunden" zu C1 und umgekehrt. Torsionswinkel werden von -180" bis +180° gemessen und nicht von 0" bis 360". Der Torsionswinkel ist positiv, wenn in A-B-D-E beim Betrachten der zentralen Bindung in Richtung B-D die Bindung zum stirnseitigen A-Atom den kleineren Rotationswinkel bei der Drehung nach rechts erfordert, um mit dem riickwlnigen Atom E zur Deckung zu kommen (vgl. auch G+ in Abb. 3-2). Von den vielen maglichen Torsionswinkeln sind diejenigen ausgezeichnet. die in den Rotationspotentialen Minima oder Maxima aufweisen. Die vier Valenzen der Kohlenstoffatome erzeugen z.B. bei aliphatischen Kohlenwasserstoffen drei Rotationspotentiale rnit Energieminima (T, G+, G-; vgl. auch Abb. 3-2 und Abb. 3-4). Den drei anderen konformativen Lagen entsprechen Energiemaxima (C, A+, A-). Zweifache Rotationspotentiale treten dagegen bei kettensthdigen 1,4-Phenylengmppen auf.
e = 1800 sp, cis, C
e= 1200 sc,gauche+, G+
o= 60" ac, anti, A+
e= oo ap, trans, T
Abb. 3-2 Definition des Torsionswinkels 8 (makromolekulare Konvention) als hojektion - - - - der Bindungen A-B und C-D (jeweils a*)) auf eine Ebene, die normal zur Bindung B-D ist. Die Positionen rnit negativen Torsionswinkeln (A- bei e = -60° und G- bei e = -120O) sind aus Platz-
w)
griinden nicht gezeigt. Ethan H3C-CH3: Butan H3-CHAH2-CH3:
a=a=e=e=H a=a =e =e =H
A=E=H A = E = CH3
B=D=C B =D =C
42
3.2. Lokale Konformationen
Beim Ethan gibt es einen Typ einer ausgezeichneten Lage bei 8 = 0", 8 = + 120" und + 60" und - 60". In der makromolekularen Konvention wird der trans-Konformation der Winkel 8 = 0" zugeordnet und der cisKonformation der Winkel 8 = f 180'. Die umgekehrte organisch-chemische Konvention (cis bei 0") ist f i r Polymere unzweckm&ig, weil trans hgufig die stabilste Konformation ist und cis-Konformationen bei Ketten (0 = a ) nur schwierig darstellbar sind. Butan weist ausser trans und cis noch zwei gauche-Konformationen G+ ( 8 = + 120") und G- ( 8 = - 120") auf (franz6sisch: gauche = links, linkisch, unbeholfen) sowie zwei anti-Konformationen A+ ( 8 = + 60") und A- ( 8 = - 60'). Gauche wird in der organischchemischen Konvention synclinal (sc) genannt, anti dagegen anticlinal (ac). Die Rotationspotentiale befinden sich nicht immer bei diesen idealen Posititionen. Nicht-ideale Konformationen erhalten jedoch die gleichen Namen, wenn sie um nicht mehr als f30" von den idealen Konformationen abweichen. Eine Konformation mit 8 = +loo wird daher in der makromolekularen Konvention ebenfalls "trans" genannt. Kleine Molekiile in energetisch ausgezeichneten raumlichen Lagen wie z.B. die cisund trans-Konformationen des Ethans und die cis-, anti-, gauche- und trans-Konformationen des Butans kann man als definierte Spezies auffassen, da sie bei schnellen Methoden als solche erscheinen. Sie werden als konformative Stereoisomere, Konformationsisomere (E: conformational isomers) oder Konformere (E: conformers) bezeichnet, bei offenkettigen Verbindungen auch als Rotationsisomere (E: rotational isomers) oder Rotamere (E: rotamers). Bei Makromolekulen beziehen sich die gleichen Namen auf die lokalen Konformationen in einer Kette. 8 = - 120' und einen anderen bei 180°,
3.2.2.
Rotationspotentiale
Bei den drei trans-Mikrokonformationen des Efhans stehen die drei Wasserstoffatome einer Methylgruppe jeweils auf Liicke zu den drei Wasserstoffatomen der anderen Methylgruppe (Abb. 3-2). Bei den drei cis-Mikrokonformationen (C) befinden sich dagegen die gebundenen und die ungebundenen Wasserstoffatome jeweils auf Deckung. Da sich die beiden Methylgruppen abstossen, entspricht die cis-Konformation einem Energiemaximum, die trans-Konformation dagegen einem Energieminimum. Auch Butan CH3-2CH2-3CH2-4CH3 besitzt ein dreifaches Rotationspotential in Bezug auf die Energieminima (Abb. 3-2 und 3-4). Da jedoch nur jeweils zwei der drei Liganden der "Ketten"atome 2C und 3C identisch sind, gibt es zwei Typen von Energieminima, und zwar zwei identische bei 8 = +120" (G+) und 8 = -120" (G-) und ein tieferes bei 8 = 0" (T). Dazu treten zwei identische Energiemaxima bei den Winkeln 8 = +60" (A+) und 8 = -60" (A-) sowie ein hoheres Energiemaximum bei 8 = f180". Vom Penfan *CH3-2CHz-3CH2-4CH2-5CH3 an sind bei aliphatischen Ketten zum ersten Mal konformative Diaden zu beriicksichtigen, also die beiden aufeinanderfolgenden Kettenkonformationen bei 2C-3C und 3C-4C (Abb. 3-3). Da jede dieser Kettenkonformationen in einer trans-Lage und zwei gauche-Lagen vorliegen kann, gibt es beim Pentan vier verschiedene Typen konformativer Diaden. Die niedrigste Energie weist die Diade TT auf und die Diade G-G+ bzw. G+G- die hochste. Bei Berechnungen der Konformationen von Kohlenstoff-Ketten nimmt man daher meist an, dass die Diaden G+Gund G-G+ abwesend sind (s.a. Tab. 3-1).
43
3. Mibobnformatwnen
2
4
Tr
1A
TG+,TG-. G+T, GT
4
2J4
G+G+.G-G-
2
u
4
G+G-, G-G+
Abb. 3-3 Konformative Diaden des Pentans 1CH3-~Hz-%Hz-~Hz-5CH3. Der Ubergang von einem Energieminimum iiber ein Energiemaximum in das n2chste Energieminimum erfordert eine Aktivierungsenergie. die Rotationsbarriere (E: rotational barrier) oder Potentialschwelle. Die Rotationsbanieren ergeben sich aus der Differem zwischen anziehenden und abstossenden KrBften. Beim Ethan werden sowohl f i r die Anziehung als auch die Abstossung als Funktion des Torsionswinkels Kurven mit je drei gleichen Maxima bzw. Minima gefunden (vgl. auch Abb. 3-4). Der Energieunterschied zwischen dem Minimum und dem Maximum ergibt sich bei der Anziehung zu = 82.5 kJ/mol, bei der Abstossung zu AEm,ab= 93,8 kJ/mol. Die molare Rotationsbamere betrlgt beim Ethan somit AE: = &?$,,& - AEm,m = 11.3 kJ/mol. Beim Butan ist an jedem C-Atom des Ethans ein H-Atom durch eine wesentlich gr6ssere CH3-Gruppe ersetzt. Die Gesamtaktivierungsenergiefiir den ijbergang vom tiefsten Minimum uber das hdchste Maximum ist entsprechend hdher; diese Rotationsbarriere betragt AE; = 15.9 kJ/mol. Der ijbergang von der trans-Lage in die gauche-Lage erfordert eine kleinere Aktivierungsenergie, die aber immerhin noch einen beachtlichen Wert von AE:,- = 13 kJ/mol aufweist. Die Energiediflerenz zwischen einem tieferen und dem n2chsthCIheren Energieminimum ist die Konformationsenergie (E: conformational energy) bzw. Potentialenergie (E: potential energy). Die trans- und gauche-Lagen des Butans besitzen somit eine molare Konformationsenergie von A&,,TG = AE& - AEk,TG = 2.9 kJ/mol.
Abb. 3 4 Ideale Konformationen (oben) und Rotationsbanieren (unten) urn die C-C-Bindung des Ethans (gepunktet) und urn die zentrale C-C-Bindung des Butans CH3CH&HzCH3 (ausgezogen) als Funktion des Torsionswinkels 19(rn&ornolekulare Konvention fiir C, G, A und T). In Ethan ist 0 ein H-Atom, in Butan eine CH3-Gruppe.Die rechts angegebenen Energien beziehen sich auf Butan.
44
3.2. Lokale Konformationen
Diese Rotationsbameren sind recht niedrig. Die konformativen Stereoisomeren (Konformeren, Rotarneren) der Alkane wandeln sich daher in fluider Phase schnell ineinander um (Band I, Tab. 4-1). Die dazu erforderliche Energie stammt vom Zusammenstoss zweier Molekule. Bei einer Kollision wird im Mittel aber nur ein kleiner Teil der thermischen Energie (ca. RT/2 = 1,24 kJ pro mol Freiheitsgrad) an das andere Molekiil abgegeben. Wegen der Maxwell-Boltzmannschen Energieverteilung iibertagt daher nur eine geringe Zahl von Stiissen soviel Energie, dass die Potentialschwelle uberwunden wird. Bei den meisten Stiissen kommt es dagegen nur zu Schwingungen von maximal f 20" urn die Potentialminima. Die Mehrzahl der Molekule behant daher bei normalen Temperaturen in Konformationen mit einem Minimum der Potentialenergie. Aus diesem Grund kann man die Bindungen bzw. (kleinen) Molekiile so behandeln, als ob sie nur in diskreten Rotationszustaden vorkommen, eben als Konformere.
3.2.3.
Konstitutions-Einfliisse
Die Einflusse der Konstitution wurden bereits in Band I detailliert besprochen, so dass hier nur die wesentlichen Effekte fiir abstossende Liganden rekapituliert werden. Die Raumerfiillung der Liganden wird dabei durch die van der Waals-Radien bestimmt und nicht durch die Atomradien. Einfuch- vs. Mehrfachbindungen. Die Rotationsbarriere steigt beim Ubergang von
Konformationsisomeren zu Stereoisomeren steil an. Ethan besitzt z.B. um die Bindung C-C eine Rotationsbamere von A E S = 11,3 kJ/(mol Bdg.) auf, Ethen dagegen urn die Bindung C=C eine von 272 kJ/(mol Bdg.). Ringmolekiile. Viergliedrige Ringe erfordem zur Inversion nur eine niedrige Aktivierungsenergie, sechsgliedrige Ringe dagegen eine grosse. Beispiele sind Cyclobutan ~ 4 ( A~E ~=86,2 kl/mol) vs. Cyclohexan C6H12 (AES = 43,2 kJ/mol) und Oxetan C3H6O (AEt = 0,4 kJ/mol) vs. Tetrahydropyran C5HloO (A,@ = 39.8 kJ/mol). Bindungslunge. Je griisser die Bindungslage, umso kleiner ist bei m i c h e r Konstitution die Rotationsbamere. In der Reihe CH3CH3 _...CH3SiH3 .... SiH3SiH3 steigen z.B. die Bindungslagen b/nm der "Ketten"atome von 0,154 uber 0,193 auf 0,234 an, w2hrend die Rotationsbameren AES/(kJ mol-1) von 11,3 beim Ethan uber 7,l beim Methylsilan auf 4,2 beim Silan abfallen. Grosse der Liganden. Je griisser die unrnittelbaren, abstossenden Ligandenteile, umso hBher sind die Rotationsbanieren AES/(kJ mol-l). Beispiele sind C6H50 H (13.0) vs. CH30H (1.6) und die Reihe CH3C(CH3)3 (19,7), CH3CH(CH3)2 (16,3), CH3CH2CH3 (14,2) und CH3CH3 (11,3). Zahl der Ligunden. Je weniger Liganden vorhanden sind, urnso kleiner ist die Rotationsbamere AES/(kJ mol-'). Beispiel: CH3CH3 (1 1,3) vs. CH30H (1,6). Ketten, deren Kettenatome ungebundene Elektronenpaare oder elektronegative Substituenten aufweisen, versuchen in polaren Umgebungen Konformationen mit der griisstm6glichen Zahl von gauche-Wechselwirkungenzwischen den benachbarten Elektronenpaaren und/oder elektronegativen Substituenten einzunehmen. Wegen dieses Gauche-Effektes treten viele Polymerketten im Kristall nicht in ...T'IlT... Sequenzen wie beim Poly(ethy1en) auf, sondem in ...TG+TG+..., ...TTG-. .. usw. Solche geordneten SequenZen Uberleben jedoch meist nicht in L6sung.
45
3. Mikrokonformatwnen
0
0.2
0,4
0,6
- 1/E,
0,8
1
----*
Abb. 3-5 Auf die reine Fliissigkeit (ET - EG 0) bezogene Energiedifferemn der trans- und gaucheKonformationen des 12-Dichlorethansim Gaszustand G (@), als reine FliissigkeitL ( 0 )und in verschiedenen LUsungsmitteln ( 0 )als Funktion der rezipmken relativen Permittivim E, des Mediums. Poly(oxymethy1en) (POM) kristallisiert wegen des gauche-Effektes in der all-gaucheKonformation (G)n, Poly(oxyethy1en) (PEOX) sowie die Poly(g1ycin)-Modifikation I1 (PG) in (TTG),,. Wegen der sterischen Hinderung durch die Methylgnippen kristallisiert das isotaktische Poly(propy1enoxid) (PPOX) jedoch in der (“),-Konformation. 4H2&
..
4+2H2&,
..
..
TH4Hz-6-
PEOX
FQM
cH3
PPOX
-“;I-€H23:0: H
PG
Der Gauche-Effekt kommt nicht durch inteme Mikrokonformationseffekte per se zustande, sondem durch polare bzw. polarisierbare Umgebungen. Beim 1,2-Dichlorethan nimmt zum Beispiel die Differenz zwischen den molaren Konformationsenergien ET und EG praktisch linear mit der reziproken relativen Permittivimt er des L(isungsmitte1s ab (Abb. 3-5). Im Gaszustand und im apolaren Usungsmittel Hexan ist diese Differenz am gMssten, im polaren Usungsmittel Methanol am geringsten. Die durch diesen Effekt bedingte Zunahme von gauche-Konformationen von polaren gelhten Molekiilen in polaren Usungsmitteln zeigt sich auch bei den konformativen Diaden des meso-2,4-Hydroxypentans (Tab. 3-1). Bei dieser Verbindung sinken die Anteile der ‘IT-Diaden mit zunehmender Polaritilt des Usungsmittels (zunehmender relativer Permittivitilt er), w m n d diejenigen an (TG+ + GT)-Diaden ansteigen. Die Anteile an gauche-Diaden G+G+ und G-G- sind in allen Usungsmitteln praktisch gleich null. Tab. 3-1 Diadenanteile von meso-2,4-HydroxypentanoxypentanCH3-CHOH-CH2-CHOH-CH3 bei 40°C. Usungsmittel Name Teeachlorkohlenstoff Dichlormethan pyridin Dimethy lsulfoxid Deuteriumoxid
Anteile in % bei den konformativen Diaden Er
22 8.9 12,4 46,7 78.4
lT
TG+, G-T
TG-,G q
G+G+,G-G-
70
10 10 48
10 0 7 10 25
10 0
90 45 30 5
60 70
0 0 0
3.3 Sequenzen von Mikrokonformationen
46
Abb. 3-6 Temperaturabhilngigkeit des Verhhisses xT/xG der Molenbriiche von trans- und gaucheKonfonnationen (xT + % = 1) nach Messungen der geminalen NMR-Kopplungskonstanten bei einem isotaktischen Poly(methylmethacry1at) (Stoffmengenanteil der isotaktischen Diaden x, = 0,93) in Deutemchloroform (0)und o-Dichlorbenzol(0)[I].
Rotationsbanieren werden mit steigender Temperatur leichter iibenvunden; die Population an hoherenergetischen Mikrokonformationen steigt an. Bei einem partie11 deutenerten it-Poly(methylmethacry1at) +CHyC(CH3)(COOCH3)h ist z.B. die gauche-Konformation bei -30 OC um 1.46 kJ/mol energiereicher als die trans-Konformation. Bei -30°C sind in der Ldsung doppelt so viele trans-Konformationen wie gauche-Konformationen vorhanden (XT/XG = 2), bei T -+ aber gleich viele (Abb. 3-6).
-
3.3.
Sequenzen von Mikrokonformationen
3.3.1. Einleitung Stereoregul2re Polymermolekule bestehen aus einer Folge sterisch gleicher Repetiereinheiten. Diese Regelmassigkeit fiihrt jedoch nur dann zu einer ebensolchen regularen Folge von Mikrokonformationen, wenn in Kristallen thermisch bedingte Rotationen entweder durch eine enge Packung der Ketten komplett unterdriickt werden oder, falls vorhanden, vollig synchron ablaufen (sehr selten). In Losungen iiberleben regelmassige Folgen von Mikrokonformationen in der Regel nur, wenn zwischen den Monomereinheiten starke intramolekulare physikalische Bindungen bestehen (meist Wasserstoffbriicken). In selteneren Fdlen begiinstigt die physikalische Struktur der Losungsmittel in den geltisten Polymermolekiilen regelmassige Folgen von Mikrokonformationen. Auch hier wird aber eine solche Regelmassigkeit meist durch Packungseffekte gefordert, d.h. durch intermolekulare Selbstassoziationen. In der iiberwiegenden Zahl dieser Falle erstreckt sich die regelmssige Folge der Mikrokonformationen jedoch nicht iiber das gesamte Makromolekiil. sondem nur iiber mehr oder weniger lange Sequenzen.
47
3. Mibokonformatwnen
RegelmBsige Folgen von Mikrokonfomationen treten in zwei Typen auf: ZickzackKetten und Helices. Zickzack-Ketten werden von den Makrokonformationen (T), und (TTGG), gebildet (mit G = G+ oder G-). Zu den ersteren gehort Poly(ethylen), zu den letzteren st-Poly(pmpy1en) und die Modifikation I1 des Poly(g1ycin)s. Zickzack-Ketten existieren nur im kristallinen Zustand und werden daher in Kap. 7 behandelt. Helices gibt es in vielen verschiedenen Arten von Makrokonfomationen. Sie treten u.U. auch in VerdiiMten Usungen auf, also bei einzelnen Polymermolekulen. Ihre wesentlichen Merkmale werden daher im nlchsten Unterkapitel besprochen.
3.3.2.
Helices
Eine Helix (G: elix = Schraubengang) ist eine Spirale, die konisch wie bei dem Gehluse der Schnecke Helix pomaria oder bei einer Holzschraube sein kann oder zylindrisch wie bei einer Metallschraube. Aus regelmlssigen Mikrokonformationen aufgebaute helicale Makrokonformationen sind selbstverstZndlich nur zylindrisch. Helices kommen in vielen verschiedenen Typen vor (Abb. 3-7). Sie werden in vielen Falen lediglich durch die Anzahl der konstitutionellen Repetiereinheiten Nrep pro Anzahl Ns der Schraubenwindungen charakterisiert, nach denen die relative Ausgangslage wiederhergestellt ist; Nrq und N , sind dabei ganze m e n . Konfomtive Repetiereinheit
Struktur der Kettenatome Seitenansicht
Beiiel Polymername
Konstitutionelle Repetiereinheit
T
Poly(ethy1en)
-CH,
G
Poly(oxymethy1en) -0-CH,
TG
it-Poly(propy1en)
-CH,
TGG
LP~ly(alanin)
-NH -CH -C -
-CH,
-
-CH I CH3 I
II
CH3 0
m
Poly(oxyethy1en)
-0 -CH, -CH,-
TKiG
st-Poly@ropylen)
-CH,
-CH I CH3
Abb. 3-7 Verschiedene Typen von Polymerkonformationen (schematisch) 121. Die gauche-Konformationen sind bei den hier gezeigten Polymermoleklilen immer gleichsinnig (also z.B. TG+oder TGusw.). Anders ist es bei kristallinen polymeren Substamen (s. weiter unten).
48
3.3. Sequenzen von Mikrokonformationen
Das isotaktische Poly(propy1en) der Abb. 3-7 ist entsprechend eine 31-Helix, da 3 Propyleneinheiten erforderlich sind, um nach 1 Schraubenwindung die gleiche relative Ausgangslage zu erreichen. IUPAC schlagt vor, rlumliche Wiederholungseinheiten durch AN,*Nre$Ns zu charakterisieren. Dabei sind A = Art der Repetition entlang der Lmgsachse (Translation t oder Schraubenwindung s (E: screw repetition)). N , = Anzahl der Kettenatome pro konstitutionelle bzw. konfigurative Repetiereinheit, N s = Anzahl der Schraubenwindungen, nach denen die relative Ausgangslage wiederhergestellt ist, Nrep = Zahl der konformativen Repetiereinheiten in diesen Schraubenwindungen (immer eine game Zahl). und * bzw. 1 = Separatoren. Poly(ethy1en) -+CH&HAz kristallisiert z.B. in der all-trans-Konformation. Es besitzt N, = 2 Kohlenstoffatome pro N 1 konformative Repetiereinheit; nach N, = 1 "Windung" ist wieder die Ausgangslage erreicht Pzy7ethylen) wird also durch t2*1/1 charakterisiert ("11-Helix"). Fast man dieses Polymere als Poly(methy1en) +CH* auf, dann bekommt es das Symbol tl*2/1 ("21-Helix"). Isotaktisches Poly(propy1en) mit der Kette +CH2CH(CH3>)ii-bildet eine 31-Helix (Abb. 3-7 und 3-8) aus N, = 2 Kettenatomen pro konfigurative Repetiereinheit; das Symbol ist also s2*3/1. Das helicale syndiotaktische Poly(pr0pylen) besitzt dagegen das Symbol s4*2/1, da es Nc= 4 Kettenatome pro konfigurative Repetiereinheit aufweist Die auf die Helixachse projizierte Hohe h einer konformativen Repetiereinheit ergibt sich aus der L&ge c der Identitatsperiode und der Anzahl Nrep der konformativen Repetiereinheiten zu h = c/Nrep. Fur itPoly(propy1en) erhnt man h = 0.65 nm/3 = 0,217 nm. Der Rotationswinkel a urn die Helixachse per konformativer Repetiereinheit betragt entsprechend a = 2 1~ NJNrep, d.h. a = 2 z/3 beim it-Poly(propy1en). Rgumliche Wiederholungseinheiten und konformative Repetiereinheiten gehen nicht Hand in Hand. Polymerketten mit der gleichen konformativen Repetiereinheit ktiMen 2.B. je nach konstitutioneller bzw. konfigurativer Repetiereinheit sehr verschiedene Typen von Helices bilden. Das isotaktische Poly(propy1en) liegt z.B. in einer 31-Helix vor, das isotaktische Poly(4-methyl-1-penten) in einer 72-Helix und das isotaktische Poly(3-methyl-1-buten) in einer 41-Helix (Abb. 3-8). Alle weisen aber die gleiche konformative Repetiereinheit TG auf. 3,
-CH2 -CH I CH3
4,
-CH2 -CH -
-CH, -CH I CH2CH(CH3)2 CH(CH3), 1
Abb. 3-8 Helixstrukturen von it-Poly(1-o1efm)en mit konformativen Repetiereinheiten TG. Symbole: 0 Kettenatome, 0 Substimenten; die Wasserstoffatome an den Kettenatomen sind nicht gezeigt
49
3. Mikrokonformatwnen
Ausser diesen einfach gewundenen Einzelhelices gibt es noch eine Reihe anderer Helix-Klassen. In der Natur kommen Doppelhelices 2.B. bei Desoxyribonucleinsiluren soWONim kristallinen Zustand ds auch in wztssrigen LCIsungen vor. Die Polysaccharide Amylose und Carrageenan weisen im kristallinen Zustand Doppelhelices auf, ebenso wahrscheinlich die beiden synthetischen Polymeren it-Poly(methylmethacry1at) und Poly(p-hydroxybenzoesilure). Tripelhelices werden z.B. vom Protein Kollagen, dem Polysaccharid Poly@- 1.3-Dxylan) bestimmter Griinalgen und den Poly(j?- 1.3-D-g1ucan)en von Bakterien, Pilzen und Algen gebildet. Auch einige synthetisch hergestellte Ribonucleinsauren lagem sich zu Tripelhelices zusammen, 2.B. Poly(rU)-block-Poly(rA)-block-Poly(rU). Schliesslich k6nnen sich auch zwei oder drei Helices umeinander winden und so eine Helix von einer Helix bilden. Derartige Strukturen werden als Superhelices oder Supersekundlrstrukturen bezeichnet. Helices besitzen einen bestimmten Drehsinn. Sie sind definitionsgemlss rechtsgUgig, wenn die Schraube beim Betrachten der Zylinderachse vom Beobachter im Uhrzeigersinn wegdreht und linksgUgig bei einer Drehung entgegen dem Uhrzeigersinn. Diese Drehungen werden durch die geordneten Sequenzen der Mikrokonformationen erzeugt. Ketten mit G+-Sequenzen haben daher den umgekehrten Drehsinn wie diejenigen mit G--Sequenzen und ebenso bei TG+ vs. TG-, usw. (Abb. 3-9).
TG+
linksgiingig
TG-
rechtsangig
TG+ rechtsmgig
TG-
linksgiingig
Abb. 3-9 Helicale Sequenzen des isotaktischen Poly(pr0pylen)s. 0 Kettenatome, o Methylgruppen; die H-Amme an den Kettengliedern CH2 und CH sind nicht gezeigt. Stark ausgezogene Bindungen liegen vor der Papierebene, diinn ausgezogenedahinter. Vgl. auch Abb. 7-7.
3.3.3.
Einfluss der Konstitution und Konfiguration
Im kristallinen Zustand versuchen sich Makromolekiile so dicht wie miiglich zu packen. Die erzielbaren Kettenabsmde sind dabei durch die van der Waalsschen Radien der Atome gegeben. Die dadurch erzeugte Makrokonformation der Kette uberlebt in Losung jedoch nur in verhatnismilssig wenigen Ftillen (vgl. Kap. 3.4.2 und Abb. 4-1). Die folgenden Ausfiihrungen beziehen sich daher im Wesentlichen auf die Makrokonformationen von Ketten im kristallinen Zustand.
50
3.3. Sequenzen von Mikrokonformationen
w
Repetiereinheit
Abb. 3-10 Konformative Repetiereinheiten beim Poly(ethy1en) (21-Helix)und beim Poly(tetrafluorethylen) (131-Helix).Die Konformationswinkel betragen 0 = 0" (PE) bzw. f3= 16" m).
Beim Poly(ethy1en) berechnet sich aus der Bindungslhge von 0.154 nm und dem = 1113" der Kohlenstoffatome, dass die nichtgebundenen WasBindungswinkel LC-C-C serstoffatome in der trans-Konformation maximal 0,254 nm voneinander entfemt sind. Dieser Abstand ist etwa gleich der Summe der van der Wads-Radien der H-Atome von ca. 0,264 nm. Kristallines Poly(ethy1en) liegt daher in der all-trans-Konformation vor. Beim Poly(tetrafluorethy1en) fCF2CFZ)ir ist dagegen bei einer all-trans-Konformation die Distanz von ca. 0,254 nm zwischen zwei nichtgebundenen Fluoratomen kleiner als die sich zu 0,31 m ergebende Summe ihrer van der Waals-Radien. Die Kettenatome weichen daher unter leichter Verhderung des Torsionswinkels von 0" auf 16" aus der idealen T-Konformation aus; bei T e 19' bildet das Polymere eine 136-Helix. Bei isotaktischen Polyvinylverbindungen f C H 2 C H R h zwingt die Grosse der Substituenten R an jedem zweiten Kettenatom die Kette dazu, von der all-T-Konformation in die TG-Konformation auszuweichen. Dabei werden auch die Bindungswinkel Lc-c-c der Kette aufgeweitet: von 1113" bei Poly(ethy1en) (R = H) auf 114" bei it-Poly@ropylen) (R = CH3) und 116" bei itPoly(styro1) (R = C6H5). Die Torsionswinkel altemieren bei den isotaktischen Polymeren it-Poly(propy1en) (PP), it-Poly( 1-buten) (PB) und it-Poly(5-methyl-1-hepten)(PMH) jeweils zwischen 0" (T) bzw. 120" (G); alle diese Polymerketten liegen als 31-Helices vor. Je n ~ e aber r grossere Substituenten an die Hauptkette heranriicken, umso stPrker wird die Helix aufgeweitet, z.B. von der 31-Helix des PP, PB und PMH uber die 72-Helix ("3.51-Helix") des it-Poly(4-methyl- 1-penten)s (PMP) zur 41-Helix des it-Poly(3-methyl-1-buten)s (PMB). Diese Polyrnermolekiile besitzen Ketten aus prochiralen Repetiereinheiten (Kap. 4.1.4 in Band I), die zueinander enantiomer sind. Positive und negative gauche-Konformationen sind daher energetisch gleich wahrscheinlich. In einer einzelnen Kette ktinnen jedoch wegen des Pentan-Effektes nur entweder G+ oder G- vorkommen. Das Polymer besteht daher im kristallinen Zustand aus gleichen Mengen an linksghgigen Helices mit der Makrokonformation (TG+), und an rechtsgagigen Helices mit der Makrokonformation (TG-),. PP
PB
-CH,-CHI
CH3
PMH
-CH - H2
7
YH2
CH3
-CH,-CiHFH2 (72
CH \ CH3-CHZ CH3 31-Helix so" +120" ,
PMP -CH,-CH-
PMB
- CH2--CjH -
I
-CjH2
H3C
,cr
H3C
CH3
CH,
/
8=
3,-Helix fo",+120"
3 l-Helix +O", +120°
1,-Helix -13", +110"
41-Helix -24", + 96"
Abb. 3-11 Helixstrukturen und Konformationswinkel bei isotaktischen Poly(1-o1efin)en.
51
3. Mikohnformatwnen
Isotaktische Polymere mit sehr grossen Substituenten in prochiralen Repetiereinheiten bilden unter Umsmden Helices rnit nur einem einzigen Drehsinn. Beispiele sind
Poly(tritylmethacry1at)
Poly(chlora1)
Poly(N-hexylisocy anid)
Bei syndioraktischen Vinylpolymeren f C H f l H R h sind die Substituenten R in der all-trans-Konformation weiter voneinander entfemt als bei den entsprechenden isotaktischen (Band I, Abb. 4-10). Die all-T-Konformation rnit Torsionswinkeln von O"/O" ist daher oft die energiearmste Konfonnation syndiotaktischer Polymerer, 2.B. bei Poly(vinylchlorid) (R = Cl),Poly(acrylnitri1) (R = CN) und 12Poly(butadien) (R = CH=CH2). Bei einigen st-Vinylpolymeren ist die Folge 0°,00,-1200,-1200 vorteilhafter. st-Poly(pr0pylen) nimmt 2.B. in der Regel eine (lTGG),-Konformation ein, kann aber auch wegen des geringen Energie-Unterschiedes in T, kristallisieren. Poly(vinylalkoho1) fCH#H(OH& tragt an jedem zweiten Kettenatom eine Hydroxylgruppe. Diese OH-Gruppen k6nnen intramolekulare Wasserstoffbriicken ausbilden. it-Poly(vinylalkoho1) liegt daher im Gegensatz zu den it-Poly( 1-o1efin)en nicht als Helix vor, sondem in der all-trans-Konformation. st-Poly(vinylalkoho1) bildet umgekehrt keine all-trans-Konformation aus, sondem eine Helix. Bei kettenstilndigen Heteroatomen vemngem sich die Wechselwirkungen zwischen den Elektronenwolken der Bindungen an den Kettenatomen (gauche-Effekt). Bei CH2 als Kettengruppe sind drei Bindungen zu beriicksichtigen, beim Sauerstoff dagegen nur eine. Die Rotationsbamere sinkt daher bei Polymeren rnit 0 als Kettenatom auf ungefrihr 1/3 des Wertes bei Kohlenstoffketten ab (Band I, Tab. 5-2). Molekiile mit Sauerstoff in der Hauptkette sind somit flexibler als solche mit Methylengmppen. Die C-O-Bindung ist aber nur 0,144 nm lang, die C-C-Bindung dagegen 0,154 nm. Die Substituenten R in Polymeren des Typs f O - C H R b riicken daher n a e r zusammen als die Substituenten R in fCHyCHRh, wodurch bei isotaktischen Polymeren die Helices aufgeweitet werden. it-Poly(acetaldehyd) fO-CH(CH3)b liegt folglich als 41-Helix vor, w m n d itPoly(propy1en) fCHyCH(CHg)-)ii- als 31-Helix vorkommt. Bei unsubstituierten Heteroketten machen sich die Effekte der Bindungsorientierung besonders stark bemerkbar. Poly(oxymethy1en) fo-CH23i, tritt wegen des gauche-Effektes in der gauche-Konformation (G), auf, Poly(oxyethy1en) fO-CHrCH23i, dagegen als (TTG),. Poly(g1ycin) I1 fNH-CO-CHb, kristallisiert wie Poly(oxyethy1en) in einer 72-Helix. die jedoch wegen der Wasserstoffbriicken deformiert ist. Beim it-Poly(propylenoxid) W-CHyCH(CH3)k wird durch die Methylsubstituenten die Abstossung zwischen den Methylgruppen herauf- und die Bindungsorientierung herabgeseut; dieses Polymere kristallisiert in einer all-trans-Konformation. Wegen der elektrostatischen Effekte k6nnen Polymerketten nicht nur die Mikrokonformationen T, G+ und G- aufweisen, sondem auch anti und cis. Beim 1,4-rrans-Poly(butadien) f-CHyCH=CH-CH2& ist z.B. ( A T A T ) , die Makrokonformation mit der niedrigsten Energie. Die Ketten des Poly(dimethylsi1oxan)s fO-Si(CH3)2h liegen im kristallinen Zustand in der Makrokonformation (CT), vor. Die Makrokonformation (T), ist hier urn ca. 13,3 kJ/mol energiereicher als die cis-trans-Form (CT),!
52
3.4. Optische Aktivitat
Polymere aus einem einzigen Typ von chiralen konfigurativen Repetiereinheiten bilden prinzipiell sowohl linksghgige als auch rechtsghgige Helices. Die beiden Helixtypen sind jedoch diastereomer zueinander, also energetisch ungleich. Bei Helices aus chiralen Repetiereinheiten wird somit immer eine bestimmte Ghgigkeit bevorzugt (E: handedness). Poly([S]-1-o1efin)e und Poly(D-saccharid)e erzeugen z.B. ausschliesslich linksghgige Helices, ihre Antipoden rechtsgtingige. Desoxyribonucleinsguren und die meisten Poly(L-a-aminoslure)n liegen in rechtsgtingigen Helices vor; sie drehen beim Betrachten entlang der Lhgsachse vom Beobachter im Uhneigersinn weg. Makromolekule aus den monomeren Antipoden weisen entsprechend Helices mit der entgegengesetzten Ghgigkeit auf. Wenn Makromolekiile aus L-Grundbausteinen rechtsghgige Helices bilden, dam fiihren D-Monomereinheiten zu linksghgigen und vice versa. Diese antipodischen Helices sind energetisch gleich und besitzen folglich die gleichen spektralen Eigenschaften. In den IR-Spektren treten z.B. die Amid I-Banden der kristuflinen Poly(L-a-aminos2ure)n und Poly(D-a-aminosaure)n in der gleichen Lage auf (Tab. 3-2), ebenso die Amid 11-Banden. Copolymere aus D- und L-Monomereinheiten weisen dagegen andere Konformationen und damit gehderte Amidpositionen auf. Tab. 3-2 Amidbanden und Giingigkeiten der Helices von L-, D und D,L-Poly(aLamino&iure)n [3] Poly(a-aminodure)
G~gigkeitbei
L Poly(methionin) Poly(ybenzylg1utamat) Poly(tyrosin) Poly(emethy1aspartat) POlYWthY~Spartat) Poly(ebenzylaspartat)
3.4.
D
rechts links rechts links rechts links links m h t s rechts links links rechts
Amid I-Bande in o/cm-l L D D,L 1650 1650 1659 1666 1659 1668
1650 1650 1659 1666 1659
1668
1657 1662 1663
Amid 11-Ban& in a/cm-' L D D,L, 1544 1546 1546 1550 1548 1550
1544 1546 1546 1550 1548 1550
1548 1555 1550
Optische Aktivitat
3.4.1. Grundlagen
Die GZngigkeiten chiraler Strukturen und damit auch von Helices konnen in Kristallen durch Rdntgenstrukturanalysen ermittelt werden. In Losungen ist bei Enantiomeren eine solche Unterscheidung nur durch solche Sonden mbglich, die mit den beiden Enantiomeren unterschiedlich reagieren. Die Sonde muss dazu selbst eine Ghgigkeit aufweisen. Wenn die Sonde eine andere Substanz ist, bilden Priifsubstanz und Sonde Diastereomere, die wegen ihrer Energieunterschiede voneinander getrennt werden kbnnen. Die Sonde kann aber auch zirkular polarisiertes Licht sein. Ein solches Licht wird mit unterschiedlichen Elektronenkonfigurationen verschieden wechselwirken. Molekule mit einem einzigen Typ von stereogenen Zentren drehen daher die Ebene des polarisierten Lichtes. Sie sind optisch aktiv. Diesem Einfluss der Chiralitat einer enantiomeren Struktur uberlagert sich bei helicalen Polymermolekiilen aus chiralen Grundbausteinen noch dejenige der Helix, die ja ebenfalls chiral ist. Es entsteht eine Art Verst2rkereffekt.
3. Mikrokonformationen
53
Zirkulardichroismus Linear polarisiertes Licht kann als h r l a g e r u n g zweier zirkular polarisierter Wellen von entgegengesetztem Drehsinn, aber gleicher Amplitude, aufgefasst werden. Vor Eintritt in die optisch aktive Substanz beschreiben die elektrischen Vektoren dieser beiden zirkular polarisierten Wellen auf der x-y-Ebene senkrecht zur Fortpflanzungsrichtung des Lichtes daher jeweils Kreise mit gleichen Durchmessem (entsprechend den gleich grossen Amplituden). Beim Durchtritt durch die optisch aktive Substanz wird links und rechts zirkular polarisiertes Licht wegen der asymmetrischen Elektronenkonfiguration aber verschieden absorbiert; die Radien der beiden Kreise, und somit die Amplituden. sind daher nach dem Durchtritt nicht mehr gleich gross. Das Kombinieren der beiden zirkular polarisierten Lichtwellen eneugt wegen der unterschiedlichen Amplituden elliptisch polarisiertes Licht. Der Arkustangens des VerhUtnisses von kleiner zu grosser Achse dieser Ellipse wird als Elliptizitiit definiert (E: ellipticity). Die Elliptizitiit 8 ist nach einfachen algebraischen herlegungen mit den Absorptionen AL und AR des links bzw. rechts zirkular polarisierten Lichtes verknupft. Die molare Elliptizitit [el normiert die ElliptizitiIt auf die L a g e L der Kuvette und die Stoffmengenkonzentration [Mu] der Grundbausteine (2.B. in mom):
Die Abhiingigkeit der Elliptizitit von der WellenlZnge wird Zirkulardichroismus genannt (E: circular dichroism, CD). CD-Spektren werden ubex den gleichen Wellenlagenbereich wie Absorptionsspektren aufgenommen. CD- und Absorptionsspektren besitzen die gleiche Form, da die ElliptizitiIt nach Gl.(3-1) von der Differenz der Absorptionen abhiingt. Molare Elliptizitilten ktinnen jedoch sowohl positiv sein (positiver Cotton-Effekt) als auch negativ (negativer Cotton-Effekt) (Abb. 3-12). Die unterschiedliche Absorption der beiden zirkular polarisierten Komponenten des Lichtes fiihrt aber auch zu unterschiedlichen Brechungsindices n~ und n ~so, dass sich eine Komponente des Lichtes schneller als die andere durch das Medium bewegt. Die resultierende Phasenverschiebung ist proportional der Differenz n~ - Q. der Zirkulardoppelbrechung (E: circular birefringence).
Optische Aktivitiit Beim Vereinigen der beiden zirkular polarisierten Komponenten fiihrt die Phasenverschiebung dazu, dass die Hauptachse der Ellipse nicht mehr parallel zur Polarisationsrichtung des einfallenden polarisierten Lichtes ist. Wenn die Substanz praktisch kein Licht absorbiert. dann ist das Achsenverh2ltnis der Ellipse so klein, dass das durchgetretene Licht als linear polarisiert angesehen werden kann. Man kann dann sagen, dass die Ebene des polarisierten Lichtes gedreht wurde. Die bei einer Substanz in einer Kuvette der L a g e t beim Licht der Wellenl~ge1 (im Vakuum) beobachtete optische Drehung a ist mit dem Brechungsindexunterschieduber (3-2)
a = 180' ( n -~ ~ R ) ( L / A )
verknupft. Experimentelle Resultate werden hiufig auf die Massekonzentration c bezo-
3.4. Optische Aktivitat
54
Abb. 3-12 Wellenl&genabh&gigkeit der Absorption A ,Elliptizit% [elund molaren optischen Drehung [@I von Substanzen mit positiven oder negativen Cotton-Effekten. Oben: Absorptionsspektrum: mitte und unten: CD-Spektrum (Elliptizitiit), - - - ORD-Spektrum (optische Drehung).
-
gen und als spezifische optische Drehung (oder spezifische Aktivitiit) mit wechselnden physikalischen Einheiten (ebener Winkel.Flache/Masse, z.B. grad cm2 g-l) angegeben
oder als molare optische Drehung (E: molar optical rotation) (2.B. in grad cm2 mol-l)
oder auch, bei Normierung auf den Brechungsindex n und die drei Raumrichtungen, als effektive molare optische Drehung (z.B. in grad cm2 mol-')
wobei Mu = Molmasse des Grundbausteins, [Mu] = Stoffmengenkonzentration der Grundbausteine und c = Massekonzentration des Polymeren. Beim Vergleich experimenteller Daten ist zu beachten, dass in der Literatur f i r L , c , [Mu] und M u oft verschiedene physikalische Einheiten und nummerische Konstanten benutzt werden.
Optische Rotationsdispersion Die Wellenlhgenabhhgigkeit der optischen Drehung wird als optische Rotationsdispersion (ORD) bezeichnet (E: optical rotatory dispersion). ORD-Spektren sind nur ausserhalb der Absorptionsbanden messbar, so dass heute im Allgemeinen CD-Messungen bevorzugt werden.
55
3. Mikrokonformatwnen
Die optische Rotation im Maximum der Absorptionsbande ist gleich Null. Im Gegensatz zu Elliptizittiten werden optische Rotationen jedoch auch ausserhalb von Absorptionsbanden beobachtet (Abb. 3-12). Die Abhhgigkeit der spezifischen Drehung [a] von der Wellenlmge A wird htiufig durch die empirische Drude-Gleichung beschrieben, wobei ki die Rotationskonstanten sind und Ai die Dispersionskonstanten:
In vielen F a e n genugt ein Summand. Um die Konstanten k l = k und ;I1 = ;Iczu er. beiden Konstanten halten, tragt man z.B. l/[a]=An2) auf oder aber [a]A2= f ( [ a] )Die k und & sind dam aus den Ordinatenabschnitten bzw. Neigungen enmehmbar. Die eintermige Drude-Gleichung beschreibt gut die Wellenlhgenabhhgigkeit der spezifischen Drehung von Knauelmolekiilen. Die optische AktivitsIt von Helices wird von der theoretisch besser untermauerten Moffitt-Yang-Gleichung erfasst, bei der das erste Glied der rechten Seite den konfigurativen Beitrag der stereogenen Zentren misst und das zweite Glied den konformativen Beitrag der Helix: 2
(3-7)
3.4.2.
[ @ & f3M" f=r[aI=a, n +2
Einfluss der Struktur
Alle optisch aktiven Systeme sind chiral. Ob ein chirales System dagegen optisch aktiv ist. h> von der Molekulstruktur und den experimentellen Bedingungen ab, also von der Konstitution, der Konfguration, der Mikrokonformation und der Makrokonformation, sowie vom Losungsmittel, der Polymerkonzentration und der Temperatur. Da stets eine Differenz gemessen wird, ist die optische Aktivitat oft nur schwierig einer Struktur zuzuordnen. Bei der chiralen L-Apfelsaure HOOC-CHrCHOH-COOH drehen z.B. verdiinnte Losungen nach links, konzentrierte aber wegen der mit steigender Konzentration zunehmenden Assoziation der Apfelsaure nach rechts. Bei einer bestimmten Konzentration ist daher die optische Drehung trotz der Chiralitgt der Apfelstiure gleich null. Dazu kommt, dass die Ghgigkeit von Helices mit der Temperatur variieren kann. in CHCl3 ist Die Helix des Poly(a-propyl-L-aspartat)s +NH-CH(CH2COOC3H7)-Cq z.B. bei 30°C rechtsghgig, bei 60°C aber linksg&gig.
Poly( a-aminosaure)n und Proteine Zur optischen AktivitsIt eines stereogenen Zenuums tragen im Wesentlichen nur ntichste Nachbam bei (Tab. 3-3). Aus diesem Grunde beeinflussen Endgruppen die optische Aktivitat nichtassoziierender "kniuelbildender" Molekule nur bei niedrigen Polymerisationsgraden. Oligo(ymethy1-L-g1utamat)e H[NH-CH(CH2CH2COOCH3tCO],OH liegen z.B. in Dichloressigsaure als "Knluel" vor. Der relative Einfluss der Endgruppen wird mit steigendem Polymerisationsgrad immer geringer. Die spezifischen Drehungen werden mit steigendem Polymerisationsgrad zwar negativer, streben aber asymptotisch einem Endwert zu (Abb. 3-13).
56
3.4. Optische Aktivitat
-
Tab. 3-3 Molare optische Drehungen [CO] der fliissigen Verbindungen CH3(CH2)i*CH(CH3)R bei A,, = 589 nrn und 25°C. Die Werte fiir i --f wurden durch Extrapolation von [CO] auf i + 00 erhalten.
[@I/( lw grad crn2 mol-1) bei
R
i=2
i= 1
i=3
i=4
1=00
Im helicogenen Losungsmittel 1,4-Dioxan fallen die spezifischen Drehungen ebenfalls vom Dimeren zum Teuameren, steigen dann aber wegen der einsetzenden Bildung von a-Helices ab dem Pentameren wieder steil an. a-Helices enthalten pro Windung 3,6 Peptidreste. Die Helices sind daher erst bei mindestens zwei intramolekularen Wasserstoffbriickenbindungen stabil, also bei X = 5. Bei X > 5 wird der durch die Helixbildung hervorgerufene Beitrag pro Repetiereinheit immer geringer (Abb. 3- 13). Bei N,N-Dimethylformamid und Trifluorethanol als Usungsmittel beobachtet man bei den niedrigen Oligomeren praktisch polymerisationsgradunabhhgige, negative spezifische Aktivitlten. bei hoheren jedoch einen Anstieg zu weniger negativen Werten (Abb. 3-13). Beim m-Cresol laufen die spezifischen Aktivitaten durch ein Minimum. Diese in DMF, TFE und mCr bei jeweils konstanter Konzentration (!) aufgenommenen Werte sind vermutlich noch durch Assoziationen der Oligomeren beeinflusst. &
4-
1
h
1,4-Dioxan
0
2.
0:
-Lo -2: N
Dichloressigslure
v
Nfi-Dimethyl formamid
0-
I -2:
u
-4
-+
Trifluorethanol rn-Cresol
Abb. 3-13 Spezifische Drehung [a](D-Linie, 25°C) als Funktion des PolymerisationsgradesX von Oligo(y-methyl-L-g1utamat)en in verschiedenen Ltisungsrnitteln. m-Cresol: 0,Ol g/mL (2 5 X 5 5) bzw. c = 0,0050 g/mL (X > 5); Dichloressigdure: 0.02 g/rnL; 1,4-Dioxan: 0,02 g/mL); NJV-Dirnethylfomamid 0,Ol g/rnL; Trifluorethanol: (0,001-0,Ol)mow. Daten von [4,5].
57
3. Mikrokonformatwnen
6oool
\
PMWGTFE
1
2
4
10
20
40
-x +
100
200
Abb. 3-14 Konformationskonstanten 6, als Funktion des Polymerisationsgrades X von Poly(ymethyl-L-g1utamat)en (F'MLG) in 22.2-Trifluorethanol (TFE) [4] und von Poly(ybenzy1-L-g1utat)en (PBLG)in N,M-Dimethylformamid( D W bei 25°C [6]. Die Werte fiir 2,2,Z-Trifluorethanolwurden zur besseren ijbersicht um 3000 grad cm2mol-*nach oben verschoben. HochpolymerePMLG unbekannten Polymerisationsgrades.
-
Eine Helixwindung von Poly(a-aminos2ure)n enthat ca. 3.5 Peptideinheiten. An beiden Enden einer Kette ktinnen also mindestens je 3 Einheiten nicht oder nicht vollsthdig in der Helixkonformation sein. Die 6,-Werte als Mass fiir den konformativen Beitrag der Helix zur effektiven molaren optischen Drehung variieren also mit dem Polymerisationsgrad und streben erst bei hohen Molmassen einem Endwert 6, zu. Die 6,- und 6,-Werte hhgen noch etwas vom Ltisungsmittel (via Brechungsindex) und der Konzentration ab, sowie geringfiigig von der Temperatur. Bei Poly(a-aminos2ure)n fNH-CHR-CW wurde empirisch gefunden, dass die Konstante 6, der MoffittYang-Gleichung weitgehend unabhhgig von diesen Grtissen und ebenso von der Struktur der a-Aminosaurereste ca. -6500 grad cm2 mol-l betr2gt. Das Protein Serumalbumin weist z.B. in wasrigen Salzlosungen b, = - 2900 grad cm2 mol-1 auf; es sollte also 46 % helical sein. Die so ermittelten Werte fiir den Helixanteil in Proteinen stimmen oft gut mit denen anderer Methoden iiberein (Tab. 3-4). Die Abschatzung des Helixgehaltes von Proteinen erlaubt, den Einfluss des Usungsmittels auf die Konformation im Vergleich zum rtintgenographisch im kristallinen Zustand ermittelten Gehalt abzuschatzen. Sie setzt ein "3-Phasen-ModelY voraus, d.h. das alleinige und scharf voneinander getrennte Vorkommen der verschiedenen Strukturen. Tab. 3-4 Helix-, Faltblatt- und Knauel-Anteile (in %) von Proteinen nach RClntgen-Messungenim laistallinen Zustand und nach CD- bzw. ORD-Messungenin verdiinnten wasrigen SalzliBungen. Anteile in % der Konformation als Helix Faltblatt KIl&%l
CarbOXypeptidaSe
RClntgen
CD
23 18 59
26 18 56
a-Ch ymotrypsin RClntgen CD 8 22 70
20 20 60
ORD 15
85
58
3.4. Optische Aktivitat
Diese Annahme wird durch die Beobachtungen bei Helix-Kniuel-Umwandlungen best2tigt (Kap. 3.5.2). Die Bestimmung der Helixgehalte aus b,-Werten ist aber nicht unbedenklich, da kurze Helixstucke nicht voll zu b, beitragen (vgl. Abb. 3-13), L-a-Aminosiure-Reste nicht nur in rechtsgiingigen, sondem auch in linksgifngigen Helices mit Vorzeichen-Wechsel fiir 6, auftreten k8nnen, und sogar Mischungen von Rechts- und Links-Helices mbglich sind.
Poly(1-o1efin)e Die molare optische Drehung optisch aktiver Poly(1-olefine) wird ebenfalls nur wenig von dem bei der Messung verwendeten Ltisungsmittel beeinflusst. Die Liinge der helicalen Segmente muss also unabhhgig vom Losungsmittel sein. Anders als bei Poly(aaminos2ure)n und Proteinen kann jedoch die effektive molare optische Drehung der optisch aktiven Poly( 1-o1efin)e mit der Drude-Gleichung beschrieben werden (Tab. 3-5). Die optische Drehung sinkt ausserdem graduell mit steigender Temperatur, was als Schmelzen relativ langer linksg2ngiger Helixstucke interpretiert wird. Nach den gleichen Modellrechnungen soll sich aber die L2nge der relativ kurzen rechtsgiingigen Helixstucke nicht wesentlich mit der Temperatur iindem. Diese beiden Beobachtungen deuten daraufhin, dass anders als bei den Poly(aaminosiure)n das gesamte Molekiil nicht als Helix vorliegt, sondem als ein statistisches Knguel, das aus helicalen Kettenstiicken besteht, die durch nichthelicale Segmente miteinander verbunden sind (s. auch Abb. 4-1, 111). Die mittlere Zahl der zu einer bestimmten Zeit in einer helicalen Sequenz vorliegenden Bausteine ist fiber die Konformationsenergie abschitzbar. Die Konformationsenergie AE ist durch die Hdfte der Gibbs-Energie fiir die "Reaktion" 11 + dd = Id + dl zwischen einer linksgiingigen konformativen Diade 11 und einer rechtsgiingigen konformativen Diade dd gegeben, wobei Ell die Konformationsenergie einer linksghgigen Monomereinheit ist, die einer anderen linksgiingigen Einheit folgt usw.:
Tab. 3-5 Konstanten & und k der eintermigen Drude-Gleichung(3-6) bei verschiedenen Poly(1-olefin)en fcH2-CHR.F, und ihren hydrierten Monomeren als niedermolekulare Modelle; Messungen im jeweils gleichen Msungsmittel. Polymerisation: A = anionisch. K = kationisch, R = radikalisch. Z = mit Ziegler-Katalysatoren. Typ Monomer
Name Z Z K A
R
Substituent R
[fl-3-Methyl-l-penten [fl4-Methyl-l-hexen [lR,3R,4S]-l-MethyI4-isopropylcyclohex3-yl-vinylether [(-)-N-Propyl-N-a-phenyl-CON(C3H,)(CH(CH3)(C6H5)) ethyllacrylamid f [&2-Methylbutyl)methacrylat
Mnm k/(grad cm4mol-l) Modell Polymer Modell Polymer
155
165
-1 144
-2169
3. Mikrokonformatwnen
59
Bei Ketten mit achiralen konfigurativen Bausteinen gilt Eld = Edl. bei chiralen kettensthdigen Gruppiemngen bzw. chiralen seitenst2ndigen Liganden dagegen Eld f E d . Die mittlere Zahl Nhc der in helicalen Sequenzen vorliegenden Bausteine ist dam (3-9)
Nk=
1+ exp (- AEI RT) exp (- AEI RT)
Beim it-Poly([S]-4-methyl-1-hexen) ~CHFCH(CH~CH(CH~)(CH~CH~)% rnit chiralen Substituenten liegen nach diesen Berechnungen in Kohlenwasserstoff-LBsungen im Mittel 31 Grundbausteine in linksghgigen Helices vor. aber nur 2.2 in rechtsghgigen. Das it-Poly(4-methyl-1-penten)mit den achiralen konfigurativen Grundbausteinen -CH~-CH(CHZCH(CH~))- weist dagegen je ca. 12 Monomereinheiten in links- und rechtsgwgigen helicalen Sequenzen auf. Die Sequenzlmge der Homosequenzen variiert bei molekular geltisten Polymeren nicht mit der Polymerkonzentration,da intramolekulare Polymereffekte und Wechselwirkungen mit dem LBsungsmittel iiberwiegen.
Copolymere Copolymere aus alternierend angeordneten Bausteinen jeweils entgegengesetzter Chiralit2t sind von der Konfiguration her optisch inaktiv. Sie k6nnen jedoch in gewissen helicogenen L6sungsmitteln Helices rnit einem einzigen Schraubensinn erzeugen, so dass diese Vorzugskonformation trotz intramolekularer Kompensation der optischen Aktivitzt der Grundbausteine selbst eine optische Aktiviat des Molekiils hervormft. Ein Beispiel daffir ist Poly(L-aft-D-leucin),das in Benzol als sog. n-Helix vorliegt. Die molare optische Drehung von Poly([S],[R]-1-01efin)en ist meist eine hyperbolische Funktion der optischen Reinheit des Monomeren (Abb. 3-15). Die molaren optischen Drehungen der Copolymeren sind daher gasser. als sich aus der Additiviatsregel ergibt. Es ist nicht Mar, ob dieser Effekt von langen taktischen BlBcken im Polymeren oder von Mischungen aus [SJ-und [RI-Ketten stammt oder ob die helicalen chiralen Bausteine den nichtchiralen noch teilweise eine Helixstruktur aufdriicken.
L N
1
1000
0
60
3.5. Umwandlungen von Konformationen
Polymere aus nichtchiralen Bausteinen sind dagegen selbst dann nicht optisch aktiv, wenn ihre individuellen Ketten in der Helixkonformation vorliegen und somit chiral sind. Da n h l i c h diese Ketten enantiomer zueinander sind, treten links- und rechtsgiingige Helices mit gleicher Wahrscheinlichkeit auf und die optische Aktivitlt der Polymeren ist gleich null. Derartige Racemate k5nnen jedoch in giinstigen F a e n an chiralen Siulen chromatographisch getrennt werden.
3.5.
Urnwandlungen von Konformationen
3.5.1. Phanomene Mikrokonformationen und somit auch Makrokonformationen werden von der Umgebung beeinflusst und daher von der Losungsmittelgiite, der Temperatur und dem Druck. Anderungen dieser Griissen erzeugen bei statistischen Verteilungen der Mikrokonformationen nur graduelle Anderungen der Makrokonformationen und damit auch der Molekiildimensionen, der optischen Aktivitat usw. Bei sehr langen regelmissigen Sequenzen von Mikrokonfomationen ist der Ubergang dagegen katastrophal (Abb. 3-16). Er ist umso scharfer, je gr6sser der Polymerisationsgrad ist (Abb. 3-17). Mit steigender Konzentration an Dichloressigsaure nimmt z.B. die spezifische Drehung des Poly(ybenzy1-L-g1utamat)es +NH-CH(CHZCH~COOCH~C~H~)-CQ), in Gemischen aus Ethylendichlorid und Dichloressigsaure zuerst etwas zu, bleibt d a m uber einen grossen Mischungsbereich konstant und sinkt anschliessend bei DichloressigsaureGehalten von uber 75 % sprunghaft zu negativen Werten ab (Abb. 3-16). Da Ethylendichlorid fiir dieses Polymere ein helicogenes Losungsmittel ist, wird die kleine anfiingliche Zunahme der spezifischen Drehung einer Anderung der Helixstruktur (Aufweitung?), der starke Abfall aber einem Helix-Knauel-Ubergang zugeschrieben.
0
0,2
0,4
-
0.6
-b C A
0,8
1
Abb. 3-16 Spezifische Drehung eines Poly(ybenzy1-L-g1utat)es mit einem Massenmittel der Molmas% von 350 OOO glmol ds Funktion des Volumenbruches der Dichloressigdure @CA) in Gemischen aus Ethylendichlorid/Dichloressigskre bei 20°C [8]. Mit freundlicher Genehmigung von Elsevier Science, Oxford, England.
61
3. Mikrokonformatwnen
3.5.2.
Thermodynamik
Thermodynamisch konuollierte Konformationsumwandlungen sind umso schirfer. je htiher der Polymerisationsgrad ist. Ein Beispiel ist die durch Konformationsumwandlungen bedingte Anderung der optischen Aktivitirt von Poly(c-carbobenzyloxy-L-1ysin)en mit der Temperatur (Abb. 3-17).
t
20
25
40
35
30 -TT/OC+
AM. 3-17 Temperaturabhhgigkeitder spezifischenoptischen Drehung von Poly(&carbobenzyloxy-L1ysin)en rnit verschiedenenZahlenmitteln des Polymerisationsgradesin m-Cre.sol[91.
Bei konformativen Homosequenzen wird jede Mikrokonformation durch diejenigen um die beiden benachbarten Kettenbindungen beeinflusst. Die Anderungen A + B der Mikrokonformationen mussen daher kooperative Effekte sein. Dabei kann es sich um trans-gauche-Umwandlungen handeln (Abb. 3-16) oder auch solche von cis nach trans (oder vice versa) wie bei den Peptidgruppen des Poly@rolin)s. Eine all-B-Konformation kann z.B. aus einer all-A-Konformation in konsekutiven Gleichgewichtsschritten errreicht werden, z.B. bei einer Sequenz von vier kettenst&digen Konformationen: (3-10)
...AAAA...
Ki
K
K
...BAAA... e ...BBAA... + ...BBBA...
K
...BBBB...
Im einfachsten Fall folgen einer Initiation (Keimbildung) mit der Gleichgewichtskonstanten K;drei Wachstumsschritte mit jeweils der gleichen Gleichgewichtskonstanten K. Das Vefi2lmis KdK = cr ist ein Mass fiir die Kooperativitiit der Konfonnationsumwanddie Seglung. Bei crc 1 ist die Gleichgewichtskonstante K griisser als die Konstante Ki: mente nehmen bevortugt die Konformation ihrer Nachbam an. AA bzw. BB sind dann wahrscheinlicher als AB und BA (positive Kooperativitirt). Bei u = 1. d.h. K = Ki, liegt keine Kooperativitirt vor. Eine Antikooperativikit oder negative Kooperativitf mit 0 > 1 ist unbekannt.
62
3.5. Urnwandlungen von Konformationen
Thermodynamisch kontrollierte Keimbildungen sind mikroskopisch reversibel. Da fiir ...AAA ... P ...ABA ... die Gleichgewichtskonstante Ki = uK ist, muss die Gleichgewichtskonstante fiir ...BBB ... ...BAB ... den Wert Ki' = OK-' annehmen. In beiden Falen besitzt die umzuwandelnde Konformation je zwei gleiche Nachbam. Die endsthdigen Konformationen weisen jedoch nur je einen Nachbam auf. Die a-Werte der Keimbildung von den Kettenenden (Den&) her mussen daher von denen im Innem der Kette (qmer) verschieden sein und zudem noch vom Typ der Konformation abhhgen, d.h. gefunden. von A oder B. In vielen F a e n wurde jedoch a,,& = smer Die Gleichgewichtskonstannten K der Wachstumsprozesse werden als gleich gross angenommen. Sie unterscheiden sich jedoch von der Konstanten Ki der Keimbildung:
*
(3-11)
-K.=- [BAAA] #-=[BBAA] - [AAAA] [BAAA]
[BBBA] --zK [BBBB] [BBAA] [BBBA]
Es folgt fiir die Gleichgewichtskonzentration von ...BBBB ... (3-12)
[BBBB] = KiK3[AAAA] = aK4[AAAA]
Bei aK4 = 1 liegen ...AAAA ... und ...BBBB ... in gleichen Anteilen vor. Falls ausserdem K >> 1, so muss auch l/01f4>> 1 sein, also a cc 1. Die Zwischenstufen ...BAAA ..., ...BBAA... und ...BBBA ... kommen d a m in weit kleineren Konzentrationen als die Homosequenzen ...AAAA ...und ...BBBB ... vor. Fur a = le gilt z.B. [BBBB] = 10 [BBBA] = 100 [BBAA] = loo0 [BAAA]. Entweder wandelt sich somit die Helix praktisch volls t h d i g um oder aber gar nicht. Bei der thermodynamisch kontrollierten Umwandlung einer Sequenz von N Konformationen ist also generell ein Produkt uKN zu beriicksichtigen. Je nach dem Wen von N ergeben sich fiir den Bruchteil fs der gebildeten B-Zusthde verschiedene Ausdriicke. Bei kurzen Keffen ist die Kettenlhge gleich der Sequenzlhge der Homokonformationen. Bei einem Alles-oder-Nichts-Prozess gilt nun fiir die Umwandlung einer Mikrokonformation allNc< 1 (s. oben). Bei gleicher Wahrscheinlichkeit der Umwandlung pro Mikrokonformation muss die Umwandlung pro Kette aber auch mit steigendem N zunehmen. Man betrachtet somit das Produkt von allN und N. Fur NullN cc 1 ergibt sich der Bruchteil fs der gebildeten B-Zusthde zu
Bei hohen Polymerisationsgraden wird dagegen bei einer Kette aus helicalen und nichthelicalen Sequenzen die Sequenzlfinge der Homosequenzen unabhhgig vom Polymerisationsgrad. Der Umwandlungsgrad berechnet sich zu (3-14)
1
jB'?+
K-1 2[(K-1) + ~ o K ] ' / ~
Unabhhgig von u wird hier die Gleichgewichtskonstante am Mittelpunkt der Umwandlung (fs = 1/2) immer K = 1. Die Umwandlung ist jedoch umso s c h f e r , je kleiner a ist.
3. Mikrokonformatwnen
63
Fur die Umwandlung der Konformationen in Ketten mirflerer Keffenlange ergeben sich kompliziertere Ausdriicke als fiir sehr kleine oder sehr grosse. In diesem Bereich h2ngen dam die Umwandlungen deutlich von der Kettenliinge ab (Abb. 3-16). Die Grtisse u misst somit die von den Enden der Helixsequenzen ausgeiibten Effekte, da sich hier die Grundbausteine wegen der N&e der nichthelicalen Sequenzen in einer anderen Umgebung befinden als in der Mitte der Helix. Bei Proteinen und Poly(aaminos2ure)n ist u sehr klein (Tab. 3-6). Enden von Helixsequenzen werden bei diesen Polymeren also nicht bevorzugt. Falls also ein helicaler Zustand aus 4 Bausteinen durch eine nichthelicale Sequenz von einem helicalen Zustand aus 3 Bausteinen getrennt ist. versucht sich ein einziger helicaler Zustand aus 7 Bausteinen zu bilden. Die Gleichgewichtskonstante K beschreibt, ob helicale oder nichthelicale Zustbde bevorzugt sind. K-Werte gasser als 1 zeigen Helixbildner an, K-Werte viel kleiner als 1 dagegen Kntiuelbildner (Helixbrecher). Bei Proteinen sind die Aminosilurereste von Prolin, Serin, Glycin und Asparagin typische Helixbrecher. Die Reste von Lysin, Tyrosin, Asparaginshre, Threonin, Arginin, Cystein und Phenylalanin verhalten sich indifferent, w2hrend alle anderen wArninos2urereste typische Helixbildner sind (Band I). Tab. 3-6 Thermodynamische Parameter K und Q der Helix/KnBuel-Umwandlungvon Poly(a-aminoaure)n und Poly(nuc1eotid)en.
Ma
TPC
Glycin LSerin LAlanin LAlanin LAlanin
60
3.5.3.
Kinetik
60 0 60 80
K 0,63 0,74 0.96 1,Ol
0.99
160
1
8 80
Me L-Phenylalanin LLeucin
Adenin/Thymin (1: 1) Guanin/Cytosin (1: 1)
TPC
60
K 1.00 1.09
Ida 180 330
0.5
10
2.0
10
Die Kinetik der Konformationsumwandlungen ist mit Ausnahme der Helix-KnguelUmwandlungen von Poly(a-aminos2ure)n und Polynucleotiden noch wenig erforscht. Fur die Urnwandlungen dieser Polymeren wurden vefi2ltnismtisssig hohe Geschwindigkeitskonstanten von 106 s-l bis lo7 s-l gefunden. Die hohen Geschwindigkeitskonstanten bei Polypeptiden und Polynucleotiden sind sicher durch die hohe Kooperativittit der Ketten bedingt. Bei der Denaturiening von Proteinen, an der sich auch Helix-Kntiuel-Umwandlungen beteiligen, beobachtet man dagegen viel niedrigere Werte von s-1 bis 1 s-l. Diese niedrigeren Geschwindigkeitskonstanten mussen daher von konformativen Umwandlungen in nichthelicalen Bereichen stammen. Bei der Rotation um eine einzelne Kettenbindung bewegt sich offenbar ein grosser Teil des restlichen Molekiils mit (Abb. 3-18, I), was in viskosen Medien sehr schwierig sein diirfte. Bei einer gekoppelten Rotation urn zwei Bindungen wiirde man dagegen eine erhilhte Aktivierungsenergie gegenuber m i c h gebauten niedemolekularen Verbindungen erwarten (Abb. 3-18, 11).
64
Literatur zu Kap. 3
Abb. 3-18 Rotationsumwandlungen um eine Bindung (I bzw. ) urn zwei Bindungen (11). Das Problem wurde bei Diacetylpiperazin (I) als Modell fiir Piperazin-Polyrnere 01) studiert. Die Peptidbindung -N-CO- dieser Verbindungen ist eine partielle Doppelbindung. Die Rotation urn diese Bindung ist daher verhtdrnismassig langsam. Je nachdem, ob sich die benachbarten Gruppen in cis- oder in trans-Stellung zu der Peptidbindung befinden, wird man daher verschiedene Absorptionsbanden im Protonenresonanzspektrum finden. Aus der Ternperaturabh3ngigkeit der Bandenintensittit lisst sich die GibbsAktivierungsenergie AG* ennitteln.
Experimentell liessen sich jedoch die Gibbs-Aktivierungsenergien fiir die Modellverbindung I einerseits und die Polymeren I1 mit n = 2, 4 oder 8 Methylengruppen andererseits mit je AG* = 76 kJ/mol praktisch nicht unterscheiden. Die Aktivierungsenergie konnte z.B. im Polymennolekul gespeichert und fur die Rotation um eine andere Bindung verbraucht werden. Altemativ k6nnte eine entgegengesetzte Bewegung der Nachbam die durch die Rotation erzeugte Spannung ausgleichen.
Historische Notizen Zur Geschichte der polymeren Stereochemie und der Entdeckung von HelixstruktuEn, siehe Band I, Kap. 5. Historische Notizen. Eine ausgezeichnete Darstellung der Entdeckung der optischen Aktivitat und der Entwicklung der Theorien und der Terminologie findet sich in J.K.O’Loane, Optical Activity in Small Molecules, Nonenantiomorphous Crystals, and Nematic Liquid Crystals, Chem.Rev. 30 (1980) 41-61
Literatur zu Kap. 3 3.1 .a GRUNDLAGEN: DEFINITIONEN IUPAC Commission on Nomenclature of Organic Chemistry, 1974 Recommendations, Section E, Fundamental Stereochemistry, Pure Appl. Chem. 45 (1976) 11 International Union of Pure and Applied Chemistry, Macromolecular Division, Commission on Macromolecular Nomenclature, Compendium of Macromolecular Nomenclature, Blackwell Scientific, Oxford 1991
3. Mihrokonformatwnen
65
3.2. LOKALE KONFORMATIONEN, ALLGEMEINE STEREEHEMIE S.Mizushima, Structureof Molecules and Internal Rotation. Academic Press, New York 1956 E.L.Elie1. Stemchemistry of Carbon Compounds, McGraw-Hill, New York 1962 M.Hanack, Conformation Theory,Academic Press,New York 1965 W.Orville-Thomas, Hrsg., Internal Rotation in Molecules, Wiley, New York 1974 ELEliel, N.L.AUinger, SJ.Angyal. G.A.Morrison, Conformational Analysis. Am.Chem.Soc.. Washington (D.C.) 1981 3.3. S E Q U E " VON MIKROKONFORMATIONEN F.A.Bovey, Chain Seucture and Conformation of Macromolecules, Academic Press,New York 1982 3.4. OF'TISCHE AKTIVITAT C.Djerassi, Optical Rotary Dispersion, McGraw-Hill, New York 1960 BJirgenson, Optical Rotatory Dispersion of Proteins and Other Macromolecules, Springer. Berlin 1%9 P.Pino. F.Ciardelli. M.Zandomeneghi, Optical Activity in Stemregular Synthetic Polymers, Ann.Rev.Phys.Chem. 21 (1970) 561 P.CrabM, ORD and CD in Chemisay and Biochemistry, Academic Press, New York 1972 3.5. KONFORMATIONSUMWANDLUNGEN D.Poland, H.A.Scheraga, Theory of Helix-Coil Transitionsin Biopolymers - StatisticalMechanical Theory of Order-Disorder Transitions in Biological Macromolecules, Academic Press. New York 1970 C.Sadron, Hrsg.. Dynamic Aspects of Conformation Changes in Biological Macromolecules. Reidel, m h t (Niederlande) 1973 R.Cerf. Cooperative Conformational Kinetics of Synthetic and Biological Chain Molecules, Adv.Chem.F?iys. 33 (1975) 73 A.Teramoto, H.Fujita, Conformation-Dependent Properties of Synthetic Polypeptides in the HelixCoil Transition Region, Adv.Polym.Sci. 18 (1975) 65 A.Teramoto, HFujita. Statistical Thermodynamic Analysis of Helix-Coil Transitions in Polypeptides, J.Macromol.Sci.-Rev.Macromol.Chem. C 15 (1976) 165
Quellennachweise K.Matsuzaki, F.Kawazu, T.Kanai, Makmmol.Chem. 183 (1982) 185, Abb. 5 S.4-Mizushima, T.Shimanouchi, J.Am.Chem.Soc. 86 (1964) 3521, Abb. 2 und 4 H.Yamamoto, Khouye, T.Hayakawa, Polymer 18 (1977) 1288, entnommen aus Tab. 1 M.Goodman. IZktowsky. Y.Masuda, F.Boardman, Biopolymers 1(1963) 33. Tab. I [q M.Goodman, E.E.Schmidt, D.A.Yphantis. J.Am.Chem.Soc. 84 (1962) 1288, Tab. I [6l PRohrer, H.-G.El&, Makromol.Chem. 151 (1972) 281. Tab. 1 und 3 [A PSino, F.Ciardelli, G.Montagnoli, 0.Pieroni. J.Polym.Sci. B (Polymer Letters) 5 (1967) 307, Daten der Abb. 1 181 J.T.Yang, Tetrahedron 13 (1%1) 143. Abb. 5 [9] M.Matsuoka, T.Norisuye, A.Teramoto, HFujita, Biopolymers 12 (1973) 1515, aus der Abb. 7 entnommene Daten [l] [21 [3] [4]
66
4.
Makrokonformationen
4.1.
Ubersicht
4.1.1. Einleitung Die Gestalt isolierter Makromolektile lasst sich nur in verdunnten Llisungen studieren. Sie wird durch die molekulare Konformation bzw. Makrokonformation der Molekule bestimmt. Die Kontrolle uber diese Makrokonformation wird durch die Typen, Anteile und Sequenzen von Mikrokonformationen ausgeubt, die wiederum zum einen von der chemischen Struktur (Konstitution und Konfiguration) abhiingen und zum anderen von den Einflussen der Umgebung. Selbst bei der einfachsten polymeren Struktur, einer linearen Kette, ist es jedoch ein hoffnungsloses Unterfangen, die Reihenfolge der Mikrokonformationen theoretisch zu berechnen oder gar experimentell zu bestimmen, ganz abgesehen davon, dass ein solches Vorhaben wegen der mikro-Brown'schen Bewegung nur f i r einen sehr kleinen Zeitabschnitt in der Grlissenordnung von Sekunden bzw. am absoluten Nullpunkt der thermodynamischen Temperatur giiltig ware. Experimentell kann man bei isolierten Makromolekulen zum einen in giinstigen Fdlen spektroskopisch die mittleren Anteile an den verschiedenen Mikrokonformationen ermitteln (nicht aber deren Sequenzlhgen) und zum anderen durch Streumethoden die mittleren Tragheitsradien bzw. durch hydrodynamische Methoden die mittleren Molekiilvolumina. Alle Methoden mitteln uber die zeitlichen Formiinderungen eines gegebenen Molekiils und, da man praktisch nicht einzelne Molekule studiert, sondem stets Substanzen, auch iiber die verschiedenen Formen aller im System vorhandenen Molekule. Eine zus2tzliche Komplikation tritt auf, wenn die untersuchten Molekule nicht molekulareinheitlich in Bezug auf den Polymerisationsgrad sind und eine weitere, wenn von Molekiil zu Molektil konstitutionelle und/oder konfigurative Unterschiede bestehen. Nun lassen sich bei isolierten Makromolekulen zwei grosse Gruppen unterscheiden. Die eine Gruppe umfasst mehr oder weniger kompakte Molekulformen wie z.B. die stabchenartigen Doppelketten der Desoxyribonucleinsauren oder die spharoidalen Molekulformen vieler Proteinmolekule (Abb. 2-2). Die Abmessungen dieser Molekule ergeben sich aus rein geometrischen Ansatzen (Kap. 4.2); ihr Verhalten in Usungen ist eine direkte Folge der Molekulgestalt. Anders ist es bei linearen Ketten und deren Abkommlingen wie Stemmolektilen, Dendrimeren. hyperverzweigten Polyrnermolekiilen usw. (Abb. 2-1). Hier gibt es eine sehr grosse Zahl an theoretischen Ansltzen fur die einfachste polymere Struktur der linearen regularen Kettenmolekule und sehr wenige allgemein anerkannte theoretische Uberlegungen zu den Beziehungen zwischen chemischer Struktur und molekularer Gestalt. Selbst bei einfachen linearen Ketten fihren die auf chemischen Suukturgrlissen (Zahl der Kettenatome. Bindungsliingen und -winkel, Substituentengrosse und -wechselwirkung usw.) beruhenden molekufaren Ansltze zu recht komplizierten mathematischen Formulierungen. Die Ansltze werden daher noch weiter vereinfacht, indem man sich auf einige wenige essentielle Suukturparameter wie z.B. den Polymerisationsgrad, die Bindungswinkel usw. beschrwt; die Molekiilgestalt wird sozusagen mit einem groben Raster erfasst (E: coarse graining) (Kap. 4.3). Derartige Ansatze liefem Funktionalitaten, klinnen aber naturgemiss nicht den Einfluss der chemischen Struktur vorhersagen.
67
4. Makokonformatwnen
Bei linearen Ketten wird z.B. f i r die Beziehung zwischen dem Tragheitsradius s und dem Polymerisationsgrad X eine allgemeine Funktion s = K,XV gefunden (Kap. 4.4.4). bei der mit weiteren Annahmen iiber die Makrokonfonnation der Exponent v berechenbar ist, nicht aber ohne Weiteres der Frontfaktor Ks.Diese systemspezifische Konstante reflektien die Steifheit einer Polymerkette, die aber nicht nur von der Konstitution kontrolliert wird, sondem auch von den Sequenzen der Mikrokonfonnationen.
4.1.2.
Konformation in Losungen
Polymere kCinnen im festen Zustand verschieden vorliegen (Kap. 3.3): kristallin rnit Makromolekiilen in intramolekular stabilisierten Tripel-. Doppel-, oder Einfachhelices, kristallin rnit Makromolekiilen in intermolekular stabilisierten Helices, kristallin rnit Makromolekiilen in Zickzack-Ketten, amorph rnit Makromolekiilen in Knauelformen. Beim AuflCisen fester Polymerer in Fliissigkeiten bleiben je nach Polymerstmktur und Wechselwirkung mit dem Usungsmittel Helixstmkturen vclllig, teilweise oder gar nicht erhalten. Im ersten Fall resultieren mehr oder weniger flexible Stabchen, in den beiden anderen FUen Knauelstmkturen. Im Kristall als Zickzack-Ketten vorliegende Polymermolekiile bilden jedoch in Losungen ebenso wie amorphe Polymere stets nur Kniuelmolekiile (Abb. 4-1). Doppelhelix
Helix
Zickzack-Kette
I
Makrokonformationen im kristallinen Zustand
1
1
Makrokonformationen im geltisten Zustand
I
II
m
Iv
Abb. 4-1 Typische Gestalten (Makmkonformationen)von linearen Polymermolekiilen in kristallinen Zustihien (oben) und in verdiinnten LRisungen (unten). Doppelhelix. Beispiel: Desoxyribonucleinsauren. Helix. Beispiele: it-Poly(propy1en)und Poly(ybenzy1-L-glutamat). Zickzack-Kern. Beispiel: Poly(ethy1en)in geseecktkeaigen Kristallen. I = Desoxyribonucleinsih-en in verdiinnten Salzl6sungen bei 25°C (sCLbchenartig bei niedrigen Molmassen, wurmllhnlich bei mittleren, h2uelartig bei hohen); 11 = Poly(ybenzy1-Lglutamat)in NJV-Dimethylformamidbei 25°C: (stilbchenartig bei niedrigem Molmassen, wmniihnlich bei minleren, knauelartig bei hohen); m = Poly(oxyethy1en)in Wasser bei 25"C, at-Poly(methylmethacrylat)in Acetonitril bei 4 4 O C Wuelartig mit statistkcher Verteilung der helicalen und nichthelicalen Segmente); IV = Poly(ethy1en) in Xylol bei 16O"C, Poly(ybenzy1-L-glutamat)in Dichloressigdure bei 25°C: (kniluelartig mit statistischer Verteilung der Mikmkonformationen).
68
4.1. Ubersicht
Helices in Losungen Inteme Stabilisierungen von Doppelhelices und intramolekulare Stabilisierungen von Einzelhelices setzen polare Makromolekule voraus. Deranige Helices uberleben in Losungen, wenn die Wechselwirkungen zwischen Makromolekulen und Ldsungsmittelmolekiilen nicht zu stark sind. Die Doppelhelices der Desoxyribonucleinsauren (DNA) sind z.B. durch interne Wasserstoffbriicken zwischen komplementaren Basen und x-x-Wechselwirkungen der aromatischen Reste von je zwei DNA-Molekulen stabilisiert (Band I); sie bleiben auch in verdunnten Salzldsungen intakt (Abb. 4- 1, I). Die durch intramolekulare Wasserstoffbriicken stabilisierten rechtsghgigen Helices des Poly(ybenzy1-L-g1utamat)s uberleben in 1,4-Dioxan (Abb. 4-1, II), nicht aber in Dichloressigsaure (Abb. 4-1, IV). In Ldsungen fZUt bei diesen Doppel- und Einzelhelices jedoch der in Kristallen vorhandene stabilisierende Einfluss der Packung weg. Die Amplituden der thermischen Schwingungen um die konformativen Ruhelagen werden grosser und die Helices etwas flexibler, so dass sie sich leichter kriimmen ktinnen. Diese Helices und m i c h steife, nichthelicale Ketten verhalten sich wurmahnlich (Kap. 4.3.9) und bei sehr hohen Molmassen sogar wie Kniuel (Abb. 4-1, IV und Abb. 4-22).
Partielle Helices in Liisung Bei apolaren stereoregularen Makromolekulen werden helicale Makrokonformationen durch sterische Effekte erzeugt und im kristdinen Zustand durch Packungseffekte stabilisiert. Beispiele sind die isotaktischen Poly( 1-o1efin)e. Solche Polymere ldsen sich nur in tiludichen apolaren Ldsungsmitteln ohne (oder mit nur schwachen) gruppenspezifischen Wechselwirkungen zwischen Polymer- und L6sungsmittelmolekulen. Da sich Polymer- und Ltisungsmittelmolekule sehr ahneln, ist die Situation mit derjenigen in einer Schmelze vergleichbar (Kap. 6). Wie don sind weder Solvatationen noch induzierte gauche-Effekte treibende Krafte. Konformations2nderungen mussen daher nicht enthalpisch, sondem weitgehend entropisch bedingt sein. Die L h g e der periodischen Konformationssequenzen hangt stark von der Konstitution und Konfiguration der Polymemolekule ab. Bei diesen dynamischen Gleichgewichten bleiben Konformationssequenzen nicht individuell erhalten. Linksgilngige Helices wandeln sich vielmehr rasch in rechtsghgige um und umgekehrt (Band I, Tab. 4-1).
I
in CCl,
jj7q-v
in C6H6
I
lo00
900
800
- v/cm-l +
Abb. 4-2 Ausschnitt aus dem Infrarotspektrum eines syndiotaktischen Poly(propy1en)s im kristallinen Zustand (67% kristallin) bei 37OC [l], in der Schmelze bei 17OOC sowie in 4 Ziger LOsung in Benzol C6H6bzw. Tetrachlorkohlenstoff CCl,bei jeweils 25°C [2]. Die "laistalline"Bande bei v = 868 cm-' misst die Konzenmtion an links- und rechtsgangigen Helices ['ITGG], [l].
69
4. Makrokonformatwnen
._._.___"
0
0 30
40
60
50
- TIOC
70
----*
Abb. 4-3 Temperaturabhibgigkeit des Verh%ltnissesder Absorptionen A bei 868 cm-l ("kristalline" Ban&) und 972 cm-l (Bezugsbande)bei einer ca.0.004 d m L Usung eines syndiotakischen Poly@ropy1en)s in Benzol(0) bzw. in Tetrachlorkohlenstoff (0) [3].
Ganz anders ist es jedoch bei assoziierenden Polymeren. Syndiotaktisches Poly(pr0pylen) ist nach Molmassenbestimmungen in Tetrachlorkohlenstoff molekular gelilst; in CCl4 wurden nach IR-Messungen auch keine helicalen Sequenzen gefunden (Abb. 4-2). Syndiotaktisches Poly(propy1en) assoziiert jedoch nach Molmassen-Besthmungen intermolekular in Benzol. Im flilssigen Benzol packen sich aber Benzolringe wie Geldrollen. Das geordnete Usungsmittel Benzol fUrdert offenbar die Bildung helicaler SequenZen, die durch laterale Assoziation stabilisiert werden. Die Intensitiit der helicalen ("kristallinen") IR-Bande nimmt mit steigender Temperatur ab, bis bei 57°C schliesslich alle Helixstiicke "aufgeschmolzen" sind (Abb. 4-3). Kune helicale Sequenzen scheinen auch beim Poly(oxyethy1en) in dessen wgssrigen L6sungen vonuliegen. Dieses Polymere kristallisiert in der Makrokonfonnation [TTG], als 72-Helix mit den Konformationswinkeln -12°/+120/+1200. Auch das at-Poly(methy1methacrylat) bildet in Acetonitril offenbar kune helicale Segmente aus (Abb. 4-1); im festen Zustand ist es amorph. Die Gestalt aller dieser Polymermolekiile ist in Lkung jedoch diejenige eines Knauels, da eine solche Gestalt bereits durch wenige flexible Segmente erzeugt wird, welche die starren Segmente voneinander trennen (Abb. 4-4).
Abb. 4 4 Nur wenige "falsche" Mikrokonformationengenugen. um aus sttibchenartigen Helices durch Schmelzen oder L&en Kniiuelmolekiilezu eneugen.
70
4.2. Kompakte Molekule
4.2.
Kompakte Molekiile
4.2.1. Einfuhrung Isolierte Makromolekiile und deren Assoziate konnen nicht nur als Knauel vorliegen, sondem auch als andere physikalische Stmkturen. Die aussere Gestalt dieser Stmkturen m e l t oft euklidischen K6rpem, z.B. Kugeln, Ellipsoiden oder Stlbchen. Euklidische Korper sind isotrop, wenn sie homogen mit Masse gefiillt sind. Sie konnen auch ihrer Verformung einen grossen Widerstand entgegensetzen, also "hart" sein. Kompakte euklidische Korper sind definitionsgemass isotrop und hart. Solche Kdrper weisen eine gleichmassige innere Dichte sowie definierte lussere Abmessungen auf. Kugel-, ellipsoid- oder stabchenahnliche Makromolekiile sind jedoch haufig nicht kompakt. Die inteme Segmentverteilung variiert vielmehr von kniuelrnichen Formen mit Dichteveneilungen bis zu dichten Packungen mit oder ohne innere Ordnungen. Die Oberfllche kann zudem flexibel und/oder rauh sein. Derartige Ktirper lassen sich nur angentihen durch experimentell ermittelte lussere Abmessungen charakterisieren, da sie sich beim Prapaneren f i r die Elektronenmikroskopie verformen konnen. Ihre mittleren Abmessungen sind jedoch stets direkt durch Streumethoden ermittelbar (Kap. 5 ) und indirekt durch hydrodynamische Methoden (Kap. 11 und 12). Beim Auswerten hydmdynamischer Messwerte muss man aber immer ein Modell fiir die Molekiilgestalt vorlegen. Streumethoden erfordem kein Modell. Sie liefem direkt den mittleren Tragheitsradius aller sich im System befindenden Molekiile, genauer: die Wurzel aus dem z-Mittel der
Quadrate der Tragheitsradien. Teilchen (Kugeln, Stabchen, Knauel usw.) bestehen aus i Einheiten (Atomen, Gruppen usw.) mit Massen mi. die sich jeweils in Abstbden Ri vom Schwerpunkt des Molekiils befinden. Das Massenmittel der Quadrate dieser Abstiinde Ri ist als mittleres Tragheitsquadrat definiert (E: mean-square radius of gyration):
Ein Beispiel ist eine lineare Kette aus mehreren Kettengliedem (Abb. 4-5). Definitionsgemiss werden Mittelwerte iiber raumliche Grossen durch ( ) angezeigt und nicht durch den sonst iiblichen Mittelwertsstnch iiber dem Symbol fiir die physikalische Grosse. TriXgheitsradien werden nicht als einfache Werte s bzw. Mittelwerte (s) gemessen, sondem immer als Mittelwerte ($2) iiber die Quadrate der Tragheitsradien. Zum Vereinfachen der Gleichungen wird jedoch oft (s2)ln= s gesetzt.
12
4
15
Abb. 4-5 Zweidimensionale Kette aus 16 konsekutiv miteinander verbundenen Kettengliedem, die sich jeweils im Abstand R ; vom Schwerpunkt S befinden, z.B. R3 fiir das Kettenglied 3 usw. Die Kette weist einen Fadenendenabstand r vom Endglied 1 zum Endglied 16auf.
71
4. Makrokonformatwnen
4.2.2.
Spharoide
Kugeln Bei Kugeln sind alle Punkte auf der Oberflilche gleich weit vom Zentrum entfemt. Das Innere der Kugeln kann jedoch verschieden mit Masse gefiillt sein. Man unterscheidet daher zwischen kompakten Vollkugeln (z.B. Latexteilchen). Hohlkugeln (z.B. das Protein Apofemtin) und aufgequollenen (solvatisierten) Kugeln rnit gleichmHssigeroder ungleichm&siger Dichteverteilung der Grundbausteine (einige Enzymmolektile). Vollkugeln und Hohlkugeln sind durch ihren Kugelmdius Rsph gekennzeichnet. Das Volumen beUHgt jeweils vsph = (43) A RSph3 und die Obefflilche Asph = 4 A RsphZ. Det Radius einer kompakten Kugel ist aus der Molmasse der in ihr enthaltenen Molekule oder Assoziate und deren partiellen spezifischen Volumina i;2 berechenbar:
Hohlkugeln mit unendlich diinner Kugelschale weisen gleich grosse geometrische Radien Rsph und Trigheitsradien s auf, da sich die gesamte Masse im Abstand Rsph vom Kugelzentrum befindet. Bei Vollkugeln ist jedoch die ZaN der Massenelemente, die sich in einem Abstand zwischen r und ( I + dr) vorn Kugelzentrum befinden. proportional der OberflBche ASph. Der TrBgheitsradius s von Vollkugeln ist daher nach
um den Faktor (3/5)1/2 kleiner als ihr geometrischer Radius RSph = R. Bei Hohlkugeln rnit endlich dicker Kugelschale besteht eine etwas kompliziertere Beziehung (Tab. 4- 1). Tab. 4-1 Tfigheitsquadrate $ und ausgeschlossene Volumina u kompakter K6rper (s.a. Kap. 5.2.4). Teilchen Kugeln mit totalem verdrangten Volumen V Hohlkugeln rnit Radien R, (aussen) und Ri (innen) Hohlkugeln rnit Ri = 0 und R, = R Kompakte Vollkugeln vom Radius R
z
U
(3/5)(Ras-Ri5)/(Ra3-Ri3) 8V 8V (3/5)R2 8V
R2
Kompakre EiIipsoi& mit den Halbachsen a, b und c, &r h h g e L,dern Radius R und &r Dicke d Ellipsoide rnit den Halbachsen a, b, c (1/5)(a2+ t? + 3) Gestreckte Rotationsellipsoide mit R c
> d (1/5)[R2+ 2 (d/2l21 (3/2) R ( R / W Kompakte Stiibchen mit der Liinge L, dern Radius R , den Halbachsen a und b und dem Umfang U
Kreisf6rmigeZylinder (Orientiemngswinkelf) ElliptischeZylinder rnit den Halbachsen a und b
(L2/12)+ (R2/2)
(L2/12) + (a2+ b2)/4
8fll+(L/U)sin r ]
Kompakte Scheibchen mi&den Halbachxena und b und der vernachlassigbarenDicke d Kreisfirmige Scheibchen rnit den Radien R R 2/2 x (R/N
Elliptische Scheibchen
(a2 + b2)/4
72
4.2. Kompakte Molekule
300
t 3 00 Imogolit
t loo
30
.
031
Id
104
16
107
106
-M, / (g mol-1) + Abb. 4-6 Abhugigkeit der Massenmittel der Tragheitsradien vom Massenmittel der Molmasse bei kugelforrnigen Poly(a,&-1ysin)enin DMF bei Raumtemperatur [4],sWchenf6rrnigen Imogoliten in verdiinnten Salzl6sungen bei 30°C [5] und den knauelfonnigen hochmolekuluren Doppelhelices der Desoxyfibonucleinsiiuren(DNA)in Pufferlosungen bei 20°C [6,7]. Aus G1.(4-3) e r M t man mit dem Volumen V = 4 IC R3/3 kompakter Kugeln der Dichte p sowie der fiir alle kompakten Korper gtiltigen Beziehung V = m/p = M/(PNA) die Abhsjlgigkeit der Tdgheitsradien von der Molmasse M zu
Der Trllgheitsradius von kompakten Kugeln nimmt also mit der Kubikwurzel aus der Molmasse zu. Dieses Verhalten wurde z.B. annahemd bei hyperverzweigten Poly(a,E-L1ysin)en in N,N-Dimethylformamid gefunden (Abb. 4-6). Der Platzbedarf der Kugeln fiihrt dam, dass in einem System aus mehreren Kugeln das von einer Kugel eingenommene Volumen fiir alle anderen Kugeln ausgeschlossen ist. Die Zentren zweier gleich grosser Kugeln mit jeweils den Radien R und den Volumina V = 4 IC R3/3 konnen sich nur bis zu einem Abstand d = 2 R niihem (Abb. 4-7). Dieses extern ausgeschlossene Volumen (E: excluded volume) voller oder hohler Kugeln berechnet sich einfach zu u = 4nd3/3 = 32xR3/3 = 8 V .
I I
L
2
R +!
! t 2 d ”
‘
1
.
Abb. 4-7 Harte Kugeln mit Radien R, Durchmessem d = 2 R, Volumina V = (4 n/3)R3, Tr‘dgheitsra&en s = (3/5)‘” R und externen ausgeschlossenen Volumina u = 8 V.
73
4. Mokrokonformutwnen
Tab. 4-2 Beziehungen (9) = K S 2 f l v = K?M1+€ zwischen den Mitteln Uber die Triigheitsradien und Molmassen. Bei polymolekularen Substanzen erhut man aus den als z-Miitel gemessenen mittleren TriQheitsquadratendie in der letzten Spalte angegebenen Molmassenmi~lM g. Teilchen
V
E
Vollkugel, isotrop HWugel. unendlich diinne Schale Hohlkugel, endlich dicke Schale Rotationsellipsoid, kompakt Zylinder, kompakt, elliptisch Zylinder, kompakt, kreisformig, d = 0 Scheibe. kompakt. elliptisch, d = 0 m u e l , flexibel. ungestort Kniiel, flexibel. gestort
1/3
-1/3
ll2 1/3IVIl/2 1/35VSl/2 1/2Iv11
a g
(Xi ZiM?/3)3/2
0 -1/3.&50 -1/35EIO OIEI1
1 lt2 1/2 1/2 I v I 0,588
(~zaz+l)1/2
1
Gz
0 0
H Z
0 I E I 0,176
Ellipsoide Ellipsoide sind Sphimide mit den drei Halbachsen a. b und c. Das Volumen eines Ellipsoides betrigt Veu = (4 x: abc)/3. Der Radius einer dem Ellipsoid volumenmissig iiquivalenten Kugel ist folglich (Rsph)eq = (abc)'D. Bei Rotationsellipsoiden sind zwei Halbachsen gleich gross, und zwar kleiner als die drine bei gestreckten (zigarrenftimigen) Ellipsoiden mit a > b = c (E: prolate ellipsoids) und grUsser als die dritte bei abgeplatteten (1insenfUmigen) rnit a < b = c (E: oblate ellipsoids). Ein gestrecktes Ellipsoid weist somit die L a g e L = 2 a auf und zwei gleiche, kleinere Radien R = b = c, ein abgeplattetes dagegen die Dicke d = 2 a und zwei gleiche, grUssere Radien R = b = c. Rotationsellipsoide werden in der Regel durch ihr AchsenverhStnis A = alc charakterisiert. Beim AchsenvehiUtnis a/c = 1 gehen sowohl gestreckte als auch abgeplattete Ellipsoide in Kugeln uber. Gestreckte Ellipsoide werden f i r a/c + zu Stibchen, abgeplattete fiir alc + 0 zu ellipsoidalen Plittchen. Die Trigheitsradien und ausgeschlossenen Volumina harter (kompakter oder hohler) Rotationsellipsoide sind in Tab. 4- 1 zusammengestellt. Die Beziehungen zwischen Tr2gheitsquadraten und Molmassen befinden sich in Tab. 4-2.
-
4.2.3.
Stabchen
Ein Kreiszylinder mit der L3nge L und dem Radius R weist ein Volumen V = xR2L auf, ein quadratisches Sabchen der Seitenlhge a eines von V = a2L. Das Zentrum der Masse befindet sich in der Mitte des Stgbchens. Bei unendlich dunnen Stibchen ist die im Abstand x bis ( x + d x ) vom Zentrum anzutreffende Zahl der Massenelemente proportional dx, wobei x Werte zwischen 0 und L/2 annehmen kann. Bei endlich dicken zylindrischen Subchen ist noch der radiale Abstand y mit Werten zwischen 0 und R zu beriicksichtigen. Der Tr2gheitsradius s betdgt somit (4-5)
s2=
J J 0 0
2 sydy[x2 + y2]dx = -+L2 R2 12 2 zR2L12
74
4.2 Kompakte Molekule
Der Triigheitsradius llsst sich sornit z.B. aus den elektronenmikroskopisch ermittelten lusseren Abrnessungen von kornpakten Stabchen berechnen. Die Molmassenabhhgigkeit der Trlgheitsradien ergibt sich rnit V = M / ( ~ N A f) i r diinne zylindrische Stibchen (LIR > 25) rnit R = const zu ! \1/2
f v \
1
M
Eine solche Beziehung zwischen dem Tragheitsradius s und der Molmasse M wird rneist durch eine Exponentenformel wiedergegeben, bei Stabchen z.B. rnit v = 1:
Diese Beziehungen zwischen s und M sind in Tab. 4-2 f i r verschiedene Molekulformen verglichen. Bei rnolekularuneinheitlichen Polymeren sind noch je nach den Mittelwerten von (s2) und M sowie dern Typ und der Breite der Molrnassenverteilung noch verschiedene Polymolekularitltskorrekturen anzubringen (vgl. dazu Kap. 4.4.5). Der Triigheitsradius von steifen. diinnen Stabchen mit konstantern und vemachlassigbarern Durchmesser nirnrnt daher wegen v = 1 bzw. E = 1 direkt rnit der Molrnasse zu. Das Silikat Irnogolit verhat sich z.B. in dem betrachteten Molmassenbereich als Stabchen (Abb. 4-6). Die Doppelhelices der Desoxyribonucleinsauren erscheinen dagegen bei hohen Molmassen als Knluel, obwohl die Segmente lokd stabchenformig sind. Das extem ausgeschlossene Volumen von steifen Stabchen h b g t noch vorn gegenseitigen Orientierungswinkel y der longitudinalen Achsen ab ( y = 0, falls parallel). Fur steife Stfibchen mit gleicher L2nge L und gleichern Umfang U berechnet sich das ausgeschlossene Volurnen zu u = 8 V[l + ( L / U ) sin y] (Tab. 4-1) rnit U = 2 IC R (kreisformig rnit dern Radius R ) bzw. U = 4 a (quadratisch mit der Seitenlage a). Das ausgeschlossene Volumen, der Packungstyp und die Zahl der nachsten Nachbam kontrollieren die maximalen Packungsanteile (Tab. 4-3). Diese Anteile sind imrner kleiner als 1, ausgenommen bei dichtest gepackten Kuben mit parallelen Oberflachen. Tab. 4-3 Maximale Packungsdichte identischer euklidischer KOrper. z = Maximale Zahl nkhster Nachbam. * Bimodale Verteilung von jeweils gleichen Anteilen zweier Kugelsorten rnit a) dlld2 = 47 und b)dl/d2 = 100. Zum Vergleich: Gestorte KnBuel des Poly(styro1)s rnit der relativen Molmasse 1.106 g/rnol beginnen sich in guten Losungsmitteln bei @ cs* = 0,0036 zu iiberlappen. -5
Packungstyp
Hexagonal dichtest Kubisch Whenzentiert Kubisch raumzentriert Hexagonal parallel Kubisch einfach Statistisch parallel Statistisch dichtest, L/d = 1 Statistisch dichtest, Lld = 47 * Statistisch dichtest, Lld = 100 *
2
12 12 8 6 6
Maximale Packungsdichte Kuben Kugeln
bei
Sabchen (zylindrisch)
0,754 0,741 0,605 1
0,524
0,524
0,637 0,814 a) 0,868 b,
0,907 0,785 (parallel) 0,820 0,704 0,108 (3dimensional) 0,041 (3dimensional)
75
4. Makrokonformutionen
4.3.
Ungestorte Knauel linearer Ketten
Die einfachste chemische Struktur eines Makromolekuls ist diejenige einer langen Kette aus miteinander verkniipfien Kettengliedern. Wenn zwischen benachbarten Kettengliedern keine intramolekularen Kr"dfte wirken, werden sich die Kettenatome wegen der mehr oder minder freien Drehbarkeit um die Kettenbindungen statistisch im Raum verteilen. Bei anwesenden intramolekularen m f t e n entstehen geordnetere Gebilde. wie z.B. Helices. Das Makromolekiil nimmt d a m kompaktere Strukturen an, deren iiussere Gestalten von w u r m W c h e n Ketten bis hin zu Sabchen und Kugeln reichen.
4.3.1.
Konturlangen
Eine lineare Kette besteht im einfachsten Fall aus N, gleichen Kettengliedem. die durch N = N, - 1 Kettenbindungen mit den gleichen Bindungslbgen b verbunden sind. Die marhemarisch megliche maximale Kettenlinge ist folglich Lkete = Nb (Abb. 4-8). Diese Kettenliinge ist unabhingig von den Winkeln, die zwischen aufeinanderfolgenden Kettenatomen bestehen. Weil sich die mathematisch maximale Kettenlinge durch Abschreiten der Kettenkontur ergibt, wurde sie in der ateren Literatur korrekt Konturlunge genannt. Wir werden sie als historische Konturlange bezeichnen. urn Missverstindnisse mit der jetzt gebriiuchlichen konventionellen Konturlinge zu vermeiden.
I
I
a12
I 'MJ"1
I
Abb. 4-8 Historische Konturliinge Lkene und konventionelle Konturllfngerat einer Kette in all-transKonformation. Dies Kette besteht aus N , = 19 Kettenatomen und N = 18 Kettenbindungen der M g e b bzw. Neff = 9 effektiven Kettenbindungen mit der effektiven Bindungshge b,n (= kristallographische Bindungsliinge b,bei Vinylpolymeren). 01 = 180' - 7 = Komplementibinkel zum Bindungswinkel 7 (E: supplement of bond angle), 7 = Bindungswinkel (Valenzwinkel). Da die Bindungswinkel r (Valenzwinkel) zwischen je drei Kettenatomen in der Regel kleiner als 180' sind, muss n2mlich die physikalisch maximal megliche Kettenliinge kleiner als die historische Konturlinge Lkette sein. Die physikalisch maximale Kettenlinge w i d nach IUPAC ebenfalls als Konturlange (E: contour length) bezeichnet, obwohl sie sich nicht durch Abschreiten der Kettenkontur ergibt. Als physikalisch maximal mogliche Konturl2nge wird in der Regel die all-trans-Konformation angesehen, da die Kettenatome bei trans-Konfonnationen am weitesten auseinanderstehen (vgl. Kap. 3). Tatsachlich ist jedoch eine derartige Konturlinge nicht notwendigerweise auch die experimentell maximal megliche, da manche Ketten nicht all-trans-Ketten als energetisch niedrigste Makrokonformation aufweisen, sondern z.B. all-gauche-Konformationen (Kap. 3.2.3 und 3.3.3).
76
4.3. Ungestorte Knduel linearer Ketten
All-trans-Ketten besitzen die (konventionellen) Konturl'bngen
Die Konturlhge rContist daher gleichzeitig der physikafisch maximal m6gliche Fadenendenabstand (E: end-to-end distance) einer viillig gestreckten Kette. Die Projektion der Kettenbindungen auf den Ende-zu-Ende-Vektor der vollig gestreckten Kette ist die effektive Bindungslange beff.Diese L u g e bezieht sich bei Vinylpolymeren +CHyCHR+ gewohnlich auf die Monomereinheit -CH2-CHR-, d.h., auf zwei Kettenbindungen. Die effektive Bindungsl'bnge ist dann mit der kristallographischen L'bnge b,, einer Monomereinheit identisch (Kap. 7). Sie betragt bei Vinylpolymeren bcr = 0,2546 nm,da b = 0,154 nm und 7 = 1113' sind. Solche vollig gestreckten Ketten weisen periodische Mikrokonformationen auf. Sie werden im Idealfall nur bei v6llig gestrecktkettigen Kristallen gefunden (Kap. 7). In LCIsungen sind die Mikrokonformationen dagegen meist aperiodisch, da sich die Konformationsenergien der verschiedenen Mikrokonformationen nur wenig voneinander und von der thermischen Energie unterscheiden. Die unregelmissige Aufeinanderfolge der verschiedenen Mikrokonformationen fiihrt dann zu einer knauelartigen Makrokonformation (Abb. 4-1, 4 4 , 4-5, 4-9 und 4-10). Knauel werden aber nicht nur bei Ketten mit aperiodischen Mikrokonformationen gefunden, sondem auch bei solchen mit periodischen, sofem nur die Ketten sehr lang sind. Es ist auch irrelevant, ob es sich urn offenkettige oder ringftirmige Ketten handelt. Ein Beispiel sind die sehr langen Doppelhelices der ringftirmigen Desoxyribonucleinsiluren, welche Knhel bilden (Abb. 4-9). Mikrokonformationen sind ja nicht statische, sondem dynamische Strukturen, bei denen die Lage der Kettenatome urn das Minimum der Potentialenergie oszilliert (Kap. 3.2.2). Lugere Kettensegmente sind daher immer flexibel, was selbst bei lokal steifen Ketten zu knauelartigen Strukturen fuhrt (With wie bei nicht aufgerollten Gartenschlluchen). So erklan es sich, dass auch die recht steifen (aber sehr langen) Doppelhelices der Desoxyribonucleinsiuren eine knauelfiirmige Gestalt annehmen (Abb. 4-9).
Abb. 4-9 ElektronenmikroskopischeAufnahme von auf einer Unterlage gespreiteten Keaen der Desoxyribonucleinstiuren. Die Strukturen entsprechen der Projektion der dreidimensionalen muelgestalt auf eine FEiche. Mit freundlicher Genehmigung von Academic Press, London [8].
77
4. Makrokonformationen
Polymennolekule mit derartigen Makrokonformationen werden in der Polymerwissenschaft statistische Knauel (E: random coils) oder einfach Kniiuel genannt. In den Biowissenschaften hat "coil" im angelsachsischen Sprachbereich eine andere Bedeutung, nmlich "Helix". "Supercoils" sind Helices in der Makrokonformation statistischer K n b el und "coiled coils" Helices, denen eine andere Helixstruktur iiberlagert ist.
4.3.2.
Tragheitsradien
Knauel linearer Makromolekule werden durch ihren Fadenendenabstand r und ihren Trggheitsradius s charakterisiert. Der Fadenendenabstand (E: end-to-end distance) ist der raumliche Abstand der beiden Endgruppen einer linearen Kette (vgl. Abb. 4-5); er hat bei verzweigten Makromolekiilen keine physikalische Bedeutung. Ausser bei speziell markierten Endgruppen (z.B. fluoreszierenden) ist er auch nicht experimentell zughglich. Als zentrale theoretische Gr6sse kann er theoretisch mit verschiedenen Modellen berechnet werden (vgl. weiter unten), und zwar immer als Quadratwurzel aus dem Mittel iiber die Quadrate der Fadenendenabsmde, also als (r2)lI2. Fur jede beliebige Teilchenform kann man jedoch experimentell immer den Tragheitsradius (s2)ln bestimmen (E: radius of gyration; G: guros = Kreis). Bei steifen Teilchen mittelt er uber die Lage der Kettenglieder (Gl.(4-l)), bei nicht-steifen Teilchen wie statistischen Kn~uelnzusgtzlich noch iiber die rasch wechselnden Makrokonformationen. Der Tragheitsradius stellt daher ein rlumliches und zeitliches Mittel uber alle Makmkonformationen dar. Bei nicht-molekulareinheitlichenMolekiilen uitt dazu noch eine Mittelung iiber die verschiedenen Molmassen. Streumethoden messen 2.B. das mittle) ~ 5). re Tragheitsquadrat als z-Mittel ( s ~ (Kap. Abb. 4-9 ist eine Momentaufnahme, da jede Polymerkette zu jeder Zeit sehr verschiedene Makrokonformationen annehmen kann. Bei drei verschiedenen, energetisch gleichen Typen von Mikrokonformationen (2.B. T, G+, G-) kann z.B. eine Poly(methy1en)Kette mit einem Polymerisationsgrad X = 20 002 in p-2 = 320 OOo = 109452 verschiedene Makrokonformationen auftreten! Die Lebenszeit einer Makrokonformation ist jedoch kurz. Die Geschwindigkeitskonstante k der Umwandlung einer Mikrokonformation berechnet sich nach der Eyring-Gleichung zu (4-9)
k = ( h T / h )exp
(- AEsIRT)
wobei kg = 1.381-10-23J K-1 (Boltzmann-Konstante) und h = 6.626.10-34 J s (Planck= 10 kJ/mol werden bei T = Konstante). Bei einer Rotationsbamere von AEt = AE& 298,15 K innerhalb von t 5 g = O.OS/k = 1,4.10-16 s bereits 5 % der trans-Konformationen in gauche-Konformationen umgewandelt und vice versa. Jede Mikrokonformation, und damit auch die durch die Aufeinanderfolge der Mikrokonformationen hervorgerufene Makrokonformation einer Kette, existiert nur eine sehr kurze Zeit. Wegen des statistischen Charakters der Umwandlungen der Makrokonformationen wird zu einem gegebenen Zeitpunkt bereits bei einheitlichen Polymeren jedes Polymermolekiil eine andere Makrokonformation aufweisen (Abb. 4-10). Der gemessene Tragheitsradius ist daher ein zeitficher Mittelwert uber die Makrokonformationen aller im System vorhandenen Molekule.
78
4.3. Ungestb'rte Knduel hearer Ketten
Abb. 4-10 Links: Zweidimensionale momentane Makrokonformationen von 6 Ketten mit je N, = 31 Kettenatomen und somit N = 30 Kettenbindungen. Die Richtungen der einzelnen Bindungen wurden durch Wiirfeln erzeugt (siehe oben rechts), wobei aufeinanderfallende Bindungen fortgelassen wurden. Das zentrale Kettenatom Nr. 16 ist durch 0 marhea 0- - - -0 gibt den Abstand zwischen den Keaenenden 0 an, also den Fadenendenabstand r. Rechts: iiberlagerte, auf 0 zentrierte Kenen. Die Kreise entsprechen Durchmessem von 2 (s2)01/2 (innen) bzw. 2 (?)oln (aussen). Mit 6eundlicher Genehmigung des Springer-Verlages,Heidelberg [9]. Keine der momentanen Makrokonformationen hat eine einfache geometrische Gestalt: isolierte Kettenmolekule (z.B. in sehr verdiinnten Losungen) sind weder Stibchen noch Rotationsellipsoide oder gar Kugeln (Abb. 4-10). Die momentanen Gestalten eines Knauelmolekiils lassen sich auch nicht mit den bekannten Methoden expenmentell bestimmen. Sie konnen jedoch wie folgt theoretisch berechnet werden: Der Schwerpunkt des Molekiils wird in den Ursprung eines Cartesischen Koordinatensystems gelegt. Das Molekul wird daM in diesem Koordinatensystem so orientiert, dass die Haupt-Tragheitsachsen mit den Koordinatenachsen identisch sind. Der Vektorradius Ri jedes Massenpunktes (vgl. Abb. 4-12) kann nun in die drei onhogonalen Komponenten ( R i ) l , (Ri)2 und (Ri)3 zerlegt werden. Dabei muss gelten
In gleicher Weise kann auch der Tragheitsradius in drei Komponenten zerlegt werden:
Bei aquivalenten, isotropen Kugeln sind alle drei Komponenten gleich gross. Lineare Knauel besitzen nach theoretischen Berechnungen jedoch drei ungleiche Komponenten. Die Haupt-Komponenten verhalten sich hier nach Monte-Carlo-Rechnungen bei relativ kurzen Folgen von sich nicht iiberlappenden Schritten etwa wie 1 1,8:2,7:1, bei unendlich hohen Polymerisationsgraden dagegen wie 12,07:2,72:1. Die momentane Gestalt eines Kn2uelmolekuls ist daher weder die einer Kugel noch die eines Rotationsellipsoides, sondem mehr diejenige einer Niere. Ringfomige und verzweigte Polymerketten besitzen symmeuischere Gestalten; bei ringformigen Poly(dimethylsi1oxan)en unendlich hoher Molmasse gilt z.B. fir die Komponenten der mittleren Tragheitsquadrate 5,9:2,6:1.
79
4 . Makrobnformatwnen
Die Uberlagerung der verschiedenen Makrokonformationen einheitlicher Makromolekule entspricht im dreidimensionalen Fall einer Molekulgestalt, die im zeitlichen Mittel mehr einer Kugel &nelt (Abb. 4-10). Derartige Kniuel kBnnen somit als aquivalente Kugeln aufgefasst werden. Ein betrlchtlicher Anteil an Kettenatomen dieser lquivalenten Kugeln befindet sich jedoch ausserhalb der durch die mittleren Triigheitsradien so = ( ~ ~ bzw. ) mittleren ~ ~ nFadenendenabsmde ro = ( r 2 ) l n definierten Kugelschalen.
4.3.3.
Knaueltypen
Je nach der Reichweite der Wechselwirkungen zwischen den Kettensegmenten unterscheidet man zwei Typen von Knaueln: ungestiirte und gestBrte. Im einfachsten Fall bestehen zwischen zwei benachbarten Kettenatomen sowie Atomen und Atomgmppen kurzer Kettensegmente nur kurzreichende Wechselwirkungen (E: short-range interactions) (Abb. 4-11). Als Segment wird dabei ein kurzes Stiick einer Kette bezeichnet; die Ltinge d i e m Stiickes bleibt unspezifiziert. Die hier herrschenden Krtifte wirken nicht nur intramolekular, sondern auch intrasegmental. Langreichende Wechselwirkungen (E: long-range interactions) erfolgen dagegen zwischen riumlich nahen Segmenten, die entlang der Kette durch viele andere Segmente voneinander getrennt sind. Sie sind bei isolierten Molekiilen ebenfalls intramolekular, bei Molekulen in konzentrierteren LBsungen wegen der griisseren N3he der benachbarten Molekule aber auch intermolekular. Anders als kurzreichende Wechselwirkungen sind sie jedoch immer intersegmental. "Langreichend" und "kumeichend" beziehen sich daher nicht auf die riumliche Reichweite der Kr2fte per se, sondern auf die Anzahl der Segmente zwischen den beiden wechselwirkenden Segmenten enrlang der Kette. Die langreichenden Wechselwirkungen ktlnnen z.B. abstossend sein: durch die Raumerfiillung der Kettensegmente hinsichtlich ihrer Atomvolumina, durch Abstossung zweier gleichsinniger Dipole usw. Bei langreichenden Wechselwirkungen ist d a m der Platz eines Segmentes f i r alle anderen Segmente ausgeschlossen: das Kniuel weist ein intern ausgeschlossenes Volumen auf. In konzentrierten Uisungen uitt wie bei harten Kiirpern zusitzlich noch ein extern ausgeschlossenes Volumen auf (Abb. 4-7). Das intern ausgeschlossene Volumen weitet das Kniuel auf: es wird gestort (E: perturbed). Wenn sich bei langreichenden Wechselwirkungen abstossende und anziehende Krafte die Waage halten, gibt es kein ausgeschlossenes Volumen und das Knluel ist dam ungest6rt (E: unperturbed).
+<
! langreichend
v AM.4-1 1 Langreichendeund kurzreichende (lokale)Wechselwirkungen zwischen Kettemgmenten.
80
4.3.4.
4.3. Ungestorte Knauel h e a r e r Ketten
Molekiilmodelle
Die Makrokonformation einer linearen Kette wird je nach Abstraktionsgrad durch verschiedene Modelle beschrieben, die sich in der Anzahl der wechselwirkenden Kettenatome sowie den Beschrankungen hinsichtlich der Valenz- und Torsiomwinkel unterscheiden (Tab. 4-4). Alle Modelle sind unspezifisch in Bezug auf die Art der Wechselwirkungskrafte (van der Wads, Dipol-Dipol usw.). Tab. 4 4 Modelle. Covalente Bindungen -zwischen den beteiligten Kenenatomen 0. -~
~
Name des Modells +
Segmentkette
---
Valenzwinkelkette mit freier
mit b e s c W t e r
Drehbarkeit
Drehbarkeit
RIS-Modell
_- ---
3 Beteiligte Kettenglieder 2 Kontrollierender Einfluss Bindungshge Valenzwinkel Valenzwinkel7 beliebig fixiert beliebig beliebig Torsionswinkel 0 Fadenendenabstandr rW rof
Konfomer fixiert disklet
5 Konfonnempaar fniert einige diskrete
lor
10
4
Irrflug-Kette Die Kette besteht im einfachsten Fall aus vielen Segmenten, die sich zufiillig im Raum folgen. Damit der Zufallscharakter erhalten bleibt, miissen diese hypothetischen Segmente grtisser als die Persistenzlage der realen Kette sein (Kap. 3.1 und 4.3.9). Diese Zufallskette bzw. Irrflugkette (E: random-flight chain) W e l t den z u w i g e n dreidimensionalen Ortsveriinderungen, die ein Teilchen unter dem Einfluss der Brownschen Bewegung vomimmt oder den zweidimensionalen Wanderungen eines Betrunkenen (E: random walk) (Abb. 4-12, links). Diese Bewegungen hinterlassen keine Spuren; ihr Kettenanalogon setzt also unendlich duMe Segmente voraus. Die beiden Beispiele zeigen, dass Zufallsbewegungen im Prinzip in beliebigen rJdumlichen Dimensionen d erfolgen konnen. Den Berechnungen werden daM zusatzlich bestimmte Gitterformen zugrundegelegt (quadratisch, hexagonal, kubisch usw.).
Abb. 4-12 Links: Mug-Bewegung mit verschieden langen Schritten. Mitte: "Kette" aus drei Kettenatomen mit den Bindungsbgen b, beliebigen Bindungswinkeln r und dem "Fadenendenabstand" r,. Rechts: Kette mit 15 Segmenten und Vektoren Ri vom Schwerpunkt S zum Kenenatom i bzw. den Vektoren ri zwkhen dem mten unddem i-ten Keuenatom und R zwischen den Enden.
81
4. Makrokonformatwnen
d= 1 2 McIglichkeiten
d=2
d=3
4 McIglichkeiten
6 McIglichkeiten
Abb. 4-13 Schritte aufeiner Geraden, auf einem quadratischen Feld und in einem kubischen Gitter.
Ein Wanderer kann z.B. auf einer Linie (d = 1) mit gleicher Wahrscheinlichkeit von einem Punkt zum nachsten nur nach links oder rechts gehen (2 Moglichkeiten). auf einem quadratischen Feld (d = 2) nur nach Nord, Siid, West und Ost (4 Moglichkeiten), und in einem kubischen Gitter (d = 3) nur nach Nord. Sud. West, Ost sowie nach oben und nach unten (6 Moglichkeiten). Noch mehr Mtiglichkeiten bestehen bei kubischen Gittem hoherer DimensionalitM, sogenannten hyperkubischen Gittem (d 2 4). In jedem Fall beMgt die Wahrscheinlichkeitjedes Schrittes 142 6).Nach Nseg Schritten gibt es jeweils N,, = (2 d f q verschiedene, gleich wahrscheinliche Schrittfolgen (Makrokonformationen). Analog konnen die Schritte auch auf anderen Gittem erfolgen, z.B. hexagonalen anstatt von kubischen. und zwar ebenfalls in verschiedenen Dimensionen. Derartige zweidimensionale Wanderungen, dreidimensionale Brown'sche Bewegungen usw. konnen sich beliebig kreuzen (s. Abb. 4-12, links), was unendlich diinnen Polymerketten entspricht (Phantomketten). Reale Polymerketten konnen sich jedoch nicht am gleichen Punkt kreuzen. Das mathematische Analogon zu einer realen Polymerkette ist daher die kreuzungsfreie Wanderung (E: self-avoiding waLk, SAW). Vom Ursprung ausgehend betr~gtdie Anzahl C der moglichen Schrittanordnungen bei N = 1 Schritt auf einem zweidimensionalen quadratischen Gitter C = 4 (Abb. 4-14). Bei N = 2 aufeinanderfolgenden Schritten ist jedoch die Umkehr ausgeschlossen. Fiihrte z.B. der erste Schritt von d4 zu d3, dann kann der zweite Schritt nur von d3 nach d2. c3 oder e3 erfolgen, nicht aber zuriick nach d4. Der Gitterfaktor reduziert sich von 4 auf 3 und die Zahl der Schrittanordnungen betrilgt nur C = 4.3 = 12 und nicht C = 4.4 = 16.
Abb. 4-14 Kreuzungsfreie Schritte auf einem zweidimensionalen quadratischen Gitter. Vom Ursprung d4 aus sind vier gleich wahrscheinliche Schritte zu d3, 4, d5 und c4 mliglich. Von den neuen Positionen d3.84, d5 und c4 kann man jedoch nur jeweils drei gleich wahrscheinliche Schritte machen, da die Umkehrungen d 3 4 4 , e 4 4 . d5+d4 und d+d4 jeweils einer Kreuzung des urspriinglichen Weges entsprechen.
82
4.3. Ungestorte Kniiuel linearer Ketten
Bei N = 3 gibt es aus dem gleichen Grund nur C = 4.3.3 = 36 statt 4.4.4 = 64 Anordnungen. Ab N = 4 Schritten muss man zusatzlich noch die Bildung eines Quadrates der Schrittanordnungen verhindem usw. Das AbzMen wird also bei N > 4 sehr miihsam, weshalb der jetzige Weltrekord fiir die exakt a b g e m t e n Zahlen N, der kreuzungsfreien Wanderungen SAW auf zweidimensionalen quadratischen Gittem "erst" bei N I51 steht. D i e s Zahl, die der Zahl der Segmente von Ketten entspricht, ist drastisch niedriger als die Zahl der Phantomketten (Tab. 4-5). Das Gleiche trifft fiir Gitter anderer Gestalt (hexagonal usw.) und anderer Dimensionalitit (d > 2) zu. Die Zahl der kreuzungsfreien Wanderungen (Makrokonformationen) lasst sich analog zu der Gleichung Nmc = (2 d)hrlegfiirPhantomketten durch Nmc(SAW) = pNaeg wiedergeben. p misst die mittlere Zahl der nachsten maglichen Schritte vor einem potentiellen Kreuzungspunkt; es wird d a m konnektive Konstante genannt. Fur zweidimensionale quadratische Gitter ergibt sich p = 2,638 159 f 0,000 002, ein deutlich niedrigerer Wert als 2 d = 4 fiir Phantomketten. Andere Werte sind p = 1,847 759 f 0,OOO 006 fiir hexagonale Gitter und p = 4,683 93 f 0,ooO 06 fiir hyperkubische. Statt exakt abzuzmen, kann man auch mit einem Computer nach der Monte CarloMethode fiir eine Zahl Nseg einen bestimrnten Bruchteil der kreuzungsfrxien Schritte berechnen und dann mitteln. Es ergibt sich eine modifizierte Beziehung
mit p = 1, in der A eine Konstante darstellt. 7 ist ein kritischer Exponent, der nur noch von der Dimensionalit% dund nicht mehr vom Gittertyp abhgngt. Die so erhaltenen Werte betragen y1 = 1 fir d = 1, n = 43/32 = 1,344 = 4/3 fiir d = 2, = 7/6 = 1,167 (experimentell: 2 v = 1,176) fiir d = 3 und 74 = 1 fiir d 2 4. Fur diese kritischen Exponenten existiertt bislang jedoch keine rein mathematische Theorie. Tab. 4-5 Zahl N,, der Makmkonformationen (= Wanderungen) auf einem zweidimensionalen quadratischen Giuer bei Phantomketten (Nmc)und SAW-Ketlen (N,,,sAw) als Funktion der Zahl Nseg der Segmente (Schritte). Die Werte fiir 39 Schritte sind genau bekannt, wurden hier aber zur besseren iibersicht abgerundet (sie betragen bei SAW mit Nseg= 39 z.B. 113 101 676 587 853 932).
Phantomketten 1 2 3 4
10 39
Nmc
SAW
4
4
16
12 36 100 44 100 = 1,131.10'7
64 256 1 048 576 = 3,022.lOZ3
Derartig viele Makrokonformationen sind bei Schmelzen zu beriicksichtigen, da hier die Molekiilsegmente recht beweglich sind. Simulationen von Polymerschmelzen sind somit sehr zeitaufwendig. Sie konnen selbst auf Hochleistungsrechnem Tage beanspmchen. Berechnungen von Polymereigenschaften beschrWen sich daher z.Zt. auf Festkbrper, da es hier auf die lokale Struktur ankomrnt und nicht auf den Kn2uelcharakter. Man kann dann zu kiirzeren Ketten bzw. kleineren Gittem iibergehen.
83
4. Makrokogormationen
Segment-Kette Das einfachste molekulare Modell fiir KnHuelmolekule ist dasjenige der SegmentKette @: freely jointed chain). Es beschreibt eine hypothetische Kette aus Nseg linearen, unendlich diinnen Segmenten der gleichen Ltinge Lseg,die jede erlaubte rHumliche Position mit gleicher Wahrscheinlichkeit einnehmen ktinnen. Die Natur des Segmentes wird nicht spezifiziert. Es kann z.B. die L b g e der Bindung zwischen zwei Kettenatomen sein oder ein Kettenstiick aus mehreren Monomereinheiten. Eine Segment-Kette kann beliebige Valenzwinkel 7 und Torsionswinkel 8 aufweisen. Sie wird nur durch die BindungslHnge b kontrolliert. Im einfachsten Fall besteht die "Kette" nur aus zwei Bindungen, die einen Valenzwinkel r einschliessen (Abb. 4-12, Mitte). Der "Fadenendenabstand r , dieser Kette ist durch den Cosinus-Satz gegeben: (4- 13)
r& = 2 b2 - 2 b2 cos 7
G1.(4-13) gilt auch fiir die entsprechenden Mittelwerte (r2kound (cos 7). so dass man (r2)oo= 2 b2 - 2 bZ(cos r) erhat. Bei Ketten mit N Bindungen sind alle Winkel 7 gleich wahrscheinlich. Also wird (cos r ) = 0 und 2 zu N und damit: (4-14)
(r2)oo = Nb2
Diese anschauliche "Ableitung" der Beziehung zwischen dem Fadenendenabstand r und der Zahl N und der L b g e b der Bindungen gibt das mathematisch korrekte Resultat, ist aber physikalisch nicht ganz korrekt. Die Bindungslihgen b sind zwar definitionsgem& alle gleich. doch die Kette befindet sich nicht auf einer FlHche, sondem in einem dreidimensionalen Raum, so dass man die Bindungsvektoren Ri anstelle der Bindungsl2ngen betrachten muss. Der Ende-zu-Ende-Vektor R der Kette ist durch die Summe der individuellen Bindungsvektoren Ri gegeben, das Quadrat des Ende-zu-Ende-Vektors entsprechend durch die Summe der Produkte: (4-15)
R 2 = RlRl R2R1 R3R1 RqR1
+ R1R2 + R1R3 + R2R2 + R2R3 + R3R2 + R3R3 + R4R2 + R4R3
+ R1R4 + RlR5 + + R2R4 + R2R5 + + R3R4 + R3R5 + + R4R4 + R4R5 +
... ...
... ...
Die Produkte RiR, mit jeweils gleichen Indices (ij= i.i bzw. jjJsind gleich dem Quadrat b2 der Bindungslage. Bei einer Segment-Kette sind ferner alle diejenigen Produkte RiRj gleich gross, bei denen sich die Indices i # j um den gleichen Betrag unterscheiden. Mittelt man uber alle Produkte RiR, (i # j ) , so wird das Quadrat R 2 des Ende-zu-EndeVektors zum Mittel uber die Quadrate des Fadenendenabstandes r, da dieser als die LUge des Ende-zu-Ende-Vektors R definiert ist. Man erhat also (4-16)
(r2)= N b 2 + 2 (N - l)(RlR2) + 2 (N - 2)(R1R3) + ... + 2 (RiR,v)
Da bei Segment-Ketten zwei zufiillig gewwte Bindungsvektoren Ri und R, (i #jJ jeden beliebigen Winkel a+ einschliessen konnen, gilt nach G1.(4-16) im zeitlichen Mittel fiir das Skalarenprodukt (RiR,) = bib, ( c o s a y ) = O . G1.(4-16) wird somit zu G1.(4-13).
a4
4.3. Ungestorte Knauel hearer Ketten
Es ist dabei zweckmassig, das Mittel uber die Quadrate der FadenendenabstMde der Segment-Kette mit 00 zu indizieren, um es von denjenigen anderer Ketten zu unterscheiden: (4-17)
(r2),, = Nb2
Valenzwinkel-Kettemit freier Drehbarkeit Die Segment-Kette ist unrealistisch, da Bindungswinkel nicht beliebige Werte annehmen ktinnen. In Polymerketten sind vielmehr die Bindungswinkel 7 konstant und folglich auch ihre Komplementlnvinkel a = 180' - 7. In G1.(4-16) sind dementsprechend die Produkte (RiR,) nicht mehr gleich Null. Sie berechnen sich vielmehr fiir zwei aufeinanderfolgende Vektoren RiRi+l zu b2 cos a. Reale Ketten weisen femer noch Torsionswinkel auf (Abb. 3-1). Bei drei aufeinanderfolgenden Vektoren ist der Torsionswinkel der Winkel zwischen den Projektionen der Vektoren Ri und Ri+2 auf die normal zum Vektor Ri+l gelegte Ebene (Kap. 3.1). Das Produkt RiRi+;? ist somit die Projektion der Bindung 3 auf die Bindung 1 (Abb. 4-15). Diese Projektion kann in zwei Komponenten zerlegt werden: eine Komponente Rli cos a parallel zum Vektor 2 und eine dazu rechtwinklige Komponente R I cos a,deren raumliche Richtung durch den Torsionswinkel (Konformationswinkel) 8 gegeben ist.
& 'j ----
R,,
'fll a
---J
RII
Abb. 4-15 Aufspalten des Bindungsvektors Ri+2 in 2 Komponenten, die parallel bzw. rechtwinklig zum vorhergehenden Vektor sind. Die Richtung der Komponente R,cos a ist durch den Torsionswinkel B gegeben.
Ketten mit konstanten Valenzwinkeln, aber ohne Rotationsschwelle. nehmen beliebige Konformationswinkel 8 an. Die Bindungen sind dann um die Projektionen der vorhergehenden Bindung frei drehbar. Eine solche Kette wird daher Valenzwinkel-Kette mit freier Drehbarkeit genannt (E: freely rotating chain). Bei derartigen Ketten ist die rechtwinklige Komponente des Bindungsvektors Ri+2 im Mittel gleich RL cos a = 0. Diese Aussage trifft auch fiir Ketten mit drei energetisch gfeichen Mikrokonformationen zu, die zueinander symmetrisch sind, z.B. T (0"). G+ (120") und G- (-120"). Die frei mtierende Bindung i+2 verlangert daher im Mittel lediglich die Bindung i + l ; nur die parallele Komponente R I Icos a = b cos a ist zu beriicksichtigen. Diese Komponente kann d a m wieder weiter zuriick auf die Bindung i projiziert werden, was wiederum b cos a ergibt. Fur das Mittel des Produktes R1R3 erhut man daher (R1R3) = (b cos a)(b cos a) = b2 cos2 a. Das gleiche Procedere wird fiir alle anderen Produkte RiR, wiederholt. Fur das Mittel uber R1R4 ergibt sich folglich (R1R4) = b2 cos3 a usw. G1.(4-16) wird damit bei Valenzwinkel-Ketten mit freier Drehbarkeit zu ( 4 -1 8 )
(r2),f = Nb2 + 2 (N - l)b2 cos a + 2 (N - 2)b2 cos2 a + ... + 2 ( N - i)b2 cosi a + ... + 2 b2 asN-' a
+ 2 (N - 3)b2 a s 3 a
Das Aufltisen dieser Reihe gemass der Rechnung im Anhang A-4.1 Ehrt bei unendlich langen Valenzwinkel-Ketten mit freier Drehbarkeit nach Gl.(A 4-7) zu
85
4. Mab.okanformatwnen
(4-19)
: fiirN+-
(r2)op =
Das konstante Glied (1 + cos r)/(l - cos ?) kann mit der GrOsse b2 zu einer neuen Gr6sse (b)2zusammengefasst werden. b stellt somit eine eflektive Bindungsllinge dar. Ketten mit Bindungswinkeln 7 > 90" weiten sich beim Ubergang von der Segmentkette mit beliebigen Bindungswinkeln zur Valenzwinkelkette mit freier Drehbarkeit und konstanten Valenzwinkeln auf. Eine Kohlenstoffkette mit r = 109,5O weist entsprechend (r2)= 2 N b 2 auf. Das Mittel iiber die Quadrate der Fadenendenabsmde ist hier etwa doppelt so gross wie dasjenige einer Segmentkette. Fur endlich lange Ketten ergibt die Durchrechnung einen wesentlich komplizierteren Ausdmck, z.B. bei Benutzung des Komplementbvinkels a = 180" - 'F: (4-20)
[
l + c o s a 2 l-(cosa)N (r2>,f= N b2 -1-cosa N ( (l-cosa)2)
2 N
C O S~ -(cos~)
Valenzwinkel-Kette mit behinderter Drehbarkeit Die Drehbarkeit um Kettenbindungen ist jedoch bei Polymerkenen im Allgemeinen nicht frei. sondern behindert. Die Kettenatome halten sich bevonugt in diskreten Mikrokonformationen auf, z.B. in T, G+ und G- (Kap. 3). Eine solche Kette wird Valenzwinkel-Kette mit behinderter Drehbarkeit genannt (E: chain with restricted rotation). Im einfachsten Fall sind die Potentialschwellen jeder Bindung unabhhgig von allen anderen. Die kleinste Einheit einer solchen Kette besteht somit aus 3 Kettenbindungen bzw. 4 Kettenatomen (Tab. 4-4). Die Fadenendenabsthde solcher Ketten erh2lt man mit einer Matrizenrechnung. bei der wiederum jede Bindung als Vektor geschrieben wird. Bei sehr langen Ketten mit symmetrischen Rotationspotentialen erh2lt man (4-21)
(r2)= Nb2 + 2 ( N - 1) (b1b2) + 2 (N - 2) (b1b3) + 2 (N - 3) (blb4) + ...
G1.(4-2 1) m e l t der allgemeinen Gleichung (4-16) fiir Ketten mit freier Drehbarkeit. Weil aber ausser den beiden Bindungen noch die Konformation zu beriicksichtigen ist, sind die mittleren Werte (bib,) hier noch durch das Produkt bT(tji)b dreier vektorieller Gr6ssen gegeben. Fiir Valenzwinkel-Ketten mit behinderter Drehbarkeit (Index or) und unendlich hoher Molmasse ergibt die Durchrechnung (4-22)
(r2),,,= N b
J(
2 i-cos?
+ cos
(1
i+(cose) 1- (COS 8 ) )
=N ( b ) 2
wobei (cos 8) das Mittel iiber die Cosinus-Werte aller Konformationswinkel 8 ist. Das aus G1.(4-22) mit bekannten Werten von (r2),,, N , b und 7 berechnete 8 hat somit keine direkte physikalische Bedeutung. Der Konformationsterm kann wieder in das Quadrat der Bindungslhge b einbezogen werden, so dass b" eine effektive Bindungslhge ist. Die Gleichungen (4-21) und (4-22) wurden mit stcchastischen Methoden abgeleitet. Sie divergieren fiir die Grenzbedingungen T = 180" und 0 = 0" und kSnnen daher nicht fiir die konventionellen Konturhgen (0 = 0" bei all-ms-Konformationen)verwendet werden.
86
4.3. UngestBrte Knauel linearer Ketten
RIS-Modell Das RIS-Modell (E: rotational isomeric state model) beriicksichtigt. dass die einzelnen Mikrokonformationen nicht unabhhgig voneinander sind. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer bestimmten Mikrokonformation wird vielmehr von der Art der vorhergehenden Mikrokonformationen beeinflusst. Ein Beispiel ist der Pentan-Effekt. bei dem einer G+-Mikrokonformation keine G--Mikrokonformation folgen kann und vice versa (Abb. 3-3). Beim einfachsten IRS-Model1 werden die Knaueldimensionen durch ein Paar von Mikrokonformationen kontrolliert, also von 4 Kettenbindungen bzw. 5 Kettenatomen (Tab. 4-4). G1.(4-22) ist dazu formal durch einen neuen Parameter QpaU zu e r g m e n , der die Effekte beschreibt, die durch die konformativen Diaden zusatzlich zu den von den einzelnen Mikrokonformationen via (cos 0) eneugten Effekten hervorgerufen werden. Nun ist aber in G1.(4-22) der Mittelwert (cos e) nur eine anpassungsfZhige Grosse, aber keine unabhtingig messbare. Man zieht daher zweckmassig die beiden Konformationsterme Q p a x und ( 1 + (cos O))l( 1 - (cos e)) zu einer neuen Grosse zusarnmen, welche alle die von der Konformationsstatistik heniihrenden Abweichungen von der Statistik von Ketten mit freier Drehbarkeit global beschreibt. Diese Grosse wird als Quadrat a2 angesetzt, damit a der effektiven Bindungsltinge b' in G1.(4-19) vergleichbar wird. Es ergeben sich fiir N -+ die ungestorten Dimensionen (E: unperturbed dimensions) als Mittel iiber die Quadrate der Fadenendenabstande einer ungestorten Kette (d.h. ungestort durch das ausgeschlossene Volumen):
Beim RIS-Modell entspricht die Berechnung von Qpaa mathematisch derjenigen einer Ising-Kette, dem eindimensionalen Ising-Modell (Lenz-Ising-Modell). Eine king-Kette besteht aus einer Anordnung von "Teilchen", die miteinander wechselwirken; bei Polymerketten sind dies die Kettenbindungen. Jedes "Teilchen" kann sich in einer bestimmten Anzahl von Zustgnden aufhalten, die Kettenbindungen von Polymeren also in den verschiedenen Mikrokonformationen. Die totale Energie der Ising-Kette ist die Summe der Wechselwirkungsenergien der benachbarten Teilchen. Sie ist bei Polymerketten folglich die Summe aller Konformationsenergien. Wenn die Konformationsenergie einer Bindung unabhtingig von denjenigen der anderen ist und alle diese Energien gleich gross sind, dann ist die totale Energie gleich dem Produkt aus der Anzahl N' = N - 2 der nicht-endstshdigen Bindungen und der mittleren Energie einer Bindung. Bei N,f verschiedenen Typen von Mikrokonformationen (N,f = 3 bei T, G+ und G-) sind folglich (N,f>N-2 Konformationen zu beriicksichtigen. Da sich aber zwei benachbarte Bindungen gegenseitig beeinflussen, muss man die Energie E ( a ) = E( 180'-8) einer Bindung durch die paarweisen Energien ausdriicken:
wobei a' und a die Konformationen um die Bindungen i-1 bzw. i sind.
87
4. Makrobt$ormatwnen
Diese Energien enmimmt man fiir die verschiedenen Bindungspaare 'IT, TG+, G+G+ usw. den konformativen Konturdiagrammen, die entweder experimentell erhalten werden oder mit den Kraftfeldern der Molekiilmechanik berechenbar sind (Kap. 4.8.3). Aus den Energien werden dann die statistischen Gewichte Ua'a,i ermittelt, mit denen die einzelnen Bindungen zu belegen sind. Bei hohen Temperaturen sind nun hochenergetische Konformationen wahrscheinlicher als bei tieferen Temperaturen (Abb. 3-6). Die statistischen Gewichte werden folglich temperaturabh2ngig sein. Sie werden am einfachsten als Produkt aus einem Boltzmann-Term und einem vorexponentiellem Faktor A beschrieben:
Der vorexponentielle Faktor (entropische Faktor) beschreibt die Gestalt der Energiesenke. Bei Poly(ethy1en) ist die Senke symmetrisch, und man erh2lt bei allen drei Mikrokonformationen T (0"). G+ (+120°) und G- (-120") einen vorexponentiellen Faktor von A = 1. Bei anderen Ketten ist jedoch oft A # 1. Die statistischen Gewichte werden dam als Matrix Ui fiir die verschiedenen Bindungspaare geschrieben. Beim Poly(ethy1en) mit den drei Mikrokonformationen T, G+ und G- gibt es folglich 32 Paare. Solche (normalisierten) Matrices fiir Poly(ethy1en) sind in Abb. 4-16 fiir die paarweisen Energien und in Abb. 4-17 fiir die statistischen Gewichte bei 413 K gezeigt. O"(T)
+120°(G+) -120"(G-) 2.09 2.09 10,46
::I]
10,46
(P (T)
+120" (G+) -120" (G-)
Abb. 4-16 Energien E d (in ~ kJ/mol) fiir die Konformerenpaaredes Poly(ethy1en)s.Horizontal: Bindung i;vertikal: Bindung i - 1.
Beim Poly(ethy1en) ist nur eine Sorte von konformativen Sequenzen vorhanden. Beim Poly(dimethylsi1oxan) +O-Si(CH3)2+ muss man dagegen zwei Typen beriicksichtigen: -0-Si(CH3)2-0- und -Si(CH3)2-O-Si(CH3)2. Poly(viny1idenfluorid) enthiilt ausser Kopf-Schwanz-Verkniipfungenauch erhebliche Anteile an Kopf-Kopf- bzw. Schwanz-Schwanz-Verknilpfungen(Band I, Kap. 2). Hier gibt es folglich sechs Typen: -CH2CF2CH2-, -CF2CH2CF2-, -CH2CH2CF2-. -CF2CH2CH2-, -CF2CF2CH2- und -CH2CF2CFr. Da man Vektoren betrachtet, sind die statistischen Gewichte vieler gleicher Bindungspaare nicht identisch, z.B. bei -CH2CH2CFr und -CF2CH2CHr. Oo(T) +120°(G+) -120"(G-) 0.54
0.54
0.051 0,54
@ (TI +120° (G+) -120" (G-)
Abb. 4-17 Statistische Gewichte uaeaj fiir die Konformerenpaare des Poly(ethy1en)s bei 413 K. Horizontal: Bindung i , vertikal: Bindung i - 1.
88
4.3. Ungestorte Kniiuel linearer Ketten
Das statistische Gewicht einer bestimmten Kettenkonformation ist dann einfach gleich dem hodukt der statistischen Gewichte des betreffenden Typs. Fur Poly(ethy1en) bei der Schmelztemperaturzeigt sich z.B. das ijbergewicht der trans-Konfonnationen T und der starke Pentan-Effekt (Abb. 3-3):
Anschliessend muss noch uber alle moglichen Kettenkonformationen summiert werden. Man erh2lt die konformative Verteilungsfunktion (E: configurational partition function) Zconf:
Diese Verteilungsfunktion ist der Normalisierungsfaktor fur den Ausdruck fiir das Mittel uber die Quadrate der Fadenendenabsttinde (4-27)
(r2)o= Z-lGlG2 ... GN
wobei jede einzelne Matrix Gi des Matrixproduktes GIG2 ... GN aus Gliedern ua*aF(a) usw. besteht, die wiederum Matrizen Fi enthalten, z.B.
Die ersten Matrizen G1 und F1 und die letzten Matrizen GN und FN nehmen dabei jeweils spezielle Formen an (s. Spezialliteratur). Die mit der RIS-Methode berechneten Fadenendenabstade stimmen hlufig nicht gut mit den experimentellen uberein. Die Fadenendenabstade des Poly(methy1en)s lassen sich z.B. rnit der RIS-Methode nur wiedergeben, wenn der Kettenwinkel C-C-C als 112" = 1115" gewtihlt wird. obwohl dieser Winkel beim kristallinen Poly(methy1en) qC-c-c betragt und als exakter Diederwinkel TC-C-C= 109"28'. Ausserdem mussen die Konformationswinkel als h+= +127,5" und &-- = -127,5" angesetzt werden und nicht als die idealen Werte von OG+ = +120" und 0 ~ =- -120". Dafiir konnen verschiedene Griinde verantwortlich sein. Die Energiedifferenzen zwischen den verschiedenen Mikrokonformationen miissen auf mindestens f 0,4 kJ/mol bekannt sein. Die Energiediagramme werden zwar fiir das Vakuum angesetzt und sollten d a m die wahren ungest8rten Dimensionen geben. Experimentell sind aber noch Einflusse des LCIsungsrnittels (in LClsung) bzw. anderer Ketten (in Schmelzen und Kristallen) vorhanden (zum Unterschied zwischen ungestorten Dimensionen und Theta-Zustkden vgl. Kap. 10.4.2). Schliesslich gelten Energieminimierungen nur fiir eine Temperatur von 0 K. obwohl die Dimensionen fiir hohere Temperaturen gefragt sind.
89
4. Makroko~ormatwnen
4.3.5.
Flexibilitat von Ketten
Die Flexibilittit einer Kette wird durch die Ubergiinge zwischen den Mikrokonformationen bestimmt. Em Konformer ist statisch flexibel. wenn die molare Konformationsenergie AEQ zwischen zwei verschiedenen Konformationen i und j (2.B. T P G)niedriger als RT = 2,49 kJ/mol ist. In diesem Fall sind viele konformative Minima zughglich. Konformere sind dynamisch flexibel, wenn die Rotationsbamere A E Q S den Wen von R T nicht wesentlich tibersteigt, da dann nacheinander schnell viele Mikrokonformationen eingenommen werden ktinnen. Kettensteifheiten werden durch viele Parameter charakterisiert: sterische Faktoren (Behinderungsparameter), charakteristische Verh2ltnisse. Persistenzliingen und Kuhn-Liingen.
Sterischer Faktor (Behinderungsparameter) Der sterische Faktor o ist als das Verhgtnis des Fadenendenabstandes (r2)01'2einer ungestiirten Kette (G1.(4-23)) zum Fadenendenabstand (r2)of1/2 einer Ketk mit freier Drehbarkeit (Gl.(4-19)) definiert, im Grenzfall N + = als (4-29)
,2
+ cos TI-' (1 + cos e)(i - cos el-' -- (1 + cos e) (1 - cos e) Nb2 (1 - cos T)( 1+ cos
- (r2>o - Nb2 (1 - cos (r2)of
Der sterische Faktor ist unabhagig vom Polymerisationsgrad und lediglich durch den mittleren Konformationswinkel 8 gegeben.
Tab.4-6 Behinderungsparameter 0, charakteristischeVerhiiltnisse Cmund Persistenzliingen b.Bei Kohlenstoff-Keenwurde ein Bindungswinkel von T = 112' angenommen. Polymere
Msungsmittel
Poly(butadien), 1.44s Poly(butadien), 1,4-2rum Poly(ethy1en) Poly(is0butylen) Poly(styr0l). at
Desalinm verschi*ne 1-Chlomphthidin
T/"C
55 50 140 BenzOl 24 l-chlordecan 8,s e Cyclohexan 35 e l-ChlorQdecan 58.6 e Poly(methylmethacrylat), at Butylchlorid 40,8 9 Butanon 25 Poly(butylmethacry1at).at Butanon 25 Poly(decylmethacrylat),at Butanon 25 Poly(docmylmethacrylat),at Butanon 25 Cellulose CadOXe$l@ 25 Dimethylacetamid + 5 % LiCl 25 Amylose Nitromethan 23 Poly(hexylis0cyanat) Hem 25 Poly(1,4-benzamid) Dimethylacetamid + 3 % LiCl 30 Desoxyribonucleinsihre 0.2 mom NaCl in Wasser 20 Schizophyllan wasser 25 Poly(acrylstlure),at Dioxan 30 Poly(natriumacrylat), at 1 3 mol/L NaBr in Wasser 15
Q
1.63 1,23 1,77 1,73 2.2 1.87 1,89 1.9 2,4 3.3 2,o
Cm 4,9 5.8 6.87 6.6 10.4 10.7 9.9 8,40 7.9 7.9 12.7 23.9
Lp,lnm
0,61 0,59 0,88 o,90 0.84 0,72 0,69 0,69 1,05 1,91
50.8
11
7.5 12.5
42 50 63 200 0,65 1,04
2,75
1,85 2.38
90
4.3. Ungestorte Kniiuel linearer Ketten
Der sterische Faktor ist ein Mass f i r die Rotationsbehindemng und heisst daher auch Behinderungsparameter (E: steric factor, hindrance parameter, conformational factor). Kohlenstoffketten in der cis-Konformation ( 7 = 180") weisen a = 0 auf, in der gaucheKonformation a = 0,58 ( 7 = 120"; alle G+ oder G-), in der anti-Konformation o = 1,73 ( 7 = 60"; alle A+ oder A-) und in der trans-Konformation a = ( 7 = 0"). Bei flexiblen Kohlenstoffketten variieren die o-Werte zwischen 1,7 und 3,3 (Tab. 4-6). Bei etwa gleichen Wechselwirkungen Polymer-Lbsungsmittel nimmt der Behinderungsparameter rnit steigender Grbsse der Substituenten zu, wie man bei Poly(propy1en) vs. Poly(styro1) sieht bzw. bei den Poly(methacry1at)en +CH2C(CH3)(COOR& rnit verschiedenen Substituenten R. Bei Methyl CH3 als Substituent R wird z.B. o = 1,9 gefunden, bei Docosyl C22H45 dagegen 3,3. Wurde der Behinderungsfaktor ausschliesslich von konformativen Effekten um eine Bindung herriihren, so entsprache dies einem Erniedrigen des mittleren Konformationswinkels von 5 5 3 " auf 33.7" bzw. einer Zunahme der trans-Konformationen auf Kosten der gauche-Konformationen. Da der Behinderungsparameter den mittleren Konformationswinkel widerspiegelt, sind nur a-Werte von Ketten rnit gleichen Kettenatomen vergleichbar. Man darf z.B. nicht schliessen, dass Cellulose ( a = 2,O) etwa gleich steif wie Poly(styro1) ist ( a = 1.9).
-
Charakteristisches Verhaltnis Behinderungsparameter sind jedoch keine guten Masszahlen f i r die Flexibiliaten von Ketten. Um sie zu erhalten, muss namlich der Fadenendenabstand (r2)of1/2einer frei drehbaren Kette aus der Zahl der Kettenbindungen N , den (meist kristallographisch ermittelten) Bindungslagen b und den Bindungswinkeln 7 berechnet werden. Die Bindungslhgen kbnnen als konstant angesetzt werden, da sie wegen der hohen Bindungsenergien von ca. 40 kJ/mol bis ca. 400 kJ/mol unabhugig vom Stoffzustand sind. Die Bindungswinkel von Ketten im kristallinen Zustand sind jedoch nicht notwendigerweise rnit denjenigen von gelosten Polymerketten identisch. Nach spektroskopischen Messungen und Bestimmungen der Verbrennungswirme von Ringen erfordert eine Deformation des C-C-C-Bindungswinkels um 5,6" nllmlich nur ca. 2 kJ/mol und eine um 10" nur ca. 7 kJ/mol. Diese Werte liegen damit im gleichen Bereich wie die Konformationsenergien (Kap. 3.2); sie sind keine konstanten Stoffparameter. Da sowohl die Behinderungsparameter als auch die Bindungswinkel in verschiedenen Stoffzusthden unterschiedliche Werte annehmen koMen, ist es zweckmSsig, sie zu einer neuen Grosse zu vereinigen, dem charakteristischen Verhaltnis. Dieses Verhamis ist ebenso wie der Behinderungsparameter ein Mass f i r die Flexibilitat der Kette. Das charakteristische Verh3ltnis (E: characteristic ratio) ist als das Verhamis der ungestorten Dimension (r2)o zur Dimension (r2)oo der gleichen Segment-Kette definiert, wodurch der beim Behinderungsparameter noch vorhandene Einfluss der Valenzwinkel der Kette eliminien wird. Aus G1.(4-23) erhtilt man rnit G1.(4-17): (4-30)
1-COST =--(r2)o (r2), C N P O2 (1 + COS 7 ) N b 2 - (r2)oo
Das charakteristische Verhamis CN nimmt mit steigender Zahl N der Kettenbindungen zu, um dann bei Wenen iiber N = 50-100 einen praktisch vom Polymerisationsgrad
91
4. Makrokonfonnationen it-Poly(methylmethacry1at)
st-Poly(methylmethacry1at)
" Poly(methy1en) (RIS-Modell)
j l4
Poly(methy1en) (Kette mit behinderter Drehbarkeit)
Poly(methy1en) (Kette mit freier Drehbarkeit)
2
Poly(methy1en) (Segmentkette)
U '
0
50
100 +
-N
150
200
Abb. 4-18 Berechnete charakteristische Verhdtnisse C, als Funktion der Zahl N der Kettenbindungen. Die Bindungswinkel C-C-C wurden jeweils als 112O angenommen. Bei behinderter Drehbarkeit wurde eine Konformationsenergie von EG - ET = 2,W kJ/mol angesetzt und beim RIS-Modell des Poly(ethy1en)s eine von 8.30 kJ/mol [lo]. Die charakteristischen Verhiiltnisse des isotaktischen und syndiotaktischen Poly(methylmethacrylat)es wurden ebenfalls rnit dem RIS-Modell berechnet [lll.
unabhhgigen Wert C , zu erreichen (Abb. 4-18; vgl. auch den Anhang A-4.2). Bei speziellen Kettenkonfonnationen wie den Helices des syndiotaktischen Poly(methy1methacry1at)s durchlauft CN rnit steigendem N zunichst ein schwaches Maximum.
Kuhn-Langen Die Fadenendenabstade ungest6rter Knluel nehmen mit lhgeren Bindungen b, weiteren Bindungswinkeln r und gasseren Behinderungsparametem zu (G1.(4-23)). Diese drei Parameter wirken, als ob lhgere Segmente der L h g e LK in kleinerer Zahl NK vorhanden w2ren. Bei diesem Kuhn'schen Ersatz-Knauel (iiquivalentem Knauel; E: Kuhn's equivalent coil, ersatz coil, Kuhnian coil) erhdt man daher die Fadenendenabsmde ungest6rter Kniiuel in Analogie zu (r2)m = Nb2 der Segment-Kette (G1.(4-14)) aus (4-3 1)
(r2)o= NKLK~
Das Produkt NKLK muss gleich der konventionellen Konturlhge rcont = Neffbeff sein (vgl. Abb. 4-8). Die Kuhn-Lange (E: Kuhnian length) kann somit aus LK = (r2)o/rcont berechnet werden; sie ist direkt rnit der Persistenzlbge verkniipft (vgl. niichste Sektion). Je kleiner die Kuhn-Liinge, umso thennodynamisch flexibler ist die Kette. Ketten rnit sehr grossen Kuhn-Lhgen nehmen ausser f i r NK + nicht mehr die Makrokonformation eines flexiblen Kniiuels an. Sie werden vielmehr wunni3lmlich (Kap. 4.3.9). 00
Ein Poly(ethy1en)-Molekiilmit N = 2000 C-C-Bindungen der Bindungslbge 0.154 nm besitzt als Segment-Kette ein Mittel iiber die Quadrate der Fadenendenabswde von (r2),,,, = Nb2 = 47,432 nm2. Bei einem charakmistischem VerMtnis von C, = 6,87 ergeben sich nach G1.(4-30) die ungesUimn Dimensionen zu ($)o = 6,8747,432 nm2 = 325,858 nm2. Der Bindungswinkel von T = 11 1.5" fiihrt bei Nen = lo00 effektiven Bindungen der Bindungslihge bdf= 0,2546 nm zu einer konventionellen Konturlhge von r,, = 245.6 nm = NKLK,woraus man LK = (r2),,/NKLK= 325,858 nm2/ZA5,6 nm = 1,327 nm und NK = NKLK/LK= 245,6 nm/1,327 nm = 185 erhat.
92
4.3. Ungesrorre Kniiuel linearer Ketten
Persistenzlange Bei Valenzwinkelketten sind die Valenzwinkel zwischen den Kettengliedem festgelegt, wodurch die Kette eine gewisse Nachwirkung (Persistenz) erhat (Kap. 3.1 und 4.3.9). Die Persistenz ist naturgemass bei Ketten mit grossen Substituenten hdher als bei solchen mit kleinen, was zu grosseren Behinderungsparametem und charakteristischen VerhQtnissen fiihrt flab. 4-6). Sie wird besonders gross, wenn sich die Valenzwinkel dem Wert T = 180" niihem, da die Kette bei 2 = 180" ein steifes Stabchen darstellt. Die Persistenzliinge L,, muss also mit dem charakteristischen Verhatnis C, verbunden sein, das ja ebenfalls ein Mass fur die Steifheit bzw. Flexibilitat von Ketten darstellt. Das charakteristische VerhQtnis wiederum ist nach G1.(4-30) aus dem Mittel uber die Quadrate der ungestonen Fadenendenabsthde erhQtlich. und damit auch aus der Zahl N der Kettenbindungen der L h g e b. Reale ungestdrte KnBuel besitzen wegen der Persistem der Ketten gr6ssere Dimensionen als Segmentketten (G1.(4-17)): (4-32)
(r2)o> (r2)oo= Nb2
Die Persistenz (L: persistere = stillstehen) wird durch die Persistenzlhge Gscharakterisiert, die als die mittlere Summe aller Projektionen aller Bindungen j 2 i auf die Bindung i in einer unendlich langen Kette definiert ist. Die Aufweitung der Kntiuel gegenuber der Segmentkette kann man daher im Grenzfall unendlich langer Ketten (N + -; CN + C,) durch (4-33)
(r2), = Nb(2 Lps - b) = 2 NbL,, - nb2
erfassen. G1.(4-33) reduzien sich zum Ausdruck fiir die Segmentkette, wenn Persistenzl h g e und Bindungslage identisch sind. Mit der Definition der charakteristischen L h g e (G1.(4-30)) ergibt sich daher
Zum Umrechnen von Persistenzlbgen in charakteristische VerhQtnisse mussen also die Bindungslhgen b bekannt sein. Sie betragen 2.B. b = 0,154 nm fiir Kohlenstoffketten und b = 0,425 nm fiir Glucoseketten. Kohlenstoffketten besitzen niedrige Persistenzlhgen im Bereich 0,6 I &Jnm I 1,9, was nur wenigen Monomereinheiten entspricht. Weit griissere Persistenzlhgen beobachtet man bei den Doppelhelices der Desoxyribonucleinsauren, den helicalen Ketten des Polysaccharids Schizophyllan und speziell beim Tabakmosaikvirus (Tab. 4-6 und 4-8).
4.3.6.
Tragheitsradien
Der Fadenendenabstand ist theoretisch wichtig und fiir lineare Ketten rnit verschiedenen Methoden berechenbar (Kap. 4.3.4). Bei nichtlinearen Ketten ist er aber physikalisch sinnlos: ringf6rmige Makromolekule haben uberhaupt keine Enden und verzweigte mehr als zwei. Der Fadenendenabstand ist ausserdem nur in sehr speziellen F a e n experimentell zughglich, 2.B. bei Molekiilen mit fluoreszierenden Endgruppen.
93
4. Makrokonformatwnen
Direkt messbar ist jedoch der Triigheitsradius (E: radius of gyration). Bei den meisten experimentellen Methoden wird er jedoch nicht als solcher, sondem als Mittel iiber alle Quadrate der Trigheitsradien S i erhalten und diese wiederum als zweites Moment der Massenverteilung (Gl.(4-1) und Gl.(A 4-9)). Zwischen Fadenendenabsunden und Trigheitsradien besteht nun nach Gl.(A 4-1 6) bei allen ungestdrten Kniueln aus unendlich langen Ketten (Segment-Ketten, Valenzwinkelketten mit freier oder behinderter Drehbarkeit. verschiedene RIS-Ketten) die gleiche Beziehung, nmlich (4-35)
(r2)y = 6 ( s ~ ) ~
fiir y = 00, of, or oder o
Das Mittel iiber die Quadrate des Fadenendenabstandes ist weiterhin bei allen Phantomketten der Anzahl N der Bindungen und einer effektiven Bindungslhge proportional. Die Molmasse M = NkMk des Polymeren ergibt sich aus dem Produkt der Anzahl der Kettenglieder Nk = N + 1 = N bzw. Kettenbindungen N und der mittleren Molmasse Mk der Kettenglieder. Aus G1.(4-35) erhat man mit G1.(4-23) somit
wobei die Konstante Ks,o wegen b, Mk, T und d stoffspezifisch und temperaturabhtingig ist. aber nicht von der Molmasse M des Polymeren beeinflusst wird. Fur eine polymerhomologe Reihe ist (s2)JM folglich eine Stofkonstante. Diese GrUsse ist experimentell durch Messungen in sog. Theta-Losungsmitteln erhatlich. In solchen Ltisungsmitteln kompensieren sich bei einer bestimmten Temperatur (Theta-Temperatur e) alle Wechselwirkungen zwischen Polymersegmenten untereinander bzw. zwischen Polymer- und LBsungsmittelmolekiilenin einer solchen Weise. dass sich das Polymere wie eine Phantom-Kette verMt. Theta-Ltisungsmittel sind thermodynamisch schlechte Usungsmittel (Kap. 10.4.2). In thermodynamisch guten Ltisungsmitteln kann dagegen die endliche Dicke der Ketten nicht vemachlissigt werden. Zwei Kettensegmente ktinnen dann anders als bei Phantom-Ketten nicht mehr den gleichen Platz einnehmen. Die Kniuel werden aufgeweitet und sind nicht mehr ungesttirt. Die bei ungesttirten Kniueln geforderte Abhhgigkeit so -MID der Trigheitsradien von der Wurzel aus der Molmasse wird haufig iiber erstaunlich grosse Bereiche der Molmassen gefunden. Ein Beispiel ist atPoly(styro1) im Theta-Ltisungsmittel Cyclohexan bei 34,5OC bei Molmassen von 5000 IM/(g mol-1) I 4 000 OOO (Abb. 4-19). Im thermodynamisch guten Ldsungsmittel Toluol bei 15OC sind die Kniuel wegen des ausgeschlossenen Volumens aufgeweitet. Der Molmassenexponent ist hier griisser als 1/2, nmlich v = 059 (Kap. 4.4). Unterhalb = 5000 glmol fallen die Trigheitsradien stark ab. Die Ketten sind dann so kurz, dass sie nicht mehr die ideale Knauelstatistik annehmen ktinnen. Sie verhalten sich dann mehr wie helicale, wurmidmliche Ketten (Kap. 4.3.9). Da kurze Ketten keine ausgeschlossenen Volumina produzieren, werden die Trigheitsradien von Oligomeren in guten und schlechten Usungsmitteln praktisch gleich gross. Im vtillig gestreckten Zustand sind ringformige Makromolekiile nur halb so lang wie lineare gleicher Molmasse. Im Mittel sollte das auch fiir alle anderen Makmkonformati-
mw
94
4.3. Ungestorte Knduel h e a r e r Ketten ToluoL 15'C
6.
Cyclohr:xm, 34,5OC
I
1 I0.1- * 102
103
104
16
106
107
- M, /(g mol-'1 + Abb. 4-19 Massenmiuel der Triigheitsndien als Funktion des Massenmittels der Molmasse bei praktisch molekulareinheitlichen ataktischen Poly(styro1)en in verschiedenen Usungsmitteln [ 12,131. Die Quadrate der Triigheitsadien ringformiger Poly(styro1)esind n u halb so gross wie die von linearen. onen zutreffen, so dass (s2)o,rhg = Ks,0(M/2)1/2bei ( ~ ~ ) ~ , l=i ,K,,&1/2. , Im ungestorten Zustand sollte darum der Tragheitsradius ringftimiger Molekiile urn den Faktor ( 1/2)li2 = 0,707 kleiner als dejenige he a re r gleicher Molmasse sein. Das theoretisch geforderte = 2,O wird z.B. bei Poly(dirnethylsi1oxan)en experimentell Verhumis ((sz)o,~i(s2)o,ring~ mit 1,9 f 0.2 besttitigt. Die Ringbildung legt aber auch der Population und Sequenz der Mikrokonfonnationen Restriktionen auf. Der Theta-Zustand tritt entsprechend schon bei niedrigeren Temperaturen auf, 2.B. bei Poly(styro1)en hoher Molmasse in Cyclohexan bei 8 = 28,5"C (ringfomig) anstelle von 8 = 343°C (linear). Die im ungestorten Zustand dominierenden kurzreichenden Krafte hangen von der lokalen Kettenstruktur und damit von Taktizitatsunterschieden ab. Iso- und syndiotaktische Polymere gleicher Konstitution weisen entsprechend irn gleichen Liisungsmittel verschiedene Theta-Temperaturen auf; bei gleicher Molmasse sind die ungestorten Tragheitsradien um ca. 20 % verschieden. In guten Liisungsmitteln dominieren dagegen die langreichenden Kr2fte: die Taktizitat beeinflusst weder 8 noch (s2)/M.
4.3.7.
Knaueldichte
Der Tr2gheitsradius (s2)l/2 ungestorter Knluel ist nach Tab. 4-7 weit kleiner als die konventionelle KonturEnge, aber erheblich grosser als der berechnete Tragheitsradius oder Radius einer kompakten Kugel. Knauel mussen daher recht lockere Gebilde sein. Es fragt sich dam, wie die Kettensegmente in einern solchen Knluel verteilt sind. Die Antwort ergibt sich aus der ijberlegung, dass die Anordnung der Kenensegmente in einem ungestorten Knauel der Segmentverschiebung durch die Brown'sche Bewegung entspricht. Die Verteilung der Verschiebungsquadrate solcher Bewegungen ist aber wohlbekannt; sie entspricht einer Gauss-Verteilung (Abb. 2-8). Die Kettensegmente verteilen sich also nicht gleichmassig im Knauelvolumen. Viele Segmente halten sich vielmehr im Zentrum auf; die Peripherie ist weit weniger dicht (Abb. 4-10).
4. Makrokonformatwnen
95
Tab. 4-7 Lilngen L. Fadenendenabstllnde r, Tagheitsradien s und Radien R von verschiedenen Makrokonformationen eines Poly(methy1en)s H(CH2)zwH. Bindungshge bcc = 0,154 nm, effektive Bindungslmge b d = 0,254 nm. Bindungswinkel.r=112O,(cos 0) = 0,5 (entsprechend 0 = 60”).partielles spezifmhes Volumen J = 1 mug. a) Mit G1.(4-35); b, Berechnungen mit dem RIS-Modell. Abmessung
Konturhge. historisch Konturhge. konventionell all-trans Segment-Keue Segment-Keae Valenzwinkel-Kern. h i e Drehbarkeit Valenzwinkel-Kette.behinderre Drehbarkeit Ungestiirte Keae, Trilgheitnadius b, Kompakte Kugel, TrtIgheitsradius Kompakte Kugel. Radius
L r r S S
s S S
R
Gleichung 0derTabelle
Symbol Abmessungen in nm berechnet experimentell
L , = Nb GL(4-8) G1.(4-17) G1.(4-17) a) G1.(4-19) a) G1.(4-22) a) G1.(4-23) a) Tab. 4-1 G1.(4-2)
Lcm,
r,,
(6)m1n ( ~ 3 ($),g’n ($),,ln ($)-ln skugel
Rkugel
3oI30 2553 21.8 ~ 8.9’ ~ 13.2 17,7 21,6 3,74 4,82
23.3
Die Verteilung der Zahlenkonzentration C = Nseg/V der Kettensegmente wird daher nach P.J.Debye durch eine Gauss-Funktion C = A exp(- B2R2) approximiert, wobei R der Abstand der Segmente vom Schwerpunkt ist und A und B Modellkonstanten. Es wird weiter angenommen. dass die Knlluel im zeitlichen MitteI kugelsymmetnsch sind. Das Volumen einer sehr diinnen Kugelschale der Dicke dR betrllgt 4 zR2dR; in diesem Volumen halten sich dN = C(4 aR2dR) Segmente auf. Die Zahl Nseg aller Segmente in der Kugel erhtilt man durch Integration iiber alle Kugelschalen von R = 0 bis R = 00:
In einem Abstandsquadrat R2 liegen dN = 4 nR2CdR Segmente. Das Mittel iiber alle Abstandsquadrate ist das Mittel iiber die Quadrate der Trilgheitsradien. Die Integration und das anschliessende Einsetzen von C = A exp(- B2R2) liefert
(4-38)
(s2), = J; R2& I‘ jOm& = j r 4 R R4CdR I
64 x R2CdR = 3 7t3I2AI (2 NsegB5)
Durch Kombinieren der G1.(4-37) und (4-38) ermittelt man die Modellkonstanten zu
Die ZaN Nseg der Segmente ist gleich dern Polymerisationsgrad X,wenn die Segmente die Monomereinheiten sind. Die Abh2ngigkeit der Zahlenkonzentration C der Monomereinheiten vom Abstand R zum Schwerpunkt ergibt sich somit zu (4-39)
C = A exp(- B2/R2) = X 1342 1c (s2),)I3l2exp[- 3 R2/(2 ( s ~ ) ~ ) ]
Die Konzentration C der Monomereinheiten ist demnach bei R = 0 am Gr&sten, also am Schwerpunkt (Abb. 4-20). Sie f2lIt mit zunehmendem Abstand R und mit steigendem Molekulargewicht M, (Einblendung in Abb. 4-20).
4.3. Ungestorte Kniiuel linearer Ketten
96
Cyclohexan
e= 34.5oc
Cyclohexan e= 345°C
=-
50 105
107
106
Toluol
0
20
10
30
40
50
-R/nm Abb. 4-20 Zahlenkonzentration C der Monomereinheiten als Funktion des Abstandes R vom Schwerpunkt (R = 0). Berechnungen fiir ein einzelnes Poly(a-methylstyro1)-Molekulmit der relahven Molmasse M, = 1 190 OOO im Theta-UsungsmittelCyclohexan und im guten Ltlsungsmittel Toluol. S = Position des Tagheitsradius ((s2),ln= 32.4 nrn in Cyclohexan, (s2)'n= 48.0 nrn in Toluol). Einblendung: Zahlenkonzentrationen C, der Monomereinheiten an den Schwerpunkten der Kniluel von Poly(a-methylstyro1)enverschiedener relativer Molmasse in Cyclohexan bei 8 = 343°C. Die Konzentration C, am Schwerpunkt ist bei ungestorten Knaueln (in Theta-Liisungsrnitteln) grosser als bei gestbrten Kniueln (in guten Lbsungsrnitteln). Die Konzentration C ist jedoch bei grossen Absthden vom Schwerpunkt bei ungest6rten Knaueln niedriger als bei gestbrten (Abb. 4-20). Gute Wsungsmittel emiedrigen die Knaueldichte irn Innem und vergr(issem das vorn Knauel total eingenornmene Volumen. Da die Tagheitsradien bei ungestorten Knaueln nach G1.(4-38) rnit der Wurzel aus dem Polymerisationsgrad ansteigen, nirnmt nach G1.(4-36) fur R2/s2 = const die Konzentration an Grundbausteinen mit steigendem Polymerisationsgrad ab. Die Konzentration am Schwerpunkt ist nach Co 1/X1n der Quadratwurzel aus dern Polymensationsgrad reziprok proportional (Abb. 4-20). In m u e l n herrschen sehr niedrige Konzentrationen an Grundbausteinen. Ein Baustein nimmt z.B. bei den Monomereinheiten des Poly(a-methylstyro1)sein molares Volumen van der Waals-Volumen) von V,,,,, = 74 rnL/mol ein, also ein Volurnen von Vu,,,/N~= 1.23.10-21 mL. Am Schwerpunkt eines als ungesttlrtes KnBuel vorliegenden Makromolekiils mit der Molmasse M = 1 190 OOO ghnol besgt der VoIurnenbruch der Monomereinheiten sornit &g = (1,23-10-22 1nL)-(97,7-10*~ mL-I) = 0,012. Nur 1,2 % des Kniiuelvolumens wird von Polymersegmenten eingenommen, die restlichen 98,8 8 jedoch von Ldsungsmittelmolekilen. In der Schmelze liegen ebenfalls ungesttlrte Kniiuel vor (Kap. 6). die aber hier von Segmenten anderer Polymemolekiile durchdrungen sind. Die Gauss-Funktion ist im Grenzfall sehr langer Segment-Ketten mit nicht zu grosser Ausdehnung ( r << Nb) asyrnptotisch exakt. Die Zahlenkonzentration C der Monornereinheiten erreicht aber niernals den Wert Null, da es bei Gauss-Funktionen keinen Grenzwert f i r den Abstand vom Schwerpunkt gibt. Bei Knauelmolekiilen ist aber ein solcher Endwert vorhanden. da R nicht grUsser als die Kettenluge Lkette = Nb werden kann. Es gibt jedoch eine Verteilungsfunktion, die diese Forderung erfiillt. Bei dieser zuerst von W.Kuhn und F.Griin abgeleiteten und dann von P.J.Flory rnodifizierten Funktion betrachtet man eine auf eine x-Achse projizierte Kette rnit N Bindungen. Wenn bx, die Projektion einer einzelnen Bindung ist, dann muss Xj N,bxj gleich der Gesarntprojektion x sein, wobei N j die Zahl der Bindungen in einem bestimrnten Intervall bxj + 6bxj ist.
-
97
4. Makrokonformtionen
Die Durchrechnung fiihrt mit Zj Nj = N zu
wobei f(B) = coth /? - 1//? die Langevin-Funktion von /? ist und /? ein Lagrange-Multiplikator. G1.(4-40) wird htiufig auch nach fl = f *(Zj Njbxj /Nb)= f *(r/N,egL,eg) mit der inversen Langevin-Funktion f * der bruchteiligen Ausdehnung rlNsegLseg geschrieben. Nseg ist dabei die Anzahl der Segmente der Lilnge Lseg in einer volumenlosen Valenzwinkelkette mit freier Drehbarkeit und r = Irl der Absolutwert des Ende-zu-Ende-Vektors der Kette, also der Fadenendenabstand. Die "korrekte f *-Verteilung" der Vektoren zwischen den Kettenenden ist nach P.J.Flory durch
gegeben. wobei A eine Normalisierungskonstante ist. Die "inkorrekte" f *-Verteilung von W.Kuhn und F.Griin weist A' anstelle von Afl / reeg auf. Beide f *-Verteilungen liefem fiir r = NsegLseg einen Wert von p ( r ) = 0, beide reduzieren sich zur Gauss-Verteilung fir r/Ns,Lseg < 1/3. Die beiden f*-Verteilungen unterscheiden sich praktisch nicht, wenn N,, sehr gross ist. Fur die meisten FWe kann daher unbesorgt die Gauss-Verteilung verwendet werden. Eine Ausnahme besteht bei stark gedehnten Elastomeren, da d a m die verhZlmismtissig kunen Kettenstiicke zwischen den Vemetzungspunkten stark gestreckt sind und r/NsegLseg sich folglich dem Wen 1 n2hert.
/Geg
4.3.8.
Verteilung der Fadenendenabstande
Kntiuelmolekiile gleicher Molmasse besitzen wegen der sich stbdig ilndemden Popu-
lation und Sequenz der Mikrokonformationen zu jedem Zeitpunkt eine Verteilung der Fadenendenabstilnde. Im eindimensionalen Fall ergibt sich f i r die Verteilungsfunktion p(rx) der x-Komponente des Fadenendenabstandes r (Anhang A-4.3)
Diese eindimensionale Veneilungsfunktion ltisst sich flir den dreidimensionalen Fall einer ungest6rten Kette verallgemeinern. Die radiale Verteilungsfunktion der Fadenendenabstiinde beschreibt die Wahrscheinlichkeit p(R), in einer Kugelschale ein Kettenende im Abstand R vom Schwerpunkt zu finden:
Die radiale Verteilungsfunktion weist ein Maximum auf, dessen Lage dem wahrscheinlichsten Fadenendenabstand entspricht. Dessen Wen ergibt sich durch Differenzieren von G1.(4-43) zu
4.3. Ungestorte Knauel linearer Ketten
98
8
4
l 20
0
50
100
-R / n r n - - - +
150
200
Abb. 4-21 Wahrscheinlichkeit p(R), ein Fadenende im Abstand R vom Schwerpunkt zu finden. Berechnungen fiir die Segmentkette eines Poly(a-rnethylstyro1)s mit M = 1 190 OOO glmol im ThetaLgsungsmittel Cyclohexan bei 8 = 34,S"C.(s2)Jn = 32.4 nm. (r2)>R = 61n (s2),'R = 79,36 nm.
Um die Position des Maximums dieser Funktion zu erhalten, wird dp(R)/dR = 0 gesetzt. Das Auflhsen der resultierenden Gleichung fiihrt zu R,, = (2 (r2)J3)'l2. Die Position R, des Maximums der radialen Verteilungsfunktion (des wahrscheinlichsten Fadenendenabstandes) f a t nicht mit der Lage des mittleren Fadenendenabstandes (r2)01n zusammen (Abb. 4-21). Im Zentrum des Knguels ist die Wahrscheinlichkeit, beide Fadenenden zu finden, gleich null. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich dort ein Segmenf aufhdt, ist aber im Zentrum am grossten (Abb. 4-20). Diese Gleichungen gelten fiir Segment-Ketten aus N Segmenten der Segmentlwge b. Fur Ketten im ungestorten Zustand ist Nb2 durch Nb&&XCN zu ersetzen, wobei Nb," die Zahl der Bindungen pro Grundbaustein ist, b,ff die effektive L h g e dieser Bindungen. X der Polymerisationsgrad und CN das charakteristische Verhamis. Die WahrscheinlichkeitsdichteW(r), dass sich beide Kettenenden im gleichen Volumenelement be finden, ergibt sich fiir den dreidimensionalen Fall zu
4.3.9.
Wurmartige Ketten
Polymerketten sind lokal nicht vollig flexibel. Selbst die Monomereinheiten einer unendlich dunnen Valenzwinkelkette mit freier Drehbarkeit khnnen nicht beliebige Lagen einnehmen, da die Platzwahl der auf die erste Einheit folgenden Einheiten wegen des starren Valenzwinkels eingeschrwt ist (Abb. 3-1). Die Platzwahl wird weiter durch grosse Substituenten und durch helicale Strukturen behindert.
4. Makroko$ormationen
99
Die Kettenrichtung solcher steifen Ketten (E: rigid chain) besitzt eine Nachwirkung oder Persistenz (L: persistere = stillstehen), die einem Einknaueln widerstrebt. Die Kette ist semiflexibel und kriimmt sich wie ein Wurm oder wie ein normaler, nicht zu langer Gartenschlauch. Sie kann als elastischer Draht mit einer Biegeenergie aufgefasst werden. Wurmartige Ketten (Kratky-Porod-Ketten)beschreibt man durch ihre Persistenziangen L,, = b / ( l + cos 7 ) . Das Fadenendenabstandsquadrat wird dann als Grenzfall einer Valenzwinkel-Kette mit freier Rotation berechnet, wobei die folgenden Bedingungen zugrundegelegt werden: die Segmentlhgen sind verschwindend klein ( b + 0). die Bindungswinkel nSUlem sich 180' (7 + A), und die Zahl der Bindungen strebt unendlich zu (N + =). Die Kettenlhge Lkette = Nb = N p s h s ist definitionsgem'dss konstant; Nps ist Eine wunnartige Kette die Zahl der Segmente mit der konstanten Persistenzlhge hS. besteht somit aus N p = N b / L , = LkettdLps Segmenten. Zur Berechnung geht man von Gl.(A 4-7) aus und fiihrt sodann b = Lps(l + cos ?) und Lkette = N b ein. Nach dem Umfonnen erhat man
Im Grenzfall 7 + 180" wird T + -1 und (1 - cos 7 ) + 2 und (r2)of geht in (r2)wurm uber. Das in geschweiften Klammem stehende Glied wird weiter umgeformt zu
Die G1.(4-48) zeigt, dass die wunnartige Kette anders als die anderen bisher beschriebenen Modelle ohne die Zahl der Segmente auskommt. Die Kratky-Porod-Kette schliesst zwei Grenzfue ein: Statistische Kniiuel mit jlexiblen Ketten. Die historische Konturlhge (Kettenlhge) Lkette = Nb ist viel gdsser als die Persistenzhge bS. Die Bedingung N b / b s = Nps >> 1 fiihrt zu exp( -Nps) + 0. Die G1.(4-48a) vereinfacht sich damit zu (r2)wurm = 2 NpsLps2. Da Nps = N K L K / List ~ ~und (r2), = N K L K (G1.(4-31)), ~ erhat man LK = 2 Lps. Die KuhnL h g e LK ist somit doppelt so gross wie die Persistenzlhge 4,. Steve Ketten. Die PersistenzlBnge ist hier viel gr6sser als die Kettenlhge (historische Konturlhge) Nb. Das Exponential exp(- N p s ) in G1.(4-48a) wird ftir h J N b cc 1 in eine Taylor-Reihe entwickelt. Diese Sene exp(- Nps) = 1 - Nps + (NPs2/2)- ... wird nach dem dritten Glied abgebrochen. Das Einsetzen in G1.(4-48a) liefert (r2)01/2 = NpsLps. Der Fadenendenabstand einer unendlich steifen Kette ist also gleich der L u g e eines steifen Stabchens. Durch eine analoge Ableitung erhut man den Trggheitsradius
100
4.3. Ungestorte Knauel h e a r e r Ketten t
0,001 1
OJ
1
10
- NK
-
100
lo00
Abb. 4-22 Reduziertes Mittel der Quadrate der Tngheitsradien als Funktion der Anzahl NK der KuhnSegmente bei wurmartigen Ketten. Lp6= Persistenzhge. Auftragung gemas G1.(4-50) 1141. 0 Poly(1-phenyi-1-propin) in Cyclohexan bei 8 = 36°C [15]; 0 Poly(hexy1isocyanat) in Hexan bei 25°C [16]; 0 Schizophyllan (Tripelhelix eines /3-1,3-D-Glucans) in 0.01 mol/L NaOH bei 25°C [171.
Fur den Grenzfall Lkett&ps = y -+ 0 erhdt man den Trigheitsradius eines unendlich diinnen Stlbchens. exp(- y) wird in eine Reihe (1 - y + Cy2/2!) - Cy3/3!) + Q4/4!) - ...) entwickelt. Einsetzen der Reihe in G1.(4-49) liefert (vgl. G1.(4-5))
Eine universelle Funktion erhdt man aus G1.(4-49) mit Lkette = NKLK und LK = 2+!I
Auftragen von ( ~ ~ ) ~ ~ ~ LPs2) , , , / ( als 4 Funktion der Anzahl NK der Kuhn-Segmente liefert nach G1.(4-51) f i r wurmartige Polymerketten eine universelle Kurve (Abb. 4-22). Bei niedrigen Molmassen (kleine NK) wird die Grenzgerade fur Stabchen (Steigung 2) erreicht und bei hohen Molmassen (hohe NK) die Grenzgerade f i r ungestorte Knauel (Steigung 1). Der ijbergang Stabchen-Knauel erfolgt im Bereich 1 5 NK I10. Einige wenige Kuhn-Segmente genugen also, um ein Stabchen in die Knguelform zu bringen. Die dazu erforderlichen Molmassen sind ebenfalls gering, wie die Wene f i r die reduzielten relativen Molmassen M r , =~ Mr/Lkette zeigen, also das Molekulargewicht Mr pro historische Konrurlbge Lkette (Tab. 4-8, vgl. auch Tab. 4-6). Nur der Tabakmosaikvirus ist wahrhaftig ein Stabchen"moleku1". Im ijbergangsbereich wird fiir (s2), = K,MV weder v = 1 (steife Stibchen) noch v = 1/2 (ungestorte Kniuel) gefunden, sondem dazwischen liegende Exponenten 1/2 < v c 1. Speziell bei niedrigen Molmassen ist dabei zu beachten, dass das Kratky-PorodModell nur f i r unendlich diinne Ketten gilt. Der dadurch hervorgerufene Fehler ist aber vemachlksigbar, wenn die Persistenzlange vie1 grosser als der Kettendurchmesser ist.
101
4. Makrokonformationen
Tab. 4-8 Durchmesser d. PersistenzliingenL,, und reduzierte relative Molmassen M,,L = Mr/Lkettc. Imogolit ist ein rtjhrchenf6rmiges Silikat mit 10 Gibbsit-Einheiten SiOp4l203.2 HzO pro konstitutionelle Repetiereinheit (Mu= 3%2 glmol). Schmphyllan und Xanthan sind Polysaccharide (siehe Band I und Band m).pOly(is0butylen) ist nicht mit der Kratky-Porod-Kettebeschreibbar (s. Text).
Llrsungsmittel
Tabakmosaikvirus Imogolit Schiphyllan Poly(ybenzyl-L-gluramat) xanthan DemxyribonucleinsWc Poly@-benzamid) Poly(hexylis0cyanat) Cellulose Hydmxypmpylcellulose Poly(1-phenyl-1-propin) Poly(isobuty1en)
PufferMsung 1.2 % Essigsilure in Wasser WasSer
0,Ol mom NaOH in H20 NJV-Dimethylformamid 0,l mom NaCl in H 2 0 0,2 mom NaCl in HzO % % H2SO4 Dimethylacetamid + 3 % LiCl Toluol Dichlormethan Dimethylacetamid + 5 % LiCl Dibutylphthalat cyciohexan (e) Bemol
25 30 25 25 25 25 20 25 20
18 2 1.7 1,54 2.5 1.3
1.2 36 24
0,13
00
170 200 150 150 125 63 50 75 37 21 11 5$9 3.8 0,59
133 OOO 6170 2150 2170 1450 1940 1950 198
740 740 821 241
Die volumenlose wurmartige Kette (Kratky-Porod-Kette) ist durch die helicale wurmartige Kette zu ersetzen, wenn die Kettendurchmesser und die Persistenzliingen vergleichbar werden. Ein Beispiel ist Poly(isobuty1en) (Tab. 4-8). Solche helicalen wurmartigen Ketten erzeugen ausgeschlossene Volumina und damit gest6rte Knguel.
4.4.
Gestorte Knauel linearer Ketten
4.4.1. Ausgeschlossene Volumina Reale Ketten sind nicht unendlich duM, was zu zwei Problemen fiihrt. Zum einen geht bei allen Sueumethoden ( L S , SAXS, SANS) die Querschnittsfliche in den Trlgheitsradius ein. Bei hohen Polymerisationsgraden wird dieser Einfluss wegen des grossen Kettenvolumens vernachlgssigt (S. 156). Bei Oligomeren muss jedoch der gemessene Tdgheitsradius noch fiir den Einfluss der Querschnittsfl3che der Ketten korrigiert werden. Bei einem Poly(styro1) mit Ew= 578 glmol reduzierte sich der Trggheitsradius so von (s2)01/2 = 0,475 nm auf 0,339 run. Zum anderen fiihren endlich dicke Querschnitte bei geniigend langen Ketten dazu, dass der von einem Segment einer Kette eingenommene Platz nicht von einem anderen Segment der gleichen Kette eingenommen werden kann. Die Kette wird gestort. Die St6rung erfolgt aber wegen der Persistenz der Ketten nicht durch benachbarte Segmente der eigenen Kette. sondem durch weiter entfernte. Diese langreichenden Kriifte (Abb. 4-1 1) treten auch bei isolierten Ketten auf, so dass es sich um ein intrumolekufur ausgeschlossenes Volumen handelt (E: excluded volume).
102
4.4. Gestorte Knauel linearer Ketten
Der Raumbedarf von Segmenten wird aber auch durch die Wechselwirkungen zwischen den Segmenten kontrolliert. Bei abstossenden KrXften nehmen die ausgeschlossenen Volumina zu, bei anziehenden dagegen ab. Die Wechselwirkungen zwischen zwei Segmenten konkurrieren femer mit denen zwischen Segmenten und Ltisungsmittelmolekulen. Die ausgeschlossenen Volumina hiingen folglich von der thermodynamischen Gute des Ltisungsmittels ab.
4.4.2.
Aufweitungsfaktoren
Knluelmolekiile werden durch ausgeschlossene Volumina aufgeweitet. Diese Dimensionsiinderung lisst sich durch einen auf den Tragheitsradius s oder den Fadenendenabstand r bezogenen Aufweitungsfaktor oder Expansionsfaktor a 2 1 beschreiben: (4-52)
(s2) = as2(s2),
(r2) = &r2)0
Je grosser a, bzw. q ,umso starker ist die Aufweitung und umso "besser" ist das Losungsmittel fiir das Polymere. Bei ungestorten Knaueln wird as2= ci? = 1. G1.(4-52) setzt die Aufweitungsfaktoren so an, dass sie bei der Umrechnung auf Liingen die lineare Aufweitung geben. Diese Aufweitungsfaktoren sind jedoch Mittelwerte uber alle Raumrichtungen, da Kniuel nicht kugelformig sind (Gl.(4-11)) und folglich in den verschiedenen Raumrichtungen unterschiedlich aufgeweitet werden. Wegen dieser ungleichmlssigen Aufweitung weicht die Verteilung der Molekulsegmente von dejenigen einer Gauss-Verteilung ab. Aus diesem Grunde ist auch der uber die Trlgheitsradien definierte Aufweitungsfaktor a,weder mit dem Aufweitungsfaktor a, der Fadenendenabst2nde r noch mit den verschiedenen Aufweitungsfaktoren a h aus hydrodynamischen Messungen identisch. Zum Berechnen des ausgeschlossenen Volumens usegeines Segmentes wird ein Segment in das Zenuum des Koordinatensystems platziert und das andere im Abstand r. Die Wahrscheinlichkeit des Aufenthaltes zweier Segmente an der gleichen Stelle muss exponentiell mit dem Abstand vom Molekiilzentrum abnehmen. Der Proportionalitatsfaktor T Potentialfunktion H r ) , die nur vom Abist die auf die gleiche Energie ~ B normierte stand abhiingt, nicht aber von der Richtung: (4-53)
c4
kg =4nj,, [l-exp(- (p(r))/(kgT)]r2dr
usegist das sog. binare Cluster-Integral, welches das durch ein Segment fiir andere Segmente erzeugte ausgeschlossene Volumen beschreibt. Es gilt notwendigenveise nur, wenn d r ) kleiner als (s2),ln ist. Das binare Cluster-Integral ist eine stoffspezifische, von der Molmasse unabhiingige Konstante. Um eine universelle Funktion fiir usegzu erhalten, wird ein Parameter z definiert:
Die Grtisse M/(s2), ist stoffspezifisch und zudem molmassenunabhiingig, da sie nach G1.(4-36) gleich l/K,,,* ist. z ist daher der Wurzel aus der Molmasse proportional.
103
4. Makrokonformationen
Weder die Natur des Segmentes noch Useg und Mseg sind Bar definien. Die Gr(isse z kann daher nicht direkt gemessen werden. Weder G1.(4-54) noch die theoretisch berechneten Funktionen a, =flz) sind folglich unabh2ngig experimentell iiberpriifbar. Die Suche nach einer universellen, theoretischen, geschlossenen Beziehung zwischen dem Aufweitungsfaktor a, und dem z-Parameter f i r den gesamten Bereich der 4-Werte war bislang erfolglos. Die Grenzwerte f i r sehr kleine und fiir sehr grosse z-Werte sind jedoch bekannt. Bei sehr kleinen z-Werten kann man annehmen, dass die Wahrscheinlichkeit fiir die Verteilung der Segment-Segment-Abste ebenso wie im ungest6rten Zustand einer Gauss-Funktion folgt. Das Potential fiir die Wechselwirkung zwischen den Segmenten soll femer additiv sein und das Paarpotential soll 2.B. dem Ansatz
folgen. r ist dabei der Vektorabstand zwischen zwei Segmenten und 6(r) die dreidimensionale Dirac-Delta-Funktion. Nach dieser Theorie sind die Aufweitungsfaktoren a, und a,durch Reihenentwicklungen wiedergebbar, deren Koeffizienten exakt gelten: (4-56)
a: = 1 + (134/105) z
(4-57)
a: = 1 + (140/105) z
+ [(536/105) - (1247/1296) x] z2 + ... + [(32/105) - (97/1296) x] z2 + 6,459 z3 + ...
Die Proportionalitiitskoeffizienten beschreiben die Wahrscheinlichkeit von Kontakten: 2.B. der erste Koeffizient 134/105 = 1,276 in G1.(4-56) diejenige eines Segmentes mit einem anderen, der zweite Koeffizient = 2,082 diejenige mit zwei anderen Segmenten usw. Die Reihen der G1.(4-56) und (4-57) konvergieren jedoch nur sehr langsam. Man sieht das z.B. daraus, dass die in GL(4-56) angegebenen drei Glieder f i r 2.B. z = 4 zu einem negativen Wert von as2 = - 27.21 fiihren. Die Reihen sind daher nur fiir z I0.10 (fiir a,) bzw. z 50.15 (fir q)anwendbar (Abb. 4-23). In diesem Bereich liIsst sich 2.B. a, mit weniger als 3 % Abweichung durch as3 = 1 + 2 z approximieren. Die experimentell zug2nglichen z-Werte liegen jedoch meist im Bereich 1 I z 5 5 .
I
.
-1
0
1
3
2 2
4
5
-
Abb. 4-23 Kubischer Aufweitungsfaktor des Trggheitsradius als Funktion von t fiir Poly(styro1) in verschiedenen L(lsungsmitte1n.0 Experiment. -Theoretische Gleichungen, von links nach rechts: exakte L&ung fiir sehr kleine z-Werte (s. Text), Flory-Gleichungund Tanaka-Gleichung.
104
4.4. Gestorte Kniiuel linearer Ketten
Die meisten neueren Theorien stimmen uberein, dass fiir sehr grosse z-Werte eine Funktion ass= K,z existiert. Computer-Rechnungen fiir Irrflug-Statistiken mit Ausschluss der Segment-Uberlappung gaben fiir die Konstante K, einen numerischen Wert von 2.90. Dieser fiir z + abgeleitete Wert kann jedoch ebenfalls nicht die experimentellen Werte fiir den Bereich 1 5 z I 5 beschreiben. Fur diesen Bereich existieren daher in der Literatur viele empirische und semi-empinsche Gleichungen. Die semi-empirische (modifizierte) Flory-Funktion as5- as3= KFZ mit dem neueren Wert KF = 2,276 gibt zwar die FunktionaliCit und sogar fast den richtigen Proportionalit2tsfaktorfiir die Asymptote zu hohen z-Werten, versagt aber im experimentell wichtigen Bereich l Iz 5 5 (Abb. 4-23). Die Messdaten lassen sich jedoch oft gut durch die halbempirische Tanaka-Gleichung as5= 1 + 1.90 z wiedergeben (Abb. 4-23). 00
4.4.3. Helicale wurmartige Ketten Einer der Griinde fiir die bislang vergeblichen Versuche, eine geschlossene Funktion ftir a, =f(z) zu finden, liegt sicher in der Vemachlassigung der Feinstruktur der Polymerketten. Die Yamakawa-Stockmayer-Shimada-Theorie(YSS-Theorie) der helicalen wurmartigen Ketten (HW-Theorie) beriicksichtigt diese Aspekte. Sie arbeitet mit vier Parametem: der differential-geometrischen Kurvatur KO und der Torsion ro der charakteristischen Helix an ihrem Energieminimum, einem Steifheitsparameter A-l und dem Verschiebungsfaktor M L (der Molmasse pro historische Kettenlsjlge). Da die ersten beiden Parameter im Prinzip aus unabhsjlgigen Messungen wie 2.B. Rontgendaten erhalten werden konnen und nur die beiden letzten Parameter anpassungsfaige Grossen sind, spricht man auch von einer quasi-Zweiparameter-Theorie (E: QTP theory). Diese Theorie beschreibt nicht nur das Verhalten von helicalen wurmartigen Ketten in LiSsung, sondem auch die Dynamik von Polymermolekulen mit statistisch verteilten Dipolmomenten, z.B. die dielektrische Relaxation der Ketten. Die Ableitungen sind ziemlich aufwendig (s. Spezialliteratur), so dass zur Illustration hier nur die Ergebnisse geschildert werden. In der HW-Theorie ist der Aufweitungsfaktor a, durch die Domb-Barrett-Gleichung (4-58)
as2 =
[l + 102 + (70 n/9 + 10/3)Z2 + 8 ~ 3 / 2 2 3 ] 2 x/ ~ ~ [0,933 + 0,067 exp (- 0,852 - 1,3912)1
gegeben. In dieser Gleichung ersetzt Z den konventionellen Parameter z des ausgeschlossenen Volumens (G1.(4-54)): (4-59)
2 =3 K z = 3KL( 4 L 4
&y[FT21(
C, ist eine Funktion der Helixkonstanten 70 und
(4-60)
C,=
4 -I-(70 / A )2 4 + (Kg / A )2 + (To / A )2
M1/2
KO
sowie des SteifheitsparametersA-l:
105
4. Makrokonformationen
.,
10-2
lo-'
10
1
16
102
- A + Abb. 4-24 Reduzierks charakteristisches Verhdtnis als Funktion der reduzierten K e a e n h g e fiir helicale wurmartige Ketten mit cr= 0 [MI.W: wurmartige Kette (rg = 0);A, B, C = helicale wUrmamge Ketten mit (A) 4 A = 3. . d A = 2; (B) K ~ =A4, . d A = 1; (c)rcdA = 5, . d A = 1.
Im Grenzfall AL + wird C, = 6 (s2),A/L und in G1.(4-59) reduziert sich der Ausdruck fiir z mit L = M/ML zum z-Wert der G1.(4-54). KL ist eine Funktion der Kettenltinge L (= historische Konturltinge Lketk): (4-61)
KL = (4/3) - 2,711 L-'D
+ (7/6) L-'
KL = L-'D exp(- 6,611 L-' + 0.9198
;L>6
+ 0,03516 L )
;L 5 6
Bei den Oligomeren helicaler wurmartiger Ketten dorniniert der Einfluss der helicalen Segmente. Sie vehalten sich entsprechend anders als diinne flexible Ketten (Abb. 4-24). Sehr lange wurmartige und sehr lange helicale wurrnartige Ketten benehmen sich dagegen wie statistische Knauel (A(r2)/CJ. + 1). Die Funktion lg as2= f lg Z) ist fiir die uberpriiften Polymeren eine universelle Kurve (Abb. 4-25). 0,6 -
T
0,4-
I
-3
-2
0
-1
- IgT
1
+
Abb. 4-25 Quadrat des Aufweitungsfaktors als Funktion des Parameters des ausgeschlossenen Volumens fiir PIB in Heptan bei 25°C (0).at-PS in Toluol bei 15°C (0).at-PMMA (A) und it-PMMA (A) in Aceton bei 25°C. und PDMS in Toluol bei 25°C (@). Ausgezogene Kurve: YSS-Theorie. Mit freundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington [ 191.
4.4. GestBrte K ~ i u e linearer l Ketten
106
4.4.4.
Einfluss der Molmasse
Statt die Abhwgigkeit der Trigheitsradien von der Molmasse uber die Abhwgigkeit der Aufweitungsfaktoren (und damit von z) theoretisch zu berechnen, kann man auch semi-empirisch vorgehen. Wegen a, =Az) und z = A M ) muss nmlich a, = f ( M ) gelten. Aus (s2) = a,2(s2)ound ( s ~ =) K,,02M ~ erhiilt man (s2) = a,2Ks,02M. Setzt man 2 2v a,2 = K,M an und schreibt K S 2 = K , 2KS,,2, so ergibt sich fiir die Molmassenabhbgigkeit der Trigheitsradien gest6rter Kniuel im Grenzfall M + (4-62)
(s2) = Ks2MZv
oder
s = {s2)ln= K a V
;
M = M,J
Der Exponent v lisst sich abschatzen, wenn angenommen wird. dass auf jedes Segment das gleiche mittlere Kraftfeld wirkt (E: mean-field theory). Der Name dieser Theorie ist aber nicht ganz korrekt, da bei der Mittelung iiber alle energetischen Beitrage keine explizite Annahme iiber das mittlere Kraftfeld gemacht wird. Nach diesem Ansatz herrschen beim Kraftfeld zwei gegeneinander wirkende Effekte. Die Absfossungskruffe zwischen den Segmenten weiten die KnBuel auf. Eine grossere Aufweitung bedeutet aber eine geringere Zahl moglicher Mikrokonformationen. Ihr entgegen wirkt eine elastische Ruckstellkrufr. welche die Zahl der Mikrokonformationen zu vergrossem sucht. Die Gibbs-Energie setzt sich daher nach AG = AGrep + AGel aus zwei Teilbetr2gen zusammen. Der Beitrag AGrep der Abstossung besteht aus vier Teilen: Die Abstossung ist umso gasser, je gasser die mittlere SegmentkonzentrationCK = NK/Vwduelder Kuhn-Segmente im Kniuel ist. Das Knauel wird dabei als lquivalente Kugel mit einem Volumen V h l u e l = (4 x s3)/3 angesehen, deren wirksamer Radius durch den Tragheitsradius s gegeben ist (der aktuelle Radius einer kompakten Kugel ist grosser als deren Trigheitsradius (Tab. 4-1)). Die Abstossung nimmt mit der ZaN NK der Kuhn-Segmente zu. Sie steigt weitethin mit der themischen Energie ~ B an. T Femer ist noch die Wechselwirkung Polymer-Losungsmittel mit den Wechselwirkungen Polymer-Polymer und L6sungsmittel-L6sungsmittel zu vergleichen. Dieser Beitrag muss die physikalische Einheit eines effektiven Volumens Veff = K e f f L auf~~ weisen, damit die physikalische Einheit des gesamten Beitrages AGrep gleich der physikalischen Einheit des Ruckstell-Terms wird.
Der Beitrag AGrep ist durch das Produkt dieser 4 Teilbeitrage gegeben. Er berechnet sich folglich ZU AGrep= CKNKkBTVeff= (3 Keff/4~ ) ~ ~ T N K ~ L K ~ S - ~ . Die elastische Ruckstellkraft AG,l wird als die Gibbs-Energie der Gummielastizitat angesetzt. Fur ein Knauel aus einer Kette (d.h. einer Netzwerkkette ( N , = 1)) der Funktionalitlt f = 2 (2 Endgruppen)), welches sich gleichmissig in alle drei Raumrichtungen ausdehnt (Ax = A,, = Az = a,),erhnt man nach G1.(16-44) fiir a, >> 1 (grosse Ausdehnungen) die Riickstellkraft als AGel= (k~T/2)(3%2 - 3). Einsetzen von &.2 = s2/so2 und So2 = rO2/6= N K L K ~fiihrt / ~ zu AG,1= (k~T/2)(18NK-~L.K-~s* - 3) = 9 ~ B T N K - ~ L K - ~ s ~ . Die totale Gibbs-Energie betr'dgt daher
107
4. Makrokonformationen
Das Minimum der Energie wird durch Nullsetzen der ersten Ableitung hinsichtlich des Triigheitsradius erhalten:
Aufltisen nach s, Einfiihren von N K = MIMK und Zusammenfiihren aller einzelnen Konstanten in eine Konstante Ksliefert
Der Trtigheitsradius von gesttirten Knaueln in thermodynamisch guten Ltisungsmitteln nimmt also nach der Mean-field-Theorie mit der 0.6. Potenz der Molmasse zu. Der Exponent v = 315 wid oft Flory-Exponent genannt. Er charakterisiert eine fraktale Dimension (Kap. 4.7.1). Der gleiche Wert von v = 3/5 berechnet sich aus der Statistik des Influges ohne iiberkreuzungen, bei der ein Teilchen nicht den Weg iiberkreuzen darf, den es schon einmal gegangen ist (Kap. 4.3.4). Verbesserte mathematische Modelle fiihren zu einem etwas von 3/5 = 0,60abweichenden Wert. Die Renormalisierungs-Methodeliefert z.B. v = 0,588.Diese Methode ist ein mathematisches Verfahren zur Berechnung der Eigenschaften, die duwh Verduppeln, Vervierfachen. Vemchtfachen usw. von z.B. Segmentkingen erhalten werden. Diese Verdopplungen usw. beeinflussen das ausgeschlossene Volumen. Nach einigen solchen Schritten werden jedoch die Effekte konstant. Nach dieser Methode kann der Exponent v nur zwei Werte annehmen, entweder 0,500(Theta-L&ungsmitteI) oder 0,588(gute La sungsmiael). beide fiir gegen unendlich strebende Molmassen. Experimentell wird z.B. fiir Poly(styro1) mit M > 10 000 glmol in Toluol bei 15OC ein Exponent v = 0,590 erhalten (Abb. 4-19), was ausgezeichnet mit der Vorhersage des Renormalisierungs-Verfahrensvon 0,588 ubereinstimmt. Bei anderen Polymeren in guten Usungsmitteln werden jedoch oft Werte von 0,500 < v c 0,588 beobachtet, was fiir die ublichen Molmassen von 104 c M < 106 meist auf einen ungeniigend grossen Molmas-
senbereich zuriickzufiihren ist (vgl. auch Abb. 4-19). Uber einen geniigend grossen Molmassenbereich ausgefiihrte Messungen scheinen fiir M + = immer v = 0,59 f 0,Ol zu liefem (Tab. 4-9). und zwar sowohl fiir flexible als auch fiir semiflexible Ketten, z.B. fiir die Doppelhelices der Desoxyribonucleinsiiure. Da in guten Usungsmitteln langreichende Krtifte dominieren, wird die Knauelaufweitung praktisch nicht durch lokale Effekte beeinflusst. also auch nicht durch unterschiedliche Taktiziti4ten und die daraus folgenden Mikrokonfonnationen. Tab. 4-9 Exponenten v. CD = Quadrat des Korrelationskoeffuienten (= coefficient of determination). x, = Molenbruch der syndiotaktischen Diaden. * Dito fiir Poly(D,L-&methyl-/%propiolacton). Polymer
lCr3M/(g mol-l)
Poly(styr0l) Poly(a-methylstyrol) Poly(a-methylstyrol) Poly(methylmethacrylat) Poly(styro1) Poly(a-methylstyrol) Poly@-~hydroxybutymt)* Desoxyribonucleinsiim
5,4 -3900 342 -7500 768 -7500 5,s -2830 5,4 -3900 204 -7500 86.5 - 9100 200 -6Ooo
x,
0,59 0.40 0,40 0,79 0.59 0,40
Liisungsmittel
TPC
v
CD
Cyclohexan e 34.5 0,501 1,Ooo Cyclohexan 8 34,s 0,499 0,999 nm-~ecalin e 9.5 0,492 0,998 ~ ~ t o ~ ~ i ter i 44 l
Toluol Toluol it+at Trifluorethanol Wasser (Puffer)
15 25 25 20
0,501 0,590 0,577 0,603 0.58
1,Ooo
1,OOO 0,997 0.999
Ref.
108
4.4. Gest6rte Kniircel linearer Ketten t
12
s
9
M
. E E.
3
N^ 3 v
6 3
n " 0
500
1000
1500
2000
- [Xi,,,/(g rno1-1)11/2 + Abb. 4-26 Aufuagungen gernLs G1.(4-66) fiir lineare ataktische Poly(styro1)e im guten USsungsmittel Toluol und im Theta-Lilsungsmitkl Cyclohexan (Daten der Abb. 4-19). Das it-Poly(D-B-hydroxybutyrat)und die konstitutionell gleichen, aber ataktischen bzw. Stereobl6cke enthaltenden Polymeren des racemischen D,L-B-Methyl-j?-propiolactons besitzen in guten Usungsmitteln den gleichen Exponenten v (Tab. 4-9). Im ungestorten Zustand dominieren dagegen die kumeichenden Kr'dfte. Die durch das ausgeschlossene Volumen bewirkte Knauelaufweitung wird durch den mit steigender Molmasse zunehmenden z-Parameter beschrieben. Bei niedrigen Molmassen n2hem sich die Knauelmolekule andererseits trotz des guten Losungsmittels ihren ungesttirten Dimensionen an, weil es wegen der geringen ZaN der Segmente praktisch kein ausgeschlossenes Volumen mehr gibt (vgl. auch Abb. 4-19). Im Prinzip sollten sich daher die ungestorten Dimensionen aus den gesttirten durch geeignete Extrapolationen ermitteln lassen. Aus as3= 1 + 2 z ergibt sich z.B. mit dem Ausdruck fiir z (G1.(4-54)) und as2(s2)o= (s2) die auf der Stockmayer-Fixman-Theorie beruhende Baumann-Stockmayer-Fixman-Gleichung:
Die Extrapolation der in guten Losungsmitteln erhaltenen reduzierten Triigheitsradien zu den reduzierten Tr'dgheitsradien im ungestorten Zustand ist aber wegen der vereinfachenden theoretischen Annahmen nur uber einen begrenzten Molmassenbereich moglich und zudem recht unsicher (Abb. 4-26). Das Gleiche gilt f i r die von der Kurata-Stockmayer-Theorie abgeleiteten BaumannKurata-Stockmayer-Gleichung:
Die G1.(4-66) und (4-67) mussen ebenso wie G1.(4-62) noch f i r den Einfluss der Polymolekularitat komgien werden (Kap. 4.4.5).
4. Makrokonfonnofionen
4.4.5.
109
Einfluss der Polymolekularitlt
Theorien gelten f i r molekulareinheitliche Polymere. Experimente werden aber meist an molekularuneinheitlichen Polymeren vorgenommen. Da Triigheitsradien in der Regel als z-Mittel erhalten werden (G1.(5-39)) und Molmassen als m e n - oder Massenmittel, sind die Werte von K,' bzw. K," in den Funktionen (s2), = K,' %? bzw. (s2), = KS" folglich noch von der Polymolekularit2t beeinflusst. Statt uw oder finist vielmehr ein vorerst noch unbekanntes korrespondierendes Mittel fimm zu venvenden. In G1.(4-65) wid dazu der Exponent gleich v = (1 + E)Egesetzt. Die Gleichung lautet dann fiir das z-Mittel des Triigheitsquadrates (s2), = Ks2fi&. Umfonnen und Einsetzen der Definition des z-Mittels (sz), = X i wi M,@)i/(& wi Mi) liefert:
22
Nur bei ungestiirten Kniiueln (E = 0) ist die dem z-Mittel iiber die Quadrate der Triigheitsradien korrespondierende Molmasse ein z-Mittel. Bei anderen Teilchengestalten (E # 0) handelt es sich dagegen um ein komplexeres Mittel, das auf dem (2+e)ten Moment der Molmassenvemilung beruht. Das dem Massenmittel der Molmasse korrespondierende Mittel iiber die Quadrate der Tragheitsradien wird analog zu G1.(4-68) abgeleitet. Es ergibt sich zu
In ungestlirten Zustaden (E = 0). nicht aber in allen anderen (E f 0), ist folglich das zum Massenmittel der Molmasse korrespondierende Mittel iiber die Quadrate des Triigheitsradius ebenfalls ein Massenmittel. Das korrespondierende Mittel ist somit nicht das experimentell erhatliche z-Mittel. Fur Kniiuel mit ausgeschlossenem Volumen (E > 0) liefert dagegen weder die Verknupfung des z-Mittels der Triigheitsquadrate mit dem z-Mittel der Molmasse noch die Kombination des Massenmittels der Tragheitsquadrate rnit dem Massenmittel der Molmassen die korrekte Beziehung zwischen (sz), und M,. wobei der Index g die jeweilige korrespondierende Wichtung anzeigt (g = n, w,z usw.). Man muss vielmehr Korrekturfaktoren einfiihren. wobei es nicht geniigt, nur eine der beiden Einflussgrhen fiir den Einfluss der Polymolekularitiit zu komgieren. Fiir den weitaus hsufigsten Fall der Verkniipfung der z-Mittel der Tragheitsradien-Quadrate mit dem Massenmittel der Molmasse gilt z.B.
Fur andere Mittelwerte ergeben sich andere Korrekturfaktoren qg,g'. Die Korrekturfaktoren qz,w berechnen sich z.B. fiir Schulz-Zimm-Verteilungen (SZ) der Molmasse mit dem Kopplungsgrad 6 = fi,,ARw- ii?,) (vgl. G1.(2-64)) sowie fiir logarithmische Nonnalverteilungen (LN) zu
110
4.4. Gestorte Kniiuel linearer Ketten
Der Korrekturfaktor qz,w betragt z.B. ftir gestorte Kniuel bildende Polymere - - mit Schulz-Zimm-Verteilungenund recht engen Molmassenverhutnksen von M,/M,, = 1,I bereits ca. 12 % (Tab. 4-10), eine Korrektur, die haufig vemachlibsigt wird.
awbei Polymeren mit verschieden breiten Schulz-Zimm-Verteilungen (SZ; s = 2) bzw. logarithmischen Normalverteilungen (LN). LOsungsmittelgiite bzw. Kettensteifheiten sind durch den Exponenten a der Viskosit2ts-Molekulargewichts-Beziehung (G1.( 12-11)) charakterisiert, der mit den Exponenten v (G1.(4-62)) und E durch a = 3 v -1 = (1/2) + (3/2) E verkniipft ist. Die q,,-Werte wurden fiir harte Kugeln (a= 0), ungesarte undurchspiilte Knluel (a = ln). gestarte undurchspiilte Knluel (a= 0,764), durchspiilte Kniluel (a= 1) und steife Stiibchen (a= 2) berechnet.
Tab.4-10 Kmekturfaktorenqqw fiir die Beziehung zwischen (G),und
Hw lan a+ v -+ E-+
1.1
1.2 1;4 1.7 2.0 5,O
4.4.6.
PolymolekularitiitsfaktorenqZ,,,bei
--------.___SZVemilWgen fiir ___________ 0 0,500 0,764 0,333 0,500 0,588 0,176 -0,333 0 1,050 1,091 1,117 1.091 1,167 1,216 1;155 1,286 1,373 1,218 1,412 1,423 1,264 1,500 1,664 1,410 1,800 2,082
1,000 2,000 0,667 1,ooO 0,333 1,ooO 1,144 1,266 1,464 1,680 1,838 2,393
1,289 1,556 2,020 2,574 3,000 4,680
___________ LN-Vemilungen fiir __________-
0 0,500 0,764 1,000 2,000 0,333 0,500 0,588 0,667 1,OOO 0,176 0,333 1,000 -0,333 0
1,054 1,107 1,206 1,343 1,470 2,445
1,130 1,263 1,538 1,972 2,428 5,ooO 7.84
1.110 1,200 1,400 1,700 2,000
1,160 1,331 1.328 1,728 1,688 2,744 2,283 4,913 2,940 8,OO 1223 125
Temperaturabhangigkeit der Tragheitsradien
Bei der Theta-Temperatur 8 ungestort vorliegende Knluel werden in endothermen Ldsungen mit steigender Temperatur zu gestorten Knaueln. Zum einen nehmen die Kontakte zwischen Polymersegmenten und Losungsmittelmolekulen zu. Durch diese Solvatation versteifen sich die Segmente: die Knauel expandieren. Bei helicalen wurmartigen Knaueln ldsen sich zudem die (relativ kurzen) helicalen Segmente auf (Abb. 4-3), wodurch wegen des Uberganges von gauche- zu trans-Konformationen gestrecktere Kettenstucke entstehen. Zum anderen werden die Rotationsschwellen mit steigender Temperatur immer leichter uberwunden. Der relative Anteil hoherenergetischer Mikrokonformationen nimmt zu, z.B. gauche auf Kosten von trans (Abb. 4-2). Wegen dieses Zusammenspiels von enthalpischen und entropischen Faktoren sollten ) von der die Tragheitsradien (s2)*i2 bzw. die Aufweitungsfaktoren a, = ( ( S ~ ) / ( S ~ ) ~ 1/2 Theta-Temperatur aus mit steigender Temperatur zunachst steiler und d a m schwacher ansteigen. Die Zunahme sollte wegen der grosseren Zahl an Mikrokonformationen bei hoheren Molmassen grosser sein als bei niedrigen. Diese qualitativen Annahmen werden alle experimentell bestatigt (Abb. 4-27). Bei Temperaturen unterhalb der Theta-Temperatur sinken die Aufweitungsfaktoren hochmolekularer Polymerer steil unter a, = 1 ab und streben d a m anscheinend einem Endwert zu.
111
4. Mokrokonfonnationen
29 OOO -
c
4-
10
20
0 -'.. ' ' * 0.90 0,95
30 7
7
'
.
I I
!
1
50
40
...
'
-TI8
1,05
* * .
Temperaturin'C "
7
. . . .
1,10
"
1,15
--*
Abb. 4-27 Aufweitungsfaktorenals Funktion der relativen Temperatur fiir Poly(styro1)e in Cyclohexan. M,l(g mol-l) von 26.106 [23], 22-106 [24] und 29.103 [251. Der Pfeil gibt den Wert fiir eine wahrhaftig kompakte Kugel an. Die Messungen miissen bei exmm niedrigen Konzenaationen ausgefiihrt we&, damit die Polymeren bei Temperaturen von T c 8 = 308.6 K nicht aggregieren.
Fur die Temperaturabhilngigkeit der Triigheitsradien sagen sowohl Mean-field-Theorien als auch Skalierungs-Theorien bei Temperaturen nahe der Theta-Temperatur Proportionalititen von
zur reduzierten Temperatur (T - e)/evoraus. G1.(4-72) und G1.(4-73) wurden experimentell bestitigt. G1.(4-74) nimmt an, dass bei geniigend tiefen Temperaturen unterhalb der Theta-Temperatur die Kniuel zu kompakten Kugeln kollabiert sind (E: globule). Der tiefste, bei einem il?, von 26.106 g/mol gemessene Triigheitsradius betrigt nun ( s * ) , ~ / ~ = 40 nm. Da bei Kugeln ausserdem (s2), = (3/5) Rz,sph2 ist (Tab. 4-2). erhat man f i r die angenommene kompakte Kugel einen Radius von Rz,sph = 31 nm. Der Radius einer wahrlich kompakten, isotropen Kugel mit ij2 = 0,952 mL/g sollte aber nach Rsph = [(3 ij2M)/(4 XNA)]'D (G1.(4-2)) nur Rsph = 21,4 nm betragen. Es ist nicht klar. ob der Befund R,,sph f Rsph darauf zuriickzufiihren ist. dass keine kompakten Kugeln, sondem solvatisierte Teilchen vorliegen oder dass lediglich nicht fiir die Polymolekularitiit korrigiert wurde (Tab. 4-10).
4.5.
Ringformige Makromolekiile
Ringfirmige Molekiile besitzen kleinere Tragheitsradien als lineare gleicher Konstitution, Konfguration und Molmasse. da ein vdllig gestreckter Ring nur halb so lang wie das entsprechende lineare Molekul sein kann. In den Ansitzen (s2),in1i2= KsMV und
112
4.6. Verzweigte Makromolekule
(s2)cyc11/2 = K,(M/2)" ist nun die Konstante K s bei linearen und ringfiirmigen Makromolekiilen gleich, da sie nur die gleich grossen L a g e n LK und die Molmassen M K der Kuhn-Segmente enthat sowie den ebenfalls gleich grossen Wechselwirkungsparameter K , f f fiir die Wechselwirkungen Polymer-Polymer, Polymer-Usungsmittel und L6sungsmittel-llisungsmittel. Im ungestiirten Zustand (v = 1/2) ist folglich eine relative Kontraktion cyclischer Makromolekule von qcycl = (s2),,,ycl/(s2)o,~in = (1/2)*'2 = 0,707 zu erwarten (Abb. 4-19). Eine exaktere mathematische Ableitung sagt 2/3 voraus. In guten L6sungsmitteln (v = 0.584) sollte dagegen qc = (1/2)0.584 = 0,667 gelten.
4.6.
Verzweigte Makromolekiile
4.6.1. Einleitung Verzweigte Makromolekule besitzen kleinere Abmessungen als lineare gleicher Konstitution, Konfguration und Molmasse, wie man unmittelbar aus dem Vergleich linearer Ketten mit vielarmigen Stemmolekiilen sieht. Diese relative Kontraktion wird durch einen Verzweigungsindex g, = (s2)t,J(s2)a, charakterisiert. der das Verhtilmis des Mittel uber die Quadrate der Tragheitsradien verzweigter Ketten zu dem von ansonst gleichen Ketten unter gleichen L6sungsbedingungen (verschiedene Theta-Temperaturen!) angibt. Verzweigungsparameter g, (E: shrinking factors) werden bei gleicher Molmasse von drei Faktoren kontrolliert: (A) der Molekularchitektur, (B) dem ausgeschlossenen Volumen und (C)evtl. intramolekularen hydrodynamischen Wechselwirkungen. Die Molekiilarchitektur wird von sechs Einflussgriissen beeinflusst: (I) die Funktionalitat der Verzweigungspunkte, (11) die Zahl der Verzweigungspunkte pro Molekiil, (111) die Symmetrie der Verteilung der Verzweigungspunkte um den zentralen Kern, (IV) die Anwesenheit von Folgeverzweigungen, (V) der Abstand zwischen den Verzweigungspunkten und (VI) die L b g e der Untereinheiten. Als Untereinheit wird das Kettenstiick zwischen zwei Verzweigungspunkten bzw. einem Verzweigungspunkt und einer Endgruppe bezeichnet. In der Literatur finden sich oft Hinweise auf "statistisch verzweigte Molekiile". ohne dass immer klar ist, ob sich "statistische Verzweigung" auf Verteilungen von (II), (III), (IV), (VI) oder auch auf solche der Molmassen der Molekiile bezieht. Es gibt vier Klassen von verzweigten Molekiilen: zentral oder dezentral verzweigte und solche ohne oder mit Folgeverzweigungen (Abb. 4-28). Dabei konnen jeweils die Untereinheiten gleich lang (e) oder ungleich lang (u) sein (1.Buchstabe) oder die Anne gleich lang (e) oder ungleich lang (u) (2.Buchstabe):
9
Stem-Molekiile sind zentral verzweigt ohne Folgeverzweigungen. Es gibt nur zwei Typen: solche rnit gleich langen (ee) oder ungleich langen Armen (uu). Dendrimere sind zentral folgeverzweigt, und zwar entweder mit gleichen (ee) oder ungleichen (uu) Untereinheiten, u.U. auch mit variabler Funktionalitat f der Verzweigungspunkte von Generation zu Generation. Kamm-Molekule sind dezentral verzweigt ohne Folgeverzweigungen. Bei ihnen sind vier Klassen von Verzweigungen moglich (ee,ue, eu, uu). Dezentral folgeverzweigte Molekule heissen hypervenweigt (ee-Typ) oder statistisch verzweigt (uu-Typ) (Abb. 4-28).
113
4. Makrokonformationen
TYP
f
Nbr
Steme
3
1
statistiwh venweigt
3
5
62
w
ue.
eu
uu
Abb. 4-28 Schematische Darstellung von Stem-, Dendrimer- und Kamm-Molekiilen sowie (unten links) hypervenweigten und (unten rechts) statistisch venweigten Molekiilen rnit Nbr Verzweigungspunkten ( 0 )der gleichen FunktionaliUt f = 3 und gleichen (e) bzw. ungleichen (u) Polymerisations-
graden der Untereinheiten der Hauptkette (1.Buchstabe)bzw. der Anne (2.Buchstabe). Eine Untereinheit reicht von Verzweigungspunkt zu Verzweigungspunkt (0-0) bzw. vom Venweigungspunkt zur Endgruppe (-3. Die theoretische Behandlung der Verzweigungsparameter geht von topologischen Modellen aus. nicht von chemischen Prozessen. Bei den theoretisch einfachsten F a e n wird angenommen. dass alle Molekiile die gleiche Molmasse besitzen. das intramolekular ausgeschlossene Volumen gleich null ist und alle intramolekularen hydrodynamischen Wechselwirkungen abwesend sind. Die Verzweigungspunkte sollen verschwindend klein sein und sich in ihrer Konstitution nicht von den Segmenten der Untereinheiten unterscheiden. Der Verzweigungsindex wird dann nur noch von der Molekularchitektur beeinflusst. Die Trilgheitsradien werden mit Hilfe der Influg-Statistik berechnet.
4.6.2.
Sternmolekiile
Bei Stern-Molekiilen rnit dem Polymerisationsgrad X = Nar,,,Xm (d.h. vemachlissigbaren Verzweigungspunkten) ist der Verzweigungsparameter nur durch die Anzahl f der Anne gegeben, und zwar bei Theta-Ltisem durch gleichlange Arme
Gauss-Statistik der A n n h g e n
Mit zunehmender Zahl f der Arme pro Molekul wird der Verzweigungsparameter kleiner. das Stem-Molekiil also kompakter. Bei sehr vielen. gleich langen Amen (also hoher Funktionalitlt j) wird sowohl bei Theta-Llisungsmitteln als auch in guten LOsungsmitteln (gs,o)ee+ 3& Vielarmige Stemmolekule mit einer Gauss-Verteilung der A m l a g e n sollen dagegen einen Verzweigungsparameter (gs,o)uu4 6!f aufweisen. Die Verzweigungsparameter unendlich grosser Stern-Molekiile mit einheitlichen bzw. statistisch verteilten Armlagen sind nach diesen theoretischen Berechnungen ungleich gross. In jedem Fall h h g t der Verzweigungsindex nicht von der (mittleren) LWge der Anne ab.
114
4.6. Verzweigte Makromolekule
Experimentelle Daten und topologische Modelle sind nicht einfach aufeinander abzustimmen, so dass molekulare Interpretationen schwierig sind. Das 12-armige Stemmolekiil Si(CH2CH2Si[(CH2CH=CHCH2)2_3(CH2CHCaH5)~]3}4weist z.B. im guten L6sungsmittel Toluol unabhugig von der Molmasse den von der Theorie geforderten Wert g, = 3/f= 1/4 auf (Abb. 4-26). Das 3-armige Analogon liefert dagegen einen vie1 zu tiefen &-Wen. Im Theta-LCisungsmittel Cyclohexan werden immer zu hohe g,,,-Werte beobachtet. Da hier die g,,,-Werte durch ein Maximum laufen und sich erst bei sehr grossen Molmassen dem theoretischen Wert anniihem, mussen zwei Effekte gegeneinander wirken. Die Segmente kurzer Anne k6nnen sich unbehinden von ihren Nachbam frei im Raum anordnen; sie weisen genau wie die Segmente bear er Ketten die von der Theorie gefordene statistische rgumliche Verteilung auf. Die Abnahme der Kngueldimensionen ist nur durch die Funktionalitiit des Stemmolekiils bedingt. Niedrige Molmassen fuhren daher praktisch zu den theoretisch geforderten g,,,-Wenen. Die Segmentverteilung langer Arme wird jedoch in der Ni%he des Kems durch benachbarte Ketten behindert. Die verknauelten Arme strecken sich etwas und g , , nimmt zu. Bei sehr langen Armen ist der Einfluss der Nachbarketten vemachlbsigbar, diese Arme nehmen praktisch die gleiche Segmentverteilung wie lineare Ketten gleicher L2nge an. g, wird wieder kleiner und strebt bei M .+ dem theoretischen Wert zu. Dieser Einfluss der Armltinge ist in guten LCjsungsmitteln weniger ausgepragt als in schlechten, da gest6rte Knluel in der N2he des Schwerpunktes geringere Knlueldichten aufweisen als ungestCirte (Abb. 4-20). Das f i r Theta-Bedingungen beobachtete Maximum der Funktion g, = A M )befindet sich f i r das 12-armige Polymere bei Mw= 150 000 g/mol (X,,, = 120). Beim 3-armigen Polymeren konkumeren weniger Arme um die Plitze als beim 12-armigen und das Maximum liegt nun beim niedrigeren Wen von M7, = 25 000 g/mol (X, = 80).
-
0.8
OJ 104
Id 106 - M, / (g mol-1) +
107
.
Abb. 4-29 Verzweigungsparameterg , als Funktion des Massenmittels der Molmasse bei eng verteilten sternftirmigen Poly(styro1)en m i t f = 3 bzw.f= 12 h e n (s. Text) im guten Ldsungsmittel Toluol(0, G) bzw. im Theta-Ldsungsmittel Cyclohexan (0,e),jeweils bei 35OC.- - - Theorie fiir gute (G) bzw. schlechte Liisungsmittel (e); empirische AbhIngigkeit. Daten von [26].
-
115
4. Makrokonformationen
0.31 102
. Id
. 104
- M / ( g mol-1)
,
1 6
, 106
--*
Abb. 4-30 Molmassenabhagigkeit der Trilgheitsradien von Dendrimeren, gemessen durch RUntgenkleinwinkelstreuung (SAXS; 0,O)oder Neutronenkleinwinkelstxeuung ( S A N S , .,a) und ausgewertet nach Guinier. Zur bessren h r s i c h t wurden die Trilgheitsradien der PLY mit 1/2 multipliziert. Gestrichelte Linie: berechnet aus den Dichten fiir kompakte Kugeln der PAMAM bei 25°C. 0,. PAMAM Polyamidoamine in Methanol bei 25OC durch SAXS [27] und S A N S [281; 0 PLY: Poly(a, &-D-lysin)ein Nfl-Dimethylformamid durch SAXS [291; Poly(propy1enimin)emit NH2-Endgruppenin D20bei durch S A N S [30]. PPI:
4.6.3.
Dendrimermolekule
Dendrimermolekule verschiedener Generationen sind konstitutionell W i c h (Kap. 2; vgl. auch Band I). Daraus folgt jedoch nicht, dass auch die !iusseren Gestalten, Dimensionen und inneren Strukturen von Dendrimeren verschiedener Generationen M i c h sind. Die Projektionen der Konstitution von Dendrimermolekulen auf eine Ebene legen z.B. eine Kugelfonn nahe (vgl. Abb. 2-1). Nun sind aber die Keme der Dendrimermolekiile im Allgemeinen nicht kugelsymmetrisch. Beispiele sind der Ethylendiamin-Kern >CH2CH2c der Polyamidoamin-Dendrimeren und die Diaminobutan-Keme >(CH2)4< der Poly(propy1enimin)-Dendrimeren. Selbst ein Ammoniak-Kern ist nicht kugelsymmetrisch. da die vier "Anne" aus drei Bindungen zu anderen Atomen und einem Elektronenpaar bestehen. Die nicht-kugelsymmetrische Struktur der Keme drZngt zumindest den nahe dem Kern gelegenen Segmenten der Dendrons eine Persistenz auf, die sich erst bei hoher Generationenzahl verlieren sollte. Es ist auch ungeklirt, ob sich alle Endgruppen an der Peripherie befinden oder sich einige in das Innere zuriickfalten und ob die raumliche Verteilung der Endgruppen dendrimertypisch oder konstitutionsspezifisch ist. Offen ist femer die Frage, ob und wann das Innere der Dendrimermolekule kompakt oder relativ offen ist und femer, wie die Segmente innerhalb der Dendrimermolekule verteilt sind. Die experimentell erhaltenen Streukurven lassen sich oft nicht mit den theoretischen berechneten zur Deckung bringen; die experimentellen Trigheitsradien hingen dahcr noch von der Auswertemethode ab (Guinier, Zimm usw., vgl. Kap. 5 ) . Dazu kommt, dass z.B. die Lichtsrreuung auf die Verteilung der Massenelemente, die Rtintgenkleinwinkelstreuung aber auf dicjenige der Elektronen anspricht.
116
4.6. Verzweigte Makromolekule
Wegen der vielen mdglichen Effekte ist es fraglich, ob der Trigheitsradius von Dendrimermolektilen m i c h wie bei Stemmolekiilen nur durch die Funktionalit2tfder Verzweigungspunkte sowie der Funktionalitat k des Kerns kontrolliert wid. Modelliert man 2.B. ein Dendrimennolekiil als ein Molekiil aus Nu "Bl6cken" mit jeweils dem Fadenendenabstand r2, so ergibt sich
(4-76)
(S
2
)=r
+
2 f[2(f- l)'+kf - 1 (f- 1)2+2k(l-4f
+f 2 - 2 F - k f 2 k ) ]
(f-2)(f-1)'+k(f-2)2 Expenmentell findet man fiir die bislang mit Kleinwinkelneutronenstreuung (SANS) bzw. Rbntgenkleinwinkelstreuung (SAXS) untersuchten Reihen der Poly(a.&-D-1ysin)-, Polyamidoamin- und Poly(propy1enimin)-Dendrimeren
/*-
-FH\ CH24H2-XH24H2-NH0 -CH2-CH2-NH+2Hz-CH2-N
0 4H24H2-CH2-N
($)1'2 = 0,0530M0.359 CD = 0,994
<
'
\
($)1'2 = 0,151 Mo*268
CD = 0,989
lg ($>lo =Alg M ) ist gekrummt
dass die Tragheitsradien s grosser als diejenigen kompakter Kugeln sind (Abb. 4-30). Der Exponent v der Beziehung (s2)lI2= K s W ist auch nicht 1/3 wie bei isotropen (kompakten oder solvatisierten) Kugeln, sondem etwas grosser bei den Poly(1ysin)en bzw. merklich kleiner bei den Polyamidoaminen. Die Dendrimennolekule mussen also solvatisiert, nicht-sphiroidal und/oder nicht-isotmp sein. Die thermodynamische Gute der Lbsungsmittel ist nicht bekannt. Bei den Poly(propy1enirnin)en ist (s2)ln=AM) sogar gekriimmt, was durch die recht niedrigen Molmassen bedingt sein k6Mte.
4.6.4.
Hyperverzweigte Molekiile
Hyperverzweigte Makromolekule besitzen meist sehr breite Molmassenverteilungen unbekannten Typs. Bei derartigen Makromolekulen sind demgemass grosse Polymolekularititskorrekturen f i r die Beziehung zwischen den z-Mitteln der Tragheitsquadrate und den Massenmineln der Molmassen zu erwarten (vgl. dazu Kap. 4.4.5). Experimentelle Daten sind offenbar nicht bekannt.
4.6.5.
Kamm-Molekiile
Regelmassig aufgebaute Kamm-Molekiile weisen gleich gmsse Untereinheiten auf. Ihr Verzweigungsparameter gs,oist nur durch die Funktionalitat f und die Zahl N b der Verzweigungspunkte gegeben, nicht aber durch die Liinge der Anne:
117
4. MaRrokonformationen
-
Einheitliche Kamm-Molekiile mit nur einem Verzweigungspunkt sind rnit den entsprechenden einheitlichen Stem-Molekillen identisch. Bei Nbr + wird somit (gs,o)ee zu I/(f-- I), bei f + dagegen zu 0. Bei Kamm-Molekiilen mit Amen gleicher Ltinge, die entlang der Kette nach einer Gauss-Funktion statistisch angeordnet sind, htingt der Verzweigungsparameter nicht von der Funktionalitlt f der Verzweigungspunkte ab, sondem ausser von der Zahl N k der Venweigungspunkte noch vom Verhiilmis q = Xarm/Xrll&grat der Polymerisationsgrade der Anne und des Riickgrates:
-
Bei Kamm-Molekiilen mit nur Nbr = 2 Verzweigungspunkten lluft der Verzweigungsindex bei q = Xum/Xrfickgrat = 1/2 durch ein Minimum. Er strebt sowohl bei sehr kleinen q-Werten ("lineare" Kette des Riickgrats) als auch bei sehr grossen (die zwei langen h e bilden ein praktisch "lineares" Molekiil) dem Wert 1 zu (Abb. 4-31). Mit zunehmender Zahl der Verzweigungsstellen pro Molekiil wird das Minimum der g-Werte immer flacher. bis es schliesslich ganz verschwindet. Im Grenzfall einer sehr grossen ZaN von Vertweigungspunkten pro Molekiil wird dann (gs,o)ue + 3/Nb. Bei sehr kleinen q-Wemn (praktisch lineare Ketten) streben die g-Werte dem Wert 1 zu. Bei q + werden sie wegen (gS,& -) (3 Nbr - 2 ) / N k 2 unabhtingig von q. Der Verzweigungsparameter g htingt daM nur noch von der Anzahl der Verzweigungspunkte ab. Er ist dann mit dem Wen f i r stemf6rmige Polymere identisch. da das Riickgrat zu einem zentralen Verzweigungspunkt schrumpft und die Zahl N b der Verzweigungspunkte gleich der Zahl der Anne wird. Fiir die beiden anderen Typen von Kamm-Molekulen (eu und uu) scheint der (gs,o)-Wert noch nicht berechnet worden zu sein.
-
0,o1
0.1
- 'am
'
1 'riickgrat
-
10
100
Abb. 4-31 Verzweigungsindices (gg& von Kamm-Molekiilen mit gleich grossen Polymensationsgraden des Riickgrates als Funktion des VerhBltnisses q = Xa,-&dckgnt des Polymerisationsgrades X a m der h e zum PolymerisationsgradXriifkgnt des Riickgrates bei unterschiedlicher zahl Nbr der Verzweigungspunktepro Molekiil.
118
4.7. Skalieiung
4.7.
Skalierung
4 . 7 . 1 . Einfiihrung Die klassischen Theorien der Gestalt und Dimensionen der dreidimensionalen Gebilde aus "unendlich dunnen" Ketten (d.h., solchen, bei denen sich alle Wechselwirkungen gegenseitig aufheben) bauen auf der ;ihnlichkeit der Statistik der Veneilung der Kettensegmente mit der Statistik der thermischen Zufallsbewegungen (Irrfluges) von Teilchen im dreidimensionalen Raum auf. Die Zahl der Schritte entspricht der Segmentzahl bzw. dem Polymerisationsgrad und die Schrittliinge der Segment- bzw. Bindungslhge. Die zweidimensionale Kette nimmt die Form eines dreidimensionalen statistischen Knauels an. Die gewiinschte Beziehung zwischen dem Ende-zu-Ende-Vektor des Influges bzw. dem Fadenendenabstand (r2),, der ungestort gekniuelten Polymerkette einerseits und der Zahl der Schritte bzw. dem Polymerisationsgrad (oder der Molmasse) des Makromolekiils andererseits ergibt sich dam aus den Schrittlhgen bzw. Bindungsliingen, also aus lokalen Grtissen. Die Segmentverteilung bei endlich dicken Ketten entspricht einem Irrflug mit kreuzungsfreien Schritten. Die "effektive Dicke" solcher Ketten geht ausser bei der helicalen wurmWichen Kette nicht direkt in die Rechnungen ein. Sie bestimmt sich vielmehr indirekt aus der mittleren Wechselwirkungsenergie AE zwischen einem Segmentpaar. Der Beitrag der Segment-Segment-Wechselwirkungenzur Gesamtenergie der Ltisung wird als c2A&angesetzt. wobei c die Segmentkonzentration ist. Durch die Segment-Segment-Wechselwirkungen wird das Knauel aufgeweitet. Der Exponent in der Beziehung ( r 2 ) M2" geht dadurch von 2 v = 1 bei ungestorten Kngueln zu 2 v = 6/5 bei gesttirten Knaueln uber. Dieser Wechsel von ganzzahligen zu gebrochenen Exponenten zeigt die Gegenwart von langreichenden Korrelationen innerhalb des Makromolekiils an. Statt wie bei den klassischen Theorien auf die lokalen Gegebenheiten der Ketten abzustellen, kann man Objekte wie z.B. Knauel und andere makromolekulare Gestalten auch global betrachten, z.B. hinsichtlich der Ahnlichkeiten ihrer ausseren Formen. Derartige Selbsthlichkeiten manifestieren sich in Potenzbeziehungen zwischen verschiedenen Eigenschaften, die dafiir sorgen, dass sich die Eigenschaften beim Vergrtjssem oder Verkleinem der Objekte massstiiblich andem. Der Prozess wird neudeutsch Skalierung genannt; das Wort lehnt sich an das entsprechende englische Fachwort an (E: scaling).
-
4.7.2.
Fraktale
Die Charakteristiken eines euklidischen Korpers sind unabhhgig von seiner Ktirpergrijsse; ein euklidischer Ktirper ist daher selbstahnlich (E: self-similar). Eine isotrope Kugel mit der Dichte p und dem Radius R besitzt z.B. eine Masse m = pV = (4 7cp/3)R3. Ein verdoppelter Radius verachtfacht die Masse zu rn = (4 np/3)(2R ) 3 = 8 (4 np/3) R 3 . Die Masse ist aber immer noch der 3.Potenz des Radius proportional. Dieser Exponent 3 in m R 3 reprasentiert die skalierende geometrische Dimension d = 3 der Kugel hinsichtlich der Masse. Eine glatte Oberflache der Kugel skaliert entsprechend mit dem Quadrat des Radius (A R2); es gilt d m d = 2.
-
-
119
4. Makrokonformationen
-
Die Masse m (und also auch die Molmasse M) derartiger KCirper ist daher nach m Ld bzw. M Ld der Potenz d einer charakteristischen L b g e L (Radius R usw.) proportional, wobei die rlumliche Dimension d eine ganze positive Zahl ist. Bei isompen Kugeln gilt z.B. d = 3, bei ebenen Quadraten d = 2 und bei geraden Linien d = 1. Bei reguliren Objekten sind die Dimensionalitlten ganze M e n . Bei irregullren Objekten sind sie dagegen Briiche. Irregullre Objekte werden daher (geometrische) Fraktale genannt (L:fructus, von frungere = brechen; E: fractals). Makroskopische Beispiele von Fraktalen sind Gebirgszuge, Schneeflocken, und mlandemde Fliisse. Auch bei Polymeren gibt es fraktale Objekte. z.B. gestorte Knluel. vemetzte Polymere oder Dendrimere. Der Trlgheitsradius s = (s2)lnvon Knlueln ist z.B. nach der Beziehung s MV der v-ten Potenz der Molmasse propo_rtional (G1.(4-65)). Die Skalierung dieses fraktalen Objektes fiihn also zu M sllv = sdm, wobei l/v = z,, in Analogie zur geometrischen Dimension d in M Ld der geometrischen Objekte fraktale Dimension oder Hausdorff-Dimension genm-t wird. Fraktale Objekte, welche m Ldm (bzw. M Ldm)befolgen, heissen Massenfraktale. Sie besitzen eine inhomogene Dichteverteilung, weisen aber eine glatte Obeffllche auf. Oberflichenftaktale A Lda sind dagegen durch eine einheitliche Dichte und eine raue Oberfliche gekennzeichnet. Ausserdem gibt es auch Zeitfraktale. z.B. bei Diffusionsprozessen, bei denen die aufeinander folgenden Schritte von der jeweiligen Vorgeschichte abhlngen, was zu zeitabhbgigen Diffusionskoeffzienten fiihrt (wichtig bei Photoleitf2higkeiten). Ob ein fraktales Objekt ein Massenfraktal oder ein Oberfllchenfraktal ist, kann mit Hilfe der Abhwgigkeit der Streuintensitlten I (Qa)pvom Streuwinkel 6 entschieden werden. In I (Q# ist der Streufaktor durch Qa = q sin(6D) = (4 z/A)sin(6/2) gegeben (G1.(5-33)) und der Exponent durch die Porod-Neigung P = - 2d + &. Beispiele sind die Sol-Gel-Prozesse, bei denen anorganische Monomere in chemisch vemetzte Gele umgewandelt werden (vgl. Band I), z.B. Siliciumderivate Si(OR)4 in Gllser (amorph), keramische Massen (polykristallin) oder Glaskeramiken (Kristallite in einer amorphen Matrix). Nach ijberschreiten des Gelpunktes werden alle weiteren Vemetzungsreaktionen durch die Struktur der bereits geformten Teilchen beeinflusst. Die resultierenden Gele sind entweder Massenfraktale (hier gewCihnlich "Polymere" genannt) oder Oberflichenfraktale (hier meist als "Kolloide" bezeichnet). Ihre Struktur beeinflusst die Eigenschaften der nach dem Trocknen und BreMen erhaltbaren Festk6rper. Wegen der einheitlichen Dichte ist bei "Kolloiden" das Massenfraktal gleich der euklidischen Dimension; es gilt also Zm = d = 3. Die OberflPchenfraktale & variieren dagegen zwischen 2 (glatte Obeffllche) und 3 (sehr rauhe Oberfllche). Die Porod-Neigung beuirgt also 4IP I-3. Bei den "Polymeren" wird dagegen das Massenfraktal &, = lh. durch die Form der Polymerteilchen bestimmt, d.h. durch den Exponenten v in der Beziehung s = KJUv zwischen TrHgheitsradius s und Molmasse M. Ein aus der Usung ausfallendes lineares Polymeres befindet sich in einem thermodynamisch schlechten LCisungsmittel und muss daher wenigstens v = 1/2 aufweisen. Der wahre Wert dieses Exponenten muss bei "Polymeren" aber kleiner sein, da sich (a) Polymemolekiile mit M < 00 beim Ausf2llen bereits unterhalb der Theta-Temperatur befnden und (b) diese Molekule am Gelpunkt ja nicht linear sind. sondern verzweigt. Die Verzweigung fiihrt aber zu einem Verzweigungsindex g, < 1 (vgl. Kap. 4.6.1) und damit zu v < ID.
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120
4.7. Skalierung
Beim Durchlaufen des Gelpunktes wird das "Polymere" also zu einer dichteren Struktur kollabieren und kugelwicher werden. Da der Exponent v bei Kugeln den Wert 1/3 aufweist. muss das Massenfraktal also 2 I I 3 betragen. Wegen der glatten Oberflache der "Polymeren" ist das Oberflachenfraktal dagegen durch die euklidische Dimensionalitat d = 3 gegeben (& = d = 3). Die Porod-Neigung betlJdgt bei "Polymeren" folglich -3 IP I-1. Die sllurekatalysierte Zweistufen-Reaktion von Si(OR), mit wenig Wasser fiihrt z.B. zu "Polymered'. Die basenkatalysierte Polykondensation des gleichen Monomeren mit der vierfachen molaren Konzentration an Wasser (w@]/[Si(OR),J] = 4) erzeugt dagegen "Kolloide".
z,,,
4.7.2.
Selbstiihnlichkeit
Euklidische Kdrper und Fraktale sind selbstwich. Beim Vergrdssern oder Verkleinem weisen also sowohl die Objekte als auch ihre Ausschnitte die gleichen Charakteristiken auf. Ein Ausschnitt aus einer geknauelten Polymerkette besitzt beispielsweise die gleichen Knauelcharakteristiken wie das gesamte Knauel (Abb. 4-32). Die SelbstWichkeit reafer Ketten gilt jedoch nur fiir einen bestimmten Bereich: die untere Grenze ist durch die Persistenzlbge der Ketten gegeben und die obere durch deren Konturlbge. In diesem Bereich wird eine reale Kette durch die mathematische Konstruktion der Brown'schen Kette beschrieben. Auch bei der Brown'schen Kette gibt es Grenzwene, die aber wie folgt entfemt werden k6nnen. Die Kette wird als Segmentkette modelliert, z.B. als Kuhn-Kette der Konturlbge rcOnt= N K L K aus N K Segmenten der Segmentlage LK (Gl.(4-31)). Das Mittel uber die Quadrate der Fadenendenabstwde dieser Kette ist kon~ const. Im Grenzfall verschwindend kleiner Segmentlbgen, also stant: (r2)o = N K L K = LK + 0, strebt die Konturlbge folglich gegen unendlich: (4-79)
limLK+O rcont= NKLK = (r2)dLK +
-
Die fraktalen Eigenschaften dieser Kette erstrecken sich somit bis zu verschwindend kleinen Lbgen. Umgekehrt ist eine Brown'sche Kette im Grenzfall (r2), + m unendlich gross. Eine Brown'sche Kette ist daher uber alle Lhgenskalen selbstw ich. Die Anwendbarkeit der Brown'schen Kette und anderer Modelle auf reale Strukturen h b g t dagegen von der Lbgenskala ab.
n
Abb. 4-32 Selbsthlichkeit statistischer Knauel. Der Ausschnitt I1 aus einern Knluel I ist dem GesamWue1 I hinsichtlich der Knluelcharakteristiken im Mittel selbsahnlich. Die Selbstllhnlichkeit verliert sich jedoch, wenn diesem Ausschnitt I1 ein weiterer Ausschniu 111 von der GrUsse der Kuhnm g e LK enmornmen wird.
121
4. Makrokonformationen
Die G1.(4-65) wurde z.B. unter der Annahme abgeleitet, dass das Volumen eines statistischen Knauels durch dasjenige einer iquivalenten Kugel wiedergegeben werden kann. Der Radius dieser SLquivalenten Kugel wurde dem TrSLgheitsradius s des Kniuels gleichgesetzt. Der Trilgheitsradius ist nach s Mv der v-ten Potenz der Molmasse propoctional. in M srfi= sdm ein Da s eine charakteristische L a g e ist, stellt der Exponent l/v = Massenfraktal dar. Bei ungesarten Knaueln gilt z.B. v = 1/2 und die Hausdorff-Dimen= 2. Eine Brown'sche Kette hat somit in einem gewissen Sinne die sion ist folglich Charakteristik einer Fliche und nicht diejenige einer rektifizierbaren Kurve. Nun sind aber die Selbst2hnlichkeiten von Kniueln und isotropen Kugeln nicht identisch. Es ist daher die Frage, wie die Hausdorff-Dimension z,,, und die geometrische Dimension d zusammenhhgen. Nach der Mean-field-Theorie setzt sich die reduzierte totale Gibbs-Energie A G I h T aus zwei Teilbetragen zusammen, AG,,dkBT und A G e d b T (G1.(4-63)). Der elastische Term A G e d b T wird als Feder modelliert. Er lautet A G e d h T = (l/so2)(s2/N), wobei l/so2 die Federkonstante ist. Der Wechselwirkungsterm AGredkBT wird wie folgt angesetzt. Die Zahlenkonzentration der N Monomereinheiten pro Kette ist f i r den d-dimensionalen Raum durch N/sd gegeben. Die Zahl der Paar-Wechselwirkungen ist folglich proportional (N/&)2. Die Wechselwirkungsenergieist dann u(N/s~)~, wobei u das ausgeschlossene Volumen ist. Der gesamte Wechselwirkungsterm fiir den Raum sd wird damit zu ~ ~ u ( N /=s uN2/sd. ~ ) ~ Damit wird AGlkgT = s2/Nso2 + uN2/sd. Minimieren durch Differenzieren von AG nach s und Gleichsetzen des Ergebnisses mit Da die Null liefert (2/NsO2)s= du@s4-'. Auflasen resultiert in N = (d~s,~)-'/~s(~+~)~. Zahl N der Monomereinhgiten pro Kette direkt proportional der Molmasse ist. erhtUt man aus N M und M sdm die Hausdorff-Dimension als g,,, = (d + 2)/3. Fur den dreidimensionalen Fall wird die fraktale Dimension angeniihert zu J, = 1.67. fiir den zweidimensionalen zu 4/3 (exakt) und fiir den eindimensionalen zu 1 (exakt) (s.a. S. 82). Im vierdimensionalen Fall wird wieder der Wert g,, = 2 = l/v fur ideale KnLel erhalten. Diese Hausdorff-Dimension ist folglich eine obere kritische Dimension, oberhalb derer die ausgeschlossenen Volumina irrelevant werden. Bei der Floryschen Mean-field-Themiewerden Korrelationenzwischen den W t e n vemachl%sig~ die Wechselwirkungsenergiewird dadurch zu hcch. Die elastischeEnergie wird ebenfalls zu hoch angesetzt, weil auf das ungestlkte We1anstatt auf den Fadendenabstandgesarter Kniiuel bezogen wird hide Effekte heben sich in enter Ntherung auf und die Mean-field-Theorieliefert daher angen2hert das richtige Ergebnis. Die fraktalen Dimensionen betragen somit 1 fiir gerade Linien, 1-2 fiir gekriimmte Linien, 2 fiir planare Flichen, 2-3 fiir raue Oberflichen und 3 fiir harte Kugeln oder Kuben. Gestorte Kniuel verhalten sich im dreidimensionalen Fall mit z,, = 1.67 wie gekriimmte Linien, wiihrend f i r Gele ein Wert von ca. 2 5 berichtet wird. Dendrimer- und Enzymmolekule scheinen dagegen Oberflachenfraktale zu sein. Die Massenverteilung im Innem dieser Molekule kann in erster Niihenmg ah isotrop aufgefasst werden, warend die Oberflache wegen der hordnung der verschiedenen Gruppen "rau" ist. Fur verschiedene Enzyme ergaben sich die Oberflachenfraktale zu g, = 2,4. Die Verzweigungseinheit - C H ~ C H ~ N H C O C H ~ C Hfiihrt ~ N Cbei Polyamidamin-Dendrimeren nach Kalottenmodellen sowie gewissen theoretischen AMahmen und einigen spektroskopischen Daten zu einer portken intemen Struktur und dadurch zu einer rauen Oberfliche mit einer fraktalen Dimension von & = 2.42. Polyether-Dendrimere mit der Venweigungseinheit -CH20CH2Cf sind dagegen vie1 dichter gepackt. Ihre fraktale Di= 1,96. mension betragt nur
-
a,,
-
-
am
-
122
4.8. Atomistische und molekulare Modellierung
4.8.
Atomistische und molekulare Modellierung
4.8.1.
Einfuhrung
Physikalische SUukturen von Molekiilen und MolekiilveWnden sowie deren statische und dynamische Eigenschaften konnen prinzipiell rechnerisch durch Molekiilmodellierungen (E: molecular modeling) bzw. atomistische Modellierungen (E: atomistic modeling) simuliert werden. Solche Modellierungen spielen bekanntlich eine grosse Rolle in der niedermolekularen Chemie, z.B. bei Berechnungen von Spektren. dreidimensionalen Molekulstrukturen und chemischen Reaktivitzten, insbesondere beim Entwickeln neuer pharmazeutischer Wirkstoffe. In der makromolekularen Wissenschaft benutzt man die gleichen Methoden und dazu noch einige andere, die auf dem Kettencharakter linearer Polymerer basieren. Bei Polymeren treten bei Simulierungen jedoch zus2tzliche Probleme auf, die durch die Grosse der Molekiile und die daraus resultierenden zeitlichen Effekte bedingt sind. Die Eigenschaften niedermolekularer Flussigkeiten konnen z.B. durch Volumenelemente simulien werden, die l d - 1 0 6 Atome enthalten. Ein Volumenelement aus derartig vielen Atomen simulien bereits die Eigenschaften der Flussigkeit, da so viele Wechselwirkungen zwischen den Atomen vorhanden sind, dass der Einfluss der randsthdigen Atome des Volumenelementes vemachlBssigt werden kann. Bei Atomradien von ca. 0,1 nm ist das als Kubus gedachte Volumenelement also ( 1 - l d ) nm3 gross. Seine Seitenlhgen betragen entsprechend (1-10) nrn. Die charakteristische L h g e (Atomradius bzw. Bindungsabstand) ist also klein gegenuber den Abmessungen des zum Simulieren genugenden Volumenelementes. Bei hochmolekularen Verbindungen sind dagegen nicht nur die charakteristischen Lilngen grosser, es gibt auch viele verschiedene charakteristische Lhgen. Die Bindungslilngen sind zwar gleich gross wie bei niedermolekularen Verbindungen (ca. 0,l nm), die Persistenzl2ngen linearer Ketten betragen aber (1-200) nrn (Tab. 4-8) und die Tdgheitsradien sogar (10-1000) nm. Damit eine Polyrnerschmelze simuliert werden kann, muss also ein viel gr6sseres Volumenelement aus entsprechend sehr viel mehr Atomen gewiihlt werden als bei niedermolekularen Verbindungen. Derartige atomistische Rechnungen ubersteigen aber die Leistungsfihigkeit der heutigen Supercomputer. Dazu kommt ein zweites Problem. Bei einatomigen Flussigkeiten klingen Fluktuationen nach ca. Sekunden (= 1 fs) ab, wenn sich die Flussigkeiten weit entfemt von Phasenuberghgen befinden. Vibrationen von Bindungslzngen bzw. Bindungswinkeln erfordem aber bereits i t i 3 Sekunden und Konformationsumwandlungen ca. Sekunden. Fur Schmelzen aus Molekiilen mit ca. 500 Kettenatomen werden z.B. Relaxationszeiten von 10-5 Sekunden erwartet, also 10 Zehnerpotenzen grtissere Zeiten als die Fluktuationszeiten einatomiger Flussigkeiten. Die Simulierung von Schmelzen erfordert aus diesem Grunde selbst mit sehr 1eistungsfBhigenSupercomputem sehr lange Rechenzeiten. Die Berechnung einer einzigen Makrokonformation eines einzelnen Poly(rnethy1en)-Molekuls aus 1000 CH2-Einheiten benotigte beispielsweise auf einem Silicon Graphics 260 GTX-Supercomputer einen vollen Tag. Man beschrmt daher Simulierungen von Polymerschmelzen auf kurze Ketten (was das Studium des Einflusses der Verhakung ausschliesst) oder verwendet sog. grobrastrige Modelle (E: coarse-graining), z.B. Feder-Perle-Modelle (Abb. 4-34).
123
4. Makrokonformationen
4.8.2.
Methoden
Gruppeninkrement-Methoden Gruppeninkrement-Methoden gehoren nicht zu den atomistischen bzw. molekularen Modelliemngen, seien aber der Vollsthdigkeit halber erwmt. Man ordnet hier den verschiedenen chemischen Gruppen eines Molekiils empirisch jeweils bestimmte Eigenschaftsinkremente zu. Die Inkremente basieren auf experimentell ermittelten Eigenschaften von Modellsubstanzen bzw. Makromolekiilen mit gleichartigen Gruppen. Den Berechnungen werden anderweitig abgeleitete physikalische Beziehungen zugrunde gelegt. Die Eigenschaft des betrachteten Molekiils soll sich dann aus den entsprechend gewichteten Anteilen der einzelnen Typen von Gruppen additiv zusammensetzen. Gruppeninkrement-Methoden sind bei niedermolekularen Molekiilen schon lange bekannt. Die Berechnung der Molmasse eines Molekiils aus den Molmassen seiner Atome ist wohl das einfachste und ateste Beispiel (Dalton 1801). Eine andere alte Methode ist die Berechnung der molaren dielektrischen Polarisation nach Mosotti (1850) bzw. Clausius (1879). Derartige Berechnungen eignen sich recht gut fiir niedexmolekulare Substanzen, da man dort isolierte Molekiile oder auch fluide Molekiilverbhde in jeweils identischen Gleichgewichtszusten vergleichen kann. Fur feste Polymere ergeben sich jedoch mufig nur mehr oder minder grobe Schatzwerte, da die Eigenschaften von festen Polymeren nicht nur von der chemischen Struktur bestimmt werden, sondern auch von der Makrokonformation, die wiederum von der Verarbeitung gepngt wird. Trotz aU dieser Schwkhen sind jedoch Gruppeninkrement-Methoden wichtige technologische Hilfsmittel, die es erlauben, viele physikalische Eigenschaften abzuschitzen.
Gi ttermethoden Gittermethoden basieren auf sehr weitgehenden Abstraktionen realer Ketten wie der mit einer kreuzungsfreien WandeVergleich einer realen Poly(ethy1en)-Kette +CH* rung auf einem Gitter zeigt (Tab. 4-1 1). Gittermodelle sind zwar physikalisch unrealistisch, geben aber tmtzdem die exakten mathematischen Funktionen fiir kritische Phaomene wieder. Ein solches kritisches PhZnomen ist z.B. die Abhagigkeit der Tragheitsquadrate von der Molmasse im Grenzfall unendlich langer Ketten. In guten Msungsmitteln nimmt der Exponent v in (s2) = K a Z v unabhhgig von der Kettenstruktur den universellen Wert 0,588 an, w m n d die Konstante K s nicht universell ist und noch von der chemischen Struktur des Polymeren, dem Losungsmittel und der Temperatur kontrollien wird. Der Exponent v wird von Gittermodellen exakt modelliert. Tab. 4-11 Vergleich von Poly(ethy1en)-Ketten mit kreuzungskeien Wanderungen auf Gittern.
Eigenschaft
Poly(ethy 1en)-Kette
Wanderung auf einem Gitter
Vorkommen Kettenglieder Valenzwinkel Potentialschwelle Lanpichde Wechselwirkungen
kontinuierlicher Raum CH2-Gruppen 109.47O bei C-C-C (ideal) konformationsabhZingig Resultierendeaus anziehenden und abstossenden M e n
diskretes Gitter
Gitterpunkte 2.B. 90"und 180" (kubisches Gitter) unabhiingig von der Konformation nur abstossende Wte
124
4.8. Atomistische und molekulare Modellierung
Gittermodelle kdnnen z.B. benutzt werden, um die Konformationsentropie von linearen Polymeren in Ldsungen zu berechnen (Kap. 10). Sie sind aber nicht nur fiir Gleichgewichtseigenschaften brauchbar, sondem auch fiir dynamische Prozesse, z.B. Selbstdiffusionen. Bei diesen Berechnungen geht man im Allgemeinen nicht von exakten Abzmungen aller m6glichen kreuzungsfreien Schritte aus. Man verwendet vielmehr Monte Carlo-Methoden. Bei exakten Abzahlungen (E: exact enumerations) fertigt man zunachst eine Liste aller mdglichen kreuzungsfreien Schrittfolgen und der dazugehorigen Eigenschaften (z.B. Fadenendenabsmde) fiir jede gew2hlte Zahl N an Schritten an. Wegen der schnell mit zunehmendem N ansteigenden Zahl der Moglichkeiten (vgl. Kap. 4.3.4) wird N im Allgemeinen auf Werte von 15 I N I 35 beschr2nkt. Mit geeigneten mathematischen Verfahren werden dam die Eigenschaften auf N + extrapoliert. Wegen dieser langen Extrapolation sind die erhaltenen Werte mit grossen Unsicherheiten behaftet. Bei Monte Carlo-Verfahren (MC) geht man umgekehrt von sehr langen kreuzungsfreien Schrittfolgen von lo2 IN Ilo5 aus. Da die Anzahl N sehr gross ist, kann man nicht fiir alle N alle mdglichen Schrittfolgen exakt abzuzwen (bei N = 39 gibt es bereits ca. 1,131-1017mdgliche Makrokonformationen (Kap. 4.3.4)). Fur ein bestimmtes N wird vielmehr nach dem Zufallsprinzip eine bestimmte Zahl von Makrokonformationen und dazugehorigen Eigenschaften erzeugt, die dann ebenfalls auf N + 00 extrapoliert werden. Durch das Zufallsprinzip werden zwar "experimentelle" Fehler hervorgerufen, die Extrapolation auf unendlich lange Ketten ist aber weniger unsicher als bei exakten Abzmungen, da man von lo2 I N I 1 6 Stan von 15 IN I35 ausgeht. Ausgehend von einer gewiinschten Verteilung der Wahrscheinlichkeiten wird durch statische MC-Methoden eine Reihenfolge von statistisch unabhagigen Proben erzeugt. Dynamische MC-Methoden liefem dagegen mit Hilfe von stochastischen Prozessen (meist Markow-Prozessen) eine Reihe von miteinander korrelierten Proben. Deren Gleichgewichtsverteilung ist dann die gewunschte Wahrscheinlichkeitsverteilung.In beiden F a e n konnen sehr viele mathematische Verfahren verwendet werden. Mit Monte Carlo-Verfahren lassen sich z.B. Platzwechselprozesse simulieren, wie sie z.B. bei Selbstdiffusionen in Schmelzen oder beim glasigen Erstarren von Schmelzen auftreten. Einige solcher Prozesse sind in Abb. 4-33 wiedergegeben. Bei allen solchen Bewegungen muss selbstverst2ndlich gepriift werden, ob die neue Position immer noch die Bedingung der kreuzungsfreien Wanderung erfiillt.
-
1 .---
1
-1
90" 180" Rotation des Endes Eine Perle
1
r:: -.
1 .-
-I.:
T
-.
1
1
'--u
&!.
180'
Sprung
,sprung
90"
Kurbelwelle Zwei Perlen
Abb. 4-33 Alle Bewegungen einer Perle (einer Monomereinheit usw.) und einige lokale Bewegungen von zwei Perlen auf einem hyperkubischen Gitter. ... Ausgangsebene.
4. Makrokor3fomtionen
125
Abb. 4-34 Gitterfreie Modelle fiir die Simulierung der dynamischen Eigenschaften von Polymerketten. (ISegmentkette ) rnit Bindungsotation, (II)Perlenkette, (III) elastische Hantel, (IV)PerleFederModell und (V) Perle-Fder-Modellmit (einigen) hydrodynamischemWechselwirkungen. Gitterfkeie Methoden Beim Modell der Segment-Kette rnit Bindungsrotation (E: freely jointed chain) besteht die Kette lediglich aus N unendlich diinnen Bindungen der L u g e b (Abb. 4-34, I). Man lkst dann nach dem Monte Carlo-Verfahren ausgesuchte Kettenglieder um beliebige Winkel um eine imaginitre Achse mtieren, z.B. das Glied i um die Achse ---- zwischen den benachbarten Gliedern i+l und i-1 zur neuen Position i*. Zwischen den Ketten bestehen im einfachsten Fall keine Wechselwirkungen. Man kann aber auch Wechselwirkungspotentiale einfiihren. Verhakungen k6Men simuliert werden, indem man einige Ketten sich iiberkreuzen liisst. Bei vielen Modellen approximiert man Polymerketten durch eine Folge von Perlen, die durch masselose Bindungen miteinander verbunden sind. Die Perlen symbolisieren 2.B. Kettenglieder wie die CH2-Gruppen des Poly(methy1en)s; die Glieder sind dann durch Valenzbindungen verkniipft. Alternativ kdnnen sie auch effektive Einheiten wie z.B. die CHzCH2-Gruppen des Poly(ethy1en)s darstellen, die dann durch effektive Bindungen verbunden sind. Das Modell der Perlenkette (E: pearl necklace model) nimmt als harte Kugeln rnit dem Durchmesser d gedachte Perlen an, die durch Bindungen der L u g e b verbunden sind (Abb. 4-34, 11). Bei diesem Modell wird das ausgeschlossene Volumen durch das Verhatnis dlb simuliert. Einige dynamische Eigenschaften von Polymeren lassen sich durch das strukturmassig sehr simplifizierende Modell der elastischen Hantel (E: elastic dumbbell) simulieren (Abb. 4-34.111). Die Masse der Kette ist hier in lediglich zwei Perlen vereinigt, die durch eine masselose Feder rnit einer variierbaren Federkonstante verbunden sind. Realistischer ist das Perle-Feder-Modell (E: bead-spring-Modell), das die Polymerkette durch viele durch Federn verbundene Perlen wiedergibt (Abb. 4-34, IV und V). Zwischen den Perlen bestehen entweder keine hydrodynamischen Wechselwirkungen (Rouse-Modell) oder doch (Kirkwood-Riseman-Modell). Das Modell wird sowohl fiir Monte Carlo-Rechnungen als auch fiir Sirnulierungen mit der Brown'schen Dynamik und der Molekiildynamik verwendet. Bei der Brown'schen Dynamik (E: Brownian dynamics) berechnet man fiir FederPerle-Modelle die zeitliche hderung der Wahrscheinlichkeitsdichte 0 des Polymeren aus der Summe aller Potentialenergien, die sich wiederum aus einem Lennard-Jones-Potential und einem harmonischen Potential der Feder zusammensetzen. Die Proportionalitiitskonstante ist der Diffusionskoeffizient,der wiederum durch die thermische Molekiilbewegung gegeben ist. Die Brown'sche Dynamik sirnulien also die r2umliche Verteilung der Kettensegmente durch den Irrflug der Brown'schen Bewegung eines Teilchens. Bei der Molekularmechanik (E: molecular mechanics) berechnet man mit Hilfe eines Kraftfeldes (Kap. 4.8.3). wie sich Bindungslbgen, Valenzwinkel und Torsionen bei me-
126
4.8. Atomistische und molekulare Modellierung
chanischen Beanspruchungen 2ndern. Diese Potentialfunktionen sind wegen der Vielzahl mllglicher Makrokonformationen sehr komplex. Aus diesem Gmnde, und weil bei diesem Verfahxen keine Potentialschwellen uberschritten werden, erh2lt man in der Regel nur lokale Energieminima und nicht globale. Die resultierende Potentialenergie des Molekiils bzw. Systems wird dann in die Gleichungen der klassischen Mechanik (Dehnung als Funktion der Spannung usw.) eingeschleust. Die Variablen des Kraftfeldes (Bindungswinkel usw.) werden bei Energieminimierungen (E: energy minimizations) mit geeigneten mathematischen Verfahren systematisch in Richtung der Makrokonformationen mit den niedrigsten Potentialenergien variiert. Der Rechenaufwand nimmt dabei mit dem Quadrat der Anzahl der Atome zu. Um ihn zu vemngem, vereinfacht man die benutzten Kraftfelder, fiihrt periodische Randbedingungen ein und/oder beriicksichtigt Krafte nur bis zu einer bestimmten L a g e ("cutoff'). Die aus solchen Energieminimierungen resultierende Suuktur entspricht Makrokonformationen bei einer Temperatur von 0 K. Die Molekiildynamik (Molekulardynamik; E: molecular dynamics) beriicksichtigt, dass Molekule nicht starr sind. Sie geht von den klassischen Newton'schen Gleichungen fiir die Bewegung eines Systems aus N Atomen aus, die gemgss dem gewwten Kraftfeld miteinander wechselwirken. Die in den Newton'schen Gleichungen auftretenden Differentialquotienten nach der Zeit und dem On werden dazu durch genugend kleine Differenzenquotienten ersetzt. Dem modellierten System wird kinetische Energie zugefiihrt, so dass es sich nunmehr auf einer htiheren Temperatur befindet, wodurch Potentialschwellen uberwunden werden kbMen. Der neue Zustand wird dann als Funktion des alten berechnet, typischerweise fiir Zeitintervalle von Femtosekunden ( s), was bereits Rechenzeiten in der Griissenordnung von Stunden und Tagen erforden. Die Dynamik der Konformations- und Eigenschafts2nderungen wird dann uber einen Gesamtbereich von Picosekunden (10-12 s) bis Nanosekunden (10-9 s) verfolgt, was Rechenzeiten von Wochen und Monaten entspricht.
4.8.3.
Atomistische Kraftfelder
Viele Modellierungen erfordem die Kenntnis der Potentialenergie. Diese Energie wird aus Kraftfeldem berechnet. Einige Kraftfelder stiitzen sich nur auf einfache valenzabhmgige Energien Evsl und Energien Enon zwischen nichtgebundenen Atomen. Andere Kraftfelder ziehen auch noch gekoppelte valenzabhagige Energien Evd,c zu. Die verschiedenen Kraftfelder unterscheiden sich ferner in den diese Energien beschreibenden mathematischen Funktionen sowie in den Parametem dieser Funktionen. Manche AnsHtze sind auf Einzelmolekule ("Gaszustand") beschrankt, andere kdMen auch Molekulverb2nde (Kristalle, ungeordnete Zustande) analysieren. Einige der im Handel befindlichen Computerprogramme erlauben die Wahl verschiedener Kraftfelder. Die einfache valenzabhhgige Energie E v d setzt sich aus vier verschiedenen Typen von Energien zusammen, wobei jeder Typ die Summe der Beitdge aller Atome darstellt (s. unten). Die vier verschiedenen Typen reprasentieren die erforderlichen Energien Ebd zum Dehnen von Valenzbindungen (ie 2 beteiligte Atome), E , zum Aufweiten der Valenzwinkel (ie 3 beteiligte Atome). Ee zum Deformieren der Torsionswinkel (ie 4 beteiligte Atome) und Em von Inversionen (ie vier beteiligte Atome) (Abb. 4-35).
127
4. Makrokonformationen
Abb. 4-35 Einfache vale-gige Energien fiir das Dehnen von Valenzbindungen ( E d . Aufweiten von Bindungswinkeln Torsionen urn Valenzbindungen (Eo) und Inversionen (die Energie Em kt notwendig, urn die Bindungen AI-AZ, A1-A3 und A1-& in einer Ebene zu halten, d.h. A1 kann iik oder u n m der Ebene Az-A3-& liegen).
(m.
Die Energien Enonzwischen nichtgebundenen Atomen stammen von drei Typen: van der Wads-Wechselwirkungen Evdw, elektrostatischen Effekten E, und Wasserstoffbriicken E H . Jede dieser Wechselwirkungen kann intra- oder intermolekular sein und zudem zwischen zwei oder mehr nichtgebundenen Atomen auftreten (Abb. 4-36).
intermolekular
\
intramolekular
Abb. 4-36 Intra- und intermolekulare Wechselwirkungen zwischen nichtgebundenen Atomen 0.Jede dieser Wechselwirkungen kann von van der Waals-Wechselwirkungen, elektrostatischen Effekten oder Wasserstoffbriickenbindungen stammen (schematisch).
Gekoppelte valenzabhihgige Energien treten auf, wenn zwei oder mehr einfache valenzabhhgige Energien kombiniert werden (Abb. 4-37):
Iv
V
VI
w
Abb. 4-37 Gekoppelte valenzabh2ngigeEnergien: zwei Bindungsdehnungen(IBindungsdehnung ), und Valenzwinkeldeformation 0,zwei Winkeldeformationen @I), Kopplung von Bindungsdehnung und Torsion an benachbarten Bindungen (IV) oder der gleichen Bindung (V), Kopplung von Torsion und Valminkeldefomarion an einer Bindung (vr) oder an zwei Bindungen (W).
Die gesamte Potentialenergie ergibt sich somit zu
128
4.8. Atomistische und molekulare Modellierung
Die Ansltze fiir die einzelnen Energien seien anhand des einfachen DREIDINGKraftfeldes besprochen. da hier im Gegensatz zu anderen Kraftfeldem (AMBER, CHARMM. CVFF usw.) Atome des gleichen Typs identisch behandelt werden, also unabhllngig von ihrem Vorkommen in Ketten, Ringen und Substituenten. Bei jedem Atom sind jedoch die Bindungsabsmde. van der Wads-Radien usw. entsprechend den Elektronenkonftguration verschieden, so dass 2.B. beim Kohlenstoff zwischen s$ (tetraedrisch). s$ in Resonanzsystemen, sp2 (trigonal) und sp1 (linear) unterschieden werden muss. Die Energie EM zum Dehnen einer Valenzbindung von der Lllnge bo auf die L h g e b wird bei DREIDING und AMBER als die Energie eines einfachen harmonischen Oszillators angesetzt; anschliessend wird uber alle Valenzbindungen summiert: ; Kb = Kraftkonstante
~ -b ~ ) ~ Andere Kraftfelder addieren noch h6here Glieder, 2.B. KW(b - b ~ + )Kb+@(b bei CFF91. Da die L h g e b beliebige Werte annehmen kann, fiihren alle derartigen Anslltze zu unendlich hohen Energien &. Tatslchlich trennen sich jedoch alle Bindungen bei einer bestimmten Trennungsenergie, was oft durch einen "cut-off' beriicksichtigt wird. Beim DREIDING-Kraftfeld kann anstelle von G1.(4-81) auch eine Morse-Funktion Ebd = Eb{ exp[-(b,h - bo)] - 112 verwendet werden, welche anharmonische Glieder nahe dem Gleichgewichtswen bo sowie die TRMungSenergie Eb einschliesst. Die Energie ET zum Aufweifen eines Vulennvinkels von 80 im Gleichgewicht auf 8 wird 2.B. bei AMBER analog zu G1.(5-2) als harmonische Form angesetzt (mit dem Valenzwinkel 7 anstelle der Bindungslhge b), bei CFF91 entsprechend mit zusatzlichen h6heren Gliedem. Da diese Formen bei 7 + 180" jedoch nicht die Neigung null liefem, benutzt DREIDING statt dessen eine harmonische Cosinus-Form: (4-82)
Ex = & (1/2) K,(COSr - cos
70)~
; KT = Kraftkonstante
Die Energie Ee zur Deformation des Torsionswinkelsvon 80 auf 8 wird uber (4-83)
Ee = & (1/2) AEs{ 1 - cos [Nsym(8- 64312)
; AES = Rotationsbamere
berechnet, wobei Nsym = Kraftfeldsymmetrie (2, 3 oder 6). CFF91 verwendet Stan dessen die Summe von drei Gliedem AE${ 1 - cos (i8- 80.i)) rnit i = 1, 2 und 3. Inversionen werden bei DREIDING wie bei spektroskopischen Betrachtungen mit ; K, = Kraftkonstante
beschrieben, wobei w = Winkel zwischen der Bindung Al-A2 und der Ebene Al-AyA4. Bei bioorganischen Molekfilen werden Inversionen dagegen oft als unechte Torsionen (E: improper torsions) aufgefasst. In CHARMM ist w dann der (unechte) Torsionswinkel von A I - A in ~ Bezug auf A3-A4, wobei der Winkel zwischen den Ebenen A I - A z - A ~und A2-AyA4 der Diedewinkel der unechten Bindung A2-A3 ist. Beirn AMBER-Kraftfeld ) ~{ 1 - cos [i(I9 - &)I] ersetzt, wobei I9 der Winkel zwischen den wird (w - ~ 0 durch Ebenen A1-A2-A4 und A1-AyA4 ist und i = 2 (planar) bzw. i = 3 (tetraedrisch).
129
4. Makrobnformationen
Van der Waals-Wechselwirkungen zwischen nicht gebundenen Atomen mit dem Abstand L werden mit dem Lennard-Jones-12,bPotentialwiedergegeben:
A und B sind dabei Konstanten. Altemativ kann auch ein Exponent(-6)-Potential exp(- CL)- BLd verwendet werden. Elekfrostarische Wechselwirkungen zwischen Atomen rnit den elektnschen Ladungen qA und 4s im Abstand LA-B werden mit
EvdW = &dw A
berechnet, wobei er = relative Permittivitiit des Mediums (& = 1 fiir einzelne Molekiile ("Vakuum"!)) und Kq = Umrechnungsfaktor f i r die in verschiedenen physikalischen Einheiten gemessenen physikalischen Grtissen q und L. Die Energie einer Wasserstoffbriicke der L u g e L und dem Winkel ODHA zwischen Donor D. Wasserstoffatom H und Akzeptor A ergibt sich aus (4-87)
EH= & &[(C/L12) - (C'/L1')1 Ws4 &HA
wobei C und C' Konstanten sind. Dreiding verwendet im Gegensatz zu vielen anderen Kraftfeldern keine gekoppelten valenzabhsingigen Energien. Die Kopplung zwischen Bindungsdehnung und Valenzwinkelaufweitung (Abb. 4-37, 11) kann 2.B. iiber Ebe = Cbr Kh(b - bo)(r- q)berechnet werden. Mit der Zahl der Kopplungsterme steigt die Zahl der Anpassungsmtiglichkeiten und damit aber auch der Rechenaufwand. Die bei den verschiedenen Kraftfeldem verwendeten Molektildaten weichen z.T. untereinander und von den "mittleren" Wenen der Literatur ab (Tab. 4-12). sowie auch von den experimentellen Daten. Vergleiche der Ergebnisse von mit verschiedenen Kraftfeldem arbeitenden Computerprogrammen wurden offenbar nicht veroffentlicht.
Tab.4-12 CovalenmdienR,, van der Waals-Radien RvdW (= 1/2 der van dex Waals-Bindung)und Ionenradien Ri, als "mittlereWerte" [31] und beim DREIDING-Kraftfeld[32]. 1 A = 0.1 nm. Atom
RcdA Mittel Dreiding 0,37 0,77 0.75 0,73 0,71 1,18 1,02
0,330 0,770 0,700 0,670 0,702 0,660 0,611 0,937 1.040
RvdWIA Mittel Dreiding 1,32 1,67
1,598 1,949
1,50 1.55 230 1,80
1,83 1 1.702 1,736 2.135 2,015
R,IA
Mittel
0.13 (Ns') 12 6 (@) 1,19 (F1-) 1,70 (Si4-) 0,42 (Sib) 1.70 (S2-)
130
A-4.
A-4.1. Valenzwinkel-Kette mit freier Drehbarkeit
Anhang
A - 4.1. Valenzwinkel-Kette mit freier Drehbarkeit Zur Berechnung der Mittel iiber die Quadrate der Fadenendenabstiinde von Valenzwinkel-Ketten mit freier Drehbarkeit geht man von der Reihe der G1.(4-18) aus (4-18)
+ 2 (N - 2)bz cos2 a + + 2 ( N - 3)b2 c0s3 a + ... + 2 (N - i)b2 cosi a + ... +
(r2)of= Nb2 + 2 ( N - l)b2 cos a
2 b2 cosN-' a
oder nach dem Vereinfachen der Schreibweise mit cos a = x (4-1 8a)
(r2)of= Nb2 + 2 ( N - l)b2x
+ 2 (N - 2)b2x2 + 2 (N - 3)b2x3 + ... + 2 (N - i)b2xi + ... +
2 b2xN-l
Die zweiten, dritten ... Glieder dieser Reihe werden in einer Summe zusammengefasst. deren beide Terme mit N bzw. i wiederum in je eine Einzelsumme zerlegt werden: N-1
(A 4-1)
(r2),f = Nb2
+ 2 b2 c ( N - i ) x i =
Nb2 + 2 b2N
i=l
N
c x'
i=l
.
N
- 2 b2
c ix'
i=l
Die zweitletzte Summe der Gl.(A 4-1) ist wegen 1 I i I N eine endliche Sene. Sie lass1 sich aber wegen (A 4-2)
cN xi= c x' = x
i=l
x
i=O
in zwei neue Summen iiberfiihren, die beide wegen x = (cos a) < 1 in die gleiche unendliche geometrische Reihe 1 + x + x2 + ... = 1/(1 - x ) umgewandelt werden konnen. Die letzte Summe der Gl.(A 4-1) kann man W i c h als
c ix'. = x c ixi-' N
( A 4-3)
i=l
N-1
i=l
c ( N +i)xi-' oD
ixi-' - x N
=x i=l
i=l
schreiben. woraus man wiedenun eine unendliche Reihe 1 + 2 x + 3x2 + ... = 1/(1 - x ) ~ erhitlt. Die beiden Summenausdriicke der Gl.(A 4-1) werden also zu
i=l
i=l
Einsetzen der Gl.(A 4 4 ) in Gl.(A 4-1) liefert ( A 4-5)
(
(r2)of=Nb2 + 2 N b 2 x ( l - x N ) - 2 b2x b X N 2 ) + 2 b 2 x ( "N) 1-x (1 - x ) 1-x
4. Makrokonformationen
131
Der Komplement2rwinkel a ist kleiner als 90";also wird cos a kleiner als 1 sein. Fur sehr gmsse N svebt folglich xN = (cos a p dem Wert 0 zu. In Gl.(A 4-5) wird der erste Klammerausdruck zu 1/(1 - x), der zweite zu 1/(1 - x ) ~und der dritte zu 0. Aus der Gl.(A 4-5) erhtilt man dann (A 4-6)
(r2),f= Nb2
und mit x = cos a = cos (180O - T) sowie 1 + cos a = 1 - cos T (A 4-7)
(r2),f
=Nb
mit der rechts stehenden Niiherung fiir N + =. Fiir andere als geslttigte Kohlenstoffketten ergeben sich wegen der unterschiedlichen Bindungslhgen und -winkel bei Heteroatomen, Doppelbindungen usw. in der Kette kompliziertere Ausdriicke.
-
A 4.2. Beziehung zwischen Fadenendenabstand und Triigheitsradius bei Phantom-Ketten Segment-Ketten, Valenzwinkel-Ketten mit freier oder behinderter Drehbarkeit sowie die auf RIS-Modellen beruhenden Ketten sind smtlich Phantom-Ketten, da sie ungestUrte und damit unendlich dunne Ketten darstellen. Bei allen linearen Phantom-Ketten sind Fadenendenabstand und Tt"dgheitsradiusin gleicher Weise miteinander verkniipft. Die Massen der Kettenatome seien in N Massepunkten konzentriert und durch Bindungen der L h g e b miteinander verbunden. R1 sei der Vektor vom Schwerpunkt S zum ersten Massenpunkt, Ri der entsprechende Vektor zum i-ten Massenpunkt und ri der Vektor zwischen diesen beiden Massenpunkten (s. Abb. 4-12). Fiir jeden Massenpunkt gilt Ri = R 1 + ri. Fiir alle Massepunkte 1 I i 5 N erhnt man & Ri = N R 1 + & ri = 0 und daher auch (A 4-8)
R 1 = - (l/Nc) & ri
Das Mittel iiber die Quadrate der Trggheitsradien ist das zweite Moment der Massenverteilung aller Radien R , also bei einer Segmentkette: (s2),, = ( X i miRiZ)/Xi mi. Die Massen mi sind jeweils identisch, die Zahl der Kettenglieder ist daher N = ( X i mi)/mi. Man kann die Mittelung ausserdem erst iiber alle Summen und d m iiber die Produkte ausfihren oder erst iiber die Produkte und dann uber die Summen. Man erhnt
132
A-4.2. Beziehung zwischen Fadenendenabstand und Triigheitsradius bei Phantom-Ketten
Auf der rechten Seite dieser Gleichung wird R1 durch die jeweils fiir i und j angesetzte Gl.(A 4-8) ausgedriickt: (A 4-1 1)
(s2),, = ( l / @ ) ( Z i Z j fir,) + (l/N)
X i ri2 - (2/N2) ZiZj
rirj
= (I/N) Zi ri2 - (I/@) ZiZj rir, D ~ Skalarprodukt s wird nach der Cosinus-Regel rirj = rirj.COS w = [ri2 + rj2 - rij21/2 geltist. Da die Indices i und j definitionsgemass die gleiche Bedeutung haben. ist die Summierung iiber die Quadrate der Abstainde identisch. Einsetzen dieser Beziehung in die Gl.(A 4-11) fiihrt zu (A 4-12)
(s2)oo = [1/(2 Nc2)] X i X j (rij2)
wobei der Mittelwen ( 1 ~ 2 )der Fadenendenabstand einer Kette von lj-il Elementen der L a g e b ist, d.h. (rh2) = lj-il.b2. Die Grosse b2 wird nach G1.(4-17) durch b2 = (r2)oo/N ausgedriickt. Man erh2lt somit aus Gl.(A 4-12) (A 4-13)
( s ~ =) [~142 ~ N2)] ZiZj Ij-il(r2)&N
Das Summenprodukt der absoluten Differenz lj-il kann fiir jede Summe einzeln gelost werden. Die Summierungen uber alle j-Werte (GI.(A 4-14)) und uber alle i-Quadrate (Gl.(A 4-14a)) ergeben j= N
(A 4-14)
I
Clj-il = C l i - j l + j-1
j-1
N
Clj-il j=i+l
= i2- (1/2)i(i+l)
+ (1/2)(N-i)(N+i+l) - i(N-i)
= i2- iN + (1/2)@
+ (1/2)N-i
(A 4-14a) Zi i2 = l2 + 22 + ... @ = N(N + 1)(2 N + 1)/6. Daraus folgt fiir N >> 1 der Ausdruck
Einsetzen von Gl.(A 4-15) in Gl.(A 4-13) liefert die Beziehung
GI.(A 4-16) wurde fiir eine Segmentkettemit bz = ($).,JN abgeleitet. Berechnungen fiir die komplizierteren Fale der Valenzwinkelketten mit freier oder b e s c h r i i r Drehbarkeit oder fiir die mit dem RIS-Modell erhaltenen ungestllrten Knluel liefern jedoch die gleichen Ergebnisse, da dann lediglich die Bindungshge b durch die effektiven Bindungskingen b' oder b" ersetzt wird. Solange statistische Knauel mit N --f w im ungesmrten Zustand vorliegen, sind die Mittel uber die Quadrate der Tdgheitsd e n immer urn den Faktor 6 kleiner als die mittleren Abstandsquadrate. Ausser ($), = (9),,J6 gilt also auch ($)m = (9)0,./6,( ~ * ) ~(rz),d6 f = und (&, = (9)J6.
133
4. Makrokonfonnationen
A-4.3.
Verteilung der Fadenendenabstande
Bei einem Ensemble von Phantomketten gleicher Liinge sind die Fadenendenabsmde
zu jeder Zeit statistisch verteilt. Diese Verteilung wird analog zu dejenigen der Maxwellschen Geschwindigkeitsverteilungvon Molekiilen in einem idealen Gas abgeleitet. p(rx) sei die Verteilungsfunktion der x-Komponente des Fadenendenabstandes r. Da der Raum isotrop ist, muss gelten p(rx)= p(- rx) und folglich auch p(rx)=f(rx2). Die drei Verteilungsfunktionen fiir die drei mtiglichen Raumrichtungen mussen bei einer kleinen Zahl N von Bindungen voneinander abhiingen. Bei N = 1 muss z.B. gelten rx2 + ry2 + rz2 = b2. wobei b der Bindungsabstand ist. Die drei Komponenten werden jedoch umso weniger voneinander abhagen. je gasser die Zahl der Bindungen ist. Wird N sehr gross und ist gleichzeitig r2 vie1 kleiner als das Quadrat der L a g e des ausgestreckten Molekiils. dann ktinnen die Komponenten als unabhagig voneinander betrachtet werden. Die totale Wahrscheinlichkeit ist d a m einfach das Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten, oder p(rx)p(ry)p(rz)=f(rx2xry2xrz2). Diese Wahrscheinlichkeit kann jedoch nicht von der Raumrichtung abhingen. Sie muss eine Funktion der Quadrate der Fadenendenabstiindesein, also r2 = rx2 + ry2 + rz2. Es muss also gelten (A 4-17)
f(rx2Mry2)f(rz2)= F(r2) =f(rx2 + ry2 + rz2)
Die Bedingung (A 4-17) kann nur durch eine einzige mathematische Funktion befriedigt werden. nmlich durch (A 4-18)
p ( r x )= f ( r x 2 )= exp (- drx2)
Das Minus-Zeichen kommt dabei von der Bedingung, dass p ( r x ) gleich null werden muss, wenn rx gegen unendlich strebt. Die Konstante d kann wie folgt ermittelt werden. Die Verteilungsfunktion muss nonnalisiert werden, d.h. es gilt (A 4-19)
p(rx)drx=
I--+-
exp (- dr:)(x / d)1/2= 1
Das zweite Moment der Verteilungsfunktion muss ausserdem das Mittel uber die Quadrate der Komponenten von r geben, d.h. (rx2)= (r2)/3 = Nb2/3:
Dividieren von Gl.(A 4-19) durch Gl.(A 4-20) und Einserzen in Gl.(A 4-18) fiihrt zur Gauss-Verteilung der Fadenendenabsthde im eindimensionalen Fall:
134
Kraffeld-Bibliographie
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4. Makrokonfonnationen
135
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138
5.
Streumethoden
5.1.
Ubersicht
Staubteilchen glitzem in Sonnenstrahlen, weil das an den Staubteilchen gestreute Licht seitlich abgestrahlt w i d Die Intensitat dieses Tyndall-Effektes wird durch die TeilchengrOsse bestimmt. Solche Streuungen werden aber nicht nur von Staubpartikeln erzeugt, sondem auch von Molekulen. Sueumethoden sind daher die wichtigsten Methoden fiir die direkte Bestimmung der Griisse und Form von Makromolekulen. Die einfallenden elektromagnetischen Wellen verschieben bei Teilchen (Molekulen und Partikeln) Elektronen und dazugehorige Atomkeme in entgegengesetzte Richtungen. Die so entstehenden Dipole folgen dem schwingenden elektrischen Feld mit gleicher Frequenz und senden dabei elektromagnetische Strahlung aus, die Streustrahlung. Je mehr Dipole pro Teilchen (bzw. deren Masse oder Molmasse) erzeugt werden, umso griisser ist die Streuintensitlt. Die Intensitat des gestreuten Lichtes ist bei grtisseren Teilchen winkelabhagig, da sie von der Verteilung der Dipole in den Teilchen bestimmt wird, also von den Abmessungen und Gestalten der Teilchen. Die Theorie der Streuung elektromagnetischer Wellen gilt fiir alle Wellenlagen (Abb. 5-1). Fur Polymere sind dabei die Gebiete des sichtbaren Lichtes (Wellenlagen zwischen 300 nm und 700 nm), Neutronenstrahlen (0,l nm - 1 nm), Rontgenstrahlen (0,02 nm - 2 nm) und Elektronenstrahlen (ca. 0,Ol nm) am wichtigsten. Die statische Lichtstreuung (E: static light scattering) misst die Differenz der Polarisierbarkeiten von Makromolekulen und LOsungsmitteln, die Rontgenkleinwinkelstreuung(E: small angle X-ray scattering, SAXS) die Differenz der Elektronendichte von Molekulen, und die Neutronenkleinwinkelstreuung (E: small angle neutron scattering, SANS) die Differenz der kohgrenten Neutronenstreulangen von Monomereinheiten und Losungsmittelmolekulen. Statische Streulichtphotometer sind relativ preiswert und daher in vielen Laboratorien anzutreffen. Rontgenkleinwinkelmessungen sind dagegen sehr vie1 aufwendiger. Neutronenquellen sind so ausserordentlich teuer, dass SANS-Messungen weltweit nur in wenigen, hochspezialisierten Instituten ausgefiihrt werden konnen. Bei Streuverfahren unterscheidet man je nach dem Verhiiltnis der Teilchenabmessungen L zur Sonde (der Wellenlage A der Strahlung) zwei Bereiche:
Rayleigh-Bereich: Teilchen weit kleiner als die Wellenlwge (L < 0,05 A); Debye-Bereich: Teilchengrosse im Bereich 0,05 < L/A I 1/2. Der Mie-Bereich beginnt bei etwa UA > I n . Da Makromolekiile in der Regel griisser als 1 nm sind, bewegt man sich bei Neutronen- und Rantgenkleinwinkelmessungen praktisch immer im Debye-Bereich. Bei Streulichtmessungen befindet man sich dagegen oft noch im Rayleigh-Bereich.
ELF
Radio
Mikrowelle
IR S UV
Rontgen, y'
139
5. Strewnethoden
5.2.
Statische Lichtstreuung: Rayleigh-Bereich
5.2.1. Grundlagen Eintretendes Primirlicht der Intensitit I , = P,/A (= Energiefluss pro Fliche) wird beim Durchgang durch ein streuendes Medium nach dem Beer'schen Gesetz (5-1)
I = I , - Is = 1,exp (-.rL)
um die Intensitiit I , des Streulichtes vermindert. L ist der im Medium zuriickgelegte Weg und 7 der Absorptionskoeffizient der Streustrahlung. Die Gesamtintensitiit lo = I + I , bleibt konstant. Die Lichtstreuung ist somit eine konservative Absorption und nicht eine konsumptive wie die Lichtabsorption farbiger Usungen. Die Streulichtintensitiit Is betrigt bei reinen Flussigkeiten und verdunnten Usungen von Makmmolekiilen nur ca. 1/10 OOO bis 1/50 OOO der Primirintensitiit lo.Sie wird daher direkt gemessen und nicht wie bei der Turbidometrie (Nephelometrie) d s Differenz I, - I der ein- und austretenden Intensiaten. Der theoretisch einfachste Fall liegt bei verdiinnten Gasen vor. Die Teilchen (Atome, Molekiile) des Gases sind weit kleiner als die WellenlZnge &, des eingestrahlten Lichtes. Die Zahlenkonzentration N/V der Teilchen ist gering. Jedes Gasteilchen streut daher unabhilngig von den anderen Teilchen; Wechselwirkungen der Molekiile untereinander treten nicht auf. Es gibt auch keine Wechselwirkungen mit der Umgebung der Teilchen, da das "L6sungsmittel" bei verdiinnten Gasen das Vakuum ist. Bei Streuexperimenten wird ein monochromatischer Primlrstrahl der Intensitat 1, in einem Medium gestreut. Die in einem kleinen Volumen V im Abstand L von der Prim&quelle unter dem Winkel 6 beobachtete Streuintensitlt betrlgt Id. Gemessen wird das Rayleigh-VerhBltnisRfi' ( E Rayleigh ratio), das kein Verhiiltnis ist, sondem eine reduzierte Streuintensitgt mit der physikalischen Einheit einer reziproken Lilnge:
In verdunnten Gasen als Medium stammt die Streuung lediglich von der Polarisierbarkeit a der Gasteilchen (a weist die physikalische Einheit eines Volumens auf). Das elektrische Wechselfeld des eingestrdten Lichtes erzeugt in den bestrahlten Teilchen Dipole, die in Phase schwingen, und zwar umso stiirker. je grosser die Polarisierbarkeit ist. Polarisierbarkeiten sind der elektrischen Feldst5rke proportional. Intensitaten sind ferner nach dem Poynting-Theorem dem Quadrat der elektrischen Feldsurke E proportional. Also sind Streuintensitlten proportional dem Quadrat der Polarisation. Elektrische Feldstiirken sind aber auch reziprok proportional dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit. Lichtgeschwindigkeiten c^ sind zudem mit der WellenlZnge A uber die Winkelfrequenz o = 2 x t / A verkniipft. Wegen des Poynting-Theorems ist daher die StreuintensiCtt nach 1, E2 t4 auch einem Faktor 16 &A4 proportional. Das beobachtbare Rayleigh-Verhaltnis R,' ist ferner eine Funktion der Polarisation des einfallenden Lichtes. Bei unpolarisiertem (natiirlichem) Licht uberlagern sich linear horizontal und linear vertikal polarisiertes Licht, jedes mit gleicher Intensitat.
- -
140
5.2. Statische Lichtsrreuung: Rayleigh-Bereich
Abb. 5-2 Streudiagrammekleiner, isotroper Teilchen bei (links) vertikal und (rechts) horizontal polarisiertem Einfallslicht. Obere Reihe: Polarisiertes Licht (Wellenlinie) erzeugt einen schwingenden Dipol (starker Pfeil). Untere Reihe: Polardiagramme der Streulichtintensitn.
F U t nun vertikal polarisiertes Licht in x-Richtung auf das Teilchen, so wird ein in zRichtung schwingender Dipol induziert (Abb. 5-2). Die Feldstarke des gestreuten Lichtes ist senkrecht zur Dipolachse am grossten. In Richtung der Dipolachse ist sie dagegen gleich null. Die Feldsarke ist somit proportional zu sin OV,wobei & der Winkel zwischen der Dipolachse und der Beobachtungsrichtung ist. Die Intensitit des vertikal polarisierten Streulichtes ist folglich in der xy-Ebene unabh&gig vom Beobachtungswinkel. Bei horizontal polarisiertem Einfallslicht schwingt dagegen der Dipol in der y-Richtung. Senkrecht zur Dipolachse wird wiederum die gr6sste Intensitat beobachtet. In der y-Richtung ist die Intensitat gleich null. Die Feldstarke ist proportional zu sin &, wobei 4 der Winkel zwischen der Dipolachse und der Beobachtungsrichtung ist. Die Streuintensitgten sind den Quadraten der Feldstarken proportional, also sind die Quadrate der Sinus-Funktionen zu beriicksichtigen. Das Einfallslicht setzt sich je zur Hdfte aus den vertikal und den horizontal polarisierten Komponenten zusammen. Die Winkelfunktion betragt folglich (sin2& + sin2&)/2 = (1 + cos2t9)/2. Da bei horizontal polarisiertem Licht das Rayleigh-Verhatnis bei 19 = 90" gleich null wird, nimmt man fiir Streulichtmessungen nur unpolarisiertes oder venikal polarisiertes Licht. Das Rayleigh-Verhgtnis eines Systems mit einer Zahlenkonzentration C = N/V von N kleinen Teilchen im Volumen V ergibt sich demgemlss nach der elektromagnetischen Theorie (fiir eine exakte Ableitung vgl. Lehrbucher der Physik) bei unpolarisiertem (naturlichem) Licht mit der Wellenlange I im Medium zu
(5-3)
R,' = -
sin2 f i V ) C=- 16 ;:a2 (1
+ c;s2
19) N
V
5. Strewethoden
141
Es ist zweckmksig, das Winkelglied 1 + cos2 6 in das Rayleigh-VehiilUtnis mit einzubeziehen. Das Rayleigh-VerhZltnis Rfi = Rd'/(l + a s 2 8)h a g t dann bei kteinen Teilchen nicht mehr vom Streuwinkel 6 ab. G1.(5-3) wird in diesem Fall zu
Bei Gasen erhU man das Rayleigh-Verhiiltnis direkt aus der Streuintensitiit des Lichtes, bei Losungen dagegen aus der Differenz der Streuintensiaten von Losung und Losungsmittel. In G1.(5-4) kann dabei die Wellenlage A des Streulichtes im Medium nach A = AJn durch die eingestrahlte Wellenlhge &, ausgedriickt werden, wobei der Brechungsindex n des Mediums bei verdiinnten Losungen durch den Brechungsindex n l des Usungsmittels approximierbar ist. Als nicht direkt messbare Grlisse verbleibt die Polarisieharkeit a der Teilchen. Sie ist jedoch nach Clausius-Mosotti aus der relativen Permittivitllt E, berechenbar:
Bei Gasen ist die relative Pemittivitat er = 4~(friiher: DielektrizittItskonstante)diejenige des Teilchens im Vakuum. Die relative Pemittivitit des Vakuums ist somit E+,O = 1. Bei verdunnten Liisungen betrachtet man entsprechend die relativen Permittivitgten E, der Losung und er,l des Lbsungsmittels. Die relative Permittivitgt einer verdiinnten Ulsung ist jedoch nur geringfiigig grosser als diejenige des Ulsungsmittels. so dass man E,+ 2 ~ 1 .= 1 3 Er.1 setzen kann. G1.(5-5) wird also zu
Nach Maxwell lkst sich weiter die relative Permittiviat durch das Quadrat des entsprechenden Brechungsindex ersetzen. Es gilt also Er.1 = n12 und 4- e r . ~= n2- n12. Die Brechungsindices n verdiinnter Losungen sind femer konzentrationsabhiingig, was durch n = nl + (dn/dc)c ausgedriickt werden kann. Die Steigungskonstante dnldc ist das Brechungsindexinkrement. Quadrieren liefert n2 = n12 + 2 nl(dn/dc)c + (dn/dc)2c2. Das quadratische Glied (dn/dc)2c2 ist aber im Vergleich zu den anderen Gliedem sehr klein und damit vemachlgssigbar. Fiir die Polarisierbarkeit ergibt sich somit
G1.W) wird nach dem Einsetzen von G1.(5-7) und der Beziehung N/V = cNA/M, zu
142
5.2. Statische Lichtstreuung: Rayleigh-Bereich
Die optische Konstante Kfienthiilt ausser N A und nummerischen Konstanten nur die experimentellen Grossen nl, dnldc und A., Das Brechungsindexinkrement dnldc ist bei konstitutionell gleich aufgebauten Polymermolekiilen hoher Molmasse unabhagig vom Polymerisationsgrad. da dann die Beitrage der Endgruppen vemachlassigbar sind. Die optische Konstante Kfider G1.(5-8) ist in diesem Fall eine Systemkonstante, die nur noch von der Polymerkonstitution, dem Losungsmittel und der Temperatur abhwgt. Das Rayleigh-Verhiiltnis R s ist ebenfalls direkt messbar. Falls das Streulicht depolarisien ist, muss der gemessene RsWert jedoch noch mit dem Cabannes-Faktor
multipliziert werden. Dieser Faktor berechnet sich aus den horizontalen (Index h) und vertikalen (Index v) Streuintensitaten der Lijsung (Lsg) und des Usungsmittels (LM). Aus K 6 dem Rayleigh-Verhiiltnis R8, und der Massekonzentration c ist also die verbleibende, unbekannte Molmasse M des Gelosten absolut und ohne Modellannahmen iiber die Gestalt der Teilchen berechenbar. G1.(5-8) basien jedoch auf dem Verhalten eines Gases im Grenzfall verschwindend kleiner Drucke, also unendlicher Verdiinnung. Die M-Werte aus Messungen an Losungen bestimmter Konzentrationen c sind dagegen nur scheinbare (E: apparent) Molmassen Mapp.die noch auf die Konzentration Null extrapoliert werden miissen. um die wahre Molmasse M zu liefem (Kap. 5.2.3). Bei Teilchen mit grosseren Abmessungen als ca. 0,05 &, hagen die aus G1.(5-8) berechneten Molmassen noch vom Streuwinkel 6 ab. Sie miissen folglich noch auf den Streuwinkel 6 + 0 extrapoliert werden (Kap. 5.3). Aus der Winkelabhangigkeit lassen sich wertvolle Informationen iiber die Griisse der Teilchen entnehmen. Konventionelle Lichtstreuungsgerlte arbeiten mit inkoharentem Primirlicht, dessen Wellenlhge durch Farbfilter eingestellt wird, meist bei 435,8 nm oder 546,l nm. Wegen der Inkohaenz lassen sich nur Winkel im Bereich 375' I 6 I 142,5O vermessen. Modeme Streulichtphotometer benutzen Laser als Lichtquelle, z.B. den He-Ne-Laser mit A, = 632,8 nm. Da Laserstrahlen koharent sind, kann man hier Rdbei so kleinen Winkeln messen, dass Rfipraktisch gleich dem Rayleigh-Verhiiltnis Ro beim Streuwinkel 6 = 0 wird (Abb. 5-2) (LALLS = low-angle laser light scattering). Derartige Messungen bei 6 + 0 erlauben jedoch keine Aussagen iiber die Abmessungen der streuenden Teilchen. Umgekehrt ist Ro aber im Gegensatz zu R ~ a u c hunempfindlich auf Staubteilchen, die ja erheblich grosser als Makromolekiile sind und daher bei Streuwinkeln von 6 > 0 stark das Streuverhalten beeinflussen. auch bei kleinen Staubkonzentrationen. Da sich die Streuintensitaten von Polymeren additiv aus den Streuintensitaten ihrer i Molekiile zusammensetzen, erhdt man aus G1.(5-8) fur 6 = 0 und c + 0 den Ausdruck
Aus G1.(5-8) ergibt sich daher das Massenmittel der Molmasse zu
5. Strewnethoden
5.2.2.
143
Copolymere
Bei statistischen Copolymeren, Pfropfcopolymeren und anderen konstitutionell uneinheitlichen Polymeren sind die Brechungsindexinkremente von Molekiil zu Molekiil verschieden. Als Variable ktinnen die Brechungsindexinkremente aber nicht mehr Teil der optischen Konstanten K sein. Sie mussen mit den anderen Variablen Ci und Mi vereinigt werden. An die Stelle von K tritt also eine neue optische Konstante K :
Die Brechungsindexinkremente (dn/dc)i und die Konzentrationen Ci der verschiedenen Komponenten i sind aber nicht einzeln messbar. Erhalten wird vielmehr nur das mittlere Brechungsindexinkrement (dn / dc), und die Konzentration c des gesamten Copolymeren. G1.(5-12) wird damit zu (5-13)
Ro = K(dn/dc)cp2cMw,,,app
= scheinbares Molmassenmittel aus den experimentellen Werten von Ro, mit ii?w,.p K', c und (dn/dc)cp (fiir c + O!). Gleichsetzen der Ausdriicke fiir Ro in den G1.(5-12) und (5-13) und Einfiihren von Wi = CJC sowie (dn/dc)i t Yi und (dnl dC)cp Ycp liefert fiir das scheinbare Massenmittel des Copolymeren:
Die Abweichung des Brechungsindexinkrementes (dn/dc)i = Yi der i-ten Molekiilsorte vom mittleren Brechungsindexinkrement (dn/ dc), P Ycp des Copolymeren hiingt einerseits von der Differenz A W q i I wqcp - W q i zwischen dem mittleren Anteil wqcp der aBausteine im Copolymeren und den Massenanteilen W a i der a-Bausteine im Copolymermolekul i ab und andererseits vom Unterschied (dnldc), - (dn/dc)b = AYa,b der Brechungsindexinkremente der beiden Bausteine a und b des Copolymeren:
Aus den G1.(5-14) und (5-16) erhiilt man dann
In dieser Gleichung ist die erste Summe der rechten Seite das Massenmittel der Molmasse. Die zweite Summe stellt des erste Moment der z-Verteilung der Eigenschaft AWa dar und die dritte Summe das entsprechende zweite Moment, wie man aus den Erweiterungen mit zi = miMi sieht (vgl. Kap. 2.3.3):
5.2. Statisc he Lic htstreuung :Ray leigh-Bereich
144
(5-19)
z i w i M i A ~ &=(
(I
X i miMiAwa.i X i miMi )= ~L~'lr?~ Ci miMi Ci mi
GL(5-17) lasst sich folglich mit AY = AYa,,/Y, schreiben als
Die scheinbaren Molmassen des Copolymeren h a g e n somit vom BrechungsindexParameter AY = (Y, - Y b ) / Y q ab (Abb. 5-3). Man fiihrt daher Streulichtmessungen in Ltisungsmitteln mit stark verschiedenen Brechungsindices nl und daher unterschiedlichen Werten von Yq = (dddc), bzw. 'i"w,.p,aEe aus. Das wahre Massenmittel der Molmasse des Copolymeren ist der Wert von Mw,cp,app bei (Ya - Yb)/ycp = 0. Bei konstitutiv einheitlichen Copolymeren, wie man sie z.B. durch azeotrope Copolymensation erhat, werden wegen Aw,,~= 0 auch die ersten und zweiten Momente der Zusammensetzungsverteilung gleich null. In jedem Losungsmittel wird dam stets das wahre Massenmittel der Molmasse gemessen.
mw,,
0
-- OJ -1
-
I I I I I
0
+1
- Vsty - ya")1 y,
--
-
azeotropes Copolyrneres
.
+2
Abb. 5-3 Scheinbare Massenmittel der Molmassen (bei c + 0) eines statistischen (technischen) und eines azeotropen Copolymeren aus Styrol und Acrylnitril als Funktion des Brechungsindexparameters V s t y - yan )Pep [I].
5.2.3.
Konzentrationsabhangigkeit
Bislang wurden statistisch verteilte kleine, isotrope Molekule betrachtet, die sich unabh hg i g voneinander bewegen. Bei sehr verdunnten Losungen sind nun die durch die Brown'sche Bewegung erzeugten zeitlichen und tirtlichen Schwankungen der Ltisungsmitteldichte und Polymerkonzentration in erster Naherung unabhangig voneinander. Die Streulichtintensiat des GelBsten ergibt sich in diesem Falle einfach aus der Differenz der Stmlichtintensitiiten der LBsung und des reinen L6sungsmittels.
5. Streumethoden
145
Bei htiher konzentrierten LUsungen uifft dies nicht mehr zu. Hier weicht vielmehr die momentane Polarisierbarkeit a eines Volumenelementes um einen Betrag A a von der mittleren Polarisierbarkeit (a)der Usung ab. In G1.(5-4) wird daher das Quadrat der Polarisierbarkeit zu a2 = ( ( a )+ Aa)2 = ( a ) 2 + 2 ( a ) A a + (Aa)2. Die mittlere Polarisierbarkeit ( a ) ist nun fiir alle Volumenelemente gleich gross; sie triigt nichts zu dem von der Schwankung stammenden Betrag der Polarisierbarkeit bei. Die mittlere Schwankung Act urn die mittlere Polarisierbarkeit ist ebenfalls gleich null. Nur (Aa)2 steuert etwas zur Schwankung bei. Diese Gr6sse ist aber eigentlich ein Mittelwert (Aa)2. Die Berechung von (Aa)2 ist sehr aufwendig (s. Spezialliteratur). Das wesentliche Resultat dieser Rechnungen ist jedoch, dass G1.(5-10) um das Mittel ( ( A c ) ~ der ) Quadrate der Konzentrationsschwankungen Ac enveitert werden muss. Diese Schwankungen sind der Konzentration proportional. G1.(5-10) muss daher noch mit c2 normalisiert werden, urn die korrekten physikalischen Einheiten zu erhalten. Beirn Streuwinkel 19 = 0 wird femer (1 + cos2 19)/2 = 1. Statt RO = K c Z T ~e m a t man
Die Thermodynamik fiihrt die Konzentrationsschwankungen auf eine Anderung der Konzentrationsabh2ngigkeit der Gibbs-Energie G bzw. auf die Konzentrationsabhbgigkeit des chemischen Potentials p1 des Ltisungsmittels zuriick
pl,,, ist das partielle molare Volumen des Lasungsmittels 1. Die Konzentrationsabhbgigkeit des chemischen Potentials l a s t sich bei nichtussoziierenden Polymeren durch
ausdriicken (Kap. 10.4). Die Koeffizienten dieser Reihenentwicklung sind die Virialkoeffizienten (E: virial coefficients). Der erste Virialkoeffizient A1 ist mit der reziproken Molmasse identisch, bei molekularuneinheitlichen Polymeren also mit dem reziproken Massenmittel der Molmasse. Der zweite Virialkoeffizient A2 ist ein Mass fiir die thermodynamische Wechselwirkung zwischen zwei Teilchen, der dritte Virialkoeffizient A3 ein solches fiir Wechselwirkungen zwischen drei Ktirpem. Einsetzen der G1.(5-22) und (5-23) in G1.(5-21) liefert mit kg = R / N A die Konzentrationsabhmgigkeit von KdRo. d.h. beim Streuwinkel 6 = 0: (5-24)
KClRo = (l/Ew) + 2 A ~ +c 3 A3c2 + ...
Bei Streulichtmessungen an polymolekularen Polymeren erhat man zwar das Massenmittel Hwder Molmasse (Kap. 5.2.1), aber einen wesentlich komplizierteren Ausdruck fiir den zweiten Virialkoeffizienten:
Dieser Mittelwert unterscheidet sich von denen aus kolligativen Methoden (Kap. 10-4).
146
5.2.4.
5.2. Statische Lichtstreuung: Rayleigh-Bereich
Mischliiser
Lichtstreuungsmessungen werden manchmal in Mischlosem ausgefuhrt, und zwar weil entweder einkomponentige LUsungsmittel nicht zugaglich sind oder weil man die bevorzugte Wechselwirkung einer der beiden Mischloserkomponenten mit dem Polymeren studieren mdchte. Ein solcher Mischloser kann aus zwei Liisungsmitteln bestehen, einem Ldsungsmittel und einem FUungsmittel oder sogar aus einem Gemisch aus zwei F2llungsmitteln, das dann als Mischldser wirkt (Kap. 10.1.3). Durch Mischloser wird ein thermodynamisches und ein optisches Problem erzeugt. Zum einen treten zu den Fluktuationen der Polymerkonzentrationen (Kap. 5.2.3) noch Fluktuationen der Zusammensetzung des Mischlosers. Zum anderen wechselwirken Molekiile der Mischldserkomponente 1 oft bevorzugter mit dem Polymeren 2 d s Molekiile der Mischldserkomponente 3. Diese Vorzugssolvatation wird in der Literatur haufig als Vorzugsadsorprion bezeichnet (E: preferential adsorption), obwohl es sich nicht wie bei einer echten Adsorption wn ein Geschehnis an einer Phasengrenzfliche handelt. Da die Fluktuationen der drei Komponenten gekoppelt sind, ist das Brechungsindexinkrement dnldc nicht mehr unabhagig von der Polymerkonzentration wie im Fall einer zweikomponentigen Mischung aus dem Polymer 2 und dem Liisungsmittel 1. Die Beitrtige der beiden Komponenten 1 und 3 des Mischlosers kdnnen jedoch von demjenigen des Polymeren 2 getrennt werden, wenn man jeweils bei konstantem chemischen Potential Ap des Mischlosers arbeitet. Zu diesem Zweck w i d die Ldsung des Polymeren im Mischloser gegen den Mischldser dialysiert. Im Dialysegleichgewicht sind die drei chemischen Potentiale Ap1, Ap2 und Ap3 gleich gross. Bei konstantem chemischen Potential des Mischlosers nimmt der Brechungsindex des Mischlosers den Wert np und das Brechungsindexinkrement der LUsung den Wert (dnldc)p an. In G1.(5-24) ist dann f i r die Konzentration c die jeweilige Polymerkonzentration c,, im Dialysegleichgewicht und nicht die urspriingliche Konzentration c im Mischloser einzusetzen:
Ro ist bei kleinen Molekiilen unabhwgig vom Beobachtungswinkel. Die Extrapolation auf die Konzentration cp -+ 0 des Polymeren liefert dann bei molekularuneinheitlichen Homopolymeren das wahre Massenmittel der Molmasse. Das A ~ , L sder G1.(5-26) ist jedoch nicht identisch mit dem AZ,LS der G1.(5-24). Arbeitet man dagegen nicht bei konstantem chemischen Potential, sondem venvendet den jeweils gleichen Volumenbruch 91 = 1 - 93 der Komponente 1 des Mischlosers, so wird aus dem Ordinatenabschnitt der Funktion Kc/Ro = f ( c ) nicht das reziproke Massender Molmasse erhalten, sondem ein scheinbares Massenmittel Ma, = mittel Hw Aus der Steigung bei jeweils 6 + 0 erh2lt man gleichfalls nicht den 2.Virialkoeffizienten A Z , ~sondem , einen scheinbaren Virialkoeffizienten A~,Ls/@:
147
5. Strewnethoden
Der die Abweichung von den wahren Werten hervonufende Faktor @ ist durch die Anderung dn/d#l des Brechungsindex n der LBsung mit dem Volumenbruch #1 der Komponente 1 im MischlBser und die Anderung (dn/dc)# des Brechungsindex n der LBsung mit der Polymerkonzentration c bei konstantem Volumenbruch #1 (aus schreibtechnischen Griinden als Index # statt als #I) des MischlBsers gegeben, sowie durch den Koeffizienten N der Vorzugssolvatation ("selektiver Adsorptionskoeffizient"):
Bei isorefraktiven Komponenten 1 und 3 des MischlBsers bdert sich der Brechungsindex nicht mit der Zusammensetzung des MischlBsers. In G1.(5-28) wird dn/d@l gleich Null und Y somit gleich 1. In MischlBsem aus isorefraktiven Komponenten erhat man also das wahre Massenmittel der Molmasse und den wahren zweiten Virialkoeffizienten. Bei nicht-isorefraktiven Komponenten 1 und 3 lisst sich der noch vom Volumenaus Messungen in einheitlibruch 91 abhbgige Koeffizient N ennitteln, wenn man gw chen Usungsmitteln kennt und die GrBssen dn/d@l und (dn/dc)# refraktometrisch bestimmt. Altemativ kann man die G1.(5-26) und G1.(5-27) kombinieren und N fiir c,, = c aus der Abhbgigkeit von (dn/dc)p = f(dn/d@1)berechnen: (5-29)
(dn/dc)p =(dn/dc)# +N(dn/d@l)
Der Koeffizient X der Vomgssolvatation beschreibt nach G1.(5-29) die Differenz des sich in der Niihe der Polymerkette aufhaltenden Volumens Vl,,, der Kornponente 1 zum mittleren Volumen V1 der Komponente 1 pro Masse mu der Monomereinheiten. N Werte k6nnen sowohl positiv als auch negativ sein (Tab. 5-1). Bei positiven Werten halten sich die Molekiile der Sorte 1 bevorzugt in der N2he der Polymerkette auf.
Tab.5-1 Scheinbare Molmassen fl Hw, Brechungsfaktor R,Koeffizient N und Parameter 9der Vorzugssolvatation (GL(5-30)) nach Streulichtmessungenan Poly(stp1) (PS) [2.3] und Poly(2-hydroxyethylmethacrylat) (PHEM)[3,4] in MischlBsem aus den Komponenten K1 und K3 mit dem VolumenbmCh Q i l = 1 - h. Vl,&nL m&) = 88,90 (Benzol) bzw. 74,79 (Propanol); M,/(g mol-*) = 104.15 (PS) bzw. 130,14 (PHEM).
PS
Benzol
Cyclohexan
1.00 0,75 0,50
0,35 PHEM
Propanol
Wasser
0,25 1 ,00 0,95
0,80 0,60 0,40 0,20
413 OOO 446 OOO 478 OOO 477 OOO 449 OOO 225 OOO 210 OOO 170 OOO 185 OOO 260 OOO 280 OOO
1 0,680 0,552 0,498 0,439 1 0,358 0,303 0,385 0,439 0,480
0 0,058 0,137 0,150 0,097 0 - 0,095 - 0,432 - 0,242 0,171 0,240
0 0,07 0.16 0.18 0,ll 0 - 0,17 - 0,75 - 0,42 0,30 0.42
5.2. Statische Lichtstreuung: Rayleigh-Bereich
148
I
m
I 0
0.2
0,4
0,6
0.8
I
- 4 Abb. 5-4 Vorzugssolvation 9 als Funktion des Volumenbruches der Kornponente 3 eines Mischlosers bei Poly(styro1) (PS)und Poly(2-hydroxyethylmethacrylat)(PHEM)(Daten der Tab. 5-1). 0 Experimentelle Daten, 0 extrapolierte Werte. Nimmt man an, dass die Dichten p1 der 1-Komponente in der N2he der Kette und weit entfemt davon jeweils gleich sind, so kann man die Volumina nach Vi = mJp1 durch die Massen mi ausdriicken. Die Massen m sind nach Mi = miNA/Ni mit den Molmassen Mi und Molekiilzahlen Ni verkniipft. Das Molvolumen Vl,,,, = Vl/nl = Ml/pl sollte ersetzt werden: femer wegen der Dichtehderung durch das partielle Molvolumen
Die Grtisse 3 = (Nl,, - N1)/Nu beschreibt die Vorzugssolvatation als Exzess Nl,"- N1 der Zahl der 1-Molekule pro Zahl Nu der Monomereinheiten relativ zum Durchschnitt. Bei Poly(styro1) im guten Losungsmittel Benzol (K1) lauft die Vorzugssolvatation bei Zusatz des sehr schlechten LBsungsmittels Cyclohexan (K3; T c e) durch ein Maximum (Abb. 5-4). Der Kurvenverlauf ist nach weiteren Messungen (nicht gezeigt) praktisch unabhagig von der Molmasse des Polymeren. Im Maximum befindet sich in der Nihe der Kette nach G1.(5-30) pro 1/0,25 = 4 Monomereinheiten ein Benzolmolekiil mehr als es dem Durchschnitt entspricht. Weder bei $1 = 1 noch bei $q = 1 gibt es eine Vorzugssolvatation (3= 0). Bei Ldsungen von Poly(2-hydroxyethylmethacrylat) in Propanol (K1) durchlaufen die N-Werte von 3 = 0 bei $1 = 1 (93 = 0) mit steigendem Anteil des F2Uungsmittels Wasser (K3) dagegen zunachst ein Minimum bei negativen Werten, um erst d a m mit $1 anzusteigen. Bei kleinen Konzentrationen werden also nicht die Molekiile des Lbsungsmittels Propanol bevorzugt angelagert, sondem vielmehr Wassermolekiile. offenbar an die Hydroxylgruppen der Seitenketten. Es ist unklar, ob die 3-Werte wie in Abb. 5-4 gezeigt bei $q = l - $1 = l dem Wert l zustreben, don bei einem Wen von 3 =1/2 einlaufen oder sogar nach Durchlaufen eines Maximums wieder bei 3 = 0 einmiinden.. Theoretische Studien zum Einfluss der Temperatur auf die Vorzugssolvatation scheinen nicht bekannt zu sein. Experimentell wurde sowohl eine Konstanz als auch eine Abnahme von 3 mit der Temperatur gefunden, jeweils bei $1 = const.
149
5. Stremethoden
5.3.
Statische Lichtstreuung: Debye-Bereich
5.3.1. Grundlagen Alle vorstehenden Ableitungen bezogen sich auf Molekiile, deren Abmessungen klein gegen die Wellenlhge &, des einfallenden Lichtes sind. Bei grtisseren Abmessungen als ca. 0,05 & muss das Molekiil durch mehrere Streuzentren reprzsentiert werden. Die von diesen Zentren unter dem jeweils gleichen Winkel gestreuten Wellen weisen einen Gangunterschied A auf (Abb. 5 - 9 , der vom Cosinus des Streuwinkels 19 abhhgt: (5-31)
A=&=&-&=i&l-cos
t3)
Die von den verschiedenen Streuzentren ausgehenden Wellen stammen alle von der gleichen Lichtquelle. Sie ktinnen daher interferieren. Die auftretende Interferenz ist durch den Gangunterschied A bedingt, der nach G1.(5-31) wiederum durch den Streuwinkel kontrolliert wird. Das Verhilltnis z der Streuintensitzten bei zwei verschiedenen Beobachtungswinkeln ist somit ein Mass fiir die auftretenden Interferenzen (Abb. 5-5). Es wird als Dissymmetrie bezeichnet und experimentell meist bei den Winkeln 45" und 135" gemessen; in diesem Falle gilt z = R&135.
-= C grosses Teilchen
kleines Teilchen
270°
O0
roses Teilchen
Abb. 5-5 Links: Phasenverschiebung bei der Lichtstreuung an zwei Streuzentren A und B eines grossen Teilchens. Rechts: Berechnete Streudiagramme bei unpolarisiertem Einfallslicht. Beim kleinen Teilchen wurde ein Durchmesser von weniger als ca 0,OS & angenommen, beim grossen Teilchen eine monodisperse Kugel mit einem Durchmesser der halben Wellenlage & des Einfallslichtes.
GrUssere Teilchen besitzen mehr Streuzentren bzw. grtissere Absthde zwischen den Streuzentren als kleinere. Die gr6sseren Gangunterschiede erzeugen stzrkere InterferenZen und damit grtissere Dissymmetrien. Die Dissymmetrie ist somit ein Mass fiir die GrCTsse der Teilchen. Sie wird jedoch ausser von der Molmasse noch von der Form der Teilchen kontrolliert. Jede Teilchenform kann durch eine charakteristische L h g e charakterisiert werden. Eine solche L b g e ist 2.B. der Durchmesser d = L einer Kugel bzw. eines Scheibchens, die L h g e L eines St2bchens oder der Fadenendenabstand (r2)lI2 = L eines statistischen Knguels. Einer bestimmten Dissymmetrie entsprechen je nach Teilchenform verschiedene charakteristische L h g e n (Abb. 5-6). Aus der Dissymmetrie l a s t sich die charakteristische L h g e somit nur dann entnehmen, wenn die Teilchenfonn anderweitig bekannt ist.
150
5.3. Statische Lichtstreuung: Debye-Bereich
7.
I
Kugeln
Scheibchen
N
1 3
1
Abb. 5-6 Dissymmetrie z = R45/R135 als Funktion der reduzierten Dimension niL& = LIA verschiedener molekulareinheitlicher Teilchen. L = Hauptabmessung, d.h. die Liinge bei Stiibchen, der Durchmesser von Kugeln und Scheibchen bzw. die Quadratwurzel aus dem Mittel uber die Quadrate der Fadenendenabstllnde bei Knheln. nl = Brechungsindex des Liisungsmittels, & , = Wellenliinge des eingestrahlten Lichtes, A = Wellenliinge im Medium.
5.3.2.
Streufunktion
Ohne Annahmen iiber die Form der Teilchen kommt man aus, wenn das RayleighVerWltnis eines grossen Teilchens nicht nur bei zwei Winkeln gemessen wird. sondem bei sehr vielen. Der Einfluss der Interferenz wird so durch eine fiir unendliche Verdiinnung geltende (Einzelteilchen!) Streufunktion erfasst (E: particle scattering factor):
\-
--,
P(n\ = , I ,
*
experimcntck Sircuintensitat beim Winkel t9 _-Rq Streuintensiut beim gleichen Winkel ohne Interferenz &
Diese Streufunktion ist keine Funktion des Streuwinkels selbst (und aus diesem G m de nicht als P ( 0 ) geschrieben), sondem eine des Streuvektors q (und darum als P ( 4 ) wiedergegeben). Der absolute Weft von q betragt
Die fiir 0 + 0 geltende G1.(5-24) wird mit G1.(5-32) und einem analogen Streufaktor P'(4) fiir den Beitrag der intennolekularen Wechselwirkungen zu
Die bei verschiedenen Winkeln und Konzentrationen gemessenen reziproken scheinbaren Molmassen l/Mam =_ Kc/Rq miissen dahcr noch auf den Winkel 0 und die Konzentration 0 exti-apoliert werden, um das wahre Massenmittel der Molmasse zu erhalten. Dazu muss man die Streufunktion kennen.
151
5. Streumethoden
Zum Berechnen der Streufunktion P ( q ) nimmt man ein grosses Teilchen mit einer Anzahl N von Smuzenmn in einem einheitlichen elektrischen Feld an. Je zwei Smuzenmn befinden sich im Abstand rc. Die einfallende elektromagnetische Strahlung eneugt in jedem Streuzentrum einen schwingenden Dipol, der Streustrahlung aussendet. Die an den Punkten i und j im Raum henschenden elektrischen Felder der Streustrahlung sind jeweils durch Wellenvektoren k charakterisiert. Zwischen je zwei solcher Vektoren besteht ein Vektor q = ki - kj, dessen Modul die Winkelvariable q der G1.(5-33)) ist. Das Aufsummieren der von allen N Streuzentren stammenden Intensiaten fiihrt zu der Streufunktion eines starren. raumlich festgelegten Teilchens. Bei isotropen Ltisungen kann ein solches Teilchen aber alle mtiglichen Lagen einnehmen. Die mittlere Streufunktion eines solchen statistisch orientierten starren Teilchens beliebiger Gestalt ist dam durch die 1915 erstmals fiir die Rtintgenstreuung abgeleitete Debye-Gleichung gegeben:
Bei Makromolekiilen mit flexiblen Ketten andem sich ausserdem stiindig die Abstiinde rij. Der Ausdruck der G1.(5-35) muss in diesem Fall noch zeitlich gemittelt werden. P ( q ) ist dann die iiber alle Makrokonformationen gemittelte Streufunktion. Die Doppelsumme der G1.(5-35) kann fiir qrij << 1 geliist werden, also fiir kleine Abst2nde rij bzw. kleine Winkelvariable q und somit fiir grosse Wellenlhgen 4 bzw. kleine Winkel 6. In diesem Fall kann der Sinus in eine MacLaurin-Reihe entwickelt werden: (5-36)
(Vij
l3
l5 ...
(VIj
sin qrG = qri - -+-3! 5!
Die Smufunktion wird damit zu
Fur kleine Werte von qrij braucht man nur die beiden ersten Glieder der Doppelsumme zu beriicksichtigen, wobei die Abstandsquadrate rij2 durch die entsprechenden Mittel (rij2) zu ersetzen sind. Diese Mittel werden entsprechend der fiir beliebige Makrokonformationen giiltigen Gl.(A 4- 12) durch die Tragheitsquadrate (s2) ausgedriickt. Fur kleine Winkel ergibt sich angenaert die rechts stehende Zimm-Gleichung:
(5-38)
P(q)=l-- q2(s2> 3
+...
; l-x=(l+x)-l
; -=1+--1
P(q)
q2(s2)
3
...
Die Zimm-Gleichung erlaubt. aus der anfunglichen Funktion 1/P(q) das Mittel iiber die Tragheitsquadrate beliebig geformter Teilchen zu ermitteln. Wegen der Beschr2nkung auf ( ~ 0 sagt ~ ) sie jedoch nichts iiber die Form der Teilchen aus, die sich in den htiheren Gliedern
152
5.3. Statische Lichtstreuung: Debye-Bereich
Bei molekularuneinheitlichen Polymeren ist (82) das z-Mittel. Da niimlich (s2) nach G1.(5-38) 1 - P(t9) proportional ist und die Streufunktion nach G1.(5-34) bei c + 0 gleich R 6 / ( K & a W ) ist, liefert die Summierung uber die Beitr2ge aller Komponenten i mit ci = mi/V und zi = mi( Hw)i (G1.(2-7)) den Ausdruck
5.3.3.
Zimm-Diagramm
Urn eine verh2ltnismilssig sichere Extrapolation der Kc/R,-Werte auf den Streuwinkel Null zu erhalten, setzt man G1.(5-33) in G1.(5-38) ein und diese wiederum in G1.(5-34). Der resultierende Ausdruck kann dann fur kfeine Winkef mit der Zimm-G1.(5-38) geschrieben werden:
Die gleichzeitige Extrapolation von Kc/Rq auf den Winkel 0 und die Konzentration 0 lasst sich in einer Auftragung durchfiihren (Abb. 5-7), wenn man im Zimm-Diagramm (E: Zimm plot) K&Rd gegen [sin2 + kc] auftragt. Die Konstante k ist beliebig wmbar; sie sol1 lediglich das Diagramm iibersichtkh gestalten. In Abb. 5-7wurde beispielsweise k = 50 mL/g gewmt, da c in glmL gemessen wurde. Man erh2lt ein rasterWiches Diagramm. Durch Extrapolation der Werte von K&lRs bei jeweils c = const auf 19 + 0 ergibt sich KoclRo =f(c) und damit 2 A2. durch Extrapolation von K&/R* auf c + 0 bei I9 = const die Funktion K&/R* = f(P(t9)) =fish2 t912) und damit ( s ~ ) ~Bei . anwesenden 3.Virialkoeffzienten A3, Assoziationen, breit verteilten Polymeren usw. ist das Zimm-Diagramm oft gekriimmt.
(fin)
t 4
I *
I
0
.
.
0,2
.
.
.
.
.
.
0,8 - kc + sin2 1912 --P
0,4
0,6
.
.
*
1
Abb. 5-7 Zimm-Diagramm eines Poly(vinylacetat)es in Butanon bei 25°C (k = 50 mL/g).
153
5. Stremethoden
5.3.4.
Einfluss der Teilchengestalt
Aussagen uber die Gestalt grosser Teilchen ergeben sich aus der Analyse der Streufunktion P ( q ) iiber einen grossen Winkelbereich. Je nach Teilchengestalt und Molmassenverteilung erhat man sehr verschiedene Ausdriicke.
Kugeln Die Streufunktion P(q) einer isotropen kompakten Kugel mit dem Radius R (und damit auch diejenige verdunnter L6sungen gleich grosser isotroper kompakter Kugeln) wurde von Rayleigh als Funktion des Streufaktors q = (4 n: nl&) sin 19/2 abgeleitet: (5-4 1)
P(q) = [-(sin3
I’
qR - qRcosqR)
qR
G1.(5-41) kann fiir kleine qR-Werte in eine Reihe entwickelt werden: (5-42)
1 P(q)
1
-- -l+-(qR) 5
2
4 +-(qR) 175
4 4 7 +-23 625 (qR)6 +...
G1.(5-38) l a s t sich f i r x c 1 wegen l/(l-x) = I+x auch als I / P ( q ) = 1 + (q2s2/3) schreiben. Der Koeffizientenvergleich mit G1.(5-42) liefert also (s2) = s2 = (3/5) R2. Die Asymptote der G1.(5-41) f i r grosse qR-Werte lautet (5-43)
1
2q4R4 512n4n;R2 4 6 sin 9 9 a4, 2
-- --P(q)
Stibchen Die Streufunktion fiir ein verschwindend diinnes Sabchen der L a g e L = Nb und dem Radius R << L wurde erstmals von Debye und Neugebauer berechnet. Das Sabchen SOU N+1 linear im Abstand b angeordnete Streuzentren enthalten. zwischen denen daher verschiedene Absande rij bestehen. Der Abstand rij = 0 tritt 2(N+1) mal auf, der Abstand r i = b insgesamt 2N mal, der Abstand rij = 2b folglich 2(N-1) mal und der Abstand rk = kL ganz allgemein 2(N+l-k) mal. Die Debye-G1.(5-35) wird somit zu (5-44)
l P(q)=-z (N+U
CN 2(N+l-k)k=O
Sin kL4
w
Da viele Streuzenmn vorhanden sind, kann N+1 durch N ersetzt werden und die Summe durch ein Integral: (5-45) Das erste Integral ist nicht analytisch lbsbar, findet sich aber in Standardtabellen.
154
5.3. Statische Lichtstreuug: Debye-Bereich
Das zweite Integral der G1.(5-45) lasst sich nach dem Setzen von kLq = y rnit Hilfe von 1 - cos y = 2 sin2 (yn) Idsen: (5-46)
2 qL siny P(q)=-dy-[ qL, Y
]
2
sin(q~/2) qL/2
Fur kleine qL-Werte kann man wider eine Reihe ansetzen:
Der Tragheitsradius unendlich dunner Stabchen ergibt sich aus dem Koeffizientenvergleich rnit G1.(5-38) zu (s2) = s2 = L2/12 (GL(4-5)). Fur grosse qL-Werte lautet die Asymptote
Wiihrend f i r die Streufunktion molekulareinheitlicher Stabchen kein geschlossener Ausdruck existiert, wurde ein solcher f i r diiMe Stabchen gleichen Durchmessers mit einer Schulz-Flory-Verteilungder Llngen und damit auch der Molmassen gefunden: (5-49)
P(q)=
2
4 Xi WiLi
a r C t a n ( p i wiLi)
Die Funktion Kc/R,j =f(q) besitzt bei solchen Systemen fiir grosse Werte von qL eine Asymptote rnit der Steigung af,i/Mi. Unabhugig von dem Verteilungsgrad ist also die Steigung proportional der L u g e pro Molmasse.
Statistische Knauel Die Streufunktion eines Knauels mit einer Gauss-Verteilung der Segmente und einem Trigheitsquadrat (s2) wurde erstmals von P.Debye sowie von W.Kuhn abgeleitet:
Die Streufunktion von Kniueln weist also drei Bereiche auf: den Guinier-Bereich f i r qs < 1, einen asymptotischen Bereich fur qs >> 1 und einen dazwischen liegenden Bereich rnit qs = 1 (Gl.(5-8)). Die drei Bereiche sind nur bei Messungen an sehr hochmole-
kularen Knaueln zu erkennen (Abb. 5-8). Zur Illustration dieses Verhaltens wird die umgeformt: G1.(5-50) rnit P ( q ) = Rq/KcM (G1.(5-34)) fiir M = H,+,
155
5. Strewnethoden 4
l - 0.5o 0
0,002
0.001
-
q2Inm-2
+
nw
Abb. 5-8 Aufmgung der Daten fiir ein ataktisches Poly(styro1) mit = 8 780 OOO ghol in Cyclohexan bei 6=34,5"Cgemw GL(5-49) IS]. Messungen bei 436 nm (0)bzw. 546 nm (0). G = Guinier-Bereich, I = Zwischenbereich,A = asymptotischer &Rich.
Bei niedrigen Molmassen beobachtet man im Allgemeinen nur den Guinier-Bereich. Die Streufunktion der G1.(5-50) l a s t sich hier auswerten. wenn G1.(5-50) f i r kleine Werte von q2(s2) in eine Reihe entwickelt wird:
Bei molekularuneinheitlichen Polymeren erh2lt man aus dem Guinier-Bereich das Massenmittel der Molmasse und das z-Mittel der Trggheitsquadrate (Kap. 5.3.2). Aus dem leider schlecht zugbglichen asymptotischen Bereich erhnt man nach H.Benoit dagegen im Prinzip sowohl das z-Mittel als auch das Zahlenmittel der Molmasse:
Im Zwischenbereich wird die Streufunktion noch vom Typ der Molmassenverteilung beeinflusst. Fur Schulz-Zimm-Verteilugen wurde die mittlere Streufunktion zu
berechnet. wobei s= l / [ ( ~ w / @ n t l der ] Kopplungsgrad ist (GL(2-64)). Beim Spezial- fall der Schulz-Flory-Verteilung wird Mw/Mn = 2 und damit = 1. G1.(5-55) reduziert sich dann zu l/P(q) = 1 + (q2s2/3).
5.3. Statische Lichtstreuung: Debye-Bereich
156
03 0.6 h
3 4,
c!
% 0,4
I
02 0
0
1
2
3
- q'R +
4
5
Abb. 5-9 Einfluss der Polymoleku1arit;itund der Teilchenfonn auf die Winkelabh~gigkeitder Strew funktion, hier als qlRP(q) =AqlR) [6]. E: Messungen an Poly(D-phydr0xybutyrat)en verschiedener Molmasse ( 0 )in T@uorLtanol bei 25°C. K: Theoretische Streukurven fiir Kniiuel mit Polymolekularittitsindices von M, / M, = 1, 1,5 und 2. S: Theoretische Streukurve fiir einheitliche Stabchen. Mit freundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, DC. Bei Rw/%,., > 2 wird 6 < 1. Die Funktion l/P,(q) =f(42sg2) ist nicht mehr linear, da nunmehr l/Pg(q) - - surker als proportional zu q2sg2 zunimmt. Die Kurve biegt sich nach oben. Fur Mw/M,, c 2 ist es gerade umgekehrt. Der Einfluss der Polymolekularitat macht sich erst bei Werten von q > 1 bernerkbar, wie man aus einer Auftragung von q112P(q)als Funktion von q112sieht (Abb. 5-9). Das experimentell durch Messungen der Licht-, Rontgenkleinwinkel- und Neutronenkleinwinkelstreuung erhaltene Trigheitsquadrat (s2)app= (s2) + sa2 enthat noch den Beitrag sa2 des Kettenquerschnittes. Dieser Beitrag kann bei hohen Molmassen vemachlgssigt werden, f a l t aber naturgemiss bei Oligomeren ins Gewicht. Bei einem Poly(styrol) mit Hw= 578 gmol reduzierte sich z.B. der experimentelle TCigheitsradius von (s2)l12= 0,475 nm nach der Korrektur fiir die Kettendicke auf (s2)ln= 0.339 nm. Bei Knlueln im gestorten Zustand muss femer noch fiir das ausgeschlossene Volumen korrigiert werden. Im Allgemeinen nimmt man dazu die gleichen Ausdriicke fiir P ( q ) wie fiir ungestorte Knsuel an. Der Tragheitsradius wird dann nach (s2) = as2(s2)o lediglich um den Expansionskoeffizienten a, erhoht. Streng genommen muss man aber noch den nicht-Gauss'schen Charakter der gestorten Knauel beriicksichtigen.
Wurmartige Ketten Die Streufunktion fiir wurmartige bzw. steife Ketten mit der Konturlage Lkette und (Kap. 4.3.9) wurde wie bei flexiblen Knaueln ebenfalls fiir Ketder Persistenzliinge ten ohne ausgeschlossenes Volumen berechnet. Sie lautet
bS
(5-56)
157
5. Strewnethoden
L,,, 1L,,
,
steifes Surbchen
81
0
I4 2
0 2
0
6
4
-P
8
10
-
Abb. 5-10 Abhiingigkeit das Produktes q2s2P(q)von qs bei Knauelmolekiilenmit verschiedenen VerMtnissen L,-,,,,J$s von konventionellen Konturhgen Lmt zu Persistenzltingenb [7a]. Da die zugrunde gelegte Kratky-Porod-Kette definitionsgembs langreichendeWechselwirkun en ausschliesst (Kap. 4.3.9), entsprechen die Tr2gheitsradien denen im ungestcIrtenZustand, also ( )a1n.Der Wert von LmJLp = 0 entspricht demjenigen eines steifen SCibchens, der von LconJL = einem v8llig flexiblen -el. Ein Wext von qs = 10 entspricht bei nl = 1.5 einem Wert von ($n = 0.75 &.
-
3
In dieser Gleichung ist u ein modifizienes Quadrat des Smufaktors q: (5-57)
u=
LketteLps
3
2
4 =
(p;)
k e t t e L p , 4~
2
3
Die Konturlange ist nach Lketfe = NKLK durch die ZaN N K und die Liinge LK der = L K / ~ist halb so gross Kuhn-Elemente gegeben (Kap. 4.3.5). Die Persistenzliinge hS wie die Kuhn-Lage (Kap. 4.3.9). Das Trlgheitsquadrat (s2) der wurmartigen Kette lSIsst sich nach G1.(4-51) durch die Persistenzl2nge und die ZaN N K der Kuhn-Elemente ausdriicken, so dass P(q) und qs berechnet werden kbnnen. Das Verhalten wurmartiger Ketten lasst sich am Besten in einem Kratky-Diagramm veranschaulichen. In einem deranigen Diagramm tr3gt man q2s2P(q) als Funktion von qs auf (Abb. 5-10). Wie man bereits qualitativ vermutet, liegen die Streufunktionen von wurmartigen Ketten zwischen denen von flexiblen Knaueln und steifen Stabchen. Bei grossen Persistenzlagen bsim Vergleich zur Konturlhge Lcont werden solche Ketten zu steifen S t a h e n (LconJhs + 0), bei kleinen Verhdmissen Lc,nJbS dagegen zu flexiblen Knlueln (L,,JLp, + -). Bei Werten von q s c 2 kann nicht zwischen St2bchen und Knaueln unterschieden werden (entspricht s = 95 nm bei 6 = 90°, & = 632.8 nm und nl = 1,5). Die q2s2P(q)Wene von molekulareinheitlichen Knlueln niihem sich nach G1.(5-50) fiir qs -+ dem Wen 2. Far Stgbchen streben sie dagegen asymptotisch einer Geraden mit der Neigung ~ / ( 2 - 3 I nzu, ) wie aus G1.(5-48) und s2 = L2/12 hervorgeht.
-
158
5.3. Statische Lichtsrreuung: Debye-Bereich
Sternmolekiile Die Streufunktion wurde fiir stemartige Polymermolekiile berechnet, deren f gleich lange Arme aus einem gemeinsamen, unendlich diinnen Zentrum spriessen. Jeder Arm soll ein ungestortes Knauel mit einer Gauss-Statistik der raumlichen Segmentverteilung bilden. Ausgeschlossene Volumina sollen daher abwesend sein. Das Resultat ist
(5-58)
P(q)=&[q2s2 q s
- f + f e x p [ - F ] + y (
[
1-exp --
Anders als bei linearen Kniluelmolekiilen (f = 2) laufen bei sternftirmig verzweigten Molekiilen (fl3) die q2s2P(q)-Werte als Funktion von qs durch Maxima (Abb. 5-11). Das Maximum ist jedoch bei f = 3 nur sehr schwach ausgepdgt. Mit steigender Zahl f der Arme wird das Maximum immer stirker und die Kurvenform n2hert sich f i r f + immer mehr dejenigen fiir Kugeln an. Bei Kugeln wird nach Durchschreiten des Maximums ein Minimum bei sehr niedrigen Werten von q2s2P(q) durchschritten. Solche Minima sind auch bei Stemmolekiilen vorhanden, allerdings entweder bei qs > 10 fiirf > 3 (nicht gezeigt) oder aber sehr flach (f = 3). Die Maxima bei stemfonnigen Molekiilen werden also nicht durch die Verzweigungen per se erzeugt, sondem durch die dadurch hervorgerufene Ann2herung an die Kugelgestalt. Das der Gl.(5-58) zu Grunde liegende Modell gibt die Tragheitsradien von Stemmolekiilen mit sehr langen, ungestorten Armen recht gut wieder (Abb. 4-29). Im Allbei konstanter Zahl gemeinen laufen jedoch die Verzweigungsindices g, = (s2)t,,/(s2)u, der Arme mit steigender A r m k g e durch Maxima. Im Bereich mittlerer Armlagen werden also verhiltnismassig zu hohe Tragheitsradien gefunden, und zwar, weil die Segmentverteilung jedes Arms in der Niihe des kleinen (!) Kems durch die Segmente der anderen Anne behindert wird. Das Maximum ist umso hoher, je mehr Arme vorhanden sind. Bei kuaen Amen wirkt sich diese Behinderung nur wenig aus. Die Arme sind aber zu kurz, um eine Gauss-Statistik anzunehmen. Die Tfigheitsradien sind zwar niednger als im Maximum, aber immer noch grlisser als von G1.(5-58) gefordert. 2 ungestorte Kniluel
4
I
10
0.5
100
0 0
2
4 qs
6
+
8
10
Abb. 5-1 1 Kratky-Diagramme fiir stemfhnig verzweigte, molekulareinheitliche Makromolekiile rnit f = 3,4, 10 oder 100 Armen, sowie lineare Molekiile (f= 2). jeweils im ungest6rten Zustand. Zum Vergleich kompakte Kugeln (gezeigc nur das erste Maximum, s. Abb. 5-15 und 5-16).
159
5. Streumethoden
Kammmolekiile Ein Kammmolekiil besteht aus einer Hauptkette mit dem Polymerisationsgrad X, an der sich total 2 If IX Seitenketten befinden (f = 1 entspricht einem Stemmolekiil). Die Seitenketten sind im allgemeinen Fall in unregelmiissigen AbstStnden zueinander angeordnet. Sie besitzen jeweils den Polymerisationsgrad Ni, der von Seitenkette zu Seitenkette variieren kann. Das Kammmolekiil weist also den Gesamtpolymerisationsgrad Xmt = X +flvi auf. Der Stoffmengenanteil an Monomereinheiten in der Kette (bezogen auf alle Monomereinheiten) ist folglich x = X/Xbt. Streufunktionen wurden f i r den allgemeinen Fall (Typ 111). den Fall rnit gleich langen Seitenzweigen Ni (Typ 11) und den Fall mit gleich langen Seitenzweigen und regelmilssigen Abstltnden zwischen den Verkniipfungen der Seitenzweige mit der Kette abgeleitet (Typ I). Kammmolekiile vom Typ I11 entstehen 2.B. beim radikalischen Pfropfen von Monomeren auf bereits existierende Polymerketten. Die Streufunktionen aller drei Typen sind recht kompliziert und experimentell nicht einfach uberpriifbar, so dass hier nur der Typ I bespmchen wird. Zum Ableiten der Streufunktion des Typs I werden sehr lange Hauptketten und sehr lange Seitenketten angenommen. Die rhmliche Segmentverteilung soll der Gauss-Statistik folgen; ausgeschlossene Volumina sollen also wiederum nicht vorhanden sein. Fur den Typ I ergibt sich dann mit Q = q2s2, x = X/Xtot und der Zahlf der Seitenketten (5-59)
2 P ( q ) = 7 ( Q - 1+ exp (- xQ) + A Y + BY')
Q
Ein Spezialfall des Typs I sind die Polymeren von Makromonomeren. 2.B. diejenigen des Poly(methylmethacry1at)esdes PolymerisationsgradesX mit Seitenketten aus N Styroleinheiten:
4-l
PMMA-C-PS
YHZ CH+24OO(CH2)2-(CH-CH2)hrCH,CH(CH(CH&
LC-IX
I
'SH5
Jede Monomereinheit weist hier eine Verzweigungsstelle auf. Zwischen je zwei Verzweigungsstellen befinden sich in diesem Spezialfall 0 Monomereinheiten und die Zahlf der Venweigungspunkte pro Molekiil ist gleich dem Polymerisationsgrad X der Kette. Der Stoffmengenanteil x der Monomereinheiten in der Kette berechnet sich fiir diesen Spezialfall zu x = X/Xtot = X/(X + XN) = 1/(1 + N). PMMA-c-PS mit N = 28 und einer entsprechenden Molmasse von M U = 3082 g/mol der Monomereinheit wurden im Bereich 6 IX I 2600 untersucht (Abb. 5-12). Da Streulichunessungen die Tragheitsradien nur fiir M, > %lo5lieferten, wurde statt dessen der viskosimetrische Parameter @s3/M) = [q] verwendet (GI.( 12-27)).
160
5.4. R6ntgenkleinwinkelstreuung
h
-L l o o : cl
E
W
2 rr,
30 -
h
%
\
8
W
I
lo
i
31
- -
8 -.... h.= 5.'......
. '..''...
'
Man sieht mittelbar, dass die ublichen Annahmen der Theorie fiir die Poly(makromonomer)en nicht zutreffen. Die Seitenketten sind zu kun. und auch entlang der Kette zu eng gedrhgt. um Kniuel mit einer Gauss-Statistik auszubilden. Zumindest die sich nahe bei der Hauptkette befindenden Monomereinheiten der dicht aufeinander folgenden Seitenketten versteifen die Hauptkette. Diese "dicke" Hauptkette muss sich also bei gr6sseren Polymerisationsgraden X wie eine steife, wurmartige Kette verhalten, wobei wegen des nicht zu vemachlassigenden Durchmessers d der mit den Seitenzweigen bestiickten Kette noch die ausgeschlosssenen Volumina zu beriicksichtigen sind. Steife Ketten mit ausgeschlossenen Volumina verhalten sich aber bei sehr grossen Polymerisationsgraden wie flexible Kniuel mit ausgeschlossenen Volumina, fiir die in der Beziehung [q]= KvMa ein Exponent von a = 0,764 erwartet wird (Kap. 12.3.7). Experimentell wurde ein Wert von a = 0,75 gefunden (Abb. 5-12). Bei sehr kleinen Polymerisationsgraden X ist die Hauptkette kurzer als die Seitenketten und man wird eine mehr kugelf6rmige Gestalt der Polymermolekiile erwarten. Fur Kugeln wird aber in [ q ]= KvMu ein Exponent von a = 0 vorhergesagt, was in der Tat f i r Polymerisationsgrade von X c 58 gefunden wird.
5.4.
RontgenkIeinwinkelstreuung
5.4.1. Grundlagen Tragheitsradien geldster Polymennolekiile sind mit der statischen Lichtstreuung im Bereich 0.05 I (s2),lD/A 5 0 , s bestimmbar, d.h. bei blauem Einfallslicht (A, = 436 nm) im Bereich 22 I ( ~ ~ ) ~ ~ I/ ~220 / nund m bei He-Ne-Laserlicht (A, = 6328 nm) im Bereich 32 I (~~),'/~/nm I 320. In diesen Bereichen liegen die Tragheitsradien vieler Makromolekule. Bei derartigen Tragheitsradien, Streuwinkeln, Wellenl3ngen und Brechungsindices befindet man sich aber auch meist im Guinier-Bereich, so dass man zwar die Trtigheitsradien ermitteln kann. nicht aber die Gestalt der Molekule.
161
5. Strewnethoden
Kleinere Triigheitsradien bis herunter zu ca. 1 nm k6Men wegen der vie1 kleineren Wellenlagen von Rtintgenstrahlen mit der Rtintgenkleinwinkelstreuung erfasst werden. W2hrend aber bei Lichtstreuungsmessungen (400 nm - 700 nm) die WellenlWgen g a s ser als die Tr2gheitsradien sind, ist es bei Rtintgenkleinwinkelmessungen gerade umgekehrt: &, = 0,154 nm bei der Cu-&-Strahlung zum Messen von (s2),lI2 2 1 nm. Die iiber 10oO mal kleineren Wellenlagen gestatten, mit der Rtintgenkleinwinkelstreuung feinere Details der Polymerstruktur als bei der Lichtstreuung zu erfassen. Da die Theorie der Streuung der elektromagnetischen Strahlung fiir alle Wellenlagen gilt, bleiben sowohl die Beziehungen fiir die WinkelabhWgigkeiten der Streufunktionen als auch diejenigen zwischen der Streufunktion und der Molmasse bzw. dem TrBgheitsradius erhalten. In den G1.(5-11) und (5-34) Udert sich lediglich die optische Konstante K& weil die Rtintgenkleinwinkelstreuung (E: small angle X-ray scattering; SAXS) auf Elektronendichten anspricht und nicht wie die Lichtstreuung auf Polarisierbarkeiten (und damit auf Brechungsindices). Die optische Konstante wid hier zu
rnit Ape = (NJM) - 9 C , l = Exzess-Elektronendichte des Polymeren. e = Ladung eines Elektrons, m e = Masse eines Elektrons, Ne = Zahl der Elektronen pro Polymennolekiil der Molmasse M und dem partiellen spezifischen Volumen V2, Ce,l = Zahlenkonzentration der Elektronen im Usungsmittel und E = Lichtgeschwindigkeit im Medium. Um bei SAXS den gleichen Effekt wie bei der Lichtstreuung LS zu erhalten. muss die Gasse (1/3)[(4 zn1)/&,]2 [sin2(6 /2)] (s2) bei SAXS und LS gleich gross sein. Was man bei LS bei Lo = 436 nm und 6 = 90' in einem Usungsmittel rnit dem Brechungsindex n l = 1.45 (i.e., A = 436 nm/1.45 = 300 nm) beobachtet, muss man somit bei der Rtintgenkleinwinkelstreuung mit A = 0.1 nm bei einem Winkel von 6 = 0,027' messen! Bei diesen kleinen Winkeln ist die Streufunktion durch die Guinier-Gleichung (5-61)
=
P ( q ) exp( -
$1
;
q = (4 z/A) sin (t9/2)
approximierbar. Auftragen von In P ( q ) gegen q2 sollte also in diesem Bereich unabhibgig von der Teilchengestalteine Gerade rnit der Steigung - s2/3 liefem. Der Guinier-Bereich kann jedoch nicht immer bei genugend kleinen q-Werten erreicht werden. Verzweigte Polymere weisen z.B. relativ hohe Dichten und kleine Dimensionen auf. Bei SANS- und SAXS-Messungen ist daher bei solchen Polymeren die Guinier-Funktion der G1.(5-61) nicht bei geniigend kleinen q-Werten messbar (Abb. 5-12. links) und man muss andere Auswerteverfahren venvenden. z.B. das Zimm-Verfahren l/P(q) =f(q2)(Abb. 5-13, rechts). Benutzt man jedoch einen grtisseren q-Bereich. so lasst sich die Streufunktion wegen experimenteller Unsicherheiten. Polymolekularitgten, anwesender ausgeschlossener Volumina und/oder nichtidealer Feinstrukturen (s. unten) oft nicht sicher den bekannten theoretischen Streukurven fiir ideale Strukturen anpassen. z.B. dejenigen der G1.(541) fiir kompakte. isotrope Kugeln. Dazu kommt, dass einige Auswerte-Methoden mathematische N2herungen sind, z.B. die Zimm-G1.(5-38) fiir ungesarte Knguel mit einer Gauss-Verteilung der Segmente. Die so berechneten Trggheitsradien sind dann verschieden (Tab. 5-2).
: 0.2 * 0 0
1
2
3
4
5
0
1
2
3
4
5
- q2 1 nm-2 + Abb. 5-13 RtintgenintensiWnI (links) bzw. deren Kehnverte (rechts), jeweils in willkiirlichen Einheiten, als Funktion des Quadrates des Streuvektors q fiir 1 % methanolische Losungen der 4. Generation eines Polyamidoamid-Dendrimeren(PAMAM; 0 ) und der 5. Generation eines hyperverzweigten Polyols (HY5-POL, 0)[l la]. Auftragungen nach Guinier (links) bzw. Zimm (rechts). Bei etwa gleichen Molmassen (Tab. 5-2) liessen sich z.B. die Streuintensitlten eines Dendrimeren gut durch eine Guinier-Kurve wiedergeben, nicht aber diejenigen eines hyperverzweigten Polyols (Abb. 5-13, links). Umgekehrt lieferte das Polyol eine ZimmKurve, nicht aber das Dendnmere. Bei PoIyrneren, die einheitlich in Bezug auf Molmassen, Gestalten und Elektronenverteilungen sind, sollte das Guinier-Diagramm bei q + 0 eine Gerade liefern. Das Dendrimere muss daher ein solches einheitliches Polymeres sein. Da seine Streukurve zudem mit der fiir isotrope Kugeln berechneten konsistent ist, muss es sich um praktisch kugelftjrmige Molekiile handeln (siehe auch Abb. 5-17). Umgekehrt kann die Ubereinstimmung der Daten fiir Kugeln und aus der Anfangssteigung bei der Guinier-Auftragung nicht als Indiz fiir einheitliche Kugeln genommen werden, da die Streukurve bei sehr kleinen q-Werten stark gekriimmt ist. Ein solches Verhalten vereinbart sich besser mit einer Verteilung der Molmasse. Gestalten und Elektronendichten, wie man es auch intuitiv fiir hyperverzweigte Polyrnere erwarten wiirde. Generell lasst sich sagen, dass die Rontgenkleinwinkelstreuung gegeniiber der Lichtstreuung wegen des grossen experimentellen Aufwandes keine Vorteile beim Bestimmen der Molmassen liefert. Sie ist jedoch eine unentbehrliche Methode zum Ermitteln der Feinstruktur von Polymeren. Tab. 5-2 Tragheitsradien s/nm von Poly(butadien)en (SN-PB) rnit N = 32 bzw. 128 Amen [lo], Amidoamin-Dendrimeren (PAMAM) rnit 3 bzw. 10 Generationen [ l l ] und einem hyperverzweigten Polyol (HY5-POL) [ l l ] bei Auswertungen der S A N S - [lo] und SAXS-Messungen [ l l ] ohne Modellannahme nach Guinier, Zimm oder Kratky und mit Modellannahmen fiir isotrope Kugeln. Lichtstreuung (letzte Spalte): Auswertung nach Zimm. (a) Mit Ullman-Korrektur. Polymer
SlD-PB
S32-PB PAMAMG-10 PAMAM G-4 HY5-POL
Molekular- Methode gewicht
715000 256000 934000 7 230 14600
Aus S A N S oder S A X S Isotrope Guinier Kratky Kugel
SANS SANS
-
SAXS SAXS SAXS
5,74 2,25 2.36
8.6 8,7 6,OO 2,41 2,53
10,9 9,8
Zimm
Zimm (a)
11.1 11,4 9.49 4,ll 4,36
103 10,l
-
Aus LS Zimm
10,O
163
5. Stremethoden
5.4.2.
Streufunktionen
Knauel Die Rtintgenkleinwinkelstreuungvenvendet sehr kleine Wellenlbgen A. Die Smuvektoren q = (4 d A ) sin ( N 2 ) werden dadurch sehr gross. Die fiir ungesttirte KniIuel abgeleitete Debye-G1.(5-50) P(q) = (2/q4s4)[exp(- q2s2) - (1 - q2s2)] strebt im Fall q + asymptotisch einem Grenzwert limq+- P(q) = 2/[q2s2{ 1 - (l/q2s2)]] zu. Im Kratky-Diagramm q2s2P(q)=fTq) erscheint entsprechend eine Asymptote mit dem Wert 0
wie es die Abb. 5-10 und 5-14 zeigen (jeweils unterste Kurven). Der aus dieser Asymptote ermittelte Wert von s* sollte bei einheitlichen Polymeren rnit dem aus einem Guinier- oder Zimm-Diagramm erhaltenen iibereinstimmen (fiir molekularuneinheitliche Polymere siehe G1.(5-54)). Modellrechnungen zeigten. dass diese Asymptote bei wurmartigen Ketten ohne ausgeschlossene Volumina erreicht wird, wenn das Verhtilmis der konventionellen Konturlbge zur Persistenzliinge ca. 20 betriIgt (Abb. 5-14). Die Debye-G1.(5-50) erfasst die Gesamtgestalt statistischer KnHuel. Je kleiner aber die Wellenliinge wird, umso stiIdcer spricht der Streuvektor auf lokale Strukturen an,bei statistischen KniIueln also auf Segmente und, im Falle statistischer KniIuel, somit auf die Persistenzlbge. Diese Streuung wird nicht von der Debye-Gleichung erfasst.
0 0
1
2
- 4Lps
3
4
5
4
k
Abb. 5-14 Kratky-Diagramm fiir wurmartige Ketten rnit verschiedenen Verhslltnissen r-J von konventionellen Konturliingen rmt zu Persistenzhgen L, [%I. Aufgetragen ist $ b 2 P ( q ) = qL,) anstelle des sonst iiblichen $.?P(q) =Aqs).G = Guinier-Bereich, D = Debye-Bereich mit Zwischenbereich und asymptotischem Bereich, S = Bereich stiibchenartiger Segmente. Berechnungen rnit G1.(420) fiir eine Valenzwinkelkette mit freier Drehbarkeit und dem Valenzwinkelt9 = 180" - a und cos a = 0,9.Der Pfeil bei qh,= 2 zeigt den iibergang von der Asymptote der Debye-Gleichung fiir statistische1zur Geraden fiir die stikhenartigen Segmenten der Knguel an.
164
5.4.
Rontgenkleinwinkelstreuung
Stibchen mit genugend grossen Langen zeichnen sich nach G1.(5-48) durch eine Funktion q2P(q) = (Icq/L) - (2/L*) = (sc/L)q aus, wobei die L2nge L in diesem Fall die Kuhn-Lhge LK ist. Bei Kniueln ist andererseits irn Kratky-Diagramm q2P(q) =A4) die q 2 P ( q ) = 2/s2 gegeben (G1.(5-62)). Asymptote der Debye-Gleichung durch limq,, Diese Asymptote und die Stibchengerade schneiden sich bei 4 = q*. Im Schnittpunkt = 2/s2. Daraus erhZlt man mit der nach G1.(4-5) fiir Stabchen mit LK >> R gilt (x/L&* giiltigen Beziehung s2 = L ~ ~ / 1den 2 Ausdmck LK = 24/(nq*) fiir die Kuhn-Luge bzw. mit LK = 2 L,, die Persistenzlage L,, = 12/(rcq*). Diese Beziehung ist allerdings nur vorsichtig zu verwenden. Einerseits miissen die charakteristischen L a g e n LK bzw. Lps gross genug sein, damit sie die Streufunktion fiir Stabchen befolgen. Andererseits ist die Kuhn-Lhge nach Kap. 4.3.9 nur bei flexiblen Knaueln doppelt so gross wie die Persistenzlage, die sich ja bei steifen Stibchen der Sabchenl2nge ann2hert. Reale Polymerketten befolgen aber nicht immer die vereinfachenden rheoretischen AMahmen. Die Streufunktion eines isotaktischen Poly(rnethylmethacry1at)es liefen zwar bei grossen Streuwinkeln eine Gerade, die aber weder durch den Ursprung liuft noch sich der theoretischen Grenzgeraden annihert (Abb. 5-15). Die Streufunktion des syndiotaktischen Polymeren zeigt ein komplizierteres Verhalten mit Maxima und Minima bei gr(isseren Streuwinkeln, wie man es allgemein bei Teilchengestaltenmit dicht beieinander liegenden Streuelementen findet (Kugeln, verzweigte Polymere, Helices usw.). Wegen dieses Streuverhaltens l W t sich die Streufunktion bei vielen Polymergestalten oft nur ungenau erfassen. Bei Werten von q s = 1 wird 2.B. der Trigheitsradius durch die Guinier-Funktion P ( q ) = exp (- q2s2/3)unterbewertet und durch die Zimm-Funktion P ( q ) = 1 - (q2s2/3) iiberbewertet. Bei einem dreiarmigen Stem-Poly(butadien) mit der Molmasse 280 OOO g h o l erhielt man 2.B. mit der Rontgenkleinwinkelstreuung einen Trigheitsradius von 11,4 nm (Zimm) bzw. 8,7 nm (Guinier), mit der statischen Lichtstreuung (Zimm) dagegen einen von 10,O nm (vgl. dazu auch Tab. 5-2).
- 21J + 1" 20 3" 4" 5" 6" 7" 8" Y lo" 11"
U'
/
d 0
5
10
15
20
25
30
:
I
- AL. sin 229 + Abb. 5-15 Kratky-Diagramm fiir ein isotaktisches und ein syndiotaktisches Poly(methylrnethacry1at) im guten LOsungsmittel Benzoi 191. AL. = Abstand Praparat-Registrierebene(179 mm), 26 = Streuwinkel, I = IntensiW. Die Ordinate ist proportional &q), die Abszisse proportional q.
165
5. Stremethoden
PAMAM 1
J .... 0
I '
'
.I.
1
1
....
1
.
'
.
. .
'
2
- q / nm-1 +
.
'
. . .. ' 3
Abb. 5-16 RbntgenintensiUten einer 1 Gew.-%methanolischen UJsung eines Polyamidoamin-Dendrimeren der neunten Generation [llb]. 0 Experimentelle Werte; Linien: Anpassungen bei kleinen qWerten fiir Kugeln (s = 4,92 nm), nach Guinier (s = 5,13 nm) und nach Zimm (s = 7.49 nm). Der Smfaktor ist hier abweichend von der sonstigen Konvention als q = (4 n/A) sin 19 defmiert.
Vermeigte Polymere Experimentell erhaltene Streufunktionen k6nnen verh2ltnismiissig einfach durch theoretische Modelle wiedergegeben werden, wenn die Verteilung der Streuelemente homogen ist (z.B. kompakte, isotrope Kugeln) oder einfachen mathematischen Funktionen folgt (z.B. ungestorte Kniiuel mit einer Gauss-Verteilung der Segmente). Die Streukurven sind schwieriger anzupassen und damit zu interpretieren, wenn diese Bedingungen nicht erfiillt und/oder die Polymeren uneinheitlich sind. Bereits bei den verhUmismiissig einfach aufgebauten, stemf6rmig venweigten, molekulareinheitlichen Polymeren liefern verschiedene Auswertemethoden unterschiedliche Triigheitsradien (Tab. 5-2). Dam kommt, dass viele der in der Literatur berichteten Streufunktionen nur Nilherungen f i r kleine q-Werte sind, was die Bestimmung von Molmassen und oft auch Triigheitsradien durch Lichtstreuungsmessungenerlaubt, nicht aber die Ermittlung feinerer Einzelheiten der Struktur durch R6ntgenkleinwinkelmessungen. Bei qlnrn-' = 10-3-10-2 erfasst man n a l i c h nur die Gesamtgestalt. bei q/nm-I = 10-1 bereits Segmente und bei q/nm-l = 1 schon Substituenten. Noch schwieriger wird es bei Polymerstrukturen, bei denen die Verteilung der Streuelemente a priori unbekannt ist. Ein Beispiel sind die Dendrimeren mit ihren regelmzssigen Folgeverzweigungen (Kap. 2.1.3 und Band I). Hier passt sich die Guinier-Funktion P ( q ) = exp(- q2s2/3) (GL(5-61)) nur uber einen sehr engen Bereich kleiner q-Werte der experimentellen Streukurve an (Abb. 5-16). Die Zimm-Funktion l/P(q) = 1 + (q2s2)/3 (G1.(5-38)) ist iiber einen noch kleineren Bereich giiltig und liefert zudem einen weit grllsseren Trsgheitsradius als die Guinier-Gleichung. Die Streufunktion f i r homogene Kugeln fiihrt zu einem M i c h e n Triigheitsradius wie die Guinier-Gleichung und zeigt zudem wie das Experiment die Anwesenheit von Maxima in log I =Aq)an.
166
5.5. Neutronenkleinwinkelstreuung
0
0.5
1
- I#q/nrn-'
1,s
2
+
Abb. 5-17 Experiment (0)und Modellkurven fiir ein PAMAM-Dendrimer der Generation 10 [l lc]. -Kugel, - - - Hohlkugel. ..... Kugel mit von der ObeflEhe an linear abnehmender Dichte, 4- Gauss-Segrnentverteilung, -0Gauss-Segmentverteilungin der Schale einer Hohlkugel. Aufschlussreicher ist es, wenn die experimentellen und theoretischen Streukurven als 8 1 =Aq) aufgetragen werden, wobei I die Rfhtgenintensittit ist (Abb. 5-17). Die experi-
mentelle Streufunktion zeigt bei dem untersuchten Dendrimeren vier Maxima, der Hirhe rnit zunehmendem q abnimmt. Da bei einer Gauss-Verteilung der Streuelemente nur ein Maximum auftritt, kann diese physikalische Struktur ebenso wie diejenige einer GaussVerteilung rnit einem kleinen Loch in der Mitte ausgeschlossen werden (nur zwei Maxima stan vier). Bei Hohlkugeln und isotropen Kugeln sind zwar vier Maxima zu erwarten, die Maxima sind jedoch zu hoch. Im Gegensatz zu isotropen Kugeln nehmen die experimentellen Maxima rnit zunehmenden q ab. Dieses Phiinomen zeigen jedoch die theoretischen Kurven fiir Kugeln mit dem Radius R, deren Elektronendichte pe im Innem konstant ist, nach aussen zu jedoch von pe = const bei 0,75 R auf pe = 0 bei 1 R linear abfalt ("raue Kugeln").
5.5.
Neutronenkleinwinkelstreuung
Die Neutronenkleinwinkelstreuung (E: small angle neutron scattering, SANS) misst die Streuung von Neutronen an Atomkemen. Nun weisen Atomkeme Durchmesser von ca. l e 5 nm bis nm auf, Neutronen aber Wellenlbgen zwischen 0,2 nm und 2 nm. Die Wellenluge der Strahlung ist somit wie bei der Lichtstreuung und anders als bei der R6ntgenkleinwinkelstreuung grilsser als die Abmessung des Streuelementes. Die Wellenlugen der Neutronen sind aber mit den Bindungslugen vergleichbar, was zu einer Interferenz der Streuwellen von verschiedenen Atomen des gleichen Molekiils fiihrt. Die Streuintensitat Zndert sich demgemass mit dem Streuwinkel, woraus sich der Tr2gheitsradius selbst bei so kleinen Molekiilen wie Methan ermitteln lasst. Die Neutronenstreuung stammt praktisch nur von den Atomkemen. Weil die Atomkeme ca. eine Million mal kleiner als Neutronen sind, wirken sie als Punktstrahler. Die von den Kemen ausgesandten Wellen werden durch ihre koharenten Streuliingen b cha-
167
5. Strewnethoden
rakterisiert, welche die Wurzel aus der Wahrscheinlichkeit sind. dass ein einfallendes Neutron innerhalb eines Winkels von einem Steradiant pro Einheitsfluss der Neutronen gestreut wird. Der Neutronenfluss ist dabei als die Zahl der Neutronen definiert, die pro Zeit durch die FIlche durchtreten. Durch Aufsummieren der kohirenten Streuliingen b der einzelnen Atomsorten eines Molekiils bzw. Grundbausteins erhiilt man die kohlrenten Neutronenstreuliingen a (bzw. kohirenten Streuamplituden). Bei LUsungen misst die Neutronenkleinwinkelstreuung die Differenz der Streuliingen a, der Grundbausteine und u1 des LCTsungsmittels. Der Kontrastparameter Ksms (die "optische Konstante" der G1.(5-11)) ergibt sich zu (5-63)
KSANS= NA[u, - al( fiu,m/f~,m)I~/Mu~
Dabei sind N A = Avogadro-Konstante, fi,,, = partielles Molvolumen des Grundbausteins (i = u) bzw. des LCTsungsmittels (i = 1) und M, = Molmasse der Grundbausteine. Mit Ausnahme des Wasserstoff-Isotops 'H sind die kohirenten Streuliingen b aller in der organischen Chemie gebduchlichen Isotopen positiv:
1H
1012b/cm =
2H 12C 1 4 ~ 1 6 0 1 9 ~ 28si 31p 3 2 s 3 5 ~ 1 -0,374 0,667 0,665 0,937 0,580 0,565 0,411 0.51 0,280 1,166
Wegen der stark unterschiedlichen Streulhgen von IH und 2H (Deuterium) werden SANS-Messungen in der Regel an "protonierten" Polymeren in deuterierten Lijsungsmitteln oder vice versa ausgefiihrt. Deranige Messungen sind besonders instruktiv bei "LCTsungen" kleiner Mengen deuterierter Polymerer in protonierten Polymeren des gleichen Polymerisationsgrades, da auf diese Weise die Abmessungen der Polymeren in der Schmelze oder im amorphen Zustand ermittelt werden ktlnnen (Kap. 6). Eine selektive Deuterierung erlaubt zudem, die Beitrlge einzelner Gruppen zu "sehen", z.B. bei deuterierten Kettengliedem den Einfluss der Substituenten, wenn diese entweder deuteriert sind oder nicht (Abb. 5-18).
168
Literatur zu Kap. 5
Historische Notizen J.W.S.Rayleigh, philos.Mag. XLI (1871) 107; Nachdruck in: Scientific Papers by Lord Rayleigh (John William Strutt) Band 1, S. 87-99 (Paper 8). Dover, New York 1964 Ableitung der Streugleichung fiir kleine Teilchen. G.Mie, Ann.Phys. 2514 (1908) 3 7 7 4 5 Ableitung der Smufunktion fiir massive, sehr grosse Teilchen. P.Debye, Ann.Phys. 46 (1915) 809;PhysZ. 31 (1930) 348 Ableitung der Debye-Gleichung (5-35) A.Guinier, C.R.Acad.Sci. [Paris] 204 (1937) 1115; Thbes, SCrie A, Paris, Nr. 1854 (1939) Ableitung der GuinierGleichung (5-61) B.HZimm, J.Chem.Phys. 16 (1948) 1093, 1099 Zimm-Diagramm
Literatur zu Kap. 5 5.1 UBERSICHT O.Glatter, Modem Methods of Data Analysis in Small Angle Scattering and Light Scattering, Kluwer Academic, Dordrecht 1995
5.2 und 5.3 STATISCHE LICHTSTREUUNG M.Kerker, The Scattering of Light and Other Electromagnetic Radiation, Academic Press, New York 1%9 M.B.Huglin, Hrsg.. Light Scattering fromPolymer Solutions, Academic Press, London 1972 B.Chu, Laser Light Scattering, Academic Press, New York 1974 W.Burchard, Static and Dynamic Light Scattering from Branched Polymers and Biopolymers, Adv.Polym.Sci. 48 (1983) 1 P.Kratochvil. Classical Light Scattering from Polymer Solutions,Elsevier, Amsterdam 1987 W.Brown, Hrsg., Light Scattering,Clarendon Press, Oxford 1996 R.Borsali, Scattering Properties of Multicomponent Polymer Solutions: Polyelectrolytes, Homopolymer Mixtures and Diblockcopolymers, Macromo1.Chem.Phys. 197 (1996) 3947 5.4. R~NTGENJSLEINWINKELSTREUUNG A.Guinier, GIournet, Small Angle Sccattering of X-Rays, Wiley, New York 1955 H.Brumberger, Hrsg., Small Angle X-Ray Scattering,Gordon and Breach, New York 1967 O.Glatter, O.Kratky, Hrsg.. Small Angle X-Ray Scattering,Academic Press, Oxford 1996 R.-J.Roe, Methods of X-ray and Neutron Scattering in Polymer Science, Oxford University Press, Oxford 1999 5.5. NEUTRONENKLEINWDKELSTREUUNG R.Ullman, Small Angle Neutron Scattering of Polymers, Ann.Rev.Mater.Sci. 10 (1980) 261 M.Bee, QuasielasticNeuwon Scattering, Hilger, Bristoll988 P.Lindner, T.Zemb. Hrsg., Neutron, X-Ray and Light Scattering, Elsevier Science, Amsterdam 1991 J.S.Higgins, H.C.Benoit. Polymers and Neutron Scattering, Clarendon Press, Oxford 1994 R.-J.Roe, Methods of X-ray and Neutron Scattering in Polymer Science, Oxford University Press, oxford m
5. Sneumethoden
169
Quellennachweise [l] H.Benoit, Ber.Bunsenges. 70 (1966)286,Abb. 4 [2] C.Strazielle, H.Benoit, J.chim.phys. 58 (1961)678;rZHwund Wentnommen aus [3] [3] C.Strazielle, in M.B.Huglin, Hrsg., Light Scattering from Polymer Solutions, Academic Press, London 1972,S. 654 [4] Z.Tuzar, P.Kratochvi1, Col1.Czech.Chem.Commun. 32 (1967)3358;Werte von flaw und % entnommen aus 131 [q Y.Miyaki. Y.Einaga, H.Fujita, Macromolecules 11 (1978) 1180. Daten der Abb. 6 [q S.Akita, Y.Einaga, Y.Miyaki, H.Fujita, Macromolecules 9 (1976)774. Abb. 7 [T A.Peterlin. J.Polym.Sci. 47 (1960)403. (a) Abb. 1. (b) Abb. 5 [S] M.Wintermante1. M.Schmidt, Y.Tsukahara, K.Kajiwara. S.Kohjiya, Macromol. Rapid Commun. 15 (1994)279. Abb. 3 [9] R.Kirste. W.Wunderlich, Makromol.Chem. 73 (1964)240,Abb. 1; W.Wunderlich. R.G.Kirste, Ber.Bunsenges.Phys.Chem. 68 (1964)646,Abb. 3 [lo] L.Willner, OJucknischke. DRichter. J.Roovers, L.-LZhou, P.M.Toporowski, LJ.Fetters, J.S.Huang, M.YLin. N.Hadjichristidis, Macromolecules 27 (1994)3821 1111 T.J.Rosa. B.J.Bauer, E.J.Amis, D.A.Tomalia, R.Scherrenberg. J.Polym.Sci. B polym.Phys.) 35 (1997)2913,(a) Abb. 3. (b) Abb. 1 1 [12] M.Rawiso, R.Duplessix, C.picot, Macromolecules 20 (1987)630.enmommen aus Abb. 8a
170
6.
Ungeordnete kondensierte Systeme
6.1.
Amorphe Polymere
6.1.1. Struktur Kristalline Polymere gehen an ihren Schmelztemperaturen und fliissigkristalline Polymere an ihren Klartemperaturen in Polymerschmelzen uber. Solche Schmelzen weisen anders als diejenigen niedemolekularer Substanzen grosse Viskosititen auf (Kap. 15). Schmelzen hochmolekularer Kettenmolekiile m e l n z.B. knapp oberhalb der Schmelztemperatur phsjlomenologisch mehr Gummis als Fliissigkeiten. Z2he. gummiartige Massen erh2lt man auch beim Enviirmen von nichtkristallinen. glasartigen Polymeren auf Temperaturen oberhalb der sogenannten Glastemperaturen. Diese Massen werden oft ebenfalls Schmelzen genannt, obwohl sie nicht durch ein Schmelzen von kristallinen Materialien entstehen (ein thennodynamischer Prozess), sondem durch ein Enveichen nichtkristalliner Stoffe (ein kinetischer Vorgang) (Kap. 13). Beim Abkiihlen der Schmelzen nichtkristallisierender Polymerer und oft auch beim sehr raschen Abkuhlen der Schmelzen kristallisierender Polymerer unter die jeweiligen Glastemperaturen entstehen Stoffe ohne erkennbare rtintgenographische Femordnung, sog. amorphe Polymere (G: a- = ohne; morphe = Gestalt). Diese Materialien sind "Festktirper", weil sie unter ihrer eigenen Last nicht ihre Gestalt Zndem. Beispiel sind Trinkbecher und andere Gegenstsjlde aus Poly(styro1). Das rasche Abkuhlen einer Polymerschmelze unler die Glastemperatur fnert die physikalischen Strukturen der Molekule in der Schmelze ein. Polymere im Glaszustand weisen darum die gleichen ungestorten Dimensionen wie im geschmolzenen Zustand auf (Abb. 6-1, Tab. 6-1). Langreichende Ordnungen miissen daher abwesend sein. Interessantenveise sind jedoch auch bei kristallisierenden Polymeren die reduzierten Tdgheitsradien in der Schmelze und im KristaLl gleich gross (vgl. dam Kap. 7.2.1).
-2
I I I
3
2
fin
0,02
Kristalliner Zustand +14 Schmelze 'I
0
50
100
150
I
I
Glaszustand
+-I
I
--b
Schmelze
200
171
6. Ungeordnete kondensierte System
Tab.6-1 Reduzierte Triigheitsradien in Theta-Usungsmitteln bei c + 0 (meist iiber Streulicht-Messungen) und in der Schmelze, im Glas und im Kristall d w h Neumnenkleinwinkelstreuung an kleinen Konzenmtionen an deuterierten Polymeren in den entsprechenden pmtonierten Verbindungen etwa gleicher Molmasse. RIS: Berechnet mit dem RIS-Modell (S. 85); nc = nicht kristallisierend
Poly(ethy1en) Poly@ropylen),it Poly@mpylen),at Poly(1-buten), at Poly(is0butylen) Poly(styml), at Poly(methylmethacrylat), at Poly(methylmethacrylat),st
0,0473 0.0340 0,0333 0,0281 0,030 0,0275 0,030 0,028 Poly(methylmethacrylat), it 0,024 Poly(oxyethy1en) Poly(dimethylsi1oxan) 0,025
0,045 0,0482 0,036 0,0340 0,0336 0,027, 0,0305 0,031 nc 0,0280 0,0278 w 0,031 nc 0,030 0.029 0,052 0,042 nc 0,027
-12 -11 -42 -25f15 -20*10 -9f9 -14f10 O+ 1
0 1 4
-12 +16
+20
Die reduzierten Tragheitsradien in der Schmelze sind wiederum mit denen in ThetaLBsungen identisch. Es muss sich also um ungestdrte Dimensionen handeln. Erstaunlichenveise findet man auch fur kristallisierende Polymennolekiile oft (oder sogar immer?) die gleichen Dimensionen wie in der Schmelze und in Theta-Ldsungen (Kap. 7). Weitreichende Ordnungen oder Orientierungskorrelationen scheinen bei amorphen Polymeren abwesend zu sein. Auf deren Anwesenheit wurde zunichst auf Grund der Dichten der Polymeren und anhand elektronenmikroskopischer Beobachtungen geschlossen. Berechnungen mit Hilfes eines Spaghetti-Modells sagten z.B. fiir amorphe Polymere Dichten von maximal 65 % der kristallinen Dichte voraus. Experimentell werden jedoch f i r amorphe Polymere weit hdhere Werte von (85-95) % der Kristalldichte beobachtet (Tab. 6-2). Aus der Differenz zwischen berechneten und beobachteten Werten wurde geschlossen, dass bei amorphen Polymeren gewisse Ordnungserscheinungen vorhanden sein mussen. Derartige Berechnungen basieren jedoch auf recht groben geomeuischen Modellen. Nach Computersimulationen kdnnen niimlich bis zu 88 % der Platze primitiver kubischer Gitter besetzt werden. ohne dass ideale oder gest6rte Kettenbiindel auftreten. Bundel von Kinken und Jogs (Kap. 7.5.3) werden z.B. beim Miander-Modell als thermodynamisch stabile Einheiten angenommen. Messungen der Breitlinienkemresonanz ergaben aber, dass die Linienbreite der Signale ca. 50 mal kleiner ist als vom Miander-Modell vorhergesagt wird. Das Modell kann daher nicht physikalisch bedeutsam sein. Im amorphen Zustand werden bei Polymeren elektronenmikroskopisch gelegentlich kugelfdrmige Gebilde beobachtet. Die Durchmesser dieser "Noduln" variieren zwischen (2-4) nm beim Poly(styro1) und ca. 8 nm beim Poly(ethy1enterephthalat).In den meisten FUen stammen diese Noduln wohl von experimentellen Fehlem wie z.B. mangelnden Fokussierungen der Elektronenmikroskope, Artefakten bei der elektronenmikroskopischen Paparation, Oberflacheneffekten beim Bruch usw. Sie treten z.B. nicht bei sehr raschem Abschrecken der Proben auf -165OC auf.
172
6.1.2.
6.1. Amorphe Polymere
Dichte
Eine abwesende Fernordnung schliesst jedoch nicht anwesende Nahordnungen aus. Eine Parallelisierung von Kettensegmenten ist durchaus wahrscheinlich, da sie wegen der Persistenz der Ketten bereits bei Alkanen rtjntgenographisch gefunden wird. Bei abwesenden Fernordnungen packen sich die Ketten weniger gut. Die Dichten Pam amorpher Polymerer sind daher kleiner als die Dichten pcr der kristallinen (Tab. 6-2). Eine Ausnahme ist das Poly(4-methyl-l-penten),bei dem die Dichte im amorphen Zustand grtjsser als im kristallinen ist. Die Verhaltnisse Pam/Pcr der Dichten im amorphen und kristallinen Zustand unterscheiden sich bei Polymeren jedoch nicht sehr von denen der niedermolekularen Ltisungsmittel. Also werden auch die Nahordnungen von Polymerketten und Ltisungsmittelmolekiilen nicht allzusehr verschieden sein. Bei amorphen Polymeren existien noch eine zusatzliche, temperaturabhugige Anisotmpie-Fluktuation. Das Ausmass dieser lokalen Orientierung der Segmente ist With gross wie bei einfachen organischen Ltjsungsmitteln, aber weit niedriger als bei den isotropen Phasen nematischer Flussigkristalle (Kap. 8). Die Orientierungen erstrecken sich 2.B. beim Poly(styro1) nach NMR-Messungen uber nicht mehr als ca. 0,5 nm. Beim Abkuhlen der Schrnelze unter die Glastemperatur TG steigt die Viskositlt stark an, und zwar von ca. (102-106) Pa s bei T > TG auf ca. 1012 Pa s bei T = TG. Die Mobilit l t der Polymersegmente wird stark eingeschrW3, wodurch der Bewegungsspielraum der Segmente einfrien. Die Ketten konnen sich nicht so eng packen wie sie geme mtjchten, da sie nicht unendlich diinn sind und ausserdem eine gewisse Persistenz aufweisen. Das spezifische Volumen yam des amorphen Polymeren wird daher grtjsser als das spezifische Volumen V L des entsprechenden flussigen Polymeren bei der gleichen Temperatur sein (Abb. 6-3). Das amorphe Polymere weist "Leerstellen" auf, worunter man sich Bezirke mit etwa atomaren Durchmessern vorzustellen hat. Es besitzt somit ein sogenanntes freies Volumen (E: free volume). Tab. 6-2 Dichten pcr(knstallin) bzw. pm (amorph bzw. fliissig) von Polymeren und Usungsmitteln irn kristallinen Zustand bei der Temperatur Tcrsowie im amorphen Zustand (Polymere) bzw. als Usungsmittel bei der Temperatur Tam [3]. * Nach dem Umrechnen mit Hilfe der kubischen thermi%hen Ausdehnungskceffiienten auf die jeweiligen Schmelztemperaturen TM.
Polymer(Modifikation)
polY(hYlen) (0 Poly(iobuty1en) Poly(isopren), cis-1.4 (p) Poly(styro1). itPoly(oxyethy1en) Poly(ethy1enlerephthalat) Poly(bispheno1A-carbonat) Poly(dimethylsi1oxan) Poly(4-methyl-l-pentn),it Benzol cyclohem Tetrachlorkohlenstoff
Kristalls@uktur
rhombisch rhombisch rhombisch trigonal monoklin triklin monoklin monoklin tetragonal rhombisch kubisch hexagonal
"C
Pcr -Pam
Tcr -
"C
25
25
25 18
25 18
-90
-90
20 20 20
-3 -8 -44
g
144 44 64 240 66 264 230 238 5.5
6,5 - 23
0,887 0,915 0,906 1,04
1,124 1,337 1,196 0.98 0,838 0,879 0,779 1,594
0,999 0,937 1.OOO 1,12 1,235 1,498 1,315 1,07 0,828 1,022 0,837 1,788
Per
0,888 0,977 0,906 0,929 0.910 0,893 0,910 0,916 1,012 0.88 * 0,95 * 0.95 *
173
6. Ungeordnete kondensierte System
Tab. 6-3 Anteile der verschiedenenfreien Volumina von amorphen Polymeren bei der Glastemperatur, berechnet mit den kristallinen Dichten bei O"C, nicht 0 K. Polymere Poly(styro1) Poly(vinylacetat) Poly(methylmethacrylat) Poly(butylmethacry1at) Poly(isobuty1en)
her
4XP
4VLF
huk
0,375 0,348 0,335 0,335 0,320
0.127 0,14 0,13 0,13 0,125
0.025 0.028 0,026 0,026 0,026
0.0035 0.0023 0,0015 0,0010 0,0017
Der Volumenanteil dieses so erzeugten freien Volumens berechnet sich aus den spezifischen Volumina des Glases (VG) und der Schmelze (VL)zu
Er nimmt unabhagig von der Konstitution der Polymeren einen Wert von ca. 0,025 an (Tab. 6-3). Das gleiche freie Volumen tritt in der WLF-Gleichung fiir die dynamische Glastemperatur auf (Kap. 13.5.5). Ausser dem WLF-freien Volumen werden noch eine ganze Reihe anderer freier Volu= (VG - v,dW)/VG des sog. Leervolumens mina definiert und diskutiert. Der Anteil 4eer bezieht das bei der Temperatur T gemessene spezifische Volumen v, auf das spezifische Volumen v,dW. das sich aus den van der Wads-Radien berechnet. Das Leervolumen ist jedoch nicht vtillig fiir thermische Bewegungen verfiigbar. da die Monomereinheiten nicht alle freien Pl2tze einnehmen ktinnen. Das fiir die thermische Ausdehnung verfiigbare Volumen &xp = (vG,0- V , , , ~ ) / V ~ , Oist aus den spezifischen Volumina VG,O der glasartigen und vCr,oder kristallinen Polymeren bei 0 K erhaltbar. Schliesslich l a s t sich noch aus Messungen der Schallgeschwindigkeit ein Anteil &q des Fluktuationsvolumens bestimmen, das die Bewegung des Schwerpunktes eines Molekas als ResuItat der thermischen Bewegung beschreibt.
0,842
0
0.2
0,4
-WPMM.4
-
0,6
0.820
08
1
Abb. 6-2 Abmgigkeit des spezifischen Volumens v von Lbsungen eines Poly(methylmethacry1at)s in Methylmethacrylat vom Massenanteil w p m des Polymeren bei 25°C [4].
174
6.2.
6.2. Polymerschmelzen
Polymerschmelzen
6 . 2 . 1 . Mikrokonformationen Die Mikrokonformation kfeiner MoZekiife wird im Gaszustand ausschliesslich, im kristallinen Zustand praktisch ausschliesslich von intramolekularen Kraften bestimmt. Beim Ubergang Kristall-Schmelze &den sich die Packung der Molekiile, nicht jedoch die intramolekulare Wechselwirkung. Butan besitzt im Gaszustand eine Konformationsenergie von AETG = 3,35 kJ/(mol Bindung) und als Fliissigkeit die praktisch gleiche Konformationsenergie AETG von 3,22 kJ/(mol Bindung). Poiymerketten mit periodischen Sequenzen von Mikrokonfonnationen wie z.%. [TI,, [TG+],, ['ITG+]n, [G+], usw. liegen als Zickzack-Kette oder Helix mit der iusseren Form eines Stgbchens vor. Die strenge Stabchenform wird jedoch nur bewahrt, wenn sie im Kristallverband durch eine enge Packung stabilisiert ist. Mit steigender Temperatur beginnen in Kristallen Vibrationen (und manchmal auch Rotationen) von Segmenten um ihre Ruhelagen. Schliesslich schmilzt der Kristall (Kap. 13). In der Schmelze sind die Molekiilketten nicht mehr gezwungen, als ganzes Molekiil oder innerhalb eines langen Segmentes (wie sie bei Kettenfaltungen vorliegen, Kap. 7) eine regulare periodische Sequenz von Mikrokonformationen einzunehmen, da nunrnehr die thermische Energie gross genug ist, um Rotationsbanieren zu iiberwinden. An einigen Stellen des Stabchens entstehen "falsche" Mikrokonformationen, wodurch an diesen Stellen die Stlbchenform gebrochen wird (Abb. 4-4). Die Kette nirnmt die Makrokonformation eines statistischen Knauels an. Beim Schmelzen entsteht ein enthalpisch ungiinstigerer Zustand, der jedoch durch einen Entropiegewinn uberkompensiert wird. Jedes Makromolekiil kaM nunmehr sehr viele Makrokonformere bilden, die jedes und untereinander in dynamischen Gleichgewichten sind. In der Schmelze iiberleben daher nur relativ kurze regulire Sequenzen in sehr kleinen Konzentrationen, z.B. kune Helixstucke oder all-trans-Sequenzen. Die Makrokonformation eines Knauels kann somit durchaus aus Zokal helicalen Segmenten bestehen. Diese konformativ regularen Sequenzen sind zwar nicht mehr IR-spektroskopisch beobachtbar, k6Men sich jedoch manchmal anderweitig experimentell zu erkennen geben. Beim syndiotaktischen Poly(propy1en) im stabilsten kristallinen Zustand zeigt z.B. das IR-Spektrum eine ausgepragte "kristalline" Bande bei 868 cm-', die nach theoretischen Berechnungen praktisch ausschliesslich durch helicale [lTGG],-Konformationen bedingt ist. Diese Bande verschwindet beim Schmelzen (Abb. 4-2). Die geordneten Helixkonformationen gehen somit in ungeordnetere Konformationssequenzen iiber. Die Bande ist jedoch in einigen Msungsmitteln vorhanden. Die lokalen helicalen Konformationen werden hier offenbar durch intermolekulare Assoziationen stabilisiert (Kap. 10). Rtintgenuntersuchungen lassen entsprechend in Schmelzen kristalliner und amorpher polymerer Festklirper keine Femordnung erkennen. Auch Nahordnungen sind praktisch nicht vorhanden. Bei Schmelzen von Poly(ethy1en)en treten nach Messungen der Rontgen- und Neutronenkleinwinkelstreuungen z.B. keine langen Sequenzen von trans-Konformationen auf. Zwischen den Kettensegmenten bestehen nur schwache Orientierungskorrelationen von ca. 0,4 nm, die somit nicht vie1 grosser als die kristallographischen Bindungslugen von 0,254 nm sind.
6.2. Ungeordnete kondensierte Systeme
6.2.2.
175
Makrokonformationen
In Polymerschmelzen liegen die Ketten linearer Polymermolekiile nicht separat nebeneinander vor. Die Knluel durchdringen sich vielmehr gegenseitig, wie sich aus den Konzentrationen bzw. Dichten abscMtzen llsst. Die Massekonzentration cmoleines Molekiils berechnet sich aus seiner Masse. der Molmasse, dem Molekulvolumen und dem Tdgheitsradius ungestorter Knauel zu
rnit der Molekiilmasse mmo; = M/NA, der Molmasse M = NUMU,dem Molekiilvolumen Vmol = (4/3) IC so3 einer Quivalenten Kugel und dem Tragheitsradius so = NU1nbeffungest6rte.r Knluel. Die Massekonzentration eines Poly(styro1)-Molekuls aus Nu = 104 Monomereinheiten der Molmasse Mu = 104.15 dmol und der kristallographischen L h g e beff = 0,254 nm betrlgt z.B. nur cmo1= p = 0,025 g/mL. Diese Dichte ist weit geringer als die Dichte der Schmelze (p = 0,962 UmL bei 217 "C) und des glasartigen Festkorpers (p = 1,049 g/mL bei 25OC). Die "fehlende" Masse pro Molekiilvolumen muss daher aus der Masse von Segmenten anderer Molekiile bestehen, die sich gleichzeitig im Knauelvolumen des betrachteten Poly(styro1)-Molekuls aufhalten. Zum gleichen Schluss kommt eine andere Uberlegung. Isolierte knauelformige Makromolekfile weisen eine Gauss-Verteilung der Segmentdichte auf (Kap. 4.3.7). Die Segmentdichte nimmt mit zunehmender Kettenluge ab, und zwar auch am Massezentrum. Die makroskopische Dichte von Polymerschmelzen andert sich jedoch nicht rnit der Molmasse, von Endgruppen-Effekten bei niedrigen Molmassen abgesehen. Daraus folgt, dass sich knlluelfonnige Makromolekiile in Schmelzen mit steigender Molmasse immer sarker uberlappen bzw. durchdringen mussen. Das Molekiilvolumen eines gegebenen Kettenmolekiils W ist jedoch wegen der Anwesenheit von Segmenten anderer Kettenmolekiile mit gleicher chemischer Struktur kleiner als es in einem thermodynamisch guten Losungsmittel ware. Die betrachtete Kette W mtichte sich also ausdehnen. Das mochten jedoch auch alle anderen Ketten und so wird die Kette W zusammengedriickt. Da alle Ketten die gleiche Konstitution und Konfiguration aufweisen, sind die zwischen ihnen wirkenden Krifte gleich gross. Wegen der Gleichheit der Kr5fte halten sich folglich Ausdehnung und Kompression die Waage und die Kette W nimmt ihre ungestorten Dimensionen an. Die auf die Molmasse bezogenen Quadrate der Tragheitsradien von Knlueln sind entsprechend in Theta-Losungen und in der Schmelze praktisch gleich gross (Tab. 6-1). Schmelzen und Theta-Ltisungen unterscheiden sich jedoch in der Temperaturabhbgigkeit der Trigheitsradien von ungestorten Knaueln (Tab. 6-1). Der Ternperaturkoeffizient d In (s2)JdT ist bei Poly(1-o1efin)en in Theta-Usungen negativ, in Schmelzen aber positiv. Dafiir sind wahrscheinlich zwei Effekte verantwortlich. Einmal treten bei einigen Ltisungsmitteln sogenannte spezifische Wechselwirkungen auf, d.h. starke Solvatationen bzw. Polymer-Usungsmittel-Komplexc(vgl. Kap. 10.1.4). Zum anderen werden Dimensionen in Theta-Usungsmitteh fur unendlich kleine Konzentrationen bestimmt, in Schmelzen aber fiir sehr grosse.
176
6.3. Massig konzentrierte Losungen
Bei vemachlassigbar kleinen Polymerkonzentrationen verschwinden in Theta-Losungsmitteln nun zwar die Wechselwirkungen zwischen 2 KSrpem (2.Virialkoeffizient A2 -+ 0), diejenigen zwischen 3 Korpem bleiben jedoch erhalten (Anwesenheit eines 3.Virialkoeffizienten A3). Ungestorte Dimensionen sind daher nicht notwendigerweise in allen Theta-Wsungsmitteln gleich gross.
6.3.
Massig konzentrierte Losungen
6.3.1. Konzentrationsbereiche Polymermolekule liegen in hochverdiinnten Losungen isoliert voneinander vor. Mit zunehmender Massekonzentration c der Polymeren ist jedoch immer weniger freier Raum zwischen den Makromolekiilen vorhanden. Bei kompakten Makromolekiilen w i d schliesslich die maximale Packungsdichte erreicht (Tab. 4-3). Auch bei Knaueln aus linearen Makromolekiilen wird schliesslich eine Art "maximaler Packung" erhalten, und zwar dann, wenn sich die KnPuel"oberfl&hen" bei einer kritischen Konzentration zu beriihren beginnen. Da Knauel jedoch sehr lockere Gebilde sind, fangen sie an, sich bei dieser Konzentration zu uberlappen. Die kritische Konzentration ist also eine Uberlappungskonzentration c* (E: overlap concentration). Bei c 2 c* hat das gleiche Volumen aber vie1 mehr Segmente aufzunehmen. Knauel in Theta-Uisungen weisen nun aber bereits ihre ungesttirten Dimensionen auf, die zumindest f i r M -+ nicht mehr weiter zusammengepresst werden ktinnen. Die ungestorten Dimensionen bleiben hier somit konstant. Anders ist es bei Knaueln mit gestorten Dimensionen, also in guten Ltisungsmitteln. Diese Knauel werden mit steigender Konzentration komprimiert, bis sie schliesslich bei einer zweiten kritischen Konzentration c** ihre ungestorten Dimensionen erreichen. Man kann daher funf verschiedene Konzentrationsbereiche unterscheiden:
-
c=o 0 5 c Ic* c* Ic Ic* c** Ic Ip
c=p
*
unendlich verdunnte Losungen verdunnte Ldsungen massig konzentrierte Llisungen konzentrierte Losungen Schmelzen
(E: infinitely dilute solutions) (E: dilute solutions) (E: semi-dilute solutions) (E: concentrated solutions) (E: polymer melts)
Die jeweiligen Ubergange c* und c** sind dabei nicht scharf, da Knauel keine festen Oberflichen besitzen. Die Frage ist dann, welche Knauelabmessung diese Ubergbge am besten beschreibt. Wenn die Kniuel als aquivalente Kugeln mit einem kontrollierenden Tragheitsradius s angenommen werden, da m ist die Uberlappungskonzentration gleich cs* = mmol/Vmol= (3 M)l(4 IC s3N,4), wobei mm,i = M/NA die Masse des Molekiils ist und Vmol das Volumen. Einfiihren von s = K,MV (G1.(4-65)) liefert
6. Ungeordnete kondensierte System
177
Ein Poly(styro1) der Molmasse 1.106 g/mol besitzt bei 25°C im guten Llisungsmittel Kohlenstoffdisulfid (v = 3/5; K, = 1.2-10-9 cm (mol/g)3/5) eine Uberlappungskonzentration von c* = 3,6-1W3 @mL, im Theta-Ltisungsmittel Cyclohexan bei 34.5”C (v = ID; K,,o = 3.10-9 cm (moVg)1”) dagegen eine von c* = 14,7.1t3 g/mL. UberlappungskonzentrationenkUnnen auch fiir andere Kniueldimensionen berechnet werden, z.B. fiir hydrodynamische Radien. Um vergleichbare Werte zu erhalten, mussen die hydrodynamischen Radien in Tragheitsradien umgerechnet werden. Es zeigt sich, dass der ungesturte Tdgheitsradius um den Faktor So/RD,e = 1,28 mal gr(lSSer als der Stokes-Radius RD,e aus Diffusionsmessungen ist und der Stokes-Radius um den Faktor RD,e/Rv,e = 1,07 gdsser als der Einstein-Radius Rv,e = [(3 M[q]e)/(lO X N A ) I ~ / ~ einer iquivalenten Kugel aus Viskosititsmessungen (Tab. 12-6). Die Uberlappungskonzentration cs* ist daher praktisch gleich der reziproken Grenzviskosit2tszahl, die ja ein Mass fiir das von der Einheitsmasse des Molekiils eingenommene Volumen darstellt:
Die Uberlappung kann statt auf Massekonzentrationen c, auch auf Zahlenkonzentrationen C, bezogen werden. Die Uberlappungskonzentration C,* ist als diejenige Konzentration definiert, bei der sich in einem Wiirfel mit der Seitenluge von einem Trigheitsradius s gerade ein Molekill mit dem Polymerisationsgrad X befindet. Die Trigheitsradien sind nach s = Ks,xXVmit dem Polymerisationsgrad verkniipft (G1.(4-62)). In guten Llisungsmitteln gilt angeniihert v = 3/5 (G1.(4-65)) (exakt: v = 0,588) und somit
6.3.2.
Temperaturabhangigkeit der Knaueldimensionen
Anderungen in der Temperatur fiihren zu Anderungen in der Population der Mikrokonformationen und damit auch zu Anderungen der Dimensionen. Die Trigheitsradien besitzen entsprechend einen Temperaturkoeffizienten (Tab. 6-1). Dieser Effekt ist jedoch vemachllssigbar gegeniiber der temperaturbedingten Anderung der Wechselwirkungen Segment-Segment, Segment-LUsungsmittel und LUsungsmittel-Lbsungsmittel. Eine Temperaturerhohung erzeugt so bei endothemen Usungen ein ausgeschlossenes Volumen, bei exothermen LUsungen entsprechend bei Temperaturemiedrigungen. Die h d e r u n g des ausgeschlossenen Volumens usegpro Segment mit der Temperatur T in der N ~ der e Theta-Temperatur 8 wird dabei allgemein durch die G1.(6-6) beschrieben:
UngestUrte Kniuel sollten in endothermen LUsungen bei T > 8 folglich in gestilrte iibergehen. Die’Tragheitsradien sollten entsprechend ansteigen. Tatsachlich werden jedoch manchmal in verdiinnten endothermen Usungen bei steigenden Temperaturen abnehmende Tdgheitsradien beobachtet (Abb. 6-3). Dieser Effekt kann darauf zuriickge-
178
6.3. Miissig konzentrierte L6sungen
19
0,018 g/mL
1.8
-
1,7
0,018 g/mL
Abb. 6 3 Logarithmus des Massenmittels der Quadrate der Tdgheitsradien als Funktion der reduzierten Abstandes (T - 8)/8der Temperatur T von der Theta:Temperatur 8 nach SANS-Messungen an einem deutero-Poly(styro1) d 8 - B (H.,, = 75 700 g/mol, M, = 49 OOO g/mol) [5a und 5bl. Verdiinnte Lcisung: 0,018 g/mL ds-PS in Cyclohexan. m i g konzentrierte Losung: 0,025 g/mL ds-PS in einer Usung von insgesamt 0.19 g/mL Poly(styrol) (ds-PS + hs-PS) in Cyclohexan. 0,020 g/mL ds-PS in einer LOsung von insgesamt 0.47 g/mL PolyKonzentrierte Llisung: (styrol) (da-PS + hs-PS) in Cyclohexan. fiihrt werden, dass in GL(6-5) der Einfluss des 2,Vinalkoeffizienten A2 unberiicksichtigt blieb, einer thermodynamischen Gr6sse (Kap. 10.4), welche die Wechselwirkungen zwischen zwei Segmenten beschreibt. Die Tragheitsradien sind entsprechend
zu komgieren. Bei verdunnten Liisungen nehmen entsprechend die so auf ( S ~ ) ~ + O umgerechneten Tr2gheitsradien mit steigender Temperatur zu. Bei mussig konzentrierten Ldsungen (z.B. c = 0,19 g/mL in Abb. 6-3) findet man bei Temperaturen, die genugend hoch uber der Theta-Temperatur sind, einen W i c h e n Anstieg der Tragheitsradien mit der (T - e)/e,allerdings mit einem anderen Exponenten (Abb. 6-3). Bei einer Konzentration von c = 0.19 g/mL ist man bereits weit oberhalb der kritischen ijberlappungskonzentration f i r ein Poly(styro1) dieser Molmasse, so dass zusatzlich noch Kontakte zwischen drei Polymersegmenten zu beriicksichtigen sind, d.h. dritte Virialkoeffizienten. Die Skaliemngstheone sagt voraus, dass dieser Anstieg mit der 0,25. Potenz des Temperaturinkrementes (T - e)/eerfolgt, und dass das Tragheitsquadrat dem Polymensationsgrad X (exakt: der Zahl der Segmente) und der 0,25. Potenz der reziproken Polymerkonzentration c proportional ist:
179
6. Ungeordnetekondensierte System
Eine solche Gesetzmksigkeit kann jedoch. wenn iiberhaupt, nur f i r einen sehr engen Temperaturbereich gelten. Bei Polymeren findet man n h l i c h f i r ein gegebenes Liisungsmittel in der Regel zwei Theta-Temperaturen, z.B. bei Poly(styro1) in r-Butylacetat bei BUCST = 10°C (endotherme Losung) und f i 3 ~ c s=~ 109.3"C (exotherme Losung) (siehe dazu Abb. 10-21). Bei beiden Temperaturen weist das Polymere den gleichen mit ~ zunehmender Temperatur Trilgheitsradius auf. Da der Trigheitsradius von t 3 ~ c s ansteigt (Abb. 6-3). muss er folglich bei weiterer Temperatursteigerung durch ein Maximum bei einer Temperatur Tath laufen, bei der sich eine verdiinnte Ltisung wie eine athermische verhat (Abb. 10-21). Bei noch hiiheren Konzentrationen werden die Knluelsegmente zunehmend gleichmksiger verteilt; die Annahmen der Skalierungstheorie werden dadurch ungiiltig. Oberhalb der zweiten kritischen Konzentration c** nehmen schliesslich die Knauel in konzentrierten Usungen ihre ungestorten Dimensionen an. Diese Konzentration wird nach c** = c * [ ( ~ ~ ) o / ( sdurch ~ ) ~ Jdie Uberlappungskonzentration c* und das Verhatnis der Trigheitsquadrate in guten Liisungsmitteln bei unendlicher Verdiinnung zu denen im Theta-Zustand gegeben. Die Skaliemngstheorie erwartet hier eine Temperaturunabhingigkeit der ungestiirten Dimensionen. Tatsichlich wird aber eine Abhbgigkeit beobachtet (Abb. 6-3). die mit einer Funktion (s2) = f l ( T - e)ln] beschreibbar ist.
6.3.3.
Verschlaufungen
Bei Konzentrationen c > c* beginnen sich hochmolekulare flexible Kniuel in einer solchen Weise gegenseitig zu durchdringen, dass sich physikalische Vemetzungsstellen bzw. -bereiche zwischen Segmenten verschiedener Polymermolekiile ausbilden. Diese physikalischen Vemetzungen machen sich besonders bei der Diffusion in Schmelzen (Kap. 14.2.3), bei Schmelzeviskositaten (Kap. 15.3.4) sowie bei mechanischen Beanspruchungen (Kap. 17.5.5) bemerkbar. Sie werden gewtihnlich als Verhakungen oder Verschlaufungen zusammengefasst (E: entanglements), aber nicht weiter spezifiziert. Tatslchlich gibt es jedoch mindestens drei Typen von solchen physikalischen Vemetzungen (Abb. 6-4). Bei Koh2sionskontakten binden sich Segmente verschiedener Ketten iiber mehrere, nebeneinander liegende physikalische Bindungen in einer Art nematischen Suuktur (Kap. 8.2.2) bzw. einer Art Fransenmizelle (Kap. 7.2.1) aneinander. Verhakungen und Verschlaufungen sind dagegen rein topologischer Struktur. Sie erfordem keine physikalischen Bindungen, sondem kommen rein mechanisch zustande.
.m Koh&ionskontakt
Verhakung
Verschlaufung
Abb. 64 Physikalische Vemetzungen. Sie werden bei Zugbeanspruchungen in Richtung +wuksam, nicht aber in Richtung - - +. In der Regel wird nicht zwischen Verhakungen und Verschlaufungen bzw.anderen Verschlingungen (Verhaspelungen, Verwirmngen usw.)unterschieden.
180
6.3.4.
6.3. Massig konrentrierte Liisungen
Blobs
In einem Knauel befinden sich nun zwischen zwei benachbarten Verhakungen Molekiilsektionen, die so gross sind, dass sie noch alle Knauelchamkteristiken aufweisen. Diese Sektionen sind sozusagen "Knauelchen irn Knauel". welche die Forderung nach Selbstwichkeit erfiillen (Kap. 4.7.3). Eine Polymerkette aus Xu Monomereinheiten der Molmasse M u kann entsprechend als Perlenkette aus Knauelchen (E: blobs = Kliimp chen) der Molmasse Mbl bzw. des Polyrnerisationsgrades x b l = &/Mu aufgefasst werden (M= X&, = Nbflbl). Der Durchmesser dbl der Blobs ist der Abstand Lc zwischen zwei Verhakungsstellen (Abb. 6-5). Nachstehend wird die iiberlappungskonzentration des Polymeren (Index 2) zweckmksig als Volumenbruch #* ausgedriickt und nicht als Massekonzentration c*. Wegen c2* = m2*/V = V2*p2/v = h*p2 und M = MJ h s t sich G1.(64) als h*= [(3 M ( 4 R N,&-1][Xr3] = K,'Xs3 schreiben. Die? Beziehung fiir das gesamte Knihel muss (mit einer anderen Proportionalitiitskonstanten K,) bei der Uberlappungskonzentrationauch fiir die Blobs gelten, so dass h*= KJt,l(~,l>-~. In der Nahe der kritischen Volurnenbriiche h* fiir die Uberlappung rnussen die Blob-Durchrnesser dbl den Tragheitsradien Sbl der Blobs direkt proportional sein, d.h. dbi = Qbl(sb1). wobei Qbl ein Proportionalitatsfaktor ist. Bei diesen Volurnenbriichen sind die Verhakungsdichten ziemlich niedrig und die Blobs daher recht gross. Innerhalb der Blobs mussen f i r Monomereinheiten in guten Lbsungsrnitteln ausgeschlossene Volumina vorhanden sein, genau so wie fiir das gesamte Knauel. Die Tragheitsradien der Blobs miissen also die gleiche Beziehung Sbl = K b ~ ' M b l ~befolgen /~ wie sie bei gest6rten Knlueln gilt, nmlich s = KsM23/5. Zweckmassig wird der Polyrnerisationsgrad x b l = Stan der Molmasse M 2 venvendet, SO dass s b l = KblXb13/5 (mit K b l = MU^"). Nun werden aber die Blobs in guten Lbsungsrnitteln bei 92 > &* rnit steigender Konzentration h > h* irnrner rnehr zusamrnengedriickt. Der Faktor Qbl in dbl = Qbl(sb1) kann also nicht konzentrationsunabhhgig sein. Er kann aber auch nicht direkr proportional der Konzentration sein, da die Kornpression mit steigender Konzentration immer schwieriger wird. Der Faktor wird daher als Qbl = (Mh*)Yangesetzt, wobei y eine negative Zahl ist. Man erhdt sornit dbl = (&/h*)Y(Sbl), Der Exponent y wird wie folgt ermittelt. Einfiihren von h*= K ~ X b l / ( S b l ) ~und s = Kblxb13/5 in dbl = (h/@2*)y(sbl) liefen dbl = [K,-YKb13Y+'](~)YXb1(3'5)+(4y/5). Da der Blob-Durchmesser definitionsgemlss polyrnerisationsgradunabh&gig ist (dbl Xblo), wird der Exponent des Polymerisationsgrades zu (3/5) + (4y/5) = 0 und sornit y = -3/4.
-
Abb. 6-5 Links: Verhakungen grosser Kettenmolekiile (schematisch). Die Kontaktpunkte 1 und 1' kennzeichnen die Verhakung der Segmente zweier verschiedener Keuen. Die Kontaktpunkte 2.3 und 4 sind gleichermassen mit 2', 3' bzw. 4' verhakt (nicht gezeigt). Rechts: Molekiilsektionen zwischen zwei Verhakungen verhalten sich wie zwei quasi-unabhiingige Knauelchen (gestrichelte Krcise).
181
6. Vngeordnete kondensierte System
Weil h und xbl dimensionslos sind und dbl eine Liinge ist. muss auch [ K ~ - Y K ~ ~ ~ Y + ~ I eine Liinge sein; es wird gleich b gesetzt. Mit steigendem Volumenbruch h des Polymeren nimmt also der Durchmesser der Blobs nach dbl= b&-3/4 schnell ab. Wegen der in den Blobs vorhandenen ausgeschlossenen Volumina muss die Polymerisationsgradabhhgigkeitder Blob-Durchmesser der gleichen GesetzmZLssigkeit folgen wie diejenige der gesamten Kniuel, also dbl = bxb13/5. Einfiihren von dbl = bhd3l4 liefert dam x b l = &-5/4. In der Schmelze wird 92 = 1. Es gilt dann x b l = 1 und dbl = b. In der Schmelze wird der Polymerisationsgrad der Blobs folglich gleich 1, d.h.. der Durchmesser der Blobs entspricht einer (effektiven!) Monomerlhge b. Ein Knauel besteht nur aus wenigen Blobs; die Blobs selbst erzeugen somit kein ausgeschlossenes Volumen. Die Perlenkette aus den Blobs stellt folglich eine Kuhn'sche Ersatzkette dar, bei der der Blob-Durchmesser dbl die Kuhn-Lhge LK veruitt und die Zahl Nbl= Xkett$Xbl der Blobs die Zahl N K der Kuhn-Elemente. Der Blob-Durchmesser dbl ist somit eine Abschirmlange L,1, welche das ausgeschlossene Volumen innerhalb der Blobs abschimt (E: screening length). Fur die naturliche Tendenz, andere Segmente auszuschliessen, besteht somit fiir Lcl c dbl eine Korrelation. nicht aber f i r Lcl > dbi. Die L h g e Lcl wird daher auch Korrelationslange genannt (E: correlation length). ~ = (1/6) Nbidbi2 Eine solche Kuhn'sche Kette weist Tragheitsradien von ( s ~ =) (r20)/6 auf. Die zahl Nbl der Blobs ist durch x = NblXbl gegekn. Einfiihren von Xbl= 42-514 und dbl = b&-3/4 sowie X = M/M,liefert dann (6-9)
(s2)dM = (1/6) (b2/Mu)h-l/4 oder
(r2)o = Xb2h-114
Wie vorhergesagt. nimmt das reduziene Tragheitsquadrat mit zunehmender Konzentration bis auf den Wen (1/6) b2/Mu = (s2)dM der ungesttirten Knauel ab (Abb. 6-6). Die Steigung der Funktion lg ( ( S ~ ) ~ E/ rHPoly(styro1) ~) im guten Ldsungsmittel Toluol betragt
1
Abb. 6-6 1g (s2/hf)als Funktion von lg
fiir Mischungen von Poly(styro1) und dPoly(styro1) mit
jeaw= 114 OOO g/mol in d~-Toluol(O,O:zwei Serien in mehrmonatigem Abstand) [6] bzw. mit M, = 75 500 g/mol im Theta-Usungsmittel dl2-Cyclohexan (fB)[5bl nach Messungen der Neumnenkleinwinkelstreuung bei Raumtemperatur.
182
6.3.5.
6.3. Massig konzentrierte Losungen
Tragheitsradien von Sternmolekiilen
Bei Stemmolekulen in massig konzentrierten Ltisungen kdnnen die Arme als Blobs aus linearen Ketten modellien werden. Das Sternmolektil besteht dann aus einem kleinen Kern, der von Blobs umgeben ist. Bei Volumenbriichen >> h* sind die Keme vernachlasigbar und man kann dann die gleiche Funktionalitat wie bei G1.(6-8) fiir lineare Ketten envarten, bei guten Ldsungsmitteln (v = 3/5) also s Xm1n(9r/&*)-1/8. Die Tragheitsradien eines 18-armigen Sternmolekuls waren nach Messungen der Kleinwinkelneutronenstreuung bei niedrigen Konzentrationen praktisch unabhwgig von der Konzentration (Abb. 6-7). Oberhalb einer kritischen Konzentration von h = 0,09 sanken dann die Tragheitsradien wie theoretisch gefordert ab, und zwar mit einer etwas grdsseren Steigung von -0,133 statt 4,125. Bei einem 64-armigen Sternmolekiil waren die Trtigheitsradien bei niedrigen Konzentrationen ebenfalls konstant. Bei hdheren Konzentrationen stiegen sie jedoch leicht an, was vermutlich durch ein Strecken der Arme infolge der burstenartigen Struktur bedingt ist (Kap. 9.5.2). Experimentelle Daten sind jedoch schwierig zu interpretieren, und zwar nicht nur wegen Unzulwglichkeiten der Theorie oder experimentellen Fehlem, sondem auch wegen des Problems, Streudaten korrekt auszuwerten. Wegen der relativ hohen Dichten und kleinen Dimensionen von verzweigten Polymeren erhalt man bei SANS- und SAXSMessungen nicht die Streufunktion P f i bei genugend kleinen Winkeln (Kap. 5.4). Diese Kenntnis ist aber erforderlich, um den Tragheitsradius zu ermitteln. Die Streufunktion wird daher mit verschiedenen Modellen angen2hert. Aus Lichtstreuungsmessungen an einem 32-armigen Poly(butadien) erhielt man so nach Zimm einen Tragheitsradius s von 10,O nm. Neutronenkleinwinkehessungen gaben nach Zimm dagegen 11,4 nm. die sich erst mit der sog. Ullman-Korrektur zu 10,l nm reduzierten. Die Auswertung nach Kratky fiihrte zu einem W i c h e n Wert von 9,8 nm, w&rend die Berechnung nach Guinier einen vie1 zu tiefen Wert von 8,7 nm lieferte.
-
0.0 1 -&?
-
1
Abb. 6-7 Logarithmus des Triigheitsradius s (aus SANS-Messungen) als Funktion des Logarithmus des Volumenbruches 4 der Polymeren bei einem 18-armigen Poly(isopren)-Stern mit einem Kern [ CH2Si[CHzCHzSi<]3)2 und einem 64-armigen Poly@utadien)-Stemmit einem Carbosilan-Dendrirner als Kern, beide in Cyclohexan bei 25°C [7].
6. Ungeordnete kotuiensierte System
183
Historische Notizen UNGESTORTE DIMENSIONEN P.J.Flory, Principles of Polymer Chemistry, Cornell University Press. haca, NY,1953, p. 602 Vorhenage, dass Ketten im amorphen Zustand ihre ungesttirten Dimensionen annehmen. J.S.King, W.Boyer. G.D.Wignal1, R.Ullman, Macromolecules 18 (1985) 709 Enter experimenteller Nachweis der ungesttinen Dimensionen in amorphen Zusthden. VERSCHLAUFUNGEN WF.Busse, J.Phys.Chem. 36 (1932) 2862 Diesex Autor nimmt fiir den m r p h e n Zustand ersbnals Verschlingungen von Keuen durch van der Waals-Wte (also KWionskontakte) cder mechanische Verhakungen bzw. Verschlaufungen an. R.Signer, H.Gross. Helv.Chim.Acta 17 (1934) 59; s.a. T.Svedberg. K.O.Pedersen, The Ultracentrifuge, Pt. IV.Kap. B, Clarendon Press,Oxford 1940 Enter experimenteller Nachweis von physikalischen Netzwerken in konzentrierten Ldsungen linearer Makmmolekiile (die Sedimentationsgeschwindigkeitvon Polymermolekiilen ist in diesen Ldsungen unabhtingig von deren Molmasse). LR.G.Treloar. Trans.Faraday SOC. 36 (1940) 538 Erkkung der Zugspannungs-Dehnungs-Eigenschaftenvon Kautschuken und Gummis durch Verschlaufungen gemW Busse (mittlere Dehnungen) und Kristallisation (hohe Dehnungen). F.H.Miiller, Kolloid-Z. 95 (1941) 138, 306 Deformationserscheinungen in amorphen Polymeren sind durch Platzwechsel und Deformationen bedingt M.S.Green, A.V.Tobolsky, J.Chem.Phys. 14 (1946) 80 Kettenmolekiile in Schmelzen bilden eine Art Netzwerk mit t e m p o w n Netzstellen.
Literatur zu Kap. 6 RNHaward, Occupied Volume of Liquids and Polymers, J.Macromol.Sci.-Macromol.Revs.C 4 (1970) 191
G.S.Y.Yeh. Morphology of Amorphous Polymers, CritRevs.Macromol.Sci. 1 (1972) 173 R.N.Haward, The Physics of the Glassy State, Interscience, New York 1973 R.E.Robertson, Molecular Organization of Amorphous Polymers, Ann.Rev.Mater.Sci. 5 (1975) 73 RF.Boyer, Structure of Amorphous Solids. Structure of the Amorphous State in Polymers, Ann.N.Y.Acad.Sci. 279 (1976) 223 G.AUen, S.E.B.Petrie, Hrsg.. Physical Structure of the Amorphous State,Dekker, New York 1977 R.A.Komoroski, Hrsg.. High Resolution NMR Spectroscopy of Synthetic Polymers in Bulk, VCH Verlagsges., Weinheim 1986 M.Doi. SKEdwards, The Theory of Polymer Dynamics. Kap. 5, Overlap Concentration, Oxford University Press. London 1986 S.E.Keinath. R.L.Miller, J.K.Rieke, Hrsg., Order in the Amorphous "State" of Polymers, Plenum, New York 1987 M.KrOger, Rheologie und Struktur von Polymerschmelzen, Wissenschaft und Technik Verlag. Berlin 1995
184
Quellennachweise
LU
Kap. 6
Quellennachweise [l] (a) D.G.H.Ballard, P.Cheshire, G.W.Longman, J.Schelten, Polymer 19 (1978)379 (entnommen aus Abb. 7); (b) D.G.H.Ballard, J.Schelten, Dev.Polym.Charact. 2 (1980)31. Abb. 5 [2] Nach [la] handelt es sich um kristallines Poly(styro1). Die zitierte Literaturstelle D.G.H.Ballard, G.D.Wignal1, J.Schelten. Europ.Po1ym.J. 9 (1973)965 bezieht sich aber auf ein amorphes Polymeres.
[3] R.E.Richardson. Ann.Rev.Materials Sci. 5 (1975)73,Tab. 1 (erweitert) [4] DPanke, W.Wunderlich, MakromoLChem. 167 (1973)351,Abb. 1 [q R.W.Richards, A.Maconnachie, G.Allen, Polymer 19 (1978)266, (a) Abb. 4 (c + 0)und (b) Tab.3 (verdiinnte, mhsig konzentrierte und konzentrierte Usungen) J.S.King, W.Boyer, G.D.Wi@, R.Ullman, Macromolecules 18 (1985)709,Tab. I1 und I11
[a
[A
L.Willner, OJucknischke, D.Richter, J.Roovers, L.-L.Zhou, P.M.Toporowski. LJTetters, J.S.Huang, M.Y.Lin, N.Hadjichristidis, Macromolecules 27 (1994)3821,Tab. 4
185
7.
Kristalline Zustande
7.1.
KristaIlstrukturen
7 . 1 . 1 . Definitionen des Kristalls Antike Philosophen hielten den aus Quarz (Si02) bestehenden Bergkristall fiir eine harte, trockene Form des Eises; sie nannten ihn daher Kristall (L: crystallum; G: krusral10s = Eis). Der Begriff wurde dann in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf alle Materialien ubertragen, deren ebene Oberfllchen sich unter festen Winkeln schneiden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein Kristall neu als homogenes, anisotropes, festes Medium angesehen. Er ist "homogen", weil sich die physikalischen Eigenschaften bei einer Translation in Richtung der Kristallachsen nicht a d e m . Ein Kristall ist anisotrop, weil ihre physikalischen Eigenschaften bei einer Rotation des Kristalls in verschiedenen Richtungen variieren (G: anisos = ungleich; tropos = Richtung. Art, Weise). Am Anfang des 20. Jahrhunderts wurden dann Kristalle als Materialien mit dreidimensionaler Ordnung in einem dreidimensionalen Gitter neu definiert (E: lattice). Die Gitter sind aus kleineren Einheiten (Elementanellen) aufgebaut, deren dreidimensionale Wiederholung (Translation) den Kristall erzeugt. Nach dieser Definition unterscheiden sich Kristalle von amorphen Substanzen durch ihre Symmetrie und PeriodizitBt, welche durch die regelmassige Anordnung der Gitterpunkte in sog. Elementarzellen hervorgerufen wird. Diese Anordnung fiihrt beim Bestrahlen von Kristallen mit z.B. Rontgenstrahlen zu Beugungsbildem, die scharfe Reflexe aufweisen. In den siebziger Jahren wurden jedoch von Roger Penrose fliesen- bzw. ziegelartige, zweidimensionale Muster aus "Protofliesen" (E: prototiles) aufgefunden, die nicht periodisch angeordnet sind, also keine Translationsymmetrie aufweisen. Dreidimensionale Quasikristalle mit fiinffacher Rotationssymmetrie wurden 1984 entdeckt. Diese Quasikristalle zeigen jedoch Beugungsbilder. die genau so scharf wie bei echten Kristallen sind. Sie miissen daher wie echte Kristalle Femordnungen aufweisen, obwohl sie keine sich wiederholenden Elementarzellen besitzen. Die International Union of Crystallography definierte daher im Jahre 1992 Kristalle neu als solche Materialien, deren Beugungsbilder diskret sind, also aus individuellen Reflexen bestehen. Ein Kristall muss daher weder Periodizitgt noch Symmetrie aufweisen.
7.1.2.
Gitterstrukturen
Bausteine von Kristallen k6nnen Atome, Ionen. Atomgruppen, Segmente, Molekule usw. sein. Bei idealen Kristallen sind alle Bausteine identisch und in einem zeitlich konstanten, perfekten dreidimensionalen Gitter angeordnet. Atome und kleine Ionen besetzen die Gitterplltze unmittelbar; sie bilden direkt atomare Punktgitter. Bei grtisseren Bausteinen werden die Gitterplltze von den Schwerpunkten der Bausteine eingenommen. Diese Schwerpunkte emugen ebenfalls Punktgitter. z.B. die Ethylen-Einheiten des Poly(ethy1en)s (Abb. 7-5). Bei Molekiilgittern sind die Gitterpunkte von Molekiilen besetzt, z.B. von sphlroidalen Proteinmolekulen. Supergitter sind aus dicht gepackten grossen Kugeln aufgebaut, z.B. aus Latexteilchen.
186
7.1. Kristallstrukturen
Ein zweidimensionales Punktgitter wird Netzebene genannt (E: lattice plane). Die kleinsten, sich periodisch wiederholenden Einheiten sind die (hier zweidimensionalen) Elemen tarzellen (E: unit cells). Diese Elementarzellen sind kongruente Vielecke mit Eckpunkten aus mindestens drei, nicht colinearen Gitterpunkten. Primitive Elementarzellen enthalten nur Gitterpunkte aus Eckpunkten. Bei zentrierten Elementarzellen sind dagegen einige Gitterpunkte keine Eckpunkte (Abb. 7- 1). 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 I
m
II
Iv
Abb. 7-1 Lhei primitive Elementarzellen I - 111 und eine zenmerte Elementarzelle IV in ehem zweidimensionalen Punktgitter (Nembene).
Kristalle sind aus zueinander parallelen Netzebenen aufgebaut, den Netzebenenscharen. Die Elementarzellen stellen in diescm dreidimensionalen Fall die einfachsten. durch Gitterpunkte begrenzten, Parallelepipede dar (G: para = bei, neben, gegen; allelon = von einem anderen (von allos = anderer); epipedos = Ebene (von epi = nach, auf, an, zu; pedon = Boden)). Diese (dreidimensionalen) Elementanellen sind wie die zweidimensionalen entweder primitiv oder zentriert. Die zentrierten Elementarzellen weisen ausser Eckpunkten noch weitere Gitterpunkte auf. Diese zusPtzlichen Gitterpunkte sind entweder im Schnittpunkt der Raumdiagonalen, also innenzentriert (E: body-centered) oder im Schnittpunkt der FUchendiagonalen, und zwar entweder allseitig flachenzentriert (E: face-centered) oder nur basisflachenzentriert (E: base-centered). Die Parallelepipede sind durch drei Gitterkonstanten (E: lattice constants) bzw. Achsen (E: axes) a, b und c charakterisiert, welche die Ltingen der drei Elementarvektoren a, b und c angeben. Zwischen je zwei Vektoren befindet sich je ein planarer Winkel, und zwar y (zwischen a und b), j3 (zwischen a und c ) und a (zwischen b und c). Diese drei Gitterkonstanten und drei Winkel fiihren zu total 7 Kristallsystemen und 14 BravaisGittern flab. 7-1). Tab. 7-1 Kristallsysteme und primitive (PR),allseitig fllchenzentrierte (AFZ),basisflghenzentrierte (BFZ)und innenzentrierte (IZ) Bravais-Gitter. *) Rhomboedrisch. Achsen
NZWE deutsch
englisch
Kubisch Trigonal *) Tetragonal Hexagonal Rhombisch Monoklin Triklin
cubic rhombohedral temgonal hexagonal orthorhombic monoclinic triclinic
a
a=b=c a=b=c a=b#c a=b+c a#b#c#a U#b#C#U a#b#c#a
Winkel P
Bravais-Giner PR AFZ BFZ IZ
Y
+ + + + +
9OO90"w 90" 90" p 9 O o
90"90"90" 90" 90" 1w 90" 90" 90" 90" #90" 90" a
#p
#Y
+
#90"
+
+ +
+ +
+ + +
187
7. Kristalline Zust&ik
Tab. 7-2 Radien von Atomen in Nanometern bei verschiedenen Bindungen [l].Vgl. Tab.4-12. Element
1H 3 Li 6 C 7 N 8 0 9 F 14 Si 15 P 16 S 17 C1
Metallisch v.d.Waals
Ionisch Positiv
Negativ
0,030
0,OO
0,208
0,0772 0,074 0.074 0,072 0,117 0.1 10 0.104 0.099
0,060 0,015 0,011 0,009 0,007 0,041 0,034 0,029 0,026
0.260 0,174 0.140 0,136 0.271 0,059 0.053 0,181
Covalent Einfach
Dreifixh
0,0667 0,062 0.062 0,060 0,107 0.100 0,094 0,089
0,0630 0,055 0,055 0,100 0.093 0,087
0.117 0,1549
0,1357 0.128 0,127
0,170 0,157 0.150 0,147 0.210 0,180 0,185 0,178
Die c-Richtung gibt bei Kettenmolekiilen gew6hnlich die Richtung der Kettenachse an. Sie ist durch relativ kurze chemische Bindungen zwischen den Kettenatomen gekennzeichnet. Die a- und b-Richtungen werden dagegen durch relativ lange physikalische Bindungen zwischen den Molekiilkeiten erzeugt. Da die Bindungslhgen in c-Richtung vie1 kiirzer als die Bindungslagen in den a- und b-Richtungen sind, bilden Kettenmolekiile keine kubischen Kristalle. Die Volumina V der Elementarzellen berechnen sich aus den Vektoren a. b und c der Elementarzelle und somit aus den Gitterkonstanten a, b und c und den Gitterwinkeln a.B und 'y. Bei den verschiedenen Kristallsystemen erh2lt man Kubisch Tetragonal Rhombisch Monoklin Hexagonal Trigonal Triklin
v = a3 V = a2b V = abc V = ubc sin B V = abc sin 60" v = a3[i + 3 C O S ~a + 2 C O S ~a] v = a b c [ l + 2 cos a .cos .cos y - coo82 a - coo82 - cos2 ~11'2
Kristallsuukturen werden ausser durch die Konstitution und Konfiguration der Polymermolekiile wesentlich durch die Packung der Molekiile bestimmt. Die Packung h h g t stark vom Raumbedarf der Atome ab und dieser wiederum von den zwischen den Atomen hemchenden Krgften (Tab. 7-2).
7.1.3.
Symmetrie-Eigenschaften
Die Symmetrie-Eigenschaften von Kristallen werden wie bei anderen Objekten nach der Gruppentheorie durch drei einfache und zwei komplexe Symmetrie-Elemente und die dazugehtirigen fiinf Symmetrie-Operationen beschrieben (Band I). Dadurch ergeben sich 32 Kristallklassen und 230 verschiedene Raumgmppen (E: space groups). Bei Polymerketten mitt zu den fiinf Symmetrie-Elementen noch die Identitat (E: identity) und zu den finf Symmetrie-Operationen noch die Translation (E: translation) (Tab. 7-3).
188
7.1. Kristallstrukturen
Tab. 7-3 Symmetrie-Elementeund Symmetrie-Operationen. Symmetrie-Element Symbol
Symmetrie-Operation
EirJach Identia Symmetriezentrum Symmemeachse Symmetrieebene
Translation als Wiederholung der Idenhut Inversion um einen Punkt Rotation (Drehung) um eine Achse Reflexion (Spiegelung)an einer das Objekt schneidenden Ebene
i C
cs
Komplex Drehinversionsachse Drehspiegelachse
-
SChraubenachSe
-
Gleitspiegelachse
S
-
Drehinversion (Kombination von Inversion und Rotation) Drehspiegelung (Kombination von Rotation und Reflexion) Schraubendrehung (Kombination von Translation und Rotation) Gleitspiegeldrehung (Kombination von Translation und Reflexion)
Die drei einfachen Symmetne-Elemente entsprechen drei "Dimensionalititen", n2mlich nulldimensional (Punkt oder Zentrum), eindimensional (Linie oder Achse) und zweidimensional (Flache oder Ebene). Die dazugehorigen Symmetrie-Operationen sind die Inversion um ein Zentrum (Symmetriezentrum, Inversionszentrum; E: inversion center), die Rotation um eine Achse (Drehachse; E: proper (or simple) axis of rotation) und die Reflexion an einer Ebene (Spiegelebene; E: plane of symmetry). Komplexe Symmetrie-Operationen sind die Drehinversion als Kombination von Inversion und Rotation um eine Drehinversionsachse und die Drehspiegelung um eine Drehspiegelachse (E: rotation-reflection axis, mirror axis, improper axis, alternating axis) als Kombination von Rotation und Reflexion. Molekiile rnit Symmetrie-Achsen, aber ohne Symmetriezentren und -ebenen sowie Drehspiegelachsen. sind dissymmetrisch. Bei Kettenmolekiilen tritt dazu die Translation entlang der Kettenachse als Symmetrie-Operation der Identitat. Translationen weisen keine Spiegelsymmetrien auf. Kombiniert man eine Translation mit einer Rotation, so wird bei dieser Schraubendrehung eine Schraubenachse erzeugt. Molekiile mit Schraubenachsen, z.B. rnit der Konformation einer Helix, sind per se dissymmetrisch. Die Gleitspiegeldrehung kombiniert eine Translation rnit einer Reflexion an einer die Translationsachse enthaltenden Ebene und eneugt eine Gleitspiegelebene mit entsprechender Spiegelsymmetrie. Bei Symmetrieoperationen an kleinen Molekiilen 2ndert das Objekt zwar seine Lage, nicht aber seine Erscheinung. Mindestens ein Punkt des Objektes behat jedoch seine Position bei, so dass man das Objekt mit sog. Punktgruppen bzw. Symmetriegruppen als Gruppen von Symmetrieelementen beschreiben kann (Tab. 4-3). Die weitere Unterteilung dieser Gruppen nach der ZtMigkeit der Achsen fiihrt zu den insgesamt 32 Punktbzw. Symmetriegruppen (32 Kristallklassen der Kristallographie). In der Schonflies-Symbolik bezeichnet T einen Tetraeder. 0 einen Oktaeder, S ein Sphenoid (Drehspiegelachse; G: sphen = Keil), C einen Cyclus (Drehachse; G: kuklos = Kreis) und D eine Digyre (zweizMige Achse; G: gyros = Kreis), auf der sich senkrecht weitere zweiziihlige Achsen befinden. Eine Drehachse ist N-ziihlig (Symbol C,,), falls das Objekt bei einer vollen Drehung urn diese Achse (360") N-mal rnit sich selbst zur Deckung gebracht werden kann. Drehachsen konnen imaginir sein; sie miissen also nicht notwendigerweise durch ein Atom oder eine Atomgruppe gehen. Spiegelungen bzw. die dazugehorigen Spiegelebenen werden auch oft mit dem Symbol cr bezeichnet.
7. Kristalline Zustande
189
Tab. 7 4 Definitionen von Symmetriegruppen. * = Chirale Syrnrneeiegmppen.
Symrnetriegruppe
Syrnbole
Keine Symmetrieacke
E W g e Drehachse Ein Inversionszenhurn Eine Spiegelebene
*C1 C,oder Sz oder i C, oder S1 oder o
Eine N-zdhlige Symmetieachse N-ZWige Drehachse(N > 1) N-mige Drehachse und senlrrecht dazu cine SyITIIWmeebene N-Ztlhlige Drehachse rnit N Syrnrnetriebenen N-mlige Drehspiegelachsernit gerader Zahl N > 2
& = Cn + oh
*Cn
Cnv =Cn+Na, Sn
Eine N-zdhlige und N 2-zahlige Symmetrieachsen 1 N - W g e Drehachse, senlrrechtdazu N Zzilhlige Drehachsen *Dn = Cn + N C2 1 N-~Wige Drehachse, N 2-zilhlige Drehachsen,N veftikale Dnd = C,+ N CZ+ N od
Spiegelebenen
1 N-zahlige Drehachse, N zweizilhligeDrehachsen,N vertikale D h = Cn+ N C2 + N 6, + N Q, + o h Spiegelebenen, 1 horizontale Spiegelebene
Mehrere N-zahlige Symmetrieachsen mit N > 2
Te4IX4-k
olaaeder Kugel
Td = 4 c3 + 3 cz+6 0 o h = 3 c4 + 4 c3 + 6 C2-k 9 0 K = alle Symrnetrieelemente
Die hijchstz2hlige Drehachse heisst Hauptachse oder Hauptdrehachse; sie wird stets vertikal angeordnet. Alle anderen Symmetrieelemente werden auf diese Hauptachse bezogen. Spiegelungen an einer zur Hauptachse senkrechten, d.h. horizontalen, Ebene erhalten das Symbol Oh. Spiegelebenen vertikal zur Hauptachse enthalten gleichzeitig auch die Hauptdrehachse selbst. Ihr Symbol ist uv. Da dann die Spiegelebene gewisse Winkel halbiert (dihedral macht), venvendet man statt 0, auch oft G d (Index d = diedrisch).
7.1.4.
Rontgenstrukturanalyse
Die Rlintgenographie ist die wichtigste Methode zum Bestimmen der Kristallstruktur. Rlintgenstrahlen geben bei Kristallen mit Atomgittem scharfe Beugungsbilder (Reflexe), weil die Wellenliinge der Rlintgenstrahlung mit den atomaren Abstaden vergleichbar ist. Analog verhalten sich Elektronenstrahlen. Bei der Rlintgenographie wird ein Anodenmaterial (z.B. das Polymere) mit den Elektronen eines Kathodenstrahles beschossen. Beim Auftreffen von schnellen Elektronen auf Materie werden aus den inneren Schalen der getroffenen Atome Elektronen herausgeschlagen und die Atome ionisiert. Aus den hsseren Schalen springen anschliessend Elektronen in die inneren Schalen uber. Da die Energiestufen diskret sind, wird eine Linienstrahlung ausgesendet. Der Linienstrahlung kommt somit eine bestimmte Wellen12nge zu, z.B. 0,154 nm bei der in der Rdntgenographie vie1 verwendeten Cu-K,-Strahlung. Auch Elektronenstrahlen besitzen entsprechend ihrer dualen Natur KorpuskelWelle eine diskrete Wellenliinge. z.B. 0,0123 nm bei einer Beschleunigung der Elektronen auf 10 OOO Volt.
190
7.1. Kristallstrukturen
Photonen (Rontgenstrahlen, sichtbares Licht) und Korpuskularstrahlen (Elektronen, Neutronen) werden an Materie elastisch gebeugt, d.h. es wird keine Energie iibertragen. Die "Beugung" ist kohlrent, da Beugungszentren und Beugungswinkel feste Phasenbeziehungen aufweisen; die gebeugten Elementarwellen koMen folglich interfeneren. Die "Streuung" ist dagegen ein inkoharenter Prozess, da die Energie der Strahlen durch die Wechselwirkung mit der Probe geZndert wird. RUntgenstrahlen, Elektronenstrahlen usw. werden an Gittem gebeugt, wenn die Gitterabsmde den WellenlZngen vergleichbar werden. Bei Kristallen mit ihren dreidimensionalen Gittersystemen wird diese Aufgabe von den Netzebenen ubemommen. Jedes bestrahlte Atom wirkt wie ein Sender. Da von verschiedenen Atomlagen kommende Wellen Phasenunterschiede aufweisen, konnen sie entweder konstruktiv (falls in Phase) oder destruktiv (falls nicht in Phase) interferieren. Zwei Netzebenen G1 und G2 befinden sich 2.B. in einem Abstand d (Abb. 7-2). Die einfallende Welle L trifft unter einem Winkel 8 auf das Atom A, die dazu parallele Welle L1 auf das Atom A2 in der gleichen Netzebene. Zwischen den beiden Wellenziigen tntt folglich eine Phasenverschiebung PA2 + A2Q = 2 d sin 8 ein (Abb. 7-2).
A2
Abb. 7-2 Illustration des Bragg-Gesetzes (vgl. Text)
Wellen interferieren konstruktiv, wenn sie gleichzeitig an der Ebene N-N2 eintreffen. Dazu muss die Phasenverschiebung gleich der WellenlZnge Lo der einfallenden Strahlung bzw. einem Vielfachen der Ordnungszahl N der Reflexe sein. Diese Zahl nimmt entsprechend den Interferenzen l., 2. ... Ordnung nur ganzzahlige Werte von 1, 2 ... an. Fur den Reflex mit der st2rksten Intensitat wird meist N = 1 gesetzt. Die Beugung an einem einzelnen Gitterelement (2.B. einer Elementarzelle) ist nmlich sehr schwach. Die Struktur des Gitterelementes wiederholt sich jedoch in einem Kristall periodisch in allen drei Raumrichtungen. Die Amplituden der abgestrahlten Rontgenstrahlen summieren sich folglich proportional der Anzahl der Gitterelemente im Kristall. Man erhdt daher die Bragg-Gleichung (W.H.Bragg (Vater), W.L.Bragg (Sohn); gemeinsamer Nobelpreis 1915): (7-1)
N;I, = 2 d sin 8
Der grtlssere Teil der Rontgenstrahlen durchdringt die Kristalle in gerader Richtung (Primarstrahl). Die gemass dem Bragg-Gesetz gebeugten Anteile werden klassisch als stark geschwarzte Reflexe auf photographischen Filmen gemessen, bei modemen Diffraktometem auch mit photoelektrischen Zahlrohren.
7. Kristalline Zustande
191
Um die Kristallstmktur von Einkristallen zu bestimmen, liess Max von Laue "weisses" Rontgenlicht (mit verschiedenen Wellenlagen) senkrecht auf einen NaC1-Einkristall fallen (Nobelpreis 1914). Auf der hinter dem Kristall aufgestellten Photoplatte erhielt er ein Beugungsbild aus schwarzen Flecken, aus deren Lage und Intensitit Riickschliisse auf die Gitterstruktur gezogen werden konnten. Das von Laue-Verfahren l a s t sich anwenden, wenn beim Einkristall eine Kristallachse rechtwinklig zum einfallenden Strahl ist. was beim kubischen Gitter des NaCl zutrifft. Im AUgemeinen liegen aber auch bei Einkristallen die a priori unbekannten Kristallachsen nicht senkrecht zum einfallenden Strahl. Beim heute meist verwendeten Braggschen Drehkristallverfahren zur Bestimmung der Kristallstruktur von Einkristallen platziert man deshalb ca. (0,l-1) mm grosse Einkristalle auf einen Goniometerknopf. Der Kristall wird dann durch Prozessrechner so lange gedreht, bis ein Braggwinkel erreicht ist. Bei diesem Winkel wird eine maximale Intensittit beobachtet. Beim Weiterdrehen erscheinen nacheinander die anderen Braggwinkel. Da bei der Rotation eine Kristallachse fixiert bleibt, sind die Orientierungen der Netzebenen ebenfalls festgelegt. Die resultierenden Reflexe erscheinen daher auf photographischen Filmen als Punkte und nicht, wie bei den weiter unten beschriebenen Faserdiagrammen, als Kreise oder Bagen. Das Drehkristallverfahren wird z.B. zur Strukturaufklirung von mit Schwermetallen zur Kontrasterhtihung dotierten globullren Enzymen verwendet. Bei synthetischen Polymeren kann man Einkristalle durch Polymerisation geeigneter Monomerkristalle erhalten. Die einzigen bekannten Beispiele sind die Polymeren der Diacetylene R-Cg-C&-R. Die meisten kristallinen Materialien sind jedoch polykristallin, d.h. sie bestehen aus Kristalliten, deren Netzebenen zueinander nicht geordnet sind. Bei der Pulvermethode nach Debye-Scherrer verwendete man urspriinglich Kristallpulver. Bei synthetischen Polymeren werden Priifstabchen benutzt. Da hier die Netzebenen der verschiedenen Kristallite total ungeordnet zueinander sind, findet ein monochromatischer Primarstrahl fiir alle der Bragg-Bedingung genugenden Reflexionsstellungen ausreichend viele Netzebenen. Die vielen kleinen Kristallite mit ihren vielen Orientierungsrichtungen der Netzebenen erzeugen ein System koaxialer Strahlungskegel mit einer gemeinsamen Spitze im Zentrum der Probe. Ein senkrechter Schnitt dieses Kegelsystems durch eine photographische Platte fuhrt zu einer Folge von konzentrischen Kreisen (planare Filme) bzw. Kreisausschnitten (konzentrische Filme).
Abb. 7-3 Rtrntgendiagramme eines unverstreckten, semi-histallinen, isotaktischen Poly(styro1)s (links) und eines amorphen ataktischen Poly(styro1)s (rechts).
192
7.1. Kristallstrukturen
Mit der Debye-Scherrer-Methode erzeugte Rbntgen-Bilder teilkristalliner Polymerer zeigen relativ starke, von den kristallinen Reflexen heniihrende Ringe (Abb. 7-3). Daneben erhalt man schwache Ringe und einen starken Untergrund. Beides wird auch bei amorphen Polymeren gefunden. Die schwachen Ringe werden Halos genannt; sie stammen von der auch bei amorphen Polymeren stets vorhandenen Nahordnung (Kap. 6). Die bei Polymeren immer recht starke Untergrundstreuung wird hauptsichlich von der Streuung durch die Luft, etwas von der thermischen Bewegung in Kristalliten und ausserdem von der Compton-Streuung hervorgerufen. Die Compton-Streuung ist eine inkohaente Streuung, die als quantenmassiger Streuvorgang bei jeder Substanz unabhsingig von ihrem physikalischen Zustand in gleicher Weise auftritt. In verstreckten Fasern und Filmen sind die Molekiilachsen weitgehend orientiert. Ein senkrecht zur Verstreckungsrichtung einfallender Strahl erzeugt daher je nach dem Orientierungsgrad der Molekiilachsen mehr oder weniger scharfe Reflexe, die in Schichtlinien angeordnet sind (Abb. 7-4). Die Beugungsbilder iihneln denen von Drehkristallaufnahmen von Einkristallen. Die Faser muss jedoch wegen der bereits vorhandenen Orientierung der Kristallachsen (Molekulachsen in c-Richtung!) in der Faser nicht gedreht werden. Solche Aufnahmen werden aus historischen Griinden Faserdiagramme genannt. Sie sind jedoch auch bei verstreckten Filmen beobachtbar. I
I
8 ; s !
2. Schichtebene
Abb. 7 4 Schematische Darstellung eines Faserdiagramms von Polymeren, die in einer 3,-Helix kristallisieren. Ein solches Faserdiagramm wird z.B. bei verstreckten Filmen aus isotaktischen Poly@ropy1en)en gefunden (vgl. [2]). Bei ungenugender Orientierung der Kristallite entarten die Reflexe zu Si-
cheln. Nichtorientierte Kristallite erzeugen Bogen (Kreise). Reflexe auf der 0. Schichtlinie entsprechen zur Molekulachse parallelen Netzebenen (Aquatorialreflexe). Netzebenen, die senkrecht zur Molekulachse auf der den Aquator halbierenden Ebene liegen, heissen Meridionalreflexe. Aus der ZaN und den AbstZnden der Reflexe k s t sich bei helixbildenden Makromolekiilen direkt der Aufbau ablesen. In einer 31-Helix befindet sich 2.B. jedes vierte, siebte ... Kettenglied in der gleichen Position wie das erste (vgl. Kap. 3.3.2) Es sind daher drei Schichtlinien zu erwarten, jeweils zwei zu beiden Seiten des Aquators (Abb. 7-4). Weil sich bei semi-kristallinen Polymeren die kristalline Ordnung nur uber relativ kleine Bereiche erstreckt, sind die Reflexe diffuser als diejenigen von Einkristallen. Bei ungenugender Orientiemng der Kristallite entarten die Reflexe zu Sicheln. Die Sicheln weisen eine Form zwischen den scharfen Reflexen des Faserdiagramms mit vblliger Orientierung der Kristallite und den Btigen auf, die von nicht-orientierten Kristalliten erzeugt werden. Wegen der nichtkristallinen Bereiche treten auch starke Halos auf.
193
7. Kristalline Zustande
7.1.5.
Gitterkonstanten
Die Kristallsvuktur ist durch die Makrokonfomation und Packung der Polymermolekiile gegeben. Nach dem Aquivalenz-Postulat nehmen die Grundbausteine hearer Ketten im Kristall geometrisch aquivalente Positionen ein. Die Ketten selbst liegen im Kristall nach dem Prinzip der kleinsten intramolekularen Konformationsaderung in dejenigen energieirmsten Konformation vor. die noch mit dem Aquivalenzprinzip vemaglich ist. Der Einfluss der Kettenpackung ist meist relativ genng. Poly(ethy1en)fCH2-CH& kristallisier&im themodynamisch stabilen Zustand (Modifition I) in der all-trans-Konformation. fn Keaenrichtung weist also jede dritte, fiinfte ... Methylengruppe die gleiche Lage wie die erste auf (Abb. 7-5). Die Kurzperiodizitiit besitzt bei einer C-C-Bindungshge von 0,154 nrn und einem C-C-C-Bindungswinkel von 111,5O eine Gitterkonstante c = 0,2546 nm. Die Keuen sind parallel zueinander angeordnet. laufen jedoch wegen der Kettenfaltung (Kap. 7.2.2) antiparallel. In a-Richtung besteht also eine Kurzperiodizitiit nach der ersten, dritten. flinften ... Keae ( a = 0,742 nrn) und in b-Richtung nach der ersten, zweiten. dritten ... (b = 0.495 nm). Da die Gitterwinkel mtlich 90" betragen und die Gitterkonstanten alle verschieden sind, geh&t die Modif i t i o n I des Poly(ethy1en)s somit zum rhombischen Kristallsystem. Poly(ethy1en) aitt jedoch beim Verstrecken auch noch in einer rnonoklinen Modifition auf (Tab. 7-5). \P
\P
,.-
c
\
-A
\
\o
Abb. 7-5 (Ortho)rhombischen Kristallgiaer des Poly(ethy1en)s (5 Ketten) in Seitenansicht (oben) und im Querschnitt (unten). 0 Kohlenstoffatome, o Wasserstoffatome. Die Gitterpunkte sind von ErhylenEinheiten -CHz-CHz- besetzt. Die mittlere Kette lauft wegen der Kettenfaltung antiparallel. Mit freundlicher Genehmigung der ACS Division of Rubber Chemistry, Akron, OH [3a].
7.1. Kristallstrukturen
194
Tab.7-6 Kristallsbukturen und -modifitionen (a,p. x I, 11, III). ZaN Nu der Grundbausteine, Git-
terkonstanten a, 6, c und Winkel a,p, y der Elementatzellen; A, = Querschnittsflkheder Kette. PA 6 = Poly(c-caprolactam), PA 66 = Poly(hexamethylenadipamid), PB = Poly(1-buten), PE = Poly(ethylen), PEOX = Poly(oxyethylen), FG = Poly(glycin), PIB = Poly(isobutylen), POM = Poly(oxymethylen), PP = Poly@ropylen),PPOX = Poly(propy1enoxid). PS = Poly(styro1). FTFE = Poly(tetrafluorethylen), PVC = Poly(vinylch1orid). * Faserachse (wenn nicht c) PoIymere
PE PVC, S t PTFE PP, st it it it PIE8 PB, it
Nu
2 2 4 I 15 11 13 8 I(a) 12 II(f3) 18 111 (y) 12 16 I 18 I I 4 4 I 11
m
PS, it POM I PEOX I PPOX, it F G I PA6
11 a
PA66
I
B
18 9 28 4 2 3 8 1 1
a -
nm
0,742 0,809 1,040 0,566 0,952 1,450 0,665 1,908 0,650 0,688 1,770 1,485 1,238 2,19
6 -
nm
0,495 0,253* 0,530 0,566 0,559 1,12 2,09 1.101 2,140 1,191 1,770 1,485 0,892 2,19 0,446 0,446 0,803 1,304 1,052 0,468 0,477 0,477 0,48 0,48 0,960 1,718* 0,48 0,48 0,49 0,54
-C nm 0,254 0,479 0,5 10 1,950 1,706 0,740 0,650 0,649 0,650 1,860 0,651 2,060 0,745 0,665 1,730 1,948 0,7 10 0.70 0,93 0,805 0,86 1,73
-a - P 0
7 0
O
90 90 90 90 88 90 90 90 89 90 90 90 9 0 90 90 90 90 90 90 90 90 48
90 90 90 107,9 90 90 90 119,3 90 92 90 90 995 90 90 90 100 99 90 90 90 90 90 90 9 0 9 0 90 120 90 90 125,4 90 90 90 90 66 90 120 68,6 90 90 120 77 63
- 42
Helix System
nm 0,183 0,186 0,272 0,276 0,296 0.378 0,351 0,342 0,434 0,452 0,554 0,554 0,700 0.172 0,216 0,245 0,185 0,200 0,179 0,202 0,176
l1 l1 21 157 136 21 31 31 31 83 31 113 41 31 95 31 21 21 31 21 11 l1
rhombisch monoklin rhombisch hexagonal
triklin rhombisch monoklin rhombisch triklin rhombisch mgonal tetragonal rhombisch ttigonal trigonal monoklin rhombisch monoklin heXag0d
monoklin hexagonal
triklin
Die Gitterkonstanten sind nicht oder nur wenig temperaturabhhgig. Da die L h g e n covalenter Kettenbindungen und die Valenzwinkel zwischen diesen Bindungen praktisch temperatur-invariant sind, h d e m sich somit die Gitterkonstanten c nicht mit der Temperatur. Die zwischenmolekularen KrWe variieren jedoch etwas rnit der Temperatur und folglich auch die Gitterkonstanten a und b. Beim Poly(ethy1en) nimmt 2.B. die Gitterkonstante b beim Erhohen der Temperatur von -196°C auf +138"C um ca. 7 % zu. Die Gitterkonstanten lassen direkt auf die Kettenkonfonnation im Kristall schliessen. Syndiotaktisches Poly(viny1chlorid) PVC weist z.B. mit c = 031 nm einen doppelt so grossen c-Weft wie Poly(ethy1en) auf (Tab. 7-5). Nun befindet sich aber wegen der Syndiotaktizitgt nur jede erste, dritte ... CHC1-Gruppe in der gleichen relativen Konfiguration, d.h. jedes entsprechende erste, fiinfie... Kettenatom. Wenn st-Poly(viny1chlorid) in einer all-trans-Konfonnation als Zickzack-Kette vorliegt, muss folglich der c-Weft doppelt so gross wie derjenige von Poly(ethy1en) sein. Beim Poly(isobuty1en) PIB ist dagegen der c-Weft kein ganzzahliges Vielfaches von 0,254 nm. Das Poly(isobuty1en) liegt nicht in einer all-trans-Konfonnation vor, sondem als %,-Helix. Bei Substituenten bestimmt der Platzbedarf nahe der Kette die Mikrokonformation. Fur die Packung in der Elementarzelle ist jedoch die gesamte Substituentengrtisse wichtig. Sie wird durch die Querschnittsflache A, = V/(N,c) beschrieben, wobei N, die Anzahl der Ketten pro Elementarzelle ist und c die Gitterkonstante in Kettenrichtung.
195
7. Kristalline Zustfinde
-
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
0
5
10
-N c s
15
20
Abb. 7 6 Querschnittsflkhen A, von Poly(l-olefin)en+CHz-CHR+, als Funktion der Zahl Ncs der Kohlenstoffatome in den Seitenketten mit linearen ( 0 )bzw. venweigten ( 0 )Substituenten R.
Bei den it-Polyolefinen nimmt z.B. die Querschnittsfllche A, (und damit a bzw. Q) linear mit der Zahl aller C-Atome zu. und zwar fast unabhagig von der Gr6sse und Art der Verzweigung (Abb. 7-6). Einfache Zickzack-Ketten weisen z.B. auch bei verschiedener Konstitution recht Zhnliche Querschnittsfllchen A, auf, 2.B. 0,183 nm2 beim Poly(ethylen), 0,179 nm2 beim Polyamid 6 und 0,179 nm2 beim 1.4-rrans-Poly(butadien). Die Querschnittsflachen des 1,4-cis-Poly(butadien)s (0.207 nm2) und des 1,4-cis-Poly(is0pren)s (0,280 nm2)sind erwartungsgemlss grosser als die der trans-Polymeren. Die Packung der Ketten in Kristallen beeinflusst die Dichte der Polymeren und damit auch die Schmelztemperaturen, Schmelzenthalpien und Schmelzentropien. Die Dichten der drei Poly(1-buten)-Modifikationen betragen 2.B. p/(g mL-') = 0,95 (I), 0,91 (11) und 0,90 (In). die Schmelztemperaturen rMpc entsprechend 142 (I), 130 (11) und 108 011). Poly(oxymethy1en) mit p = 1,51@an3 besitzt eine Schmelztemperatur von IM'C, ~ o l y (oxyethylen) mil p = 1,23 g/cm3 dagegen eine von nur 69OC (Kap. 13).
7.1.6.
Gitterstrukturen
Die Gitterkonstanten ergeben sich aus der durch die Konstitution und Konfiguration der Makromolekule erzeugten Makrokonformation (Kap. 3.3.3) sowie der dadurch beeinflussten Packung im Kristall. Die zu Zickzack-Ketten fiihrende all-trans-Konformation wird in der Regel nur von unsubstituierten. apolaren Ketten eingenommen (2.B. Poly(ethy1en) +CHSH2+,), sowie von einigen syndiotaktischen Vinylpolymeren mil nicht zu grossen. polaren Substituenten (2.B. + C H m - f n mil R = C1. CN und CH=CH2). Bei kettenstiindigen Heteroatomen vemngem sich wegen der ungebundenen Elektronenpaare die Wechselwirkungen zwischen den Elektronenwolken der Bindungen an den Kettenatomen (gauche-Effekt). Beispiele sind
..
4 H 2 U FQM
2HfiH2-6-
PEOX
.*
-7H-CH2-6CH3
..
PPOX
34H2-fi-
:0:
7.1. Kristallstrukturen
196
parallele Faltblattstruktur
antiparallele Faltblattstruktur
a-Helix
Abb. 7-7 Sekundiirstrukturen von Poly(a-aminoshre)n,Polypeptiden und Proteinen. 0 Methylgruppen in Helices, o Kohlenstoffatome in Helices und Faltblattstrukturen (E: pleated sheet), O= Carbonylsauerstoff, o Wasserstoffatome in Helices, 0 Stickstoffatome, - - - Wasserstoffbriicken. Wegen des gauche-Effektes kristallisiert die Modifikation I des Poly(oxymethy1en)s POM in der all-gauche-Konformation (G), und die Modifikation I des Poly(oxyethy1en)s PEOX in der Makrokonformation (TTG),. Diese Makrokonformationen fiihren beirn POM zu einer 95-Helix und beirn PEOX zu ciner 72-Helix. Beim isotaktischen Poly(propy1enoxid) PPOX wird jedoch der gauche-Effekt durch die Abstossung zwischen benachbarten Methylgruppen unterdriickt. Die Bindungsonentierung wird gennger: PPOX kristallisiert in der vh-Konformation. Die Modifikation I (p-Struktur) des Poly(g1ycin)s +NH-CHz-C(PG) bildet Zickzack-Ketten, die aber irn Kristall wegen der intermolekularen Wasserstoffbriicken in einer Faltblattstruktur vorliegen (Abb. 7-7). Solche Faltblattstrukturen werden auch von den Polyamiden 6 und 66 gebildet (Abb. 7-8). Die Modifikation I1 des PG liegt jedoch als 31-Helix vor, die wegen der intramolekularen H-Briicken deformiert ist.
antiklinal
isoklinal
Abb. 7-8 Faltblattstrukturen der Polyamide 6 (links) und 66 (rechts).
197
7. Kristalline Z u s t i i d
7.1.7.
Polymorphie
Als Polymorphie (E: polymorphism) bezeichnet man das Auftreten verschiedener Kristallmodifikationen bei gleicher Konstitution und Konfiguration der Molekiile. Die Modifikationen zeichnen sich durch unterschiedliche Gitterkonstanten und/oder Gitterwinkel aus. Sie besitzen folglich verschiedene Elementarzellen. Eine Polymorphie wird entweder durch unterschiedliche Konformationen der Kettenmolekiile oder aber durch deren verschiedene Packung bei gleicher Konformation hervorgerufen. Derartige Unterschiede werden durch geringfiigige Anderungen der Kristallisationsbedingungen erzeugt, z.B. durch verschiedene Kristallisationstemperaturen. Polymorphien werden bei fadenformigen Makromolekiilen relativ hgufig beobachtet. Sie Veten immer bei Anwesenheit isoenergetischer Zusthde auf. Die thermodynamisch stabile Kristallform des Poly(ethy1en)s weist z.B. ein rhombisches Gitter auf. Das Verstrecken erzeugt aber eine monokline Modifikation I1 (Tab. 7-6). Isotaktisches Poly(propy1en) besitzt drei verschiedene Kristallmodifikationen 1-111. Am hzufigsten ist die monokline Modifikation I; sie weist gleiche Anteile an links- und rechtshwdigen Helices auf. Der Modifikation I1 wurden von verschiedenen Autoren entweder hexagonale, trigonale oder rhombische Kristallstrukturen zugeschrieben. Sie enth a t nur Helices eines einzigen Drehsinns. d.h. entweder links- oder rechtshhdige. In diesen beiden Modifikationen besitzen die Ketten jeweils die gleiche Makrokonformation. Die Polymorphie wird hier durch Unterschiede in der Packung der Ketten erzeugt. Die Modifikation I11 ist uiklin; sie weist ebenfalls 31-Helices auf. Die drei Modifikationen des isotaktischen Poly(buten- 1) enthalten dagegen unterschiedliche Helixtypen. Die Polymorphie wird hier also durch Unterschiede in der Konformation erzeugt (Tab. 7-6), was grossere Unterschiede in den Schmelztemperaturen hervormft. Die Schmelzenthalpien der drei Modifikationen unterscheiden sich jedoch nur sehr wenig, was auf grossere Unterschiede in den durch die verschiedenen Makrokonformationen erzeugten Schmelzentropien hinweist. Tab. 7-6 Modifikationen, Kristallstrukturen, Helixtypen, Dichten p, Schmelztemperaturen T M und Schmelzenthalpien W Meiniger Polyrnerer nach Messungen vieler Autoren. f gibt die Bandbreite der gemessenen Daten an und nicht die mittleren Fehler des Mittels Iiber alle Einzeldaten. Modifikation
KristalIStrUktUr
Helix tYP
P g cm-3
TM
M M
"C
k~ mol-'
it-Polybropylen) (a) monoklin II (B) hexagonal trigonal rhombisch IU (3 triklin
0,940 f 0,009 0,931 f 0,009 0,930 f 0,010 0,922 0.946
193 f 28 165 f 18 185 k 15 192
8.4 f 2,6 42 6,l k 2.1
it-Poly(1-buten) trigonal hexagonal lI temgonal m rhombisch
0,950 0,96 0,894 f 0,008 0,902 f 0,005
134f8 132 125 f 5 108 k 2
10.4 3 5 6.1 6,2 f 2,l 6-5
I
I
*
198
7.1.8.
7.1. Kristallstrukturen
Isomorphie
Als Isomorphie wird das Phaomen bezeichnet, dass sich zwei verschiedene Monomereinheiten im Kristallgitter gegenseitig ersetzen konnen. Zwei Ketten gleicher Chiralit i t und Konformation sind zueinander isomorph, z.B. zwei Helices des isotaktischen Poly(propy1en)s mit der jeweils gleichen Konformationsfolge ...TGfTG+TG+... Zwei isomorphe Ketten sind ausserdem isoklinal (E: isoclinal; G: klinein = Neigung), wenn die Bindungsvektoren in jeder Kette die gleiche positive oder negative Orientierung aufweisen (Abb. 7-9). Bei antiklinalen Ketten sind dagegen die Bindungsvektoren in der anderen Kette entgegengesetzt orientien (vgl. auch PA 6 und 6.6 in Abb. 7-8).
isoklinal isomorph
antiklinal isomorph
antiklinal enantiomorph
Abb. 7-9 Relative Anordnung von Ketten im Kristallgitter.
Zwei Ketten mit entgegengesetzter Chiralitlt und aquivalenter Konformation sind dagegen zueinander enantiomorph (Abb. 7-9). Ein Beispiel sind isotaktische Ketten mit den Konformationen ...TG+TG+TG+... und G-TG-TG-T ... Enantiomorphe Ketten k6nnen ebenfalls isoklinal oder antiklinal sein. Isomorphie ist bei Copolymeren moglich, wenn die entsprechenden Homopolymeren analoge Kristallmodifikationen, 2hnliche Gitterkonstanten und gleiche Helixtypen aufweisen. Nach Tab. 7-6 besitzen z.B. sowohl die y-Form des it-Poly(propy1en)s und die Modifikation I des it-Poly( 1-buten)s jeweils ahnliche Gitterkonstanten fiir die c-Richtung, die gleichen Gitterwinkel und den gleichen Helixtyp (31). Die Copolymeren aus Propen und 1-Buten zeigen daher Isomorphie. Isomorphien treten besonders leicht bei helixbildenden Makromolekulen auf, da die Helixkonformationen zu “Kan2len” im Kristallgitter fiihren, in die dam andere Substituenten gut hineinpassen. Das gleiche Phaomen wird von einigen Schulen auch Allomerie genannt. Als Polyallomere werden z.B. von einer Firma kristalline Copolymere aus zwei oder mehr olefinischen Monomeren bezeichnet.
7.1.9.
Einheitszellen
Die Abmessungen der Elementarzellen sind relativ klein. Die von ihnen heniihrenden Reflexe treten folglich gemlss dem Bragg-Gesetz bei relativ hohen Winkeln auf. Wegen der kleinen Dimensionen der Elementarzellen werden diese Reflexe daher auch Kurzperiodizitaten genannt.
199
7. Kristalline Zustande
40
I
Poly(ethy1en) ,,$,*'
Polyurethan
,, .., .
,* ,'
,. ,',' ,.
,'/'
,,',,_.'-, . ,,.' , *
Poly(ethy1en)
,. - .
10
.
.
. . . . . ..
30
.
-N
.
300
100
.
. . .
..
lo00
-
Abb. 7-10 Langperioden L als Funktion der Anzahl N der Kettenglieder von Alkanen H ( C H ~ N H und Polyurethanen HoCHzCHzoCH2CHzO[CONH(CH&NHCOOCH~CH~oCH~CH~Ol,,H [41. - _ _ Berechnet _ f& all-trans-Konformationensenkrecht zur Basisebene.
Bei kettenformigen Makromolekulen erscheinen ausser den Kurzperiodizittiten bei grossen Winkeln noch Reflexe bei kleinen Winkeln, die Langperiodizitaten. Bei niedermolekularen Alkanen H(CH~)NHsind z.B. die Langperioden in c-Richtung (Kettenachse) fiir Kettengliederzahlen von N I70 gleich gross wie die konventionellen Konturlbgen der Alkane (Abb. 7-10). Die Langperiode umfasst also anders als die Kurzperiode nicht die Elementarzelle, sondem ein ganzes kleines Molekiil. Sie gibt eine Einheitszelle an (E: unit cell). In diesem Fall stehen die Molekiilachsen senkrecht auf der Basisebene. Auch bei oligomeren Polyurethanen nimmt die Langperiodizittit mit der Zahl der Kettenglieder zu (Abb. 7-10). Die Langperiodizittit ist aber hier kleiner als die Konturlbge, da die Molekiilachse schrag auf der Basisebene steht. Auch hier entsprechen die Langperioden Einheitszellen fir ein ganzes Molekiil. Oberhalb von N = 80 wird die Ltinge der Einheitszelle der Alkane mit L = 10S nm konstant und unabhiingig von der Kettenliinge bzw. dem Polymerisationsgrad. Da jedoch die konventionelle KonturlZnge mit steigendem N weiter zunimmt. mussen sich die Ketten im Kristall zuriickfalten (vgl. auch Kap. 7.2.2), ebenso bei den Polyurethanen.
7.2.
Kristallitstrukturen
7.2.1. Fransenmizellen In den Anfangstagen der makromolekularen Wissenschaften wurden im RbntgenDiagramm der Gelatine (Abbauprodukt des Proteins Kollagen) kristalline Reflexe neben amorphen Halos beobachtet, was als Koexistenz von perfekten Kristallbereichen und v61lig amorphen Bereichen gedeutet wurde (2-Phasen-Modell). Die Kristallitgrlissen ergaben sich aus der Linienverbreiterung der Reflexe bei Rbntgenweitwinkelaufnahmen und aus der Lage der Reflexe bei der Rtintgenkleinwinkelstreuungzu (10-80) nm.
7.2. Kristallitstrukturen
200
Abb. 7-11 Links: Historische Darstellung von Fransenmizellen. Rechts: Statistisches Knauel eines Polymermolekiils in einer Faltungsmizelle bestehend aus Blobs aus gefalteten Polymersegmenten, die durch kune "amorphe" Segmente miteinander verbunden sind (s.a. S.205). Bei beiden Modellen Iiluft eine Polymerkette durch mehrere Kristallite. Die Kristallitgrossen waren somit kleiner als die aus den Molmassen berechenbaren konventionellen Konturlangen. Bei Poly(oxymethy1en)en wurde ausserdem beobachtet, dass die von den Einheitszellen herriihrenden Kurzperiodizitaten bei zunehmenden Molmassen erhalten blieben, w2hrend die Langperiodizitaten verschwanden. Dieser Effekt wurde abwesenden hoheren Ordnungen zugeschrieben. Hohere Ordnungen kdMen aber nur von sehr regelmiissigen Gittem stammen. Da die damals bekannten rnakromolekularen Substanzen makro- und mikroskopisch nicht kristallin aussahen. schien die diskutierte Alternative - GitterfeNstellen in Kristallen - wenig wahrscheinlich. Diese Befunde fiihrten somit zum Modell der Fransenmizelle (E: fringed micelle) (Abb. 7-1 1). Bei diesem Modell wird angenommen, dass eine einzelne Molekiilkette durch mehrere kristalline Bereiche lauft. Das Modell konnte die rontgenographischen Befunde und eine Reihe weiterer Effekte erklaren: (a) die im Vergleich zur fintgenographischen Dichte der Einheitszelle kleinere makroskopische Dichte als Auswirkung der amorphen Bereiche; (b) das Auftreten von Sicheln im Rontgen-Diagramm durch die Onentierung von Kristalliten; (c) den endlichen Schmelzbereich als Folge verschieden grosser Kristallite; (d) die optische Doppelbrechung verstreckter Polymerer als Onentierung von Molekulketten in amorphen Bereichen; (e) die Heterogenitat in Bezug auf chemische und physikalische Prozesse als Resultat der besseren Zugtinglichkeit der amorphen Phase im Vergleich zur kristallinen. Das Modell der Fransenmizelle tnfft jedoch fiir die meisten semikristallinen Polymeren trotzdem nicht zu (Kap. 7.2.2).
7.2.2.
Polymereinkristalle
Auf Grund von Elektronenbeugungsaufnahmen an sehr diinnen Filmen von Guttapercha (1,4-rrans-Poly(isopren))wurde bereits im J a k e 1938 geschlossen. dass sich kristallisierte Polymerketten riickfalten mussen. Das Phhomen wurde jedoch erst beachtet, als im Jahre 1957 drei Forschergruppen unabhtingig voneinander beobachteten, dass sich beim Abkuhlen sehr verdunnter Losungen von Poly(ethy1en)en elektronenmikroskopisch sichtbare, sehr duMe, rhombische Plattchen abscheiden (Abb. 7-12). Ahnliche Plattchen wurden splter auch bei anderen Poly( 1-olefin)en, Polyamid 6, Poly(oxymethylen), Cellulosederivaten, Amylose und anderen Polymeren erhalten.
7. Kristalline Zusttinde
20 1
Abb. 7-12 Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Einkristallendes Poly(ethylen)s, unten Mine mit Scluaubenversetzung[5].
Die Plittchen sind meist (5-20) nm dick und mehrere Mikrometer breit. Sie mussen also mehrere Polymermolekiile enthalten. Die Elektronenbeugung zeigt scharfe, punkftlrmige Reflexe, was f i r Polymereinkristalle spricht (E: polymer single crystals). Nach diesem Befund stehen beim Poly(ethy1en) die Molekiilachsen senkrecht auf der Pllttchenebene. Da die Pllttchendicke kleiner ist als die konventionelle Konturltinge der Ketten, miissen sich die Ketten im Kristall zuriickfalten (Abb. 7-11, 7-14 und 7-15). Fur eine Kettenfaltung in den Einkristallen sprechen auch Rissversuche (Abb. 7-13). In Analogie zu den "Fransenmizellen" werden die Pllttchen auch oft Faltungsmizellen oder Faltenmizellen genannt (E: fold(ed) micelles). Faltungsmizellen entstehen nicht nur bei der Kristallisation aus sehr VerdiiMten Polymerlijsungen, sondem auch bei der Kristallisation aus Schmelzen. Sie erscheinen dann als Lamellen, also als aufeinander gestapelte und miteinander verbundene Plittchen (E: lamellae).
Abb. 7-13 Risse in Poly(ethy1en)-Einkristallen [6]. Links: Ein praktisch parallel zur Pbttchenkante verlaufender Riss stoppt an der Diagonalen des PlBtchens, weil die Keaenebenen dort ihre Rkhtung wechseln. Rechts: h i einem praktisch senkrecht zur Seitenflachedes Pl2achens verlaufenden Riss werden gebiindelte Polymermolekule in Form von Fibrillen aus den Einkristallen herausgezogen.
202
7.2.3.
7.2. Kristallitstrukturen
Struktur von Faltungsmizellen
Einkristalle und Lamellen bestehen aus Paketen von longitudinal zueinander angeordneten, antiparallel verlaufenden Stammen (E: stems) aus Polymersegmenten und daruber angeordneten Deckschichten aus meist relativ kurzen Kettenstifcken. Die Pakete der S t m m e enthalten noch einige Fehlstellen (Versetzungen. eingebaute Endgruppen), sind aber fast 100 % rthtgenkristallin. Die Deckschichten sind iibenviegend amorph. Die Struktur der Deckschichten ist bei Einkristallen und Lamellen verschieden. Bei Einkristallen des niedermolekularen Alkans H(CH2)198H (A4 = 2779.3 g/mol) sind die Falten vtillig regelmiksig und scharf, was einer Sequenz -TnGGTGGTn- mit 6 Methylengruppen pro Schleife entspricht. Eine solche Schleife ist auch bei einem hochorientierten Poly(ethy1en) zu sehen (Abb. 7-14). Bei einer Konformationsenergie von AET-G -. 2,5 kJ/(mol Bdg.) bentitigt eine Schleife (15-17.5) kJ/mol (experimentell 1 6 3 kJ/mol). Die Schleifen miissen folglich weniger als 1 nm hoch sein.
Abb. 7-14 Die rasterkraftmikroskopischeAufnahme (E: atomic force microscopy) eines hochorien-
tierten Poly(ethy1en)s zeigt individuelle Polymerketten und eine haarnadeliihnliche scharfe Kettenfalte aus sechs Methylengruppen. Mit freundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, DC [7]. Anders ist es bei Lamellen. Die Deckschichten sind auch hier weniger als 1 nm dick, wie sich aus der Differenz der Schwerpunktsabsttinde (Langperioden aus R6ntgenweitwinkelmessungen) und der Lamellendicken (Rontgenweitwinkelmessungen)ergibt. Die Lamellen sind aber nur zu ca. (75-78) % riintgenkristallin. Beim Behandeln von Lamellen mit rauchender Salpetersiure werden die amorphen Anteile oxidiert und abgebaut, nicht aber die kristallinen, da Salpetersiure nur schwierig in die kristallinen Bereiche eindringen kann. Die verbleibenden Anteile sind 100 % rontgenkristallin. Die Deckschichten miissen also relativ ungeordnet sein. In ihnen konnen Kettenstiicke als Schleifen, Zilien oder Briicken aus verhakten Zilien oder einer beidseitig verankerten Kette auftreten (Abb. 7-15). Der Wiedereintritt in die gleiche Lamelle kann prinzipiell mit scharfer oder lockerer Faltung benachbart zum eigenen Stamm erfolgen oder aber nach Art eines Schaltbrettes mit lockerer Faltung weit entfemt vom eigenen Stamm.
203
7. Kristalline Zustande
scharfe lockere adsorbierte Schleife Keae
scharfe Falten
Zilie verhakte KristallZilien brUcke
mT: 1- mI.-
lockere Falten
Schaltbrettmodell
Abb. 7-15 Oben: Ketten zwischen zwei ansonst scharfen Deckschichten von Faltenmizellen. Unten links: scharfe Falten. benachbarter WiedeRintritt, Versetzungen bzw. Kettenenden. Unten mitte: lockere Falten (Schleifen) mit benachbartem Wiedereintritt. Unten rechts: Schaltbrettmodell mit entferntem Wiedereintritt. L = L&ge der r6ntgenographischen Langperiode, Lm = Dicke der nichtkristallinen ("amorphen") Zwischenschicht, Lcr= Lamellenh6he.
Bei scharf gefalteten Ketten sollten die Beweglichkeiten der Kettenglieder sowohl in den St3mmen als auch in den Falten sehr genng sein. Messungen der Beweglichkeit mit der Breitlinienkemresonanz an aus ihren Schmelzen kristallisierten Poly(ethy1en)en mit Molmassen von M I 104 glmol ergaben Kristallinitaten der kristallinen Phase von 94 %. Nur 6 % der Kettenglieder wiesen eine hiihere Beweglichkeit auf, weil sie sich in der ungeordneteren Grenzflachenregion befanden (Abb. 7- 16).
09
t
gummiartige
W
Grenzflachen-
0 O17i .6
Id
104
-M
16
/ (g mol-1)
106
107
-+
Abb. 7-16 Kumulative Massenanteile der kristallinen Phase, der Region an den Grenzfkhen der kristallinen Anteile und der gummiartigen, amorphen Phase zwischen den kristallinen Anteilen als Funktion der Molmasse von aus der Schmelze kristallisierten Poly(ethy1en)en nach Messungen der Breithienkernresonanz von 'H (0)und 13C (e) [8].
204
7.2. Kristallitstrukturen
Bei hdheren Molmassen trat eine starker bewegliche, gummiartige Phase auf, deren Anteil wie derjenige der Grenzflachenregion mit steigender Molmasse zunahm, was in Anbetracht der mit steigenden Molmassen zunehmenden kinetischen Schwierigkeiten fiir eine regelmissige Kristallisation versthdlich ist. Selbst bei den hochsten, noch gemessenen Molmassen von ca. 3.106 glmol betrug jedoch die Knstallinitat noch 65 %. Die Frage scharfe Falten vs. lockere Schleifen und diejenige nach dem Ort des Wiedereintritts der Ketten in die Lamelle wurde auch durch statistische Rechnungen zu beantworten versucht. Dabei zeigt sich, dass das Schaltbrett-Modell fiir die "amorphe" Deckschicht weit hohere Dichten als fiir die Lamelle selbst liefert. Diese hohere Dichte kann nach Berechnungen des Irrflugs nur vermieden werden, wenn sich zwischen zwei absorbierenden Ebenen (den Lamellen) mindestens 2 von 3 Ketten scharf zuriickfalten. Die Mittel uber die Quadrate der Tragheitsradien der kristallinen Polymeren (Index cr) ergaben sich nach diesem Model1 aus den ungestorten Tragheitsradien in der Schmelze (Index 0)und dem Anteilf, der amorphen Phase zu
Im Bereich 0,5 0,57 a,f( rer grosser als diejenigen amorpher werden. Die Frage scharfe Falten vs. lockere Schleifen bzw. benachbarter Wiedereintritt vs. Schaltbrett wurde auch durch Messungen der Neutronenkleinwinkelstreuung an Mischungen von protonierten und deuterierten Polymeren sonst gleicher Konstitution zu entscheiden versucht. Bei dieser Methode bestimmt man die Tragheitsradien einzelner (z.B. deuterierter) Makromolekule in der "gleichen" (protonierten) Matrix, wobei die deuterierten Makromolekule nicht aggregieren durfen (vgl. auch Kap. 5.5). Bei solchen Messungen wurde gefunden, dass sich amorphe Polymere anders als kristalline verhalten, und die letzteren je nach den Kristallisationsbedingungen wiederum verschieden. Amorphe Polymere wie z.B. Poly(styro1)e liegen unterhalb der Glastemperatur im ungestorten Zustand vor und man beobachtet entsprechend eine Abh2ngigkeit des Tr2gheitsradius von der W u m l aus der Molmasse (Abb. 7-17). Die Tragheitsradien von druckkristullisierten Poly(ethy1en)en sind dagegen unabh2ngig von der Molmasse und zudem grosser als diejenigen abgeschreckter Polymerer. Beim Kristallisieren unter Druck wird die Faltl2nge erhoht und es entstehen "gestrecktkettige" Kristalle (vgl. auch Abb. 7-33). Der Tragheitsradius wird gleich der Faltlhge und folglich unabh2ngig von der Molmasse, da die Molekule in den gestrecktkettigen Kristallen nicht ihre konventionelle Konturl2nge annehmen und demzufolge auch nicht v6llig gestrecktkettig sind. Bei den ubgeschreckten, kristallinen Poly(ethy1en)en sind die Tragheitsradien bei kleinen Molmassen unabhingig von der Molmasse, jedoch niedriger als bei den druckkristallisierten. Hohermolekulare Poly(ethy1en)e verhalten sich jedoch beim Abschrecken wie amorphe Polymere. Ihre Trggheitsradien sind entsprechend der Wulzel aus der Molmasse proportional (Abb. 7-17). Der experimentelle Befund lasst sich wie folgt verstehen. Beim Abschrecken der Schmelze werden Lamellen gebildet, bei denen die Molekiile statistisch ein- oder aus-
7. Kristalline Zustande
205
Abb. 7-17 Triigheitsradien aus Neutronenkleinwinkelstreuungs-Messungen in Abhiingigkeit von der Wurzel aus der Molmasse bei ataktischen Poly(styro1)en PS und dtuclckristallisierten bzw. aus Schmelzen abgeschrecktenPoly(ethy1en)en[9].
treten. Wegen der raschen Verfestigung falten sich viele Ketten hoher Molmasse nicht in sich selbst zuriick. Sie laufen vielmehr nach Art einer Fransenmizelle durch mehrere Lamellen. Ein einzelnes Molekul besteht daher aus mehreren Bundeln von sgbchenartigen Stilmmen. die durch kniuelartige Segmente miteinander verbunden sind. Da der Eintritt in die Lamellen statistisch erfolgt und die Orientierung der Lamellen ebenfalls statistisch ist, nimmt das Makromolekiil die Form eines statistischen Kniuels an (Abb. 7-11). Ein derartiges Kniuel kann als Kuhn'sches Ersatzkniuel aus alternierenden steifen "Blobs" und flexiblen Segmenten modelliert werden. Es weist wie ein Kniiuel mit lauter gleichen flexiblen Segmenten ungesttirte Dimensionen und eine Wurzelabhhgigkeit der Tr2gheitsradien von der Molmasse auf. Bei niedrigen Molmassen ist die Wahrscheinlichkeit grtisser, dass sich eine Kette beim Abschrecken der Schmelze zuriickfaltet und daher nicht durch mehrere Lamellen liuft. Die FaltungshShe nimmt mit zunehmender Unterkiihlung ab (Abb. 7-23). Beim Abschrecken einer Schmelze werden also relativ grosse Faltungslhgen eingefroren. Bei niedrigen Molmassen sind folglich nur relativ wenige Faltungen pro Molekiil vorhanden. Die Faltungslbge ist dann weit grosser als die Dicke des gefalteten Molekiils. Ein solches Molekiil verh2lt sich daher wie ein unendlich duMes Stibchen. Dessen Triigheitsradius ist aber nach GL(4-5) durch (s2) = L2/12gegeben, wobei L nunmehr die Faltungslhge ist. Da die Faltungslhge ausgenommen bei sehr kunen Ketten unabhhgig von der Molmasse ist, wird der Tagheitsradius in diesem Bereich konstant. molmassenunabhagig und gleich der Faltungslhge. Bei sehr kleinen Molmassen sollte dann allerdings der Trggheitsradius direkt proportional der Molmasse zunehmen, da hier die Ginerkonstante c der Elementalzelle direkt proportional der Kettenlhge ist (Abb. 7-10). Bei der Kristallisation aus konzentrierten Ltisungen und von Schmelzen ist also die Wahrscheinlichkeit gross, dass ein Molekul in mehrere Lamellen eingebaut wird. Deranige interlamellare Verkniipfungen oder Kristallbriicken wurden erstmals durch gemeinsame Kristallisation von Poly(ethy1en) mit Paraffingemischen und nachtriglichem Weg-
206
7.3. Kristallisation
Abb. 7-18 Kristallbriicken (interlamellare Verkniipfungen) zwischen Poly(ethy1en)-Lamellen [lo]. losen des Paraffins nachgewiesen (Abb. 7-18). Die Kristallbriicken nehmen mit steigender Molmasse zu. da es dann wahrscheinlicher ist, dass Lamellenstiicke einer bestimmten Kette in anderen Lamellen festgelegt werden, bevor sich die Kette zuriickfaltet. Aus der Schmelze kristallisiertes Material enthdt daher einen relativ hohen amorphen Anteil, vor allem bei hohen Molmassen (Abb. 7-16). Kristallbriicken und Teile der amorphen Obeflachenschichten konnen z.B. durch Mahlen der Pmben entfemt werden. Da dabei notwendigerweise chemische Bindungen gebrochen werden, sind die entstehenden Substanzen relativ niedermolekular. Sie sind aber hochkristallin und werden daher mikrokristalline Polymere genannt. Mikmkristalline Cellulosen werden dagegen durch hydrolytischen Abbau erzeugt (Band III).
7.3.
Kristallisation
Die Kristallisationstendenz von Polymeren wird durch deren Makrokonfomation bestirnmt. Kugeln packen sich in Supergittern, z.B. Enzyme oder Latices. Starre, langgestreckte Molekiile vereinigen sich zu Stabchen. Flexible Ketten falten sich bei geeigneten Mikrokonformationen zu Lamellen, die sich je nach den Kristallisationsbedingungen zu verschiedenen Uberstrukturen anordnen (Kap. 7.4). Kristallisationen erfordem die Anwesenheit von Kristallkeimen. Die Kristallisationsgeschwindigkeit wird von der Keimbildung und dem Keimwachstum kontrolliert und diese wiederum von der Unterkiihlung. Die Temperatur fur das beste Kristallwachsturn ist dabei hoher d s die Temperatur fiir die beste Kristallkeimbildung. Selbstverst3ndlich bestehen auch Unterschiede, ob Kristallisationen aus verdiinnten Losungen oder aus SchmelZen erfolgen. Kristallisationsgeschwindigkeiten werden sehr stark von der Konstitution und der Konfiguration der Polymeren kontrolliert, wobei bis zu 500 OOOfache Unterschiede beobachtet wurden. Dam kommen die Einfliisse der Molmasse und der Breite der Molmassenverteilung.
207
7. Kristalline Zustdnde
7.3.1.
Keimbildung
Homogene Keimbildung Jede Kristallisation wird durch Kristallisationskeime ausgelbst. Bei der homogenen (thermischen) Keimbildung rotten sich durch die thermische Bewegung Molekiile bzw. Molekiilsegmente des kristallisierenden Stoffes spontun zu instabilen Embryonen zusammen. die dam durch weiteres Anlagem von Molekiilen bzw. Molekiilsegmenten zu stabilen Keimen werden. Diese Keimbildung ist primar (dreidimensional), da die Oberflichen in allen drei Raumrichtungen vergr6ssert werden (Abb. 7-19). Sie is1 auch sporudisch. da die Keime nacheinander gebildet werden. Prim& Keime werden erst oberhalb einer bestimmten Gr6sse stabil. In jeder Schmelze oder Lbsung entstehen oder zerfallen in jedem Augenblick lockere Aggregate von Molekiilen bzw. Kettensegmenten. die Embryonen. Die Gibbs-Energie AGi der Bildung eines Embryons aus i Gitterbausteinen setzt sich aus der Gibbs-Oberflichenenergie AGO und der Gibbs-Kristallisationsenergie AGcrystzusammen
bzw. bei kugelftjrmigen Embryonen vom Radius R mil der Gibbs-Oberflichenenergie AGO,+pro Fliche und der Gibbs-Kristallisationsenergie AGcryslv pro Volumen
und entsprechend fiir einen beliebig geformten Keim aus j Molekiilen oder Segmenten:
Oberflichenenergie und Kristallisationsenergie besitzen umgekehrte Vorzeichen, so dass die Keimbildungsenergie erst oberhalb einer kritischen Keimgr6sse Rc,.it bzw. jcrit negativ wird (Abb. 7-20). Oberhalb dieser kritischen Keimgrbsse gehen die Embryonen in stabile Keime uber, die dann weiter wachsen, z.B. zu Spharolithen. Homogene Keimbildungen sind sehr selten. Sie wurden bislang nur bei sehr starken Unterkuhlungen der Schmelzen des Poly(pivalo1acton)s +CLCH#(CH3)#% und des Poly(chlortrifluorethy1en)s +CClF-CF& beobachtet. Homogene Kristallisationskeime kbnnen auch w-nd der Polymerisation gebildet werden. allerdings erst von Oligomeren. da Monomermolekiile vie1 zu klein sind, um Embryonen zu bilden. Die kritische Keimgr6sse betragt (2-10) nm.
+ P
S
Fig. 7-19 Primare (P). sekundilre (S)und te&e 0 Keimbildung. Die OberfUcheder Keime wird in den Richtungen + vergriissert, nicht aber in den Richtungen - +.
208
7.3. Kristallisation
.
4 d 2A G , ~
luitische 4
Abb. 7-20 Gibbs-Oberflkhenenergie AGoP, Gibbs-Kristallisationsenergie AGcVs,,v und GibbsKeimbildungsenergieAG;& fiir die Bildung kugelf6rmiger Keime mit dem Radius R .
Heterogene Keimbildung Heterogene Keime werden durch fremde Grenzflachen erzeugt (Staub, Gefasswwde, Nukleierungsmittel). Da sie bereits anfwglich vorhanden sind, ist ihre Bildung simultan und athermisch und entweder sekundir oder tertiir. Keimkonzentrationen variieren von ca. 1 Keim/cm3 beim Poly(oxyethy1en) bis zu ca. 1012 Keime/cm3 beim Poly(ethy1en). Heterogene Keime konnen auch aus dem Polymeren selbst stammen. Beim SchmelZen von Polymeren mit breiten Schmelzbereichen werden ntitnlich oberhalb der konventionellen Schmelztemperaturen u.U. einige hoherschmelzende Kristallite nicht vollig aufgeschmolzen. Diese athermischen Kristallisationskeime losen beim anschliessenden Abkiihlen der Schmelze simultan die Kristallisation aus (Abb. 7-21).
1
0
rc4-0
120,O"C
100
200
- tlrnin +
300
Abb. 7-21 Zeitabhagigkeit der Zahl N, h gebildeter S p h l i t h e (in willkiirlichen Einheiten) bei der Kristallisation von Schmelzen von Poly(&camethylenterephthalat) [ll]. Bei tiefen Temperamen werden alle Keime praktisch gleichzeitig (spontan) gebildet, bei hohen dagegen nacheinander (sporadisch). Mt freundlicher Genehmigung von Elsevier Science, Oxford.
7, Kristalline Zustande
209
Verschleppte Keime sind auch fiir das Erinnerungsvermiigen von Schmelzen verantwortlich, d.h. fiir das Phiinomen, dass Sphhlithe (kugelartige Uberstrukturen, Kap. 7.4) nach dem Schmelzen und Abkuhlen oft wieder an der gleichen Stelle wie vor dem Schmelzen erscheinen. Die Sphirolithe treten am gleichen Ort auf, weil die athermischen Keime wegen der hohen Viskositit der Schmelze nicht wegdiffundieren k6nnen.
Keimbildner Keime sind oft nur in kleinen Konzentrationen vorhanden. Die Kristallisation erfolgt dann nur langsam und die Endeigenschaften der Polymeren werden erst nach verhtiltnismasig langer Zeit erreicht, was z.B. zu grossen Zykluszeiten beim Spritzgiessen fiihrt. Die zuerst gebildeten Keime wachsen ausserdem zu grossen Sphirolithen, welche die mechanischen Eigenschaften ungiinstig beeinflussen. Man versucht daher, die Kristallisation durch zugesetzte feste Keimbildner (Nukleierungsmittel; E: nucleating agent) zu steuem. Im Prinzip kann man Keime aus dem eigenen Polymeren zusetzen und so extern eine homogene Nukleierung erzeugen. Bei dieser TrUpfchentechnik zerteilt man eine feste Probe durch Mahlen in so viele kleine Teilchen, dass der Aufenthalt von Fremdkeimen in den Teilchen unwahrscheinlich wid. Eine Methode zur internen homogenen Nukleierung nutzt die Tendenz von Kettenmolekiilen zur Kettenfaltung aus. Steife Makromolekule falten sich nicht gut. Polymerisiert man jedoch flexible Segmente ein, so werden sich diese bevorzugt in den Faltoberflichen aufhalten und so Faltungen hervormfen, was die Keimbildung erleichtert. Technisch verwendet man jedoch externe Nukleierungsmittel. Fiir Poly(o1efin)e eignen sich die Alkali-, Erdalkali-, Aluminium- und Titaniumsalze organischer Carbon-, Sulfon- und Phosphorsiuren, sowie planare aromatische Ringsysteme, z.B. Flavanthron oder Kupferphthalocyanine. Fur Polyamide werden z.B. Quarz, Graphit, Titaniumdioxid, Russ und Alkalihalogenide, fiir aromatische Polyester Russ und Sulfate zweiwertiger Metalle eingesetzt. Als Nukleierungsmittel k6nnen auch Polymere dienen; Poly(ethy1en) und Polyamid 6 nukleieren z.B. die Kristallisation von it-Poly(propy1en). Die Wirkung dieser Keimbildner h2ngt offenbar nicht nur von ihrer Benetzbarkeit durch die Polymerschmelzen ab. Alle wirksamen Nukleierungsmittel scheinen niimlich auf ihrer Oberfliche flache Furchen aufzuweisen. Diese Furchen zwingen die adsorbierten Polymersegmente, gestreckte Makrokonformationen einzunehmen. was wiederum die Vorstufe fiir eine Kristallisation unter Kettenfaltung ist. Keimbildner beeinflussen u.U. auch die Kristallstruktur. Isotaktisches Poly(propy1en) kristallisiert z.B. in Ggw. von p-r-Butylbenzoesiure monoklin. bei Zusatz des Chinacridon-Farbstoffes Permanentrot E3B dagegen hexagonal.
Kristallisation aus Losungen Die Segmente flexibler Polymerketten lagern sich bei der sekundiren Keimbildung an Oberflichen an, warend sie sich bei der tertiaren Keimbildung in Ecken und Furchen einlagern (Abb. 7- 19). Die sekundire Keimbildung kontrolliert dabei zusammen mit der Unterkuhlung der Schmelze unter die Schmelztemperatur die Kettenfaltung und damit auch die (variable) Lamellenh6he L,, wtihrend die Kantenliingen Lb und Ld der Lamellendecke unveriindert bleiben (Abb. 7-22).
210
7.3. Kristallisation
Abb. 7-22 S e k u n h Keimbildung durch Anlagern von Kettensegmenten unterschiedlicher Segmentlmge L, und gleich grosser QuerschnittsfEIche L&,. & = Faltungshge. Wenn ein Kettensegment der variablen L b g e L, auf eine Keimobefflache deponiert wird, vergrossert sich die Oberflache um den Beitrag 2 LcLd von den beiden Seitenfllchen und um den Beitrag 2 L&b von den beiden bd-Flachen. Der Zuwachs an Flache erh6ht die Gibbs-Energie, und zwar um die Gibbs-Oberfllchenenergie a, fiir jede Seitenflache LcLd und um of = LfAHf fiir jede Endflache LdLb. Dabei ist Lf die Deckschichthtihe (s. Abb. 7-22) und AHfdie Oberflachenenthalpie pro Volumen. Diesem Energiegewinn durch die neuen Obefflichen wirkt ein Energieverlust durch die Gibbs-Kristallisationsenergie AGCrystpro Segmentvolumen L&&d entgegen:
Differenzieren der Gleichung und Nullsetzen des Resultates liefert die kritische (minimale) L h g e Lc,o = 2 AaJAGayst, bei der die Gibbs-Kristallisationsenergie gerade die Bildung einer Endflache ausbalanciert, also die Anlagerung des ersten Segmentes. Da jedoch die Anderung der Gibbs-Energie fiir eine solche Anlagerung gleich Null ist, kann ein Keim dieser Griisse niemals stabil werden. Damit der Keim sich zu einem stabilen Kristallit entwickeln kann, muss die Gibbs-Energie schwach negativ sein und die Faltungslbgen etwas griisser als L,,o. Diese zusatzliche L2nge AL ist vemachlassigbar. Da die Gibbs-Kristallisationsenergie per Einheitsvolumen einer gestreckten Kette durch AGcryst= A H M , ~ T c r y s t A S ~ ,gegeben o ist und ein solcher Kristall die Schmelztemperatur T M ,=~AHM,,/A.YM,~ aufweist, erhdt man fur die kritische Faltungsl2nge
Die kritische Faltungslbge L,,o ist der Unterkuhlung T M ,-~TcTst reziprok proportional, was fiir viele Polymere experimentell bestltigt wird (Abb. 7-23). Der niedrigste Wert von l/(Tm,o - TcrysJ betragt l/Tm,09da Tcrystnicht kleiner als 0 K werden kann. Bei l n m + oergibt sich L,,,/nm zu 3,8 (PE), 4,O (POM) und 7,6 (P4MPl), woraus sich mit den Faserachsen c/nm von 0,254 (PE), 1,73 (POM) und 1,38 (P4MPl) die Zahl N,, der Repetiereinheiten pro Lamellenhtihe zu 15 (PE), 21 (POM) und 3 8 3 (P4MP1) berechnet.
21 1
7. Kristalline Zustiinde
Poly(4-methyl-1-penten)
U '
0
10
20
30
40
50
- 103 ( T ~- T, ~ ~ , J -K-1 I + Abb. 7-23 Lamellenh6he (Faltungsltinge)Lc,oals Funktion der reziproken Unterkiihlung nach Versuchen in verschiedenen Usungsmitteln [12]. I gibt die Werte von L , , fiir Tcryst= 0 K an. Mit freundlichex Genehmigung von IUPAC. Research Triangle Park (NC). Die Abhingigkeit der Faltungslangen von der Unterkiihlung Tm,o- TCrystscheint spezifisch f i r Polymere mit iiberwiegenden intermolekularen Abstossungskraften zwischen den Ketten zu sein (PE, P4MP1, POM). Bei Polyamiden sind die Faltungslagen jedoch unabhagig von der Unterkiihlung. Sie werden hier durch die Wasserstoffbriicken zwischen den Polyamid-Ketten konuolliert. Die Polyamide PA 3, 6.6, 6.10, 6.12 und 12 besitzen z.B. je 16 Wasserstoffbriicken pro Faltungsl&ge, die Polyamide 10.10 und 12.12 dagegen nur je 12. Beim Polyamid 6.6 entspricht das 3.5 Repetiereinheiten pro Stamm. Die Schleife enthat nur die 6 Methylengruppen der HexamethylendiaminGruppe. Die Polyamide PA 10.10 und PA 12.12 weisen dagegen nur 3 Repetiereinheiten pro Faltlbge auf, also je 12 Wasserstoffbriicken.
Kristallisation aus Schmelzen Die FaltungshCIhen von ICIsungskristallisiertenPolymeren sind mit ca. (10-20) nm verhUnismksig niedrig. Bei aus der Schmelze kristallisierten Lamellen findet man jedoch je nach der Abkiihlungsgeschwindigkeit manchrnal wesentlich htihere Werte von mehreren Hundert Nanometem. Die Lamellenhtihen sind offensichtlich diffusionskontmlliert. Da die Diffusion in Schmelzen stark behindert ist (Kap. 14), werden sich die Kettensegmente nicht so regelmksig in die Faltungsschichten einbauen ktinnen wie bei aus L6sungen erzeugten Polymereinkristallen. Als Folge davon sollten die Schleifen in den Deckschichten weniger scharf und und von ungleichmissiger Ltinge sein. Diese Rauigkeit gibt sich in der Abhagigkeit der Grenzflkhenenergie vom Polymerisationsgrad zu erkennen (Abb. 7-24). Bei 1CIsungskristallisierten Poly(ethy1en)en steigt die Grenzflkhenenergie von niedrigen Werten bei Alkanen mit steigendem Polymerisationsgrad zunichst schnell und dann langsamer an. Sie wird schliesslich praktisch konstant, was eine mehr oder weniger gleichmissige Oberflache anzeigt. Die Grenzflllchenenergien von schmelzekristallisierten Poly(ethy1en)en nehrnen jedoch mit zunehrnendem Polymerisationsgrad kontinuierlich zu. Das Auseinanderdriften der Grenzflachenener@en erfolgt bei einem Polymerisationsgrad von X = 80, also dem Zweifachen des Wertes, bei dem die Langperiode unabhagig von der Kettengliedenahl wird (Abb. 7-10).
7.3. Kristallisation
212
400
300 PmX
-t
PE schmelzkristallisiert
200
h
I
E
z
E
v
100
\
&
l o 10
100
-
x-
lo00
10
ooo
Abb. 7-24 Polymerisationsgradabhtingigkeitder Grenzflilchenenergien von Poly(ethy1en)en (0,O aus Schmelzen, 0 aus Usungen), Alkanen (a) und schmelzkristallisierten Poly(oxyethy1en)en (0)[ 131.
7.3.2.
Kristallisationsgeschwindigkeit
Keime k6nnen Kettensegmente nur in einem bestimmten Temperaturintervall anla-
gem: Oberhalb der Schmelztemperatur TM schmelzen Kristallite auf und unterhalb der Glastemperatur frien die Diffusion der Segmente ein. Die Kristallisationsgeschwindigkeit l2uft daher rnit zunehmender Ternperatur durch ein Maximum (Abb. 7-25). Ernpirisch wird dieses Maximum bei Tcryst,max = (0,80-0,87) T M , gefunden, ~ wobei Tm,o die Schmelztemperatur perfekter Kristalle ist.
Abb. 7-25 Reduzierte (lineare) Wachstumsgeschwindigkeiten R/R,, von Sphaolithen verschiedener Polymerer als Funktion einer reduzierten Temperatur [ 141.R,,, = maximale Wachstumsgeschwindigkeit; Tch = charakteristischeTernperatur (ca. 50 K unterhalb der Glastemperatur TG),bei der alle Segmentbewegungen aufhhen; T M ,=~ thermodynamische Schmelztemperatur. Mit freundlicher Genehmigung von Elsevier Science, Oxford.
213
7. Kristalline Zustcinde
Der Kristallisationsprozess kann in eine primire und in eine sekundire Zeitspanne unterteilt werden. Am Ende der primiren Kristallisation ist die gesamte Probe erstarrt. Obwohl sie makmskopisch total rnit kristallinem Material gefiillt ist (z.B. Sphirolithen), ist sie nicht 100 % kristallin. Die Sphitrolithe enthalten vielmehr noch nichtkristalline Anteile, die in der sekundiren Periode langsam weiterkristallisieren. Bei dieser NacNuistallisation verdicken sich frisch gebildete Lamellen, weden Gitter perfektioniert usw. Die Zeitabhagigkeit der primaren Kristallisation wird meist durch die Avrami-Gleichung beschrieben, welche zuerst fiir die Kristallisation von Metallen abgeleitet wurde. Zur Ableitung dieser Gleichung w i d angenommen, dass sich in einem Volumen V aus N Keimen N kristalline Gebilde mit jeweils dem Volumen Vi entwickeln, z.B. Sph2mlithe. Die Wahrscheinlichkeit ist nun pi = 1 - (VJV), dass sich eine kristallisierbare Einheit (Atom, Molekiil usw.; hier: Segment) nicht in einem bestimmten Gebilde i befindet. Die totale Wahrscheinlichkeitp, dass sich diese Einheit in iiberhaupt keinem Gebilde befindet, ist gleich dem Volumenbruch & = V F N Odes nicht-kristallisierten Anteils in der teilweise kristallisierten Schmelze bzw. dem Produkt aller einzelnen Wahrscheinlichkeiten, alsop = n i p i = n i [l -(VJV)] (mit 1 5 i IN). Daram folgt l n p = X i l n [l - ( V J V ) ] . Der Logarithmus kann nach ln (1 - y) = - y - y2t2 -... in eine Reihe entwickelt werden, da das Volumen Vi vie1 kleiner als das totale Volumen ist (VdV = y cc 1). Die hSheren Glieder sind vemachlissigbar, man erhat ln p = - Zi (VJV) = - (1/V) X i Vi und p = exp [- (1/V) X i Vi]. Einfiihren des Zahlenmittels = ( X i Vi)/N der Volumina und ihrer Zahlenkonzentration C = N/V liefert d m p = exp [- C 1 . Die Schmelze besitzt das Volumen Vo vor dem Schmelzen, V wiihrend der Kristallisation und V , am Ende der p r i m h n Kristallisation. Die Dichten po = mdVo der Schmelze vor der Kristallisation und PF = mFNF der nichtkristallisierten (flussigen) Anteile w2hrend der Kristallisation sind identisch. Der Volumenbruch des nichtkristallisierten Anteils ist somit & = VF/VO= mF/mo, der Massenanteil mF/mo = exp [- C 1. Das Volumen V = V F+ Vs der Schmelze zur Zeit t setzt sich aus dem Volumen VF= mF/pF der Fliissigkeit (nichtkristallisierte Anteile) und dem Volumen V s = m d p s der kristallisierten Anteile zusammen (Index S von solidus (L) = fest). Die Masse der festen Anteile betdgt ms = 0 bei t = 0.ms = mo - mF zur Zeit t und ms = mo am Ende der primiren Kristallisation (t + m). Mit PF = mo/vo und ps = mo/v, ergibt sich fiir das VoluI. men V = Vm + (mF/mo)(Vo- V-) und daher auch (V - V,)/(Vo - V,) = exp [- C, Das Zahlenmittel der Volumina wird wie folgt erhalten. Bei simultunen Keimbildungen ist die Konzentration der Keime zeitlich konstant (C = Co).Bei einer bestimmten Zeit t weisen die Keime zudem alle das gleiche Volumen auf; diese Volumina nehmen jedoch rnit der Zeit zu. Die L h g e L von Stiibchen wird z.B. mit zunehmender B i t immer gr6sser. wi4hrend ihre Querschnittsflkhe A konstant bleibt. Die HShe H von Scheibchen bleibt konstant; ihr Radius R nimmt aber zu. Kugeln vergrilssem ihren Radius. Wenn die Dimensionen L und R linear rnit der Zeit t anwachsen, ergeben sich einfache Geschwindigkeitsgleichungen. Die Zahlenmittel der Volumina nehmen direkt (Stibchen). quadratisch (Scheibchen) oder kubisch (Kugeln) mit der Zeit zu:
v,,
v,,
v,,
v,,
vn
Stiibchen: Scheibchen: Kugeln:
v,,= AL ; v,,=IrHR2 ; v,,= (4 x/3)R3 ;
mitL= klt
-+
mit R = k 2 t
-+
rnit R = k3t
+
v,.,= A k l t =Kit v,,= ~ H k 2 ~ t =K2t2 ~ v,,= (4 ~/3)k33t3 = K3t3
214
7.3. Kristallisation
vn
Setzt man die Ausdriicke fiir in (V - V,)/(Vo - V,) = exp [- Co sich die Avrami-Gleichung (mit j = 1, 2, 3 und z = 1, 2, 3): (7-8)
v,,1 ein, so ergibt
(V - V,)/(Vo - V,) = exp [- CoKjt'I = exp [- Ktzl
Dieses gestreckte Exponential kann durch doppeltes Logaritbieren linearisiert werden:
Abb. 7-26 zeigt Avrami-Auftragungen. Der Schnittpunkt der beiden linearen Aste im rechten Diagramm zeigt den Ubergang von der primaren Kristallisation zur sekundaren an. Die Avrami-Exponenten des Poly(butadien)s der Abb. 7-26 nehmen von z = 2,20 bei -3°C auf z = 0,66 bei +15OC ab. Bei sporadischen Keirnbildungen steigt jedoch die Keimkonzentration C mit der Zeit an, z.B. nach C = ht. Die neuen Keime entstehen dabei sowohl innerhalb als auch ausserhalb der bereits vorhandenen Gebilde. Die dadurch resultierende Doppelbelegung &-I den aber nicht den Anteil des verfiigbaren Volumens und somit auch nicht das Resultat. Bei sporadischen Bildungen kugelformiger Keime hat jeder Keim im gleichen Zeitraum die gleiche Bildungschance. Die Chance ist fur den Zeitraum ( t - r) bis ( t - r + dr) = (413) x ( k ~ tfiir ) ~simultane Keime ergibt sich fiir sporadische gIeich drlr. Statt
vn
(7- 10)
vn= (4 / 3) x k: I ( t - T
) (dr ~ / t ) = (1 / 3) IT( k3t)3
Bei Kugeln erhat man also f i r die mittleren Volumina 3hnliche Ausdriicke, die sich nur in den nummerischen Faktoren von 4/3 (simultan) vs. 1/3 (sporadisch) unterscheiden. Die Keimkonzentration ist aber bei sporadischen Keimbildungen nicht mehr konstant. Da sie definitionsgemass nach C = k,t linear mit der Zeit zunehmen soll, erhQt man exp(- C v n ) = exp(- kctK3't3) und der Avrami-Exponent steigt von 3 auf 4 an.
.
I
1-
-3°C
I
3 "C
x 8
Q
h
9°C
I 0
k -1-
12T
\ h
8
15°C
b -2I
-h -3c I
u
= 4
.
-3°C
0
'
0
1
2
3
- lg (t / min) +
-
5
7
.
.
.
.
.
.
.
.
.
*
4
Fig. 7-26 Kristallisationskinetik eines Poly(butadien)s mit 80 % 1,4-trans-Einheiten. Links: Zeitabhmgigkeit der relativen Kontraktionen [8].Rechts: Avrami-Auftragunggem& G1.(7-8).
215
7. Kristalline Zustanak
Table 7-7 Avrami-KonstantenK und z der G1.(7-9) fUr sporadische (homogene)und simultane (heterogene) Keimbildungenohne (-)bzw. rnit Diffusionskontrolle. Keim
Dimension
-
SWCh
1
Sckibchen Kugeln
2
schafgarben
3
K
2
sporadisch sporadisch diff.-kmU.
2 3 4 26
312 412 5/2
simultan
sporadisch
simultan
1I~52 2I z S 3 3It54 51zS7
(1/2)ACkl AC&l (1/3) xDCk22 XoC,,kz2 (10)~ C k 3 ~ (4/3)1 ~
3
Die so theoretisch berechneten Avrami-Exponenten sind in Tab. 7-7 rnit den Exponenten verglichen, die sich fiir diffusionskontrollierte Keimbildungen ergeben. Alle diese Exponenten sind entweder ganzzahlig oder einfache Briiche. Experimentell werden jedoch hiufig keine einfachen Zahlen gefunden (vgl. Abb. 7-26). Diese Abweichugen k6nnen 2.B. dadurch bedingt sein. dass Messungen jenseits des Gultigkeitsbereiches der Theorie ausgewertet wurden, der nur bis zu dem Zeitpunkt gilt, an dem sich die wachsenden Keime zu beriihren anfangen. Die theoretischen z-Werte fiir simultane Keimbildungen (z = 1 fiir Stilbchen) stellen femer nur untere Grenzwerte dar. Ausserdem rufen verschiedene Messmethoden unterschiedliche z-Werte hervor. Die Dilatometrie misst in der Regel das Wachstum von Sphirolithen, die Kalorimetrie zusitzlich auch das Wachstum von Lamellen in SphBrolithen. Kristallisationsgeschwindigkeiten variieren stark mit der chemischen Struktur der Polymeren. Liegt z.B. die Kristallisationstemperatur30 K tiefer als die jeweilige Schmelztemperatur, so betr3gt z.B. die lineare Kristallisationsgeschwindigkeit von Poly(ethy1en) ca. 5000 pn/min, diejenige von Poly(viny1chlorid) aber nur ca. 0.01 pm/min. Symmetrisch aufgebaute Polymere knstallisieren meist rasch, Polymere mit spemgen Substituenten und Kettengliedem dagegen langsam. Da die Kristallisationsgeschwindigkeit sowohl von der Keimbildung als auch vom Keimwachstum abhmgt, ist sie bei athermischen Keimbildungen meist hiiher als bei thermischen. Poly(ethylenterephtha1at) kann 2.B. durch rasches Abkuhlen unter die Schmelztemperatur praktisch v6llig amorph erhalten werden, was beim rasch kristallisierenden Poly(ethy1en) selbst beim Abkuhlen rnit flussigem Stickstoff noch nie gelungen ist.
7.4.
Uberstrukturen
Je nach den Kristallisationsbedingungenlagem sich hbfig die von Kettenmolekiilen prim& gebildeten Lamellen in verschiedener Weise zu grOsseren Strukturen rnit verschiedenen Formen zusammen. die von kugelfiirmigen bis zu fasrigen Gebilden reichen. Das Polymere nimmt dam eine Uberstruktur an (E: morphology). ijberstrukturen sind meist Mikmmeter bis Millimeter gross rnit einem mehr oder weniger geordneten Inneren. Ob und welche iiberstrukturen entstehen, h a g t von der Konzentration. der Molmasse und der Molmassenverteilung des Polymeren ab, sowie von der Unterkiihlung und allfaligen StrOmungsgradienten.
3
~
216
7.4.1.
7.4. Oberstrukturen
Sphlrolithe
Bei der Kristallisation aus der Schmelze entstehen manchmal polykristalline Bereiche, die wegen ihrer Kugelform Spharolithe genannt werden (E: spherulite; G: sphaira = Kugel, fifhos= Stein). Die bei der Kristallisation in diinnen Folien auftretenden fllchenf6rmigen Gebilde werden ebenfalls als Spharolithe bezeichnet, da man sie als Querschnitte von aus der Masse kristallisierten Sphlrolithen ansehen kann (Abb. 7-27). Sphlrolithe mit Durchmessem zwischen finf Mikrometem und einigen Millimetem k6nnen mit dem Lichtmikroskop, mit Durchmessem unter 5 Fm mit dem Elekmnenmikroskop oder der Kleinwinkellichtstreuung untersucht werden. Im polarisierten Licht zeigen Sphlrolithe das von Interferenz-Effekten stammende typische Malteserkreuz. Dieser Effekt tritt auf, weil die Lichtgeschwindigkeit in den verschiedenen Gebieten des Sphlrolithen unterschiedlich gross ist. Das Malteserkreuz erscheint, weil sich die Sph2rolithe wie Kristalle mit radialer optischer Symmetrie verhalten und es f i r diesen Fall vier Positionen der Extinktion gibt (vgl. Abb. 11-9). Mikrotom-Schnitte zeigen, dass diese Gebilde im Innem in der Tat radial-symmetrisch aufgebaut sind. Die Unterschiede der Lichtgeschwindigkeiten stammen von Unterschieden im Brechungsindex. 1st der hochste Brechungsindex in radialer Richtung, so spricht man von positiven Spharolithen. Negative Spharolithe weisen den hiichsten Brechungsindex in tangentialer Richtung auf. Aus dem optischen Verhalten lassen sich Informationen uber die Mikrostruktur der Sphlrolithe entnehmen. Bei verstreckten Poly(ethy1en)-Fasem ist die Lichtgeschwindigkeit in Fasemchtung geringer als in den beiden Richtungen senkrecht dazu. Zur Faserrichtung paralleles Licht fiihrt hier zu einem hoheren Brechungsindex. In diesen Fasem liegen daher die Molekiilachsen weitgehend parallel zur Faserachse. Da Poly(ethy1en) negative Spharolithe bildet, miissen die Molekiilachsen somit rechtwinklig zum SphHrolith-Radius sein (Abb. 7-28). Beim Poly(viny1idenchlorid) ist umgekehrt der Brechungsindex in Molekulrichtung niedriger als rechtwinklig dazu. Da die Spharolithe positiv sind. miissen also auch hier die Molekiilachsen tangential zurn Spharolith-Radius angeordnet sein. Dieses Verhalten Vitt vor allem bei Polymeren mit stark polarisierbaren Gruppen auf. z.B. auch bei Polyestem und Polyamiden. Das gleiche Polymere kann u.U. sowohl positive als auch negative Sphirolithe bilden, evtl. sogar gleichzeitig. Die negativen Spharolithe des Polyamids 6.6 haben z.B. eine hohere Schmelztemperatur als die positiven.
Abb. 7-27 Sph&olithe des itPoly(propy1en)s unter dem Polarisationsmkoskop (links) und dern Phasenkontrastmikroskop (rechts) [ 161.
7. Kristalline Zustande
217
Abb. 7-28 Modelle fiir Sph&olith-Strukturen.Bei einer Hauptachse der Polarisierbarkeit entlang der Kettenachse ist der linke Sphilrolith einer mit negativer Doppelbrechungund der rechte einer mit p s i tiver. Bei einer Polarisierbarkeit senkrecht zur Hauptachse ist der linke Sph&olith positiv. Sphilrolithe machen gewohnlich Filme und Folien opak, wenn ihre Durchmesser grosser als ca. die hdbe Wellenliinge des Lichtes sind und ausserdem Inhomogenitaten in Bezug auf die Dichte oder den Brechungsindex bestehen. Spharolithisches Poly(ethy1en) ist z.B. opak, sph2rolithisches Poly(4-methylpenten-1) aber glasklar, selbst wenn letzteres gleich viele, gleich grosse Spharolithe wie Poly(ethy1en) enthat. Sphlrolithe entstehen, weil die Brutto-Kristallisationsgeschwindigkeitin allen Raumrichtungen gleich gross ist, im Innem der Spharolithe aber in den verschiedenen Richtungen unterschiedliche Kristallisationsgeschwindigkeitenhemchen. Die innere Struktur der Sphgrolithe ist folglich nicht sehr perfekt. Selbst wenn der ganze Raum schon mit Spharolithen geftillt ist. kann die Kristallisation noch im Innern der Sphmlithe weitergehen. Man beobachtet dann eine zeitliche Zunahme der RontgenkristallinitHt.
7.4.2.
Andere Uberstrukturen
Dendrite treten auf. wenn in den einzelnen Zonen unterschiedliche Brutto-Kristallisationsgeschwindigkeiten herrschen. Dendrite sehen unter dem Licht- oder Elektronenmikroskop W i c h wie Schneeflocken aus (Abb. 7-29). Im Innem sind sie aus kristallinen und amorphen Bereichen aufgebaut. Das amorphe Material kann bei Poly(o1efin)en z.B. durch Salpetersiure leicht oxidiert und weggeatzt werden. Die zuriickbleibenden kristallinen Anteile besitzen eine Lamellenstruktur mit gleichmtissiger Lamellendicke.
Abb. 7-29 Aus einer verdiinnten Liisung in Xylo1 bei 70°C kristallisierter Dendrit des Poly(ethy1en)s [171. Unterschiedliche Kristallisationsgeschwindigkeitenfiihren auch zu den sog. Schaschlik-Strukturen (E: shish-kebab; tiirkisch: sis = Fleischspiess. kebabi = riisten). Bei diesen Strukturen sind auf faserftimigen Primlrkristalliten orientien (d.h. epitaktisch) Sekundarkristallite aufgewachsen (Abb. 7-30).
218
7.4. Uberstrukturen
Abb. 7-30 Link2 Elektronenmikroskopische Aufnahme einer Schaschlik-Struktur eines linearen Poly(ethy1en)s ( M , = 153 OOO g/mol, M,= 12 OOO dmol), entstanden durch Kristallisation aus einer 5 % Ldsung in Xylol bei 102°C “a]. Rechts: Schematische Darstellung der Lagerung der Ketten in Schaschlik-Strukturen [Hb]. Mit hundlicher Genehmigung des Steinkopff-Verlages.Darmstadt. Schaschlik-Strukturen entstehen, wenn verdunnte Polymerlosungen bei der Kristallisation sehr stark geriihrt werden. Die Polymerketten orientieren sich im Strtimungsgradienten der Dehnstromung und lagern sich parallel zueinander ab. Die entstehenden Fibrillen ordnen sich zu Biindelkeimen, bei denen die Ketten nach Messungen der Rontgen- und Elektronenbeugung sowie der optischen Doppelbrechung parallel zur Faserachse liegen. Zwischen diesen Biindelkeimen ist aber das SchergefaUe stark vermindert. Aus der sich zwischen den Fibrillen befindenden Ltisung kristallisieren die restlichen Polymerketten in Lamellen mit gefalteten Ketten aus, wobei die Lamellen senkrecht zu den Fibrillen angeordnet sind (Abb. 7-30).
7.4.3.
Einfluss der Kristallisationsbedingungen
Je nach den Kristallisationsbedingungen werden bei ein und demselben Polymeren sehr verschiedene Uberstrukturen erhalten, wie Abb. 7-31 fiir ein Polyamid 6 zeigt. Durch rasches Abschrecken VerduMter Msungen erhalt man kugelige Formen, die weitgehend amorph sind (Abb. 7-31, links oben). Bei der KristaLlisation aus sehr verdiinnten, ruhenden Liisungen entstehen durch Facettenwachstum ausgesprochen fllchenarme lamellenartige Einkristalle. Die Polymersegmente wachsen bevorzugt eindimensional auf den Seitenflachen der Lamellen auf, konnen aber auch auf den Seitenflachen zweidimensional stufen- oder spiralformig angelagen werden (Abb. 7-31, links unten ). Die Lamellenhdhe ist unabhangig von der Molmasse, h h g t jedoch meist von der Unterkiihlung ab. Sie variiert, wenn in verschiedenen Losungsmitteln unterschiedliche Makrokonfonnationen des Polymeren stabil sind. Amylosetricahmilat kristallisiert z.B. aus verdiinnten Losungen in 1,4-Dioxan/Ethanol in Form gefalteter Ketten, aus Pyridin/Ethanol dagegen in gefalteten Helices. Bei rnittleren Polyrnerkonzentrationen bilden sich u.U. Bundekeime, da die Faltungsmizellen durch die hohe Viskositit der Losung zu grosseren morphologischen Einheiten assoziieren. Bei noch hoheren Konzentrationen treten Fibrillen (Abb. 7-31, rechts oben), Netzwerke oder auch Dendrite (Abb. 7-31, rechts unten) auf.
7. Kristalline Zustdnde
219
1
Abb. 7-31 Elektronenmhskopische Aufnahmen der iiberstrukturen eines Polyamids 6 [19]. Links oben: 260°C heisse B u n g in Glycerin durch Eingiessen in Glycerin bei 20°C abgeschreckt. Links unten: 260°C heisse Ldsung in Glycerin mit 40 Wmin schnell abgekiihlt Rechts oben: 260°C heisse Usung in Glycerin mit (1-2) Wmin langsam abgekiihlt. Rechts unten: langsames Verdunsten einer ameisensauren Ltlsung bei Zimmertemperahu.
Auch in ruhenden Schmelzen bilden sich zunichst Lamellen aus gefalteten Ketten. Die Lamellen lagem sich zu Lamellenpaketen und dann zu Spharolithen zusammen, die im Innern eine fibrillire Struktur aufweisen (Abb. 7-32). Diese Struktur ist eine Folge der beim Sphirolithwachstum auftretenden fraktionierten KristaIlisation. Die im Polymeren enthaltenen Molekule mit starker Verzweigung und/oder niedriger Molmasse besitZen niedrigere Schmelztemperaturen als die unverzweigten hochmolekularen Anteile. Sie erfordem daher zur Kristallisation eine sarkere Unterkiihlung. Diese schlechter kristallisierenden Anteile werden von der Wachstumszone ausgeschlossen und geraten in eine Zwischenzone. Sie unterdriicken hier die Kristallisation, was zum bevorzugten Wachstum in der Wachstumszone und damit zu einer fibrilliren Suuktur fiihrt. Wachsen Kristalle in unterkuhlter Schmelze in Richtung eines starken Temperaturgem e s , so entstehen Dendrite. Die sich zwischen den Dendriten befindende flussige Phase entarn dabei oft mikmkristallin. Bildung von Sphirolithen aus Lamellen
Abb. 7-32 Bildung von Sphikolithenund Reihenstrukturen. Doppelpfeil: Scher- oder Zugrichtung.
220
7.4, Uberstrukturen
Die Keimbildung kann ferner von der Oberflache der Schmelze her erfolgen. Diesen stark durch Diffusionsprozesse beeinflussten Prozess nennt man Transkristallisation. Spezielle Morphologien treten bei durch Ffiessvorgiinge hemorgemfenen Kristallisationen auf. Solche Prozesse finden sich in der Natur bei der Bildung von Cellulose- und Naturseide-F&len, bei der Blutkoagulation und bei der mechanischen Denaturiemng von Proteinen. In der Technik werden derartige Kristallisationen beim Flash-Spinnen, beim Herstellen von Hochmodulfasem und beim Erzeugen synthetischer Papiere ausgenutzt. Bei der Scherbeanspruchung von kristallisierenden Polymerschmelzen werden die Spharolithe zunachst defonniert. Anschliessend entstehen durch epitaktisches Aufwachsen von Lamellen Schaschlik-Strukturen und dann Kettenorientierungen in Zugrichtung (Abb. 7-32). Bei grosseren Zugspannungen wird die Kristallisation offenbar durch eine entlang den Stromungslinien angeordnete kontinuierliche Reihe von Kristallkeimen ausgel6st. Dadurch entsteht eine "Reihenstruktur" von orientierten Lamellen bzw. Ketten. Bei Reihenstrukturen besteht die Grundstruktur wie bei Sphamlithen aus gefalteten Ketten in plittchenartigen Kristalliten (Lamellen). Die Lamellen sind jedoch anders als bei Sphirolithen rechtwinklig und nicht radial zur Fluss- oder Verstreckungsrichtung angeordnet. Schaschlikartige Faserstmkturen bilden sich ebenfalls beim starken (turbulenten) Scheren verdunnter Losungen kristallisierender Polymerer. Auf diese Weise kCinnen bei Wachstumsgeschwindigkeiten von bis zu 160 cm/min ca. 2000 m lange Poly(ethy1en)Fasem eneugt werden, die etwa 40 % der theoretischen Festigkeit aufweisen (Kap. 18). Beim Kristallisieren von Schmelzen unfer Druck wird die Lamellenhehe stark vergrljssen (Abb. 7-33). Der Anteil der Deckschicht geht zuriick. Man spricht dann von gestrecktkettigen Kristallen. Die Polymennolekiile sind jedoch nicht vBllig gestrecktkettig, da sie nicht ihre konventionelle Konturlage annehmen. Ihr Tragheitsradius ist aber unabhhgig von der Molmasse (Abb. 7-17).
Abb. 7-33 Gestrecktkettige Kristalle eines Poly(ethy1en)s mit aw = 78 300 dmol nach der Kristallisation bei 480 MPa und 225°C [22]. Die Prok ist zu 99 % riintgenkristallin.
7. Kristalline Zustdnde
7.5.
22 1
Kristallinitat
7.5.1. Ideale Kristalle Makromolekiile erzeugen nur selten grosse klassische Kristalle. d.h. solche mit makroskopischen Dimensionen. bei denen sich ebene Oberfllchen unter festen Winkeln schneiden. Sphlroidale Proteine bilden z.B. recht grosse Kristalle, bei denen die Gitterpl2tze von Proteinmolekiilen besetzt sind. Proteinkristalle enthalten bis zu 95 % Wasser oder SalzlUsungen in ihren Supergittern. Die zwischen den GitterplBtzen und in den Proteinmolekiilen selbst vorhandenen Kanae und Lucken sind oft so gross, dass Schwermetallionen eindiffundieren klinnen. Dieser Effekt wird bei RUntgenanalysen ausgenutzt, da die Schwermetallbeladung die Phasen der Streuwellenverteilung und damit auch die dreidimensionale innere Struktur der Proteinmolekiile ermitteln llsst. Supergitter entstehen auch aus dicht gepackten Latexteilchen. Gitter mit grossen kugelformigen DomBnen aus Polymerbl6cken. die durch amorphe Bereiche getrennt sind z M t man dagegen nicht zu den Supergittern, sondem zu den Mesophasen. Ketlenmolekiile bilden nur selten grosse Kristalle. Eines der wenigen Beispiele ist das Poly(oxy-2.6-diphenyl-1,4-phenylen), aus dessen Usungen in Tetrachlorethan zentimetergrosse Kristalle erhalten wurden, die bis zu 35 % Usungsmittel enthielten.
7.5.2.
Kristallisierbarkeit und Kristallinitat
Bei idealen Kristallen befinden sich alle Ketteneinheiten auf einem idealen Gitter in kristallographisch lquivalenten Positionen. Aus kinetischen Griinden finden jedoch bei der Kristallisation meist nicht alle Bausteine die idealen GitterplBtze. Im Kristallgitter treten Fehlstellen auf oder die mehr oder weniger idealen Gitter erstrecken sich nur uber kurze Distanzen, manchmal sogar weniger als 2 nm.Zwischen den kristallinen Bereichen erstrecken sich weitgehend oder v6llig ungeordnete Bereiche. Der Kristallinit%tsgradbetriigt dann weniger als 100 % @: degree of crystallinity). Da die verschiedenen experimentellen Verfahren unterschiedlich auf die Ordnungszustilnde bzw. Fehlsuulcturen ansprechen, werden je nach Methode oft unterschiedliche Kristallinitltsgrade beobachtet. Man muss daher zwischen Kristallisierbarkeit und Kristallinitlt unterscheiden. Die Kristallisierbarkeit gibt die maximale theoretische KristallinitBt an. Sie hZngt als thermodynamische Grlisse nur noch von der Temperatur und dem Druck ab. Die Kristallinitat wird von der Kristallisationskinetik kontrolliert, also von der Keimbildung, der Abkiihlungsgeschwindigkeit, Verhakungen usw. Sie schliesst eingefrorene NichtgleichgewichtszustZnde ein und ist immer niedriger als die Kristallisierbarkeit. Polymere mit Kristallinitiitenvon weniger als 100 % sind semikristallin. Semikristalline Polymere sind nicht im thennodynamischen Gleichgewicht. Nach dem Phasengesetz (E: phase rule) P + F = K + 2 kann eine einzelne Komponente K mit zwei Freiheitsgraden F (Temperatur und Druck) nur als eine einzige Phase P vorliegen. Daraus folgt fiir semikristalline Polymere, dass kristalline und amorphe Bereiche miteinander verbunden sind: ein einzelnes Kettenmolekiil lluft durch beide Typen von Bereichen. Diese Bereiche klinnen daher auch nicht wie bei echten Zweiphasen-Systemen durch physikalische Methoden voneinander getrennt werden.
222
7.5. Kristallinitat
7.5.3.
Gitterdefekte
Kristallgitter konnen Punkt-, Linien- und Netzdefekte aufweisen. Einige Defekte treten bei allen nichtmetallischen Festkiirpem auf, andere nur bei kristallinen Polymeren. Zu den allgemeinen Punktdefekten z2hlen
Phononen. Die thermischen Schwingungen von Gitteratomen um ihre ideale Position werden als diejenigen eines elastischen Kiirpers mit der Energie hv aufgefasst. Elektronen. Ein isoliertes Elektron erzeugt in einem perfekten Festkiirper (gekennzeichnet durch ein leeres Leitf~gkeitsband)einen Defekt. Locher sind Quantenzustbde in einem normal gefiillten Leitf%higkeitsband. Sie verhalten sich in einem elektrischen Feld wie eine positive Ladung. Elektronen und Liicher werden durch thermische Bewegungen oder durch Absorption von Licht eaeugt; sie k6Men frei durch den Kristall wandem. Excitonen sind Elektron/Loch-Paare. Excitonen werden gebildet, wenn ein Elektron zwar Energie aufnimmt, aber nicht genug, um das "Loch zu verlassen. Die elekuische Ladung des Excitons ist daher null. Ein Exciton kann wohl Energie transportieren. nicht aber den elektrische Strom leiten. Fehlstellen sind leere Gitterplatze. Zwischengitteratome sind Atome auf Zwischengitterplatzen. Bei Kettenmolekulen treten ferner spezielle makromolekulare Punktdefekte auk
Endgruppen stiiren Kristallgitter wegen ihrer andersartigen Struktur. Kinken (Marine: Knicke in Tauen) sind konfomative Fehler durch Verschiebungen der Kette parallel zur Lagsachse, bei denen die Verschiebung kleiner als der Kettenabstand ist, z.B. bei der Konformationsfolge ...?TITG+TG TI"... Jogs (E: jog = scharfe Richtungshderung) sind konformative Fehler. bei denen die Verschiebungen der Kette grosser als die Absthde zwischen den Ketten sind (z.B. ...T ' I T T G T ' T T T G m...). Kinken und Jogs verkurzen planare Ketten und drehen Helices. Ihre Wanderung durch das Gitter erfordert weitriiumige Kettenbewegungen. Reneker-Defekte bestehen sowohl aus konformativen Fehlem als auch aus h d e r u n gen des Bindungswinkels (vgl. Abb. 7-34). Wie bei den Kinken und Jogs wird auch hier die Kette verkurzt. Reneker-Defekte konnen anders als Kinken und Jogs durch eine Kette ohne Anderung der relativen Lage der Kette im Kristallverband wandem.
Abb. 7-34 Gitterdefekte des Poly(ethy1en)s. Von oben nach unten: all-nans-Konformation,RenekerDefekt, Kinke und Jog.
223
7. Kristalline Zustande
7.5.4.
Ein- und Zweiphasen-Modelle
Kristalline Bereiche kiinnen sich je nach den Kristallisationsbedingungen mehr oder weniger geordnet zu Uberstrukturen zusammenschliessen (Abb. 7-31). Der Ordnungszustand in diesen Uberstrukturen wird in der Regel durch die Kristallinitlt bechrieben, wobei entweder ein 1-Phasen-Modell oder ein 2-Phasen-Modell zugrundegelegt wird. Beim 1-Phasen-Modell nimmt man an, dass die Unschlrfe der Riintgenbilder durch Fehlstellen im Kristall hervorgerufen wird. Beim 2-Phasen-Modell postuliert man dagegen die Existenz von viillig kristallinen neben viillig amorphen Bereichen und eine vollst2ndige Abwesenheit von Bereichen mit einer dazwischen liegenden Ordnung. Bei den "Einkristallen" des Polyamids 6 (Abb. 7-31)wird z.B. riintgenographisch nach dem 2-Phasen-Model1 eine Kristallinitat von weniger als 50 % gefunden. DichteMessungen an Poly(ethy1en) fiihren zum gleichen Ergebnis: die gleiche Dichte kann als Auswirkung eines relativ grossen amorphen Anteils (2-Phasen-Modell) oder einer kleinen Zahl von Fehlstellen (1-Phasen-Modell) interpretiert werden (Tab. 7-8). Messungen an partiell kristallinen Polymeren werden in der Regel nach dem 2-Phasen-Modell ausgewertet. Der Ordnungszustand wird dam als Anteil der als ideal gedachten kristallinen Bereiche an der gesamten Substanz angesehen, und zwar entweder als Massenanteil w, oder als Volumenanteil I$,. Beide Gn3ssen sind uber die Dichten p der gesamten Probe und pa des idealen Kristalls miteinander verknupft:
w, bzw. I$ccr variieren mit dem Messverfahren (s. unten). Der Kristallinitiitsgrad is1 demgemlss nicht uber den Grad der Ordnung definiert (etwa im Sinne von Zahlenmitteln. Massenmitteln, Volumenmitteln usw.). sondern uber die Messmethode. Man spricht also von Riintgenkristallinitlten,Dichtekristallinit2ten, Infrarotkristallinititenusw. Angaben des Kristallinitatsgrades nach dem 2-Phasen-Modell sind einfach und bequem, jedoch mit Vorsicht zu verwenden. In einer Probe k6nnen ja nebeneinander graduell verschiedene Ordnungszustwde auftreten, die von den verschiedenen Methoden unterschiedlich erfasst werden und folgrich zu verschiedenen Kristallinitatsgraden fiihren. Bei Poly(ethy1en) und beim kristallisierten 1,4-cis-Poly(isopren) liefern 2.B. verschiedene Methoden recht gut ubereinstimmende Werte f i r den Kristallinitltsgrad. nicht aber bei Baumwolle (Cellulose) oder Poly(ethy1enterephthalat) (Tab. 7-9). Tab. 7-8 Vergleich der aus den Dichten p bzw.spezifischen Volumina v = l/p des Poly(ethy1en)s rnit dem 2-Phasen-Modell berechneten Kristallinit2ten rnit dem nach dem 1-Phasen-Modellexmittelten Ge halt an Fehlstellen.
Bezeichnung
100 % kristallin
100 % amorph
Dichte in g/cm3 1,m 0,981
0,971 0,852
Spezifiihes Volumen in cm3/g
Kristalliniat in %
Fehlstellen in %
1,OOo
100
1,020 1,030 1,174
89 83
0 19 29
0
224
7.5. Kristallinitat
Tab. 7-9 Kristallisationsgrade 1@wcr nach dem 2-Phasen-Modell. Cellulose Baumwolle Rayon
Methode
saurehydrolyse Formylierung Inhtspektroskopie R6ntgenographie Dichte Deuteriumaustausch
7.5.5.
93 87 62 70 60 56
Poly(ethy1enterephthalat) unversrreckt Verstreckt
45 61 42 38 25 32
61 29 20
59 2 20
Rontgenographie
Bei rhtgenographischen Messungen der Kristallinitat von teilkristallinen Polymeren werden die Intensitaten der Reflexe und der Halos als Funktion des Bragg-Winkels 2 8 gemessen. Die Anteile der Reflexe und der Halos werden in der Regel im Sinne des Zweiphasen-Modells als Anteile der kristallinen und amorphen Phasen interpretiert. Zunachst wird der Untergrund abgetrennt (vgl. Abb. 7-35). Um d a m den amorphen Anteil zu ermitteln, f k g t man bei den kleinsten Winkeln an, da dort fast immer kristalline Reflexe fehlen. In den Minima zwischen je zwei Maxima ist femer der kristalline Anteil immer d a m gering, wenn die Maxima mehr als 3" auseinander liegen. Der Kristalliniatsgrad berechnet sich aus den Intensitaten I,, der Reflexe und I, des Halos zu
Der Proportionalitatsfaktor Kx h a g t noch vom Beobachtungswinkel und der spezifischen Funktion ab. Er ist z.B. durch Vergleich mit vollstajldig amorphen oder vallig kristallinen Proben ermittelbar. Amorphe Proben lassen sich gelegentlich durch Abschrecken erhalten. Amorphe Cellulose wird z.B. durch Mahlen in Kugelmiihlen hergestellt. Manchmal nimmt man auch die Schmelze als amorphen Standard an.
kristalline Reflexe
I
I 20. ......................................................................................................
Untergrund
n' - . . . . I I . . . . . . . . . . . .... 10 15 20 25 30 - 281" +
..... 35
Abb. 7-35 IntensiOt I als Funktion des Bragg-Winkels 2 6 bei der Rontgenographie ekes Poly(ethylenterephthalatksmit kristallinen Reflexen, amorphem Halo und Untergrundstreuung [22].
7. Kristalline Zustiinde
225
Um diskrete Reflexe zu erhalten, mussen geordnete dreidimensionale Bereiche von mindestens (2-3) MI Kantenlmge in genugend hoher Konzentrationen vorliegen. Die Intensitiit der Reflexe ist ein Mass f i r die Kristallinitat. Die Breite der Reflexe hiingt sowohl von der G ~ s s der e Kristallite als auch von lirtlichen Gitterschwankungen ab. Bei kleinen Kristalliten geht die selektive Beugung in eine Smuung uber. Ganz kleine Kristallite sind daher nicht mehr rlintgenographisch erfassbar. Das Berechnen von Kristallitgrossen aus Reflexbreiten ist aber bei fadenformigen Makromolekulen fraglich. Beim Kristallisieren klinnen sich n h l i c h die Lagen der Grundbausteine der einzelnen Ketten etwas gegeneinander verschieben, da aus kinetischen Griinden Teile der Ketten in Ordnungszustbden fixiert werden, bevor die idealen Gitterpositionen erreicht sind. Dieser Effekt ruft ortliche Schwankungen der Gitterkonstanten hervor, die wie thermische Bewegungen ebenfalls die Reflexe verbreitem.
7.5.6.
Dichte-Messungen
Die Dichte-Kristallinitat Wc,d berechnet sich aus der Dichte p der Probe und den Dichten pa bzw. pamder vollig kristallinen bzw. vollig amorphen Substanz zu
Die Dichte p der Probe wird direkt experimentell bestimmt, z.B. mit einem Dichtegradientenrohr. Ein solches Rohr enthat eine Fliissigkeit. deren Dichte vom Meniskus bis zum Boden des Gefisses kontinuierlich zunimmt. Diese Flussigkeiten kliMen aus Salzllisungen oder aus Mischungen organischer Losungsmittel bestehen. Sie mussen die zu untersuchende Probe benetzen, durfen sie aber weder quellen noch llisen. Durch geeignete mechanische Vorrichtungen kdnnen 2.B. zwei Flussigkeiten so gemischt werden, dass die Dichte der resultierenden Flussigkeit sich linear, konkav. konvex usw. mit der H6he der Flussigkeitss2ule iindert. Die Probe bleibt in derartigen Dichtegradienten entsprechend ihrer Dichte in einer bestimmten Hohe schweben. Die Dichte pa einer vollig kristallinen Substanz erhalt man aus dem Rontgendiagramm. Sie berechnet sich aus der Anzahl Ni der im Volumen V der Elementarzelle enthaltenen Atome der Atommasse Ai und der Avogadro-Zahl NA zu
Amorphe Substanzen stellt man auf verschiedene Weisen her: durch Abschrecken, Mahlen usw. (s. oben). Altemativ kann man auch versuchen, die spezifischen Volumina vm = l/pm der Schmelze iiber die Schmelztemperatur hinaus zu tieferen Temperaturen zu extrapolieren. Im kristallinen Zustand sind Molekule meist dichter gepackt als im amorphen. Das VerMtnis pm/pcr betragt in erster Niiherung nur 0,85-0,95. In zweiter N2herung hiingt das Verhtilmis nach pam/pcr= KAco*18noch von der Querschnittsflache A, der Ketten ab.
226
7.5. Kristallinitat
Die gr6ssten Dichteunterschiede weisen Polymere mit unsubstituierten Grundbausteinen auf, z.B. Poly(ethylen) und Polyamid 6.6. Diese Polymeren kristallisieren in alltrans-Konformationen mit besonders enger Packung der Ketten. Bei helixbildenden Polymeren sind die Ketten im kristallinen Zustand oft lockerer gepackt; zwischen kristallinen und amorphen Polymeren herrschen dann geringere Dichteunterschiede. Beim helicalen Poly(4-methyl-1-penten) ist sogar die kristalline Dichte mit Pcr = 0,812 g/cm3 niedriger als die amorphe Dichte von pm = 0,838 g/cm3.
7.5.7.
Kalorimetrie
Unterschiedliche Kristallinitaten bedingen unterschiedliche Enthalpien. Bei der Abtastkalorimetrie werden z.B. spezifische Schmelzenthalpien ermittelt (Kap. 13.1.4). Aus den spezifischen Schmelzenthalpien Ah der Probe und Ahcr einer voUig kristallinen Vergleichssubstanz berechnet sich der kalorimetrische Kristallinitatsgrad zu
Polymere werden jedoch niemals 100 % kristallin erhalten. Die spezifische Schmelzenthalpie Ahcr wird daher entweder an niedermolekularen Modellverbindungen, uber die Schmelzpunktsemiedrigung bei Zusatz von Verdunnungsmitteln oder durch Extrapolation der spezifischen Schmelzenthalpie Ah verschieden kristalliner Proben auf einen Kristalliniatsgrad von 100 % bestimmt.
7.5.8.
Infrarot-Spektroskopie
Bei kristallinen Substanzen erscheinen im IR-Spektrum zwischen 650 und 1500 cm-1 oft Banden, die bei amorphen Polymeren fehlen. Diese Banden stammen von Deformationsschwingungen, die wiederum durch regullre oder bevorzugte Konformationen bedingt sind. Die Infrarot-Spektroskopie spricht somit gewohnlich nicht auf die Kristallinitat selbst an, sondem auf lokale Konformationen. Zur Bestimmung eines Kristallinitatsgrades wc,i werden die Intensitaten I0 des einfallenden und I des durchgelassenen Strahles jeweils bei der Frequenz der vom kristallinen Anteil hervorgerufenen Absorptionsbande gemessen. Aus dem Absorptionskoeffizienten acr des kristallinen Anteils und der Dichte p und Dicke L der Probe berechnet sich der IR-Kristallinitatsgrad zu
Hierbei wird wiederum ein 2-Phasen-Modell zugrundegelegt. Es ist zweckmassig, die Kristallinitltsgrade uber die Absorptionen verschiedener kristalliner IR-Banden zu bestimmen. Da Makromolekule in verschiedenen Konformationen kristallisieren und diese Modifikationen in einer Probe nebeneinander vorliegen kiinnen, eine IR-Bande jedoch meist nur auf die Konfomation einer dieser Modifikationen anspncht, muss man sich vergewissem, dass tatsachlich alle kristallinen Anteile erfasst werden.
7. Kristalline Z l C s t W
7.5.9.
227
Indirekte Methoden
Indirekte Methoden zur Bestimmung des Kristallinittitsgrades gehen davon aus, dass ein bestimmter chemischer oder physikalischer Vorgang in kristallinen Phasen anders als in amorphen verlauft. Gebrauchliche physikalische Prozesse sind z.B. die Wasserdampfabsorption hydrophiler Polymerer oder die Farbstoffdiffusion in Polymere. Sie werden ebenso wie eine Reihe chemischer Reaktionen (Hydro1yse, Formylierung, Deuteriumaustausch) hauptsgchlich bei der Kristallinittitsbestimmung der Cellulose verwendet. Die von derartigen indirekten Methoden stammenden Kristallinittitsgrade sind jedoch nicht sehr zuverlihsig. Beim Eindringen von Wasser und chemischen Reagenzien in das feste Polymere kann n h l i c h eine Quellung eintreten. Dadurch tlnden sich aber die ZugStnglichkeit der einzelnen Bereiche und der erhaltene KristallinitHtsgrad bezieht sich nicht mehr auf die Ausgangsprobe (vgl. auch Tab. 7-9). Beispiele sind Reaktionen an einer zu 73 96 rthtgenkristallinen Baumwolle. Hier betrugen die Kristallinitatsgrade58 96 bei der Deuterierung, 79 96 bei der Formylierung, 90 8 bei der S2urehydrolyse und der Alkoholyse und 92 96 bei der Periodatoxidation.
7.6.
Orientierung
Beim Verstrecken von Fasem, Folien oder Filmen ktinnen sich sowohl Kristallite als auch Kettensegmente in amorphen Bereichen in Streckrichtung orientieren. Derartige Orientierungen werden durch Messungen der Rtintgenweitwinkelstreuung,des InfrarotDichroismus. der Kleinwinkellichtstreuung,der optischen Doppelbrechung. der polarisierten Fluoreszenz und der Schallgeschwindigkeit ermittelt. Mit diesen Methoden ist der Orientierungsgrad jedoch oft nur schwierig messbar. Man nimmt daher oft den Verstreckungsgrad der Probe als Mass fiir die Orientierung der Molekiilsegmente, Molekiile und Kristallbereiche. Der Verstreckungsgrad ist aber kein gutes Mass f i r den Orientierungsgrad, da beim Verstrecken im Extremfall nur viskoses Fliessen auftritt und auf molekularer Ebene gar nichts orientiert wird. Der Orientierungsgrad wird daher sehr von den Verstreckungsbedingungen beeinflusst. Er ist zudem noch von der Vorgeschichte der Probe beeinflusst.
7.6.1.
Rontgen-Interferenzen
Mit zunehmendem Verstreckungsgrad entwickeln sich auf Rtintgenweitwinkel-Aufnahmen rechtwinklig zur Zugrichtung aus den kreisftirmigen Reflexen zunachst Sicheln und dann punktftirmige Reflexe (Abb. 7-36). Die reziproke L h g e der Sicheln ist somit ein Mass f i r die Orientierung der Kristallite (genauer: der Netzebenen). Sicheln an verschiedenen Positionen im Rlintgen-Diagram entsprechen den verschiedenen Netzebenen. Fur jede der drei Raumkoordinaten existiert somit ein Orientierungsfaktorf,der mit dem Orientierungswinkel B iiber die Hermans-Orientierungsfunktion (7-17)
f = ( I n ) (3 (COS2 B) - 1)
228
7.6. Orientierung
verknupft ist, wobei B der Winkel zwischen Verstreckungsrichtung und optischer Hauptachse der Bausteine ist. Der Orientierungsfaktor f wird gleich 1 fiir eine vollsthdige Onentierung in Kettenrichtung (B = O O ) , gleich -112 fiir eine vollige Orientierung senkrecht zur Kettenrichhmg (B = 90")und gleich 0 fiir eine statistische Orientierung. Bei senkrecht aufeinander stehenden optischen Achsen der Kristallite gilt fa +fb +fc = 0. Uniaxial verstreckte Polymere sind durch einen einzigen f-Wert charakterisiert.
0%
37%
110%
230%
310%
620%
Abb. 7-36 Rtintgenkleinwinkel- (oben) und Rbntgenweitwinkel-Interferenzen(unten) von verstrecktern Poly(ethy1en) (221. Die Zahlen geben die Verstreckungsgrade an.
7.6.2.
Optische Doppelbrechung
Jedes durchsichtige Material weist entlang den drei Hauptachsen drei Brechungsindices n,. ny und n, auf. Bei isotropen Materialien sind definitionsgemass alle drei Brechungsindices gleich gross, bei anisotropen mindestens zwei verschieden. Die Differenz zwischen je zweien dieser Brechungsindices wird als Doppelbrechung An bezeichnet. Sie kann nur bei transparenten oder transluzenten Materialien beobachtet werden. Brechungsindices sind verschieden, wenn die Polarisierbarkeiten verschieden sind. Ein Alkan besitzt z.B. entlang der Kette eine grossere Polarisierbarkeit als rechtwinklig dazu, weil die Elektronenbeweglichkeit entlang der Kette grosser ist. Nicht-orientierte amorphe Polymere sind nicht doppelbrcchend, da ihre optisch anisotropen Grundbausteine unregelmassig angeordnet sind. Eine Doppelbrechung An entsteht erst, wenn die Ketten orientiert sind oder unter Spannung stehen. Sie setzt sich aus den Doppelbrechungen Ani der einzelnen Phasen i , der Formdoppelbrechung Anf und der Spannungsdoppelbrechung Ansp zusammen: (7- 18)
A n = (Xi &Atti)
+ Anf + Ansp
Doppelbrechungen nehmen linear mit dem Orientierungsfaktor f der G1.(7-17) aus Schallmessungen zu (Abb. 7-37). Polymere mit stark polaren Gruppen zeigen erwartungsgembs bei gleichem Orientierungsgrad stlrkere Doppelbrechungen. Jede einzelne Phase i trlgt entsprechend ihrem Volumenanteil q5i und ihrer Doppelbrechung Ani zur totalen Doppelbrechung An bei. Derartige Phasen koMen z.B. die amorphe und die kristalline Phase teilkristalliner Polymerer sein, die Domanen in Blockcopolymeren, Fiillstoffe oder weichgemachte Bereiche. Eine Formdoppelbrechung Anf entsteht, wenn das elektrische Feld an der Grenzfliche zweier Phasen verzent wird. Die beiden Phasen miissen dabei in ihren Dimensionen der Wellenlhge des Lichtes vergleichbar sein.
229
7. Kristalline Zustcfnde Poly ethylen-
9/
terepgthalat) Polyamid 66
An
, 0.6
"0
Cellulose it-Poly(propy1en)
0,2
0.4
-f
0,6
0.8
1
Abb. 7-37 Optische hppelbrechungAn als Funktion des Orientierungsfaktorsfaus Schallmessungen [23].Mit freundlicher Genehmigung des Textile Research Institute, Princeton, NJ.
Unter Spannung werden amorphe Polymere ebenfalls doppelbrechend. Die Spannungsdoppelbrechung Ansp hiingt von der angelegten mechanischen Spannung CJ und der Anisotropie der Grundbausteine ab. Sie kann daher besonders leicht beim Poly(sty1-01) mit seinen stark anisotropen Phenylgmppen beobachtet werden, und zwar sogar im unpolarisierten Licht. Die Spannungsdoppelbrechung ist besonders wichtig fiir das Konstruieren mit Kunststoffen, da diese leicht an den Stellen hiichster Spannung CJ brechen. Sie wird hiiufig als spannungsoptischer Koeffizient SOC = An/a angegeben, der im Gegensatz zum dehnungsoptischen Koeffizienten noch von der Dehnung abhhgt. Im Allgemeinen muss man jedoch zum Untersuchen der Spannungsdoppelbrechung polarisiertes Licht verwenden. Die auftretenden Interferenzfarben sind am stiirksten, wenn man die doppelbrechende Probe unter einem Winkel von 45' zur Schwingungsrichtung der Polarisation beobachtet. Die Ordnung der Interferenzfarben hiingt von den Brechungsindices parallel und senkrecht zur Verstreckungsrichtung und von den Dicken der Proben ab, wobei die Brechungsindices durch Einbetten der Proben in inerte Flussigkeiten von bekanntem Brechungsindex ermittelt werden.
7.6.3.
Schallfortpflanzung
Die Schallfortpflanzung in Polymeren h h g t von den Bindungabstmden der Kettenatome und den intermolekularen Kettenabsthden ab. Sie ist ein Mass fiir die Orientierung der Ketten, welche durch den Orientierungswinkel B zwischen der Verstreckungsrichtung bzw. Faserachse und der mittleren Richtung der Ketten charakterisien ist. Experimentell misst man das uber den Raum gemittelte Quadrat (c2) der Schallgeschwindigkeit c. Es ergibt sich aus dem Orientierungswinkel B und den Schallgeschwindigkeiten CII parallel zur Fasemchtung und CI rechtwinklig zur Faserrichtung zu (7-19)
--1
(COS2P) 1-(COS2P) +
(2) -c u'
4
Typische Werte fiir Polymere sind CII = 1,5 km/s und CI = (7-10) km/s.
230
7.6. Orientierwg
Bei nichtorientierten Ketten ist die Schallgeschwindigkeit c, in allen Richtungen gleich gross. Es gilt CII = c l = c, und G1.(7-19) wird zu (c2) = c2 = c,2. Da bei solchen Ketten der Orientierungsfaktor gleich f = 0 ist, ergibt sich aus der Hermans-Orientierungsfunktion, G1.(7-17) ein Wen von (cos2 p) = 1/3. Einsetzen und Umformen liefert f i r das Quadrat der Schallgeschwindigkeit rechtwinklig zu den Kettenachsen
da 3cf vie1 grlisser als c: ist. Die aus c: berechneten Werte von c l sind also recht unempfindlich auf den gew2hlten Wert von CII. Bei nicht orientierten Proben ist femer das erste Glied der rechten Seite der G1.(7-20) wegen 3 cf >> c: = c2 vernachlassigbar. Man erhXlt l/c2 = (1 - (cos2 /3)/c: und durch Kombinieren mit c: = 2 c;/3 fir den Orientierungswinkel (cos2 p) = 1 - [(2 c,2)/(3 c2)]. Mit G1.(7-17) ergibt sich d a m f i r den Orientierungsfaktor
Der Orientierungsfaktor kann so w2hrend des Verstreckens von Fasern und Filmen gemessen werden. Experimentell ergeben sich lineare Beziehungen zwischen dem Orientierungsfaktor aus Schallrnessungen und der optischen Doppelbrechung (Abb. 7-37). Bei gleich grossen optischen und akustischen Orientierungsfaktoren ist die amorphe Phase entweder abwesend oder sie weist die gleiche Orientierung wie die kristalline auf.
7.6.4.
Infrarot-Dichroismus
Licht wird absorbiert, wenn die Schwingungsrichtung des elektrischen Vektors des Lichtes gleich der Schwingungsrichtung der absorbierenden Gruppe ist. Die Intensitgt einer Absorptionsbande eines orientierten Polyrneren h a g t also von der Richtung des elektrischen Vektors des einfallenden Strahles relativ zur Orientierungsrichtung ab. Die Absorption wird je nach Schwingungsrichtung des einfallenden polarisierten Lichtes verschieden sein. Aus den Intensitaten lo des einfallenden und 111und 11 des durchgelassenen Lichtes parallel bzw. rechtwinklig zur Verstreckungs- oder Fasemchtung berechnet sich das dichroitische Verhaltnis R zu
Das dichroitische VerhXlmis R, fir eine vollstbdige Orientierung ergibt sich aus dern Winkel 19i zwischen dem Ubergangsmornent und der Segmentachse zu R, = 2 wtg2 19i. Dieses VerhXltnis ist berechenbar, wenn die Schwingung eines Dipols einer bestimrnten Gruppe in einern uniaxial verstreckten Polyrneren rechtwinklig zur Kettenachse erfolgt. Ein Beispiel dafiir sind die Wasserstoffbriicken zwischen den Amidgruppen von Polyamiden. Der Orientierungsfaktorf ergibt sich analog zur Lorenz-Lorentz-Formel zu (7-23)
f = [(R - l)(Roo + 2)1/[(Rm - 1)(R + 2)l
7. Kristalline Zurtande
23 1
Die Methode spricht sowohl auf "amorphe" als auch auf "kristalline" Banden an. Bei jeder h d e r u n g von IR-Banden muss aber gepriift werden, ob sie nicht von Konformationsiindemngen der Makromolekiile beim Verstrecken herriihrt.
7.6.5.
Polarisierte Fluoreszenz
Fluoreszierende Gruppen richten sich beim Orientieren von Polymerketten aus. Sie iindem dabei ihre Intensitst. Da die meisten organischen Polymeren aber nicht selbst fluoreszieren, mischt man ihnen ca. 1@ Gewichtsprozent eines niedermolekularen organischen fluoreszierenden Farbstoffes zu. Diese Farbstoffe dringen meist nicht in die Kristallgitter der Polymeren ein. Die Methode spricht daher nur auf Onentierungen in den amorphen Bereichen an. Zur Messung lgsst man auf die Probe polarisiertes paralleles Licht fallen. Das resultierende Fluoreszenzlicht ist ebenfalls polarisien. Zur Auswenung wird angenommen, dass der Farbstoffzusatz nicht die Morphologie des Polymeren vemdert und dass die Achsen von Farbstoffmolekiil und Polymermolekiil ubereinstimmen. Die chromophoren Gruppen diirfen ausserdem w-end der Lebenszeit des angeregten Zustandes nicht rotieren, was vermutlich wegen der hohen Viskositgt zutrifft. Wenn Polarisator und Analysator parallel zur Streckrichtung sind, h u g t die beobachtete Intensitst nach Ill = const (c0s4 p) von der vierten Potenz des Cosinus des Winkels fi zwischen Streckrichtung und Molekulachse ab. Bei uniaxialer Verstreckung erhtilt man dagegen fir die Intensitat des Fluoreszenz-Lichtes in der Polarisationsrichtung rechtwinklig zur Verstreckungsrichtung eine Intensitzt I 1 = consf [(cos2 p) - (c0s4 fi)]. Der Verstreckungsfaktor wird dann analog zu den G1.(7-22) bzw. (7-23) berechnet.
Historische Notizen HELICES E.Sauter, Z.physik.Chem. B 21 (1933) 186 Aufgrund von Rdntgendaten wird fiir Poly(oxyethy1en) eine "stark gewundene Miianderkette" mit einer "Schraubenachse"angenommen. Dies Struktur wird beim Poly(oxymethy1en)durch ein Kalottenmodell illushien. Das Wort "Helix" wird jedoch nicht benutzt. C.W.Bunn, Proc. Royal SOC. 180 (1942) 67 Kohlenstoffkenen mit graseren Seitengruppen sollten Spiralformen annehmen (also Helices). M.L.Huggins, Chem.Revs. 32 (1943) 195 In den geordneten Bereichen von Proteinen sollten Schraubenachsen vorliegen. LSauling, R.B.Corey, H.R.Branson. Prw.Natl.Acad. Sci. 37 (1951) 205 Experimenteller Nachweis der a-Helix in Proteinen. FRANSENMIZELLEN O.Gerngross, K.Hemnann. W.Abitz, Z.physik.Chem. B 10 (1930) 371
232
Literatur zu Kap. 7
KEllXNFAL'TUNG K.H.Storks, J.Am.Chem.Soc. 60 (1938) 1753 Dieser Autor findet bei der Elektronenbeugung an sehr dunnen, verstreckten Filmen von aliphatischen Polyestem und Guttapercha (trans-1,4-Poly(isopren)), dass sich die Ketten mit einer Faltungshahe von c a 20 nm falten. Die Kettenfaltung in "Einkristallen" wurde erst 19 Jahre spater gleichzeitig vondreiForschergruppenwiederentdecld: P.H.TilI, J.Polym.Sci. 24 (1957) 301; E.W.Fischer. Z.Naturforschg. 12a (1957) 753; A.Keller, Philos.Mag. 2 (1957) 1171
Literatur zu Kap. 7 7.0. ALLGEMEINE mERSICHTEN IUPAC Macromolecular Division, Definitions of Terms Relating to Crystalline Polymers, Pure Appl. Chem. 61 (1989) 769 B.Wunderlich, Macromolecular Physics, Academic Press, New York, 3 Bde., 1973 ff. H.Tadokoro, Structure of Crystalline Polymers, Wiley, New York 1979 F.A.Bovey, Chain Structure and Conformation of Macromolecules, Academic Press, New York 1982 I.H.Hall, Hrsg., Structure of Crystalline Polymers, Elsevier Appl.Sci.Publ., London 1984 M.Senechal, Quasicrystals and Geometry, Cambridge Univ. Press, Cambridge, UK 1995 CJanot, Quasicrystals. A Primer, Oxford Univ. Press, New York, 2. Aufl. 1996 A.M.Kosevich, Hrsg., The Crystal Lattice. Phonons, Solitons, Dislocations, Wiley-VCH, Weinheim 1998 7.1 .O. EXPERIMEN'IELLE METHODEN J.F.Rakk. Experimental Methods in Polymer Chemistry, Wiley, New York 1983 A.Y.Malkin, Experimental Methods of Physics of Polymers, Prentice-Hall, Englewood Cliffs 1984 H.Bassler, Optical Techniques to Characterize Polymer Systems, Elsevier, Amsterdam 1990
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7. Kristalline Zustiinde
233
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234
Quellennachweise
LU
Kap. 7
7.6. ORENTIERUNG G.L.Wilkes, The Measurement of Molecular Orientation in Polymeric Solids, Adv.Polym.Sci. 8 (1971) 91 CR.Desper. Technique for Measuring Orientation in Polymers, Crit.Revs.Macromol.Sci. 1 (1973) 501 I.M.Ward, Hrsg.. Structure and Properties of Oriented Polymers, Halsted Press, New York 1975 H.Kawai, S.Nomura, Characterization and Assessment of Polymer Orientation, Dev.Polym.Charact. 4 (1983) 211 S.Fakirov, Hrsg., Oriented Polymer Materials, Hiithig und Wepf, Heidelberg 1996
Quellennachweise B.Wunderlich, Macromolecular Physics, Academic Press, New York. Bd. I (1973), aus der Tab. II.3 entnommene Daten RJ.Samuels, Structured Polymer Propxties, Wiley, New York 1974, Abb. 2 4 G.Natta, P.Corradini, Rubber Chem.Technol. 33 (1960) 703, Abb. 11 W.Kern, J.David0vit.s. K.J.Rauterkus, G.F.Schmidt. MakromoLChem. 43 (1961) 106, Abb. 3 P.H.Lindenmeyer, Privatmitteilung P.H.Lindenmeyer, J.Polym.Sci. C 1(1963) 5, Abb. 6 und 7 FLin, DJ.Meier, Langmuir 10 (1994) 1660, Abb. 7 R.Kitamaru, F.Horii, K.Murayama, Macromolecules 19 (1986) 637, Abb. 10 D.G.H.Ballard, G.W.Longman, T.L.Crowley, A.Cunningham, J.Schelten, Polymer 20 (1979) 399, Abb. 4, 5, 7 Privatmitteilung, vgl. auch H.D.Keith, F.J.Padden, Jr., R.G.Vadimsky, J.Appl.Phys. 42 (1971) 4585 N.Sharples, Polymer 3 (1%2) 250, Daten der Abb. 1 A-Nakajima, F.Ham&. Pure ApplChem. 31/(1-2) 1972. 1, Abb. 6; cf- B.S&tek, Hrsg., W A C , Macromol.Microsymp. VIII und IX, Buttenvorths, London 1972, S. 1 Nach einer Zusammenstellung von J.H.Magill, Macromol.Chem.Phys. 199 (1998) 2365, Tab. 1; Alkandaten: D.Tumbull, R.L.Corrnia, J.Chem.Phys. 34 (1961) 830 A.Gandica, J.H.Magil1, Polymer 13 (1972) 595, Abb. 2 L.Mandelkem, F.A.Quinn, berichtet von L.Mandelkem in R.H.Doremus, B.W.Roberts, D.Turnbull, Hrsg., Growth and Perfection of Crystals, Wiley, New York 1958, S.467, Daten der Abb. 12 R.J.Samuels, Privaunitteilung B.Wunderlich, Privatmitteilung A.J.Pennings, J.M.M.A. van der Mark, A.M.Kie1, Kolloid-Z. 237 (1970) 336, (a) Abb. 2, (b) Abb. 14 b Ch.Ruscher, E.Schulz, Privatmitteilung B.Wunderlich, B.Prime, Privat-Mitteilung AJeziomy, S.Kepka, J.Polym.Sci. B 10 (1972) 257, Abb. 3 H.Hendus, Privat-Mitteilung H.M.Morgan, Textile Res. J. 32 (1962) 866,Abb. 1
235
8.
Mesophasen
8.1. Einfiihrung 8.1.1. Klassen von Mesophasen Mesomorphe Substanzen besitzen mikroskopische physikalische Strukturen (Mesophasen), die zwischen denen von Kristallen mit langreichender dreidimensionaler Ordnung (Kap. 7) und denen von Fliissigkeiten bzw. amorphen Substanzen mit abwesender Femordnung (Kap. 6) liegen (G: mesos = Mitte, morphe = Form). Je nach der Art der Ordnung unterscheidet man drei Klassen von Mesophasen: Flussigkristalle, plastische Kristalle und Condis-Kristalle. Fliissigkristalle (E: liquid crystal; gebrauchliche Abkiirzung: LC) zeigen 2hnliche Orientierungsordnungen wie Kristalle, fliessen aber wie Fliissigkeiten. Da Fliissigkristalle die zuerst entdeckte Klasse von Mesophasen waren und zudem am haufigsten vorkommen, wird "Mesophase" meist synonym mit "Fliissigkristall"verwendet. Flussigkristallines Verhalten tritt bei anisotropen niedermolekularen Substanzen (LC) und bei Makromolekiilen mit anisotropen Segmenten auf (E: liquid crystalline polymers, gebauchliche Abkiixzung: LCP). Diese anisotropen Einheiten werden Mesogene genannt (G: genes = verursachend). Die LCs bzw. LCPs bilden Schwame (Domaen), in denen die Mesogene zwar in Bezug auf ihre Molekul- bzw. Segmentachsen orientiert sind, hinsichtlich ihrer Positionen jedoch entweder nur teilweise oder iiberhaupt nicht. Die Vorzugsrichtungen der Schwarme sind dabei statistisch verteilt. Thermotrope Mesophasen bilden sich beim Erwarmen gewisser Festkorper oder beim Abkiihlen bestimmter isotroper Fliissigkeiten bzw. beim Erwarmen oder Abkiihlen einer anderen thermodynamisch stabilen Mesophase. Lyotrope Fliissigkristalle entstehen durch Losen mesogener Substanzen oberhalb kritischer Konzentrationen (G: tropos = Richtung. Art. von trepein = richten, wenden; thermos = warm, heiss; lyein = Itisen). Plastische Kristalle zeigen umgekehrt Ordnung in Bezug auf die raumlichen Positionen, aber Unordnung hinsichtlich der Orientierung der Molekiile. Sie treten praktisch nur bei k u g e l w i ch e n niedermolekularen Substanzen in dicht gepackten kubischen Gittem auf. Plastische Kristalle sind daher im Gegensatz zu Flussigkristallen isotrop. Bei plastischen Kristallen fehlen starke Anziehungskrafte zwischen den Molekiilen. Sie besitzen femer Gleitebenen. Wegen dieser beiden Effekte sind plastische Kristalle leicht deformierbar, manchmal sogar unter dem eigenen Gewicht, woher deM auch der Name "plastische Kristalle" riihrt. Der Name Condis-Kristall ist eine nicht sehr gebrauchliche Kurzform f i r "konformativ-ungeordneter Kristall" (E: conformationally disordered crystal). Bei Condis-Kristallen liegen mehrere konformative Isomere nebeneinander vor, wobei die Ordnung idealer Kristalle hinsichtlich der Position und der Orientierung weitgehend erhalten bleibt. Condis-Kristalle von Makromolekiilen mit relativ starrem Riickgrat oder mit starren Seitenketten konnen bei hoheren Temperaturen oder in geeigneten Ldsungsmitteln Flussigkristalle bilden. Sie liegen z.B. bei der hexagonalen Hochdruckphase der gestrecktkettigen Poly(ethy1en)-Kristalle und der Modifikation I1 des trans- 1,4-P0ly(butadien)s vor. Ob makromolekulare Substanzen als Condis-Kristalle oder als normale Kristalle vorliegen, ist oft nicht einfach zu entscheiden.
236
8.1.2.
8.1. Einfuhrung
A n d e r e Mesophasen
Bei nieder- und makromolekularen Fliissigkristallen wird die Fliissigkristall-Struktur durch die parallele Lagerung relativ staner Mesogene hervorgerufen, und zwar in LBsung (lyotrope LCs und LCPs) oder in reiner Form (thermotrope LCs und LCPs) bzw. in beiden Zustaden. Die Bildung von Flussigkristallen kann man daher auch als eine Art genchteter intermolekularer Assoziation auffassen. Derartige Assoziationen konnen auch ungerichtet hinsichtlich der Segmentachsen sein. Sie treten 2.B. bei Mizellisierungen von niedermolekularen Molekiilen aus zwei oder mehr, chemisch verschiedenen, miteinander unvertraglichen Segmenten auf. Tenside sind z.B. grenzflachenaktive, amphotere Substanzen aus niedermolekularen Verbindungen mit einem hydrophilen Kopf und einem hydrophoben Schwanz. Sie stellen sozusagen amphiphile "Block-Oligomere" dar. Bei geniigend grossen Verhumissen hydrophilhydrophob losen sich derartige Substanzen in Wasser. Die hydrophoben S c h w m e assoziieren jedoch intermolekular. Oberhalb einer bestimmten kritischen Konzentration liegen die Molekiile dann weit iiberwiegend in Assoziaten aus (meist) 10-100 Molekiilen vor. Die Assoziate bilden je nach dem Raumbedarf ihrer Segmente kugelformige, stabchenartige oder lamellare "Mizellen" (vgl. auch Kap. 10.5.3). Bei noch hoheren Konzentrationen lagem sich dann die stabchen- bzw. lamellaren Mizellen zu fliissigkristallinen Strukturen zusarnmen (s. weiter unten). Derartige Mizellbildungen treten nicht nur bei niedermolekularen Verbindungen mit hydrophilen und hydrophoben Segmenten auf, sondern entsprechend auch bei Zwei und Dreiblock-Polymeren aus 2.B. hydrophoben Blocken. Wenn einer der Blocke in einem bestimmten Losungsmittel unliislich ist, die anderen Blocke jedoch loslich, werden Assoziationen auftreten. Der Typ der Assoziation richtet sich nach dem Blockverhutnis sowie nach der Konzentration (Kap. 10.5). Wenn bei einem Diblockpolymeren die beiden Blocktypen A und B unmischbar sind, tntt auch im reinen Zustand (Schmelze, Glas) eine Assoziation gleicher Blocke auf. Wegen der chemischen Kopplung der beiden Blocktypen zu einem Molekiil A-B entmischt sich aber die Substanz nicht vollig in zwei getrennte makroskopische Phasen. Stattdessen entstehen sog. Mikrophasen, die in den Grenzfallen je nach dem Raumbedarf der Blocke aus kugelftirmigen Domsjlen in einer kontinuierlichen Matrix des anderen Blocks (falls V A << VB bzw. VB << VA), oder aus altemierenden Larnellen der beiden B16cke (falls V A = VB) bestehen (Kap. 8.5). Domhen und Supergitter sind auch bei Ionomeren moglich, Copolymeren aus hydrophoben Monomeren mit kleinen Anteilen an ionischen Comonomeren. Im festen Zustand assoziieren die ionischen Gruppen zu Paaren, Multipletten und Schwarmen (Kap. 8.6). Diese Ionendom3nen sind kleiner als die Domanen der Blockpolymeren. Schliesslich sind auch Makromolekiile mdglich, die mesogene (starre) Strukturen mit amphiphilen kombinieren. Es wurde vorgeschlagen, derartige Substanzen als "amphotrop" zu bezeichnen (Kap. 8.3.5). Flussigkristalle, Mizellen, Mikrophasen und Ionendomsjlen sind letztlich nur Grenzf U e von Erscheinungsformen von Materie, bei denen ein Molekiilcharakteristikum andere Molekiileigenschaften dominiert. Durch Kombination verschiedener chemischer Strukturen sind physikalische Strukturen erzeugbar, die Zuge verschiedener Grenzformen aufweisen.
237
8. Mesophasen
8.2.
Mesomorphe Zustande
Mesogene liegen in Flussigkristallen in mikrometergrossen Schwirmen vor. Innerhalb der S c h w m e sind die Mesogene geordnet; die Vorzugsrichtung der Mesogene ist aber von Schwarm zu Schwarm statistisch verteilt (Abb. 8-1). LCs und LCPs werden daher nach einer historisch gewachsenen und darum sehr unsystematischen Nomenklatur zum Einen nach der Art der Mesogene eingeteilt (Kap. 8.2.1) und zum Anderen nach der Anordnung der Mesogene innemalb der Schwirme bzw. der daraus resultierenden Erscheinung der Mesophasen (Kap. 8.2.2).
Abb. 8-1 Mesogene in Schwknen. hier als nematische Anordnung kalamitischer LCs.
8.2.1.
Mesogene
Mesogene sind verhtiltnismlssig starre, anisotrope kleine Molekule oder Molekulsegmente von Makromolekulen. Ihre parallele Lagerung ruft die flussigkristalline Struktur hewor. Mesogene kiinnen stiibchenartig (kalamitisch; G: kulumos = Ried; E: calamitic), scheibchenartig (diskotisch; L: discus; G: d i s h = runde Scheibe, von dikein = werfen; E: discotic), lattenartig (sanidisch; Sanidin aus der Orthoklas-Gruppe (Mondstein) bildet tafelfiimige Kristalle; E: board-shaped) oder kreuzfiirmig (E: cross-shaped) sein. Bei niedermolekularen Molekiilen sind gelegentlich Molekul und Mesogen identisch. Beispiele sind das stiibchenfiirmigePentacen und das scheibchenfhnige Cholesterin.
Pentacen
H HO
Cholesterin
Bei den meisten LCs und LCPs sind jedoch Molekul und Mesogen nicht identisch. Ein LC-Molekiil enthat mindestens ein Mesogen, ein LCP-Molekiil immer mehrere Mesogene. Diese Mesogene mussen entweder starr sein oder so beschaffen, dass bei einer Rotation um eine "Ketten"-Bindung des Mesogens entweder die Hauptachse praktisch erhalten bleibt (Estergruppen haben z.B. partiellen Doppelbindungscharakter) oder durch eine kurbelfiirmige Bewegung wiederhergestellt wird (s. nlchste Seite). Mesogene Einheiten sind daher semiflexibel. Bei flexiblen Einheiten wird dagegen bei einer Rotation die Hauptachse aufgehoben; diese Einheiten bilden keine Mesogene.
238
8.2. Mesomorphe Zustdnde
semiflexible Einheiten
flexible Einheiten
Die Linearitat der Hauptachse bleibt bei Rotationen 2.B. erhalten, wenn die Mesogene Phenylengruppen aufweisen, die in para-Stellung verkniipft sind (Beispiele I und 11) oder in para-Stellung (partiell) konjugierte Gruppen tragen (COO, CONH, N=N, usw.) (Beispiel 111). Beim Beispiel 111 iindert selbst eine kurbelformige Bewegung um die Bindung -C6H4-COO- nicht sehr die Hauptachse. Kurbelformige Bewegungen sind auch beim Poly(p-phenylenethylen) -&j&-CH2CH* moglich, da in der Schmelze transund nicht gauche-Konformationen um die C-C-Bindungen bevorzugt sind. Beim Poly(p-phenylentrimethylen) +C6H4-CH2CH2CH& und allen anderen Polymeren mit Sequenzen aus ungeraden Zahlen der Methylengruppen sind solche Bewegungen nicht moglich. Flexible Segmente werden auch durch gewinkelte Ethergruppen sowie durch ortho- und meta-substituierte Phenylenreste erzeugt. Phenylen-Gruppen konnen durch Cyclohexan-Reste ersetzt werden, ohne dass die stabchenformige Segmentform durch cis-Anordnungen gestort wird. In Polyestem liegen zum Beispiel die Bausteine der 1,4-Cyclohexandicarbonsaurein isotroper Phase zu 34 % als cis- und zu 66 % als trans-Gmppierungen vor, in kristallinen oder flussig-kristallinen Zustiinden dagegen aus Packungsgriinden zu 100 % als trans. Um somit ein Mesogen zu bilden, muss ein Segment iiber eine bestimmte Mindesth g e genugend starr sein. Die entscheidende Griisse ist dabei nicht diese kritische Liinge der starren Einheit per se, sondem das Verhtiltnis dieser Lange L zum Durchmesser d der Einheit. Theoretische Berechnungen mit Hilfe des Gittermodells zeigten, dass das kritische Achsenverh3ltnis bei L/d= 6,42 liegt. Oberhalb dieses kritischen Achsenverhaltnisses geniigt die einfache geometrische Anisotropic der Mesogene, um Mesophasen durch mehr oder weniger parallele Anordnungen der Mesogenachsen zu stabilisieren. Der Orientierungsgrad der Mesogenachsen ist dabei sowohl durch die Liinge der Mesogene als auch die Liinge der LC- bzw. LCPMolekiile gegeben. Unterhalb des kritischen Achsenverhaltnisses von Lld = 6,42 reicht die durch den Raumbedarf und die gegenseitige Abstossung der kalamitischen Mesogene bewirkte geometrische Stabilisierung nicht mehr aus, um Mesophasen zu erzeugen. Die Mesogene mussen dann zusatzlich noch schwache, orientierungsabhlngige Anziehungskrafte aufweisen, urn ihre Anordnung in flussigkristallinen Schwarmen zu stabilisieren. Das kritische Achsenverhiiltnis ist praktisch immer bei helicalen Makrokonformationen gegeben. Der Tabakmosaik-Virus, die Desoxyribonucleinsauren, die Poly(alky1isocyanat)e sowie praktisch alle Poly(a-aminosaure)n bilden daher lyotrope fliissigkristalline Strukturen. Auch hier ist aber nur bei sehr steifen Helices die Molekullange mit der Liinge des Mesogens identisch.
8. Mesophasen
8.2.2.
239
Anordnung der Mesogene
Die Ausrichtung der Mesogene in den Schwarmen ruft unterschiedliche Brechungsindices parallel und rechtwinklig zur Polarisationsrichtung des einfallenden Lichtes hervor. wodurch die Mesophasen doppelbrechend werden. Die optischen Eigenschaften der Mesophasen kBnnen daher zu ihrer ldentifizierung dienen. Umgekehrt mussen jedoch anisotrope. doppelbrechende, flussige Phasen nicht notwendigerweise von flussigkristallinen Stmkturen stammen. Sie konnen auch durch hBherschmelzende Kristallite in teilweise geschmolzenen Polymeren oder durch Gelierungen mit Kristallitbildungen in konzentrierten Usungen bedingt sein. Kulamirische LCs und LCPs werden in smektische, nematische und cholesteri(ni)sche Mesophasen unterteilt. Smektische Mesophasen zeigen unter dem Polarisationsmikroskop ficherartige Gebilde. Niedermolekulare smektische Mesophasen fiihlen sich seifenartig an (G: smegma = Seife). Der seifenartige Charakter kommt zustande. weil die Mesogene zweidimensional in Schichten angeordnet sind (Abb. 8-2). Zur Zeit sind 12 verschiedene Typen von smektischen Mesophasen bekannt. 4 Typen weisen orthogonale Phasen mit mittleren Richtungen der Langsachsen rechtwinklig zu den Schichtebenen auf (SA, SB,hex, SB,cryst, SE). Beim Typ Sc und bei weiteren 7 Typen sind dagegen die Lugsachsen der Mesogene zu den Schichtebenen geneigt, und zwar entweder mit pseudohexagonalen Strukturen (SF,SG, SI, SJ) oder mit orthorhombischen (SD, SH. SK). Die smektische Mesophase SA besteht 2.B. aus Schichten von parallel angeordneten stlbchenftirmigen Mesogenen, wobei die Stgbchenachsen rechtwinklig zu den Schichtebenen sind. Unter dem Polarisationsmikmskop erscheinen fscherformige Texturen. Die smektische Mesophase Sc ist gihnlich wie SA aufgebaut; nur sind hier die Molekulachsen zu den Schichtebenen geneigt. Die Textur ist schlierentihnlich. Die smektische Mesophase SB,hex (oder HB) weist Schichten mit einer perfekten hexagonalen Packung der senkrecht auf den Schichten stehenden Mesogene auf. Bei der M i c h e n Mesophase SF sind die Mesogene gegen die Schichtebene geneigt. Nematische Fliissigkristalle bilden dagegen fadenwiche Schlieren (G: nemu = Faden), weil sie im Gegensatz zu den smektischen nur eindimensional geordnet sind. Die Ltingsachsen der stabchenformigen Mesogene liegen in den Domaen zwar ebenfalls parallel zueinander, die Schwerpunkte der Mesogene sind jedoch statistisch verteilt. Bei polymeren LC sind die Mesogene dabei in den Hauptketten oder in den Seitenketten angeordnet (Abb. 8-3). In diesen Haupt- und Seitenketten-LCs konnen zylindrische Mesogene um ihre Lhgsachsen rotieren; derartige LCs sind optisch einachsige Systeme. Bei lanenartigen Mesogenen in Seitenketten (Abb. 8-3) kdnnen sich jedoch die Latten noch zusltzlich orientieren und es entsteht ein optisch biaxiales System. Alle nematischen Mesophasen bilden keine Schichten; sie sind eher schwarmartig.
smektisch A smektisch C nematisch nematisch- nernatisch- saulenfhnig cholesterisch diskotisch diskotisch
Abb. 8-2 Schematische Darstellung von Mesophasen niedermolekularer Molekiile.
240
8.3. Ly otrope Fliissigkristalle
Smektisches Hauptketten-LCP mit zylindrischen Mesogenen
Nematisches Hauptketten-LCP mit zylindrischen Mesogenen
Nematisches Seitenketten-LCP mit zylindrischen Mesogenen
R
Nematisches Seitenketten-LCP mit lattenfCirmigen Mesogenen
Abb. 8-3 Einige Hauptketten- und Seitenketten-LCP.
Cholesteri(ni)sche Flussigkristalle wurden zuerst beim Cholesterin entdeckt; sie zeichnen sich durch herrliche Reflexionsfarben aus. Cholesterische Mesophasen treten nur bei chiralen Mesogenen auf. Sie bestehen aus Lagen nematisch angeordneter Mesogene, wobei die Lagen durch die Chiralitatszentren relativ zueinander einen Drehsinn erhalten. Die resultierende Struktur der cholesterischen Mesophasen kaM daher als schraubenformig nematisch bezeichnet werden. Diskotische Mesophasen werden weiter in saulenformig-diskotischeund nematischdiskotische unterteilt (Abb. 8-2). Bei den vielen moglichen saulenformigen Mesophasen sind die scheibchenartigen Mesogene wie bei Geldrollen geordnet gestapelt, w2hrend sie bei nematisch-diskotischen wie ein Haufen Miinzen ubereinander liegen. Bei LCPs muss femer je nach Anordnung der Mesogene zwischen Hauptketten-LCPs (E: main-chain LCPs; MCLCP) und Seitenketten-LCPs (E: side-chain LCPs; SCLCP) unterschieden werden. Sowohl MCLCPs als auch SCLCPs koMen smektisch, nematisch oder cholesterisch sein und kalamitische, diskotische oder latteniihdiche Mesogene enthalten. SCLCPs konnen femer untereinander zu Netzwerken verbunden werden.
8.3.
Lyotrope Fliissigkristalle
8.3.1. Ubersicht Lyotmpe LCPs koMen die Mesogene sowohl in der Hauptkette als auch in Seitenketten enthalten. Im letzteren Falle ist es zweckmassig, dass die Mesogene durch flexible Abstandshalter (E: spacers) an die Hauptkette gebunden werden (s. unten). Einige lyotrope LCPs kommen in der Natur vor; die meisten LCPs werden jedoch synthetisch hergestellt: Losungen der stabchenartigen Tabakmosaik-Viren in verdiinnten wlssrigen Salzlosungen trennen sich z.B. bei Konzentrationen uber ca. 2 % spontan in eine o k r e verdiinnte, isotmpe Liisung und in eine untere konzentriertere, doppelbrechende. Die Doppelhelices der Desoxyribonucleinsiuren DNA zeigen in wissrigen NaCl-Losungen (0,l mol/L) bei Konzentrationen oberhalb von 6 % die Eigenschaften cholesterischer Mesophasen. Da DNA bei hohen Molmassen knauelformig sind, erzeugen Kettenabschnitte und nicht das game Molekul die flussigkristalline Struktur.
8. Mesophasen
24 1
Auch Poly(ymethy1-L-glutamat) (PMLG) +NH-CH(CH2CH2COOR)-CO+ (mit R = CH3) und Poly(ybenzy1-L-glutamat) (PBLG) (mit R = CH2C6H-j) bilden in helicogenen Ltisungsmitteln Mesophasen, PMLG z.B. in 125 Mischungen von Methylenchlorid und Ethylacetat bei cz > 15 %. Die Viskositiit der nematischen Mesophasen ist bei den
iiblichen Geschwindigkeitsgradienten niedriger als die der isompen Usungen, weil die Molekule beim Scheren wegen ihrer bevorzugten Orientierung leicht aneinander abgleiten k6nnen. Aus den Losungen kann PMLG zu seidenmichen Fasem ersponnen werden, deren flussigkristalline Struktur beim Entfemen des Ltisungsmittels eingefriert. Die Fasem stellen LC-Gliser dar und weisen wegen der hohen Onentierung der Molekiilachsen in Fasemchtung gute Zugfestigkeiten und niedrige Dehnungen auf. Eine Versuchsproduktion in den 50er Jahren wurde jedoch spZLter eingestellt. Erfolgreicher waren dagegen einige andere. ebenfalls aus dem nemarisch-fliissigkristallinen Zustand ersponnene Fasem. Polyb-phenylenterephthalamid)(PPB-T. Kevlafl) ltist sich nur in Ltisungsmitteln, welche die starken Wasserstoffbriickenbindungen zwischen den Repetiereinheiten brechen ktinnen. Technisch wurde urspriinglich Schwefels2ure verwendet, neuerdings wird chloriertes N-Methylpyrrolidin benutzt. Industriell hergestellt wird femer ein dem PPB-T 3hnliches aromatisches Copolyamid (Technora@)sowie ein aromatisches Polyamidhydrazid (X-500@).Noch bessere Fasem liefern Poly(pphenylenbenzoxazol) (PBO) und Poly(p-phenylenbenzthiazol) (PBT). die je sowohl in einer "cis"-Form (wie beim gezeigten PBO) als auch in einer "trans"-Form (wie beim gezeigten PBT) vorkommen. Diese Polymeren werden durch Polykondensation in Poly(phosphorsiure) hergestellt und direkt aus dieser Usung weiter versponnen. Alle diese Fasern werden oberhalb ihrer kritischen Konzentrationen fiir die Bildung nematischer Mesophasen ersponnen. Filme giesst man dagegen aus isotmpen Lasungen. Nach dem Entfemen des LBsungsmittels wird dam der Film bei Temperaturen zwischen der Glastemperatur und der h6herliegenden Isotropisierungstemperatur (nematisches LCP 8 isotrope Schmelze) erhitzt und so die nematische Struktur erzeugt.
fio~
40:\
Poly@-phenylenbenzoxazol) PBO
0 0OR OCHzCH(OR)CH3 R = H. CHzCH(OR)CH, Poly@-phenylenbenzthiazol) PBT
ein polynuclearer Kohlenwaserstoff des Teers
Hydroxypropylcellulose
8.3. Lyotrope Flussigkristalle
242 A
b
Koagulat
80-
b,
Suspension
\
h 1 1 1 1 I l l I l l I l l I
I I
20-
isotrope
Usung
mlbe ;;;; Wsung lrrgiv I rot-griin-violett irisierende Farben
00
0-2
0,4 WHFc
-
0,6
0.8
Film
1
Abb. 8-4 F’hasendiagrammwilssriger Usungen von Hydroxypropylcellulose.Mit freundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, Dc [ll.
Nematisch-cholesterische lyotrope Mesophasen sind dagegen recht selten. Hydroxypropylcellulose HPC lost sich in Wasser bei Temperaturen unterhalb 41OC zu verdiinnten Lbsungen; oberhalb dieser Temperatur tritt Phasentrennung ein (Abb. 8-4). Bei einem Massenbruch von WHPC = 0,41 wird bei Raumtemperatur ziemlich scharf eine Mesophase gebildet, die herrlich irisierende Farben aufweist, also cholesterisch sein muss. Die erforderliche Chiralitat wird durch die asyrnmetrischen Kohlenstoffatome der Oxypropylen-Reste erzeugt. Cholesterische Mesogene werden auch durch Einfiihren kleiner Mengen chiraler Comonomere in LC-Polymere gebildet, z.B. durch Cokondensation kleiner Mengen von Valin H2NCH(CH(CH3)2)COOH mit p-Aminobenzoesaure H2N(p-C6H4)COOH. Der Zusatz optisch aktiver Verbindungen zu lyotropen nematischen Mesophasen eneugt ebenfalls cholesterische Mesophasen, z.B. bei Zugabe von (+)-1-Methylcyclohexanon zu Losungen von Poly(p-benzamid). Smektisch-lyotrope LC-Polymere sind offenbar nicht bekannt. Sie sollten eine hohe Viskosiat aufweisen. Diskotische Mesogene werden nicht nur synthetisch erzeugt. Sie kommen auch in der Natur in Form polynuklearer Kohlenwasserstoffe vor, z.B. in Teeren und Asphalt. Auch Koks weist diskotische Mesogene auf.
8.3.2.
Phasentrennung
Steife Stabchen liegen in sehr verdiinnten Losungen ungeordnet vor; derartige Losungen sind isotrop. Schon bei etwas konzentrierteren Losungen, wenn der mittlere Abstand zwischen zwei Stabchen geringer als deren Lange wird, miissen sich jedoch die Stiibchen wegen ihres Platzbedarfes mehr oder weniger parallel lagem; diese Lbsungen sind anisotrop. Bei einer bestimmten kritischen Konzentration geht daher die isotrope Losung in eine flussigkristalline iiber und es bilden sich zwei Phasen (Abb. 8-4). Diese kritische Phasentrennungs-Konzentrationkann aus den zweiten Virialkoeffizienten oder theoretisch mit Gittertheorien berechnet werden.
8. Mesophasen
243
Onsager-Theorie Der zweite Viriulkoeflzient von L6sungen berechnet sich nach Onsager aus den ausgeschlossenen Volumina der gel6sten Molekiile (Kap. 10.4.3). Stibchen besitzen ein ausgeschlossenes Volumen von u = 8 V[1 + (L/U) sin r] (Tab. 4.1). wobei y der mittlere Orientierungswinkel ist. Bei kreisf6rmigen Zylindem ergibt sich daraus mit dem Umfang U = 2 d.dem Volumen V = nR2L, dem Durchmesser d = 2 R und dem Achsenvehatnis A = L/d das ausgeschlossene Volumen zu u = 2 1c (L3/A2)+ 2 (L3/A)sin 'y. Bei idealen nematischen Mesophasen sind alle Sabchen exakt parallel. Der Orientierungswinkel 7 ist dann gleich null. Das ausgeschlossene Volumen ist folglich f i r nematische Mesophasen vie1 kleiner als fir isotrope Usungen: nematische Mesophasen besitzen h6here Konzentrationen als die mit ihnen im Gleichgewicht befindlichen isotropen L6sungen. Ihre Viskositit ist dagegen bei den iiblichen Geschwindigkeitsgradienten geringer, da die parallel gelagerten Subchen leichter voneinander abgleiten k6nnen. Mit zunehmender Konzentration wird man bei einem kritischen Volumenbruch &it einen hergang von der isotropen Lllsung mit statistisch orientierten Sabchen zu einer nematischen fliissigkristallinen Phase erwarten k6Men. Nach der Onsager-Theorie ist der Ubergang 1.Ordnung (vgl. Kap. 13). Am hergangspunkt berechnen sich die VoluI 4.5/A und in der isotropen menbriiche der Sabchen in der nematischen Phase zu he,,, Phase zu kso= 3,3/A. Diese qualitativ richtige Beschreibung der PhasentreMung von Ldsungen anisotroper Teilchen kann jedoch nur f i r unendlich lange Sabchen in unendlich verdiinnten L6sungen gelten, da die Theorie vom zweiten Virialkoeffizienten ausgeht und den bei haheren Konzentrationen wirksamen Einfluss des dritten (und htiherer) Virialkoeffizienten vemachltlssigt. Das Problem ist, dass man wohl die gegenseitige Orientierung zweier Molekiile (und damit A2) berechnen kann, dass aber bei Mesophasen die gegenseitige Onentierung vieler Molekiile zu beriicksichtigen ist. Tatsichlich liegen die kritischen Volumenbriiche h6her als von der Onsager-Theorie vorhergesagt (vgl. dazu Abb. 8-6).
Flory-Theorie Erfolgreicher ist die Gittertheorie von Flory. Bei dieser Theorie wird das Stabchenmolekiil auf ein zweidimensionales Gitter platziert, wo es unter einem Winkel 7zur Vorzugsrichtung der Molekiile in einer nematischen Dom2ne liegt; es ist also "desorientiert". Da das Stiibchen somit schrig auf dem rechtwinkligen Gitter angeordnet ist. wird es durch stufenf6mige Segmente ersetzt (Abb. 8-5). Jedes Segment soll in der Vorzugsrichtung angeordnet sein und lateral gerade die Breite eines Gitterplatzes aufweisen. Da andererseits die Gr6sse eines Gitterplatzes gleich derjenigen eines Ltisungsmittelmolekiils sein soll, ist die Zahl der Segmente pro Molekiil gleich dem Achsenverhiilmis A = L/d. Der Desorientierungsfaktor Y ist fiir ein Stabchen in einem zweidimensionalen Gitter gleich Y = A sin 7 und im allgemeinen Fall gleich (8-1)
Y = B + A ( A - C) sin 7
Die Konstante A hat bei quadratischen Stlbchen den Wert 1 und bei zylindrischen den Wert 4 h . Die Gr(isse B wird bei einer perfekten Ausrichtung der Stiibchen gleich 0 und bei einer regellosen gleich 1. C nimmt je nach Modell Werte von 0 oder 1 an.
244
8.3. Lyotrope Flussigkristalle
Orientierungsrichtung
Abb. 8-5 Approximierung eines unter dem Winkel yzur Orientierungsrichtung liegenden Stilkhens mit der m g e L und dem Durchmesser d durch eine Sene von gestaffelten Segmenten. Die einfache Gittertheorie nimmt an, dass nematische Phasen lediglich durch die Anordnung und den Platzbedarf der Stabchenmolekiile erzeugt werden, also nur durch entropische Effekte. Zusatzliche Einfliisse der Mischungsenthalpie werden wie bei der Gittertheorie von Knaueln (Kap. 10.2.2) durch einen van Laar-Term beriicksichtigt. Die Ableitung der Gibbs-Mischungsenergie pro Mol Gitterplatz sowie der chemischen Potentiale sprengt den Rahmen dieses Buches. Das Ergebnis kann jedoch mit demjenigen fiir statistische Knluel verglichen werden (Kap. 10). In beiden Fgllen wird angenommen, dass jedes Polymersegment und jedes Ltisungsmittelmolekiil je einen Gitterplatz besetzt. Bei Knaueln ist das Segment gewtihnlich eine Monomereinheit, bei Stabchen dagegen eines der y = A sin y Submolekule des Polymeren. Fur Stlbchenmolekiile (Index 2) in Ltisungsmitteln (Index 1) berechnet die einfache Theorie die Gibbs-Mischungsenergie pro Mol Gitterplatz zu
und nach G1.(10-24) fiir Knauelmolekiile mit dem Polymerisationsgrad X2 zu
Der erste Summand der rechten Seite gibt jeweils den (enthalpischen) van Laar-Term mit dem Wechselwirkungsparameter xo an und die anderen Summanden die entropischen Glieder. Beide Gleichungen beschreiben die Gibbs-Mischungsenergie als Funktion der Volumenanteile $1 = 1 - h der Mischung und der Molekulgriisse, d.h. des Polymerisationsgrades X2 bei Kngueln und des Achsenverhdtnisses A = L/d bei Stabchen. In G1.(8-2) tritt zusltzlich noch ein "Desorientierungsfaktor" y = A sin y auf. Im Falle von y = A wird y = 90". Die Segmente sind dann nicht nur alle ausgerichtet, sie werden auch mit den Monomereinheiten identisch und A = L/d wird femer gleich dem Polymerisationsgrad X2. Die G1.(8-2) ist dann bis auf den Desorientierungsfaktor mit der G1.(8-3) fiir Ltisungen von Polymerknaueln identisch:
Man kann nun annehmen, dass der Desorientierungsfaktor y die Gibbs-Mischungsenergie minimien. Differenziert man daher G1.(8-2) nach y, setzt das Ergebnis gleich Null und lost die erhaltene Gleichung nach h auf. so erhiilt man
245
8. Mesophasen
Bei hohen Konzentrationen (grosses $2) von langen Stibchen (grosses A ) besitzt diese Gleichung zwei Losungen fiir y: eine obere entsprechend einem Maximum in AGmix,m und eine untere mit einem Wert von y* entsprechend einer Minimumkonzentration &*. Setzt man fiir die letztere die erste Ableitung d w d y gleich Null,ergibt sich
Das Einsetzen der G1.(8-6) in die G1.(8-5) fiir y = y* und & = &* liefert (8-7)
&* = 1 - [1 - (2/y*)] exp (- 2/y*)
Entwickelt man den Ausdruck exp (- 2/y*) in eine Reihe, ersetzt dann y* durch die - 1) - (l/3y* + 1/6y*2 + ...) und vemachlksigt die TerReihenentwicklung y* = (In)@ me mit l/y*, so erhZlt man &* e 1 - [l - 4/(A - 1)]2 + ... Nach nummenschen Berechnungen kann dieser Ausdruck durch
approximien werden. Fur ein Achsenverhatnis von A = 20 sagt z.B. die Ngiherungsgleichung (8-8) einen Wert von &* = 0,360 voraus. wmend nach der einfachen Gittertheorie aus den chemischen Potentialen ein Wen von &* = 0,379 und nach einer verbesserten Theorie &* = 0,364 erhalten wurden. G1.(8-8) wird von steifen Stibchen und semiflexiblen Molekiilen recht gut befolgt, wenn fiir die letzteren statt A ein Kuhn-Achsenverhatnis AK verwendet wird (Abb. 8-6). 1I
0,03
0,Ol
3
10
30 A
100
300
lo00
+
Abb. 8-6 Kritische Volumenbriiche h*fiir die Phasentrennung isotrop @ nematisch als Funktion des AchsenverWtnisses A der Mesogene (= wahres Achsenverhiiltnis L/d bei Subchen bzw. KuhnAchsenverhiiltnis L d d bei semiflexiblen (wurrnhlichen) Molekiilen). 0 Poly(ybenzy1-L-g1utamat)everschiedener Molmasse in m-Kresol, 0 dito in DMF-CH30H-Mischungen; @ Poly(yphenyltrimethy1en-L-glutamat); 0 Desoxyribonucleinsiiure (M,= 110 OOO) in wLsriger Nac1-ulsung; W Poly(p-benzamid) in HzSO4; A Celldoseacetat; A,V verschiedene Celldoseether. Ausgezogene Linie: Flory-Theone (GI.@-8)).
246
8.3. Lyotrope Flussigkristalle
Diese Achsenverhiiltnisse konnen bei steifen Stabchen und semiflexiblen Molekiilen wie folgt aus anderen molekularen Daten berechnet werden: Stubchen mit der Molmasse M = XM,. dem Durchmesser d und der Liinge L = XL, besitzen ein Achsenverhiiltnis A = L/d = XLJd = (ML,)/(dM,), wobei X = Polymerisationsgrad, M u = Molmasse der Repetiereinheit und L, = Liinge der auf die Molekiilachse projizierten Repetiereinheit. Fur die Molmasse M bzw. den Polymerisationsgrad X sind dabei die Massenmittel gWbzw. Fweinzusetzen. Der Durchmesser d kreiszylindrischer Molekule berechnet sich aus dem Volumen V, = x R2L.,, = x (&/4)L sowie der Dichte p = mlJV, und der Molmasse M U = m f l A der Repetiereinheit zu
Der Gestaltfaktor (2/xln) f i r Kreiszylinder wird bei quadratischen Querschnitten mit der Seitenliinge d = a gleich 1. Das Achsenverh2ltnis ergibt sich mit X = M/M,zu
Bei semiflexiblen Ketten ist dagegen die Kuhn-Lange LK zu verwenden, wobei es gleichgiiltig zu sein scheint, ob die Ketten wurmartig sind oder aus steifen Segmenten mit flexiblen Gelenken bzw. Abstandshaltem bestehen (Abb. 8-7). Man muss lediglich annehmen, dass die Flexibilitat der Abstandshalter bzw. Gelenke unabhiingig von der Onentierung der starren Segmente in der anisotropen Phase ist.
Abb. 8-7 Modelle fur steife und semiflexible Molekule. Von links nach rechts: steifes SCibchen, wurmartige Kette, gebrochene Kette mit beweglichen Gelenken und stiibchenartige Segmente mit flexiblen Abstandshaltem. Die Kuhn-Kette mit der Molmasse M = NKMk ersetzt die reale Kette aus Nu = X Repetiereinheiten der projizierten LHnge L , durch N K Kettensegmente der L2nge L K . Die konventionelle Konturlwge der Kuhn-Kette ist daher T,,,~ = N,L, = NKLK und der Fadenendenabstand wird zu (r2)o= NKLK*.Mit G1.(8-9) fur den Kettendurchmesser erhQt man f i r das Achsenverhaltnis AK der Kuhn-Kette den Ausdmck
Eine Kuhn-Kette beschreibt ein Knauel im ungestorten Zustand. Das AchsenverhQtnis AK wird daher bei semiflexiblen LCPs unabh2ngig von der Molmasse, sofem letztere gross genug ist. Beim Vergleich von Theorie und Experiment ist femer zu beachten, dass die Persistenzlangen und damit auch die Kuhn-Liingen mit steigender Konzentration zunehmen. Der Vergleich der Gl.(8-11) und (8-10) zeigt mit M = NuMu und (r2>o= N,LU2, dass das charakteristische Kuhn’sche AchsenverhQtnis AK = (l/NJA semiflexibler Ketten immer kleiner als die Achsenlhge A steifer Stabchen ist. Halbsteife Ketten bilden also anisotrope Phasen bei hoheren Polymerkonzentrationen als steife Stabchen.
8. Mesophasen
8.3.3.
247
Chemische Potentiale
Phasentrennungen treten ein, wenn derjenige kritische Volumenbruch des Polymeren uberschritten wird, an dem das Maximum, das Minimum und der Wendepunkt der Kurven f i r die Konzentrationsabhhgigkeit der chemischen Potentiale zusammenfallen (vgl. Kap. 10.2.3). Das chemische Potential einer Komponenten i ist die partielle molare Gibbs-Energie dieser Komponenten, d.h., die-erste Ableitung der Gibbs-Energie von i nach der Stoffmenge ni von i und somit pi = Gi,m = ( X i/ ani)T,,,,t;. Es wird ublicherweise als Differenz zum reinen Stoffzustand dieser Komponenten angegeben, also als Wi Pi -pi.Q A6i.m (dAGi f dni)T,p,nj,i. Zum Berechnen des chemischen Potentials von Stabchenmolekiilen in LCisung werden die G1.(8-2) und (8-5) mit Hilfe von 41 = N1/N, und h = N2A/N, f i r die entsprechenden Stoffmengen ni = N~/NA(i = 1, 2) anstelle der Volumenbriiche @j geschrieben. Die so modifizierte G1.(8-5) (fiir die untere Losung) wird dann in die ebenfalls modifizierte G1.(8-2) eingesetzt und der resdtierende Ausdruck f i r AGmix nach n l differenziert. In W i c h e r Weise wie dieses chemische Potential AP~,,, fiir das Ldsungsmittel 1 in der anisotropen (nematischen) Phase erhat man das chemische Potential Ap1.i des Ldsungsmittels in der isotropen Phase (mit y = A) und femer die chemischen Potentiale des Polymeren in der anisotropen Phase (Ap2.n) und in der isotropen (Apz,i), die beiden letzteren relativ zur vollig geordneten Phase:
Das chemische Potential des Ldsungsmittels ist unabhgngig von der Gestalt des Geliisten. Die G1.(8-13) fur isotrope Losungen von Stlbchen ist daher mit der G1.(10-25) f i r Losungen von Knaueln identisch. Die chemischen Potentiale der Polymeren sind dagegen fiir isotrope Usungen von Stabchen und Knaueln verschieden (vgl. G1.(8-15) mit G1.(10-26)). Das chemische Potential des Losungsmittels in der isotropen Phase nimmt mit steigendem Volumenanteil der Stlbchen zunachst langsam, dann schneller ab (Abb. 8-8). Anwesende enthalpische Wechselwirkungen, ausgedriickt durch x > 0, erhohen die chemischen Potentiale nur geringfigig gegeniiber dem athennischen Fall fx = 0). Die anisofrope Phase ist immer Mher konzentriert als die isotrope, wie sich aus den Taulinien (Verbindungslinien fiir die &-Werte bei gleichem chemischen Potential) ergibt. Bei polymolekularen Polymeren reichem sich daher nach Theorie und Experiment die lhgeren Stlbchen (hoheren Molmassen) unter Fraktionierung fast ausschliesslich in der anisotropen Phase an. Aus diesem Grund gelingt es nicht, durch Eindampfen oder Koagulieren verdiinnter isotroper Ltlsungen "molekulare Verbundwerkstoffe" aus stlbchenformigen Molekiilen (2.B. Poly(p-phenylenbenzthiazol)) und knauelftjrmigen (z.B. Polyamid 6) hemstellen. Beim KonzenUieren wird die kritische Phasentrennungskonzentration uberschritten und Stlbchen und Knluel gehen in verschiedene Phasen.
248
8.3. Lyotrope Flussigkristalle
0
1-0,005
-
h p:
\
1
\
0.05:
as
I -01010 - 0,015
0
0,l
0.2
0.04 0.05 0,06 0.07 anisotrope Phasen
0
0 0,lO isotrope Phasen
0,3
0,4 -@2
-
0.5
-
0,6 0.7
0,8
0,9
Abb. 8-8 Reduziertes chemisches Potential des Losungsmittels als Funktion des Volumenbruches eines sti4bchenformigen Polymeren mit dem Achsenverhatnis A = 100 bei verschiedenen Wechselwirkungsparametern 0 Ix I0.10. Berechnungen mit den G1.(8-12) und (8-13) [2]. Die anisotrope Phase wird im Gegensatz zur isotropen stark vom Wechselwirkungsparameter x beeinflusst (Abb. 8-8). Ein so niedriger Wert wie x = 0,04 verschiebt bereits die Werte von Ap1,JRT zu wesentlich hoheren Werten von h als im athermischen Fall. Bei x = 0,055 wird bei A = 100 im Bereich 0,41 c $I2 < 0,55 ein praktisch konstanter Wen von Apl,*/RT = - 0,0059 beobachtet. Bei noch hoheren X-Werten treten bei anisotropen Phasen in der Funktion ApJRT =f(q$,) Minima und Maxima auf. Maxima bei vorhergehenden Minima weisen auf die Koexistenz zweier anisotroper Phasen hin. Diese theoretische Vorhersage wurde experimentell verifiziert (Abb. 8-9). Bei niedrigen Konzentrationen des Poly(y-benzyl-L-g1utamat)es wird in helicogenen Losungsmitteln nur eine isotrope Phase I beobachtet, bei etwas hoheren eine heterogene Phase I+LC aus isotropen und fliissigkristallinen Domiinen. Der Ubergang I -+ I+LC vcrschiebt sich mit abnehmender Fallungsmittelkonzentration (fallendem X ) rasch zu grosseren Volumenanteilen $2 des Polymeren. Unterhalb von $ICH,OH = 0.12 degeneriert der breite I+LC-Bereich zu einem schmalen "Kamin", der die isotrope Phase I von einer reinen anisotropen Phase LC trennt. Die Theorie sagt femer voraus, dass oberhalb eines bestimmten Volumenbruches von h in einem schmalen X-Bereich zwischen LC und I+LC eine weitere heterogene Phase LC+LC aus zwei flussigkristallinen Strukturen existiert, was expenmentell bestatigt wurde. Der "Kamin" verlauft theoretisch parallel zur X-Achse. Experimentell werden jedoch hgufig gekriimmte Kamine gefunden. Einmal konnen namlich die Wechselwirkungsparameter x entgegen den Annahmen der Theorie in der isotropen und der anisotropen Phase verschieden gross sein. Zum anderen nehmen die Persistenzlangen und damit auch die Kuhn-Liingen bzw. Achsenverhatnisse mit steigender Temperatur (fallendem x ) ab, wodurch eine Kriimmung des Kamins zu hoheren Konzentrationen erzeugt wird. Heterogene Phasen LC+LC treten nach theoretischen Berechnungen immer auf, wenn A bzw. AK den Wert von 50 iiberschreiten. Es muss femer immer ein bestimmter Wert des Wechselwirkungsparametersvorhanden sein, offenbar stets im Bereich 0 Ix I 0 , 1 2 .
249
8. Mesophasen
0,18
t 0,14. X
8 I
a
I+Lc
0,lO0,06.
-k?
-
Abb. 8-9 Zur Phasentrennung erforderliche Volumenbriiche des Fiillungsmittels Methanol bei L6sungen von Poly(y-benzyl-L-glutamat)(A = 350) in N,h'-Dimethylformamid. I = Isotrope Usung. L c =
fliissigkristalline Phase. Der zur Phasentrennung erforderliche Volumenbruch des Fdlungsmittels (oder die inverse Ftillungstemperatur)ist dem Wechselwirkungparameterx proportional [3]. Bei lyotropen LCPs ist das L6sungsmittel gew6hnlich eine niedermolekulare Verbindung mit tiefer Schmelztemperatur und ohne flussigkristalline Eigenschaften. Die in den iiblichen Temperaturbereichen aufgenommenen Phasendiagramme zeigen entsprechend nur den h e r g a n g isotrop P flussigkristallin (meist nematisch) und in speziellen FUen Uberghge zwischen zwei verschiedenen flussigkristallinen Phasen an (smektisch @ nematisch usw.). Kristallisierende Komponenten fiihren bei tieferen Temperaturen zu kristallinen Phasen. Bei hohen LCP-Konzentrationen, tiefen Temperaturen und schnellem Abkiihlen wird manchmal noch eine glasartige Phase beobachtet. Kompliziertere Phasendiagramme treten auf, wenn flussigkristalline Polymere LCP in niedennolekularen LC als LBsungsmittel geldst werden (Abb. 8-10, rn = 3). Bei hohen Temperaturen existiert im gesamten Konzentrationsbereich 0 c w2 c 1 des Polymeren nur eine isotrope Phase, also eine homogene Usung. Bei tieferen Temperaturen bildet sich eine einzige nematische Phase: das LC-Polymere 16st sich homogen in dem niedermolekularen LC. Je grosser der Massenanteil w2 des Polymeren, umso breiter ist der Temperaturbereich dieser nematischen Phase. Bei weiterer Temperatursenkung bildet sich zunachst eine inhomogene Phase aus dem kristallinen niedermolekularen LC und dem nematischen polymeren LC, die bei noch tieferen Temperaturen in eine inhomogene Phase aus den beiden kristallinen Anteilen von LC und LCP ubergeht. Bei hohen Polymerkonzentrationen und tiefen Temperaturen wird weiterhin ein Glaszustand beobachtet. Beim Ubergang von rn = 3 zu rn = 6 Methylengruppen im niedermolekularen LC wird das Phasendiagramm komplizierter. Bei niedrigen Polymerkonzentrationen erscheint hier zusitzlich eine inhomogene Phase aus zwei nematischen Bestmdteilen (LCP und LC). Wird die Zahl der Methylengruppen auf rn = 8 erhoht, tritt bei niedrigen Polymerkonzentrationen noch zusatzlich eine inhomogene Phase i+i aus zwei isompen Bestandteilen auf. Ausserdem vergrtissert sich die inhomogene Phase n+n.
8.3. Lyotrope Flussigkristalle
250
0
1 0
0.5
- w2
-
1 0
0.5
1
Abb. 8-10 Phasendiagramme von Mischungen eines fliissigkristallinen Seitenketten-Polymeren LCP mit strukturanalogen LCs [41. LCP: (CH3)3Si[OSiRCH3]720Si(CH3)3rnit R = (CH2)40(p-C6H4)C00@-6H4)0CH3 LC: C ~ H S ( C H ~ ~ O ( ~ - C & ) C ~ ~ O ( P C ~ H ~ ) ( Cmit H ,m) , H = 3.6 oder 8 [4]. i = Isotrope Phase, i+i = zwei isomope Phasen, n = nematische Phase, n+n = zwei nematische Phasen, c+n = eine kristalline und eine nematische Phase, c+c = zwei kristalline Phasen, g = Glas.
8.3.4.
Orientierung der Mesogene
Die mittlere Orientiemng der Mesogene in den Dom2nen der Mesophasen wird wie bei amorphen und teilkristallinen festen Polymeren durch den Hermans-Orientierungsfaktorf= (1/2) [3 (cos2j3) - 11 btschrieben. Das Winkelglied gibt die r'dumlich gemittelte Abweichung der Mesogen-Achsen von der Symmetrie-Achse der Verteilung der Orientierungen der Mesogen-Achsen in den Dommen an. Der Orientierungsfaktor wird gleich 1 f i r eine vollige Ausrichtung der Mesogen-Achsen parallel zur SymmetrieAchse (j3 = Oo) und gleich -1/2 f i r eine rechtwinklige Anordnung (0 = 90O). Da der Orientiemngsfaktor sich auf die Mesogene bezieht, kann er sowohl fiir Hauptketten- als auch fiir Seitenketten-Flussigkristalleverwendet werden. Polymere, bei denen die konventionelle Konturlhge kleiner als die Kuhn-Lmge ist, sind als starre Stlbchen definiert. Bei kleinen Konturlagen konnen aber solche Stlbchen nicht genug Kontaktpunkte (abstossend und/oder anziehend) ausbilden. Ihre gegenseitige Orientierung ist daher sehr niedrig (Abb. 8-1 l , unten). Je grosser die Konturliinge (ie htiher die Molmasse), umso mehr Kontaktpunkte werden ausgebildet. Der Logarithmus des Orientierungsfaktors f steigt daher nach f = A L K ~fiir Polymermolekule gleicher KonturlZnge linear mit dem Logarithmus der Kuhn-Lbge an. Bei Polymerketten rnit einer zehn Ma1 grosseren Konturl3nge ist bei gleicher (niedriger) Kuhn-Lhge der Orientierungsfaktor entsprechend zehn Mal grosser. Bei sehr grossen Kuhn-Lagen macht sich jedoch schon die interne Flexibilitat der stabchenformigen Mesogene bemerkbar. Der Logarithmus des Orientierungsfaktors ist dann nicht mehr dem Logarithmus der Kuhn-Lmge direkt proportional. Er strebt vielmehr bei grossen Kuhn-Liingen asymptotisch dem Grenzwert f = 1 zu. Diese Beziehungen geltcn sowohl f i r steife Sabchen wie Desoxyribonucleinsluren und Poly(alky1isocyanate) als auch f i r semi-flexible Polymere wie Polyamide und flexible Molekule wie Poly(ethy1en).
25 1
8. Mesophasen
0,001 J 1
3
10 30 - L ~ l n m--+
100
300
.
Abb. 8-11 Hermans-Orientierungsfaktorals Funktion der Kuhn-Ltlnge LK tlir Polymere mit konventionellen KonturUngen von 30 nm bzw. 300 nm [5]. 0 Polyamide; 0 Phenylsiloxan-Leiterpolymere;0 Poly(alky1isocyanat)e; @ Dexoxyribonucleins;iUre; A cehlosepolymere; A Poly(styrol), Poly(methylmethacry1at)oder Poly(ethy1en).
8.3.5.
Amphotrope Fliissigkristalle
Lyotmpe Flussigkristalle enthalten mesogene Segmente, die untereinander bzw. mit dem Usungsmittel nicht oder nur wenig wechselwirken. Amphiphile Molekiile vereinigen in sich andererseits sowohl hydrophile als auch lipophile Gruppierungen; die hydrophilen Gruppen uben hier starke Wechselwirkungen mit dem Wasser aus. Es sind folglich auch lyotrope Fliissigkristalle mit amphiphilen Gruppierungen mbglich, bei denen man sowohl die Einflusse mesogener Segmente als auch starke Wechselwirkungen hydrophiler bzw. hydrophober Gruppen zu beriicksichtigen hat. Bei diesen amphotropen Seitenketten-LCPs kCinnen die hydrophilen Gruppierungen in der Hauptkette oder am Ende der Seitenketten sitzen (Abb. 8-12). In verdiinnter Lbsung werden Mizellen gebildet, in konzentriemr Ixisung flussigkristalline Strukmren (Abb. 8-13), deren Gestalt wie bei den Blockcopolymeren vom relativen Platzbedarf abhiingt (Kap. 8.4).
SCLCP
kugelige zylindrische lamellare Mizelle Mizelle Mizelle
zylindrische kugelige Mizelle Mizelle
Abb. 8-12 Mizellare Strukturen von amphotropen Seitenkettenpolymeren (SCLCP) mit hydrophoben ) I ( in den Seitenketten und hydrophilen Gruppierungen (Kopfgruppen 0 )an mesogenen Segmenten den Enden der Seitenketten (oben) bzw. in der Hauptkette (unten). Der Anteil an mesogenen Segmenten nimmt von links nach rechts zu [a].
252
8.4. Thermotrope Flussigkristalle CHr=(CH~Coo(CHzCHzO)&H3
I
CH+CH&Hz(CH&CQO(CHzCH~O~CH3
100
tb
t
2 isotrope FlUssigkeiten
50
4
isotrope L(isung
kubi, sche Phase
I 0
0 5 -
1 0
Eis
4
+ kristalhes Monomer -50 0s
- "monomer
1 +
Eis
+ kristallines Polymer
I
u
0
0,s
- "polymer
-
1
Abb. 8-13 Phasendiagramme der w&srigen Liisungen eines monomeren LC und eines strukturell 2hnlichen LCP. hex = Hexagonale Phase, lam = lamellare Phase. Die zwischen der hexagonalen und der
lamellaren Phase liegende kubische Phase existiert nur in einem sehr engen Bereich [6 b]. Die Mesogene der monomeren und polymeren Verbindungen der Abb. 8-13 besitZen z.B. das gleiche hydrophile Segment -COO(CH2CH20)8CH3 und W i c h e hydrophobe Segmente CH2=CH(CH2)8- (Monomer) bzw. -CH2-CH2(CH2)8- (Polymer), das letztere an einer Siloxankette USi(CH3)-. Im Temperaturbereich zwischen 0°C und 50°C bilden diese beiden amphotropen Verbindungen in verdiinnten Losungen isotrope Losungen, in hoheren Konzentrationen dagegen auch geordnete Phasen. Bei hoheren Temperaturen trennt sich das System in zwei isotrope Phasen. Unterhalb 0°C koexistieren Eis + flussiges Monomer bzw. Eis + flussiges Polymer. Knapp darunter kristallisieren auch das Monomere bzw. das Polymere. Beim Polymeren erstreckt sich die hexagonale Phase aus hexagonal dicht gepackten Mesogenen uber einen wesentlich breiteren Konzentrations- und Temperaturbereich als beim Monomeren. Ausserdem trin beim Polymeren, nicht aber beim Monomeren, noch eine lamellare Phase auf. Die Ursache ist in beiden Fallen der beim Polymeren vie1 grossere kooperative Effekt (vgl. auch Abb. 8-1 1 f i r den Einfluss der Molmasse).
8.4.
Thermotrope Fliissigkristalle
Thermotrope Flussigkristalle treten nur auf, wenn die Zersetzungstemperaturen der Verbindungen hoher als die Schmelztemperaturen Kristall P Mesophase liegen. Je steifer und/oder hochmolekularer die Molekule, umso hoher sind die Schmelztemperaturen und umso kleiner ist das TemperaturintervaU zwischen Schmelz- und Zersetzungstemperatur. Das Pentacen sublimiert nur und das Hexa@-phenylen) zersetzt sich, ohne zu schmelzen. Steife Stabchen bilden iiberhaupt keine thennotropen LCPs. Beispiele sind Poly(a-aminoslure)n, Poly(alky1isocyanat)e und Desoxyribonucleinsauren.
253
8. Mesophasen
8.4.1.
Strukturelle Voraussetzungen
Bei Achsenverhatnissen A > 6.42 von Mesogenen erhat man einerseits rein durch Abstossung stabile Mesophasen. Andererseits werden dann die Ordnungszusthde thermotroper Materialien so stabil. dass sich die Polymeren bereits unterhalb der Schmelztemperatur zu zersetzen beginnen. Die Achsenverhatnisse mussen also einerseits kleiner als 6,42 sein, andererseits muss dann die Mesophase durch zusatzliche schwache Anziehungskafte zwischen den Mesogenen stabilisiert werden. Diese sollen jedoch nicht dazu Nuen, dass die Ketten kristallisieren. Die starre Kettenstruktur muss also aufgebrochen werden. Drei Moglichkeiten bieten sich an: Einbau kristallisationsst6render Gruppierungen in mesogene Segmente, Verwendung nicht-linearer Kettenglieder und TreMung von Mesogenen durch eingebaute flexible Kettenstiicke (Abb. 8-14). Mesogen
i
H
H \
H
H
H ‘
Starrheits-Brecher
F 0
Abb. 8-14 Auflockerung von Ketten durch Einbau von die Starrheit brechenden Monomereinheiten.
Der nematische Zustand ist bei LC-Huupfkeffen-Polymeren (MCLCP) relativ leicht realisierbar, da dazu nur eine Parallelhierung stamr stabchenformiger Mesogene erforderlich ist. Die so erzeugte eindimensionale Ordnung wird jedoch durch breite Molmassenverteilungen gest6rt; derartige Polymere weisen breite thermische Ubergange kristallin P fliissigkristallin auf. Nematische Mesophasen werden auch bei flussigkristallinen Hauptketten-Polymeren mit kurzen flexiblen Abstandshaltem zwischen den Mesogenen bzw. mit statistisch verteilten, irregula aufgebauten Comonomer-Einheiten erhalten. Solche Polymeren dienen als selbstverstarkende Thermoplaste (E: self-reinforcing thermoplastics). Industxiell werden die Polyester Xydar@und Vectra@erzeugt. Der erste selbstverst2rkende Kunststoff X7G mit 60 mol-% p-Hydroxybenzoyl- und 40 mol-% Terephthaloylglycol-Einheitenwird nicht mehr hergestellt. da glasfaserverstZrkte geslttigte Polyester h l i c h e Eigenschaften aufweisen, aber vie1 preiswerter sind.
- ~ e o - -:-Q-S-OCH~H~O0
0
X7G
254
8.4. Thermotrope Flussigkristalle
Der smektische Zustand ist bei stamen flussigkristallinen Hauptketten-Polymeren nur dann zu erreichen, wenn die stabchenftinnigen Mesogene in einer periodischen Sequenz vorliegen. Da smektische ZusGinde durch Schichtstrukturen charakterisiert sind, lassen sie sich einfacher durch gleich lange Mesogene erzielen, die durch fange flexible Abstandshalter verbunden sind. Um flussigkristaline Seitenketten-Polymere (SCLCP) zu erhalten, mussen mesogene Seitengruppen iiber flexible Abstandshalter (z.B. Methylenketten) an nicht-mesogene Hauptketten gekniipft werden. In einigen Fsllen konnen Monomere mit mesogenen Seitengruppen direkt polymerisiert werden. Oft sind jedoch derartige Polymerisationen wegen der starken sterischen Hinderung durch die Seitenketten nicht m6glich. Man stellt dann zuerst die reaktive Gruppen enthaltende Hauptkette her und koppelt anschliessend mit polymeranalogen Reaktionen die mesogenen Seitenketten an. -CH2-p
- $ G O -
-5
-
0 =C -0 - (CHd4-0
O 0
0 - (CHd&
-O
e
0 -$-(CHJ,-$-
0
0 0
0 CH =
$ - 00 0
F
0
e0-
CH3
- -CH2-
p-
m..
O=C-NH - (CHJ4-$-
- CH2-FH 0 = C- 0 - (CHJ4-C-
O ~ O - $ ~ O C & , ,
0
0
0 -cholesteM
0
Abb. 8-15 Einige themotrope LCPs. Links: Hauptketten-LCP; rezhts: Seitenketten-LCP.
Von o k n nach unten: nematisch, srnektisch,cholesterisch.
8.4.2.
Strukturen in Mesophasen
Bei thennotropen Seitenketten-LCPsunterscheidet sich die physikalische Struktur der Hauptkette von den Anordnungen der Mesogene. In +CHfl(CH3)(COOR')+ mit R = (CH2)60@-C6H4)C00@-c6H4)o(cH2)6H liegen die Hauptketten im isotropen Zustand (127OC) nach Neutronenkleinwinkelsueuungs-Messungenz.B. als ungesttirte Kniluel mit * ~0.0171 ~ nm vor (Abb. 8- 16). einem reduzierten Tragheitsquadrat von ( ( s ~ ) / ~ & = Die Knauelstruktur 2ndert sich nicht beim Ubergang zum nematischen Zustand: bei 8OoC betrggt ( ( s ~ ) / ~ , ) , , ~gleichfalls ~ 0,0170 nm. Das Achsenverhslmis Llddl der Polymennolekule betragt ca. 0,8 (statistische Knauel: Verhsltnis der Hauptachsen 3,47:1,65:1). Die Polymermolekule haben also die Form eines abgeplatteten Ellipsoids. Im smektischen Zustand sinkt Llidl auf ca. 0,2 ab.
Abb. 8-16 Kn2uelstruktur der Hauptkette der smektischen Mesophase eines SCLCP. Mit freundlicher Genehmigungvon Elsevier Science, Oxford [71.
255
8. Mesophasen
0,92
-
0.94 0% T/Tcl
0,98
I
Abb. 8-17 Orientierungsfaktorf als Funktion der reduzierten inversen Isotropisierungstempratur (KMernperatur)fiir N # I bei (unten) Poly(si1oxan)-Copolymeren mit mesogenen, chiralen Seitengruppen mit rn = 3 (0).4 (0)oder 6 (0)CH2-Gmppen sowie bei (oben) Mischungen tihnlicher niedermolekularer Verbindungen (+) 181. Die Kniueldimensionen sind jedoch nach Kleinwinkelneutronen- und Lichtstreuungsmessungen in Theta-Ltlsungen kleiner als im isouopen oder nematischen Zustand ( ( ( s 2 ) / ~ w )=, 0,0216 1 ~ nm vs. 0,0170 nm). Die Parallellagerung der Mesogene in fliissigkristallinen Sttukturen erzeugt also kompaktere Kniuelstrukturen (vgl. Abb. 8- 16). Aus diesem Grunde sinkt auch das Achsenverh2ltnis der Kn2uel beim h e r g a n g von der nematischen zur smektischen Struktur stark ab. Der Ordnungsparameter der Mesogene wird bei smektischen (zweidimensional geordneten) Mesophasen experimentell meist im Bereich 0.85 < f < 0,95 gefunden, bei den weniger (eindimensional) geordneten nematischen Mesophasen dagegen gewtihnlich im Bereich 0.45 < f c 0,65. Der Ordnungsparameter nimmt mit steigender Temperatur bei Anniiherung an die Kllrrtemperatur TM (nematisch P isotrop) ab (Abb. 8-17). Bei den in dieser Abbildung wiedergegebenen Orientierungsfaktoren der LC-Seitenketten-LCPs h2ngen die f-Werte praktisch nicht von der L2nge der flexiblen Abstandshalter ab, d.h. nicht von der Zahl der Methylengruppen zwischen Hauptkette und Mesogen. Die Orientierungsfaktoren sind jedoch bei den LCPs deutlich niedriger als bei den W i c h gebauten niedermolekularen LCs. Allerdings ist der Unterschied moglichenveise nicht oder nicht allein auf die monomere bzw. polymere Struktur selbst zuriickzufiihren. Nur jedes 4.Kettenatom der Poly(si1oxan)-Kette trlrgt nmlich ein Mesogen, so dass die Mesogene bei den LCPs nicht so gut gepackt werden ktinnen wie bei den LC-Modellen.
8.4.3.
Eigenschaften von Mesophasen
Mesogene von LCs sind in den Mesophasen hoch beweglich. Beim Anlegen elektrischer oder magnetischer Felder richten sie sich innerhalb von Milli- bis Mikrosekunden "spontan" aus, wobei diinne Schichten klar und durchsichtig werden. Dieser elektro-optische Effekt dient zum Nachweis von Fliissigkristallen. Er wird bei digitalen Anzeigeger2ten, U h n usw. ausgenutzt.
256
8.4. Thermotrope Flussigkristalle
v.1
...
10
.
.
30
. . . . . ..
100
.
.
300
. . . . . ..
x, --+
-
lo00
.
.
.
3000
Abb. 8-18 Halbwertszeit der Orientierung zweier fliissig-kristalliner Seitenketten-Polymerer als Funktion des Massenrnittels des Polymexisationsgrades beim Anlegen einer Spannung von 200 V und Ternperaturen von Tcl - T = 10 K (Tcl = 154OC)(oben) bzw. 45 K (Tcl = 120°C) (unten) [91. LCPs besitzen bei gleicher Mesogenltinge wesentlich grossere Kettenltingen als LCs. Die Einstellung der Mesogene in elektrischen Feldem erfolgt daher in Sekunden statt in Mikrosekunden (Abb. 8-18). Die Orientierungszeit steigt mit zunehmendem Polymensationsgrad steil an; sie ist bei lhgeren mesogenen Seitenketten grosser als bei kurzeren. LC-Polymere sind daher fiir elektro-optische Anzeigegerate nicht gut brauchbar. Seitenketten-LCPs ktinnen aber fur thermo-optische Speicherungen dienen: durch einen Laserstrahl wird lokal die Temperatur erhoht, wobei Phasentransformationen erfolgen, deren geaderte Ordnungszustiinde dann beim Abkuhlen unter die Glastemperatur "permanent" eingefroren werden. Solche Speicher konnen in der Holographie Silberhalogenid-Filme ersetzen. Das Auflosevermbgen betragt ca. 0.3 pm, Die hohen Orientierungszeiten von LC-Polymeren lassen sich zum Herstellen orientierter Fomartikel ausgenutzen. Die Scherviskositat nematischer Mesophasen von Polymeren nimmt durch die Ausrichtung der Mesogene mit steigendem Schergefue stark ab. Die ViskosiMt der nematischen Phase sinkt femer mit steigender Temperatur. Beim Ubergang zur isotropen Phase steigt die Viskositat wieder steil an, weil nunrnehr die Mesogene nicht mehr ausgerichtet sind. Die Viskositat der isotropen Phase f u t dann wie ublich mit steigender Temperatur exponentiell ab. Dieses Viskositatsverhalten hat zwei interessante technische Auswirkungen. Einmal w i d z.B. beim Spritzgiessen von LCPs weniger Energie gebraucht als beim Verarbeiten isotroper Massen. Ausserdem werden die Mesogene orientiert. Wegen der hohen Orientierungszeiten kann die Orientierung beim Abkiihlen als LC-Glas eingefroren werden. Diese selbstverstarkenden Thermoplaste (Band IV) weisen gegenuber isotropen Glasern verbesserte mechanische Eigenschaften in Orientierungsrichtung auf, 2.B. hohere Elastizit2tsmoduln und erhbhte Zugfestigkeiten. Bei zu schwachen intermolekularen Anziehungskraen zwischen den Mesogenen darf dabei jedoch die Orientierung nicht zu stark sein, da diese Kunststoffe sonst fibrillieren bzw. delaminieren.
8. Mesophasen
8.5.
Bloc kpoly mere
8.5.1.
Ubersicht
257
Blockpolymere und Blockcopolymere bestehen aus linear aneinander gekoppelten Blacken verschiedener Monomereinheiten. Diese Blticke sind in den weitaus meisten FBllen thermodynamisch unmischbar und versuchen sich daher, in der Schmelze bzw. im festen Zustand zu entmischen. Sie weisen femer mit dem gleichen Usungsmittel verschiedene Wechselwirkungen auf. Falls der eine Blocktyp in dem betreffenden Usungsmittel unlUslich ist, der andere Blocktyp aber so gut ltislich. dass das gesamte Molekul noch in Usung bleibt, wird das Blockpolymere zu Mizellen assoziieren. Technisch ktinnen entsprechend zwei grosse Gruppen von Anwendungsbereichen von Blockpolymeren unterschieden werden. Eine Gruppe umfasst die polymeren Detergentien, Polymere mit hydrophilen und hydrophoben Blticken. Ein Beispiel sind die Multiblockcopolymeren aus wasserltislichen Ethylenoxid-Blticken -(OCH2CH2)m- und wasserunltislichen Propylenoxid-Blticken -(OCH2CH(CHs)),-. Derartige Blockcopolymere assoziieren in Wasser, wodurch hohe Viskositaten erzeugt werden. Zu dieser Gruppe geh6ren auch die Vertraglichkeitsverbesserer (Phasenvermittler; E: compatibilizers) f i r Blends aus zwei nicht mischbaren Polymeren 1 und 2. Diese Phasenvermittler bestehen aus Diblockpolymeren, bei denen der eine Block mit der Komponente 1 des Blends und der andere Block mit der Komponente 2 vertriXglich ist. Die Phasenvermittler verankem somit die beiden Phasen dieser Blends. Die zweite Gruppe bilden die aus Dreiblock- oder Multiblock-Polymeren bestehenden thermoplastischen Elastomeren. Dreiblock-Polymere SmBu,S, aus Styrol-Einheiten S und Butadien-Einheiten Bu besitzen z.B. einen "weichen" Mittelblock (TG < T ) und zwei "harte" Endblticke (TG > 7'). "Hart" und "weich" beziehen sich dabei nicht auf den Widerstand gegen eine Verformung, sondem auf die Lage der Glastemperatur TG. Bei geeigneten Mengenverhutnissen S/Bu bilden die Styrolsegmente "harte" Dominen in einer "weichen" Butadien-Matrix (vgl. weiter unten), verhalten sich also bei Raumtemperatur wie Vernetzungsbereiche in einem vernetzten Elastomeren (Gummi). Oberhalb der Glastemperatur der Styrolsegmente werden diese ebenfalls "weich". Die Triblock-Polymeren kannen dam wie Thermoplaste verarbeitet werden. Zu dieser Klasse gehtiren auch Multiblock-Polymere aus "harten" Ethylenterephthalat-Segmenten -(OCH2CH2OOC@-C6H4)CO)m- und "weichen" Polyether-Segmenten sowie einige Polyurethane aus Tetrahydrofuran-Gruppierungen-(OCH2CH2CH2CH2), mit "harten" aromatischen Gruppierungen und "weichen" Polyether-Segmenten.
8.5.2.
Thermotrope Domanen
Wegen der Unmischbarkeit der zugrundeliegenden Homopolymeren Am und B, uber die experimentell zugtinglichen Konzentrationsbereiche (S. 316) versuchen sich die Blocke von Di-, Tri-, Stern- usw. -Blockpolymeren zu entmischen. Die Entmischung bleibt aber unvollstZndig, da ja die Bl6cke innerhalb eines Blockpolymeren aneinander gekoppelt sind. Gleichartige Blticke k6Men daher htichstens aggregieren und Domtinen (Mikrophasen) in der Matrix der anderen Bldcke bilden. Die Morphologie der Schmelzen bzw. Gliser von Blockpolymeren ist somit ein Spezialfall thermovoper Mesophasen.
258
8.5. Blockpolymere
Abb. 8-19 Einige Morphologien von Blockpolymeren. Links: Lamellen aus gleich grossen Blijcken eines Diblockpolymeren. Mitte: Kugeln der kleinen endsmdigen Blijcke eines Triblockpolymeren in der kontinuierlichen Mikrophaseder grossen mittelsmdigen Blkke. Rechts: Diblockpolymere an einer Grenzflilche (Phasenverminler.polymere Detergentien). Im einfachsten Fall bestehen Blockpolymere aus zwei nichtkristallisierenden Blocken Am und B, ohne Mesogene. Triblockpolymere A,,,/2BnAm/2kann man hinsichtlich der Dombenbildung wie Diblockpolymere behandeln. da bei Triblockpolymeren ein Block A m dem halben Block eines Diblockpolymeren A,B, entspricht. Jeder einzelne Block B, und Am bzw. A,,,/2 versucht, ein statistisches Knauel zu bilden. Wegen der Unvertraglichkeit der A- und B-Polymeren werden andererseits die Blocke A,,, (oder A,,,/2) und B, segregieren. Bei gleich grossem Raumbedarf der statistischen K n h el der beiden Blockarten ordnen sich die A,,,-Blocke in einer Schicht an und die B,Bl(lcke in einer anderen. Die A-Schicht kehrt sich wegen der Unvertraglichkeit mit den B-Blocken jeweils einer anderen A-Schicht zu und die B-Schicht entsprechend einer anderen B-Schicht. Das Blockpolymere bildet Lamellen aus alternierenden A- und B-Schichten. die jeweils zwei Knaueldurchrnesser dick sind (Abb. 8-19). 1st aber der Platzbedarf einer der Blocktypen sehr vie1 griisser als dejenige des anderen Typs. so kann der knauelformige kleinere Block nicht mehr in eine Lamelle gepackt werden, ohne die Forderung nach dichtester Packung der Segmente zu verletzen oder sich unter Abweichung von der Gestalt ungestorter Knauel zu deformieren. Beides ist energetisch ungiinstig. Die kleineren Blocke ordnen sich daher als Kugeln in einer kontinuierlichen Matrix aus den grosseren Blocken an (Abb. 8-19, Mitte). Die Morphologie von Blockpolymeren wird folglich durch den Raumbedarf der einzelnen Blocke und die Forderung nach dichtester Packung festgelegt. Bei gleichem Raumbedarf bilden sich Lamellen, bei sehr unterschiedlichem kugelformige Dom&en der Minoritatskomponenten in einer kontinuierlichen Matrix der Majoritatskomponenten. Bei unterschiedlichem Raumbedarf der Knauel, der zwischen denen zu Kugeln und denen zu Lamellen fiihrenden liegt, sollte man folglich zylinderfomige Domaen in einer kontinuierlichen Matrix erwarten, da man Zylinder als eindimensional gestreckte Kugeln oder als eindimensional geschrumpfte Lamellen auffassen kann. Diese kugelformigen, zylindrischen und lamellaren Strukturen wurden in der Tat elektronenmikroskopisch beobachtet. Die Stabilitatsbereiche der Kugel-, Zylinder- und Lamellenstrukturen sind mit der Influg-Statistik von Knaueln theoretisch berechenbar. Die Dom2nengrosse muss dabei so gew2hlt werden, dass die Dom2nen eine konstante Dichte aufweisen, was experimentell praktisch immer erfiillt ist. Knauel weisen namlich im amorphen Zustand eine sehr gennge Kompressibilitat mit Kompressionsmoduln grosser als ca. lo9 Pa auf. Eine Dichte2nderung von 10 % wurde folglich Driicke von mehr als lo8 Pa (1000 a m ) erfordern!
259
8. Mesophasen
Die Verknupfungen der beiden Blocktypen mtissen femer in den Grenzfllchen zwischen den beiden Phasen liegen. Es ist also ein Beitrag zur Positionsentropie zu erwarten. Ausserdem Uitt ein Beitrag der Gibbs-Oberfllchenenergie auf, der mit steigendem FloryHuggins-Parameter x zunimmt. Die Theorie sagt in ihrer einfachsten Form, dass die hderung der Gibbs-Energie AG, bezogen auf ein statistisches Copolymeres, nur vom Volumenbruch t$ einer der beiden Gruppierungen A oder B. vom Tagheitsradius (~2)~ln der entsprechenden Bl6cke und von der Dicke d der Grenzschicht zwischen den Domiinenstrukturen abhiingt: (8-16)
Zylinder
AG = [(l - t$)2/t$11nQ AG = 31n(t$ - 1 - t$))"Q
Kugeln
AG = 5.4 ($ + 2 - 3
Lamellen
}
" - t$)(s2):
Q = ( 2.32 (1
#1'3)''3e
p"
Bei Volumenanteilen t $ <~ 0.2 sollten also kugelflirmige Domben aus A-Segmenten in einer kontinuierlichen Matrix aus B-Segmenten die niedrigste Gibbs-Energie aufweisen, bei t $ >~ 0,8 (d.h. #B < 0.2) umgekehrt kugelflirmige Domiinen aus B-Segmenten in einer kontinuierlichen A-Matrix (Abb. 8-20). Bei Dreiblock-Polymeren liegen entsprechend bei B, >> A 4 2 bzw. bei A w >> Bn die beiden endsttindigen BlUcke in kugelfUrmigen Domiinen vor (Abb. 8- 19). Diese kugelf6rmigen Domiinen stellen physikulische Vemetzungsbereiche dar. Sind die Vemetzungsbereiche "hart" (TG,A> T ) und ist die kontinuierliche Matrix "weich (TG,B< T), dann verhtilt sich das Dreiblockpolymere wie ein Elastomer. Bei Temperaturen T > TG,Aoberhalb der Glastemperatur der A-Domaen erweichen jedoch die Domihen. Das Dreiblock-Polymere ist ein thermoplastisches Elastomer, das wie ein thermoplastischer Kunststoff reversibel verformbar ist. Bei Volumenanteilen von 0,35 < t $ <~ 0.65 sind altemierende Lamellen stabil. Im darunter liegenden Bereich 0.2 c t $ <~ 0.35 sollten folglich zylindrische A-DomZnen aufueten, im dariiber liegenden Bereich 0,65 < t $ <~ 0.8 zylindrische B-Domben (Abb. 8-21).
Q 1.6
8
1,o
1
Kugeln
-b Zylind;\
-
Zylinder
0.7
0
0,l
0,2
- #A
0.3
Kugeln Zyhder Lamellen b e l l e n --*--.
0,4
0,5
Abb. 8-20 Reduzierte Gibbs-EnergieAC/Q als Funktion des Volumenanteils #A des A,,,-Blockesbei MueWhmigen Diblock-Polymeren A,B, mit jeweils gleichem Raumbedarf der A,,- und B,-Blmke. Berechnungem mit den G1.(8-16) [lo].
260
8.5. Blockpolymere
Im thermodynamischen Gleichgewicht sind die resultierenden Domaen von Diblockund Triblock-Polymeren rnit molekulareinhei tlichen Blocklangen gleichmissig irn Raum verteilt: sie bilden Supergitter. Je nach der Morphologie lassen sich drei Grundtypen von Supergittern unterscheiden: Lamellen bilden eindimensionale Gitter aus geradlinig in gleichmlssigen Abst2nden angeordneten Gitterpunkten. Die Rontgenkleinwinkel-Diagrammeweisen Beugungslinien mit reziproken Bragg-Absthden im Verhamis 1:2:3 auf. Zylinder besitzen zweidimensionale (hexagonale) Gitter. Die Stabchen liegen parallel zueinander und in der Regel parallel zur Oberfllche. Die reziproken Bragg-Abst2nde verhalten sich wie 1 : 43 : 44 : 47. Kugeln !Wren zu dreidimensionalen, kubischen Gittem rnit reziproken Bragg-Abstaden von 1 : 42 : 43 : 44. Diese Gitter sind raum- oder fllchenzentriert. Primitive kubische Gitter wurden nicht gefunden. Bei gegebener chemischer Zusammensetzung der Blockpolymem kann die Grosse der lamellaren und zylindrischen Domaen mit der L a g e der Lamellen bzw. Zylinder variieren. Diese Lhgenademngen sind ohne Diffusionen durch unvertrigliche Matrizes moglich. Zylindrische und lamellare Phasen kBnnen sich also in thermodynamischen Gleichgewichten befinden.
Zylinder
perforierte Schichten PS
bikontinuierliche Phasen BP
Z
Lamellen L
b
40 .
t 303
1 20Grenze zwischen ge-
.'-.-.:
10 ' ordneter und ungeordneter Phase (Mean-
._.__ ungeordnet
field-"heorie)
O J
0
02
04
-
-
0,6 $sopre"
0,s
1
Abb. 8-21 Produkt aus dem FIory-Huggins-Wechselwirkungsparameter x und dem Polymerisationsgrad X des Blockpolymeren (nach der Mean-field-Theorie ein Mass fiir die Phasenstabilitiit) als Funktion des Volumenanteils an Isopren-Einheiten in einem Poly(isopren)-block-Poly(styro1). Mit freundIicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, DC [I 11.
26 1
8. Mesophasen
Anders ist es jedoch bei kugelfiirmigen Domaen. Innerhalb der kugelformigen Domiinen liegen die Bliicke als Knauel vor, deren Abmessungen praktisch temperaturinvariant sind. Werden durch Senken der Temperatur Mikrophasen gebildet, kann sich der Durchmesser der Domaen folglich nur durch Variation der Zahl der Bliicke pro Domlne 2ndem. Das ist aber nur durch Diffusion der kugelbildenden Blocke durch die unvertragliche Matrix der anderen BlBcke miiglich. Das System bleibt daher in demjenigen Zustand eingefroren, der bei der Mikrophasentrennung hernchte. Die Theorie gilt fiir molekulareinheitliche Bliicke, was experimentell nicht immer erfiillt ist. Bei breiten Molmassenverteilungen einer der beiden Bliicke ist dann der Bereich der kugelfarmigen Domaen weiter ausgedehnt, wlhrend der Bereich der lamellaren Strukturen gewiihnlich enger wird. Ausserdem treten manchmal in einem sehr engen Bereich zwischen dem Kugel- und dem Zylinderbereich bikontinuierliche Phasen auf, bei Poly(isopren)-block-Poly(styro1) 2.B. eine mit der Raumgruppe IuTd in den Bereichen 0,36 I f i s o p e n I0,39 und 0,65 5 fisopren I 0,68 (Abb. 8-21). Bei diesem Blockpolymeren wird femer auch eine Struktur mit perforierten Schichten gefunden, nicht jedoch die bei anderen Blockpolymeren manchmal beobachtete bikontinuierliche Doppeldiamant-Struktur. Mtiglicherweise handelt es sich bei den letzteren beiden Strukturen um metastabile Zustiinde. Die experimentell gefundenen Dicken dd der lamellaren Schichten entsprechen den theoretisch vorhergesagten (Abb. 8-22). Die Dicken di der Grenzschichten zwischen den Mikrophasen liegen dagegen zwischen den theoretisch erwarteten. ijbereinstimmend mit den Theorien wird jedoch gefunden, dass die Grenzschichtendicken di unabhiingig von der Morphologie sind. Messungen der Relaxationsspektren durch Kemresonanz bestitigten, dass die Grenzschichten nicht scharf sind, sondem ca. 2 nm dick. t
5
3-
..
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _' _ _ _0_ _ _ e _ _ _ - ~ _ _ ~ - - _ - -
1. 0
- - - - . -
*
-
*
.
-
100 OOO -M /(g mol-1) + 50 OOO
9
qU
9
.* 150 OOO
Abb. 8-22 Molmassenabh2ngigkeitder Dicke c& der DomBnen und der Dicke di der Grenzflache zwischen den Blocktypen bei lamellaren (O), zylindrischen (0)und kugelf6nnigen (0)Strukturen von Poly(isopren)-block-Poly(styro1). Punkte: Rfintgenkleinwinkel-Messungen[12, 131 und Neutronenkleinwinkel-Messungen 1141; Vorhersagen der Theonen: [15], - - - - [161.
-
Kompliziertere Strukturen werden bei Triblockpolymeren des Typs AmBnCp erhalten. Bei konstantem Raumbedarf A/C = 1 treten mit zunehmendem Gehalt an B zunachst kugelformige Domihen auf, dann zylindrische Domaen vom sog. "ball-in-the-box"Typ und schliesslich regelmassige Lamellen mit kugelfdrmigen Domuen.
262
8.5.3.
8.5. Blockpolymere
Lyotrope Strukturen
Losungsmittel fiir Blockpolymere konnen gute Ldsungsmittel fiir beide Blocktypen sein oder ein gutes Lcisungsmittel fiir den einen Block und ein schlechtes fiir den anderen. Im ersteren Fall wird gelegentlich von "neutralen" oder "indifferenten" Losungsmitteln gesprochen, im letzteren Fall dagegen haufig von "selektiven". Indifferente Ltisungsmittel sind im Idealfall thermodynamisch gleich gute Liisungsmittel fiir beide Blocke. Sie weiten diese gleich stark auf. In masig bis hochkonzentrierten Losungen sind dam mit steigendem relativen Anteil der Minoritstskomponenten wie bei den thermotropen Systemen zuerst kugelformige, dann zylinderartige und schliesslich lamellare Strukturen zu erwarten. Bei selektiven Ldsungsmitteln iindert sich jedoch je nach dem Verhatnis der Blockgrijssen die Reihenfolge, in der die einzelnen Morphologien auftreten. Im thermodynamischen Gleichgewicht werden bei einem Blockgrossenverhaltnis MA/MB = 4 in Abwesenheit von Losungsmitteln (100 % Polymeres) nach theoretischen Berechnungen kugelfonnige Domtinen von B-Blocken in einer kontinuierlichen Matrix aus A-Blocken gebildet (Abb. 8-23, rechts). Bei 70 % an Polymeren in einem selektiven Losungsmittel fiir die in der Minoriat vorliegenden B-Blbcke ist jedoch die laminare Morphologie die stabilste, weil nunmehr die B-Blocke weit starker als die A-Blocke aufgeweitet werden und der Platzbedarf der gequollenen B-Blocke mit dem der nicht-gequollenen A-Bl6cke vergleichbar wid. Bei 50 % Polymeren in einem selektiven Losungsmittel f i r B sind jedoch zylindrische Domiinen am stabilsten. Beim Konzentrieren einer 50 %igen Polymerlosung auf 70 % kann in diesem Fall der Ubergang zylindrisch/lamellar erreicht werden, da dam keine Diffusion der B-Blocke durch die Matrix der A-Blocke erforderlich ist (vgl. oben). Die weitere Konzentrierung auf 100 % Polymeres produziert aber nicht notwendigerweise kugelformige Domtinen. MAI Ms = 2
Z
6
r' h
4
R
'3
2
2
1 1
LM2
.++
L M 2 4+
LM1
0
LM1
F
40
6010060
40
40
60
100 60
40
- $Jpi% + Abb. 8-23 Reduzierte Gibbs-Energie der Bildung kugelformiger (K, -), zylindrischer ( Z , - . - . -) und lamellarer (L, - - - -) Domanen als Funktion des Volumenbruches $ von Diblockpolymeren rnit den relativen Blockliingen M ~ M =B 2 bzw. 4 in selektiven Losungsmitteln LM 1 fiir A-Bliicke bzw. LM 2 fiir B-Bliicke [lo].
263
8. Mesophasen
BetlJdgt das Blockverhtiltnis dagegen nur MA/MB = 2, dam liegen bei 50 % Polymeren in selektiven LBsungsmitteln f i r B als stabilste Domiinenform Kugeln vor, gefolgt von Lamellen und Zylindern. Bei 70 96 Polymeren dominieren Lamellen. Bei 100 % Polymeren werden ebenfalls Lamellen und nicht Kugeln als stabilste Domihenart vorhergesagt. Wiederum andere Verhatnisse hernchen bei selektiven LBsungsmitteln fiir die A-Bl6cke (vgl, Abb. 8-23). Eine logische Abfolge der drei haupts2chlichen Morphologien ist daher nicht notwendigerweise gegeben. Die unter Gleichgewichtsbedingungen erreichbare Morphologie hiingt nicht nur vom Blockverhiiltnis ab, sondern auch von der SelektivitXt des Liisungsmittels. Noch komplizierter wird es. wenn einer der beiden Bl6cke kristallisiert. Der thermodynamisch kontrollierte Bereich h2ngt ausser vom Volumenanteil des LBsungsmittels und der thermodynamischen Temperatur noch von der Molmasse des Blockpolymeren ab (Abb. 8-24). Diblockpolymere mit Styrol- und Isopren-Einheiten in etwa gleich grossen BlBcken liegen in verdiinnten Usungen und bei hliheren Temperawren in den indifferenten LBsungsmitteln Toluol bzw. Dioctylphthalat in homogener LBsung vor. Die aus dem Bragg-Abstand ermittelte reduzierte Lamellendicke d & ~2ndert sich im Bereich -4 < lg (WT)< -2,9 nicht mit WT. Sie ist aber der Wurzel aus der Molmasse proportional. Bei 300 K entspricht q+JT = 1.10-4 einem Wert von 4 = 0,03 und lg (VT)= -2,9 einem Wert von q$, = 0,38. Oberhalb eines von der Molmasse abhiingigen Grenzwertes steigen dann die d & ~ Werte mit (q+JT)*B an. Die reduzierten Lamellendicken sind dabei proportional M 2 B . Bei Werten von lg (VT)> -2,52 wird die Morphologie unabhiingig von der Molmasse nicht mehr thermodynamisch kontrolliert, sondern kinetisch. Bei 300 K entspricht dies einem Wen von 4 = 0,905. Der thermodynamisch kontrollierte Bereich der Lamellenbildung nimmt mit steigender Molmasse zu. Bei 300 K liegt er bei einer Molmasse von 94 OOO g/mol im Bereich 0,203 < 4 < 0,905. bei einer Molmasse von 31 000 glmol jedoch bei 0,378 c < 0,905. thermodynamische
; I
1,2
1
homogene Usungen
-4
-3
kinetische Kontrolle
lamellare Strukturen
-2
-1
- lg (@pl-' / K-') +
0
Abb. 8-24 Logarithmus der reduzierten Bragg-Abstanded l a m / Lals ~ Funktion des Logarithmus des Quotienten @ fiir zwei Diblockpolymere aus Styrol- und Isopren-Bliicken rnit den Molmassen der Diblockpolymeren 94 OOO g/mol (0)bzw. 31 OOO g/mol ( 0 )im indifferenten (guten) Lbsungsmittel Toluol [17]. dhm= Bragg-Absfand, LK = Kuhn-Unge der Kettensegmente, = Volumenanteil des Polymeren. T = thermodynamischeTemperam.
264
8.6.
8.6. Ionomere
Ionomere
Ionomere sind Copolymere aus grossen Anteilen hydrophober Monomerer und kleinen Anteilen von ionischen Gruppen enthaltenden Comonomeren. Die ionischen Gruppen kiinnen sich dabei in Seitengruppen oder in der Hauptkette befinden. Industriell werden vier Typen von Ionomeren hergestellt: -CHz-CHz-
+
< 10 mol-%
-CHz-C(CHJ-
SurlynTM
I
COOH - C H z - C H z - + c (3,520) mol-% - C H z - C H I COOH -CFz-CFz+ wenigemoi-% --CF CF2I
EEA CopolymerTM
NafimTM
O[CFzCF(CF,)I,(CF2)zSOzH
-CHZ---CHzXHZ-CH(CH3G
>
+
C(CH3)S0,H
ThionicTM
Die ersten drei Ionomeren werden durch Copolymerisation der entsprechenden Monomeren hergestellt. Bei m o n k T Mwird das primXr gebildete Copolymere anschliessend sulfoniert (< 5 mol-%). EEA CopolymerTMund NafonTMwerden als Sauren verwendet, SurlynTMund ThionicTMdagegen als nachtraglich gebildete Natrium- oder Zinksalze. Das Einfiihren ionischer Gruppierungen in hydrophobe Polymere fiihrt zu Ionenassoziationen und diese wiederum zu Mikrophasen-Trennungen. Bei den Ionenassoziationen sind verschiedene Typen unterscheidbar (Abb. 8-25). Ein Ionenpaar besteht aus einem Anion (hier in einem Polyanion) und dessen niedermolekularem Gegenkation. Befindet sich ein zweiwertiges Kation zwischen zwei Anionen, so spricht man von einem Ionen-Triplett, der einfachsten Form eines Ionen-Multipletts. Ionen-Paare und IonenMultiplette k6nnen sich zu Ionentropfen und diese wiederum zu Ionen-Schwarmen vereinigen. Es scheint, dass fiir die Struktur und Eigenschaften der Ionomeren vor allem die Ionen-Schwirme wichtig sind.
w
TiG-
MP
CUcP
cooe
Mt2@
& Ionenpaar
Ionentrop fen
Ionentriplett
Ionenschwarm aus Ionentropfen
Abb. 8-25 Modelle fiir Ionenassoziationen in Ionomeren.
Ionendombe
8. Mesophasen
265
Ionen-Schwgrme und Ionen-Domtinen sind aus Anionen verschiedener Ketten aufgebaut; Schwgrme und Domaen stellen somit Vemetzungsbereiche dar. Falls die Glastemperatur der hydrophoben Kettensegmente unterhalb der Gebrauchstemperatur liegt, verhalten sich Ionomere somit als reversibel vemetzte Elastomere. Bei Glastemperaturen oberhalb der Gebrauchstemperatur sind Ionomere "reversible Duroplaste", da die ionischen Bindungen bei hirheren Temperaturen dissoziieren und die Ionomeren d a m nach den bei Thermoplasten ublichen Methoden verarbeitbar sind. Entscheidend ist dabei nicht die Stirchiometrie der Ionenpaare, sondem die Koordinationszahl. Natriumionen mit der Wertigkeit 1 und der Koordinationszahl 6 sind daher genau so gute "Vemetzer" wie Zinkionen der Wertigkeit 2. Entsprechend zeigen auch z.B. freie Sulfonsituren in ThionicTM keine Assoziation und keine der besonderen Eversiblen Vemetzungsphaomene der Ionomeren.
Historisc he Not izen ENTDECKUNG FLuSSIGKRISTALLlNER VERBINDUNGEN F.Reinitzer, Mh.Chem. 9 (1988)421 (zweistufiges Schmelzen von Cholesterinbenzoat) O.Lehmann, Fliissige Kristalle, Engelmann, Leipzig 1904 (Einfiihren von "flussige Kristalle") M.G.Friede1, Ann.phys. (Paris) 18 (1922)273 (Einfihren von "mesomorph") ENTDECKUNG FLuSSIGKRISTALLINER POLYMERER C.Robinson, Trans.Faraday SOC.52 (1956)571 (Poly(ybenzy1-L-glutamaterstes lyotropes LCP) A.Roviello, S.Sirigu, J.Polym.Sci. Letters 13 (1975)455 (erste thermotrope LCPs) WJJackson, Jr., H.F.Kuhfuss, J.Polym.Sci.-Polym.Chem.14 (1976)2043 (erste technische LCPs) PHASEMW3"G L.Onsager, Ann.N.Y.Acad.Sci. 51 (1949)627 Entropische Stabilisierungvon Fliissigkristallen durch die parallele Lagerung von Stiibchen, berechna mit dem zweiten Virialkoeffnientenbzw. dem ausgeschlossenen Volumen steifer St%chen. W.Maier, A.Saupe, Z.Naturforschg. 14a (1959)882,lSa (1960)287 EnthalpischeStabilisierung von Eliissigkristallen durch Anziehungskrste. PJ.Flory. Proc.Roy.Soc. [London] A 234 (1956)73 Entropkhe Stabilisierung durch die pardele Lagerung von Stabchen, basierend auf der GitterTheorie steifer Stiibchen. ORIENTIERUNGSFUNKTION Die Hennans-Orientierungsfunktionist auch als gemitteltes zweites Legendre-Polynom bekannt. Sie wird in der tistlichen Literatur meist Tsvetkov-Hermans-Orientierungsfunktion genannt P.H.Hermans. PPlatzek, Kolloid-Z. 88 (1939)68 V.N.Tsvetkov, Acta physicochim. USSR 16 (1942) 132 J J.Hermans, P.H.Hermans, D.Vermaas, A.Weidinger, Rec.Trav.Chim.Pays-Bas 65 (1946)427 P.H.Hermans, Contributions to the Physics of Cellulosic Fibres, Elsevier, Amsterdam 1946, p.133
266
Literatur zu Kap. 8
Literatur zu Kap. 8 8.1.-8.4. FLUSSIGKRISTALLE (allgemein oder niedermolekular) P.G.de Gennes, The Physics of Liquid Crystals, Clarendon Press. Oxford 1974 H.Kelker, R.Hatz, Handbook of Liquid Crystals, Verlag Chemie, Weinheim 1980 G.W.Gray, J.W.Goodby, Smectic Liquid Crystals, Hill, London 1984 G.W.Gray, Hrsg., Thermotropic Liquid Crystals, Wiley, New York 1987 PJ.Coilings, Liquid Crystals: Nature’s Delicate Phase of Matter, Princeton Univ. Press, Princeton, NJ 1990 B.Bahadur, Liquid Crystals: Applications and Uses,World Scientific, Singapur 1990-1992 (3 Bde.) P.G. de Gennes, J h s t , The Physics of Liquid Crystals, Clarendon Press, Oxford, U.K. 1993 D.Demus. J.W.Goodby, G.W.Gray, H.W.Spiess, V.Vill, Hrsg., Handbook of Liquid Crystals, WileyVCH, Weinheim 1998 (4 Bde., Bd. 3: High Molecular Weight Liquid Crystals) G.W.Gray, V.Vill, H.W.Spiess, D.Demus, J.W.Goodby, Hrsg., Physical Properties of Liquid Crystals, Wiley-VCH, Weinheim 1999 8.1.-8.4. FXUSSIGKRISTALLE (polymer) N.A.Plat6, V.P.Shibaev, Comb-Shaped Polymers and Liquid Crystals, Khimia, Moskau 1980 (in Russisch); Plenum, New York 1987 (in Englisch) Yu.B.Amerik, B.A.Krentse1, Chemistry of Liquid Crystals and Mesomorphic Polymer Systems, Khimia, Moskau 1981 (in Russisch). A.Cifem, W.R.Krigbaum, R.B.Meyer, Hrsg., Polymer Liquid Crystals, Academic Press, New York 1982 P.J.Flory, Molecular Theory of Liquid Crystals, Adv.Polym.Sci. 59 (1984) 1 N.March, M.Tosi, Hrsg., Polymers, Liquid Crystals, and Low-Dimensional Solids, Plenum, New York 1984 B.Wunderlich, J.Grebowicz, Thennotropic Mesophases and Mesophase Transitions of Linear, Flexible Macromolecules, AdvPolym.Sci. 60/61 (1984) 1 H.Finkelmann, G.Rehage, Liquid Crystal Side Chain Polymers, Adv.Polym.Sci. 60/61 (1984) 99 M.G.Dobb, JEMcIntyre, Properties and Applications of Liquid-Crystalline Main-Chain Polymers, Adv.Polym.Sci. 60/61 (1984) 61 L.L.Chapoy, Hrsg., Recent Advances in Liquid Crystalline Polymers, Elsevier Appl.Sci.Publ., London 1985 A.Blumstein, Hrsg., Polymeric Liquid Crystals, Plenum, New York 1985 A.E.Zachariades, R.S.Porter, Hrsg., Structureand Properties of Oriented Thermotropic Liquid Crystalline Polymers in the Solid State, Dekker, New York 1988 C.B.McArdle, Side Chain Liquid Crystal Polymers, Blackie, Glasgow, UK, 1989 V.N.Tsvetkov, Rigid-Chain Polymers. Hydrodynamic and Optical Properties in Solution, Plenum, New York 1989 W.W.Adams, R.K.Eby, D.E.McLemore, Hrsg., The Materials Science and Engineering of Rigid-Rod Polymers, Materiais Research Society, Pittsburgh 1989 M.G.Northolt, DJ.Sikkema, Lyotropic Main Chain Liquid Crystal Polymers, Adv.Polym.Sci. 98 (1990) 115
A.Cifem, Hrsg., Liquid Crystallinity in Polymers, VCH, New York 1991 A.M.White, A.H.Windle, Liquid Crystalline Polymers, Cambridge UNv. Press, Cambridge 1992 A.A.Collyer, Liquid Crystal Polymers: From Structure to Application, Elsevier Appl. Science, London 1992 N.APlat6, Hrsg., Liquid-CrystalPolymers, Plenum, New York 1993 P.G. de Gennes, JProst, The Physics of Liquid Crystals, Oxford Univ. Press, New York 1995 T.Sato, A.Teramoto, Concentrated Solutions of Liquid-CrystallinePolymers, Adv.Polym.Sci. 126 (1996) 85
8.5. BLOCKPOLYMERE A.Nohay, J.E.McGrath, Block Copolymers: Overview and Critical Survey, Academic Press, New York 1976 BB.M.Gallot, Preparation and Study of Block Copolymers with Ordered Structures, Adv.Polym.Sci. 29 (1978) 87 LGoodman, Hrsg., Developments in Block Copolymers, Vol. 1(1982) ff., Appl.Sci.Publ., Barking, Essex
8. Mesophasen
267
DJ.Meier. Hrsg.. Block Copolymers. Science and Technology, Harwood Academic Publ.. New Yo& 1983 M.JFolkes. Hrsg., Processing. Structure and Properties of Block Copolymers, Elsevier, New York 1985 G.Riess. G.Hurtrez. P.Bahadur. Block Copolymers. EncyclPolym.Sci.Eng., Wiley, New Yo&, 2.Aufl.. 2 (1985)324 N.R.Legge. G.Holden. H.E.Schroeder. Hrsg., Thermoplastic Elastomers, Hanser, Miinchen 1987; 2.AufL: G.Holden, NR.Legge. RP.Quirk, HE.Schroeder, Hrsg.. Hanser-Gardner, Miinchen 1996 .$.Data DJ.Lohse, Hrsg., Polymeric Compatibilizers: Uses and Benefits in Polymer Blends, Hanser-Gardner. Cincinnati, OH, 19% P.Alexandridis, B.Lindman, Hrsg., Amphiphilic Block Copolymers: Self-Assembly and Applications, Elsevier. Amsterdam 1997 I.W.Hanley, The Physics of Block Copolymers, Oxford Univ. Press,Oxford 1999
8.6. IONOMERE M.Pineri, ABisenberg, Hrsg.. Structure and Properties of Ionomers, NATO AS1 Series, Reidel. Dordrecht 1987 M.R.Tant. K.A.Mauritz. GLWilkes, Ionomers: Synthesis, Structure, Properties and Applications, Chapman and Hall, London 1997 A.Eisenberg. J.-S.Kim. Introduction to Ionomers, Wiley, New York 1998
Quellennachweise [l] R.W.Werboyj, D.G.Gray, Macromolecules 13 (1980)69,Abb. 2 [2] P.JNory. ProcRoy.Soc. [London) A 234 (1956)73. Abb. 4 (modifiziert) 131 A.Nakayama. T.Hayashi, M.Ohmori, Biopolymers 6 (1968)973,Daten der Abb. 6 [4] H.Benthack-Thorns, HFinkelmann, Makromol.Chem. 186 (1985) 1895.Abb. 1.3-5 [5] V.N.Tsvetkov, E.IRjumtsev, IN.Shtennikova, in A.Blumstein. Hrsg.. Liquid Crystalline Order in Polymers. Academic Press. New York 1978,Tab. 1 [q B.LUhmann, H.Finkelmann, G.Rehage, Angew.Makromol.Chem. 123/124(1984)217. (a) Abb. 1 (modifiiert), (b) Abb. 2 und 3 [A V.Tsulrruk. J.H.Wendorff, Trends Polym.Sci. 3 (1995) 82, Abb. 2 [8] H.Finkelmann, G.Rehage, Adv.Polym.Sci. 60/61(1984)99,Daten der Abb. 15 [9] N.A.Piat6, V.P.Shibaev, Combshaped Polymers and Liquid Crystals, Plenum, New York 1987,Daten der S. 372 [lo] D.J.Meier, Michigan Molecular Institute, Privatmitteilung; vgl. auch Privatmitteilung an J.M.G.Cowie, in I.Goodman, Hrsg., Dev. Block Copolym. 1 (1982),Abb. 6 und 7 [ll] A.K.Khandpur, S.F&ster, F.S.Bates,LW.Hamley, AJ.Ryan, W.Bras,K.Almdal, K.Mortensen, Macromolecules 28 (1995)8796,Abb. 13; fiir theoretische Berechnungen s.a. M.W.Matsen, F.S.Bates, Macromolecules 29 (1996)1091.Abb. 4 [12] R.Mayer, Polymer 15 (1974)137 [13] T.Hashimoto, MShibagamu, H.Kawai, Macromolecules 13 (1980) 1237 [14] R.W.Richards, J.L.Thomason, Polymer 24 (1983)1089 [15] D.J.Meier, J.Polym.Sci. C 26 (1969)81 [la E.Helfand, Macromolecules 8 (1975)552;E.Helfand, Z.R.Wasserman, Macromolecules 9 (1976)879;11 (1978)960 [17] T.Hashimoto, M.Shibayama, H.Kawai, Macromolecules 16 (1983)1093,Daten der Abb. 14
268
9.
Polyrnere in und an Grenzflachen
9.1.
Oberflachen von Polymeren
9.1.1. Grundlagen
Grenzflichen (E: interfaces) sind Flachen zwischen zwei Festkorpem. zwei nicht mischbaren Flussigkeiten oder einem Festktirper und einer nicht losenden Flussigkeit. Die Grenzflache zwischen dem Gasraum und einem Festkorper bzw. einer Flussigkeit wird iiblicherweise als Oberfliche bezeichnet (E: surface). Oberflachen von Polymeren sind gewdhnlich ebenso wie diejenigen der meisten anderen Materialien (Metalle, Glaser usw.) nicht "sauber". Sie enthalten vielmehr fast immer adsorbierte. absorbierte und/oder adharente Substanzen wie Sauerstoff, Kohlendioxid, Wasser oder Fette. Absolut reine Oberfllchen herzustellen ist eine Kunst. Nur dann kann aber der eigentliche Einfluss der chemischen und physikalischen Struktur des zugrundeliegenden Substrates auf Grenz- und Obefflachenspannungen, Adhasionen und andere Eigenschaften ermittelt werden. Reale Oberfllchen sind auch nicht "eben", sondem rau. Als Rauigkeit r (E: roughness) wird das Verhatnis der wahren Oberflache zur geometrischen Oberfllche definien. Die Rauigkeit kann daher nur gleich oder grosser als 1 sein. Fnsch gespaltener Glimmer weist z.B. r-Werte nahe 1 auf, polierte Metalloberfllchen r-Werte zwischen 1,5 und 2. Bei vielen Materialien unterscheiden sich auch die Zusammensetzungen der Oberflache und des Inneren. Das Zusammensetzungsprofil ist mit verschieden tief sondierenden Methoden ermittelbar (Kap. 9.1.2). Anders als 2.B. bei abgeschreckten Metalllegierungen kann sich das Zusammensetzungsprofil von "eingefrorenen" Polymeren (d.h. solchen unterhalb der Glastemperatur, Kap. 13.5) durch Selbstdiffusionen zeitlich Zndem, und zwar einmal, weil die Oberflachenschichten per se nicht vollig starr sind und zum anderen durch Kontakt mit Atmospharilien u.U. langsam weichgemacht werden (Kap. 9.1.3).
9.1.2.
Methoden
Die Oberflichen flussiger oder fester Polymerer besitzen gegeniiber Lufi, Wasser und anderen Stoffen meist nicht die gleiche mittlere Zusammensetzung wie das Innere. Auf solche Abweichungen von der mittleren chemischen Struktur der Polymeren wurde zuerst anhand Beobachtungen mit indirekten Methoden geschlossen, 2.B. aus der Oberflachenspannung wlssriger Polymerldsungen (Kap. 9.2.5), dem Verhalten von Polymeroberfllchen gegenuber benetzenden Agenzien (Kap. 9.2.7) oder dem Adhlsionsverhalten (Band IV). Aus den gemessenen globalen Oberflacheneigenschaften wurde dann auf Grund der chemischen Erfahrung gefolgert, dass sich die mittlere chemische Zusammensetzung der Oberflache von der mittleren Zusammensetzung des Polymeren selbst unterscheidet. Man schloss z.B. aus solchen Experimenten, dass bei wassrigen Usungen von Poly(oxyethy1en)en +OCH2CH& oder bei auf Wasser gespreiteten Poly(dimethy1si1oxan)en +OSi(CH3)* bei den Molekulen an der Oberfllche die Sauerstoffreste dem Wasser zugewandt sind, die Methylen- bzw. Methylgruppen aber der Luft.
269
9. Polymere in und an Grenzjliichen
Zusammensetzungen und Topographien von Oberflachen konnen heute rnit sehr vie1 verschiedenen Methoden direkt ermittelt werden (Beispiele in Tab. 9-1). Da diese Methoden auf sehr unterschiedlichen Prinzipien bemhen, muss aus Platzgriinden leider auf ihre Beschreibung verzichtet werden (s. Spezialliteratur). Manche Methoden sind unter verschiedenen Namen bekannt, von anderen wiederum gibt es viele Abwandlungen mit ebenso vielen verschiedenen Namen und Abkiimngen. Die meisten deutschen Namen sind direkte ijbersetzungen der englischen Fachausdriicke, andere jedoch nicht. Beispiele sind atomic force microscopy (atomic scanning microscopy) = Rasterkraftmikroskopie; scanning electron microscopy = Rasterelektronenmikmskopie; differential scanning calorimetry = Abtastkalorimeuie. Durch Kombinieren von Verfahren mit unterschiedlichen Eindringtiefen lassen sich Zusammensetzungsprofile ermitteln. Die mittlere Struktur von Polymeren in Oberfliichen muss dabei aus zwei Gritnden von dejenigen im Innem der Polymeren verschieden sein. Einmal befinden sich die Polymermolekiile in der Oberfl8che fester oder fliissiger Polymerer in einer anderen Umgebung als die Polymennolekiile im Innem. Sie sind nicht von allen Seiten von ihresgleichen umgeben. sondem an einer Seite von Gasen (z.B. Luft) oder von Fliissigkeiten anderer Konstitution. Zum anderen sind ihnen geometrische Restriktionen auferlegt. Da Grenzflichenschichten ca. (1-13) nm dick sind, nehmen Polymermolekiile mit Trigheitsradien von c 1-1,5 nm nwlich nicht mehr ihre ungestorten Dimensionen ein. Die verminderte Zahl der Makrokonformationen fiihrt dann z.B. zu einem entropischen Beitrag zur Oberflgchenspannung. Die chemische Zusammensetzung von PolymemberflBchen wird z.B. durch ESCA bis zu einer Tiefe von ca. 5 nm erfasst. Die dynamische SIMS erstellt von einer solchen Schicht das Zusammensetzungsprofil. Andere Verfahren mitteln iiber die Zusammensetzung grZIsserer Oberflkhenschichten, z.B. bei ATR-IR bis zu einer Tiefe von lo00 nm. Physikulische Obefldchenstrukturen erhiilt man mit der Rasterelektronenmikroskopie (E: scanning electron microscopy (SEM)), der Durchstrahlungselektronenmikroskopie (E: transmission electron microscopy ("EM)) von Oberflilchenabdriicken, und der Rasterkraftmikroskopie (E: atomic force microscopy (AFM) = scanning force microscopy (SFM)). Die Morphologie phasengetrennter Bereiche ist mit der sekundaren Ionenmassenspektroskopie untersuchbar (E: secondary ion mass spectroscopy (SIMS)). Tab. 9-1 Einige Merhoden fiir die Bestimmung der Zusammensetzung und Topographie von Oberflilchen. Im Allgemeinen werden die von den englischen Nmen abgeleiteten Abkiinungen verwendet. .)Auch: scanning force microscopy (SFM);b, auch: X-ray photoelectron spectroscopy (XPS). Methade Symbol Name
Eindring- Information tiefe in nm
atomic force microscopy a) STM scanning tunneling microscopy XR;NR X-ray reflectometry/scattering;auch neutron ... ISS ion scattering spectroscopy SIMS secondary ion mass spectroscopy ST surface tension ESCA electron spectroscopy for chemical analysis b, SEM scanning electron microscopy Am-IR attenuated total reflection IR analysis AFM
Zusammensetzung Topographie Rauheit, Zusammensetzung Elemente. atomare Ausrichtung Zusammensetzung Hydmphobie Schwingungs-Spektrum Zusammensetzung Zusammensetzung
270
9.1. Obetjlachen von Polymeren ,45
Tage
0.6
T
OS
~ ( 10-4
i
0,3
I 02 OJ 0
50
0
100
150
- d l n m -+
200
250
Abb. 9-1 Zunahme des Volumenanteils @dd-pS von deuteriertem Poly(styro1) in der ObertlLhe beim Tempem der Mischung von deuteriertem und nicht-deuteriertem Poly(styr0l) (@&pS= 0.33) bei 184'C (TG = 100OC) [l]. Mit freundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, DC.
9.1.3.
Zusammensetzun g
Die Zusammensetzung der Oberflachenschichten von Polymemischungen in SchmelZen ist nicht zeitlich konstant, weil die Komponenten verschieden schnell diffundieren.
In Mischungen von deuterienem und nicht-deuteriertem Poly(styro1) besteht z.B. die Oberflache nach langen Zeiten praktisch nur aus der deuterierten Spezies (Abb. 9-1). Der Volumenbruch des d-PS (ic?, = 1,03-106 g/mol) weist bei ca. 16 nm ein Maximum auf, also etwas uber der H2lfte des Tdgheitsradius von (s2),1D = 28 nm. Bei Festkijrpern wird die Zusammensetzung der Oberfliche im Augenblick des Erstarrens bzw. Trocknens fixiert. Selbst dann ist aber die Oberflache an der einen Komponenten angereichert. z.B. an Poly(dimethylsi1oxan) (PDMS) in Mischungen mit Poly(bisphenol A-sulfon) (Abb. 9-2). Bereits bei Mischungen mit nur &DMS = 0,Ol betragt der DMS-Anteil in der Oberflache schon 100 %. Auch bei den entsprechenden Copolymeren reichem sich die DMS-Gmppen bevorzugt in der Oberflache an. 1-
Q c
0.8.
M
. Mischungen
Copolyrnere
.a 0,2.
0,0001
'hMS(Vo1umen)
0,001
0.0 1
0.1
- bDMS im Volumen +
1
Abb. 9-2 Anteile von DMS-Gruppen in Polymermischungen oder Copolymeren [2].
27 1
9. Polymere in und an Grenqtldchen
Tab.9-2 In der O m h e angereicherte Gmppen, Monomereinheiten oder Polymersegmente. PolymeE (ieweils gegen Luft)
Anreicherungin der Oberfkhe
Poly(2-vinylpyridin) Aromatishe Polyimide Poly(styro1)-block-ply (oxyethylen) Poly(viny1chlorid)+ Poly(a-methylstyroI-co-acrylnitril) Poly(dimethyki1oxan) + Poly(bispheno1A-sulfon) Poly(dimethylsir0xan) + Poly(bispheno1Acarhnat)
-CH2-,
SH-
>N-C& *H8XH(C6HSk XHZ-CHCl-oSi(CH3)2-OSi(CH3)2-
In der Oberfliche halten sich im Gfeichgewicht bevorzugt die Polymersegmente mit den niedrigsten Gibbs-Oberflichenenergien auf. Diese Segmente sind nicht notwendigenveise die polarsten oder hydrophilsten (Tab. 9-2). Da die Oberflichenenergie vom Grenzflichenpartner abhiingt (Luft, Wasser, Metallobefflichen usw.) und auch kinetische Einflilsse mtlglich sind (thermische Vorgeschichte, beim Filmgiessen verwendete Ltlsungsmittel usw.), kann ein Polymeres je nach den Bedingungen verschiedene Zusammensetzungen der Oberfliche und damit auch unterschiedliche OberflBcheneigenschaften aufweisen (Oberflichenspannung. Adhision, usw.). Bei kristallisierbaren Polymeren migriert z.B. die Komponente mit der niedrigeren Kristallinitit zur ObefflBche.
9.2.
Grenzflachenspannungen
9.2.1. Grundlagen Das reversible Bilden/VergrOssern einer Grenzfliche erfordert eine Grenzflgchenarbeit, die bei isothermen Vorgiingen mit der auf die Einheitsfliche bezogenen Helmholtz-Energie identisch ist. Die Grenzflichenarbeit wird entsprechend in J/m2 = N/m gemessen. Sie ist als Kraft pro Lugeneinheit eine Grenzflachenspannung (E: interfacial tension) bzw. Oberflachenspannung (E: surface tension). Grenz- und Oberflichenspannungen werden jetzt meist in mN/m angegeben, friiher in dyn/cm (1 dyn/cm = 1 mN/m). Oberflichenspannungen treten auf, weil die sich an der Oberflache befindenden Segmente weniger physikalische Bindungen zu ihresgleichen ausbilden kdMen als die sich im Innem des Ktlrpers befindenden, von allen Seiten von gleichartigen Segmenten umgebenen. Das Gleiche gilt fiir Grenzflichen zwischen zwei kondensierten Phasen. Die Energie dieser "fehlenden" Bindungen ist die Oberflachenenergie (s. unten).
9.2.2.
Messmethoden
Oberflichenspannungen sind bei niedermolekularen Fliissigkeiten und auch bei vielen verdiinnten Polymerlasungen mit verschiedenen Methoden messbar. Nur wenige eignen sich davon jedoch f i r hOherkonzentrierte Polymerlgsungen oder fliissige Polymere, und zwar einmal wegen der hohen Viskosititen und zum anderen wegen der Abhiingigkeiten dieser Viskosititen von der Scherspannung und evtl. der Zeit (Kap. 12.1.2).
212
9.2. Grenzflachenspannungen
Nicht brauchbar sind demnach dynamische Methoden wie die Ringabreiss- und die Kapillarmethode, da die gemessenen Oberflachenspannungen hier noch von der Geschwindigkeit der Messung abh3ngen. Geeignet sind dagegen alle statischen Methoden (Methode des hhgenden Tropfens, Wilhelmy-Plattenmethode). Bei der Wilhelmy-Methode wird eine Platte teilweise in eine benetzende Fliissigkeit getaucht. Auf die Platte wirkt in Abwirtsnchtung die Oberflachenspannung fiv der Fliissigkeit. Wenn die Platte vollsttindig benetzt wird und ihre untere Ecke sich gerade in HUhe der Fliissigkeitsoberflache befindet, dann ist die auf die Platte wirkende Kraft gleich fivLper. wobei Lper der Perimeter der Platte ist. Durch Messen des Auftriebs der Platte in Luft und in Kontakt mit der Fliissigkeitsoberfllche ist dann die Oberflachenspannung berechenbar. Da die Kontaktwinkel 6 bei hochviskosen Fliissigkeiten schwierig zu ermitteln sind, wird die Methode nur zum Messen der Oberflachenspannung zwischen dem Polymeren und einer Fliissigkeit verwendet, nicht aber zum Messen der Grenzflkhenspannung zwischen zwei polymeren Flussigkeiten. Die Form eines hungenden Tropfens wird durch die Schwerkraft und die Oberfllchenspannung beeinflusst. Der Tropfen wird photographiert und dann der Durchmesser an verschiedenen Stellen gemessen. Die daraus berechenbaren Formfaktoren miissen iibereinstimmen, wenn das hydrodynamische Gleichgewicht erreicht ist. Eine auf eine feste Oberfliche aufgebrachte Fliissigkeit spreitet meist nicht vollig, sondern bildet einen Tropfen mit einem Kontaktwinkel 6 zwischen Fliissigkeit und FestkUrper aus (Abb. 9-3). Zwischen dem Festkdrper (Index s), der Fliissigkeit (Index 1) und dem Dampf (Index v) bestehen Grenzfllchenspannungen x, ( i f j = s, 1, v). Beim Verschieben des Tropfens urn eine kleine Flache AA iindert sich die Gibbs-Oberfllchenenergie AGa entsprechend dem Vektordiagramm der Abb. 9-3 um
(9-1)
A G a = AA(ys1- ysvo) + AAnv cos (6 - A 6 )
Im Gleichgewicht gilt lim dAG$dAAU+o = 0. Aus Gl.(9-1) erhalt man dam die Beziehung y s ~- ysv + nV cos 6 = 0, da A6/AA sich d s Differential 2. Ordnung verhat und im Grenzfall AA + 0 gleich Null wird. G1.(9-1) wird zur Young-Gleichung:
Der Kontaktwinkel z9 zwischen der Oberfl2che und dem Tropfen bestimmt, wie stark ein Fliissigkeitstropfen auf einer festen Oberflache spreitet: vollst%ndig bei 6 = 0" und iiberhaupt nicht bei 6 = 180" (Abb. 9-3). Der Cosinus des Kontaktwinkels misst die Benetzbarkeit der Oberflache @: wetting).
Abb. 9-3 Kontaktwinkelt9, Radius R des Kontaktkreises und die Grenzfichenspannungen (s. Text).
273
9. Polymere in und an Grenzjldchen
Als Folge der Rauigkeit wird bei glasartigen und semikristallinen Polymeren ein experimenteller Wert lorau anstelle des theoretischen Kontaktwinkels lo gemessen. Die Kontaktfliiche Fliissigkeit-Polymers versucht sich wegen der Oberfliichenrauigkeit zu vergr6ssem. Dieser Tendenz iiberlagem sich die Wirkungen von Kohiision und Adhllsion. Bei schlecht spreitenden Fliissigkeiten (lo > 90") iiberwiegt die Kohiision. Die Vergrtissemng der Oberfliiche durch die Rauigkeit wird dann durch eine Zunahme des Kontaktwinkels ausbalanciert (&au > 19). Bei gut spreitenden Fliissigkeiten (lo < 90")hemcht die Adhiision vor. Auf einer aufgerauten Oberfliiche spreitet daher die Fliissigkeit iiber eine grtlssere Fliiche als auf einer glatten. Der Kontaktwinkel nimmt folglich ab (lorau < 19). Die Rauigkeit T ist somit auch gleich T = cos loraJcos lo. Sie kann durch Adsorptionsmessungen ermittelt werden. Aus r und lorau erhiilt man d a m den Wen von 19. Raue Oberfllchen liegen auch bei Schmelzen vor. Als Folge der Bmwn'schen Wiirmebewegung ragen n h l i c h einige Molekiilsegmente st2rker aus der Oberflache als andere. Nach Messungen der Neutronen- und R6ntgenbeugung sollen die H6henunterschiede zwischen den "Bergen" und den "Tillem" ca. (0.5-1) nm betragen.
9.2.3.
Zeiteffekte
Die Struktur frisch gebildeter Grenzflachen hdert sich mit der B i t ; sie strebt einem Gleichgewichtszustand zu. Man unterscheidet entsprechend dynamische (Nicht-Gleichgewichts-) und statische (Gleichgewichts-) Grenzfliichenspannungen. Die zeitliche Anderung der Grenzfllchen- bzw. Oberfllchenspannungen wird bei konstanter Temperatur durch die Konstitution der Grundbausteine und Endgruppen, die Molmassenverteilung. das Substrat und die Natur der kontaktierenden Phase kontrolliert, bei Usungen femer noch durch die Viskositat des Llisungsmittels (Abb. 9-4).
10-1
1
10
102
Id
104
16
106
- (fl"hlR0N + Abb. 9-4 Relative TropfengrOsseRIRo von verschieden konzentrierten LOsungen (OOAO+)von Poly(is0butylen) (PIB) in Dekalin (23°C)als Funktion der reduzierten Zeit xVfyf/@o(s. Text) [31. Mit M i c h e r Genehmigungdes Steinkopff-Verlages,Darmsradt.
214
9.2. Grenzfliichenspannungen
Diese chemischen und physikalischen Strukturgriissen sowie die Polymerkonzentration beeinflussen wiederum die Obefflachenspannung nV und die Viskositat q1 der L(isungen sowie den Radius R des Kontaktkreises (s. Abb. 9-3). Die Zeitabhllngigkeit der Benetzung kann durch die h d er u n g der dimensionslosen Griisse RIRo als Funktion der dimensionslosen Zeitgrtjsse (nv/qlRo)t beschrieben werden. Nach Abb. 9-4 wird die Benetzungskinetik vom Radius Ro der Tmpfen vor der Benetzung kontmlliert, da Ro in der relativen Tropfengriisse RIRo enthalten ist. Die Benetzung erfolgt anfhglich unabhllngig vom Substrat, in Abb. 9-4 also vom Glas oder von Poly(tetrafluorethy1en)(IPTFE) als Unterlage. Beim FTFE streben schliesslich RIRo sowie cos 29 (nicht gezeigt) jeweils einem konstanten Wen zu. Da hier 1.9 = 98" betrllgt, wird PTFE von PIB in Dekalin nur schlecht benetzt. Anders ist es bei Glas als Unterlage. Bei griisseren Zeiten nimmt RIRo linear rnit der reduzierten Zeit (.nV/q1Ro)t zu. w W n d cos 29 asymptotisch dem Wert 1 zustrebt (nicht gezeigt). Da der Kontaktwinkel somit bei unendlich grosser Zeit den Wert 0" annimmt. wird Glas vollstbdig von PIB in Dekalin benetzt. Die Zeitabhbgigkeit der Benetzung wird auch durch die Endgruppen des Polymeren beeinflusst (Abb. 9-5). Bringt man z.B. das glasartige Poly(styro1) (TG = 100°C) rnit H als Endgruppen bei 40°C in Kontakt mit Wasserdampf, so bleibt der Kontaktwinkel eines auf dem Polymeren liegenden Wassertropfens zeitlich konstant. Beim Poly(styro1) rnit den hydrophoben Endgruppen SiF3 ist der Kontaktwinkel anfbglich weit grosser und er strebt nur langsam dem gleichen Wen wie bei H zu. Die hydrophoben Gruppen werden also langsam im Innem des Poly(styro1)s begraben. Bei den hydmphilen Endgrup pen COOH ist dagegen der Kontaktwinkel anf&glich gleich wie bei H als Endgruppe. Mit zunehmender Zeit wandern jedoch immer mehr COOH-Gruppen an die Oberflache. Die Kontaktwinkel werden kleiner und die Benetzbarkeit der Obefflache nimmt zu. Diese Beobachtungen zeigen, dass die Oberflachen von "glasartigen" Polymeren nicht starr sind. Nach Untersuchungen rnit der Rasterkraftmikroskopie nehmen sie vielmehr eine gummiartige Konsistenz an. Zusatzlich werden auch WONWeichmachungseffekte aufueten. z.B. durch Wasserdampf bei dem Poly(styro1) mit COOH-Endgruppen.
.
60
,:*
,
. . , , . .:.
. . .:,
.,
,;..; ,
,
,COOH
50 0
50
100
-tlh +
150
Abb. 9-5 Kontaktwinkel 19 von Wassertropfen auf Poly(styro1)-0ber;ichen als Funktion der Einwirkz i t von Wasserdampf bei 4OoCauf die Oberflachen vor dem Platzieren der Tropfen [4]. Die Poly(styrole) besassen die Endgruppen H (a), SiF3 (0)oder COOH (0).Mit freundlicher Genehmigung der Materials Research Society, Warrendale, PA.
275
9. Polymere in und an Grengdchen
' I
CH,
204 0
*
.
'
0,Ol
.
. 0,02
'
0,03
-
.
.
0,04
- M,-m / (S mol-l)-*D +
'
*.
0,05
Abb. 9-6 Oberfhchenspannung nv flussiger Poly(oxyethy1en)eR(OCHZCH~),ORmit den Endgruppen H.CH3CO und C H 3 bei 24°C als Funktion des Zahlenmittels der Molmasse gem&%G1.(9-3).
9.2.4.
Oberflachenspannung von Polymerschmelzen
Die Oberfllchenspannung nv fliissiger Polymerer hwgt von deren chemischer Struktur (Grundbausteine, Endgruppen. Molmassen) sowie von der Temperatur ab. Empirisch wurde eine Abhwgigkeit von der 213. Potenz der rezipmken Molmasse gefunden: (9-3) Die Neigungskonstante Kend ist bei flussigen Poly(oxyethy1en)en gegen Luft umso negativer, je apolarer die Endgruppen sind (Abb. 9-6). Die Griisse nV,, ist eine von der Molmasse der Polymeren und der Natur der Endgmppen unabhagige Stoffkonstante. Die Oberfllchenspannungen nV von Schmelzen beziehen sich in der Regel auf Polymere unspezifizierter (meist hoher) Molmasse (Tab. 9-3). Oberflachenspannungen nehmen linear mit der Temperatur ab; AnV/AT betrlgt ca. 0,095 mN/(m K) bei Poly(oxyethy1en)en und ca. 0,080 mN/(m K) bei Poly(oxytetramethy1en)en (vgl. Abb. 9-7). Tab. 9-3 OberfCkhenspannungen nv von Schmelzender Polymeren 1 und Grenzfliichenspannungen a zwischen zwei fliissigen Polymeren,jeweils in mN/m bei 150°C. F"E(180°C): = 9.4 m N h .
M(mN m-l) der Polymeren 1 gegen die folgenden Polymeren 2
Polymer 1 Name
nv,l
PDMS
it-PP
PDMS it-PP PVAc PE PS PMMA PEOX
13.6 22,l 21,9 28,l 30,8 31,2 33,O
0 3,O 1,4 5,4 6,O
3,O 0
-
9,8
1,l 5.1
PBMA PVAC 3,8
7,4
2,8 5.2
0 11,O 3.7
1,8
PE 5,4 1,l 11,o 0 5,7 9,5 9,s
at-PS PMMA PEOX 6,O 5,l 3.7 5.7 0 1,6
-
9,8 93 1,6 0
93 0
276
9.2.5.
9.2 GrenzjEchenspannungen
Oberfliichenspannung von Polymerlosungen
Die Oberflachenspannung von Ldsungen amphiphiler Pol ymerer nimmt genauso wie diejenige entsprechender niedermolekularer Substanzen mit steigender Konzentration zunachst ab und wird dam oberhalb einer kritischen Mizellkonzentration CMC konstant (Abb. 9-7, unten). Oberhalb der CMC ist die Oberflache vollsthdig rnit amphiphilen Molekulen bedeckt, deren hydrophile Enden sich im Wasser und deren hydmphobe Enden sich in der Luft befinden (vgl. Band I, Abb. 10-19). Bei manchen Polymeren beobachtet man jedoch oft einen stufenformigen Verlauf der Funktion log nV =f(w2) (Abb. 9-7, oben). Dieses Phhomen stammt bei den Poly(oxyethylen)-block-Poly(oxypropylen)-block-(Polyoxyethylen)en vermutlich von einer kinetisch kontrollienen Reorganisation der Bldcke, deren beide hydrophile Endbliicke sich ja im Wasser befinden mussen und deren hydrophober Mittelblock aus dem Wasser ragen sollte. Der Effekt nimmt entsprechend mit steigender Molmasse zu (zunehmende kinetische Hinderung) und rnit hdherer Temperatur ab (zunehmende Beweglichkeit).
t
45
hw= 16 200 g/mol 30°C
h
'i 35 E
&-'I
10-7
i@
10-5
1~
- w2
-
10-3
10-2
10-1
1
Abb.9-7 Oberflkhenspannungen Hv wassriger Losungen von Poly(oxyethy1en)-block-Poly(oxypr0py1en)-block-Poly(oxyethy1en)en -COCH2CHMH2CH(CH3)+WCH2CH& (m/n = 2,65) als Funktion des Massenbruchs w2 der Polymeren [5].
9.2.6.
Grenzflichenspannung zwischen zwei Fliissigkeiten
Die Grenzflachenspannungen zwischen zwei flussigen Polymeren sind immer niedriger als die Oberflachenspannungen der Polymeren selbst (Tab. 9-3). Sie sind im allgemeinen umso hdher, je starker sich die Polaritaten der beiden Polymeren unterscheiden. Die Grenzflichenspannung von Poly(ethy1en) gegen itPoly(propy1en) betragt z.B. nur 1,l mN/m, die von Poly(ethy1en) gegen Poly(oxyethy1en) dagegen 9.5 mN/m. Andererseits weist das polare Poly(oxyethy1en) gegen das polare Poly(dimethylsi1oxan) die hohe Grenzflachenspannung von 9.8 mN/m auf. Die Oberflachenstruktur des Poly(oxyethy1en)s muss daher im Kontakt mit Poly(dimethylsi1oxan) anders als im Kontakt rnit Poly(ethy1en) sein.
277
9. Polymere in und an Grenrfldchen
9.2.7.
Kritische OberflHchenspannung Festkiirper-Fliissigkeit
Die Grenzfliichenenergie E~ zwischen Festkiirper und Dampf ist in die Oberflichenenergie yso des Festkiirpers und einen Spreitungsdruck & aufteilbar , (E: spreading pressure), der den Ausbreitungsdruck des gesiittigten Ltisungsmitteldampfes auf der festen Polymeroberfliiche im Gleichgewicht angibt: (9-4)
Ysv
= YS0 + ne.,
Im Vakuum wird der Gleichgewichtsdruck gleich null. Bei Kontaktwinkeln t9 + 0 wird auch Lfq + 0. Bei endlichen Kontaktwinkeln nimmt jedoch betrichtliche Werte an, z.B. nq = 14 mN/m fiir Wasser auf Poly(ethy1en). Die OberflPchenenergie 'yso des FestkSrpers ist eine wichtige Materialkonstante. Sie ist jedoch nicht direkt messbar. Man hat daher versucht. sie mit den verschiedensten Methoden abzuschitzen. Man kann einmal den Kontaktwinkel t9 einer Fliissigkeit gegen ein fesres Polymeres messen und so die Grenzflichenspannung yS1bestimmen. Mit der bekannten Oberflichenspannung xv der Fliissigkeit und der Young-Gleichung lisst sich dann die GrenzflkhenspaMung ysv des festen Polymeren ausrechnen. Altemativ kann man auch die Grenzflichenspannung 'ysl von geschmolzenen Polymeren gegen eine niedermolekulare Flussigkeit ermitteln und daM die bei verschiedenen Temperaturen erhaltenen Werte auf die Temperatur des festen Polymeren extrapolieren. Die letztere Methode ist bedenklich. da einmal iiber einen grosscn Temperaturbereich extrapoliert werden muss und zum anderen die Polymerstrukturen in den festen und den geschmolzenen Oberflgchen verschieden sein k6Men. Derartige Unterschiede manifestieren sich z.B. im Kontaktwinkel. Er betriigt z.B. Null fiir geschmolzenes Poly(buty1methacrylat) gegen festes Poly(viny1acetat). aber 42" fiir geschmolzenes Poly(viny1acetat) gegen festes Poly(butylmethacry1at). Vie1 verwendet wird das Zisman-Verfahren,bei dem fiir ein Polymeres bei konstanter Temperatur die cos leWerte fiir verschiedene Liisungsmittel gegen die Oberflichenspannung nv dieser Liisungsmittel aufgetragen werden (Abb. 9-8).
1'
= 8
0,s.
I 0.
RA PFP FEE
PE
278
9.2. Grenzflachenspannungen
In vielen FUen wird empirisch eine gerade Linie gefunden. Man kann also schreiben
Der Grenzwert 7mitder Oberflachenspannung bei cos 19 = 1 entspricht einer v6lligen Benetzung. Er wird daher kritische Oberflachenspannung yait des Polymeren genannt (E: critical surface tension). Die haufig gefundene, praktisch lineare Beziehung zwischen cos 6 und .nv gilt dabei nicht nur ftir Kontakte des gleichen Polymeren mit homologen Reihen m i c h e r Fliissigkeiten (z.B. Alkane oder Alkohole), sondem auch fiir Kontakte mit den verschiedensten Typen von Fliissigkeiten. Beim Poly(ethy1en) der Abb. 9-8 wurden bei 20°C 2.B. so unterschiedliche Fliissigkeiten wie Benzol (nV= 28,9 mN/m), 1,1,2,2-Tetrachlorethan (xv= 36.0 mN/m), Formamid (.nV = 58,2 mN/m) und Wasser (nV= 72,O mN/rn) verwendet. Die kritische Oberflachenspannung yait der Polymeren scheint eine An Materialkonstante zu sein. Sie ist jedoch weder mit der Oberflachenenergie yso noch rnit der Grenzflachenspannung 'ySv des Polymeren identisch (G1.(9-5) und (9-2)). Die theoretische Bedeutung der kritischen Oberflachenspannung ist daher umstritten. Die Werte von 7ait und 7sv sind aber nicht sehr verschieden (Tab. 9-6). Der Wen von 7sysl in den Gl.(9-1) und (9-2) muss daher klein und vemachlassigbar sein. Die kritischen Oberflichenspannungen aller bekannten festen Polymeren sind niedriger als die Oberflachenspannung des Wassers von 72 mN/m bei 20°C (Tab. 9-4). Alle Polymeren werden daher relativ schlecht von Wasser benetzt. Die kritischen Oberflachenspannungen von fluorhaltigen Polymeren sind besonders niedrig. Sie werden aber nicht nur von Wasser schlecht benetzt, sondem auch von Olen und Fetten, da solche Substanzen als Glycerinester der Fensauren Oberflachenspannungen von ca. (20-30) mN/m besitzen. Mit Fluorpolymeren beschichtete Bratpfannen und Kochtgpfe verhindem daher das Anbacken. m i c h wirkt Poly( 1.4-phenylensulfid). Tab. 9 4 Kritische Obernchenspannungenyc", und Grenzflkhenspannungen xv verschiedener Substanzen bei 20°C. * Poly[(lH,lH,2lf,W-heptadekafluordecyl)methylsiloxan]. O m h e
cOSi(CH&~ioH.tFid-I, * Poly(hexafluorpropy1en) Poly(dimethylsi1oxan) Poly(tetrafluorethy1en) Poly(propylen), it Poly (vinylidenfluorid) Poly(ethy1en) Poly(vinylalkoho1) Poly(viny lfluorid) Polyamid 6 SWe Poly(styro1) Poly(viny1chlorid) Cellulose (aus Baumwolle)
7 17 20,4 23.9 29,4 33.2 36,8 37 38,4 38,4 39 40,7 41Q 42
14,O 30.3 33,l 36,7 42.0 41.5
Poiy(ethy1enterephthalat) Poly(oxymethy1en) Wolle Poly(vinylidench1orid) Cellulose(:! 1D)acetat Eisen Polyamid 6,6 Kupferphthalocyanin Natriumsilikat Hamstdf-Fmaldehyd-Han. Wolle, chloriert
Q= Titandioxid (Anatas) Schwefel
44,6 44.6 45 45,4 45,9 46 46 46,9 47 61 68 78 91 128
41,3 45 43,2
9. Polymre in und an Grenzjlachen
279
9.3. Spreitung von Polymeren auf Hypophasen UnlUsliche Molekule spreiten auf fliissigen Obemllchen (Hypophasen), was mit einem Pockels-Langmuir-Trog gemessen werden kann (Band I). Drei Seiten dieses Troges sind starr, w m n d die vierte Seite durch einen leichtbeweglichen Schwimmer begrenzt ist. Auf diesen Schwimmer wird durch eine bestimmte Menge gespreiteten Materials bei einer bestimmten n i c h e ein Oberflachendruck ausgeubt. Die Messungen dieses Druckes sind nicht einfach auszufiihren, da bei kleinen Materialmengen auch nur kleine Drucke hemchen und die OberflSLche der Hypophase peinlich sauber sein muss. Bei einer grossen. pro gespreitetem Molekiil verfiigbaren FlBche ist der OberflBchendruck gering (Abb. 9-9). Beim weiteren Verkleinem der Flache steigt er erst langsam an, dann aber plUtzlich sehr steil. Da die Molekiile jetzt dicht gepackt sind, setzen sie dem weiteren Verkleinem der Flgche einen immer grtisser werdenden OberflSlchendruck l7a entgegen. Schliesslich kollabiert die gespreitete Molekillschicht. Die dicht gepackten Monomermolekule sind geeignet polymerisierbar. Im Bereich des steilen Anstiegs der na-Werte sind die Funktionen l7a =AA) fiir das Monomere und das Polymere praktisch identisch: bei der Polymerisation der gespreiteten Molekule wird die Packung der Monomereinheiten praktisch nicht ge3ndert. Der Kollaps der durch Polymerisation der gespreiteten Monomeren erhaltenen Polymeren erfolgt jedoch bei etwas kleineren OberflBchen und etwas hUheren Oberfliichendmcken, weil die Monomereinheiten durch die kovalenten Verkniipfungen weniger beweglich werden. Polymerisiert man jedoch die Monomeren in LUsung und spreitet die so erhaltenen Polymeren, so setzt der Oberflichendruck schon bei grUsseren Oberflachen ein, die Kompression verliluft sanfter, und die OberflHchenschicht kollabiert bei gr6sseren FIBchen und kleineren Oberflllchendrucken. Die zunlchst einzeln vorliegenden Polymerm u e l durchdringen sich beim Verkleinem der verfiigbaren Flache. Sie werden dann komprimiert. Die erreichbare OberflBchenstruktur ist weniger kompakt als die durch Polymerisation eines fest gepackten Monomeren erhaltbare und setzt dem Kollaps weniger Widerstand entgegen.
Abb. 9-9 Oberfliichendruck l7, als Funktion der molaren Obemche A, (pro Stoffmenge Monomereinheit) eines monomeren Lipids M bzw. dessen durch Polymerisation in LOsung (Ps)oder in der Oberfkhenschicht (Pd hergestellte Polymere. Spreitungenauf Wasser [7l.
280
9.3. Spreitung von Polymeren auf Hypophasen
Der Oberflachendruck na(in Kraft/Llnge) entspricht einem zweidimensionalen osmotischen Druck. Bei sehr kleinen Oberflichenkonzentrationen c, (in Massemache) ist der Oberflgchendruck folglich der Zahl der Polymermolekiile proportional. Bei etwas htiheren Konzentrationen sind noch Effekte des ausgeschlossenen Volumens zu beriicksichtigen. In Analogie zum dreidimensionalen Fall gilt (vgl. GI.( 10-48)): (9-6)
nJ(RTc$ = (l/%,,) + A 2 2 , a ~ a+ ...
Der 2.Virialkoeffizient A22.a bezieht sich hier auf die Massekonzentration Ca in der OberfMche (in MasseFliche). Analog kaM man auch auf die Stoffmengenkonzentration [Pa]= c$%,, der Polymermolekiile - an der Oberflache beziehen. Der 2.Virialkoeffizient wird dann zu A22,p = A22,aMn2. Er ist nicht mit dem aus membranosmotischen Messungen an verdiinnten Liisungen erhaltenen A2,0p identisch. Bei Poly(methylacry1at) an einem WasserLuft-Gemisch nimmt der reduzierte Oberflichendruck n & f / ( R T c $ = n J ( R T [ P J ) verdiinnter LBsungen direkt mit der Stoffmengenkonzentration [Pa] zu (Abb. 9- 10, Einblendung); der 2.Virialkoeffizient A22,p ist also positiv. Beim Poly(methylmethacry1at) ist jedoch bei einer derartigen Auftragung die Anfangsneigung negativ, was entweder auf einen negativen zweiten Virialkoeffizienten oder eine Assoziation der gespreiteten Molekule hinweist (vgl. auch Kap. 10.5.2). Bei htiheren Oberflachenkonzentrationen, also bei kleineren reziproken spezifischen Oberflichen, nimmt der reduzierte Oberfllchendruck oberhalb einer kritischen OberflBchenkonzentration stark zu (Abb. 9-10). Der Anstieg setzt bei umso niedrigeren Konzentrationen ein. je h6her die Molmasse des gespreiteten Polymeren ist.
10-5
10-4
- ca/ (g m-2)
10-3 j
Abb. 9-10 Logarithmus des reduzierten Oberfkhendruckes 17,MI(RTca) als Funktion des Logarithmus der Oberfhchenkonzentration c. fiir zwei Poly(methylacrylat)e (PMA) der Molmassen 4200 ( 0 ) bzw. 12 OOO g/mol ( 0 )auf Wasser gegen Luft bei 15OC [8]. Einblendung: Reduzierter OberfUchendruck als Funktion der OberfUchen-Stoffmengenkonzentration Pa]fiir das Poly(methylacry1at) mit M = 4200 g/mol (0) sowie ein Poly(methy1methacrylat) (PMMA,+) mit M = 3300 g/mol auf Wasser gegen Luft bei 15°C bei niedrigen Konzentrationen [8].
28 1
9. Polymere in und an Grenzjliichen
Der dimensionslose reduzierte osmotische Oberflilchendruck TIJUfRTCaist eine Funktion der Oberflichenkonzentration Ca: (9-7)
n$Ml(RTc$ = Kw caw
(fiir hohe Werte von
CJ
Der Exponent w ist dabei unabhbgig von der Molmasse M . Die Skalierung liefert fiir w einen Wen von 1/(2 y - l), wobei y der Exponent in der Beziehung sa Xyb zwischen
-
dem zweidimensionalen Trigheitsradius Sa einerseits und dem Polymerisationsgrad X und der Monomerliinge b andererseits ist. Die Kurven fiir alle Molmassen fallen zusammen, wenn als Abszisse eine reduzierte Konzentration c/c* gewWt wird (vgl. auch G1.(10-22) fiir den dreidimensionalen Fall). Der Faktor y wurde mit verschiedenen Methoden theoretisch berechnet. Bei Spreitungen auf "guten" Ltlsungsmitteln stimmen alle Verfahren wie Monte Carlo-Statistik, kreuzungsfreie Schritte auf dreieckigen Gittem, Mean-Field usw. uberein, dass der Wert exakt oder praktisch y = 3/4 betragen soll. In G1.(9-7) sollte somit der Exponent o = 2,OO sein (Abb. 9-10). Derartige Werte wurden auch fiir die auf Wasser gespreiteten hydrophilen (aber wasserunlbslichen) Polymeren Poly(tetrahydr0furan) +O-(CH2)4-S; und Poly(vinylacetat) +CHyCH(OOCCH3)+ gefunden. Fur Spreitungen auf thermodynamisch schlechten Liisungsmitteln schwanken dagegen die Vomersagen fiir den Exponenten y zwischen 2/3 (Mean-field-Theorie mit lediglich temilren Wechselwirkungen) und 112 (idealer Irrflug). Es scheint jedoch, dass Berechnungen kreuzungsfreier Schritte auf einem Honigwabengitter am korrektesten sind; sie gaben y = 4/7 = 0,571. Fur Poly(methylmethacry1at) auf Wasser gegen Luft wurde experimentell z.B. y = 0.53 erhalten, also o = 16,7.
9.4.
Adsorption auf festen Oberflachen
9.4.1. Grundlagen Die Adsorption geloster makromolekularer Verbindungen an feste Grenzflachen unterscheidet sich charakteristisch von derjenigen niedermolekularer Substanzen. Kleine Molekule sind in erster Niiherung mehr oder weniger kugelfbrmig; sie bilden rnit der Oberflilche nur einen einzigen Kontakt aus. Die Zahl der Kontakte pro Flacheneinheit bestimmt dann die Belegung. Bei niedermolekularen Substanzen genugt es daher, Adsorptionsisothermen und deren Temperaturabhhgigkeit zu messen. Stdbchenartige Makromolekule. die nur iiber die Endgruppen adsorbiert werden. verhalten sich wie Kugeln. Das adsorbierte Molekiil besitzt nur einen einzigen Kontakt mit der Oberflache; seine Lbgsachse steht praktisch senkrecht zur Festkbrperoberflache. Wenn jedoch mittelstindige Gruppen adsorbiert werden, dann konnen sich sehr viele Kontakte mit der Festkbrperoberflache ausbilden. und das Stabchenmolektil lagert sich flach auf der Obeffllche. Anders ist es bei Kettenmolekiilen. Viele potentiell adsorbierbare Gruppen (Segmente) garantieren hier weder eine besonders starke Adsorption pro Molekiil noch eine Adsorption uberhaupt. Die Adsorption wird vielmehr durch mehrere Faktoren kontrolliert.
282
9.4. Adsorption auf festen Oberfkichen Schwanz Schleife Schleppzug
schwacher Grenzfall
starker Grenzfall
Abb. 9-11 Oben: schwache und stark GrenzMe der Adsorption von kniiuelf6rmigen Makromolekiilen iiber Schleifen (E: loops), Schleppziige (E: trains) und Schwhze (E: tails). Unten: Segmentkonzentration csegder adsorbierten Kniiuel als Funktion des Abstandes d von der pro Segment. OberfUche des Adsorbens bei vexhedenen Adsorptionsenergien bg
Die Adsorption wird gewuhnlich durch eine Austauschenergie (E: exchange energy) bzw. Bindeenergie (E: binding energy) AGseg pro Segment charaktensiert. Diese Energie setzt sich nach AGseg = AHseg - TAASseg aus dem Energiegewinn AHseg durch die Adsorptionsenthalpie und dem Energieverlust -TAMseg = -T(AS,onf - ASsolv)seg zusammen. Die Adsorption einer Kettengruppe verringert n-lich notwendigerweise die Zahl der muglichen Makrokonformationen eines Kettenmolekiils, was zu einem grossen Entropieverlust fiihrt. Gleichzeitig realisiert man aber auch einen kleinen Entropiegewinn, da auf der FestkUrperoberflache adsorbierte LCisungsmittelmolekiile freigesetzt werden. Bei den meisten Adsorptionen von kettenformigen Homopolymeren ist die Austauschenergie klein. Man befindet sich hier im Grenzfall des schwachen Adsorptionsgebietes (E: weak adsorption limit), in dem die adsorbierten Ketten Schwtinze, Schleifen und Schleppziige ausbilden (Abb. 9- 11). Solche kleinen Austauschenergien pro Segment fiihren aber bei langen Polymerketten zu einer grossen Bindcenergie pro Molekul. Die adsorbierte Menge kann daher immer noch betrachtlich sein. Im anderen Grenzfall der starken Adsorption (E: strong adsorption limit) werden viele Kontaktpunkte ausgebildet. Die Schleifen sind niedrig und die Schwhze kurz. Die Adsorptionsschicht ist somit nicht sehr dick (Abb. 9-1 1).
9.4.2.
Methoden
Adsorptionen kUMen mit einer grossen Zahl sich erghzender Methoden studiert werden. Die adsorbiexte Menge ist am genauesten durch szintographische Bestimmung radioaktiv markierter Polymerer ermittelbar. Infrarot-, Kemresonanz- und Elektronenspinresonanzspektroskopie liefem nicht nur die adsorbierte Menge, sondem auch die Konformation der adsorbierten Segmente. Schichtdicken und Polymerkonzentrationen in der adsorbierten Schicht erhalt man durch Ellipsometrie, d.h. die Anderung elliptisch polarisierten Lichtes nach der Reflexion an der mit der adsorbierten Schicht bedeckten Oberflkhe. Die Schichtdicke erh2lt man auch durch direktes Messen der Krafte zwischen zwei Oberflachen, die jeweils mit dem adsorbierten Polymeren bedeckt sind (vgl. Abb. 9-15). Indirekter und oft schlecht interpretierbar sind hydrodynamische Methoden, z.B. Viskositatsmessungen.
283
9. Polymere in und an Grenzj7dchen
9.4.3.
Zeitabhiingigkeit
Die Adsorption von Polymeren erfolgt langsamer als bei kleinen Molekulen, weil (a) die Diffusionskoeffizienten niedriger sind und (b) die zuerst gebildeten Makrokonformation sich spilter umlagem. Das "Adsorptionsgleichgewicht" von Polymeren wird an glatten Oberflilchen (Filmen) in Minuten bis Stunden erreicht, bei rauhen Obeflkhen und an Pulvem oft spgter. Die pro Flkheneinheit adsorbierte Masse des Polymeren und die Dicke der Adsorptionsschicht steigen kontinuierlich bis zu konstanten Endwerten an (Abb. 9-12). Die Polymerkonzentration in der adsorbierten Schicht nimmt dagegen zuerst ab und wird erst dann allmiihlich konstant. Bei der Adsorption kniluelfdmiger Makromolekiile spielen sich daher folgende Vorg a g e ab. In sehr verdunnten Ldsungen liegen die Makromolekiile isoliert vor. Sie m f fen an der Festkdrperobeflilche als Knguel ein und werden don unter Verdmgung von LUsungsmittelmolekiilen an nur wenigen Kontaktpunkten "dreidimensional" adsorbiert (Abb. 9-11). Mil zunehmender %it werden mehr Molekiile adsorbiert; die adsorbierte Masse nimmt zu und erreicht schliesslich bei linearer Auftragung (!) einen scheinbaren Endwert (Abb. 9-12, vgl. aber Abb. 9-13). Bei giinstigen energetischen Verhiiltnissen versuchen aber mehr und mehr mittelst2ndige Gruppen bzw. Segmente die FestkUrperoberflilche zu kontaktieren. Das Polymermolekul spreitet sich auf der Oberflache, so dass es schliesslich "zweidimensional"adsorbiert ist. Selbst in sehr verdiinnten Usungen liegen aber hochmolekulare Polymere nicht isolien vor; schon bei verhUnism2lssig niedrigen Polymerkonzenuationen beginnen sich die Polymerkniuel zu iiberlappen. Es konkumeren mehr Polymermolekule um die OberfMche. Die Zeit bis zur Einstellung der Endwerte wird langer. die Schichtdicke grUsser und die Polymerkonzentration in der adsorbierten Schicht niedriger. Polymeradsorptionen erscheinen bei NSeg kontaktierenden Segmenten pro Kette als irreversibel (Kap. 9.4.4). Da aber ein einzelnes Segment im schwachen Grenzfall leicht desorbiert, fluktuieren die Makrokonfoxmationen der adsorbierten Ketten st2ndig.
d mlA
0
50
100
150
- ZeitinMinuten +
200
Abb. 9-12 Schichtdicked, adsorbierteMasse rn pro Fkiche A und Konzentration c, in der adsorbierten Schicht bei der Adsorption von Poly(styro1) ( = 176 OOO g/mol) aus dem schlechten Lijsungsmiuel Cyclohexan (5 mg/mL) an einer Chromoberflkhe [91.
284
9.4.4.
9.4. Adsorption auf festen Oberfachen
Adsorptionsgleichgewichte
Das komplizierte Wechselspiel zwischen Polymerkonzentrationen in Wsungen, Polymerisationsgraden, Adsorptionsenergien pro Segment und Flory-Huggins-Wechselwirkungsparametern fiir Wechselwirkungen zwischen Polymeren und Lbsungsmitteln kann anhand von Berechnungen mit einer quasi-Gittertheorie fiir den starken Grenzfall (Adsorptionsenergie AGSeg= 1 &BT) illustriert werden (Abb. 9-13). Der Logarithmus des Anteils fa der Oberflachenbedeckung durch Polymersegmente steigt bei niedermolekularen Verbindungen (Polymerisationsgrade X = 1 und 10) rnit steigendem Logarithmus des Volumenbruches +p des Polymeren in der Lbsung zun2chst linear und dann schw2cher an. Bei Molekiilen rnit nur einem einzigen Kontakt (X = 1) ist die Oberfl2che bei der Adsorption aus Schmelzen (6= 1) vollstfidig rnit einer Monoschicht des Polymeren bedeckt (fa -+ 1 bei -+ 1). Bei einem Polymerisationsgrad von X = 10 erh2lt man fiir q+, = 1 einf, > 1, also eine Mehrschichtenadsorption. Die Theorie sagt fiir alle Adsorptionsisolhermen log fa =fOog 6 )einen starken anfhglichen (linearen) Anstieg voraus. Experimentell wird jedoch oft ein gradueller Anstieg gefunden, was durch die molekulare Uneinheitlichkeit der Polymeren bedingt ist. Der lineare Anstieg im Henry-Bereich wird oberhalb eines kritischen Volumenbruches &it durch eine flachere Gerade abgelbst (Abb. 9-13), die bei linearer Aufuagung von fa =A&,) wegen des kleineren Konzentrationsintervalls als Pseudoplateau erscheint. Die kritischen Volumenbriiche sind sehr niedrig; beim Beispiel der Abb. 9-13 betragen sie bereits bei X =1 nur & = 10-3. Sie nehmen exponentiell mit dem Polymerisationsgrad ab und erniedrigen sich bei X = 50 entsprechend auf weniger als 6 = 10-lo. Solch niedrige Konzentrationen lassen sich nicht durch VerduMen der Liisungen erreichen. Es tritt daher keine merkliche Desorption auf, was wiedemm bei molekulareinheitlichen Polymeren nicht als irreversible Adsorption gedeutet werden darf. t
10
t
.X =
loo0
X = 50
lo-' .
1
e
'
10-2
10-3.
I
. lo"
lo-5.
X=l
X = 10
1o-7L 10-10
.
. 10-8
10-6
-
10-4
@P
I 1 10-2
1
Abb. 9- 13 Berechnete Oberflkhenbedeckungenf a bei der Adsorption von Polymeren verschiedenen Polymerisationsgrades X = Vpolper/VLiisungSmittel aus Losungen (x, = 1/2) rnit unterschiedlichen T Der kritische Volumenbriichen 6 des Polymeren bei einer Gibbs-Energie von AGseg = 1 ~ B [lo]. Volumenbruch ist nur fiir X = 1 gezeigt.
285
9. Polymere in und an Grenzfllichen
Adsorptionsisothermen sind daher entweder scharf (molekulareinheitliche Polymere) oder gerundet (molekularuneinheitlichePolymere). Desorptionsisothermen sind dagegen immer scharf, weil alle Komponenten nur d a m desorbieren, wenn sich ihre LOsungskonzentrationen weit unterhalb der Erkennungsgrenze befinden. Bei htlheren Polymerisationsgraden ist die Oberflichenbedeckung schon bei sehr kleinen Polymerkonzentrationen vollst2ndig (bei X = 50 wirdf, = 1 schon bei & = 10-4 erreicht!). Bei hUheren Konzentrationen treten hier Mehrfachadsorptionen auf, die sich bei einem Polymerisationsgrad von X = loo0 sogar iiber den ganzen berechneten BeI& S 1 erstrecken. Im Plateaubereich betragen die pro Fliiche adsorreich von bierten Massen einige mg/m2, in Abb. 9-12 z.B. m/A .- 5 mg/m2. Solche Fliichenkonzentrationen entsprechen 2-5 iquivalenten Monoschichten. Adsorptionen von Polymeren aus thermodynamisch schlechten LOsungsmitteln sind durch geringe Wechselwirkungen zwischen den Polymersegmenten gekennzeichnet, d.h. die Wechselwirkungen Polymer/Adsorbens werden Rlativ stiirker. Die Adsorption nimmt daher mit steigender thermodynamischer Giite des LUsungsmittels fiir das Polymere ab. Poly(styro1) adsorbiert aus dem guten Wsungsmittel 1,4-Dioxan 2.B. uberhaupt nicht mehr auf Chrom. Je polarer das Polymere und das Adsorbens, umso mehr Kontakte werden jedoch mit der Oberfliche ausgebildet und umso flacher und kompakter ist die adsohierte Polymerschicht. Die adsorbierte Schicht von Poly(oxyethy1en) auf Chrom ist z.B. nur ca. 2 nm stark und so dicht gepackt, dass der Brechungsindex der adsorbierten Schicht mit dem des kristallinen Polymeren identisch ist.
9.5.
Biirsten
Wenn viele lineare Polymerketten oder deren Segmente jeweils an einem Ende an ei-
nem anderen, gemeinsamen Segment, Molekiil oder Substrat chemisch oder physikalisch befestigt sind (Abb. 9-14), spricht man von gefesselten Ketten (E: tethered chains). Bei sehr hohen Kowntrationen der Fesselungspunkte redet man von Biirsten (E: brushes).
Adsorbierte oder gepfropfte Polymere
Poly(macromonomere)
Vielarmige Sternpolymere
Langsegmentige Dendrimere
Diblockplymere Triblockpolymere als Phasenvermittler in Larnellen
Polymermitellen
Triblockpolymere in Kugeldominen
Abb. 9-14 Einige gefesselte Ketten. Diblockpolymere konnen ausser als Phasenvennittler bzw. Vertrtiglichkeitsmacher (E: compatibilizer) zwischen zwei festen Phasen (gezeigt) auch als Emulgatoren zwischen zwei fliissigen Phasen wirken (Mikroemulsionen, Vesikel; nicht gezeigt). Die Langkettigkeit bei den Dendrimeren bezieht sich auf die Abstitnde zwischen den Verzweigungspunkten.
286
9.5.1.
9.5. Birsten
Abstossungskrafte
Bei Bursten nehmen Kettenmolekiile im Gleichgewicht nicht die Makrokonformationen statistischer Knluel an. Um elektrostatische Wechselwirkungen zu vexmindem, strecken sie sich vielmehr spontan von der Ankerstelle weg (Abb. 9-14). Dieses Strecken erfordert nicht das Anlegen mechanischer Spannungen oder elektrischer Felder. Die zwischen benachbarten Ketten herrschenden Abstossungskr2fte wurden wie folgt adsorbiert auf Glimmer, wonachgewiesen. Poly(2-vinylpyridin)~0-block-Poly(styrol)~~ bei der PV2P-Block wegen der stark adsorbierenden 2-Vinylpyridin-Reste eine abgeflachte Makrokonfonnation einnimmt. Der PS-Block wird in guten Usungsmitteln nicht adsorbien und ragt in die Usung. Zwei Glimmerpllttchen wurden dann gegeneinander gepresst und die zwischen den PS-Blkken herrschenden Wfte gemessen. Die Kr2fte treten bei vie1 grosseren Abst2nden als bei freien Ketten auf (Abb. 9-15). Die Poly(stym1)-Bliicke in den Bursten streckten sich bis zum Faktor 10 relativ zum freien Zustand. 53 T 4 .
-
p
Toluol T=32"C
t
20:
Cy clohexan
e=38°C 0,8
j
h
1
15
0,6
10
0,4
5
0
-0
50
loo -0
50
- dlnm
100 0
50
100
--*
Kap. 9-15 Lineare Krtifte F/L(= Energien pro Fltiche) zwischen den Poly(styro1)-Blkken von auf Glimmer adsorbiertern Poly(2-vinylpyridin)~-block-Poly(styrol)~ als Funktion des Abstandes d der Glimmerplsttchen. Fiir die Poly(styro1)-Blkke ist Toluol(32"C) ein gutes LOsungsmittel und Cyclohexan nahezu ein Theta-User (38°C) oder ein schlechtes L(isungsrnittel(21"C) [ll].
9.5.2.
Blob-Theorie
In Schmelzen sind dicht adsorbierte (oder gepfropfte) Ketten stark ineinander verknauelt. Die Verkniuelung erhiiht die intersegmentalen Kontakte und damit auch die Wechselwirkungsenergie AGht. In guten Usungsmitteln versuchen die Knluel aber, sich zu strecken, was jedoch wegen der Fesselung der Ketten an die Oberflache und der engen Nachbarschadt der anderen Ketten nur senkrecht zur Oberflache miiglich ist. Das Strecken erhoht die Schichtdicke d der adsorbierten Schicht. Gleichzeitig wird die Segmentkonzentration in der Schicht emiedrigt. Die Gibbs-Energie AGint wird dadurch kleiner, der elastische Beitrag AGel aber grosser.
9. Polymere in und an Grenzfachen
287
Abb. 9-16 Aufeiner ebenen Oberfkiche ubex die Kettenendenim Abstand CI adsorbierte oder aufgepfropfte Ketten. Die Ketten strecken sich bis zu einer SchichtdickeL. GemW dem Skalierungsansatz sind sie als Blobs mit dem Durchmesser a modelliert (vgl. auch Kap. 6.3.4) 1121. Mit freundlicher Genehmigung des SpringerVerlages, Berlin.
Zum Berechnen der gesamten Gibbs-Energie pro Kette, AG = AGht + AGel, nimmt
man Ketten aus je X "kubischen" Monomereinheiten der (effektiven!) L b g e b an; die konventionelle Konturlbge betragt also rmnt = X b . AUe Ketten besitzen die gleiche gestreckte L b g e L; sie sind auf einer ebenen Obefflache im Abstand a voneinander befestigt (Abb. 9-16). Im Schichtvolumen a2L halten sich also Xb3 Monomereinheiten auf. Die Einheiten seien gleichmlssig verteilt; der Volumenbruch & = Xb3/a2L der Monomereinheiten in der Schicht sei also an jeder Stelle gleich gross. Die Beitrage von AGht und AGel sind auf zwei verschiedene Weisen berechenbar. Bei der einen N2herung setzt man an, dass AGht der thermischen Energie kBT, dem Polymerisationsgrad X der Kette, dem Volumenbruch 92 der Monomereinheiten in der Schicht sowie einem Parameter kexcl proportional ist, der den Einfluss des ausgeschlossenen Volumens in guten LOsungsmitteln beschreibt. Dieser Parameter wird als kexcl = 1 - 2 x angesetzt, wobei x der Flory-Huggins-Wechselwirkungsparameterist (vgl. Kap. 10.2.2). Zum besseren Vergleich mit dem zweiten Ansatz wird 1 - 2x = 1 gesetzt. Der elastische Beitrag wird als dejenige einer entropischen "Feder" angesehen und 2 einer Federkonstanten bT/(r2)ogeschrieben. Es muss also ein somit als ( ~ T / ( r 2 ) o ) L mil Betrag von bT aufgebracht werden, um den Fadenendenabstand (r2)01n= (Xb2)'i2 zu verdoppeln. Die reduzierte Gibbs-Energie ergibt sich somit zu
-
wobei angibt, dass beim Ansatz Proportionalititskonstanten in der GrOssenordnung von "1" unberiicksichtigt blieben (Beispiel: die Monomereinheiten nehmen sicher nicht einen Kubus ein; a3 ist aber eine gute N2herung fiir den Rauminhalt. Ein Zylinder mit dem Durchmesser a und der Hohe a hat z.B. einen Rauminhalt von ~ ( a / 2 )=~ u7ta3/4; sein Rauminhalt betragt ca. 78,54 % des Kubus, also praktisch 100 %). Beim zweiten Ansatz setzt man 1 - 2x = 1 und nimmt die gestreckte Kette mil dem Polymerisationsgrad X als eine Reihe von linear iibereinander gestapelten Blobs an (vgl. Abb. 9-16). Die Wechselwirkungsenergie pro Kette wird nach AGint = N b l h T als Produkt aus der Zahl Nbl der Blobs pro Kette und der thermischen Energie k g T angesetzt. Die Zahl der Blobs pro Kette erhat man nach N b l = X/Xbl aus den Polymerisationsgegeben ist graden X der Kette und xbl der Blobs, wobei der letztere durch x b l = h-5/4 (Kap. 9.3.4). Da der Polymerisationsgrad X der Kette und der Volumenbruch h durch 9 = Xb3/u2L verknupft sind, ergibt sich die reduzierte Wechselwirkungsenergie zu
288
9.5. Bursten
Innerhalb der Blobs ist in guten Losungsmitteln ein ausgeschlossenes Volumen vorhanden, obwohl die gesarnte Kette in massig konzentrierten Losungen ein Gauss-Verhalten aufweist. Der elastische Beitrag AG,l/kBT betrigt daher L2/(r2)Stan L2/(r2),. Das Mittel iiber die Quadrate der Fadenendenabsthde wird nach ar2= (r2)/(r2), durch den Expansionsfaktor a, des ausgeschlossenen Volumens vergrossert. Es ergibt sich nach G1.(6-9) mit X = M/M,zu (r2)= X ~ I ~ @ - -Damit ' / ~ . wird AG,l/bT = ( 1 5 ~ / X b ~ ) @ - ' / ~ . Dieses Model1 I1 liefert somit fiir die reduzierte Gibbs-Energie den Ausdruck (9- 10)
(aG/k~T)n= (a2L/b3)Qr9I4+ (L2/Xb2)g1/4
(gute Losungsmittel)
Jedes Glied der rechten Seite der G1.(9-10) ist also wegen der gleichsinnigen Korrelationseffekte bei den Segment-Segment-Wechselwirkungen und bei der Kettenelastizitat im Vergleich zu G1.(9-8) noch mit $114 multipliziert. Die G1.(9-10) und G1.(9-8) liefem jeweils die gleichen Ausdriicke fur die Schichtdicke L, wenn man die Gibbs-Energie minimiert. Einsetzen von Qr = Xb3/u2L, Differenzieren von AG nach L und Setzen von dAG/dL = 0 resultiert in (9-1 1)
L = Xb(b/a)2/3
Die gestreckte Kette erreicht ihre konventionelle Konturlhge rcOnt= Xb nur dann, wenn der Abstand a der Kontaktpunkte gleich der effektiven Monomerlhge b wird. Im Allgemeinen ist aber a > b und die Kette streckt sich nur bis zu der durch G1.(9-11) gegebenen L a g e L. Diese L h g e ist jedoch in den meisten Fallen wegen der Proportionalitiit L X immer noch grosser als der in guten Msungsmitteln wegen r X3I5 maximal erreichbare Fadenendenabstand r eines Knauels. In Theta-Liisungsmitteln verschwinden die binlren Kontakte zwischen Monomereinheiten, nicht aber die 3-Korper-Wechselwirkungen(Kap. 8.3.2 und Kap. 10.4.2). Statt h2Uitt nun Qr3 auf. Fur die reduzierte Gibbs-Energie ergibt sich analog zu G1.(9-8) ) Grosse vemachlassigt wird): (wenn wie dort bei AG;, eine dem (1 - 2 ~ entsprechende
-
(9-12)
-
AG/bT
- (a2L/b3)Qr3+ L2/(Xb2)
Nach dem Minimieren (Ersetzen von &, Bilden von dAG/dL, Nullsetzen) ergibt sich (9- 13)
L =Xb(b/~)
(Theta-Losungsmittel)
In Theta-Losungsmitteln sind die Ketten also urn den Faktor (b/a)-'Dkurzer als in guten Llisungsmitteln (Gl.(9-1l)), aber immer noch gestreckt. Die Verhiiltnisse werden komplizierter, wenn sich die Kontaktpunkte der Ketten nicht auf einer ebenen Oberflache befinden, sondern auf einer gekriimmten. Beispiele sind vielarmige Stempolymere oder Polymermizellen (Abb. 9- 14). Bei vielarmigen Stempolymeren erstrecken sich z.B. vom Kem aus viele Arme. Die gestreckten Ketten eines solchen Stempolymeren befinden sich dann nicht mehr in "quadratischen" Zylindem. Das Sternmolekul kann vielmehr als Kegel modelliert werden, der sich vom Kern (Kontaktpunkt) auf einer gekriimmten Oberflache bis zu den freien Enden stiindig vergrossert.
289
9. Polymre in und an Grenzjldchen
9.5.3.
Rheologie
Das rheologische Verhalten von Oberfllchenschichten ist messbar, wenn 2.B. eine gekriimrnte OberflZLche rnit darauf adsorbierten (oder gepfropften) Polymerketten normal und sinusf6rmig gegen eine OberflZLche rnit den gleichen Kettentypen rnit der Geschwindigkeit dL1dt bewegt wird. Die Polymerschichten befinden sich jeweils in einer Flussigkeit rnit der Viskosiut q. Aus den gequollenen Polymerschichten wird beim Belasten L6sungsmittel ausgequetscht und beim Entlasten eingesogen, und zwar solange. bis die angelegte Last jeweils gleich der Anderung des osmotischen Druckes ist. Die Zunahme (Abnahme) stammt von der sterischen Abstossung. die durch die Zunahme (Abnahme) der Segmentkonzentration im Raum zwischen den Oberfllchen bewirkt wird. Fur die Geometrie G der verwendeten Messapparatur ergibt sich aus der gemessenen hydrodynamischen Kraft Fh. den bekannten Radien R der beiden Oberfliichen. deren Abstand L und der Viskosit2t q der Flussigkeit die Beziehung
Die G-Werte nehmen rnit zunehmendem Abstand L erst langsam zu, um dann bei Werten von uber 200 nm steil anzusteigen (Abb. 9-17). Bei L > 250 nm ist die Steigung genau gleich gross wie bei Messungen ohne adsorbiertes Polymeres. G-Werte bei L > 250 nm lassen sich linear auf G = 0 zuriickextrapolieren. Sie liefem dann statt L einen Wert von L - 2 Lh. wobei Lh = 110 nm die hydrodynamische Dicke der Schicht ist. Die Steigung ist gleich dem Kehrwert der ViskositZLt ql des reinen L6sungsmittels. was wohl bedeutet, dass die Eindringtiefe des fliessenden Toluols gering ist. Bei Abstiinden L < 2 Lh durchdringen sich offenbar die beiden Polymerschichten. Anders ist es dagegen. wenn die beiden Polymerschichten horizontal gegeneinander geschert werden. In diesem Fall penetrieren die beiden Schichten einander nicht.
I
0 0
100
200
- Llnm +
300
Abb. 9-17 G als Funktion des AbstandesL zwischen zwei OberRichen, die jeweils rnit biirstenartigen Poly(styro1)-Schichten (PS-Zw) in Toluol bedeckt sind. Die gepunktete Linie entspricht Messungen ohne adsorbiertesPolymeres [13]. Mit tkundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, DC.
290
Literamr zu Kap. 9
Historische Notizen A.Pockels. Surface tension, Nature 43 (1891) 437. Fiir eine historische Wiirdigung siehe Wo.Ostwald, Kolloid-Z. 48 (1932) 1. Entwicklung des Pockels’schen Troges (in der heutigen Literatur gewohnlich als Langmuir-Trog bezeichnet
Literatur zu Kap. 9 9.1. OBERFLACHEN (allgemeine hersichten)
W.J.Feast, H.S.Munro, Polymer Surfaces and Interfaces, Wiley, New York 1987 JN.Israelachvili, Intermolecular and Surface Forces, Academic Press, London, 2.Aufl. 1992 I.C.Sanchez, Hrsg., Physics of Polymer Surfaces and Interfaces, Butterwonhs-Heineman, Stoneham (MA) 1992 C.-M.Chan, Polymer Surface Modification and Characterization, Hanser, Munchen 1993 E.Eisenriegler, Polymers Near Surfaces, World Scientific, Singapore 1993 FGarbassi, M.Morra, E.Occhiello, Polymer Surfaces. From Physics to Technology, Wiley, New York 1994 RP.Wool, Polymer Interfaces, Structure and Strength, Hanser, Miinchen 1995 G.J.Fleer.M.A.Cohen Stuart, J.M.H.M.Scheutjens, T.Cosgrove, B.Vincent, Polymers at Interfaces, Chapman and Hall, London 1995 J.JPesek, M.Matyska, R.Abuelafiya, Hrsg., Chemically Modified Surfaces:Recent Developments, Royal Soc. Chem., London 1996 KLMittal, K.-W.Lee, Polymer Surfaces and Interfaces, VSP, Zeist, Niederlande, 1997 A.W.Adamson, A.P.Gast, Physical Chemistry of Surfaces, Wiley New York, 6. Aufl. 1997 R.A.L.Jones, R.W.Richards, Polymers at Surfaces and Interfaces, Cambridge Univ. Press, Cambridge (UK) 1999 K.Esumit, Hrsg., Polymer Interfaces and Emulsions, Dekker, New York 1999 9.1.2. METHODEN
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9. Polymere in und M Grenzfliichen
29 1
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Quellennachweise [l] XZhao, W.Zhao. J.Sokolov. M.H.Rafdovich, S.A.Schwan, B.J.Wilkens, R.A.LJones, EJ.Kramer, Macromolecules 24 (1991) 5991. Abb. 6 [2] M.Gorelova. V.Levin. A.Pertsin. Macromol.Symp. 44 (1991) 317, Daten der Abb. 1 [3] AZosel. Colloid Polym. Sci. 271 (1993) 680,Abb. 9 [4] J.T.Koberstein. MRS Bulletin 21 (1996) 16. entnommen aus Abb. 3
[5] A.V.Kabanov, LRN~azarova,I.V.Astafieva, E.V.Batrakova, V.Yu.Alakhov. A.A.Ymslavov, V.A.Kabanov, Macromolecules 28 (1995) 2303, Abb. l b und l c [SJ R.C.Bowers. W.AZisman. in S.Baer. Hrsg., Engineering Design for Plastics, Reinhold. New York 1964, S.689,Tab. 3.4 und 6 [q A.Laschewsky, H.Ringsdorf, J.Schneider, Angew.Makromol.Chem. 149146 (1986) 1, S. 8 [8] R.Vilanova, D.Poupinef F.Rondelez, Macromolecules 21 (1988) 2880, Abb. 3,5 und 6 [9] EKillmann. J.Eisenlauer, M.Korn, J.Polym.Sci.-Polym.Symp.61 (1977) 4 13, Abb. 1 a-c [lo] DJ.Meier, Privatmitteilung. Berechnungen mit der Theorie von J.M.H.M.Scheutjes und GJ.Fleer, J.Phys.Chem. 83 (1979) 1619; 84 (1980) 178; Adv. Colloid Interface Sci. 16 (1982) 361. GJ.Fleer, J.Lyklema, Kap. 4 in G.D.Parfitt, C.HRochester. Hrsg., Adsorption from Solution at the Solid/Liquid Interface. Academic Press, London 1983 [ll] G.Hadziioannou. S.Pate1, S.Granick, M.Tirrel1, J.Amer.Chem.Soc. 108 (1986) 2869, Abb. 2, 5,6 [I21 A.Halperin, M.Tirrel1, T.P.Lodge, Adv.Polym.Sci. 100 (1992) 31, Abb. 2 1131 J.Klein. Y.Kamiyama, H.Yoshizawa, J.N.Israelachvili, G.H.Fredrickson, P.Pincus, L.J.Fetters. Macromolecules 26 (1993) 5552, Abb. 6
292
10.
Thermodynamik von Polymerlosungen
10.1, Phanomenologische Thermodynamik 10.1.1. Gestalt und Losungseigenschaften Die Eigenschaften von Polymeren in Losung weichen charakteristisch von denen niedermolekularer Substanzen ab. Kleine Molekule unterscheiden sich in ihrer Grosse nicht sehr von den sie umgebenden Uisungsmittelmolekiilen. Die Grosse und Gestalt geloster kleiner Molekiile wird auch nicht sehr von der Wechselwirkung mit dem Llisungsmittel beeinflusst. Die Wechselwirkungen selbst sind ziemlich lokalisiert. Die Struktur der Losungen a d e n sich femer nicht allzusehr mit der Konzentration des Gellisten, wenn man einmal von der Mizellbildung amphiphiler Substanzen absieht. Makromolekiile verhalten sich dagegen in den verschiedenen Konzentrationsbereichen je nach Makrokonformation anders. Stabchenformige Makromolekiile sind anisotrop. Sehr verdunnte Uisungen sind jedoch isotrop, weil die Molekule gleichmassig verteilt sind und der Abstand zwischen den Molekiilen damit gross ist. Wegen der Anisotropie eines Molekiils ist aber ein verhiilmismassig grosser Anteil des Llisungsvolumens fiir andere Stabchen ausgeschlossen. Schon bei massig konzentrierten Losungen werden daher viele Molekiile lediglich aufgrund der Formanisotropie und ohne spezifische intermolekulare Wechselwirkungen in lateral geordnete Schwhne gezwungen. Es entstehen lyompe Mesophasen (Kap. 8). Auch spharoidale Makromolekiile liegen in sehr verdiimten Lbsungen isoliert vor. In den meisten Fiillen sind aber solche Molekule nicht kompakte Kugeln (Kap. 4.2). Bei Enzymen und Dendrimeren ist z.B. die Stoffkonzentration innerhalb der Molekule sehr hoch, ausserhalb dagegen gleich null. Das sich im Innem dieser Molekule in Spalten und Hohlen befindende Losungmittel kaM als solvatisierendes Lijsungsmittel betrachtet werden; die Solvatation l i s t sich wegen des geringen intersegmentalen Abstandes der Molekiilsegmente aus den ausseren Abmessungen und der Masse der Molekiile berechnen. Falls spezifische intermolekulare Wechselwirkungen abwesend sind, wird bei hbherkonzentrierten Llisungen lediglich der Molekiilabstand geringer. Bei geladenen Molekulen kommt es jedoch zu einer Gitterbildung (Kap. 10.8.1). Sind spezifische Wechselwirkungen vorhanden, so assoziieren die Enzym-Molekiile schon in verdunnten Losungen zu grosseren Einheiten (Quartirsttkturen). Bei hoheren Konzentrationen treten dann Gitterstrukturen auf. Wieder anders ist die Situation bei knaueljormigen Makromolekulen. In sehr verdiinnten Llisungen liegen auch hier die Molekiile isoliert vor; sie konnen als "isotrop" von Molekiilsegmenten und Losungsmittelmolekulen gefiillte "Kugeln" approximiert werden (Kap. 4). Falls keine spezifischen intermolekularen Wechselwirkungen vorhanden sind, anden sich die Situation bei etwas weniger verdunnten Losungen nicht. Da aber der Raumbedarf der einzelnen Makromolekiile sehr gross ist, beginnt sich bereits bei mbsig konzentrienen Losungen der Raumbedarf aller geltisten Makromolekiile dem Totalvolumen der L6sung zu niihem. Bei einer bestimmten Ubergangskonzentration c* fangen die einzelnen Molekiilknauel sich zu iiberlappen an (Kap. 6.3.1) und bei noch hdheren Konzentrationen bei geniigend hohen Molmassen auch zu verhaken, bis die konzentrierte Usung schliesslich als physikalisches Netzwerk erscheint.
10. Thermodynamik von PolymerlSsungen
293
Bei spezifischen Wechselwirkungen zwischen Molekiilteilen kn2uelftirmiger Makromolekiile sind sehr verschiedene Ltisungsstrukturen mtiglich. Endgruppen kliMen z.B. intermolekular assoziieren. Diese Assoziation nimmt mit steigender Konzentration und fallender Molmasse zu. Falls flexible Makromolekiile aus miteinander nicht vertraglichen Blticken aus verschiedenen Monomereinheiten bestehen, ktinnen in VerduMten Ltisungen kugelftirmige Mizellen entstehen, die bei missigkonzentrierten Ltisungen aus Raumgriinden in stibchenartige Mizellen und bei sehr konzentrierten Liisungen u.U. in Lamellenstrukturen iibergehen. In Masse bilden sich je nach Raumbedarf der Blticke verschiedene Mesophasen aus (Kap. 8). Bei wiederum anderen Makromolekiilen assoziieren sich Segmente lateral. Derartige intermolekulare Assoziationen fiihren bei genugend hohen Konzentrationen zu physikalischen Netzwerken; die Usung verhgt sich wie ein hochgequollenes Gel (Kap. 10.9).
10.1.2. Thermodynamische Einteilung von Liisungen Die Uslichkeit einer Substanz in einem Usungsmittel wird durch die Wechselwirkungen Geltistes-Lbsungsmittel relativ zu den Wechselwirkungen Geltistes-Gelbstes und Ltisungsmittel-Ltisungsmittel(enthalpischer Effekt) und durch die Zahl und Anordnungsmtiglichkeiten der Molekiile bzw. Molekiilsegmente in der Usung relativ zu den reinen Substanzen bestimmt (entropischer Effekt) Die resultierenden Anderungen der Enthalpie und der Entropie werden durch den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik (10- 1)
AG = AH - A(TS) = AU
+ A(pV) - A(TS) = AA + A@V)
beschrieben, wobei G = Gibbs-Energie, H = Enthalpie, U = innere Energie, A = Helmholtz-Energie, S = Entropie. p = Druck, V = Volumen und T = thermodynamische Temperatur sind und die A die hderungen dieser Grtissen beim Mischen von Geltistem und Ltisungsmittel angeben. Bei isobaren Prozessen in kondensierten Systemen gilt hiufig AG = AA, da Volumenhderungen oft (aber nicht immer) vemachlgssigbar sind. Geltistes und Usungsmittel liegen in Ltisung in verschiedenen Stoffmengen nj vor. Die hderung der Gibbs-Energie mit der Stoffmenge der Komponenten i ist die partielle molare Gibbs-Energie 6i,mbzw. das chemische Potential pi dieser Komponenten:
Fur das Differential der molaren Gibbs-Energie der Komponente i gilt (vgl. Lehrbucher der chemischen Thermodynamik)
$,
= partielle molare Entropie und ui = Aktivitat, wobei vi,m = partielles Molvolumen, jeweils fiir die Komponente i. Das vollstindige Differential der molaren Gibbs-Energie G, lautet
294
10.1. Phiinomenologische Thermodynamik
Die linke und die rechte Seite dieser Gleichung mussen nach G1.(10-2) identisch sein. Daraus folgt die Gibbs-Duhem-Beziehung
Fur einen isotherm-isobaren Prozess erhdt man aus G1.(10-3) mit dp = 0 und dT = 0 nach der Integration und dem Ubergang zu chemischen Potentialen
Die Integrationskonstante P;,~ist das auf die reine Substanz bezogene chemische POtential @: chemical potential). Die molare Aktivitat a; wird haufig noch in den Stoffmengenanteil Xi und den molaren Aktivitatskoeffizienten 3~ aufgeteilt. Den vom Stoffmengenanteil heniihrenden Beitrag zum chemischen Potential bezeichnet man als ideales Glied, den vom Aktivitatskoeffizienten stammenden als Exzess-Glied:
Die Ldsungen lassen sich je nach dem Anteil und dem Vorzeichen des idealen Gliedes und des Exzess-Terms in vier Typen einteilen: Ideale Losung: Die Mischungsenthalpie ist gleich Null. Der gesamte Beitrag zur Gibbs-Mischungsenergie stammt lediglich von der idealen Mischungsentropie, die bei Mischungen von gleich grossen kugelformigen Molekulen nur durch die Zahl der Anordnungsmoglichkeiten der Molekule gegeben ist (vgl. Kap. 10.2.2).
.
Athermische Losung: Die Mischungsenthalpie ist ebenfalls gleich null. Die Mischungsentropie setzt sich aus der idealen Mischungsentropie und einer Exzess-Mischungsentropie zusammen. Regulare Losung: Die Mischungsentropie ist ideal, die Mischungsenthalpie ist jedoch nicht gleich null. Irregulare Losung: Die Mischungsenthalpie ist ungleich Null. Die Mischungsentropie enthat eine Exzess-Mischungsentropie.
Ein wichtiger Spezialfall bei Polymer-Ldsungen ist die Theta-Losung oder pseudoideale Losung. Bei deranigen LCisungen kompensieren sich bei einer bestimmten Temperatur (der Theta-Temperatur) gerade die Mischungsenthalpie und der Beitrag TASexc der Exzess-Mischungsentropie, so dass eine verdunnte Losung als ideale L6sung erscheinr. Im Gegensatz zu einer echten idealen Ldsung ist jedoch die Mischungsenthalpie nicht gleich null und die Mischungsentmpie nicht gleich der idealen Mischungsentmpie. Die relativen Anteile der Mischungsentropie und der Exzess-Entropie a d e m sich bei pseudo-idealen Losungen mit der Temperatur, so dass eine pseudo-ideale Losung nur bei einer bestimmten Temperatur, der Theta-Temperatur, als “ideal” erscheint. Eine echte ideale Ldsung verhalt sich dagegen bei allen Temperaturen ideal. Die Theta-Temperatur von Polymer-Losungen entspricht somit der Boyle-Temperatur realer Gase.
295
10. Thennodym'k der Polymerl8sungen
10.1.3.
Loslichkeitsparameter
Die L6sbarkeit bzw. Mischbarkeit eines Polymeren in einem niedermolekularen LUsungsmittel kann bisher nicht aus molekularen D a m vofierberechnet werden. Das Konzept des Uslichkeitsparameters erlaubt jedoch oft abzuschitzen, welches Polymere sich in welchem Usungsmittel l b t . L6sungsmittel verbleiben als Fliissigkeiten und werden nicht zu Gasen, weil zwischen den L(lsungsmittelmolekii1en KohisionskrZfte wirken (Wasserstoffbriicken, Dipol-Dipol1 binirem Wechselwirkungen, Dispersionskrifte). Die Kohisionsenergie betrigt ~ 1 pro Kontakt und z q 1 / 2 pro Einzelmolekiil, da jedes Lhungsmittelmolekiil von z anderen umgeben ist. Die Kohgsionsenergie V1,mol pro Volumeneinheit ist die Kohiisionsenergiedichte r1 (E: cohesion energy density):
wobei V I , =~ NAVl,mol das Molvolumen des Usungsmittels ist. Die Quadratwurzel aus der Kohkionsenergiedichte ist der Loslichkeitsparameter 61 (E: solubility parameter). Tab. 10-1 Iislichkeitsparameter61,6d, 4 und 4 von Usungsmitteln bei 300 K in der vie1 verwen&ten traditionellenEinheit 1Hildebrand = 1 ( c a l / ~ m ~=) 2,046 ~ n (J/cm3)ln. ad
4
4
7,48 8,21 8,65
7,48 8,21 8,65
0 0 0
0,10
8.75 8,72 7,7 9,14
WasSer
9,33 9,73 10,8 1132 14,60 17,65 23,43
1,42 8,s 7.6
1,65 3-1 23 2,35 6.1 5.9 8,O
Lewis-Basen Diethylether Ethylacetat Benzol Methy lethy lketon Temhydrofmn Aceton 1P-Dioxan pyridin Dimethylacetamid Hexamethylphosphorhiamid Acetonitril NJ-Dimeth ylformamid Dimethy lsulfoxid Formamid
7,72 8,90 9,19 9.29 9.49 9,82 10,02 10,61 11,12 11,35 11,95 12,14 13.04 17,9
7,09 7,72 8,99 7,82 8,22 7,58 9,29 9,29 8-2 9,O 7,50 8.5 9,O 8,4
1,42 2.59 0 4.40 3,05 5.08 0,88 4,30 5-6 42 83 6,7 8-0 12,8
L(lsungsmitte1 Apolare Ltisungsm'rrel Hem cyclohexan T~hlorkohlenmff
61
0 0
Lewis-Sduren
Chloroform Dichlormethan t-Butanol m-fiesol Methanol Glycerin
23 3,O 7,1 6.6 11,0
14,3 20,9 2,49 3.52 0,98 2,49
35
3.42 3,62 2,88 5 ,o
55 3,O
55 5 ,O 9,3
296
10.1. Phiinomenologische Thermodynamik
I
Abb. 10-1 Llislichkeitsparameter von Alkanen, l-Chloralkanen und l-Hydroxyalkanen als Funktion des VeMtnisses der Molvolumina von Endgruppen und Grundbausteinen [l]. Liislichkeitsparameter von Liisungsmitteln Die Trennungsenergie pro Mol Molekiil (also pro halbem Mol an binaren Kontakten) . Trennungsenergie entspricht einer mobetngt somit E l , , , = V I , ~=SN ~ z e~1 1 / 2 Diese laren Verdampfungsenergie. Die Loslichkeitsparameter 61 der Losungsmittel werden demgemlss aus der Differenz zwischen der experimentellen molaren Verdampfungsenthalpie und der gegen den Aussendruck zu leistenden Arbeit ermittelt. Die Mslichkeitsparameter 61/(cal cm3)lI2 variieren zwischen 7.48 (Heptan) und 23,43 (Wasser) (Tab. 10-1). also Werten von &/(J cm3)lD zwischen 15.30 (Heptan) und 47.94 (Wasser). Die Parameter werden oft als "dreidimensionale" Parameter nach 612 = 8d2 + $2 + h2 in die Beitrage der Dispersionskrafte (&), Dipolkrlfte (4)und Wasserstoffbriickenbindungen (&) aufgespalten. Die Beitrlge der Dispersionskrae sind praktisch unabhhgig von der chemischen Natur der Usungsmittel (Tab. 10-1). Das Aufspalten der polaren Krafte in und & ist jedoch fragwiirdig, da sowohl 4 als auch & von Wechselwirkungen zwischen Lewis-Basen und Lewis-Sauren stammen. Loslichkeitsparameter von Polymeren Makromolekiile sind wegen der grossen Kohasionsenergie pro Molekiil nicht unzersetzt verdampfbar. Man setzt ihre Uslichkeitsparameter daher haufig gleich denen niedermolekularer Modellverbindungen. Besser ist die Extrapolation der Loslichkeitsparameter von Polymerhomologen auf verschwindend kleine Molvolumina Vm,end der Endgruppen bzw. unendlich hohe Molvolumina Vm+ der Grundbausteine (Abb. 10-1). Altemativ kann man Loslichkeitsparameter auch iiber die Grenzviskositatszahlen [ q ] linearer Polymerer bzw. die Volumenanteile & vemetzter Polymerer in verschiedenen Msungsmitteln ennitteln. Je griisser die Wechselwirkung Polymeres-Losungsmittel, umso st2rker quellen die Polymerknauel auf und umso htiher ist die Grenzviskositiitszahl und der Quellungsgrad, bzw. umso niedriger ist der Volumenbruch $2 des Polymeren im Gel. Die Wslichkeitsparameter der Losungsmittel fiir die maximalen Grenzviskositatszahlen und die minimalen Volumenbriiche des Polymeren im Gel entsprechen daher den L6slichkeitsparametem der Polymeren (Abb. 10-2).
297
10. Thennodynamik der Polymerl6sungen b
- 0,45
.0,35a
I . 0.25
Abb. 10-2 GrenzviskositWahh [p] eines gel8sten. unvemetzten Naturkautschuks und VolumenbrUche eines gequollenen, vemetzten Naturkautschuksals Funktion der Uslichkeitsparame€er 61 von Aliphaten (0),Estern (0)und Ketonen (halbgefiillt) [2].
Das Quellungsverfahren und die ViskositSLtsmethode liefem recht eindeutige Werte fiir die Ltislichkeitsparmeter der Polymeren. wenn man sich auf strukturell W i c h e Llisungsmittel beschWt. Die Daten der Abb. 10-2 gelten z.B. fiir aliphatische Kohlenwasserstoffe und langkettige Ester und Ketone. Cycloaliphatische Kohlenwasserstoffe und sehr kurzkettige Ester weichen deutlich von den gezeigten Kurvenziigen ab. Solche Diagramme liefem fiir apolare Polymere wie Naturkautschuk recht gute LUslichkeitsparameter. Schon bei mBssig polaren Polymeren findet man jedoch je nach Losungsmittelklasse unterschiedliche Maxima von [ q ] ,z.B. bei vemetztem Poly(styro1-codivinylbenzol) bei Sl/(cal cm-3)1/2 = 9 3 (Ammaten), 8,4 (Ester) und 7,3 (Ether).
Mischungsenthalpie Das Mischen von Polymer 2 und LSsungsmittel 1 wird als quasi-chemische Reaktion zwischen einem Paar 1-1 der Ltisungsmittelmolekie (Polymerisationsgrad X1 = 1) und einem Paar 2-2 der Monomereinheiten des Polymeren behandelt, bei der zwei Paare 1-2 entstehen. Die Austauschenergie (E: interchange energy) pro Paar betrilgt somit
Die Wechselwirkungsenergie q 2 zwischen einem LUsungsmittelmolekiil und einem Polymerbaustein ist nach quantenmechanischen Berechnungen fur Dispersionskrdffe zwischen zwei kugelftirmigen Molekiilen gleich dem geometrischen Mittel aus den Homo-Wechselwirkungsenergien:~ 1 =2 (el 1 ~ 2 ) ' / ~Nach . G1.(10-8) gilt fiir das LUsungsmittel ~ 1 =1 [2 V l , m / ( N ~ ~ ) ] 6=1 ~K1612 und analog ~ 2 =2 K 2 h 2 fiir das Polymere. Wenn LUsungsmittel und Polymeres jeweils das gleiche Molvolumen (Vl,, = V2.m) aufweisen und femer auch die gleiche Zahl z der Nachbam, wird K 1 = K2 = K. Das Einsetzen in G1.(10-9) liefen dann
298
10.1 Phiinomenologische Thermodynamik
Die Differenz GI- & der L&slichkeitsparameter wird bei gleichen Wechselwirkungen 1-1 und 2-2 gleich Null, ebenso die Mischungsenthalpie AHmix - A&. Die GibbsMischungsenergie bleibt jedoch negativ, da beim Mischen die Entropie des Systems zunimmt. Je weniger M i c h die Wechselwirkungen 1-1 und 2-2 sind, desto positiver wird die Mischungsenthalpie, bis sie schliesslich nicht mehr durch den positiven Entropietem -TASmix kompensierbar ist. Die Gibbs-Mischungsenergie A G d x = Alf,,,iX - TASmix wird d a m positiv. Jenseits einer Differenz IS1 - &I kann das Polymere 2 folglich nicht mehr rnit dem Ltrsungsmittel 1 gemischt werden. Dieser Bereich IS1 - &I ist ziemlich eng fiir apolare Polymere in apolaren Losungsmitteln, aber recht breit fiir polare Polymere in polaren Solventien (Tab. 10-2).
-
Tab. 10-2 Experimentelle LMichkeitsbereiche. 1 (caI/cm3)ln = 2.046 (J/cm3)'n. Polymer
Poly(dimethylsi1oxan) Poly(isobuty1en) Poly(styro1). at Poly(methylmethacrylt),at Poly(vinylacetat),at Cellulosetrinitrat Poly(acrylnitril), at
7s
10.8
8,3 f 0.8 7,9 f 0,6 9.3 f 1,3 10.8 f 1.2 10.8 k 1,9 11,9 0,8
12,5
-
8,O
9,1 9,1 9,4
+_
8,9f 0,7 9.0 f 0,9 9.0 0.9 10,9 f 2,4 11,6 k 3,l 11.2 f 3,4 13,l f 1.4 +_
Die Abweichungen erkltiren sich wie folgt. (1) Die Bedingung AGmix I 0 ist notwendig, aber nicht ausreichend. (2) AHmix < 0 trifft nie zu. (3) Die Theorie beriicksichtigt nur DispersionsWfte. aber nicht polare Wechselwirkungen. (4) Es wird nur das Mischen zweier fliissiger Komponenten betrachtet, nicht aber das Auj7osen eines festen Polymeren. Im letzteren Fall ist bei kristallinen Polymeren noch die Schmelzenthalpie einzubeziehen und bei amorphen Polymeren noch eine Einfrierenergie. Unverzweigtes hochkristallines Poly(ethy1en) (& = 8,O)ldst sich beispielsweise in Decan (61 = 7,8) erst nahe ca. 135°C der Schmelztemperatur des Polymeren. Die Kristallinit2t der Polymeren ist auch fiir den Effekt verantwortlich, dass ein Polymeres sich zunachst lost und spater bei der gleichen Temperatur langsam wieder ausfdt. In diesem Fall ist das urspriingliche Polymere oft niedrigkristallin und daher gut loslich. Wegen der grossen Verdiinnung ist aber das Gleichgewicht kristallines Polymeres-Losungsmittel leicht erreichbar (S. 319). Das ausgefallene Polymere weist dann eine hohere Kristallinit2t als das urspriingliche auf und lost sich nicht mehr. Bessere Vorhersagen als rnit 61 erhalt man mit den dreidimensionalen Ldslichkeitsparametem. Erwartungsgemass variieren die von den Dispersionskraften stammenden Anteile 6d nur sehr wenig (Tab. 10-1).Man konstruiert daher Loslichkeitsdiagramme durch Auftragen von & gegen S, und vermerkt darin die dazugehbrigen Gd-Werte. Dann zeichnet man (z.B. farbig) alle Punkte ein, die fur das Polymere Losungsmittel darstellen. Schliesslich konstruiert man rnit den Gd-Werten "Hdhenlinien" fiir alle Loser. Im Allgemeinen nimmt die Ltislichkeit bei sonst gleichem S, und & rnit steigendem & zu. Liegt daher eine Fliissigkeit rnit ihrem Gd-Wert innerhalb der Hohenlinie rnit dem gleichen nummerischen Wert, so wird es ein Losungsmittel fiir das Polymere sein.
299
10. Themdynamik von Polymerlcisungen
Tab. 10-3 Wslichkeit von Polymeren rnit S, in MischlOsern mit und $. Die GWerte sind in den traditionellen Einheiten 1 Hildebrand = 1 (cal/cm3)ln= 2,046 (J/cm )In angegeben.
2
Polymer Name Poly (chlompren)
PolY(Styrol)
Poly(vinylch1orid) Cellulosenimt Poly(methylmethacrylat) Poly(acrylnitril)
42 8.2 9,3 9s 10,6 11.1 12,s
Uslich in Mischungen aus dem NichtliiserI & NichtlOser II
SII
Diethylether Cyclohexan
9.1 9.8
ACetOn
Diethylether Methanol
Nitromethan
7.4 8.2 9.8 7,4 14.5 12.6
Ethylacetat Aceton
Schwefekohlenstoff 10,O Ethanol WasSer WasSer
12,7 23,4 23,4
Manche Polymere 1Osen sich in Mischungen von Solventien, speziell aus einem Nichtltiser I rnit 61 c s;? und einem NichtlBser I1 mit 61 > & (Tab. 10-3). Eine Mischung aus zwei Usungsrnitteln kann dagegen ein Nichtltiser sein. Poly(acrylnitri1) (& = 12.8) lost sich sowohl in Dimethylformamid (61 = 12.1) als auch in MalonsBuredinitril (61 = 15,l). nicht aber in deren Mischung. Celhloseacetat (s;? = 9.56) l6st sich sowohl in Anilin (61 = 11.0) als auch in Eisessig (61 = 10,4), aber nicht in deren Mischung.
10.1.4. Molekulare Betrachtungen Das Verhalten von Polymeren in Ltisungsmittelmischungen zeigt, dass globale Betrachtungen wie 2.B. mit Wslichkeitsparametem oder der statistischen Thermodynamik (Kap. 10.2) vie1 zu gmb fiir die subtilen Unterschiede in den Wechselwirkungen von Geltistem und Wsungsmittel untereinander und mit sich selbst sind. Zu betrachten sind vielmehr die Selbstassoziationen von Polymer- undoder Ltisungsmittelmolekiilen sowie die Solvatation der Polymermolekiile in biniiren Systemen und die Vorzugssolvatation der Polymermolekiile durch ein Usungsmittel in Ltisungsmittelgemischen.
Selbstassoziationvon Losungsmittelmolekiilen Einige merkwiirdige Uslichkeitseffekte stammen von der Selbstassoziation von Ltisungsmittelmolekiilen. Hochmolekulares Poly(styro1) (& = 9,l) bildet z.B. zwar in Butanon (61 = 9,3) und Dimethylformamid (61 = 12,l) verdiinnte Ltisungen, nicht aber in Aceton (61 = 9,8). Im Gaszustand dimerisieren nmlich Acetonmolekule durch DipolDipol-Wechselwirkungen zwischen den Ketogruppen. Auch im flussigen Aceton wird daher ein Teil der Acetonmolekiile dimerisiert oder andenveitig assoziiert sein. Die Keto-Gruppen sind somit durch die Methylgruppen abgeschirmt und k6nnen nicht mehr die Phenyl-Gruppen des Poly(styro1)s solvatisieren. Eine Zugabe von Cyclohexan (61 = 8,2) verdiinnt das Aceton und setzt somit die Assoziationstendenz der Acetonmolekiile herab. Dabei werden mehr Ketogruppen fur die Solvatation des Poly(styro1)s freigesetzt. Bei hochkonzentrierten Poly(styro1)-Losungen ist das Poly(styro1) der Verdunner. Man kann daher zwar 40-prozentige Losungen von Poly(styro1) in Aceton herstellen, aber nicht 1-prozentige. Butanon ist dagegen durch die zusBtzliche CH2Gruppe “intern verdiinnt”. Es dimerisiert weit weniger (wenn uberhaupt) und ist daher fiir alle Konzentrationsbereiche ein Wsungsmittel fiir Poly(styro1).
300
10.1. PMnomenologische Thermodynamik
Solvatation "Solvatation" ist ein etwas nebulbser Term, der alle Wechselwirkungen des Gelbsten mit dem Usungsmittel einschliesst, und zwar von hderungen der physikalischen Struktur des Usungsmittels in der N2he der gelosten Molekiile bis zu den eigentlichen Polymer-Lbsungsmi ttel-Verbindungen. Polymer-Lbsungsmittel-Verbindungensind auch als Polymer-Losungsmittel-Komplexe, Intercalate oder Kristallsolvate bekannt. Poly(oxyethy1en) bildet solche Verbindungen mit p-Dihalogenbenzolen, nicht aber mit den entsprechenden Ortho- oder MetaPoly(oxyethy1en)-Molekule in Losungsmitteln die MakroIsomeren. Obwohl n-lich konfonnationen statistischer Kniuel einnehmen, liegen zumindest in einigen Wsungsmitteln einige Segmente in Helixkonformationen vor (vgl. Abb. 4-1-111). In diese Helices passen die p-Dihalogenbenzol-Molekule nahezu perfekt hinein, nicht aber ihre Ortho- und Meta-Isomeren. Poly(oxyethy1en) weist in wissrigen Ltisungen nach Raman- und Infrarot-Messungen, Bestimmungen der Grenzviskosititszahlen [q ] sowie Berechnungen mit der Molekuldynamik eine 112-Helix auf und nicht die in Kristallen vorliegende 72-Helix. Die grbssere 112-Helix enthat ca. 2,9 Wassermolekule pro Oxyethylen-Einheit. Diese gebundenen Wassermolekiile stabilisieren vermutlich die Helixstruktur. Die Wassermolekiile sind relativ fest gebunden; das Wasser in der Solvathiille weist darum eine andere physikalische Struktur als das freie Wasser auf. Ein anderes Beispiel ist das durch spharoidale Enzymmolekule gebundene Wasser, das sich nach NMR-Messungen deutlich von dem nichtgebundenen Wasser unterscheidet. Dieses Wasser ist so fest gebunden, dass man aus dem in Losung eingenommenen hydrodynamischem Volumen des Enzymmolekuls die Menge des durch Hydratation gebundenen Wassers ermitteln kann (vgl. Kap. 12.3.4). Solvatationen geben sich auch bei Messungen der Schdgeschwindigkeit zu erkennen. Die Schallgeschwindigkeit nimmt linear mit steigender Polymerkonzentration ab, was hauptsichlich auf die Wechselwirkung zwischen dem Polymer und dem Losungsmittel zuriickgefiihrt wird. Nach diesen Untersuchungen betragt 2.B. die mittlere Zahl der Lbsungsmittelmolekiile in der Solvathiille pro Grundbaustein (nicht die pro Grundbaustein gebundene Zahl der Molekiile!) bei Poly(oxyethy1en) in Wasser 1.74, in Toluol 0,20 und in Cyclohexan 0,12. Fur Poly(butadien) lauten die M e n 0,lO (Ethylbenzol), 0,21 (Cyclohexan) und 0.51 (Hexan). Vorzugssolvatation Bei MischlCIsem aus zwei Ltisungsmitteln wird sich die eine Sorte der Liisungsmittelmolekiile bevorzugter in der N2he der Polymersegmente aufhalten als die andere. Diese Vorzugssolvatation lisst sich durch einen Parameter A beschreiben, der das im Uberschuss gebundene Volumen des bevorzugt adsorbierten Ltisungsmittels pro Masse Polymeres angibt. also die Vorzugssolvatation (E: preferential solvation). Experimentell gibt sich die Vonugssolvatation bei Dialyse- und Streulicht-Messungen zu erkennen (Kap. 5.2.4). Bei der Lichtstreuung von Polymeren in Mischlbsern wird der Brechungsindex in der N&e einer Polymerkette durch die Vorzugssolvatation gebdert. Bei der konventionellen Auswertung erhat man nur eine scheinbare Molmasse Mapp. Die wahre Molmasse M ergibt sich mit dem Brechungsindexinkrement dnldc des Polymeren bei konstanter Zusammensetzung des Mischlbsers und der h d e r u n g dn/d41
301
10. Thermodynamikvon Polymerlosungen
des Brechungsindex n mit dem Volumenbxuch #I der vorzugsweise solvatisierenden Komponenten 1 des Mischltisers:
Die Zusammensetzung eines Ltisungsmittelgemischesin der N&e der Polymerkette muss von der Dichte der Verteilung der Kettensegmente abh2ngen. Mit dieser Voraussetzung fmdet man semi-empirisch fiir die Abhiingigkeit der Vomgssolvatation r von der Molmasse M des Polymeren die Beziehungen (10-12)
r=I',+KM-'12 bzw.
rM1f2=K+rmM1f2
r, = Vorzugssolvatation bei unendlich hoher Molmasse, X = Polymerisationsgrad, s = Tragheitsradius. b = Bindungslibge. T = Bindungswinkel, Q = Behinderungsparameter, Mu = Molmasse der Monomereinheit, A = systemspezifische Konstante. Die Konstante K ist dem Expansionsfaktor ar3 umgekehrt proportional. Thermodynamisch gute Losungsmittel fiihren zu starken Knauelaufweitungen und damit zu kleineren K-Werten (Abb. 10-3). Je thennodynamisch besser das Ltisungsmittel, umso grtisser ist der 2.Virialkoeffizient A2 (Kap. 10.4). Eine andere Miiglichkeit der Bestimmung der wahren Molmasse durch Lichtstreuung in Mischliisem (oder Salzliisungen) ergibt sich durch Dialyse der Ltisungen gegen den Mischliiser und Messungen an den dialysierten Usungen, so dass bei konstantem chemischen Potential gearbeitet wird.
h
5
L 300 0 E
I
0
0
200
400
600
800
-M I D / (g rnoP1)lR +
lo00
Abb. 10-3 Vorzugssolvatation des Poly(styro1)s [3]. : 21 A2 c 0 Temhlodcohlenstoff +Methanol (79 = VV) (77.8 : 22.2 = V V ) A2 = 0 Benml+Methanol A2 > 0: Benml+Methanol (90 : 10 =VV)
302
10.1.5.
10.1. Phiinomenologische Thermodynamik
Losegeschwindigkeit
Beim Llisen fester (kristalliner oder amorpher) Polymerer tritt zuerst eine "Induktionsperiode" auf. Erst dann nimmt die Konzentration des Polymeren in der flussigen Phase linear mit der Zeit zu (Abb. 104). Diese Induktionsperiode entsteht wie folgt. Das zu lasende Polymere liegt in der Regel "fest" vor, d.h. unterhalb der Glastemperatur bei amorphen Polymeren und unterhalb der Schmelztemperatur bei kristallinen. Beim Liisen eines Polymeren muss daher das Usungsmittel in das feste Polymere eindringen. Da bei amorphen Polymeren die Segmente eines Polymermolekuls von Segmenten anderer Pol ymermolekule umgeben sind, muss das Ltisungsmittel diese anderen Segmente ersetzen. Obwohl die Polymemolekie selbst z.B. vor und nach dem Ldsen in einem Theta-Llisungsmiml die gleichen ungestiirten Dimensionen aufweisen, nimmt daher das Volumen der obersten Polymerschicht zu: die oberste Schicht quillt auf. Erst wenn alle fremden Polymersegmente durch Losungsmittelmolekie ersetzt sind, gehen die Polymermolekiile der obersten Polymerschicht in Usung.
l8
d
1
0
5
69,VC
10
15
20
- tlmin + Abb. 10-4 Zunahrne der Brechungsindices der Losungen als Mass fiir die Polymerkonzentration him AuflOsen eines Poly(styro1)s unter Riihren in Toluol bei verschiedenen Temperaturen [4]. Die Schniapunkte der Geraden mit der Abszisse sind die Induktionszeiten.
Beim Ltisen fester Polymerer beobachtet man folglich eine Quasi-Induktionsperiode (Abb. 10-4), w2hrend derer eine gequollene Oberflachenschicht gebildet wird. Diese Schicht bildet eine Sperre fiir Ltisungsmittelmolekule, die weiter in das "trockene" Polymere eindringen wollen. Bei starkem Ruhren werden andererseits aufgequollene Polymerknluel in die Ltisung uberfiihrt. Es bildet sich ein stationarer Zustand mit konstanter Aufliisegeschwindigkeit des Polymeren bzw. Eindringgeschwindigkeit des Ltisungsmittels aus. Die lineare Eindringgeschwindigkeit U l d t des Losungsmittels beim AuflSsen des Polymeren in einem reinen Liisungsmittel ist proportional dem mittleren gemeinsamen Diffusionskoeffizienten D von Ltisungsmittel und Polymeren und reziprok proportional der Dicke d der gequollenen Oberflachenschicht:
303
10. T h e m o d y m i k der Polymerlosungen
Die Induktionszeit to ist dabei nach den Diffusionsgesetzen durch to = 4 4 6 D ) gegeben (Gl.(l4-13)). Bei einem Poly(styro1) von M = 32 OOO g/mol wurde z.B. beim Ltisen in Toluol bei 25OC eine lineare Ltisegeschwindigkeit von dL,/dt = 6,4.1&5 cm/s und mit einer Induktionszeit von 7 min eine Dicke der Quellschicht von d = 0,16 cm gefunden. Die Quellschicht ist also weit gr(lsser als der Molekuldurchmesser der Polymermolekiile, mtiglicherweise. weil sich die PolymerknlIuel gegenseitig verhaken. Der oben beschriebene Aufltisungsprozess ist idealisiert. Manche Polymere weisen Spalten auf, entweder vom Herstellen der Priifktirper oder aber durch beim Aufquellen entstehende Spannungsrisse. Die Materie um diese Spalten ist in einem Spannungszustand eingefroren. Beim Eindringen von LUsungsmittel in die Spalten w i d Spannungsenergie freigesetzt und es liisen sich dann ganze Blticke von Polymeren auf einmal ab.
10.2.
Statistische Thermodynamik
10.2.1. Einfiihrung Die Thermodynamik befasst sich mit den in makroskopischen Systemen hemchenden Beziehungen zwischen der Warme und den anderen Energieformen, jeweils bezogen auf die Massen bzw. die Volumina. Die chemische Thermodynamik bezieht die Aussagen der Thermodynamik auf Molekiile und speziell auf Reaktion9n zwischen Molekulen. Die Gestalt der Molekule geht dabei in diese Beziehungen nicht ein. Sie spielt bei niedermolekularen chemischen Verbindungen auch keine grosse Rolle. Die Mischungsentropie zweier niedemolekularer Verbindungen kann z.B. im Prinzip wie diejenige von weissen und roten Kugeln behandelt werden. Makromolekule ktinnen dagegen in einer Vielzahl von Molekulformen vorkommen. Die Molekiilgestalt beeinflusst dabei nicht nur die verschiedenen Parameter, sondem auch die thermodynamischen Beziehungen selbst. Ein einfaches Beispiel sind die ijbergangskonzentrationen (Tab. 10-4). Tab. 10-4 ijberlappungskonzenttionenc* (verdiinnt # mLsig konzenhiert) und c** (mksig konzentriert P konzentriert) fiir verschiedene Molekiilfonnen. d = Durchmesser,L = LAnge, L, = Persistenzlhge, M = Molmasse, s = T~gheitsradius,[ q ] = Grenzviskositiitszahl (vgl. auch Kap. 6.3).
Molekiilfonn
C*
C**
Statistische m u e l
Wum2hnliche Ketten
Subchen
0,243 M N ~
~
L
~
304
10.2.2.
10.2. Statistische Thermodynamik
Gittertheorie
Die Mischbarkeit zweier Molekulsorten, z.B. eines Polymeren mit einem Ltisungsmittel, wird durch die Gibbs-Mischungsenergie Gmix = Hmix- TSmix kontmlliert. Die einzelnen Beitrage zu den Mischungsenthalpien Hmix und Mischungsentropien Smixkonnen dabei mit der statistischen Thermodynamik berechnet werden, 2.B. fiir die Phasentrennung von Ldsungen von Stibchen (Kap. 8.3.2). Bei Gittertheorien wird die Ltisung als ein dreidimensionales Gitter aus total N, = NIX1 + N2X2 Gitterplatzen aufgefasst (Abb. 10-5). Jeder Gitterplatz ist entweder von einem (niedermolekularem) LBsungsmittelmoIekul oder von einem Polymersegment besetzt. z.B. von einer Monomereinheit. In der Losung sind N2 Polymermolekule des Polymerisationsgrades X2 > 1 und N1 L(isungsmittelmo1ekie des Polymerisationsgrades X I vorhanden; X1 wird meist gleich 1 gesetzt. Die Theorie ist auch auf Polymerblends aus einem Polymeren mit dem Polymerisationsgrad X2 > 1 und einem anderen Polymeren mit X1 > 1 anwendbar. Die Anzahl N12 der Kontakte zwischen Polymer- und Ldsungsmittelmolekien wird bei der Flory-Huggins-Theorie aus der Zahl N, aller Gitterplatze (E: lattice sites), der Zahl z der nachsten Nachbam einer betrachteten Einheit und der Wahrscheinlichkeit berechnet, dass benachbarte Gitterplitze entweder von Ltisungsmittelmolekien 1 oder von Monomereinheiten 2 besetzt sind. Diese Wahrscheinlichkeiten sind mit den Volumenbriichen 01 der Losungsmittelmolekie und Qr der Monomereinheiten identisch. Auf jeden Grundbaustein und jedes Losungsmittelmolekul sol1 das gleiche mittlere Kraftfeld einwirken. Die Flory-Huggins-Theorie wird daher als Mean-field-Theorie bezeichnet. obwohl kein Kraftfeld explizit berechnet wird. Man entnimmt der Abb. 10-5, dass die AMahme eines mittleren Kraftfeldes nur bei konzentrierten Polymerlosungen einigermassen gut erfiillt sein kann, da nur dann die Grundbausteine praktisch homogen in der Usung verteilt sind. Die Theorie beschreibt daher recht gut das Verhalten von Polymer-Polymer-Mischungen, nicht aber dasjenige von Polymerlosungen in der N3he der kritischen Punkte. Die Flory-Huggins-Theorie ist dagegen bei verdunnten Polymerlosungen recht unzul2nglich, da sich hier einzelne Polymerknauel mit "hoher" Segmentkonzentration in einem Meer von Ldsungsmittel befinden.
1:
-. T m X E 4-
ololo
0
-e
0
0
0
0
0
0
7-4
0 0 0 . 0 . 0
0
0 . 0 0 . 0 0
I
0
I
0
I
0
I
0
I
0
I
lol lo lo lo
o e o o e o o 0
0
m
ololo
0 0 . 0
0
o o o o + o o
. 0 . 0 0 . 0
e . 0
0
* r o o ~~o o
~
0
Abb. 10-5 Anordnung von gelosten ( 0 )niedermolekularen Molekiilen (links) oder Monomereinheiten eines Polymeren rnit Xz = 13 (rechts) in niedermolekularen Losungsmittel (0)auf einem zwei-
dimensionalen Gitter. In beiden FiUlen gilt
= 0,322.
10. Thermodynamik von Polymerliisungen
305
Mischungsenthalpie Das Mischen von Usungsmittelmolekiilen und Polymersegmenten wird wie bei der Berechnung der LBslichkeitsparameter als quasichemische Reaktion mit einer Austauschenergie A& = ~ 1 -2 ( 1 / 2 ) ( ~ 1 1+ q 2 ) aufgefasst (Gl.(lO-9)). Diese "Reaktion" sol1 ohne VolumenXnderung erfolgen. Die Mischungsenthalpie ist dann durch das Produkt der Austauschenergie und der Zahl N12 der Paare 1-2 gegeben. Die Zahl N12 ist wiederum durch die totale Zahl N g der Gitterplztze, die Zahl z der nkhsten Nachbam eines Paares 1-2 und die Wahrscheinlichkeit bestimmt, dass der niichste Gitterplatz von einem Usungsmittelmolekiil besetzt ist. Diese Wahrscheinlichkeit wird durch die entsprechenden Volumenbriiche 91 und QL ausgedriickt. Fur die Mischungsenthalpie erhgt man also
Das Produkt aus Austauschenergie und der Zahl z der Nachbam wird durch die thermische Energie bT dividiert. Die resultierende Grtisse x ist der Flory-Huggins-Wechselwirkungsparameter (E: Flory-Huggins interaction parameter):
Bei der urspriinglichen Definition von P.J.Flory wurde die rechte Seite dieser Gleichung noch mit dem Polymerisationsgrad X I der L(fsungsmittelmolekii1emultipliziert. Bei rein enthalpischen Systemen ergibt sich sich die Mischungsenthalpie AHmix aus den G1.(10-15) und (10-16) als eine Gleichung vom van Laar-Typ. Die molare Mischungsenthalpie erhnt man entsprechend mit ng = N g / N A und R = ~ N alsA
Wechselwirkungsparameter Der dimensionslose Flory-Huggins-Wechselwirkungsparameter x beschreibt die thermodynamische Giite des Usungsmittels fiir ein gegebenes Polymeres. Er l a s t sich experimentell mit verschiedenen Methoden ermitteln: bei kleinen &-Werten aus der Konzentrationsabhhgigkeit scheinbarer Molmassen bei Lichtstreuungs- oder Sedimentationsgleichgewichtsmessungen, im Bereich 0 IQL I0.3 aus Messungen des osmotischen Druckes oder der kntischen Ldsungstemperatur, im Bereich 0,3 I 9 2 5 0,9 durch Bei Dampfsorption, und im Grenzfall QL + 1 durch Gas-Fliissigkeits-Chromatographie. vemetzten Polymeren l a s t sich x auch aus dem Quellungsgleichgewicht bestimmen. Der Parameter xist bei apolaren oder schwach polaren Polymeren in apolaren oder schwach polaren Losungsmitteln nur sehr wenig konzentrationsabhgig (Abb. 10-6). Diese AbhXngigkeit lgsst sich bei T = const. empirisch durch x = xo + KQr + K'QL2 beschreiben, wobei K und K' anpassungsfXhige Konstanten fiir ein gegebenes Polymer-LBsungsmittel-System sind. Diese Funktion erfasst sowohl negative x-Werte als auch Maxima in den % =f(QL)-Kurven. Das Maximum beim Poly(viny1methoxyacetal) wird z.B. durch hydrophobe Effekte hervorgerufen, w2hihrend die negativen X-Werte beim Cellulosenitrat vom Aufveten lyotroper Fliissigkristalle stammen.
306
10.2. Siaiistische Thermodymmik t
t
lo - 1.0
0
02
0,4
0.6
0.8
1
- @ 2 -
Abb. 10-6 Flory-Huggins-Parameterx als Funktion der Volurnenbriiche 49 von Poly(vinylmethoxyacetal) in Wasser bei 25°C (PVMA); Poly(dirnethylsi1oxan) in Benzol bei 2OoC (PDMS); cis-1.4Poly(iS0pren) in Benzol bei 20°C PIP);CeUulosenitrat (DS = 2,6) in Aceton bei 20°C (CN). Experimentell wird somit nur bei wenigen Polymer-Ulsungsmittel-Systemendie von der Theorie postulierte Unabhlingigkeit von x vom Volumenbruch @2 gefunden. Nun nimmt aber die Theorie implizit an, dass sich das Losungsvolumen beim "Reagieren" von 1-1 mit 2-2 nicht iindert. Weil der Wechselwirkungsparameter der Temperatur umgekehrt proportional ist und nach dem 2.Hauptsat.z der Thermodynamik AGIT = AH/T - AS gilt, wird femer der Flory-Huggins-Wechselwirkungsparameterals eine rein enthalpische GriSsse aufgefasst. Eine solche "Reaktion" wird aber auch Schwingungen und Rotationen von Ldsungsmittelmolekien und Polymersegmenten iindem, so dass die Mischungsenthalpie AH,jx eigentlich eine h e r e Mischungsenergie A U i Xist. Der Flory-HugginsParameter sollte somit ausser einem enthalpischen noch einen entropischen Anteil enthalten. Entsprechend beobachtet man x a + b/T und damit eine zusatzliche Entropiegrtisse a beim enthalpischen Ansatz x = b/T. Da sich die Entropie bei Polymersegmenten besonders ausgeprigt iindert, erhat man die oben beschriebene Konzentrationsabhingigkeit der Wechselwirkungsparameter. Die Werte von xo sind meist positiv, weil die Wechselwirkungen 1-1, 2-2 und 1-2 in der Regel von van der Waals-Wechselwirkungen stammen, die wiederum durch das Produkt der elektronischen Polarisierbarkeiten gegeben sind. x wird durch die thermodynamische Gute des Ldsungsmittels fiir das Polymere kontrolliert. Fur unendlich hohe Molmassen sagt der Flory-Ansatz fiir die nicht-kombinatorische Entropie einen kritischen Wert von x = 1/2 f i r Systeme nahe der PhasentreMung voraus (vgl. G1.(10-33)). Ein solcher Wert wird fiir unendlich kleine Konzentrationen von Polymeren in thermodynamisch schlechten LBsungsmitteln erreicht, z.B. von Poly(dimethylsi1oxan) in Benzol bei 20°C (Abb. 10-6) sowie von Poly(styro1) in Cyclohexan bei 34°C. Bei thermodynamisch guten Ldsungsmitteln findet man entsprechend 1/2 c x c 0. Den Grenzwert xo erreicht man fiir LBsungsmittelmolekule, die den Monomereinheiten chemisch W i c h sind. Die Gibbs-Mischungsenergie wird d a m nur durch die kombinatorische Entropie bestimmt. Die Ltisung ist athermisch (kein Effekt des LCisungsmittels).
-
10. ThennodyMmik von Polymerliisungen
307
Mischungsentropie Die molare Mischungsentropie ASmix,,, = &,ix,m/ng ist durch die Mischungsentropie Asmix pro Mol n, = Ng/NA der Gitterplltze gegeben, wobei N, = Zahl der Gitteplltze. Die Mischungsentropie d s m i x = Scomb(N1Jv2) - Scomb,o setzt sich aus der Kombinationsentropie Scomb(N1Jv2) und der Desorientierungsentropie Scomb,o zusammen. Die Kombinationsentropie (E: combinatorial entropy) entsteht. weil Usungsmittelmolekiile und Polymersegmente in sehr verschiedener Weise zueinander angeordnet werden k6Men (vgl. Abb. 10-5). Da diese Entropie die verschiedenen "physikalischen Konfigurationen" (i.e., Makrokonfonnationen; s. Kap. 5.1) eines Makromolekiils beschreibt, wird sie in der Polymephysik auch Konfigurationsentropie genannt. Bei idealen LUsungen wird fiir die paarweisen Wechselwirkungen zwischen den UIsungsteilnehmem angenommen, dass beim Ersatz 2.B. eines Usungsmittelmolekiils 1 durch einen Polymerbaustein 2 keine Energie gewonnen oder verloren wird: die Mischungsenthalpie einer idealen Ltssung ist gleich null. Da definitionsgemlss die Wechselwirkungen 1-1, 1-2 und 2-2 gleich gross sind, tragen alle von der Umgebung der L.6sungsteilnehmer abhhgigen Entropieanteile nichts zur Entropiehderung beim Mischen bei. Translationsentropien und innere Rotations- und Vibrationsentropien hdern sich dam beim Mischen nicht. Die Usungsteilnehmer kUMen aber auf sehr viele Arten relativ zueinander angeordnet werden, wie man am einfachsten beim Mischen von N1 weissen Kugeln mit N2 roten sieht. Die Kombinationsentropie von PolymerlUsungen (XI = 1; X2 >> 1) wird von der Flory-Huggins-Gittertheorie via Scomb(N1. N2) = kg ln a aus der thermodynamischen Wahrscheinlichkeit R f i r das Auftreten der vi verschiedenen Anordnungen der i-ten Kette berechnet. Die erste Monomereinheit kann auf dem Gitter jeden beliebigen Platz besetzen. die zweite jedoch nur solche Plltze, die dem ersten Platz benachbart sind. Die Platzwahl der dritten Monomereinheit ist auf die verbleibenden z-1 Plltze beschrhkt. Die erste Polymerkette mit insgesamt X2 Monomereinheiten hat daher vl = Ngz(z-l)%-2 Mtiglichkeiten. Dieser Ansatz vemachlgssigt aber, dass f i r die dritte Einheit (und alle weiteren) weniger als z-1 Platze vorhanden sind, da ein Gitterplatz bereits von einer vorher platzierten Einheit besetzt sein kann. Wenn das Gitter mit i-1 Polymerketten aufgefillt wird, bleiben Nf = N, - (i - 1)X2 Gitterplltze frei. Die Wahrscheinlichkeit, einen freien Platz zu finden, ist n2hemgsweise 2 Nf/Ng. Die i. Polymerkette kann folglich in vi = Nf(Nf/Ng)X2-1z(z-1>Xrverschiedenen Weisen angeordnet weden. Die thermodynamische Wahrscheinlichkeit Ri ist proportional ni vi, dem Produkt aller vi-Werte f i r die total N2 gleich langen Ketten. Da aber viele dieser Ketten gleiche Makrokonformationen einnehmen kUMen und man nur unterscheidbare Anordnungen beriicksichtigen darf, muss man noch Hi vi durch N2! teilen, die Fakulttit von N2. M e Kette l a s t sich femer entweder mit dem Kopf oder dem Schwanz zuerst auf das Gitter platzieren. Je nach der Symmetriezahl o z2hlt man daher $v2 zu viele Kombinationen (0 = 1 f i r unterscheidbare Ketten, o = 2 f i r ununterscheidbare). Daraus folgt (10-18)
a = (dVgNz!)Hj vi,
(fir 1 I i I N2)
Einfiihren von Vi = Nf(Nf/Ng)Xz-1z(z-l)%-2 (s. oben) und Nf = N, - (i-1)Xz sowie der Stirlingschen N3herung x! = (x/e)X fir x >> 1 liefert
308 Ng! (10-19)
R=
N1!( N2X2)!
[
N;;)
N2(X2-1)
10.2. Statistische Thermodymmik
[
X~Z(Z-~)~~-~]” 0
exp ( X 2 - 1)
G1.(10-20) fiihrt mit der Stirlingschen Nilherung In N j = N i (In N i ) - N i und den Definitionen der Volumenbriiche +1 = NIX1/Ng bzw. & = N2XZ/Ng der Gitterkomponenten zu
Diese Gleichung enth<noch die Desorientierungsentropie Scomb,o = b N 2 In Gel = + welche die Entropie von Knauelmolekulen relativ zu deqenigen dieser Molekiile in einem perfekten Kristall beschreibt. Diese Desorientierungsentropie muss noch von der Kombinationsentropie Scomb(N1 .N2) abgezogen werden. um die Mischungsentropie ASm;x des amorphen Polymeren zu erhalten, also
Scomb(N1 ,O) S w m b ( o f l 2 ) ,
Die Desorientierungsentropie ist bei Mischungen zweier Polymerer 1 und 2 eine komplexe Gr(isse, da hier beide Polymeren jeweils viele verschiedene Makrokonformationen einnehmen konnen. Bei PolymerlSsungen hat man dagegen nur die Makrokonformationen der N 2 Polymermolekule zu beriicksichtigen. Die Losungsmittelmolekie fiillen lediglich die von den Polymermolekulen ubrig gelassenen leeren Gitterplltze. Es gilt folglich N1 = 1 und Scomb,o = Scomb(0f12) = k ~ N 2 Gel. Aus der Mischungsentropie des amorphen Polymeren (G1.( 10-22)) ergibt sich mit ~ die Mischungsden Beziehungen N1 = + l N g / X 1 , N 2 = h N g / X 2 , N g = n S N A und N A = R entropie pro Mol Gitterplatz
Gibbs-Mischungsenergie Fur die molare Gibbs-Mischungsenergie AGmix,m = AHmix,m - TASmix,m erh< man aus dem 2.Hauptsatz und den G1.(10-17) und G1.(10-23) die Beziehung
Die molare Gibbs-Mischungsenergie ist bei gleich grossen Komponenten ( X i = X 2 ) um Qr = 1/2 symmetrisch in Bezug auf die Volumenanteile &, wie man aus Abb. 10-7 fiir X 1 = X 2 und x = 0,5 bzw. x = 1,8 sieht. Bei ungleich grossen Komponenten X 2 f X i wird die Funktion AGmix,m=f(&) unsymmetrisch. LSsungen von Polymeren in niedermolekularen Usungsmitteln unterscheiden sich somit thermodynamisch von Losungen niedemolekularer Substanzen, weil Polymer- und LSsungsmittelmolekule unterschiedlich gross sind.
3 09
10. Thennodynamik von Polymerl6sungen
t o I
- 0.4
- 0.6 4 0
. 02
0,4
-h
0.6
1 0.8
1
Abb. 10-7 Reduzierte molare Gibbs-MischungsenergieAG,h,JRT als Funktion des Volumenbruches des Polymeren fiir verschiedene PolymerisationsgradeX2 und Wechselwirkungsparameterx in Usungsmitteln mit X I =1. Bexechnungen mit G1.(10-25).
Chemische Potentiale Die erste Ableitung der Gibbs-Mischungsenergie nach der Stoffmenge nl des LUsungsmittels ist als chemisches Potential A p l des Wsungsmittels definiert und die entsprechende Ableitung nach der Stoffmenge n2 der Polymermol6kule als chemisches Potential Ap2 des Polymeren. Vor dem Differenzieren wird von Volumenbriichen auf ~ / N ~auf den Stoffinengen und rnit 41 = nlNAX1/Ng. 41 = 1 - h und & = ~ ~ N A X jeweils gleichen Typ der Komponenten umgerechnet. Das chemische Potential A h pro Mol Repetiereinheit des Polymeren ergibt sich dann aus 4 2 durch Division mit (Vl,nJvu,m)X2.Fur die drei chemischen Potentiale erhtllt man folglich aus G1.( 10-24) rnit dem Polymerisationsgrad X1 des Wsungsmittels RT =[JAG-
/ &ti]/ RT = x& +In (1 - Qr)+ (1 - XT1)&
(10-25)
&I/
(10-26)
Ap2 / RT = [d&-
(10-27)
&u/RT=(Vu,m /V1,,)[~(1-&)~ +(X2-1)(1-@2 )Xsl+XslIn
/ d n z ] / RT = xX2(1 - Qr)2+(X2 - 1)(1-
h )+hQr &I
Chemische Potentiale sind daher aus der Konzentrationsabhlngigkeit der molaren Gibbs-Mischungsenergie bestimmbar. Nach den G1.(10-4) und (10-5) gilt fiir das vollstbdige Differential dAG,,,ix = Apldnl + Ap2dn2. Die Integration fiihrt rnit den Definitionen der Volumenbriiche tp1 = 1 - & und der Stoffmengen zu
Die Funktion AGmix(NA/Ng) =f(&) liefert fiir & + 0 das chemische Potential Apl des Wsungsmittels und fiir & + 1 das chemische Potential AM^ des Polymeren.
310
10.2. Statistische Thermodymmik
Zusammenfassung Die Flory-Huggins-Theorie trifft fir Losungsmittel sehr gut zu, wie Abb. 10-8 f i r die Sorption von Ldsungsmitteln in Polymeren bei T > Tc zeigt. Das reduzierte chemische Potential AplIRT des Usungsmittels wurde dabei experimentell aus den Partialdrucken des Ldsungsmittels iiber der Ldsung bzw. dessen reinem Zustand, seinem Molvolumen und der Kompressibilitiit der Gasphase ennittelt. Die Wechselwirkungsparameterx waren unabhllngig von Konzentration und Temperatur. 1
c
5 0.6 U I
8
0,4
0
0
0,2
0,6
0,4
-
$1
0,8
1
Abb. 10-8 Sorptionsparameter AplIRT als Funktion des Volumenbruches $1 = p1/pl,,, des Ltisungsmittels, wobei p1 der Partialdruck des Ldsungsmittels im Uisungsmittel-Polymer-Systemund pi,,, derjenige iiber &m reinen LOsungsmittel ist. Die ausgezogenen Kurven wurden mit Wechselwirkungsparametern von x = 0,35 fiir Poly(styro1) (TG = 100°C) in Ethylbenzol bei 130°C und 178OC berechnet (obere Kurve) und von x = - 0,44fiir Poly(viny1acetat) (TG = 30°C) in Chloroform bei 45°C [5].
Anders ist es fiir das Verhalten der Polymeren. Die skizzierte einfache Flory-Huggins-Theorie beschreibt hier das Verhalten der Losungen von Knauelmolekiilen qualitativ korrekt (vgl. unten). Entgegen der Theorie findet man jedoch konzentrationsabhllngige Wechselwirkungsparameter, weil z.B. spezifische Polymer-Usungsmittel- Wechselwirkungen (Solvatationen) und Polymer-Polymer-Assoziationenvernachlissigt werden. Die Theorie versagt allgemein bei VerdiiMten Ldsungen, weil die AMahme einer gleichmissigen Veneilung der Polymersegmente unzutreffend ist (vgl. Abb. 10-5); die Anzahl Nfder freien Gitterplitze ist nicht durch Nf= N , - (i - l)X2 gegeben. Die Theorie beriicksichtigt auch nicht, dass wegen der Flexibilitat der Kettenmolekiile intramolekulare Kontakte mtiglich sind; dadurch wird die Zahl der externen Kontakte reduziert. Wegen dieser Kontakte wiren WONdie (nicht messbaren) Oberflachenbriiche den Volumenbriichen vorzuziehen. Die Theorie vernachlassigt ferner, dass die lokalen Konzentrationen fluktuieren. Sie nimmt ausserdem Additivitat der Volumina an und ignorien somit den Einfluss der freien Volumina; anstelle $11 + h = 1 musste $I1 + + k e i e s Volume" = 1 treten. Derartige nicht-kombinatorische Effekte sind als Effekte der Packung, des freien Volumens oder der Zustandsgleichung (E: equation-of-state) bekannt. Die sog. Equation-of-stateTheorien beriicksichtigen, dass die reinen Komponenten und deren Mischungen komprimierbar sind. Sie fiihren dazu reduzierte (dimensionslose) Volumina =V , / V k usw. ein, wobei V k usw. ein charakteristischer Parameter fiir jedes Polymere ist.
v,,,
311
10. Thennodynamik von Polymerliisungen
10.2.3.
Phasentrennung
Liisungen amorpher Polymerer Bei den Beispielen der Abb. 10-7 bleibt die reduzierte Gibbs-Mischungsenergie bei einem Wechselwirkungsparametervon x = 1/2 fiir alle Polymerisationsgrade negativ. Die Funktionen AGmix,, =Ah)zeigen nur je ein Minimum. Nur bei X2 = 1 sind jedoch die Kurven um Qr = 1/2 symmetrisch. Je grirsser der Polymerisationsgrad, umso mehr verschiebt sich das Minimum zu grirsseren Qr-Werten. Bei einem Wechselwirkungsparameter von = 1.8 ist bei X2 = 1 wiederum nur ein Minimum vorhanden. Schon bei einem Polymerisationsgrad von X2 = 2 treten jedoch zwei flache Minima auf. An die Minima dieser AG,;,, =f(&)-Kurve kann also eine Tangente gelegt werden. Zwei derartige Minima sind auch bei der Kurve f i r X2 = 100 vorhanden, und zwar mit negativen AG,ix,,-Werten in den Bereichen 0,728 IQr I1 und 0 S & 5 10-35 (in der Abbildung nicht sichtbar). Bei einem mehrphasigen System muss nun das chemische Potential einer Komponente in jeder Phase gleich gross sein. Ein binires System mit zwei Komponenten 1 und 2 in den beiden Phasen ' und " muss daher den Bedingungen p1' = p1" und p2' = p2" gehorchen und folglich auch Ap1' = p1' - p1.0 = p1" - p1.0 = Ap1" und analog fiir die Phase ". Die chemischen Potentiale sind aber nur dann identisch, wenn zwei Punkte der Funktion AG,h,m =AQL)eine gemeinsame Tangente besitzen (vgl. G1.(10-24)). In Abb. 10-9 (unten) sind fiir vier Temperaturen berechnete AGmix,m =Ah)-Kurven wiedergegeben. Die Kurven fiir die drei Temperaturen 260 K. 300 K und 350 K weisen je zwei Minima auf. Die Temperaturen bei den Kontaktpunkten der Tangenten an allen Kurven fiigen sich in einem T =AQr)-Diagramm zur Binodalen zusammen (E: binodal; L: bi = zwei, nodus = Knopf, Knoten) (Abb. 10-9, oben). Oberhalb der Binodalen befindet sich der stabile einphasige Bereich. darunter der nichtstabile zweiphasige.
J
-42-
I
Abb, 10-9 Unten: Molare Gibbs-Mischungsenergieals Funktion des Volumenbruches des Geltrsten (XM, = 2) in einem Msungsmittel (XI= 1) bei vier verschiedenen Temperaturen. Berechnungen mit G1.(10-24) und x = 03 + [(450 K)/f. 0 Kontaktpunkte der Tangenten, 0 berechnet mit Gk(1531). O h :B i d e . Spinodale und stabiie (S). metastabile (M)und instabile (IBereiche. )
312
10.2. Statistische Thermodynamik
Da chemische Potentiale stark vom Polymerisationsgrad beeinflusst werden. ist eine Binodale bei breit verteilten Polymeren schwierig zu berechnen. Einfacher berechenbar ist die Spinodale (E: spinodal), die durch die beiden Wendepunkte (E: inflection points) der Funktion AGmix,m = A h ) gegeben ist, also durch a2(AGmix,m)laQr2 = aApl/ah = 0. Aus G1.(10-25) erMt man somit f i r die Spinodale
Die Spinodale teilt den nichtstabilen Bereich unterhalb der durch die Binodale gegebenen Kurve Tmh =A&) in zwei metastabile Bereiche M zwischen der Binodale und der Spinodale und einen instabilen Bereich I zwischen den beiden Asten der Spinodale. Im instabilen Bereich entmischt sich eine L6sung spontan in zwei kontinuierliche Phasen. die somit untereinander ein interpenetrierendes Netzwerk bilden. Die Phasentrennung im metastabilen Bereich ist dagegen kinetisch kontrolliert. Nach einer Nukleierung wird hier die Minoritatsphase in der Majoritatsphase dispergiert. Die hochste Temperatur auf der Spinodalen bzw. Binodalen zeigt den kritischen Punkt an, in Abb. 10-9 bei t&crit = 0,414. Beim kritischen Punkt wird die zweite Ableitung der Funktion Ap1 =f(&) gleich Null.Maximum, Minimum und Wendepunkt fallen d a m zusammen. Aus G1.(10-30) erhat man
AuflOsen der G1.(10-30) und (10-31) nach x und Gleichsetzen des Resultates zeigt, dass der kritische Volumenbruch des Polymeren mit zunehmendem Polymerisationsgrad kleiner wird:
Der kritische Wechselwirkungsparameter resultiert aus den G1.( 10-32) und (10-31):
Konzentrationsunabhagige Wechselwirkungsparameter h h g e n also nur vom Polymerisationsgrad ab. Bei unendlich hohen Polymerisationsgraden erreichen sie xo = 1/2. Bei konzentrationsabhbgigen Wechselwirkungsparametem wird aber lim xx,+,- f 1D.
Quasibinare Systeme Alle bisherigen Betrachtungen bezogen sich auf echte binlre Systeme. “Binir” sind Systeme aus zwei molekulareinheitlichen Komponenten. Polymolekulare Substanzen bilden dagegen mit einem einheitlichen Ltisungsmittel nur quasibintire Systeme. Quasibinare Systeme verhalten sich bei Phasentrennungen anders als binae. was man am einfachsten anhand der sog. Trubungskurven sieht. Triibungen von PolymerlOsungen zeigen das “Ausfaen von Polymeren” (exakt: Bilden von zwei Phasen) nach Temperaturhderungen oder Zugabe von FUungsmitteln an. Sie entsprechen einem Spezialfall der Phasentrennung, nmlich demjenigen Phasengleichgewicht, bei dem die Menge der einen Phase gegen null strebt.
313
10. Thennodynamik von Polymerltisungen 28 i
Koexistenzkurve
I .
0
-
. . . . . . . . . . . . . . . . . .? 0.05
0,lO
-w2
0,15
. .
0.20
Abb. 10-10 Triibungstempem-me T gnes molekularuneinheitlichenPoly(stym1)s rnit der Molmasse M,= 210 OOO g/mol und M,: M,: M, = 2,4:1.65:1 in AbhMgigkeit vom Massenbruch w2 des Polymeren in Cyclohexan bei 28°C (0)sowie die Koexistenzkwe einer sechsprozentigen AusgangsIOsung bei verschiedenen Temperaturen (0),d.h. die Massenbriiche des Polymeren in den beiden koexistimden phasen [6]. Beide Kurven sind Spinodale.
Bei biniren Systemen ist die Triibungskurve mit der Koexistenzkurve identisch. Der kritische Punkt im Maximum der Triibungskurve (Abb. 10-10) m t don mit dem Maximum der Koexistenzkurve zusammen, d.h. dejenigen Temperatur, bei der die Massenbriiche des Polymeren in den beiden koexistierenden Phasen gleich gross sind. Bei quas i b i n h n Systemen werden dagegen bei Triibungs- und Koexistenzkurven je nach Molmassenverteilung verschiedene Anteile des Polymeren erfasst. Der kritische Volumenbruch &;?.crit(bzw. ~ 2 , c r i 3und die kritische Temperatur Tcrit befinden sich nicht mehr im Maximum der Triibungskurve (Abb. 10-10). Bei einem quasibiniren System rnit SF-Verteilung gilt fiir den kritischen Volumenbruch statt G1.( 10-32) und f i r den kritischen Wechselwirkungsparameter statt G1.( 10-33)
(10-33a)
Xcrit
= (1/2)[1 + j3z1/2~w-1][1+ Fz-1/2]
Die Differenzen h ; ? , m a x- Qr,crit bzw. ~ 2 , m a x- ~ 2 , c r i toder Tmax - Tcrit ktinnen als Mass f i r die Molekularuneinheitlichkeit dienen.
Fall- und Liisetkaktionierung Die Abhwgigkeit der kritischen Volumina bzw. der Binodalen vom Polymerisationsgrad wird bei der Fillfraktionierung von nicht kristallisierbaren Polymeren nach der Molmasse ausgenutzt (E: precipitation fractionation). Beim Emiedrigen der Temperatur einer endothermen quasibiniren Losung scheiden sich zuerst die Polymennolekule mit den htkhsten Molmassen ab. Die "Fllllung" dieser Polymeren ist eine Phasentrennung in eine an Polymeren hochkonzentrierte Gelphase (die "F2llung") und eine hochverdiinnte Solphase (die iiberstehende Lclsung). Sie heisst auch Koazervation (E: coacervation).
314
10.2. Statistische Thermodynamik
Die Wirksamkeit einer solchen Fraktionierung durch Temperaturemiedrigen Itisst sich abschtitzen, wenn in G1.(10-24) der Ausdruck (#X2) In & durch Zi (&/Xi) In t$i ersetzt wird. Differenzieren der so modifizierten GI.( 10-24) liefert dann das chemische Potential der i-ten Polymerkomponenten (& = Ci @i):
Fur das Volumenverh3lmis der i-ten Komponente in den beiden Phasen ' und sich mit cc;' = pj" die sehr einfache Beziehung (10-35)
"
ergibt
&"/&' = exp (qXi)
Der Polymerisationsgrad Xi ist ein noch vom Verteilungstyp abhagiger komplizierter Mittelwert. Der Parameter q berechnet sich aus dem Wechselwirkungsparameter x sowie aus den Volumenbriichen & und Polymerisationsgraden in den beiden Phasen ' und ". Wegen der vielen Approximationen bei der Ableitung wird jedoch q in der Regel als empirische, anpassungsfiihige Konstante aufgefasst. q weist meist niedrige Werte auf. Das Poly(styro1) der Abb. 10-10 besitzt z.B. F,, = ii?,/M, = 210 000/108 = 1944 und eine logarithmischen Normalverteilung LNV. Mit = fur LNV erhat = 5,36 bei 26°C man aus GL(10-32) &,crit = 0,022. Aus dem Phasenverhamis berechnet sich dann ein Wert q = 7,510". Die Wirksamkeit einer Flllfraktionierung kann wie folgt abgeschgtzt werden. Im Gleichgewicht besitzen die beiden Phasen die Volumina V und V'. Der Anteil an Polymeren mit dem Polymerisationsgrad Xi in der Phase " betragt nach GL(10-35)
r,.,
zw/rz1/2 r,,1/* &"/&I
Bei einer wirksamen Fraktionierung muss also der Anteil der Komponenten i in der ausgefallenen (konzentrierten) Phase moglichst gering sein, was nur bei sehr kleinen Phasenverhamissen V"/V' der Fall ist. Fraktionierungen sollten also aus moglichst verdiinnter Losung vorgenommen werden. Man senkt dazu die Temperatur bei einer niedrigkonzentrierten UIsung eines Polymeren in einem thermodynamisch schlechten LOsungsmittel ab, bis PhaSentreMung (Triibung der Losung) auftritt und sich eine kleine Menge einer Gelphase abscheidet. Durch sukzessive Temperaturerniedrigung werden dann weitere Fraktionen isoliert. Das Polymere kann somit in Fraktionen verschiedener Molmasse aufgeteilt werden. Die Fraktionen mussen dabei jedoch nicht notwendigerweise vie1 engere Molmassenverteilungen als die Ausgangsubstanz aufweisen; die Verteilung kann sogar breiter sein. Die FUungstemperaturen liegen aber meist in experimentell ungunstigen Bereichen. Fufraktionierungen werden daher in der Regel durch Zugabe eines FNungsmittels bei konstanter Temperatur vorgenommen. Man beginnt vorteilhaft mit einer ca. 1-proz. Losung in einem schlechten Losungsmittel und setzt dann einen schwachen Nichtloser als FtiUungsmittel zu. Um gute Fraktionierungen zu erreichen, wird nach der FNung wieder bis zum Wsen erwtirmt und unter gutem Ruhren emeut abgekiihlt. Weitere Fraktionen werden durch sukzessive Zugabe von F2llungsmittel gewonnen.
3 15
10. Thermodynamik von Polymerl6sungen
Aus den Massenanteilen und den Molmassen der einzelnen Fraktionen wird dann die Verteilung der Molmassen analog zu dem in Band I beschriebenen Verfahren f i r die Verteilung der chemischen Zusammensetzungen berechnet. Bei konstitutionell uneinheitlichen Polymeren erfolgen F2llungsfraktionierungen sowohl nach der Molmasse als auch nach der Konstitution, da die Loslichkeit von beiden Parametern abhhgt. Stan durch FWung kann man auch durch Auflosung fraktionieren. Bei der Liisefraktionierung wird das zu trennende Polymere in diinner Schicht auf einen inerten TrZLger gebracht und dann eluien. Als inerte TrZLger eignen sich z.B. Quarzsand oder Metallfolien. Die Folien werden z.B. in die LCIsung des Polymeren eingetaucht und dann getrocknet. Der diinne OberflZLchenfilm wird anschliessend bei konstanter Temperatur mit Lbsungsmittel-Faungsmittel-Gemischensteigenden Gehaltes an Ltisungsmittel eluiert. Die niedemolekularen Fraktionen treten daher zuerst auf, warend bei der Falungsfraktionierung zuerst die hochmolekularen Anteile erscheinen. Eine elegante Variante des Verfahrens ist als Baker-Williams-Methode bekannt. Bei diesem Verfahren ist die Kolonne noch mit einem Temperiermantel umgeben, durch den ein Temperaturgradient aufrechterhalten wird. Der Trenneffekt wird durch die simultanen Konzentrations- und Temperaturgradienten gesteigert.
Triibungstitration Die Zugabe eines Nichtlosers erzeugt in einer verdiinnten Polymerlosung bei einem bestimmten Volumenbruch qkj des Nichtlosers eine erste Triibung. Experimentell wurde < < lo-* eine praktisch lineare gefunden, dass diese Konzentrationen im Bereich Funktion des Logarithmus der Polymerkonzentration & bei den Triibungspunkten befolgen (Abb. 10-11). Theoretische Berechnungen zeigten dann. dass diese Abhhgigkeit Qr> des Wechselwirkungsparameters entspricht. einer Abhhgigkeit x Die Extrapolation von h auf h + 1 liefert die Zusammensetzung h.8 = 1 - &,8 einer Theta-Mischung a m FUungsmittel 3 und LCIsungsmittel 2. In m i c h e r Weise kann man die Theta-Temperaturvon reinen Usungsmitteln aus Tt,=f(ln h) ermitteln.
=m
'
13 300
0.35
52
.
293
0.20 b 10-5
w
10-3
- 42
10-2
10-1
I
1
+
Abb. 10-11 Triibungstitration von benzolischen Usungen von Poly(styro1)en verschiedener Molmasse M, mit Methanol bei 25°C [7].
316
10.2. Statistische Thermodynamik
Tab. 10-5 Fraktionierung eines Vinylacetat-Vinylchlorid-Copolymerenmit einer mittleren Zusammensetzung von 55 mol-% Vinylchloridbausteinen, geordnet nach dem Molenbruch xvc der Vinylchlorideinheiten in den Fraktionen mit der Mass mi bzw. den Massenanteilen w; und wi* [8]. Fraktion xvc 2 1 5 3 4 6 15 11
0.363 0,364 0,412 0,414 0.510
0.577 0,587 0,595
mjmg
1@wj
102&w;*
Fraktion
xyc
41,O 56,O 78,s 4 35 61,s 64.5 26,s 38,O
5,32 7.27 10.19 5,65 7,98 8,37 3,44 4,93
2,660 8,955 17,683 25,600 32,4 14 40,591 46,495 50,681
13 7 9 8 10 14 12
0,595 0,625 0,636 0,638 0,642 0,665 0,676
mjmg 38.0 72.5 51,O 63,s 32.0 56.0 48,O
1@wi 1@&wi*
4,93 9.41 6,62 8,24 4,15 7,27 6,23
55,613 62,874 70.798 78,228 84,425 90,136 96,885
~~
Total
770,s 100.00
100,00
Fallfraktionierung chemisch uneinheitlicher Polymerer Durch konventionelle Copolymerisationen und Copolykondensationen erzeugte Polymere sind gewiihnlich uneinheitlich, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer Molmasse ds auch der Zusammensetzung an Monomereinheiten. Ihre Loslichkeit wird somit sowohl durch die Konstitution als auch durch die Molmasse bestimmt. Die Zusammensetzungsverteilung ist durch fraktionierte F a u n g e n und chromatographische Verfahren ermittelbar. Die Gleichgewichtssedimentation in Dichtegradienten ist nur f i r synthetische Polymere mit extrem hohen Molmassen brauchbar. Universell anwendbar ist dagegen die fraktionierte Fallung. Hier werden nacheinander Fraktionen mit verschiedener mittlerer Zusammensetzung gewonnen. Jede Fraktion weist wiederum eine Verteilung auf. Der effektive Anteil w2* der niedrigsten Fraktion 2 betragt d a m nur die H2lfte von w2. Bei der nachstniedrigsten Fraktion bekommt man wl* = w2 + (1/2) w1 usw. Fraktionsnummem und Zusammensetzungen der Fraktionen gehen dabei nicht konform (Tab. 10-5). weil die Liislichkeit bei derartigen Fraktionierungen nicht nur von der konstitutiven Zusammensetzung abhhgt, sondem auch von der Molmasse. Bei geeignet gewmten Losungs- und F2llungsmitteln kann man deshalb die Fraktionierung entweder iiberwiegend nach den Molmassen oder nach den Zusammensetzungen ablaufen lassen. Ungeeignete L8sungsmittel-F&llungsmittel-Paarekiinnen andererseits einheitliche Polymere vortauschen.
Polymerblends Die Gittertheorie der Polymer-Uisungsmittel-Systemeist auch auf Gemische von zwei amorphen Polymeren (Polymerblends) anwendbar. Das Polymere 1 (mit X I >> 1) verringert jedoch die Zahl der moglichen Anordnungen des Polymeren 2 (mit X 2 >> 1). Die molare Mischungsentropie ALSmix,m kann dadurch anders als bei Polymer-Losungsmittel-Systemen niemals positiv werden. Der resultierende Entropieterm -TASmix,m = RT[Xl-'$q In $1 + X 2 - l $ 2 In $21 ist nur geringfugig negativ. Er kann nicht mehr den Enthalpieterm AHmix,m = RT[z$1&] kompensieren, wenn der Wechselwirkungsparameter positiv ist. Die Gibbs-Mischungsenergie wird positiv: das System entmischt sich.
10. Thermodynamik von Polymerliisungen
3 17
Zwei Polymere sind in der Tat meist unmischbar, weil die Wechselwirkungsparameter positiv sind. Es gibt jedoch Ausnahmen, d.h. Systeme rnit negativen Wechselwirkungsparametern. Solche Parameter werden durch starke Anziehungen zwischen den Komponenten des Systems erzeugt. "Nicht mischbar" bedeutet in der Literatur meist nicht "unmischbar liber den gesamten Konznmtionsbereich", sondem nur "nicht mischbar iiber die praktisch wichtigen Bereiche" (vgl. auch Abb. 10-9 fUr Mischbarkeiten bei sehr niedrigen und sehr hohen Konzentrationen). Der thermodynamische Begriff der Mischbarkeit darf auch nicht rnit dem pmomenologischen Begriff der "Vertriiglichkeit"verwechselt werden. Wegen der hohen Viskosiut k6nnen sich z.B. zwei an sich unmischbare Polymere wiihrend der Beobachtungszeit nicht entmischen; das System ist dann vertraglich und erscheint als mischbar. Die Klassifnierung vertriiglich-unvertriglich kann auch von der experimentellen Methode abhagen. Unvertriigliche Polymergemische geben sich in vielen Fdlen rein optisch durch ein opakes Aussehen zu erkennen, was durch genugend grosse Phasen rnit hinreichend grossen Unterschieden in den Brechungsindices hervorgerufen wird. Bei optisch klaren ("vertriiglichen") Proben kOnnen jedoch oft noch sehr kleine Phasen vorhanden sein, die elektronenmikroskopisch sichtbar sind. Bei geniigend grossen phasen treten auch zwei Glastemperaturen auf, die sich bei unvertr2glichen Polymeren nicht rnit der Zusammensetzung des Systems udern. Unvertrigliche Polymere stellen Dispersionen des einen Polymeren im anderen dar. Da alle Dispersionen thermodynamisch instabil sind. versucht man derartige unvertrggliche Polymergemische durch Zusatz von Diblock-Polymeren als Phasenvermittler (Vertriglichkeitsmacher; E: compatibilizer) zu stabilisieren. Bei diesen Blockpolymeren ist der eine Block mit dem Polymeren der einen Phase und der andere Block rnit dem Polymeren der anderen Phase vertriiglich. Dazu mussen die beiden Blticke nicht wie beim Zusatz von Poly(A)-block-Poly(B) zu einer Mischung von Poly(A) rnit Poly(B) rnit den Polymeren des Polymergemisches chemisch identisch sein. Vielmehr kann f i r Poly(A) + Poly(B) auch Poly(A)-block-Poly(C) als Stabilisator dienen, wenn die C-Blticke rnit dem B-Polymeren vertr'dglich sind oder Mischkristalle bilden ktinnen. Umgekehrt muss selbst bei chemischer Gleichheit nicht unbedingt Mischbarkeit auftreten. Pfropft man z.B. Methylmethacrylat MMA auf Glaskugeln, so ist das entstehende Pfropfmaterial rnit reinem Poly(methylmethacry1at) unvertriglich. Die aufgepfropften MMA-Segmente sind nimlich auf der Oberfliche der Glaskugeln sehr dicht gepackt und kbnnen als Polymerbursten folglich weit weniger Konformationen als ungepfropfte einnehmen (Kap. 9.5). Eine Venriglichkeit lgsst sich jedoch bei genugend niedrigen Pfropfdichten und kleinen Pfropflhgen enielen. Fur Mischungen eines Polymeren 2 mit einem Polymeren 3 in einem gemeinsamen Lbsungsmittel 1 gilt sinngemiss das Gleiche. Theoretische Berechnungen der Spinodalen zeigten, dass die Unvertriglichkeit bei hohen Polymerkonzentrationen hauptsichlich vom Wechselwirkungsparameter ~ 2 abhhgt. 3 Bei niedrigen Konzentrationen ist dagegen die Differenz zwischen den Wechselwirkungsparametern 223 und xZl(bzw. ~ 3 1 ) wichtig. Falls ~ 2 und 3 ~ 2 wesentlich 1 verschieden sind, wird man starke Lbsungsmitteleinflusse auf die Mischbarkeit zweier Polymerer in verdunnten Usungen beobachten. Poly(styro1) ist z.B. rnit Poly(vinylmethy1ether) in Toluol, Benzol oder Perchlorethylen mischbar, nicht aber in Chloroform oder Methylenchlorid. Bei hohen Polymerkonzentrationen ist dagegen die Nicht-Mischbarkeit in einem Losungsmittel normalerweise von einer Nicht-Mischbarkeit in allen anderen Losungsmitteln begleitet. Umgekehrt kann man spekulieren, dass hochkonzentrierte Polymerltisungen mit stark negativen Wechselwirkungsparameter auf eine Mischbarkeit des betreffenden Polymeren mit anderen Polymeren in diesem Ltisungsmittel deuten. Cellulosenitrat in Aceton mit einem stark negativem x (Abb. 10-6) ist in der Tat rnit vielen Polymeren mischbar.
10.2. Statistische Thermodynamik
318 I
11
m
V
IV
t h
I - & +
- & +
- & +
- & +
- & +
- T +
- T - +
- T +
- T +
- T
-b
Abb. 10-12 Oben: Typen von idealisierten (Xi= X, x #Ah)) Phasendiagrammen T = A d fiir Polymerl6sungen oder Polymerblends mit einphasigen (1) und zweiphasigen (2) Bereichen sowie oberen (0)und unteren 0 kritischen Usungstemperaturen. Typ I11 ist als geschlossene Mischungsliicke bekannt. Typ V ak Sanduhr-Diagramm@: hour glass diagram). Reale Systeme sind wegen XI#X2 und x asymmetrisch. Unten: Temperaturabhiingigkeitder Wechselwirkungsparameter.Beispiele: PolymerlZisungen Polymerblends I Poly(styro1) + Cyclohexan pOly(butadien)(deuteriert + nichrdeuteriertf II Poly(elhy1en) + Hexan (bei 5 bar) Poly(styro1)+ Poly(vinylmethy1ether) JII Poly(oxyehy1en)+ Wasser Poly(methy1methacrylat)+ Polycarbonat A IV Poly(styro1)(niedrige Molmasse) + Aceton V Poly(styro1) (hohe Molmasse) + Aceton Kritische Mischungstemperaturen Bei Ltisungen und Blends nichtkristallisierbarer Polymerer beobachtet man je nach der Temperaturabhkgigkeit der Wechselwirkungsparameter verschiedene Typen von Phasendiagrammen (Abb. 10-12). Systeme mit positivem KT in x = x- + ( K T sind ~ endotherm. Die Wechselwirkungsparameter nehmen hier mit steigender Temperatur ab. Unterhalb der Binodalen bilden sich zwei flussige Phasen (Abb. 10-12, I). Das Maximum 0 der Binodalen ist die obere kritische Losungstemperatur @: upper critical solution temperature. UCST). Exotherme Systeme entmischen sich bei Zunahme der Temperatur. Das hier auftretende Minimum U der Binodalen ist die untere kritische Losungstemperatur (E: lower critical solution temperature, LCST). LCSTs entsprechen entropisch induzierten Phasentrennungen, UCSTs enthalpisch erzeugten. LCST und UCST beziehen sich nicht auf die absolute Lage der kritischen Temperatur. Eine LCST kann daher auch niedriger als eine UCST sein (Abb. 10-12, IV). Die Wechselwirkungsparameter x nehmen bei UCST mit steigender Temperatur ab, bei LCST dagegen zu. Falls sowohl UCST als auch LCST auftreten, ergibt sich entsprechend ein Minimum in der Funktion x =AT) (Abb. 10-12, IV). Ein Maximum in der Funktion x =AT) liefert entsprechend eine geschlossene Mischungsliicke (E: closed miscibility loop) (Abb. 10-13, 111). Ein Polymer kann deshalb je nach LBsungsmittel das eine oder das andere Phasendiagramm aufweisen. Poly(oxyethy1en) zeigt 2.B. in Wasser eine geschlossene Mischungsliicke (Abb. 10-13, 111), in t-Butylacetat dagegen ein Sanduhr-Diagramm (Abb. 10-13. IV). Die meisten Systeme amorphes Polymer + Ldsungsmittel bzw. amorphes Polymer 1 + amorphes Polymer 2 zeigen nur eine UCST (Abb. 10-12, I), vermutlich, weil der Temperaturbereich zu klein ist. Poly(styro1) in Cyclohexan ist eines der wenigen Systeme, bei denen unter Normaldruck sowohl UCST als auch LCST auftreten (Abb. 10-13).
319
10. Thennodynamik von Polymerlosungen
::! 220
1210
0
0,l
0,2
-w2 +
0
0,l -49-
0,2
0,3 0
-0.3 w2
-
0.6
Abb. 10-13 EntmischungstemperaturenT als Funktion des Volumenbruches. Links: Poly(styro1)e in Cyclohexan [9]: Mitte: Poly(styro1)e in Aceton [lo]; rechts: Poly(oxyethy1en)ein Wasser [ll. 121.
Unter Druck zeigen jedoch einige UCST-Systeme eine zusatzliche LCST oberhalb der normalen Siedetemperatur des Usungsmittels. Beim Mischen des dichten Polymeren mit dem hochexpandierten L6sungsmittel kontrahiert sich das System und die Mischungsentropie wird negativ. Die Usungsmittelqualit weist zwischen UCST und LCST ein Maximum auE x =AT)lluft durch ein Minimum. Acetonische Ltisungen von Poly(styro1) zeigen ein Stundenglas-Verhalten, bei dem anders als bei den L6sungen in Cyclohexan die UCST und LCST mitfullender Molmasse immer weiter zusammenriicken. Dieses Verhalten wird gew6hnlich durch (unerklarte) "spezifische" Wechselwirkungen erkllrt. Tatslchlich ist jedoch Aceton ein assoziiertes Usungsmittel, das Mhermolekulare Poly(styro1)e nicht 16st (Kap. 10.1.4). Der Fall UCST > LCST wird bei wasserl6slichen Polymeren beobachtet, z.B. bei Poly(vinylalkohol), Poly(vinylmethy1keton). Methylcellulose und Poly(L-prolin). Die beim Erhitzen massig konzentrierter Usungen von PEOX auf T > LCST auftretenden Enrmischungen stammen von der mit steigender Temperatur zunehmenden Desolvatation der 1 12-Helix. Innerhalb des Entmischungsgebietes weisen die Polymennolekule daher nicht notwendigerweise die gleichen Makrokonfonnationen auf wie ausserhalb. Die Molekiile des Poly(N-isopropylacry1amid)s liegen z.B. in Wasser oberhalb der LCST als hydrophobe Knauel vor. unterhalb der LCST aber als lange, hydratisierte Helices.
Kristalline Polymere Die Phasentrennung von Llisungen amorpher Polymerer fiihrt zu zwei fliissigen Phasen. Die hochkonzentrierte Gelphase enthat Polymennolekiile mit hoher Molmasse, die niedrigkonzentrierte Solphase dagegen solche mit niednger Molmasse. Amorphe Polymere lassen sich somit aus ihren Llisungen nach der Molmasse fraktionieren. Bei kristallinen Polymeren scheidet sich jedoch bei der Phasentrennung ein zweiphasiges Gemisch aus der L6sung und dem kristallinen Polymeren ab. Da aber die Schmelzenthalpie von kristallinen Polymeren schon bei recht niedrigen Polymerisationsgraden in der Regel unabhhgig von der Molmasse wird, lassen sich kristallisierbare Polymere aus ihren L6sungen praktisch nicht nach der Molmasse fraktionieren. Weil die Schmelzenthalpie von der chemischen Struktur abhingt, gelingt eine Fraktioniening nach der Konstitution (z.B. Verzweigung) bzw. der Konfiguration (Taktizitit).
320
10.2. Statistische Thermodynamik
180
1
140
L
b, \
h
I
loo
0
0,5
- WI
10 4
0,5
- WI
- 10
0,5
1
- @I1
Abb. 10-14 Phasendiagramme fiir zwei Poly(ethy1en)e I und I1 in verschiedenen Usungsmitteln. Links: Gutes Msungsmittel Xylol (TM:47OC (m), -25°C (o), 13OC @)) [13]. Mitte: Schlechtes Usungsmittel Amylacetat (TM= -70,8"C) [13]. Rechts: KristallisierendesLdsungsmittel Hexamethylbenzol(TM= 165OC) [14]. Emiedrigt man z.B. die Temperatur einer 12OOC heissen Ltisung L eines Poly(ethy1en)s I im guten Ltlsungsmittel Xylol, so tritt eine Phasentrennung bei umso tieferen Temperaturen ein, je niedriger die Polymerkonzentration ist (Abb. 10-14, links); man beobachtet eine Gefrierpunktsemiedrigung des Poly(ethy1en)s. Unterhalb dieser Linie liegt ein heterogenes 2-Phasengebiet aus einer verdiinnteren Liisung L' (Solphase) und dem kristallisierten Poly(ethy1en) PE gleicher Molmasse. Beim gleichen Polymeren I im themodynamisch schlechten Losungsmittel Amylacetat beobachtet man ebenfalls Phasentrennungen (Abb. 10-14, Mitte). Es gibt hier aber zwei solche Bereiche. Bei hohen PE-Konzentrationen WQ IWPE I 1 tritt wieder ein zweiphasiges Gebiet aus einer Losung L' und dem kristallinem PE auf. Bei niedrigen Konzentrationen 0 IWPE IW Q besteht das heterogene Gebiet jedoch aus zwei flussigen Phasen, der niedrigkonzentrierten Solphase L" und der hochkonzentrierten Gelphase G. Bei Temperaturen unterhalb des Punktes Q liegt ebenfds ein zweiphasiger Festk6rper vor. Wieder anders ist es bei kristallisierenden Polymeren in Ltlsungsmitteln, die im fraglichen Temperaturbereich kristallisieren. Die Losung eines ultrahochmolekularen Poly(ethy1en)s I1 im thermodynamisch schlechten Ltisungsmittel Hexamethylbenzol (HMB) zerftillt wie die Lcisung des Poly(ethy1en)s I beidseits des Punktes $Q in je ein zweiphasiges Gebiet (Abb. 10-14. rechts). Beide Gebiete bestehen aber unterhalb der sog. Liquidus-Kurve jeweils aus einer Polymerlosung L'" bzw. L' und einer kristallisierten Substanz, entweder aus HMB bei 0 I& I 0 , 7 3 = $Q oder aus PE bei I$Q = 0,73 I h I1. Die beiden Liquidus-Kurven treffen sich bei h = 0,73 im eutektischen Punkt (G: phosis = Erscheinung; eurektos = schon (d.h. leicht) schmelzbar). Das Eutektikum verhtilt sich wie eine einphasige chemische Substanz, ist aber tatsachlich ein Gemenge. Unterhalb der bei ca. 122OC liegenden waagerechten Linie tritt nach den Autoren ein "Festkorper A" auf. Der Festkorper I musste eigentlich links von WQ aus HMB-Kristallen und dem Eutektikum bestehen, rechts von WQ aus PE-Kristallen und dem Eutektikum. Unterhalb 110,6"C tritt in Hexamethylbenzol eine Phasenumwandlung fest-fest auf.
32 1
10. Thermodynamik von Polymerl6sungen
130 1
40 0
0.1
- - 0k.H23
03
0,4
Abb. 10-15 Schmelz- und Elutionstemperaturen(mit 1,2,4-Trichlorbenzol)eines LLDPE (aus Ethen und 1-Buten)als Funktion des Molenbruchsder C-Atome in CH3 bezogen auf alle C-Atome [lq. Gemilss dem Gibbsschen Phasengesetz (E: Gibbs phase rule) P + F = K + 2 ist der fir die zwei Komponenten (K = 2) eines bin&en Systems bei TQ und $Q (bzw. WQ) existierende eutektische Punkt ein Quadrupelpunkt. Hier befinden sich nmlich Usung. kristallisierte Komponente I, kristallisierte Komponente I1 und (bei kleinem Druck) der gesittigte Dampf der Usung miteinander im Gleichgewicht, also 4 Phasen (P = 4). Der eutektische Punkt ist folglich nonvariant; es gibt keinen Freiheitsgrad (F = 0). Beim System PE + HMB tritt aber erschwerend hinzu, dass es kein binires System ist. sondern nur ein quusibinures, da selbst v6llig lineares Poly(ethy1en) in der Regel aus vielen Molekiilsorten besteht. Dazu kommt, dass beide Poly(ethy1en)e verzweigt sind, das Poly(ethy1en) I1 nur sehr wenig. das Polymere I aber sehr vie1 (vgl. die Schmelztemperaturen). Die durch die Unterschiede im Verzweigungsgrad hervorgerufenen Variationen in den Schmelztemperaturender Poly(ethy1en)e werden zum Bestimmen des Ausmasses an Kurzkettenverzweigungen durch Liisefraktionierung ausgenutzt (E: temperature rising elution fractionation, TREF) (Band I). Aus Usungen eines Poly(ethy1en)s LLDPE kristallisieren z.B. beim Abkuhlen auf Glaskugeln zuerst die perfektesten Kristalle aus, d.h. solche aus den am wenigsten verzweigten Polymennolekiilen. Aus dem niedergeschlagenen Polymeren werden dann durch einen Ldsungsmittelstrom bei kontinuierlich erhdhten Temperaturen die hkhstverzweigten und spater die weniger verzweigten Fraktionen eluiert (Abb. 10-15). Der Verzweigungsgrad wird infrarotspektroskopisch bestimmt.
10.3.
Osmotischer Druck
10.3.1. Grundlagen Das Differential der Gibbs-Energie ist nach der chemischen Thermodynamik durch die Anderung der partiellen molaren Gibbs-Energie Gi,m mit dem Druck p . der Temperatur T und dem Stoffmengenanteil xi gegeben:
322
10.3. Osmotischer Druck
Bei der Osmometrie wird die Aktivitgt u1 des Liisungsmittels in der Ldsung durch Anlegen eines Druckunterschiedes dp auf die Aktivitiit des reinen Usungsmittels gebracht. Dieser Druckunterschied ist bei einem isothennen Prozess (dT = 0) im Gleichgewicht - (dei,m= 0) gleich dem osmotischen Druckunterschied dl7. G1.( 10-37) wird damit zu V ~ , , J 7 = - R T I n U l = - A ~ 1 . Die Aktivit2ten a1 idealer Losungen sind iiber den gesamten Konzentrationsbereich mit den Stofhengenanteilen x1 = 1 - x2 identisch. Fur verdiinnte ideale Liisungen (nl> n2; ml > m2; V1 > V2) kann man femer In a1 = In (1 - x2) durch -x2 ausdriicken. Damit wird ?1,.mJ7= RTx2. Die Stoffmengenkonzentration x2 ist nach c2 = m2/(V1 + V 2 ) = m f l l = n 2 M f l 1 = n2M2/(nl = x2M2/171,m ersetzbar. Es resultiert das van't Hoffsche Gesetz, nach dem bei unendlicher Verdiinnung (c2 + 0) der reduzierte osmotische Druck l7/c2 umgekehrt proportional der Molmasse M2 des Geldsten ist:
v~,~)
(10-38)
lim,,,
If RT -=c2 M2
G1.(10-38) gilt fiir jede Komponente i eines polymolekularen Polymeren; also wird l7i = RT(cJMi). Der osmotische Druck J7 einer verdiinnten Liisung eines polymolekularen Polymeren ist gleich der Summe der osmotischen Drucke l7i aller Komponenten. ] mit c2 Einsetzen von l7 = X i l7i = RT(cJMj) in GL(10-38) liefert M2 = CJ[Zi( c J M ~ ) und
nn,
= & C i and C i = niMJv auch M2 = X i niMi/(& ni) = Die Molmasse M2 ist daher bei polymolekularen GelOsten das Zuhlenmittel der Molmasse. Das van't Hoffsche Gesetz gilt nur fiir unendliche Verdiinnungen. Die bei endlichen Konzentrationen gemessenen und mit dem van't Hoffschen Gesetz berechneten Molmasder Molmassen. Sie miissen M2 sind entsprechend nur scheinbare Zahlenmittel'i"n,app sen noch auf die Konzentration c2 + 0 extrapoliert werden (Kap. 10.4.1).
a,,
10.3.2.
Membranosmometrie
Semipermeable Membranen Die Membranosmometrie ist die wichtigste experimentelle Absolutmethode zur direkten Bestimmung des Zahlenmittels der Molmasse. Bei ihr wird der Druckunterschied zwischen einer Ltisung und dem reinen Liisungsmittel gemessen. die durch eine nur ftir das LOsungsmittel durchlassige Membran getrennt sind. Als derartige semipermeable Membranen werden f i r organische Usungsmittel meist Folien aus regenenerter Cellulose verwendet. Diese Folien sind unter verschiedenen Namen im Handel (Cellophan@600, Gelcellophan@, Ultracellafilter@usw.). Fur wiissrige Ldsungen eignen sich Membranen aus Celluloseacetat (z.B. Ultrafeinflter@) oder Cellulosenitrat (Kollodium). Fur aggressive Usungsmittel wurden Membranen aus porilsem Glas benutzt. Die einfachsten Membranosmometer arbeiten rein statisch. Losungsmittel und Losung befinden sich zu Beginn des Experimentes nicht im osmotischen Gleichgewicht. Das Ltisungsmittel strdmt daher solange aus der Losungsmittelkarnmer in die Lilsungskammer (oder umgekehrt), bis sich ein Gleichgewichtsdruck l7 einstellt. Die dazu erforderliche Zeit ist umso ltinger, je gasser das zu verschiebende Fliissigkeitsvolumen ist. Sie kann u.U. Tage und Wochen betragen.
323
10. ThermodyMnrik von Polymericisungen
Automatisch arbeitende Membran-Osmometer vemngem diesen Zeitbedarf durch einen messtechnischen Trick. Strtimt 2.B. Msungsmittel in die Ltisungskammer ein, so w i d der Anstieg der Druckdifferenz sofort iiber einen Servomechanismus durch eine h d e r u n g der Fullhtihe kompensiert. Bei diesen Osmometern treten nur sehr kleine Flussigkeitsmengendurch die Membran. Der Gleichgewichtszustand kann so schon nach ca. (10-30) min emicht werden. Der messbare osmotische Druck ist nach G1.(10-38) umso niedriger. je gr6sser die Molmasse des Geltisten ist. Osmotische Messungen werden daher mit steigender Molmasse des Polymeren immer ungenauer. Die obere Messgrenze der Methode liegt bei relativen Molmassen von ca. (1-2) Millionen. Die untere Messgrenze ist in der Regel durch die mangelnde Semipermeabilitat der Membranen gegeben.
Nichtsemipermeable Membranen Knliuelf6rmige Makromolekule weisen nur geringe Kettenquerschnitte auf. Sie k6nnen sich daher verhiiltnismiksig einfach durch Membranen schlllngeln, und zwar umso eher, je niedriger die Molmasse ist. Im osmotischen Gleichgewicht verteilen sich die permeierbaren Anteile bei statischen Messungen in einem Donnan-Gleichgewicht entsprechend ihren Aktiviuten auf beide Seiten der Membran. Der osmotische Gleichgewichtsdruck entspricht dam nicht dem wahren osmotischen Druck des Ausgangspolymeren (und auch nicht dem osmotischen Druck des nichtpermeierenden Anteils!). Die teilweise oder vollstllndige Permeation des Geltisten ist hiufig daran erkennbar, dass bei Messungen von "unten her" (Anfangsdruck kleiner als der theoretische osmotische Druck) der messbare Druck Ap durch ein Maximum l2ufl und dann wieder a b m t . Der Effekt kommt durch das Gegeneinanderwirken von Eindringen des L6sungsmittels in die Msungszelle und Permeation des Geltisten in die Ltisungsmittelzelle zustande. Da bei sehr kleinen Versuchszeiten noch praktisch kein Geltistes permeiert haben kann, wird oft angenommen, dass durch die bei automatischen Osmometem mtiglichen kurzen Messzeiten auch bei permeierenden Substanzen der theoretische osmotische Druck beim Volumenfluss null erhalten wird. Diese Annahme ist irrig: Der totale Volumenfluss Jv = LpAp + L p ~von n der Ltisungsmittelzelle zur Ltisungszelle wid sowohl durch eine hydrostatische Druckdifferenz Ap zwischen Usungsmittel und L6sung als auch durch einen osmotischen Druck n bewirkt, wobei die Proportiona~ sog. phfnomenologischen Koeffizienten oder Onsagerlitlskonstanten Lp und L p die Koeffizienten sind. Bei der dynamischen Osmomeuie ermittelt man die Druckdifferenz beim Volumenfluss Jv = 0. d.h. (10-39)
Ap (bei Jv = 0) = - ( L p ~ / L p )=nsn
;s = - LPDILP
Das negative Verhiillnis der phllnomenologischen Koeffizienten ist der StavermanKoeffizient s,Reflektionskoeffizientoder Selektivititskoeffizient. Bei semipermeablen Membranen gilt -Lp = + L p und ~ damit s = 1, bei nicht-semi~ damit s < 1. Im Grenzfall einer v6llig permeablen Membranen aber lLpl > L p und nicht-semipermeablen Membran wird der Staverman-Koeffizient gleich null. Bei der dynamischen Osmometne an nicht-semipermeablen Membranen wird somit beim Volumenfluss null niemals der theoretische osmotische Druck erhalten, sondem ein um den Faktor s niedrigerer Wert. und zwar auch bei der Versuchszeit null (Abb. 10-16).
324
10.3. Osmotischer Druck
Viskosiat der
0102
Id
- M,/
104 (g mo1-1) +
4.104
Abb. 10-16 Molmassenabhihgigkeit der Staverman-Koeffiiientenbei sehr eng verteilten Polymeren. Messungen an ( 0 )Uvulose, Rohrzucker und Poly(ethylenglyco1)en (PEOX)in N,N-Dimethylformamid bei 25°C mit Glasmembranen [16] und (A) Poly(styro1)en in Toluol bei 30°C mit Cellophanmembranen [18]. Die Werte von PEOX (0) und Poly(a-methylstyrol) (0)wurden jeweils in verschiedenen U)sungsmitteln gemessen und dann auf unendliche L(lsungsmittelviskositi4tenextrapoliert [17]. W h d der Versuchszeit war der Rohnucker noch nicht permeiert. Nach dem Versuch hemchte nhlich in der L6sungszelle immer noch die Ausgangskonzentration und in der L6sungsmittelzelle war die Rohnuckerkonzenmtion gleich null.
Der Staverman-Koeffizient kann bislang nicht theoretisch berechnet werden. Er h2ngt ausser von der Molmasse bzw. der Molmassenverteilung des Gelosten noch vom Lbsungsmittel, der Temperatur und der Membran ab (Abb. 10-16). Er ist jedoch unabhbgig von der Art des Polymeren. Unterhalb einer "kritischen" Molmasse wird der Staverman-Koeffizient kleiner als 1. In diesem Bereich nimmt sein Kehrwert linear mit der reziproken Viskositat des Lbsungsmittels zu. Bei osmotischen Messungen an nicht-semipermeablen Membranen verwendet man daher zweckmassig viskose Ltisungsmittel (vgl. auch Abb. 10-16), im Gegensatz zu der Erwartung. dass niederviskose Lbsungsmittel eine schnellere Druckeinstellung ohne merkliche Permeation des Gelosten ermbglichen. Um das Zahlenmittel der Molmasse einer partiell permeierenden Probe zu ermitteln, wird die Usung zuerst an der gleichen Membran dialysiert, die fiir die Membranosmornetrie verwendet wird. Der nichtdialysierte Anteil wird anschliessend membranosmometrisch. der dialysierte z.B. dampfdruckosmometrisch untersucht. Die Molmasse der Probe berechnet sich aus den Massenanteilen und Molmassen der beiden Fraktionen.
10.3.3.
Ebullioskopie und Kryoskopie
Geldste Substanzen erhohen die Siedetemperatur des Losungsmittels (messbar durch Ebullioskopie; L: ebullire = herausspmdeln; G: skopein = betrachten) und emiedrigen dessen Gefriertemperatur (rnessbar durch Kryoskopie; G: kryos = kalt). Ebullioskopie (E: ebullioscopy) und Kryoskopie (E: cryoscopy) basieren wie die Membranosmometrie auf der Thermodynamik der Losungen. Sie fiihren folglich als kolligative Methoden zu W i c h e n Beziehungen wie die Membranosmometrie. In der Biomedizin werden aus diesem Grunde ebullioskopische und kryoskopische Messungen als osmotische Messungen bezeichnet, obwohl kein osmotischer Druck ermittelt wird.
10. Thermodynomik der Polymerlosungen
325
Im thermodynamischen Gleichgewicht gilt dAG = AVdp - ASdT = 0 und fiir einen isotherm-isobaren Prozess bei der Siedetemperatur Tbp des Usungsmittels ausserdem auch As = A&s/rb,. DmUS fOlgt A&, = Tb+V(dp/dT). Das Volumen Vges einer bestimmten Gasmenge ist bei der Siedetemperatur gross gegeniiber dem Volumen V1iq der gleichen Fliissigkeit; damit gilt AV = V,, - Vliq = Vgas. Fur das reine Usungsmittel kann man das ideale Gasgesetz pV,, = RTbp,o ansetzen. Ftir die molaren Gr6ssen gilt also fi&p,m = Tbp(dp/d7)(RTbp,dp). Mit dem Raoultschen Gesetz Aplp = x2 = n2/(nl + n2) = n2Inl = rn2Mllm1M2 = mpUlIplV1M2 = C Z M ~ I P ~ M Z und nach dem Ubergang von Differenzialen zu Differenzen erh2lt man fiir c2 0
(vgl. G1.( 10-38)). Um eine mdglichst hohe Siedepunktserhdhung zu erreichen. muss die ebullioskopische Konstante Kbp klein sein. Die Usungsmittel sollen also hohe Siedetemperaturen Tbp.1,grosse Molmassen MI, niedrige Fliissigkeitsdichten pi undloder niedrige molare Verdampfungsenthalpien w b p , l , m aufweisen. Die reduzierte Gr6sse ATb& ist der scheinbaren Molmasse des Geldsten reziprok proportional. Wie bei der Membran-Osmometrie sind daher auch bei der Ebullioskopie die Molmassen M2 Zahlenmittel. Wie G1.(10-38) gilt auch G1.(1040) nur fiir unendliche Verdiinnungen. Bei der Kryoskopie lautet die Gleichung W i c h . Die kryoskopische Konstante K M enthat hier die molare Schmelzenthalpie A H M , ~des Ldsungsmittels; die Temperatur ~ Usungsmittels. T ~ Pwird , ~ zur Schmelztemperatur T M , des Die Messeffekte sind aber bei der Ebullioskopie und der Kryoskopie viel kleiner als bei der Membran-Osmometrie. Bei 0,Ol g/mL Polymer mit M = 1 6 g/rnol in einer thermodynamisch idealen LBsung misst man z.B bei T = 100°C einen osmotischen Druck von ca. 3,2 cm Wasserstiule, w h n d der Siedepunkt der ublichen Ldsungsmittel nur um ca. le5K erhtjht wird. Die obere Messgrenze liegt daher bei der Ebullioskopie und der Kryoskopie nur bei einer Molmasse von ca. 20 000 g/mol. In niedermolekularen Fliissigkristallen als Ldsungsmittel lassen sich jedoch manchmal noch Molekulargewichte von Polymeren von bis zu ca. einer Million kryoskopisch bestimmen, da Fliissigkristalle viel niedrigere Schmelzenthalpien als die iiblichen Ldsungsmittel aufweisen. Ebullioskopie und Kryoskopie sind verhHtnism2ssig zeitaufwendig und oft mit vielen Fehlerm6glichkeiten behaftet, 2.B. Schaumbildung beim Sieden, Siedeverzdgerungen. Unterkiihlungen usw. Die Methode der Wahl fiir niedrige Molmassen ist daher z.Zt. die Dampfdruckosmometrie.
10.3.4.
Dampfdruckosmometrie
Dampfdruckosmotische (thermoelektrische, vaporometrische) Messungen beruhen auf dem folgenden Prinzip. Bei einem Gedankenexperiment befinde sich ein Tropfen einer Usung eines nichtfluchtigen Geldsten in einern fluchtigen Usungsmittel auf einem Temperatufihler, 2.B. einem Thermistor. Der umgebende. unendlich grosse Raum sei mit Ldsungsmitteldampf gestittigt. Zu BegiM der Messung weisen Tropfen und
326
10.4. Virialkoefizienten
Dampf die gleichen Temperaturen auf. Da der Dampfdruck der Ldsung gennger als dejenige des Usungsmittels ist, kondensiert Idsungsmitteldampf auf den Usungstropfen auf. Die Temperatur des Tropfens steigt durch die freigesetzte Kondensationswirme solange an, bis die Temperaturdifferenz A T h zwischen Usungstropfen und Usungsmitteldampf die Differenz der Dampfdrucke wieder aufhebt und die chemischen Potentiale des Ldsungsmittels in beiden Phasen gleich gross sind. In diesem Fall gilt wie bei ebullioskopischen Messungen die G1.(10-40), also KATh = RTc/M rnit K = pbH;,nJ(TMi). Das Verfahren wiirde also 2hnlich wie die Ebullioskopie oder die Kryoskopie eine strenge thermodynamische Grundlage besitzen. wenn Ldsungsmitteldampf und Ldsungstropfen voneinander thermisch isoliert werden kdnnten. Tropfen und Dampf stehen jedoch miteinander im thermischen Kontakt, so dass sich die Temperaturdifferenz mit der Zeit durch Konvektion, Strahlung und Leitung auszugleichen versucht. Dadurch kondensiert aber wieder neuer Ldsungsmitteldampf auf den Ltisungstropfen und zwar solange. bis sich ein stationirer Zustand mit einer bestimmten Temperaturdifferenz AT einstellt. Die obige Gleichung ist daher fiir c2 -+0 durch
zu ersetzen. Da kE nur schwierig theoretisch berechenbar ist, wird KlkE in der Regel durch Eichmessungen mit Substanzen bekannter Molmasse ermittelt. Derartige Kalibrierungen fiihren jedoch bei vielen kommerziell erhatlichen Dampfdruckosmometem zu unterschiedlichen Werten f i r die Molmasse M2 der unbekannten Substanz. weil z.B. die Tropfen der verschiedenen Losungen ungleich gross sind, Warmeverluste durch die Geometrie der Kammem und die Befestigung der Thermistoren auftreten usw. Wie bei allen kolligativen Methoden miissen die mit G1.( 10-41) erhaltenen scheinbaren Molmassen noch auf die Konzentration null extrapoliert werden (s. unten). Die Dampfdruckosmometrie ist eine recht schnelle Methode, die mit guten handelsublichen Geriten Zahlenmittel der Molmassen bis zu ca. 50 OOO g/mol zu ermitteln erlaubt.
10.4.
Virialkoeffizienten
10.4.1. Grundlagen Das van7 Hoffsche Gesetz gilt nur fiir unendliche Verdiinnungen. Selbst ideale Losungen weisen aber eine (sehr schwache, s.u.) Konzentrationsabhtingigkeit der reduzierten osmotischen Drucke n / c 2 auf. da die ideale Mischungsentropie bei idealen Usungen nicht gleich null ist. Nur in sog. Theta-Lthungsmitteln (s. unten) sind die reduzierten osmotischen Drucke l7lc2 bei niedrigen Konzentrationen konzentrationsunabh2ngig. Bei allen nichtionischen L6sungen lasst sich gemass der statistischen Mechanik der natiirliche Logarithmus der Aktivitgt a1 des Usungsmittels stets in eine Reihe nach ganzen positiven Exponenten der Stoffmengenanteile x2 des Gelosten entwickeln: (10-42)
- ln
= x;! + Bxz2 + C X + ~... ~
327
10. ThennodyMmik von Polymerllimngen
Fiihrt man in diese Gleichung f ~ durch x2 = f1;.mc2f M 2 , so erMt man
, ~ nRTln = -ul ein
und ersetzt den Molenbruch
wobei A l , A2, A3 ... die ersten, zweiten. dritten ... Virialkoeffizienten sind (E: virial coefficients). Bei G1.(10-43) wird auch oft das Glied RT in die Virialkoeffizienten einbezogen, so dass nfc2 = RTfM2 + Az'c2 + A3'cz2 + ..., wobei A2' = RTA2 und A3' = RTA3. Das Wort "Virial" stammt von dem im 19. Jahrhundert vie1 verwendeten Virialtheorem, bei dem das Mittel von mvZf2 dem Mittel von (Xx + Yy + Z Z ) gleichgesetzt ~ wurde; m = Mas% der Teilchen, v = Geschwindigkeit, x , y s = Koordinaten der Teilchen und X,YZ = Komponenten der KrHte, die auf das Teilchen einwuken. Der Ausdruck der rechten Seite wurde Virial genannt (L.: vis = Kraft). Das Viriallilsst sich in eine Reihe entwickeln, deren Koeffiienten daher die Viriallroeffizientenwaren. Die Funktion n f c 2 =flcz) liefert als Ordmatenabschnitt den ersten Virialkoeffizienten
(Abb. 10-17). Aus dem Koeffizientenvergleich der G1.(10-38) und (10-43) erhSUt man A1 = 1fM2. wobei M2 bei polymolekularen Polymeren das Zahlenmittel der Molmasse ist (s. oben). Bei Konzentrationen c2 > 0 stellt das mit dem van't Hoffschen Gesetz berechnete M2 = R T c d n somit ein scheinbures Zahlenmittel der Molmasse dar.
Bei nichtassoziierenden, nichtionischen Polymeren ist die Anfangsneigung der Funktion n f c 2 =fTc2) gleich A2 (vgl. aber Kap. 10.5.2 und 10.5.3). Den dritten Virialkoeffizienten erh2lt man durch eine Ausgleichsrechnung oder aber graphisch durch Auftragen von [ ( n f ~ 2 )-i ( l 7 / ~ 2 ) j ] / ( ~-2Ci ~ J als ) Funktion von ~ 2 +i C ~ J Diese . Beziehung ergibt sich durch Ansetzen der G1.(10-38) fiir jeweils zwei Konzentrationen i und j und anschliessende Subtraktion. A2 und A3 (bzw. A2' und A3') sind komplizierte Mittelwerte. Bei kolligativen Methoden (Osmometrie, Ebullioskopie usw.) ergibt sich z.B. (A2)op = ZiZj w,w,A+ bei Lichtstreuungsmessungen dagegen ( A ~ ) L=s Z& wiMiw,M,A~,/(&wiMi2).
f4
0
0,Ol
- c2
-
0,02
0,03
Abb. 10-17 Konzenmtionsabhangigkeit der reduzierten osmotischen Drucke eines Poly(methylmethacrylat)s bei 20°C [19]. m-Xylol ist bei dieser Temperatur ein Theta-Lkungsmittel (A2 = 0), wiihrend Chloroform in diesern Konzentrationsbereich bereits einen dritten Virialkoeffflienten zeigt.
328
10.4.2.
10.4. Virialkoeffizienten
Gittertheorie
Der zweite Virialkoeffizient wird durch die Wechselwirkungen zwischen zwei Ktirpern bestimmt, der dritte Virialkoeffizient von denjenigen zwischen drei Kdrpern usw. Die Virialkoeffizienten hugen demzufolge sowohl von der Form und Grtisse der Molekule als auch von der Wechselwirkung mit dem Usungsmittel ab. Bei zwei gleich grossen harten Kugeln mit jeweils dem Volumen Vmol pro Molekiil in idealen Ldsungen berechnet sich der 2.Virialkoeffizient z.B. zu A 2 = 4 N~V2,mol/M2~* wie sich aus G1.(10-43) fiir das ausgeschlossene Volumen u = 8 Vmol einer Kugel ergibt (Kap. 4.2.2). Bei unter dem Orientierungswinkel y angeordneten steifen Stubchen gilt A2 = 2 L2d sin y. Der 3.Virialkoeffizient ist dem Ausdruck L3&[ln (L/d)I3 proportional. Die einfache Gittertheorie berechnet die zweiten und dritten Virialkoeffizienten von Kniiueln wie folgt. Das chemische Potential des Liisungsmittels pro Mol Liisungsmittel(S. 322) und andererseits nach (31410-26) molekiile betr3gt einerseits Ap1 = auch Apl = RT[x&J2+ In (1-&J) + (l-X2-')&]. Gleichsetzen der beiden Ausdriicke und Reihenentwicklung des logarithmischen Gliedes nach In (1-92) = - h - &J2- $ 1 2 ~ ... fiihrt zu -pl,mIZ=- RT[X2-Ih + ((1/2) - x]4$ + (1/3)&3 + ...I. Das EinfCihren von X2 = MZ/Mu und &J = VZ/(V1+ V2) = V2/v1 = v2c2 liefert
-c1,,,l7
Das Produkt M,vz ist wegen v2 = Vdm2 = VJmu = v, und M u= mJn, gleich dem Molvolumen Vu,m = V,/n, der Segmente. Bei kleinen Konzentrationen wird das partielle Molvolumen des Ltisungsmittels gleich seinem Molvolumen ( vl,m= V1,m). Da ein Gitterplatz entweder von einem Ltisungsmittelmolekiil oder von einem Polymersegment besetzt werden kann, wird Vu,m = V1.m und damit auch MUvd~1,, = 1. Die Theorie berechnet somit den ersten Virialkoeffizienten korrekt als A 1 = 1/M2. Sie liefert f i r den / v f~i r ~den ~ dritten zweiten Virialkoeffizienten den Ausdruck A2 = [(1/2) - ~ ] v 2 ~ und Virialkoeffizienten die Beziehung A3 = vz3/(3 f,;,,). Bei einem Flory-Huggins-Wechselwirkungsparameterx = 1/2 wird der zweite Virialkoeffizient gleich Null. Das Polymere befindet sich dann im Theta-Zustand (E: theta state). Dieser Zustand tritt bei einer bestimmten Theta-Temperatur 8 auf; bei dieser Temperatur wird das Ltisungsmittel zu einem Theta-Losungsmittel (E: theta solvent). Die Thetatemperatur der Ltisungen entspncht somit der Boyle-Temperatur realer Gase. Bei der Theta-Temperatur nehmen unendlich diinne Ketten in einem lokal und global homogenen Kontinuum von Ldsungsmittelmolekiilen ihre ungestorten Dimensionen an. Diese Bedingungen treffen jedoch nicht immer zu. Der Theta-Zustand liefert dann nicht ungesttirte Dimensionen, weil Theta-Zusthde auf globale Wechselwirkungen ansprechen, ungestorte Dimensionen aber auf lokale. Die F2higkeit eines Usungsmittels, bei einem Polymennolekiil ungestorte Dimensionen zu elzeugen. wird somit durch die Konstitution und Konfiguration des Polymeren sowie durch die Temperatur kontrolliert, da diese Faktoren die langreichenden Wechselwirkungen zwischen Polymersegmenten und zwischen den Segmenten und den Lissungsmittelmolekulen beeinflussen. Bei Selbstassoziationen sowie bei Mischlosem kann dagegen das Ldsungsmittel oft nicht als homogenes Kontinuum betrachtet werden.
3 29
10. Thennodynamik von Polymerl6sungen
Tab. 1 0 6 Theta-Temperaturen 8 (bei A2 = 0 oder aus Phasengleichgewichten) und Temperaturen . 'T bei denen nach Messungen der Molmassembhihgigkeitder Triigheitsadien s,der Difti~~i~n~koeffizhten D und der G&skosi~tszahh [q]die ungestUmn Dimensionen erreicht werden. Polymer
Usungsmittel
sy.c
TZC aus Messungen von D hl
(9) Poly(styro1). linear Poly(styro1). ringfannig Poly(octadecylmethacrylat) Poly(dimethyki1oxan)
Cyclohexan Cyclohexan Butylacetat Ethylacetat
34,s 28.5 10.5 18
34.5
=40
34.5 25
34s 40.0 13 4.8
Wenn z.B. lange Seitenketten konstitutionell von der Hauptkette verschieden sind, wird die (globale) Makrokonformation des gesamten KnBuelmolekiils nicht s e l b s t h lich mit den lokalen Konformationen sein (Tab. 10-6). Die Theta-Temperatur 8 ist dann nicht mit derjenigen Temperatur Tu identisch, bei der die ungestCirten Dimensionen auftreten, wenn also das Quadrat der Trggheitsradien direkt proportional der Molmasse ist (G1.(4-36)). Die ungestUrten Dimensionen werden in diesem Fall je nach der MessgrUsse bei verschiedenen Temperaturen Tu erreicht. Unterschiede zwischen 8 und T,,sind aus dem gleichen Grund besonders bei polaren MischlCisem zu erwarten. Der Einfluss der Stmktur des LUsungsmittels auf die Theta-Temperaturen von Polymeren ist nur wenig erforscht. Die Theta-Temperatur von Poly(ethy1en) steigt z.B. mit zunehmender Kettengliedemhl von Alkanen als Usungsmittel, wilhrend diejenige von Poly(dimethylsi1oxan) sinkt (Tab. 10-7). In Alkoholen als LUsungsmittel nimmt die Theta-Temperatur von Poly(ethy1en) mit zunehmender GrUsse der Alkoholmolekule ab. warend diejenige von Poly(cyclohexylmethacry1at) durch ein Minimum l2uft. Diese Abhbgigkeiten werden zum einen von den Lagen der oberen und unteren kritischen Usungstemperaturen bestimmt und zum anderen von den Lllslichkeitsparametem 6. Im letzteren Fall h a g e n die Theta-Temperaturen 8 praktisch linear von den Lllslichkeitsparametem 6ab (Abb. 10-18). Tab. 10-7 Theta-Temperaturen in OC von Poly(ethy1en) (PE),Poly(styro1) (PS), Poly(cyclohexy1methacrylat) WMA) und Poly(dimethylsi1oxan)(PDMS) als Funktion der Zahl N dex Kettenatorne der Usungsmittelmolekiile, A =Alkane H(CH2)iH (N=O ; AL =Alltohole H(CH2)oH ( N = i + 1) CA =Cycloallrane c-(CHz)i (N=i> ; AA =Aurylacetate HCH$(O)O(CH2)iH ( N = i + 3 ) N
PE A
PE AL
PS CA
PS CA
20 34 17 12 16 16
154 213
PS
PS
PCMA
AA
AA
AL
43
114 139 178
4 5 6 7
8
85 133 174 210
9 10
180
11 12
153 138
4 -80
PDMS A
40 23
9 18 20 23
-173 -173 -143 -113
330
10.4. Virialkoeffizienten
-273.15 -200
-100
100
0
200
E. 12 \
m -
I
11 lo 9
8
1
74 -273,15 -200
** -100
- 81°C
0
PMMA
100
200
-+
Abb. 10-18 Beziehungen zwischen den Uslichkeitsparametern 61 der Usungsmittel und Theta-Temperaturen 8 beim Poly(dimethy1siloxan) (PDMS) und beim Poly(methylmethacryht) (PMMA). Das Poly(methylmethacry1at) weist obere ( 0 )und untere (0)kritische Mischungstemperaturen auf, die letzteren bei den Usungsmitteln Dichlorethan, Aceton. Acetonitril und Pmpanol. Die Extrapolation der SWerte auf die Temperatur 8 = 0 K liefert den Lcislichkeitsparameterdes Polymeren. Theta-Temperaturen werden ausser von der Struktur des Losungsmittels und der Konstitution und Molmasse des Polymeren noch von der Molekularchitektur des letzteren beeinflusst. Sternartig verzweigte Polymere besitzen immer niedrigere Theta-Temperaturen (UCST) als ihre unverzweigten Analoga (Abb. 10-19). Die Differenz ist urnso grClsser, je kurzer die Anne der Stem-Polymeren sind und je mehr Anne das Molekul aufweist. Der Effekt wird durch die gr6ssere Segmentdichte im Innem der Stem-Molekule im Vergleich zu den unverzweigten Molekiden erklart. Es ist unklar. wie A2 durch Konfigurationsunterschiede beeinflusst wird. Ataktische und isotaktische Poly( 1-penten)e weisen jeweils die gleiche Theta-Temperatur 8 auf, wiihrend sich 8 bei at- und st-Poly(a-methylstyrol) in Cyclohexan etwas unterscheidet.
n
104
-
16 M,/ (g mol-I)
106
Abb. 10-19 Theta-Temperaturen von linearen (- - -) und sternartig verzweigten Pol(styro1)en in Cyclohexan [20-221. Die Zahl der Anne sind 2 (linear), 4,6-7 und 9-15. Die Linien sind empirisch.
331
10. Thermodynamik von PolymerlCsungen
10.4.3.
Einfluss des ausgeschlossenen Volumens
Positive zweite Virialkoeffizienten treten in thermodynamisch guten LCfsungsmitteln auf, also in solchen, in denen die Knguel aufgeweitet sind. Die Aufweitung wird durch den Platzbedarf der Segmente und die Wechselwirkungen zwischen Segmenten bzw. zwischen Segmenten und Lllsungsmittelmolekiilen kontrolliert. Die thermodynamische Wahrscheinlichkeit $2 der Anordnungen schliesst somit auch den enthalpischen Anteil ein; man braucht bei der Gibbs-Energie lediglich den Entmpieterm zu berechnen. Das erste Molekiil verfiigt iiber ein Volumen V. das zweite jedoch nur iiber (V-u), das dritte iiber (V-2u) usw. und das i-te Molekiil somit iiber (V-iu). Das Produkt aller dieser Anodnungsmuglichkeiten ist der Wahrscheinlichkeit a proportional. Daraus folgt
i=O
Auflllsen des Logarithmus fiihrt zu einer Summe anstelle des Produktes N, -1
(10-46)
AG = - k~$[N2 h v +
h (1-(iU lv))]-I-COtUf' i=O
Bei verdiinnten LCfsungen gilt iu/V << 1. Der Logarithmus kann daher in eine Reihe -... entwickelt werden. In (l-(iuJV)) wird so zu -iu/V. Da u/V eine Konstante ist, muss nur iiber alle i summiert werden. Diese Summe ist angeniihert gleich Nz2f2. Es folgt AG = -kgT[N2 In V - (N22/2)(u/V)] + consf'. Die Ableitung nach dem G). Nach dem Einsetzen von N f l = Volumen liefert aAGIaV = - h T N f l - k~TN2~u/(2 c z N d M 2 und R = ~ N erhat A man aAGPV = -RTc~M2- R T c ~ ~ N A uMz2). /(~ Andererseits gilt wegen = aV/an, auch aAG/aV = (l/*Vl,,)(aAG/anl) = -27. Es resultiert l7/c2 = RT{(l/M2) + [(NAu)/(~ M 2 2 ) ] c 2 ) . Der Vergleich mit G1.(10-43) zeigt, dass der zweite Virialkoeffizient dem ausgeschlossenen Volumen u = 32 x: Rh3/3 (S.72) und damit dem thermodynamischen Radius R h direkt proportional ist:
In (1-y) = -y
el,m
(10-47)
10.4.4.
A2 = (NAU)/(~Mz2) = 16 x: NAR&
M22)
Einfluss der Molmasse
Das partielle Molvolumen ?l,mdes Ltisungsmittels, das spezifische Volumen v2 hochmolekularer Polymerer (A4> ca. 104 g/mol) und der Flory-Huggins-Wechselwirkungsparameter x (Gl.(lO-16)) sind jeweils unabhlngig von der Molmasse des Polymeren. Also sollten nach G1.(10-44) auch die zweiten und dritten Virialkoeffizienten nicht von der Molmasse beeinflusst werden. Eine solche Abhhgigkeit wid jedoch experimentell beobachtet (Abb. 10-20). Auch der reduzierte dritte Virialkoeffizient g = A3/(Az2M2) ist eine Funktion der Molmasse. Diese Abhiingigkeiten sind durch A2 = K 2 M z Z ,A3 = K3M2d und g = (K3/K22)M22-(1+2d)beschreibbar, wobei sich der Exponent z mit Hilfe der Skalierung durch molekulare Parameter ausdriicken I2sst.
10.4. Virialkoeffiizienten
332
I'
'1
71
lo-'
lo-'
1
'10-3
lo"
'
104
16
106
lo"
107
- 2, / (g rnol-1) + Abb. 10-20 Abhagigkeit des zweiten Vitialkoeffizienten A2. des dritten Vi@koeffizientenA3 und des reduzierten 3.Virialkoeflizienten g von den Massenmitteln der Molrnasse M, von drei eng verteilten Poly(styro1)e.n 1,2 und 3 ( 0 )sgwie deren verscJedenen Misckgen 1+3 bzw. 2+3 in Benzol bei A3 Mw0.58 und g MW0J4. Daten von [23]. 25°C. Die Funktionen sind A2 Mw4*28,
-
-
-
G1.( 10-43) llsst sich mit A1 = 1/M2 wie folgt schreiben:
Da Knluel sich schon bei recht kleinen Konzentrationen zu iiberlappen anfangen, ist die Konzentration c2 rnit der kritischen Uberlappungskonzentration cs* zu c2/cs* skalierbar. Um diesen Ausdruck mit A2M2c2 identisch zu machen, muss femer noch eine nummerische Konstante a2 eingefiihrt werden: (10-49)
D/c~ = (RT/Mz)[l
+ u ~ ( c ~ / c , *+>... I
Der Vergleich der Koeffizienten in den G1.(10-48) und (10-49) liefert A2 = a2/(M2c2*). Nach G1.(6-3) ist die kritische herlappungskonzentration durch c,* = K,*M1-3V gegeben. Der 2.Virialkoeffizient sollte daher nach
der (3v - 2)ten Potenz der Molmasse proportional sein. Aus dem Wert z = 4 2 8 der Abb. 10-20 berechnet sich so ein v-Wen von 0,573, was gut mit dem theoretischen Wert von v = 0.588 und dem Monte-Carlo-Wert von v = 0.584 (z = - 0,248) ubereinstimmt. Die A2-Werte der Polymermischungen weichen von der Geraden fiir die "molekulareinheitlichen" Polymeren ab, weil die Beziehung A2 = K2M2z nicht fiir-den-Einfluss der Molmassenverteilung konigiert wurde. Bei SF-Verteilungen mit 1,l IMJM, I2,O sind z.B. die A2-Werte bei z = - 0,35 zwischen 4,7 % und 6,7 % zu erhohen. Bei Mischungen zweier Polymerer kijnnen die A2-Werte jenach -Mischungsverh2ltnis z.B. durch ein Maximum laufen oder auch mit steigendem MJM, abnehmen.
10. Thennodynamik von Polyrnerli5sungen
333
10.4.5. Einfluss der Temperatur Nach der Gittertheorie sind der 2.Virialkoeffizient A2 und der Wechselwirkungsparameter x iiber A2 = [(1/2) - ~ ] v 2 ~ / ? 1 , , verkniipft (G1.(10-45)). Die Griisse 1/2 stammt dabei von dem entropischen Beitrag In (1 - h)+ (1 - X2-1)h. Nun ist aber auch im Wechselwirkungsparameter ein entropischer Beitrag versteckt s a p . 10.2.2). Dieser Parameter kann daher als Summe der enthalpischen (Index H) und entropischen (Index s) Beitriige geschrieben werden, also als = XH + xs. Man kann dann die beiden entropischen BeiWge zu einem neuen Entropiebeitrag w = (112) - xs vereinigen. Wenn der verbleibende enthalpische Beitrag XH eine Enthalpie reprgsentiert (also eine Energie), dann muss auch y die physikalische Einheit einer Energie aufweisen. Wenn y aber eine Energie ist, kann es keine Entmpie sein; nur w/T besitzt die physikalische Einheit einer Entropie. Da die Gibbs-Energie AG nach AG = AH - @AS = 0 bei der Theta= e(y/r) Temperatur 8 gleich Null wird, muss auch XH - e(w/T) = 0 gelten. Es folgt und daher auch
Die Abhwgigkeit des Wechselwirkungsparametersvon der Temperatur sollte daher nach dieser Theorie nur durch den Entropie-Parameter y bedingt sein. Bei der Theta-Temperatur gilt e/r = 1 und x sollte den Wert 1/L annehmen (vgl. aber Abb. 10-6). Aus der Temperaturabhiingigkeit von x llsst sich die Theta-Temperatur ermitteln. Die Methode ist jedoch ziemlich aufwendig. Ein einfacheres Verfahren ergibt sich aus der Tatsache, dass bei bindren Systemen das Maximum der Triibungskurve bei UCST (bzw. das Minimum bei LCST) mit der kritischen Entmischungstemperaturidentisch ist (Kap. 10.2.3). Aus den G1.(10-34) und (10-51) e N t man mit x: = xcfitund T = Tcfit die kritische Entmischungstemperatur als Funktion des Polymerisationsgrades: (Ni[herungfiirhohesX2)
Das Verfahren ist auch bei quasi-binlren Systemen brauchbar, obwohl hier das Maxi-
mum der Triibungskurve nicht mit der kritischen Entmischungstemperatuutidentisch ist. Aus dem Ausdruck fiir den Wechselwirkungsparameter (G1.(10-5 1)) ergibt sich mit A2 = [(1/L) - x]v22/vl,m fiir die Temperaturabhiingigkeit des zweiten Virialkoeffizienten
Die 2.Virialkoeffizienten sollten daher bei T > €3 leicht konkav mit der Temperatur zunehmen. Nun existieren aber fiir jedes System Polymer-Ulsungsmittel zwei ungesttirte Zust2nde und entsprechend zwei Theta-Temperaturen. Bei zwei Theta-Temperaturen muss aber A2 =fir)durch ein Maximum laufen (Abb. 10-21). Das Maximum der Kurve liegt bei der Temperatur, bei der sich die Ulsung athermisch verhat. Die Funktion ist bei hohen Molmassen symmetrisch um die A2-Achse.
10.4. Virialkoeffizienten
334
e
..
h
0
50
100
150
0
-T / " C
50
100
150
4
Abb. 10-21 Zweite Virialkoeffizienten und Triigheitsradien (bei c -+ 0) von Poly(styro1)en mit verschiedenen Molmassen in t-Butylacetat als Funktion der Temperatur [24].
10.4.6.
Osmotischer Druck massig konzentrierter Losungen
Der osmotische Druck von Polymeren nimmt in thermodynamisch guten Losungsmitteln stark mit der Konzentration zu (Abb. 10-17). Bei genugend hohen Konzentrationen ist jedoch das erste Glied in der Gleichung f i r die Konzentrationsabh2ngigkeit der reduzierten osmotischen Drucke gegenuber dem zweiten vemachliissigbar. Setzt man ausserdem den Ausdruck der G1.( 10-44) f i r den 2.Virialkoeffizienten ein
so sagt die Gittertheorie voraus, dass bei hdheren Konzentrationen der reduzierte osmotische Druck l7/c (a) unabhtingig von der Molmasse und (b) proportional der Konzentration c sein soll. Die erste Vorhersage wird experimentell bestatigt, nicht jedoch die zweite. da lg (L!M/(cRT) stiirker als direkt mit lg c/cv* ansteigt (Abb. 10-22). Dieser starker als proportionale Anstieg kommt durch das Wechselspiel zwischen zwei Einflussen zustande. Bei Konzentrationen oberhalb der ijberlappungskonzentration c* beginnen sich die Polymerknluel zu uberlappen (Kap. 6.3). Die osmotische kritische Uberlappungskonzentration ergibt sich aus Dimensionsbetrachtungen sehr einfach zu c,* = 1/(A2M2). Meist wird jedoch die viskosimetrische kritische Uberlappungskonzentration cv* = l/[q] verwendet (G1.(6-4)). In thermodynamisch guten Ldsungsmitteln werden die Knauel durch die Uberlappung zunehmend sarker komprimiert. Die ausgeschlossenen Volumina weiten dagegen die Kniuel auf, da auf einem bereits besetzten Gitterplatz kein anderes Polymersegment platziert werden kann. Die gewiinschten Funktionen l7/c =Ac) bzw. LliUi(cRT) =Ac/c*) erhU man d a m wie folgt. Der reduzierte osmotische Druck ist bei hBheren Konzentrationen durch L!Mi(cRT) = 1 + A2M2c -- AzMc approximierbar. Der zweite Virialkoeffizient ist nach G1.(10-47) dem ausgeschlossenen Volumen u proportional. Daraus folgt
335
10. Thermodynamik von Polymerliisungen
KnSuel sind knapp unterhalb der kritischen ijberlappungskonzentration noch isoliert voneinander. sie kUMm wie gquivalente Kugeln mit dem Volumen V = u/8 behandelt werden (Kap. 4.2.2). Als Radius der Squivalenten Kugel wird der Trggheitsradius s der KnSuel angesetzt. Fur das ausgeschlossene Volumen gilt also u = 8 V = (32 xl3) s3. Der Tragheitsradius ist wieder der v-ten Potenz der Molmasse proportional, also s = K2M2" (G1.(4-65)). Fur den reduziexten osmotischen Druck kann man daher nM$(cRT) = (16 d3)N A K ~ ~ schreiben. M ~ ~ - In~ guten ~ LUsungsmitteln wird nach der Mean-fieldTheorie v = 3/5. Fur die kritische ijberlappungskonzentrationehiilt man daher (10-56)
c*=(
3 Ml7 ] . r =1 K , M 4 " 16ncRTNAK: M
Der dimensionslose Parameter (Mn)/(cRT) kann als Funktion des Ausmasses c/c* der Uberlappung geschrieben werden, wobei zu beachten ist, dass er knapp oberhalb und knapp unterhalb der kritischen Konzentration c* praktisch den gleichen nummerischen Wert aufweisen muss. Das Verhatnis c/c* muss dazu mit 1/(3 v - 1) skaliert werden: (10-57)
(Mn)/(cRT) =&c/c*) = const (c/c*)1/(3V-1) = const (c/c*)"
Lm ungestorten Zustand gilt v = 1/2 und der Skalierungsexponent m sollte den Wert 2 annehmen, wie es auch experimentell gefunden wird (Abb. 10-22). Fur gute LUsungsmittel wird m = 1,1325 statt m = 1.25 (Gittertheorie; v = 3/5) bzw. 1,309 (Renormalisierung; v = 0,588) gefunden. Die generalisierte Theorie liefert f i r den d-dimensionalen Fall entsprechend (Mn)/(cRT) = const (c/c*)l@v-l). Uber den Wert der Konstanten c o w sagt das Skalierungsverfahren nichts aus. L S
0.01
OJ
10
1
- c/c,*
PAMS
4
Abb. 1@22 Abhhgigkeit der reduzierten osmotischen Drucke (Mn)/(cRT) von der reduzierten Konzentration c/c,* (aus ViskosiUtsdaten, d.h. c* = cv*) fiir Poly(styr0l)e (PS)im Theta-Usungsmittel Cyclohexan bei 34°C [ZS](Daten um den Faktor 10 nach oben verschoben) und fiir Poly(a-methylstyr01)e (PAhfS) im guten Ltlsungsmittel Toluol bei 25°C [Xi]. Die osmotischen iiberlappungskonzentrationen betragen jeweils c,* = 0.8 c,,*.
336
10.5.
10.5. Assoziation und Selbstassoziation
Assoziation und Selbstassoziation
10.5.1. G r u n d l a g e n Manche Makromolekiile treten in Liisung unter geeigneten Bedingungen zu gr6sseren Molekiilverbhden zusammen. Diese Bildung physikulischer Molekiile wird nachfolgend als Multimerisation von der Polymerisation als Bildung chemischer Molekule unterschieden; sie wird jedoch in den Biowissenschaften oft ebenfalls als Polymerisation bezeichnet. Die reversible Multimerisation zu liislichen Molekiilverbhden wird nachstehend Assoziation genannt. die irreversible zu unltislichen Produkten dagegen Aggregation. In der Literatur werden jedoch oft beide Begriffe als Synomyme verwendet. Die Assoziation von Molekiilen rnit ihresgleichen ist auch als Selbstassoziation bekannt. diejenige von konstitutiv oder konfigurativ verschiedenen Molekulen als Komplexbildung. Stereokomplexe sind 2.B. Assoziate oder Aggregate aus sterisch unterschiedlichen Polymeren gleicher Konstitution. In manchen F a e n verlauft die Aggregatbildung unvollsthdig und es entsteht ein durch Ldsungsmittel gequollenes physikalisches Netzwerk. Derartige Netzwerke werden wie gequollene chemisch vemetzte Polymere als Gele bezeichnet (Kap. 10.7). (Se1bst)assoziationen sind entweder molekiilbezogen oder segmentbezogen. Bei molekiilbezogenen Assoziationen ist die Zahl der assoziogenen Gruppen pro Molekiil unabhhgig von der Molekiilgrtisse. Ein Beispiel ist die uber die endst2ndigen HydroxylOH Logruppen verlaufende Assoziation von H O ( C H ~ C H ~ O ) X - ~ C H ~ C Hin~apolaren sungsmineln. Die Zahl der assoziogenen Gruppen (der beiden Hydroxylgruppen) pro Poly(oxyethy1en)molekiil hdert sich hier nicht mit der Molekiilgrosse X; die Gleichgewichtskonstanten der Assoziation sind auf die Stoffmengen zu beziehen. Bei segmentbezogenen Assoziationen sind fiir die Assoziation Segmente aus mehreren Grundbausteinen verantwortlich. Ein Beispiel sind syndiotaktische Sequenzen geniigender Lange in einem "ataktischen" Poly(propy1en). Die Zahl der assoziogenen Segmente nimmt hier bei sonst gleicher Konstitution und Konfiguration mit der Molmasse zu. Die Gleichgewichtskonstanten der Assoziation sind in diesem Fall auf die Massekonzentrationen zu beziehen und nicht auf die Stoffmengenkonzentrationen. Molekiil- und segmentbezogene Assoziationen ktinnen offen sein, d.h. keine Obergrenze fiir die Zahl der in einem physikalischen Molekiil versammelten Unimeren besitZen. Bei geschlossenen Assoziationen ist dagegen der Assoziationsgrad eine fixe Zahl.
10.5.2.
Offene Selbstassoziation
Bei offenen Assoziationen (E: open associations) liegen definitionsgemass ausser chemischen Molekiilen mit der Molmasse MI auch physikalische Molekiile rnit allen miiglichen Molmassen Mn.M m ... M N . M N + ~... aus zwei oder mehr chemischen Molekiilen vor. Die Assoziation ist "offen"; es gibt keine Obergrenze f i r die Molmasse der Assoziate rnit MN (N 2 2). Die offene Assoziation ist somit das physikalische Analogon zur chemischen Polyaddition. Den Monomeren der Polyaddition entsprechen die Unimeren der offenen Assoziation. Unimere kiinnen wie Monomere molekularein-
337
10. Thermodynamik der Polymerbsungen
f
P 6000
0
1518
594
v .
0
0,05
0,lO
0.15
- c/(gmL-')
-+
0,20
Abb. 1@23 Konzentrationsabh&gigkeitder nomierten reziproken scheinbaren Zahlenmittel dex Molmass von Poly(oxyethy1en)en HO(CH2CH20),H verschiedener Molmasse in Benzol bei 25°C [27]. Die Anfangsneigungen der K w e n geben bei den niedrigen Molmassen nick den therrnodynamischen zweiten Virialkoeffiiienten an, sondern enthalten noch die Assoziationskonstante(s. unten).
Zwischen den Unimeren und Multimeren bestehen bei der offenen Assoziation konsekutive Gleichgewichte. Die mittlere Molmasse der Assoziate nimmt rnit steigender Konzentration stiindig zu. Die uber alle Spezies von den Unimeren rnit MI bis zu den Assoziaten rnit M n ...M N.... gemessene scheinbare Molmasse M , muss daher ebenfalls ansteigen. Die normierte reziproke Molmasse gn,~ / g,,app nimmt folglich rnit steigender Konzentration ab. sofem der Virialterm vemachllssigbar ist (niedrige Molmassen der Unimeren in Abb. 10-23). Falls Assoziationsterm und Virialterm vergleichbar werden, Muft die normierte reziproke Molmasse durch ein Minimum, warend bei uberwiegendem Virialterm die normierte reziproke Molmasse wie bei nicht-assoziierenden Substanzen mit der Konzentration ansteigt. Ein solches Verhalten ist bei Poly(oxyethy1en)en HO(CH2CH20),,H in Benzol zu erwarten, da hier der Anteil der assoziierenden OH-Endgmppen rnit steigender Molmasse immer geringer wird. Die Konzentrationsabhiingigkeit der normierten reziproken Molmassen ist dabei nicht so zu deuten. dass die Gleichgewichtskonstante der Assoziation rnit zunehmender Molmasse kleiner wird. Beim Beispiel der Abb. 10-23 ist sie z.B. konstant, wie aus der folgenden quantitativen Betrachtung hervorgeht. Die totale Stoffmengenkonzentrationaller Spezies ist [MI = [MI] + [MIXI+ [Mml+ ... Die Stoffmengenkonzentrationen [Mi] der Spezies werden durch die molekiilbezogenen (Index n) Gleichgewichtskonstanten der offenen (Index 0 ) Assoziation kontrolliert. Fur die Trimerisation gilt z.B. " K ~ I =, ~[Mm]/([Mn][M1]) = [Mm]/(nKn,o[M~]3). Die Gleichgewichtskonstanten sind oft unabhhgig vom Assoziationsgrad N:"KO = "KU,~= "KIII,~= ... = "KN,~= ... Fur die totale Stoffmengenkonzentration [MI an allen Teilchen erhat man in diesem Fall rnit der Bedingung "K0[M1] = [MII]/[MI] < 1 (vgl. Band I, Kap. 7.2.2 fiir die analoge Beweisfiihrung bei Polyadditions-Gleichgewichten) fiir die Beziehung zwischen den Stoffmengenkonzentrationen [MI und [MI] (10-58)
[MI = [MI]( 1 + ("K0[M1])
+ ("Ko[M~])2+ ...} =
MI](^
- "K,[MI])-~
338
10.5. Assoziation und Selbstassoziation
Wenn keine weiteren Wechselwirkungen vorhanden sind (A2 = 0, A3 = 0), die Spezies sich also sozusagen in einem Quasithetazustand befinden, dann ist die bei c messbare zahlenmittlere Molmasse der Spezies gleich ( Die bei der Konzentration c vorliegende Stoffmengenkonzentration an allen Teilchen ist folglich [MI = c/( M n ) a n . e G1.(10-58) geht somit tiber in (10-59)
[MI]-' = "KO +
Fur die Mmsekonzentrun'on c ergibt sich in analoger Weise mit [Mi] = ci/En,i und dem geschlossenen Ausdruck fiir die Reihe 1 + 2x + 3 x2+ ... = 1/(1- x ) wegen ~ x<1
Die Konzentrationsabhhgigkeitder scheinbaren Zahlenmittel der Molmassen bei abwesenden Virialkoeffizienten erhnt man folglich aus den G1.(10-59) und (10-60) als
Abb. 10-24 zeigt eine entsprechende Auftragung fiir die Daten der Abb. 10-23.
0
2
4
6
8
1 0 1 2 1 4
- 10s[c / in,a,,,,~ / [mol ~ L - ' I + Abb. lo-% Auftragung der Daten der Abb. 10-23gemhs G1.(10-61). Experimentell wird Mn,@ und nicht Mn.aw,e erhalten. Die gestrichelten parallelen Linien entsprechen bei (A& = 0 einer m%assenunabhhgigen Gleichgewichtskonstanten der Assoziation. Die 2.Virialkoeffizienten machen sich erst bei hUheren Konzentrationen bemerkbar; sie sind bei Mr = 208 und 409 negativ. Auftragen von gegen c/ii?n,an,e liefert als Ordinatenabschnitt das Zahlenmittel der Molmasse des Unimeren und aus der Neigung die Gleichgewichtskonstante der Assoziation. Die bei hUheren Konzentrationen beobachteten Abweichungen von der linearen Funktion sind auf die nicht vemachlassigbaren 2.Virialkoeffizienten zuriickzufiihren. Dieser Einfluss der Virialkoeffzienten tritt bei assoziierenden Systemen erst bei h6heren Konzentrationen auf, d.h. die negativen Anfangsneigungen in der konventionellen Auftragung von l/ii?n,an= f ( c ) der Abb. 10-24 sind nicht negative 2.Virialkoeffizienten. Es liegt hier somit eine Assoziation in einem guten Losungsmittel vor.
10. Thennodynamik von Polymerlc7sungen
339
Fiir die scheinbaren Mussenmirrel der Molmasse im Theta--Zustand edCUt man analog
Aus Messungen des scheinbaren Massenmittels der Molmasse kann man somit bei molekiilbezogenen offenen Assoziationen polymolekularer Polymerer die wahren Massenmittel der Unimeren nicht durch Extrapolation ermitteln. da man noch die scheinbaren Zahlenmittel der Molmasse kennen muss. Anders ist es bei segmentbezogenen offenen Assoziationen. Die Gleichgewichtskonstanten sind hier auf die Massekonzentrationen zu beziehen ( " K N , = ~ CN/(CN-~CI)).Man e M t ffir die Massenmittel der Molmasse
Fiir das Zahlenmittel der Molmasse ergibt sich bei segmentbezogenen offenen Assoziationen nur fiir molekulareinheitliche Unimere eine einfache Beziehung, nihlich (10-64)
-
Mn,=,e = & & , J ~ K , C(1[ +~ w~ K o ~ ) ] - l
Die Gleichgewichtskonstanten"KOund wKo k6nnen iiber wKo = P K , , / [ ( N - l ) ~ n , ~in-l einander umgerechnet werden, doch ist das fiir offene Assoziationen wenig zweckmiissig, da die Assoziationszahl N hier im Gegensatz zu geschlossenen Assoziationen (E: closed associations) noch konzentrationsabhhgig ist. Die Konzentrationsabhiingigkeitder scheinbaren Molmasse ist bei multimerisierenden Polymeren durch zwei Teilfunktionen gegeben, nihlich den Assoziationsterm und den Virialterm. Die obigen Gleichungen erfassen nur den Assoziationstenn, der die hderung der Konzentration unabhlngiger Teilchen relativ zur Anderung der Massekonzentration beschreibt. Sein Wert ist durch die Stuchiometrie der Assoziation gegeben; er hdert sich wegen der Verschiebung der konsekutiven Assoziationsgleichgewichteauch mit der Konzentration. Der Virialterm beschreibt dagegen alle anderen Wechselwirkungen. Die Konzentrationsabhhgigkeit der scheinbaren Molmassen kann somit durch einen ebenfalls konzentrationsabhiingigen Term Mappre und einen Virialtenn mit A2.a" beschrieben werden; der Assoziationsterm kann dabei auch in Theta-Losungen auftreten. Fur Zahlen- und Massenmittelmethoden gilt daher
10.5.3.
Geschlossene Selbstassoziation
Bei geschlossenen Selbstassoziationen liegen nur zwei Spezies vor, Unimere mit der Molmasse M I(bzw. mit den entsprechenden Mittelwenen) und Multimere mit der Molmasse MN.Auch hier ist zwischen molekiil- und segmentbezogenen Assoziationen zu unterscheiden. Bei molekulbezogenen Assoziationen ist das Zahlenmittel der Molmasse
340
10.5. Assoriation und Selbstassoziation
des Multimeren gerade N mal so gross wie das Zahlenmittel der Molmasse des Unimeren, w2hrend dies nach statistischen Berechnungen nicht f i r die Massenmittel gilt: (10-67) (10-68)
M n , ~= N H n , l M w , ~= H w , +~ (N - 1)M,,J
alle Typen von Verteilungen alle Typen von Verteilungen
Fur die segmentbezogene geschlossene Assoziation ergibt sich dagegen (10-69) (10-70)
M n , ~= M w , ~=
Mn,I+
(N - l ) M w , ~
nur Schulz-Flory-Verteilungen alle Typen von Verteilungen
NMw,l
Sowohl bei molekiilbezogenen als auch bei segmentbezogenen geschlossenen Assoimmer kleiner als der Polymolekulariziationen ist der Assoziationsindex ji?w,~/zn,~ weil nunmehr die Variation der Molmassen vom System in die tiitsindex Mw,I/Zn,I, Teilchen selbst verlegt wird. Bei N = 10 sinkt die Polymolekularitat von 2 beim Unimeren bereits auf Assoziationsindices von 1,l bei molekiilbezogenen und 1,05 bei segmentbezogenen geschlossenen Assoziationen (Abb. 10-25). Die Teilchenverteilung der Multimeren ist somit auch bei recht breit verteilten Unimeren sehr eng. N = 2 2 4
5
10
1
1
2
3
- Mw.IlMn.1
4
5
+
aWvN an,N
&b. 1025 Assoziationsindex / der N-Meren als Funktion des Polymolekularitiitsindex M w , /~ Mn,l der Unimeren bei verschiedenen Assoziationsgraden N von (-) molekiilbezogenen Selbstassoziationen von Unimeren mit beliebigen Verteilungstypen bzw. von (- - -) segmentbezogenen Selbstassoziationen von Unimeren mit Schulz-Flory-Verteilungender Molmassen [28].
Geschlossene Assoziationen unterscheiden sich von offenen recht charakteristisch in der Konzentrationsabh3nlngigkeit der scheinbaren Molmassen. Da die Gleichgewichtskonstante z.B. der molekulbezogenen geschlossenen Assoziation durch "Kc= [MNI/[MI]~ defmiert ist, weist die geschlossene Assoziation alle Eigenschaften eines kooperativen Prozesses auf. Unterhalb einer kritischen Mizellkonzentration ist die Konzentration an N-Meren sehr gering, so dass die Multimerisation praktisch (aber nicht theoretisch) erst oberhalb dieser Konzentration einsetzt (Abb. 10-26). Wegen des graduellen Uberganges ist diese kritische Konzentration nur schwierig zu bestimmen. Sie h3ngt zudem noch von der Messmethode ab, z.B., ob Massen- oder Zahlenmittelmethoden verwendet werden.
34 1
10. Themwdynamik von Polymerliisrcngen
-Ll
n
E
h d
LlE
.
..
I
I 1 11 I 1 I 1
I I I
/
cN
3
z n
\
a
E
m
'8
B
1
3
2
- ldc/(gmL-')
+
Abb. 1@26 Berechnete Abhgigkeiten der Logarithmen der Konzentrationenan Multimeren ( o h ) . der Konzentrationen an Multimeren und Unimeren (Mitte) und der reziprokemscheinbarenZahlen- und Massenmittel der Molrnassen (unten) von der Gesamtkonzentraticn bei d E rnolekiilbezogenen ge~ M",J = 200 glmol, sowie schlossenen Assoziation im Theta-Zustand [29]. Berechnungen fiir M w , = N = 21 und "Kc= (Lrnol-lp-l. Die je nach Auswertemethode (z.B. Extrapolation der gestrichelten Linien) erhaltenen "kritischenMizellkonzentrationen"sind jeweils verschieden. Oberhalb der kritischen Konzentration nimmt die scheinbare Molmasse zuntichst stark, dann schwticher mit der Konzentration zu und erreicht schliesslich bei abwesenden zweiten Virialkoeffizienten den Endwert MN.In der konventionellen Auftragung 1/MaPp =f(c) nehmen die Molmassen entsprechend mit steigender Konzentration ab. Im Gegensatz zur offenen Assoziation ist diese Variation der scheinbaren Molmassen nicht durch eine Anderung der Konzentration und der mittleren Molmasse der Assoziate bedingt. sondem lediglich durch eine Variation des Verh2ltnisses von Uni- zu Multimeren. Das Verhiiltnis EYw I Mn,* gibt folglich nicht den Assoziationsindex der Assoziate an. Sehr niednge kritische Mizellkonzentrationen sind experimentell nicht mehr erkennbar (vgl. 2.B. die Messung bei 28°C in Abb. 10-27). Der dann beobachtete kontinuierliche Abfall der scheinbaren Molmassen mit der Konzentration unterscheidet sich qualitativ nicht von dem m i c h e n Phhomen bei offenen Assoziationen (vgl. Abb. 10-23). Zwischen offenen und geschlossenen Assoziationen kann jedoch bei KeMmis der bei gleichen Konzentrationen gemessenen scheinbaren Massen- und Zahlenmittel der Molmassen entschieden werden. Die Durchrechnung zeigt, dass bei geschlossenen Assoziationen in Theta-Losungsmitteln eine lineare Funktion des reziproken scheinbaren Zahlenmittels der Molmasse ist:
aw,app,e
(10-71)
342
10.5. Assoziation und Selbstassoziation
32°C 28°C
0
5
-
10 15 103 c / (g mL-1) +
20
Abb. 10-27 Konzentrationsabhslngi&eit reduzierter osmotischer Drucke W(cRT)bei einem Poly(styrol)-block-Poly(2-vinylpyridin)mit M",J = 150 375 glmol und wSty= 0,32 in Toluol [30]. Die Losungen verhalten sich bei 40°C als Theta-System. Bei 32°C tritt eine geschlossene Assoziation auf, da die Poly(2-vinylpyridin)-Blt!ckebei dieser Temperatur in Toluol unloslich sind. Bei 28°C kann ohne weitere Daten (einschl. quantitativer Auswertungen) nicht entschieden werden, ob eine offene oder eine geschlossene Assoziation vorliegt. G1.( 10-7 1) wurde bei niedermolekularen Amphiphilen in Wasser experimentell bestztigt. Bei geschlossenen Assoziationen in guten Ltisungsmitteln sind die Kurven wegen der positiven A2-Werte konkav gegen die c-Achse, bei offenen Assoziationen konvex. Geschlossene Assoziationen treten besonders bei "amphiphilen" Substanzen auf, so z.B. bei niedermolekularen Detergentien mit hydrophilen und hydrophoben "Blocken". Auch Blockcopolymere gehtiren zu dieser Klasse von Verbindungen, da z.B. bei Diblock-Polymeren ein Solvens oft ein Ltisungsmittel fiir den einen Block ist, aber ein Nichtltiser fiir den anderen (Abb. 10-27). Die Assoziation von Blockpolymeren, z.B. von Poly(styro1)-block-Poly(isopren), wird allerdings enthalpisch kontrollien, wiihrend diejenige niedermolekularer Amphiphile in Wasser entropisch bestimmt ist. Im Prinzip ktinnen bei Blockcopolymeren sowohl intra- als auch intermolekulare Assoziationen auftreten. Bei inrramolekularen Assoziaten umgibt eine Hulle des Itislichen Blocks den aus dem unllislichen Block bestehenden Kern (Abb. 10-28). Derartige Strukturen werden oft unimolekulare Mizellen genannt (E: unimolecular micelles). Bei intermolekularen Assoziaten bestehen dagegen Kern und Hulle jeweils aus mehreren gleichen Blocken verschiedener Molekiile. Derartige Assoziate konnen sowohl kugelftirmig als auch wurmartig sein (vgl. weiter unten). Intermolekulare Assoziationen geben sich oft durch kritische Mizellkonzentrationen in MUapp=Ac)-Kumen zu erkennen. Solche Diagramme koMen jedoch nur schwierig quantitativ ausgewertet werden, weil (a) Einfliisse der 2.Virialkoeffizienten oft nicht vernachlbsigbar sind und (b) gelegentlich kompliziertere Assoziationstypen als einfache Gleichgewichte zwischen Unimeren und N-Meren vorliegen. Streulichtmessungen zeigen manchmal die Gegenwart grtisserer Teilchen an, die jedoch wegen ihrer geringen ZaN nur wenig zum osmotischen Druck beitragen. Derartige Assoziationen sind durch konsekutive Gleichgewichte zwischen Unimeren MI und NMeren MN und zuslrzlich zwischen N-Meren MN und P-Meren Mp beschreibbar.
343
10. Thermodynamikvon Polymerldsungen
.
' %
Abb. 10-28 Assoziate eines Poly(styro1)-block-Poly(isopren)s. Links: Aus Dimethylacetamid kollabierte intramolekulare Mizellen (schwarzerPunkt Os04-Komplexder Isopren-Einheiten)[31al; Skak 200 nm. Rechts: Wurmartige intermolekulare Mizellen [31b]; Skala: loo0 nm. Mit freundlichen Genehmigungen der Royal Society of Chemistry, London [a] und von Elsevier Science, Oxford
m].
Es gibt Hinweise. dass die "kleinen" N-Meren kugelfllrmig sind, die gdsseren P-Meren dagegen st5lbchen- bzw. wurmartig (Abb. 10-28). St5lbchen ktinnen wiederum lateral oder tiber ihre Enden assoziieren. Im ersten Fall sind segmentbezogene. im zweiten molekiilbezogene offene Assoziationen zu erwarten. P ist im zweiten Fall nicht konstant, sondem variiert mit der Konzentration. Derartige Multimere weisen breite Verteilungen der Teilchenmassen auf. Aus all diesen Griinden lassen sich Ergebnisse indirekter Methoden (2.B. Viskosit2ts- und Difisionsmessungen) oft nur schwierig interpretieren. Die Quart2rstrukturen bestimmter Proteine (Band I) kllnnen als geschlossene Assoziationen aus gleichen oder ungleichen Proteinmolekiilen aufgefasst werden. Diese physikalischen Molekiile sind h2ufig so stabil, dass sie im experimentell zughglichen Konzentrationsbereich nicht merklich in die eigentlichen Molekiile dissoziieren und daher selbst als chemische Molekiile aufgefasst werden. Ein Beispiel ist das Protein"mo1ekiil" HWoglobin aus vier "Untereinheiten" vom Myoglobin-Typ. Geschlossene Assoziationen bedeuten nicht immer Assoziationen zu verhtiltnismilssig kompakten, "mizellartigen" Teilchen. Poly(ybenzy1-L-g1utamat)e folgen 2.B. in verschiedenen helicogenen organischen Lllsungsmitteln dem Model1 der geschlossenen Assoziation. Die aus der Temperaturabhhgigkeit der Gleichgewichtskonstanten ermittelte Gibbs-Energie der Assoziation h h g t aber noch vom reziproken Zahlenmittel der Molmasse ab. Die Assoziation muss also iiber die Endgruppen erfolgen, wie es auch IR- und NMR-spektroskopisch nachgewiesen wurde. Die Tdgheitsradien entsprachen denjenigen statistischer Kn2uel. Alle diese Beobachtungen kllnnen daher als Assoziation stgbchenWrmiger Unimerer iiber die Endgruppen zu ringfllrmigen Assoziaten gedeutet werden.
10.5.4.
Komplexierung kleiner Molekiile
Die Bindung kleiner Molekiile B an ein Polymermolekiil Poly(U) mit N Bindungsstellen pro Molekiil fiihrt zu Mehrfachgleichgewichten, z.B. bei der Bindung von Farbstoffen an synthetische Polymermolekiile oder von a-Aminos2uren an Enzymmolekiile (Abb. 10-29). Pro Polymermolekiil kllnnen 1, 2, 3...N B-Molekiile in UB-Komplexen gebunden werden. Fur jede einzelne Bindung existiert ein Gleichgewicht mit der Gleich-
344
10.5. Assoziation und Selbstassoziation
gewichtskonstanten K = [UB]/([U][B]). Die Konzentration an UB-Komplexen ist der Wahrscheinlichkeit pu proportional, dass eine U-Gmppe komplexien ist. Entsprechend ist die Konzentration [U] proportional der Wahrscheinlichkeit (1 - pu), dass die U-Gmppe nicht komplexien ist. Fur das Verhflmis [UB]/[U] gilt folglich
Im einfachsten Fall sind alle N potentiellen Bindungstellen gleich aktiv und unabhhgig voneinander. Die Zahl Nu der komplexierten U-Stellen ist durch NU = Npu gegeben. Einsetzen in G1.(10-72) fiihrt zu drei nach ihren Entdeckem benannten Gleichungen: (10-73)
1/Nu = (l/N) + (NK)-l(l/[B])
Klotz-Gleichung
(10-74)
Nu/[B] = KN - KNu
Scatchard-Gleichung
(10-75)
[B]/Nu = (KN)-' + [B]/N
Langmuir-Gleichung
Durch Aufiragen der verschiedenen 1 ,riablen gegeneinander erhflt man -5 identischen und voneinander unabhlngigen Bindungsstellen Geraden. aus denen sich die Konstanten K und N bzw. ihre Kombinationen entnehmen lassen. Die Zahl N der Bindungstellen ist relativ einfach ermittelbar, wenn bei genugend hohen B-Konzentrationen Sattigung erreicht wird (Abb. 10-29). Wegen der relativ niedrigen Gleichgewichtskonstanten ist das jedoch nur selten der Fall. Es ist dann schwierig, mit Hilfe der hyperbolischen G1.( 10-73) bzw. der beiden anderen Lineansiemngen der G1.( 10-72) zu entscheiden. ob die Komplexbildungen wirklich alle unabhagig voneinander mit der gleichen Konstanten K erfolgen. Zweckmlssig werden die Gleichgewichtskonstanten K1, K2, K3 .._fiir die Bindung des ersten zweiten, dritten ... B-Molekiils uber nichtlineare Kurvenanpassungen ausgerechnet. Eine Nichtidentitat der einzelnen Gleichgewichtskonstanten zeigt dann eine Nichtliquivalenz der einzelnen Bindungstellen an.
f
106
10-5
10-4
- [B] / (mol L-*)
10-3
Abb. 10-29 Zahl Nu der komplexierten U-Stellen als Funktion der Konzentration m]an nichtkomplexierten B-Molekiilenbei der Bindung von L-Leucin B an das Enzym a-Isopropylmaleat-Synthetase [32]. Die gestrichelten Linien entsprechen der Klotz-Gleichung.
345
10. Thermodynamik von Polymerl6sungen
Im allgemeinen Fall eines U-Polymeren mit N unabhiingigen Bindungstellen. deren Bindungsfifhigkeit mit dem Ausmass der Besetzung variiert, sind maximal 2N-1N Gleichgewichtskonstanten zu beriicksichtigen. Ein Polymeres mit N = 3 Bindungsstellen weist demgemas 12 Gleichgewichtskonstanten auf, die in keiner einfachen Beziehung zu den drei sttkhiometrischen Gleichgewichtskonstanten stehen. Das schwierige mathematische Problem der Analyse derartiger Komplexbildungen kann etwas vereinfacht werden, wenn die Bindung nur durch die nichsten Nachbam beeinflusst wird. Hierzu wird eine Gleichgewichtskonstante KO fiir die Bindung eines BMolekiils an einer U-Stelle neben einer anderen unbesetzten U-Stelle und eine Gleichgewichtskonstante K fiir die Bindung an einer U-Stelle neben einer bereits besetzten UStelle angenommen. Die Gleichgewichtskonstanten K und KOf i r diese beiden Bindungen sind nach K = KOexp(- EIRT) iiber die Gibbs-WechselwirkungsenergieE ineinander umrechenbar. Nach dem Einfiihren von s = [B]Ko exp(- EIRT) = [B]K,a ergibt eine lbgere und hier nicht wiedergegebene Rechnung f i r den Anteil f u = Nu/N an besetzten U-Stellen bei unendlich langen Ketten (10-76)
1 fu =-+
2
s-1
;
2 [(s - 1)2 + 4 as1”2
a = exp (- EIRT)
Beim Auftragen von fu gegen In ([BIK,) = In s - EIRT erhiilt man je nach dem Wert von E eine Reihe S-fllrmiger Kurven. Die Bindung ist kooperativ fiir E c 0. nicht-kooperativ fiir E = 0 und anti-kooperativ bzw. negativ-kooperativ fiir E > 0. Fur g r o w E-Werte nimmt die Isotherme eine doppelte S-Form an. Hier, aber nicht bei kleinen E-Werten, kann man aus der Form derfu =f(ln [B] + In KO)-Kurveauf die Anwesenheit von zwei verschiedenen Bindungsstellen schliessen.
0
4
8
- In [B]+lnK,, +
12
Abb. 10-30 Anteilf, gebundener A-Grupjxn als Funktion der normierten Aktiviut der B-Gruppen.
10.5.5.
Polymer-Polymer-Komplexe
Komplexe zwischen konstitutiv und/oder konfigurativ verschiedenen Polymeren werden nach der Art der Bindung zwischen den komplexierenden Gtuppen eingeteilt. Man unterscheidet:
346
10.5. Assoziation und Selbstassoziation
Abb. 10-31 Komplexe zwischen zwei konstitutiv undloder konfigurativ verschiedenen Polymeren.
Symplexe: Durch elektrostatische Bindungen zusammengehaltene Komplexe aus Polykationen und Polyanionen. 1: 1-Komplexe sind Polysalze. Ein Beispiel ist der Komplex aus Natriumcarboxymethylcellulose und Poly(dimethylallylammoniumchlorid). Das AusfNen von Symplexen wird Koazervation genannt. Wasserstoffbriicken-Komplexe: Komplex zwischen einem Polyion und einem polaren, ungeladenen Polymeren, z.B. Poly(acry1slure) und Poly(vinylalkoho1). Stereokomplexe: Komplexe uber van der Waals-Bindungen zwischen Polymeren unterschiedlicher Konfguration aber gleicher Konstitution (Festkorper: "racemische Kristallisation"). Beispiel: isotaktisches + syndiotaktisches Poly(methylmethacry1at). Hydrophob-Komplexe: Durch Entropiebindungen erzeugte Komplexe, z.B. zwischen Rinder-Serumalbumin und Poly(4-vinylpyridin). Solche Komplexe konnen in den beiden Grenzformen der statistischen ("Ruhrei") oder regelmlssigen ("Leiter") Komplexierung vorkommen (Abb. 10-31) oder in einer dazwischen liegenden Variante, was von den beiden Polymeren und deren Konzentrationen, den zwischen ihnen wirksamen Krgften, dem Ltisungsmittel und der Praparation abhtingt. Die Komplexierung muss auch nicht notwendigenveise 1:l in Bezug auf die komplexierenden Gruppen sein, wenn einige oder alle Gruppen nicht ionisiert, unzugtinglich und/oder in zu kurzen konstitutiven oder konfigurativen Sequenzen sind. Bei htiheren Konzentrationen entstehen meist unlosliche Symplexe. z.B. zwischen Kieselslure + S i ( O H ) ~und ~ Poly(2-vinylpyridinium- 1-oxid) (I). Diese Komplexbildung verhindert die Silikose. eine z.B. bei Bergarbeitem auftretende Krankheit, bei der sich aus Silikaten in der Lunge faserformige Kieselstiure abscheidet. Beim Mischen gleichmolarer Losungen von Poly(natriumstyrolsu1fonat) (11) und Poly(4-vinylpyridiniumhydrobromid) (111) bildet sich bei jedem Mischungsverhdtnis unabhbgig von der Art der Zugabe (11 zu 111 oder 111 zu 11) ein stochiometrischer Komplex in Bezug auf die Seitengruppen (Abb. 10-32). Der Uberschuss an der anderen Komponente nimmt nicht an der Komplexbildung teil. Diese Komplexe losen sich nicht in Wasser, da die Neutralisation der elektrischen Ladungen die Hydrophobizitat erhoht.
347
10. Thennodynamik der Polymerlosungen
0 1 2 3 0 1 2 3 0 1 2 3 0 1 2 3
m/m
m/m
m/m
m/l?Kl
Abb. 10-32 Umsatz I( der MinoriWompnenten als Funktion des VerhiUmisses der Stoffmengenkonzentmtionen bei der Koazervat-Bildung (I1 + 111) bzw.der Solubilisierung(I1 + rv)durch Zugeben von Usungen von Poly(na~umstyrolsu1fonat) (II)zu Usungen von Poly(4-vinylpyridiniumhydrob i d ) @I) bzw. des Ionenes (IV) (I1 +III, I1 -+IV)oder umgekehrt (III + II. IV -+ II).
Falls jedach die Ladungen des Polykations nicht in der Seitenkette vorliegen. sondem in der Hauptkette, ergibt sich ein vUlIig anderes Bild (Abb. 10-32). Beim Zugeben von Poly(natriumstyro1sulfonat) (11) zur Verbindung IV bildet sich ebenfalls zuerst ein sttichiometrischer 1:l-Komplex. Bei weiterer Zugabe von I1 geht aber der Komplex wieder in Usung, bis sich bei einem Verhitlmis von [II]:[IV] = 3:l alles geltist hat. Das gleiche Verhalten beobachtet man auch bei der umgekehrten Zugabe von IV zu 11: erst wenn ein Wert von [IV]:[II] = 1:3 iiberschritten ist, seat sttkhiometrische Komplexbildung ein. Im Allgemeinen sind dabei fir sttichiometrische Komplexbildungen nicht nur die Konzentrationen [Ae] an anionischen und [PI an kationischen Gruppen zu beriicksichtigen, sondem wegen der erforderlichen Elektroneutralitgt auch die entsprechenden Dissoziationsgrade a,d.h. [ A * l a ~= [(?lac. In verdiinnten Lbsungen werden u.U. 1Osliche Komplexe mit mehr oder weniger ausgeprggter Leiterstruktur erhalten. Die erhaltbare Sttichiometrie in Bezug auf die komplexierenden Gruppen h b g t jedoch vom Polymerisationsgrad ab. Im Allgemeinen nimmt der Logarithmus der Gleichgewichtskonstanten S-ftirmig mit dem Logarithmus des Polymerisationsgrades zu. H-Briicken-Komplexe bilden sich z.B. zwischen den COOH-Gruppen der Poly(methacrylsilure) und den Ethergruppen der Poly(oxyethy1en)e PEOX. In gleichkonzentrierten, verdiinnten wilssrigen Ltisungen ist die Gleichgewichtskonstante bei niedrigen Polymerisationsgraden X des PEOX klein und in der gleichen Grtissenordnung wie bei niedermolekularen Wasserstoffbriicken (K= 3 L/mol). Oberhalb X = 25 steigt die Gleichgewichtskonstante jedoch stark an, bis sie bei X > 100 einem Endwert von ca. 6OOO L/mol zustrebt. Bei X > 25 setzen offenbar kooperative Effekte ein. wiihhrend bei X > 100 nicht mehr alle Bindungsstellen zuguglich sind (BindungsgradfA = 0.85). Bei Stereokomplexen zwischen konfigurativ verschiedenen Makromolekiilen sind die Bindungsenergien pro Gruppe geringer als bei H-Briicken-Komplexen. Assoziationen treten nur bei geniigend langen Stereosequenzen auf, da nur dann der Entropieverlust durch einen Enthalpiegewinn aus dem kooperativen Effekt uberwunden werden kann. Die spezifische Enthalpie der Bildung von Stereokomplexen aus it- und st-Poly(methy1methacry1at)en h b g t z.B. linear vom Massenanteil an syndiotaktischen Diaden ab und
348
10.6. Polyelektrolyte
0
0,2
0,4
-wst
-
0,6
0.8
1
Abb. 10-33 Negative spezifische Enthalpie der Steredcomplexbildungvon 0,Ol g/mL LOsungen aus st- und it-Poly(methylmethacry1at)in 0-Xylol ( 0 )oder NJV-Dimethylformamid ( 0 ) bei 25°C als Funktion des Massenanteils an syndiotaktischen Diaden (-) bzw. Heptaden (- - -) [33]. erreicht bei w2 = 0.58 ein Maximum (Abb. 10-33). Bezieht man Ah jedoch auf die Massenanteile an syndiotaktischen Heptaden und nimmt somit die Abwesenheit von Stereokomplexen bei Diaden....Hexaden an, so wird das Diagramm symmetrisch und das Maximum liegt nunmehr bei w7 = 1/2. Diese Stereokomplexe konnen sich daher nur d a m bilden, wenn die Stereosequenzen mindestens acht Grundbausteine lang sind. Wenn die Stereosequenzen zu kurz und die Polymerkonzentrationen genugend gross sind, kommt es oft nicht zur Ausfalung der Komplexe, sondem zu einer Gelbildung (Kap. 10.7).
10.6.
Polyelektrolyte
10.6.1. Struktur von Polyelektrolytlosungen Polyelektrolyte sind wasserlosliche Polymere, die seiten- oder kettenstthdige ionische Gruppen tragen (Band I). Bei synthetischen homopolymeren Polyelektrolyten ist die Ladungsdichte hoch, ebenso auch bei den natiirlich vorkommenden Mucopolysacchariden. Im weiteren Sinne kam man zu den Polyelektrolyten auch Polymere mit verhiilmismlssig niedriger Ladungsdichte rechnen. z.B. sphlroidale Proteine. Als Modelle fiir solche spharoidalen Polyelektrolyte konnen elektrisch geladene Latices dienen. Die Strukturen wlssriger Usungen bzw. Dispersionen derartiger Polyelektrolyte unterscheiden sich je nach der Ladungsdichte der Molekule bzw. Teilchen. RCintgenmessungen an verdiinnten Wsungen schwach geladener Teilchen zeigten, dass der gemessene mittlere Abstand d = 2 dexpzwischen zwei Teilchen praktisch gleich dern aus der Konzentration der Teilchen theoretisch berechnetem Abstand 2 dtheor ist. Bei kugelf6rmigen Poly(styro1)-Latices (Durchmesser d = 341 nm) mit weniger als lo00 Ladungen pro Teilchen wurden in einer Ltisung vom Volumenbruch 0,004 z.B. 2 dexp = 1800 nm und 2 dtheor = 1940 nm gefunden. Dieser Befund stiitzt die Vorstellung, dass sich schwach gleichsinnig geladene Teilchen in verdunnter LCisung abstossen.
10. Themdynamik van Palymerl6sungen
349
Bei stark geladenen Teilchen ist jedoch der experimentell gemessene Abstand zweier Teilchen weit niedriger als der theoretisch aus der Konzentration berechnete. Bei Poly(styro1)-Latices (d = 419 nm) mit 200 OOO Ladungen pro Teilchen wurden z.B. bei einem Volumenbruch von 0,0075 Werte von 2 dexp = 1260 nm und 2 dheor = 1940 nm beobachtet. Das gleiche Phtinomen tritt auch bei vielen synthetischen Polyelektrolyten auf, z.B. bei einem Poly(natriumstyro1sulfonat) (aw = 74 OOO mol)in 0,Ol g/mL wissriger Lzlsung, wo 2 dexp= 157 nm vs. 2 dhmr= 23,l nm gefunden wurde. Im Mittel befinden sich also die hochgeladenen Molekiile bzw. Teilchen vie1 n2her beieinander als die rein statistische Verteilung entsprechend ihrer Konzentration vemuten lhst. Die Polyelektrolyte mussen also assoziieren. Nun sollten sich aber gleiche Ladungen abstossen, was sie auch tun wurden, wenn sich in der Usung ausschliesslich gleichsinnig geladene Teilchen befinden wiirden. In Wirklichkeit sind aber noch iquivalente Mengen entgegengesetzt geladener Gegenionen vorhanden, die sich nach dem Prinzip der mikroskopischen ElektroneutralitM in der N2he der Makroionen aufhalten mussen. Die Gegenwart des Gegenions zwischen zwei Makroionen erzeugt eine Coulomb-Anziehungskraft, die stirker als die Coulomb-Abstossung ist, wie man aus den Potentialenergien der freien Ionen (@ und e), einem freien Kation (@) und einem Ionenpaar (ee), sowie einem Tripel-Ion (@e@) aus zwei Kationen und einem Anion sieht. Die Potentialdifferenz ist bei den freien Ionen 8 und e gleich null, beim Ionenpaar w dagegen gleich - e2/r. wobei e die elektrische Ladung ist und r der Abstand zwischen dem Anion und dem Kation des Ionenpaares. Beim Tripelion @e@ besteht eine Abstossung von (+ e2/r) zwischen den Kationen und eine Anziehung von (- 2 e2/r) zwischen einem Kation und dem Anion, so dass sich eine Potentialenergie von (- 1.5 e2/r) ergibt. Das Tripelion ist also stabiler als das Ionenpaar und die zwei Einzelionen. Das gleiche Argument trifft fiir hohere Aggregate zu; aus diesem Grund sind z.B. Ionenkristalle wie NaCl stabil. Hochgeladene Polyelektrolyte liegen also in polaren Usungsmitteln in verdunnter Losung als hochgeordnete Ionenaggregate vor (Abb. 10-34), m i c h wie in Ionengittern. Das gleiche Phiinomen wird bei hoherkonzentrierten Idsungen schwach geladener Teilchen beobachtet, z.B. bei der Rtfntgenkleinwinkelstreuungvon hochkonzentrierten L6sungen des Rinderserumalbumins. Selbst bei 20 %igen Ltisungen des TabakmosaikVirus wurden noch perfekte Kristallreflexe gefunden. Wegen dieser hohen Ordnung sind Dispersionen monodisperser Latexteilchen irisierend, was durch die Bragg-Beugung an den hochgeordneten Teilchenaggregaten erzeugt wird.
Abb. 10-34 Hochgeordnete Ionenaggregatein verdiinnten Polyelektrolyt-Usungen (schernatisch).
350
10.6. Polyelektrolyte
10.6.2. Thermodynamische Aktivitat Die thermodynamische Aktivitat der Polyelektrolyte llsst sich direkt durch Messungen der elektromotorischen Kraft und des osmotischen Druckes und indirekt mit Hilfe der Gibbs-Duhem-G1.(10-5) uber die thermodynamische Aktivitgt des LBsungsmittels bestimmen. Die Aktivittit a1 des LBsungsrnittels wird dabei uber isopiestische Dampfdruck-Messungen ermittelt. Aus der Aktivitit a1 = nxl berechnet sich mit der Stoffmengenkonzentration X I des LBsungsmittels der Aktivitatskoeffizient n.Dieser Aktiviatskoeffizient wird auch osmotischer Koeffizient genannt, da er das Verh&nis der osmotischen Drucke von nichtidealen und idealen LBsungen angibt. Die osmotischen Koeffizienten werden stark von der Konstitution der Makroionen kontrolliert. Die Natriumsalze der Poly(acry1saure) (NaPAA), Poly(ethylensulfons2ure) (NaPESU) und Poly(styro1sulfonsaure) (NaPSSU) .rvlrCHflH&w
wCH+H&w
(!OONa NaPAA
wCH+H&w
gHqs03Na NaPSSU
&0+3
NaPESU
besitzen etwa die gleiche Ladungsdichte, aber ganz verschiedene Konzentrationsabh2ngigkeiten der Aktivititskoeffizienten (Abb. 10-35). Bei den aliphatischen Verbindungen NaPAA, NaPPa und NaPESU sind die n-Werte im Bereich 0,5I[U]/(mol L-l) I 2 praktisch konstant. Bei der Poly(styrolsu1fonsaure) (PSSU) und ihren Natnum- und Kaliumsalzen beobachtet man dagegen schon bei den niedrigsten gemessenen Konzentrationen von 0.4 mol Monomereinheiten pro Liter (0,082 g/mL bei NaPSSU) einen linearen Anstieg mit der Konzentration. Schliesslich werden die Werte von n griisser als 1 (Abb. 10-35). Die aromatische Verbindung NaPSSU muss also die Struktur des Wassers anders beeinflussen als die aliphatischen Verbindungen NaPAA und PaPESU. NaF'SSU WSSU BaF'SSU
NaPAA NaF'PA
NaF'ESU
O
J
0
*
OS
1
1.5
- [ul / (mol L-1)
2
+
Abb. 10-35 Aktivitiitskoeffuient des Wassers als Funktion der Stoffmengenkonzentrationen [ul an Monomereinheiten der Poly(styrolsulfons&re)(HPSSU,X = 2500) bzw.ihrer Nabum-, Kalium- und B_aumsalze. des Poly(namumph0sphat)s(NaPPA, = 600)Ldes Poly(natriumacry1at)s(NaPAA, X, = 1640) und des Poly(natriumethylensu1fonat)s(NaPESU, X, = 770) bei 25°C [34,35].
xn
35 1
10. Thennodynamik von Polymerlosungen
Die aus den AktiviUtskoeffizienten des Ltisungsmittels iiber die Gibbs-Duhem-Gleichung berechneten Aktivittitskoeffizienten n der Polyelektrolyte stimmen gut mit den direkt uber die elektromotorischen Krtifte gemessenen uberein (Abb. 10-36). Der Logarithmus der Aktivittitskoeffizienten der Polyelektrolyte NaPAA und NaPPA hiingt bei verdiinnten Usungen uber einen weiten Bereich von der Kubikwurzel aus der Stoffmengenkonzentration [U] der Monomereinheiten ab: (10-77)
lg n = A - B[U]'B
;A, B = Stoffkonstanten
Bei niedermolekularen Elektrolyten wird dagegen A = 1 und ein Exponent 1/2 gefunden. Nun misst lg n die Abweichung vom idealen Zustand. Diese wird bei Elektrolyten hauptstichlich durch das elektmstatische Potential hervorgerufen. das wiederum dem Abstand r zwischen Ionen reziprok proportional ist. Falls die Ionen auf einer Art dreidimensionalen Gitter angeordnet sind, muss der Abstand r proportional zu [U] sein.
J
0.03.
I
.
.
.
0
.
0.5
.
. _ . . . . . ..
.
1
1.5
- I ( l ~ l / ( m o l ~ - 9--P] Abb. 10-36 Logarithmus der miuleren Aktivitiitdcoeffzientendes Natriumchlorids (NaCl) und der Polyelektrolyte Poly(nahiumstyro1sulfonat) (NaPSSU), Poly(natriumethylensu1fonat) (NaPESU) und Poly(nahiumphosphat)(NaPPA)als Funktion der Kubikwunel aus der Smffmengedconzentrationder Monomereinheitenbzw. der Aquivalentkonzenhation des NaCl[34-36].0 Messungen der elektromotorischen Kraft, 0 aus isopiestischen Daten mit Hilfe der Gibbs-Duhern-Gleichungberechnete Werte. Zur besseren ijbersichtlichkeit wurden die NaPAA-Daten rnit 0,Cnmultipliziext
10.6.3.
Osmotischer Druck
Bei osmotischen Messungen k6nnen die niedermolekularen Gegenionen der Polyelektrolyte wegen der geforderten Elektroneutralitit nicht durch semipermeable Membranen in das reine Ltisungsmittel diffundieren. Sowohl die Polyionen als auch die Gegenionen tragen daher zum osmotischen Druck bei. Da aber die Stoffmengenkonzentration der Gegenionen weit grosser als die Stoffmengenkonzentrationder Polyionen ist, werden praktisch nur die Beitrage der Gegenionen gemessen; die so berechneten Molmassen sind unabhwgig von der Molmasse der Polyionen. Die osmotisch gemessenen
352
10.6. Polyelektrolyte
Molmassen sind aber auch htiher als die Molmassen der Gegenionen. Die Polyelekuolyte sind also auch in sehr verdiinnten Ltisungen nicht vollst2ndig dissoziiert. Ein Teil der Gegenionen bleibt an das Polyion "gebunden" und ist osmotisch unwirksam. Bei osmotischen Messungen von Polyelektrolyten in L6sungen niedermolekularer Salze wird die Dissoziation der Polyelektrolyte in Polyionen und Gegenionen zuriickgedrbgt. Ausserdem k6Me-n nun Gegenionen durch die Membran in die Ltisungsmittelkammer diffundieren. Die erforderliche Elektroneutralitiit wird durch Ionenpermeation aus der Ltisungsmittelkammer in die Ltisungskammer aufrechterhalten. Da der Polyelektrolyt nicht permeiert und somit auf der Ltisungsseite zum chemischen Potential beitriigt, muss sich das Fremdsalz auf beide Seiten der Membran ungleich verteilen. Es stellt sich ein Donnan-Gleichgewicht ein, wodurch die Konzentration des zugesetzten niedermolekularen Salzes in den Ltisungs- und Ltisungsmittelkammern verschieden wird. Dieser Effekt w i d umso kleiner, je htiher die Konzentration des Zusatzsalzes ist. Donnan-Gleichgewichte sind nicht spezifisch fiir geladene Teilchen. Sie treten ganz allgernein bei Systemen rnit permeierenden und nichtpermeierenden Anteilen auf, also auch bei Nichtelektrolyten. Zum osmotischen Druck tragen alle kinetisch unabhhgigen Teilchen bei. Der osmotische Druck idealer LBsungen von Nichtelektrolyten ist 2.B. nach IZ= RT[P] = RTclM durch die Stoffmengenkonzentration [PI des Gelosten gegeben. Bei Elektrolyten sind wegen d e m Dissoziation zus2tzlich noch Gegenionen vorhanden. Falls bei einem Polyelektmlyten rnit dem Polymerisationsgrad X jeder Grundbaustein eine dissoziierte Gruppe Mgt und ein Bruchteil a dieser Gruppen dissoziiert ist, dann sind ausser [PI = [M&X Polyelektrolyt-Molekiilen pro Volumen noch [P]Xa = [Mu]a Gegenionen vorhanden, wobei [Mu] die Stoffmengenkonzentration der Monomereinheiten ist. Der Beitrag der Gegenionen wird aber noch um einen Bruchteil y geringer gefunden. Aus der Beziehung WRT = [PI + [Mulayfiir sehr verdiinnte Usungen erhat man daher (10-78)
IZl(cRT) = (11M) + ayX/M = ayXIM = ay/Mu
Durch Messungen der reduzierten osmotischen Drucke von salzfreien Usungen von Polyelektrolyten bekommt man somit bei unendlicher VerduMUng nicht die reziproke Molmasse des Polyelekmlyten, sondern eine GrcTsse, die sich aus dem Dissoziationsgrad a,dem Aktivitiltskoeffizienteny und der Molmasse Mu der Grundbausteine bestimmt. Der totale osmotische Druck der Mischungen von Polyelektrolyten rnit zugesetzten niedermolekularen Salzen (Fremdsalzen) ist additiv; jede Komponente steuert den osmoIn einem idealen tischen Druck bei, den sie allein ausiiben wiirde (IItOtal= Z7p + IZ&. System (n = 1) befinden sich im Donnan-Gleichgewicht auf der Losungsseite Polyionen rnit der Konzenuation [PI, dissoziierte Gegenionen mit der Konzentration [Mula und Fremdsalze rnit der Konzentration 2 [Sli, (bei monovalenten Kationen und Anionen). Auf der Ltisungsmittelseite der Membran halten sich Fremdsalze rnit der Konzenmtion 2 [S],, auf. Der Donnan-Druck (onkotischer Druck) ist daher gleich (10-79)
I~D,,,,,,~= RT{ [MuI/X + [Mula+ 2 [Sl;,
-2 [SI~X)
In Abwesenheit der Polyionen verteilen sich die Fremdionen gleichmassig auf beide Seiten der Membran. Nun steuern aber die Polyionen bereits eine bestimmte Konzentration von ebenfalls niedermolekularen Gegenionen zu den Fremdionen bei, so dass von den letzteren auf der Usungseite nur eine geringere Konzentration erforderlich ist. um
10. Thennodynamik von Polymerl6swlgen
35 3
die Konzentration der Fremdionen auf der Ulsungsseite zu kompensieren. Diese Gegenionen-Konzentration wird um einen Bruchteil 1-/3 geringer sein als die Konzentration [Mula der Gegenionen in Abwesenheit der Fremdionen, d.h.
Aus den G1.(10-80) und (10-81) ergibt sich daher mit [Mu] = cX/M fiir den reduzier-
ten osmotischen Druck
Bei abwesenden Fremdsalzen wird /3 = 1 und G1.(10-81) reduziert sich zu G1.(10-78) mit y = 1. Bei hohen Fremdsalzkonzentrationen wird j3 + 1/2 und der Donnan-Druck wird mit dem osmotischen Druck von Nichtelektrolyten identisch. Osmotische Messungen an Polyelektrolyten liefern daher in Ggw. hoher Fremdsalzkonzentrationendas wahre Zahlenmittel der Molmasse des Polyelektrolyten, nicht aber bei niedrigen. Donnan-Effekte sind auch bei Streulicht-Messungenzu beachten. Die starke Abstossung zwischen Polyionen fiihrt bei fremdsalzfreien LUsungen zu sehr grossen 2.Vinalkoeffizienten und bei hiiheren Konzentrationen zu einer relativen Abnahme der Lichtstreuung. Streulichtmessungen liefern jedoch bei konstanter Fremdsalzkonzentration oder -&tivit%t nach der Extrapolation auf die Polyionen-Konzentration null die korrekte Molmasse der Polyionen, wenn dabei der Einfluss des Donnan-Druckes auf das Brechungsindex-Inkrement dnldc beachtet wird. Eine Lichtstreuung wird von lokalen Fluktuationen im Brechungsindex erzeugt (vgl. Kap. 5.2. I), in Liisungen haupts2chlich von Fluktuationen in der Konzentration. Bei Polyelekmlyt-Ulsungen ist die fluktuierende Einheit nicht das Polyion selbst. sondem ein elektroneutraler Bereich aus dem Polyion mit seiner umgebenden IonenatmosphSLre. Zur Lichtstreuung tragen also das Polyion und seine Gegenionen bei; ein negativer Beitrag stammt ferner von den zuriickgestossenenFremdsalzionen. Der letztere Effekt muss beim Brechungsindexinkrement beriicksichtigt werden. Im Donnan-Gleichgewicht Bndern sich die Brechungsindexinkremente gegenuber der urspriinglichen LBsung und es sind die ersteren, die in den Lichtstreuungs-Gleichungen zu verwenden sind.
10.6.4.
Gibbs-Mischungsenergie und Polyelektrolyt-Dimensionen
Die molare Gibbs-Mischungsenergie AGm,el von Polyelektrolyten setzt sich aus der Gibbs-Mischungsenergie AGm der ungeladenen Polymeren und den Anteilen AGm,coul der Coulombschen Wechselwirkung zwischen Polyionen und Gegenionen und AGm,mm fiir elektrische Wechselwirkungen innerhdb der Makromolekiile selbst zusammen:
Der Beitrag von AGm,mm wird durch die Verteilung der Ionen im Innem des Makromolekuls bestimmt. Diese Verteilung ist bislang experimentell unzugiinglich. Man setzt daher fiir die Verteilung der Ionen im Makmnolekiil bestimmte Modelle an.
354
10.7. Gele
Das Modell eines Sabchens eignet sich sehr gut f i r echte stabchenartige Makromolekule bzw. deren Molekulvereinigungen (Nucleinsauren, Viren) oder fiir fadenformige Makromolekule bei hohen Ionisationsgraden. Im letzteren Fall stossen sich die vielen gleichen Ladungen entlang der Kette gegenseitig ab, wodurch eine Versteifung und ein sabchenartiges Verhalten resultiert. Der Dissoziationsgrad B = N*/N der Gegenionen ergibt sich aus dem Verhdtnis der Zahl N* der ionisierten Gruppen pro Makroion, die nicht von den Gegenionen abgeschirmt sind, zur totalen Zahl N der ionisierbaren Gruppen. Er variiert fiir lange Stabchen mit dem scheinbaren Volumenanteil q3 der Makroionen nach
wobei Q = eo2/(&,,bTd),mit e, = Elementarladung, G, = Permittivitiit des L(isungsmitte1s und d = durchschnittlicher Abstand zwischen benachbarten ionisierten Gruppen. l/d = N / L gibt die Zahl N ionisierbarer Gruppen pro Sabchenliinge L und damit die Ladungsdichte an. Bei geringer Ladungsdichte nimmt folglich der Dissoziationsgrad fl mil zunehmender Verdunnung (fallendem a) zu. Bei hoher Ladungsdichte wird er jedoch niedriger. Bei mittIerer Ladungsdichte muss er daher konstant bleiben. Wenn der Knluelradius kleiner als der intermolekulare Abstand ist, ergibt die Theorie
wobei P = NeO2/(q,kgTr)und r = scheinbarer Radius eines Makroions. Knluelmodelle sind aber selbst in verdiinnter L6sung nicht gut anwendbar, da die Makroionen zumindest in einigen Bereichen schon gestreckt sind.
10.7.
Gele
10.7.1. U b e r s i ch t Ein Gel ist ein durch eine Flussigkeit hoch gequollenes, chemisch oder physikalisch vemetztes Polymeres. Das LOsungsmittel ist stark gebunden; es schwitzt nicht aus. Gele deformieren sich nur wenig durch hydrostatischen Druck, aber sehr leicht durch Scheren. Beispiele sind Gotterspeise@und [email protected] hochgequollene Pektine. "Gel" leitet sich von "Gelatine" ab, dem Abbauprodukt des Kollagens. Gelatine erhielt wiederum den Namen, weil bereits 0,6 %ige verdunnte Gelatinelosungen beim Abkiihlen erstarren = gelieren (L: geZatum = Gefrorenes). Hydrogele enthalten Wasser als Quellmittel, Lyogele andere Fliissigkeiten. Mikrogele sind aufgequollene, vernetzte Polymere mit kolloidalen Abmessungen. Als XerogeIe bezeichnet man Gele, die ihre Flussigkeit durch Verdampfen, Absaugen usw. verloren haben und sich unterhalb ihrer Glastemperatur befinden (G: xerm = trocken). Sie sind daher trotz ihres Namens keine Gele im Sinne der obigen Definition. Da sie noch eine Raumstruktur des Polymeren aufweisen und mit Luft gefiillt sind, gehoren sie zu den Hartschaumstoffen. Das bekannteste Xerogel ist Kieselgel.
10. Thennodynamik von Polymerl6sungen
355
Alle echten Gele bestehen aus einem Polymeren und einer Fliissigkeit. Beide Komponenten sind im Volumen mehr oder minder kontinuierlich verteilt. Die Polymerkomponente ist meist nur in geringen Konzentrationen von (0,l-5) 96 vorhanden. In diese hochgequollenen Gele kUnnen leicht andere Molekiile eindringen. Der Gelzustand ist daher in der lebenden Natur ein bevotzugter Zustand. Beispiele sind das Kollagen und die Knopel. Die Vemetzung iiber Disulfidbriicken wird in der Lebensmitteltechnik bei Soja- und Weizenproteinen ausgenutzt. Physikalisch vemetzte Gele bilden sich beim Gelieren von Pektinen (Mmelade), Schlagen von Hiihnereiweiss (Eischnee. Meringe = Baiser) und Verdicken von Stiirke (Pudding). Beispiele fiir Gele aus synthetischen Polymeren sind die Ionenaustauscher auf Basis vemetzter Poly(styro1)e. weiche Kontaktlinsen aus 2-Hydroxyethylmethacrylat und z.B. etwas Ethylenglycolmethacrylat und Implantate aus vemetzten Siliconen. Gele entstehen nur, wenn drei strukturelle Forderungen erfiillt sind: Regulk aufgebaute Kettenstiicke fiir stabile Assoziationen bzw. Komplexierungen; Irregularitt der anderen Segmente (Verhindem von FiUlung oder Knstallisation); Flexibiliat der irreguliren Segmente, um die Quellung zu ermdglichen.
10.7.2.
Quellung chemisch vernetzter Gele
Das Aufquellen eines chemisch vemetzten Xerogels erfolgt wie das AuflUsen eines nicht vemetzten Polymeren. Die Diffusion wird durch den gemeinsamen Diffusionskoeffizienten des Netzwerkes und der Quellfliissigkeit kontrolliert (Kap. 10.1.4). Dieser Diffusionskoeffizient ist aus der Eindringgeschwindigkeit des Quellmittels oder durch Messungen der dynamischen Lichtstreuung ermittelbar. Im Gegensatz zum AuflUsen eines nicht vemetzten Polymeren schreitet das Aufquellen eines vemetzten Polymeren jedoch nicht bis zur vUlligen AuflUsung weiter. da durch die Vemetzung elastische Riickstellkrgfte wirksam werden. Im Quellungsgleichgewicht ist die Gibbs-Mischungsenergie von Polymer-Quellungsmittel gleich gross wie die Gibbs-Energie der Elastizitgt (AGmix = - AGel): ein thermodynamisch gutes LUsungsmittel quillt ein schwach vemetztes Polymeres s W e r auf als ein schlechtes. ~ ~ Usungsmittels l im Gel ist durch die Ableitungen Das chemische Potential A p ~ , des der Gibbs-Mischungsenergie und der Gibbs-Energie der Elastizitgt nach der Stoffmenge nl = N~/NAdes L6sungsmittels gegeben
wobei A = L/L, das lineare Dehnungsve&iItnis ist. Das erste Glied der rechten Seite ist das chemische Potential Ap1 des Uisungsmittels im Gel. Es ist bei unendlich hohen Polymerisationsgraden (wie sie bei Gelen vorliegen) durch G1.(10-25) bestimmt, d.h. (10-86)
Ap1 = RT[X&'
+ h (1 - &) + Qr]
Der erste Faktor des zweiten Gliedes der G1.(10-85) enthat die Gibbs-Energie der Elastizitgt A G e l = - TAS. Bei der isotropen Aufquellung (A = Ax = A, = Ad eines Netzwerkes mit tetrafunktionellen Vemetzungsstellen (4/f = 1) erhat man nach G1.(16-46)
356
10.7. Gele
Nach dem Differenzieren ergibt sich
Zum Berechnen des zweiten Faktors des zweiten Gliedes der G1.(10-85) wird angenommen, dass die Volumina V2 des vemetzten Polymeren und V1 des Ldsungsmittels additiv sind. Der Volumenbruch h des Polymeren betragt daher & = Vd(V1 + V 2 ) = V~(NIV~,,NL-~ + V2), wobei V I , das ~ Molvolumen des Usungsmittels ist. Das Polymervolumen V2 ist aber auch das echte Volumen Vo des Xerogels im ungequollenen Zustand (ohne Leerstellen). Differenzieren von 1 nach N1 liefert mit A3 = VW0 = l/&
Aus den G1.(10-85). (10-86), (10-87) und (10-88) ergibt sich daher fiir die effektive Zahl N, der Netzketten
Diese Beziehung beschreibt recht gut das Verhalten schwach vemetzter Polymerer in schwach quellenden (schlechten) Usungsmitteln. Nun enthalten aber viele Polymere von ihrer Synthese her noch unvemetzte Polymerketten, so z.B. bei vemetzenden Polykondensationen mit unvollstlndigem Umsatz oder bei der nachtrlglichen Vemetzung vorgeformter Polymerer. Diese nicht-vemetzten Polymeren befinden sich im Xerogel im ungest6rten Zustand; der Wechselwirkungsparameter fiir vemetzte/unvemetzte Polymere ist gleich null. Ein quasitemares System vemetztes Polymeres-unvemetztes PolymeresLdsungsmittel wird folglich weniger stark quellen als ein binlres System aus dem vemetzten Polymeren und dem Ldsungsmittel, d.h. nach vorhergehender Extraktion des unvemetzten Polymeren. Bei stark vernetzten Polymeren sind die Beitrage der Wechselwirkung zwischen dem Polymeren und dem Ldsungsmittel sowie der Verdiinnung durch das Ldsungsmittel gegeniiber dem Elastizitlitstem vernachlissigbar. Die Quellung hochvernetzter Polymerer wird nicht mehr von der Ldsungsmittelgiite beeinflusst. Derartige Polymere quellen aber nur schwach, weil die Netzketten zwischen zwei Vemetzungsstellen sehr kurz sind. Beim Zusatz eines FUungsmittels zu chemisch leicht vemetzten Polymeren kontrahieren die Netzketten und das Gel schrumpft. Der Ubergang vom gequollenen Gel zum geschrumpften Gel ist fliessend, nicht schlagartig. Ein Beispiel sind die mit Bisacrylamid (CH2=CH-CONH)2CH2 vemetzten Polymeren des Acrylamids CH2=CH-CONH2. Diese Gele quellen in Wasser bis zu einem Quellungsgrad Q = Vgel/Vgel,O = 1,25 (Abb. 10-37, untere Kurve). Bei Zusatz des Flllungsmittels Aceton sinkt der Quellungsgrad im Gleichgewicht laufend S-fdrmig ab, bis er bei einem Acetongehalt von @aceton= 0.7 nur noch Q = 0,074 betr'dgt. Das Gel ist somit um den Faktor 1,25/0,074 = 17 geschrumpft.
357
10. Thennody~mikvon Polymerliisungen
I I
0
0.2
0.4
- Leton
0.6
0,8
+
Abb. 10-37 Quellungsgrad Vg& el^ von durch wasrige TEhfED-Ldsungenhydrolysierten, in Wasser gequollenen Poly(acrylamid)-ketzwerken bei 25OC als Funktion des Volumenbruches des zugesetzten Acetons [37]. -D = 0,004(2 und 6 Tage) bzw. 0.04 (60Tage).
10.7.3. Quellung elektrisch geladener, chemisch vernetzter Gele Anders ist die Situation bei elektrisch geladenen Poly(acry1amid)-Gelen. Solche Polyelektrolyt-Gele werden 2.B. aus den entsprechenden ungeladenen Gelen durch Hydrolyse mit einer 0.4 Vo1.-% wlssrigen Lsg. von TEMED (N,N,N,N-Tetramethylethylendiamin @H = 12) erhalten, wobei ein Teil der Acrylamid-Gruppen -CH2-CH(CONH2)zu Acrylslure-Gruppen -CHz-CH(COOH& verseift wird. Der Hydrolysegrad nimmt mit der Zeit zu; nach 60 Tagen sind 25 % der Gruppen hydrolysiert. Entsprechend nimmt auch die elektrische Ladung pro Kette zu. Die Base TEMED wird dann ausgewaschen. Der Quellungsgrad Vgel/Vgel,O der partiell hydrolysierten Gele in Wasser steigt mit zunehrnendem Polyelektrolyt-Charakter (gr6sserem Anteil an Acrylsluregruppen = I&g e m Hydrolysezeit) an, weil sich die negativ geladenen COOe-Gruppen abstossen und so zu einer Versteifung der Ketten und damit zu einem Aufweiten der Gele fiihren. Anders als bei neutralen Gelen (Hydrolysezeit null) geniigt aber oberhalb einer bestimmten kritischen Flllungsmittelkonzentration nur eine infinitesimale zusltzliche Menge von Aceton und das Gel schrumpft "schlagartig": bei der 60 Tage hydrolysierten Probe z.B. bei @aceton= 0.58 von Vgel/Vgel,O = 34,6 auf Vgel/Vgel,O = 0.083, d.h. um einen Faktor 416. Die zum Schrumpfen ben6tigte Zeit hlngt bei Zugabe von Fllllungsmitteln usw. wegen der notwendigen Diffusion in das InneR des Gels noch von der Dicke der Probe ab, ist also nur bei sehr diinnen Proben wirklich "schlagartig". Diese an einen Phaseniibergang eriMemden scharfen Ubergilnge zwischen dem gequollenen und dem geschmmpften Gel k6nnen in wlssrigen Losungen ausser durch organische L6sungsmittel auch durch Salze, Temperatur- oder pH-hderungen oder Anlegen eines elektrischen Feldes von wenigen V/cm hervorgerufen werden. Bivalente Metallionen sind dabei vie1 wirksamer als monovalente. Bei wlssrigen MgCl2-Uisungen betmg z.B. die kritische Salzkonzentration ca. 3,6.106 m o w , bei NaCl-Uisungen dagegen 3-1k2mol/L. Speziell die schlagartigen Verfestigungen der Polyelektrolyt-Gele durch elektrische Felder erljffnen interessante industnelle Anwendungen.
358 10.7.4.
10.7. Gele
Physikalisch vernetzte Gele
Komplexbildungen zwischen geeigneten Stereosequenzen oder auch lageren hydrophoben Segmenten ftihren in verdiinnten Ldsungen zu Assoziationen und in konzentrierteren zur Gelbildung. Gele (aber nicht notwendigerweise Assoziationen) werden auch von kristallisierbaren Polymersegmenten erzeugt. Wenn die Segmente geniigend lang. aber nicht zu lang sind, kommt es nicht zum Ausfuen bzw. zur Kristallisation. Das System verbleibt dann im Gelzustand, manchmal aus thermodynamischen Griinden, manchmal aber auch aus kinetischen. Wie bei den chemisch vemetzten Gelen bestehen auch die physikalisch vernetzten aus einem stark gequollenen, lockeren, dreidimensionalen Netzwerk. Die Vemetzungd'stellen" bestehen dabei aus assoziierten Segmenten. und zwar je nach Konstitution und Konfiguration aus lateral gelagerten, gestreckten Kettenstficken (Leitertyp, vgl. Abb. 10-31) oder aus helicalen, doppelhelicalen usw. Segmenten. Das Phasendiagramm von Ltlsungen, die physikalische Gele bilden konnen, zeigt wie das Phasendiagramm von nicht-gelbildenden Ldsungen eine Binodale. welche die einphasigen (klaren) Bereiche von den zweiphasigen (triiben) trennt (Abb. 10-38). Entsprechend der oberen kritischen Ltlsungstemperatur gibt es hier eine kritische Gelbildungskonzentration ccgc. Anders als bei nicht-gelbildenden Usungen trennt diese Konzentration jedoch noch die LOsungsbereiche bei niedrigen Konzentrationen von den Gelbereichen bei den hohen. Bei Temperaturen oberhalb der Binodalen findet man entsprechend einphasige LOsungen bzw. Gele, unterhalb der Binodalen dagegen zweiphasige. Durch Erhdhen der Temperatur k6nnen daher physikalische Gele in Ltlsungen iiberfiihrt werden und vice versa. Physikalische Gele heissen deshalb auch thermoreversible Gele. Die kritische Gelbildungskonzentration nimmt nach ccgc = KM-'/*mit der Wurzel aus der Molmasse ab. Die Wurzelabhangigkeit deutet darauf hin, dass die Gelbildung erst bei geniigend grosser ijberlappung von zwei Knauelmolekiilen erfolgt. Dazu miissen allerdings die enthalpischen Voraussetzungen gegeben sein, denn die Gelbildung Uitt nicht in jedem Ldsungsmittel ein. Die enthalpischen Anteile h a g e n dabei sehr stark von der Anwesenheit dissoziierbarer Gruppen ab.
- 30 .
t 5,
- 50 .
\
k
I -70: -90. - 110.
0
zweiphasige I zweiphasiges Gel Ltisung
0,05
- c / ( g mL-'1
0,lO
0,15
-+
Abb. 10-38 Phasendiagramm der Losungen eines ataktischen Poly(styro1)s ( CS2 [38].
aw= 30 OOO g/mol) in
10. Thennodynamik von Polymerllislcngen
359
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362
Quellennachweise zu Kap. 10 K.Ueberreiter, F.Asmussen. J.Polym.Sci. 32 (1957) 75, Abb. 2; s.a. MakTomolChem. 44-46 (1961) 324 J.S.Vrentas, JLDuda, S.T.Hsieh, Ind.Eng.Chem., Prod.Res.Dev. 22 (1983) 326, Abb. 1, 3 GRehage, D.Moller, J.Polym.Sci. C 16 (1967) 1787, entnommen aus Abb. 1 H.-GElias, Makromol.Chem. 33 (1959) 140, Daten der Abb. 2 H.-J.Cantow, O.Fuchs, Makromol. Chem. 83 (1965) 244, Tab. 1 S.Saeki, N.Kuwakara, S.Komno, M.Kaneko, Macromolecules 6 (1973) 246, Daten der Abb. 1 K.G.Siow. G.Delmas. DPattemn, Macromolecules 5 (1972) 29. Abb. 1 S.Saeki, N.Kuwahara, M.Nakata, Polymer 17 (1976) 685, Daten der Abb. 2 YCBae, S.MLambert, D.S.Soane. J.M.Prausnitz, Macromolecules 24 (1991) 4403, Abb. 3 R.B.Richards, Trans. Faraday SOC.42 (1946) 10, Daten der Abb. 10 P.Smith, A.J.Pennings, Polymer 15 (1974) 413, Abb. 6 P.L.Jorkowicz, A.MuAoz, J.Barrera, A.J.Miiller, Macromol. Chem. Phys. 196 (1995) 385. Tab. 1 und Abb. 3 T.A.Ritscher, H.-GElias, Makromol. Chem. 30 (1959) 48, Tab. 10 H.-G.Elias, H.P.Schlumpf, Makromol. Chem. 85 (1965) 118, Tab. 10 C.Strazielle, R.Dick, Makromol. Chem. 142 (1971) 146, Tab. 3 G.V.Schulz, H.Doll, Z.Elektrochem. 56 (1952) 248, Tab. 4 (Abb. 1) J.C.Meunier, R. van Leemput, MakromoKhem. 147 (1971) 191, Tab. 4 J.-G.Zilliox, Makromol.Chem. 156 (1972) 121, Tab. 2, 3.8 JELRoovers, %Bywater, Macromolecules 7 (1974) 443, Tab. IV T.Sato, T.Norisuye, H.Fujita, J.Polym.Sci.-Polym.Phys.Ed. 25 (1987) 1, Tab. I1 B.A.Wolf, H.-J.Adams. J.Chem.Phys. 75 (1981) 4121, Tab. 4,7,9-12 P.Stepanek. RPerzynski, M.Delsanti, M.Adam, Macromolecules 17 (1984) 2340; Abb. 2 I.Noda, N.Kato, T.Kitano, M.Nagasawa, Macromolecules 14 (1981) 669, Abb. 7, Tab. I1 H.-G.Elias. 1ntJ.Polym.Mater. 4 (1976) 209, Abb. 5 K.Solc, H.-G.Elias, J.Polym.Sci.-Poly.Phys.Ed. 11 (1973) 137 H.-G.Elias, J.Gerbex, Makromol.Chem. 112 (1968) 122, Abb. 1 A.Sikora. Z.Tuzar, Makromol.Chem. 184 (1983) 2049; nummerische Daten: hivatmitteilung (a) C.Booth, T.D.Naylor, C.Price, N.S.Rajab, R.B.Stubbersfield, J.Chem.Soc.Faraday [ l ] 74 (1978) 2353, Plate A; (b) C.Price. E.K.M.Chan, A.L.Hudd, R.B.Stubbersfield, Polym. Commun. 27 (1986) 197, Abb. l b E.Teng-Leary, G.B.Kohlhaw, Biochim.Biophys. Acta 410 (1975) 210, aus Abb. 2 entnommene experimentelle Daten G.Rehage, D.Wagner, in P.Dubin, Hrsg., Microdomains in Polymer Solutions, Plenum, New York 1985 (= Polym.Sci.Techno1. 30 (1985) 87) N.Ise. T.Okubo, J.Phys.Chem. 7 1 (1967) 1287; 72 (1968) 1361, 1370 (Tabellen) N.Ise, K . M , J.Phys.Chem. 72 (1968) 1366 (Tabellen) N.Ise, T.Okubo, Acc.Chem.Res. 13 (1980) 303 (Tabellen) T.Tanaka, D.Fillmore, S.-T.Sun, LNishio, G.Swislow, A.Shah, PhysRev.Letters 20 (1980) 1636, Daten der Abb. 1 H.-M.Tan, A.Moet, A.Hiltner, E.Baer, Macromolecules 16 (1983) 28, Abb. 2
363
11. Transport in Losungen Transportiert werden kUnnen Materie, Energie, Ladung, Impuls und Drehimpuls. Materie wird im Schwerefeld der Erde durch Diffusion transportiert, im Zentrifugalfeld durch Sedimentation und im elektrischen Feld z.B. durch Elektrophorese. Energie wird z.B. bei der Wiirmeleitung befUrden (Kap. 13.2.3). Die Viskosiat von Gasen is1 durch einen Transport von Impuls bedingt. In diesem Kapitel wird der Transport von isolierten Molekiilen behandelt, also die Translationsdiffusion, Rotationsdiffusion, Sedimentation und Elektrophorese von Makromolektilen in verdiinnten Losungen. Diskutiert werden dabei hauptsiichlich p h a o menologische Aspekte; molekulare Theorien werden dagegen zusammen mit denen fiir Viskositiiten verdiinnter Usungen in Kap. 12 besprochen. Der Transport in Schmelzen und durch feste Polymere (Permeation) wird in Kap. 14 diskutiert.
11.1. Translationsdiffusion 11.1.1. Einfuhrung Diffusion ist der durch die Bmwn'sche Whnebewegung bedingte Ausgleich von Materie, und zwar isotherm unter der Wirkung eines Konzentrationsgradienten (Translationsdiffusion oder Diffusion schlechthin) oder eines StrUmungsgradienten (Rotationsdiffusion) sowie nicht-isotherm unter dem Einfluss eines Temperaturgradienten (Thermodiffusion) (L: dzrundere = ausbreiten, sich zerstreuen). Diffusionen sind Manifestationen der Molekiildynamik. welche die zeitabhhgigen Fluktuationen der Strukturen und Eigenschaften im Gleichgewicht sowie der Annaherung an das Gleichgewicht umfasst. Bei der Dynamik isolierter Knauel kann man z.B. je nach Wirkung der Warmestijsse drei verschiedene Bereiche unterscheiden: (I) Die Verschiebung des gesamten Molekuls, (11) die Bewegung von Kettensegmenten, und (111) die Umwandlung von Mikrokonformationen. Die Umwandlung von Mikrokonformationen erfordert nur geringe Aktivierungsenergien (Bd. I, Kap. 4 und 5). Die Lebenszeit von trans- und gauche-Konfonneren ist entsprechend kurz, z.B. nur (10-9-10-11) s in flussigen Kohlenwasserstoffen. Der Anteil solcher Konformeren ist folglich mit der Schwingungsspektroskopie (Infrarot, Raman) erfassbar, die auf Zeitintervalle von ca. 10-1~s anspricht. Die Kemresonanzspektroskopie arbeitet dagegen mit Zeiten von (10-6-10-7) s. Sie kann z.B. den Platzwechsel von Segmenten innerhalb von KnBueln beobachten (mikro-Brownsche Bewegung). Das durch die makro-Brownsche Bewegung hervorgerufene Verschieben gamer Molekule gegen Molekiile anderer Typen (z.B. Makromolekule vs. Losungsmittel) gibt sich dagegen durch eine Translationsdiffusionerkennen. Sind jedoch alle Segmente und Molekule vom gleichen Typ, dann Wren Platzwechsel zu einer Selbstdiffusion, bei der kein Nettofluss des Polymeren erfolgt (Kap. 14.2). Bei Plauwechseln zwischen ungleichen Molekiilen bzw. Segmenten erzeugen Konzentrations- oder Temperaturgradienten einen Nettofluss des Polymeren 2 im LUsungsmittel 1 (Wsungen) bzw. im Polymeren 1 (Blends). Diese Diffusion des GelUsten 2 wird durch eine Diffusion von 1 in entgegengesetzterRichtung aufgewogen.
364
11 .I. Translationsdiffusion
Nach der Thermodynamik irreversibler Prozesse ist der Fluss einer Kornponenten proportional der diesen Fluss hervormfenden Kraft. Die Proportionalitatskonstante ist der Diffusionskoeffizient. Flusse und Krafte sind aber verschieden ansetzbar; der Diffusionskoeffizient ist sornit nicht eindeutig definiert. Der Fluss ist z.B. auf die Masse oder die Molmasse beziehbar. Er kann relativ zu festgelegten Koordinaten oder relativ zu den mittleren Geschwindigkeiten der Massen m, Molmassen M oder Volumina V erfolgen. Der Massefluss der Kornponente i in binaren Mischungen der Komponenten i und j erfolgt z.B. relativ zur mittleren Geschwindigkeit des Volumens V der Mischung (ji,V), relativ zur rnittleren Geschwindigkeit der Masse m = mi + m; der Mischung (ji,m) oder relativ zu den festgelegten Koordinaten x, y und z (ji,x,y,z). Der Nablaoperator V gibt dabei den Gradienten an, also z.B. Vci = acJaL:
p
= Dichte (Massendichte) der Mischung von i u n d j
p
= (mi + m;)/V
ci wi
= (Masse)konzentration (Massendichte) der Komponente i = Massenanteil der Komponente i = Stoffmengenanteil (Molenbruch) der Komponente i = Geschwindigkeit der Kornponente i = rnittlere Geschwindigkeit des Volumens der Mischung = rnittlere Geschwindigkeit der Masse der Mischung
ci wi xi
= mJV = m;/(mi + m;) = ni/(ni + n;) = LJt
xi
Ri
& Ern
Ri
&
= Lvlt
Em = L J t
In der einfachsten (klassischen) Version wird angenommen, dass der Fluss nur durch die Konzentrationsgradienten bedingt ist und nicht durch zusatzliche Geschwindigkeitsfelder. Ein solches Feld entsteht zum Beispiel, wenn beim Mischen von zwei verschieden konzentrierten Ldsungen (z.B. Usung und Ldsungsmittel) die Volumina nicht additiv sind. Eine Volurnen2nderung von 4 % fiihrte z.B. beim Verwenden von CiRi = - DijVCi statt der Ausdriicke der Gleichungen 11-3 oder 11-1 dazu, dass die berechneten Diffusionskoeffizienten urn ca. 50 % von den wahren Werten abwichen. In den G1.( 11-1)-(11-3) ist jeweils die rechte Seite negativ, da die Komponente i in Richtung einer Konzentrationsabnahme diffundiert. Die in diesen Gleichungen auftauchende ProportionaWtskonstante Di;,a ist der fiir die h d e r u n g der Aktivitat a mit dem Stoffmengenanteil xi der Komponenten i nach Dq,a = (a In a18 In xi)Dy komgierte Diffusionskoeffizient Dy. Die Diffusionskoeffizienten besitzen die physikalische Einheit FlBche/Zeit. Nach der Einstein-Smoluchowski-GleichungL2 = 2 DAt geben sie das Mittel uber die Quadrate der Verschiebungen x der Teilchen im Zeitintervall A f an. Die Geschwindigkeiten sind wiederum iiber die Reibungskoeffizienten und Konzentrationen bzw. Massenanteile mit den Gradienten der chemischen Potentiale verknupft. Da das chernische Potential der Kornponente i nach Gibbs-Duhem durch das chemische Potential der Kornponente j ausdriickbar ist und fiir die Reibungskoeffizienten {q = {;i gilt. zeigt sich, dass der Diffusionskoeffizient D i der Komponente i relativ zur Komponenten j gleich dern Diffusionskoeffizienten D;i von j relativ zu i ist. Diese Diffusionskoeffizienten stellen daher den gemeinsamen (bzw. wechselseitigen) binaren Diffusionskoeffizienten D = D y = Djj dar (E: mutual diffusion coefficient).
365
1I . Transport in Ldsungen
11.1.2.
Messverfahren
Klassisches Verfahren Uberschichtet man eine VerduMte Usung der Konzentration c" des Polymeren mit einer weniger dichten Usung der Konzentration c' (z.B. reines Usungsmittel mit c = 0 auf einer Ldsung mit c > 0, wenn PLM < p ~ ~so~beginnen ) , sich durch die Brown'sche Wilrmebewegung sofort die Konzentrationen auszugleichen. Das Fortschreiten dieses Ausgleichs ist durch Interferometrie, Absorptionsspekmskopie usw. messbar. In Gl.(ll-1) ist der Massefluss Ci(Ri - &) dimensionsmilssig identisch mit am/(Aaf), der im Zeitintervall durch eine Flilche A diffundierenden Masse. Das 1. Fick'sche Gesetz ergibt sich somit bzw. nach dem Einfiihren des Diffusionsflusses Jd = am/(Aar) zu
Das 2. Fick'sche Gesetz beschreibt die zeitliche und drtliche Konzentrationstinderung. Es lautet fiir eindimensional in x-Richtung erfolgende Diffusionen
Fur konzentrationsunabhtingige Diffusionskoeffizienten geht es uber in
Diese Gleichung ist fiir verschiedene Randbedingungen ldsbar. Meist lilsst man z.B. eine Losung der Konzentration c' gegen das reine Usungsmittel (c" = 0) diffundieren. An der Grenzflilche LdsungL6sungsmittel (x = 0) hemcht anfZinglich die Konzentration (c' + c")o/l = c& Wenn ferner nach Beendigung des Diffusionsexperimentes an den Enden des Diffusionsraumes noch die Ausgangskonzentrationen erhalten bleiben. und der Diffusionskoeffzient weder vom Ort noch von der Zeit abhtingt, ergibt sich fiir die Konzentration cXstzur Zeit t am Ort x durch Integration von G1.(11-6):
(11-7)
cx,r
=$
Y
l---pJexp(-y2)dy] 2
;
y =x/I2 (Dt)lD)
0
Das Integral in G1.(11-7) ist das bekannte Fehlerintegral. Durch Differenzieren der durch G1.(11-7) gegebenen c =Ax)-Kurven ergeben sich glockenfdnnige Kurven. die sich durch eine Gauss-Funktion beschreiben lassen: (11-8)
-= dc
dx
'0
2(nDt)lI2
exp
-$I
[
Den Diffusionskoeffizienten erhat man aus der Ortsabhagigkeit der Konzentration bei t =consf oder aus der Zeitabhagigkeit der Konzentration bei x = const.
366
I I . I . Translationsdiffusion
Das Maximum h = cd[2 (E Dt)1/2]der G1.(11-8) liegt 2.B. immer bei x = 0. Aus ihm l b s t sich folglich der Diffusionskoeffizient berechnen. Er bezieht sich immer auf die Hafie der Summe der Ausgangskonzentrationen der beiden Ltisungen, bei der Diffusion einer Losung mit co gegen das reine LXisungsmittel (c' = 0) also auf 4 2 . Die Diffusionskoeffizienten D werden dann auf die Konzentration null extrapoliert (Kap. 11.1.5). Die so erhaltenen Diffusionskoeffizienten Do stellen bei polymolekularen Substanzen je nach Auswertemethode verschiedene Mittelwerte dar. Besonders hlufig sind das Massenmittel Dw= wjDi (auch Momentenmittel genannt) und das sog. Flachenmittel DA= (xi W i Di-1D)2. Beide Mittelwerte sind k i statistischen Kngueln und flexiblen Stabchen mit nicht zu breiten Molmassenverteilungen praktisch identisch.
Dynamische Lichtstreuung Die Brown'sche Bewegung erzeugt lokale Konzentrationsfluktuationen, welche mit der Methode der dynamischen Lichtstreuung direkt verfolgbar sind. Die auch als quasielastische Lichtstreuung oder Photonkorrelations-Spektroskopiebekannte Methode ist jetzt das wichtigste Verfahren zum Bestimmen von Diffusionskoeffizienten in Lbsungen. Durch die Warmebewegung bilden sich in ca. 1W6s Molekiil- und Segmentschwthne (E: cluster), die schnell wieder dissoziieren. Die Schwarme streuen eingestrahltes Laserlicht. Die Phase des Streulichtes h2ngt von der Position der Teilchen ab. Da aber die relativen Phasen des von den verschiedenen Schwamen stammenden Streulichtes variieren, fluktuiert auch die vom Detektor gemessene Intensitit. Die Zeit t f i r den Aufbau bzw. Zerfall der Schwlrme entspricht ungefhr der mittleren Zeit, die ein Molekulpaar braucht, um den Abstand zwischen den beiden Molekiilen urn einen Betrag zu 2ndem. der etwa der halben Wellenl2nge 1 = ;lo/nl des Laserlichtes entspncht. Je gr&jsser die Zeit f , umso niedriger ist die Diffusionsgeschwindigkeit. In der Zeitspanne Ari treffen beim Detektor Ai gestreute Photonen ein. Die Zahlen Ai und A;+1 der Photonen von zwei aufeinanderfolgenden Zeitintervallen werden in einem Computer miteinander multipliziert und gespeichert; die Prozedur wird dann 105-1O7 mal wiederholt. In einem zweiten Kana1 werden die Produkte AiAi+2 gespeichert usw. Die gemittelten Produkte AiAi+, nehmen exponentiell mit der Kanalzahl ab (Abb. 11-1). Diese Funktion ist die &it-Korrelations-Funktion C(r) (Autokorrelationsfunktion). Bei kunen Zeiten (niedrige Kanalzahlen) sind ja die gewahlten Zeitintervalle sehr klein. Die meisten Molekiile sind noch nicht mit anderen kollidiert. Sie "erinnem" sich folglich noch an die Richtung und an die GrOsse ihrer Geschwindigkeiten in der vorausgegangenen Zeitperiode. Ihre Bewegungen sind daher stark korreliert. Bei langen Zeitintervallen sind die Molekule jedoch oft kollidiert und ihre Bewegung ist total unkorreliert. Die normierte Autokorrelationsfunktion C ( t ) ist bei monodispersen harten Kugeln beliebiger Grtisse sowie bei kleinen monodispersen Teilchen anderer Teilchenform eine einfache Exponentialfunktion der Zeit, wobei B eine Konstante ist, 6 der Streuwinkel und r die Halbwertsbreite der Frequenzverteilung (erster Kumulant):
( I 1-9)
C(r) = B exp(-
n)= B exp(-
Dq2r)
;
q = (4 nnl/A,) sin (t9/2)
Bei polymolekularen Polymeren und/oder sehr grossen Teilchen mit intemen Segmentbewegungen weichen die Messwerte von dieser Funktion ab (Abb. 11-1). Irn ersteren Fall lassen sich aus D Molmassenverteilungen berechnen (Abb. 11-2).
367
I I . Transport in Losmgen - 0,5
I-
lS
-...
- 2,o .
-=-...3.: %.
0
10
20
30
-N
40
50
60
70
+
Abb. 11-1 Normalisierte Zeit-Korrelations-Fur&ion_C(t) als Funktion der Kanalzahl N (proportional der &it) fUr ein Poly(methylmethacry1at) mit M, / M, = 1,14 in Aceton [l]. Mit freundlicher Genehmigung der Neuen SchweixnschenChemischen Gesellschaft, Basel. Die Frequenz des Streulichtes verschiebt sich zu htlheren Werten, wenn die Streuzentren dem Detektor zustreben und zu niedrigeren, wenn sie sich von ihm entfemen (Doppler-Effekt). In Ltlsungen bewegen sich die Molekiile aber in alle Richtungen und weisen zudern eine Geschwindigkeitsverteilung auf. Dadurch wird nicht die Frequenz verschoben, sondem die Linienbreite vergrtissert. Diese Breite ist dem Diffusionskoeffizienten proportional, misst aber auch noch Anteile der Rotation und der Schwingung mit. Aus der Funktion r/q2= D z ( l + K q ( s2 )q 2 +...) erhiilt man dam das z-Mittel des Diffusionskoeffizienten und ein Mittel uber die Quadrate der Tragheitsradien. Das z-Mittel ist mit Dz= KflconMavs in die Molmassenmittel Ma, umrechenbar. Dabei sind K D und 6 die Werte fiir die Funktion D = K N 6 rnolekulareinheirlicher Polymerer und K,,, ein Korrekturfaktor fiir die Polymolekularitat. Fur Werte von M a , = und 6 = -0,SO (d.h. undurchspiilte - - ungestarte Knluel, s. unten) erh2lt man z.B. bei Schulz-Flory-Verteilungen (M,/Mn= 2) ein K,,, = 0,6647. Die verhtilmisrnassig starken Korrekturen beeinflussen entsprechend die berechneten Molrnassenverteilungen.
zn
106
- M /(g mol-1)
+
107
Abb. 1 1-2 Differentielle Molmassenverteilung eines Poly(methylmethacry1at)es in Tetrahydrofuran [2]. durch dynamische Lichtstreuung (0.0,e.O) und Ausschlusschromatographie)-(
368
11.1.3.
11 .I Translationsdiffusion
Reibungskoeffizienten der Translation
Da die Diffusion mit steigender Temperatur zunimmt, muss der Diffusionskoeffizient Do proportional der zugeftihrten Energie kgT sein. Die Proportionalitatskonstante ist nach der Einstein-Sutherland-Gleichung (seltener: Nernst-Einstein-GI.) der reziproke Reibungskoeffizient {D (E: friction coefficient), der die pro Zeiteinheit transportierte Masse angibt und damit den hydrodynamischen Widerstand bei der Translation:
Kugeln Der Reibungskoeffizient 6 = Y/vist als Reibungswiderstand Y pro Geschwindigkeit v definiert. Er ist f i r die Translation von Kugeln relativ einfach berechenbar. Eine Kugel mit dem hydrodynamischen Radius (Stokes-Radius) Rsph bewege sich in x-Richtung ohne Wirbelbildung in einem Kontinuum aus einem zahen Medium mit der Viskositit 111. Der Reibungswiderstand der Kugel ist dann Y/,ph = qlJ(av/ay)da, wobei die Flichenelemente da in Bruchteilen der Kugelobefllche A = 4 x Rsph2 ausgedriickt werden. Das Geschwindigkeitsgefiille av/ay des Mediums senkrecht zur Bewegungsrichtung x der Kugel wird bei einer Geschwindigkeit v in Bruchteilen von v/Rsph gemessen. Die Integration von Ysph = qlj(av/ay)da iiber die totale Kugeloberflache A liefert Ysph = ql(v/Rsph)(4 z RSph2).Const. Die Integrationskonstante const weist bei Kugeln den Wert 3/2 auf. Bei Translationsdiffusionen lautet daher die Stokes-Gleichung fiir den Reibungskoeffizienten von Kugeln
Die Ableitung der Stokes-Gleichung setzt voraus, dass sich die Fliissigkeit in unmittelbarer N a e der Kugel gleich schnell wie die Kugel selbst bewegt. also fest an ihr haftet (sticky boundary). Rutscht sie von der Kugel ab (slip boundary), so ist der Faktor 6 durch den Faktor 4 zu ersetzen. Die sich bewegenden Teilchen miissen femer gross gegeniiber den L6sungsmittelmolekiilen sein, da das Usungsmittel als Kontinuum betrachtet wird. Diese Voraussetzung gilt nicht mehr bei kleinen Teilchen, deren Grosse derjenigen der Usungsmittelmolekiile vergleichbar ist. Experimentell wurde hier fiir h6herviskose LCisungsmittel (ql > 0,Ol Pas) gefunden, dass der Reibungskoeffizient der makroskopischen Viskositilt q, nicht mehr direkt proportional ist, sondem proportional qlm.Altemativ kann man ql als die von den Teilchen erfahrene Mikroviskositiltauffassen. Die Stokes-Gleichung gilt nach experimentellen Untersuchungen fiir Kugelgeschwindigkeiten a/&, die kleiner als q1/(2R q ~ sind. ) Diese Bedingung ist fiir Polymere immer erfullt.
Ellipsoide Ellipsoide, St2bchen und andere nicht-kugelformige Teilchen setzen ihrer Bewegung Widersthde entgegen, die noch von der Orientierung ihrer Lhgsachse abhingen. Ein Stibchen. dessen Lhgsachse parallel zur Str6mungsrichtung ist, wird z.B. einen vie1 geringeren Striimungswiderstand erfahren als eines. dessen Langsachse rechtwinklig zur StrCimungsrichtung ist. Das Stiibchen versucht sich daher in Fliessrichtung auszurichten. Bei sehr kleinen Fliessgeschwindigkeiten sind jedoch auch die auf das Stiibchen wirkenden Kr2fte sehr klein. Die Brown’sche Warmebewegung sorgt dann f i r eine statistische Verteilung der Richtung der Lhgsachsen.
11. Transport in Ldsungen
369
Abb. 11-3 Perrin-FaktorenP der Translation und der Rotation von gestreckten (a > b = c) und abgeplatteten (a < b = c) Rotationsellipsoiden als Funktion des Verhamisses alc der Semiachsen.
Die Reibungskoeffizientender Translation von Ellipsoiden werden dabei nicht direkt angegeben, sondem als Vielfaches der Reibungskoeffizienten b = c und abgeplattete Ellipsoide (E: oblate ellipsoids) mit a c b = c bei fest haftenden Fliissigkeiten zu
Penin-Faktoren sind stets griisser als 1. Ellipsoide weisen folglich stets gitissere Reibungskoeffizienten { ~ , ~ l P
Stiibchen Sehr lange gestreckte Ellipsoide sind praktisch zylindnsche Stibchen mit l/p + d.h. p + 0.In diesem Grenzfall erhut man rnit dem Achsenverhflmis A = LSmddstab fiir den Pemn-Faktor den Ausdruck P = [p2D ln (241)I-l = Astab2’/[ln (2 Astab)]. Der Reibungskoeffizient
Die weiter unten beschriebene Kirkwood-Riseman-Theone erh2lt fiir Sttibchen eine recht W i c h e Gleichung, die bei A = 100 nur um ca. 0,5 9% von GL(11-14) abweicht:
370
11.I. Translationsdijfwion
Knauel Die Bewegung von Fliissigkeiten bzw. von Teilchen in Fliissigkeiten kann nur selten mit einfachen Ansltzen beschrieben werden. Ein Beispiel ist die Stokes-G1. (11-11) fiir den Reibungskoeffizienten harter Kugeln in Fliissigkeiten. Im Allgemeinen muss man jedoch auf die AnsHtze der Hydrodynamik (Fliissigkeitsdynamik, Fliissigkeitsmechanik) zuriickgreifen (E: hydrodynamics, fluid dynamics, fluid mechanics). Die Grundgleichung ist hier die Navier-Stokes-Gleichung, welche die Energiebilanz eines sich bewegenden Fliissigkeitselementes beschreibt. Die Geschwindigkeit v des Elementes mit der Dichte p und der dynamischen Viskositlt 7 ist eine Vektorfunktion von Raum und n i t , die noch vom Druck p und von lusseren (extemen) Kr2ften Fext abhhgt:
Diese Gleichung kann fiir verschiedene Randbedingungen gelost werden, z.B. fiir den Fall, dass unmittelbar an einer festen Oberfllche die Geschwindigkeit gleich null wird. Nun weisen die Monomereinheiten statistischer Kniuel gegeniiber dem umgebenden Ltisungsmittel weder feste Oberfllchen noch iiberhaupt Oberflichen auf. Sie sind zudem aneinander gekoppelt, so dass die Fliesseinheiten nicht nur Monomereinheiten. sondem auch Segmente aus mehreren Monomereinheiten sein kbnnen. Solche Segmente sind aber nicht steif, denn ihre beiden Endglieder konnen sich wegen der Warmebewegung und der Rotationsumwandlungen der Konformeren zeitlich und raumlich aufeinander zu und voneinander weg bewegen. Das Auseinanderziehen von und Zuriickschnellen zu der Ruheposition der Endglieder der Segmente 2hnelt dabei dem Verhalten einer Feder. Bei den Feder-Perle-Modellen (E: spring-and-bead models, bead-rod chains, pearlnecklaces) werden die Segmente daher durch elastische Hanteln (E: elastic dumbbells) approximiert (Abb. 11-4). Die Feder ist masselos. Die Masse des Segments ist vielmehr in der das Reibungselement darstellenden Perle konzentriert. Die Dynamik wird durch die Hooke-Elastizitat der Feder beschrieben (Kap. 16). Das resultierende mathematische Problem %melt demjenigen der Brown'schen Wirmebewegung eines Systems gekoppelter harmonischer Oszillatoren. Beim Rouse-Mode11 wird die gesamte Polymerkette in "Rouse-Segmente" unterteilt. Bei jedem Segment soll die raumliche Verteilung der Monomereinheiten des Segmentes einer Gauss-Statistik folgen, was z.B. fiir Kuhn-Segmente zutrifft. Jedes Rouse-Segment wird durch eine Perle und eine Feder repriisentiert. Im stationaren Zustand ist dann die Reibungskraft Fc gleich der elastischen Ruckstellkraft Fel.
Abb. 1 1 4 Modelle fiir das dynamische Verhalten von Knauelmolekiilen. I: EIastische Hantel mit einer masselosen Feder zwischen zwei Segmenten. 11: Feder-Perle-Modellohne hydrodynamische Wechselwirkung zwischen den Segmenten (Rouse-Modell). 111: Feder-Perle-Modell mit (einigen!) hydrodynamischen Wechselwirkungen (Kirkwood-Riseman-Modell).
11. Transport in L 6 m g e n
371
Die Ruckstellkraft Fe1 ist durch das Produkt aus der jeweiligen Verschiebung A f der Perle j und der Federkonstanten Kel gegeben und die Reibungskraft FC durch das Produkt aus Geschwindigkeit drldr und dem Rouse-Reibungskoeffizienten pro Perle. Der Einfluss der TIJdgheit wird vemachlgssigt (kein "hrschiessen", kein Ruckfluss):
Solche Gleichungen werden auch fiir alle anderen Perle-Feder-Einheiten angesetzt. Die Llisung dieses Satzes von Differentialgleichungen hat zu beriicksichtigen, dass bei einem linearen Makromolekul alle Perle-Feder-Einheiten miteinander gekoppelt sind. Die Einheiten mussen sich also koordiniert bewegen, was bei zeit- oder frequenzabhhgigen Vorghgen zu beriicksichtigen ist (z.B. beim Kriechen von Festklirpern). Wegen dieser koordinierten thermischen Segmentbewegungen streben die Kn2uel stetig ihrer wahrscheinlichsten Makrokonformation zu. Bei der Diffusion wird aber nur die Resultierende dieser koordinierten Segmentbewegungen beobachtet. In verdunnten Llisungen sind diese Bewegungen zudem unbeeinflusst von den Bewegungen benachbarter Polymermolekiile. Zwischen den Segmenten bestehen also keine hydrodynamischen Wechselwirkungen. Das Llisungsmittel kann sornit ungestUrt durch das Knluel fliessen; das Knluel ist voHig durchspiilt @: free-draining). Die Llisungsmittelmolekule behindern aber die Segmentbewegungen, wodurch eine Reibung erzeugt wird. Wenn jedes Segment einen Reibungskoeffizienten {R aufweist und insgesamt N K Kuhn-Segmente vorhanden sind, dann betrlgt der Reibungskoeffizient des gesamten Molekiils folglich {D = N K ~ R . Die Zimm-Theorie baut auf der nachstehend diskutierten Kirkwood-RisemanTheorie auf. Sie nimmt so starke hydrodynamische Wechselwirkungen zwischen den Segmenten an, dass die sich im Knluel aufhaltenden Llisungsmittelmolekule als Folge dieser Wechselwirkungen (und nicht wegen einer thermodynamisch bedingten Bindung an die Monomereinheiten!) vom Kn2uel mitgeschleppt werden. Die sich im I(n2uuel aufhaltenden Llisungsmittelmolekule klinnen nicht mehr durch das Knhel fliessen. welches nunmehr vollig undurchspiilt ist @: non-draining). Die Kirkwood-Riseman-Theorieerlaubt unterschiedliche hydrodynamische Wechselwirkungen. Diese Stlirung des Llisungsmittelflusses wurde von Debye und Bueche fiir Knauel rnit homogener Segmentdichte berechnet und von Kirkwood und Riseman fiir solche rnit Gauss-Verteilungen der Segmente. Die mathematisch schwierige Ableitung lest die Navier-Stokes-Gleichungenrnit der Methode von Oseen (siehe Spezialliteratur). Die Theorie arbeitet rnit den folgenden physikalischen Annahmen. Die Kette sol1 aus NK "Perlen" rnit dem Radius RP1 bestehen, die untereinander durch masse- und reibungslose Stiicke verbunden sind. Unter den "Perlen" kann man sich Monomereinheiten vorstellen oder z.B. Kuhn-Segmente der L h g e LK aus mehreren Monomereinheiten. Der Reibungskoeffizient einer einzelnen Perle ist dam gem& der Stokesschen Gleichung = 6 zq1Rpl. Wenn zwischen den einzelnen Perlen keine hydrodynamischen Wechselwirkungen bestehen, weist die gesamte Kette folglich den Reibungskoeffzienten (D = 6 x q i R p l N ~auf. Wenn aber Wechselwirkungen auftreten, dann wird der Reibungskoeffizient der Kette umso gasser sein. je gasser das Kettenvolumen ist, d.h. je grlisser der mittlere Abstand re zwischen je zwei Perlen i undj ist. Der Ausdruck fiir CD ist also durch eine Funktion des mittleren reziproken Abstandes zu teilen.
372
I 1 .I. Translationsdiffusion
Diese Funktion ergibt sich durch Summieren der Mittel iiber die reziproken Absthde (rij-') aller Paare von Perlen. also uber alle Werte von i und j mit Ausnahme von i = j. Da die resultierende Doppelsumme im Nenner erscheint, muss sie aus Dimensionsgriinden noch mit einer L h g e multipliziert werden. Der Nenner muss nsinlich die physikalische Einheit "eins" aufweisen ("dimensionslos sein"), da der resultierende Ausdruck sonst nicht die gleiche Einheit wie der Reibungskoeffizient {D aufweist (Masse pro Zeit). Diese L h g e muss der Radius R,1 der Perlen sein, deM kleinere Perlenradien miissen bei gleicher Zahl der Perlenpaare und gleichen Wechselwirkungen pro Perle zu gr6sseren Wechselwirkungen pro Kette fiihren. Umgekehrt ist die Doppelsumme noch durch die Zahl N K der Perlen zu teilen, da eine griissere Zahl von Perlen auch einen gr6sseren Reibungskoeffizienten pro Kette bedeutet. Zum Ausdruck fiir den Nenner muss ferner noch 1 addiert werden, denn bei grosser Perlenzahl. kleinen Perlenradien und grossen Absthden zwischen den Perlen muss der Gesamtausdruck in denjenigen fiir Knauel ohne hydrodynamische Wechselwirkungen iibergehen. Fur den Reibungskoeffizienten eines Knauels mit hydrodynamischen Wechselwirkungen erh2lt man somit
Die Doppelsumme kann mit der radialen Verteilungsfunktion der Kettenenden von ungest6rten Ketten gelost werden (G1.(4-43)). Das Mittel iiber den reziproken Fadenendenabstand einer solche Kette ergibt sich d a m s und dann mit G1.(4-35) zu
Bei einer Kette aus N Gliedem mit je der effektiven Gliedlhge b gilt nun (r2)o= N b 2 (Kap. 4.3) und damit (r-1) = (6/(rrNb2))1D. Eine ganz gleiche Funktion wie fiir das Mitiiber die reziproken Fadenendenabsthde muss auch fiir das Mittel (ru-l) iiber tel (rl) die reziproken Abstiinde zwischen den i-ten und j-ten Perlen gelten, nihlich (rij-l) = ( ~ / ( X N K L K ~ ) }( N K = Zahl der Kuhn-Elemente mit der L h g e L K ) Einsetzen dieses Ausdrucks in G1.(11-18), Ersetzen der Summen durch Integrale und Integneren iiber die Kugelschalen liefert die Kirkwood-Riseman-Gleichung fiir den Reibungskoeffizienten:
n R p l / L ~ ) redu, Wenn das zweite Glied des Nenners kleiner als 1 ist (d.h. wenn N ~ l << ziert sich diese Gleichung zu derjenigen eines durchspulten Knauels (6 rrq1Rp1 = tseg).
373
I I . Transport in LLisungen
/ ~RpdLK). 1st aber das zweite Glied des NeMerS vie1 gr6sser als 1 (d.h. wenn N K ~>> dann wird G1.(11-20) zu {D = 6 1 % q 1 N ~ l n L ~ (dn18). 3 Ungestorte Kniuel weisen aber ein Mittel iiber die Fadenendenabstiinde von (r2)01/2 = N K ' I ~ L Kauf (Gl.(4-31)). Mit (r2),'n = 6ll2 (s2)01/2 (G1.(4-35)) erh2lt man dann fiir undurchspiilte Knauel
( s ~ ) der ~ ~ effektive / ~ hydrowobei Rh,D I (3 ~ ' / ~ / 8(S2)01/2 ) = 0,6647 ( ~ 2 ) ~ ' / (213) ~ dynamische Radius der dem Kniuel aquivalenten Kugel ist. Bei grossen Molmassen sollten sich also ungestgrte Kniuel wie feste kugelarmige Teilchen verhalten. Kniuel mit Gauss-Verteilungen der Kettensegmente besitzen nun an der Peripherie eine geringere Segmentkonzentration als in der N2he des Schwerpunktes (Abb. 4-18). Das L(lsungsmitte1 fliesst daher recht ungehindert durch den iusseren Rand des Kniuels. Sein Fluss wird aber im Innem der iquivalenten Kugel gehemmt. Das Lgsungsmittel wird also in der N2he des Knauelzentrums mit dem Zentrum transportiert. Da der hydrodynamische Radius bei Polymerisationsgraden X -+ nur ca. 2/3 des Tr'dgheitsradius betrigt und der Trigheitsradius bereits recht tief im Innern des Kniuels liegt (Abb. 4-10), ist die Undurchspulbarkeit auf eine Kemzone im Innern des Kniuels b e s c h e t . Die Zone der Durchspiilbarkeit wird mit sinkendem Polymerisationsgrad 2 beschrieben werden kaM. Die Funktion immer gr(isser, was durch ( ~ 2 ) ~ 1 /=f(X).Rh,d fo variiert dabei von AX) = 0 bei X = 1 zuf(X) = (1/0,6647)= 1,505 bei X + 0. Diese Variation mit dem Polymerisationsgrad zeigt, dass der Effekt der Undurchspiilbarkeit rein hydmdynamisch bedingt ist und nicht thermodynamisch.
11.1.4.
Diffusionskoeffizienten
Aus der Einstein-Sutherland-G1.(11-10) erhalt man durch Einsetzen der Ausdriicke f i r die Reibungskoeffizienten die Gleichungen fiir die Molmassenabhbgigkeit der Diffusionskoeffizienten der verschiedenen Molekiilformen. Der Diffusionskoeffizient ist dabei der Molmasse direkt (Kugeln, Kniuel) oder angen2hert (Subchen) proportional: (1 1-22)
Do = K f 1 6
Der Exponent 6 hiingt bei Kugeln nur von der Teilchenform ab und bei Kniueln zusitzlich noch von der hydrodynamischen Wechselwirkung, warend die Proportionaliatskonstante KD auch noch von anderen Grtlssen beeinflusst wird. Bei polymolekularen Polymeren ist noch fiir den Einfluss der Polymolekularitit zu konigieren (s. oben).
Kugeln Bei harten Kugeln kombiniert man die Gl.(ll-10) und (11-11) mit {D = {D,sph und Setzt dann Rdsph = (3 Vsph/4n)lDSOwie vsph = mspdpsph und msph = MINA: (1 1-23)
Do =
(4 I 3 y 3 1/3T 7 k ~ N [y ~
k)
M-'l3 = 0,08550 k N1l3 B A
(
zT]
M-'I3
1 I .I. Translarionsdiffiion
314
Tab. 11-1 Molmassen M , partielle spezifische Volumina 3, elektronenmikroskopisch bestimmte M g e n L = 2 a und Durchmesser d = 2 b = 2 c (* falls aus M und 3 berechnet) sowie mslatorische DiffusionskoeffizientenDo von sphwiden Proteinen und dem Bushy stunt-Virus (Tomate) in verdiinnten SalzlOsungen bei 20°C. Zum Vergleich: Daten fiir ungestOrte Poly(methylrnethacry1at)e in Butylchlorid bei 8 = 35BC (hnahme: L = d = 2 Rh,p = (2/1,505) (&'R).
Polymer
Ribonuclease Lysozym (Hiihnereiweiss) Albumin (Rinderserum) Hhoglobin (Mensch) Katalase Apofemtin H&mocyanin(Helixpomatia) Bushy stunt-Virus (Tomate) Poly(methylmethacrykit)
M
V
L
d
- 1o7oO
g mol-1
rnL g-l
nm
nm
cm2s-1
0,728 0,688 0,734 0,749 0,73 0.747 0,738 0,739 0.82 0,82 0.82
3,18* 3,12* 7s 6,s 12,2 32.0 31,O
3,18* 3,12* 3.8 5,50 6,4 12,2 32,O 31,O
36,3 81,l
36,3 81,l
13 863 14 211 66 296 67 209 247 600 467 200 8 994 OOO 10 665 OOO 197 OOO 1 220 OOO 6 740 OOO
88
11.9 10,4 5,94 63 4.1 3,61 1M 1,15 7.18 4.09 1,15
Die Daten einiger spharoidaler Proteine sind in Tab. 11-1 mit denen der knauelartigen Poly(methylmethacry1at)e (PMMA) verglichen. Bei etwa gleichen Molmassen und partiellen spezifischen Volumina sind die PMMAs erheblich griSsser als die Proteine, also vie1 lockerer gebaut. Trotzdem sind die Diffusionskoeffizienten (und damit die Reibungskoeffizienten) nicht sehr verschieden, was eine starke Immobilisierung der Liisungsmittelmolekule im Kniuel anzeigt. Poly(styro1)e weisen tiefere Diffusionskoeffizienten und damit hdhere Reibungskoeffizienten als PMMA auf (Abb. 11-5).
I
103
lo2 lo
7
Proteine + TMV
in Wasser
Poly(styr0l)
10-2 102
Poly(styr0l) in Toluol
16
104 16 106 -M / (g mol-') +
10-1 107
Abb. 11-5 Molmassenabhangigkeit der gemeinsamen Diffusionskoeffizienten Dovon nahezu kugelfOrmigen Proteinen (Achsenverhatnis kleiner als 1,13) und dem Tabakmosaikvirus (TMV) in verdiinnten SalzlOsungen bei 20°C [9] sowie den Knaueln der Poly(styro1e) im Theta-LOsungsmittel Cyclohexan bei 8 = 34,5"C (ungesttirt) [lo] bzw. in Toluol bei 15°C (gestort) [ll]. Steigungen: theoretische Werte fiir Kugeln (- In), ungesarte Knauel (- 1/2) und gesttirte Knauel (- 0,588) an.
375
11. Transport in L6sungen
Bei kompakten Kugeln und anderen Spharoiden sollte der Diffusionskoeffizient nach GI.( 11-23) reziprok proportional der Kubikwurzel aus der Molmasse sein (Abb. 11-5). Die durch GL(11-23) vorgegebenen nummerischen Werte fiir S und KD werden bei den spharoiden Proteinen experimentell weitgehend besttitigt. mz r1mit einem KorrelationskoeftizienDie Ausgleichsrechnung liefert DO= 3,07-10-10M~~48 ten von 0,994. Theoretisch sollw man bei T = 293,15 K und einer miuleren Dichte von p = 1/3 = 1,367 &m3 der Polymeren sowie einer Viskositiit ql = 1,0087 Pa s des Wassers eine Konstante KD = 3,22.10-1° mz (kg mol-l)'B s-* und einen Exponenten 6 = - 1/3 fmden (s. a. Abb. 12-8). G1.(11-23) kann jedoch fiir sphgroide Proteine nicht exakt gelten. da diese Molekule meist nicht kugelig sind, sondem ellipsoidal und auch keine harten Kugeln darstellen. sondern noch hydratisiert sind. Die uber Gl.(ll-23) aus den d-Werten der Tab. 11-1 berechneten Diffusionskoeffizienten sind z.B. beim Apofemtin um 22 % htiher als die direkt gemessenen, weil fiir den hydmdynamischen Radius RD,sph der Wert von d/2 einer harten Kugel mit p = l / C angesetzt wurde. Wegen RD,sph M1I3 betragt der Fehler in der Molmasse M jedoch nur (22)1/3 % = 2,8 %.
-
Stabchen Der Diffusionskoeffizient von Stgbchen berechnet sich aus den G1.( 11-11) und dem Kirkwood-Riseman-Resultatder G1.( 11-15) zu (11-24)
Do=
kBT
.-Inn
3 x tlldstab
A
Bei St2bchen konstanten Durchmessers ist das AchsenverhUtnis A direkt proportional der Molmasse M. Der Diffusionskoeffizient von steifen Stabchen muss daher ann3hemd nach Do ( A m A)-1 ( M mm-1 eine Funktion der Molmasse sein, die jedoch wegen des Einflusses von In M nur langsam der Funktion Do M-' = M6 zustrebt. Der Exponent S variiert daher mit der Molmasse. Im Bereich lo2 < A < Id gilt z.B. S = -0,809 und im Bereich 108 < A < 109 immer noch erst S = -0,96 statt S = -1.
-
-
-
Knauel Mit (s2)01/2 = Ks,,M1/2 ergibt sich aus den G1.(11-11) und (1 1-21) fiir die Molmassenabhfigigkeit der Diffusionskoeffizienten ungesttirter Kniuel (Abb. 11-5)
wie es auch experimentell gefunden wird (Abb. 11-5). Die ca. 7 % Differenz zwischen den experimentellen und den theoretischen Werten ktinnte vom Einfluss der Polymolekularittit stammen, da fiir Do, M und (r2)o jeweils die Massenmittel verwendet wurden, welche nicht die korrekten korrespondierenden Mittel sind (vgl. Kap. 3.4.4). Die Exponenten S der Molmassenabhiingigkeit der Diffusionskoeffizienten lauten somit -113 fiir harte Kugeln. -1/2 fiir ungesttirte Knhel und -1 fiir steife Stlbchen (im Grenzfall M + =). Diese Werte lassen schliessen, dass 4 = l/&, der Kehnvert der fraktalen Dimension Jrnist (Kap. 4.7), n2mlich &,= 3 fiir harte Kugeln, 2 fiir ungesttirte Knauel und 1 fiir Stgbchen.
376
11.1.5.
1 I .I. Translationsdifffusion
Konzentrationsabhangigkeit
Die Konzentrationsabhhgigkeit der DiffusionskoeffizientenD lasst sich bei verdiinnten Ldsungen durch eine lineare Funktion der Polymerkonzentration c beschreiben: (1 1-26)
D = Do(1 + ~
+
D C ...)
;
k~ = 2 A2M - ks - 2 52.0 - kl
Nach der hier nicht wiedergegebenen Ableitung des Ausdrucks f i r k~ stammt der thermodynamische Beitrag 2 A2M von der hderung des chemischen Potentials bzw. des osmotischen Druckes mit der Konzentration (G1.(10-43)). 52.0 erhtdt man aus der Konzentrationsabh2ngigkeit 9, = 52,0(1 + k2c + ..,) des spezifischen Volumens 4 des Polymeren und k l aus der entsprechenden Abhagigkeit 5, = C1,o(l + klc + ...) des spezifischen Volumens 9, des Ldsungsmittels. Der hydrodynamische Beitrag k, wird von der Konzentrationsabhangigkeit 6 = (o(1 + k,c + ...) = {0(1 - k,c)-' der Reibungskoeffizienten 6 geliefert. Da ks, F2.0 und WONauch k1 positiv sind, erhdt man bei Theta-Ltisungen (A2 = 0) ein negatives k~ und damit bei der Funktion D =Ac2) eine negative Anfangssteigung (Abb. 11-6). Erst bei thermodynamisch genugend guten Lasungsmitteln uberkommt der thermodynamische Beitrag 2 A2M den Reibungsbeitrag k,, w8hrend die von den Dichten stammenden Glieder C2,0 und (wahrscheinlich auch) k l mehr die Rolle von Korrekturgrtksen zu spielen scheinen. Bei einem Poly(methylmethacrylat) der Molmasse M = 200 OOO g/mol wurden im Theta-Ussungsmittel Butylchlorid bei 3 5 6 C Werte von A2 = 0, k, = 22 mL./g und i30 = 0,82 m u g gefunden. Daraus erhat man nach G1.(11-26) kD = -24 mug, was in Anbetracht des unbekannten (und wahrscheinIich positiven) kl recht gut mit dem direkt gemessenen Wen von k~ = -30 mL/g iibereinstimmt. Im guten LBsungsmittel Aceton bei 20°C betrug der gemessene Wert k~ = 18 mug, was sich hervorragend mit dem aus A2 = 2,25.1@ mol mL g 2 ,k, = 72 mL/g und i Q = 0,798 m u g berechneten Wert k~ = 16,4 m u g deckt 25
t 2o h
,-?
E 9
40°C
15 30°C 20T
1
5 P
-
...-
*.
4
40°C 28°C
0
0
0,1
02
0,3
0,4
- c/(gmL-') + Abb. 11-6 DiffusionskoeffizientenD eines PoIy(styr0l)s (H,,= 180 000 g/mol) als Funktion der Konzentration c bei verschiedenen Temperaturen im guten Lijsungsmittel Ethylbenzol(0) und im schlechten LBsungsmittel Cyclohexan (0)[3]. Bei der Theta-Temperatur (e= 343°C in Cyclohexan) ist die Anfangsneigung nicht gleich Null, sondern negativ.
377
11. Transport in L6sungen
11.1.6.
Massig konzentrierte Losungen
Kniuel beginnen sich mit zunehmender Konzentration zu iiberlappen (Kap. 6.3). Die Uberlappung st6rt nicht die lokale Bewegung der in niedrigen Konzentrationen vorliegenden Segmente, WONaber diejenige der Massenschwerpunkte. Bei der herlappungskonzentration c* iindert sich daher die Konzentrationsabhagigkeit der Diffusionskoeffizienten (Abb. 11-7). Der Ubergang ist erwartungsgembs nicht scharf und wegen der begrenzten linearen Bereiche von D =f(c) fiir c c C* (verdiinnte Usungen) bzw. c > c* (missig konzentrierte Usungen) oft nur schwierig zu enitteln (vgl. Abb. 11-7 mit der Abb. 11-6). Die kritische Uberlappungskonzentration c* sinkt mit steigender Molmasse. Oberhalb der kritischen ijberlappungskonzentrationsollte man daher den Diffusionskoeffizienten Dseg der Segmente und nicht der Molekiile messen. Er l%st sich durch Extrapolation des linearen Bereiches von D =f(c) oberhalb von c* auf c + 0 enitteln. Dseg,O ist grtisser als der Diffusionskoeffizient 02 der Translation isolierter Molekiile. Die Reibungskoeffizienten eseg,obzw. die Radien der Segmente sind entsprechend niedriger, wobei jedoch fraglich ist, ob man hier bei der Stokes-G1.(11-11) die makroskopische Viskositiit 171 des Usungsmittels verwenden darf. Bei der noch htiheren Konzentration c* * beginnen sich Schlaufen htihermolekularer Ketten ineinander zu verhaken (Abb. 6-4). Die Verhakungen Setzen dem Diffusionfluss einen Widerstand entgegen. Mgssig konzentrierte Llisungen kOnnen daher als tempoare Netzwerke angesehen werden, deren Maschenweite durch den mittleren Abstand zwischen zwei benachbarten Kontaktstellen bestimmt wird. Dieser Abstand ist eine Abschirmlsnge oder Korrelationslange, weil die intermolekular wirkenden Effekte des ausgeschlossenen Volumens nunmehr durch die vie1 wirksameren Effekte der Kontakte abgeschimt werden. Die Molekulteile zwischen zwei Kontaktstellen verhalten sich als Blobs, deren Durchmesser dbl gleich der Abschirmliinge ist (Kap. 6.3.4).
t8 h
7- 4 N
E
1_ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -
U, = 390 000 g/mol
0
0.05
0,lO
0,15
0,20
0,25
z 4
C*
0
0,005
*
0,o 10
- w2
-
kw=3000000gfmol
0,015
0,020
Abb. 11-7 Konzentrationsabhhgigkeitder Diffusionskoeffizienten von zwei Poly(styro1)en in Tetrahydrofuran bei 30°C 141. c* = kritische hrlappungskonzentration, c** = kritische Verhakungskonzentration.
I I .I. Translationsdifusion
378
Verhakungen treten nur oberhalb einer genugend grossen Molekulltinge auf. Oberhalb dieser kritischen Molmasse ist jedoch bei genugend grossen Konzentrationen der Abstand der Verhakungspunkte unabhtingig von der Molmasse. Nun sind aber Ketten in thermodynamisch guten Msungsmitteln wegen der grossen ausgeschlossenen Volumina stark aufgeweitet. Sie beginnen sich schon bei niedrigen Konzentrationen c* am Rande zu uberlappen, aber erst bei hdheren Konzentrationen c** zu verhaken (c** > c*) (E: entanglement). Kenen im ungestorten Zustand sind dagegen stark eingeknauelt. Ihre Uberlappungskonzentration ist hoch, w3hrend die Kontakrkonzentration wegen des abwesenden ausgeschlossenen Volumens niedrig ist. Hier gilt also c** = c*. Entsprechend verschieden ist auch die Konzentrationsabhtingigkeit der Abschirmltingen. Die Skalierungstheorie sagt eine Abhtingigkeit der Abschirmltinge Lcl = dbl von der -b-ten Potenz der Konzentration c voraus, wobei b durch den Flory-Exponenten v fiir die Molmassenabhtingigkeit der Tr'dgheitsradien und die Dimensionalitat d gegeben ist:
Fur d = 3 ergibt sich unter Theta-Bedingungen mit v = 1/2, dass die Abschirmltinge reziprok proportional der Konzentration c ist. Da die Abschirmltinge gleichzeitig der Radius eines Blobs ist, erhtilt man uber die Stokes-Gleichung {blob = 6 x qlLcl den Reibungskoeffizienten eines Blobs und mit der Einstein-Gleichung &lob = kBT/{blob weiterhin, dass der Diffusionskoeffizient eines Blobs in Theta-Ltisungsmitteln ebenfalls rezic-l. Bei thermodynamisch guten prok proportional der Konzentration ist, d.h. &lob Losungsmitteln gilt andererseits v = 0,588 (vgl. Kap. 4.4.4). Der Diffusionskoeffizient konzentrierterer LCisungen sollte hier folglich c-0*77proportional sein. Diese Diffusionskoeffizienten mitteln wie diejenigen aus dem Massetransport uber die gekoppelten Bewegungen der Segmente und Massezentren. Theoretische Betrachtungen beziehen sich dagegen meist nur auf die Diffusionskoeffizienten des Zenuums des Widerstandes gegen die Bewegung. Diffusionskoeffizienten aus der quasi-elastischen Lichtstreuung sind z.B. aus diesem Grunde etwas niedriger als die theoretischen Werte fiir die Diffusion undurchspulter Knauel in Theta-Losungsmitteln nach der Kirkwood-RisemanTheorie. Die Diffusion von Polymermolekulen in Ltisungen und Schmelzen ist wissenschaftlich. technisch und biologisch ausserordentlich wichtig. Diffusionsprozesse kontrollieren 2.B. die Kopplung von Polymerketten in Polyreaktionen. Sie bestimmen auch die Eigenklebrigkeit von Kautschuken und oft die physikalischen Strukturen und Eigenschaften von Blockpolymeren. In Schmelzen amorpher Polymerer frieren Bewegungen langerer Segmente bei der Glastemperatur ein (Kap. 13.5). Ganz kurze Segmente von einigen Kettengliedem k6nnen jedoch auch noch unterhalb der Glastemperatur begrenzte Bewegungen ausfuhren. In Kombination mit dem in solchen Polymeren stets vorhandenem freien Volumen erlauben diese Bewegungen die Diffusion niedermolekularer Substanzen durch amorphe Polymere. Beispiele sind die Permeation von Sauerstoff durch Folien in verpackte Lebensmittel, die Migration von Farbstoffen und Weichmachem in Kunststoffen, die Entfernung toxischer oder karzinogener Restmonomerer aus Polymeren, die Herstellung von Schaumstoffen durch Blasprozesse oder die durch Losungsmittel geforderte Bildung von Pseudobriichen (Crazes) in Kunststoffen.
-
379
11. Transport in Liimngen
11.1.7. Strukturierter Fluss Der "normale" Transport von Materie durch Diffusion ist nicht die einzige Transport-
art von Makromolekiilen. Bestimmte Polymere kliMen n3mlich in Ggw. einer konzentrierten LLisung eines zweiten Polymeren mit sehr hohen Geschwindigkeiten "diffundieren", manchmal bis zu 104 mal schneller als bei der normalen Diffusion (Abb. 11-8). Fiigt man 2.B. eine Ltlsung einer kleinen Menge einer geeignet radioaktiv oder mit Chromophoren markierten Substanz zu einer konzentrierten LLisung eines zweiten Polymeren. so bilden sich beim Uberschichten der beiden Llisungen in einem Rlihrchen "Finger" und in einer Petrischale "Ringe" aus. Die Finger und Ringe verschwinden nach einiger Zeit und machen einer homogenen Losung Platz; es handelt sich also nicht um eine PhaSentRMUng. Die pro Fliche transportierte Menge ist der Zeit selbst und nicht wie bei der normalen Diffusion der Wurzel aus der Zeit proportional. Das Phhomen ist auch nicht eine Tr6pfchen-Sedimentation wie sie z.B. beim Uberschichten einer weniger dichten Llisung einer Substanz mit einer dichteren LUsung einer zweiten Substanz auftritt. Der Transport erfolgt n a l i c h mit der gleichen Geschwindigkeit, wem LLisung 1 auf Losung 2 oder wenn Llisung 2 auf Liisung 1 geschichtet wid. Dieser strukturierte Fluss wird durch ein komplexes Wechselspiel vieler Faktoren erzeugt. Die anfiinglich vorhandene. normale Diffusion fiihrt zu Instabilititen an den Grenzflichen der beiden Llisungen. Auf die resultierende Dichte-Inversion wirkt die Schwerkraft. wodurch zunichst "Finger" entstehen, die sich dann durch normale Diffusion wieder aufllisen. Derartige Transportvorgllnge kliMten sehr wichtig bei biologischen Systemen sein, da ja in Geweben und Zellen stets hochkonzentrierte LUsungen vorliegen (Band I, Kap. 14.1).
'nI-Rinderserumalburnin
10
102
id
104
-M / (g mol-')
16
106
107
+
Abb. 11-8 Verhatnis der Diffusionskoeffizienten D,verschiedener in Spuren anwesender Substanzen in einem strukturierten Fliess-System zum DiffusionskoeffuientenDOder Spurensubstanzen in Wasser als Funktion der Molmasse M der Spurensubstanzen 151. Das slrukturierte Fliess-System bestand aus einem Konzentrationsgradienten von c = 51W3g/mL Poly(viny1pyrrolidon)mit M, = 360 OOO in einer Usung von 0.135 g/mL Dextran mit M,= 10 OOO. A SWchenmolekiile,0 statistische Knauel. 0 Kugelmolekiile, 0 niedennolekulare Verbindungen. Die Steigungen der eingezeichneten Geraden betragen 1,O bzw. 0,8.
380
11.2. Rotationsdiffusion
Mit dem "stmkturierten Fluss" ist die ionotrope Ausfallung vetwandt. Anders als beim strukturierten Fluss sind h e r jedoch die beiden Komponenten des Gelosten nicht unvertraglich. Beim Eindiffundieren von z.B. Kupferionen in eine Usung von Polyelektrolyten werden zunlchst ebenfalls Finger gebildet. Die anschliessende Diffusion der Kupferionen aus den Fingem und senkrecht zur L2ngsachse der Finger fiihrt dann zum AusfUlen der Polyelektrolyte in sehr regelmassig angeordneten Rohren, falls durch Temperaturinstabilitlten, Schiitteln usw. heworgerufene Konvektionen vermieden werden.
11.2.
Rotationsdiffusion
11.2.1. Einleitung In einer sehr verdiinnten Losung anisotroper Teilchen, z.B. Stabchen, liegen die Lugsachsen der Teilchen im Ruhestand unter allen moglichen Winkeln zum fiumlichen Koordinatensystem verteilt. Diese Winkelverteilung der Lagsachsen wird durch ein von aussen angelegtes Feld gestbrt. Die L2ngsachsen orientieren sich mehr oder weniger stark je nach Art des Feldes und seiner Wechselwirkung mit den Teilchen parallel oder senkrecht zur Richtung des Feldes. Eine solche Orientierung kann durch eine Stromung (Maxwell-Effekt), ein elektrisches Feld (Kerr-Effekt) oder ein magnetisches Feld (Cotton-Mouton-Effekt)elzwungen werden. Nach Abschalten des Feldes stellen sich die Teilchen durch Rotationsdiffusion wieder in ihre Gleichgewichtslage ein. Der Rotationsdiffusionskoeffizient Dr hwgt wie bei der Einstein-Sutherland-G1.(11-11) von einem Reibungskoeffzienten & ab: (11-28)
D,=kgT/&
11.2.2.
S t r o m u n g s d o p p el b r ec h u n g
Teilchenorientierungen sind rein mechanisch durch erzwungene Stromungen erreichbar. Solche Str6mungen lassen sich mit linearen Geschwindigkeitsgradienten erzeugen, wenn man die zu untersuchende Fliissigkeit in einem engen Spalt zwischen zwei konzentrische Zylinder bringt (Abb. 11-9). Der eine der beiden Zylinder dreht sich (Rotor), der andere ruht (Stator). Durch die partielle Orientierung der anisotropen Molekiile sind die Brechungsindices rechtwinklig und parallel zur Stromungsrichtung verschieden. Die Differenz An = nl- nil dieser beiden Brechungsindices ist die optische Doppelbrechung (E: optical birefringence).. Beim Betrachten der rotierenden Losung unter gekreuzten Nicolschen Prismen (E: Nicol prisms, Nicols) beobachtet man ein dunkles Kreuz auf einem hellen Untergrund. Der Effekt kommt wie folgt zustande. Tritt planpolarisiertes Licht durch eine isotrope Lbsung, so erfolgt vollige Auslbschung. Lbsungen mit partiell orientierten anisotmpen Teilchen verursachen unter den gleichen Bedingungen eine Ausloschung nur an den Stellen, an denen die optische Achse der anisotropen Teilchen parallel zur Polarisationsebene des Polarisators oder des Analysators ist.
381
11. Transport in Liisungen
A Abb. 11-9 Schematische Darstellung der StrOmungsdoppelbrechungst2bchenfUrmiger Teilchen zwischen dem Rotor R und dem Stator S. 19 = Extinktionswinkel; A-A bzw. P-P: Polarisationsebenen des
Analysators bzw.des Polarisators. Damit gibt es vier Positionen fiir eine Ausltischung. In Abb. 11-9 liegen 2.B. alle eingezeichneten Teilchen unter einem Winkel 6 zur Tangenten an eine Kreisbewegung. Nur an den vier Stellen des Kreuzes sind sie aber auch parallel zu den Polarisationsebenen P-P bzw. A-A, wie es fiir das Teilchen im oberen rechten Quadranten gezeigt ist. Experimentell findet man, dass das Kreuz bei kleinen Gradienten bei Winkeln von 4 5 O , bei sehr grossen Gradienten bei Winkeln von 0" zu den beiden Schwingungsebenen liegt. Der kleinere der Winkel zwischen den Schwingungsebenen und dem schwarzen Kreuz wird als Extinktionswinkel 6 bezeichnet. Er variiert folglich von 45' bei kleinen zu ' 0 bei gmssen Strtimungsgradienten. Der Extinktionswinkel ist daher ein Mass fiir die Ausrichtung der Teilchen im Strtimungsfeld, die Stirke der Doppelbrechung ein Mass fiir die Intensiat der Onentierung. Der Ausrichtung der Molekiile wirkt die Rotationsdiffusion entgegen. Sie ist umso schneller. je kleiner die Molekiile sind. Fiir ein bestimmtes AchsenvehUmis der Molekiile besteht daher eine untere Grenze von ca. 20 nm fiir die noch erfassbare Linge. Noch kiirzere Molekiile erfordern so hohe Strtimungsgradienten 7, dass die Stromung turbulent wird und die Voraussetzungen fiir die Messung und Auswertung nicht mehr gegeben sind. Lange steife Molekiile bentitigen umgekehrt nur sehr kleine Gradienten fiir eine Orientierung. So beobachtet man beim stabchenformigen Tabakmoisaikvirus schon bei Geschwindigkeitsgradienten von 5 s-1 einen starken Effekt. Auch kugel- und knhelftirmige Teilchen ktinnen eine Strtimungsdoppelbrechung zeigen, da sie abwechselnd auf Zug und Druck beansprucht werden. Weiche sphlmidale Teilchen werden dadurch zu lhglicheren Teilchen deformiert. Der Effekt ist bei Scherstrtimungen aber klein. Bei den flexiblen Kniueln des Poly(stym1)s beobachtet man 2.B. selbst bei 7 = 104 s-l nur eine geringe Strtimungsdoppelbrechung. Weit starkere Effekte erhiilt man bei Dehnstrtimungen (Kap. 15.5). Da jedoch Knauelmolekiile bei hohen Dehngeschwindigkeiten zemssen werden, ist die Methode auf Dehngeschwindigkeiten von t I lo5 s-l beschrbkt, was wiederum die messbaren Molmassen auf Werte von iiber 2.106 dmol einengt. In diesem Bereich kann man jedoch aus Messungen der Strtimungsdoppelbrechung auch Molmassenverteilungen bestimmen.
382
11.2.3.
11.2. Rotationsdiffusion
Reibungskoeffizienten der Rotation
Kugeln und Ellipsoide Die Reibungskoeffizienten der Rotation (E: rotary frictional coefficients) und der Translation sind verschieden. Bei rotierenden Teilchen wirkt stets ein Drehmoment 7.Im stationlren Zustand rotieren die Teilchen mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit 0. Der Reibungskoeffizient der Rotation ist daher 6, = T/W. Fur Kugeln mit fest haftender Flussigkeit ergibt sich der Reibungskoeffizient der Rotation zu t, = 6 qlV = 8 x q1Rsph3,warend der Reibungskoeffizient der Diffusion nach Stokes dagegen {D = 6 x qlRsph betragt. Bei abrutschenden Flussigkeiten wird jedoch der Reibungskoeffizient der Rotation zu tr = 0, da die rotierende Kugel in diesem Fall nicht die umgebende Flussigkeit stbrt. Bei Ellipsoiden sind die Reibungskoefizienten der Rotation kompliziertere Funktionen der lusseren Abmessungen. Es existieren jeweils zwei Reibungskoeffizienten,t,,, fiir die Rotation um die grosse Halbachse u und tr,,fiir die Rotation um die kleine Halbachse c. Bei Rotutionsellipsoiden gilt f i r die relativen Reibungskoeffizienten Fa und F,
wobei p = c/a und q = 2 P - ~ B / P Bei . den gestreckten Ellipsoiden ist der Gestaltfaktor P durch Gl.(ll-l2) gegeben, bei den abgeplatteten durch GL(l1-13). Bei gestreckten Rotationsellipsoiden ist die Rotation um die lange Achse leichter als die von Kugeln. Fur unendlich lange gestreckte Ellipsoide strebt Fa dem Wen 2/3 zu (Abb. 11-3). Die Rotation um die Nebenachsen ist dagegen erschwert. F , steigt daher mit wachsendem Achsenverhatnis u/c stark an (Wirkung eines Magnetriihrers!). Abgeplattete Rotationsellipsoide weisen bei kleinem Verhatnis a/c etwa gleich grosse Reibungskoeffizienten fiir die Rotation um die kleine und die beiden grossen Achsen auf (Abb. 11-3). Fur sehr kleine u/c-Werte strebt F, dem Grenzwert (4/3) xp zu. Der Reibungskoeffizient F, lauft bei u/c-Werten knapp unter 1 jedoch durch ein schwaches Minimum. Hier sind die Reibungskoeffizienten der abgeplatteten Ellipsoide um die I3ngeren Halbachsen c bzw. b etwas niedriger als die von Kugeln.
Starre Stabchen Die Gestaltfaktoren (Penin-Faktoren) P von gestreckten Ellipsoiden steigen bei Achsenverh2lmissen u/c > 10 praktisch linear mit a/c an (Abb. 11-3). Stabchenfbrmige Molekiile besitzen daher sehr grosse Rotationsdiffusionskoeffizienten.Fur die stibchenfbrmigen Teilchen des Tabakmosaikvirus von 280 nm L a g e wurde z.B. bei 23°C ein Rotationsdiffusionskoeffizient von D, = 550 s-l gefunden. Die Halbzeit zur Ruckkehr in die Ruhelage betegt also 1112 = l/Dr = 0,018 s. Aus GL(11-28) berechnet sich dann der Reibungskoeffizient zu tr= hT/Dr = 7,4.10-24 kg m2 s-l. Rotationsdiffusionskoeffizienten sprechen daher vie1 empfindlicher auf die Form und Asymmetrie von Teilchen an als die Translationsdiffusionskoeffizienten. Sie sind ideal fiir die Bestimmung z.B. hydrodynamischer Volumina. Leider sind sie jedoch oft schwierig oder gar nicht zu messen und werden daher kaum verwendet.
383
11. Transport in b-mngen
11.3.
Sedimentation
Die Sedimentation misst wie die Diffusion den Transport ganzer Molekiile. Sie erfolgt unter dem Einfluss eines SLusseren Feldes, ntimlich des Schwerefeldes. und wird darum auch als "dynamische" Methode von der "statischen" der Diffusion unterschieden. Die kinetische Energie sedimentierender Makromolekiile ist jedoch kleiner als 1C1 ~ B T . Experimentell werden entsprechend die Reibungskoeffzienten 6s der Sedimentation und SD der Diffusion als gleich gross gefunden. Zumindest in Bezug auf die Reibungskoeffizienten ist daher die Klassifikation dynamischhtatisch ungerechtfertigt.
11.3.1.
Grundlagen
Sedimentationsexperimente an Molekiilen werden in speziellen Ultrazentrifugen mit Titanrotoren vorgenommen. die Geschwindigkeiten bis zu 150 000 Umdrehungen pro Minute und Beschleunigungen bis zum 900 OOOfachen der Erdschwere erreichen. Um die Konvektion zu verhindem, befinden sich die zu untersuchenden LMsungen in einem sektorf6rmigen Raum in einer zylinderf6rmigen Zelle. Die Zelle ist oben und unten mit je einem Quamcheibchen verschlossen. Durch diese Scheibchen w i d die hderung der Lichtabsorption, des Brechungsindexgradienten oder der Interferenz als Funktion des Abstandes vom Rotationszentrum gemessen und die Konzentrationen bzw. Konzentrationsgradienten bestimmt. Z u Beginn des Experimentes ist die Zelle homogen mit einer L6sung aus Teilchen (Partikeln, Molekiilen) mit der Dichte pz in einem LSsungsmittel der Dichte p1 gefiillt. Die gel6sten Teilchen sedimentieren beim Anlegen eines Zentrifugalfeldes in Richtung des Feldes, wenn p2 > p1. Sie flotieren in Richtung des Rotationszentrumsbei pz < p1. Bei der Sedimentation erscheint am Meniskus nach einiger Zeit eine Schicht reinen L6sungsmittels. Am Boden lagem sich Polymermolekiile ab (Abb. 11-10). m
b
m
b
b
m
I
I
I
I
Abb. 11-10 Polymerkonzentrationen c und Konzentrationsgradientendc/& als Funktion des Abstandes r vom Rotationszentrum bei der Sedimentation in sektorf6migen Zellen zu den Zeiten t = 0 (links), tl (Mitte) und 12 (rechts). m = Meniskus der L(lsung, b = Boden der Zelle.
304
11.3. Sedimenation
Die molekulare Sedimentationsgeschwindigkeit vs ist dem Zentrifugalfeld d r proportional, wobei w die Winkelgeschwindigkeit ist und r der Abstand des sedimentierenden Teilchens vom Rotationszenuum. Der Proportionalitltskoeffizient ist der Sedimentationskoeffizient S. Er gibt die Sedimentationsgeschwindigkeit im Einheitsfeld an: (1 1-31)
vs = dr/dt = S d r
;
S = (dr/dt)/dr
Der Sedimentationskoeffizient von S = l.10-13 s = 1 S heisst Svedberg-Einheit S. Die zeitliche Konzentrationsiinderung ergibt sich aus dem Fluss J s = cvs. der als Produkt der Konzentration c des Gelosten und der molekularen Wanderungsgeschwindigkeit vs definiert ist. Die Menge des Gelosten, die von einem Volumenelement A im Abstand rA vom Rotationszentrum in ein anderes Volumenelement B im Abstand rg fliesst, muss gleich der zeitlichen h d e r u n g der restlichen Menge sein: (1 1-32)
( d ) A -( d ) B =
a(
rcdr) / dr
Dividiert man beide Seiten durch A r = rg - rA, so ergibt sich f i r den Grenzfall Ar
-+ 0
Der Sedimentation wirkt die durch die Brown'sche Bewegung hervorgerufene Ruckdiffusion der Teilchen entgegen. Diese Ruckdiffusion verhinden, dass sich eine scharfe Grenzschicht zwischen Losung und Usungsmittel ausbildet (Abb. 11-10). Der durch die Ruckdiffusion bewirkte Fluss JD ist im einfachsten Fall durch das erste Ficksche Gesetz gegeben (G1.(11-4)). Fur den totalen Fluss J = J s + JD ist noch der Fluss J D der Sedimentation zu beriicksichtigen. Die Kombination dieser Gleichungen fiihrt zur Lamm'schen Differentialgleichung der Ultrazentrifugation: (11-34)
11.3.2.
(ac/at), =
- a[sw2r2c- rD(ac / ar)]
rar
Sedimentationsgeschwindigkeit
Auf ein in einem Zentrifugalfeld d r wandemdes Molekul mit der hydrodynamisch wirksamen Masse mH und dem hydrodynamisch wirksamen Volumen VH wirkt eine Zentnfugalkraft m H d r . Ihr entgegen wirkt die durch das Losungsmittel mit der Dichte p1 erzeugte Auftriebskraft Vhpl d r . Bei dieser Wanderung mit der Geschwindigkeit drldt wird ein Widerstand (s(dr/dt) erzeugt, wobei 5s der Reibungskoeffizient des Molekiils ist. Im stationlren Zustand gilt
Die hydrodynamisch wirksame Masse mh = mp + mL setzt sich aus der Masse mp des "trockenen" Makromolekuls mit der Molmasse M = m p N A und der Masse mL des mit die-
11. Transport in Losungen
385
sem Makromolekiil transportienen ("solvatisierenden") Usungsmittels zusammen. Mit der Definition des Solvatationsgrades r h = m d m p ergibt sich somit mh = M(l + rh)/NA. Das hydrodynamisch wirksame Volumen v h = Vp + VL wird analog aus den spezifischen Volumina vp = V p h p des trockenen Makromolekiils und VL = VdmL des solvatisierenden LBsungsmittels zu v h = M(vp + rhvL)/NA berechnet. Das spezifische Volumen VL unterscheidet sich wegen der Wechselwirkung solvatisierendes LBsungsmittel-Makromolekiil vom spezifischen Volumen v 1 des reinen LUsungsmittels. Es enthat ferner die Abweichungen von der Additivitgt der Volumina beim Mischen von Polymer und Usungsmittel. VL ist jedoch wie folgt berechenbar. Das totale Volumen V setzt sich aus den Volumina Vp der trockenen Makromolekiile, dem Volumen VL der durch Solvatation gebundenen LBsungsmittelmolekule und dem Volumen V1- VL aller freien LBsungsmittelmolekiile zusammen. Nach dem Einfiihren der entsprechenden spezifischen Volumina vi I VJmi e d At man (1 1-36)
V = mpvp + mLvL + (ml - mL)vl= mpvp + r n l v l + rhmp(v~ - vi)
wobei m l die Masse aller Liisungsmittelmolekule ist und V1 deren Volumen. In sehr verdiinnten Ltisungen sind weit mehr LCisungsmittelmolekie vorhanden als zur Solvatation erforderlich sind. Der Solvatationsgrad r h = m d m p wird daher unabhiingig von der Polymerkonzentration. Das partielle spezifische Volumen i5 des Polymeren ergibt sich durch Differenzieren der G1.( 11-36) nach der Masse der Makromolekule:
) ~ Losung Es ist aus der Konzentrationsabhhgigkeit der Dichte p = p1+ (1 - 3 2 ~ 1 der emittelbar. Das spezifische Volumen v1 I l/pl des reinen Usungsmittels ist definitionsgemW gleich dem Kehrwert seiner Dichte p1. Einsetzen der Ausdriicke fiir i;2 und vl in den Ausdruck fiir v h liefert die Beziehung
Aus den Gl.(ll-38), (11-31) und (11-35) sowie dem Ausdruck f i r m H berechnet sich die Molmasse M des Polymeren aus dessen Reibungs- und Sedimentationskoeffizienten:
In dieser Gleichung treten die hydrodynamischen Massen und Volumina nicht mehr explizit auf. Sie sind aber implizit im Reibungskoeffizienten 5s enthalten, der von der Teilchenfonn und -dichte kontrollien wird. Die in G1.(11-39) auftretende Dichte p1 muss bei sehr verdiinnten LCisungen (weit unterhalb der Uberlappungskonzentration von Kngueln) diejenige des reinen Usungsmittels und nicht diejenige der LUsung sein: Nur das Usungsmittel wirkt auf die sedimentierenden Polymennolekiile. wenn es diesen entgegen zuriickfliesst. In G1.(11-39) beziehen sich der Sedimentationskoeffizient S und der Reibungskoeffizient 4s jeweils auf die gleiche Polymerkonzentration c. Falls c # 0, ist die in dieser Gleichung auftretende Gr6sse M eine scheinbare Molmasse Map, (Kap. 11.3.4).
386
11.3. Sedimentation
I 1.3.3. Konzentrationsabhangigkeit Die Sedimentationskoeffizienten S hhge n nur bei extrem hohen Molmassen noch von der Rotorgeschwindigkeit U ab, z.B. bei sehr hochmolekularen Desoxyribonucleinshren. Auf diese sehr langen Makromolekule wirken an den Enden und in der Mitte ungleiche Reibungskrme, da die Molekulmine hydrodynamisch stiirker abgeschimt ist. Die Molekiilenden schleppen hinter der Molekulmitte her. Die hydrodynamische Abschirmung nimmt mit steigender Rotorgeschwindigkeit ab und der Sedimentationskoeffizient ebenfalls. Im Allgemeinen gilt jedoch S #flu). Sedimentationskoeffizienten werden aber bei endlichen Konzentrationen gemessen. Sie miissen daher wie die Reibungskoeffizienten auf unendliche Verdiinnungen extrapolien werden, damit aus G1.(11-39) die wahre Molmasse M erhalten werden kann. Nach dieser Gleichung ist bei M = const der reziproke Sedimentationskoeffizient proportional dem Reibungskoeffizienten 5s. Die Reibungskoeffizienten sind aber nach der StokesG1.(11-11) proportional den Viskositaten q und diese wiederum proportional der Konzentration. Es gilt also 1/S 5s q c und man kann schreiben
- - -
(1 1-40)
S-' = So-'(l + ksc + ...)
Die Steigungskonstante ks wird wie diejenige der Diffusion im Theta-Zustand nicht gleich null. Sie h a g t vielmehr noch von der Molmasse ab, z.B. nach ks = 0,052 M112 f i r die S-Werte der Poly(styro1)e in Cyclohexan bei 8 = 35,4"C. Die durch G1.( 11-40) beschreibbare, anfdnglich nur schwache Konzentrationsabhlngigkeit der Sedimentationskoeffizientengeht bei hliheren Konzentrationen in eine sehr stake uber. die im Gegensatz zu derjenigen bei tiefen Konzentrationen nicht mehr von der Molmasse a bhhgt (Abb. 11-11). Der Ubergang von dem einen in den anderen Konzentrationsbereich ist bei hohen Molmassen recht scharf. Er wird mit der kritischen Verhakungskonzentration der Knauel identifiziert. Die verhakten Knluel sedimentieren nicht mehr als isolierte Molekiile, sondem als Ganzes. Sie bilden eine Art Netzwerk und das Llisungsmittel fliesst nunmehr durch die Knauel anstatt um sie herum.
1v3
10-2
10-1
- c /(g mL-1) + Abb. 11-11 Konzentrationsabh~gigkeitder Sedirnentationskoeffizientender ungesttirten Kniiuel von Poly(styro1)en (PS)verschiedener Molmasse (in g/mol) in Cyclohexan bei 8 = 35,4OC [6] und eines stikhenartigen Poly(ybenzy1-L-g1utamat)es(PBLG) in NJV-Dimethylformamidbei T = 25OC [7].
387
11. Transport in Liisungen
Dieser Ldsungsmittelfluss kann durch eine Art Darcy-Gesetz (Kap. 14.4.1) fiir den
Fluss durch por(lse Medien beschrieben werden:
Der Permeabilitiitskoeffizient il steigt rnit der Masse mblob = cL,l3 an und iSt daher dem Quadrat der Abschirmlhge (Korrelationslange) Lcl proportional. Da diese nach G1.( 11-27) rnit c-vf(vd-l) skaliert, sollte der Permeabiliatskoeffizient in Theta-Usungen (v = 1D) mit c - ~und in guten Msungsmitteln (v = 0,588) mit c-1-54 variieren. Der Sedimentationskoeffizient ist ferner direkt proportional dem Permeabiliatskoeffizienten:
-
Bei undurchspiilten Kniiueln in Theta-Ldsungsrnitteln sollte bei d = 3 somit S c-l gelten, wie es auch experimentell beobachtet wird (Abb. 11-11). In thermodynamisch guten Ldsungsmitteln ist dagegen eine Proportionalitat S c-0.539 zu erwarten. Im Allgemeinen werden jedoch Exponenten von -0,7 erhalten. Zwei Konzentrationsbereiche werden jedoch nicht nur bei Knluelmolekiilen, sondern auch bei Poly(ybenzy1-L-g1utamat)en im helicogenen Ldsungsmittel N.N-Dimethylformamid gefunden (Abb. 11-11). Diese Molekule sind recht steif, wie aus dem Exponenten av = 1,82 ihrer Viskositat-Molmasse-Beziehunghervorgeht. Sie kdnnen sich also nur schlecht verknaueln. Der Ubergang von dem einen in das andere Regime erfolgt hier bei c = 1.6.10-3 g/mL, weit unterhalb des nach G1.(8-8) fiir Stabchen rnit dem Achsenverhatnis A = 141.5 zu erwartenden Volumenbruches &* = 0.055 fiir die Bildung einer Mesophase. Mdglich wSre eine Orientierung der Stiibchenmolekiile unter dem Einfluss des Zentrifugalfeldes. Ein solcher Effekt ist jedoch in der Regel klein. Man sieht auch keine hderung der Funktion log S =Alg c) im Bereich der kritischen Konzentration fiir die Bildung von Mesophasen. Ein iihnlicher Effekt wird auch bei kugelfdrmigen Molekiilen gefunden. Einige Forscher zweifeln deshalb das game Konzept der Verhakung von Makromolekulen in miissig konzentrierten Ldsungen auch bei flexiblen Kniiuelmolekulen an, zumindest bei langsamen (statischen) Verfahren. Zum Erfassen der Konzentrationsabhiingigkeit von Diffusions- und Sedimentationskoeffizienten wurden gestreckte Exponentialfunktionen vorgeschlagen, z.B. f i r die Sedirnentationskoeffizienten
-
(1 1-43)
11.3.4.
S = So exp(- KcP)
;K,p = Konstanten
Molmassen
Sedimentationskoeffizienten sind nach G1.( 11-39) mit der Molmasse uber den Reibungskoeffizienten verkniipft. der nach der Stokes-Gleichung von der Form und Gr6sse der Molekule und damit ebenfalls von der Molmasse abhhgt. Wie bei den Diffusionskoeffizienten (G1.( 11-22)) wird daher der Sedimentationskoeffizient (bei unendlicher Verdiinnung) in einer Exponentialfunktion von der Molmasse abhhgen:
388 (1 1-44)
11.3. Sedimentation
SO = KsMs
Aus dieser Eichbeziehung berechnete Molmassen stellen daher bei polymolekularen Polymeren Exponentenmittel dar (Kap. 2.3.5). Molmassen sind jedoch auch ohne Eichung aus Sedimentationskoeffizienten berechenbar, wenn der Reibungskoeffizient durch eine direkt messbare Gr6sse ersetzt wird. Nun sind die Reibungskoeffizienten der Sedimentation und der Diffusion innerhalb der Messfehler gleich gross, nach theoretischen Untersuchungen sogar innerhalb l0-l0 %. Mit 5s = 5~ erhdt man daher aus den GL(11-10) und (11-39) die Svedberg-Gleichung, die nur noch die direkt messbaren Grossen S, D, *v2, p1 und T enthat: (11-45)
M=
SRT D(l- C2p1)
Die M-Werte sind fiir Konzentrationen c f 0 scheinbare Molmassen Mapp. Mil S = So und D = Do erhtilt man ohne weitere AMahmen die absolute Molmasse M. Da So und Do Mittelwerte sind, stellt M bei molekularuneinheitlichen Polymeren ein gemischtes Mittel dar (Kap. 2.3.5), das je nach den Mittelwerten und der Molekiilfom bzw. der uisungsminelgiite (beide ausgedriickt durch a in der Beziehung [ q ]= K,Ma) unterschiedliche Werte annimmt (Tab. 11-2). Der Reibungskoeffizient tSist in G1.( 11-39) auch anders durch 4~ ersetzbar, da dieser nach G1.(11-11) den Stokes-Radius Rsph = RD einer hydrodynamisch iquivalenten Kugel enthat. Eine solche Kugel wird auch durch ihren Einstein-Radius R, beschrieben; dieser is1 nach Kap. 12 aus der Grenzviskosittitszahl berechenbar. Es ergibt sich die
Mandelkern-Flory-Scheraga-Gleichung:
Tab. 11-2 Theoretische Momente und Mittelwerte hydrodynamischer Mittel der Molmassen [S]. Theoretische Werte
Messung
Exponent a
Sediimentationsgleichgewicht
beliebig
f"+En fn+Dw
2 beliebig
rw+DW
2 1/2 -1
sw+Ez fw
+[Vl
beliebig
2 1I2
Moment
Mittelwert
11. Transport in LLisungen
3 89
Aus historischen Griinden schreibt man fiir den in Gl.(ll-46) in eckigen Klammem stehenden Faktor den in geschweiften Klammem stehenden und setzt femer
Bei kompakten Kugeln sind Stokes- und Einstein-Radius identisch. Man erhiilt in diesem Fall f i r den Faktor (62 x NA/20112) = 1.523.1025 mol-1. Fur die Flory-MandelkemInvanante ergibt sich j? = “d(5.64 z2)l1D = 2,112-106mol-ln. Bei anderen Teilchen als kompakten Kugeln sind Stokes- und Einstein-Radius nicht notwendigerweise gleich gross. Fur porose Kugeln lautet der P W e n 2,084-106mol-ln, fiir undurchspulre Knuuel 2,344-106 mol-ln (vgl. Tab. 12-6). Der j?-Wert h a g t bei Ellipsoiden noch vom Achsenverhiiltnis A der grossen zur kleinen Achse ab. Bei abgeplurrefen Rorationsellipsoiden variiert 10-6BJmol-1fl nur wenig; es steigt von 2,115 bei A = 2 auf 2.15 bei A = 300 an. Bei gesrreckten Rotationsellipsoiden lauten die entsprechenden Werte 2,13 bei A = 2 und 1,81-A0.126flir 3 5 A 5300. Gemische yon wenigen Molekiilsorren verschiedener Gr(lsse oder Masse kann man bei nicht zu grosser Ruckdiffusion durch Ultrazentrifugation in die einzelnen Komponenten auftrennen. Aus den Flichenanteilen der zwei, drei usw. mehr oder weniger scharf voneinander getrennten Gradientenkurven sind die Massenanteile berechenbar. Die Methode wird relativ hiiufig in der Proteinchemie eingesetzt, um auf die An- oder Abwesenheit von Paucimolekularitit zu priifen. Bei polymolekularen Subsranzen kann aus der Verbreiterung der Gradientenkurven mit der Zeit die Verteilung der Sedimentationskoeffizienten und damit auch die Molmassenverteilung bestimmt werden. Aus den bei verschiedenen Zeiten erhaltenen Gradientenkurven werden die Sedimentationskoeffizientenbei verschiedenen Masseanteilen ennittelt. Die so erhaltenen Sedimentationskoeffizienten werden noch auf die Zeit unendlich extrapoliert, um fiir die Verbreitemng durch die Diffusion zu komgieren. Die resultierende Funktion Wi =f(Si) wird dann in die Molmassenverteilung Wi =f(Mi) umgerechnet. Derartige Messungen werden am besten in sog. Theta-Ltisungsmitteln ausgefiihrt, da sonst zuviel fiir die thennodynamische Nichtidealitiit zu komgieren ist.
11.3.5.
Sedimentationsgleichgewicht
Bei geniigend niedrigen Zentrifugalfeldem wird die Sedimentationsgeschwindigkeit gleich der Diffusionsgeschwindigkeit und es stellt sich ein Sedimentationsgleichgewicht ein. Im Gleichgewicht a d e n sich die Konzentration an jeder Stelle der Ultrazentrifugenzelle nicht mehr mit der Z i t . Es gilt (ac/&), = 0 und GI.( 11-34) geht iiber in (1 1-47)
S/D = (ac/&)/(drc)
Ersetzen von s/D durch den entsprechenden Ausdmck der Svedberg-G1.(11-45) fiihrt zu der Bestimmungsgleichung des Sedimentationsgleichgewichtes:
390
11.3. Sedimentation
Experimentell wird am einfachsten mit kleinen FiillhUhen der Ultrazentrifugenzellen gearbeitel. Bei kleinen Fullhehen A r is1 der Konzentrationsgewinn oberhalb der Zellmitte r gleich dem Verlust unterhalb r. Man braucht daher nur den Konzentrationsgradienten dcldr bei der mittleren Fiilh6he r zu messen, verliert jedoch alle Information uber eventuelle Molmassenverteilungen, die noch in der Funktion dcldr =Ar) steckt. Die in G1.( 11-48) auftretende Molmasse muss ein Massenmittel sein. LCist man n2mlich nach dcldr auf und summiert uber die Variablen, so sieht man, dass der mittlere Konzentrationsgradient uber die Molekiile aller Molmassen der Summe der Produkte aus Konzentration und Molmasse proportional ist:
Die gleiche Summe uitt bei der Definition des Massenmittels auf (Gl.(2-14)). Die Gl.(ll-48) und (11-49) gelten nur f i r unendliche Verdunnungen. Bei c f 0 liefem sie scheinbare Massenmittel der Molmassen, die wie ublich durch Auftragen von l/Mw,aw gegen c auf die Konzentration c + 0 extrapoliert werden.
11.3.6.
Sedimentationsgleichgewicht im Dichtegradienten
Spezielle Verhiilmisse treten bei Sedimentationsgleichgewichtenin Dichtegradienten auf. Solche Dichtegradienten entstehen, wenn das Wsungsmittel keine reine Substanz ist, sondem eine Mischung aus zwei Substanzen stark verschiedener Dichte. z.B. Clsiumchlorid in Wasser oder eine Mischung von Benzol und Tetrabromkohlenstoff. Die beiden Komponenten des Llisungsmittels sedimentieren unterschiedlich stark und es bildet sich daher ein Dichtegradient des Llisungsmittels aus. Im Sedimentationsgleichgewicht wird dann der Konzentrationsgradient des Polymeren vom Dichtegradienten des Losungsmittels iiberlagert. Am Boden der Ultrazentrifugenzelle herrscht die Dichte pb. am Meniskus die Dichte pm. Wenn die Dichte p 2 des Polymeren gerade zwischen diesen beiden Dichten liegt. dann werden die Makromolekiile vom Meniskus der Zelle in Richtung Boden sedimentieren und vom Boden in Richtung Meniskus flotieren (Abb. 11-12). Im Gleichgewicht befinden sich die Makromolekule an einer Stelle des Dichtegradienten, die gerade der Dichte des Polymeren in Wsung entspricht. Diese Dichte ist jedoch nicht die "trockene" Dichte des Polymeren, da ja das Experiment in einem Mischlliser ausgefiihrt wird, dessen eine Komponente das Polymere besser solvatisiert als die andere.
"WWW I
W M
Abb. 11-12 Zeitabhhgigkeit der Konzentration c und des Konzentrationsgradientendcldr beim Einstellen eines Sedimentationsgleichgewichtesin einem Dichtegmdienten (schematisch).
1I . Transport in L(isungen
391
Solvatisiert nur die Komponente 1, so wird die solvatisierte Masse zu mh = mp + mL und der Parameter der Vorzugssolvatation zu r h = mdmp (S.384). Rechnet man femer Bei mit mi = M i / N A (i = h, L, P) auf die Molmassen um, so ergibt sich Mh = Mp(1 + rh). der Position rmaxdes Maximums befinden sich also die Makromolekiile mit der solvatisierten Molmasse Mh. Bei bekanntem Parameter r h ist aus dieser solvatisierten Molmasse die "trockene" Molmasse M berechenbar. Dieser Parameter ergibt sich aus den partiellen spezifischen Volumina ii2 des Polymeren und iil des L(lsungsmitte1. wobei p* die Dichte des LUsungsmittel(gemisches) beim Maximum der Funktion c =fir) ist:
Das partielle spezifische Volumen iiz des Polymeren erh2lt man in guter N2herung aus ) ~ Polymerltisungen im Mischliiser. der Dichte p = p1 + (1 - 9 2 ~ 1 verdiinnter Sedimentationsgleichgewichtsmessungenin Dichtegradienten werden 2.B. ausgefiihrt. um Unterschiede in den Dichten verschiedener Makromolekiile zu bestimmen. Sie wurden z.B. bei Replikationsstudien an 15N-markierten Desoxyribonucleinsluren verwendet. Sie eignen sich prinzipiell auch zur Unterscheidung von echten Copolymeren und Polymergemischen. Bei derartigen Versuchen stort jedoch meist die erhebliche Ruckdiffusion und die breite Molmassenverteilung. Beide Effekte verbreitem die Gradientenkurven betrkhtlich. so dass sich die Kurven von Substanzen mit verschiedenen Dichten stark iiberlappen. Das Verfahren wird daher bei synthetischen Makromolekulen nur sehr selten angewendet und zwar nur, wenn die Polymeren sehr hochmolekular sind.
11.4.
Kraftfeld-Flussfraktionierung
Bei der Kraftfeld-Flussfraktionierung (Feldflussfraktionierung) legt man senkrecht zur SWirnungsrichtungeiner Liisung ein Kraftfeld an. Die Liisung befindet sich dabei in einem engen Kanal. Das Kraftfeld kann 2.B. ein Temperaturdifferenz, ein durch Zentrifugation hervorgerufener Unterschied im Schwerefeld. eine elektrische Potentialdifferenz oder ein durch ein Lbungsmittel erzeugter Querfluss usw. sein. Diese Methoden erzeugen Gradienten, durch welche die Molekule entsprechend ihren betreffenden Eigenschaften aufgetrennt werden. Im Deutschen scheint es noch keine allgemein anerkannte iibersetzung des amerikanischen Begriffes "field-flow fractionation" (FFF) zu geben. "Field is! die Kurzform von "force field; "KraftfeldFlussfraktionierung" ist daher eine direkte vollsmdige hrsetzung und Feldflussfraktionierung eine Kurzform. FUr das amerikanische "flow FFF" (FFF mit einem durch ein zweites Usungsmittel erzeugtes Wtfeld) wurde z.B. "Qwrflussfraktionierung"vorgeschlagen. Die FFF m e l t einerseits der Chromatographie, da sich wie bei dieser durch einen Fluss Materie zwischen zwei Regionen verteilt, nWich einer verh2lmismassig stationhn Zone nahe der Wand und einer relativ mobilen Zone in der Mine des Kanals. Anders als bei den chromatographischen Verfahren erfolgt die Verteilung jedoch nicht zwischen zwei Pfiasen. Trotz der vielen methodischen Varianten und vielfiiltigen Einsatzmiiglichkeiten (Lbsungsmittel, Temperatur, Polymertypen, andere Teilchen) hat sich die FFF bislang nicht durchgesetzt. Sie wird in diesem Buch daher nur kurz e r w m t .
392
11.5.
115 . Elektrophorese
Elektrophorese
Eine Elektrophorese ist das Wandem elektrisch geladener Teilchen mit der Masse m und der Ladung q unter der Wirkung eines einheitlichen elektrischen Feldes rnit der elektrischen Feldsurke E (G: electron = Bemstein; G: pherein = tragen, hervorbringen). Solche elektrisch geladenen Teilchen sind z.B. biologische Zellen. Assoziationskolloide, Polyelektrolyte oder niedermolekulare Substanzen. An sich elektrisch neutrale Teilchen k6nnen durch geeignete Komplexbildung elektrophoretisch beweglich gemacht werden. Bei der freien Elektrophorese (Tiselius-Elektrophorese) wandem die Teilchen in einem Usungsmittel, meist in einer wksrigen SalzlOsung. Bei der Tragerelektrophorese bewegen sie sich dagegen in einem gequollenen inerten Triiger, z.B. in Papier, Surkegel, Agarose. vemetztem Poly(acry1amid) usw. Die elektrophoretische Wanderung wird von der Kraft qE erzwungen. Ihr entgegen wirkt die Reibungskraft {(dL/dt), wobei q = Ladung, 5 = Reibungskoeffizient, dL./dt = Wanderungsgeschwindigkeit und E = Feldstarke. Die Resultierende der beiden KrZfte ist nach dem zweiten Newton'schen Gesetz durch m(d2L/dt2) gegeben. Es gilt (1 1-51)
m(d2L/dt2) = qE - s(dL/dt)
Der Quotient 5/m von Reibungskoeffizient 4 zur Masse m betragt bei Molekulen s reduziert sich Gl.(ll-52) daher zu (1012-1014)s-l. Fur grdssere Zeiten als ca. (1 1-53)
u d t qE/5
Die elektrophoretische Beweglichkeit p wird als Wanderungsgeschwindigkeit unter der Wirkung eines elektrischen Feldes von lV/cm definiert. Nach dem Einsetzen der Einstein-Sutherland-Gleichung(1 1-10) erh3lt man (11-54)
D=bT@/q) ;
p = (dL/dt)/E
In der Wissenschaft wird die Elektrophorese zum Analysieren und TreMen von Teilchen mit unterschiedlicher elektrophoretischer Beweglichkeit eingesetzt. Da die so ermittelten scheinbaren Anteile einer Komponenten ausser von der Konzentration c noch von der Ionenst2rke r abhagen, werden sie auf c/T .+ 0 extrapolien. In der Technik nutzt man die Elektrophorese bei der Elektrotauchlackierung (elektrophoretischen Lackierung) aus. Der zu lackierende Metallgegenstand wird als Anode geschaltet, an der sich nach Anlegen eines elektrischen Feldes 2.B. negativ geladene Latexteilchen als Film abscheiden. Die anschliessende Elektroosmose treibt Wasser aus, wodurch der FestkOrpergehalt der Polymerschicht his auf ca. 95 % erhdht wird. Eine anschliessende Elektrolyse entfemt restliches Wasser und geldste Ionen. Die Elektrotauchlackierg gestattet, schwer zugtingliche Ecken und Kanten gleichmksig zu beschichten. Da sie mit Wasser arbeitet, fallen kostspielige Anlagen zum Ruckgewinnen von Ldsungsmitteldampfen fort. Sie wird daher zunehmend zum Lackieren von Autokarosserien verwendet.
I I . Transport in Llisungen
393
Historische Notizen Ableitung und Behandlung der Gleichungen von Navier (1827)und Stokes (1845)siehe z.B. L.Prandtl. O.G.Tietjens, Fundamentals of Hydro- and Aeromechanics, MacGraw-Hill. New York 1934 Fkder-PerleModelle J.G.Kirkwood. J.Riseman, J.Chem.Phys. 16 (1948)565 Theorie des Transportes von KMueln mit einer Gauss-Verteilung der Segmente. P.E.Rouse, JChemPhys. 21 (1953) 1272 Perle-Feder-Modell ohne hydrodynamische Wahselwhkungen. B.HZimm, J.Chem.Phys. 24 (1956)269 Perle-Feder-Modell mit hydrcdynamischenWechselwirkungen.
Literatur zu Kap. 11 11a. ALLGEMEINE mERSICIITEN (Polymere in Ldsung) XYamakawa, Modern Theory of Polymer Solutions, Harper and Row, New York 1971 H.Morawetz. Macromolecules in Solution, Interscience, New York. 2.Auflage 1975 W.CSorsman, Hrsg., Polymers in Solution. Theoretical Considerations and Newer Methods of Characterization. Plenum, New York 1987 H.Fujita, Polymer Solutions, Elsevier, Amsterdam 1990 ll.b. ALLGEMEINE mERSICHTEN (Polymerdynamik) P.G.de Gennes, Scaling Concepts in Polymer Physics, Cornell University Press, Ithaca, NY 1979 R.B.Bird, R.C.Armstrong, O.Hassager, Dynamics of Polymeric Liquids, Bd. 1; R.B.Bird, C.F.Curtiss, R.C.Armstrong, O.Hassager, ditto, Bd. 2, Wiley. New York. 2. Aufl. 1987 M.Doi, S.F.Edwards, The Theory of Polymer Dynamics, Oxford University hess,Oxford 1987 K F F r e d . Renormalization Group Theory of Macromolecules. Wiley, New York 1987 11.1. TRANSLATIONSDIFFUSION J.Crank. G.S.Park,Hrsg.. Diffusion in Polymers, Academic Press, London 1968 J.S.Vrenta, J.L.Duda. Molecular Diffusion in Polymer Solution, AIChE J. 25 (1979)1 B.Nystrllm, J.Roots, Scaling Concepts in the Interpretation of Diffusion and Sedimentation Phenomena in Semidilute Polymer and Polyelectrolyte Solutions, Progr.Polym.Sci. 8 (1982)333 B.D.Freeman, Mutual Diffusion in Polymeric Systems, in S.L.Aggarwal. S.Russo, Hrsg., Comprehensive Polymer Science, First Supplement, Pergamon Press, Oxford 1992,p. 167 11.1.2. DYNAMISCHE LICHTSTREUUNG RJ.Beme, R.Pecora, Dynamic Light Scattering, Wiley, New York 1976 W-Burchard. New Aspects of Polymer Characterization by Dynamic Light Scattering. Chimia 39 ( 1 985) 10 K.S.Schmitz, An Introduction to Dynamic Light Scattering by Macromolecules, Academic Press, San Diego 1990 W.Brown. Hrsg., Dynamic Light Scattering, Clarendon, Oxford 1993 W.Brown, Light Scattering, Oxford University Press, New York 1996 11.1.7. STRUKTURERTER FLUSS W.D.Comper, BN.Preston, Rapid Polymer Transport in Concentrated Solutions, Adv.Polym.Sci.
55 (1984) 105
394
Quellennachweise zu Kap. I1
11.2. ROTATIONSDIFFUSION VN.Tsvetkov, Flow Birefringence, in B.Ke, Hrsg.. Newer Methods of Polymer Characterization, Interscience, New York 1964 HJaneschitz-Kriegl, Flow Birefringence of Elasto-Viscous Polymer Systems, Fortschr.Hochpolym.Forschg.-Adv.Polym.Sci.6 (1969) 170 V.N.Tsvetkov, L.N.Andreeva, Flow and Electric Birefringence in Rigid-Chain Polymer Solutions, Adv.Polym.Sci. 39 (1981) 95 11.3. SEDIMENTATION T.Svedberg, K.O.Pedersen. Die Ultrazentrifuge, Steinkopff, Dresden 1940; The Ultracentrifuge, Clarendon Press, Oxford 1940 H.K.Schachman, Ultracentrifugation in Biochemistry. Academic Press. New York 1959 RLBaldwin. K.E.van Holde, &dimentation of High Polymers, Fo&hr.Hochpolym.-Forschg. 1 (1960) 451 J.W.Will&s, Hrsg., Ultracentrifugal Analysis in Theory and Experiment, Academic Press, New York 1963 H.Fujita, Foundations of Ultracentrifugal Analysis, Wiley, New York 1975 R.Hinton, M.Dokata, Density Gradient Centrifugation, North Holland, Amsterdam 1976 C.A.F’rice, Centrifugation in a Density Gradient, Academic Press,New York 1982 BNystrOm, J.Roots, Scaling Concepts in the Interpretation of Diffusion and Sedimentation Phenomena in Semidilute Polymer and Polyelectrolyte Solutions, Progr.Polym.Sci. 8 (1982) 333 S.E.Harding, AJ.Rowe, J.C.Horton, Analytical Ultracentrifugation in Biochemistry and Polymer Science, The Royal Society of Chemistry, Cambridge 1992 T.M.Schuster, T.M.Laue, Hrsg., Modern Analytical Ultracentrifugation, Birmuser, Basel 1994 G.Ralston, Introduction to Analytical Ultracentrifugation, Beckman Instruments, Fullerton, CA, 1993 11.4. KRAFTFELD-FLUSSFRAKTIONIERUNG J.C.Giddings, Field Flow Fractionation, Analytical Chem. 53 (1981) 1170 A J.Janca, Field-Flow Fractionation, Dekker, New York 1987 M.E.Schimpf, Advances in Field-flow Fractionation for Polymer Analysis, Trends in Polym. Res. 4 (1996) 114 M.E.Schimpf, Thermal Field-Flow Fractionation, Polym. News 24 (1999) 78 11.5. ELEKTROPHORESE t).Gaal, G.A.Medgyesi, L.Vereczkey. Electrophoresis in the Separation of Biological
Macromolecules, Wiley, New York 1980 A.T.Andrews, Electrophoresis, Clarendon Press, Oxford 1986
Quellennachweise W.Burchard, Chimia 39 (1985) 10, Abb. 4b W.Burchard, J.Bauer, P.Lang, Macromol.Symp. 61 (1992) 25, Abb. 2 G.Rehage, O.Emst, Kolloid-Z.Z.Polym. 197 (1964) 64, Abb. 1 und 2 T.L.Yu, H.Reihanian, J.G.Southwick, A.M.Jamieson, J.Polym.Sci.-Polym.Phys.Ed. 18 (1980) 178, Abb. 4 und 5 [I W.D.Comper, B.N.Preston, Adv. Polym.Sci. 55 (1984) 105 P.Vidakovicz. C.Allain, FRondelez, Macromolecules 15 (1982) 1571, Abb. 4 L-O.SundelUf, B.NystrUm, J.Polym.Sci.-Polym.Lett.Ed.15 (1977) 377, Tab. IV [8] H.-G.Elias, R.Bareiss, J.G.Watterson, Adv.Polym.Sci. 11 (1973) 11 1 [9] J.T.Edsal1. in H.Neurath, K.Bailey, Hrsg., The Proteins, Academic Publ., New York 1953. Band I, Teil B, Tab.VIII [lo] T.Yamada, T.Toshi&, H.Yamakawa, Macromolecules 25 (1992) 377, Tab. I und I1 1111 T.Arai, F.Abe, T.Yoshizaki, Y.Einaga, H.Yamakawa, Macromolecules 28 (1995) 3609, Tab. 1 und 2 [l] [2] [3] [4]
[a [n
395
12. Viskositiit verdunnter Losungen Die Viskositiit verdiinnter Liisungen von Makromolekiilen steigt unter sonst gleichen Bedingungen haufig mit der Molmasse des Polymeren an. Durch Viskosimetrie llsst sich daher die Molmasse bestimmen. Da die Messungen schnell und apparativ einfach auszufiihren sind. stellen sie die beliebteste Methode zur Charakterisierungder Molmasse von Polymeren dar. Die theoretische Auswertung ist jedoch nicht ganz so einfach.
12.1.
Grundbegriffe
12.1.1. Definitionen Die Viskosimetrie charakterisiert das Fliessen von Fliissigkeiten durch deren Viskositlt. Von den drei miiglichen Viskositlten - Scherviskositlt, Dehnviskositlt und Volumenviskositiit (Kap. 14) - wird bei verdunnten Liisungen in der Regel nur die Scherviskositat (E: shear viscosity) gemessen und diese wiederum als dynamische Viskositlt q und nicht als kinematische q/p. Es ist die dynamische Schewiskositat, wenn man von der Viskositat schlechthin spricht &: viscum = Mistel, Vogelleim (viscos = z&h, klebrig)). Die dynamische Viskositlt q eines Materials ist im einfachsten Fall nach dem Newton'schen Gesetz q = cr21/9 durch das Verhatnis von Scherspannung 021 zu Schergeschwindigkeit f = av/ay gegeben, also der hderung der Fliessgeschwindigkeit v der Materie mit dem Abstand y senkrecht zur Fliessrichtung (Abb. 15.4). Fliissigkeiten, deren Viskosiaten weder von der Schergeschwindigkeitnoch von der Zeit abhtingen, werden Newton'sche Fliissigkeiten genannt (E: Newtonian liquids). Die Viskositat verdunnter Ltisungen Wdert sich in der Regel nicht mit der &it (weder Thixotropie noch Rheopexie. Kap. 15.4), wohl aber manchmal mit der Schergeschwindigkeit. Dieser Einfluss ist unerwunscht, wenn man an molekularen Griissen wie der Molmasse, den Molekuldimensionen oder dem Reibungskoeffizienten interessiert ist. Um ihn auszuschalten, muss die Viskositlt auf die SchergeschwindigkeitNull extrapoliert werden (Kap. 12.1.2). Im Allgemeinen ist man bei verdunnten Lasungen nicht an der Viskositit per se interessiert, sondem am Viskositatsverhaltnis (der relativen Viskositat) qrel= q/q1 der Viskositiit q der Liisung zur Viskositat q1 des Usungsmittels (E: relative viscosity, viscosity ratio). IUPAC empfiehlt jetzt das Symbol qr anstelle von qrel. Die spezifische Viskositat (E: specific viscosity) qsp = ( q - q l ) / q l = ( q / q l )- 1 soll nach IUPAC jetzt relatives Viskositatsinkrement qi heissen (E: relative viscosity increment), da qsp keine auf die Masse bezogene Griisse ist und folglich keine spezifische (Kap. 19). Das vorgeschlagene Symbol qi ist jedoch leicht mit dem Symbol qi zu verwechseln, dem Symbol fiir die Viskositit der Komponente oder Substanz i. Der Quotient von spezifischer Viskositlt qsp und Massekonzenuation c des Gelosten ist die reduzierte Viskositat bzw. Viskositatszahl qrd iqS& (IUPAC: E: reduced viscosity, viscosity number), welche zwar eine reduzierte GrOsse ist, aber keine Viskositiits"zahl". Die logarithmische Viskositatszahl qh = (ln qrel)/C (E: logarithmic viscosity number) wird auch inharente ViskositAt qinh genannt (E: inherent viscosity).
396
12.1. Grundbegriffe
Die auf die Konzentration c -) 0 extrapolierte Viskositatszahl bzw. logarithmische Viskositztszahl heisst Grenzviskositatszahl (E: limiting viscosity number (IUPAC)). Sie wurde friiher teilweise Staudinger-Index genannt und wird in der englischsprachigen Literatur durchweg als "intrinsic viscosity" bezeichnet, obwohl es dimensionsmissig keine Viskosit2t ist. Sie wird gelegentlich auch hydrodynamischer Virialkoeffizient genannt. Viskositatszahlen und Grenzviskositztszahlen werden im deutschsprachigen Raum jetzt in mL/g = cm3/g angegeben und von Ingenieuren nach DIN auch in m3/kg. Alte Arbeiten verwenden 1000 mL/g. In den USA findet man noch sehr haufig 100 mL/g.
12.1.2.
Experimentelle Methoden
Viskositaten verdiinnter Losungen werden meist mit Kapillarviskosimetem bestimmt, bei Studien der Schereffekte auch mit Rotationsviskosimetem (Abb. 12-1)- Kapillarviskosimeter erzeugen Schergeschwindigkeiten von ca. 7 / s 1 = 1- 1 6 . Rotationsviskosimeter solche von le2-104 und Kegel-Platte-Viskosimeter (nur fiir Schmelzen) solche von lo2. Kapillarviskosimeter vom Typ Ostwald, Cannon-Fenske oder Ubbelohde weisen Schergeschwindigkeiten von ca. lo3 s-* auf (Band I). Bei Kapillarviskosimetem wird die Durchlaufzeit eines bestimmten Fliissigkeitsvolumens als Mass fiir die Viskositat ermittelt. Die Viskositat ist dem Produkt aus Durchlaufzeit und Dichte proportional. Die Durchlaufzeiten sind je nach Viskosimetertyp noch fiir verschiedene Effekte zu komgieren (Band I, S. 90). In jedem Fall soll die Messzeit nie unter 100 s betragen. da sonst die prozentualen Fehler zu gross werden. Relative Viskositaten sollten auch nicht Werte von ca. 1,2 unterschreiten. Unterhalb qrel < 1.2 treten oft apparatebedingte Anomalien auf, von denen meist angenommen wird, dass sie von der Adsorption von Makromolekiilen an Kapillarwsjlde stammen.
p 4
.>.?..::.:,.
.._. .............
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O
R
...
II
2R
R
O
R
Kapillarviskosimeter
R1
R2
Rotationsviskosimeter
0
R
Kegel-Platte-Viskosimeter
Abb. 12-1 Oben: Kapillaniskosimeter fiir verdunnte Ltisungen, Rotationsviskosimeter fiir Liisungen und Schmelzen sowie Kegel-Platte-Viskosimeter fur Schmelzen. Mitte: Geschwindigkeiten v ds Funktion der Radien R,R1 bzw. R2.Unten: Geschwindigkeitsgradienten 7 bei R , R1 und R2.
397
12. Viskositcit verdzinnter Gsungen
lo-'
1
0.005
10-24 . 10-3
9.
........ . . ...... . . ...... . . ....... . . ....... I
10-2
10-1
I
1
10
102
. h . m
1 6
- ?/S'+ Abb. 12-2 Abhlngigkeit der Viskositiit q verschieden konzentriertex-toluolischer Usungen eines eng verteilten Poly(styro1)s (PS) mit dem Massenmittel der Molmasse M, = 23 600 OOO g/mol von der Schergeschwindigkeit p bei 25°C [la]. Die Zahlen geben die Massekonzentration cz/(g mL-' an PS an.Mit freundlicher Genehmigungdes Steinkopff-Verlages,Darmstadt. Bei Kapillarviskosimetem ist das Geschwindigkeitspmfil parabolisch, bei Rotationsviskosimetem mit geringen Spaltbreiten R2-R 1 bei geniigend kleinen Rotationsgeschwindigkeiten dagegen linear (Abb. 12-1). Die Zentrierung erreicht man bei Rotationsviskosimetem vom Couette-Typ durch eine mechanische Achse. Beim Zimm-Crothers-Viskosimeter wird ein Rotor geeigneten Auftriebs durch die Oberfllchenspannung der zu messenden Fliissigkeit automatisch zwischen Stator und Rotor zentriert (Band I). Dieses Viskosimeter erreicht sehr kleine Schubspannungen von 4.10-4 Pa und sehr niedrige Geschwindigkeitsgefiillevon 0,2 s-l. Bei niedrigen Konzentrationen wird iiber einen grossen Bereich der Schergeschwindigkeiten Newton'sches Verhalten beobachtet (Abb. 12-2). Dieser Bereich wird mit steigender Konzentration immer kleiner. Oberhalb des Newton'schen Bereichs geht die Viskositlt mit zunehmender Schergeschwindigkeit ziemlich scharf in einen nicht-Newton'schen Bereich iiber. In diesem Bereich ist q nunmehr eine scheinbare Viskositat (E: apparent viscosity), die bei Strukturviskositaten (E: shear-thinning, pseudo-plasticity) noch mit der Schergeschwindigkeit variiert, aber nicht mit der Versuchszeit. Der Logarithmus der scheinbaren Viskositat ist hier eine lineare Funktion des Logarithmus der Schergeschwindigkeit. Die negativen Steigungen der Funktion lg 7~ = lg K, + w lg werden mit zunehmender Polymerkonzentration immer grosser, um schliesslich bei hohen Konzentrationen einem Grenzwert von w = 4 8 zuzustreben. Dieser Grenzwert scheint universell ftir Knluel in guten Lbsungsmitteln zu gelten. In Theta-Lbsungsmitteln tritt dagegen eine Steigung von w = 4 5 auf. Bei hohen Schergeschwindigkeit wurde beim Poly(styro1) der Abb. 12-2 kein zweiter Newton'scher Bereich beobachtet (vgl. dazu Kap. 14.4.2). In der Literatur berichtete zweite Newton'sche Bereiche scheinen durch das Einsetzen von turbulenten Stromungen und/oder einen Abbau der Polymeren zu niedrigeren Molmassen bedingt zu sein.
12.1. Grundbegrife
398
4
8
0
-
330 000 Toluol
I
1v3
10-2
10-1
1
101
102
id
104
105
106
- yls-1 + Abb. 12-3 Abhihgigkeit der Viskositilt von gleich konzenmierten LtisFgen (c2 = 0,030g/mL) eng verteilter Poly(styro1)e mit verschiedenen Massenmitteln der Molmasse M,/(g mol-') vom Schergradienten [lb].Mit freundlicher Genehmigung des Steinkopff-Verlages, Darmstadt. Ein 2hnliches Bild ergibt sich fiir die Abhiingigkeit der Viskositaten von den Schergeschwindigkeiten bei Ldsungen konstanter Konzentration, aber verschiedener Molmasse (Abb. 12-3). Der nicht-Newton'sche Bereich setzt bei umso niedrigeren Schergeschwindigkeiten ein. j e griisser die Molmasse ist. Der Exponent w in q = K,jo betagt 4 8 3 . Er ist etwas negativer als der universelle Grenzwen 4 8 0 , vermutlich, weil die verwendete Konzentration c2 = 0,030 g/mL noch nicht hoch genug ist (vgl. Abb. 12-2). Alle Viskositatsdaten lassen sich zu einer einzigen Standardkurve (E: master curve) vereinigen, wenn der Logarithmus der relativen Viskositat q/qo gegen den Logarithmus der reduzierten Schergeschwindigkeit p = j/fC-[ aufgetragen wird. Die Standardkurve hat dann eine W i c h e Gestalt wie diejenige fur E,+,= 9 150 000 d m o l in Abb. 12-3, nur mit q/qo anstelle von q und p anstelle von j : ein Newton'scher Bereich geht bei einer "kritischen" reduzierten Schergeschwindigkeit von p = ?/fait = 0.1 in einen nicht-Newton'schen Bereich mit einer Steigung von - 0,8 (gute Losungsmittel) uber. Der Wen von 1/ i ~ entspricht t dabei einer kritischen Relaxationszeit tcril. Die reduziene Schergeschwindigkeit ist durch
gegeben, wobei 7 0 = Viskositlt der Losung im Newton'schen Bereich, ql = Viskositat des Losungsmittels, M = Molmasse des Polymeren, j = Schergeschwindigkeit, R = molare Gaskonstante, T = thermodynamische Temperatur und c = Massekonzentration. a ist der Exponent in der Beziehung [ q ] = K,Ma (GL(12-11)). Die folgenden molekularen Betrachtungen beziehen sich sBintlich auf Viskositaten im Newton'schen Bereich. Niedrige Geschwindigkeitsgradienten sind erforderlich, weil knauelformige Makromolekule hoher Molmasse bei hohen Schergradienten zerreissen koMen. Steife Makromolekiile wie die Doppelhelices der Desoxyribonucleinsauren brechen sogar schon beim Auslaufen aus Pipetten.
399
12. Viskositat verdiinnter Lo"sungen
12.2. Konzentrationsabhangigkeit 12.2.1. Nichtelektrolyte Uber einen gr6sseren Konzentrationsbereich nehmen weder die Viskosititsverhamis-
se qrel = q/ql noch die Viskositatszahlen (qrel - l)/c linear mit der Massekonzentration c zu (Band I. Abb. 12-4). Arrhenius versuchte daher 1881, die Konzentrationsabhbgigkeit der Viskositiit von Elektrolyten durch den Exponentialausdruck t r e i = exp(Kc) zu erfassen. Wegen der Unzuliinglichkeit dieser Gleichung fiir hochmolekulare Nichtelektrolyte wurde sie von Bungenberg de Jong, Kruyt und Lens bzw. Staudinger und Heuer durch (qrel-l)/c = [ql exp ( ~ K L C ersetzt, ) was auch als ln {(qrel- l)/cl = ln [ql + ksmc geschrieben werden kann. Die Steigungskonstante ~ B wurde J von diesen Autoren als abhhgig von [ q ] gefunden. Mit ~ B K L= k M [ q ] kennt man die Gleichung auch als Martin-Gleichung :
Die Bungenberg de Jong- bzw. Martin-Gleichung ist bei PAMAM-Dendrimeren iiber einen sehr grossen Bereich recht hoher Konzentrationen erfiillt (Abb. 12-4). Diese Dendrimercn sind raue Kugeln, deren Massedichte vom Innem der Kugeln nach aussen hin a b f u t (S. 166). Bei Konzentrationen oberhalb von ca. 0,65 g/mL treten Abweichungen von der Linearitiit auf, teils, weil G1.(12-2) die Massekonzentration c anstelle des komkteren Volumenanteils & verwendet (siehe weiter unten) und teils, weil hier die maximalen Packungsdichten gleich grosser Kugeln erreicht werden (42,max = 0,601 fiir statistisch locker gepackte Kugeln. 0,637 fiir statistisch dichtest gepackte usw., vgl. Band IV). M / (g mol-*)
t
58 048
5
14 215 3 256
1 430
517
1
0
02
0.4
0.6
0,8
- c/(grnL-') Abb. 12-4 Konzentrationsabhiingigkeitder ViskosicLtszahlen q d = qs& hochkonzentrierter Lbsungen praktisch molekulareinheitlicher PAMAM-Dendrimeren in Ethylendiamin bei 20°C in der Auftragung nach der Martin-Gleichung 1g qwd = lg [q] + (kMr1/2,303)[q]C [2]. Die Molmassen entsprechen den Generationen 0, 1,2,4 und 6. Es ist fraglich, ob diese Extrapolation die wahren [ql-Werte liefert.
400
12.2. Konzentrationsabhangigkeit
Das Exponential exp ( k ~ [ q ] c )= ex lasst sich in eine Reihe ex = 1 + x entwickeln, was mit k~ = h,k ~ =2kH.2 usw. zu
+ x2 + x3 + ...
Huggins-Gleichung
fiihrt. In Analogie dazu verwendet man manchmal auch Schulz-Blaschke-GI. Der natiirliche Logarithmus ln qrel = In (1 + qsp) ist auch in eine Taylor-Reihe nach qsp entwickelbar. Man erhat so einen Ausdruck f i r die inharente Viskositat q f i (E: inherent viscosity; IUPAC: logarithmische Viskositatszahl qd:
In den G1.(12-2)-(12-5) sind k ~k ,~k ~, , 2~, S B k~ , und k ~ , empirische 2 Konstanten, die von der Molekiilgestalt und der Losungsmittelgute kontrolliert werden. Der Vergleich der G1.(12-3) und (12-5) zeigt, dass k~ und k~ uber kK = k~ - (1/2) - {(1/3) - k ~ } [ q l c Verknupft sind. Bei strikter Linearitat von qred =Ac) (G1.(12-3) mit k ~ , = 2 0 usw.) kann daher qinh nach G1.(12-5) nicht ebenfalls eine lineare Funktion der Konzentration c sein, ausser f i r k~ = 1/3 (entspricht Knaueln in guten Losungsmitteln). Das gemeinsame Auftragen von qred =Ac) und (ln qrel)/c =f(c) in einem Diagramm mit linearen Extrapolatianen zu c + 0 kann daher zu schweren FeNem fiihren (Band I, Abb. 3-13). Aus dem gleichen Gmnd gilt auch die Solomon-Ciuta-Gleichung nur fiir k~ = 1/3. Diese Gleichung [q]= [2 (qsp - In qre1)I1/2/c erhalt man durch Kombinieren der Gleichungen (12-3) und (12-5). Sie erlaubt das Berechnen der Grenzviskositatszahl [q] aus Messungen bei einer einzigen Konzentration. Altemativ wird hiufig fiir vergleichende Betrachtungen das bei einer bestimmten Konzentration c = const gemessene qsp/c oder (ln qrel)/C als Mass fiir die Grenzviskositatszahl bzw. die Molmasse genommen. Um Grenzviskositatszahlen durch Extrapolation der Viskositatszahlen auf die Konzentration zu ermitteln, ist es zweckmassig, bei so niedrigen Konzentrationen wie mbglich zu arbeiten, gewohnlich im Bereich 1,2 I qrel I 2. Relative Viskositatsinkremente qsp bzw. Viskositatszahlen qred = q,P/c folgen namlich bei hoheren Konzentrationen nicht den einfachen Reihenentwicklungen der GI.( 12-3)-( 12-5) wie aus neueren theoretischen Betrachtungen hervorgeht. Die Variation der Viskositat mit der Konzentration ist generalisierbar. Man betrachtet dazu die dimensionslose relative Viskositatserhohung qsp als Funktion der dimensionslosen GrOsse c [ q ] . Da die Grenzviskosititszahl [q]/(mL g-1) das von 1 g isolierten Polymermolekulen in U s u n g eingenommene Volumen in mL wiedergibt, misst das Produkt c[ql somit den Volumenbmch des Polymeren, den es aufweisen wiirde, wenn die Polymermolekule isoliert voneinander vorliegen wiirden. Mit steigender Konzentration beginnen sich aber Kniuelmolekiile zunehmend zu uberlappen. Das totale Volumen, das von allen Polymermolekulen eingenommen werden kann, ist dann kleiner als das von den isolierten Polymennolekiilen geforderte. Das Produkt c [ q ] kann daher grosser als 1 werden. Sein Kehrwert ist ein Mass fur die Durchdringung der Polymermolekiile.
40 1
12. Viskositdt verdiinnter Liisungen
Abb. 12-5 Relatives Viskosiatsinkrement (= spezifische ViskosiUt) als Funktion des dimensionslosen Parameters c[q] fiir einige Polymere in guten (G) und schlechten (e)LClsungsmitteln. 0 Poly(styro1)e bei 25OC in trans-Dekalin (e)bzw. Toluol (G) [lcl. 0 cis-l,4-Poly(iwpren)ein Toluol bei 34°C (G) [3]. A Hyaluronate in Wasser bei 25OC (G) [4].
Bei genugend niedrigen Konzentrationen 1st nach G1.( 12-3) qSp proportional c[ql. Auftragen von lg qsp =f{lg ( c [ q ] ) }sollte also in diesem Bereich eine Gerade rnit der Steigung 1 geben, wie es auch fiir c[q] < 1 gefunden wird (Abb. 12-5). Oberhalb des kritischen Wertes c[q] = 1 steigt qsp steil rnit zunehmendem c[ql an. Bei grossen Werten von c[q] kann der asymptotische Bereich durch qsp (c[ql)q rnit q > 1 beschrieben werden (Abb. 12-5). Da die GrenzviskositlItszahl [ q ] nach G1.(12-11) auch durch [q] = KvMa ausdriickbar ist, erhat man
-
Das reduzierte Viskositltsinkrement qsp I (q/ql) - 1 ist bei hohen Konzentrationen praktisch gleich der relativen ViskositlIt q/ql, da hier q/ql >> 1. Lijsungen solcher Konzentration besitzen schon die Konsistenz von Schmelzen. In Schmelzen von Knlluelmolekulen ist aber die Ruheviskositat q bei hohen Molmassen der 3,4. Potenz der Molmasse proportional (Kap. 15.3.4). Der Exponent aq wird somit zu 3,4. Da in Schmelzen ungesmrte Knluel vorliegen (Kap. 6) und bei ungest8rten Knlueln der Exponent a der Grenzviskositltszahl-Molmasse-Beziehungden Wert 1/2 annimmt (Kap. 12.3.6), sollte also die Viskositiit q. und damit auch q/ql bzw. qsp = (q/ql)- 1, bei Polymeren in ThetaUsungen bei genugend hohen c[q]-Wenen mit c6.8 ansteigen. Bei undurchspiilten Knlueln in guten L8sungsmitteln wird andererseits der Flory-Exponent zu v = 0,588 und der Exponent a zu 0,764. Die Viskositlt q sollte d a m rnit 8*45 ansteigen (Abb. 12-5). Diese Beziehungen gelten universell. Die Messwene f i r alle Polymeren in guten L8sungsmitteln. also Poly(styro1)-Toluol, cis-1,4-Poly(isopren)Toluol und Hyaluronat-Wasser, fallen jeweils auf die gleiche Kurve. Die Ruhe-Viskositlten geltister st2bchenfUnniger Makromolekule sollen nach theoretischen Berechnungen rnit @BM8 variieren. Expenmentelle Daten scheinen jedoch nicht voxzuliegen.
402
12.2. Konrenrrationsabhdngigkeit
4
04
10-6
10-4 - PI/ (mol L-~) +
10-5
i t 3
10-2
Abb. 12-6 Reduzierte Viskositiiten g i f= 600 s-l als Funktion der Stoffmengenkonzentration C2 eines Natriumpoly(styrolsulfonat)es (M, = 16 OOO g/mol) in wBssrigen Usungen rnit verschiedenen StoffmengenkonzentrationenCJ(pmol/L) an NaCl. Ausgezogene Linien: berechnet mit G1.( 12-8) [51. Mit freundlicher Genehmigung des American Institute of Physics, Melville, NY.
12.2.2.
Polyelektrolyte
Die Viskositfitszahlen (reduzierten Viskosititen) q r d = qsJc von Polyelektmlyten nehmen mit steigender Polymerkonzentration stark zu, laufen d a m durch ein Maximum und sinken wieder ab (Abb. 12-6). Das Maximum ist am ausgepragtesten. wenn Fremdsalze abwesend sind. Bei sehr hohen Konzentrationen an zugesetzten niedermolekularen Fremdsalzen verhalten sich verdiinnte Polyelektrolytldsungen dagegen wie solche von polymeren Nichtelektrolyten. Bei hohen Polymerkonzentrationen werden die ViskosiUtszahlen unabhbgig von der Fremdsalzkonzentration. Dieses Verhalten tritt nicht nur bei Polyelektrolyten wie Natriumpoly(styrolsu1fonat) +CH2CH(C6H&03Na)-f, oder Poly(acry1saure) +CH2CH(COOH)+ auf, sondem auch bei Polyampholyten, wie z.B. solchen mit den Monomereinheiten -CH2CHS03e- und -CH2CH(CONH3)e-. Dieses Verhalten wird wie folgt erklirt. Bei hohen Polymerkonzentrationen in Ldsungen ohne Fremdsalz und bei niedrigen Polymerkonzentrationen in Losungen rnit hoher Fremdsalzkonzentration sind die Polyelektrolytmolekiile nur wenig dissoziiert. Die Konzentration an Gegenionen ist dann im Innem der Molekiilknauel grosser als ausserhalb. Durch den so erzeugten osmotischen Effekt dringt mehr Wasser in die Kniuel ein, wodurch diese aufgeweitet werden. Je niedriger die Polymerkonzentration, umso mehr Gruppen werden dissoziieren. Die an das Polymermolekiil gebundenen, gleichsinnig geladenen ionischen Gruppen, z.B. -COOe bei der Poly(acrylsaure), stossen sich gegenseitig ab, wodurch die Kette weiter versteift wird. Da umso mehr Gmppen dissoziiert sind, je niedriger die Polymerkonzentration ist, werden die Molekulabmessungen und damit auch das relative Viskositatsinkrement qsp mit abnehmender Polymerkonzentration steil zunehmen. Dieses Verhalten wird durch die empirische Fuoss-Gleichung erfasst: (12-7)
l/%d= AFS + K F S C ' ~
Fuoss-Gleichung
12. Viskositiit verdiinnter Uisungen
403
Entgegen der historischen Annahme stellt AFS in G1.( 12-7) nicht die reziproke Grenzviskosit2tszahl ldq] dar. Das relative Viskosiatsinkrement lBuft mit weiter abnehmender Polymerkonzentration durch ein Maximum, weil nunmehr immer weniger Makromolekiile vorhanden sind. Durch Zusatz von Fremdsalzen wird die Ionensarke ausserhalb des KnBuels relativ zum Innem erhUht und die Dicke der Ionenwolke verringert. Beide Effekte verkleinem den Knheldurchmesser und damit auch die Viskosit2tszahlen relativ zum Fall ohne zugesetztes Fremdsalz. Das Mit- und Gegeneinanderwirken aller dieser Effekte ist nicht einfach zu erfassen und es gibt daher viele verschiedene theoretische AnsBtze. Die eine Gruppe von Theorien geht wegen den zwischen ionisierten Kettengmppen wirkenden Abstossungseffekten von steifen Ketten aus. Die andere Gruppe von Theorien basiert auf flexiblen Ketten und den Einfliissen der elekmstatischen Wechselwirkungen. Die in Abb. 12-6 wiedergegebenen theoretischen Kurvenziige beruhen z.B. auf der Gleichung
in der Kt= const. 5 = Reibungskoeffizient des Polyions, LB = e2/(4 X&r&BT) = BjermmL2nge. e = Elementarladung,6 = relative PennittivitBt (Dielektrizit2tskonstante)der L6sung, k~ = Boltzmann-Konstante, T = thermodynamische Temperatur. = Permittiviat des Vaku~ms. zp = Valenz des Polyions, = 4 dB(zg2Cg + Xi Z i Ci) = reziproke Debye-AbschirmlZnge (E: inverse Debye screening length), C, = Zahlenkonzentration der Gegenionen. zi = Valenz der i-ten Sorte der Fremdionen. zg = Valenz der Gegenionen, und Ci = Zahlenkonzentration der Fremdionen. Bei Skalierungen verzichtet man dagegen auf detaillierte Annahmen. Bei der Anderung der relativen ViskositWnkremente qsp mit der Stoffmengenkonzentration [PI des Polymeren lassen sich z.B. drei Bereiche unterscheiden (Abb. 12-7).
>
l0Oo0
1 .
nicht verhakt
0,Ol J 10-5
i e
-
10-3
10-2
10-1
1
[PI / (mol L-l) +
Abb. 12-7 Relative Viskosit;?tsinkrementeqsp= ( q - ql)/ql als Funktion der Stoffmengenkonzentrationen [PI eines zu 92 % sulfonierten Natriumpoly(styro1sulfonat)s(M,= 1 200 OOO) im thennodpamisch schlechten Llfsungsmittel Wasser bei 25°C ohne Salzzusatz (0) bzw. den folgenden ZuQaen von NaCI: lW5 mom (O), 10-4 mom (a), lW3 moI& (@) und lW2 moI& (0)[6al. Ausgezogene Linien: Vohersagen der Skalierungstheorie fiir Newton'sche Wsungen.
404
12.2, KonzentrationsabhcZngigkzit
Tab. 12-1 Vorhersagen der Skalierungtheorie fiir die Viskosits;t q semikonzentrierter LOsungen von Polyelektrolyten im nichtdissoziierten (neutralen) Zustand bzw. im dissoziierten Zustand mit niedrigen und hohen Zusltzen an Fremdsalz [6b]. C = Zahlenkonzentration des Polymeren, C, = Massekonzentration des Fremdsalzes, X = Polymerisationsgrad,L = A b s c h h g e (Korrelationshge). ZuStand
Abschirmhge
Viskositilt bei Knluelmolekiilen nicht verhakt vahakt
Allgemeine Funktionen Spezielle Funktionen fiir Polyelektrolyte Nicht dissoziiert (neutral) Dissoziiert, hohe Salzkonzentration Dissoziiert, niedrige ~awron~entration
-
7
L .- ~ - 3 1 4 L ~-3I4Csl/4 L c-~Q
-
- c-'XL-3
-
'I C-3X3L-9
q - ~1514x3 - ~5I4XCs-314 - Cl5/4X3C,-9/4 q - c=x q - c3nx3 'I C514X
Skalierungstheorien nehmen fiir semikonzenvierte Usungen an, dass sich dissoziierte Polyelektrolytmolekiile in thermodynamisch schlechten L6sungsmitteh wie eine Serie von aneinandergereihten elektrostatischen Blobs verhalten (Kap. 6.3.4). Da innerhalb der Blobs die schlechten Wechselwirkungen mit dem Usungsmittel dominieren, wird fiir jeden Blob die Makrokonformation einer kollabierten Kugel begtinstigt. In diesem Bereich sollte laut Tab. 12-1 die Viskositat mit der Wurzel aus der Zahlenkonzentration C des Polymeren zunehmen, was in der Tat fiir den Bereich 1 e 2 I [P]/(mol L-l) I10-1 gefunden wird (C = [PINA). Nach der Theorie sollte sich dieser Bereich jedoch bis hinab zu [PI = 3.10-4 mol L-l erstrecken. Die im Bereich 4.10-4 I [P]/(mol L-1) I 10-1 beobachteten Abweichungen von q C112 sind fiir Newton'sche Scherviskositiiten bislang unerklart. Es wurde jedoch gefunden. dass nicht-Newto'nsche Scherviskositaten auf die theoretische Gerade fallen (in Abb. 12-7 nicht gezeigt). Da viele Literaturdaten (unerkannterweise) nicht-Newtonsche Viskositilten sind, macht dieser Befund begreiflich, w a r m die Fuoss-G1. (12-7) so hlufig experimentell "bestatigt" wird. Allein aus diesem Grund kann die Gleichung l/qred =Acln) fiir c -b 0 nicht die Grenzviskositatszahl [q] liefem. Uber grossere Liingen als die Blobdurchmesser sind jedoch die starken Abstossungskrafte zwischen den gleichsinnig geladenen ionischen Gruppen der Polymerketten zu beriicksichtigen, was die Kette versteift. Die L ~ g dieser e "stabchenartigen" Struktur soll sich bis zur Korrelationsliinge (Abschirmliinge) Lcl erstrecken, die somit der Persistenzproportional sein soll. Jenseits der Korrelationsliinge ist die Kette flexibel, weil l h g e hS sie in semikonzentrierten LUsungen von den umgebenden Ketten abgeschirmt wird. Die Korrelationsliinge Lcl berechnet sich fiir schlechte L6sungsmittel aus dem Verh2ltnis rconJr der konventionellen Konturl2nge zum aktuellen Fadenendenabstand r der Kette in verdtinnten, salzfreien LUsungen, der Zahlenkonzentration C des Polymeren, und der effektiven Bindungslhge b,ff (S. 7 3 , sowie der effektiven Zahl NA der Monomereinheiten zwischen zwei Ladungstragem und der Bjenum-Lkge LB zu
-
Aus NA = 4 und beH = 0,254 nm fiir Natrium(po1ystyrolsuIfonat)sowie einer Bjerrum-bge von LB = 0,7 nm in Wasser erh8;lt man r-Jr = 3,23. Bei einer Stoffmengenkonzentrationdes Polymeren von PI = C/NA = 0,l mom wird die Korrelationsl~gesomit zu L,1= 0,46 nm. Sie ist also nur etwa doppelt so gross wie die effektive Bindungshge bd einer Monomereinheit.
405
12. Viskositcit verdilnnter Liisungen
Oberhalb einer kritischen Konzentration ([PI = 0,l mol/L in Abb. 12-7) beginnen sich die Polymerknauel zu verhaken. In diesem Bereich bestatigt das Experiment die theoretische Steigung von 3/2. Bei noch htiheren Konzentrationen ([PI > 0,7 mom) beginnen systematische Abweichungen. Bei sehr verdiinnten Usungen wird andererseits die f i r nicht verhakte Polymermolekiile in semikonzentrierten Usungen mit hoher Fremdsalzkonzentration vorhergesagte Proportionalitgt qsp C5I4 gefunden. Die Verwendung von qsp= (q - qi)/qi statt q selbst eliminiert zwar den Einfluss des Usungsmittels. Auch ist in solchen Usungen die umgebende Salzkonzentration grtisser als die Konzentration der Gegenionen. Es ist aber unklar, w a r m in diesen verdiinnren Usungen die Beziehungen fiir semikonzentrierte gelten sollen.
-
12.3.
Grenzviskositatszahlen
12.3.1. Mittelwerte Die Extrapolation der Viskosititszahlen auf die Konzentration bzw. spezifische Viskosiat null gem& den Gl.(l2-2)-(12-5) liefert die Grenzviskositatszahl [ q ] .Fiir diesen Grenzfall c 4 0 ergibt sich aus G1.(12-3) der Ausdruck qsp = [ q l c . Aus Experimenten geht hervor, dass die relativen ViskositBtsinkremente qsp von Homologen nichtelektrolytischer Polymerer im Newton'schen Bereich additiv sind: qsp = Zi.qfsp,i = X i [qlici (Philippoff). Einsetzen dieses Ausdrucks in [ q ] = lim,+o qsp/c zeigt mit den Beziehungen c = X i C i und W i CJC. dass die Grenzviskositiitszahlein Massenmittel darstellt:
Grenzviskositltszahlen weisen die physikalische Einheit eines spezifischen Volumens auf, z.B. mug. Sie geben also an, welches Volumen pro Masse der Teilchen eingenommen wird. Da sich die Volumina von Polymermolekiilen in homologen Reihen systematisch mit der Molmasse M ilndem, lHsst sich die Beziehung zwischen [ q ] und M empirisch durch eine Exponentenbeziehung wiedergeben: (12-11)
[ q ]= K v M a
;
Kv = consr. ; - 1 5 a 5 +2 (Theorie. s.unten)
G1.(12-10) ist als Kuhn-Mark-Houwink-Sakurada-Gleichung(KMHS-Gleichung), Mark-Houwink-Sakurada-Gleichung, Mark-Houwink-Gleichung oder StaudingerGleichung bekannt (Staudinger verwendete jedoch nur a = 1!). In G1.( 12-11) stellt die Molmasse M bei molekularuneinheitlichen Polymeren (bzw. generell bei polydispersen Teilchen) ein Exponentenmittel dar. Lost man G1.(12-11) nach der Molmasse auf, fiihrt dann [ q ]= Ei ~ i [ q ]und i schliesslich [q]i= Kv(Mi)a fiir jede Komponente i ein, so erh2lt man das Viskositatsmittel der Molmasse ii?, (E: viscosity-average molar mass):
406
12.3. Grenzviskositatszahlen
In Gl.(l2-11) sind Kv und a bei polymerhomologen Reihen Konstanten fiir ein gegebenes Losungsmittel bei konstanter Ternperatur. Sie werden durch Eichungen rnit Polymeren ermittelt. deren Typ und Breite der Molmassenverteilung bekannt ist. Umgekehrt sind die iiber G1.(12-11) berechneten Molmassen molekularuneinheitlicher Polymerer nur dann Viskositiitsmittel, wenn die Eichgleichung rnit molekulareinheitlichen Polymefen aufgestellt wurde oder rnit Polymeren mit bekanntem Viskosititsmittel der Molmasse. In allen anderen F2llen fihrt die Kalibriemng der Gl.(l2-11) zu undefinierten Mittelwerten der Molmasse. Beim Aufstellen der Eich-G1.(12-11) mit anderen Mittelwerten Hg (g = n, w usw.) als Mv muss noch mit einern Faktor q M H S fiir die Polymolekularitat komgiert werden:
Die Korrekturfaktoren lauten rnit
=
an/( aw - an) bei der
Schulz-Zimm-Verteilung
logarithmischen Normalverteilung
Diese Korrekturfaktoren koMen betrachtlich sein (Tab. 12-2). Tab. 12-2 Korrekturfaktoren qws fur rnolekularuneinheitliche Polymere rnit Schulz-Zirnrn-Verteilungen (SZ) oder logarithmischen Normalverteilungen (LN).
Ewlan
Polymolekularit&sfaktorenqWs bei Verwendung von ag = und ___________ LN-Vemfiungmfiir SZ-Veailungen fiir ___________ 0,500 0,764 1,000 2,000 0 0,500 0,764 1,000
2,000 1,100 1,300 1,500 2,000 3,000 5,000
___________
____.--__--
a -+
1,l 1,3 1,s 2,O 3,O 5.0
0 1,000 1,000 1,000 1,000 1,000 1,000
0,989 0,971 0,959 0,940 0,921 0,907
1,000 1,000 1,000 1,000
0,988 0,968 0,951 0,917 0,872 0,818
0,991 0,977 0,964 0,939 0,906 0,865
1,000 1,000 1,000 1,000 1,000 1,000
1,000 1,000 1,000 1,000 1,000 1,000
1,036 1,103 1,164 1,297 1,510 1,829
1,066 1,193 1,314 1,595 2,097 2,958
1,100 1,331 1,300 2,197 1,500 3,375 2,000 8,000 3,000 27,000 5.00 125,000
0,992 0,980 0,971 0,958 0,946 0,912
1,000 1,000 1,000 1,000 1,000 1,000
1,091 1,231 1,333 1,250 1,667 1,800
1,000
1,157 1,196 1,324 1,627 2,071 3,201
1,100 1,320 1,300 2,080 1,500 3,000 2,000 6,000 3,000 15,000 5,000 45,000
1,000
___.
a+
1.1 1.3 1.5 2,o 3,O 5.0
0 1,000 1,000 1,000 1,000 1.000 1,000
1,037 1,108 1,175 1,329 1,596 2,028
407
12. Viskositdt verdiinnter Losungen
12.3.2.
Hydrodynamisehe Volumina
Theoretisch wurde gezeigt, dass die Viskositiit q verdiinnter Dispersionen kleiner harter Kugeln mit dem Radius Rsph in einem Usungsmittel 1 als Funktion des Volumenbruches I#Q der Kugeln durch eine Potenzreihe wiedergegeben werden kann:
K1 wurde fiir unsolvatisierte. steife, grosse (Rsph >> RLM), nichtaggregierende. ungeladene Kugeln in einem Kontinuum aus einem inkompressiblen Losungsmittel LM ohne Wechselwirkung zwischen den Kugeln (K2 = 0 usw.), ohne Schlupf zwischen den Kugeln und dem Wsungsmittel sowie ohne Wandeffekte zu 5/2 berechnet (Einstein), K2 fiir Wechselwirkungen zwischen Kugeln zu 6 2 (Batchelor). Beide Werte wurden durch (keineswegs triviale!) Messungen an Dispersionen von Glas- und Guttapercha-Kiigelchen fiir Reynolds-Zahlen R e = plvRspl,/ql << 0.1 experimentell bestiitigt (s.a. Abb. 12-8). Der Volumenbruch QL I V2/v ist als Quotient des Volumens V2 des Geltisten und des Gesamtvolumens V definiert. Zum Volumen V2 steuem N2 Teilchen (Molektile) je das hydrodynamisch wirksame Volumen V , pro Einzelteilchen (Molekul) bei (V2 = N2Vv). Bei Kugeln ist aus V , = 4 x R3/3 der Radius R = Rsph der Kugeln berechenbar. Bei anders geformten Teilchen (Ellipsoiden, Stiibchen, Knauel usw.) ist R der Radius R, einer hydrodynamisch (viskosimetrisch) iquivalenten Kugel (Einstein-Radius). Die Zahl N2 der geltisten bzw. dispergierten Teilchen ist durch deren Zahlenkonzentration Cz = N f l = cNA/M ausdriickbar, wobei c = Massekonzenuation,N A = AvogadroKonstante und M = Molmasse. Einffihren dieser Beziehungen sowie der reduzierten Viskosiut qred = ( q - q l ) / ( q l c )in G1.(12-10) liefert mit K2 = 6,2 den Ausdruck (12-15)
q r d = ( 5 / 2 ) ( V v N ~ M+) 6,2 (V,NA/M)~C+ ... = [ q ]+ 0,992 [q12c + ...
Wenn ( 5 / 2 ) ( v , N ~ / M=) [ q ] und (2/5)2 K2 = k~ gesetzt werden, ist die rechte Seite der G1.( 12-15) mit der empirischen Huggins-G1.( 12-3) identisch. Mit der Definition [ q ]E ( X i ~ i [ q ] i ) / ZC ii des Mittelwertes der Grenzviskositiitszahl, ) G1.(12-15) dem filr jede Spezies i geschriebenen Ausdruck [qli = (5 N ~ / 2 ) ( V v , j / M ider erhut man sowie C i = mJV = niMJV, c = m/V = nn,,/V und K , = (5 N f l
nn)
Bei polymolekularen Sustanzen ist also das hydrodynamische Volumen ein Zahlenmittel.
12.3.3.
Kugeln
Das Volumen Vsph = (4 x / 3 ) Rsph3 einer stamen Voll- oder Hohlkugel ist mit dem hydrodynamischen Volumen V , identisch. Bei homogenen Vollkugeln ist aber der Kugelradius Rsph = Qsphs um einen Faktor Qsph = (5/3)112 grosser als der Trggheitsradius s (Tab. 4-1). Aus G1.(12-14) erhxlt man dann fiir c + 0 die Gleichung
408
12.3. Grenzviskositatszahlen
107
108
109
-M~~ / (g rnol-1) --* Abb. 12-8 Molmassenabhiingigkeit der SedimentationskoeffizientenSo, Diffusionskoeffizienten DO und Grenzviskosiatszahlen [q]yon Glycogen-Fraktionen in Wasser bei 20°C [7].Die Unstetigkeit bei M = Z107g/mol ist durch den Ubergang von kugelf6nnigen Einzelmolekulen bei M < Z107 g/mol zu kugelformigen Molekiilassoziaten bei M > %lo7g/rnol bedingt. Die Steigungen s = 2/3,6 = - 1/3 und a = 0 befolgen die Beziehung a = 2 - 3 = - (1 + 3 6) (G1.(2-23)).
mit @sph,R 6,306.1G4 mOl-' und @sph,s = 13,57*1024mOl-'. Bei homogenen, starren Vollkugeln lasst sich das hydrodynamische Volumen durch V, = m/p = M/@NA) ersetzen. GL(12-16) wird dann zu
Die Grenzviskositatszahlen solcher Kugeln sind nur durch deren Dichte gegeben. Sie sind unabhhgig von der Molmasse, wie Abb. 12-8 fiir kugelformige Aggregate des Glycogens im Bereich 2-107 I M/(g mol-') Ilo9 und Abb.(12-13) fiir hyperverzweigte Poly(a,E-1ysin)e im Bereich Id I M/(g mol-') S 2-105zeigt.
12.3.4.
Ellipsoide
Die Grenzviskositatszahl ist nach [q]= (5 NA/~)(V,/M) dem Verhaltnis V,/M von viskosimeuischem Volumen V, zu Molmasse M der Teilchen bzw. Molekiile proportional (G1.( 12-14)). Der Proportionalititsfaktor betragt bei kompakten Kugeln (5/2) NA. Bei anders geformten Teilchen kann man folglich [ q ]= YNA(V,/M) schreiben. Bei Rotationsellipsoiden sind die Proportionalitltsfaktoren(Simha-Faktoren) Y noch eine Funktion des Achsenverhiililtnisses A der langen Halbachse zur kurzen. Sie sind ausserdem fiir zigarren- und linsenformige Ellipsoide verschieden (Tab. 12-3).
12. Viskositcit v e r h n t e r LZisungen
409
Tab. 12-3 Simha-FaktorenY von kompakten gestreckten (pr(o1ate)) und abgeplatteten (oqlate)) Rotationsellipsoiden als Funktion des Verhtiltnisses A von langer zu kuner Halbachse. A = u/c = L/(2 R ) bei gestreckten (zigarrenfhnigen)und A = c/u = 2 R/d bei abgeplatteten finsenf6rmigen) Ellipsoiden. A
2.500 2,908 2,685
1
2 3 4 5
6 8 10 15 20
2.500 2,854 3,430 4,059 4,708
4,663
5,806
7,098 10,103 13,634 24,65 38,53
5.367 6.700 8,043 11,42 14.80
Fur A > 20 nehmen die Simha-Faktoren Y die asymptotischen Beziehungen (12-19) und (12-20) an. Die Logarithmen der Simha-Faktoren wachsen entsprechend fiir grosse Achsenverhiiltnisse praktisch linear mit den Logarithmen der AchsenverhZlmisse. =
A2
A2
5 [In (2 A ) - (1/ 2)]
15 [In (2 A ) - (3 / 2)]
(12-19)
Y'
(12-20)
Y*b=-.-
+-14 15
16 A 15 tg-' A
Da Y nur eine Funktion des AchsenverhZlmises A und keiner anderen physikalischen Grilsse ist, kann man die Molmasse bei geometrisch Umlichen Ellipsoiden nicht aus der Grenzviskositltszahl [ q ] ermitteln. Aus [ q ]= YWA(V~,/M)folgt mit p = m/V, unmittelbar, dass fiir Ellipsoide [q] = Y/p gilt. Ahnlich geformte Ellipsoide gleicher Dichte weisen somit wie Kugeln unabhagig von ihrer Grilsse die gleiche Grenzviskositltszahl auf. Wenn das hydrodynamische Volumen Vh bekannt ist, z.B. aus Diffusionsmessungen, und v h = V, gilt kann man umgekehrt aus der Grenzviskositltszahl das Achsenverhiilmis bestimmen. Dime Achsenverhiillltnisse stellen bei solvarisierten Sphtiroiden Maximalwerte dar. In der Tat werden sie bei diesen beiden Teilchentypen immer grosser als die direkt elektronenmikroskopisch ermittelten gefunden (Tab. 12-4). Tab. 124 AchsenvwMtnisse A aus ausseren Abmessungen (ElektronenmikroskopieEM) oder hydrodynamischen Messungen ([q] und Diffusion (D)), Simha-Faktoren Y und Hydratationszahlen rh aus [q].D. calorimetrischen Messungen (C) und Kernresonanmesungen (NMR).
Kuge@rmige Molekrile €&nocyanin 1 TBS-virus 1
3,4 3,4
2s 2,s
2.3 3.1 3.7 4,O
2,6 29 2.55 2.58
1,34
0,64
0,79 0.27
Cestreckte Ellipsoide
Lysozym
Albumin Woglobin Katalase
1.5 2.0 1.2 13
0.34
052 0,65
0.76
0,28 0,31 0.20 0.20
0,30 0,40 0.32
0,34 0.40 0,42
410
12.3. Grenzviskositatszahlen
Der Solvatationsparameter r h lasst sich einerseits aus [ q ] = YNA(Vh/M) und der G1.( 11-37) ermitteln (GI.(12-20)) sowie andererseits aus dem Diffusionskoeffizienten Do mit den Gl.(ll-37), (11-11) und (11-10) und Vh=4rrRh3/3:
Die so ermittelten Solvatationsparameter stimmen recht gut mit den aus kalorimetrischen und NMR-Messungen gewonnenen uberein (Tab. 12-4). Bei NMR-Messungen werden konzentrierte Lljsungen der Polymeren eingefroren und der Anteil der noch beweglichen Wassermolekiile gemessen. Bei kalorischen Messungen wird dieser Anteil aus der Differenz der berechneten und experimentell bestimmten Warmetonung beim Einfrieren erhalten. Bei beiden Methoden wird angenommen, dass diese Anteile die von den Makromolekiilen gebundenen Usungsmittelmengen reprasentieren. Alle vier Methoden geben vor allem bei Makromolekulen nicht zu hoher Molmasse recht befriedigend ubereinstimmende Werte.
12.3.5.
Stabchen
Nach der Kirkwood-Riseman-Theorie (S. 373) kann man Stabchen als lineare Aneinanderreihung sich gegenseitig beriihrender Kugeln mit je dem hydrodynamischen Volumen v h auffassen. Die Kugeln stellen die Reibungseinheiten dar. Der Abstand der Reibungseinheiten ist dann gleich dem Durchmesser d der Kugeln. Da Nsph solcher Kugeln rnit je der Molmasse Msph = M/Nsph vorhanden sind, betrlgt die Gesamtlange des Stabchens L = Nsphd = 2 NsphRsph und dessen Achsenverh2ltnis A = L/d = L/(2 Rsph). Fur die Grenzviskositatszahl [ q ] ergibt sich rnit L2d/Msph = L3/M und K = a = 0 (KirkwoodRiseman) bzw. K = (2 ln 2) - (7/3) und a = 3 (Doi-Edwards) zu:
Bei einem grossem Verh'dltnis A wird der Ausdruck (4 A2)/(15 In A) rnit dem SimhaFaktor Ypr = 4 A2/(15 In (2 A)) fiir gestreckte Ellipsoide identisch, da in diesem Fall die Summanden l/2, 3/2 und 14/15 in GL(12-19) vemachlassigt werden koMen. G1.(12-23) wird dann zu [q]= YprN~(VIJMsph). Bei Stabchen mit d = const ist die Molmasse M proportional der Ltinge L und damit auch dem Achsenverhatnis A = L/d. Der Exponent a der KMHS-Beziehung [ q ]= KvMa ergibt sich also zu a = d ln[q]/(d ln A). Mit G1.(12-23) erhat man fir den Exponenten (12-24)
a=dln(A2/lnA)/(dlnA)=2-(lnA)-]
a wird somit zu 1,78 (fiir A = lo2), 1,89 (A = 1@), 1,93 (A = lo6) bzw. 2,OO (A -+ -).
41 1
12. Viskositdt verdiinnter LGsungen
Imogolit
- . 103
+
.
~~
10s
l@ 106 107 -M / ( g mol-1) +
10s
Abb. 12-9 Grenzviskositlenvon Desoxyribonucleinduren DNA in wWgen Salzlasungen bei 20°C [S]. Polyfiexylisocyanaten) (PHIC) in Hexan bei 25°C [9] und Imogolit in verdiinnter Essigdure (+ 0,02Gew.-% NaN3; pH = 3) bei 30°C [lo] als Funktion der Molmasse. Ausgezogene Linie bei KR: Kirkwood-Riseman-Theefiir DNA-St2bchen(Mu= 3460 glmol, d = 2 nm). Makromolekule sind selten so lang und so steif, dass sie uber einen grosseren Molmassenbereich ds Stgbchen erscheinen. Einzig das Imogolit, ein rohrenartiges Aluminiumsilikat der Zusammensetzung SiO2.Al203.2 H20,verhut sich anntihemd stabchenartig (experimentelles a = 1,85; s.a. Kap. 4.2.3). Die Molekiile der Desoxyribonucleins W r e (Persistenzliinge 63 nm; Tab. 4-6) und des Poly(hexy1isocyanat)s(Persistenzliinge 42 nm) sind selbst in mittleren Molmassenbereichen nicht steif genug. um die [rjl-M-Beziehung f i r St2bchen zu befolgen. Bei hohen Molmassen nehmen sie die Makmkonformation gestBrter Knguel rnit a = 0,764 an (Kap. 12.3.7, s.a. Abb. 4-22). Desoxyribonucleinduren bestehen aus zwei umeinander gewundenen Nucleinsheketten (Band I, Abb. 14-6). Die Doppelhelix rnit einem Durchmesser von ca.2 nm weist in regelmWigen Abstbden grosse und kleine Furchen rnit einer GesamtperiodiziW vcm 3,4 nm auf. Pro Periodiziutsind pro Einzelstrang je 10 Nucleotide rnit durchschnittlichen Molmassen von M = 294 gl(mo1 Einheit) vorhanden. In einer "Kugel" von d = 2 nm befinden sich somit 2-2.10/3,40 = 11,765 Nuclmtide. Die Molmasse der hydmlynamischen Einheit betritgt somit M ~ p h= 11,765-294glmol = 3459 -01. Die rnit GL(12-23) fiir die verschiedenen m g e n L bzw. Molmassen M = N s f i M s e berechneten Logarithmen der GzenzviskositiUdilennehmen bei AchsenverhtiltnissenA > 20 praktmh linear rnit den Logarithmen der Molmassen zu (Abb. 12-9). Fiir den Bereich 1@< A < 104 bet@@ die Steigung ca. 1.86. Die experimentell ermittelten Werte fiir DNA schmiegen sich bei A = 100 an die rnit der Kirkwd-Riseman-Te berechnete Kurve an, weichen jedoch bei Mheren Molmassen deutlich davon ab und gehen schliesslich in eine andere Gerade mit a = 0,764 uber, d.h. die "Subchen" der DNA nehmen bei hohen Molmassen die Gestalt g e s w r Knluel an,behalten aber die Helixstruktur bei.
12.3.6.
Ungestorte Knauel
Die Beziehung zwischen Grenzviskosit2tszahlen und Molmassen wird empirisch durch die KMHS-Gleichung [q ] = K, Ef beschrieben. K, und a sind dabei Konstanten. die sowohl von der Konstitution, Konfiguration und Molmassenverteilung des Polymeren beeinflusst werden als auch vom LBsungsmittel und der Temperatur.
12.3. Grenzviskositatszahlen
412
G 8
T
Poly(propy1en)
l6
h
2
102
E
3
- 10
\
F’
v
I 1 102
16
104
16
106
107
- M / (g mol-l) --+ Abb. 12-10 Beziehungen zwischen Grenzviskosiltszahlen und Molmassen fiir (oben) isotaktische (A,A), syndiotaktische (0)und ataktische ( 0 , O ) Poly(propy1en)e (PP) im guten (G) Losungsmittel Decalin bei 135°C ( A p . 0 ) und im Theta-Losungsmittel (e)Diphenyl bei 129°C ( 0 )bzw. 125°C (A) [ll-141 sowie (unten) ataktische Poly(styrol)e (x, = 0.59) im guten Usungsmittel Toluol bei 15°C (0)bzw. im Theta-UsungsmittelCyclohexan bei 345°C (0)[15].
a-Werte Die Theorien (s. unten) sagen fiir undurchspiifte Knauel im ungestorten Zustand wegen v = 1/2 einen Exponenten von a = (1 + v)/3 = 1/2 und im gestorten Zustand einen von a = 4/5 (v = 3/5, Mean-field-Theorie) bzw. a = 0,764 (v = 0,588, Renormalisierungstheone) voraus. Fur durchspiilte Knauel soll a = 1 gelten. Experimentell wird in Theta-Lbsungsmitteln bei flexiblen, genugend hochmolekularen Polymeren (X grosser als ca. 100) in der Tat a = 1/2 gefunden und in thermodynamisch guten Lbsungsmitteln a = 0.77 (Abb. 12-10). Bei kleineren Molmassen werden die [ql-M-Kurven fiir gute und schlechte Lbsungsmittel praktisch identisch. Bei sehr kleinen Molmassen gibt es je nach Losungsmittelgiite wieder Unterschiede; hier konnen u.U. sogar negative Grenzviskositatszahlen auftreten. Die experimentellen a-Werte weichen von den theoretischen bei niedrigeren Molmassen aus drei Griinden ab. (1) Die Konstitution der Endgruppen unterscheidet sich von derjenigen der Monomereinheiten; dieser Einfluss verstlrkt sich mit abnehmender Molmasse. (2) Die Ketten sind nicht mehr s e l b s t w i c h , weil sie nicht mehr die idealen Knauelstrukturen ausbilden kbnnen. (3) Eine Selbstthlichkeit kann auch nicht mehr auftreten, weil die Makrokonformation kurzer Ketten von Sequenzen gewisser Mikrokonformationen dominiert wird. Der letztere Effekt liegt vor, wenn lagere taktische Sequenzen zu helicalen Abschnitten fiihren. Da die helicalen Abschnitte bei solchen wurmahnlichen Ketten durch kniuelf6rmige Stiicke verbunden sind. ist die Makrokonformation diejenige eines Knauels. Exponenten 0,5 Ia I0,764 treten bei flexiblen Ketten nur auf, wenn der Molmassenbereich zu klein gewihlt wurde (oder wenn das Losungsmittel weder gut noch schlecht ist? Experimente uber breite M-Bereiche fehlen). Da Exponenten a > 0,764 niemals beobachtet wurden. sind Knauel aus flexiblen Ketten folglich stets undurchspult. Solche Exponenten von 0,764 I a I2 finden sich aber bei semiflexiblen Ketten bzw. stabchenartigen Makromolekiilen in begrenzten Molmassenbereichen (Abb. 12-9).
413
12. Viskositdt verdiinnter Usungen
/
h
Benzol
2
O'l6I
aE
os121 I
I
-
-m
-,.
-
loo0 - (M, / (g mol-l))ln
Butanol 0
1500
500
+
Abb. 12-11 Ermittlung des Kv,e-Wertenach der Stockmayer-Fixmann-Burchard-Mehdebei Poly(cyc1ohexylmethacryht)enin Benzol und Cyclohexan bei 25°C und in Butanol bei 23OC [la].
K,-Werte Da Grenzviskositltszahlen bei niedrigen (aber nicht zu niedrigen) Molmassen fur gute und schlechte Usungsmittel praktisch identisch werden (Abb. 12-10), sollte man die Kv,e-Werte in Theta-LUsungsmitteln im Prinzip durch eine geeignete Extrapolation der Kv-Wexte in guten LUsungsmitteln auf M + 0 erhalten k6nnen. Die meist semiempirischen Extrapolationsfonneln lassen sich in G1.( 12-25) zusammenfassen (Tab, 12-5): (12-25)
[ tll"
-= K,C, Mb
Md + KJ -
[Ille
Abb. 12-11 zeigt eine Extrapolation nach Stockmayer-Fixman-Burchard. Die gekriimmten Kurven sind hier vermeidbar, wenn man nach Berry [q11/2/M1/4=flMl[ql) verwendet (nicht gezeigt). Da aber je nach System Polymer-LUsungsmittel-Temperatur und iiberstrichenem Molmassenbereich in den GrenzviskositBtszahl-Molmasse-Beziehungen unterschiedlich starke Krtimmungen erfasst werden, sind fiir Linearisierungen der Funktion [ q ]=AM) in anderen F a e n andere Auftragungen vorteilhafter. Tab. 12-5 SemiempirischeGleichungen fiir die Ermittlung von Kv,e aus der Molmasse M und den Grenzviskositiitszahlen [17] in guten Ulsungsmitteln. a, b, c. d, e = siehe G1.(12-25). Autoren St~ckmap-Fm-B~W Inagaki-S~~uki-K~ata Kllrata-Stockmayer-Roig Flory-Fox-Schaefgen
J
a
b
C
d
e
SFB ISK KSR
1 415 2/3 213
lr;! 215
ll2
0 0
112
114 1/3
1 415 2/3 2/3 1/2 1
Beay
FFS Be
Bdrdanecky (Wurmamge Ketten)
Bo
2/3
1/3 1/3
1/3
2/3 1 1
If2
1/3 1 1 0
414
12.3. Grenzviskositatszahlen
Hydrodynamische Radien Wie bei harten Kugeln, so lasst sich auch bei Knauelmolekiilen aus der Grenzviskositltszahl ein hydrodynamischer Radius Rh berechnen. der den Radius einer viskosimetrisch lquivalenten Kugel darstellt (Einstein-Radius Rv). Dieser hydrodynamische Radius ist nicht mit dem hydrodynamischen Radius aus Diffusionsmessungen identisch (Stokes-Radius RD) (s.a. Tab. 12-6). Sowohl der Einstein-Radius als auch der Stokes-Radius sind With wie bei Kugeln (Gl.(l2-17)) nach Rh = Qhs mit dem Trigheitsradius s verknupft. Der Umrechnungsfaktor wird dabei von der Segmentverteilung innerhalb der Knauel kontrolliert, die wiederum bei schlechten und guten Lijsungsmitteln verschieden ist (Abb. 4-20). Nach der Mean-field-Theorie wird diese Differenz durch von langwirkenden Wechselwirkungen stammenden Storungen der Makrokonformation hervorgerufen. Die Stdrungen sollen im Ruhezustand und bei Strdmungen jeweils gleich gross sein. Nach dieser Theorie kann der Exponent a nur zwischen 0,50und 0,80 variieren (exakt: 0,764). Durchspiilungstheorien nehmen andererseits an, dass Knauel in guten und schlechten Usungsmitteln unterschiedlich durchspult werden. Knauel sind in guten Ldsungsmitteln wegen der starkeren Wechselwirkung der Polymersegmente mit den Lijsungsmittelmolekiilen starker aufgeweitet. Also sollten sie besser durchspult sein als in schlechten Ldsungsmitteln. Nach diesen Theorien soll a zwischen 050 und 1,OO variieren. Um die Effekte zu berechnen, modellieren Durchspulungstheorien die Knauel als eine Ansammlung von Perlen, die durch masselose Fedem miteinander verbunden sind (Feder-Perle-Modell, S. 370). Zwischen den Perlen sollen nach der Rouse-Theorie keine hydrodynamischen Wechselwirkungen bestehen. Das Ldsungsmittel fliesst daher ungehindert durch die Knluel. Die dabei erzeugte Reibung wird durch den Reibungskoeffizienten &g pro Segment beschrieben. Die Viskositat q = SsegFv ist dann das Produkt N~~~, aus dem Reibungskoeffizienten und dem globalen Faktor F , = ( P N A / ~ ) ( ( S ~ ) J M )der den Einfluss der Makrokonformation beschreibt (Kap. 15.3.2). Die Dichte p = mkn/Vkn des Knluels ist bei verdiinnten Ldsungen gleich der Massekonzentration c = m2/V des Polymeren. Viskositlten kdnnen femer als q = q l ( q / q l ) = q1[(q- q1)/q1] = q l q S pgeschrieben werden. Da in verdunnten Ldsungen q / p = qlqsp/c -- q l [ q ] gilt, erh2lt man f i r durchspulte Knauel ohne ausgeschlossenes Volumen die Beziehung
Fur durchspulte, ungestdrte Knauel sagt die Rouse-Theone a = 1 voraus. Die Kirkwood-Riseman-Theorie (KR-Theone) nimmt ebenfalls ungestorte Knauel an. Die Perlen sollen aber miteinander hydrodynamisch wechselwirken (Abb. 11-4), so dass der Reibungsfaktor mit dem Ausmass dieser Wechselwirkung vaniert. Durchspulte Knluel weisen offensichtlich keine solche Wechselwirkung auf. Sehr starke Wechselwirkungen erzeugen andererseits undurchspulte Knluel. Das Resultat ist
415
12. Visbsitdt verdrinnter Ldsungen
Die Kirkwood-Riseman-Funktion Q-flQ) wird durch die Reibungskoeffizienten der Segmente kontrolliert. Ihre Werte variieren von sehr kleinen Werten fiir durchspulte Knhel bis Q-flQ) = 1,259 f i r undurchspulte (Auer-Gardner-Revision der KR-Funktion). Bei undurchspiilten Kngueln erh2lt man % = 4,22.1@4 mol-l. Dieser Ausdruck ist mit demjenigen der Mean-field-Theorie identisch. Fur ungesttirte Knhel schreibt diese Theorie die G1.(12-27) als [q]e= % ( ( S ~ ) , ~ E / Mmit ) der Konstanten @e= l h l V ~ ( Q ~ , e ) ~Der / 3 . hier auftretende Faktor Qv,e = Rv,e/so zum Umrechnen des ungestorten Triigheitsradius so in den ungesttirten Radius Rv,e einer viskosimetrisch aquivalenten Kugel sollte universal gelten. da die chemische Struktur nicht die Segmentverteilung in ungesttirten Knaueln beeinflusst (G1.(4-39)). Bei hochmolekularen, ungestiirten KnZueln ist das Verhatnis (s2)JM femer vom L6sungsmittel und von der Molmasse des Polymeren unabhagig (Kap. 4.3.6). Alle Konstanten lassen sich in einer systemabhiingigen Konstante Kv,e vereinigen. Die G1.( 12-27) wird somit zu
@esollte demnach fiir hochmolekulare ungesttirte Knauel eine universelle Konstante sein, die Flory-Konstante. Sie besitzt nach der Kirkwood-Riseman-Theorie einen Wert yon 4,22.10z4 mol-1 (s. oben). Aus diesem Wen ergibt sich fiir ungestorte Knauel Qv,e E Rv,ds0 = 0,874, w2hrend fiir harte Vollkugeln Q,,h = Rsph/S = (5/3)ln = 1,291 gilt.
finden sich in der Literatur verschiedene Werte. teils ohne physikalische Einheiten, teils, Fiir weil andere physikalische Einheiten als hier verwendet wurden und teils, weil auf den Fadenenden&stand anstelle des Trilgheitsradiusbezo en wurde. Bei Bezu auf den Fadenendenabstand erMt man %,r= 2,87.1pmol-l, da %,r= [q]M/$)., =[~lM/(6~” (s2),$”).
Im Grenzfall hoher Molmassen sind die Flory-Konstanten ungesttirter Kniuel in der Tat unabhiingig von der Molmasse (Abb. 12-12). Sie sind aber niedriger als der von der Kirkwood-Riseman-Theonevorhergesagte Wert von 4 j =~ 4,22-1e4 mol-l.
3
102
1 6
104
1 6
-M,/ (g mol-1)
106
107
+
Abb. 12-12Molmassenabhilngigkeit derG-Werte von Poly(styro1) (PS)im Theta-Uisungsmittel Cyclohexan (C) bei 345°C [17]und im guten L(lsungsmitte1Toluol 0 bei 15°C “1, Poly(hexy1isocyanat) (PHIC)in Hexan bei 25°C [191und Schizophyllan (Sch) in 0,Ol m o m NaOH bei 25°C [20].
416
12.3. Grenzviskositatszahlen
Die von Zimm revidierte KR-Theorie fiihrt bei Bezug auf den Tragheitsradius zu einem tieferen Wert von 1024@/m01-1 = 3.69 statt 4,22 (bei Bezug auf den Fadenendenabstand: 0.251 statt 0.287). Der Wert von 3,69.1G4 mol-1 entspricht f i r einige Polymere einem "mittleren" experimentellen Wert:
e = 3 4 5 " ~10-%e/m01-1 = 3 9 4 f 0,06 Cyclohexan Poly(styro1) Amylose (synthetische) Dimethylsulfoxid 8 = 25°C 10-24@e/m01-1 = 3 3 9 f OSO Poly(isobuty1en) i-Amylvalerat e = 25°C lO-24@e/m0l-~= 3 3 8 f 0,12 Poly(methylmethacry1at) Acetonitxi1 e = uoc 10-%&1101-1 = 3.33 0,11 e =3 4 3 " ~10-24@e/11101-1 = 2,99 f 0,13 Poly(a-methylstyrol) Cyclohexan
*
Verschiedene Theta-Ldsungsmittel konnen aber bei etwa gleicher Theta-Temperatur je nach der Grdsse der spezifischen Polymer-Lbsungsmittel-Wechselwirkungenzu unterWerten schiedlichen ungestorten Dimensionen und damit auch zu verschiedenen @efiihren (vgl. dazu Tab. 10-6). Anders als Poly(styrol), Poly(a-methylstyrol) usw. bilden Poly(hexy1isocyanat) und das Polysaccharid Schizophyllan wunnartige Ketten und nicht flexible Knluel. Bei derartigen Polymeren zeigen die berechneten Oe-Werte ein recht bizarres, noch nicht erklgrtes Verhalten (Abb. 12-12).
Tab. 12-6 Beziehungen zwischen den Tragheitsradien so= K s , N 1 R ,Stokes-RadienR D =~u ( 6 z) mit b,e= K D , & ' ~ und Einstein-Radien Rv,e = (6 [t~]&f/20x N A ) ' ~mit [q]e= KV,&ln ungest6rter Knauel bei Poly(a-methylstyrol) (PAMS), Poly(styro1) (PS) und Poly(methylmethacry1at) (PMMA) in Theta-Usungsmitteln. PMMA Experimeller modifizierte Physikalische Physikalische PAMS PS KirkwoodEinheit Cyclohexan Cyclohexan Butylchlond Mittel8 = 343°C 8 = 343°C 8 = 35,4"C wert Riseman-Theone
GrW
Ks, KD.0
KV.0
nm nm mL/g
SdRD.0
1
scJRv.0 RD.dRv.0
1 1
12.3.7.
0,0290 0,385 0,073 1,42 1,28 1,11
0,0290 0,432 0,090 1,27 1,20 1,05
0,02 19 0,365 0,053 1.13 1,08 0,95
1.27 f 0,14 1,19 k 0,lO 1,04 k 0,08
1.28 1,20 1,07
Gestorte Knauel
Die ZaNenkonzentration an Segmenten im Zentrum sowohl ungestdrter als auch gestarter Kn2uel nimmt mit steigender Molmasse rasch ab. Eine Durchspiilung (falls vorhanden) sollte ebenso rasch zunehmen. Die Exponenten a sollten entsprechend von a = 1/2 bei kleinen Molmassen zu a = 1 bei hohen ansteigen. Man findet jedoch nur Werte bis a = 0.76 (Abb. 12-10). Da flexible Ketten sich in Theta-Ldsungen wie ungestorte Knauel verhalten, wird allgemein angenommen, dass man auch in guten Ldsungsmitteln Durchspulungen vemachlassigen kann. Werte von a > 1/2 sollten entsprechend praktisch nur durch den Einfluss der ausgeschlossenen Volumina zustande kommen.
417
12. Viskositcit veraknter Usungen
Die Mean-field-Theone geht von G1.(12-27) in der allgemeinen Schreibweise fiir gesttirte Kniiuel (s statt so) aus und fiihrt dann die Beziehung (s2)lI2 = K J P ein: (12-29)
[ q ]= @(s2)3/2/M = 4Ks3M3v-1 = KvMa
;
a=3v - 1
Der obere Wen von v = 0,588 fiihrt bei gesttirten Kniueln aus flexiblen Ketten zu einem oberen Wert von a = 0,764. Die Theone sagt auch voraus. dass @ keine Konstante ist, sondem vielmehr mit steigender Molmasse laufend a b m t (Abb. 12-12). Triigheitsradien gest6rter Kniuel sind gegeniiber ungesttirten um einen Expansions~ ) l n Die Expansionsfaktoren der viskosimetrischen Radien faktor a, = ( ( ~ ~ ) / ( s 2 )gr6sser. sollten analog einen Ausdruck a, = ([q]/[q]e)1/3 befolgen. G1.(12-29) wird dann zu:
Triigheitsradien s und Viskosititen q erfassen in guten L6sungsmitteln verschiedene Radien (a,f a,). Nach theoretischen Berechnungen soll av3= a,q mit q = 2,43 fir iiquivalente Kugeln und q = 2,18 fUr 2quivalente Ellipsoide gelten. D a m s ergeben sich Werte von @$mol-l = 3,76 f 0,17 (Quivalente Kugeln) bzw. 4,21 f 0.26 (Iquivalente Ellipsoide) fiir Poly(styro1) im guten Llisungsmittel Toluol bei 15OC. Da man fiir das Theta-Ltisungsmittel Cyclohexan den innerhalb der Fehlergrenzen identischen Wert 3.94 f 0.06 findet, kann man mit dieser Methode nicht zwischen iquivalenten Kugeln und iiquivalenten Elliposiden unterscheiden (vgl. Tab. A 12 fiir @-Werte).
12.3.8.
Verzweigte Polymermolekiile
Bei verzweigenden Polyreaktionen bleibt der Verzweigungstyp erhalten, warend das Ausmass der Verzweigung meist systematisch mit der Molmasse zunimmt. Solche Molekule sind aber nicht selbstwich, was bedeutet. dass bei ihnen K, und a nicht uber den gesamten Molmassenbereich konstant sind. Verzweigte Makromolekiile werden gewlihnlich durch einen viskosimetrischen Verzweigungsparameter g, = [ qlb,4[q11h charakterisiert. Er ist mit dem entsprechenden Parameter g , = ( s 2 ) ~ / ( s 2 >der l ~Trigheitsradien (Kap. 4.6) und der jeweils fiir verzweigte und lineare Polymere angesetzten Gleichung [ql = @ e ( ( ~ ~ ) , ~ n / M )uber a,~
verknupft. g 2 t misst dabei den Einfluss der Molekularchitektur auf die durch die Verzweigung bewirkte Schrumpfung des Molekulkniuels, %,$hin,e die intramolekularen hydrodynamischen Wechselwirkungen und (av,b/av,1in)3 den Einfluss des ausgeschlossenen Volumens. Altemativ kann man auch einen Verzweigungsparameter hv = Rv,bJRv,lin uber die Einstein-Radien R, definieren. Mit [q] = 10 IC N*RV3/(3M) (G1.(12-17)) erhat man (12-32)
gv = h,3
(h3-Regel)
12.3. Grenzviskositcitszahlen
418
- .
102
lb
104
- M,
16 /(B mol-1)
106
107
+
Abb. 12-13 [q] =AM,) bei unterschiedlich verzweigten Polymeren (Konstitution siehe S. 421). B = Statktisch venweigte Poly(ethy1en)e niedriger Dichte in T e W n bei 120°C [XI. D = Dendrimere mit 3.5-Dioxybenzyliden-Einheiten in Tetrahydrofuran bei 30°C [22]. H = Hypervenweigte Polymere der 3,5-Diacetoxybe~~ure in Tetrahydrofuran bei 25°C [23]. K = Kammpolymere aus Poly(methylmethacry1at)-hmm-Poly(styro1) in Toluol bei 25OC [%I. L = Lineare Poly(ethy1en)ehoher Dichte in Tetralin bei 120°C [21]. S = Hypwverzweigte Poly(a,&-lysin)e in N&-Dimethylformamid bei 25OC; p = 1,18 g/mL 1251.
Statistisch verzweigte Polymere Bei Kettenpolyrnerisationen mit Ketteniibertragungen zum Polymeren sowie bei den meisten Polykondensationen und Polyadditionen von multifunktionellen Monomeren entstehen statistisch verzweigte Polymere, deren Verzweigungstyp und -grad von den Reaktionsbedingungen abh2ngt. Durch Insertionspolymerisationen erzeugte hohexmolekulare lineare Poly(ethy1en)e PE-HD (E: linear high-density poly(ethylene)s, HDPE) befolgen 2.B. in guten Liisungsmitteln die KMHS-Gleichung mit a = 0,74 (Abb. 12-13), wie man es fiir gestorte Knluel aus linearen Makromolekulen envartet. Durch radikalische Polymerisation entstandene Poly(ethy1en)e niedriger Dichte PE-LD (E: lowdensity poly(ethylene)s, LDPE) weisen dagegen im lg [ q ]=fog M)-Diagramm eine gekriimmte Kurve auf. da der Anteil der gebildeten Kurz- und Langkettenverzweigungen systematisch mit steigender Molmasse zunimmt. Diese Polymeren sind nicht s e l b s W i c h . Sie verhalten sich bei niedrigen Molmassen wie gestorte Knauel (a = 0,74), bei htiheren Molmassen dagegen wie hochsolvatisierte Kugeln (a= 0; [q]- = 210 mL/g). Im ungesttirten Zustand sind die Ausdehnungskoeffizienten a, gleich 1. Bei abwesenden intramolekularen hydrodynamischen Wechselwirkungen wird auch h,e/@;n,e gleich 1 und G1.(12-30) wird zu gv,e = gS3.g (Thurmond-Zimm-Theorie). Bei anwesen# 1. Die Beziehung zwischen den intramolekularen Wechselwirkungen ist @t,r,e/Q;n,e den beiden Verzweigungsparametem lasst sich dann fiir undurchspiilte lineare Polymermolekiile ganz allgemein als g,,e = gte schreiben. Die gleiche Beziehung wird von der Zimm-Kilb-Theorie fiir Stemmolekule mit gleich langen Amen geliefert. Diese auf dem Rouse-Modell aufbauende Theorie liefert w = 112 fiir undurchspiilte und o = 1 f i r durchspulte Sternmolekule.
419
12. Visbsitdt verdiinnter Ltisungen
0
0,2
-
0,4 0.6 g,,
0,8
1
Abb. 12-14 gv,eals Funktion von gS,, fiir ( 0 )statistisch verzweigte Poly(dodecylmethacry1at)e im Theta-UsungsmittelPentanol und fiir (0 ) statistisch verzweigte Copolymere aus Styrol und Terrachlordivinylbenzolin verschiedenen Theta-Bungsmitteln.Daten s. Abb. 12-15. Kurata-Fukatsu-Thrie fiir statistische Venweigungen gleicher h g e ; -- ThurmondZimm-Theorie crz)fiir statistisch verzweigte Polymere; - - - Themien fiir Stemmolekulemit jef Armen nach Smckmayer-Fixman (SF)und Zimm-Kilb (ZK)(d = durchspiilt, u = undurchspiilt).
-
Die AbhZngigkeit statistisch verzweigter Polymennolekule des Verzweigungsparameters gte von der Zahl Nbr der Verzweigungspunkte pro Molekiil l a s t sich durch die halbempirische Bohdanecky-Gleichung I/& = A + BNb,1/2 ausdriicken. Nbr ist mit M = Mbb + N h M h durch die Molmassen M des gesamten Molekiils. Mbb des Riickgrats und M b der mittleren Zweige ausdriickbar, was mit & = gg,e zu G1.(12-33) fiihrt (nllchste Seite). Abb. 12-15 zeigt eine Auftragung nach dieser Gleichung fiir selbstverzweigende (PE-LD. PDMA) und ein iiber ein Verzweigemonomer verzweigtes Copolymer. 8
I -a_---
0
lo00
2000
__-. .____-----_.-PS-TCDVB
- MIi2 / (g mol-I)ln +
3000
Abb. 12-15 Bohdanecky-Auftragung fiir die Abhiingigkeit von [q]h,$[q]bra von der Molmasse M statistisch verzweigter Polymerer. PE-LD= Poly(ethy1en) niedriger Dichte, PDMA = Poly(dodecy1methanylat), PS-TCDVB = Poly(styrol-co-te~etracNordivinylbenzoat) [26]. Der Ordinatenabschnitt sollte theoretisch 1 betragen. Die Funktion muss daher bei kleinen M-Werten gekriimmt sein.
420
12.3. Grenzviskositatszahlen
Die Bohdanecky-Gleichung lautet
Die Geraden der Abb. 12-15 lassen sich mit A = 0,81 und B = 0,238 beschreiben, d.h. mit w = 0.8. Die mittlere Molmasse Mb/(g mol-I) der Zweige berechnet sich daraus zu 7140 (PE-LD), 250 OOO (PS-TCDVB) und 1 030 OOO (PDMA). Der letztere Wert stimmt gut mit dem aus Trigheitsradien ermittelten Wert von 1 140 000 uberein. Die G1.(12-33) scheint immer zu gelten, wenn die Molmasse des Molekuls vie1 gasser als die Molmasse des Ruckgrats ist.
Sternpolymere Stemplymere besitzen einerseits wie Dendrimere ein Zentrum, von dem f Arme ausgehen. Anders als bei Dendrimeren sind die Arme jedoch linear. Die Arme konnen sich femer bei genugender Ltinge und bei ausreichendem Abstand vom Zentrum einkniueln. Die Beziehung [q]= A M )ist daher nicht ohne Weiteres vorhersagbar. Die Stockmayer-Fixman-Theorie beriicksichtigt. dass der Fluss des Ldsungsmittels durch Stemmolekiile anders als bei den entsprechenden unverzweigten Molekulen ist. Die Reibungskoeffizienten von Sternmolekulen unterscheiden sich daher von denen, die nur fiir rein geomeuische Effekte berechnet werden. Die fiir eine Translationsdiffusion berechneten Verzweigungsparameter fiir Stemmolekiile mit f gleichen Armen sollen gemiss der h3-Regel auch fiir Viskositatsmessungen gelten:
Der mit der Stockmayer-Fixman-Theorie berechnete Kurvenverlauf ist in Abb. 12-14 fiir verschiedene Zahlen f der Anne wiedergegeben. Experimentelle gV,e-Werte sind grtisser als von der SF-Theorie vorhergesagt, aber kleiner als die mit der Zimm-KilbTheorie berechneten (in Abb. 12-14 nicht eingezeichnet). Experimentell findet man aber bei genugend hohen Molmassen lineare Beziehungen zwischen lg [q] und log M (Abb. 12-16). Die Exponenten a der [q]=AM)-Beziehungen stemformiger Poly(butadien)e unterscheiden sich dabei fur gute Ldsungsmittel nur unwesentlich von denjenigen linearer Poly(butadien)e: 0,697 cf= 2), 0,715 (f= 64)und 0,734 (f= 128). Dieses Verhalten, das an dasjenige von gestorten Kniueln linearer Polymermolekule gemahnt, wurde mit einem Blob-Mode11 erklirt, bei dem die Blobs vom Kern der Stemmolekiile bis zum iusseren Rand des Molekuls immer grosser werden.
Hyperverzweigte Polymere Die einfachsten hyperverzweigten Polymeren entstehen aus A2B-Monomeren, bei denen nur A-Gruppen mit B-Gruppen reagieren kdMen, nicht aber A mit A oder B mit B (Band I). Vemetzungen sind daher nicht mbglich, WONaber starke Folgeverzweigungen, deren Typ und Verteilung von der Monomerstruktur und dem Mechanismus der Polyreaktion abhhgen. Gleichzeitig entstehen auch mehr oder minder breite Molmassenverteilungen. Da Typ und Breite der Verteilungen im Allgemeinen nicht bekannt sind, kann
42 1
12. Viskositat verdiinnter Losungen linear
lineax
\ c (
E
I
64-Stem 128-Stem
100
128-Stem
30
Abb. 12-16 Grenzviskositsltszahl=AMolmasse)bei linearen 1,4-Poly(butadien)enund bei Stempolymeren mit 64 und 128 Poly(butadien)-Armenim guten Losungsmittel Cyclohexan bei 25OC (-) bzw. im Theta-Usungsmittel1.4-Dioxan bei 26,S°C (- - - -) [27]. Das Zentrum besteht bei den 64und 128-armigenSternen aus Vinylcarbsilan-Denderen der Generationen 3 und 4. a = 1/2 (ThetaLtisungsmittel)bzw.0,70 (linear), 0,715 (64-Stem), 0,734 (128-Stem).
man die den Grenzviskositltszahlen entsprechenden korrespondierenden Molmassenmittel nicht berechnen. Die Beziehungen zwischen Grenzviskositatszahlen und z.B. Massenmitteln der Molmasse sind daher in der Regel systematisch veflscht. Aus allen diesen Griinden lassen sich bisher bei hypervetzweigten Polymeren keine dgemeingiiltigen Aussagen uber deren [q]-M-Beziehungen machen. Die Grenzviskositatszahlen von hyperverzweigten Poly( a,&-1ysin)enbetragen z.B. unabh2ngig von der Molmasse [ q ] = 2,s mL/g (Abb. 12-13), warend sich mit der Dichte p = 1,18 g/mL des Polymeren und [ q ]= 5/(2 p) bei Kugeln (a = 0) ein [ q ] = 2,12 mL/g berechnet. Diese Polymeren sind also noch leicht solvatisiert. Die hyperverzweigten Polymeren der 3,5-Diacetoxybenzoes~ureweisen dagegen bei 25°C in Tetrahydrofuran einen Exponenten a = 1/2 auf (Abb. 12-13). Da diese Polymeren nicht linear sind und daher auch keine klassischen ungestorten Knauel rnit einer Gauss-Verteilung der Segmente bilden konnen, muss der Exponent durch eine andere Dichteverteilung bedingt sein. Welche, ist zur Zeit noch unklar. --C-CH-(CHd4-NHII I 0 NH-
sc-lysin-Einheit
-C II 0
4'-Go-CH,
0-
3,5-Dioxybenzoyl
\
/
0-
3,5-Dioxybenzyliden
Dendrimere Dendrimere sind Polymere mit regelmassigen Folgeverzweigungen und in der Regel recht kurzen Segmenten zwischen zwei aufeinander folgenden Verzweigungsstellen (Kap. 4.6.3). Sie sind keine Vollkugeln, da ihre Tragheitsradien nach (s2>ll2= KsMa rnit a zwischen ca. 0,25 und 0,35 zunehmen. Ihre Streufunktionen deuten an, dass sie sich wie Kugeln rnit einer von innen nach aussen abnehmenden Dichte verhalten (S. 165). Fur derartige Molekule fehlt ein anerkanntes hydrodynamisches Modell.
422
12.3. Grenzviskositatszahlen
Bei Dendrimeren scheinen die Grenzviskositatszahlen rnit zunehmender Molmasse stets (?) durch ein Maximum zu gehen (Abb. 12-13). Dieser Befund wird wie folgt erkllrt. Grenzviskosit2tszahlen sind nach [q] Vh/M dem Verhiiltnis von hydrodynamischem Volumen v h und Molmasse M proportional (Gl. 12-17)). Die Molmassen nehmen dagegen nach M NG3 rnit der dritten Potenz der Generationema NG zu. Die VerhdtniSSe (VH/M)/NG~betragen 2,67 (NG = 2), 3,86 (3), 4,27 (4), 4,03 (5), 3,43 (6),2,Ol (81, 0.98 (10) und 0,103 (15). Die Grenzviskosit5tszahlen von Dendrimeren sollten daher rnit steigender Molmasse durch ein Maximum laufen.
-
-
Kammpolymere Hochmolekulare Kammpolymere mit einem Poly(methylmethacry1at)-Riickgrat und Poly(styro1)-Seitenketten weisen im guten Losungsmittel Toluol ein a = 0,764 auf. Sie verhalten sich in diesem Molmassenbereich wie gestorte Knluel (Abb. 12-13). Bei niedngen Molmassen benehmen sie sich dagegen wie solvatisierte Kugeln (a =. 1/2). Der Ubergang von Kugeln zu Knaueln erfolgt, wenn der Polymerisationsgrad der Hauptkette ungef3hr doppelt so gross wie derjenige der Seitenketten ist (Xhaupt = 58; Xseite = 28). Er ist recht scharf. Ein W i c h e s Bild zeigt sich bei Kammpolymeren mit einem ubenviegend isotaktischen PMMA-Riickgrat und it- bzw. st-PMMA-Seitenketten (Abb. 12-17, links) und W i c h bei einem st-PMMA-Ruckgrat und st- oder it-PMMA-Seitenketten (Abb. 12-17, rechts). Auch hier gibt es wie beim Poly(methylmethacry1at)-kamm-Poly(styro1)ein Plateau bei Molmassen von ca. 104 dmol und danach einen steilen Anstieg. Bei Molmassen unter ca. 104 dmol fallen die [q]-Werte weiter ab. Zusatzlich sind starke Einflusse der Talctizitit vorhanden, vermutlich wegen der entlang der Kette sehr eng aufeinander folgenden Seitenketten. isotaktische Hauptkette
syndiotaktische Hauptkette
.
14 12 O
.
10 9
8
5
3
10
30
100
3
10
- 10-3 M / ( g 11101-3)
30 +
100
Abb. 12-17 Beziehungen zwischen Grenzviskositt4tszahlen und Molmassen bei Poly(methy1methacry1at)-kamm-Poly(styro1)enmit Seitenketten unterschiedlicher Taktizitat [28]. - - - H [171 =AM) fiir isotaktische (links)bzw. syndiotaktische (rechts) Homopolymere des Methylmethacrylats. Links: it-PMMA-Hauptketten(4= 0,80); PS-Seitenketten rnit x, = 0,94 oder 4 = 096. Rechts: st-PMMA-Hauptketten (xs= 0,86k 0,02); PS-Seitenketten rnit x, = 0,94 oder xj = 0,96.
423
12. Viskositat verdunnter Liisungen
12.3.9.
Scheibchen
Homologe Reihen von kompakten scheibchenartigen Makromolekulen sind nicht bekannt. Die Theone sagt fiir sie in [q]= KvMa einen a-Wert von -1 voraus.
12.3.10.
Polyelektrolyte
Bei Polyelektrolyten setzt der nicht-Newton'sche Bereich schon bei um mehrere Dekaden genngeren Schergeschwindigkeiten als bei neutralen Polymeren ein, vor aLlem bei niedrigen Fremdsalzkonzentrationen. Viele der in der Literatur berichteten - meist mit Kapillarviskosimetem bei f > 500 s-l erhaltenen - Viskosititszahlen qred sind daher durch Schereffekte verfidscht. Es sind diese noch scherabh2ngigen qred-Werte, die durch die Fuoss-Gleichung linearisiert werden (Kap. 12.2.2). Bei Newton'schem Verhalten werden die Beziehungen zwischen qsp bzw. qred und der Polymerkonzentration noch stark durch die Fremdsalzkonzentration und den uberstrichenen Konzentrationsbereich beeinflusst (Abb. 12-6 und 12-7). Die dann mit den ublichen Funktionen f i r qred =f(c) erhaltenen Grenzviskositatszahlen reflektieren diese Einflusse, was sich wiederum in den Funktionen [q]= A M ) widerspiegelt. Anders als bei Nichtelektrolyten geben daher die Exponenten a nur Interpolationswerte fiir bestimmte Konzentrationsbereiche der Polyelektrolyte und der zugesetzten Fremdsalze sowie der Molmassenbereiche an und nicht universelle Werte. Die a-Werte nehmen dabei mit fallender Fremdsalzkonzentration zu (Tab. 12-7). Tab. 12-7 Konstanten K, und a der KMHS-Beziehung fiir Polyelektrolyte mit relativen Molmassen zwischen 1 6 und 3-106in wksrigen NaC1-Usungen der Konzentration [NaCl]bei 25°C. Polymer
maClJ/(molL-l)
Namumhyaluronat
0,Ol 0,06 03 0,Ol 0,l 0,s
Poly (N-methyl-2-vin y lp yridmiumchlorid)
ci
0,916 0,830 0,785 0,86 0.77 0,63
lo3 K,/(mL g') Autor
12,l 20,9 25,3 0,0786 0,0840 0,268
[291 [291 [291 1301 [301 [301
A 12. Anhang: Flory-Konstanten Teilchenform Kugel, kompakt, unsolvatisiert Ellipsoid, kompakt, zigarrenformig Ellipsoid, kornpakt, zigarrenformig Ellipsoid, kompakt, linsenformig Ellipsoid, kompakt, linsenformig Knauel, ungestort Knauel, gestilrt
A
1 2 3-300 2 3-300
10-24
Q/moI-1
1337 7,336 7,199 3,69 2,31
1 0 6 p/rnol-ln 9,802 9,874 8,867.A'. 24 9,831 9,828.A0*w2M7 9,806 13,04
''
424
Historische Notizen zu Kap. 12
Historische Notizen Konzentrationsabhangigkeit S.F.Anhenius, Z.physik.Chem 1(1887) 285 Logarithmischer Ausdruck In qrel = Kc fiir die Konzentrationsabhllngigkeit der ViskosiClt von Elekwlyten. Diese Gleichung wurde spater von mehreren Forschergruppen auch fiir kolloidale Nichtelekmlyte verwendeL H.G.Bungenberg de Jong, H,R.Kruyt, J.Lens, Kolloid-Beih. 37 (1933) 395 H.Staudinger, W.Heuer, Z.physik.Chem. A 171 (1934) 129 Ersatz der Arrhenius-G1. durch G1.(12-2) mit k = kM[qJ. A.F.Martin, 103rd Am.Chem.Soc.Meeting (Memphis), Div. of Cellulose Chem., C 1,23 (1942) 4 Ersatz von k durch L34[q].kM ist fiir Polymerhomologe eine Konstante. M.L.Huggins, J.Arn.Chem.Soc. 64 (1942) 2716 Einfiihren der Huggins-G1.(12-3). Mittelwerte WPhilippoff, Ber.Dtsch.Chem.Ges. 70 (1937) 827 Die Grenzviskositiitszahlen molekularuneinheither Polymerer sind Massenmittel der GrenzviskosicusZahlen der Kompenten. E.O.Kraemer, W.D.Lansing, J.Phys.Chem. 39 (1935) 153 Die Molmasse in [q]= KvM ist ein Massenmittel. P.J.Flory, J.Am.Chem.Soc. 65 (1943) 372 Die Molmasse in der KMHS-Beziehung [q]= &Ma ist ein ViskosiBtsmittel. Theorien fiir [ q ] = KvMa Empirische Kuhn-Mark-Houwink-Sakurada-Gleichung [q]= K,,Ma: siehe Band I, S. 100. Fiir a wurden bei Kniluelmolekiilen histonsch die folgenden Werte vorgeschlagen: 1 (Staudinger und Heuer, 1930), 2/3 (Haller 1931, theoretisch), 0,84 (Kuhn 1934, theoretisch), zwischen 0,s und 1 (Mark 1938, Sakurada 1940. Houwink 1941; alle empirisch). J.G.Kirkwood, J.Riseman, J.Chem.Phys. 16 (1948) 565 [q]=AM)fiir frei durchspiilte und undurchspiilte Knauel. PJ.Flory, T.G.Fox, J.Am.Chem.Soc. 73 (1951) 1904 [qI= @tc<733n/M)
P.E.Rouse, J.ChemPhys. 21 (1953) 1272 Perle-Feder-Modell fiir W e 1 ohne hydmdynamischeWechselwirkungen. Durchspiilte m u e l fiihren zu a = I. B.HZimm, J.Chem.Phys. 24 (1956) 269 Perle-Feder-Modell mit hydrodynamischen Wechselwirkungen. ci = 1/2 fiir undurchspiilte m u e l .
P.J.Flory,Principles of Polymer Chemistry, Cornell Univ. Press, Ithaca, New York 1953, S. 519 Gestijrte Knauel aus flexiblen Ketten linearer Polymerer weisen wegen des ausgeschlossenen Volumens ein ci = 4/5 auf. In Theta-Usungsmittelnkompensieren sich alle Wechselwirkungen, so dass die Knauel ihre ungestiirten Dimensionen einnehmen (a= 1/2). J.G.Kirkwood, P.L.Auer, J.Chem.Phys. 19 (1951) 281 Steife St&chen aus aneinander gereihten Perlen.
12. Viskositat verdiinnter Ldsungen
425
Literatur zu Kap. 12 (siehe auch Litemtur zu Kap. 15) H.Yamakawa. Modem Theory of Polymer Solutions, Harper and Row, New York 1971 M.Bohdanecky, J.Kovar, Viscosity of Polymer Solutions,Elsevier, Amsterdam 1982 W.-M.Kulicke. Hrsg., Fliessverhalten von Stoffen und Stoffgemischen, Huthig und Wepf, Basel 1986 H.Fujita, Polymer Solutions, Elsevier, Amsterdam 1990 M.Hara. Hrsg., Polyelectrolytes, Dekker, New York 1993 H-Yamakawa, Helical Wormlike Chains in Polymer Solutions, Springer, Berlin 1997 RE.Bareiss, Polymolecularity Correction Factors, in J.Brandrup, E.H.Immergut, E.Gruke, Hrsg.. Polymer Handbook. Wiley. New York, 4.Aufl. 1998
Quellennachweise [l]
[2] [3] [4] [5’j
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[I [8] [9] [lo] [ll]
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[%I
[27] [281 [29] 1301
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426
13.
Thermische Eigenschaften
13.1.
Grundlagen
13.1.1. Einfuhrung Niedermolekulare Substanzen gehen mit steigender Temperatur bei der Schmelztemperatur vom kristallinen Zustand in eine Flussigkeit und bei der Siedetemperatur von der Flussigkeit in ein Gas iiber. Diese Anderungen der Stoffzustiinde sind meist direkt sichtbar, da sie von starken hderungen der Wechselwirkungen zwischen den Molekulen stammen. die wiederum stark unterschiedliche Viskositaten der verschiedenen Stoffzus t a d e erzeugen. Im Schmelzpunktsr6hrchenkann man z.B. das Schmelzen des Kristalles einer organischen Verbindung nur deshalb beobachten. weil die Viskositgt des Kristalls sehr hoch und diejenige der Schmelze sehr niedrig ist. Bei makromolekularen Substanzen iindem sich mit steigender Temperatur nicht nur die Wechselwirkungen zwischen ganzen Molekulen, sondem auch diejenigen einzelner Gruppen oder Molekulsegmente. Es k6Mm daher sehr vie1 mehr thermische Umwandlungen als bei niedermolekularen Substanzen auftreten. Diese Umwandlungen sind aber wegen der hohen Viskositat der Systeme oft nicht einfach mit allen Methoden zu erkennen; Schmelzpunktsrohrchen sind z.B. bei Polymeren unbrauchbar. Wegen der hohen Viskositaten stellen sich in vielen FtUlen thermodynamische Gleichgewichte verzogert ein. Andere "Umwandlungen" sind rein kinetisch bedingt. Diese Effekte geben sich nicht nur rheologisch und optisch zu erkeMen, sondem auch thermisch (Kap. 13.2) und h2ufig elektrisch (Band IV). Man unterscheidet daher zwischen thermischen Umwandlungen und thermischen Relaxationen. Bei einer thermischen Umwandlung @: thermal transition) befindet sich die Substanz sowohl unterhalb als auch oberhalb der Umwandlungstemperatur im Gleichgewicht. Der Gleichgewichtszustand wird nicht von der Messgeschwindigkeit beeinflusst. Eine thermische Umwandlung weist bei einer molekulareinheitlichen Substanz eine einzige Umwandlungstemperatur auf, das Schmelzen z.B. eine einzige Schmelztemperatur (Kap. 13.3). Zu den thermischen Umwandlungen gehoren ausser Schmelzen und Sieden auch die Umwandlungen von Flussigkristallen (Kap. 13.4). Die Umkehr des Schmelzprozesses ist die Kristallisation (Kap. 7.3). Relaxationen (E: relaxations) sind dagegen kinetische Effekte. Sie sprechen somit auf die Frequenz der Methode und damit auch auf die Zeitskala an. Relaxationen entstehen, wenn sich Molekulteile und Molekule zu bewegen anfangen (Kap. 13.2.4 und 13.6). Anders als bei thermischen Umwandlungen befindet sich das System unterhalb und evtl. auch oberhalb der Relaxationstemperatur nicht im thermodynamischen Gleichgewicht. Die Beobachtbarkeit einer Relaxation hiingt somit von der Messmethode ab. Einige Messmethoden arbeiten mit derartigen Frequenzen (Zeitskalen), dass Relaxationen wie thermische Umwandlungen erscheinen. Das bestbekannte Beispiel ist die Messung der sog. Glasubergangstemperatur (Glastemperatur) mit der Abtastkalorimetrie (Kap. 13.5). Bei dieser Temperatur gehen ziemlich harte, glasartige Massen in weichere, gummiartige Materialien iiber. Glastemperaturen wurden lange Zeit als echte thermische Umwandlungen angesehen. Bei anderen thermischen Effekten ist jedoch nicht immer klar, ob es sich urn Umwandlungen oder Relaxationen handelt.
13. Thennische Eigenschaften
13.1.2.
427
Stoffzus tlnde
Thermodynamische Zusmde werden durch ihre Gibbs-Energie G bzw. deren partielle erste Ableitungen nach der Temperatur T bzw. dem Druckp beschrieben, 2.B. durch die Enthalpie H,die Entropie S und das Volumen V:
Die partiellen zweiten Ableitungen der Gibbs-Energie fiihren entsprechend zur isobaren Wilrmekapaziut C p (friiher: spezifische W&me bei konstantem Druck), zum kubischen Ausdehnungskoeffizienten B und zur isothermen (kubischen) Kompressibilit2t K:
W A C empfiehlt fiir den kubischen Ausdehnungskoeffizienten(Expansionskoeffizienten)die S p bole a, a~ oder y und fiir den linearen Ausdehnungskoeffizientendas Symbol q.Die Polymerliteratur verwendet meist a fiir den kubischen und /3 fiir den linearen Ausdehnungskoeffizienten (oder aber umgekehrt!). Da jedoch durchwegs a fiir den linemen Ausdehnungskoeffizientenvon Kntheln venvendet wird, benutzt dieses Buch a fiir den linemen und /3 fiir den kubischen Ausdehnungskoeffizienten. Aus der experimentell erhaltenen isobaren Wiirmekapazitat C p berechnet sich die the) baros = oretisch wichtige isochore Wgrmekapazit2t C v mittels C v = Cp - ( T V B 2 / ~(G: Gewicht; chora = Raum). Dividieren der isochoren Wgnnekapazit2t C v durch die Stoffmenge n liefert nach C V , =~Cv/n die molare isochore Wilrmekapazitiit C V ~Die . spezifische isochore Wtirmekapazitgt c v = Cv/m wird analog aus C v durch Dividieren durch die Masse m erhalten. Analog gewinnt man die molare isobare W2rmekapazitiit Cp,m = Cp/n und die spezifische isobare Whnekapazit2t cp = Cdm.
13.1.3.
Ordnungen von Zustandsumwandlungen
Thermische Umwandlungen sind durch hderungen der Zustandsgrtissen charakterisiert. Thermodynamische thermische Urnwandlungen zeichnen sich dabei durch thermodynamische Gleichgewichtszustde zu beiden Seiten der Umwandlungstemperaturen aus. Solche Urnwandlungen konnen von erster. zweiter .... N-ter Ordnung sein. Bei Urnwandlungen N-ter Ordnung zeigt die N-te Ableitung der Gibbs-Energie eine Diskontinuitat. Bei Umwandlungen 1. Ordnung weisen entsprechend das Volumen V, die Entropie S und die Enthalpie H gemgss den GL(l3-1)-(13-3) je einen Sprung auf. Ein solcher Sprung wird beim Schmelzen unendlich grosser, perfekter Kristalle zu Flussigkeiten beobachtet (Abb. 13-1). Die ersten Ableitungen von H und V nach der Temperatur (also C,, C v und a) bzw. dem Druck (also K) fiihren entsprechend zu unendlich grossen Signalen. Bei imperfekten und/oder kleinen Kristallen degenerieren die Diskontinuit2ten von H , S und V zu S-filrmigen Kurven und die scharfen Signale von Cv,a und K zu glockenfhnigen.
13.1. Grundlagen
428 1. ordnung
2. ordnung
Relaxation
1. 1/ Abb. 13-1 Abhmgigkeit der thermodynamischen Zustandsgr6ssen isochore Wmekapazitiit CV,Enthalpie H, Entropie S, Volumen V und kubischer Ausdehnungskoeffiuient a,von der Temperatur T bei Umwandlungen und Relaxationen (schematisch, vgl. auch Abb. 13-2). Beispiele: Umwandlung 1. Ordnung: Schmelzprozessrnit der SchrnelztemperaturTM bei unendlich grossen, perfekten Kristallen (- - - -) cder imperfekten Kristallen bzw. breiten Molrnassenverteilungen(-); Umwandlung 2. Ordnung: Umwandlung smektisch-nematischmit TS-Nrnit ausschliesslich (-) oder dominierenden (- - - -) intermolekularencoopetativen Effekten; Relaxation: Glasiibergang mit der GlastemperaturTG bei unendlich langsamen (-) oder konventionellen (- - - -) Messungen. Thermodynamische Umwandlungen 2. Ordnung sind durch das Auftreten von Spriingen bei den zweiten Ableitungen der Gibbs-Energie nach der Temperatur charakterisiert. also a und Cv (Abb. 13-1). Beispiele fiir echte thermodynamische Umwandlungen 2.0rdnung sind die sog. Lambda-Umwandlung des flussigen Heliums bei 2,2 K. die Rotationsumwandlungen kristalliner Ammoniumsalze und das Verschwinden des Ferromagnetismus am Curie-Funkt. Diese Urnwandlungen sind smtlich Einphasenumwandlungen. Die Umwandlungen smektischer LCs in andere smektische LCs und smektischer LCs in nematische LCs sind ebenfalls Umwandlungen 2. Ordnung (Kap. 13.4). Bei derartigen einphasigen Urnwandlungen gelten mit AHt, = 0 die aus den G1.(134)(1 3-6) abgeleiteten Ehrenfest-Gleichungen:
Die rechten Seiten der G1.(13-7) und (13-8) sind bei echten thermodynamischen Umwandlungen gleich gross (nur 1 Ordnungsparameter), d.h. das sog. Prigogine-DefayVerhaltnis r ist gleich 1 (bei mehr als einem Ordnungsparameter gilt dagegen r f 1):
Die formale thermodynamische Klassifikation thermischer Urnwandlungen entspncht dem Phasenverhalten. Alle Umwandlungen 1. Ordnung weisen bei der Umwandlungstemperatur zwei Phasen auf, alle echten Umwandlungen 2. Ordnung dagegen nur eine.
429
13. Thennische Eigenschafien
Die Klassifikation ist jedoch bei molekularen Vorghgen nicht eindeutig, wie man bei der durch konformative Isomere etzeugten Polymorphie kristalliner Polymerer sieht (Kap. 7.1.8). Wenn diese Isomeren weder isoenergetisch noch kinetisch behindert sind, wandelt sich das htiherenergetische Konformere bei einer Umwandlungstemperatur Tn unterhalb der Schmelztemperatur TM in das niederenergetische Konformere um. zum Beispiel nach (TG)3i 8 (l’TG)zi. Diese Urnwandlung von Sequenzen von Konfonneren geschieht durch Rotation um Kettenbindungen. Bei locker gepackten Ketten erfolgt eine solche Rotation relativ leicht durch lokale intramolekular-kooperativeBewegungen in der gleichen Kette. Bei dicht gepackten Ketten mussen sich dagegen intermolekular-kooperative Bewegungen benachbarter Ketten beteiligen. Die Bewegungen erfolgen umso leichter, je mehr KristaUfehler vorhanden sind. Dabei sind Ketten mit einem benachbarten Defekt (D) von solchen ohne Defekt (0)zu unterscheiden. Fur die verschiedenen Kettenpaare DD, DO (einschl. OD) und 00 existiert somit eine Energiedifferenz von M = (EDO- E m ) - (EDD- Em)pro Mol Kette. Bei kleinem AE dominieren intramolekulare Rotationsumwandlungen. bei grossem A E dagegen intermolekulare. Die Energiedifferenz AE misst somit die Tendenz der Defekte, miteinander zu agglomerieren, was intermolekular-kooperativeBewegungen begiinstigt. Modellberechnungen der Temperaturabhhgigkeit der isochoren molaren Wgrmekapazitgt C V , zeigten. ~ dass mit zunehmender Agglomerisationsenergie eine Reihe von Urnwandlungen durchlaufen wird. Die Transformationen reichen von mehr oder weniger scharfen Umwandlungen 1. Ordnung iiber Lambda-Umwandlungen (oft als Umwandlung 2. Ordnung interpretiert) bis zu echten Umwandlungen 2. Ordnung (Abb. 132). Rotationsumwandlungen 1. Ordnung sind demnach intramolekular, solche 2. Ordnung dagegen intermolekular. LG/ (kJ rnol-1)
Schottky-Defekt
diffuse Urnwandlung 1. ordnung
scharfe Urnwandlung 1. ordnung Lambda-Urnwandlung
Urnwandlung 2. ordnung
250
300 350 T/K +
400
Abb. 13-2 Temperaturabhiingigkeit der fiir verschiedene AgglomerisationsenergienAE/&J mol-I) berechneten isochoren molaren WmnekapazitAten Cvm [l]. Die Cv,,-Achsen sind nicht masssCiblich.
430
13.1.4.
13.1.
Grundlagen
Methoden
Thermische Urnwandlungen werden klassisch uber die Temperaturabhhgigkeit thermodynamischer Griissen wie Volumen, Ausdehnungskoeffizient, Enthalpie oder Warmekapazit2t ermittelt. Diese Messungen sind aufwendig und zeitraubend, so dass man routinemgssig meist Methoden der sog. Thermoanalyse (E: thermal analysis) verwendet. Thermoanalysen messen physikalische Eigenschaften als Funktion der Temperatur mit Hilfe kontrollierter Temperaturprogramme (Tab. 13- 1). Von diesen Verfahren bestimmen die Thermogravimetrie (TGA) und die Gasevolutions-Analyse (EGA) das Abspalten niedermolekularer Bestandteile, die evtl. Beimengungen waren oder durch Zerstiiren der Polymerprobe entstanden. TGA und EGA sagen nichts oder nur wenig uber thermische Umwandlungen aus. Tab. 13-1 Wichtige thermoanalytische Methoden. T = Temperatur, H = Enthalpie (Indices: S = Spezimen, R = Referenzmaterial). Gehchlicher Name
Symbol
Messgrosse =@it)
Thermogravimetrie Gasevolutions-Analy se Differential-Thmdyse (DIN:dynamische Differenz-TemperaN-Kalorimeme) Abtast-Kalorimetrie,W&mefluss-KaIorimetrie (DIN: dynamische Differenz-Leistungs-Kalorimeme) @IN: dynamische Differenz-Wmestrom-Kalorimetrie) Thermodilatometrie ThermomechanischeAnalyse
TGA EGA DTA
Masse der Probe Analyse abgespaltenerGase TS - TR
Dynamisch-mechanischeAnalysen a. Modulus b.IYdmpfung c. Dhpfung auf Trager ~
DDTK
DSC DDLK DDWK TMA
HS - HR
Ausdehnung der Probe Deformation der Probe unter Last
DMA DMA DMA TBA
Eawungene Schwingung der Probe Freie Schwingung der Probe Probe auf schwingendem Trager
Power-compensated differential scanning calorimetry; heat-flux differential scanning calorimeny; torsional braid analysis. Wrnekapazitaten werden gewohnlich mit der dynamischen Differenz-WarmestromKalorimetrie (DDWK, DSC) ermittelt. Bei dieser Warmefluss-Kalorimetrie werden Probe und Standard so aufgeheizt, dass sie sich stets bei der gleichen Temperarut befinden. Die beim E r w m e n der Probe auftretenden kalorischen Effekte werden z.B. durch Zunahme bzw. Abnahme der elektrischen Leistung P kompensiert (dynamische DifferenzLeistungs-Kalorimetrie). Man misst also dAQ/dt, die h d e r u n g der zugefiihrten Warme AQ mit der %it. Positive Signale zeigen exotherme Vorghge an (Kristallisation, exotheme chemische Reaktionen usw.). Negative Signale werden durch endothenne Prozesse erzeugt (Schmelzen, endotherme chemische Reaktionen usw.). Aus der zugefiihrten W b n e AQ ist die Warmedifferenz zwischen Probe und Referenz berechenbar und, wenn die Warmekapazitlt des Standards bekannt ist, auch die W m e , Enthalpie und Warmekapazitat der Probe.
431
13. Thennische Eigenscfi4ften
Bei der Differential-Thermoanalyse (DTA) werden dagegen die Temperaturen der Probe und der Vergleichssubstanz mit konstunter Geschwindigkeir erhtiht. Erreicht die Temperatur eine thermodynamische Umwandlung 1. Ordnung (z.B. einen Schmelzprozess), so wird solange W m e aufgenommen, bis die Probe geschmolzen ist. Die Temperatur der Probe bleibt dabei konstant, wsulrend diejenige der Vergleichssubstanz sich laufend veriindert. Die bei der Schmelztemperatur beobachtete Temperaturdifferenz zwischen h b e und Referenz ist daher dem Wmefluss Qp proportional. Ausser Schmelztemperaturen TM werden mit DTA, DSC usw. je nach Probe noch andere charakteristische Temperaturen beobachtet (Abb. 13-3). z.B. Festktirperumwandlungen TSS(in Abb. 13-3 als 1. Ordnung). Glastemperaturen TG, fliissig/fliissig-Umwandlungen bei TLL (umstritten), Einsetzen von Kristallisationsvorgtingen bei Tcryst. Schmelztemperaturen TM,Beginn chemischer Reaktionen bei Tre,, (2.B. Oxidationen oder Vemetzungen) und Zersetzungen der Probe bei Tdecomp Die Basislinie ist meist zu beiden Seiten der Signale nicht gleich hoch. da die Proben oberhalb und unterhalb der charakteristischen Temperaturen in der Regel verschiedene Wirmekapazititen aufweisen. Die Form und die Grlisse der Signale htingen ausserdem noch von der Aufheizgeschwindigkeit ab. Anstelle der bei Glastemperaturen erwarteten Stufe wird z.B. hiufig eine endotherme Spitze (E: peak) beobachtet. Eine grlissere Probemenge fiihrt zu einem sarkeren Temperaturgefie und damit zu einem langsameren Temperaturausgleich usw.
- Temperatur -+ Abb. 13-3 Thermogramm eines partiell-kristallinenPolymeren (schematisch). Siehe Text
Einige wissenschaftliche und technische Methoden bestimmen thermische Umwandlungen iiber die dabei erfolgenden Defonnationen der Priiflinge. Die thermomechanische Analyse (TMA) ermittelt die Deformation des Priiflings unter Last, die dynamischmechanische Analyse (DMA) die erzwungene oder freie Schwingung der Priiflinge als Funktion der Temperatur. In der Technik werden meist einfachere und schnellere empirische Methoden verwendet. Diese Methoden sprechen in der Regel gleichzeitig auf verschiedene physikalische Gassen und/oder Vorghge an; sowohl die Probenabmessungen als auch die Priifanordnungen und -verfahren sind genormt (Abb. 13-4). Die so mit verschiedenen Methoden bestimmten "Umwandlungstemperaturen" sind nicht miteinander vergleichbar.
13.2.
432
VicatA
10N =5OK/h AL.= 1mm
F
=
Y
VicatB
50N ; U = 12OK/h; v = l m m ; b!,=
Martens 4.9 Mpa K/h
50 6
mm
Molekdbewegungen
Heat distortion A Heat distortion B
1,80 Mpa 120 K/h 0.21 mm
0.45 MPa 120 K/h 0.33 mm
Abb. 13-4 Technische thermoanalytische Methoden. F = Kraft, v = Geschwindigkeit. Bei den Vicat-Methoden dringt eine Nadel mit einer bestimmten Kraft F in die rnit der Geschwindigkeit v = dT/dt aufgeheizten Probe ein. Man liest die Temperatur ab. bei der eine Eindringtiefe von AL = 1 mm erreicht wird. Bei der Martens-Methode gibt man eine Biegespannung u vor und bestimmt, bei welcher Temperatur eine Solldeformation von AL = 6 mm auftritt. Bei den drei "heat deflection"- bzw. "heat distortion"-Methoden A, B und C (HDT) gibt man ebenfalls Biegespannungen vor und misst die "heat deflection temperature" bei bestimmten Solldeformationen AL (Methode C: u = 5 MPa). Umwandlungstemperaturen ktinnen ausserdem rnit der inversen Gaschromatographie bestimmt werden. Das zu messende Polymere wird dazu auf einem Trager niedergeschlagen. An dieser Trennsiiule werden dann die Retentionszeiten bzw. Retentionsvolumina V, einer Sonde (z.B. eines aliphatischen Kohlenwasserstoffes) als Funktion der Temperatur gemessen, wobei sich Umwandlungstemperaturen im Ig V, = f( l/T)-Diagramm durch Extremwerte oder Richtungshderungen zu erkennen geben.
13.2.
Molekiilbewegungen
13.2.1. Thermische Ausdehnung Isotmpe Ktirper dehnen sich beim Erwarmen wegen der zunehmenden Bewegungen von Atomen. Molekulteilen und Molekiilen gleichmassig in alle drei Raumrichtungen aus. Durch Thermodilatometrie (L: diluture = vergriissem, ausdehnen) ermittelt man den kubischen Ausdehnungskoeffzienten /3 = V-l(dV/d7')p, welcher rnit /3 = 3a in den linearen Ausdehnungskoeffizienten a = L-' ( d L / d q p umgerechnet wird. Diese einfache Umrechnung ist bei anisotropen Ktirpem nicht zullssig, da diese sich in den drei Raumrichtungen ungleichmiissig ausdehnen. Die Ausdehnung ist z.B. in Polymerkristallen entlang der Kettenachse negativ, da die mit der Temperatur zunehmende Amplitude der seitlichen Bewegungen zu einer Kontraktion der Kette fiihrt. Der kubische Ausdehnungskoeffizient kann bei Polymeren Werte bis zu ca. 100-10-6 K-' erreichen; Verdrehungen und Biegungen der Ketten tragen etwa gleich vie1 bei. Die thermische Ausdehnung hangt von der Anderung der zwischen den Atomen wirkenden Krgfte rnit der Temperatur ab. Die Kr;dfte sind bei kovalenten Bindungen gross und bei van der Wads-Wechselwirkungen klein. Im Quankristall sind z.B. alle Atome in einem Gitter dreidimensional kovalent gebunden: die thermische Ausdehnung ist daher
13. Thermische Eigenschaften
433
nur gering. Bei Fliissigkeiten hemchen dagegen zwischen den Molekiilen nur die stark temperaturabhhgigen intermolekularen Krlfte: die thermische Ausdehnung ist gross. Bei Polymerketten sind die Kettenatome in einer Richtung kovalent gebunden, in den beiden anderen Richtungen wirken dagegen nur intermolekulare Kri[fte. Die thermische Ausdehnung von Polymeren liegt daher zwischen denen organischer Fliissigkeiten und denen von Metallen (Tab. 13-2). in den drei Raumrichtungenauf die linearen AusdehnungskoefTab. 13-2 Einfluss der Bindung-te fiienten a. isobaren spezifiichen W&nekapazit2ten c und W&neleitf2ihigkeiten 1verschiedener iso. trap Materialien bei 25OC. c = Covalent, m = rnedisch. h = Wassersmffbriicke,p = Dipol/DipolWechselwirkung.d = Dispersionskriifte. NatlirlicherQuarz enWt bis zu 0.01 46 Wasser.
Grundeiiit
Material
Quarz Diamant ('3C) Eisen Kupfer
Aluminium
WasSer Polyamid 6 Poly(styro1). at Poly(vinylchlorid),at Poly(te€latludylen) Poly(ethylen), PE-HD Poly(isopren), cis- 1,4Poly(ethylen), amorph SchwefeIkohlensmff
c c c c c c mmm mmm mmm h h h c h d CPP CPP CPP c d d CPd c d d ddd
1
1.34 12 17 23 70 60 70 80 99 120 223 287 380
0,72
0,54 0.38 0,88 42 1.6
13 1.2 0.42 23 1.9 2J 0.60
10,5
2300 58 350 234 0.3 1 0,16 0.18
0,37 0,44 0.13 0,35
Wegen der sehr verschiedenen Ausdehnungskoeffizienten von Polymeren einerseits und Metallen und Glas andererseits kunnen beim Verbinden derartiger Stoffe bei thermischen Beanspruchungen erhebliche Probleme auftreten. Technisch wichtig ist auch die sog. Masshaltigkeit (E: dimensional stability) der Polymeren. Masshaltige Polymere miissen nicht nur kleine Ausdehnungskoeffizienten aufweisen, sondem auch nicht rekristallisieren. da sonst beim Verarbeiten wegen der Dichteunterschiede zwischen kristallinen und amorphen Bereichen Verziige und Verwerfungen auftreten.
13.2.2.
Warmekapazitat
Bei Polymeren ist nur die Wtirmekapazitlt (friiher: spezifische Wlrme) C p bei konstantem Druck zughglich. Fur theoretische Betrachtungen ist dagegen die WlrmekapaziUt Cv bei konstantem Volumen wichtig. Beide Gr6ssen sind nach den thermodynamischen Gesetzen iiber den kubischen Ausdehnungskoeffizienten p und die isotherme Kompressibilittit ilc miteinander verkniipft und k6nnen daher ineinander umgerechnet werden: (13-10)
Cp = C V + ( W ~ * / K )
434
13.2.
Molekdbewegungen
Die molare Warmekapazitat C V , bei ~ konstantem Volumen ist bei kristallinen Polymeren aus dem Frequenzspektmm berechenbar. Im kristallinen Zustand schwingen die Atome harmonisch um ihre Gleichgewichtslagen. Jede einzelne Schwingung tragt entsprechend der Einstein-Funktion ( 13- 11)
E( err) = e2 [exp (err)]/ 1 - exp (err)]
zur W2rmekapazit2t bei, wobei 8 = h v / k ~die Einstein-Temperatur ist. Die molare Warmekapazitgt ist dann einfach die Summe iiber alle Beitrage der Schwingungen:
Die Warmekapazitat ist bei sehr tiefen Temperaturen fast ausschliesslich durch diese Gitterschwingungen besthmt. Bei etwas hiiheren Temperaturen muss man noch fiir die Anharmonizitat der Gitterschwingungen komgieren. Bei noch hiiheren Temperaturen sind zudem Gruppenschwingungen und Rotationen um Kettenbindungen zu beriicksichtigen. Ein weiterer Beitrag kann schliesslich von Gitterdefekten herriihren. Nach dem Gleichverteilungssatz der Energie betragt die molare WlrmekapazitBt maximal 3 R pro Mol Atom. Tatslchlich sind jedoch immer Freiheitsgrade eingefmren, so dass die molare Warmekapazitat niedriger ist. Empirisch wurde f i r feste Polymere bei Raumtemperatur ein Wert von etwa 1 R pro Mol Atom gefunden. Das Polymere der Abb. 13-5 weist z.B. bei 25°C eine spezifische Warmekapazitat von 1,22 J K-1 mol-1 auf. Die Whnekapazitat pro Mol Grundbaustein Q H s O betr2gt also 146,4 J K-1 mol-l. Bei 17 Atomen pro Grundbaustein resultiert eine Warmekapazitat von 8,61 J K-l mol-' (bezogen auf 1 Mol Atom), d.h. praktisch 1 R = 8,314 J K-l mol-l. Spezifische Warmekapazitaten von Kunststoffen liegen zwischen cp = 0,85 J K-* g-' (Poly(viny1chlorid)) und 2,7 J K-1 g-1 (Poly(ethy1en) hoher Dichte), diejenigen mineralischer Fiillstoffe jedoch bei ca. 0,9 J K-1 g-l. Gefiillte Kunststoffe beniitigen daher bei der thermischen Verarbeitung weniger Energie als ungefiillte.
Abb. 13-5 Spezifische W&mekapazitilt cpbei konstantem Druck von partiell laistallinem ( 0 )und amorphern (0)Poly(oxy-(2,6-dimethyl)-1,4-phenylen)als Funktion der Temperatur [2]. TcVsr= Beginn der Rekristallisation, TG = Glastemperatur, TM= Schmelztemperatur.
435
13. Themkche Eigenschajlen
Die Wmekapaziat ist unterhalb der Glastemperatur unabhhgig davon, ob das Polymere amorph oder kristallin vorliegt (Abb. 13-5). Bei der Glastemperatur nimmt dann die Wlrmekapazitlt durch das Einsetzen neuer Schwingungen mehr oder weniger sprunghaft zu. Da derartige Bewegungen aber schon unterhalb der Glastemperatur beginnen konnen, beobachtet man gelegentlich bei kristallisierenden amorphen Polymeren bereits unterhalb der Glastemperatur den Beginn einer Rekristallisation. Beim SchmelZen durchl2uft die WZnnekapaziat ein Maximum. Die eigentliche Schmelztemperatur ist ) , dort die gr6ssten und perfektessomit das obere Ende des Schmelzbereiches ( T M , ~ da ten Kristallite schmelzen (vgl. auch Abb. 13-5 und 13-8).
13.2.3.
Wiirmeleitfahigkeit
Die tiblichen Polymeren leiten nicht den elekuischen Strom. Wirme wird daher bei ihnen auch nicht wie bei Metallen durch Elektronen (Radius ca. lW5 nm) transportiert; sondem durch elastische Wellen (im Teilchenbild: Phononen). Die Strecke, bei der die Intensiat der elastischen Wellen auf l/e abgesunken ist, wird freie Wegltinge der Phononen genannt. Sie ist bei Glisem, amorphen Polymeren und Fliissigkeiten bei nicht zu tiefen Temperaturen weitgehend temperaturunabhagig und betrtigt ca. 0.7 nm. Der bei Naturkautschuk und anderen w r p h e n Polymeren unterhalb der Glastemperatur beobachtete schwache Abfall der Wmeleitmgkeit ist daher im Wesentlichen durch den Abfall der Wlrmekapazitiit mit der Temperatur bedingt (Abb. 13-6).
-\
-200
-100
0
100
200
- TIOC Abb. 13-6 Temperatmbhagigkeitder W&meleitf&igkeitvon Naturkautschuk (NR), Poly(oxyethylen) 0und Poly(ethy1en) hoher (HDPE) und niedriger (LDPE) Dichte. TG = Glastemperaturund TM= Schmelztemperatur.Nach Daten einer Zusammenstellung[3]. Bei noch tieferen Temperaturen wird schliesslich bei (5-15) K ein Plateau erreicht. Dann Setzt wieder ein langsamerer Abfall ein, bis schliesslich bei Temperaturen unterhalb 0,s K die Wirmeleitf2higkeit dem Quadrat der Temperatur proportional wird.
436
13.2.
Molekiilbewegungen
Bei Temperaturen oberhalb 150 K wird die W&me im Wesentlichen durch Stijsse von Molekul zu Molekul weitergeleitet. Wegen der zunehmend lockereren Anordnung der Molekiile ist daher oberhalb der Glastemperatur ein Abfall der WirmeleiWgkeit zu erwarten. Weil sich aber die Molekulpackungen unterhalb und oberhalb der Glastemperatur nicht sehr unterscheiden, sind auch die W&meleitf?ihigkeiten nicht sehr verschieden: die Wbneleitfagkeit zeigt bei der Glastemperatur nur ein schwaches Maximum. Bei kristallinen Polymeren wie 2.B. Poly(oxyethy1en) und den Poly(ethy1en) tinden sich dagegen die Packungsdichte bei der Schmelztemperatur drastisch: die W2rmeleitf2higkeit nimmt bei der Schmelztemperatur stark ab (Abb. 13-6). Der Abfall ist umso sarker, j e kristalliner das betreffende Polymere ist. Er setzt dabei weit unterhalb der Temperaturen ein, bei denen durch andere Methoden der Beginn des Schmelzens festgestellt wird. Mit abnehmender Temperatur liuft dann die Wirmeleitf2higkeit kristalliner Polymerer durch ein Maximum und sinkt bei Annaerung an den absoluten Nullpunkt zu sehr niedrigen Werten ab (nicht gezeigt). Das Maximum liegt beim Poly(ethy1en) bei - 170 "C. ESbetr;dgt A lOO.l(P W m-l K-'.
13.2.4.
Thermische Relaxationen
Das Einsetzen und Aufhtiren von Bewegungen von Molekulen und Molekulteilen kann mit sehr vielen Methoden erkannt und studien werden (Tab. 13-3). Diese Methoden arbeiten mit Frequenzen V, die Korrelationszeiten zwischen 1&12 s < l/v < 106 s (= 11,5 Tagen) entsprechen. Die langsamen Methoden werden oft als Quasi-Gleichgewichtsmethoden oder statische Methoden bezeichnet, die schnellen als dynamische. Tab. 13-3 Methoden zum Studium molekularer Bewegungen. tcorr = Korrelationszeit. TSD = thermally stimulated discharge (themisch-stimulierte Entladung); TSC = thermally stimulated current (thermisch-stimulierter Strom).
Quasielaskhe Neutronenseeuung NMR Spin-Gitter-Relaxation Brillouin-Streuung (Hypddl-FOfipflanzung) ESR-Liniengestal t Dielektrische Relaxation (einschl. TSD und TSC) Kerr-Effekt-Relaxation (elektrische Doppelbrechung) ESR-Siiaigungsubemgung NMR-Liniengesral t Quasi-elaskhe Lichtstreuung (Photonkorrelations-Spektroskopie) Relaxation der Dipol- und Quadrupol-Ordnungen (NMR)
10-12
10-12 10-10
-
10-8
- 10-5 - 10-9
1 ~ 1 0- 1 ~ 7 1~ - 1cr5 1cr* - 104 10-7
-
-
10-5 i t 3
1 p - 1@ 1 ~ 3- 1
Bei einer bestimmten Messfrequenz beobachtet man bei verschiedenen Temperaturen charakteristische Signale, z.B. f i r den Verlustfaktor tan 6 bei mechanischen Relaxationen (Abb. 13-7). Derartige Signale ktinnen nicht immer sofort einem molekularen Vorgang zugeordnet werden. Sie werden daher von der Schmelztemperatur (bei kristallinen Polymeren) bzw. der Glastemperatur (bei amorphen Polymeren) ausgehend mit abnehmender Temperatur in der Reihenfolge des griechischen Alphabets klassifizien.
437
13. Thennische Eigenschaften
I
-150
* x..
-100
T b.' \
h
-50 0
I
+lo0
+300
.. . . . . . 1
~
3
1
,
. . . . .
.
106
109
103
- v T 1/ (slK-') +
Abb. 13-7 Abmgigkeit der reziprolcen Relaxationstemperaturen l/r von den Logarithmen der reduzierten Frequemn v/T fUr ein Poly(ethy1en) niedriger Dichte [4]. Die Einblendung zigt das mechanische Relaxationsspektrum mit den Relaxationstemperatwenbei eina Frequenz von v = loo0 Hz. Bei v/T = 3.32.109 s-l K-' ergibt sich die Schmelztemperatur zu TM = 131°C. Dieser gemeinsame SchniupunktfUr alle Relaxationen wird offenbar nur bei nicht-helicalen Polymeren gefunden. Bei teilkristallinen Polymeren bezeichnet daher a, ein Signal im Temperaturbereich des Schmelzens, pCdie erste Relaxation unterhalb des Schmelzens,.y, die zweite Relaxation unterhalb des Schmelzens und 6c eine Relaxation unterhalb der Siedetemperatur des Stickstoffs. Bei amorphen Polymeren gibt a, die Relaxationstemperatur im Bereich der Glastemperatur an; pa, ya und 6, sind die Relaxationen bei entsprechend niedrigeren Temperaturen. Relaxationen bei hoheren Temperaturen als TM und TG sollen mit steigender Temperatur in umgekehrter Reihenfolge des griechischen Alphabets bezeichnet werden. d.h. ausgehend von Rc bzw. L?, zu Y, X und CD. Die Temperatur des Maximums der Signale ist die Relaxationstemperatur. Diese Temperatur verschiebt sich mit der MessfEquenz v. was durch den allgemeinen Ansatz fiir Geschwindigkeitsprozesse (E: rate processes) beschrieben werden kann: (1 3- 13)
v = [kgT/(2 xh)] exp (- AHm*/RT) exp (ASm*/R)
Dabei sind kg = Boltzmann-Konstante. h = Planck-Konstante. R = allgemeine Gaskonstank, AH,,,* = molare Aktivierungsenthalpie und ASrn* = molare Aktivierungsentropie. G1.(13-13) gibt umgefonnt (13-14)
-1 = - 2+ In- kB T
AHm*[dsRi
2n.h
- In-
Das Auftragen der reziproken Relaxationstemperatur gegen den naturlichen Logarithmus des Quotienten von Frequenz und Relaxationstemperatur liefert bei nichthelicalen Polymeren fiir jeden Prozess eine Gerade (Abb. 13-7).
438
13.3. Schmelzprozesse
Die verschiedenen Relaxationsprozesse sind oft nur schwieng auf molekulare Ursachen zuriickzufiihren. Mechanische Relaxationen zeigen Translationen und Rotationen von Molekiilen und Kettensegmenten an, dielektrische dagegen die Rotation von Dipolen und den begrenzten Transport von Ladungen. Durch Ultraschall bewirkte Relaxationen treten 2.B. bei Anderungen der Mikrokonfomationen auf, sowie bei Prozessen, die mit Volumen- oder Enthalpiehderungen verknupft sind. Die verschiedenen Methoden erfassen also in der Regel unterschiedliche molekulare Prozesse. Falls sie jedoch auf den gleichen Prozess ansprechen, dann werden nummerisch wegen der bei den einzelnen Methoden verschiedenen Frequenzen auch unterschiedliche Relaxationszeiten gefunden, die jedoch auf der gleichen 1/T =Ah v/7')-Geraden liegen. Bei NMR-Experimenten baut sich z.B. nach dem plotzlichen Anlegen eines magnetischen Feldes an eine Probe mit der &it eine magnetische Polarisation auf. Diese Magnetisierung folgt gewiihnlich einer Exponentialfunktion, deren Zeitkonstante als Spin-Gitter-RelaxationszeitT I bezeichnet wird. Das NMR-Experiment entspricht also makroskopisch dem dielektrischen Relaxations-Experiment. Molekular bestehen jedoch Unterschiede. Die Kemmagnetisierung ist nmlich gleich der Summe uber alle individuellen kernmagnetischen Momente. Die Onentierungen dieser Kemmagnete sind aber nur lose mit den Molekullagen gekoppelt. T I ist daher meist vie1 grosser als die molekulare Relaxationszeit aus Messungen der dielektrischen Relaxation.
13.3.
Schmelzprozesse
13.3.1. Grundlagen Schmelzen ist die thermische Umwandlung eines Knstalls in eine Flussigkeit. Bei der Schmelztemperatur TM sind Kristall und Flussigkeit im thermischen Gleichgewicht. Fur den Schmelzprozess gilt daher fiir die Aktivierungsg~ssenAG* = AH* - TAS* = 0 und folglich auch TM = AH*/ASt und V/TM= kB/(2 nh) = 3,32.109 s-I K-1 (vgl. G1.(13-13) und Abb. 13-7). Fur die Schmelztemperatur des Poly(ethy1en)s von TM = 143°C ergibt sich so eine Frequenz von v = 1,4.1012 Hz, was etwa der natiirlichen Schwingungsfrequenz gewisser Kettenbewegungen entspricht. Daraus kann man jedoch nicht schliessen, dass Polymerkristalle beim Schmelzen vom Innem beginnend auseinanderfallen. Dagegen sprechen drei Beobachtungen. Einmal nehmen auch die Relaxationstemperaturen fur den 3/-, und den y,-Prozess bei TM die gleiche Frequenz an wie der a,-Prozess (Abb. 13-7); nur der letztere kann aber die Bewegung griisserer Molekiilsegmente umfassen. Zum anderen kiinnen gewisse Polymereinkristalle ohne Schmelzen iiber ihre Schmelztemperatur erhitzt werden und schliesslich h h g t die Schmelztemperatur noch von der Lamellendicke ab. Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass das Schmelzen an der Obeflache der Polymereinkristalle einsetzt. Die Ecken und Kanten von Kristallen sind immer so ungeordnet, dass an ihnen bei genugender Energiezufuhr der Schmelzprozess beginnen kann. Im Gegensatz zur Kristallisation werden beim Schmelzen keine zugesetzten Keimbildner beniitigt.
439
13. Thermische Eigenschaften
Tab. 134 SchmelzenthalpienA?I* pro Mol Kettenatom und molare AktivierungsenthalpienAHm' pro Mol Segment verschiedener Relaxationspmzssebei teilkristallinen Polymeren. sowie Anzahl N dez an diesen Prozssen hiligten Kettenatome 141. a,= Schmelzprozess.
Polymere
mM,m
AHm*
w mol-'
w mol-'
Poly(ethylen),niedtige Dichte 4.1 1 4.1 1 Poly(ethy1en). linear 2.5 1 Poly(chlortrifluorethy1en) 3.32 Poly(ethy1enmephthalat) 3,71 Polyamid 6 3,42 Poly(tetraflumthy1en)
661
-
222 272 222 218
142 188
N
50
84
75 84
130
161
44
63
88 82 60 64
35 46 53 23 23 38
12 11
18
Die Zahl der beim Schmelzen beteiligten Kettenglieder l a s t sich aus dem Verhamis A H m S / A H ~ , mder Aktiviemngsenthalpie AHrn* des Relaxationsprozesses pro Mol Segment zur Schmelzenthalpie AHM,m pro Mol Kettenatom abschHtzen (Tab. 13-4). Am
Schmelzprozess sind also Segmente aus ungefar 60-160 Kettenatomen beteiligt, beim B,-Prozess (Glasiibergang) etwa 20-50 und beim y,-Prozess erheblich weniger. Die Zahl N der am Schmelzprozess a, beteiligten Kettenatome des Poly(ethy1en)s stimmt recht gut mit der Zahl der Atome pro Stamm der Faltungsmizellen iiberein.
13.3.2.
Einfluss der Morphologie
Definition der Schmelztemperatur Kristalle niedermolekularer Verbindungen sind recht perfekt. Sie schmelzen daher in einem sehr engen Temperaturbereich, 2.B. beim molekulareinheitlichen Alkan C44H90 mit der Schmelztemperatur TM = 86.4OC innerhalb eines Temperaturintervalles von AT = 0,25 K (Abb. 13-8). Die lilngeren Ketten des Alkans C94H1W kristallisieren weniger perfekt. Wegen der Gitterdefekte sind einige Segmente bzw. Kettenenden etwas beweglicher als die anderen. Deranige Kettenteile werden beim Aufschmelzen s t ~ d i gzwischen den kristallinen und nichtkristallinen Bereichen verteilt: das Schmelzen beginnt bei ca. 110°C und endet bei ca. 114.6"C (AT = 4.6 K). Eine imperfekte Kristallsuuktur erzeugt einen Schmelzbereich (E: melting range). Die gr6ssten und perfektesten Kristalle schmelzen am oberen Ende dieses Bereiches. Bei niedemolekularen Verbindungen ist dort der Ubergang zur Schmelze relativ scharf; er gibt die thermodynamische Schmelztemperatur T M ,der ~ Probe an. Endgruppen, Vetzweigungen und Kettenfaltungen rufen zusitzliche Defekte hervor. Polymere weisen daher breitere Schmelzbereiche als analoge Oligomere auf, besonders bei breiten Molmassenverteilungen (Abb. 13-8). Bei der Schmelztemperatur TM solcher Polymerer degenerieren die Stufen der spezifischen Volumina v bzw. der Enthalpien H zu S-f6rmigen Kurven. Die scharfen Signale der ersten Ableitungen ( a V / X ) , = gV und (aH/aZ'), = C, werden nunmehr glockenftirmig (vgl. Abb. 13-1 und 13-5). Es tritt ein breiter Schmelzbereich auf (Abb. 13-8).
440
13.3. Schmelzprozesse
30
50
70
90
110
- T/"C
130 +
150
170
Abb. 13-8 Temperaturabhgngigkeit der spezifischen Volumina zweier Alkane C44H90 und C94H190 (keine Skalenangabe) [5].sowie eines breit verteilten (unfraktionierten)Poly(ethy1en)s und einer daraus erhaltenen Fraktion mit dem Zahlenmittel der relativen Molmasse 32 OOO [6]. Die Poly(ethy1ene) wurden 40 Tage bei 131,5OCgerade unterhalb der Schmelztemperaturen kristallisiert. Die Ubergage an den oberen Enden der Schmelzbereiche sind nicht mehr scharf und man spricht daher die Mitte des Schmelzbereiches als die Schmelztemperatur T M an. Die Schmelztemperatur T M ist gewohnlich kleiner als die thermodynamische Schmelztemperatur TM,.,der perfekten Kristalle. Sie kann aber auch grosser sein, wenn die Kristallite beim schnellen Aufheizen uberhitzt werden (Abb. 13-9).
Einfluss der Aufheizgeschwindigkeit Bei aus der Schmelze kristallisiertem Poly(ethy1en) nimmt z.B. die Schmelztemperatur mit zunehmender Aufheizgeschwindigkeit zu, und zwar urnso starker, je hdher die Molmasse ist (Abb. 13-9). Es stellt sich offenbar kein Gleichgewicht zwischen noch kristallisierten und schon geschmolzenen Ketten ein. Die ijberhitzung ist auch umso grosser, je perfekter und "gestrecktkettiger" die Kristalle sind, was z.B. durch eine Kristallisation unter Druck erreicht wird. Bei aus VerduMten Ltisungen erhaltenen Einkristallen des Poly(ethy1en)s sinkt dagegen die Schmelztemperatur mit zunehmender Aufheizgeschwindigkeit ab und wird dann konstant. Bei kleinen Aufheizgeschwindigkeiten haben die Ketten offenbar genugend B i t , sich zu reorganisieren.
Einfluss der Kristallitgrosse Die thermodynumische Schmelztemperatur T M ,(E: ~ melting temperature, fusion temperature) von Polymerkristallen aus unendlich langen ( N u + =), gestreckten Ketten (d.h. unendlich dicken Lamellen) ist durch die Schmelzenthalpie und -entropie der Nu Monomereinheiten gegeben: T M ,=~NuAH~.JNuAS~,u = AHM,JASM.~.
44 1
13. Thermische Eigenscwten
150
140
b, \
E
L
I 130 120
0
20
60
40
-R / (K m i d ) + Abb. 13-9 Schmelztemperaturen TM von Poly(ethy1en)en als Funktion der Aufheizgeschwindigkeit R fiir verschieden kristallisierte Poly(ethy1en)emit hoher (h) cder mittlerer (m) Molmasse [7]. Gestrecktkettige Kristalle wurden durch Kristallisation unter hohem Druck erhalten, Sphtirolithe durch Kristallisation von Schmelzen unter normalem Druck (n) oder durch Abschrecken (a), Dendrite durch Abschrecken (a) von Usungen und lamellare Einkristalle dwch Kristallisationaus verdiinnten Bungen. Gefaltete Ketten weisen niedrigere Schmelztemperaturen von TM = AHM/ASM auf, da die Enthalpie eines Segmentes wegen der Grenzflkhenenthalpien AHo = (a,&) der Faltungen mit der Grenzflkhenenergie und der Faltungsl&ge Lf emiedrigt wird:
Einsetzen von T M ,=~M M , J A S M ,und ~ TM = MM/ASM fiir die beiden Schmelztempe) die raturen sowie Vemachllssigen der Entropieunterschiede (ASM = A S M , ~ liefert Gibbs-Thomsen-Gleichung:
Durch Extrapolation der Schmelztemperaturen TM auf unendlich kleine Werte der reziproken Lamellendicke (l/Lc + 0) erhat man die Schmelztemperatur T M , einer ~ unendlich dicken Lamelle ( Lc = NuLu + -). Lamellendicken sind nur mit grossem Aufwand zu emitteln. Fuhrt man in Gl.(l3-16) jedoch den Ausdruck fiir aus G1.(7-7) sowie einen Verdickungsfaktor y = LfIL,,, ein, so erhst man einen Ausdruck fiir die Abhagigkeit der Schmelztemperatur TM der Lamellen von der Kristallisationstemperatur Tcryst: (13-17)
TM =(I- ~ ' ) T M .+o r'Tcryst
Hoffman-Weeks-Gleichung
Experimentell wird meist y = 2-3 gefunden. Die Faltungslage L f = yLc,o ist daher etwa doppelt bis dreimal so gross wie die kritische Lamellenhohe Lc,o.
442
13.3. Schmelzprozesse
Die Hoffman-Weeks-Gleichung schreibt also die beobachtete Zunahme der Schmelztemperatur mil der Kristallisationstempratur einer Verdickung der Lamellen zu. Ein solcher h z e s s kann aber nur bei bewegfichen Molekiilsegmenten ablaufen, wie sie sich bei NMR-Experimenten oder dielektrischen bzw. dynamisch-mechanischen Messungen als sog. a-Relaxation zu erkennen geben (Kap. 13.2.4). Aliphatische Polyamide. Poly( 1,4-~henylensulfid),Poly(ethylenterephthala1)und isotaktisches Poly(styro1) weisen aber keine kristalline a-Relaxation auf. In anderen F2llen werden a-Relaxationen durch verschiedene Faktoren unterdriickt. z.B. durch anwesende nichtkristallisierbare Einheiten oder durch grosse Verhakungsdichten in den interlamellaren Bereichen. Der kausale Zusammenhang zwischen Segmentbeweglichkeit, h e a r e r Beziehung TM = ATcrysJ und Verdickungsfaktor ist also nicht notwendigerweise gegeben. Tatstichlich zeigt sich. dass die Hoffman-Weeks-Gleichung immer zu grosse Verdickungsfaktoren yliefert, dass diese Faktoren nicht zeitlich konstant sind und dass als Folge davon zu niedrige Schmelztemperaturen T M , berechnet ~ werden.
13.3.3.
Einfluss der Molmasse
Die Schmelztemperaturen TM von Polymerhomologen nehmen mil steigender Molmasse zu und erreichen schliesslich einen Endwert T M ,(Band ~ I, Abb. 1-1). Dieses Verhalten wird auf den mil steigender Molmasse kleiner werdenden Einfluss der Endgruppen zuriickgefiihrt, da Endgruppen meist nicht in das Kristallginer eingebaut werden. Fur die Beziehung zwischen der Schmelztemperatur und dem Zahlenmittel des Polyrnerisationsgrades wurde urspriinglich eine Funktion
xn
(13-18)
1
-TM
--
l
TM,-
+
R mM,u.rn
.- 2 Fn
abgeleitet (AHM,",~= molare Schmelzenthapie pro Monomereinheit). Diese Beziehung wird in der Tat fiir eng verteilte Poly(ethylenglyco1)e HO(CH~CH~O)NH (N = Fn)und molekulareinheitliche Alkane H(CH~)NH(N = X = Fn)gefunden (Abb. 13-10). Die Ableitung der G1.(13-10) nimmt implizit an, dass alle Molekule unabhhgig von N , X oder F,, im Kristall die gleiche Makrokonfonnation annehmen. Diese AMahme kann nicht fiir Cycloalkane mit N < 60 gelten (Abb. 13-10), da hier durch Ring- und Pitzerspannungen (Band I, Kap. 7.4.2) stark mit der Kettengliederzahl variierende Makrokonformationen eneugt werden. Sie trifft aber auch nicht fiir Alkane zu. Die niedennolekularen Homologen besitzen wegen der Packungseffekte der CH3-Endgmppen altemierende Schmelztemperaturen (Band I, Abb. 1-1). Diese Homologen bilden gestrecktkettige Kristalle. Bei N > 80 beginnen sich aber die Alkankenen zu fallen (Abb. 7-10), was sich bei N 100 auch in der Schmelztemperatur bemerkbar macht. Bei ca. N = 160 wird die Makrokonformation der Cycloalkane erreicht, deren Ringfom bei parallelen Kettenstiicken zu "natiirlichen" Faltungen fiihrt. Diese Faltungen enthalten nach Rontgenmessungen an Cycloalkanen mil N = 24, 26, 34, 36 CH2-Gruppen die Konformationssequenz ...T(GGTGG)T... (6 Methylengruppen, vgl. Abb. 7-14). Der Bereich 100 IN I160 entspricht bei trans-Konformationen Lamellendicken von La = (N/2).0,254 nm, also 12,7 IL,,/nm I20,3.
-
443
13. Thetmische Eigenschaften
3,4 1
Poly(ethylenglyco1)e
Alkane
k... -...0
Cycloalkane
0.01
0
0.02
0,03
- 1/N
0.04
0.05
+
Abb. 13-10 Reziproke Schmelztemperaturen ~ / T M als Funktion der reziproken Zahll/N der Kettenglieder in Poly(ethylenglyco1)enH(OCH2CH2),0H (N= 3 11bzw. Alkanen H(CH~)NHund Cycloalkanen cyclo(cH&,r.Die F'feile bei den Alkanen geben den ubergang von gestrecktkettigen Kristallen zu
Faltungsmizellen an (s. Text).
Depressionen der Schmelztemperaturen T M , perfekt ~ kristallisierender Polymerer werden auch durch (a) zugesetzte Losungsmittel (Gefriepunktserniedrigung), 0)in der Schmelze (aber nicht im festen Zustand) mischbare andere Polymere, (c) amorphe Bereiche in semikristallinen Homopolymeren. oder (d) statistische Copolymere mit langen Sequenzen der kristallisierenden Bausteine hervorgerufen. Die G1.( 13-18) wird f i r diese F U e zu (13-19)
-=1 TM
(13- 19a) (13- 19b) (1 3- 1 9 ~ )
l TM,-
+
R mM,u.m
Q
Q = (Vu,m / Vl,,,,)[- ~ ( 1 h - )' +(I - ~ r ) ](zusatz von Ltisungsmitteln) (Zusatz von Polymeren) Q = (Vu,m 1 Vli.rn>[- ~ ( 1 -h)21 Q=lnxU-(l/Fi)
(Einbau von Comonomeren)
wobei pi,m=partielles Molvolumen der Monomereinheit ( i = u) oder des Ldsungsmittels (i = 1). & = Volumenbruch des kristallisierenden Polymeren, xu = Stoffmengenanteil der Monomereinheiten der kristallisierenden Sequenzen. x = Wechselwirkungsparameter (S. 305). Im Baur-Modell (13-19c) ist dabei Fi = [2 x,(l - xu)]-1 die mittlere Lilnge der Homopolymersequenzen in der Schmelze. Eine neuere Ableitung beriicksichtigt die Mischungsentropie der Endgruppen mit den N Monomereinheiten in der Schmelze und die unterschiedlichen Schmelzenthalpien von Monomereinheiten und Endgruppen. Wenn in der resultierenden, komplizierten Gleichung bestimmte kleine Glieder vemachlbsigt werden k(lMen, erhillt man n a e rungsweise die Flory-Vrij-Gleichung, wobei m M , , , m die molare Schmelzenthalpie der Monomereinheiten ist und TM,.. die Schmelztemperatur unendlich langer Ketten:
13.3.
444
Schmeizprozesse
1
-50 4
0
0.01
0,02
- (hN)IN +
0,03
Abb. 13-11 Schmelztemperaturen TM aIs Funktion des Ausdrucks (In N)/N fiir Alkane und Poly(ethylenglyco1)e ( D a n der Abb. 13-10), sowie fiir Poly(oxymethy1en)diaetate[8].N ist die Zahl der indizierten Monomereinheiten (siehe chemische Formeln).
G1.( 13-20) gibt zwar Geraden fiir Polymere mit engen Verteilungen (Poly(ethy1englyco1)e und Poly(oxymethylen)diacetate), nicht aber fiir molekulareinheitliche Homologe wie die Alkane (= Poly(methy1en)e) H(CH2hH.
13.3.4.
Einfluss der Konstitution
Schmelztemperaturen sind bislang nicht aus primlren Strukturdaten absolut berechenbar. Sie lassen sich aber aus Schmelzentropien und Schmelzenthalpien abschltzen. Die Schmelzentropie misst die durch unterschiedliche Lagen, Onentierungen, Mikrokonformationen und Volumina bedingten Entropiebderungen. Beim Schmelzen von Methan CH4 wechseln die praktisch kugelfomigen Methanmolekiile nur ihre Lage; die molare Schmelzentropie betrlgt A S M , ~= 10,3 J K-1 mol-1. Anderungen der Lage und Onentierung begleiten das Schmelzen von Ethan CH3-CH3, und ASM,m erh6ht sich auf 32.3 J K-' mol-l. Beim Schmelzen von Decan H(CH2)loH bzw. Dodecan H(CH2)12H wandeln sich zusatzlich noch die Mikrokonformationen und die molaren Schmelzentropien der Molekiile steigen auf 118,2 J K-1 mol-' bzw. 138,8 J K-' mol-' an. Da die Zahl der moglichen Konformationen pro Molekiil durch die Zahl der Kettenglieder bedingt ist, muss man Schmelzentropien auf diese und nicht auf die Molekule beziehen. Subtrahiert man die Schmelzentropie des Methans von den Schmelzentropien des Ethans, Decans und Dodecans und teilt durch die Zahl der Methylengruppen, so ergeben sich pro Mol Kettenglied Werte von ASM,u,m/(J K-l mol-') = 10,95 (Ethan), 10,79 (Decan) und 10.71 (Dodecan). Beriicksichtigt man noch Orientierungsbderungen und subtrahien den Wen des Ethans, so erh2lt man Werte von 8,6 (Decan) bzw. 8.9 (Dodecan). Expenmentell beobachtet man fiir Poly(methy1en) einen dazwischen liegenden Wen von 9,9 J K-' mol-1 (Tab. 13-5). Wenn beim Schmelzen der Poly(methy1en)e pro Bindung drei konformative Lagen mit gleicher Energie entstehen und die hderung der Konformationsentropie den einzigen Beitrag zur Schmelzentropie liefert, dann musste die letztere U M , m = A Smnf,m= R ln 3 = 9,12 J K-' mol-1 betragen, bei einer trans- und ~ J K-l mol-l. zwei gauche-Bindungen dagegen U M =, 7,41
445
13. Themkche Eigenrchaften
Tab. 13-5 SchmelztemperatmTM,kubische Ausdehnungskoeffiienten B und Kompressionskoeffi-
zienten K der Schmelzen, hderungen AVM des spezifischen Volumens beim Schmelzen, sowie molare Schmelzentropien ASM,+@und molare Schmelzenthalpien L W M ,(pro + ~ Kettenglied) fiir Polymere mit N Kettengliedem pro Repetiereinheit.
Repetiereinheit
CF2 CH2 ocH2 OCHzCHz o(CHilSc0 NH(cH2lsco
CH2CH(CH3), it CH2CH(C,jHs), it CH2C(CH3)=CHCH2,cis
1 1 2 2 7 7 2 2 3
327 144 184 69 64 260 187 242 30
7.97 2.85
4,O 1.67 1.75
6,4
1.96 2,86 5 ,o
0,065
0,173 0,085 0,081 0.041 0,077 0.112 0,061 0,108
5,7 9,9 10.7 8,4 6.9 7.O 7.6 9-7 43
3.42 4.11 4.90 4.33 2,31 3.71 3.47 5-00 1,45
Die experimentell gefundene molare Schmelzentropie ist also gr6sser als die Anderung der Konformationsentropie. Nun nimmt aber beim Schmelzen immer das Volumen zu und fiir die Schmelzentropie sollte daher gelten
wobei AVM = hderung des spezifischen Volumens bei der Schmelztemperatur, MU= mittlere Molmasse pro Kettenglied, j3 = kubischer Ausdehnungskoeffizient und K = kubischer Kompressionskoeffizient jeweils knapp oberhalb von T M . Beim Poly(ethy1en) betrigt der durch die Volumenausdehnung hervorgerufene Beitrag zur Schmelzentropie nach den Werten der Tab. 13-5 allein 10.9 J K-' mol-I. Fur ASM,m ergibt sich daraus = 7,41 J K-' mol-' ein vie1 zu hoher Wert von 19.0 J K-' mol-'. mit Mcryst,m Der Unterschied zwischen den theoretischen und experimentellen Anderungen der Konformationsentropie deutet beim Poly(ethy1en) auf in der Schmelze vorhandene lokale Ordnungen. welche die Konformationsentropie herabsetzen. Altemativ kann jedoch eine relativ niedrige experimentelle hderung der Konformationsentropie von einer hohen Segmentbeweglichkeit unterhalb der Schmelztemperaturen stammen, was nach Breitlinienkernresonanz-Messungen f i r cis-1,4-Poly(isopren) zutrifft. Schmelzenthalpien sind durch die Produkte von Schmelzentropien und Schmelztemperaturen gegeben. Sie liegen meist bei (1-5) kJ/(mol Kettenglied). Niedrige Werte treten bei hohen Kettenbeweglichkeiten unterhalb der Schmelztemperatur, hohe bei dichten Packungen im Kristall und bei starken Wechselwirkungen zwischen den Ketten auf. Es wird darum oft vermutet, dass hohe Schmelztemperaturen primir von grossen Kohasionsenergien stammen. Nun ist aber die Kohisionsenergie ein Mass fiir die h i m Ubergang fliissig-gasf6rmig intermolekular wirkenden Krifte, warend beim Schmelzen der Ubergang fest-flussig betrachtet wird. Infrarot-Messungen an Polyamid-Schmelzen zeigten femer. dass oberhalb der Schmelztemperatur noch der gr6sste Teil aller Wasserstoffbriicken vorhanden ist. Die Kohisionsenergien von Kristallen und Schmelzen werden sich daher nicht sehr unterscheiden.
446
13.3. Schmelzprozesse
Die Schmelztemperatur sollte ferner mit zunehmendem Anteil an Gruppen mit hoher Kohasionsenergie pro Repetiereinheit zunehmen. Die Kohasionsenergie einer Methylengruppe betragt 2.B. 2,85 kJ/mol, die einer Sauerstoffgruppe4,19 kJ/mol, die einer Estergruppe 12,l kJ/mol und die einer Amidgruppe 35.6 kJ/mol. Je mehr Methylengruppen pro Repetiereinheit -(CH~)NX-vorhanden sind, umso niedriger sollte also die Schmelztemperatur sein. Dieses Verhalten wird auch f i r aliphatische Polyamide gefunden (vgl. Abb. 13-12). Bei Polyoxiden (sowie aliphatischen Polyestern und Polysulfiden) sinkt dagegen bei kleinem N die Schmelztemperatur unter diejenige des Poly(ethylen)s, durchlauft ein Minimum und n2hert sich mit steigendem N langsam der Schmelztemperatur des Poly(ethy1en)s an. 4001
k
I loo \ f-
0
0
5
10 IVCH,
15
20
Abb. 13-12 Schmelztemperaturen TM von aliphatischen Polyamiden +NHCO(CHd&=-,. aliphatischen Polyoxiden +O(CH~N+, und isotaktischen Poly(o1efin)en +CHRCH2% mit verschieden langen Seitenketten R = (CH2)& als Funktion der Zahl N der Methylengruppen pro Repetiereinheit.
Die gestrichelte Linie zeigt die Schmelztemperaturdes Poly(ethy1en)san. Das Verhalten der Heteroketten ist durch die niedrigeren Potentialschwellen um Sulfid- ( 8 8 kJ/mol), Ester- (5,O kJ/mol) und Sauerstoff-Gruppen (4,l kJ/mol) im Vergleich zu Methylen-Gruppen (12,3 kJ/mol) bedingt (Kap. 3.2.3 und Band I, Tab. 5-2). Die Flexibifitat des Einzelmolekuls und nicht die intennolekulare Wechselwirkung der Ketten ist daher der primire Faktor fiir die Hdhe der Schmelztemperaturen. Die Schmelztemperatur von Heteroketten mit 1-3 Methylengruppierungen pro Repetiereinheit wird dazu von der intramolekularen Packung der Ketten beeinflusst. Poly(oxymethylen) +OCH& bildet eine Helix, Poly(tetrahydrofuran) +O(CH2)4+ aber nicht. Das erstere Polymere besitzt daher eine weit hohere Schmelztemperatur (184OC) als das letztere (= 50°C). Auch die Packung der Helices selbst ist wichtig. Bei etwa gleicher Zahl der Kettenglieder pro Lageneinheit in Kettenrichtung weisen die Helices des Poly(oxymethy1en)s mit der Konformationssequenz -GG- eine geringere Querschnittsflache A, = 0,172 n m 2 der Kette auf als die aus TTG-Sequenzen aufgebauten Helices des Poly(oxyethy1en)s mit A, = 0,216 nm2. Die Helices des Poly(oxymethy1en)s sind daher steifer: die Schmelztemperatur des Poly(oxymethy1en)s von 184°C ist hdher als die des Poly(oxyethy1en)s von 69°C.
447
13. Thermische Eigenschofen
Der gleiche Effekt tritt auch bei den isotaktischen Poly(a-o1efin)en auf (Abb. 13-12). Auch hier sinkt die Schmelztemperatur rnit steigender Zahl der Methylengruppen pro lineare Seitenkette wegen der zunehmend lockeren Packung zun2chst ab. Erst ab N = 7 steigt die Schmelztemperatur wegen der zusBtzlichen Ordnung der linearen Seitenketten wieder an (Seitenketten-Kristallisation). Schmelztemperaturen werden jedoch durch dichtere Packungen erh6ht. Das it-Poly( 1-penten) fCHflH(C3H7% rnit einer linearen Seitenkette besitzt eine Schmelztemperatur von 130°C das damit isomere it-Poly(3methyl- 1-buten) t C H S H ( C H ( C H 3 ) e aber eine von 304°C. -CH2TH-
4 % 4 H 4HZ4HI I CH2CH3 CH(CH3, C(CH33
--C%TH-
CH3 TM= 186OC
136°C
> 32OOC
304°C
Packungseffekte sind auch fiir das Schmelzvehalten von konstitutionellen und konfigurativen Copolymeren verantwortlich. Die Schmelztemperatur taktischer Polymerer sinkt im Allgemeinen rnit abnehmender Taktizitgt. V6llig ataktische Polymere kristallisieren rnit wenigen Ausnahmen nicht und besitzen daher auch keine Schmelztemperatur. Sind bei konstitutionellen Copolymeren die einzelnen Bausteine miteinander isomorph und zudem noch statistisch angeordnet, so sinken die Schmelztemperaturenkontinuierlich rnit dem Stoffmengenanteil des niedriger schmelzenden Comonomeren ab, z.B. bei Copolymeren aus Hexamethylenterephthalamid- und HexamethylenadipamidEinheiten (Abb. 13-13). Bei Copolymeren aus zwei nicht-isomorphen Bausteinen werden dagegen Kristallitlhgen und damit Schmelztemperaturen mit steigendem Anteil des zweiten Comonomeren vemngert. bis bei einer bestimmten Copolymer-Zusammensetzung ein Minimum emicht wird. Ein Beispiel sind Copolymere aus Hexamethylenterephthalamid- und Hexamethylensebacinamid-Einheiten.
I
hta
200
+h
a
200
- 300
I 1
200
.200
h
- . l
0
02
-TG
-
0.4 0-6 Xphba
.loo r
0-8
1
Abb. 13-13 Oben: Schmelztemperaturen von Copolymeren aus Hexamethylenphrhalamid-Einheiten (hmta)und Hexamethylenadipamid-Einheiten(hmaa) bzw. Hexamethylensebacamid-Einheiten(hmsa) als Funktion des Stoffmengenanteilsh,.Unten: Schmelz- und Glastemperaturen der Copolymeren aus Ethylenglycol/Terephthalshe (1: 1) und pHydroxybenzoes8ure (phba) in Abhilngigkeit vom Stoffmengenanteil+b an pHydroxybenzoe$iure-Einheiten.
448
13.4. Urnwandlungen von Fliissigkristallen
13.4.
Umwandlungen von Fliissigkristallen
13.4.1. Thermische Zustiinde Beim Aufheizen gehen vollig geordnete Kristalle bei ihren Schmelztemperaturen (Kap. 13.3) und v6llig amorphe Substanzen bei ihren Glasumwandlungstemperaturen (Kap. 13.5) im Idealfall jeweils in ihre vollig ungeordneten Schmelzen uber. Partiell kristalline Polymere besitzen entsprechend sowohl Schmelz- als auch Glastemperaturen (Abb. 13-5). Wenn die Schmelzen jedoch geordnet sind (Kap. 8), also Mesophasen darstellen, gibt es weit mehr Moglichkeiten fiir thermische Zusthde und deren Zustandshderungen (Abb. 13-14). Die in Abb. 13-14 mit LC bezeichneten Mesophasen konnen nmlich wiederum verschiedene Typen darstellen. Mit steigender Temperatur ergibt sich daher die folgende allgemeine Sequenz thermischer Zusthde: glasartig + kristallin + smektisch (11)
+ smektisch (//) + nematisch + isotrop
Je nach chemischer Struktur und/oder thermischen Bedingungen treten weniger Zustiinde auf als dieses Schema anzeigt, z.B. kein Kristall C oder nur eine smektische Phase S oder nur eine einzige Mesophase LC. Die hoher geordnete smektische Struktur II ist meist SA, die weniger geordnete // oft Sc. Zunehmendethenncdynamische .Sta!iIitAt
b
lsotrope Schmelze
I
,
I -
I
LC
LC
+
I
LC
Schmelzen
I
Schmelze
-1
+ Glas
Schmelzen
I
+ LC + Schmelze
Kristall
+ LC
1 1 I I
Umwandl. des LCGlases LC-Glas
LC
Schmelze
Kristall +
+ Schmelze
+
I
KtistallitSchmelzen Kristall
1
I
Isotropisierung
lsotropisierung lsotropvrung
Schmelze
Umwandl. des LCGlases
wl Kristall
+ LC-Glas
+ Schmelze
LC-Glas
+ Glas
+ LC-Glas +Kristall LC-Glas + Glas
PS (at)
POBN
PAOB
PE
PET
PPTA
POM
E
Abb. 13-14 Einteilung [9] und thermische Umwandlungen kondensierter Stoffe. Beispiele: E = einfaches Schmelzen von Kristallen POBN = Poly(oxybenzoat-co-naphthoat)8 PAOB = Poly(acryloy1oxybenzoat)J POM = Poly(oxymethy1en)-Fasem PE = Poly(ethy1en) (unverstreckt) PPTA = Poly(p-phenylenterephthalamid)e PET = Poly(ethy1enterephthalat)I1 PS = ataktisches Poly(styro1) Die Zeichen bedeuten: II Versbeckt, e getempert, 11 abgeschreckt.
449
13. Themkche Eigenschaften
isotrope FliJssigkeit
G GS&
M
.,,/
S
"
I
-T~III~~XUUI Abb. 13-15 Schematisches Volumen/Temperatur-Diagrammeines fliissig-kristallinen Polymeren.
- -
experimentell beobachtbar. - - - m6gliche Unterkiihlungen (u) von den flussigkristallinen Phasen zu unterkiihlten smektischen bzw. nematischen Fliissigkeiten und dann zu den entspnxhenden Glibern. G = Glasubergang. S = smektisch, N = nematisch. M = Schmelzprozess,I = isouop. Thermische Umwandlungen thermotroper LC-Polymerer vom Kristall C in eine smektische Phase S oder von einer nematischen Phase N in die isotrope Phase I sind thermodynamische Umwandlungen 1. Ordnung. Sie zeigen daher wie der eigentliche Schmelzprozess dreidimensionaler Kristalle bei der jeweiligen Umwandlungstemperatur Spriinge im Volumen, in der Enthalpie und in der Entropie (Abb. 13-15). Die Umwandlungen von einer LC-Phase in eine andere, also z.B. Sc P SA und SA P N, werden dagegen neuerdings als Umwandlungen 2.Art angesehen. Sofem sie sich nicht vorher zersetzen, bilden alle fliissigkristallinen Polymeren (LC) bei geniigend hohen Temperaturen isotrope Fliissigkeiten (I). Beim Ubergang LC + I wird die milchig-uiibe Mesophase optisch Mar. Die Isotropisierungstemperatur wird daher auch Klartemperatur (E: clearing temperature) genannt. Falls ein thermotropes LC-Polymeres unter Gleichgewichtsbedingungen mehrere Typen von Mesophasen bildet, dann treten beim Abkiihlen zuerst unterhalb der Temperatur TM nematische und spater unterhalb der Temperatur TSN smektische Phasen auf. Beim weiteren Abkiihlen erfolgt Kristallisation zu dreidimensional geordneten Kristallen, die bei der Temperatur TM schmelzen. Thermodynamisch stabile Phasen werden enantiotrope Phasen genannt. Sie treten bei mesomorphen Systemen aus einer einzigen Komponenten nur im Bereich zwischen Schmelz- und Klmemperatur auf. Wenn die Klgrtemperaturen tiefer liegen als die Schmelztemperaturen, erscheinen Mesophasen nur als Dispersionen in unterkiihlten isotropen Schmelzen. Derartige Phasen heissen monotrop. Sie sind gegeniiber der festen kristallinen Phase thermodynamisch instabil. Falls Kristallisationen unterdriickt werden kClMen, gehen smektische Phasen unterhalb der Schmelztemperatur TM in unterkiihlte smektische Flussigkeiten iiber und nematische Phasen unterhalb TSNin unterkiihlte nematische Fliissigkeiten. Unterkiihlungen unter TN mit Bildung unterkiihlter Fliissigkeiten wurden bislang nicht beobachtet. Bei noch tieferen Temperaturen TGN bzw. TGSfrieren unterkiihlte Fliissigkeiten ein und bilden anisotrope nematische (nG) bzw. smektische Glaser (sG). Einige dieser Um-
13.4. Urnwandlungen yon Flksigkristallen
450
I1 ' 1
135
isotrop
smektisch
5,
2 125 115
0
10 OOO
20 OOO
30 OOO
- M,/(g mol-1) + Abb. 13-16 Molmassenabh&gigkeikeit der Umwandlungstemperatur TCS(kristallin + smektisch) und der Klrnmperatur TSIsowie der Urnwandlungsenthalpien A H a und AHs1 pro Mol Monomereinheit bei den Polymeren von C H ~ ' C ( C H ~ ) - c O - ( C H ~ > 6 € ~ H4)4)CH3 ~~6 Ull.
wandlungstemperaturen sind nicht direkt beobachtbar. Auf ihre Existenz wird in binlren Zustandsdiagrammen durch Extrapolieren der Umwandlungskurven zu 100 % der betreffenden Komponenten geschlossen. Derartige Umwandlungstemperaturen werden virtuelle Umwandlungstemperaturen genannt (E: virtual transition temperatures).
13.4.2.
Molmassenabhangigkeit
Die Kllrtemperaturen T S I der Seitenketten-LC-Polymeren der Abb. 13-16 nehmen mit steigender Molmasse zu und werden dann konstant (Abb. 13-16). Die Umwandlungstemperaturen T c s fallen jedoch mit zunehmender Molmasse etwas ab, weil die Mesogene hdhemolekularer Polymerer beim EiMehmen der idealen Plgtze durch die langen Hauptketten behindert werden (vgl. Abb. 8-16). Die Temperaturen der Umwandlungen G P S,S P N und N P I der niedemolekulareren Siliconseitenketten-LCP der Abb. 13-17 zeigen jedoch die gleiche Abhmgigkeit vom Polymerisationsgrad X wie die Schmelaemperaturen (Abb. 13-10).
13.4.3.
Thermodynamische Grossen
Die Steigungen der 1/T =f(l/X)-Geraden sind durch die reziproken Umwandlungsenthalpien bedingt (Gl.(l3-18)). Da die Steigung bei 1/TNI =AX-') gr6sser als diejenigen fiir die Umwandlungen GS und SN ist (Abb. 13-17), muss die auf die Repetiereinheit bezogene Umwandlungsenthalpie A H N I kleiner als die Umwandlungsenthalpien MGS und AHSN sein. offenbar, weil im ersteren Fall weniger Kontakte zu brechen sind. Da die Wechselwirkungen zwischen Segmenten bzw. Molekulen in der Reihe -stall+ smektische LCP + isotrope Schmelze mit fallendem Ordnungszustand abnehmen, ist auch AHcs grilsser als AHSI (Abb. 13-16).
45 1
13. Thennische Eigenscwen 4--x-
50 20 10 I
0
0,l
5
0.2
4
2
3
0,3
0,4
- 1/x +
0.5
Abb. 13-17 Abhtingigkeit dex rezipken Umwandlungstempemmren Tcs (glasig --f smektisch), TSN (smektisch-nematisch) und Tm (nematisch-isotrop) vom reziproken Polymerisationsgrad 1/X = 1/N bei oligomeren und polymeren Siloxanen der Shuktur (CH~)~S~O[S~R(CH~)-O]NS~(CH~)~ mit dem Substiwnten R = ( C H 2 ) 6 - o - @ C ~ , ) C o o - @ - ~ ~ ) - O - C H 3 .
Abstandhalter ermuglichen sowohl bei Seitenketten-LCPs als auch bei HauprkettenLCPs bessere Orientierungen der Mesogene. Die Umwandlungsenthalpien und -temperaturen nehmen entsprechend mit steigender gerader Zahl der CH2-Gruppen in den Abstandshaltem stark zu. ebenso in der Reihe mit ungerader Anzahl der CH2-Gruppen. Wegen der jeweils grUsseren Ordnungszustande sind auch die Umwandfungsenzropien bei niedermolekularen LCs grUsser als bei polymeren Analoga, beim Ubergang C + S htiher als bei S + I und bei Hauptketten-LCPs (MCLCPs) grUsser als bei SeitenkettenLcPs (SCLCPs) (Tab. 13-6). Die auf die Stoffmenge der Repetiereinheit bezogenen Umwandlungsentropien der Umwandlungen SN und NI sind verhQtnismissig niedrig (Tab. 13-6 und 13-7). Sie betragen fiir die Umwandlung nematisch-isotrop bei den beiden Polymeren I1 und 111 nur jeweils ca. 1,4 J K-l mol-l (bezogen auf das Kettenglied). was durch die hohe Beweglichkeit der Gruppierungen in der nematischen Phase bedingt ist. Sowohl fiir das Poly(methacry1slure)-DerivatI1 als auch fiir den Poly(dimethylsi1oxan)-AbkUmmling 111 mit jeweils der gleichen Gruppierung L in der Seitenkette wird praktisch die gleiche Umwandlungsentropie TNI gefunden: nur die Seitengruppe und nicht die Hauptkette trigt daher zur Umwandlung bei.
Tab.13-6 UmwandlungsentropienAS pro Monomereinheit [lo]. vexbindungsklasse
NiedermolekulareL€s Hochmole-kuht Seitenkeuen-LCPs HochmolekulareHauptketten-LCPs
Anzahl an Proben smektisch nematisch
4 16
11 5 64
AS/(J K-l mol-l)
S+N
N+I
14,3f 8,O 9,8 f 6,6
2.1 f 1,s 3.5 f 2,s 15,6 f 7.3
452
13.5. Glasilbergange
Tab. 13-7 Umwandungstemperaturen TG und molare Umwandlungsentropien (Mum), pro Repetiereinheit von Fliissigkristallen des Typs R-L-X mit der relativen Molmasse (MJrder Repetiereinheit und der "fliissigkristallinenGruppe" L = (CH,~o-cgCsH4)Coo-(p-C6H4)-O-CH2. Fliissigkristall Nr. Repetiereinheit I
T, / K fiir q = (MUh
CsH11-LH
382,s 396.5 381,s
II XH2X(CH3)(COO-GH)III -O-Si(CH3)(L-H)-
G
M
N
M
- 339 -
-
330
320
363 377 385
323 281
S
-
(GUm),,/(J K-' mol-I) SN NI
0,94
5,61 2,77 2,85
Die Umwandlungsentropien der Polymeren I1 und I11 sind aber nur etwa halb so gross wie die Umwandlungsentropie der konstitutionell M i c h e n niedemolekularen Modellverbindung I, was auf eine geringere Beweglichkeit der Polymennolekiile in der isompen Phase hinweist. Erwartungsgemiss wird fiir die Umwandlung smektisch-nematisch eine geringere Umwandlungsentropie als fiir die Umwandlung nematisch-isotrop gefunden: die nematische Phase ist ja weit htiher geordnet als die isotrope, w2hihrend die smektische Phase nur geringfigig geordneter als die nematische ist.
13.5.
Glasiibergange
Die Glastemperatur TG weist viele Zuge einer thermodynamischen Umwandlung zweiter Ordnung auf, z.B. Diskontinuititen bei C,, p und v (Abb. 13-1 und 13-3). Sie ist jedoch keine echte thermodynamische Umwandlung, da kein Gleichgewicht zu beiden Seiten der Glastemperatur besteht. Die Glastemperatur wird vielmehr noch von der Abkiihlgeschwindigkeit und der Tempeneit der Probe beeinflusst (Abb. 13-18).
0.85
0,82
TG"TG'
0.02 h
'
-30
-10
30
10
-TT/OC
. * -0
50
4
Abb. 13-18 Temperaturabhiingigkeit der spezifischen Volumina v E d kubischen Ausdehnungskoeffizienten B eines auf -20°C abgeschreckten Poly(vinylacetat)es mit M,= 60 000 g/mol, das anschliessend 0,02 h bzw. 100 h getempert wurde [12]. 0 Fliissiger Zustand, 0 Glaszustand.
453
13. Thermische Eigenschafien
13.5.1.
Freies Volumen
Glasiiberghge sind phhomenologisch durch das "Einfrieren" einer gummiartigen bis zSLhfliissigen "Schmelze" in ek mehr oder weniger hartes. nicht-kristallines, "glasartiges" Material gekennzeichnet. Bei diesen Umwandlungstemperaturen betragt die Viskosi& unabhbgig von der Substanz ca. 1012 Pa s. Als charakteristisch fiir den Einfrierprozess wurde daher frtiher ein "isoviskoses" Verhalten angesehen. Heute neigt man dazu, die Glastemperatur d s diejenige Temperatur anzusehen. bei der alle Substanzen den gleichen Anteil an freiem Volumen aufweisen. Dieses freie Volumen wird durch die Bewegungen der Kettensegmente gegeneinander etzeugt (vgl. auch Kap. 6.1.2). Unterhalb bzw. oberhalb der Glastemperatur h d e m sich die Volumina praktisch linear mit der Temperatur (Abb. 13-1 und 13-3). Mit der Definition des kubischen Ausdehnungskoeffizienten = V-l(Wlar), erhiilt man dam f i r die freien Volumina Vf im flussigen 0) und im amorphen (am) Zustand bei den Temperaturen 0 K und T
Bei der Glasternperatur T c werden die Volurnina der Flussigkeit und des amorphen Materials in guter Niiherung gleich gross, d.h. (Vf,l)G = (Vf,am)c. Gleichsetzen der G1.(13-22) und (13-23) und emeutes Einsetzen der G1.(13-23) fiihrt fiir T = Tc zu
Am absoluten Nullpunkt mussen die Volumina der Flussigkeit und des Kristalls gleich gross werden. Das in geschweiften Klammem stehende Glied der linken Seite der G1.(13-24) muss daher gleich dem Anteilfexp des freien Volumens sein (Kap. 6.1.2):
Die uber G1.( 13-25) berechenbaren Expansionsanteilef e x p des freien Volumens stimmen gut mit den in Tab. 6-3 wiedergegebenen uberein (Tab. 13-8). Nach der empirischen Boyer-Simha-Regel gilt fir eine grosse Zahl von Polymeren [& - &,JTc = 0,ll.
Tab.13-8 Einige kubische Ausdehnungskoeffizienten. Abweichungen von der Boyer-Simha-Regel findet man bei teilkristallinen Polymeren und solchen mit Relaxationsmechanismenuntixhalb Tc.
Polymere
Poly(ethy1en) Poly(isobuty1en) POlY(Styr01) Poly(viny1acefat) Poly(methyhnethacrylat) Durchschnitt
TG K
193 200 373 300 378
104,9, 10~8, -
fcxp
)TG
K-'
K-l
G1.(13-25)
Tab. 6-3
fexp
(B1-
7,97 5.79 5.65 6,53
2,87 1,86 2,09 2.26 2.16
0,104 0,082 0,144 0,137 0.128
0,125 0,127 0,14 0,13
0.098 0,079 0,133 0,128 0,118 0.11 0.02
528
*
454
13.5.2.
13.5. Glasiibergcinge
Molekulare Interpretationen
Die Glastemperatur nimmt rnit der Abktihlgeschwindigkeitder Schmelze zu, und zwar oft rnit ca. 3 K pro Dekade der Messgeschwindigkeit. Wegen dieses kinetischen Effektes ist die Einfriertemperatur TFbeim Abkiihlen der Schmelze nicht rnit der Erweichungstemperatur TEb eim Aufheizen identisch. Die Glastemperatur(Glasiibergangstemperatur; E: glass transition temperature) ist als diejenige Temperatur TG definiert. bei der sich die beiden "linearen" Kurventeile unterhalb TE und oberhalb TF schneiden. Der Unterschied zwischen TE und TF ist jedoch meist konzeptuell und nummerisch belanglos. Gemlss Messungen der Neutronenkleinwinkelstreuung &den sich bei der Glastemperatur nicht die Makrokonfonnation der Polymennolekule. Beim Abkuhlen der hochviskosen bis gummiartigen Polymerschmelzen frieren also an der Glastemperatur nicht die Bewegungen ganzer Molekiile ein, sondem diejenigen von Kettensegmenten, und zwar sowohl intramolekular als auch intermolekular. Vermutlich handelt es sich dabei um trans-gauche-Umwandlungen. die kooperativ uber gr6ssere Bereiche verlaufen, da nach Messungen rnit der Deuteronen-NMR- bzw. der MAS-NMR-Spekmskopie bei der Glastemperatur nur Drehungen um kleine Winkel nachweisbar sind. Fur das Einfrieren von Bewegungen von Kettensegmenten sprechen die folgenden experimentellen Befunde: Aus den Aktivierungsenthalpien der &-Relaxationsprozesse teilkristalliner Polymerer bzw. der a,-Prozesse amorpher Polymerer llsst sich eine Segmentltinge von 25-50 Kettenatomen abschlrzen (vgl. Tab. 13-4). Die Glastemperatur ist umso hdher, je kleiner die Kettengliederzahl N zwischen den Vemetzungsstellen ist. Hochvemetzte Polymere weisen keine Glastemperaturen auf. Die Glastemperatur wird bei linearen Polymeren nach einigen Daten schon bei relativ kleinen Kettengliederzahlen von 90-600 konstant. Im Allgemeinen wird jedoch eine asymptotische Zunahme von TG mit der Molmasse angenommen (Abb. 1-l), was durch TG =Al/M,,) wiedergegeben werden kann (Abb. 13-19). Zur Ableitung dieser Funktion wird angenommen, dass das freie Volumen eines Kettenendes grdsser als das freie Volumen eines ansonsten chemisch identischen Grundbausteins einer linearen Kette ist. Der Uberschuss an den freien Volumina ist AVexc pro Kettenende. Bei zwei Kettenenden betragt das uberschussige freie Volumen 2 AVexcN~ pro Stoffmenge. Bei Bezug auf die Molmasse M des Polymeren erhalt man das spezifische Multiplikation rnit der Dichte p des Polyuberschussige freie Volumen zu 2 AVexcN~M. meren liefert den Anteil 2 pAVexcN~/M= AVexJV des uberschussigen freien Volumens. Dieser Anteil kann durch den fiir Differenzen geschriebenen kubischen Ausdehnungskoeffizienten ausgedriickt werden: AVexJV = APAT. Der Ausdehnungskoeffizient ist durch die Differenz A/3 der Ausdehnungskoeffizienten von Glas und Schmelze approximierbar. Je hdher die Konzentration an Endgruppen, umso stlrker muss aber das Polymere unterkiihlt werden, um das gleiche freie Volumen wie ein h6hermolekulares Polymeres aufzuweisen. Die Temperaturdifferenz AT ist daher gleich der Differenz der Glastemperatur TG,- bei M + und der Glastemperatur TG der = AP(Tc,- - TG)erhdt man somit Probe. Aus 2 pAVexcN~M
-
Fox-Flory-Gleichung
455
13. Thermische Eigenschajten + verzweigt
1 360 350 . 160
N,= 10-12
-
370
?
rn
_______ --------
380
. 1. 6 ~7,,-1/ . . (moI . g-1) . . . . . . . . . . *
t
150 140 130 120 + 0
2
1
-
I@ %,,-I
3
4
.
/ (mol g-1) +
Abb. 13-19 Abhagigkeit der Glastemperatur vom reziproken Zahlenmittel der Molmasse. Oben: Poly(styr0l)e; linear (f= 2), stemartig mitf= 3 oderf= 6-7 Armen und statistisch verzweigt rnit Nk = 6-7 oder Nbr= 10-12 Verzweigungen pro Molekul[13]. Unren: Lineare und ringfirmige Poly(dimethy1siloxan)e [141. Im Gegensatz zu den linearen Polymeren nehmen jedoch die Glastemperaturen ringf6rmiger Poly(dimethylsi1oxan)e nicht mit der Molmasse zu, sondem ab (Abb. 13-19). Bei linearen Molekiilen ist die mittlere Zahl der Mikrokonformationen pro Kettenglied unabhhgig von der Kettenltinge. w2hrend der durch die Endgruppen bewirkte Anteil des freien Volumens mit zunehmendem Polymerisationsgrad sinkt. Dadurch vemngert sich die mittlere Segmentbeweglichkeit und die Glastemperatur nimmt zu. Bei Rmgen gibt es keine Endgruppen und daher auch keinen von ihnen herriihrenden Beitrag zum freien Volumen. Je kleiner das Ringmolekiil, umso geringer ist aber die mittlere Zahl der Mikrokonformationen pro Kettenglied. Diese Zahl steigt rnit zunehmendem Polymerisationsgrad an. Die Flexibiliat der Ketten wird grdsser und die Glastemperatur nimmt ab. Physikalische Vemetzungen zeigen oft den gleichen Effekt wie chemische. Die Glastemperatur der teilkristallinen 1,2-st-Poly(butadien)e, Poly(oxyethy1en)e und Poly(viny1chlorid)e nimmt mit steigendem Kristallinitiitsgrad zu. Bei Poly(ethy1enterephthalat) lguft sie rnit zunehmendem Kristallanteil durch ein Maximum. Bei den teilkristallinen itPoly(propy1en)en und Poly(chlortrifluorethy1en)en ist jedoch kein Einfluss der Kristallinit2t auf die Glastemperatur vorhanden. Da die Beweglichkeit der Segmente bzw. Molekiile sowohl die Glastemperatur TG als auch die Schmelztemperatur TM beeinflusst, sollte zwischen diesen beiden Gr6ssen eine Beziehung bestehen. Beim Auftragen der Summenhhfigkeit von TGKMgegen TGFM selbst fmdet man in der Tat fiir iiber 70 Homopolymere eine glatte Kurve (Abb. 13-20). Abweichungen findet man nur bei niedrigen TGKM-Werten; diese Werte geh6ren zu unsubstituierten Polymeren wie Poly(ethylen), Poly(oxyethy1en) usw. Der Median der Kurve entspricht der empirischen Beaman-Boyer-Regel: (13-27)
TG = (2/3) TM
13.5. Glasiibergange
456
70
1
0.2
Median
.*
I l
0,4
0.6
a
0.8
1
-T G I T M + Abb. 13-20 SummenhSufigkeitdes Auftretens der Verhs;ltnisse TG/TMals Funktion von T&'M fiir Polymermolekiile mit ( 0 )symmetrischen Monomereinheiten (z.B.X H A R r ) oder (0)unsymme& h a (z.B. XHAHR-) [IS]. Die Beaman-Boyer-Regel gilt jedoch nur dam, wenn sich die Kristallisierbarkeiten nicht 2ndem. In Poly(ethy1en)-Ketten eingefiihrte grosse Substituenten verkiirzen die L u g e der kristallisierten Ethylen-Segmente und die Schmelztemperatur sinkt. Wenn die gleichen Substituenten aber die Barriere f i r die Rotation urn Kettenbindungen ehlihen, nimmt die Glastemperatur zu, besonders. wenn wie bei den Ionomeren physikalische Vemetzungen erzeugt werden (Tab. 13-9). Tab. 13-9 Schmelz- und Glastemperaturen von Ethylen-Polymeren (TcJr, in WK) Polymere
TMPC
T#C
TGKM
144 Poly(ethy1en) -CH2-CH2Poly(ethy1en-co-methylacrylat) -CHz-CH2- + XHAH(COOCH3t 90 X H A H y + SHz-CH(COOH& 103 Poly(ethylen-co-acryMlrre) 95 Poly(efhylen-co-nu~lat) XH2-CHy + -CHflH(COONa&
-80
0,46 0.66 0,73 0,89
13.5.3.
Grundbausteine
- 35
0 55
Konstitutionseinfliisse
Lineare Ketten Die Glastemperatur linearer Pol ymerer wird von inter- und intramolekularen Kraften beeinflusst. Die Potentialschwellen bei der Rotation urn C-0-Bindungen sind z.B. deutlich niedriger und die um C-N-Bindungen hiiher als diejenigen urn C-C-Bindungen (Band I, Kap. 5.2.3). Bei gleicher Querschnittsflachenehmen entsprechend die Glastemperaturen in der Reihenfolge C+N > C > C+O fir die Kettenatome zu (Abb. 13-21). In enter Naerung steigt die Glastemperatur linear mit dem Produkt aus Kohiisionsenergiedichte und Querschnittsfliche der Ketten an (Abb. 13-21, Einblendung). Hohe Kohisionsenergiedichten werden z.B. durch die intermolekularen Wasserstoffbriickenbindungen der Polyamide und die intramolekularen bei der Cellulose erzeugt.
457
13. Thermische Eigemchafen
300
. 2 M
200
04 0
100.
10
20
-ACEodI (J m-'+ )
30
Die Geraden der Funktionen lg TG =f(lg A,) f i r die drei Gruppen von Polymeren ist = 0,17 nm2 in einem Punkt. Der Wert von treffen sich bei Tc = 141 K und kleiner als derjenige einer Poly(ethy1en)-Kern im Kristallverband (0,183 nm2,Tab. 7-3, da beim letzteren noch van der Waals-Wechselwirkungen zu beriicksichtigen sind. Die erstere Querschnittsfllche stellt daher diejenige einer isolierten Poly(ethy1en)-Kette dar. Aus ihr berechnet sich der Durchmesser einer isolierten Kette zu 0,465 nm. was gut dem Wen von 0,487 nm entspricht. der sich aus dem Radius einer Methylengruppe (0.20 nm) und der Winkelhalbierenden der Zickzack-Kette (0,087 nm) berechnet. Der Schnittpunkt der drei Geraden bei 141 K sollte die tiefste von Polymeren erreichbare Umwandlungstemperatur darstellen. Sie stimmt gut mit der niedrigsten experimentell beobachteten Glastemperatur von 134 K iiberein. n a l i c h dejenigen des Poly(diethylsi1oxan)s. Weniger dichte Packungen erniedrigen die Glastemperatur (Abb. 13-22). Bei Poly(alsind z.B. die Polymerketten bei llngeren kylmethacry1at)en +CH?C(CH3)(COOR% Alkylresten R weniger dicht gepackt. Die Dichten p25/(g cmJ) sinken deshalb von 1.17 beim Poly(methylmethacry1at) (R = CH3) iiber 1,08 beim hpylderivat (R = C3H7) auf 0.92 beim Octadecylpolymeren (R = C18H37). Die Sprtidigkeitstemperaturen nehmen zuerst ebenfalls parallel zum Abfall der Glastemperaturen mit steigender Zahl der Methylengruppen pro Alkylrest ab (Abb. 13-22). Sie weichen jedoch bei i = 6-7 von diesem Verhalten ab und steigen ab i = 12 mit grUsSerem i wieder an. Die langen Seitenketten werden gegenseitig zunehmend stgrker festgelegt und k6nnen bei einem Schlag nicht mehr ausweichen. Poly(alkylacry1at)e zeigen den gleichen Effekt. Diese Seitenketten-"Kristallisation"beeinflusst aber nicht die Glastemperatur, die durch die Beweglichkeit der Hauptkette gegeben ist. Die Seitenketten sind selbst bei i = 18 noch zu kun, urn z.B. einen Wiederanstieg der Glastemperaturen mit steigender Lmge der Alkylreste hervonurufen. Erst bei sehr langen und/oder verhilltnismihsig steifen Seitenketten steigt die Glastemperatur wieder an, z.B auf Tc = 50°C beim fliissigkristallinen Methacrylat-Polymeren I1 der Tab. 13-6.
458
t
50
5.' 1
2
I
0 -50
-100 1
5
10
-i +
15
20
Abb. 13-22 Glastemperaturen TG und SprWgkeitsternperaturen TB von Poly(alkylmethacry1at)en (PAMA) tCH2-C(CH~)(COOR)+, sowie Spr&idigkeitstemperaturenvon Poly(alkylacry1at)en (PAA) sCH~-CX{C0o(CH~;H] als Funktion der Zahl i der Methylengruppen in der Seitenkette R.
+,
Die Glastemperatur wird u.U. auch durch unterschiedliche Regioisomerien beeinflusst. Kopf-Kopf-Poly(styro1) weist z.B. praktisch die gleiche Glastemperatur auf wie das konventionelle ataktische Kopf-Schwanz-Poly(styro1)(97°C vs. 100°C). Kopf-KopfPoly(vinylcyc1ohexan) besitzt jedoch eine weit tiefere Glastemperatur als das KopfSchwanz-Isomere (88°C vs. 137°C). was jedoch auch von unterschiedlichen Taktiziaten herriihren kdnnte. Eindeutig ist dagegen der starke Effekt benachbaner Gruppen beim Poly(isobuty1en) (PIB): 87°C bei Kopf-Kopf-PIB vs. -61OC bei Kopf-Schwanz-PIB. Glastemperaturen unsymmetrisch substituierter Polymerketten kdnnen femer nur d m als Funktion der Konstitution der Repetiereinheiten diskutiert werden, wenn die verglichenen Ketten die gleiche Tuktizitdt aufweisen. Beim Poly(methylmethacry1at) wurde z.B. gefunden, dass die Glastemperatur linear mit dem Stoffmengenanteil an syndiotaktischen Triaden von 55°C (xss= 0) auf 135°C (xss = 1) ansteigt.
Verzweigte Polymere Sternarrig oder srutistisch verzweigte Polymere besitzen immer hohere Glasternperawren als lineare Polymere gleicher Molmasse (Abb. 13-19), weil die L b g e ihrer linearen Segmente bzw. Anne kurzer ist und damit auch die Anzahl der mdglichen Makrokonformationen pro Segment (Arm). Aus diesem Gmnd weisen auch statistisch verzweigte Molekiile hdhere Glastemperaturen auf als stemfomig verzweigte gleichen Verzweigungsgrades (Funktionalitat f bei Stemen bzw. Zahl Nbr der Verzweigungspunkte pro Molekiil bei statistisch venweigten) . Bei unendlich hoher Molmasse f a t dieser Einfluss bei Stempolymeren mit beliebiger Zahl an Armen und bei statistisch venweigten Polymeren mit konstanter, relativ niedriger Zahl an Venweigungsstellen pro Molektil fort. Diese Polymeren weisen dann die gleiche Glastemperatur wie lineare Polymere auf. Sehr hochverzweigte Molekiile besitZen dagegen nur sehr kurze lineare Segmente mit geringer Beweglichkeit. Sie erreichen daher auch bei sehr hohen Molmassen niemals die Glastemperatur linearer Polymerer.
459
13. Themisck EigenschqFen
100
1Ooo
10 Ooo
- hf / (g mol-1)
100 Ooo
Abb. 13-23 MolmasedA3ngi&eit der Glastemperaturenvon dendro-Poly(3,5-dihydroxybenzyl&0h0l)en (PDHB) mit CN. Br oder H-Endgruppen [17] und von PAMAM-Dendrimeren1181. Die Zahlen geben diezahl &Generationen an. Bei Dendrimeren steigen dagegen die Glastemperaturen wie bei linearen Polymeren mit zunehmender Mohasse an (Abb. 13-23), wobei allerdings die Funktion TG =fll/M) nicht linear ist (nicht gezeigt). Der Anstieg ist zu umso h6heren Molmassen bzw. Generationenzahlen verschoben, je grtisser die Funktionditat des Kems ist. Unabhhgig von der FunktionalitJt des Kems streben aber die Glastemperaturen mit steigender Generati~ (Abb. 13-23). Dendrimere onenzahl (zunehmender Molmasse) einem Endwert T G , zu verhalten sich also anders als Sternpolymere, weil mit zunehmender Molmasse (Generationenzahl) bei Dendrimeren die Zahl der Verzweigungen pro Molekul laufend erh6ht w i d und nicht konstant bleibt wie bei Stempolymeren. Der Endwert TcID0 wird aber noch stark von den Endgruppen beeinflusst, deren Anteil pro Molekiil ja anders als bei Sternmolekulen nicht mit steigender Molmasse abnimmt. sondem zunachst zunimmt und dann konstant wird. Je grCisser die Polarisierbarkeit der Endgruppen, umso st2rker ist ihr Einfluss. Der gegenlaufige Einfluss der Zahl der Verzweigungen und Endgruppen pro Molekiil sorgt dann dafiir, dass die Glastemperatur bei hohen Molmassen praktisch unabhflngig von der Generationenzahl wird.
Ionomere Ionische Polymere sind Polymere mit ionischen Gruppen in oder an der Kette. Bei hohem Anteil an solchen Gruppen sind sie wasserltislich (Polyelektrolyte),bei niedrigem Anteil jedoch nicht (Ionomere). Ionomere verhalten sich bei einer Temperatur T physikalisch je nach der Beweglichkeit der Segmente der zu Grunde liegenden Stammpolymeren entweder als physikalisch vernetzte Thermoplaste (T < TG) oder als thennoplastische Elastomere (T > Tc).Die physikalische Vemetzung wird durch Ionenmultipletts hervorgerufen (Kap. 8.6). Die Ionen eines Ionenpaars k6nnen sich nur bei T > Tc voneinander weg bewegen. Die dazu G Diese Arbeit ist durch die elekaufzuwendende Arbeit We1 muss proportional ~ T sein. trostatische Wechselwirkungskraft Fe1 und dem Abstand L zwischen den Atomkemen der
460
135.
. 2 b,
Glas&rgcinge
100
-
W(EA+AA)
0
-100 0
2
1
3
4
-x q l L +
5
Abb. 13-24 Glastemperaturen TG als Funktion der linearen Ladungsdichte xq/L, wobei x = (vermutlich) Molprozente an ionischen Einheiten (die Originalarbeit [191 spricht nw vom "Inhalt" (content)), q = Ladung der Kationen (in Einheiten der Elektronenladungen)und L = Abstand zwischen den Atomkernen von Anion und Kation. 0 , 0 , . = Poly(ethylacrylat-co-acrylsiiure)mit verschiedenen Gegenicnen [19];ausgezogene Linien [20]: Inosilicate des Natriurns und Calciums; Salze der (HPOJ), rnit den Kationen Y = Li, Na oder Ca; Alkalisalze YPAA der Poly(acryls3we).
-I
-
-
Ionen gegeben. Wegen We] ~ B T G FeldL erh2lt man TG qcatqm/L,wobei qcat und qm die Ladungen der Kationen und Anionen sind. Da in Ionomeren die Anionenladungen konstant sind. gilt weiter TG qcaJL q/L. In Copolymeren aus neutralen und ioni-
-
-
schen Monomereinheiten ist nur ein Bruchteil x der Einheiten ionisch. Die Glastemperatur muss daher xqlL proportional sein (Abb. 13-24). Die Funktion TG =flxq/L)wird gew6hnlich S-armig, wenn Ionendomtinen auftreten.
Vernetzte Polymere Bei der Glastemperatur setzen Bewegungen von Segmenten aus ca. 20-60 Kettenatomen ein (Tab. 13-4). Vemetzte Polymere mit grosseren SegmentUngen zwischen je zwei Netzstellen weisen entsprechend die gleichen Glastemperaturen wie unvemetzte Polymere auf. Kurzere Segmente zwischen je zwei Netzstellen sind jedoch weniger beweglich. Die Glastemperaturen steigen entsprechend mit der reziproken Segmentlhge an. Je kleiner aber die Segmentltinge, umso grosser ist die Vemetzungsdichte. Beim Vemetzen werden 12ngerreichende van der Waals-Wechselwirkungen zwischen Ketten durch kunere covalente Bindungen ersetzt. Dadurch veningert sich das spezifische Volumen und vemutlich auch das freie Volumen. Die Anderungen der spezifischen Volumina rnit der Temperatur lassen sich durch die kubischen Ausdehnungskoeffizienten B erfassen. Die Differenz T G ,-~TG zwischen den Glastemperaturen sollte nach der Fox-Loshaek-Gleichung direkt proportional der Zahl N, der Netzstellen pro Masse m2 des Polymeren sein, wobei die ProportionalitHtskonstante noch die Molmasse M u der der MonomereinMonomereinheiten und die kubischen Ausdehnungskoeffizienten
461
13. ThennischeEigenschqften
I
0 0
2
4
6
8
10
12
14
- 10"(Nx/rn2)/g1 + Abb. 13-25 Differenz der Glasmperaturen von vernmten und unvernmten Poly(styro1-cedivinylbenzol)en als Funktian der Zahl der Netzstellen pro Masse Polymer [211.
heiten. des unvernetzten Polymeren bei T > Tc und /?G des unvernetzten Polymeren bei T < TG enthat:
Die Glastemperatur nimmt ensprechend mit steigender Netzwerkdichte zu (Abb. 13-25).
13.5.4.
Weichmachung
Weichmachungen (E: plasticizations) von festen Polymeren sind technisch durch sarkere Biegemgkeiten. gr6ssere Dehnungen und kleinere Viskosiaten der resultierenden Polymeren charakterisiert, wissenschaftlich aber durch erniedrigte Glastemperaturen. Sie klinnen intern durch Einpolymerisieren geeigneter Comonomerer oder extem durch ZusMze erzeugt werden. Bestimmte Comonomereinheiten klinnen aber auch die Glastemperatur erhtihen. Der englische Fachausdruck plusticisation bezieht sich auf das Weichmachen durch Zudtze oder eingebaute Comonomereinheiten. Das Erweichen eines Kunststoffes durch Kontaktwbne und Reibung heisst plustiificution,w h n d dasjenige nur durch W&meplustrfying genannt wird
dussere Weichmachung Die Erniedrigung der Glastemperatur durch Zumischen anderer Substanzen (Weichmacher) wird iiussere Weichmachung oder rneist nur "Weichmachung" genannt. Aussere Weichmachungen sind technisch vorteilhaft, weil sie durch einfaches Mischen der Kamponenten ohne Anderung des Polymerisationsprozesses ausgefiihrt werden ktinnen. Die Glastemperaturen der Polymeren nehmen mit steigendem Anteilen an Weichmachern kontinuierlich ab (Abb. 13-26). Je kleiner die Molmasse des Weichmachers bei sonst m i c h e r Struktur, umso weniger Weichmacher wird bentitigt, um die gleiche Erniedrigung der Glastemperatur zu erzielen. Da jedoch Polymer-Weichmacher-Mischun
462
13.5. Clas&ergiinge
gen thermodynamisch nicht-mischbare Systeme darstellen, wandern niedermolekulare Weichmacher nach lhgerer Zeit aus dem Polymeren aus. Ein Beispiel ist das durch Phthalatester weichgemachte Poly(viny1chlorid) oder Weich-PVC, das dann "nach Kunststoff riecht". Vorteilhafter sind oligomere Weichmacher, sog. Polymerweichmacher. Die Abnahme der Glastemperaturen TG der Polymer-Weichmacher-Mischungenmit dem Massenanteil wl des Weichmachers wird meist mit der Fox-Gleichung beschrieben, die jedoch die Emiedrigung der Glastemperaturen nicht immer zuverlissig beschreibt, wie Abb. 13-26 f i r den Einfluss von Estem auf Poly(styro1) zeigt:
Kleinere Weichmachermolekiile setzen die Glastemperaturen stiirker herab als grossere wie die Reihe Methylacetat-Methylsalicylat-Phenylsalicylat-~Naphthyls~icylatzeigt:
Wasser erzeugt bei hydrophilen Polymeren starke 2ussere Weichmachungen. Trockene Cellulose weist eine Glastemperatur von 225OC auf, durch Wasser weichgemachte dagegen eine von weniger als 0°C. Dieser Effekt erteugt das Knittem verschwitzter Baumwollgewebe und wird umgekehrt beim Biigeln deraxtiger Gewebe mit Darnpfbiigeleisen ausgenutzt. Synthetischer Quarz kann bis zu 0.1 % Wasser enthalten; dieser weichgemachte Quarz ist im Gegensatz zum mckenen schon bei 400°C ohne Bruch verformbar. Bei glasigen Polymeren wirken Gase mit hohen kritischen Temperaturen als Weichmacher. Die Glastemperatur von Polycarbonat A erniedrigt sich durch C02 bei 6,8 a m schon um 9°C. Gase mit niedrigeren kritischen Temperaturen losen sich weit weniger in Polymeren. Sie machen erst bei Drucken p von einigen Tausend bar weich. 100 1
r
PNaphthylsalicylat Phenylsalicylat
1-100 salicylat Methyl-
-2004
0
02
0.4
-w1
0.6
Meth 1 acetar -
0.8
1
1
Abb. 13-26 Glastemperaturen von Poly(styro1) als Funktion der Massenanteile w 1zugesetzter niedermolekularer Weichmacher [22]. Ausgezogene Linien: empirisch. Gestrichelte Linien: Fox-Gleichung fiir j%Naphthylsalicylatund Methylacetat (fiir Phenyl- und Methylsalicylat nicht eingezeichnet).
463
13. Thermische Eigenschaften
Innere Weichmachung In Analogie zur "2usseren Weichmachung" nennt man das Herabsetzen der Glastemperatur eines Homopolymeren durch Einpolymerisieren einer zweiten Komponenten auch innere Weichmachung. Comonomere k6nnen aber auch die Glastemperatur eh6hen (Abb. 13-27).Unter Umstaden ltiuft die Glastemperatur mit steigendem Anteil der zweiten Komponenten sogar durch ein Maximum.
I
1 0 -
0
0,s
1
0
- Xcmonomer
-
1
Abb. 13-27 Glastemperaturenradikalisch hergestellter Copolymererdes Stxols (links; [23]) bzw.des Vinylchlonds (rechts) als Funktion des Stoffmengenanteilsder Comonomeren. Das Copolymere aus Vinylchlond + Methylmethacrylatwurde nachtraglich cyclisiert.
Je nach dem experimentellen Befund wurden daher viele empirische Beziehungen aufgestellt. Eine semi-empirische Behandlung des Problems geht z.B. von den Volumenbeanspruchungen der Komponenten aus (Gordon-Taylor-Theone), eine andere von der Entropie der Komponenten (Couchan-Theorie). Bei der Gordon-Taylor-Theorie wird sowohl das spezifische Volumen v c des Copolymeren im Glaszustand G als auch das spezifische Volumen VR des Copolymeren im gummiartigen Zustand jeweils als Massenmittel iiber die spezifischen Volumina der bei. den Grundbausteine angesetzt (VG = W1VGJ + w 2 v c . 2 bzw. VR = w 1 v R , 1 + W T V R , ~ ) Wenn nun die linearen Ausdehnungskoeffizienten im Glaszustand gleich und a - 3 2 sind und im gummiartigen Zustand gleich m.1 bzw. m . 2 , dann ergibt sich bei Additiviut der Volumina fiir die Glastemperatur
(13-30)
T G = WlTC.1 + h 2 T G , 2 Wl + b 2
; k = aR,2 - aC,2 aR,l - aR,l
Diese Gleichung kann zu (Tc - T G , ~ ) / ( T G-, JTc) = k ( w l / w z ) linearisien werden. Bei gleichen Differenzen der Ausdehnungskoeffizienten wird k = 1 und die Glastemperatur des Copolymeren hhgt linear vom Massenanteil einer der Komponenten ab:
464
13.5. GlasiibergiSnge
Bei der Couchman-Theorie wird die Glastemperatur von Copolymeren als thermodynamische Umwandlung 2. Ordnung behandelt, wobei nur Entropieaderungen beriicksichtigt werden. Die Grundbausteine des Copolymeren liegen mit den Stoffinengenanteilen xi und x2 vor. Die molare Entropie Smdes gesamten Systems setzt sich aus den Entropiebeitrtigen der Komponenten und der Exzess-Entmpie ASm,exc zusammen:
Bei den Glastemperaturen seien die molaren Entropien der Komponenten SG,l,m bzw. S G , ~ Einfiihren ,~. der molaren Warmekapazittiten Cp,m der Homopolymeren ergibt T
(13-33)
] [
T
1
+x2 ~G.2.m + I ~ p . 2 . m d h+~G n , e x c
Sm
TG.Z
Bei der Glastemperatur des Copolymeren muss die molare Entropie SG,m des Systems im Glaszustand gleich der molaren Entropie SR,m des Systems im gummiaitigen Zustand (oberhalb T c ) sein. G1.(13-33) wird jeweils fiir diese beiden Zustade angesetzt und die ~ Nun sind aber bei der Glasresultierenden Ausdriicke wegen SG,, = S R , gleichgesetzt. temperatur auch die Entropien der einzelnen Komponenten gleich SG.1.m = SR.1.m usw., und ebenso die Stoffmengenanteile xG.1 = X R , ~usw. Bei einer regularen Mischung gilt femer ASmix,G = m m i x , R . Setzt man ACp,mj = Cp,j.m,G = cp , .l , m , ~ ,so ergibt sich T
(13-34)
x1
T
~ACp,~,,dInT+x2IACP,2,,dlnT=O
TQ,
TG.2
Integration und Ubergang zu Massenbriichen w und entsprechend zu spezifischen Warmekapazittiten AcP,jliefert die Couchman-Gleichung:
Diese Gleichung beschreibt lineare, konkave oder konvexe Abhiingigkeiten der Glastemperaturen von den Massenanteilen. Fur k = 1 wird sie zur Pochan-Gleichung:
Wenn T G , ~ / T Gnicht , ~ sehr von 1 verschieden ist, kann man femer in G1. (13-35) wegen In (l+y) = y + ... die Logarithmen der Temperaturen durch die Temperaturen selbst ersetzen. 1st auch noch k = TG,J/TG,~. reduzien sich G1.(13-35) zur Fox-GL(13-29). Die Couchman-Gleichung beriicksichtigt nur entropische Effekte. Enthalpische Wechselwirkungen ktiMen jedoch zu Maxima oder Minima in den Tc =flwl)-Kurven fiihren. So weisen die Tc der Poly(viny1chlorid-co-methylmethacry1at)ebei Xmma = 0,33 ein Minimum von 63°C auf (Poly(viny1chlorid): Tc = 77°C; Poly(methylmethacry1at): Tc = 115°C). Cyclisiene Poly(viny1chlorid-co-methylmethacry1at)e zeigen dagegen bei Xmma = 0,5 ein Maximum der Glastemperatur von 125°C (Abb. 13-27).
13. Thermische Urnwandlungen und Relaxationen
465
Diese enthalpischen Wechselwirkungen bestehen hauptsgchlich zwischen benachbarten Grundbausteinen. Sie sind daher sequenzabhagig. Ausser den Anteilen der Grundbausteine der Sorten 1 und 2 und den Glastemperaturen der Homopolymeren muss also noch mindestens der Anteil an den entsprechenden Diaden 11, 12, 21 und 22 bekannt sein. Aus den Wahrscheinlichkeiten des Auftretens der Diaden ergibt sich (13-37)
1= TG
+ wl&2 -Iw2&1 -
TG.ll
TG,12
+TG.22
Die H6he der Glastemperatur Tt3.12 des altemierenden Copolymeren bestimmt also das Auftreten von Maxima oder Minima in den TG =f(wl)-Kurven statistischer Copolymerer. Das altemierende Copolymere aus Acrylniuil und Styrol weist z.B. rnit 114°C eine hcihere Glastemperatur als die beiden Homopolymeren (105OC (PAN), 100°C (PS)) und das statistische Copolymere gleicher Zusammensetzung (102OC) auf. Bei den alternierenden Copolymeren und den statistischen Copolymeren aus Methylmethacrylat und Vinylchlorid werden umgekehrt Minima gefunden.
13.5.5.
Statische und dynamische Glastemperaturen
AUe vorstehenden Betrachtungen bezogen sich auf sog. statische Glastemperaturen. Nun bewegen sich Kettensegmente oberhalb der Glastemperatur mit einer bestimmten Frequenz. Die bei der Messmethode verwendete Frequenz (bzw. die Korrelationszeit der Relaxationsprozesse oder die Deformationszeit der Probe) muss folglich den nummerischen Wen der beobachtbaren Glastemperatur bestimmen. Die Methoden teilt man daher je nach der Geschwindigkeit der Messung in statische und dynamische Verfahren ein. Zu den statischen Verfahren z M t man die Bestimmung der Wiirmekapazitiiten (einschliesslich der Differentialthermoanalyse), der Volumenitnderung und, wegen der Lorenz-Lorentz-Beziehung zwischen Volumen und Brechungsindex, auch die Anderung der Brechungsindices rnit der Temperatur (Tab. 13-1). Dynamische Verfahren stellen die Messungen der Breitlinienkernresona, des mechanischen Verlustes und des dielektrischen Verlustes dar. Statische und dynamische Glasiibergangstempermren sind mit der Williams-LandelFerry-Gleichung (WLF-Gleichung) ineinander umrechenbar. Die Glasumwandlung wird W i c h wie die Viskositat q als Relaxation aufgefasst, da beide Prozesse vom freien Volumen Vf abhiingen. Die Doolittle-Gleichung In q = In A + B(V - Vf)/Vf bezieht die Viskosiat auf das totale Volumen V und das freie Volumen Vf, jeweils pro Masse (A, B = Konstanten). Die Volumenanteile sind entsprechend & = Vf/V bei der Temperatur T und @f,o= Vf,JVo bei einer Bezugstemperatur To. Die Viskositlltsiinderungen rnit der Temperatur werden durch einen Faktor UT = (qTopo)/(qoTp)erfasst, der die Dichten p bei der Temperatur T und po bei der Temperatur To fiir die thermische Ausdehnung komgien. Dieser Faktor entspricht dem Vefi2ltnis rho der Relaxationszeiten bei T und To. Einfiihren der Doolittle-Gleichung in den Verschiebungsfaktor UT liefert
466
13.5.
Glusiibergcinge
Es wird femer angenommen. dass der Volumenbruch & des freien Volumens entsprechend & = &,o + Bf(T - To) linear mit der Temperatur ansteigt. Der Ausdehnungskoeffizient Bf n3hert dabei den wahren kubischen AusdehnungskoeffizientenB = (l/V)(dV/dZ3 an, der ja einen exponenriellen Anstieg beschreibt. Wegen dieser N2herung ist die WLFGleichung auf einen Temperaturbereich To c T < (To + 100 K) beschrWt. Einsetzen von & = (& - I & ~ ) / ( T To) in GL(13-38)fiihrt zur WLF-Gleichung:
G1.(13-39)gilt fiir alle Relaxationsprozesse. Die anpassungsf&igen Parameter K.K' und ho werden oft als universelle Parameter angenommen, z.B. f i r To = TG + 50 K ur= 0,025,neuerdings jedoch K = 8.86 K sprilnglich K = 17.44 K,K' = 51.6 K und und K' = 101.6 K.Fur genauere Berechnungen mussen fiir jedes Polymere andere Werte von K,K' und TG verwendet werden, z.B. Poly(isobuty1en) Poly(acetaldehyd) Poly(styro1) Poly(dimethy1siloxan)
K K K K
= 16,6K = 14,5 K = 13,5K
= 6,l K
K = 104,4K K = 24,OK K' = 48,7K K' = 69,O K
TG = 205K TG = 243K TG = 373K TG = 150 K
Die WLF-Gleichung gestattet bei bekannten Deformationszeiten (vgl. Tab. 13-2)die statische Glastemperatur TG und die verschiedenen dynamischen Glastemperaturen T ineinander umzurechnen. Der Verschiebungsfaktor ut fiir die Urnrechnung ergibt sich dann aus der Differenz der Logarithmen der Deformationszeiten. Das gleiche Polymere kann sich somit je nach Beanspruchung rnechanisch ganz verschieden verhalten (Tab. 13-10).Poly(rnethylmethacry1at) ist bei 140°C nach Messungen der Ruckprallelastizitiit von Kugeln ein Glas, bei der Penetrometrie aber ein Gummi. Statische und dynamische Glastemperaturen sind unmittelbar praktisch bedeutsam. Bei der statischen Glastemperatur geht der Kdrper bei langsamen Beanspruchungen wie Ziehen, Biegen usw. vom SprM- in das Z2hverhalten iiber. Dynamische Glastemperaturen sind dagegen fiir Kurzzeitbeanspruchungen wie ScNage oder Stosse wichtig. Tab. 13-10 Deformationszeiten td (= reziproke effektive Frequenzen) bei verschiedenen Methoden sowie die mit diesen Methoden fiir Poly(methylmethacry1at)(PMMA) und fiir Poly(3,3-bischlormethyloxacyclobutan) (PCMOB)beobachteten Glastemperaturen. Vgl. auch Tab. 13-2.
ThermischeAusdehnung (Dilatomeme) Penetrometrie Langsame Zugfestigkeitspriifung Mechanische Schwingungen Elektrische F'riifungen Riickprallelastizit2t
loo00
100 100 0.3 0,011 0,oo 1 o,oo001
110
7 120 15 25 32 160
467
13. Thennische Eigenschofren
13.6. Andere Umwandlungen und Relaxationen Ausser Schmelz- und Glastemperaturen treten bei nicht-LC-Polymeren noch andere Umwandlungs- und Relaxationstemperaturen auf. Derartige Temperaturen kUMen sowohl oberhalb ds auch unterhalb der Glastemperatur liegen. Wie diese hagen sie auch von der Frequenz der Messmethode ab. Typisch sind Messungen des mechanischen Verlustfaktors (Kap. 17.5.1). Beim Poly(cyclohexylmethacrylat)wird hier bei einer Frequenz von 1@ Hz ein Verlustmaximum bei -125OC beobachtet (Abb. 13-28). Das Maximum verschiebt sich mit zunehmender Frequenz zu h6heren Temperaturen; bei 8 - 1 6 Hz liegt es etwa bei 8OOC. Die rezipmke Verlusttemperatur ist eine lineare Funktion des Logarithmus der Frequenz (Einblendung). Untersuchungen an verschiedenen chemischen Verbindungen zeigten, dass diese Verlustmaxima spezifisch fiir die Cyclohexylgruppe sind. Sowohl die Werte fiir Poly(cyclohexylmethacrylat) und Poly(cyclohexylacry1at) als auch diejenigen fiir Cyclohexanol lassen sich nthlich auf der gleichen Kurve anordnen, nicht aber jene fiir 2.B. Poly(phenylacry1at). Die Verlustmaxima mussen folglich von der Boot-Sessel-Umwandlung des Cyclohexan-Ringes herriihren.
I
lo4 Hz
6
10-3~.
-200
-100
0 -T/OC
+
100
200
AM. 13-28 Logarithmusdes mechanischen Verlustfaktors tan S von Poly(cyc1ohexylmetharylat)als Funktion der Temperatur T fiir verschiedene Frequenzen v [24]. Einblendung: Reziproke Temperatur des Frequenzmaximumsals Funktion des Logarithmus der Frequenz. Die Boot-Sessel-Umwandlung des Cyclohexan-Ringes ist eines der wenigen Beispiele, bei denen eine beobachtete &Urnwandlung einem molekularen Mechanismus zugeordnet werden kann. Derartige Relaxationen unterhalb der Glastemperatur sind jedoch sehr hhfig. Sie geben sich bei DSC-Diagrammen oft durch einen Knick in der Kurve zu erkennen. In vielen FtUlen scheinen diese Relaxationen durch gekoppelte Bewegungen sehr kumr Kettensegmente bedingt zu sein. Andere Relaxationen stammen von aus der Luft aufgenommener Feuchtigkeit; dieser Effekt sinkt mit steigender Kristallinitilt der Probe, da Wassermolekule nur in die amorphen Bereiche eindringen kUMen. Bei kristallinen Polymeren wird bei ca. 1,2 TM eine schwach ausgepragte Umwandlungstemperatur Tu gefunden. Diese Urnwandlung wurde als das Aufbrechen smektischer Suukturen in der Schmelze gedeutet.
468
Literatur zu Kap. 13
Historische Notizen Kristallisationskinetik:
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13. Themische Eigensch&ten
469
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Quellennachweise B.Wunderlich, M.MUller. J.Grebowicz, H.Baur, Adv.F’o1ym.Sci. 87 (1988)1, Abb. 2.7-2.9 F.E.Karasz, HE.Bait, J.M.OReilly, General Electric Report 68-C-001(1968) W.Knappe, Adv.Polym.Sci. 7 (1971)477,Abb. 2,18 und 19 H.W.Starkweather, Jr., J.Macromol.Sci.-Phys. B 2 (1968)781;Daten der Abb. 1 [q S.H.Kim, L.Mandelkem; s. L.Mandelkem. in G.Allen. J.C.Bevington, Hrsg., Comprehensive Polymer Sci. 2 (1989)363,Abb. 4 [q R.Chiang, P.J.Flory, J.Am.Chem.Soc. 83 (1961)2857. Abb. 2 [7] B.Wunderlich, Kunststoffe 55 (1965)333. Abb. 1 [S] JN.Hay. J.Polym.Sci.-Polym.Chem.Ed.14 (1976)2845.Daten der Abb. 2 [9] Y.Fu, ATHAS, Eight Report, University of Tennessee, Knoxville 1995;nach [lo] 1101 B.Wunderlich, J.Grebowicz, Adv.Polym.Sci. 60-61 (1984) 1 [ll] H.Yamada. T.Iguchi, A.Hirao, SNakahama, J.Watanabe, Macromolecules 28 (1995)50,Tab. 3 [121 AJ.Kovacs. J.Po1ym.Sci. 30 (1958) 131. Abb. 5 1131 F.Rietsch. DPaveloose. D.Froelich. Polymer 17 (1976)859.Tab. 1 und 2 [14] S.J.Clarson, K.Dodgson, J.A.Semlyen. Polymer 26 (1985)930,Tab. 1 und 2,Abb. 3 1151 W.A.Lee. GJ.Knight, Brit.Po1y.J. 2 (1970)73,Tab. I und I1 [la T.-B.He. J.Appl.Polym.Sci. 30 (1985)4319,Abb. 1, Tab. 1 und zustitzliche Daten [17l K.L.Wooley, C.J.Hawker. J.M.Pochan, J.M.J.Frkhet, Macromolecules 26 (1993) 1514,Tab. 1 [181 S.Uppuluri, P.Dvomic, N.C.Beck Tab, G.Hagnauex, Bericht ARL-TR-1774, Army Reseaich Laboratory,Aberdeen Roving Ground, MD (US)1999 1191 H.Matsuura, AEisenberg, JPolym.Sci.-Polym.Phys.Ed.14 (1976)1201.Abb. 2 [20] A.Eisenkrg, Macromolecules 4 (1971)125 1211 T.GFox, S.Lmhaek. JPolym.Sci; 15 (1955). 371,Abb. 5, nach Daten von K.Ueberreiter, G.Kanig. J.Chem.Phys. 18 (1950)399.Die Parameter der Konstanten K, der G1.(13-28) (G1.16 von Fox-Loshaek) fiihren nicht zur komkten physikalischen Einheit von K,. 1221 EJenckel. R.Heusch. Kolloid-Z. 130 (1953)89,Tab. 1 [231 K.H.Illers, Ber.Bunsenges. 70 (1966)353,Daten der Abb. 1 1x1 J.Heijboer. in DJ.Meier, Hrsg., Molecular Basis of Transitions and Relaxations, Gordon and Breach, London 1978,S.75,Daten der Abb. 5
[l] [21 [3] [4]
470
14.
Transport in Polymeren
14.1. Einleitung Wlrmestdsse fiihren bei Schmelzen von kleinen Molekiilen zu Rotationen um die eigene Achse und zu Platzwechseln mit den umgebenden Molekiilen. Bei PolymerschmelZen treten die gleichen globalen Effekte der ganzen Polymennolekiile auf, dazu aber auch lokale. Die Effekte reichen bei flexiblen Polymermolekulen von Umwandlungen einzelner Mikrokonformationen (z.B. trans-gauche) und Gestaltaderungen kleinerer und griisserer Segmente bis zu Deformationen des gesamten Polymermolekiils. Sie werden ausser durch mikro- und makro-Brown'sche Bewegungen auch durch angelegte mechanische und elektrische Felder erzeugt, z.B. durch Scherungen oder Dehnungen. Die Auslenkungen aus den Vorzugslagen werden durch Relaxationen zu den Gleichgewichtslagen wieder riickgagig gemacht. Die erforderlichen Relaxationszeiten betragen grdssenordnungsmassig Pikosekunden bei Mikrokonfonnationen und Sekunden bei Makrokonformationen. Die Auswirkungen der Gestaltaderungen ganzer Polymermolekiile sind z.B. durch mechanische Messungen analysierbar (Kap. 17). Lokale Effekte lassen sich durch eine game Reihe spezieller spektroskopischer Methoden erfassen: einige NMR-Techniken (z.B. pulsed field gradient spin-echo NMR), quasielastische Lichtstreuung (Kap. 11.1.2), Neutronen-Spin-Echo-Spektroskopieusw. Die einzelnen koordinierten Bewegungen werden jeweils als eigene Bewegungsart mit einer bestimmten Relaxationszeit rq aufgefasst. Bei der ersten Art (q = 1) verschiebt sich das game Molekiil, ohne dass sich die Molekiilgestalt ver2ndert (Abb. 14-1). Sie weist die ltingste Relaxationszeit auf, da sie die gr(isste ZaN von koordinierten Bewegungen erfordert. Es wird allgemein angenommen, dass die nach Rouse (Kap. 11.1.3) erhaltene Relaxationszeit dieser koordinierten Bewegung der gesamten Kette entspricht. Bei der zweiten Art (q = 2) bewegen sich die Kettenenden in entgegengesetzte Richtungen. Bei der dritten Art (q = 3) bewegen sich die beiden Kettenenden gleichsinnig, aber entgegengesetzt zur Kettenmitte usw. Nach der klassischen Mechanik muss d m das Spektrum der Relaxationszeiten eines molekulareinheitlichen Polymeren eine Reihe von diskreten Signalen aufweisen. Experimentell wird aber ein kontinuierliches Spektrum gefunden. und zwar, weil (I) die verschiedenen Arten q nicht linear gekoppelt sind und (II), weil fast immer molekulamneinheitliche Polymere vorliegen. In Losungen treten zusltzlich noch Kopplungen zwischen den Bewegungen der Segmente und den Ldsungsmittelmolekulen auf, weil die auf ein Segment wirkende Kraft eine Fliissigkeitsbewegung um das Segment erzeugt, die wiedemm auf die Geschwindigkeit der anderen Teilchen einwirkt. Die Bewegung eines Teilchens wird somit auch durch die auf die anderen Teilchen wirkenden Kr2fte beeinflusst. Diese hydrodynamische Wechselwirkung in Ltisungen wird bei der Rouse-Theone nicht beriicksichtigt. Die Theone ist aber bei Schmelzen anwendbar, da hier nur gleichartige Teilchen vorliegen. I
4=1
~
c-
-----I
Abb. 14-1 Die ersten drei h e n der Bewegung einer flexiblen Kette.
. q=3
47 1
14. Transport in Polymeren
14.2. Transport in fluiden Polymerphasen 14.2.1. Losungsmittel in konzentrierten Polymerlosungen Die Brown'sche Wlrmebewegung fiihrt in LUsungen zu Platzwechselprozessen zwischen Usungsmittelmolekulen, zwischen L6sungsmittel- und Polymermolekiilen sowie zwischen Polymermolekulen, und zwar auch. wenn Gradienten durch Konzentrationsoder Temperaturunterschiede abwesend sind. Bei dieser Selbstdiffusion (E: self-diffusion) erfolgt kein Nettotransport an Masse. Das Produkt aus L6sungsmittelviskosiat 71 und Selbstdiffusionskoeffizient Dl.0 des reinen Liisungsminels ist bei nicht-assoziierenden L6sungsmitteln praktisch konstant. Es weist die Einheit einer Kraft auf und besitzt 2.B. bei 25°C fiir lo7 qlDl,ol(g cm s - ~ )die folgenden Werte: Methylenchlorid 1,35, Butylacetat 1.36 und Cyclohexan 1.32 (alle nicht-assoziierend), aber Toluol 1.46 und Wasser 2,15 (starke Selbstassoziation). Die Selbstdiffusionskoeffizienten D 1 von L6sungsmitteln in Polymerl6sungen nehmen mit steigendem Anteil an Polymeren ab (Abb. 14-2). Sie liegen in der gleichen Grtjssenordnung wie die gemeinschaftlichen Diffusionskoeffizienten in niedermolekularen LCisungen (Abb. 11-6). Das D1 von Isopropylbenzol ist in Poly(styro1)en niedriger und hoher Molmasse gleich gross. Bei Toluol in den gleichen Polymeren zeigen sich jedoch Unterschiede. Das hahermolekulare Polymere setzt hier den Selbstdiffusionskoeffizienten des Toluols genau so herab wie ein vemetztes Poly(styro1). Maglicherweise sind die Unterschiede zwischen den beiden Usungsmitteln darauf zuriickzufiihren, dass ~Isopropylbenzol H-CHzCH( C6Hs)CHz-H der Gruppierung - C H ~ C H ( C ~ H S ) C Hin Poly(stym1) m i c h e r ist als Toluol H-CH(CaHs)-H. Die Konzentrationsabhlngigkeiten der Selbstdiffusionskoeffizienten verschiedener Ltisungsmittel im gleichen Polymeren laufen praktisch parallel. Je h6her die Viskosiat
.01-
.
.
02
0,4
- w2
0,6
03
I
Abb. 14-2 SelbstdiffusionskoeffizientenD1 von Msungsmitteln als Funktion des Massenanteils w2 der Polymeren. Messungen an Toluol in linearen Poly(styro1)en der relativen Molmassen 18 OOO ( 0 ) und 280 OOO ( 0 )[ll und in einem mit Divinylbenzol vemeaten Poly(styro1) ( 0 ) [2], alle bei 23°C; Messungen an Isopropylbenzol in linearen Poly(styro1)en der relativen Molmassen 18 OOO (0) und 280 OOO (W) bei 25°C [3].
472
14.2. Transport in fluiden Polymerphasen
1 03
0 .
0,6
ci1
6
I
0.4
0.2 0 0
02
0,4
0.6
- 42 +
03
1
Abb. 14-3 Relative Diffusionskoeffizienten Dl/Dl.0 von ( 0 )Toluol in Poly(styro1) der relativen Molmasse 280 OOO, ( 0 )Wasser in Poly(vinylpyrro1idon)und (A) Wasser in einem Agarose-Gel. Die Zahlen geben den Expenten q der G1.(14-1) an. (0.0)Daten der Abb. 14-2. der Llisungsmittel, umso niedriger ist der Selbstdiffusionskoeffizient. Weil D1 und D1.o gleichsinnig beeinflusst werden, sind deshalb die normierten Selbstdiffusionskoeffizienten Dl/Dl,o praktisch unabhhgig vom Typ der LCisungsmittel und Polymeren sowie der Molmasse (Abb. 14-3). Sie skalieren mit dem Volumenbruch des Polymeren nach (14-1)
14.2.2.
D l / D l , o = (1 - h ) 5 / * = $1512
Polymere in Schmelzen
Kn2uelmolekule liegen in ihren Schmelzen L.. ungestdrte Knauel sehr geringer Knaueldichte vor, die mit Segmenten anderer Polyrnennolekule gefiillt sind (Kap. 6.2), da sonst nicht die makroskopisch beobachteten Dichten vorliegen konnten. In der Schmelze erfolgt daher die Diffusion eines Segrnentes unter Platzwechsel mit einem Segment eines anderen Molekiils. Die resultierende Selbstdiffusion der Polymeren kann wie diejenige eines Losungsmittels in Polymerlosungen NMR-spektroskopisch bestimmt werden. Nach der Einstein-Sutherland-G1.(11-10) D = k g T / t ~ist der Diffusionskoeffizient dem Reibungskoeffizienten {D des Molekiils reziprok proportional. Die Rouse-Theorie (S. 371) nimmt an, dass das Molekiil aus Nseg Segmenten mit je dem Reibungskoeffizienten {seg besteht, so dass {D = Nsegtseg. Da bei Knaueln die Zahl der Segmente dem Polyrnerisationsgrad bzw. der Molmasse proportional ist, sollte folglich der Diffusionskoeffizient nach D =jTjW1)vom Kehrwert der Molmasse abhhgen. Experimentell wird jedoch D = f ( M - 2 ) gefunden (Abb. 14-4), und zwar uber den gesamten Molmassenbereich von sehr kleinen relativen Molmassen von einigen Hundert bis zu sehr grossen von ca. Hunderttausend. Bei grossen Molmassen sind die Poly(ethylen)-Ketten sicher verhakt (Kap. 6.3.3), bei kleinen aber nicht. Eine Verhakung kann daher nicht die Ursache fiir dieses Verhalten sein.
14. Transport in Polymeren
47 3
Abb. 1 4 4 Abhugigkeit der SelbstdiffusionskoeffizientenD [4], der Schmelzeviskositiiten qo in Ruhe [4], der mit der RIS-Methode berechneten [S] reduzierten ungesmrten Tagheitsradien ($)JMund der Grtisse q f l / p von der Molmasse von Alkanen und eng verteilten linearen Poly(ethy1en)en bei 175OC [q.M d t = Kritische Molmasse zwischen Verhakungen; p = Dichte der Schmelzen. Bei nicht zu niedrigen Molmassen konnen nicht verhakte Ketten aber gleichwohl noch ungestorte Knauel bilden. Ein Alkan der Molmasse 1405 gjmol weist schliesslich 100 CHz-Glieder auf und damit die fiir Gauss-Knauel erforderliche Mindestzahl (Anhang A-4). Bei solchen Molektilen wird das Verhamis (s2)JM der ungestorten Tdgheitsquadrate zur Molmasse konstant (Kap. 4.3.6; Abb. 14-4). In diesem Molmassenbereich konnen die Knguel als hydrodynamisch aquivalente Kugeln rnit dem Radius RSph= (s2)01/2 modelliert werden. Ihre Selbstdiffusion durch die Schmelze als "Ltisungsmittel" rnit der Ruheviskosittit qo llsst sich rnit der EinsteinSutherland-Gl.(ll-lO) D = kBT/Ssph und der Stokes-GI.(ll-11) {sph = 6 1c qo(s2)01/2 erfassen. Erweitem mit (s2)d(s2)o, Einftihren von k~ = R/NA sowie des Molekiilvolumens der Dichte p = mmol/Vmol und der Molmasse M = mmolNA liefert Vmol = 4 1c
Da die rechte Seite dieser Gleichung unabh2ngig von der Molmasse ist, sollte auch die linke Seite molmassenunabhhgig sein, jedenfalls, solange Knluel vorliegen und Verhakungen abwesend sind (Abb. 144). S-tliche Gr6ssen D , 70. p. (s2) und M konnen ferner experimentell ermittelt werden. In der Tat sind beim Poly(ethy1en) die unabhhgig ermittelten experimentellen Werte der linken und rechten Seiten der G1.( 14-2) identisch: D q d p = (1,68 f 0.06)-l&7(cm2 s - ~ vs. ) ~(21'9) R T ( ( s 2 ) d M ) = 1,67.1e7 (cm2 s - ~ ) ~ . GL(14-2) wurde mit einer quasistatischen Ableitung erhalten. Mit Ausnahme eines Faktors von 2/9 = 0,222 anstelle von 1/6 = 0,167 stimmt sie mit dem Resultat der hydrodynarnischen Theonen iiberein. Diese Abweichung stammt vom Faktor 4/3 beim Einfiihren der aquivalenten Kugeln. Oberhalb einer kritischen Molmasse M,,it ist Dqolp nicht mehr konstant, sondem steigt rnit zunehmender Molmasse an (Abb. 14-4). Die Funktion lg D = f ( M - 2 ) wird dagegen im gesamten Molmassenbereich befolgt, was rnit einer Reptation erkl2rt wird.
474
14.2. Transport in fluiden Polymerphasen
Abb. 14-5 Reptation einer Testkette (schwarz) durch die Ketten der Matrix (weiss). Die Wade des Tubus sind gestrichelt eingezeichnet
14.2.3.
Reptation von Polymerketten
Eyring et al. wiesen bereits 1958 darauf hin, dass sich Polymerketten durch verhakte Polymermolekiile wie in einer Art Slalom bewegen mussen. Diese Bewegung wurde 1971 von de Gennes als Schlangenbewegung bezeichnet (Reptation) und von Edwards und Doi 1978 durch ein Rtlhrenmodell (E: tube model) erfasst. Verhakungen (Kap. 6.3.3) werden als verhatnismhsig langlebig angesehen. Sie uben somit einen topologischen Zwang auf die Kette aus und man nimmt an, dass dieser Zwang die Bewegung der Kette dominiert. Hydrodynamische Effekte sollen von untergeordneter Bedeutung sein und es wird implizit angenommen, dass der Anteil des freien Volumens bei allen Molmassen stets gleich gross ist. Die Verhakungen bilden Hindemisse, durch die sich eine Polymerkette (die Testkette) bei ihrer Selbstdiffusion wie ein Reptil im Unterholz bewegt (Abb. 14-5). Die Testkette "reptien" nach der Doi-Edwards-Theorie somit in einer Art Rohre (Tubus) von ca. 5 nm Durchmesser, die aus Segmenten anderer Ketten gebildet wird. Die Mittellinie der RBhre wird primitive Kette genannt (E: primitive chain). Die L k g e Ltub = NsegLsegder R6hre ist durch die darin enthaltene Zahl N X g der Segmente mit der L k g e Lseg gegeben. Ein Segment besitzt den Reibungskoeffizienten &. Die Kette braucht eine bestimmte Zeit, um sich aus dem gegebenen Tubus der L h g e Lmb herauszuwinden, die Reptationszeit frep.Beim Herauswinden wird ein neuer Tubus erzeugt. Diese Zeit ergibt sich aus der Diffusionsgleichung Drep = ( L2 ) m d ( 2 trep), wobei (L2)mb das Mittel uber die Verschiebungsquadrate des Tubus ist. Die Kette verschiebt sich in der Reptationszeit frep urn die Tubusl2nge Lmb. Die Reptationszeit ergibt sich also mit Drep = kBT/Nseg<seg und Ltub = NsegLseg als eine Funktion der dritten Potenz der Zahl der Segmente, wobei die Proportionalistitskonstante to = Lseg2<seg/(2 ~ B T eine ) mikroskopische Zeit von der Grijssenordnung s ist:
Ein Verschieben des Tubus fiihrt aber auch zu einer Lage2ndenmg der Testkette, die ja definitionsgemiss den gleichen Tragheitsradius wie die primitive Kette aufweisen soll. Die Verschiebung muss daher innerhalb der Reptationszeit trep erfolgen. Drep ist folglich mit dem makroskopischen Diffusionskoeffizienten 0 2 identisch:
475
14. Transport in Polymeren
Nun gilt fUr den Trggheitsradius der in der Schmelze vorliegenden ungestlirten Knauel die Beziehung (r2)o = Nseg(Lseg)2= 6 ( ~ 2 )(G1.(4-31) ~ plus Gl.(A 4-16)) und weiter nach G1.(4-36) auch ( s ~ ) =~K~s ,/a~1 R .Mit diesen Beziehungen wird G1.(14-4) zu
Der Selbstdiffusionskoeffizient sollte demnach mit dem Quadrat der Molmasse abnehmen, wie es auch experimentell gefunden wird (Abb. 14-4 und 14-6). Uberraschenderweise gilt G1.(14-5) jedoch auch fiir Molmassen unterhalb der bei der Schmelzviskosit2t auftretenden kritischen Molmasse f i r die Verhakung (Abb. 14-4), vermutlich, weil Endgruppen bei niedermolekularen Polymeren ein grlisseres freies Volumen eneugen. Die Selbstdiffusionskoeffizientenbesitzen bei niedermolekularen Schmelzen etwa die gleichen Werte von ca. 10-6 cm2/s wie die gemeinsamen Difisionskoeffizienten niedermolekularer Gelester in niedermolekularen L(fsungsmitte1n. Wegen der quadratischen Abhbgigkeit von der Molmasse fallen sie jedoch sehr rasch zu tiefen Werten ab. Bei relativen Molmassen von 1 Million erreichen sie bereits Werte von ca. cm2/s. Die Reptationszeit ergibt sich nach G1.(144) fiir ein Poly(ethy1en) der Molmasse M = 1.106g/mol bei 175°C aus D2 = D, = 1,78-1V12cm2/s (experimentell) und (s?),,= 1.76.1&11 cm2 @IS-Metho&) zu tq = 5 s.
Stemf6rmig verzweigte Makromolekiile diffundieren wesentlich langsamer als lineare (Abb. 14-6). Die Abweichungen treten bei dreiarmigen Poly(butadien)en schon bei Molmassen von ca. 23 000 glmol, entsprechend Armlbgen von ca. 500 Kettengliedem auf. Diese Kettengliederzahl entspncht der iiber die Schmelzeviskositaten gemessenen kritischen Kettengliederzahl fiir Verhakungen. Da bei stemartig venweigten Makromolekiilen die Tendenz zur Verhakung mit steigender Molmasse sttirker zunimmt als bei linearen, sind auch weit negativere Exponenten der Molmassenabhbgigkeit der Diffusionskoeffizienten zu erwarten. Der experimentell gefundene Exponent von -10 konnte jedoch bislang nicht theoretisch gedeutet werden. iv5
- Mw / (g mol-1) -+ Abb. 14-6 Selbstdiffusionskoefzienten von linearen (0 [7]. 0 [8]) bzw. dreiarmigen 191, eng ( 0 ) bzw. breit (0)verteilten Poly(butadien)en bei 176°C [71 bzw. 165°C [8,9].
476
14.2.4.
14.2. Transport in fluiden Polymerphasen
Polymerketten in Polymermatrizen
Die Selbstdiffusion von Polymemolektilen 2ndert sich, wenn Testketten (E: tracer) durch die Schmelze konstitutiv gleicher Matrizen anderer Molmassen diffundieren. Diese Selbstdiffusion llsst sich mit geeignet markierten Polymeren untersuchen. z.B. rnit deuterierten Polymeren in Matrizen aus den gleichen, jedoch nicht deuterierten Polymeren. Der Vergleich der Werte muss jedoch nicht bei konstanter Temperatur vorgenommen werden. sondem bei einem konstanten freien Volumen. Die Diffusionskoeffizienten der Testketten mit der Molmasse M t nehmen rnit steigender Molmasse M, der Matrix ab und werden dann konstant (Abb. 14-7). Dabei sind je nach dem Verhainis von M t zu M, drei Bereiche unterscheidbar: 1. Wenn die Molmasse der diffundierenden, markierten Testkette vie1 grtisser als die Molmasse der Matrix ist (Mt >> M,), verhat sich die letztere als ein Liisungsmittel rnit der Viskositlt q,. Der Diffusionskoeffizient D, der Testkette mit dem hydrodynamischen Radius Rt einer Quivalenten Kugel ergibt sich in diesem Falle aus der Stokes-Einstein-Gleichung Dt = k ~ ? ' / ( N , ~ ~ t ,mit , ~ )NsegSseg= 6 IC qmRt. Die Matrix stellt femer ein Theta-Msungsmittel dar, da Testkette und Matrix die gleiche Konstitution aufweisen. Da man sich im Rouse-Gebiet befindet, ist die Viskositat qm = K,M der niedermolekularen Matrix in diesem Fall der Molmasse M, der Matrix direkt proportional (Kap. 15.3.2)). Der hydrodynamische Radius Rt = KtMtl/* der knluelftirmigen Testkette variiert dagegen wie der Tr2gheitsradius s mit der Wurzel aus der Molmasse (G1.(4-36)). Der Diffusionskoeffizient Dt ist somit proportional 1/M, (Abb. 14-7):
55 OOO 110 000
255 000 620 OOO Stokes- ,EmeuEinstein erung
,-,-1g _
id
104
1 6
915 000 Reptation
106
107
108
-M,/ (g mol-1) -+ Abb. 14-7 Diffusionskoeffizienten Dt deuterierter Poly(styro1)e (Testketten) der Molmasse Mt in Ma&en aus protonierten Poly(styro1)en der Molmasse M, bei Temperaturen, die einem konstanten Anted 0,042 des freien Volumens entsprechen. Die Messungen bei 174°C wurden mit der WLF-Gleichung auf ein konstantes freies Volumen fiir T - TG = 74 K korrigiert. Berechnungen mit G1.(14-8) und z = 3.5 sowie Me = 18 OOO g/mol [lo]. Mit freundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, JX.
14. Transport in Polymeren
477
2. Im anderen Grenzfall ist die Molmasse der Matrix sehr vie1 grtisser als die Molmasse der Testkette ( M , >> M J . Entsprechend der Repzutionstheorie (Gl.(l4-5)) sollte dann der Diffusionskoeffzient der Testkette nur vom Quadrat der Molmasse der Testkette abwgen. nicht aber von der Molmasse der Matrix (Abb. 14-7). 3. Wenn Testkette und Matrix jedoch vergleichbare Molmassen aufweisen, sind die “Wtlnde” des Tubus nicht mehr starr. Der Testkette benachbarte Matrixketten entfemen sich vielmehr von den Punkten, von denen sie auf die Testkette einwirken. Die Hemmungen fallen weg und der Tubus wird emeuert. Es wird angenommen, dass die Diffusionen durch Tubuserneuerung und durch Reptation unabh2ngig voneinander erfolgen:
Der Diffusionskoeffizient Der der Tubuserneuerung wird von der Molmasse M m der Matrix, der Molmasse M e zwischen den Verhakungsstellen und der Zahl z dejenigen Kettensegmente mit der Ltlnge einer primitiven Kette kontrolliert, welche die diffundierende Kette hemmen. Die theoretische Berechung ergab
wobei Krep durch GL(14-5) gegeben ist und qz = (48/25)(12/1t~)~-~z gesetzt wurde. Aus den G1.(14-8) und (14-5) erh2lt man dann fiir den beobachteten Diffusionskoeffizienten Dt der Testkette die Beziehung
Da qz und Me Konstanten sind, kann man fiir den allgemeinen Fall schreiben (14-10)
Dt = KMmxM$‘
Die von der Theorie fiir die verschiedenen Molmassenbereiche geforderten Exponenten x und y stimmen gut mit dem Experiment uberein (Tab. 14-1).
Tab. 14-1 Exponenten x und y der Abhugigkeit der D&fusionskoeffuientenD,markierter Poly(styr01)e. von ihren Molmassen M 1bzw. den Molmassen M, der aus nichtmarkierten Poly(styr0l)enbestehenden Matrix bei konstanten Anteilen des freien Volumens von 0,042 [ 101. Bereich
Exponent x von M, Thmrie Experiment
Stokes-Einstein
-1
- l,o
TUbUS-ErneuerUng
-3 0
0
Reptation
* 0.1
- 2,8 k 0,3
Exponent y von M, Theorie Experiment - 0,500 -1
-2
- 0.57 f 0.05 - 1,oo - 2,o
Stemformig verzweigte Makromolekiile diffundieren in Matrizen aus linearen Polymeren sonst gleicher Konstitution schneller als lineare Polymere gleicher Molmassen (Abb. 14-8). Man nimmt an, dass die Selbstdiffusion bei genugend hohen Molmassen dann nicht nur durch Tubusemeuerung zustande kommt, sondem auch durch eine Art
478
14.3. Transport kleiner Molekiile durch Polymermatrizen
"L
I
10-18
J 1 6
104
1 6
106
- M, / (g rnol-1) ----+
107
--
Abb. 14-8 Diffusionskoeffzienten D,von sternartigen Poly(styro1)en rnitf= 4 (0)bzw.f= 8 (0) Armen [l11 von der Molrnasse M,,, linearer Poly(styro1)e als Matrixrnolekiile, verglichen rnit den Selbstdiffusionskoeffmientenlinearer Poly(styro1)e (f= 2) rnit gleichen Molmassen (- - - : Daten der Abb. 14-6).Matrizen aus Mikrogelen (0)und intermolekularen Netzwerken (H) verhalten sich wie Makrornolekiile unendlich hoher Molmasse. Einziehen der Anne. Beide Prozesse sollen unabh2ngig voneinander erfolgen. Der Beitrag des Armeinzugs ruft wahrscheinlich die beobachtete Abhtingigkeit der Diffusionskoeffizienten von der -2.5. Potenz der Molmasse der Matrix anstelle der von G1.(14-8) geforderten -3. Potenz hervor (vgl. auch Abb. 14-7).
14.3.
Transport kleiner Molekiile durch Polymermatrizen
14.3.1. Ubersicht Polymere sind im Gegensatz zu Metallen fiir Gase und viele niedermolekulare Flussigkeiten durchlissig. Der Transport von Verbindungen in Polymere hinein und durch Polymere hindurch ist manchmal erwiinscht wie beim Firben von Fasem und Geweben oder beim kontrollierten Verabreichen von Pharmaka durch die Haut. In vielen F a e n ist ein solches Ein- oder Durchdringen jedoch unerwunscht, z.B. bei der Migration von Weichmachem in Polymeren oder beim Austritt von Kohlendioxid aus kohlensiurehaltigen Getrtinken in Kunststoffflaschen. Eine Permeation kann nach zwei verschiedenen Mechanismen erfolgen, durch eine Diffusion bzw. einen Fluss in Poren oder durch einen Transport von in Polymeren molekular geltisten Substanzen. Bei Membranen (= diinnen, fliichigen Gebilden) unterscheidet man entsprechend Poren- und Uslichkeitsmembranen. Als Poren werden dabei im Polymeren vorhandene Kan2le definiert, deren Durchmesser vielfach grtisser als der Durchmesser der permeierenden Molekule ist. Beim Transport durch reine Porenmembranen sind daher Wechselwirkungen der transportierten Substanz mit dem Membranmaterial vemachlhsigbar. Bei Uslichkeitsmembranen treten umgekehrt Wechselwirkungen der permeierenden Substanz mit dem Membranmaterial auf.
479
14. Transport in Polymeren
Tab. 14-2 Permeationskoeffuienten P von Stickstoff in Poly(ethy1en) bzw.Pergamentpapier,ein rnit S c h w e f e k behandeltes Cellulosepapier.
0°C
30°C
Pa-') bei T = 50°C
25 1120
210
740
940
930
10'4 P/(cm2
pOly(e.thylen) Pergameatpapiex
70°C
2200 840
Beide Transportarten sind oft iiber die Temperatur- oder Druckabhibgigkeit der Permeationskoeffizienten P unterscheidbar. die sowohl von der Diffusion als auch der U s lichkeit abhbgen (vgl. weiter unten). Bei nicht weichmachenden Gasen wird die Permeation nicht vom Druck beeinflusst; ein Druckeffekt zeigt Poren oder Haarrisse an. Stickstoff ist in Poly(ethy1en) ltislich; es diffundiert via Platzwechselprozesse rnit den Polymersegmenten. Diese Diffusion nimmt mit steigender Temperatur zu und der Permeationskoeffizient wird entsprechend grijsser (Tab. 14-2). Pergamentpapier weist dagegen echte Poren rnit Durchmessem im Nanometer- bis Mikrometer-Bereich auf. Da der Diffusionskoeffizient der Gase deren Viskositait reziprok proportional ist und die Viskositait der Gase rnit steigender Temperatur gasser wird, nehmen Diffusions- und Permeationskoeffizienten entsprechend ab. Das Gegeneinanderspiel der beiden Diffusionsarten nutzt man bei Laminaten aus zwei verschiedenen Filmen aus. Sauerstoff diffundiert z.B. durch Poly(ethy1en)-Folien nach einem Ltislichkeitsmechanismus,durch Aluminium-Folien dagegen durch bei der Produktion entstandene Poren. Sauerstoff tritt z.B. durch 0,025 mm dicke Aluminium-Folien rnit Poren von 1 pm Durchmesser bei Druckunterschieden von lo5 Pa (= 1 bar) rnit Geschwindigkeiten von 5.1e5 cm3/s durch. Nach dem Laminieren der Al-Folien rnit 0,025 mm starken Poly(ethy1en)-Folien gleicher Dicke sinkt die Geschwindigkeitjedoch auf 5.10-13 cm3/s ab.
14.3.2.
Permeationskoeffizienten
Die durchtretende Substanz wird nachstehend Permeant genannt, die durchquerte Materie Matrix. Permeanten k6nnen Gase, reine Fliissigkeiten (einschl. Weichmacher) oder in Flussigkeiten geltiste Substanzen sein (Farbstoffe, Pharmaka usw.). Die Matrix kann eine Membran, eine Folie oder einen dickwandigen Ktirper darstellen. Befindet sich ein Permeant zu beiden Seiten einer Matrix in unterschiedlichen Konzentrationen. so wird er solange durch die Matrix permeieren. bis die Konzentrationsdifferenz ausgeglichen ist. Beispiele sind Gase rnit dem Druck p gegen Vakua oder Ltlsungen rnit der Konzentration c gegen reine Ltisungsmittel oder Luft. H a t man dagegen eine konstante aiussere Konzentrationsdifferenz A c aufrecht, z.B. bei Gasen durch einen Druckunterschied Ap zu beiden Seiten der Matrix, so wird sich entsprechend ein Konzentrationsunterschied Aw des Permeanten in der Membran einstelen. Im einfachsten Falle der permanenten Gase gilt das Henry'sche Gesetz: (14-11)
AW =SAP
14.3. Transport kleiner Molekule durch Polymertnatrizen
480
Der Verteilungskoeffizient S des Permeanten wird Loslichkeitskoeffizient genannt (E: solubility coefficient). Misst man z.B. Ap als Druck und Aw als Massenbruch, dann besitzt S die physikalische Einheit eines reziproken Druckes. Bei Fliissigkeiten wird dagegen Ap als Konzentrationsdifferenz Ac gemessen. Die Grlissen Aw und Ac werden hier oft in gleichen Einheiten angegeben und S ist dann je nach Messgriisse ein Volumenbruch. Massenbruch usw., d.h. es besitzt die physikalische Einheit 1. Nach dem Anlegen eines Druckes bzw. einer Konzentrationsdifferenz dauert es eine bestimmte Z i t t l , bis der Permeant auf der anderen Seite der Matrix wieder austritt (Abb. 14-9). Nach G l . ( l l 4 ) erh2lt man fiir die nach der Zeit t durch die Flache A mit dem Fluss Jd permeierte Masse m den Ausdruck (14-12)
m =J&(t-tl)
Wie eine lbgere theoretische Rechnung zeigt, ist die Einstellzeit tl durch die Dicke t m der Matrix und den Diffusionskoeffizienten D des Permeanten gegeben:
Aus der Einstellzeit tl ist somit der Diffusionskoeffizient des Permeanten in der Matrix berechenbar. Nach einer Zeit t = 3 tl wird ein station2rer Zustand erreicht. Bei konzentrationsunabhiingigen Diffusionskoeffizienten kann man dann in Gl.(ll-4) dr durch die Membrandicke L, ersetzen und dc durch die Abnahme Aw der Massenanteile. Der Fluss durch das Polymere wird zu Jd = DAw/L, und man emtilt mit G1.(4-11)
wobei das Produkt aus Diffusionskoeffizient D und Loslichkeitskoeffizient S der Permeationskoeffizient P ist. Mit den G1.(14-12) und (14-13) ergibt sich weiter (14-15)
m=-(PAAp t -
r,
$)
Der Permeationskoeffizient weist die physikalische Einheit eines Diffusionskoeffizienten (Linge*/Zeit) auf, wenn der Loslichkeitskoeffizient als Anteil Aw angegeben wird. Misst man den LCislichkeitskoeffizienten als reziproken Druck (vgl. oben), dann besitzt der Permeationskoeffizient die Einheit L%nge2 Z i t 1 Druck-l. In der Literam werden ca. 30 verschiedene Einheiten fiir P venvendet. Die entstehende Konfusion ist auf die Verwendung "praktischer", aber in der Regel miteinander unvemiiglicher, Einheiten zuriickzufiihren. In den USA wird z.B. haufig die "barrier unit" BU = ccmil/(100 inz.atmday)venvendet (cc = cm3, mil = lP32011, in = Zoll). Bei Gasen misst man m oft in cm3,L , in mm, A in mz, Ap in atm und f i n 24 h. Die so berechneten P-Werte weisen dann nach G1.(14-15) eine physikalische Einheit von (cm3 mm)/(m2 24 h am) auf. Die Anhbfung nichtkonformer Einheiten wird damit begriindet. dass man dann sofort ablesen ktinne, wie sich die Permeation mit den verschiedenen EinflussgrCish/am wiedergegesen andert. Eine solche Einheit wird dann verwimnderweise als z.B. cm3~m/mz/24 ben oder auch a l s cm3/24 h/mz/mm/atm. Man argumentiert ferner, dass beim Zuriickkiirzen der Einheit von P auf Lhge2/Zeit die "physikalische Bedeutung" verloren ginge. Das ist jedoch immer so, wenn eine physikalische Grtisse aus anderen physikalischen Grijssen ermittelt wird (vgl. G1.(11-25)).
14. Transport in Polymeren
48 1
Abb. 14-9 Zeitabhgigkeit &r Permeation verschiedener Gase durch eine Styrolcopolyrner-Foliebei 25°C [12]. Die hderung Am der Masse der Gase ist in willkiirlichen Einheiten angegeben. f gibt die extrapolierte Anlaufzeit tl fiir H2 bzw. C@ an (bei N2 nicht bestimmbar). Die durchgetretene Menge m nimmt somit nach einer Anlaufperiode linear mit der Zeit t zu. falls der Diffusionskoeffizient konzentrationsunabhtingig ist (Abb. 14-9). Bei konzentrationsabh3ngigen Diffusionskoeffizienten verlguft die Permeationskurve konvex zur Zeitachse. Aus der Steigung (PAAp)/L, der Am =fTf)-Kurve l&st sich bei konstanter Druckdifferenz A p der Permeationskoeffizient P berechnen. Aus der extrapolierten Anlaufzeit tl = (PAL,Ap)/(6 D) ergibt sich dam der Diffusionskoeffizient D und aus P = 1)s der Liislichkeitskoeffizient S (Gl.(l4-14)).
14.3.3.
Permeation von Gasen
Die Permeationskoeffizientenvon Gasen in Polymeren variieren in sehr weiten GrenZen (Tab. 14-3). Beispielsweise ist der Permeationskoeffizient von Sauerstoff in Poly(dimethylsiloxan) ca. 10 Millionen mal hiiher als in Poly(acrylnitri1). Diese Unterschiede sind technisch sehr bedeutsam. Die Verpackung von kohlenslurehaltigen Fliissigkeiten verlangt z.B. geringe Kohlendioxid- und geringe Sauerstoff-Durchlassigkeiten.die ersteren, damit der Sprudeleffekt nicht verloren geht, die zweiten. damit nicht Sauerstoff der Aussenluft in die Flasche eindringt und das Aroma zerstiin. Membranen fiir kunstliche Lungen erfordem umgekehrt hohe Sauerstoff-Permeabiliaten. Verpackungen fiir frisches Obst und frisches Gemiise sollen hohe Permeabiliaten fiir Sauerstoff, Kohlendioxid und aus dem Gemiise bzw. Obst freigesetztem Ethylen aufweisen. Polymere oberhalb ihrer Glastemperaturen besitzen im Allgemeinen hiihere Permeationskoeffizienten als solche unterhalb, wie die drei Elastomeren Siliconkautschuk (= vernetztes Poly(dimethylsi1oxan)). Naturkautschuk (= vernetztes cis-1,4-Poly(isopren)) und Butylkautschuk (= vernetztes Copolymer von Isobuten mit etwas Isopren) zeigen. Butylkautschuk weist besonders niedrige Permeabilitltskoeffizienten f i r Sauerstoff und Stickstoff auf und wird daher f i r luftdichte SchlBuche in Reifen verwendet. Thermoplaste haben in der Regel niedrigere Permeationskoeffizienten ds Elastomere, weil sie sich unterhalb der Glastemperatur befinden und don die Bewegung griisserer Segmente eingefroren ist. Spemge Grundbausteine. Orientierungen der Polymerketten, kristalline Bereiche und Fullstoffe vergriissern den Weg, den ein Gasmolekul durch die
14.3. Transport kleiner Molekule durch Polyrnermatrizen
482
Tab. 14-3 Richtwerte fiir Permeationskoeffuienten P* von Gasen und P von Wasserdampf in Polymeren bei 30°C. Die Litemunverte fiir das gleiche System schwanken oft in weiten Gremn, da in der Regel nicht die Einfliisse der KriStalliniUU, Orientierung und Wasserabsorption beriicksichtigt wurden. P* = l-lO-l4cm2 s-l Pa-' entspricht bei Normaldruck P = l.W9 cm2 s-', da dannp = 1.16 Pa. Poly mere
1014 P*/(cm2 s-1 Pa-')
co2
02 Siliconkautschuk Naturkautschuk Butylkautschuk Poly(styrol), normal biaxial orientiert Poly(ethylen), hohe Dichte Poly(vinylch1orid) Poly(vinylalkoho1) Poly(ethylenterephthalat), normal biaxial orientiert Poly(vinylidenchlorid) Cellulose Poly(acry1nitril)
25000 2000 100 200 0 10 1 9 4 0.2
85000 loo00 500 1000 100 50 1 0,Ol 20 1
0,05
Geforderte Hiichstwerte fiir Flaschen, Cola
1 0,05
Bier
HZO 40 03 0.1 1
0,s 0.02 0-1
60 02
0.02
02 0,02 10 0,02
0.5 0,s
0.14 0,14
0,15 0,1
0,03 0,002
109 P/(cm2 s-1)
Matrix zuriicklegen muss. Diese "Umwegfaktoren" setzen die Permeationskoeffizienten herab. Partiell kristalline Polymere wie Poly(acrylnitril), Poly(vinylalkoho1) und Poly(vinylidenchlorid) (mit etwas Acrylnitril oder Methylmethacrylat als Comonomeren) sowie hochverstreckte Kunststoffe wie Poly(ethy1enterephthalat) werden daher d s Barriere-Kunststoffe f i r Verpackungsfilme bzw. Flaschen verwendet. Beim Verstrecken von Thermoplasten zu Verpackungsfilmen diirfen jedoch keine Poren entstehen. Der Permeationskoeffizient wird sowohl durch den Difisionskoeffizienten als auch den LBslichkeitskoeffizienten bestimmt. Der Diffusionskoeffizient ist in der Regel umso kleiner. je griisser der Durchmesser der permeierenden Gasmolekule ist (Tab. 14-4). Ein kristalliner Anteil Xcr der Matrix reduziert in der Regel die Diffusionskoeffizienten der entsprechenden amorphen Polymeren zu D = Dam(1 - xcr). Der Liislichkeitskoeffizient wird ausser von der Kristallinit2t und dem freien Volumen der Polymeren auch noch von deren Wechselwirkung zwischen Polymeren und Gasen kontrolliert. Tab. 14-4 Diffusions-, Uslichkeits- und Permeationskoeffizienten von Gasen mit der Molmasse M und dem Molekiildurchmesser d in vemetztem cis-l,4-Poly(isopren) bei 25°C.
GaS
H2 0 2
N2
CO2
M
d
lo7 D
g moP
nm
l2-7
2 32 28 44
0,234 0,292 0,315 0,323
85 21 15 11
lo5 s (cm3/ cm3) Pa-'
0,040 0,070 0,035 0.90
1014P cm2 s-l Pa-' 340 150 51 loo0
483
14. Transport in Polymeren
Die Temperaturabhagigkeit der Diffusionskoeffizienten wird durch die Aktivierungsenergie ED*der Diffusion geregelt (14- 16)
D = D , exp(- E ~ t l R r )
wobei D, der Diffusionskoeffizient bei unendlich hoher Temperatur ist. Die Temperaturabhagigkeit der Ltislichkeitskoeffizientenwird entsprechend durch die Usungsenthalpie AH bestimmt: (14-17)
S=S,exp(-AHIRT)
Mit steigender Temperatur sinkt der Lbslichkeitskoeffizient meist ab. wiihrend der Diffusionskoeffizient ansteigt. Der Permeabilitiitskoeffizient als Produkt beider Grtissen kann daher mit steigender Temperatur sowohl zu- als auch abnehmen. Bei der Glastemperatur tritt dabei erwartungsgemks eine Anderung der Temperaturabhiingigkeit der Permeabilitiitskoeffizienten auf.
14.3.4.
Permeation von Flussigkeiten
Die Permeation von Fliissigkeiten in Polymeren ist technisch und medizinisch sehr wichtig. Die Witterungsbesttindigkeit von Polymeren mit hydrolysierbaren Bindungen und die dielektrischen Eigenschaften von Kunststoffen werden durch permeierendes Wasser aus der Luftfeuchtigkeit stark beeintrichtigt. Additive kbnnen aus Vexpackungskunststoffen heraus und umgekehrt Lebensmittelbestandteile in den Kunststoff hinein migrieren. Das Fiirben von Fasem wird durch "Triiger" (= Fliissigkeiten) stark beschleunigt. Bei der transdermalen Verabreichung von Pharmaka sollen die Wirkstoffe kontrolliert durch die Haut permeieren. Die Permeation von Flussigkeiten aus dem Polymeren heraus ist ausserdem ein analytisches Problem bei der Tmkung von Polymeren. Dampft man Lbsungen von Polymeren ein, so wird hiufig ein betriichtlicher Teil der Ltisungsmittel selbst oberhalb ihrer Siedepunkte nicht aus dem Polymeren entfemt (Band I). Diese Inklusion von Lbsungsmittel kann z.B. bei Tetrachlorkohlenstoff in Poly(styro1) bis zu 20 % betragen. Sie tritt auf, weil die Permeation durch Polymere untehalb der Glastemperatur sehr langsam ist. Die Mrlusion vermeidet man am Besten durch Gefriertrocknen der Polymerlbsungen. Bei der Permeation von Fliissigkeiten in Polymere hinein (ohne Aufltisung der Polymeren), kann die Zeitabhagigkeit der permeierenden Masse mt im allgemeinen durch (14-17)
mJm,=KAP
beschrieben werden. wobei m, die bei unendlich langer Zeit durchgetretene Masse. K eine Systemkonstante,A die Durchtrittsfliche und f die Zeit sind. Die Exponenten n werden von der dimensionslosen Diffusions-Debora-Zahl De bestimmt (E: Deborah number), dem Vehtiltnis der Relaxationszeit rrlx der Polymerketten zur charakteristischen Zeit t~ = L2/(2D1) des Penetranten (nach der Prophetin Debora im Buch der Richter 5.5: "Die Berge ergossen sich vor dem H e m ...'I).
484
14.4. Transport von Polymeren durch Porenmembranen
Wenn niimlich eine Fliissigkeit in ein festes Polymer eindringt, versuchen die Polymermolekiile eine neue, der Konzentration des Penetranten angemessene Makrokonformation einzunehmen. Das neue Gleichgewicht stellt sich aber nicht sofort ein. Wenn die Relaxationszeit der Segmente viel kleiner als die charakteristische Zeit des Penetranten ist (De < O,l), also die Relaxationsgeschwindigkeit der Segmente viel grosser als diejenige des Penetranten, dam erzeugt die Bewegung des Penetranten "augenblickliche" Konformationsiinderungen der Ketten. Sowohl der Penetrant als auch das Polymer verhalten sich wie viskose Fliissigkeiten. In diesem sog. Fall I (E: case I) nimmt der Exponent n den Wert 1/2 an und es wird KA = 4 D / z . Das System lasst sich durch die Fick'schen Gleichungen beschreiben. Im sog. Fall II ist die Debra-Zahl griisser als 10. Die Beweglichkeit des Permeanten ist hier viel grosser als die Relaxationsgeschwindigkeitder Polymersegmente. WZhrend der Permeation 2ndert sich nicht die Makrokonformation des Polymeren. Das Polymere verhat sich daher fiir die permeierenden Molekule wie ein elastischer Korper. Dieses Permeationsverhalten ist durch eine scharfe Grenzflache zwischen der mit konstanter Geschwindigkeit vorriickenden gequollenen Zone und dem inneren glasigen Kern gekeMzeichnet. Die durchtretende Masse ist direkt proportional der Zeit t, d.h. n = 1. Im Bereich 0,l < DB < 10 liegt das Gebiet der sog. anomalen Diffusion bzw. viskoelastischen Difjfusion vor. Die relativen Bewegungen der Permeantenmolekiile und die Konformationsumwandlungen der Polymersegmente erfolgen praktisch gleichzeitig und der Exponent n liegt nunmehr zwischen 1/2 und 1.
14.4.
Transport von Polymeren durch Porenmembranen
14.4.1. Porenmembranen Porenmembranen werden nach ihrer Porengrosse oft in die drei Klassen der mikroporosen, makroporosen und faserigen (fibrosen) eingeteilt. Der Transport durch derartige Membranen wird jedoch ausser durch die Porengrosse noch durch die chemische Struktur der Membranen, die Gestalt und die Grossenverteilung der Poren, den Ladungszustand der Membranen und viele andere Parameter bestimmt. Mikroporose Membranen weisen Poren von ca. 3 nm auf. Sie werden auch als dichte Membranen bezeichnet. Der Transport erfolgt nicht iiber Poren, sondem vielmehr durch Zwischenraume zwischen Polymerketten ahnlich wie bei Loslichkeitsmembranen. Mikroportise Membranen werden durch Polymerisation, Giessen oder Verstrecken von Filmen oder Blasverstrecken hergestellt. Sie finden fiir Dialysen, Elektrodialysen, Piezodialysen und Pervaporationen Anwendung. Makroporose Membranen sind echte Porenmembranen mit Poren von ca. 5 nm bis 1 pm Durchmesser. Solche Makroporen sind im Gegensatz zu Mikroporen untereinander verbunden, wozu das Zwischenraumvolumen 40 % uberschreiten muss. Makroporose Membranen werden durch Phasentrennung von Polymerlosungen in Losungs-Flllungsmittel-Mischungen beim Eindampfen oder durch Mikrodomanen-Bildung yon Blockcopolymeren hergestellt. Makroporose Membranen entstehen auch aus PolyelektrolytKomplexen, aus ionotropen Gelen oder durch Beschuss mit energiereichen Strahlen.
485
14. Transport in Polymeren
Fibrose Membranen besitzen Porenweiten von mehr als 2 pm. Sie bestehen aus einem "Filz" regellos gelagerter Fasern, z.B. bei Papieren, Vliesen usw. Fur Porenmembranen werden die verschiedensten Materialien verwendet, z.B. Cellulose, Celluloseacetat, Poly(vinylalkohol), Polycarbonat, Polysulfone, Poly(ethylen)e, Poly(acrylnitri1)usw., aber auch porUses Glas und zusammengesinterte Metallpulver. Der Transport kompakter Spezies durch Porenmembranen erfolgt oft durch reine Siebwirkung. wenn der Speziesdurchmesser grOsser als der Porendurchmesser ist. Beispiele sind die Filtrationen von Bakterien an fibasen Membranen und von globuliren Proteinen an makroporUsen. Diese Siebwirkung tritt auch bei niedermolekularen Ionen an mikroporUsen Membranen auf. Wassermolekule treten bei amorphen Polymermembranen einzeln durch. Kationen sind dagegen hydratisiert und k6nnen die Zwischenriume zwischen den Polymerketten nicht mehr passieren. Allen Porenmembranen ist gemeinsam. dass im Gegensatz zu L6slichkeitsmembranen der Fluss durch solche Membranen ausser durch die ViskositBt q noch durch den Druckgradienten dp/dL kontrolliert wird. Die im porilsen Medium herrschende Geschwindigkeit v ist durch das Darcy-Gesetz gegeben, in dem P,ff die effektive Permeabilitit ist:
14.4.2. Diffusion durch Poren Bei sehr kleinen hydrodynamischen Knguelradien Rh verglichen zu den Porenradien R , ist die Diffusion in Poren genau so ungehindert wie in unendlich VerduMten L6sungen. Das Verhtilmis der Diffusionskoeffizienten in den Poren zu denen in freien Ltlsungen ist bei sehr kleinem VerhWnis RtJR, daher praktisch gleich "$Do = 1 (Abb. 1410). Wenn sich jedoch der hydrodynamische Radius der permeierenden Substanz dem Porenradius a n n ~ e r tmuss , der Diffusionskoeffizient D, aus zwei Griinden abnehmen. 1 :
T s"
\
a"
10-1 :
A &-*-
-312
12
1_1
10-3
10-2
-R h / R ,
10-1
1
Abb. 14-10 VerMtnis der Diffusionskoeffizienten D, von Amylacetat-Losungen von linearen (0) und 8- (0).12- (e)und 18-armigen ( 0 )Poly(is0pren)en in zylindrischen Poren (43 zu den DiffusionskoeffizientenDOin unendlich verdiinnter LMsung als Funktion des hydrodynamischen Radien Rh zu den PorenradienR, [133].
486
14.4, Transport von Polymeren durch Porenmembranen
Einmal kann ein knluelformiges Makromolekiil in engen Poren nicht seine Gleichgewichts-Makrokonformation einnehmen. Dadurch wird die Polymerkonzentration in der N3he der Porenwiinde emiedrigt (Adsorptionen an die Polymerwand sollen abwesend sein). Diese polymerarme Wandschicht erstreckt sich iiber einen konstanten Anteil des Porendurchmessers, wenn die Porengrosse den Polymerabmessungen vergleichbar wird. Da die Gleichgewichtskonzentration cp des Polymeren in den Poren kleiner als die Polymerkonzentration co ausserhalb der Poren ist, wird die treibende Kraft fiir die Diffusion um den Verteilungskoeffizienten K = cdco vemngert. Ausserdem wird der hydrodynamische Fluss der Polymermolekiile durch die Porenwiinde gehemmt. Der Reibungskoeffizient tp des Polymeren in den Poren ist folglich kleiner als der Reibungskoeffizient 50 des Polymeren in der freien Lxlsung. Da Reibungskoeffizienten nach Gl.(l l-11) proportional den Radien sind und nach G1.( 11-10) umgekehrt proportional den Difisionskoeffizienten, ergibt sich
Der Abfall von D P o beginnt bei linearen Poly(isopren)en bei R d R p = 0,1, bei stemartigen verzweigten jedoch schon bei Rh/Rp = 0.05 (Abb. 14-11). Offenbar k6nnen sich die Ketten der linearen Poly(isoprene) wie eine Schlange durch das Porensystem winden, nicht aber die Tentakel der sternformigen. Der Exponent betriigt jedoch in beiden FUen q = - 3/2, was bislang nicht theoretisch erklarbar ist. Das Verh2ltnis D d D o der Stemmolekiile ist dabei unabhhgig von der Zahl der Arme, da die Molekiile sehr kompakt sind und praktisch die gleiche Packungsdichte aufweisen. Bei noch grosseren VerhQtnissen Rh/Rp < 1 wird das VerfiQtnis DdDo stemformiger Poly(isopren)e unabhiingig von Rh/Rp. und zwar bei umso tieferen D,,/Do-Werten, je grosser die Zahl der Arme pro Molekiil ist. Auch dieses Verhalten ist unerkl2rt. Fur den experimentell schwer zughglichen Bereich R H / R >~ 1 wurden dagegen theoretisch Exponenten von q = -2/3 fiir gute und von q = -1 fiir Theta-LtSsungsmittel abgeleitet. In den bislang beschriebenen FUen stellt die Membran eine Bamere fiir den Permeanten dar, die dessen Transport durch die Membran verzogert oder vollig verhindert. Derartige Bamere-Membranen konnen "fest" (d.h. unterhalb der Glastemperatur) oder "fliissig" (d.h. fliissigkristallin oberhalb der Umwandlungstemperatur LC-Glas-Mesophase) sein. Das bekannteste Beispiel fiir fliissige Membranen sind Lipidmembranen. Der Transport eines Permeanten durch fliissige Membranen kann jedoch auch durch geeignete Trager beschleunigt werden. Bei biologischen Membranen sind die meisten Triger einfache Proteine und die Permeanten Ionen, 0 2 , Aminosiuren, Saccharide usw. Kaliumionen werden z.B. durch Valinomycin = Cyclo[(D-val)(L-lac)(L-val)(D-hyiv)]3 transportiert (val = Valin, lac = Milchsaure, hyiv = a-Hydroxyvaleriansaure). Gelostes Valinomycin weist eine zentrale Hohle von (0,6-0,7) nm Durchmesser auf, in der das etwa gleich grosse Kaliumion durch die sechs Carbonylsauerstoffe der Valinreste komplexiert wird. Der Komplex diffundiert durch die Lipidmembran, wird auf der anderen Membranseite entladen und kehrt d am in die Zelle zuriick. Der Transport durch biologische Membranen kann ausser mit Trlgern auch durch KanQe erfolgen. In Lipidmembranen werden solche KanQe durch eingelagertes Gramicidin A gebildet, einem linearen Peptid der Konstitution OCH(Lval)gl y(L-ah)( Dleu)(Lah)(Dval)(L-trp)(Dleu)(L-ap)(D-leu)(Ltrp)NHCH~CH~OH
487
14. Transport in Polymeren
14.4.3.
Grossenausschlusschromatographie
Makromolekille lassen sich beim Fluss ihrer L6sungen durch por(ise TrBger (2.B. Glaskugeln) oder Gele (Poly(stp1). Dextran, Poly(acry1amid). jeweils vemetzt) nach ihrer Molekiilgasse trennen. Das Verfahren ist als Griissenausschlusschromatographie (E: size exclusion chromatography, SEC), Gelpermeationschromatographie (GX)oder Gelfiltration bekannt. Es ist z.Zt. die wichtigste Methode zum Charakterisieren der Molmassen bzw. Molmassenverteilungen. Die Methode wurde bereits in Band I ausfiihrlich beschrieben und wird daher hier nur skizziert. Zum Trennen werden verdunnte Polymerl6sungen auf eine Kolonne mit einem Trlger gegeben. Die Poren des Trigers betragen meist zwischen 5 nm und 500 nm. Anschliessend wird mit einem Ltisungsmittelstrom eluiert. Die Konzentration der Makromolekule im austretenden Eluat wird 2.B. uber die Brechungsindices oder die Ultraviolettabsorption gemessen, die Molekulgr6sse iiber die Lichtstreuung oder die Viskosiat. Der Trennmechanismus ist nicht genau bekannt. Ein Trennen durch Fliessen scheint nicht prim& zu sein und ein Trennen durch Diffusion wire vie1 zu langsam. Der dominierende Effekt scheint die nach der Grtisse gestaffelte Exklusion der Polymennolekule in den Poren des Tr2gers zu sein. Die gassten Molekiile erfordem entsprechend die geringsten Elutionsvolumina. Sie erscheinen also zuerst (Abb. 14-12). Es werden immer Kurven und keine scharfen Signale erhalten, da selbst molekulareinheitliche Polymere verschieden lange in den Poren verweilen. Bei molekularuneinheitlichen Polymeren uberlagert sich noch der Einfluss der Polymolekularitgt. Das Maximum der Elutionskurve wird als Retentionsvolumen Vr bezeichnet. Es ist innerhalb eines bestimmten, von den Porengrtissen abhugigen. Bereiches der Molekiilgr6sse proportional, bei polymerhomologen Reihen also der Molmasse. Es ist nicht v6llig klar, welchem Mittelwert diese Molmasse entspricht (Band I).
. -t
+
Abb. 14-11 Trennung verschieden grosser Molekiile (0.0)nach verschiedenen Zeiten an por6sen TI%gem und resultierendes SEC-Diagrammfiir die Abhiingigkeit der Brechungsin&xunterschiede von Wsung und Usungsmittel als Funktion der a i t (schematisch). Die Zahlen geben die Fraktionsnummern an, die dem durchgeflossenen Volumen (Elutionsvolumen)proportional sind. Schreiberdiagramme sind seitenverkehrt: bei ihnen werden die zuerst erscheinenden niedrigeren Fraktionen (kleine Molmassen) rechts ausgedruckt und nicht links wie in diesem Bild.
488
14.4. Transport yon Polymeren durch Porenmembranen
3,
Iv
--+v
Abb. 14-12 Retentionsvolumina als Funktion des Logarithmus von [ q ]aw fiir verschiedene Systeme. V,, = fiir den Flus total verfugbares Volumen; Vi = Ausschlussvolumen. I Lineare Poly(styro1)e in Toluol an poriisem Glas [141. II Lineare (0) und kammartige (0)Poly(styrol)e, Poly(vinylch1orid)e (0)und leiterartige Polybhenylsi1oxan)e (B) in Tetrahydrofuran an vemetztem Poly(styro1) [15]. III Poly(styro1monosulfonat)e in verdunnten wksrigen Salzliisungen an por(lsem Glas [16]. N proteine und Saccharose in verdunnten wksrigen Salzliisungen an vernetztem Poly(styro1) [171. Unterhalb einer noch vom Triger abhhgigen Molmasse werden die Retentionsvolumina konstant. Diese Trennschwelle gibt offenbar das fiir den Fluss total verfiigbare Volumen Vo an. Bei sehr gmssen Molmassen werden die Retentionsvolumina ebenfalls konstant. Dieses Ausschlussvolumen Vi entspricht dem Zwischenraumvolumen zwischen den Trigerpartikeln. Die Differenz Vo - V; = Vp bestimmt das fiir den Fluss verfiigbare Porenvolumen Vp innerhalb der Tagerpartikeln. Molekule konnen nur im Bereich zwischen Vo und Vi nach ihrer Grosse getrennt werden. In diesem Bereich besteht zwischen dem Retentionsvolumen Vr und dem Logarithmus der Molmasse eine praktisch lineare Beziehung, die als Eichbeziehung fiir Polymere gleicher Konstitution und Konfiguration im gleichen L(isungsmitte1 bei gleicher Temperatur an der gleichen Trennsaule verwendet werden kann. Die Molmasse anderer Polymerer l b s t sich jedoch so nicht ermitteln, da die Molmasse nur innerhalb einer polymerhomologen Reihe ein (relatives) Mass fiir das Volumen der Polymermolekule ist. Lineare und karnmformig verzweigte Polymermolekule gleicher Molmasse weisen daher am gleichen Trager unterschiedliche Retentionsvolumina auf. Als Mass fiir die Molekiilvolumina lisst sich das Produkt [VIM aus Grenzviskositatszahl [ q ] und Molmasse M verwenden, das die physikalische Einheit eines Molvolumens aufweist. Im Trennbereich zwischen Vo und V; ist d a m das Retentionsvolumen Vr uber ca. 2-3 Dekaden von [TIM eine lineare Funktion von lg ( [ V I M ) (Abb. 14-12),und zwar unabhagig von der Konstitution und der Molekiilform (Abb. 14-12,11). Die Funktion Vr =Ah [VIM)ist als universelle Kalibrierung bekannt. Es scheint jedoch, dass das Einsetzen des Ausschlussbereiches nicht unabhhgig von der Molekiilform ist, was mit den Befunden der Abb. 14-10 iibereinstimmen wurde. Systematische Untersuchungen an definierten Porensystemen scheinen zu fehlen.
14. Transport in Polymeren
489
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490
Quellennachweise zu Kap. 14
R.E.Kesting, Synthetic Polymeric Membranes - A Structural Perspective, Wiley, New York, 2. Aufl. 1985 P.Tyle, Hrsg., Drug Delivery Devices. Dekker, New York 1988 14.4.3. GR~SSENAUSSCHLUSSCHROMATOGRMHIE W.W.Yan, J J.Kirkland, D.D.Bly, Modem Size-Exclusion Liquid Chromatography, Wiley, New York 1979 G.Gl(lckner, Polymercharakterisierungdurch Fliissigkeitschromatographie,VEB Dtsch.Vlg.Wiss., Berlin 1980, Hiithig, Heidelberg 1982; Polymer Characterization by Liquid Chromatography, Elsevier, Amsterdam 1986 B.G.Belenkii. L.Z.Vilenchek, Modem Liquid Chromatography of Macromolecules, Elsevier, New York 1983 J. Janca. Hrsg. Steric Exclusion Chromatography of Polymers, Dekker, New York 1984 C.G.Smith, N.E.Skelly, C.D.Chow, R.A.Solomon, Chromatography: Polymers, CRC Press, Bcca Raton. FL 1982 BJ.Hunt, S.Holding, Hrsg., Size Exclusion Chromatography, Blackie, Glasgow 1989; Chapman and Hall, New York 1990 R.W.A.Ofver, Hrsg., HPLC of Macromolecules. A Practical Approach, Oxford Univ.Press, New York 1989 C.S.Wu. Handbook of Size Exclusion Chromatography. Dekker, New York 1995 M.Potschka. Inverse Size Exclusion Chromatography and Universal Calibration, Macromol. Symp. 110 (1996) 121 H.Pasch. B.Trathnigg, HPLC of Polymers, Springer, Berlin 1997 R.W.A.Oliver. Hrsg.. HPLC of Macromolecules, Oxford Univ. Press, New York, 2. Aufl. 1998
Quellennachweise F.D.Blum, S.Pickup, K.R.Foster, J. Colloid Interface Sci. 113 (1986) 336, (a) Abb. la, (b) Abb. lb; Zahlenwerte: Privatmitteilung. 7. Februar 1987 %Pickup, F.D.Blum, W.T.Ford, M.Periyasamy, J.Am.Chem.Soc. 108 (1986) 987, Tab. I1 F.D.Blum, Privatmitteilung, 7. Februar 1987 D.S.Pearson, G.Ver Strate, E. von Meerwall, F.C.Schilling, Macromolecules 20 (1987) 1133 A.Tonelli, zitiert in [4] H.-G.Elias, An Introduction to Plastics, VCH, Weinheim 1993, Abb. 6-2 J.Klein, D.Fletcher, L.JFetters, Nature 304 (1983) 526, Abb. 1 C.R.Bartels, B.Crist, W.W.Graessley, Macromolecules 17 (1984) 2702, Tab. I11 C.R.Bartels, B.Crist, jr., LJ.Fetters, W.W.Graessley, Macromolecules 19 (1986) 785, Tab. 111 P.F.Green, E.J.Kramer, Macromolecules 19 (1986) 1108, Abb. 5 K.R.Shull, E.J.Kramer, G.Hadziioannou, Mhtonietti, H.Sillescu, Macromolecules 21 (1988) 2578, Daten der Abb. 1 P.Goeldi, H.-G.Elias, unvertjffentlicht M.P.Bohrer, L.J.Fetters, N.Grizzuti, D.S.Pearson, M.V.Timel1, Macromolecules 20 (1987) 1827, Tab. 1-III A.R.Cooper, E.M.Barral1, 11, J.Appl.Polym.Sci. 17 (1973) 1253, Tab. I11 Z.Grubisic, P.Rempp, H.Benoit, J.Polym.Sci.-Polym. Letters Ed. 5 (1967) 753, Tab. 1 A.L.Spatorico, G.L.Beyer, J.Appl.Polym.Sci. 19 (1975) 2933, Tab. I und IV P.Andrews, BiochemJ. 91 (1964) 222, Tab. 1 und 3
49 1
15.
Viskositat von Schmelzen
15.1 Typen von Deformationen Beim Defonnieren von Materie gibt es zwei GrenzfUle. Typische Fliissigkeiten wie z.B. Wasser fliessen unter ihrem eigenen Gewicht und verformen sich dabei irreversibel. Sie zeigen ein typisch viskoses Verhalten (L: viscum = Vogelleim (aus der Mistel)). Bei idealen viskosen Flussigkeiten (Newton'schen Fliissigkeiten) ist die Schubspannung pmportional der Deformationsgeschwindigkeit (Kap. 12), nicht aber der Deformation. Typische Festkorper wie z.B. Stahl widersetzen sich dagegen Deformationen. Falls die Deformationen Mein sind, kehren die deformierten Korper nach dem Entfernen der Last in ihre Ausgangszustbde zuriick. Sie verhalten sich elastisch (G: elustos, eluros = geschlagen). Bei solchen ideal-elastischen Stoffen (Hooke'sche Korper) ist die Zugspannung proportional der Deformation, nicht aber der Deformationsgeschwindigkeit. Ideal-viskoses und ideal-elastisches Verhalten sind zwei Grenzfue. Jeder Korper weist n h l i c h nach einem rheologischen Axiom sowohl viskose als auch elastische Verhaltensanteile auf. Dieses Phiinomen ist bei makromolekularen Stoffen besonders ausgeprlgt. Ein extremes Beispiel ist der sog. "silly putty" ("veniickter Kitt"), ein mit Fiillstoffen versehenes Silicon-Elastomer. Ein Klumpen dieses Materials fliesst langsam unter seinem eigenen Gewicht, zeigt also ein typisch viskoses Verhalten. Eine Kugel springt dagegen beim Auftreffen auf eine Platte wie ein Gummiball, typisch fiir Elastomere. Eine Platte bricht jedoch bei einer raschen Knickbewegung, ein sprodes Verhalten. Ein iihnliches, wenn auch nicht so ausgepragtes. Verhalten beobachtet man bei vielen anderen Polymeren. Geschmolzene Polymere fliessen zwar; die Schmelzen sind aber auch gleichzeitig etwas elastisch. Amorphe und teilkristalline Polymere verhalten sich bei sehr genngen Deformationen elastisch. sind aber bei grosseren irreversibel verformbar und fliessen, z.B. unter Druck. Polymere vereinigen also viskoses und elastisches Verhalten; sie sind viskoelastisch. Je nach Grtisse, Dauer und Geschwindigkeit der Deformation beobachtet man bei diesen Materialien ganz verschiedene Verhaltensweisen. Der Zusammenhang zwischen Kraft,Deformation und Z i t wird von der Rheologie erforscht (E: rheology), der Lehre vom Fliessen (G: rheos = Fluss; logos = Wort, Rede, Vemunft). Die Rheologie stellt Materialgleichungen auf, also rheologische Zustandsgleichungen (E: constitutive equations). Wegen des ausserordentlich komplexen Verhaltens beginnt man bei Polymeren mit idealen Materialgleichungen und fiihrt dann empirische Korrekturfaktoren ein. Krafte eneugen durch Scheren, Biegen, Komprimieren und Stauchen einfache Deformationen und durch Biegen. Verdrillen usw. kompliziertere (Abb. 15-1). Die Krafte werden zu Vergleichszwecken meist auf die angegriffenen Flachen A bezogen.
L----J
Scherung (E shearing)
Dehnung (E: elongation)
t
fft
Kompression Stauchung ( E pressurizing) ( E compression)
Biegung
( E bending)
Verdrillung (E: torsion)
Abb. 15-1 Einfache Deformationen von Korpern. An der Ausgangslage - - - greifen Krilfte + an.
492
15.1. Typen von Deformationen 2
022 I
0 12
1
Abb. 15-2 Definition der Spannungen an einem K6rper (manchmal auch pro x, y, z statt 1,2,3).
Krgfte F pro angegriffene Flache A heissen Spannungen u = F/A (E: stresses). Gewlihnlich werden nur zwei Typen von Spannungen beriicksichtigt, n h l i c h solche beim Dehnen und solche beim Scheren. Die Spannungen betragen folglich o = FI(H0W) beim Dehnen (Ziehen) und u = F/(LoW) beim Scheren (Abb. 15-3). Bei einem K6rper gibt es neun verschiedene einfache Spannungen (Abb. 15-2) Die rechtwinklig ("normal") an den FlBchen angreifenden Spannungen 011. 022 und a33 heissen Normalspannungen (E: normal stresses). Sie werden meist positiv f i r den Zug und negativ fiir die Kompression angesetzt. Die Summe cq1 + 022 + 033 der drei Normalspannungen ist gleich Null. Die sechs anderen Spannungen 012, 013, 023, 032, 031 und 021 greifen an FlBchen an, die nicht rechtwinklig zu den Flachen 1, 2 und 3 stehen. Ein Klirper mit den drei Flachen i = 1, 2 und 3 wird definitionsgemass durch eine Zugspannung (E: tensile stress) 011 nach 1-1 gedehnt und durch eine Schubspannung (Scherspannung) 021 = z nach 2-1 geschert (E: shear stress). Die Differenz 011 - 022 w i d als erste Normalspannungsdifferenz N1 bezeichnet (E:first normal stress function), die Differenz 022 - 033 als zweite Normalspannungsdifferenz N2. Das Verhatnis der ersten Normalspannungsdifferenz zur Schubspannung ist die (elastische) Scherdeformation 7 = (011 - 022)/021 (E:shear strain), in Abb. 15-3 also y = U I H . Das Verhatnis von Schubspannung 021 und elastischer Scherdeformation y wird Schermodul, Schubmodul und Gleitmodul G genannt (E: shear modulus):
rpw(T2M f~~*T
T
-
HO
-
I Lo
I
lLo+AL
I
- Dehnung -
Zugspannung 01 1 Verstreckungsverhsllmis 1 Dehnung E Zugmodul E Dehngeschwindigkeit t? Dehnviskosit2t Ve
-
I Lo I
-' : I
Lo
I-
- Scherung -
= F/(How) = F/&
Scherspannung
=AL/Lo = u1I/& = Wdf= v/L
Scherdeformation y = ALIHO = tan 8 Schermodul G = OZdY Schergeschwindigkeit 3 = d$df = W H Scherviskosimt t) =%it
= L/Lo
=0lf
a21 = r = Fl(J50w)
Abb. 15-3 Deformationen durch Krgfte F bei Korpem mit der Unge Lo,der Breite W und der Hohe Ho sowie den angegriffenen Flslchen HOW(Dehnung) bzw. LOW(Scherung). 0 = Scherwinkel.
493
15. Visbsitdt von Schmelzen
Die h d e r u n g der Scherdefomation ymit der &it t ist die Schergeschwindigkeit, die auch Geschwindigkeitsgefalle oder Geschwindigkeitsgradient f = dyfdt genannt wird (E: shear rate, velocity gradient) (fiir die Vielzahl von Namen siehe Tab. 15-1). Die dynamische (Scher)viskositiit q (absolute Viskositlit, Viskositlit) ist das Verhiililtnis von Schubspannung 7 = a21 und Schergeschwindigkeit 7. Sie misst die von der Fliissigkeit pro Flkhe und Geschwindigkeit zerstreute Energie: [Energie/(FlXcheGeschwindigkeit)] Der Kehrwert l/q der Viskositlit heisst Fluiditat (E: fluidity). Der Quotient von dynamischer Viskosit2t q und Dichte p ist die kinematische Viskositit v = q/p. Das Verhatnis der ersten Nomalspannungsdifferenz zum Quadrat der Schergeschwindigkeit wird als erster Normalspannungskoeffizientw1 bezeichnet:
Das Verhamis von elastischer Scherdefomation zu Schergeschwindigkeit. Viskositiit zu Schennodul bzw. Nomalspannungskoeffizient zu Viskositzt ist die elastische Scherzeit cs. Bei ++0 w i d es zur StrukturreIaxationszeittrlx:
Tab. 15-1 Bezeichnungen von Spannungen S. AbmessungsverMtnisen A, Deformationen D, MOduln M,Geschwindigkeim G und VislcosicLten V bei Dehnungen und Scherungen. * Fhhlich auch "Torsionsmodul" (siehe die Bedeutung von "Torsion" in Abb. 15-1!). ~
Dehnung
Scherung
Scherspannung, tensile stress, shear(ing) stress Schubspannung engineering stress. nominal stress A Verstreckungsvd2lmis strain ratio, draw ratio D Dehnung, shear strain, Scherdeformation elongation, Nenndehnung, tensile strain, elastic shear Cauchy-Dehnung deformation linear strain, engineering strain, Cauchy elongation M Zugmodul, Schermodul *, shear modulus, tensile modulus, ElastiziUtsmodul modulus of Young's modulus, Schubmodul, rigidity modulus of elasticity Gleitmodul, Steifheit G Dehngeschwindigkeit tensile strain rate Schergeschwindigkeit, shear rate, Geschwindigkeitsgradient, velocity gradient GeschwindigkeitsgeBlle V DehnviskosiUt, shear viscosity, extensional viscosity, Scherviskosit& Querviskositiit, elongational visc., dynamische Viskosiut, dynamic visc., Trouton-Viskositk4t Trouton viscosity, Viskosit2t viscosity tensile viscosity
494
15.2. Viskosimetrie
Ahnlich wie bei den Schemngen kann man auch bei Dehnungen die Spannungen, Deformationen, Moduln, Geschwindigkeiten und Viskositaten definieren (Abb. 15-2). Sie werden dann mit den Vorsatzen Zug- oder Dehn- versehen. Zug- bzw. Dehngrossen sind in Abb. 15-3 mit Schergrossen verglichen. Sowohl fiir Dehn- als auch fiir Schergr6ssen werden ausserordentlich viele verschiedene deutsche und englische Ausdriicke venvendet, die teils historisch bedingt sind, teils dem technischen Priifwesen entstammen und teils auf Empfehlungen der Standardisierungsgremien (ISO,DIN, ASTM, IUPAP usw.) beruhen (Tab. 15-1).
15.2.
Viskosimetrie
15.2.1. Typen von Viskositaten Die Rheologie war urspriinglich die Lehre des Fliessens von Flussigkeiten und Gasen. Der von ihr erfasste Bereich der Phaomene hat sich jedoch stiindig enveitert und umf a s t nunmehr auch die Zeitabhiingigkeit der Deformationen aller Materie, also auch diejenigen der Festktirper (Kap. 16-18). Ein Untergebiet der Rheologie ist die Viskosimetrie, welche das bei angelegten Spannungen auftretende Fliessverhalten von fluiden Phasen untersucht, also von Gasen, Flussigkeiten und Dispersionen, und dieses durch die Viskositat der Phasen charakterisiert. Je nach dem Typ der Spannung unterscheidet man drei verschiedene Viskositaten: =f(Scherspannung 021) Scherviskositiit 3: Schergeschwindigkeit j' Dehnviskositat qe: Dehngeschwindigkeit d = AZugspannung a1 1) Volumenviskositat: Deformationsgeschwindigkeit =f(hydrostatischer Druck) Scherviskositaten sind f i r das Verarbeiten von Polymeren durch Extrudieren und Spritzgiessen wichtig, Dehnviskositaten f i r das Erspinnen zu Faden und das Blasen zu Filmen. Uber Volumenviskosit2ten (E: bulk viscosities) ist nur wenig bekannt.
II
IrI
lv
J
t Abb. 15-4 Wirkung von Fliessvorghgen auf Knauelmolekiile.
Oben: Scherfluss. Der Schergradient (I) erzeugt Hauptspannungen (11), welche das Molekul in der Richtung der dominierenden Hauptspannung strecken (In).Die Gradientenkriifte zwingen das Molekiil zu rotieren (IV), wodurch es wider die Makrokonformation eines statistischen Knauels annimmt Unten: Dehnfluss. Der auf das Molekiil wirkende Zug verringert den Querschnitt des Molekiils (I). Die Hauptspannungen (11) zwingen das Molekiil, sich in die Richtung der dominierenden Hauptspannung auszudehnen (IJI). Beim weiteren Dehnen wird das Molekiil schliesslich voUig gesmeckt (IV).
495
15. Vishsitat van Schmelzen
15.2.2.
Viskosimeter
Viskositiiten werden nach dem Newton'schen Gesetz q = 021/ f aus dem Quotienten von Scherspannung 021 und Geschwindigkeitsgradient 9 berechnet. Bei Newton'schen Fliissigkeiten ist der Quotient unabhtingig von der Schergeschwindigkeit f . Die Viskositiit ist in diesem Fall die Newton'sche Viskositat 70 (E: Newtonian viscosity). Sie wird auch als stationare Viskositlit (E: stationary viscosity), Nullviskositat (E: zero-shear viscosity) oder Ruheviskosi tit (E: viscosity at rest) bezeichnet. Bei Newton'schen Flussigkeiten sind femer auch der Schubmodul G . die erste Normalspannungsdifferenz N1, die elastische Scherzeit r, und die erste Normalspannungsdifferenz w unabhtingig vom Ausmass der Deformation. Die entsprechend gekennzeichneten Grlissen 70, Go. N1.0, rs,o und yo sind Materialkonstanten. Newton'sche Viskosit2ten @(Pa s) uberspannen weite bei Wasser, 1 bei Glycerin, Bereiche, z.B. bei Raumtemperatur ca. 10-5 bei Lufi. 102-106 bei Polymerschmelzen, 109 bei Pech und 1021bei Silikatglasem. Praktisch alle Polymerschmelzen und -1dsungen zeigen bei genugend genngen Geschwindigkeitsgradienten Newton'sches Verhalten, also eine Unabhangigkeit der Scherviskositaten von den Geschwindigkeitsgradienten (Kap. 15.3). Bei hdheren Geschwindigkeitsgradienten f w t jedoch die konventionell berechnete Viskositat rnit steigenden Geschwindigkeitsgradienten meist ab (Kap. 15.4). Die rnit dem Newton'schen Gesetz berechneten Viskosititen, Schubmoduln usw. sind dann nur scheinbare (apparente) Grlissen. Die Viskositaten. Schubmoduln usw. einiger Polymerschmelzen, -1lisungen und -dispersionen sind zudem noch zeitabhtingig (Kap. 15.4.1). Scherspannungen und Geschwindigkeitsgradienten, und damit auch ViskositIten, miissen wegen des enonnen Viskositatsbereiches mit verschiedenen Typen von Viskosimetem gemessen werden: Bandviskosimeter eignen sich wegen der Dichtungsschwierigkeiten an den beiden Enden nur fiir extrem hohe Viskosititen. Bei ihnen lauft ein "unendlich langes" Band mit der Geschwindigkeit Vbmd durch die zu messende Flussigkeit, welche sich zwischen zwei "unendlich langen", parallelen Platten befindet. Der Abstand der Platten betngt 2 R. Nahe der Plattenoberflache ruht die Flussigkeit. In der Nahe des Bandes bewegt sie sich aber rnit der gleichen Geschwindigkeit Vbad wie das Band selbst. Die Geschwindigkeit v der Flussigkeit tinden sich daher linear rnit dem Abstand y zum Band von y = Ybmd bei R = 0 bis v = 0 bei R = R. Der Geschwindigkeitsgradient = dv/dR ist daher konstant. Rotationsviskosimeter. Bei Rotationsviskosimetern vom Couette-Typ bewegt sich ein Rotor in (seltener urn) einem Stator (Abb. 12-1; Abb. 3-1 1 in Band I). Bei genugend engen Spalten zwischen Rotor und Stator bleibt hier das Geschwindigkeitsgeflle wie beim Bandviskosimeter uber den gesamten Abstand konstant. Die ehaltenen Rohdaten mussen noch komgiert werden, 2.B. fiir die nicht unendliche Ltinge des zentralen Rotors, die Variation der Geschwindigkeitsgradienten mit dem Radius usw. Die ublichen Rotationsviskosimeter arbeiten rnit Geschwindigkeitsgefwen von (1e2-1@)s-l. Oszillationsviskosimeter. Bei diesen Viskosimetem wird ein Messkdrper in der zu messenden Flussigkeit um eine Mittellage bewegt. HZngt z.B. der Stator an einem Torsionsdraht, so ist der Drehwinkel des Drahtes ein Mass fiir das vom Rotor auf die Flussigkeit ausgeubte Drehmoment, aus dem dam die Viskositat berechnet wird. Bei genugend kleinen Bewegungen hdert die zugefiihrte Energie nicht die physikalische Struktur der Fliissigkeit und damit auch nicht diejenige der Polymeren selbst.
+
496
15.2. Viskosimenie
Kegel-Platte-Viskosimeter. Bei diesen fiir sehr hochviskose Substanzen geeigneten Viskosimetern dreht sich ein Kegel auf einer Platte (Abb. 12-1). Damit das Schergeftte einheitlich bleibt, wird der Winkel zwischen Kegel und Platte klein gehalten, meist zwischen 0.5" und 3". Die Geschwindigkeitsgefue betragen (10-3-102) s-1. Fur pigmentierte Systeme sind Platte-Plane-Viskosimeterzweckmiissig. Kapillarviskosimeter. Die bei Schmelzen und hochviskosen Losungen verwendeten Kapillarviskosimeter bestehen meist nur aus einem Kapillarrohr in einem Druckgefass. Die Kapillaren sind wegen der hohen treibenden Dmcke haufig aus Metall. Die Geschwindigkeitsgefidle reichen von ca. 1 s-l bis 1 6 s-l. Sie sind jedoch bei der laminaren Str6mung von Fliissigkeiten in einer Kapillaren nicht konstant (Abb. 12-1). Das Geschwindigkeitsprofil ist vielmehr parabolisch. An der Kapillarwand ist das GeschwindigkeitsgefZlleam grossten, in der Kapillarmitte dagegen gleich null. Die Scherspannung ergibt sich aus der ijberlegung, dass der beirn Druck p auf eine Kapillare der L b g e L und des Innenradius R wirkenden Kraft Ff= n RZ eine Reibungshaft F, = 2 n RLo21 entgegenwirkt. Im stationaren Zustand gilt Ff= Fr und folglich (15-5)
021
=pR/(2 L)
Die so berechnete Schubspannung 021 gilt fiir den Kapillarrand. Sie ist fiir Newtonsche und nicht-Newton'sche Fliissigkeiten gleich gross, weil p, R und L nur vom MessSystem und nicht von den zu messenden Eigenschaften der Fliissigkeit abhbgen. Zum Berechnen des Geschwindigkeitsgefslles ermittelt man zuerst aus den G1.( 15-2) und (15-5) die Geschwindigkeitshderung dv = {pR/(2 qL)}dR und daraus durch Integrieren mit der Randbedingung V R = 0 die Geschwindigkeit bei Absthden y IR von der Kapillarwand zu v = (R2 - y2)p/(4 x L). Das Fliissigkeitsvolumen in der Kapillare wird als System von konzentrischen Hohlzylindem angesetzt. Durch einen solchen Hohlzylinder mit den Radien y + (Y + dy) fliessen VJt = 2 n vydy Volumina/Zeit. Das totale Stromungsvolumen V / t in der Kapillare ergibt sich mit den Randbedingungen y = 0 und y = R nach der Integration iiber alle Volumenelemente (Hagen-Poiseuille'sches Gesetz):
Aus G1.(15-6) berechnet sich mit den GL(15-5) und (15-2) das maximale Geschwindigkeitsgefidle dvldy am Rand der Kapillare 0, = R) zu (15-7)
fmm=(g)
pR x~3t-29~
4V =---
mm
G1.( 15-7) gilt nur fiir Newton'sche Fliissigkeiten (vgl. Kap. 15.4.2 fiir nicht-Newtonsche). Hgufig wird nicht das maximale Geschwindigkeitsgefalle angegeben, sondem ein mittleres uber den gesamten Kapillardurchmesser: (15-8)
(?)=--pR
3qL
2.
-P=
IS. Viskositiit von Schmelzen
497
Technische Viskosimeter. In der Indusuie wird das Fliessverhalten von Schmelzen und konzentrierten LBsungen von Polymeren hlufig durch unter Standardbedingungen gemessene Kennzahlen charakterisiert. Die einfach aufgebauten technischen Viskosimeter erlauben schnelle Messungen. Da jedoch die Messbedingungen invariant sind. kann man weder Schubspannungen noch Geschwindigkeitsgradienten berechnen. Bei H6ppler-Viskosimetern misst man die &it. die eine rollende Kugel zum Dutchlaufen eines schrlg gestellten. mit der Ltisung gefiillten Rohres bentitigt. Bei CochiusRohren ist die Aufsteigzeit einer Luftblase ein Mass fiir die Viskositlt. Aus Ford-Bechern lluft die Fliissigkeit unter ihrem Eigendruck aus. Schmelzen von Thermoplasten werden meist durch den Schmelzindex charakterisiert (E: melt flow index, MFI), neuerdings Volumenfliessindex (E: melt volume index, MVI) und frtiher Graderwert oder Gradzahl genannt. Der Schmelzindex gibt an, wieviel Gramm Polymeres in 10 Minuten unter einer Standardlast aus einem Standard-PIastometer extrudiert werden (s.a. Band IV). Der Schmelzindex misst somit eine scheinbare, noch vom Geschwindigkeitsgradientenabhhgige, Fluidittit. Je htiher der Schmelzindex bei gleicher Konstitution, umso niedriger ist die Molmasse des Polymeren. Elastomere werden durch ihre Mooney-Werte (Mooney-Viskosittiten) charakterisiert. Das Polymere wird in einem standardisierten Kegel-Platte-Viskosimeterbei konstanter Umdrehungszahl und konstanter Temperatur deformiert und nach t Minuten die Ruckstellkraft abgelesen.
15.3.
Newton'sche Scherviskositaten
15.3.1. Lineare Polymere in Schmelzen Polymermolekiile gleicher Konstitution und Konfiguration. aber unterschiedlicher Molmasse, tragen in Schmelzen gemlss ihrem Massenanteil w zur dynamischen Newtonschen Scherviskosit2t qo bei. Es gilt also qo = & wiqi. Empirisch wird gefunden, dass derartige Schmelzeviskositlten uber eine Potenzformel mit der Molmasse M verbunden sind: (15-9)
qO=KnME
Der Exponent E nimmt f i r ein bestimmtes Polymeres bei kleineren Molmassen einen niedrigen Wert E~ an und oberhalb einer kritischen Molmasse abrupt einen hoheren Wert Eh (Abb. 14-4 und 15-5). Der hohere Wert betrlgt in der Regel Eh = 3,4. Fur den niedrigeren Exponenten sagt die Rouse-Theorie einen Wert von E,, = 1 voraus (Kap. 15.3.2). Die experimentellen Werte liegen zwischen 0.86 und 1.8, z.B. 1,8 in Abb. 144. Bei polymolekularen Polymeren ist das M der G1.( 15-9) ein Exponentenmittel. Mit der genau gleichen Ableitung wie fiir GL(12-12) llsst sich zeigen, dass das M ein Masbei E # 1. senmittel bei E = 1 ist und ein Viskosit2tsmittel H,, Fiir molekularuneinheitliche Polymere mit E # 1 muss daher in G1.(15-9) noch ein Korrekturfaktor q,, fiir die Polymolekularitgt eingefiihrt werden: (15-10)
q=K,,q,,E;
498
15.3. Newton’sche Scherviskosittiten
Die Korrekturfaktoren sind aus dem Exponenten E der G1.(15-10) sowie aus dem Kopplungsgrad = Hn4Hw- Hn) der Schulz-Zimm-Verteilungberechenbar. Verwender Molmasse, so lauten sie fiir det man fiir M das Massenmittel aw
Schulz-Zimm-Verteilungen SZ logarithmische Normalveneilungen LN
, =(a1~ W
)(E’-w
n
= 1,l betragen die Korrekturfaktoren bereits q,, = 1,843 (SZ) Bei E = 3,4 und ji?, /Hn = 2 sogar astronomische q,, = 22.82 (SZ) bzw. 1,475 (LN). bei E = 3,4 und Hw/Hn bzw. q,, = 16,91 (LN). Eine Durchsicht der Literaturdaten zeigt, dass zum Aufstellen der G1.(15-10) durchwegs die dynamische Viskositat und nicht die kinetische venvendet wurde, dass die Viskositllten nicht immer tatsirchlich gemessene Ruheviskositirten sind, und dass die Molmassen niemals f i r den Einfluss der Polymolekularitat komgiert wurden.
15.3.2. Rouse-Theorie Die eigenartige Molmassenabh2ngigkeit der Schmelzeviskositiiten wurde mit verschiedenen Theorien gedeutet. Eyring ubertrug 2.B. seine fiir niedermolekulare Hiissigkeiten entwickelte Theorie der Geschwindigkeitsprozesseauf Kettenmolektile, wobei schon beriicksichtigt wurde. dass Polymerketten in Schmelzen eine Art Slalom um die Segmente anderer Ketten laufen mussen. Diese Theorie sagte fur E,, = 4/3 = 1,333 voraus und fiir q, = 10/3 = 3,333, und zwar sowohl fiir lineare Ketten als auch fiir Stemmolekiile. Experimentell wurden bei l l linearen und stemartigen Polymeren Werte von En = l ,45 f 0.20 und q, = 3,36 f 0,21 gefunden. Die Theorie hat sich jedoch nicht durchgesetzt. Die zeitlich friihere Rouse-Theorie nimmt an, dass jede hydrodynamische Eigenschaft P h eines Molekiils nach P h =fhFh durch das Produkt einer lokalen Grosse fh und einer globalen Grtisse F h beschrieben wird. Die lokale Gr6sse wird durch den Reibungskoeffizienten Sseg eines Segmentes kontrolliert, warend die globale Grosse durch die Makrokonformation des Molekuls gegeben ist (Tab. 15-1). Die Rouse-Theorie venvendet Tensoren, um zu den in Tab. 15-1 wiedergegebenen Resultaten zu gelangen. Praktisch die gleiche Funktion lasst sich durch eine einfachere ijberlegung aufzeigen: Die Ketten der Fadenmolekule kann man sich in Nseg Segmente mit je der Molmasse Mseg aufgeteilt denken. Jedes Segment besitzt einen Reibungskoeffizienten &g. Der Reibungskoeffizient des gesamten Molekiils betragt dann &,,ol = Nsegfseg. Der Reibungskoeffizient des Molekiils ist nach der Stokes-G1.(11-1 1) tmol= 6 x q&, mit dem effektiven viskosimetrischen Radius R, des Molekuls verknupft. Multiplizieren beider Seiten der Stokes-Gleichung mit R: sowie Einfuhren des Volumens Vmol = 4 K R,3/3, der Dichte p = mmo~/Vmolder Molekule (= Dichte der Schmelze) und der Molmasse M = mmolNA sowie {mol = Nsegesegliefert nach dem Umformen (15-1 1)
tlo = (4/3)(1/6) P-NA[R:/M]Ns,gts,g
499
15. Visbsitat von Schmelzen
Tab. 15-1 SelbstdiffusionskoeffizientenD und RuheviskosiWn 110 in den Rouse- und Reptationsbereichen von Schmelzen. SQ = q j p = Kinematische Visko.siti&p = Dichte der Schmelze. Selbstdiffusion Ruheviskositiit
DtlolP
Der viskosimetrische Radius R",Q des Molekuls ist dem ungestiirten Tragheitsradius (s2)01nnach (s2)&* = ~ R , . Qproportional. GL(15-11) wird somit zu
G1.(15-12) ist mit der exakten Gleichung der Rouse-Theorie identisch, wenn k2 = 413 gesetzt wird (Tab. 15-1). Das resultierende (s2)01/2/Rv,~= 1,16 stimmt gut mit dem experimentellen Wert von 1,19 f 0,lO uberein (Tab. 12-6). Nach der Rouse-Theone ist also die Ruheviskositat 40direkt der ZaN Nseg der Kettensegmente proportional und wegen NsegMseg = M damit auch der Molmasse M. Altemativ kann man auch die ZaN N , = NkNseg der Kettenglieder venvenden. da jedes Segment aus Nk Kettengliedern besteht.
15.3.3. Korrekturen fur das Rouse-Gebiet Experimentell beobachtet man jedoch nicht 70 = K,Z (G1.( 15-12)), sondem eine Funktion 70 = K,,TWEimit einem Exponenten ~i = E~ unterhalb eines kritischen Wertes und einem griisseren Wert &i = Eh > En bei > zw,crit (Abb. 15-5). Unterhalb des kritischen Wertes Tw,crit wurde der Exponent ~i gleich E, = 1 gesetzt. Neuere, umfangreichere Untersuchungen zeigten. dass bei solchen Auftragungen E,, # 1 gilt, und zwar auch dann, wenn anders als bei den iiblichen Auftragungen von lg 70 =Alg M ) die Dichten der Schmelzen gemas G1.( 15-11) einbezogen werden. Einer der Griinde fiir En # 1 bei Auftragungen gemass Abb. 15-5 liegt sicher darin, dass der Reibungskoefizient (seg der Segmente bei niedemolekularen Polymeren noch von der L2nge der Segmente abhhgt. Die Segmente mussen ja ihre Bewegungen koordiniert mit den Bewegungen der anderen Segmente des gleichen Molekiils gegen die Segmente aller anderen Molekule ausfiihren. Bei unverhakten Molekulen stellt aber das gesamte Molekul das Segment dar, da die Bewegungen des gesamten Molekuls die grtisste Relaxationszeit erfordem (Kap. 14.1).
z,ht
zw
500
15.3. Newton'sche Scherviskmitaten Poly(dimethylsi1oxan) Poly(isobuty1en)
15
1
1,4-&-Poly(butadien) Poly(methylmethacry1at)
l2
r" 2
+
Poly(viny1acetat)
9
Poly(styro1)
c,
1
6 3 n 1017
-
1018
z,=
1019 ~2
1020
[<&/~,l Nc
-
1021
Abb. 15-5 Abhhgigkeit der Ruheviskositiiten ~0 (fiir jedes Polymere vertikal um einen konstangn Betrag C verschoben) als Funktion einer der KettengliederzahlNc = N a S , , proportionalen Grosse Z, [A], wobei Na die Zahl der Kettenglieder pro Segment ist. Die physikalischen Einheiten von qo und Z, wurden vom Autor nicht angegeben, ebenso nicht die Verschiebungen C. (s2)/Mw ist fiir jedes lineare Polymere eine Konstante (G1.(4-36)).p ; bdert ~ sich bei kleinen Polymerisationsgraden noch mit der Molmasse. Bei verhakten Molekiilen ist dieser koordinierten Bewegung aber durch die Verhakungsstellen eine natiirliche Grenze gesetzt. Die Relaxationszeit ist d a m diejenige des Segmentes zwischen den Verhakungsstellen. Der Reibungskoeffizient des Segmentes wird also von niedrigen Z-Werten asymptotisch bis zu einem Grenzwert Zair ansteigen und dann konstant werden. Die Rouse-Theorie basiert aber auf einem von der Molekiilgr6sse (Nseg, Z, M usw.) unabhtingigen Reibungskoeffizienten &eg. Um einen solchen zu erhalten, miissen also die Z-Werte fiir den Einfluss der variablen Segmentlhge entsprechend korrigiert werden. Dazu wird in GL(15-12) Z durch ({seg/{seg,cri3EiZ ersetzt. Die so komgierten Exponenten betrugen bei Poly(dimethylsi1oxan)en (T = 25 "C) En = 1,oO (unkorrigiert: E, = 1,267) bzw. q, = 3,34 (unkomgiert: 3,342). Altemativ wurde argumentiert, dass eine konstante "Segmentbeweglichkeit" (also wohl ein konstanter Reibungskoeffizient der Segmente) vorliegt, wenn die Schmelzeviskositaten bei einer charakteristischen Temperatur T* anstelle einer konstanten Temperatur T verglichen werden. Bei den Glastemperaturen TG sind dank gleicher freier Volumenanteile jeweils gleiche Segmentbeweglichkeiten vorhanden. Tragt man entsprechend lg (bei P)als Funktion von lg EWauf, so werden fiir lineare und ringformige Poly(dimethylsi1oxan)e jeweils die gleichen kritischen Molmassen @W,crit fiir den Ubergang von dem einen Viskosit2tsgebiet in das andere erhalten (Abb. 15-6). Oberhalb ZTw,crit treten praktisch die gleichen Exponenten q, auf 3,21 (linear) vs. 3,47 (ringformig). Unterhalb @W,ait wird jedoch nur f i r lineare Polymere der Rouse-Exponent erhalten.
501
15. Viskositcit von Schmeken
I 1v3 C
E,,=
1.05
100
10
lo00
- Is, + Abb. 15-6 Bei 7 = 8.1 1 sbl und Tempesuren von P = TG + 148.3 K gemessene SchmelzeviskosiWn q als Funktion des Zahlenmittels Nn der Keuengliederzahl bei linearen und ringformigen Poly(dimethy1siloxan)en [2]. Mit freundlicher Genehmigung von Elsevier Science, Oxford.
15.3.4.
Reptation
Das Auftreten einer kritischen Molmasse &it im lg qo =fig M)-Diagramm wird bei linearen Kettenmolekiilen auf das Einsetzen von KettenverschlauTungen zuriickgefiihrt (Abb. 6-4). Flexible Polymerketten werden sich leichter verschlaufen als steife. Je steifer eine Kette ist, umso mehr wird sie sich aufweiten und umso gr6sser ist (s2),,/M. Bei aufgeweiteten Knaueln werden sich aber die Segmente eher mit denen anderer Knguel verschlaufen. Umso geringer wird dann die fiir eine Verschlaufung erforderliche kritische Zahl NSeg,critder Kettenglieder sein (Tab. 15-2). Das Produkt aus kritischer Kettengliederzahl und reduziertem Tragheitsquadrat ist demgemiss konstant. Verschlaufungen wirken wie physikalische Vemetzungen. da sie bei den geringen Schergradienten ( 7 4 0) praktisch zeitlich konstant sind. Die Elastizitit eines solchen Netzwerkes wird durch den Schermodul G mit der physikalischen Einheit eines Dmckes beschrieben. Da die ScherviskosiCit das Produkt eines Druckes und einer Zeit darstellt, kann man nach G1.(15-4) qo = Gr, schreiben, wobei r, die charakteristische Scherzeit ist. Tab. 15-2 Reduzierte Quadrate <s%JM der Triigheitsradien und zur Verhakung erforderliche kritische Zahlen Nc,cd von Kettengliedern pro Molekiil.
Polymere
Poly(ethy1en) Poly(is0butylen) Poly(styrol), at Poly(dimethylsi1oxan)
lo4,)'s( 1M nm2 mol g-'
20,3 9.3 73 7,3
. nm2 mol g- 1 - v
..I.. ( ..
Nc,crit
286 609 730 784
58 57 57 57
502
1.5.3. Newton'sche Scherviskositaten
Im Reptationsmodell (Kap. 14.2.3) wird die charakteristische Scherzeit f, mit der Reptationszeit trep identifiziert, d.h. mit der Zeit, die eine Kette braucht, um den Tubus zu verlassen. Der Schermodul h a g t nach G = cRT/Me noch von der Konzentration c des Polymeren und der Molmasse Me der Segmente zwischen den Verhakungsstellen ab, ist jedoch unabh&@g von der Molmasse des Polymeren. Die Reptationszeit ist femer nach G1.(14-3) der dritten Potenz der Zahl Nseg= M/M,egder Segmente pro Molekul proportional. Man erhat mit qo = Gf,= Gf,,,, G1.(14-3) und Nseg = M/Mseg die Beziehung
Die Schmelzeviskositat sollte daher oberhalb der kritischen Molmasse f i r die Verhakung mit der dritten Potenz der Molmasse ansteigen. Experimentell wird jedoch meist eine Proportionalit2t zu -M3,4 gefunden (Abb. 14-4, 15-5, 15-6). Dieser hohere Exponent ktinnte von einem "Atmen" des Tubus kommen. Beim Atmen werden nicht-verhakte Kettenschleifen in die umgebende Matrix zuriickgestossen. An den Kettenenden treten zusitzliche Relaxationen auf und die Tubusltinge verkurzt sich. Die resultierende Fluktuation der Tubusl2nge soll die im ublichen Molmassenbereich beobachtete Proportionalitit der Schmelzviskositat zu M3s4 hewormfen. Bei unendlich hohen Molmassen wird dagegen auch beim Atmen eine Proportionalitat zu M3vo erwartet.
15.3.5.
Nichtlineare Makromolekiile
Schmelzeviskositlten sind auch als Funktion des viskosimetrischen Radius wiedergebbar (Abb. 5-7). Die Funktionen qo =f(R,) sind unabhtingig von der Architektur. 109,
I
0.5
. . ... 1
2
5
- R,/nm +
10
20
Abb. 15-8 Ruheviskosiuten qo von Poly(styro1)en bei 443 K als Funktion der viskosimetrischen Radien R, [4]. Symbole: A Lineare (R, aus [71e);0 ringformige (R, bei M / 2 ) ; 0 3-, 4-, 6-armige (R, bei 2 Ma,,,,);+ H-fonnige (R, bei M/(5/3)ln);0 kugelfomige Mikrogele. Mit freundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, DC.
503
15. Viskositdir von Schmelzen %m
“In01
5, 8, 12. 33
1 J .
.
.
.
.
I
104
2 8 12
. . ....... 16
I
106
- M / (g mol-’) +
107
Abb. 15-8 RuheviskositWn von linearen (0)und 5- (a), 8- (@), 12- (0) bzw. 33-armigen (0)Poly(isopren)en (73 % cis-1.4, 20 % trans-1.4, 7 % 3.4) bei 60°C a l s Funktion der Molmasse Mmolder
Molekiile (rechts) bzw. Ma, der Arme (links) 131. Bei stemf6nnigen Makromolekulen ist jedoch die Funktion lg 90 =fig M ) bei Molmassen M > M,it der MoZekiile gekriimmt (Abb. 15-7). Sie ist ausserdem mit steigender Anzahl der Anne pro Molekiil zu htiheren Molmassen verschoben. Nach der Reptationstheorie ist der experimentelle Befund darauf zuriickzufiihren, dass eine Verzweigungsstelle eine ungest6rte Reptation hindert. Das Polymemolekiil muss bei der Bewegung seine Arme einziehen, was umso schwieriger ist, je l h g e r die Arme sind. Die Arme bewegen sich dagegen praktisch unabhagig voneinander. Je gasser die Molmasse zwischen den Verhakungsstellen, umso leichter kann sich andererseits das Molekiil bewegen. Die Reptationstheorie sagt voraus, dass die Ruheviskosit2t nach
nur von der Molmasse Mum der Anne, nicht aber von der Molmasse M der Molekiile selbst abhhgt und auch nicht von der Zahlfder Anne pro Molekiil. Dabei sind farm = Rouse-Relaxationszeit f i r einen Ann, K = Konstante nahe 1, M e = Molmasse zwischen zwei Verhakungsstellen und c = Konzentration des Polymeren. Diese Beziehung ist expenmentell ausserordentlich gut erfiillt (Abb. 15-8). Die Temperaturabhbgigkeit der Ruheviskositiit folgt im gleichen Zustandsbereich (isotrop, nematisch usw.) h W i g der Arrhenius-Beziehung qo = A exp (- EVRT‘). Definiert man eine relative Viskositiit q r ~ , ~(~q lp=r ) / ( v ~ p ~ Tuber d die Viskositiiten q und Dichten p der Polymeren bei der Temperatur T bzw. einer Referenztemperatur TI, so lLst sich die Temperaturabhkgigkeit der SchmeIzviskosit%tenentsprechend der halbempirischen WLF-GL(13-39) uber G1.(15-15) erfassen, wobei B* und C stoffspezifische Konstanten sind. Die tiefstmtigliche Referenztemperatur TI ist die jeweilige ijbergangstemperatur, also z.B. die Glastemperatur TG,die Temperatur T,,j usw.
504
15.4.
15.4. Nicht-NewtonSche Scherviskositaten
Nicht-Newton'sche Scherviskositaten
15.4.1. Ubersicht Bei Newton'schen ViskositAten ist das Geschwindigkeitsgefue f direkt proportional der Schubspannung 021 (Gl.(l5-2)). Die Steigung ist die Fluiditat llqo bzw. die reziproke kinematische ViskositAt qo (Abb. 15-9). Bei nicht-Newton'schen Flussigkeiten 2ndert sich jedoch der Quotient 0211 f mit dem Geschwindigkeitsgradienten und die uber G1.( 15-2) berechnete ViskositAt ist daher nur eine scheinbare Viskositat. Nach der Abhangigkeit der (scheinbaren) Viskositlt q von der Schubspannung f und der Zeit teilt man nicht-Newton'sche Fliissigkeiten in dilatante, strukturviskose, thixotrope und rheopexe Flussigkeiten sowie in ideale und pseudoplastische Bingham-K6rper ein. Thixotrope und rheopexe Flussigkeiten zeigen im Gegensatz zu den dilatanten und strukturviskosen noch eine Zeitabhwgigkeit der Viskositaten.
id BinghamFliessgrenze / Korper BinghamKorper
dilatant
Newton strukturviskos Fliesgrenze
strukturviskos
'pp
dilatant
1:
Bmghamid Korper Newton
Newton
-
n
Abb. 15-9 Schubspannung ql und (scheinbare) Viskosiut q als Funktion der Schergeschwindigkeit 7 bei Newton'schen, dilatanten und strukturviskosen Fliissigkeiten sowie bei idealen (id) und pseudoplastischen @p)Bingham-K-m.
Dilatanz (E: dilatancy). Bei dilatanten Flussigkeiten (L: difurure = vergrtissem, ausdehnen) nimmt die Schubspannung a21 starker als proportional rnit dem Geschwindigkeitsgefue f zu (Abb. 15-9). Die Viskositaten steigen nach einem anf2nglichen Newton'schen Bereich entsprechend nichtproportional mit der Schergeschwindigkeit f an (E: shear-thickening), sind aber nicht zeitabhhgig. Dilatanz ist bei Schmelzen und Liisungen von Makromolekulen selten. Beispiele sind gewisse Ionomere in nichtpolaren organischen Llisungsmitteln. Die Dilatanz sol1 von zunehmenden intermolekularen Wechselwirkungen undloder Kettendehnungen stammen. Dilatanz kommt auch bei bestimmten Dispersionen vor. Sie spielt eine grosse Rolle bei Dehnviskositaten (Kap. 15.5). Strukturviskositat. Bei strukturviskosen Flussigkeiten nimmt umgekehrt als bei dilatanten die Schubspannung weniger als proportional mit der Schergeschwindigkeit zu (Abb. 15-9). Die (scheinbare) Viskositit fiillt entsprechend nach einem anfwglichen Newton'schen Bereich mit zunehmender Schergeschwindigkeit ab (E: shear-thinning).
15. Viskositdt von Schmelzen
505
Strukturviskose Fliissigkeiten sind ausserodentlich hlufig. StrukturviskosiClttritt auf, wenn sich asymmetrische starre Teilchen in einer Striimung ausrichten und/oder flexible m u e l durch das Geschwindigkeitsgefe deformiert werden, also eine "Struktur" ausgebildet wird (daher der deutsche Name "Strukturviskositiit"). Solche Prozesse treten leichter bei htiheren Molmassen auf. Bei gleichem Massenrnittel der Molmasse tragen breitere Molmassenverteilungen uberproportional zur Strukturviskosittit bei. Eine Strukturviskosittit ist z.B. bei Anstrichmitteln erwiinscht. Diese sollen zwar bei den Mheren S c h e r g e f e n des Pinselns nahtlos verfliessen. bei den durch das Eigengewicht eneugten tieferen Schergefuen aber nicht vom Pinsel tropfen. Plastizitiit (G: p l a t e i n = fonnen; E: plasticity). Plastische Ktirper besitzen eine Fliessgrenze: bei p-, 0 besitzt die Schubspannung 021 immer noch einen Mindestwert. Entsprechend ist die Viskositilt unterhalb eines Mindest-Geschwindigkeitsgradienten"unendlich gross (Abb. 15-9). Plastische Ktirper werden auch Bingham-Korper genannt (E: Bingham bodies). Sie werden in zwei Klassen eingeteilt. Ideal-plastische Korper verhalten sich oberhalb der Fliessgrenze wie Newton'sche Flussigkeiten. Pseudo-plastische Korper zeigen dagegen oberhalb der Fliessgrenze ein strukturviskoses Verhalten. Aus diesem Grunde werden srrukrurviskose Flussigkeiten in der angelslchsischen Literatur auch als "pseudo-plastisch bezeichnet. obwohl echte strukturviskose Flussigkeiten keine Fliessgrenze besitzen. Die Plastizitlt bzw. Fliessgrenze wird durch das Auftreten von Assoziaten gedeutet. Ein Beispiel fiir einen Bingham-Ktirper ist Tomaten-Ketchup, den man ordentlich schutteln muss, damit er aus der Flasche fliesst. Bei Newton'schen, dilatanten und strukturviskosen Flussigkeiten stellt sich beim Anlegen einer Schubspannung sofort das dazugehtirige Geschwindigkeitsgefae ein. Die gemessenen Viskositaten 2ndem sich anders als bei thixotropen und rheopexen Flussigkeiten zeitlich nicht. Thixotropie (G: rhixis = beriihren, bewegen; rropos = 2ndem). Bei thixotropen Substanzen wird die (scheinbare) Viskositiit bei konstantem Geschwindigkeitsgefue mit zunehmender Zeit immer kleiner. Eine Thixotropie (E: thixotmpy) wird z.B. bei Suspensionen von Bentonit, Montmorillonit und anderen plattchenf6nnigen Silikaten beobachtet. Sie wird als zeitabhugiges Zusammenbrechen einer Art Kartenhaus-Struktur gedeutet. Derartige Eigenschaften sind bei Spiilmitteln fiir Erdolbohrungen erforderlich. Rheopexie (G: rheos = fliessen; pecrous = erfestigt, geronnen). Wenn die scheinbare Viskosittit bei konstantem Geschwindigkeitsgefue umgekehrt mit zunehmender Zeit zunimmt. spricht man von Rheopexie (E: rheopexy) oder Antithixotropie (E: antithixotropy). Fur die Deutung rheopexer Eigenschafien fehlt ein anschauliches molekulares Bild. Das Fliessvehalten kann weiter durch Wandeffekte kompliziert werden. Bei gewissen Dispersionen und Gelen wird beim Anlegen einer Schubspannung aus der Dispersion bzw. dem Gel eine Flussigkeit ausgequetscht, die dann als Gleitmittel wirkt. Das resultierende Pfropfenfliessen ist z.B. bei Zahnpasten erwiinscht. Weitere Komplikationen ergeben sich durch turbulente Strtimungen mit Volumengeschwindigkeiten dV/dt, die beim Austreten nicht-Newton'scher Flussigkeiten der Dichte p aus Offhungen des Durchmessers d bei weit niedrigeren Reynolds-Zahlen Re als bei Newton'schen auftreten. Die dimensionslose Reynoldszahl ist definiert als (15-16)
Re I4 p(dV/dt)/(adq)
506
15.4.2.
15.4. Nicht-Newton'sche Scherviskositdten
Rheometrie
Die Fliesseigenschaften nicht-Newton'scher Fliissigkeiten werden in der Regel mit den gleichen Instrumenten gemessen wie diejenigen Newton'scher. Die Schubspannung wird bei Kapillarviskosimetem iiber G1.( 15-5) berechnet; sie ist unabhhgig von den nichtNewton'schen Eigenschaften der Flussigkeiten. Anders als bei Newton'schen Fliissigkeiten ist jedoch das Geschwindigkeitsgefue eine kompliziertere Funktion der Schubspannung als sie das Newton'sche Gesetz j = 021/q angibt. Das maximale Geschwindigkeitsgefiille dv/dR am Rande der Kapillaren ist nicht mehr wie bei G1.(15-7) nur durch das totale Str(imungsvo1umendV/dt und den Radius R der Kapillaren gegeben. Die wahre Viskosit2t ergibt sich fiir Fliissigkeiten mit Wandhaftung vielmehr aus der scheinbaren Viskosit2t q.pp= 0 2 1 / j und der Anderung d jld021 des Geschwindigkeitsgeflllles mit der Schubspannung nach der Rabinowitsch-Weissenberg-Gleichungzu
Die entsprechenden Daten werden einer Auftragung von lg f gegen lg 021entnommen, der sog. Fliesskurve (Abb. 15-10). Bei Fliesskurven folgt auf den ersten Newtonschen Bereich mit qo ein strukturviskoses Verhalten, dem sich bei hohen a21-Werten oft ein zweiter Newton'scher Bereich mit 7- anschliesst. Es ist unsuittig, dass zweite Newton'sche Bereiche beobachtet werden, jedoch fraglich, was sie bedeuten. Bei hohen Schergeschwindigkeiten tritt z.B. hhfig Turbulenz auf. Bei einigen Losungen wie z.B. den Cellulosenitraten der Abb. 15-17 trat bei grossen Geschwindigkeitsgeftdlen eine Aggregation auf, bei anderen ein Abbau. Bei grossen Schergeschwindigkeiten lagen also nicht mehr die gleichen Usungen wie bei kleinen vor.
Abb. 15-10 Mit Kapillar- (0)oder Rotationsviskosimetem ( 0 )bei 25°C aufgenommeneFliesskurven von Butylacetat-Li3sungeneines Cellulosenitrates [5].Mit freundlicher Genehmigung der American
Physical Society, Melville, NY.
507
15. Visbsitcit von Schmelzen
Das Fliessverhalten im nicht-Newton'schen Bereich wird hgufig durch empirische Fliessgesetze (E: flow laws) beschrieben, z.B.
(15-18)
7 =K1 u21m
Ostwald-de Waele
(15-19)
7 = K2 sinh ( & ~ 1 / K 3 )
Prandtl-Eyring
(15-20)
7 =&a21
+ K50213
Rabinowitsch-Weissenberg
bei denen K1-K5 empirische Konstanten sind. Der Exponent m ist der Fliessexponent (E: flow exponent; pseudo-plasticity index). Er wird gleich 1 fiir Newton'sche Fliissigkeiten und kleiner als 1 fiir strukturviskose. Die G1.(15-18) w i d haufig auch als
mit den empirischen Konstanten K6 (E: consistency index) und n (E: power law index) geschrieben. Alle diese ateren und immer noch verwendeten Fliessgesetze gelten im AUgemeinen jedoch nur fiir einen begrenzten Schubspannungsbereich. Neuere Fliessgesetze versuchen den gesamten gemessenen Fliessbereich zu erfassen, und zwar einschliesslich des zwar gemessenen, aber m(lg1icherweise physikalisch sinnlosen zweiten Newton'schen Bereiches. Diese Beziehungen lassen sich durch
wiedergeben, wobei rrlx = charakteristische Relaxationszeit bzw. kritische Schergeschwindigkeit rflx = l/fdt. Die Konstanten K, a und b haben bei den verschiedenen Autoren die in Tab. 15-3 wiedergegebenen Bedeutungen, wobei n und q ebenfalls Konstanten sind. G1.(15-22) geht fiir 7 + 0 in q = qo uber und f i r 7 + wegen b < 1 in q = q-. Die Carreau-Gleichung wird industxiell bei dem zur Kennzeichnung von Kunststoffen benutzten Campus-System venvendet (siehe Band IV).
-
Tab.15-3 Bedeutung der Konstanten der G1.(15-22). Autor
7-
K
tdx
a
b
Beim Auftragen von Ig q gegen lg 7 entsprechend q = K Y j - @beobachtet man alich wie bei den PolymerlSsungen der Abb. 12-2 und 12-3 auch bei strukturviskosen Polymerschmelzen bei niedrigen Schergeschwindigkeiten eine Unabhhgigkeit der Viskosiaten von der Schergeschwindigkeit, also einen Newton'schen Bereich mit w = 0. Streng genommen gibt dieses "Newton'sche Verhalten" nur einen stationgren Zustand wieder, der z.B. bei Rotationsviskosimetem nach Durchfahren einer "Anlaufkurve" erreicht wird. Diese Schmelzen zeigen also vor Erreichen des stationiren Zustandes zeitabhilngige Viskosiaten!
508
15.4. Nicht-NewtonSche Scherviskositaten
Der Newton'sche Bereich geht bei einer kritischen Schergeschwindigkeit j'&t mehr oder minder abrupt in den strukturviskosen Bereich mit w c 1 iiber. Die kritische Schergeschwindigkeit verschiebt sich rnit steigender Molmasse zu kleineren Werten. In der Literatur wird manchmal nach Vinogradov-Malkin empirisch lg (qlqo) als Funktion von lg 1707 aufgetragen. Eine entsprechende Funktion lasst sich aus der Carreau-Gleichung ableiten, wenn man (n - 1)/2 = l/b und a = by setzt, Wene von K = l und t) + annimmt, 021,crit = 90 f&t einfiihrt und logarithmiert:
-
(5-23)
Fur 170 f/a21,crit << lwird lg (q/qo) 0, also qlqo = 1, w2hihrend man fiir Werte von JIof/021,~~it>> 1 den Ausdruck lg (qlqo) = y lg (170 f/a21,crit) erh2lt. Abb. 15-11 zeigt eine entsprechende Auftragung fiir Poly(ethy1en)e bei 150°C. Die Werte f i r drei verschiedene Poly(ethy1en)e als auch fiir ein rnit Glasfasem gefiilltes Poly(styro1) fallen auf die gleiche Kurve, die einen Newton'schen Bereich f i r qoj' << 104 Pa, eine kritische Schubspannung von 021,crit = 70 j' = 104 Pa und einen Exponenten y = - 2/3 aufweist. 1 .crit
1
10
i o ~ id 104 16 106 rl,-j/Pa -+
-
107
108
109
Abb. 15-11 Normierte Viskositiiten 7/70als Funktion der Schubspannung = 70y fur Poly(ethylen)e mit den Schmelzeindices 1,7(O), 7 (0) und 20 ( 0 )[6] sowie ein rnit Glasfasern gefiilltes Poly(styrol) (A). Der Schmelzeindex ist ein industrielles Mass fiir die Fluidit% einer Schmelze (Band IV).
15.4.3.
Schmelzeelastizitat
Schmelzen von Polymeren rnit Molmassen oberhalb der kritischen Molmasse M e fiir die Verschlaufung sind wegen dieser temporaren physikalischen Vemetzungen etwas elastisch. Beim Fliessen derartiger Schmelzen treten elastische Schwingungen auf, die mit steigender Schergeschwindigkeit immer weniger gedampft werden konnen. Die Randschicht nahe der Wand reisst ab. Es enstehen elastische Turbulenzen, und zwar weit unterhalb der kritischen Reynolds-Zahl fiir niedermolekulare Fliissigkeiten.
15. Viskositat von Schmelzen
509
Durch die Turbulenzen wird die OberflBche der Schmelze rau. Beim Austritt aus Diisen in katere Temperaturzonen erstant die Schmelze und die Extrudatoberflache erscheint "aufgebrochen". Der Name Schmelzebruch (E: melt fracture) f i r dieses Ph2nomen bezieht sich daher nicht auf das Abreissen des Fliissigkeitsstranges. Die Form der Funktion q =fT 7) wird durch diesen Schmelzebruch im Allgemeinen nicht beeintrachtigt. Bei sehr hohen Molmassen tritt jedoch manchmal ein Sprung in der Fliesskurve auf. Die temporaren Verschlaufungen erzeugen beim Extrudieren auch eine Strangaufweitung. Kn2uel werden beim Pressen ihrer Schmelze durch eine Diise deformiert. Oberhalb der kritischen Me kiinnen die Molekiilsegmente wegen der Verhakungen bei nicht zu starken Belastungen und geniigend kurzen Zeiten nicht mehr voneinander abgleiten. Es entsteht eine Normalspannung. Am Diisenausgang entfZllt die Spannung und die Molekiile kehren in die thermodynamisch giinstigere Form ungestijrter KnZIuel zuriick. Die Schmelze dehnt sich entsprechend rechtwinklig zur Fliessrichtung aus. Der Strangdurchmesser wird gr6sser als der Durchmesser der Diise. Das Ph2nomen ist unter verschiedenen Namen bekannt: Barus-Effekt oder Memory-Effekt (Schmelzen), Strangaufweitung (Extrudieren) und Schwellverhalten (Hohlkiirperblasen). Der Effekt nimmt bei M > Me wegen q M3v4stark mit kleinen Anteilen hochmolekularer Polymerer zu. Polymerschmelzen sind daher gummiartige, entropie-elastische Fliissigkeiten. Die viskoelastischen Eigenschaften rufen auch den Weissenberg-Effekt hervor. Beim Riihren Newton'scher Fliissigkeit sinkt der Fliissigkeitsspiegel am Riihrerschaft unter das Flussigkeitsniveau am Rande des Gefilsses. Bei strukturviskosen Liisungen steigt die Fliissigkeit dagegen am Riihrerschaft empor. Von einer 1 proz. wissrigen Liisung eines sehr hochmolekularen Poly(acry1amid)s wurde 2.B. eine Steighiihe von 30 cm berichtet! Es gibt auch negative Strangaufweitungen, d.h. Verkleinerungen des Stranges relativ zum Diisendurchmesser. Wenn nilmlich stabchenartige Molekiile nach dem Extrudieren kristdlisieren, so tritt eine Kontraktion rechtwinklig zur Extrusionsrichtung ein. Ahnlich ist es beim Schmelzspinnen, das ja eine Extrusion darstellt.
-
15.5.
Dehnviskositaten
15.5.1.
Grundlagen
Makromolekulare Fliissigkeiten lassen sich im Gegensatz zu niedermolekularen erheblich dehnen ohne zu reissen. Diese Dehnfzhigkeit erlaubt das Erspinnen von Fgden aus Polymerschmelzen und -losungen, das Blasen von Hohlkiirpern aus Schmelzen und das Vakuumformen von Folien. Die Dehnbarkeit von Schmelzen spielt auch beim Spritzgiessen eine Rolle. Solche FBden kiinnen auch aus Honig und konzentrierten Seifenliisungen gezogen werden, da in diesen Fliissigkeiten durch intermolekulare Assoziation entstandene, physikalisch vernetzte Molekiile vorliegen. Derartige FIden sind jedoch wegen der starken Fluktuation der physikalischen Netzstellen nicht stabil. Ein Dehn(ungs)fliessen tritt immer auf, wenn viskoelastische Fliissigkeiten verstreckt werden. Im einfachsten Fall des Dehnfliessens befindet sich der Striimungsgradient dabei in Fliessrichtung. w m n d er beim einfachen Scherfliessen rechtwinklig dazu ist.
5 10
15.5. Dehnviskositaten
Die Dehnviskositslt qe (E: extensional viscosity, elongational viscosity) ist das Verhdtnis der Zugspannung 011 in der Dehnrichtung zur Dehngeschwindigkeit 1:
Da sie auf der Zugspannung beruht, wird sie im Englischen auch "tensile viscosity" genannt. Wegen des Auftretens quer zur Scherspannung heisst sie auch Querviskositat und nach ihrem Entdecker femer Trouton-Viskositat. Die Dehngeschwindigkeit i I dmfdr (E: tensile strain rate) ist als Anderung der Hencky-Dehnung (E: Hencky strain) E = In (LfLo)mit der Zeit f definiert, wobei Lo die urspriingliche Lginge ist. Sie ist also nicht durch die zeitliche h d e r u n g der nominellen Dehnung E = (L - Lo)/Lo gegeben. Im Gegensatz zu Scherviskositgten muss bei Dehnviskositaten immer die Art der Deformation angegeben werden. Die drei Haupt-Deformationsgeschwindigkeiten werden so definiert, dass immer k l l 2 EZ2 2 133.Das konstante Verhaltnis K = E2dEll charakterisiert d m den speziellen Typ des Dehnfliessens. Es gilt K = - 1/2 fiir uniaxiale Dehnungen, K = 1 fiir gleich-biaxiale und K = 0 fiir planare (sog. reine Scherung). Uniaxiale Dehnviskositaten werden zur Charakterisierung von Flussigkeiten venvendet; sie sind fiir das Faserspinnen wichtig. Biaxiale Dehnviskositaten sind industriell fiir das Blasund Vakuumverformen bedeutsam.
15.5.2.
Schmelzen
Dehnviskositaten sind sehr schwierig zu messen. Im einfachsten Fall wird eine "feste" Probe vertikal gedehnt (Abb. 15-12-1). Die Probe muss dabei in einer Fliissigkeit gleicher Dichte schwimmen. damit der Einfluss der Schwerkraft vermieden wird. Die erzielbare Dehnung ist durch die L3nge des Rheometers begrenzt. Ausserdem muss fiir die Nacken komgiert werden, die durch das ungleichmiissige Dehnen der Probe entstehen.
I
II
Abb. 15-12 SchematischeDarstellung einiger Dehnviskosimeter. Obere Reihe: Messungen im gummiartigen Zustand (einschl. Schmelzen verhakter Makromolekiile) mit einseitiger uniaxialer Dehnung (I), uniaxialer Dehnung mit rotierenden Rollen bzw.Klampen (II) oder Aufwickeln eines an einem Ende festgehaltenen Smges auf eine rotierende Trommel (In). Untere Reihe: Messungen an Losungen durch rotierende Rollen (IV) oder Saugdiisen (V). FlussSymbole: -Flusslinien; - - - Symmetrielinien; 0 Stagnationspunkt.
511
15. Viskositcit von Schmelzen
Beim horizontalen Lagem der Messprobe mussen dagegen die Dichten der probe und der Umgebungsfliissigkeit nicht genau gleich gross sein (Abb. 15-19-11). Verwendet man zudem rotierende Rollen. so wird auch die Nackenbildung vermieden. Die maximal erzielbare Dehnung ist auch nicht mehr durch die Rheometerlhge begrenzt. Mit rotierenden Klampen wurden so bei Poly(ethy1en)-Schmelzen sehr grosse Dehnungsverhat= 1100 erreicht. nisse bis zu &L Mit einem W i c h e n Prinzip wurden die Dehnviskositiiten von Losungen gemessen. Zwei rechtwinklig zur anfbglichen Flussrichtung aufeinander zufliessende Losungen werden hier entweder durch Rollen abgelenkt (Abb. 15-12-IV) oder durch Dusen abgesaugt (Abb. 15-12-111). Die Fliessgeschwindigkeit ist im Zentrum des Apparates gleich null, nimmt aber in den axialen Regionen zu. Das Fliessen entspricht einer uniaxialen Dehnung, wenn zylindrische Dusen verwendet werden, und einer reinen Scherung. wenn die Diisen zueinander parallele Schlitze aufweisen. Ein anderes Dehnviskosimeter (Abb. 15-12-III) h a t das eine Ende eines Stranges fest. wiihrend das andere Ende rotierend aufgewickelt wird. Eine solche Anordnung eignet sich gut f i r Elastomere, weniger gut f l r Schmelzen und uberhaupt nicht fur Usungen. Dehn- und Schergeschwindigkeiten werden von der Verformungsgeschwindigkeit verschieden beeinflusst (Abb. 15-13). Bei niedrigen Verformungsgeschwindigkeiten ist die DehnviskositZLt unabhhgig von der Dehngeschwindigkeit. genau wie die Scherviskositiit dann unabhhgig von der Schergeschwindigkeit ist. In diesem Trouton'schen Bereich ist die uniaxiale Dehnviskosiat qe,o = 3 qs,o dreimal so gross wie die Scherviskositiit qs. Die biaxiale DehnviskositZLt ist dagegen 6 mal so gross wie die Scherviskositgt. Oberhalb einer kritischen Verformungsgeschwindigkeit setzt beim Scheren eine StrukturviskositZLt ein, beim Dehnen dagegen anfhglich eine Dilatanz! Die Dehnviskosiat liluft dann mit zunehmender Dehngeschwindigkeit durch ein Maximum, w-nd die Scherviskositiit mit steigender Schergeschwindigkeit monoton a b m t . Das Maximum der DehnviskositZLt ist umso hoher, je breiter die Molmassenverteilung ist und je mehr Langkettenverzweigungen pro Molekul vorliegen. Kurzkettenverteilungen beeinflussen die Dehnviskositiit praktisch nicht.
103 J
. 10-5
I@
10-3
10-2
10-1
1
101
102
- q1s-1 + Abb. 15-13 Scherviskosit2tqrals Funktion der Schergeschwindigkeit 4 = y sowie Dehnungsviskositiit qe als Funktion der uniaxialen Dehngeschwindigkeit q = d eines Poly(ethy1en)s bei 150°C [7]. Mit freundlicherGenehmigungdes Steinkopff-Verlages.Darmstadt.
512
15.5.3.
15.5. Dehnviskositaten
Losungen
StBbchenartige Makromolekiile wie z.B. Tabakmosaikviren oder auch steife Makromolekiile rnit grossen Kuhn-Lhgen wie z.B. Poly(p-phenylenbenzbisthiazol) orientieren sich in verdiinnten Usungen mit steigender Dehngeschwindigkeit immer starker in Fliessrichtung. Die Molekiilachsen sind nicht mehr wie bei der ruhenden Lasung statistisch im Raum verteilt; die L6sung wird anisotrop. Die so erzeugte optische Doppelbrechung steigt mit der Dehngeschwindigkeit zuerst stark an. Bei hohen Dehngeschwindigkeiten strebt sie dann asymptotisch einem Grenzwert zu, der durch die v6llige Orientierung aller Lbgsachsen in Fliessrichtung hervorgerufen wird (Abb. 15-14). Poly(styro1) o
0
20
40
60
0
-ils-1 +
5oOoo
o
1ooOoo
Abb. 15-14 Doppelbrechung An als Funktion der Dehngeschwindigkeit L. bei einer Z104 glmL Ltisung des Tabakmosaikvirus in 50150 = V/V Wasser/Glycerin [ 1 1J sowie einer 50.1@ g/mL Lsg. eines ataktischen Poiy(styro1)s (M = 2.106 glmol) in (wahrscheinlich) Dekalin [8]. Flexible Ketten wie 2.B. Poly(styro1) bilden dagegen Knauelmolekiile, die bei zunehmender Dehngeschwindigkeit zunachst nur wenig deformiert und orientien werden, da die elastischen (entropischen) Krafte die Molekiile in die thermodynamisch giinstigere Knauelform zuriickbef6rdem. Bei bestimmten kntischen Dehngeschwindigkeiten init werden diese elastischen Riickstellkafte jedoch iiberwunden. Das Fadenmolekiil nimmt eine gestreckte Form an und die optische Doppelbrechung steigt bei &,-fit spmnghaft an (Abb. 15-14). Da nun die Lbgsachsen der Molekiile mehr oder weniger in Fliessrichtung liegen, geniigt eine weitere kleine Zunahme der Dehngeschwindigkeit, um die Molekiile vollig auszurichten. Die optische Doppelbrechung nimmt folglich rnit steigender Dehngeschwindigkeit der Ltjsungen S-f6rmig zu. Die kritische Dehngeschwindigkeit ihtstellt eine rezipmke charakteristische Zeit dar, und zwar die Zeit trlx fiir die konformative Relaxation der Kniuel (nicht die Relaxationszeit der bereits gestreckten Ketten). Nach der Zimrn-Theorie nimmt die Relaxationszeit fiir undurchspiilte KnBuel aus Ketten mit Einheiten mit Bindungslangen 6 und Bindungswinkeln r in Llisungsmitteln der Viskositit ql mit der 3/2. Potenz der Zahl N der Einheiten zu, wie es auch expenmentell gefimden wird (Abb. 15-15):
513
15. Viskositdt von Schmelzen
.
Id
.
. . .
. . ..
.
-M,/
.
. . . . . ..
106
107 (s mol-1)
.
.
. . . .
-
-, 108
+
Abb. 15-15 Relaxationszeit t, = 1/ B als Funktion des Massenmiaels der Molmasse bei 0.1 % LXIsungen von Natriumpoly(styro1suIfonat)en in 0,004 mom NaC1-Lsgn. bei 25°C [9] und von 0.1 % pOly(styro1) in 0-Xylol bei 25OC [101.
Fur frei durchspulte Kniuel sol1 andererseits nach Rouse eine Abhmgigkeit vom Quadrat der Zahl der Monomereinheiten pro Kettenmolekiil bestehen:
Solche frei durchspulten, stark aufgeweiteten Kniuel werden von PolyelektrolytMolekulen in verdiinnten SalzlBsungen gebildet, z.B. von Natriumpoly(styro1sulfonat)en (Abb. 15-15). Die Relaxationszeiten liegen bei Kniueln im Mikro- bis Millisekundenbereich. Oberhalb der kritischen Dehngeschwindigkeit wird das Molekul immer weiter gestreckt, bis schliesslich Kettenbindungen brechen. Dieser Bruch erfolgt in der Mitte der Kette. Die Bruchstiicke besitzen also 1/2, 1/4, 1/8 usw. der anfhglichen Molmasse. Die kritische Dehngeschwindigkeit fiir den Bruch sollte reziprok proportional dem Quadrat der Molmasse sein, wie sich aus der Stokes-Gleichung ableiten l&t. Das game Molekiil bewegt sich zwar mil der Flussigkeit, die Geschwindigkeit der Flussigkeit muss aber relativ zu den einzelnen Bausteinen variieren:
Auf die i-te Einheit wirkt nach Stokes eine Kraft
wobei q1 = Viskosiat des Ltisungsmittels, RU = Radius der Untereinheit, V1.i = Geschwindigkeit des LBsungsmittels relativ zur i-ten Einheit. Q = Abschirmfaktor. L,,,= L b g e der Repetiereinheit und & = Dehngeschwindigkeit. Die Summation von i = 0 bis i = N/2 gibt die Bruchkraft f i r die Htilfte des Molekuls, so dass f i r das ganze Molekiil gilt
514
15. Literatur LU Kap. IS
Die kritische Dehngeschwindigkeit a21 fiir das Verstrecken variiert nach G1.( 15-26) mit M-3/2, die kritische Dehngeschwindigkeit fiir den Bruch B dagegen nach Gl.(15-28) mit M-2. Es muss also eine Molmasse existieren. fiir die icr;t = i~ ist. Oberhalb dieser Molmasse ktinnen die Molekiile nicht mehr ohne Bruch verstreckt werden, bei Poly(styro1)en z.B. nicht oberhalb M = 30.106 g/mol. Diese kritische Molmasse variiert mit der Konstitution der Makmmolekiile. Sie ist bei "glatten" Ketten wie 2.B. Poly(oxyethy1en)en wesentlich hijher als bei Ketten mit spemgen Substituenten. Dieser Effekt ist auch dafiir verantwortlich, dass verdiinnte Msungen von hochmolekularen Desoxyribonucleinsiuren bereits unter den relativ milden Scherbedingungen des Pipettierens zu niedrigeren Molmassen abgebaut werden. Der Kettenabbau durch Dehnfliessen erfolgt nicht durch Turbulenz, da er bei Reynoldszahlen einsetzt. die ca. 1/3 dejenigen fiir Turbulenz der reinen Usungsmittel betragen. Ein Kettenabbau durch Turbulenz tritt jedoch beim Schedliessen sehr verdiinnter Polymerltisungen ein, z.B. bei Konzentrationen unter 10-4 UmL. Der Abbau vemngert bis zu 75 % den Reibungswiderstand der Fliissigkeiten. Dieser Toms-Effekt erleichtert den Fluss von Erdtil durch Rohrleitungen, vergrijssert die Fijrderhbhe bzw. -weite von Uschwasser und erhijht evtl. auch die Fahrgeschwindigkeit von Schiffen.
Historische Notizen Siehe Kapitel 11, 12 und 14
Literatur zu Kap. 15 15.1. ALLGEMEINE mERSICHTEN P.G.de Gennes, Scaling Concepts in Polymer Physics, Cornell University Press, Ithaca (NY) 1979 R.T.Bailey, A.M.North, R.A.Pethrick, Molecular Motion in High Polymers, Oxford Univ. Press, Oxford 1981 M.Doi, S.FBdwards, The Theory of Polymer Dynamics, Oxford University Press, Oxford 1986 R.I.Tanner, K.Walters, Rheology: an Historical Perspective, Elsevier Science, Amsterdam 1994 R.K.Gupta, Polymer and Composite Rheology, Dekker, New York 2000
15.la. NOMENKLATUR J.M.Dealy, Official Nomencalture for Material Functions Describing the Response of a Viscoelastic Fluid to Various Shearing and Extensional Deformations, J.Rheol.28/3 (1984) 181 15.2.-15.4. VISKOSIMETRE UND SCHERVISKOSITATEN M.Reiner, Deformation and Flow, Lewis and Co.. London 1949 F.REirich, Hrsg.. Rheology. Theory and Applications, Academic Press, New York 1956-1969 (5 W.) V.Semjonov, Schmelzviskosiuten hochpolymerer Stoffe, Adv.Polym.Sci. 5 (1%8) 387 A.S.Lodge, Elastic Liquids, Academic Press. London 1964 S.Middleman, The Flow of High Polymers, Interscience, New York 1968 J.A.Brydson, Flow Properties of Polymer Melts, Iliffe Books, London 1970 W.W.Graessley, The Entanglement Concept in Polymer Rheology, Adv.Polym.Sci. 16 (1974) 1
IS. Viskositlst VOR Schmelzen
515
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516
Quellennachweise zu Kap. 15
Quellennachweise T.G.Fox, J.Polym.Sci. C 9 (1965) 35, Abb. 2 DJ.Orrah. J.A.Semlyen, S.B.Ross-Murphy, Polymer 29 (1988) 1452, Tab. 2 und Abb. 1 D.S.Pearson, S.J.Mueller. L.J.Fetters, ACS Polymer Preprints 23/2 (1982) 21; L.J.Fetters, F’rivatmitteilung, 21. Mai 1982 M.Antonieai. T.Pakula. W.Bremser, Macromolecules 28 (1995) 4227, Abb. 7 W.Philippoff, F.H.Gaskins, J.G.Brodnyan, J.Appl.Phys. 28 (1957) 1118, Abb. 2 Aus einem Diagramm in einem Firmenprospekt der Fa. BASF abgegriffenePunkte. H.M.Laun, H.Miinstedt, RheoLActa 17 (1978) 415, Abb. 5 D.P.Pope, A.Keller, Coll.Polym. Sci. 256 (1978) 751, Tab. 1 A.Keller, J.A.Odel1, Coll.Polym.Sci. 263 (1985) 181, Abb. 22 CJFarrell. A.Keller, M.J.Miles, D.P.Pope, Polymer 2 1 (1980) 1292, Abb. 3 D.P.Pope. A.Keller, Coll.Polym.Sci. 255 (1977) 633, Abb. 8b
517
16.
Elastizitat
16.1. Einfiihrung K6rper SIndern bei mechanischen Beanspruchungen erfahrungsgemiss ihre Gestalt und/oder ihre Grlisse, 2.B. durch Scheren. Dehnen, ein- oder allseitige Kompression. Biegen oder Verdrillen (Abb. 15-1). Die diese Deformationen hervorrufenden KrBfte F werden zu Vergleichszwecken auf die angegnffenen Flgchen A bezogen und als mechanische Spannungen c = F/A angegeben (Abb. 15-2). Umgekehrt erzeugen Deformationen in den K6rpem mechanische Spannungen. Die relevanten,bei Themoplasten, Duromeren, Elastomeren und industriellen Fasern verwendeten physikalischen Gassen lauten mit ihren physikalischen SI-Einheiten: in J E Energie, Arbeit in Jm-' = N F Klafi in J m-2 =Nm-' Y Obeflirchenspannung cr=E/V=F/A=p in Jm-3 =Nm-* =Pa MechanischeSpannung, Modul Textile Fasern kennzeichnetman ncch durch eine Reihe anderer Gassen: in J kg-' Spezifischer Modul (Textilmodul) Elm mlL = pA in gkm-l=tex Lineare Masse (Titer) Der Modul u (in GPa) ist das Produkt von Textilmodul (in N/tex) und Dichte (in g/cm3).
Ein ideal-elastischer K6rper wird beim Belasten defonniert. Er kehrt aber nach Entfernen der Last "sofort" ohne bleibende Verformung in seine Ausgangsform zuriick. Beispiele sind auf Stahlplatten aufprallende Stahlkugeln oder nicht zu stark gedehnte Gummibbder. Stahl und Gummi unterscheiden sich aber in den dabei auftretenden Wbne-Effekten. Stahl kiihlt sich beim Verstrecken ab, widwend sich Gummi erwhnt. Dieses Verhalten ist durch verschiedene molekulare Mechanismen bedingt. Bei der Deformation von Stahl werden Atome aus ihren Ruhelagen ausgelenkt; die Auslenkung aus der Ruhelage erfolgt jedoch affin. Die Entropie bleibt konstant, nicht aber die Enthalpie. Die zum Auslenken der Atome aus der Ruhelage erforderliche Energie wird nmlich dem System enmommen: der Stahl kiihlt sich ab. Stahl ist somit ein energieelastischer Korper. Auch Polymerkrist.de verhalten sich energie-elastisch (Kap. 16.3). Bei der starken Deformation von Gummi rutschen dagegen Kettensegmente voneinander ab; durch die innere Reibung wird Wirme erzeugt. Das Abrutschen ruft unwahrscheinlichere Makrokonformationen der Kettensegmente hervor: Gummis sind entropieelastische Korper (Kap. 16.4). Kllrper sind nur bei kleinen Deformationen enthalpie- oder energie-elastisch. Bei gr6sseren Deformationen bleiben sie dagegen nach dem Entfemen der Last etwas verformt. Dieses Verhalten ist typisch fiir viskoelastische Stoffe, d.h. solche. die simultan soWONelastisches Verhalten (reversible Verformung) als auch viskoses (irreversible Verformung) zeigen (Kap. 17). Unter den meisten Deformationsbedingungen sind praktisch alle Kunststoffe viskoelastisch. Bei allen mechanischen Messungen ist entscheidend. wie und in welchem Ausmass die angelegte Kraft in eine Deformation umgewandelt wird (oder vice versa). Die klassische Elastizititstheorie nimmt zum Beispiel an, dass die angelegte Spannung direkt der resultierenden Deformation proportional ist, dass also Spannung und Deformation linear korreliert sind. Die Proportionalitatskonstanten dieser Beziehungen sind die entscheidenden Kennwerte (E: descriptors). Die gegenseitigen Abhbgigkeiten zwischen Spannungen und Verformungen ktinnen mit drei Gruppen von Methoden studiert werden:
518
16.1. Einfuhrung
Makroskopische Methoden behandeln das Material als homogenes Kontinuum. Die Zusammenh2nge zwischen Spannungen und Verformungen werden mit den Gleichungen der Massischen Mechanik beschrieben. Diese Gleichungen werden so angesetzt, dass die mit ihnen bei einem bestimmten Versuch erhaltenen Kennwerte auch auf andere Versuchstypen ubertragbar sind. Kennwerte aus z.B. Torsionsmessungen sollten so erlauben. das Zugverhalten des gleichen Korpers zu beschreiben. Die resultierenden Kennwerte miissen jedoch fir jeden Ktirper separat bestimmt werden. Sie sind Kennwerte des Priiflings (E: specimen) und nicht des Materials per se. Mikroskopische Methoden betrachten das Material als eine heterogene Mischung verschiedener Komponenten. Jede Komponente ist homogen (aber nicht notwendigerweise isotrop) und hat bestimmte Eigenschaften. Das Material besteht somit aus verschiedenen Phasen. Die Kennwerte sind nunmehr sowohl die Eigenschaften jeder Phase als auch der Zusammenh2nge zwischen den Phasen. Molekulare Methoden verzichten auf die Annahme eines Kontinuums. Statt dessen werden die Eigenschaften durch intra- und intermolekulare Kraftfelder beschrieben. Die Anwendung der verschiedenen theoretischen Methoden wird jedoch dadurch kompliziert, dass sich die polymeren Ktirper u.U. in Nichtgleichgewichtszusthden befinden. Die mechanischen Eigenschaften werden d m sowohl von der thermischen Vorgeschichte des Priiflings als auch von der Art und Geschwindigkeit der Messungen beeinflusst. Dazu kommt, dass viele Messmethoden das Verhalten von Polymeren unter lebensnahen Bedingungen simulieren sollen. Diese Priifverfahren sprechen gleichzeitig auf verschiedene physikalische Phinomene an, z.B. Kombinationen von Zug und Biegung. Damit die erhaltenen Messwerte vergleichbar sind, mussen Priifk6rper und Priifverfahren standardisiert werden. Solche Standards werden von der Internationalen Standardisierungsorganisation (International Standardization Organization, ISO) und vielen nationalen Organisationen erarbeitet, z.B. dem Deutschen Institut fur Normung (DIN), der American Society for Testing and Materials (ASTM) und der British Standards Institution (BSI). Standards variieren jedoch leider haufig von Land zu Land. Ausserdem stellen viele Standards den Benutzern frei, welchen Typ Priikorper oder Messmethode sie wahlen wollen. Da dies wiederum zu unvergleichbaren Messwerten fiihrt, hat man sich beim CAMPUS@-Systemauf noch weitergehende Normierungen geeinigt. CAMPUS@ist eine Abkurzung fiir Computer Aided Materials Preselection by Uniform Standards, ein System von ca. 50 verschiedenen charakteristischen Kennwerten fiir mechanische, elektrische, optische, thermische und rheologische Eigenschaften. Es wurde in Deutschland entwickelt und wird jetzt von uber 25 europaischen, amerikanischen und japanischen Firmen befolgt. Auch bei den CAMPUS-Werten ist jedoch zu beachten, dass viele Kennwerte sich immer auf diejenigen des Prul,flings (der Probe) beziehen und nicht auf die Eigenschaften der Polymeren per se, ganz abgesehen davon, dass man selbst im Idealfall bei Substanzen immer die Eigenschaften von Molekulverbunden misst und nicht die der Molekiile selbst (vgl. aber Kap. 16.4.2). Es ist aus allen diesen Griinden zweckmissig, das Deformationsverhalten von Polymeren in drei Kapiteln zu behandeln. Das vorliegende Kap. 16 bespricht das Verhalten bei sehr kleinen Deformationen (praktisch ideal-elastisches Verhalten), das Kap. 17 die Effekte bei grosseren Deformationen (viskoelastisches Verhalten) und das Kap. 18 das Bruchverhalten von Polymeren.
519
16. Elastizit&
16.2.
Zugversuch
16.2.1. Grundbegriffe Nominelle Zugwerte Die wichtigsten Begriffe, Vorstellungen und Ansitze f i r mechanische Eigenschaften fiihrt man am einfachsten mit Hilfe des Zugversuches ein. des wichtigsten mechanischen Priifverfahrens. Beim Zugversuch werden genormte Priiflinge (E: test specimens) mit einer Ausgangslilnge Lo bei konstanter Geschwindigkeit in longitudinaler Richtung (1 1Richtung) uniaxial zu verschiedenen Lilngen L verstreckt (Abb. 15-3). Die angreifende Kraft F wird fiir Ingenieurzwecke auf die kleinste m g l i c h e Querschnittsfliche A0 des Wflings bezogen und als nominelle Zugspannung 011 = F/Ao angegeben (E: nominal tensile stress, engineering stress). Nominelle Zugspannungen werden als Funktion der Zeit t , des Verstreckungsverhaltnisses 1 = L/Lo (E: draw ratio, strain ratio) oder der Nenndehnung (Dehnung) E = AL/Lo = (L - Lo)/Lo = A - 1 (E: elongation, Cauchy elongation, tensile strain, engineering strain) aufgezeichnet (Abb. 16-1). Das Verstrecken des Wfktirpers auf z.B. die dreifache ursprlingliche L2nge ( L = 3 Lo) produziert also eine Dehnung von E = 2, die meist als 200 % angegeben wird. Ein Elastomer-Priifling wird mit zunehmender Dehnung immer st2rker gel&@, wobei sich der Querschnitt laufend vejiingt. Priiflinge aus Thermoplasten sowie einige Fasem schniiren sich dagegen bei etwas grosseren Dehnungen ein. Diese Halsbildung (E: necking) wird durch kleine Differenzen im Querschnitt des Priiflings erzeugt. An diesen Stellen erhljht sich die Zugspannung, wodurch die Viskositilt sinkt.
150
I
50
0
0.5 ED
1
1-5
2
- &=;I1 = (L-Lo)/Lo +
Abb. 16-1 Verseecken eines Themoplasten sowie resultierende Spannungs-Dehnungs-Kurven,und zwar der Nennspannung q 1 und der wahren Zugspannung q 1'. beide als Funktion der nominellen Dehnung E fiir ein thermoplastisches Polymer mit E = 200 MPa oy = 50 Mpa bei E~ = 0.38 (38 %), und 0~ = 45 Mpa bei 5 = 1,9 (190 %). Die wahre Zugspannung q 1' wurde am der nominellen fur
das Teleskopverhalten des rechtwinkligen priiflings berechnet. - - - Elastomer zum Vergleich. Bei all =A&)(Kunststoff): A = Anfangsasymptote. B = Bruchgrenze, D = Dehngrenze, P = Proportionalitiltsgrenze. S = Sekante. U = untere Streckgrenze, Y = obere Streckgrenze.
520
16.2. Zugversuch
Der Hals wird zunachst an den Einklemmstellen des Priiflings gebildet. Don hemcht die grosste Spannungskonzentration,da die Klemmen auf den F'riifling einen Druck ausiiben. Der durch das Dehnen elzeugte Fluss ruft eine innere Reibung hervor. Am Hals wird als Folge davon die Temperatur erhtiht (bis zu ca. 50 K), was wiederum die Viskosia t emiedrigt und einen weiteren Fluss ftirdert. Da aber eine solche Halsbildung auch unter isothemen Bedingungen beobachtet wird, kann sie nicht prima von der entwickelten Wtime per se stammen. Die Einschniirstelle reist dann weiter den Priifling entlang. Der Hals wird immer lager (Teleskopeffekt); der Querschnitt des Halses bleibt jedoch konstant. Die nominelle Zugspannung erniedrigt sich (Spannungsweichmachung; E: stress softening) oder bleibt konstant (selten), ohne dass wie sonst ublich Wgime zugefiihrt werden muss. Das PhiXnomen wird daher auch kalter Fluss genannt (E: cold flow). Die Halsbildung und der anschliessende Teleskopeffekt erzeugen in der 6 1 1 = f ( ~ ) Kurve ein Maximum mit den Koordinaten Streckgrenze bzw. Fliessgrenze ey (E: yield point) und Streckspannung bzw. Fliessspannung 6 11,y = oy (E: yield stress). Bei amorphen Polymeren treten Streckgrenzen nur unterhalb der Glastemperatur auf, bei kristallinen jedoch zwischen der Glastemperatur und der Schmelztemperatur. (E: elongation at break, Der Priifling bricht schliesslich bei einer Bruchdehnung fracture elongation) und einer Zugfestigkeit oder Reissfestigkeit ag (E: tensile strength at break, fracture strength). Eine Zugfestigkeit ist eigentlich die htichste bei einem Zugversuch beobachtete Zugspannung, also die Zugspannung og beim Bruch oder die Zugspannung oy bei der oberen Fliessgrenze, da auch oy > 0s sein kann. Gewtihnlich ist aber mit "Zugfestigkeit" diejenige beim Bruch gemeint.
Wahre Zugwerte Weder 011 noch E sind wahre Zugwerte. Beim Zugversuch vemngen sich ja die Querschnittsfltiche von A0 auf A , und zwar auch dann, wenn ein Teleskopeffekt abwesend ist. Bei volumen-invarianten Dehnungen bleibt aber das Gesamtvolumen V = A d o = A L konstant. Bei konstanter Kraft F betrxgt die wahre Zugspannung all'folglich
Das Volumen V bleibt jedoch nicht konstant, wenn durch das Verstrecken Hohlraume bzw. Lunker (E: voids) und/oder Crazes bzw. Pseudobriiche (E: crazes) entstehen und/oder Kristallisationen oder Segmentorientierungen erzeugt werden. Auch das Verstreckungsverhalmis E ist nur nominell. Wenn ein Korper kontinuierlich um den Beuag AL verlagert wird und man sich nach A L = AL1 + AL2 diese Verl2ngerung aus zwei Teilbeuagen AL1 und AL.2 zusammengesetzt denken kann, dann betrigt die Gesamtdehnung ~ 1 =2 (AL1+ AL2)/Lo. Dieser Ausdruck ist aber von demjenigen verschieden, der sich f i r zwei stufenweise aufeinanderfolgende Dehnungen ergibt, nmlich ~1 + = (AL1/Lo)+ (AL.2/(Lo+ AL.1)). Wegen ~ 1 f2 ~1 + ~2 kann E = (L - Lo)/Lo nicht die wahre Dehnung E' sein. Die wahre Dehnung (Hencky-Dehnung) ergibt sich vielmehr durch Aufsummieren infinitesimal kleiner Ltingenanderungen pro momentane LiXnge: (16-2)
E'
=
L'
Lo
(dL/ L ) = In (L'/h) = h (1+ E )
521
16. Elastizitat
Spannungsweichmachung Eine Spannungsweichmachung erfolgt durch Scheffliessen, Bildung von Pseudobriichen (Crazes) oder Auftreten von Scherbudem bzw. Schelzonen (Abb. 16-2). Beim Scherfliessen (E: shear flow) verschieben sich lediglich Kettensegmente gegeneinander. Das Volumen des Priiflings bleibt konstant. Falls das Scheffliessen nicht homogen im ganzen Priifling erfolgt, sondem nur lokalisiert (heterogen). treten Scherbhder unter Winkeln von (38-45)" zur Spannungsrichtung auf (E: shear bands). Die Segmente ordnen sich dann unter Winkeln zu den Scherb u d e m und der Spannungsrichtung an. Bei diinnen Filmen beobachtet man entsprechend Scherzonen (E: shear zones). Pseudobruche bzw. Crazes (E: crazes) sind bis zu 100 pm lang und bis zu 10 pm breit. Ihre Liingsachsen sind rechtwinklig zur Spannungsrichtung. Sie sind keine Risse und weisen daher auch keine echten Hohlaume auf. Im Innem der Crazes befinden sich vielmehr amorphe Mikrofibrillen von ca. (0,6-30) nm Durchmesser, die mit der restlichen Matrix verankert sind. Die Mikrofibrillen liegen in Spannungsrichtung und daher rechtwinklig zu den Lugsachsen der Crazes (Kap. 17.3.1). Da die Abmessungen der Crazes grosser als die halbe Wellenluge des Einfallslichtes sind (0,4 pm bis 1,l pm) und sich die Brechungsindices der Matrix, der Mikrofibrillen und der Luft unterscheiden, beobachtet man eine intensive Lichtstreuung und damit eine Weissftirbung des Priiflings. Dieser Weissbruch (E: stress whitening) wird entgegen seinem Naxnen nicht von einem Bruch des Priiflings begleitet. Beim weiteren Dehnen entstehen mehr und mehr Crazes. Die zunehmende ZahI der Mikrofibrillen erhoht den Widerstand gegen Deformationen. Die nominelle Zugspannung durchliiuft ein Minimum und nimmt dann durch die einsetzende Spannungsverhartung (E: stress hardening, strain hardening) wider zu (Abb. 16-1).
Scherzonen
Crazes
Scherbhder
Abb. 16-2 Mikrodeformationen in Polymeren. Die Pfeile geben die Richtungen der Spannungen an.
16.2.2.
Hooke'sches Gesetz
Das longitudinale Dehnen eines isotropen Stabes der L u g e Lo und Querschnittsflache A0 erfordert eine Krafi F. Die Lugenuderung AL = L -Lo ist bei sehr kleinen Belastungen sowohl der antkglichen L a g e Lo als auch der Kraft F proportional. Die L a genaderung ist femer reziprok proportional der anfaglichen Querschnittsfliiche Ao:
Das Einfiihren der Dehnung E = U / L o und der Zugspannung 01 1 = F/Ao fiihrt zum Hooke'schen Gesetz, welches ein Grenzgesetz fir verschwindend kleine Dehnungen ist: (1 6-4)
01 1 = EE= (~ / D ) E
522
16.2. Zugversuch
Die Proportionalitltskonstante const = D in G1.(16-3) ist die Zugnachgiebigkeit (E: tensile compliance). Ihr Kehrwert 1/D ist bei statischen Deformationen isorroper Korper der Zugmodul E, gewohnlich Elastizitatsmodul genannt (vgl. aber unten) (E: tensile modulus, Young's modulus, modulus of elasticity; L: modulus = kleines Mass, Diminutiv von modus = Mass). Im Grenzfall verschwindend kleiner Dehnungen ist die nominelle Zugspannung 6 1 1 der nominalen Dehnung E direkt proportional. Die Proportionalitatsgrenze (E: proportionality limit) ist jedoch nur schwierig zu ermitteln. Der Zugmodul wird daher oft als Sekante ermittelt. z.B. vom Ursprung des Koordinatensystems bis zur Dehngrenze (E: elasticity limit). Die Dehngrenze ist bei Kunststoffen als die nach dem Entfemen der Spannung verbleibende Dehnung von 0,Ol % definiert. Bei den CAMPUS@-Daten von Kunststoffen bezieht sich der Zugmodul auf die Sekante zu Dehnungen zwischen 0,OS % und 0,25 %, bei Elastomeren hlufig auf die Sekante zu 100 % oder 300 % Dehnung (100 %-Modill, 300 %-MOdul). Beim statischen tangentialen Scheren isotmper Korper sind entsprechend Scherspannung a 2 1 = z und elastische Scherverformung 'ye durch den Schermodul G (E: shear modulus) bzw. die reziproke SchernachgiebigkeitJ (E: shear compliance) verkniipft (s. Kap. 15.1). Die durch einen statischen allseitigen Druck p erzeugte Kompression AVWo isotroper Korper wird durch den Kompressionsmodul K (E: bulk modulus) bzw. die reziproke Kompressionsnachgiebigkeit B (E: bulk compliance) charakterisiert: Moduln
Nachgiebigkei ten
Zugmodul E =o~~JE Schermodul G = 021/~e Kompressionsmodul K = p/(- AVIV,)
Zugnachgiebigkeit Schemachgiebigkeit
D = 1JE J = 1/G Kompressionsnachgiebigkeit B = 1/K
Sowohl E als auch G und K charakterisieren die ElastizitAc in bestimmten Fglen konnen sie auch ineinander umgerechnet werden (Kap. 16.2.3). Da alle drei Grossen Elastizitiitsmoduln sind, ist es zweckmitsig,E nicht als "ElastizitAtsmodul",sondern als Zugmodul zu bezeichnen. Der Schermodul G wird oft auch "Torsionsmodul"genannt, was fiir die einfache Scherung etymologisch inkorrekt ist, da das lateinkche Wort torqcre nicht "scheren" bedeutet, sondern "verdrillen" (Abb. 15-1). Beim Verdrillen eines transversal isotropen K o p r s um die ausgezeichnete Lhgsachse ist allerdings der Modul rechtwinklig zur Ungsachse ein Schertorsionsmodul(Kap. 16.2.3). Kompressionsnachgiebigkeiten oder Kompressionsmoduln werden auch als KompressibilitAtenbezeichnet Die Symbole K undB sind in der Literatur oft vertauscht "Komplianz" anstelle von "Nachgiebigkeit" ist im Deutschen ungebriluchlich.
16.2.3.
Poisson-Zahl
Beim Deformieren kann ein Korper sein Volumen entweder beibehalten oder a d e m . Falls es sich tindert, kann es beim Komprimieren nur abnehmen und beim Dehnen nur zunehmen. Im letzteren Falle wird bei einem quadratischen Zylinder die urspriingliche L h g e Lo um AL vergrossert und die urspriinglichen Durchmesser do in den beiden Quenichtungen um je Ad vemngert. Das Volumen nimmt somit um einen Betrag AV zu: (16-5)
AV = (do - Ad)2(Lo + AL)- do2Lo = do2AL. - 2 A d d d o + [(Aa2Lo + do2AL - 2 doAdAL + (Ad)2AL]2
523
16. Elastizitiit
Die in eckigen Klammem stehenden htiheren Glieder werden vemachl2ssigt und man eAUt AV = d$AL - 2 Adddo. Einfiihren der Dehnung e = (L - Lo)/Lo und des Hookeschen Gesetzes E = q1/E liefert die relative Volumenihderung:
Die relative Querkontraktion p = (Ad/do)/(AL/Lo) ist die Poisson-Zahl (E: Poisson ratio, relative strain contraction). Wie aus der Ableitung hervorgeht. gilt sie nur fiir sehr kleine Deformationen. Sie ist also streng genommen keine Konstante. Bei einem allseitig unter Druck stehenden Ktirper wird die Spannung 011 negativ und dreimal so gross wie der Druck p. Einsetzen von 611 = - 3 p und des Kompressionsmoduls K = p/(-AV/Vo) in die G1.(16-6) fiihrt zu (16-7)
E = 3 K ( l - 2 ~ ) = 2 G ( l + p ) ; p=-- 3 K -E 6K
-
3K-2G 2(3K+G)
wenn alle Parameter konstant und unabhugig von der Deformation, den Volumenihderungen und der Spannungsrichtung sind. Die in GL(16-7) mil aufgenommene Beziehung zwischen dem Zugmodul E und dem Schermodul G ist etwas komplizierter abzuleiten (s. Lehrbiicher der Physik) und wird darum hier nicht wiedergegeben. Die Poisson-Zahl isorroper Kiirper kann nach G1.(16-7) nur zwischen 1D (wenn E = 0 oder G = 0) und -1 (wenn K = 0) variieren. Der obere Grenzwert von p = 1/2 wird bei volumenkonstanten Verformungen (AV = 0) mit Querkontraktion (d # 0) erreicht (Gl.(l6-6)). Beispiele sind Fliissigkeiten wie Wasser oder Quecksilber oder auch hochgequollene Gele (Tab. 16-1). Wenn keine Querkontraktion auftritt (Ad = 0) wird nach G1.(16-6) auch p = 0. Dieser Spezialfall tritt theoretisch bei allen idealen energie-elastischen Festktirpem auf. Beispiele sind Diamant, Graphit und Al203-Fasem. Stahl ist dagegen nicht als vtillig energieelastisch anzusprechen (Tab. 16-1). Polymere verhalten sich im isotropen Zustand in Bezug auf die Poisson-Zahl und die drei Moduln E. G und K eher wie viskose Fliissigkeiten 01 + 11'2) und weniger wie elastische Festktirper (p + 0). G1.( 16-7) gilt nicht fiir Messungen unter verschiedenen Beanspruchungszeiten, da dann viskoelastische Anteile merklich werden (Kap. 17). Sie gilt auch nicht fiir anisotrope Polymere, also z.B. nicht fiir semikristalline Thermoplaste, orientiene Priiflinge, Fasem oder faserverstgrkte Polymere. Die Poisson-Zahlen misotroper Ktirper sind in den drei Raumrichtungen verschieden. p betragt 2.B. beim kristallinen Polyb-phenylenterephthalat) 0.31 in [ 100]-Richtung, 0.20 in [OlOl-Richtung und 0.24 in [IlOI-Richtung. Anisotrope Ktirper ktinnen Poisson-Zahlen von mehr als 1/2 aufweisen. z.B. p = 1 bei einem orthogonal gewebten Tuch in 45O-Richtung zu Kette und Schuss und auch von weniger als - 1 (Tab. 16-1). Bei Polymeren ist im Allgemeinen der Kompressionsmodul K gr6sser als der Schermodul G (Tab. 16-1). Einer Kompression wird somit der grossere Widerstand entgegengesetzt und die Polymeren deformieren sich in erster N ~ e r u n ghauptsichlich durch Scheren. Bei Elastomeren, Thermoplasten und Duromeren ist also der Schermodul G der wichtigste Modul, gefolgt vom Kompressionsmodul. Der Zugmodul ist dagegen keine fundamentale Gr6sse.
524
16.2. Zugversuch
Tab.16-1 Dichten p. Poisson-Zahlen p, Zugmoduln E, Schermoduln G und Kompressionsmoduln K bei Raumtem ratur. Sofem nicht anders angegeben, sind alle Moduln experimentelle Werte. It In Fasemchtung; a6ricalciumsilicathydrat.
Material
plkcm”)
Theoretischer oberer Grenzwert (exakt) WW(4Oc) Naturgummi GelatineGel(80 % Wasser) Quecksilber Poly(ethylen), niedrige Dichte Polyamid 6,6 Poly(styro1) Aluminium Eis (-4°C) Granit Stahl (v2A) Glas @-Glas)
Beton Qllarz Poly(ethylen), Gittermodul (It) Poly(styro1)-Schaumstoff Kork Graphit (in Schichtrichtung) D h a n t , [110]-Richtung A1203-Fasem(11) K(kperohne Querkontraktion P y n Einkristall ~ IsotropeMaterialien (unterer Grenzwert) Poly(ethylen), UHMW, mikroporos Poly(tetrafluorethylen),mikroporos
P 1/2 = 0.50
1,OOO 0,92 1,Ol 13,59 0,92 1,14 1,05
2,702 0,917 7,86 2,54 2,61a) 2,65
1,oo
< 0,25 2,25 3,515 3.97
0,4999 0,50 0,50 0,49 0,44 0.38 0,34 0,33 0.30 0.28 0.23 = 0,lO 0,07
0,03 0,oo 0 0 0 0 - 0,14 -1 > - 1,2 >-12
G/GPa 0 0 0.00035
0 0,070 0.70 12 27 3,7 12 80 25
K/GPa
Do
2,04 2 25 3,3 5,1 5 ,O 75 10,0 25 170 37
47
39
500
333
loo0 El2
667 E/3
E/GPa 0 =O 0,001 0,002 =O 0,20 1.9 3,4 72 9.9 30 195 72 34 101 354
1000 1160 2000 0
Wie man n2mlich durch Einsetzen des Ausdrucks fiir p in E = 3 K(l - 2 p ) sieht. kann der Zugmodul durch die beiden anderen Moduln ausgedriickt werden: (16-8)
31E = 11G + 110 K )
In der Praxis wird jedoch hauptsachlich der Zugmodul gemessen, weil der Kompressionsmodul nur schwierig zugbglich ist. Der Zugmodul ist femer der wichtigste Modul fiir hochorientierte (d.h. wenig scher- und komprimierbare) Fasem. Der relative Einfluss der Kompressions- und Schemoduln auf die Verformbarkeit wird bei theoretischen Betrachtungen oft durch die Lame-Konstante A erfasst:
(16-9)
2= A=K--G 3
EG-2G2 - 9 K 2 - 3 K E - 3--p K --=2pG 3G-E 9K-E l + p 1-2p
PE (1+~)(1-2~)
Anders als bei isotropen Korpem sind bei anisotropen Korpem die drei Moduln E , G und K nicht gleichwertig. Bei isotropen Klirpem fiihrt n-lich die Dehnung in einer Raumrichtung zu gleichanigen Spannungen in den beiden anderen Richtungen. nicht jedoch bei anisotropen. Diese Spannungen werden durch eine Kompression undloder eine Scherung aufgeltist.
525
16. Elastizitat
16.2.4.
Prufmethoden
Moduln sind mit makroskopischen oder mikmskopischen Methoden messbar. Zu den makroskopischen Methoden z m e n der Zugversuch und der Biegeversuch. Mikroskopische Methoden bestimmen die sog. Gittermoduln, z.B. durch R6ntgenbeugung. RamanStreuung oder kohgrente inelastische Neutronenstreuung. Moduln ktinnen femer rnit verschiedenen Methoden theoretisch berechnet werden.
Zugmoduln Beim Zugversuch wird an einen Priifk6rper eine Spannung angelegt und die resultierende Lilngenilnderung gemessen. Die Anfangsneigung der Funktion d = AE)entspricht bei isotropen K6rpem dem Zugmodul E. Bei anisotmpen Ktirpem liefert sie den longitudinalen Zugmodul Ell, wenn die angelegte Spannung parallel zur Vorzugsachse des Materials ist, z.B. der Kettenachse von Polymermolekiilen. Um vergleichbare Daten zu bekommen, sind die Priiflinge und die Priifbedingungen genormt. Bei Kunststoffen werden z.B. nach IS0 rechteckige Priiflinge mit genormten Abmessungen verwendet, altemativ auch genormte hantelfiirmige. Die erhaltenen Werte sind in der Regel Werte des Priiflings und nicht des Materials. Zugmoduln hiingen z.B. bei isotropen Kunsrsroffeen nicht von der Gestalt des Priiflings ab, WONaber bei anisotmpen (Abb. 16-3). Das Einklemmen des Priiflings in die Halterungen der Zugmaschine erzeugt nihlich in der Nfie der Klammem zusgtzliche Spannungsverteilungen, die sich bei anisotropen K6rpem erst iiber weit griissere Distanzen ausgleichen als bei isotropen. Bei kleinem Kantenverhllltnis L/d erhlllt nur ein Bruchteil des Querschnitts die volle Last. Aus diesem Grunde ist es auch vorteilhafter, mit hantelf6rmigen Priiflingen statt mit rechteckigen zu arbeiten.
t
41
Poly(styro1)-
block-Poly(butadien)block-Poly (styro 1)
I 1 A
0
50
100
150
200
150
200
1
I30
0
50
100 -Lfd
+
Abb. 16-3 Prilfwerte anisotroper Polymerer als Funktion des Kantenverhaltnisses Lld von Stilben [l]. Oben: Schermodul G eines Poly(styrol)-block-Poly(butadien)-block-Poly(styrol)s mit hexagonal angemheten,zylindrischen Poly(styrol)-Dom2nenin einer kontinuiwlichenPoly@utadien)-Matrk. Unten: Zugmodul E eines bis zu einem Verstreckungsverhiilmis von 28 gezogenen Filmes aus einem semibistallinenPoly(ethy1en). Der Zugmodul wird erst bei L/d > 100 konstant Die fiir Zugversuche iiblichen rechteckigen Priiflinge weisen dagegen meist L/d < 8 auf. Mit freundlicherGenehmigung von Elsevier Science, Oxford.
526
16.2, Zugversuch
Der Elastizitiitsmodul eines stark onentierten Hochmodul-Poly(ethy1en)s nimmt z.B. erst nach Verhtiltnissen L/d > 100 den wahren Wert an (Abb. 16-3). Umgekehrt sinkt der Schermodul eines Dreiblock-Polymeren aus Styrol- und Butadien-Einheiten zunachst ab und wird dann erst konstant. Die wahren Moduln E lassen sich dabei oft durch Extrapolation der reziproken, bei kleinen Verfonnungen gemessenen Moduln E L auf eine unendliche L2nge erhalten, z.B. nach EL = (1/E)+ const (W). Fasern sind sehr lang verglichen zum Durchmesser. Bei ihnen spielt das Verhtiltnis L/d keine Rolle, wohl aber der Faserdurchmesser d . Je nach dem Spinnverfahren variiert n h l i c h sowoN der Faserdurchmesser innerhalb einer Faser als auch von Faser zu Faser. Dickere Fasern weisen gr6ssere Oberflachen auf, was zu stirkeren Oberfliichenfehlern (z.B. Porositaten) und bei bestimmten Verfahren auch zu einem Gradienten der chemischen Zusammensetzung vom Innern zur Oberflache fuhren kann. Die Moduln und Zugfestigkeiten nehmen daher mit abnehmendem Faserdurchmesser zu, und zwar besonders ausgepriigt bei anorganischen Hochmodul-Fasem (Abb. 16-4) und schwacher bei organischen Fasem.
6
\
Y
10
20
100
40
- d/pm
-B
n
0 11
0
20
40
60
- d/Hm +
80
100
Abb. 164 Abhwgigkeit der longitudinalen Zugmoduln Ellund der Reissfestigkeiten ag vom Durchmesser d von Si,NyC,-Fasem. Nach Daten von [2]. Zugversuche sind Kurzzeit-Tests. Die Priifwerte h a g e n teilweise noch von der Geschwindigkeit bzw. Zeit oder Frequenz ab. IS0 527 und CAMPUS@ schreiben z.B. die folgenden Geschwindigkeiten fiir Kunststoffe vor: 1 mm/min bei Zugmoduln, 5 mm/min bei Zugfestigkeiten (Reissfestigkeiten) und Bruchdehnungen und 50 mm/min fiir Streckgrenzen und Streckdehnungen (Punkt Y in Abb. 16-1). Da Zugmoduln E aus den Anfangssteigungen von 011 = F/Ao =A&)bzw. F =A&)berechnet werden, sind sie praktisch nicht geschwindigkeitsabhagig und somit wahre Materialkonstanten. Oberhalb der Proportionalitatsgrenze, bei der Spannung und Dehnung nicht mehr direkt proportional sind, kiinnen sich jedoch die Funktionen 011 =A&)bzw. F =f(&) sehr unterscheiden (Abb. 16-5). Je grijsser die Zuggeschwindigkeit E , umso weniger lasst sich das Polymere dehnen. Eine Verstreckung vor dem Zugversuch setzt die Dehnbarkeit noch weiter herab. Die Zuggeschwindigkeit hat demgemass nur einen geringen Einfluss auf den Zugmodul, einen massigen auf die Dehnbarkeit und einen starken auf die Bruchspannung.
527
16. Elmtizitdl OOO 80000 80000 8000 10 1 0.1 + i l ( % s s - ' ) 0 0 0 0 +u,/(Ntex-*) 0 0.02
8
,2
,
I
I
I
,
2
V .
10
0
20
30
40
-E l % +
50
60
70
Abb. 16-5 Einfluss der Zuggeschwindigkeit t auf die Abhagigkeit der Zugkraft F von Multifilamentgarnen aus Poly(ethy1enterephthalat) von der Dehnung E Messungen bei Raumtemperatur. Die Game wurden teilweise bei 220°C bei verschiedenen Vorspannungen oSthermofiiiert [3].
Biegemoduln Zugmoduln k6nnen im Prinzip auch durch Biegemessungen ermittelt werden. Bei Biegungen greift die Kraft z.B. einseitig an dem freien Ende eines einseitig angespannten K6rpers an (1-Punkt-Messungen) oder in der Mitte eines auf zwei Punkten aufgelegten Wflings (3-Punkt-Messungen). Bei 3-Punkt-Biegungen ist die Deformation komplizierter als bei Dehnungen oder Kornpressionen. da die konvexe Seite des Kdrpers oberhalb der sog. neutralen Achse gedehnt und die konkave Seite unterhalb dieser Achse zusammengedriickt wird (Abb. 166). Bei rechteckigen Priiflingen der Dicke d und Breite b treten an der oberen Seite entlang der Spannweite L maximale Spannungen und Dehnungen auf. Die maximale Spannung betragt Umax = (3 FL)/(2 bd2) und die maximale Dehnung emax = 6 &f/L2,wobei F die am Mittelpunkt angreifende Kraft ist und 6 die Durchbiegung. Der Biegemodul E f ergibt sich demnach zu E f = Uma/Emax = (Ft3)/(4bd3s). Der so berechnete Biegemodul Ef (E: flexural modulus) sollte mit dem Zugmodul E identisch sein, was meist fiir amorphe Polymere zutrifft (Abb. 16-7). Bei semikristallinen Polymeren ist jedoch oft Ef/E > 1 fiir E < 1 GPa, aber EflE < 1 fiir E > 1 GPa.
\
'.,
I
M '*,
I
IR
L '*,
,' I'
I '*,
,ah
'.'.'y#'
',
; ' ;
I
I I I
a'
#'
Abb. 16-6 Biegung rechteckiger K6rper mit der Breite. b und der Dicke d durch angreifende KPAfte + bei der 3-Punkt-Merhode. Das Biegemoment M verbiegt den Klirper um die neutrale Achse N zum Sektor eines Ringes mit dem Radius R, wenn die Spannweite L vie1 grlisser ds die Dicke d ist (ca.Lld >> 16). Die Verbiegung beMgt 6.
528
16.2. Zugversuch
Moduln aus Schallgeschwindigkeiten In einem Priifling ktlMen elektrodynamisch longitudinale Oszillationen erzeugt werden, wobei die Frequenzen so variierbar sind, dass stehende Wellen entstehen. Die Spannungswellen pflanzen sich rnit einer Schdlgeschwindigkeit Y fort, die sich aus der Wellenlhge I der stehenden Wellen. der eingestrahlten Frequenz v, der Liinge L des Priiflings und den ganzen Zahlen N = 1, 2, 3 ... zu v = I v = 2 Lv/N berechnet. Der Modul ergibt sich angen2hert zu E = p$. Fur exakte Auswertungen muss noch der Einfluss der geomeuischen Dimensionen auf die Geschwindigkeit beriicksichtigt werden.
Gittermoduln Zug- und Biegemoduln sind zwar Materialkonstanten, ktiMen jedoch nicht direkt mit Molekiilparametem korreliert werden. Bei amorphen Polymeren liegen z.B. die Kettenatome ungeordnet vor. Selbst bei semikristallinen Polymeren sind die Segmentachsen weitgehend statistisch im Raum verteilt. Die angreifende Kraft wird daher nicht gleichmZissig auf alle Kettenatome ubertragen, sondem nur auf einige wenige. Die makroskopisch durch Zugspannungs-Dehnungs-Messungenan konventionell verarbeiteten Polymeren ermittelten Zugmoduln sind weit niedriger als die theoretischen (Kap. 16.3.5); sie sind weder mit den Steifheitskonstanten noch mit den Nachgiebigkeitskonstanten direkt verknupft. Bei orientienen Polymeren werden hohere Zugmoduln als bei konventionell verarbeiteten Polymeren beobachtet frab. 16-1). Diese Moduln sind jedoch immer noch niedriger als die theoretisch berechneten (vgl. Poly(ethy1en) in den Tab. 16-1 und 16-5). Man kann jedoch die Elastizititsmoduln semikristalliner Polymerer auch "mikroskopisch ermitteln, z.B. durch RBntgenbeugung. Bei dieser Methode misst man die Anderungen A0 der Bragg-Winkel ausgewmter Reflexe (Atomabst2nde) beim Anlegen einer Kraft F pro Querschnittsfliche A0 der Probe. Die makroskopische Spannung 011 = F/Ao wird als gleich gross wie die mikroskopische Spannung an den Gitterpunkten angenommen. Der Zugmodul ergibt sich dem Hooke'schen Gesetz zu E = u11/&,wobei die Dehnung E = Ad/d = - cot e/A0 aus dem Bragg'schen Gesetz (GL(7-1)) 2d sin 8 = &-J berechnet wird. Mit dieser Methode sind die Zugmoduln Ell parallel und E l senkrecht zur Kettenachse ermittelbar (Tab. 16-5). Die so erhaltenen Moduln werden auch als Gittermoduln bezeichnet (E: lattice moduli). Bei dieser Methode ist kritisch, wie die angelegte Spannung ubertragen wird. Wenn die beobachteten Zugmoduln unabh2ngig von der thermischen und mechanischen Vorgeschichte der Proben sind, kaM man annehmen, dass sich die angelegte Spannung homogen uber die kristallinen und amorphen Bereiche verteilt. Bei einigen Polymeren wurde jedoch gefunden, dass sich die Moduln Ell stark rnit der Temperatur und dem Verstreckungsgrad Udem (Abb. 16-7). Sowohl bei sehr tiefen als auch bei sehr hohen Temperaturen sind die Moduln unabhmgig von der Temperatur und dem Kristallinititsgrad; hier muss die Spannungsverteilung in der Tat homogen sein. Bei tiefen Temperaturen werden die Gittermoduln Ell beim Poly(ethy1en) mit dem theoretischen Modul E33 in Kettenrichtung identisch. Der experimentelle Gittermodul des Poly(oxyethy1en)s ist aber selbst bei -160°C immer noch vie1 Weiner als der theoretische Modul. Altemativ kann man Gittermoduln auch mit der Raman-Spektroskopie oder der kohiirenfen inefastischen Neufronenstreuung ermitteln. Beide Methoden messen die Geschwindigkeit eines Photons in den kristallinen Bereichen. Bei Paraffinen beobachtet
529
16. Elastizitdl
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -120 -80 -40 0 A0 - TI0C +
-160
Abb. 16-7 Abhhgigkeit der Gittermoduln Ell von der VerstreckungstemperaturT bei verschiedenen Vmtreckungsgrarlen a als Mass fiir die Kristalliniw [4]. man z.B. fiir Paraffine H(CH2),H im Bereich niedriger Frequenzen des Raman-Spekt m s eine Reihe von Banden, deren Schwingungsfrequenzen v systematisch mit steigender L a g e L des Molekiils abnehmen. Im Grenzfall langer elastischer Sabchen wird v = (1/2L)(Ell/p)lM.Diese "Sabchen" sind jedoch bei semikristallinen Polymeren die endlich langen Stiimme in Faltenmizellen (Abb. 7-11). Man erhat somit in der Regel zu hohe Gittermoduln Ell, beim Poly(ethylen) z.B. Ell = 368 GPa. Wird fiir L die L a g e des Knstallitstammes von Faltenlamellen (Abb. 7-15) eingesetzt. so emiedrigt sich Ell auf ca. 285 GPa. Bei der sehr aukendigen kohdrenten inelastischen Neutronenstreuung ermittelt man die Beziehungen zwischen der Frequenz und der Dispersion des Phasenwinkels sowohl in Kettenrichtung als auch senkrecht dam. Mit der Beziehung E = pv2 erh2lt man aus den Photonengeschwindigkeiten v die Gittermoduln Eli und E l .
16.2.5.
Einteilung von Polymeren
Polymere vernalten sich beim Zugversuch sehr unterschiedlich. Die Zugspannungen von Elastomeren nehmen mit zunehmender Dehnung zunachst schwach und dann immer sarker zu, bis der Priifling schliesslich bei hohen Dehnungen reisst. Der Grund ist, dass bei den sich ja oberhalb der Glastemperatur befindenden Elastomeren zunachst Mikrokonformationen in Mikrokonformationen mit zunehmend htiherer Energie umgewandelt werden. Zum weiteren Dehnen der zwischen zwei Vemetzungspunkten fast v61lig gestreckten Netzketten muss dann die sehr hohe Bindungsenergie uberwunden werden, wobei die Netzketten reissen. Bei thermoplastischen Elastomeren bestehen die Vemetzungs"punkte" aus gr6sseren Dom2nen (Kap. 8.5), die sich unterhalb der Glastemperatur befinden. Beim Dehnen werden zwar ebenfalls die Mikrokonfonnationen der Netzketten zwischen den Domhen umgewandelt. Da aber die Domiinen anders als die Vemetzungspunkte von Elastomeren durch sehr viele Netzketten miteinander verbunden sind, steigt die Zugspannung mit zunehmender Dehnung zunachst etwas st2rker und dann nur nur schwach an (Abb. 16-8).
530
16.2. Zugversuch
PS-K
1 PS-D E
'0
0
50
100
150
- I@& +
10
20
200
HIPS 30
40
250
Abb. 16-8 Zugspannungs-Dehnungs-Verhalten von Polymeren bei Raumtemperatur. u = Unverstreckte Folie, str = Folie vor dem Zugversuch biaxial verstreckt. 0 Bruch, + weitere Dehnung. PC = Bisphenol A-Polycarbonat PE-HD = Poly(ethy1en)hoher Dichte PF = vemetztes Phenol-Fmaldehyd-Han PET = Poly(ethy1enterephthalat)-Folie POM = Poly(0xymethylen) PTFE = Poly(temfIuorethy1en) (Teflon) SBS = Poly(styrol)-6fock-Poly(butadien)-6~ock-Poly(s~ol) (thermoplastischesElastomeres) und beim Komprimieren (PS-K)im Einblendung: Verhalten von Poly(styro1) beim Dehnen (PS-D) Vergleich zu einem hochschlagziihen. kautschukverstilrktenPoly(styr01) HIPS. Bei vielen Thermoplasten liuft dagegen die Zugspannung mit steigender Dehnung zuerst durch ein Maximum, die StreCkSpaMUng (Abb. 16-8: POM, PC, PET-u. PE-HD). Sie fXUt dann ab und steigt anschliessend wieder an, bis sie bei einer Bruchdehnung die Zugfestigkeit ag erreicht. Einige andere Thermoplaste (z.B. unverstrecktes Poly(styrol)) und praktisch alle Dumplaste (z.B. PF) brechen mit einer Reissfestigkeit OR bei einer Reissdehnung Q, bevor die Zugspannung ein Maximum erreicht. Die Zugspannung vorversmckter Polymerer weist oft nach einem steilen Anstieg ein ausgedehntes Plateau auf, dass dann wieder in in einen steilen Ansteig ubergeht, z.B. bei PET-Folien. Das Zugspannungs-Dehnungs-Verhaltenwird auch durch die Art und Weise der Deformation beeinflusst. Poly(styro1) erscheint im Zugversuch als steifes, spr6des Material, da es unter diesen Bedingungen Crazes ausbildet. Beim Komprimieren werden dagegen keine MikrohoNraume erzeugt und Poly(styro1) verhilt sich nunmehr steif-duktil. Gem2ss ihrem Zugspannungs-Dehnungs-Verhalten bei der betrachteten Temperatur teilt man Polymere gewohnlich in vier bis sechs Klassen ein (Tab. 16-2). Tab. 16-2 Einteilung von Polymeren nach dem Zugspannungs-Dehnungs-Verhalten(s. Abb. 16-8). Kmekte Klasse
Konventionelle Klasse
(E: rigid-bride) steif-fest (E: rigid-strong) steif-duktil (E: rigidductile) weich-fest (E: soft-strong) weichduktil (E: softductile) weich-elastisch
hart-spriid (E: hard-brittle) hart-fat (E: hard-strong) hart-& (E: hard-tough) weich (E: soft-strong) weich-ziih (E: soft-tough) weich (E: soft-weak)
steif-spriid
E gross
oy -
gross gross gross gross klein klein klein klein klein -
EB
Beispiele
klein klein
PS, PF PMMA POM, PC PTFE PE-LD SBS
gross
klein gross gross
53 1
16. Elastizitdt
t k w
\
109 107
I Id Id 50
100
150
-T I T
200
250
300
-b
Abb. 16-9 Temperaturabhibgigkeit der Zugmoduln eines amorphen, ataktischen. linearen Poly(styml)s (at-PS), seines leicht vemetzten Pmdukts (at-PS-X). eines semikristallinen isotaktischen Poly(styr0l)s (it-=) und eines stark vemetzten Phenol-Formaldehyd-Hams(PF). GL = Glaszustand, LE = lederartiges Verhalten. ES = elastomeres Verhalten, EF = elastomeres Fliessen, VF = viskoses Fliessen. TG = Glastemperatur, TM = Schmelztemperatur.
- Die Steifgkeit wird durch den Elastizit2tsmodul bestimmt: steife Polymere (E: rigid polymers) besitzen einen hohen Elastizit2tsmodul. Die konventionelle Bezeichnung "hart" fiir diese Polymeren sollte wegen der Verwechslungsgefahr rnit der Oberflkhenh2rte vermieden werden. Polymere mit E > 700 MPa sind steif, mit 700 2 E MPa 2 70 halbsteif (E: semirigid), und mit E < 70 MPa weich (E: non-rigid, soft; ASTM). - Das Spannungs-Dehnungs-Verhalten zwischen der Streckgrenze .cy und der Bruchdehnung EB kontrolliert die Spr6digkeit ('Zihigkeit"). Polymere ohne Streckgrenze fliessen nicht. Sie absorbieren daher keine Energie und sind sprode (E: brittle), bei Kunststoffen definitionsgemtiss bei EB < 20 % (in den USA bei a c 10 %). Polymere rnit grosser Streckspannung q sind fest (E: strong) bei geringer Spannungsweichmachung und duktil (E: ductile) bei grosser. Duktile Polymere sollten nicht als ztih (E: tough) bezeichnet werden, da "ZWdas Vernalten gegen einen Schlag charakterisiert. Diese Einteilung gilt nur f i r Standardpriifbedingungen. Jedes Polymere kann sich n3mlich je nach Temperatur und Beanspruchungsgeschwindigkeitsprdde oder duktil, fest oder weich, und steif oder elastisch verhalten. Das allgemeine Erscheinungsbild wird nicht von der chemischen und physikalischen Struktur per se bestimmt, sondem von der relativen Beweglichkeit der Kettensegmente. Die Segmentbeweglichkeith2ngt aber von der Priiftemperatur, dem Deformationstyp und der Priifgeschwindigkeit ab. Poly(styro1) erscheint beim Zugversuch wegen der Craze-Bildung als steif-spr(ld. bei der allseitigen Kompression dagegen als steif-duktil (Abb. 16-9, Einblendung). Bei sehr schnellen Dehnungen, tiefen Temperaturen und grossen Zugspannungen sind alle Polymeren steif, bei sehr langsamen Dehnungen, hohen Temperaturen und kleinen Zugspannungen dagegen weich (Abb. 16-5). "Hoch und "tief' bezieht sich dabei nicht auf den Temperaturwert per se, sondem auf die Lage der Messtemperatur T relativ zur Glastemperatur TG (Abb. 16-9). Nur Vemetzungen liefem femer brauchbare Zugeigenschaften: chemische bei Elastomeren und Dumplasten, physikalische bei thermoplastischen Elastomeren durch Domaen sowie bei Thermoplasten durch Verhakung.
532
16.3. Energie-Elastizittit
Die Zugmoduln E amorpher Thermoplaste weisen Werte von ca. lo9 < E P a < l O l 0 auf. Unterhalb der Glastemperatur TG sind sie praktisch temperaturunabhagig. Bei der Glastemperatur sinken dann die Moduln in einem recht engen Temperaturbereich auf ca. 105-106Pa ab (Abb. 16-9). In diesem Bereich verhalten sich amorphe Polymere lederartig. Der folgende Bereich h a g t davon ab, ob die Ketten verhakt sind oder nicht. Bei Polymeren mit Molmassen oberhalb der kritischen Molmasse fir eine Verschlaufung schliesst sich ein Bereich ziemlich temperaturunabh2ngiger Moduln von (16- loa) Pa an, in dem sich die Polymeren wegen der physikalischen Vemetzung wie Elastomere verhalten. Dieser gummiartige Bereich ist bei hohen Molmassen breit, bei Molmassen unterhalb M e dagegen nicht vorhanden. In dem darauf folgenden Temperaturbereich sinken die Moduln langsam weiter ab; die Polymeren verhalten sich hier wie hochz2he (gummiartige) Flussigkeiten. Schliesslich werden Moduln von ca. lo3Pa erreicht und die Polymeren erscheinen nun als viskose Fliissigkeiten. Chemisch leichr vernerzre Polymere weisen ebenfalls eine Glastemperatur auf. Bei Temperaturen T < TG besitzen sie W i c h hohe Moduln wie Thermoplaste. Bei T > T c zeigen sie bei den typischen Anwendungstemperaturen aber ein elastomeres Verhalten. Da die verh3ltnismlssig langen Netzketten zwischen den Vemetzungsstellen sich zwar deformieren klinnen, aber nicht wegfliessen, besitzen die Moduln bei T > TG ein breites Plateau. Bei noch hliheren Temperaturen beginnen sich die Elastomeren chemisch zu zersetzen und der Elastizitltsmodul sinkt schnell ab. Chemisch stark vernetzre Polymere (Duroplaste) haben sehr hohe Moduln. unterhalb der Glastemperatur meist etwa eine Zehnerpotenz hdher als amorphe Thermoplaste. Da die Netzketten sehr kun. sind und sich nicht gut bewegen khnen, ist die Glastemperatur der meisten Duroplaste nur schwach ausgepragt. Oberhalb der Glastemperatur verhalten sich Duroplaste etwas lede-ich. Das gummi2hnliche Plateau wird jedoch nicht mehr recht ausgebildet, weil sie hoch vemetzt sind und sich bald chemisch zersetzen. Semikrisralline Polymere besitzen nur kleine amorphe Bereiche. Ihre Moduln fallen daher bei der Glastemperatur nicht so stark ab wie bei amorphen Polymeren. Kristalline Bereiche wirken als grosse physikalische Vemetzungsstellen, da sie die Beweglichkeit der Kettensegmente stark herabsetzen. Die Moduln semikristalliner Polymerer sind daher vie1 grlisser als diejenigen amorpher Polymerer gleicher Konstitution. Beim Ann2hem an die Schmelztemperatur TM beginnen einige Kristallbereiche zu schrnelzen. wodurch die Moduln mit steigender Temperatur T langsam abnehmen. Alle verbleibenden Kristallbereiche schmelzen bei TM,wobei die Moduln katastrophenartig absinken.
16.3. Energie-Elastizitat Eine Energie-Elastizitgt tritt rein nur bei kleinen, reversiblen Deformationen auf. Aus diesem Grunde werden nur gering deformierbare polymere Stoffe durch Zugmoduln E charakterisiert, z.B. hochkristalline Polymere oder auch stark orientierte Fasem. Fur die Steifigkeit stark deformierbarer Klirper ist dagegen der Schermodul G geeigneter. Zu solchen KBrpem z m e n Elastomere und wegen ihrer Viskoelastizitlt auch die meisten Thermoplaste. Die bei nicht-isotmpen Klirpem auftretenden komplizierten Beziehungen zwischen E und G klinnen durch die lineare Elastizititstheone ermittelt werden.
533
16. Elastizitdt
16.3.1.
Generalisierte Hooke-Gleichung
Bei anisotropen Korpern sind die Beziehungen zwischen Spannungen und Dehnungen komplizierter als die nur f i r isotrope K6rper geltende Hooke-G1.( 16-2) nahelegt. Jede der auf die Fllchen wirkenden Krtifte eneugt nmlich in jeder der drei Raumrichtungen eine Spannung, so dass bei drei Raumrichtungen insgesamt 9 Spannungen q j zu beriicksichtigen sind (i j = x.y.z oder 1.2.3). Der K6rper versucht dann, die Spannungen durch Verformungen (hderungen der Gestalt undoder Abmessungen) aufzul6sen. Bei Deformationen tindert sich die Energie pro Volumen des Systems von Uo zu U. was als Taylor-Sene nach den Deformationen eij und eu geschrieben werden kann:
Die Deformationenci, und a sind dabei Tensoren, die nicht mit den in den voranstehenden Kapiteln verwendeten IngenieurgItisen E identisch sind. In Biichem iikr theoretische Mechanik sind oft beide Symbole vertauscht.
Die Koeffizienten Bij und Cijkl geben dabei die erste und die zweite Ableitung der Energie pro Volumen nach der Deformation an:
Im Gleichgewicht gilt Uo = 0 und (&!I/&&j= 0. Bei kleinen Deformationen konnen ausserdem die Glieder mit huheren Potenzen von e (E: higher orders 0 of e) vernachlksigt werden [0(e3) = 01. Gl.(l6-11) wird daher zu
Die erste Ableitung von I/ nach der Deformation ei, liefert die Spannung qj:
k=ll=l
G1.(16-13) ist die generalisierte Hooke-Gleichung. Da sie die Spannungen q, und die Deformationen eij bzw. iiber die Steifheitskonstanten Cijkl mit der Energie U des Materials verknupft, verbindet sie Kontinuumstheorien mit molekularen Theorien. Die Energie U muss n&nlich von den intra- und intermolekularen Wechselwirkungen zwischen den Atomen bzw. den Atomgruppen eines Polymeren abhhgen. Wenn diese Wechselwirkungen und ihre Zusammenh2nge bekannt sind, kann man die Deskriptoren Ciju berechnen und damit auch die Deformationen und Spannungen. Im dreidimensionalen Fall gibt es maximal 8 1 Steifheitskonstanten(s. unten). Wegen der Syrnmetrieregeln Cijkl= Cjkl, Cijkl = cij1k und Cijkl= Cklij wird aber ihre Zahl im allgemeinen Fall auf maximal 21 emiedrigt. Bei bestimmten Symmetrien reduziert sich diese Zahl noch weiter (s. unten).
534
16.3.2.
16.3. Energie-Elastizitat
Lineare Elastizitatstheorie
Bei anisotropen Kdrpem wird eine in x-Richtung angreifende Kraft F , nicht nur wie bei isotropen eine Dehnung in x-Richtung erzeugen, sondem auch zusatzliche Dehnungen in den y- und z-Richtungen. Umgekehrt wird eine Dehnung in einer Richtung zu Spannungen in allen drei Raumrichtungen fiihren (Abb. 16-10).
Abb. 16-10 Spannungskomponenten o,,.wenn die Kr2fte F,, F , und F, nicht se-ht auf den durch x und y. x und z und y und z gebildeten Flachen stehen.
Spannungen Bei kleinen Deformationen kann man sich die Gesamtdeformation als lineare Kombination der Deformationen in den einzelnen Richtungen denken. Die lineare Elastizitatstheorie nimmt nun an, dass jede Spannungskomponente linear mit jeder Dehnungskomponenten ei, ( i j = 1,2,3) verkniipft ist. Die Spannung in [xxl- bzw. Ill]-Richtung wird somit als 011 = a i i e i i + h i e 2 2 + c l l e 3 3 + 4 i e 1 2 +fire13 + g i i e 2 1 + h i e 2 3 + h i e 3 1 + h i e 3 2
angesetzt und ebenso die Spannungen in den anderen acht Richtungen (a12 .... 033) mit den jeweils neun Deskriptoren pro Richtung ((112 .... 112 bis (133 .... 133). Die 9 Komponenten der Spannung schreibt man iiblicherweise als Elemente einer Matrix, dem Spannungstensor q,: ,0
( 16- 14)
(Jxy
0x2
u1'. = [ayx am cyz] 02,
azy
072
oder
oi, =[
zl: a31
a12
aZz a33
Masse, Temperatur, Dichte usw. sind richtungsunabh~gigeGrossen. Sie sind also nur durch eine Zahl und ihre physikalische Einheit gekennzeichnet. Derartige Grossen werden Skalare genannt (E: scalar, L scdae = Leiter). Sie stellen Tensoren nullter Stufe dar (s. unten). Krute, Geschwindigkeiten usw. sind dagegen zusatzlich durch eine Richtung in einer Ebene charakterisiert. Sie sind als Vektoren (E: vector; von L: vehere = fiihren, beftirdem) Tensore erster Stufe (L:tensus = gestreckt), deren Symbole fett und kursiv geschrieben werden. In einem d-dimensionalen Raum weisen Vektoren d Komponenten auf. Mechanische Spannungen sind als KrtXte pro Einheitsflache definiert. Sie sind Quotienten von zwei Vektoren. GrOssen wie die Spannung oder die Dehnung, die jedem Vektor einen anderen Vektor zuordnen. heissen Tensoren zweiter Stufe (E: second-rank tensors). In einem dreidimensionalen Raum besitzen sie N2 = 32 = 9 Komponenten. Die weiter unten diskutierten Steifheitskonstanten Ciju sind Tensoren vierter Stufe mit 34 = 81 Komponenten im dreidimensionalen Raum.
535
16. Eiastizit6t
Der erste Index i der Komponenten oi, der Spannung gibt die Richtung der Normalen auf die von der Kraft angegriffenen Ebene an und der zweite Index j die Richtung der Spannung. Die Tensoren s,;sind daher Normalspannungen (E: normal stresses). Die drei Normalspannungen 011,022 und 033 sind voneinander unabhbgige Grtissen. Beim Scheren in Richtung 11 (bzw. xx) werden die beiden Flachen A13 (bzw. Axz) parallel zueinander verschoben. Die Spannung 012 (oder 712 oder nur T) wird darum Scherspannung (E: shear(ing) stress) genannt. Die Spannung 013 = 713 ist dann die Tangentialspannung fiir diese Scherung. Scher- und Tangentialspannungenlassen sich als Deviatorspannungen zusammenfassen (E: deviatoric stresses), da sie von der Dehnspannung (E: dilatational stress) abweichen (L: deviare, de = weg von. via = Strasse). Im Allgemeinen stehen die Krffte nicht senkrecht auf den dazugehiirigen Flachen, sondem unter Winkeln zu den Normalen. Die je drei Spannungen bei jeder schragliegenden Flache sind mit den jeweiligen Normalspannungen uber den Cosinus der Winkel verbunden, welche die Normalen der Flfchen rnit den Achsen bilden. Beim Rotieren des Koordinatensystems zeigt sich. dass die Tensoren q, (i f j) aus Symmetriegriinden jeweils gleich sein mussen. Es gibt also maximal 6 unabhbgige, normalisierte Projektio. = 732) und 6 unabhbgige relatinen der K r a e (all. 022. 033. 712 = 721, 713 = ~ 1 723 ve Deformationen ( e l l , e22, e33, e12 = e21. e l 3 = e31, e23 = e32).
Verformungen Bei isotropen Kiirpem beriicksichtigt man im einfachsten Fall nur zwei Arten von Dehnungen, die Dehnverformung rnit der Nenndehnung E = (L- Lo)/Lo (E: extensional strain) und die Scherverformung (E: shear strain) mit dem Tangens tan 8 des Verschiebungswinkels (Abb. 15-3). Im allgemeinen anisotropen Fall sind Dehnungen und Scherungen gleichzeitig vorhanden, und zwar in allen Richtungen. Ein Punkt P1 habe die anffnglichen kartesischen Koordinaten x , y und z und ein in unmittelbarer NWe dieses Punktes gelegener Punkt P2 die Anfangskoordinaten x + dx. y + dy und z + dz. Diese beiden Punkte sind also durch einen Vektor dr = (dx, dy. dz) getrennt. Nimmt nun der Punkt P1 durch Verschieben und/oder Drehen eine neue Lage PI' rnit den Koordinaten x + u, y + v und z + w an, dann wird der ihm benachbarte Punkt P2 ebenfalls seine Lage hdem, und zwar zu Punkt P2' mit den Koordinaten x + dx + u + du, y + dy + v + dv und z + dz + w + dw. Die Lagebderung ist also durch u + du, v + dv und z + dz gegeben. Wenn nun zwischen dem Vektor dr und den relativen Verschiebungen du, dv und dw lineare Beziehungen bestehen, hiihere Potenzen also vemachlfssigt werden klinnen, dann ergibt sich fiir die Anderung der Koordinaten bei 2.B. u (16- 15)
u + du = u + (au/ax)dx + (au/ay)dy
und analog fiir die Verschiebungen v
+ (au/az)dz
+ dv und w + dw.
Um die dumliche Deformation
zu beschreiben. werden also neun Differentialquotienten aulax, au/dy .... aw/az bentitigt. Da x und u zur gleichen Koordinatenrichtung geh(lren, muss au/ax die Dehnung (bzw. Kontraktion) ex, angeben. Das Gleiche gilt fiir y + v bzw. z + w: (16-16)
exx =
au ax
. *
eyy =
av . ar .
aw
ezz= aZ
536
16.3. Energie-Elastizitat
Bei einer dreidimensionalen Verformung muss man noch die Dehnungen exy,eyz und ezx kennen: (16-17)
exy = W d x ) + ( W d y ) ; eyz= (dw/dy) + (dv/dz) ; ezx= ( W m ) + (dw/dx)
Die Verformungen &i' (i # J ] der G1.(16-13) stellen Ingenieurgrthsen dar. Bei Tensoren sind sie als jeweils die Halfte der humme der beiden Beitrage definiert, also z.B. als exy = (1/2)[(av/ax) + (au/ay)]. Die Verformungen sind somit bei Tensoren und Ingenieurgrossen identisch, aber nicht gleich, da die Ingenieurflssen EV doppelt so gross wie die Tensorgrossen e;i sin& Der Deformationstensor lautet somit
16.3.3.
Steifheitskonstanten und Nachgiebigkeitskonstanten
Um die umst2ndlichen vierfachen Indizes bei den Deskriptoren zu eliminieren, werden Spannungstensoren und Deformationstensoren iiblicherweise zu 6-Komponentenvektoren reduziert. Fur die Spannungskomponenten wird das Symbol a beibehalten. Alle Komponenten ui, mit i = j werden zu a, (mit p = l , 2, 3). Die Komponenten a;, mit den Werten i # j = 1 , 2 , 3 werden jedoch zu op mit p = 4 , 5 , 6 : Tensoren
xx yy zz
YZ ZY
xz zx
XY
Yx
11 22 33 23 32 13 31 12 21
Matrix-Bezeichnung 1 2 3
4
5
6
Die Dehnungskomponenten ekl (kl = 1 1 , 22, 33) werden entsprechend zu e,. Bei den Scherkomponenten eu (mit kl = 23. 32, 13, 31, 12, 21) setzt man jedoch 2 ekl= q.d.h. man fiihrt die entsprechenden Ingenieurgrossen ein. Die Deskriptoren Cijkl werden als Cwgeschrieben; C2233 wird also beispielsweise zu C23 und C1113 zu C15. Die generalisierte Hooke-Gleichung lautet dann in Matrix-Schreibweise (16-20)
op= Cweq ; e, = Cpq-bq = Swaq
Dabei sind die apdie Elemente des Spannungstensors, Eq die Elemente des Deformationstenson, C , die Steifheitskonstanten (elastische Steifheiten, "elastische Moduln", Voigt-ElastizitZtskonstanten)und S, die Nachgiebigkeitskonstanten (Reuss-Elastizitahkonstanten). C , und S,, sind nicht die Komponenten eines Tensors, da sie wegen des
16. Elastizitrit
537
Uberganges zu Ingenieumotierungen nicht die Transformationsgesete fiir Tensoren befolgen. Als Komponenten einer Matrix sind daher C, und Sw-l nur in speziellen F a e n nummerisch gleich (vgl. auch Tab. 16-3). In der angels2tchsischenLiteratur wird C, als (elastic) stiffness tensor bezeichnet und S, als (elastic) compliance tensor. Die Symbole dieser GrUssen sind aus unerfindlichen Griinden mit den Anfangsbuchstaben vertauscht: C fiir stiffness und S fiir compliance! Da Spannungen und Defonnationen beim Vertauschen von p und q invariant bleiben, ,, und 21 Nachgiebigkeitskonstanten Spq.Die ergeben sich 21 Steifheitskonstanten C Zahl dieser Konstanten reduziert sich, wenn das Material bestimmte Symmetrien aufweist. Die je 21 unabhagigen Konstanten C, und ,S des allgemeinen Falles entsprechen einer triklinen Symmetrie flab. 7-1). Bei einer monoklinen Symmetrie gibt es jedoch nur je 13 unabhagige Konstanten, einer (ortho)rhombischen 9. einer tetragonalen 6 oder 7, einer hexagonalen 5. einer kubischen 3, und bei isotropen Kurpern nur 2.
Orthotrope K6rper KUrper mit orthotroper Symmetrie weisen gleiche Eigenschaften in drei senkrecht aufeinanderstehenden Ebenen auf. Bei Kristallen sind dies die kubischen. tetragonalen und (0rtho)rhombischen Kristallsysteme (Tab. 7- 1). Solche Symmetrien treten jedoch nicht nur bei kristallinen KUrpern auf. Auch mil Fasern verstlrkte Kunststoffe zeigen Orthotropie, wenn die Fasem in der [12]-Ebene dichter gepackt sind als in der [23]Ebene. Ein anderes Beispiel sind verstreckte Filme und Folien. Fur orthotrope Kurper ergibt sich nach der generalisierten Hooke-G1. (16-13) eine 6x6 symmetrische Matrix 0 = Cpqe.wobei bei den SchergrUssen wie ublich 0 durch T und e durch 7 ersett wurden:
Wegen der Symmetrien bei orthotropen KOpern sind nur neun unabh2ngige Steifheitskonstanten erforderlich. In der gleichen Weise erhnt man neun unabhbgige Nachgiebigkeitskonstanten Spq Mechanische Eigenschaften werden aber ublichenveise nicht mit den Steifheitskonstanten C oder den Nachgiebigkeitskonstanten S beschrieben. sondem mil den IngenieurgrUssen E, p und G.Sie sind wie folgt mit den Deskriptoren S, bzw. C , verkniipft. Beim Anlegen einer reinen Zugspannung 01 in 1-Richtung werden keine Zugspannungen in den beiden lateralen Richtungen 2 und 3 vorgegeben ( 0 2 = 03 = 0).Der KUrper antwortet jedoch nicht nur mil einer Dehnung &1 in 1-Richtung. sondern auch mit Vejiingungen &2 und ~3 in den beiden lateralen Richtungen. Da keine Scherspannungen angelegt werden (~23= ~ 1 = 3 712 = 0), erhXlt man auch keine Scherverformungen (n3 = 713 = 712 = 0).
538
16.3. Energie-Elastizitat
Die Nachgiebigkeitskonstanten ergeben sich aus dem Verhdtnis von Dehnungen zur angelegten Spannung. Da die Verformung in 1-Richtung durch die Zugspannung u1 bewirkt wird, erhdt man S11 = q / q . Bei einer reinen Dehnspannung in 1-Richtung gilt aber nach dem Hooke'schen Gesetz auch 01 = E l e l , woraus fiir die Nachgiebigkeitskonstante S11 = E l - 1 folgt. Die Verformungen in 2- und 3-Richtung werden ebenfalls nur durch die Zugspannung 01 bewirkt. Beim L2ngen in I-Richtung vejungt sich aber der Korper in den 2und 3-Richtungen. Die beiden anderen Nachgiebigkeitskonstanten ergeben sich also zu S22 = -&dulund S33 = - ~ 3 / ~ Wegen 1. der Querverformungen erhdt man aber auch die Poisson-Zahlen zu p12 = e2/q und p i 3 = ~ 3 / & 1Damit . wird S12 = - ~ d q = - p 1 2 ~ 1 / 6 1= -p12/E1 und folglich auch S13 = - p13/E1. In der gleichen Weise kann man eine reine Zugspannung in 2-Richtung vorgeben und dann die Dehnungen in den drei Raumrichtungen bestimmen. Anschliessend wird das Procedere fiir eine reine Zugspannung in 3-Richtung wiederholt. Das Ergebnis zeigt, dass sich die 9 Nachgiebigkeitskonstanten beim Zugversuch wegen S12 = S21, S i 3 = S3i und S23 = S32 und folglich p l 2 E 2 = p 2 1 E 1 , p13E3 = p31E3 und p 2 3 E3 = p 3 2 E3 2 zu sechs unabh2ngigen Deskriptoren reduzieren (Tab. 16-3). Da aber fiir orthotrope Ktirper total 9 Deskriptoren erforderlich sind, mussen die restlichen drei Ingenieurgriissen G 1 2 , G13 und G23 durch drei Scherexperimente 'sp = Gmyq ermittelt werden. Die Beziehungen zwischen Ingenieurgrossen und Nachgiebigkeitskonstanten S , sind einfacher als diejenigen zwischen Ingenieurgrtissen und Steifheitskonstanten C,. In der Mechanik werden daher bevorzugt Nachgiebigkeitskonstantenbestimmt. Umgekehrt lassen sich mit molekularen Andtzen (Potentialfunktionen usw.) vie1 einfacher Steifheitskonstanten berechnen.
Orientierte Korper Verschiedene Polymere und Polymersysteme weisen hohere Symmetrien als orthotrope KCSrper auf. In biaxial verstreckten Filmen und Folien sind z.B. Kettensegmente oder Kristallite in der [12]-Ebene orientiert. In verstreckten Fasem oder auch in Faserbundeln sind sie mit ihren L2ngsachsen in [3]-Richtung ausgerichtet sind (Abb. 16-11). Diese Kotper sind transversal isotrop. Echte isotrope Koxper weisen dagegen iiberhaupt keine Vormgsachsen auf. Tab. 16-3 Beziehungen zwischen den Ingenieurgrdssen E, p und G und den Nachgiebigkeitskonstten S, bzw. Steifheitskonstanten C , bei orthotropen Kdrpern. Schergrdssen Index
SPq
CP4
539
16. Elastizitat 3
3
3
0 Abb. 16-11 Biaxial orientierte (links),'uniaxial orientierte (Mitte) und isotrope K6rper (rechts). Bei biaxial onentierten K6rpem ist die Symmebieebene parallel zur Orientierungsebene. bei uniaxial onentierten K6qem dagegen rechtwinkligzur Orientierungsn'chncng. Falls die Querschnitte der Fasem in Faserbiindeln oder der Kettensegmente in semikristallinen Polymeren regelmBssig angeordnet sind (Abb. 16-12, links und Mitte), ben6tigt man zur Beschreibung 6 Deskriptoren. Bei statistischen Anordnungen sowie bei biaxial orientierten K6rpem mit statistischer Anordnung (Abb. 16-12, rechts) sind jedoch nur 5 Deskriptoren erforderlich.
Abb. 16-12 Schnitt durch die [12]-Ebene von Faser- cder Molekiilbiindeln. Links: hexagonal geordnet; Mae: quadratisch geordnet; rechts: ungeordnet. Wechselwirkungenzwischen den LAngsachsen der Fasem bzw. Molekiile sind durch Smche angedeutet.
Da bei statistischen Anordnungen nur 5 Deskriptoren erforderlich sind, mussen von den 9 Deskriptoren orthotmper K6rper weitere 4 wegfallen. Aus Abb. 16-11 sieht man, dass wegen der Symmetrieverhatnisse ,911 = S22. S44 = S55 und S13 = S23 = S32 gelten muss. Nach dem Ausmultiplizieren der Matrix fiir das entsprechende inverse generalisierte Hooke'sche Gesetz erhat man
Derartige K6rper besitzen fiinf ElastizitBtsmoduln: in [31-Richtung den longitudinaden transversalen Zugmodul ET, in len (11) Zugmodul EL. in [ll- bzw. [2]-Richtung (I) [ 121-Richtung den transversalen Schermodul G m , in [23]-Richtung den longitudinalen Schermodul GLT, und dazu den Kompressionsmodul K. Die Moduln bzw. Steifheits- und Nachgiebigkeitskonstanten lassen sich durch zwei Poisson-Zahlen ausdriicken. Die Poisson-Zahl ~ L =T - Q/EL misst die durch eine vorgegebene longitudinale Dehnung erzeugte transversale Dehnung ET. Die Poisson-Zahl /.LTL erfasst dagegen die durch eine Dehnung eT in der transversalen Richtung hervorgerufene longitudinale Dehnung E L Das Poisson-Verh!iltnis p n ergibt sich aus den nachstehenden Gleichungen zu p m = (1/2)(ET/Gm) - 1.
540
16.3. Energie-Elastizitat
Isotrope Korper Bei linear-elastischen isotropen Korpem existieren keine Vorzugsachsen. Das inverse generalisierte Hooke'sche Gesetz reduziert sich zu
Fur eine Dehnung in [l]-Richtung ergibt sich ~1 = S l l q und somit El = 1/S11. Da aber der Korper in allen Richtungen isotrop ist, wird E l = E2 = E3 = E: es gibt nur einen einzigen Zugmodul. Der KBrper weist auch nur einen einzigen Schermodul auf, n2mlich G12 = 1/[2 (S11 - S12)] mit G12 = G13 = G23 = G. Auch die sechs maglichen PoissonZahlen sind nunmehr alle gleich: p = pi2 = p21 = pi3 = p31 = p23 = p32. Da aber z.B. p1z = - q / & 2 = - S1dS22 usw. gilt, erhiilt man auch G = E/[2 (1 + p)]. Im Gegensatz zu anisotropen Korpern k6nnen somit bei isotropen KCirpem mit bekannter Poisson-Zahl Zug- und Schermoduln ineinander umgerechnet werden (G1.( 16-7)). Amorphe Polymere konnen meist als isotrope KGrper aufgefasst werden. Bei ihnen sind weder Zugspannungen 6 und Scherspannungen T gekoppelt noch Scherspannungen 7 und Zugdehnungen E. Eine angelegte Spannung 011 erzeugt in der [I]-Richtung eine Dehnung ~ 1 =1 ali/E. In den Richtungen [2] und [3] zieht sich der K6rper zusammen. 2 ~ 3 sind 3 negative Dehnungen. Sie werden durch die PoisDiese Kontraktionem ~ 2 und 1 isotropen Korper gemessen, die ja die laterale Querson-Zahl p = &22/&11= ~ 3 3 / ~ 1der kontraktion angibt (Kap. 16.2.3). Die Spannung 011 erzeugt daher die Querkontraktionen -&22 = p(all/E) und - ~ 3 3= p(a11). Fur die Defonnationen ergibt sich somit
Die Schemng xj ist mit der Scherspannung 7i, uber den Schermodul G verbunden, so dass man erhQt (mit ~ 1 =2n2, 612 = 712, usw.)
541
16. Elastizitiit
Beim allseitigen Komprimieren wird die relative Volumenilnderung zu -AV/Vo = 3 E = ~ 1 +1 €22 + 9 3 . Aus G1.(16-25) erhlllt man mit dem Druck p = 011 = 022 = 033, dem Zugmodul E = 1/S11 und der Poisson-Zahl p = S1dS11 die Dehnung E = q 1 = ~ 2 = 2 ej3 = (Sll + 2 S12)p. Der Kompressionsmodul K isotroper Karper wird somit zu
16.3.4.
Theoretische Moduln
Theoretische Moduln sind mit verschiedenen Methoden berechenbar. Bei der ValenzKrafifeld-Methode VFF (E: valence force-field) wird im einfachsten Fall eine isolierte Polymerkette in all-trans-Konformation angenommen, deren Lilngsachse in Zugrichtung liegt. Im Ausgangszustand besitzt eine solche aus N Kettenbindungen der Lilnge b bestehende Kette eine konventionelle Konturlilnge von rcont= Nb sin(.r/2) = N b cos fl = L o , wobei 7 = Bindungswinkel der Kettenatome und p = a12 = (180° - r)L? = Hlllfte des Komplementllrwinkels a zu 7 (vgl. auch Abb. 4-8). Die Kette soll gedehnt werden, aber nicht verbogen. Auf die QuerschnittsflikheA, der Kette mit der Liinge rcont = Nb cos /3 = Lo wirkt eine Kraft F, wodurch sowohl die Bindungslhge b um den Betrag Ab gedehnt als auch der Winkel /3 um den Betrag A S vergrossert wird. Die Kette verlagert sich um den Betrag (16-28)
AL. = A[Nb cos p] = N[Ab cos p- bAp sin p]
Die beiden Gdssen Ab und Ap werden wie folgt ermittelt: In der Bindungsrichtung wirkt eine Kraftkomponente F cos p. Die Bindung wird daher um einen Beuag Ab = (F ms p)/Kb gedehnt. wobei K b die Kraftkonstante der Bindung ist. Kb ist aus inframt- oder ramanspektroskopischen Messungen erhtiltlich. Die Aufweitung des Bindungswinkels 7 um den Beuag A7 ergibt sich aus der Kraftkonstanten K , und dem auf jeden Bindungswinkel wirkenden Drehmoment M zu A 7 = M/K,. Das Drehmoment ist gleich dem Moment der angreifenden Kraft auf die Senkrechte zu dem Winkel, d.h. M = (112) Fb sin p. Da ausserdem p = 90’ - (712). erhiilt man A/!3=- A d 2 = - (Fb sin 8)/(4 K J . Einsetzen der Ausdriicke f i r Ab und A p in die Gleichung f i r AL. und Einfiihren der einfachen Hooke-Gleichung Ell = (F/A,)(LJAL.) liefert mit Lo = Nb cos p die Gleichung (1 6-29)
r=
b sin (7/2) sin’
4
[
(7D)
Kb
+
b2 cos2 (7/2)
4KT
I”
Der longitudinale Zugmodul nimmt also bei 2hnlich aufgebauten Polymeren mit steigender Querschnittsflkhe A , der Polymerketten ab, was in der Tat f i r planar aufgebaute Kohlenstoff-. Kohlenstoff-Sauerstoff- und Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten gefunden wird (Abb. 16-13).
542
16.3. Energie-Elastizitct
OJ
03
0,5
0-7
0,9
- A,lnm* --+ Abb. 16-13 Longitudinale Zugmoduln Ellals Funktion der QuerschnittsflkhenA, von Polymerketten in all-trans-Konformation (21) bzw. verschiedenen Helix-Konformationen (95, 83, 31,41). Die Zugmoduln sind entweder experimentell bestimmte Gittermoduln (s. unten) oder theoretisch berechnete Zugmoduln in Kettenrichtung,jeweils bei tiefen Temperaturen (< -180°C). G1.( 16-28) wurde unter der Annahme konstanter Torsionswinkel abgeleitet. Beim longitudinalen Verstrecken von helicalen Polymerketten werden aber Torsionswinkel umgewandelt, z.B. von gauche in trans. Fur diesen Fall liefert die VFF-Methode kompliziertere Gleichungen, die jedoch ebenfalls eine Abnahme der Moduln mit steigender Querschnittsfl&he der Ketten vorhersagen (Abb. 16-13). Andere Berechnungen der Moduln griinden sich auf die dynamische Gitter-Theorie (Born-Methode), welche die physikalischen Eigenschaften von Kristallen auf die thermischen Bewegungen der Gitteratome zuriickfiihrt. Bei dieser Theorie mussen die Potentialfunktionen (z.B. Lennard-Jones, Urey-Bradley, Buckingham usw.), Kraftkonstanten, Gitterabstwde usw. genau bekannt sein. Die dynamische Gitter-Theorie wurde bislang nur bei sehr wenigen Polymeren verwendet, da nicht irnmer aUe Griissen genau bekannt und die Berechnungen umstwdlich oder sogar unmoglich sind (PA 6). Die Theorie wurde z.B. fiir kristallines Poly(ethy1en) angewendet. Die Elementarzelle dieses Polymeren (Abb. 7-5) enthat 2 Grundbausteine -CH2-CH2- und somit 4 Kohlenstoffatome und 8 Wasserstoffatome. Zwischen allen 12 Atornen der Elementarzelle bestehen intra- oder intermolekulare Wechselwirkungen, so dass 3x 12 Gleichungen zu erwarten sind, die sich jedoch wegen der SymmetrieverhXImisse bei der Raumgmppe D2h der orthorhombischen Poly(ethy1en)-Kristalle zu den 6 Matrix-G1.(16-21) reduzieren. Wegen der Orthotropie hat man 9 Steifheitskonstanten und 9 Nachgiebigkeitskonstanten zu erwarten (Tab. 164). Die Steifheitskonstanten C33 = 11S33 fiir die Kettenachse werden erwartungsgemlss nicht sehr von der Wahl der Gitterkonstanten a und b (Spalten 2 und 3) sowie der Temperatur (Spalten 3 und 4) beeinflusst, WONaber von den unterschiedlichen Potentialfunktionen (Spalten 4-6). Da sich die Bindungslwgen C-C und Bindungswinkel C-C-C nicht sehr mit der Temperatur a d e m (S. 194). sind die Steifheitskonstanten C33 praktisch temperatumnabh2ngig (Spalten 3 und 4). Diese Werte stimrnen auch rnit den experimentell gefundenen von (250-320) GPa uberein (vgl. dazu Tab. 16-5) Die anderen Deskriptoren variieren dagegen sehr empfindlich mit der Wahl der Potentialfunktionen, Kraftkonstanten, Gitterabst2nde usw.
543
16. Elastizitrit
Tab.16-4 Steifheitskonstanten C von Poly(ethy1en) nach Berechnungen mit verschiedenen Methoden, Gitterkonstanten u und b uaoder Temperaturen. Die Richtung 33 entspricht der Kettenachse (Gitterkonstante c). Angenommene Gitterkonstanten (0 K) fiir Satz I a = 0,695 nm und 6 = 0,475 nm sowie f& Saa I11 a = 0,72 nm und b = 0,495 nm; experimentelleWerte fiir C36H74 [5]: a = 0,742 nm und b = 0.4% nm. Die nummerischen Kehrwerte der Nachgiebigkeitskonstanten S, sind zum Vergleich angegeben. VFF= Valenz-Kraftfeld. MM = Molekiilmechanik. In&x ij
ci.
-G"C Saa I [61
%E Sam III[61
7,33 2.26 3.14 10.0 6.34 257,3 3.3 1 1.13 334
9,27 3.68 3,63 1093 6,67 257,4 2.46 1,27 499
Pa
VFF
11 12 = 21 13 = 31 22 23 = 32 33
44 55 66
VFF
Cfga
CppPa
C&Pa
Sij-l/GPa-l
Satz 111[6] VFF
[7l MM
181 VFF
VFF
13,75 7,34 2,46 12.50 3,96 325,4 3,19 1,98 6,24
6.28 2.18 2,90 9.35 6.07 257.2 2.93 0.88
2,97
[91
9.44
- 16,08
- 22730
8.56
- 1053
324,l 3,19 1,98 6,24
Auch die Schersteifheitskonstanten C a , C55 und c66 stimmen recht gut mit den entsprechenden inversen Schemachgiebigkeitskonstanten uberein (Spalten 6 und 7). Anders als die C33- und S33-Werte sind sie aber ebenso wie die Werte C11. C12. c13, C22 und Cu und die korrespondierenden Nachgiebigkeitskonstanten sehr empfindlich auf die Wahl der Potentialfunktionen, Gitterkonstanten usw. Weitere theoretische Methoden beruhen auf Energieminimierungen. z.B. die Molekiilmechanik (MM-Methode). Durch Addieren aller interatomaren Wechselwirkungen wird die Potentialenergie des gesamten Molekuls berechnet. Durch Minimieren ergibt sich d a m die stabilste Lage (kleinste Potentialenergie). Anschliessend nimmt man eine etwas verstreckte Kette an und bestimmt emeut die Lage mit der kleinsten Potentialenergie. Nach einigen Hunderttausend solcher Energieminimierungen fiir eine genugend
b
300 K 400 K
\
b
I
loo
n.,
0
20
40
60
- & I %+
80
100
Abb. 16-14 Fiir eine zeitliche Spannungsiinderungvon 0,sMpa ps-1 = 0,sEPa s-l mit der Molekiilmechanik berechnete Spannungs-Dehnungs-Kurveneines Poly(ethy1en)saus lo00 Kohlenstoffatomen [lo]. Die Punkte sind Mittelwerte uber 5 unabhagigeRechnungen, die Linien empirisch.
544
16.3. Energie-Elastizitat
grosse Gitterzelle aus einigen Tausend Atomen erhdt man einen Grenzwert fiir die Potentialenergie d s Funktion der Dehnung und schliesslich auch SpaMUngS-DehnUngSKurven (Abb. 16-14). Die Ergebnisse einer solchen Rechnung sind in Tab. 16-4 rnit denen der Valenz-Kraftfeld-Methode (VFF-Methode) verglichen. Die mit Hilfe der VFF-Methode berechneten Zugmoduln Ell stimmen meist innerhalb von f 10 % rnit den iiber Rontgenbeugung. Ramanstreuung oder Neutronenstreuung experimentell ermittelten Werten uberein (Tab. 16-5). Die grBssten Moduln besitzen somit Polymere rnit kleinen Kettenquerschnitten. Helicale Polymermolekiile weisen bei gleichem Querschnitt kleinere Moduln als Polymerketten in all-trans-Konformation auf (Abb. 16-13); bildlich: Strecken eines Stabes vs. Strecken einer Spiralfeder. Die grBssten Moduln findet man bei etwas verdrillten Ketten (z.B. Poly(p-phenylenbenzbisoxazol; PBOZ) oder solchen rnit starken intramolekularen Wechselwirkungen (intramolekulare Wasserstoffbriicken beim it-Poly(vinylalkoho1) und bei der Cellulose I). Die Moduln E l rechtwinklig zur Kettenrichtung sind wegen der schwachen intermolekularen Wechselwirkungen zwischen den Ketten viel niedriger als die durch starke covalente Bindungen hervorgerufenen Moduln Ell der gleichen Molekiile. Diese Moduln werden erwartungsgemtiss durch starke intennolekulare Wechselwirkungen heraufgesetzt (vgl. Poly(ethy1en) rnit Dispersionskfiften zwischen den Molekiilen rnit dem syndiotaktischen Poly(vinylalkoho1) mit starken intermolekularen Wasserstoffbriicken).
16.3.5.
Reale Elastizitatsmoduln
Zugmoduln von Kunststoffen und Fasem sind in der Regel nicht nur viel niedriger als die longitudinalen Gittermoduln der gleichen Polymeren, sondem meist auch niedriger als die transversalen Gittermoduln (Tab. 16-5). Dieses Verhalten deutet auf mangelnde Orientierungen der Kettensegmente (amorphe Polymere) bzw. Kristallbereiche (semikristalline Polymere) in allen Richtungen. Es zeigt jedoch nicht die vollige Abwesenheit von Orientierungen an, da Priiflinge oft durch Spritzgiessen hergestellt werden und die Kettensegmente somit etwas in Spritzrichtung orientiert sein konnen. Dazu kommen messtechnische Griinde. Zugspannungs-Dehnungs-Messungenwerden oft (a) an zu kurzen Priiflingen, (b) bei zu hohen Dehnungen und (c) bei zu langen Zeiten durchgefiihrt. Diese messtechnischen Effekte emiedrigen die Elastizit2tsmoduln, z.T. sogar erheblich. Zugmoduln werden dagegen bei sehr hohen Zuggeschwindigkeiten erh6ht (Abb. 16-5). Sie sind andererseits bei Polymerisationsgraden uber ca. 100 praktisch unabhmgig von der Molmasse und damit auch von Molmassenverteilungen. Mit steigender Temperatur fallen sie in der Regel ab (Abb. 16-7 und 16-9).
Mischungsregeln Konventionell verarbeitete amorphe Polyrnere konnen haufig makroskopisch und mikroskopisch als isotrope Korper angesehen werden. Semikristalline Polymere mtigen zwar makroskopisch isotrop sein, sind es jedoch sicher nicht mikroskopisch, da eine Kette durch viele Lamellen l2uft und Lamellen verschieden orientiert sind. Semikristalline Polymere kann man folglich als zweikomponentige KBrper betrachten. Die Elastizitatsmoduln solcher KBrper sollten sich nach den Mischungsregeln (E: mixing rules) aus den Anteilen und Moduln der amorphen und kristallinen Bereiche ergeben.
545
16. Elastizitat
Tab. 16-5 Berechnete Moduln (VFF-Methode) und durch ROntgenbeugung, Ramanstreuung oder inelastische Neutronenstreuung ( I N S ) experimentell ermittelte Giaermoduln in Kettenrichtung (Ell)und se&echt dazu (Ed im Vergleich zu Moduln E aus Zugspannungs-Dehnungs-Messungenkonventionell verarbeiteter Kunststoffe. Die VFF-Werte beziehen sich auf 0 K,die experimentellen Werte auf tiefe Ternperaturen (rneist 77 K) oda 25°C (*). Poly(ppheny1en-benzbisoxazol)ist die &Form und Polyb-phenylen-benzbisrhiazol)die trum-Form. a Ramie bei 65 % relativer Luftfeuchtigkeit. AJnm2
Polymere
Poly(ethy1en) Poly(vinylakoho1).
0,183 st0,216 itPolyamid 6, ?Mod. CI2-Helix) 0,192 a-Mod. (Zickzack) 0,186
Poly@ropylen), it ol-Helix) 0.343 0.183 Poly(oxymethlen), rhornbisch 0.216 Poly(oxyethy1en) Poly(pphenylenbenzbiazo1) 0.20 1 Poly(p-phenylenbenzbisthiazol) 0,206 0,328 Cellulose I
a a
& & 5 & E
GPa GPa GPa VFF ROntgen Raman
GPa
260
329
316 287 323 54 312 175* 41 220 9 460 405 168
285
250*
27 270 165* 40 220 10 477 399 140
GPa
GPa
GPa Zug
INS ROntgen INS I 3,8 I8,8*
< 1,6 c7
6
1.9 37 189
149
<3,1 7,8 4.3
< 3,8 < 1,8 < 3,l
6
< 28,5"
Im einfachsten Fall 2ndext sich die Eigenschaft E mit dem Volumenbruch = 1 - #=I der beiden Komponenten (2.B. am = amorph, cr = kristallin oder M = Matrix, F = Fiillstoff) gemlss einer Mischungsregel, wobei n die Werte von +1 oder -1 annehmen kann: (16-30)
E" = EM"Q)M+ EF"&
Diese Mischungsregeln tragen je nach Fachgebiet verschiedene Namen (Tab. 15-6). Beim Voigt-Modell wird angenommen, dass alle Bereiche gleich gedehnt werden, jedoch unter verschieden starker Spannung stehen. Ein makroskopisches Analogon ist ein Verbundwerkstoff aus einer faserverstarkten Matrix, bei dem sich die Ltingsachsen der Fasem s2mtlich in Zugrichtung befinden. Hier werden Matrix (analog: amorphe Bereiche) und Fasem (analog: kristalline Bereiche) gleich gedehnt; die Fasem stehen aber unter weit grosserer Spannung als die Matrix. Dieses Modell entspricht einer Parallelschaltung und damit der einfachen Mischungsregel Ell = &EM + Tab. 16-6 Bezeichungen der Mischungsregeln. * Nach einigen mathematischen Manipulationen. Gebiet n=l
Mathematik Chemieingenieurwesen Mechanik E1ektrizitWleh-e. Matedwissenschaften
Exponent in G1.(16-30) (n + 0)*
Arithmetisches Mittel Geometrisches Miuel Mischungsregel Logarithmisches Miuel Voigt-Model1 Parallel-Schaltung Obere Grenze
n=-1
Harmonisches Mittel averse Mischungsregel R~uss-M&U Serien-Schaltung UntereGrenze
546
16.3. Energie-Elastizittit
Tab. 16-7 Vergleich verschiedener Modelle fiir polykristallines Poly(ethy1en). Die Moduln sind auf 100 % Kristallinitiit bei 25OC extrapoliert [ll].
Reus-Mittel I Experiment Voigt-Mittel I1
Spannung
Dehnung
EEPa
GlGPa
KIGPa
einheitlich
uneinheitlich
28 2,23
1.95 1,99
uneinheitlich
einheitlich
5.05 5 $2 15,8
18,8
0.33
Beim Reuss-Modell werden umgekehrt einheitliche Spannungen, aber uneinheitliche Dehnungen angenommen. Ein makroskopisches Andogon ist eine Dispersion von Fasem in einer kontinuierlichen Matrix, bei der die Lagsachsen der Fasem rechtwinklig zur Zugrichtung liegen. Dieses Modell entspricht einer Serienschaltung und damit der inversen Mischungsregel 1/El= (&/EM) + (&/EF). Bei semikristallinen Polymeren besitzen die Kristallite aber hohere Elastizitatsmoduln als die amorphe Matrix aus dem gleichen Polymeren. Beim Dehnen konnen somit die steiferen Kristallite nicht so gut gedehnt werden wie die weniger steife Matrix. Das VoigtModell ist somit nicht sehr realistisch. Umgekehrt kann man sich vorstellen, dass Kristallite und Matrix zwar verschieden gedehnt werden, wegen ihrer unterschiedlichen Steifigkeiten aber unter angentihert gleichen Spannungen stehen. In der Tat zeigt der Vergleich berechneter und expenmenteller Zug-, Scher- und Kompressionsmoduln eines semikristallinen Poly(ethylen)s, dass Er dieses Polymere das Reuss-Modell weit besser mit dem Experiment ubereinstimmt als das Voigt-Modell (Tab. 16-7, vgl. auch Band IV).
Takayanagi-Modelle In vielen F a e n , vor allem bei komplexen Moduln, sind die Experimente besser durch die beiden Takayanagi-Kombinationsmodelle wiedergebbar (Abb. 16-15). Bei semikristallinen Polymeren kann man z.B. die amorphen Bereiche A als in der kontinuierlichen kristallinen Phase C dispergiert ansehen, wobei die amorphen Phasen A entweder in Sene (Modell I) oder parallel (Modell 11) mit Teilen der Phase C sind. Die gleichen Modelle sind auch f i r mit Fasem F (statt A) gefiillte Matrizen M (statt C) verwendbar oder fiir mit Kautschuken K (statt A) modifizierte Thermoplaste T (statt C). Altemativ kann man sich auch die kristallinen Anteile als in einer kontinuierlichen amorphen Matrix denken, so dass die Modelle sehr flexibel sind. Die Volumenanteile der verschiedenen Phasen berechnen sich aus den normierten Fllchen. wobei jeweilsf, +fa = 1 und g, + ga = 1 gilt. Bei Anordnungen und Anteilen gemlss Abb. 16-15 betriigt der totale Volumenanteil & an kristallinen Bereichen beim Modell I eC=fc(gc + gJ +fagc =fc + (1 - f c ) g c und beim Modell I1 tpc = gCVc+fa> + gafc = g, + (1 - gc)fc. Die totalen Volumenbriiche sind auf eC+ = 1 normiert. Beide Takayanagi-Modelle sind auf einen Bereich fc < eC< 1 beschrWt, WCM fc = const. > 0 ist. Das Serie-Parallel-Modell I fiihrt zu
ea
(16-31)
1 -=-
fc
ESP Ec
+
fa
gcEc +gaEa
547
16. Elastizitdt
fc
a f
Abb. 16-15 Reuss-, Voigt- und Takayanagi-Modelle fiir hetemgene Systeme, z.B. mit kristallinen Bereichen C und amorphen Bereichen A (oder Fasein F oder Fiillstoffe F in Matrizen M).
Das Modell I wird zum Reuss-Modell fiir gc = 0 (und daher ga = 1); dann gilt fa = $a und fc = b. Es konvertiert zum Voigt-Modell fiir fc = 0; dam gilt g, = = 1 - #a. Fur das Parallel-Sene-Modell I1 erhat man entsprechend
+,
Es wird zum Voigt-Modell fiir fc = 0 und zum Reuss-Modell fiir g, = 0. Experimentelle Daten fiir polykristalline Poly(ethy1en)e liegen zwischen den von dem Reuss- und dem Voigt-Modell vorhergesagten Werten (Abb. 16-16). Die Anpassung der theoretischen Kurven an die experimentellen Werte hiingt nicht nur von der Wahl von fc = const oder gc = const ab. sondem auch von den vorgegebenen Werten von E, und E a sowie den Zuordnungen der Bereiche. Das Modell I1 ( P S ) mit fc = 0,35 gibt z.B. die experimentellen Werte fiir lg E =A&) gut wieder, versagt aber bei E Der gleiche Wert fc = 0.35 liefert bei E =a$,)fiir das Model I (SP) sogar eine konvexe statt einer konkaven Kurve, so dass nicht nur ein anderer Wert von fc gew2hlt werden muss, sondern die f- und g-Werte auch vertauscht werden sollten.
=a$,).
Einfluss der Verarbeitung Der longitudinale Elastizitiitsmodul Ell kann bei flexiblen Polymeren durch geeignetes Verstrecken stark erh6ht werden. Beispiele sind das Extmdieren fester Polymerer, das Recken von Polymerschmelzen sowie die Ruhrkristallisation und das Gelspinnen von Polymerlfhungen. Der longitudinale Elastizitiitsmodul von Poly(oxymethy1en) (theoreti-
548
16.3. Energie-Elastizitat
10
6
f 4
a" 0
10-1 0
\
a"
\
4
4
I'
10-2
0 0
0,s
- 4, +
1
0
0.5
- 4,
-
I
10-3
1
Abb. 16-16 Moduln E (links) bnv. lg E (rechts) aus Messungen der Schallgeschwindigkeit ( 0 )in semilaistallinen Poly(ethy1en)en bei 25°C als Funktion des Kristalliniutsgrades 4, aus DichtemessunMogen [12]. ----- Reuss-Modell bzw. Voigt-Modell; - - - Takayanagi-Modelle SP (11) bzw. PS (I). dellannahmen: E , = 5400 MPa bei o, = 1 (Tab. 16-7), E , = 2,6 MPa bei 4, = 0 (entspricht etwa dem Plateau-Modul, Tab. 17-6),fc = 0.35.Die ausgezogenen Kurven fiir die beiden Takayanagi-Modelle dienen nur zur Illustration; sie sind nicht in Bezug auf qCoptimiert. scher Wert 220 GPa) z.B. von ca. 2 GPa bei konventioneller Verarbeitung auf ca. 24 GPa bei hydrostatischer Extrusion und auf ca. 60 GPa bei Zugdehnung unter Erwarmung durch Mikrowellen nach Art des Zonenschmelzens an. Der longitudinale Elastizitatsmodul von hochmolekularem Poly(ethy1en) hoher Dichte wurde von ca. 1 GPa beim Spritzgiessen auf 40 GPa beim Faserextrudieren mit anschliessendem Verstrecken, auf 130 GPa durch Extrusion von 5 %igen Gelen mit anschliessendem Entfemen des Losungsmittels und Verstrecken und auf 220 GPa nach mehrfacher Extrusion durch Kapillaren erhoht, also fast bis zum theoretischen Wert von ca. 260 GPa. W2hrend flexible Polymere nur durch aussere Felder zur Orientierung der Ketten bzw. Kettensegmente gezwungen werden koMen, orientieren sich semi-flexible fliissigkristalline Polymere wegen der Anisotropie der Kettensegmente spontan. Diese Orientierung kann durch Abkiihlen fixiert werden. Beim raschen Abkiihlen isotroper Schmelzen erh2lt man entsprechend isotrope Glaer, beim Abschrecken nematischer LC-Phasen nematische LC-Gliser usw. Polymere mit hohen longitudinalen Elastizitatsmoduln lassen sich sowohl von thermotropen als auch von lyotropen Polymeren herstellen (Tab. 16-8). Die Eigenschaften solcher Polymerer werden dabei nicht nur von deren Konstitution kontrolliert, sondern auch von den Verarbeitungsbedingungen. Dabei erhalt man u.U. zwar hohe Elastizititsmoduln und Zugfestigkeiten in longitudinaler Richtung. gleichzeitig aber sprCides Verhalten rechtwinklig dazu. Elastizititsmoduln htingen ausser von der Konstitution der Polymeren und deren Makrokonformation bzw. den Verarbeitungsbedingungen auch noch oft von der U m gebung ab. Wasser wirkt z.B. bei polaren Polymeren als Weichmacher; durch die erhohte Kettenbeweglichkeit wird der Elastizitatsmodul herabgesetzt. Die zeitabhtingige Diffusion des Wassers in die Polymeren fiihrt dann zu zeitabhtingigen E-Moduln. Ein Polyamid 6 besass z.B. im trockenen Zustand einen Elastizitatsmodul von 2,75 GPa. luftfeucht einen von 1,7 GPa und nach vier Monaten an der Luft einen von 0,86 GPa.
549
16. Elastizittit
Tab. 16-8 ElastiziCitsmoduln E beim Bruch von thermoaopen (IT)und lyompen (LT) polymeren LC-GlWrn longitudinal (El,) und transversal ( E d zur Zugrichtung im Vergleich zu den entsprechenden Moduln E, isotrOper G k r . EIJGPa
ESPa
EdGPa
'IT Poly(phydroxybenzoat-coethylentereph~)[= X7G'y
1,38
'IT pOl~(ph~dro~~benzoat-~0-2-h~dro~~d-naphth [= VecmTY
2.6
2,21 5.0 62
Polymere
54,l 10,6 LT 30 56 Poly(p-phenylenbenzbisthiazol)in Poly(2,5-benzimidazol) 120 LT Poly(ppheny1enterephthalamid) [= Kevlar 4gTM] 138 83 dim. Faser aus konzentriem SchwefeMure dim, gestreclaer Film aus konzentrierkr SchwefelSiure 89
16.4.
Entropie-Elastizitat
16.4.1.
Phlnomene
16,8 7 0.6
250
Energie-elastische und entropie-elastische Ktirper unterscheiden sich sehr in ihren Eigenschaften und den zugmndeliegenden Verformungsmechanismen. Bei den energieelastischen Metallen sind z.B. die Metallatome in dreidimensionalen kristallinen Gittem mit relativ kleinen interatomaren Absttinden angeordnet. Bei einer Verformung werden diese interatomaren Abst&de getinden, wozu grosse Kr2fte erforderlich sind. Die Elastizitiltsmoduln von Metallen sind daher sehr hoch. Schon bei relativ kleinen Deformationen. z.B. Dehnungen von ca. 0,l %. gleiten Gitterebenen voneinander ab. werden spiralftirmig versetzt usw. Die Deformation nimmt dann schneller zu als die Spannung. Sie wird ineversibel und der Ktirper wird "plastisch. Die Deformation von thermoplastischen Polymeren a d e n Torsions- und Bindungswinkel und evtl. auch Bindungsltingen. Wegen der erforderlichen grossen KrlIfte sind die Elastizit2tsmoduln ebenfalls hoch. Bei Verformungen von mehr als ca. (0.1-0.2) % gleiten Polymerketten voneinander ab und die Deformation wird durch diese Fliessprozesse ebenfalls ineversibel (Kap. 17). Bei Elastomeren beobachtet man dagegen hohe und reversible Dehnungen, oft von einigen hundert Prozent, bevor die Deformation ineversibel wid. Um deranige Elastizitilten aufzuweisen, miissen Polymere (a) schwach vernetzt sein und (b) aus flexiblen Netzketten bestehen. d.h. aus flexiblen Segmenten oberhalb der Glastemperatur. Die resultierenden Elastomeren oder Gummis weisen gleichzeitig die Charakteristika von Festktirpern, Fliissigkeiten und Gasen auf. Wie Festktirper besitzen sie eine Dimensionsstabilist: bei nicht zu hohen Verformungen verhalten sie sich wie Hooke'sche Ktirper und kehren nach einer Verformung in den Ausgangszustand zuriick. Andererseits besitzen sie 2hnliche Ausdehnungskoeffizienten und Elastizit2tsmoduln wie Fliissigkeiten. Wie bei komprimierten Gasen der Druck, so nimmt auch bei Elastomeren die Spannung mit steigender Temperatur zu, falls T > TG (Abb. 16-17).Unterhalb der Glastemperatur werden dagegen die Spannungen mit fallender Temperatur immer grtisser, da sich die KBrper nunmehr wie Duroplasre verhalten.
550
16.4. Entropie-Elastizitat
1J . . . . . . . . . . . . . . . . 200 250 300
-T / K +
-
1
350
Abb. 16-17 Zugspannung 035096 bei 350 9% Dehnung als Funktion der Ternperatur bei schwach vernetztern Nahirkautschuk [ 131.Zugspannungen sind wegen Q = F/Ao pmprtional der Kraft F.
Das g a s w i c h e Verhalten ist charakteristisch fiir entropie-elastische Korper. Ein einzelnes, an einem Ende an einer Unterlage befestigtes Knauelmolekiil wird beim Anlegen einer Last deformiert. Nach dem Entfemen der Last wird es aber in seine dem Gleichgewicht entsprechende Makrokonformation zuriickkehren (Kap. 16.4.2). Deformiert man Substanzen aus solchen Molekiilen mit flexiblen Segmenten, so ktjnnen jedoch die Segmente bzw. Molekiile bei genugend grossen Beanspruchungen voneinander abgleiten. D e r Korper wird somit imversibel verformt. Das Abgleiten wird aber unterbunden, wenn die Ketten untereinander vemetzt sind. Bei der Entlastung kehren die Segmente in diesem Fall in ihre Ausgangslagen zuriick. Diese "GummielastizitW kann auf verschiedene Weise beschrieben werden. In molekularer Sicht tindert die Verformung die Makmkonformation. Die resultierende Entropielnderung kann sowohl mit der phanomenologischen als auch der statistischen Thermodynamik beschrieben werden. Die Elastizit2t von Metallen und Thermoplasten ist dagegen energetisch bedingt. Es gibt jedoch auch chemisch leicht vemetzte Polymere mit srarren Segmenten, die uberwiegend energie-elastisch sind. Derartige energie-elastische Elastomere besitzen im Augenblick nur akademisches Interesse. Entropie-elastische und energie-elastische Korper unterscheiden sich charakteristisch in ihren makroskopischen Eigenschaften: energie-elastische Korper entropie-elastische Korper
Reversible Deformation ElastiziWsrnodul Ternpe-hng him Versmken Erhitzen von K6rpern unter konstanter Last Erhitzen nichtdeformierter K6rper
klein (ca. 0,l %) hoch Abkiihlung Ausdehnung Ausdehnung
gross (mehrere 100 %)
niedrig Env&mung Kontraktion Ausdehnung
Da sich nicht-deformierte Elastomere beim Erhitzen ausdehnen, deformierte sich aber kontrahieren, muss es eine bestimmte Dehnung geben, bei der sich beide Effekte kompensieren. Diese Dehnung betragt gewohnlich (5-10) %. Bei ihr ist der Ausdehnungskoeffizient gleich null.
55 1
16. Elastizitdt
P Spitze
Physisorption
covalente veranlcerung
J
I
Abb. 16-18 Bestimmung der Elastizitilt von Knilueln rnit der Kraftmikroskopie AFM. Die Molekiile sind covalent an z.B. Alkanthiole gebunden, deren hoch-geordnete, LristalMnliche Schichten mit einer ammar flachen. polykristallinen Goldunterlage covalent verbunden sind. Das Polymennolekiil wird von der (10-50) nm breiten Spitze eines Rasterkraftmikroskopes "gegriffen" und gedehnt. Die Spitze ist iiber eine weiche Blattfeder an eine piezoelekeische Messvomchtung gekoppelt, welche Auslenkungen der Feder von ca.0,l nm registriert.
16.4.2. Entropie-Elastizitlt einzelner Molekiile Das Dehnen einzelner Molekule llsst sich mit der Rasterkraftmikroskopie expenmentell untersuchen (Abb. 16-18), wobei die Kraft als Funktion der Ltingung registriert wird (Abb. 16-19>. Die "raue" Kumenform entsteht dabei durch die Antwort einzelner Bindungen auf die angelegte Kraft. Die verschiedenen Anstiege bzw. Plateaus der Kraft stammen von unterschiedlichen molekularen Prozessen, welche mit der Molekiildynamik simuliert werden k6nnen (Abb. 16-19). Experiment und Simulation liefem gut ubereinstimmende Formen der Kraft-Dehnungs-Kumen. Wilhrend aber die Umwandlung der Konformationen um -0-CH2-CHexperimentell bei einer Kraft von ca. 300 pN einsetzt, vitt sie bei der Simulation erst bei ca. 600 pN auf. Dieser Unterschied ist dadurch bedingt, dass bei der Simulation viel schneller "gezogen" wird (Zeitraum 1 ps) als beim Experiment (ca. 10l2 ps = 1 s). Weil die beim langsamen Experiment auftretenden thennischen Fluktuationen beim schnellen Simulieren wegfallen, erscheinen die Strukturen bei der Simulation als viel stabiler. Ihre Umwandlung ben6tigt folglich beim Simulieren viel mehr Kraft.
z,
. 4,
I-
200
0
Aufweitung von
Drehung um
200
- 400 0
100
200
300
- L/nm +
400
Abb. 16-19 Kraft F als Funktion der Lmgung L von einzelnen Dextranmolekiilen [141. Nach Simulationen rnit der Molekiildynamik erfolgen mit zunehmender Lilngung zuerst Rotationen (Umwandlungen der Mikrokonformationen)um die glycosidische Bindung XH-O-CHy, dann Aufweitungen der Valenzwinkel-O-CH2-CH-um die die Zuckemnge verbindenden @-Amme, gefolgt von Konformation&demngen um diese Winkel und schliesslich Elongationen der Zuckeninge.
552
16.4. Entropie-Elastizitat
Das Kraft-Dehnungs-Vehalten von Knauelmolekiilen lasst sich mit den iiblichen Kettenmodellen beschreiben. Die zum Wiedeherstellen der Gleichgewichts-Gestalt von Valenzwinkel-Ketten erforderliche Retraktionskraft Fkette ist bei Segment-Ketten (E: f m l y jointed chains) durch G1.(16-33) gegeben, wobei roo = Fadenendenabstand, rcont = NsegLseg = konventionelle Konturlage, Nseg = ZaN der Segmente der L h g e Lseg und f* = inverse Langevin-Funktion (S. 97):
Fur wurmtihnliche Ketten gilt rnit ro = Fadenendenabstand und
bs= Persistenzlihge
Beide Ausdrikke gelten auch, wenn die Valenzwinkel der Kettenatome auf 180" gestreckt werden. rcont ist dann durch die historische Konturlhge Lkette zu ersetzen. Das Auftragen von Fkette gegen die normierte L h g e L/r,ont liefert bei geeigneter Wahl der anpassungsmgen Griissen Nsegund Lseg universelle Kurven (Abb. 16-20). In beiden F a e n wurde etwa die gleiche Segmentluge von Lseg =: 0,30 nm erhalten, also ungef* die kristallographische Bindungslhge von b , = 0,254 nm.
\
- 0.2
g:- 0,3
I
- 0,4 Segmentkette
- 0.5
0
0.2
0,4
0.6
0,8
1 0
- Lfrcont
0,2
wurmartige Kette
0,4
0.6
0.8
1
Abb. 16-20 Retraktionskraf't vom Poly(me~acry1siiure) ( nw = 66 200 g/mol; 1 Thiol-Endgruppe) in Wasser als Funktion der reduzierten LAnge. Modellierungen als Segmentkette mit L,, = 0,33 nm und vielen Messungen fiir jede der 8 Ketten mit verschiedenen Briickensegmenten (61 INseg I 295) bzw. der gleichen Daten als wurmartige Kette mit Lseg= 0,28 nm (77 INseg I 372) [151. Mit fkundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, DC.
16.4.3.
Chemische Thermodynamik
Die Zustands2nderungen entropie-elastischer Ktirper lassen sich quantitativ durch die Grundgleichungen der phhomenologischen Thermodynamik beschreiben, welche den Druck p , das Volumen V und die Temperatur T rnit der Inneren Energie U. der Helmholtz-Energie A, und der Entropie S verknupfen (vgl. Lehrbucher der chemischen Thermodynamik). Bei Zugversuchen an entropie-elastischen Ktjrpem wird die Volumen2nderung W durch die Lingentinderung dL und der Druck p durch die Zugkraft F erSetzt (umgekehrtes Vorzeichen!):
16. Elastizitcit
55 3
Das Einsetzen der rechten G1.(16-36) in die rechte G1.(16-35) liefert
Thermodynamisch gilt allgemein (aSPV)T = ( a p / a n v und analog (2SPL)T = ( a F P n L . Einsetzen dieses Ausdrucks in G1.( 16-37) mhrt zur thermodynamischen Zustandsgleichung (E: thermodynamic equation of state) der entropie-elastischen Ktirper: (16-38)
F = (aAP7')L
Bei nicht zu stark gedehnten Elastomeren ist die Kraft F = Aoa der Temperatur proportional. Es gilt also F= consr T bzw. (8FPT)L = const und somit FIT = (aFPT)L. EinsetZen dieses Ausdruckes in G1.(16-35) fiihrt zu (aU/aL)T = 0: die Innere Energie U iindert sich bei einer isothermen Dehnung nicht. In diesem Verhalten unterscheiden sich entropie-elastische Ktirper grundegend von energieelastischen. Beim Erhitzen von der Temperatur TI auf Tn llndert sich die Liinge eines Kti~persvon LI auf Ln. Fiir die Anderung der Inneren Energie gilt aU = FdL + C,dT = 0, wobei C, die Wbnekapazitiit bei konstantem Druck ist. Nach der Integration vom Zustand I zum Zustand I1 erhtilt man F(Ln - LI) = - C,(Tn - TI).Da TIIgr(lsser als TI ist, muss LII< LI sein. Beim Erwirmen unter konstanter Last zieht sich also ein entropie-elastischerKtirper zusammen, wiihrend sich ein energieelastischer ausdehnt. Da die Last konstant ist, muss folglich die Spannung zunehmen; ein eingespanntes Gummiband wird beim ErwSLrmen strammer. Dieses Verhalten folgt auch unmittelbar aus dem totalen Differential der Liingenhderung:
ErwSLrmt man bei konstanter Lllnge, so wird dL = 0 und G1.(16-39) geht uber in
Die LWge L nimmt mit steigender Reckkraft F zu. (aL/aF)T ist daher positiv. Die hderung (aL/aT)F der L u g e mit der Temperatur ist dagegen negativ. da der lineare thermische Ausdehnungskoeffizient (l/L)(dL/dq wegen F(Ln - Li) = - C,(Tn - Ti) bei Temperaturen TII> T I negativ ist. Also muss (aF/dT)L positiv sein: beim Erwirmen eines enuopie-eiastischen Ktirpers nimmt die Reckkraft F und die Spannung 0 = F/A zu. Ein energie-elastischer K6rper (z. B. ein Metallband) erschlafft dagegen. Reale entropie-elastische Ktirper enthalten im Gegensatz zu idealen immer noch einen energie-elastischen Anteil. Die vom energie-elastischen Anteil herriihrende Kraft Fen ist f i r eine uniaxiale Deformation gegeben durch
554
16.4. Entropie-Elastizitat
.
\.
4
5
+
Kristallisation
-0.61
.
1
2
. 3
-A
-
Abb. 16-21 Energie-elastischer Anteil F J F des Naturkautschuks als Funktion des uniaxialen VerstreckungsverhWkses A = L/Lo [16]. Mit freundlicher Genehmigung der American Institute of Physics, Melville (NY). Der energie-elastische Anteil FerJF kann daher prinzipiell aus Kraft-Temperatur-Messungen bei konstantem Volumen erhalten werden. Da derartige Messungen experimentell schwierig sind, misst man meist bei konstanter L2nge und wertet dann mit fiir diesen Fall abgeleiteten, aber hier nicht wiedergegebenen, Gleichungen aus. Die so ermittelten energie-elastischen Anteile Fen/Fsind, wie theoretisch gefordert, iiber einen recht breiten Bereich praktisch unabhhgig vom Verstreckungsverhiiltnis 2, (Abb. 16-21). In diesem Bereich sind die Anteile auch unabhhgig von der Messmethode, den Vemetzungsbedingungen, dem Vemetzungsgrad, dem Deformationstyp (Dehnung, Verdrillung), der Natur des quellenden Ltisungsmittels und dem Quellungsgrad. Bei hoheren Verstreckungsverhidiltnissen fallen die F,,/F-Werte ab, weil der Naturkautschuk unter Spannung kristallisiert. Der steile Anstieg der F,,/F-Werte bei kleinen, abnehmenden Verstreckungsgraden ist vermutlich durch die hier merklich werdenden Beitrige intennolekularer Wechselwirkungen bedingt. Energie-elastische Anteile kljnnen positiv oder negativ sein (Tab. 16-9). Bei Polymeren mit einer trans-Konformation als energiearmster Konformation emiedrigt eine Umwandlung von gauche nach trans die Energie. Der energie-elastische Anteil ist dann negativ (Netzwerke der rechten Seite der Tab. 16-9). Bei den Netzwerken der linken Seite der Tab. 16-9 ist dagegen der energie-elastische Anteil positiv. Die molekulare Ursache fiir dieses Verhalten scheint nicht bekannt zu sein. Tab.16-9 Energie-elastische Anteile F, JF bei vemetzten Polymeren. * Siehe auch Abb. 16-21. Polymere Poly(vinylalkoho1) Poly(dimethylsi1oxan) Poly(isopren), cis-1,4 Poly(styrol), at Poly(butadien), cis-1.4 Poly(oxyethy1en)
Polymere 0.42 0.19
0,17 * 0.16 0,12 0.08
Poly(isobuty1en) Poly(is0pren). rruns-I ,4 Poly@utadien),rruns-1,4 Poly(ethy1en) Poly (ethylen-co-propylen) polY(ti=hY~furan)
- 0,06 - 0.09 - 0,25 - 0,42 - 0.43 - 0,47
555
16. Elastiziidt
Abb. 16-22 Einige Netzwerke rnit trifunktionalen (f= 3) Vernetzungsstellen. I: unterschiedlich lange Neaketten, verschieden g r m Maschen (E: mesh), lose Enden. II: unmschiedlich lange Nelzkeuen. gleich gmse Maschen (je 14 Bausteine), keine Enden. JIk perfew Netzwerk rnit gleich langen Nekketten aus je 15 Bausteinen, gleichen Maschenweiten sowie Abwesenheit von losen Enden (E: tangling ends, loose ends). Hier: N, = 6, N, = 4, f = 3. Iv: Netzwerk mit N, losen Enden. aber ohne Schleifen (Schleife (E: loop): beide Enden einer NWkern an der gleichen Verzweigungsstelle). Hier: N, = 4, f = 3, N, = 4, N, = 4. Ein perfektes Netzwerk besitzt N, = N, Netzketten (vgl. In), ein Netzwerk rnit Nelosen Enden (aber ohne Schleifen) dagegen N, = (~72)N, - (NJ2)Netzketten (vgl. IV).
m)
16.4.3.
Statistische Thermodynamik
Die vorstehend beschriebene chemische Thermodynamik erlaubt Vorhersagen uber Zustands2ndemngen. Sie sagt jedoch nichts uber den Einfluss der chemischen und physikalischen Stnrktur der Polymeren auf die Eigenschaften von Elastomeren aus. Dieser Einfluss kann rnit der statistischen Thermodynamik bemhnet werden. Lineare Kettenmolekule k6nnen in sehr verschiedenen Makrokonformationen auftreten (Kap. 4). Sie sindflexibef, wenn sie affe m6glichen Lagen schnelf einnehmen kSnnen. Damit sie jedoch beim Anlegen einer Spannung nicht wegfliessen, miissen die Ketten alle miteinander zu einem Netzwerk (E: network) verbunden sein (Abb. 16-22). Die von einer Vernetzungsstelle (Netzstelle; E: junction, cross-link) zur anderen reichenden Kettensegmente werden Netzketten (E: network chains) genannt. Vemetzungsstellen sind meist tri- oder tetrafunktional. Netzketten von Elastomeren bestehen gewdhnlich aus Hunderten von Kettengliedem bzw. Grundbausteinen. Bei einem perfekten Netzwerk besitzen alle Netzstellen die gleiche Funktionalit2t. alle Netzketten die gleiche Zahl an Grundbausteinen und alle Maschen die gleiche Gr6sse. Perfekte Netzwerke weisen femer weder lose Enden noch Schleifen, Knoten. Verschlaufungen und ausgeschlossene Volumina auf. Beim Dehnen solcher Netzwerke indert sich deren Gibbs-Energie. Die statistische Thermodynamik geht dazu von der Gibbs-Energie G'(r) = H - TS einer einzelnen Netzkette aus. Die Entropie dieser Netzkette ist nach S = k~ In W(r) durch die Verteilungsfunktion W ( r ) des die Enden einer Netzkette verbindenden Vektors r gegeben. Diese Funktion kaM durch eine Gauss-Verteilung der Kettenenden angenllhert werden, d.h. durch W(r)= [3/(2 IE (r2)0)]3/2exp [- 3 r2/(2 (r2)0)] (vgl. G1.(4-39) f i r die Trzgheitsradien, wenn die Netzkette ein einziges Segment rnit dem Polymerisationsgrad X = 1 darT W(r)liefert stellt). Einsetzen in G' = H - ~ B ln (16-42)
G'(r) = H - hT In [3/(2 = C'(T)
R
(r2),)]3/2 + k$[3
r2/(2 (r2),)1
+ b i n 3 r2/(2 (9>0>1
556
16.4. Entropie-Elastizitat
wobei das erste und das zweite Glied der rechten Seite in einer temperaturunabhhgigen Konstanten C'(Z') zusammengefasst wurden. Die Gibbs-Energie eines Netzwerkes aus N, Netzketten mit einem mittleren Fadenendenabstand r2 = (r2)aller Netzketten ist dann
Beim Versmcken eines Netiwerkes wird nun die makroskopische Deformation durch die Netzstellen auf die Netzketten iibemagen. Die Anderung der elastischen Gibbs-Energie des Netzwerkes setzt sich daher aus zwei Beitagen zusammen: (a) durch Konformationsmderungen innerhalb jeder Netzkette von G(r,) zu G ( r ) (Konformations-Term) und (b) durch rtiumliche Neuverteilung der Netzstellen im R a m (Dispersions-Term). Den Konformationsterm erhillt man aus G1.(16-43) minus dem entsprechenden Ausdruck f i r den anf8nglichen (isotropen) Zustand mit (r2) = (r2)o. Der Dispersionsterm ergibt sich 2hnlich wie bei idealen Gasen durch die Zunahme des VoIumens von V , auf V, d.h. durch AGdisp = - N x k ~ T In (VlV,). Bei einem perfekten Netzwerk aus N, Netzketten mit Netzstellen der Funktionaliat f ist femer die Zahl der Netzstellen gleich Nx = 2 NJf. Die h d e r u n g der elastischen Gibbs-Energie ist somit
16.4.5.
Modelle
Die durch die Deformation bewirkte Verschiebung der Mittel iiber die Quadrate der Fadenendenabsthde der Netzketten ist nicht direkt messbar. Sie kann aber bei bestimmten Modellen durch das makroskopisch messbare VerstreckungsverhUtnis A = L/L, ausgedriickt werden. GegenwHrtig werden drei Modelle diskutiert: einfach-affines Modell, afiines Modell, und Phantom-Netzwerk (Tab. 16-10), Dies in der Literatur geWuchlichen drei Namen sind total hefiihrend. Alle drei Modelle nehmen n&nlich Phantom-Netzwerke an, also Netzwerke mit unendlich diinnen Netzketten. die sich gegenseitig durchdringen k6nnen. Zwei oder mehr Netzstellen oder Segmente konnen somit den gleichen Platz einnehmen; es gibt kein ausgeschlossenes Volumen der Kettensegmente. Die Modelle unterscheiden sich in der Art der AffiniW und der An- oder Abwesenheit von Fluktuationen urn Netzstellen. Das einfach-affine Modell nimmt eine Phantomkette an, bei der die Verschiebung der Kettensegmente affin (d.h. linear) zur entsprechenden makmskopischen Deformation ist. Es sollte besser "segment-affines Phantomkenen-Modell" heissen (Symbol S). Tab. 16-10 iibersicht uber Modelle fiir die Gummi-Elashiat.
Symbol Gebr&AicherName
Ausgeschlossenes Volumen der Segmente
Affiiiat
Fluktuationen
S einfach-afiin N a f f i n F Phantom-Neawerk
nein nein nein
Segmente Netzstellen Netzstellen
keine keine Netzstellen
16. Elastizitiil
557
Das affine Modell (Symbol N) wird am hhfigsten verwendet. Bei ihm verschieben sich die Netzstellen der Phantomketten und damit auch die Kettenvektoren x, y und z in den drei Raumrichtungen i = x, y, z affin zum makroskopischen V e r s t r e c k u n g s v e t s 4 = L4Li.o. Der korrekte Name fiir dieses Modell w&e "netzstellen-affinesPhantomketten-Modell" (Symbol N; E: junction-affine). ~ und fiir alle drei RaumFur die x-Richtung gilt somit Ax2 = ( X ~ ) / ( X ~=) (x2)/[(r2)J3] richtungen
Das Volumen V geht mit dem Verstreckungsverhtiltnis Ai = LdLi.0 (i = x. y, z) und den Beziehungen Lx,o = $,o = Lz,o = Lo und Lo3 = Vo in die Beziehung V = LxLyL, = AxLx.oAyLy.oilzLz,o = Lo3(AxAyA,) = Vo(AXAyA,) iiber. Mit G1.(16-45) erhtilt man somit fiir G1.(16-44) (16-46)
AGel= Nc(kB7'/2) { [Ax2 + Ay2 + Az2 - 31 - [(4/n In ( A x A y U I I
Die Anderung der elastischen Gibbs-Energie beim Verstrecken eines Elastomeren wird somit nur durch die ZahI Nc der Netzketten. die Temperatur T, die Verstreckungsverhtilmisse Ai und die Funktionalit2t f der Netzstellen konmlliert, nicht aber von den Shukturen der Netzketten und Netzstellen. Die Netzstellen konnen chemisch oder physikalisch sein; es w i d nur gefordert. dass ihre Zahl konstant bleibt. Beim affinen Modell N wird angenommen. dass die Fluktuationen um die Netzstellen durch die benachbarten Netzketten unterdriickt werden. Diese Annahme ist bei ungequollenen. nicht-deformierten Netzwerken gut erfiillt, nicht jedoch bei in thermodynamisch guten Msungsmitteln hoch gequollenen Netzwerken. Das sog. Phantom-Netzwerk 18st dagegen eine "freie" Fluktuation der Netzstellen um deren mittlere Positionen zu (Symbol F). Schwankungen um diese Positionen sollen einer Gauss-Statistik folgen. Eine solche Fluktuation der Netzstellen muss aber bei den irnmer noch verhtiltnismlissig hohen Polymerkonzentrationen in den Gelen mit den Fluktuationen anderer Ketten gekoppelt sein. Das Modell F basiert somit auf gekoppelten Bewegungen der Netzstellen; es ist ein "netzstellen-affnes Phantornketten-Modell mit gekoppelten Fluktuationen der Netzstellen". Das Modell F liefert f i r die elastische Gauss-Energie eine thliche Beziehung wie G1.( 16-46). Da jedoch die mittleren Positionen der Netzstellen durch die makroskopische Deformation festgelegt sind, kann es bei dem Phantom-Modell keine Dispersion der Netzstellen geben. Der Dispersions-Term [(4/fi ln (AxA,,Az)] in G1.(16-46) wird somit gleich Null. Der Frontfaktor Nc(k~T/2)ist femer durch Nc(kBT/4) zu ersetzen. weil durch die Deformation des Netzwerkes nur eine Htilfte des Abstandsquadrates geadert werden kann, die die Fluktuationen reprBentierende andere Htilfte aber nicht. Alle drei Modelle sagen die gleiche Abhagigkeit 011 = const (A - A-2) der Zugspannung crl1 vom Dehnungsparameter (A - A-*) voraus (s. unten). Da der Frontfaktor const empirisch ermittelt werden muss. k6nnen somit Zugversuche nicht zwischen den drei Modellen unterscheiden. Diese Information wird jedoch von den theoretischen Beziehungen zwischen dem Aufweitungsfaktor a, der Triigheitsradien und dem rnakroskopischen DehnungsverhSmis A geliefert. Die Aufweitungsfaktoren sind durch inelastische
558
16.4. Entropie-Elostizitiit
Tab. 16-11 Longitudinale und transversale Aufweitungsfaktoren der Tr'dgheitsradien als Funktion des makroskopischen Dehnungsverhi4ltnisses bei den Modellen S, N und F fiir Phantom-Netzwerke. Modell
(411 =
(411=
Neutronenkleinwinkelstreuung an partiell deuterierten Netzwerken in den Richtungen parallel (11) und senkrecht (I)zur Zugrichtung relativ zum mittleren Tragheitsradius (s2)01ndes isotropen Korpers (Netzwerk vor dem Verstrecken) messbar. Die Aufweitungsfaktoren betragen somit (a,)e = ((S~)IC/(S~),>~/~ bzw. (a,)l= ((S~)~/(S*)~)~/~. Die longitudinalen Aufweitungsfaktoren (as)llsind nur beim Modell S dem makroskopischen DehnungsverhUtnis A direkt proportional (Tab. 16-1 1). Alle anderen Modelle W e n zu komplizierteren Ausdriicken. Beim Modell F werden die a,-Werte noch zusltzlich von der Funktionalitit f der Netzstellen beeinflusst. =An) bzw. ( a , ) l =f ( A ) sind bei Poly(dimethylsi1oxan)-NetzDie Funktionen (a,)!~ werken mehr oder weniger unabhangig davon, ob die Vemetzung im ungequollenen oder im gequollenen Zustand erfolgte (Abb. 16-23). Die transversalen Aufweitungskoeffizienten (a,)lfolgen recht gut dem F-Modell; es gibt praktisch keinen Einfluss der Molmasse der Netzketten. Anders ist es bei den longitudinalen Aufweitungskoeffzienten (a,)ll. Netzwerke mit kleinen Molmassen der Netzketten verhalten sich hier wie das N-Modell, warend solche mit mittleren Molmassen dem F-Modell zuneigen und solche mit noch hoheren Molmassen noch tiefer liegen und von keinem der Modelle erfasst werden.
-A
4
Abb. 16-23 Beziehungen zwischen dem Aufweitungsfaktor a, der Tdgheitsmdien parallel (It) bzw. senkrecht (I) zur Zugrichtung nach verschiedenen Modellen fiir Phantomketten (s. Text) [ 171. Ausgezogene Linien: Theorien (Funktionalitiittf=4 der Netzstellen fiir das P-Modell). Experimentelle We* fiir ungequollene Poly(dimethylsi1oxan)e mit Molmassen der Netzketten von 6OOO (A), 10 OOO (0) bzw. 25 000 glmol(0). Vernetzungen im ungequollenen Zustand (A,0 . 0 )bzw. bei gequollenen hoben mit den Volumenbriichen = 0,71 (Striche oben) oder = 0.60 (Striche unten).
559
16. Elastizitat
16.4.6.
Uniaxiale Dehnung
Das Standard-Modell ist gewiihnlich das netzstellen-affine Phantomketten-Model1 N, das dem Verhalten der Aufweitungskoeffizienten nach jedoch nur flir relativ kulze Netzketten gilt (Abb. 16-23). Dehnt man ein solches Netzwerk uniaxial in x-Richtung, aber nicht in den y- und z-Richtungen, so muss folglich Ax = A = L/Lo gelten und wegen der miiglichen Volumenlindemng von Vo auf V auch 2, = = [(V/VO)(~/A,)]~/~.G1416-46) wird damit zu AGel= (N&)kgT( [A2 + 2(V/Vo)A-l- 31 - (4/n In (V/Vo)}. Differenzieren dieser Gleichung nach der Llinge L = LoA liefert die Kraft F:
a = L/Li,v = L/[Lo(V/vo)ln] = A(V/Vo)-ln ist dabei das DehnungsverhQtnis beim im gedehnten Zustand vorliegenden Volumen V relativ zur Llinge des unverstreckten isotropen Kiirpers. Da die Zugspannung als 011 = F/Ao definiert ist, erhQt man nach dem Einfiihren des Volumens Vo = A d o , der Boltzmann-Konstanten kg = R/NA und der Stoffmengenkonzentration [M,] = NJ(NAVO) der Netzketten (16-48)
ull
= F/Ao = RT[M,](A - (V/Vo)k2) = RT[M,l(a - CZ-~)(V/VO)~/~
Andert sich bei der Deformation eines ungequollenen Netzwerkes das Volumen nicht,
so wird VlVo = 1 und G1.(16-48) zu (1 6-49)
~ 1 =1RT[M,](A
- 1-2) = Eapp(A- A-2)
Die Zugspannung 01 1 ist somit einem dimensionslosen Parameter (A - k2)proportional. Der Frontfaktor RT[Mc] entspricht einem Elastizitatsmodul E,, = q l ( A - k2)-l, wie der Vergleich mit dem Hooke'schen Gesetz E = 011(A - l)-l zeigt. In analoger Weise kann man auch fur einen Einfluss der Quellung auf das Spannungs-Dehnungs-Verhaltenungequollener Netzwerke komgieren. Der fiir das Dehnen ungequollener Netzwerke in G1.(16-48) auftretende Ausdruck V d V = Vo/(Vo + AV) entspricht bei Quellungen dem Volumenbruch h = V2/v des Polymeren, so dass G1.(16-48) dann zu 011 = RT[M,](A - A-2)hlD wird. In G1.(16-48) gibt die molare Konzentration [MJ an Netzketten die anfiinglich vorhandene Konzentration an chemischen Vemetzungsstellen an. Experimente liefem jedoch die aktuelle Konzentration an allen effektiven Netzstellen, chemischen und physikalischen. Nicht alle chemischen Vemetzungsstellen sind jedoch gleich effektiv, da die Dehnbarkeit durch die kurzesten Netzketten kontmlliert wird. Ein Teil der totalen Funktionalitiit der chemischen Vemetzungsstellen wird ausserdem durch die Bildung von losen Enden und Schleifen verschwendet. Umgekehrt fuhren physikalische Vemetzungsstellen immer zu griisseren effektiven Konzentrationen an Vemetzungsstellen. Der Einfluss von Verschlaufungen durfte jedoch bei chemischen Netzwerken genng sein. Falls Netzwerke beim Verstrecken kristallisieren, ist aber eine starke Zunahrne an effektiven Vemetzungsstellen zu erwarten.
560
16.4. Entropie-Elastizitat 5
t'
-3
-A Fig. 16-24 Zugspannung 01 1 eines vemetzten Naturkautschuks bei 25°C als Funktion des VerstreckungsverhHtnisses A = L/Lo [18]. 0 Dehnung (A > l), 0 Kornpression (2 c 1). Einblendung: Bestimmung von RT[MJ aus der anfbglichen Steigung von q l =Anmit Anpassen an die Kornpressionswerte. - - - - Berechnet mit dem so ermittelten Wert von RT[M,J = 0,364 und GL(16-48).
GI.( 16-48) beschreibt recht gut das Spannungs-Dehnungs-Verhaltenvon vemetztem Naturkautschuk bei der Kompression ( A c 1) und bei nicht zu hohen Verstreckungsverhiilmissen von 1 c I c 5 (Abb. 16-24). Bei noch grosseren Dehnungen ftingt Naturkautschuk an zu kristallisieren. Die kristallinen Bereiche wirken als physikalische Vemetzungsstellen und die Zugspannung steigt steil an. Aus dem Wen RT[M,] = 0,364 berechnet sich mit R = 8,314 J K-l mo1-l und T = 298 K die molare Konzentration an Netzketten zu [&I = 1,47.1@ mol/cm3. Die Dichte des Naturkautschuks ist p = 0,91 g/cm3. Sie wird nur wenig durch die Vulkanisation beeinflusst. Die mittlere Molrnasse der Netzketten zwischen Vernetzungsstellen bemgt sornit Mc= p/[&] = 6190 g/mol, der Polymerisationsgrad X, = MJM, = 6190/68,12 = 90,9 und die minlere Kenengliedenahl N, = 4.90.9 = 364. Wenn Netzketten die Gauss-Statistik befolgen, besitzen sie einen mialeren Fadenendenabstand von (r2)o*n. Da (r2)dM fiir Naturkautschuk zu 6,79-10-3nm2 mol g1 efunden wurde, ergibt sich sornit der mialere Fadenendenabstand zu (?),ln = [6,79-10-3-6190nm2]la = 6.48 nm. Netzketten sind bis zu einer (rnittleren) Konturhge rMlt = N,b sin($!) dehnbar (GL(4-8)). Die mittlere Lmge von Kettenbindungen bemgt bei einer cis-l,4-Poly(isopren)-Ketteb = 0,152 nm. Setzt man den Bindungswinkel der Einfachheit ha1be.r als 7 = 11 1,5", so erhdt man fiir die konventionelle Konturhge r,,,= 364-0,152sin (111,5/2) nrn = 457 nm. Ungestiirte KnSuel kilnnen maximal bis zu A,,,= = rmJ(rz),,ln gedehnt werden, im Beispiel also zu Lax = 45,7/6,48 = 7,05, was recht gut mit dem maximalen Verstrwkungsverhiiltnis in Abb. 16-24 iibereinstimmt Beim Modell F htingt die Zugspannung wegen der gekoppelten Fluktuationen ausser von [MJ zusatzlich noch von der Stoffrnengenkonzentration [M,] an Netzstellen ab. Fur Deformationen ohne Volumentinderung ergibt sich (16-50)
011
=RT([M,] - [Mx])(I - I-2)
SowoN das N-Modell als auch das F-Modell sagen somit fiir die Zugspannung bei volumeninvarianten Elastomeren eine Funktion cq 1 = const (I- I-2) voraus. Die Modelle unterscheiden sich nur im Frontfaktor consf, der beim N-Model1 RT[M,] betragt (G1.(16-48)) und beim F-Modell RT[M,I([M,I - [M,]) (GL(16-50)).
561
16. Elastizitat
16.4.7.
Biaxiale Dehnung
Bei einer gleich grossen Dehnung eines volumenkonstanten Elastomeren (Ax$& = 1) in den x- und y-Richtungen wird A, = A,, = ilund A, = l/A2. Das Einsetzen dieser Werte
in G1.(16-46) fiihrt zu AGel = ff,(kBT/2)[2 A2 + A* - 31. Differenzieren nach L = LoL liefen F = (dAGel/aL)T,v = (2 N J b ) ( k g T ) [ A - k 5 I . Einfiihren von u = F/Ao, Vo = Wo, = R/NA und [MJ = NJ(NAVO) ergibt (16-51)
u = 2 RT[M,l(A-
Die Spannung in jeder der beiden Richtungen ist also bei einer biaxialen Dehnung @isser als bei einer uniaxialen (vgl. G1.(1648)).
16.4.8.
Dehnung realer Netzwerke
Keines der beiden klassischen netzstellen-affinen Modelle N und F kann alle Spannungs-Dehnungs-Kurven wiedergeben, vor allem nicht diejenigen von durch Flussigkeiten gequollenen Netzwerken (Abb. 16-23). Einer der Griinde scheint zu sein. dass bei kleinen Deformationen die Fluktuation um die mittlere Lage von Nemtellen dutch Verschlaufungen von Netzketten innerhalb des Netzwerkes unterbunden wird. Die Funktion a=flA) folgt d a m dem N-Modell. Bei grossen Deformationen und kleinen Deformationsgeschwindigkeiten k6Mm sich die Netzketten durch Diffusion entschlaufen. Dadurch werden wieder Fluktuationen der Netzstellen mSglich und das Spannungs-Dehnungs-Verhalten ntihert sich demjenigen des F-Modells fiir gekoppelte netzstellen-affine Fluktuationen an. Der Frontfaktor des N-Modells enthat nun die molare Konzentration [M,] an Netzketten, wtihrend der Frontfaktor des F-Modells die Differenz [M,] - [M,] der molaren Konzentrationen der Netzketten und der Netzstellen aufweist (G1.( 16-50)). Der iibergang vom N-Model1 zum F-Modell bedeutet also eine Abnahme des scheinbaren Elastizitgtsmoduls E,, = 01 l/(A - A-2). Diese Abnahme wird hgufig mit der semi-empirischen Mooney-Rivlin-Gleichung beschrieben. Fur die elastische Gibbs-Energie wird hier eine Symmetrie-Bedingung mit den empirischen Konstanten C1'und Ci angesetzt: (16-52)
AGel = C1'[Ax2+
S2+ Az2 - 31 + CZ'[A,-~+ Ay-2 + &-2
- 31
Die elastische Energie kann als Funktion der Dehnungsinvarianten geschrieben werden, d.h. Funktionen von 11,A2 und A3, die unabhmgig von der Wahl der Achsen sind: (16-53)
AGel = C1'[f1 - 31 + Cz'[f2- 31 + O(f3 - 3)
...
Dabei ist fl = A: + A; + A: die erste Dehnungsinvariante, f 2 = + A;A: + A:A: die zweite Dehnungsinvariante und Cl', C2' = Konstanten. Die h6heren Ordnungen O(f3- 3) sind in enter Naerung vemachlissigbar. In G1.(16-53) setzt man dann wiederholt die fiir ein inkompressibles Material geltende Bedingung A,&& = 1 ein, z.B. A, = l/(Ay&).
562
16.4. Entropie-Elastizitat
Der Gummi SOU ferner inkompressibel und volumeninvariant sein (A,A,A, = 1) und in x-Richtung gedehnt werden (A, = A; A, = l/Ix1/2;I, = l/I,t/z). Die Anderung der ~ 2 A - 31. elastischen Gibbs-Energie wird damit zu AGel = Cl'[A2 + (2/4 - 31 + C Z ' [ A -+ Differenzieren nach L = LoA liefert die Reckkraft F :
Nach dem Ausmultiplizieren, dem Einsetzen von 011 = F/Ao = L@/Vo. C1 = C1'/Vo und C2 = C2'/V0, sowie dem Umfonnen erhtilt man die Mooney-Rivlin-Gleichung:
Das Auftragen von 01 1 / ( I - k2) gegen l/A fiir einen verschieden stark gequollenen Gummi liefen Geraden, die bei A-l + 0 in einen gemeinsamen Ordinatenabschnitt 2 C1 munden (Abb. 16-25). Der Wert von 2 C1 wird aus diesem Grunde oft mit den Frontfaktoren der Gleichungen der statistischen Thennodynamik identifiziert. d.h. mit RT[M,] (G1.(16-48)) bzw. RT([Mc] - [MJ) (G1.(16-50)). Die Steigungskonstante 2C2 nimmt mit dem Volumenbmch h des Polymeren zu. Sie ist bei konstanten Vemetzungsbedingungen unabhangig von der chemischen Struktur der Netzwerke (Einblendung in Abb. 16-25). 2C2 h a g t jedoch von den Vernetzungsbedingungen ab, z.B. von Quellmitteln, Kettenonentiemngen, Vernetzunggraden usw. Es scheint auf Verschlaufungen anzusprechen, da das Verhtilmis CdC1 = KIA,-* mit steigender Querschnittsflgche A, der Ketten f a t . Je grosser aber A,, umso niedriger ist bei gleicher Kettenflexibilitat die Verschlaufungstenden. Ausserdem wird bei Kompressionen C2 + 0; bei Kompressionen kdnnen sich aber Verschlaufungen nicht auswirken. 0.30
a"
E 0.25
0.15
0
0,4
- 1-1
0,6
03
1
Abb. 16-25 Reduzierte Spannung u11/(1 - t 2 eines ) vernetzten Naturkautschuks als Funktion des reziproken Dehnungsverhiiltnissesbei 45°C irn ungequollenen Zustand (h= 1) und bei verschiedenen Quellungsgraden l/h in Decan o a t e n von [19]). Einblendung: Steigungen 2 C2 als Funktion des Volumenbruches = 1 - h des L6sungsrnittels in vernetzten, gequollenen Naturkautschuken (H),Butadien-Styrol-Kautschuken(0) und Butadien-Acrylni~-Kutsch~en (W) [20].
563
16. Elartisit&
16.4.9.
Scheren von Netzwerken
KBrper werden beim Scheren in [211-Richtung (x-y-Richtung) deformiert, bleiben aber in [3]-Richtung (z-Richtung) konstant (A, = 1) (Abb. 15-2 und 15-3). Bei einer volumenkonstanten Scherung (&I =,& 1) dehnt sich der K6rper folglich in x-Richtung (A, = A) und verkiirzt sich in y-Richtung (A,, = l/A, = l/A). In GL(16-46) wird somit [(4/n In (A,AyA,)l = 0 und [Ax2 + Ay2 + AZ2 - 31 fiir das Dehnen geht in [A2 + - 21 = [A - A-112 fiir das Scheren iiber. Mit der Definition der Scherung 7 = Ax -Ay = A - A-1 erhiilt man 9 = [A - A-lI2 = [A2 - A-2 - 21. G1.(16-46) geht damit iiber in
Die Scherenergie Es erhU man durch Differenzieren von G1.( 16-56) nach der dimensiomlosen Scherdeformation 7’ [ A - A-ll:
Ein Scheren beansprucht das ganze Volumen Vo. Die Scherspannung betrigt daher Dieser Ausdruck entspricht demjenigen fiir die Zugspannung 011 = F/Ao, bei der eine Zugkrafi F auf eine Flgche A0 wirkt. Einsetzen der Scherenergie E , = b T N C 7und der molaren Netzkettenkonzentration ) Ausdruck 021 = EJVo fiir die Scherspannung zeigt nach dem [M,] = ~ ~ ( N A VinO den Vergleich mit G1.(15-1), dass RT[M,I den Schemodul darstellt: 021 = EJVo.
Die molare Netzkettenkonzentration “3 = p/M, berechnet sich bei perfekten Netzwerken (Abb. 16-12) aus dem Verhumis der Dichte p des ungequollenen oder gequollenen Elastomeren zur Molmasse M, der Netzketten. Netzwerke sind jedoch meist nicht perfekt und man muss folglich noch fiir lose Enden komgieren. Beim nachtriglichen Vemetzen primiirer linearer Ketten (2 Enden) mit der Molmasse Mo wird der Korrekturfaktor zu (Mo - 2 M,)/Mo und man e h a t fiir den Schermodul nunmehr
Bei Polykondensationen und Polyadditionen f-funktioneller Monomerer erfolgt die Vemetzung gleichzeitig mit der Polyreaktion zu lageren Ketten. Die Ableitung ergibt fiir diesen Fall (16-60)
G
=-(
MC
1-
f)
Der Schermodul steigt also linear mit der Temperatur an (Abb. 16-26). Er ist femer reziprok proportional der Molmasse M, der Netzketten.
564
16.4. Entropie-Elastizitat
Die abgeleiteten Gleichungen gelten fiir die netzstellen-affine Deformation von Phantom-Netzwerken (Modell N). Fur Netzwerke mit gekoppelten Fluktuationen der Netzstellen (Modell F) ist wieder die molare Netzkettenkonzentration [M,] durch [MJ - [M,] zu ersetzen. Falls femer tetrafunktionelle Netzstellen vorhanden sind (f= 4) und das Netzwerk perfekt ist (N, = 0). geht N, = (f/2)Nx - (PI&) (s. Abb. 16-22) uber in N, = 2 N,. Damit wird auch [M&! = [Md: der Schermodul eines perfekten Netzwerkes ist beim FModell gerade halb so gross wie beim N-Modell. 12 T 9
u 1 3
-
0
0
100
200
-T f K
300
400
500
--*
Abb. 16-26 Schennodul G bei einer Frequenz von v = 0,Ol Hz als Funktion der Temperatur T bei vernetzten Polymeren aus 1,4-Butandioldiglycidyleter,Np-Dimethylethylendimin und 1,4-Diaminobutan [21]. Die experimentellen Werte ( 0 )wurden oberhalb der Glastemperaturen (vemkale Pfeile) gemessen. Die angegebenen Molmassen M, der Netzketten wurden mit M, = pRT( 1 - (2/f))/G (G1.(16-60)),der Dichte p = 1,l g/cm3 und der Funktionalit;itf=3 berechnet. Der Schermodul G kann bei kleinen Scherdeformationen mit dem Zugmodul E verknupft werden. Der Frontfaktor RT[M,] des N-Modells erscheint n2mlich in G1.(16-48) als RT[M,] = q1/(1was experimentell fiir kleine Dehnungen bestatigt wird, d.h. fiir 1 + 1 bzw. E + 0 (vgl. Abb. 16-24). Mit der Definition 2 = E + 1 ergibt sich der Dehnfaktor zu 2 - 2-2 = 1 + E - (1 + ~ 1 - 2= 1 + E - (1 - 2 E) = 3 E. Fur verschwindend kleine Deformationen isotroper Korper erhalt man mit dem Hooke'schen Gesetz ~ 1 =1 EE somit (16-61)
RT[M,] = limA,o
[oll/(2 - k2)] = 011/(3
E)
= E/3
Der Vergleich von RT[Mc] = G (G1.(16-58)) mit RT[M,] = E/3 (G1.(16-61)) zeigt, dass der Zugmodul E dreimal so gross ist wie der Schennodul G, wie es auch G1.(16-7) fiir volumen-invariante Deformationen vorhersagt (Poisson-Zahl p = 1/2). Beim Scheren zu kleinen Scherdeformationen verhalten sich also Elastomere wie Hooke'sche K6rper. Beim Dehnen zeigen sie aber kein Hooke'sches Verhalten, da die Zugspannung nicht der Dehnung E = A - 1 proportional ist, sondem 2 - 2-2 (vgl. G1.(16-48)). Die Zugmoduln E sind der Stoffmengenkonzentration [M,] an Netzketten direkt proportional. Bei hochgequollenen Netzwerken sollten diese Konzentrationen umgekehrt proportional der 3. Potenz der Maschenweite L, des Netzwerkes sein, d.h. es sollte gelten [M,] l/Lc3. Nach der Skalierungstheorie htingt die Maschenweite nach L,- c - ~ / ( ~ ~ - ~ ) von der Segmentkonzentration c ab, wobei v der Flory-Exponent ist und d die Dimensionalit2t (G1.(11-27)). Fur in guten Liisungsmitteln aufgequollene Netzwerke gilt d = 3
-
565
16. Elastizit&
-
-
-
und v = 3/5,so dass also E [&I l/Lc3 c9I4.Experimentell w i d in der Tat ein "mittlerer" Wett von 9/4gefunden (Abb. 16-27).Tatsichlich streben die Messwerte bei niedrigen Konzentrationen jedoch einem Exponenten von 3 zu, bei hohen Konzentrationen aber einem von 1. Dieses Verhalten ist bislang unerklirt. 107
106
105 lO4
1
.
103 k
/ 0
PEQX-x .
*
I 1
0,l
- c/(gmL-*)
-1
0
, 0,Ol
__--____----
--+
Abb. 16-27 Durch uniaxiale Kompression erhaltene ElastizitlItsmoduln gequollener Polymemetzwerke als Funktion der Polymerkonzentration [22]. Die gepunkteten Linien geben die nach der Skalierungs-lheclrie bei niedrigen Polymerkmzentrationen zu erwartende Neigung von 9/4= 2 3 an. Oben: mit Divinylbenzol(0) oder Ethylendimethacrylat (0)vernwte Poly(styro1)e in Benzol. Unten: mit einem aliphatischen "Poly"is0cyanat vemetzte Poly(oxyethy1en)e mit Molmassen der Netzketten von 1800 (0)bzw. 5600 glmol(0) in Wasser.
Historische Notizen Mechanische Modelle A.Reuss. Z.Angew.Math.Mech. 9 (1929)49 W.Voigt, Lehrbuch der Kristallphysik, G.Teubner, Leipzig 1910 M.Takayanagi, Mem.Fac.Engng. Kyushu Univ. 23 (1963) 1,41;M.Takayanagi, S.Uemura, S.Minami, J.Polym.Sci. C 5 (1964) 113 Gummi-Elastizitat
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566
Literatur
LU
Kap. I6
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567
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Quellennachweise
141
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568
17.
Viskoelastizitat
17.1.
Einfiihrung
1 7.1.1. Ubersicht Bei Zugspannungs-Dehnungs-Kurvenvon Polymeren kann man allgemein mehrere Bereiche unterscheiden, n a l i c h den Elastizitltsbereich vom Ursprung bis zur Roportionaliatsgrenze (Punkt sp;Q), den Dehnbereich von der Proportionalitiitsgrenze bis zum Punkt (oy;cy), den Fliessbereich vom Punkt (oy;cy) bis zum Punkt (0s;Q) und den Bruchbereich beim Punkt (og;Q) (Abb. 16-1). Der Elastizitiitsbereich wird durch die Energie-Elastizitlt bei kleinen Dehnungen von Kunststoffen und die Entropie-Elastizitiit bei gr6sseren Dehnungen von Elastomeren bestimmt (Kap. 16). Der darauf folgende Dehnbereich schliesst mit der (oberen) Streckgrenze ab, an der sprode Polymere brechen, duktile Polymere aber ein Maximum der Zugspannung aufweisen (Kap. 17.2). Duktile Polymere besitzen jenseits der Streckgrenze einen Fliessbereich mit den Teilbereichen der Spannungsweichmachung und der Spannungsverhlrtung (Kap. 17.3). Der Fliessbereich zeichnet sich bei statischen (Kap. 17.4) und bei dynamischen Messungen (Kap. 17.5) durch eine ausgesprochene Viskoelastizit2t aus. Auch Hlrte, Reibung und Abrieb werden durch viskoelastische Effekte beeinflusst (Band IV). Den Bruchvorghgen unter verschiedenen Beanspruchungen ist ein eigenes Kapitel (Kap. 18) gewidmet.
17.1.2.
Definitionen
Nach dem Hooke'schen Gesetz (G1.(16-4)) ist die Zugspannung 01 1 bei uniaxialen Dehnungen direkt proportional der Dehnung E = ( L - L,)/L, = A - 1. Die Proportionalit2tsgrenze (E: proportionality limit) lie@ bei sehr kleinen Dehnungen von einigen Hundertstel Prozent (Abb. 17-1, I). Entropie-elastische Korper dehnen sich zwar oft Hunderte von Prozenten. Sie befolgen dam jedoch nicht mehr das Hooke'sche Gesetz, sondem z.B. eine Funktion 011 = f ( A - A-*) (G1.(16-49)). I
*( b
I 0
0
0 wahrer zugmodul
0
0.2%
-&
Elastizitiitsmodul Kunsrstoffe
0
100%
0
100%
+
100 %-Modul 100 % Sekantenmodul Gummis Gummis
Abb. 17-1 Vier Definitionen von Zugmoduln (nicht massstiiblich).
569
17. Viskoelustizitat
Der Zugmodul E ist als Tungente der Funktion 01 1 =fie) bei Dehnungen 0 IE IEP definiert (Abb. 17-1, I). Die Tangente ist schwierig zu ermitteln, da die Proportionalititsgrenze unbestimmt ist. Der Modul w i d daher in der Regel als Sekante angegeben, z.B. f i r Kunststoffe beim CAMPUS-System@als Sekante zu Dehnungen zwischen 0.05 % und 0,25 % (Abb. 17-1, 11). Dieser Modul wird in der Kunststoffindustrie oft technischer Elastizitiitsmodul genannt, in der Textilindusvie dagegen Anfangsmodul. Bei Elastomeren gibt man nicht diesen Modul an, sondem den aus der Tungenten an die Spannungs-Dehnungs-Kurvebei Dehnungen von E = 300 % (d.h.. LIL, = 4) berechneten 300%-ModulE3~bzw. den entsprechenden 100%-Modul (Abb. 17-1,111). Teilweise wird auch ein Sekantenmodul E3w venvendet. der sich aus der Neigung einer Geraden vom Ursprung bis zum Zugspannungswert bei E = 3 bzw. 1 = L/L, = 4 ergibt (Abb. 17-1, IV). Die Proportionalititsgrenze ist nicht die Elastizititsgrenze, da sich der Ktirper auch oberhalb der Roprtionalitatsgrenze noch elastisch veh2lt. Die wahre Elastizitiitsgrenze (E: elasticity limit) wird erreicht, wenn die ersten Anzeichen einer irreversiblen Deformation ("Plastizitat") merklich werden. Das Einsetzen der Plastizit2t ist jedoch schwierig zu erkennen. Als konventionelle ElastizitItsgrenze wird daher die Spannung a , l definiert, bei der der Priifling nach der Entlastung eine irreversible Lagenzunahme von 0,Ol % der Messlhge beibehat. Diese Spannung darf bei Bauteilen nicht uberschritten werden. "PlastiziW" bezeichnet in der Festigkeitslehre ein durch ein einsetzendes Fliessen bewirktes Abweichen vom Hooke'schen Gesetz, d.h. bei der Funktion Zugspannung =ADehnung). In der Rheologie bezieht sich "PlastiziW' auf das abrupte Einsetzen von Fliessvorgbgen oberhalb einer Fliessgrenze in der Funktion Scherspannung =flSchergeschwindigkeit) (Kap. 15.4). Bei Metallen kann man anhand der Zugspannungs-Dehnungs-Kurverecht gut zwischen einer elastischen (reversiblen) Deformation und einer plastischen (irreversiblen) Deformation unterscheiden. Die wahre Elastizitatsgrenze ist d a m eine definierte Streckgrenze. da sie die minimale Spannung (Streckspannung) angibt, oberhalb derer h i m Entlasten eine definierte, bleibende Verformung zuriickbleibt, z.B. 0,Ol %. Die Streckspannung (E: yield strength) wird bei Metallen gelegentlich als Schnittpunkt der beiden Tangenten an den Anfangs- und den Endbereich der Spannungs-Dehnungs-Kurvedefiniert (Abb. 17-2, Mitte). Im anschliessenden plastischen Bereich nimmt die Zugspannung nur noch langsam mit steigender Dehnung zu, bis die Probe schliesslich reisst.
-E
+
-E
+
-€
4
Abb. 17-2 Drei Definitionen der Streckspannung beim Nachgiebigkeitsverhalten (E: yielding), d.h. einem Abweichen vom Hooke'schen Gesetz. I: Dehnspannung versetzt urn 0,2 % Dehnung. I 1 Streckspannung als Schnittpunkt zweier Tangenten. 111: Smkspannung als Maximum der Kurve.
570
17.1. Einfghrung
Bei Polymeren sind die Verhiiltnisse komplizierter. Bei steif-spriiden Polymeren l a s t sich z.B. meist nicht gut eine Tangente an den Endbereich legen. Man bestimmt dann eine Dehnspannung, indem man bei einer Dehnung von E = 0.2 % (sozusagen eine abgesetzte Dehnung; E: off-set strain) eine Parallele zur anfaglichen Geraden 0 = E E zieht. Der Schnittpunkt dieser Parallelen mit der Kurve 0 =A&)gibt die Dehnspannung 00.2 an (friiher: technische Streckgrenze; E: off-set yield stress, proof stress) (Abb. 17-2, 11). 00.2 ist also nicht die Zugspannung bei einer Dehnung von 0,2 %! Steif-sprMe und steif-feste Polymere durchlaufen wie viele Metalle nur einen relativ kleinen plastischen Bereich. Die Spannungs-Dehnungs-Kurvesieht dann 2hnlich aus wie die linke oder die mittlere Zeichnung der Abb. 17-2. Das Ende der Kurven ist durch die Reissdehnung (E: elongation at break; fracture elongation) mit der Zugfestigkeit og (E: tensile strength) gegeben. Bei KUrpem ohne Streckgrenze (Elastomere, steife Polymere) spricht man hBufig von Reissfestigkeit oder Zerreissfestigkeit anstelle von Zugfestigkeit. Mit dem Wort “Zugfestigkeit” wurde friiher andererseits die grusste vom Priifling getragene Last bezeichnet, was entweder die obere Streckspannung (wie in Abb. 17-2, 111) oder die Bruchfestigkeit bedeuten kann (wie Abb. 16-1). Nach der durch Schefliessen oder Craze-Bildung verursachten Spannungsweichmachung (S. 521) und einem kalten Fluss tritt bei einigen Polymeren (Abb. 16-8: PC. PE, POM) noch vor dem Bruch eine SpannungsverhBrtung auf. Diese Spannungsverhirtung (E: stress hardening, strain hardening) wird durch eine Onentierung der Kettensegmente erzeugt, evtl. auch durch eine von der Spannung hervorgerufene Kristallisation. Der hiifling bricht schliesslich bei der Bruchdehnung qj mit der Zugfestigkeit og. Ingenieurwerte liefem die nominelle Zugspannung 011 = F/A, (E: engineering stress, nominal tensile stress) und die Nenndehnung E = ( L - L,)/Lo (E: nominal strain, Cauchy strain). Fur volumeninvariante Korper betrggt die wahre Spannung 011’ = al1(L/L0)= O I I ( E + 1) (E: true stress) und die wahre Dehnung E’ = In (1 + E ) (E: true strain, Hencky strain) (S. 520). Andere, gelegentlich verwendete Dehnungsmasse sind die KirchhoffDehnung EK = [(L/L,)2 - 1]/2 und die Murnaghan-Dehnung EM = [ 1 - (LJL)21/2.
Abb. 17-3 Zugspnungs-Dehnungs-Diagramme eines Naturkautschuks (oben) und ekes it-Poly@ropy1en)s (unten) bei Zimmertemperatur. Links: experimentelle Diagramme, rechts: wahre Zugspannungs-Dehnungs-Kurven [l]. In der Originalarbeit wurden fiir die Abbildung unten links keine nummerischen Wem angegeben.
571
17. Viskoelastizitiit
17.2.
Streckgrenze
17.2.1. Considere-Diagramm Das Dehnen eines duktilen Materials erfolgt zuntichst homogen. Bei jeder Dehnung E herrscht die nominelle Spannung o = FIA,. Beim Einsetzen eines Teleskopeffektes wird die Verformung jedoch inhomogen. Da die nominelle Spannung o bei volurneninvarianten Materialien mit der wahren Spannung d durch o = d/(L/L,) = d/1verknupft ist. iindert sich die Nennspannung mit dem Dehnungsverhiilmis folglich nach
Der Teleskopeffekt beginnt bei doid1 = 0. Nach G1.(17-1) wird an diesem Punkt somit dd/d1 = d/1= d/(e + 1) = omax. Bei einer Tangenten an die Kurve d = f i n ) bzw. d = f i ~+ 1). welche die Dehnungsachse beim Dehnungsverhatnis A = 0 schneidet, gibt an (Conalso der Beriihrungspunkt der Tangente mit d =fin) die Htichstspannung omax sidere-Diagramm;E: Considere construction). Dabei gibt es drei Fme: Vom Punkt 1= 0 ausgehend kann keine Tangente an die Funktion d =f(1) gezogen werden. Der Priifling dehnt sich einheitlich und bildet keinen Hals aus. Der Priifling d e b t sich einheitlich, bildet an der Streck11. dd/dA = d / A (ein Punkt): grenze einen Hals und zeigt Spannungsweichmachung. Dieses Verhalten tritt bei vielen Metallen und Thermoplasten auf. Polymere zeigen oft anschliessend eine SpannungsverhBrtung. 111. dd/d1= d/1(zwei punkte): Einheitliche Dehnung bis zur oberen Streckgrenze. kalter Fluss, untere Streckgrenze, Spannungsverh2rtung und (bei Metallen) eine zweite obere Streckgrenze.
I. d d d 1 > d11:
- 1 0 1 2 - 1 0 1 2 - 1 0 1 2
-&
+
-€
+
-&
+
Abb. 174 Drei Typen von Considkre-Diagrammen bei volumeninvariantenKCkpem. I: Weder Halsbildung noch kalter Fluss; 11: Halsbildung bei der oberen Streckgrenze Yo.dann Spannungsweichmachung; 111: Halsbildung, obere Streckgrenze, Spannungsweichmachung. untere Streckgrenze Y,, dann Spannungsverhilrtung. E = - 1 entspricht A = 0. Nur bei Metallen. nicht aber bei Polymeren, werden bei 111gelegentlich zwei Maxima in der Funktion d =As)beobachtet (nicht gezeigt).
572
17.2. Streckgrenze
Die so ermittelten Hdchstspannungen entsprechen den oberen Streckspannungen. Bei duktilen Materialien sind sie entsprechend den Consid2re-Diagrammen vollst2ndig durch die Abhtingigkeit der wahren Spannung von der Dehnung gegeben. Da die oberen Sueckspannungen das Versagen eines Materials unter Last anzeigen, wird oft geschlossen, dass das Versagen eines Materials nur von den Fliesseigenschaften abh2ngt und nicht von den Festigkeitseigenschaften(vorausgesetzt, dass die Probe nicht vorher bricht). Diese Annahme ist jedoch wahrscheinlich falsch (Kap. 17.2.2).
17.2.2.
Molekulare Ursachen fur Fliessgrenzen
Mit Ausnahme von sehr hochorientierten und sehr hochkristallinen Polymeren zeigen alle Polymeren einen Dehnbereich, d.h. ein Abweichen vom Hooke'schen Gesetz, der bei der Proportionalitltsgrenze beginnt und bei der Reissspannung (steife Polymere) bzw. der oberen Streckspannung (duktile Polymere) endet (Abb. 16-1). Reissspannung bzw. obere Streckspannung sind also dadurch charakterisiert, dass sich an diesen Punkten der Molekiilverband aufzulosen beginnt. Die Auflosung erfolgt, wenn ein kritischer Abstand zwischen den Segmenten (Polymere) bzw. Atomen (Metalle) iiberschritten wird. Die kritischen Abst2nde sind je nach Aufbau der Materie verschieden. Bei aus Atomen aufgebauten Kristallgittem muss zum Uisen offenbar ein bestimmter interatomarer Atomabstand uberschritten werden. In Kettennchtung gezogene Molekule reissen, wenn die intramolekularen covalenten Kettenbindungen so stark gedehnt werden, dass sie eine kritische L h g e iiberschreiten. In amorphen polymeren Substanzen losen sich die Ketten voneinander, wenn ein gewisser intermolekularer Abstand uberschritten wird. Die zwischen den Atomen bzw. Molekulen wirkenden Krafte pro Flache (= Spannungen o) variieren im Allgemeinen mit den Atomabstanden L wie in Abb. 17-5 gezeigt. Im Gleichgewicht ist die Spannung gleich null; die Atome befinden sich hier im Abstand Lo. Die Spannungs-Abstands-Kurve kann nach Frenkel durch eine SinusFunktion mit der We ll e nl ~ge;1 angenaert werden: (17-2)
o = a0 sin [2 x ( L - LO)/;l]= a0 sin [2 x (Lo.9/;11
wobei die Amplitude gleich der theoretischen Festigkeit a0 ist und ( L - Lo)/Loz E. Durch Differenzieren der G1.(17-2) erhilt man
(17-3)
(do/dL)LoE=O= o O ( ~ X / A ) [ C O S ( 2 &~E / A ) I ~ , ~ o= 2 x o o / 1
Bei kleinen Dehnungen gilt femer das Hooke'sche Gesetz o = E E = E[(L/L,) - 11. Die Anderung der Spannung mit dem Abstand ergibt sich demnach bei Hooke'schen Korpem zu do/dL = E/Lo. Gleichsetzen mit (da/dL)Lo,,o fuhrt mit U?= Lb - L zu
Die Frenkel'sche Berechnung bezog sich urspriinglich nach P = (bG)/(2xH) auf die theoretische Scherspannung 9 als Funktion des Schermoduls G von Atomkrktallen, wobei b = Repetierabstand in Schemchtung und H = Abstand der Scherebenen. Das VerhHtnis e/Gvariiert bei Kristallen zwischen 0.24 (Diamant) und 0,034 (Gold, Zink).
573
17. Viskoelastizitat
t
Abb. 17-5 Die Abhagigkeit der Spannung Q vom Abstand L zwischen Atomen ist durch eine SinusFunktion approximierbar [2]. Beim Abstand Lo ist die Spannung im Gleichgewicht gleich null. Die theoretische Festigkeit a0 ist durch das Maximum der Kurve gegeben. Die Atome ldsen sich voneinander, wenn der Abstand Lb - Lo = A J ~iiberschritten wird. Die theoretische Festigkeit a0 sollte demnach dem Zugmodul E direkt proportional sein. Die Proportionalitatskonstante K = (Lb - Lo)/(nL0) h h g t somit nur vom kritischen DehnungsverhBltnis L d L ab. Beim Bruch covalenter (intramolekularer) Kettenbindungen von C-C-Ketten durch Zug in Kettenrichtung wird die ProportionalitBtskonstante zu OO/Ell= K I I= 0,095 gefunden (Abb. 18-10), woraus sich L d L , = 1 + nKl1 .- 1.30 ergibt. Die theoretische Festigkeit in Kettenrichtung betrBgt somit 0,095 .- 1/10 des ElastizitBtsmoduls. Fur das TreMen intermolekularer Bindungen sollte man LdL, < 1.30 erwarten. da intermolekulare KrZfte kleiner als intramolekulare sind und sich die Molekiile entsprechend schon bei geringeren Abstandsverhamissen trennen. Molekiilketten werden bei der oberen Streckdehnung .qmit der oberen Streckspannung ay getrennt. Nach G1.(17-4) sollte oy direkt proportional dem ElastizitBtsmodul sein. Die Beziehung ay = KIEb mit b = 1 wird in der Tat bei Zugspannungs-DehnungsMessungen gefunden, und zwar bei Polymeren. deren Glastemperatur grosser als die Messtemperatur ist (Abb. 17-6). Zu dieser Gruppe I von Polymeren gehtiren alle amorphen Thermoplaste (ABS-Polymere, Bisphenol A-Polycarbonat usw.) sowie einige semikristalline Polymere (Polyamid 6, Polyamid 610 usw.) (Tabelle 17-1). Eine andere Gruppe I1 von Polymeren befolgt jedoch nicht oy = K I E . sondern die Beziehung ay = K J J E ' ~Z. u dieser Gruppe gehoren alle Thermoplaste, deren Glastemperaturen niedriger als die Messtemperatur sind. Diese Gruppe umfasst notwendigenveise nur semikristalline Polymere, da Polymere mil T > TG nur bei TM > T Festkdrper sind. Zu ihr gehtiren z.B. Poly(oxymethy1en) und Poly(propylen), aber auch die konditionierten (d.h. durch Luftfeuchtigkeit weichgemachten) Polyamide PA 6, 66 und 12. Das gleiche Polymere kann daher je nach Weichmachung und damit je nach seiner Glastemperatur entweder zur Gruppe I oder zur Gmppe I1 gehtiren (s.a. Kap. 18). Fur 8 untersuchte Polymere der Gruppe I wurde b = 1,0 f 0.11 gefunden. Aus den KI-Werten lBsst sich das Verhamis L d L , berechnen. Es ist umso gr(lsser. je starker die zwischenmolekularen KrBfte sind: 1.09 bei PA 610, 1.06 beim Poly(viny1chlorid) und 1.05 beim Poly(styro1). Damit ergeben sich fur cry Werte zwischen etwa E/30 und E/60. Diese Werte bestatigen den theoretischen Schatzwen 8 = E/30, der auf Grund der Griineisen-Beziehung zwischen Kompressionsmodul und Innerer Energie abgeleitet wurde.
17.2. Streckgrenze
574
Abb.17-6 Streckspannungen als Funktion der Zugmoduln bei T = 23°C. 0 Polymere mit T c TG: PA 66 = trockene Polyarnide 66 (TG = 50°C); PVC = Poly(viny1ch1orid)e (TG= 81°C); SB = thermoplastische Styrol-Butadien-Copolymere (TG= 86°C) 0 Polymere mit T > To: PE-HD = Poly(ethy1en)e hoher Dichte (TG = -80°C) einschl. SurlynIonomere; PA 12 = konditionierte (mit Luftfeuchtigkeit g&ttigte) Poly(1aurinlactam)e (TG<< 42°C); PA 66 = konditionierte Poly(hexamethy1enadipamid)e (TG<< 50°C). Polymere verhalten sich somit in Bezug auf ihre Deb- bzw. Streckspannungen fundamental verschieden von Metallen. Bei Annahme einer theoretischen Festigkeit a0 von ca. 1/30 des Moduls E betrtigt die Streckspannung von Metallen nur zwischen ca. 0.4 % und ca. 19 % der theoretischen Festigkeit (Tab. 17-1). Die Streckspannnungen amorpher und kristalliner Polymere weisen dagegen ohne Ausnahme weit htihere Werte von 55 % bis 84 % der maximalen Festigkeit auf. Bei hohen Kohasionsenergiedichten als Mass f i r die zwischenmolekularen Kr8te erreichen sie sogar a,,/@ = 1.
Tab. 17-1 Zugmoduln E, theoretische Zugfestigkeiten 00 = E/30, Streckspannungen ay und VerMtnisse 6ylE und *lo" einiger Kunststoffe [3] und metallischer Elemente [4]. Die Werte von q/@ aller Metalle liegen zwischen denen von Antimon und Vanadium. a = Amorphe Polymere, a' = geringfiigig kristalline Polymere (KristalliniBtweniger als 5 %), c = semikristalline Polymere mit unbekanntem Kristallinit&grad.
Antirnon Eisen
8oOOO
204 OOO Titan 113 OOO Aluminium 63 OOO Vanadium 134 OOO Poly(styr0l) Vestyron 114 3 300 Poly(vinylch1orid) Hostalit Z 2060 C 2 700 Lupolen 6031 M 1650 Poly(ethy1en) Poly (styrol-co-acrylnitril) Tyril602 3 900 Poly(oxymethy1en) Delrin 500 NC-10 3 100 Polycarbonat Macrolon 2400 2 400 PoIy@ropylen),itHostalen PP, 41050 1 190 Poly(&caprolactam) Ultramid B 35 3 200
2670 6800 3770 2 100 4470 110 90 55 130 103 80 40 107
11 250 140 110 840 60 50 32 82 72 63 32 90
0,OOO 138
0,001 23 0,001 24 0,001 75 0.006 27 0,018 0,019 0,019 0.02 1 0,023 0,033 0,027 0,028
0,0041 0,037 0.037 0,052 0.19 0.55 a
0.56 a' 058 c 0,63 a 0.70 c 0.79 a 0,80c 0,84c
575
17. Visbelastizitat
17.2.3.
Streckgrenze und Teleskopeffekt
haktisch alle Polymeren zeigen einen Dehnbereich. Steife Thermoplaste brechen am Ende dieses Bereiches mit der Dehnspannung oy, z.B. das amoxphe Poly(methy1methacrylat) bei Temperaturen unterhalb ca. 50°C (Abb. 17-7). Bei der Glastemperatur verhalten sich dagegen solche Polymeren wie Elastomere. z.B. Poly(methylmethacry1at)bei TG = 115OC. Zwischen diesen Bereichen verhiilt sich das Polymere duktil. Etwas unterhalb der Glastemperatur setzt nfimlich ein Teleskopeffekt ein und das Polymere wird weiter gedehnt, Poly(methylmethacry1at)z.B. im Bereich (60-1 10)OC. Teleskopeffekte treten auch bei semikristallinen Polymeren auf (Abb. 16-8), und zwar im Bereich zwischen der Schmelz- und der Glastemperatur. Einfliisse der Polymermorphologie konnen daher nicht die primlre Ursache fiir Teleskopeffekte sein. Als Ursache fiir das Auftreten eines Fliesspunktes werden Temperaturerhohungen im Halsgebiet oder geometrische Effekte diskutiert. Temperaturerhohungen werden durch die innere Reibung hervorgerufen Sie ergeben sich beim rein adiabatischen Dehnen zu AT = Ap/(cpp). wobei Ap = Druckdifferenz (= q f ) bzw. Spannung 0, q = dynamische Viskosit2t. f = Dehngeschwindigkeit,p = Dichte und cp = spezifische Wlrmekapazitlt. Bei Spannungen von 0 = 100 MPa kann sich entsprechend die Halszone amorpher Polymerer (p .- 1 &m3; cp = 2 J g-1 K-l) auf Temperaturen bis zu AT = 50 K iiber die Priiftemperatur erwlrmen, wodurch in dieser Zone die Viskosit2t sinkt und das Fliessen gefordert wird. Bei den iiblichen Dehngeschwindigkeiten von f = 100 s-l steigt die Temperatur jedoch nur hochstens um 10 K an, was bei Priiftemperaturen T < TG zu wenig ist, um die don herrschenden, hohen Viskositlten stark herabzusetzen. Das Gleiche gilt fiir lokale Schmelzprozesse als Ursache von Fliesspunkten semikristalliner Polymerer. Eine andere Ursache konnte geometrischer Natur sein, nfimlich mikroskopisch kleine, lokale Unterschiede im Querschnitt der Priiflinge. An diesen kleineren Querschnitten hernchen bei gleicher angreifender Kraft grossere Zugspannungen, wodurch don die
IG
+
I I/-
80°C
m 0
-&
- In ( E + 1) +
+
Abb. 17-7 Einfluss der Temperatur auf die Abhu igkeit der Zugspannung von der Dehnung bei einem mit einer Zuggeschwindigkeit dddr = 1,67.10- c1gedehnten Poly(methylmethacry1at)mit einer bei dieser Geschwindigkeitherrschenden Glastemperatur von TG -- 115OC. Linlrs: nominelle Werte [51; rechts: wahre Werte bei Annahme eines konstanten Volumens.
f
576
17.2. Streckgrenze
Dehnviskosititen emiedrigt werden kbnnen. Eine tirtliche Stauung der beim Verstrecken freiwerdenden W h n e wurde dann die Fliesszone stabilisieren. Da aber Fliesspunkte auch bei Kompressionen gefunden werden (Abb. 16-8), ktinnen geometrische Effekte nicht die primire Ursache fir das Auftreten von Fliesspunkten sein.
17.2.4.
Fliesskriterien
Die sehr niedrige Streckspannung der Metalle fiihrte einerseits zu den Theorien der Gitterversetzungen bei Atomgittem und andererseits zu Fliesskriterien fiir das Aufueten von Fliesspunkten. also Dehnspannungen bei steifen Ktirpem bzw. Streckspannungen bei duktilen. Ein Fliesskriterium sollte nicht nur fiir alle einfachen Zug- oder Scherspannungen gelten, sondem auch fiir multiaxiale Spannungsfelder. Jedes multiaxiale Spannungsfeld kaM durch eine geeignete Kombination der drei Hauptspannungen (E: principal stresses) 0 1 , 0 2 und q des Systems beschrieben werden. Diese Spannungen sind die drei Normalspannungen a,. cry und a, in einern kartesischen Koordinatensystem mit den Achsen x, y und z. Ein Fliesspunkt soll nach diesen Kriterien auftreten, wenn ein bestimmter kritischer Wert uberschritten wird. Je nach Theorie ist dieser kritische Wert entweder dejenige (I) der maximalen Scherspannung, (11) der maximalen Hauptspannung, (111) der maximalen Scherverformung, (IV) der maximalen Haupwerformung oder (V) der maximalen Verformungsenergie. Die maximale Scherspannung als kritischer Wert (I) ist das Tresca-Kriterium.Bei einem System rnit den drei Hauptspannungen 6 1 > 0 2 > 03 soll nach Tresca ein Fliesspunkt mit einer Dehn- bzw. Streckspannung cry auftreten, wenn die Scherspannung am Fliesspunkt den Wert q,s = (1/2)(al - 03) erreicht. Bei einem einfachen Zugversuch in 1-Richtung (x-Richtung) wird 0 3 = 0 und die angelegte Zugspannung 0 1 = 0 wird am Fliesspunkt zu ay,t. Nach dem Tresca-Kriterum soll also fiir die maximale Scherspannung O Y , ~= (lD) Sy,,gelten. Entsprechend (V) soll nach von Mises ein Fliesspunkt auftreten, wenn eine bestimmte Verformungsenergie uberschrinen wird. Dazu wird von einer sog. oktaedrischen Flache ausgegangen. Ein regelmissiger Oktaeder mit der Kantenltinge a weist eine Oberfliche von 0 = 2 a2.3ll2 auf. Bei einer oktaedrischen Fliche nehmen entsprechend die Flichennormalen relativ zu den drei Hauptachsen die Werte 1/31/2, 1/3ln und 1/3ln an. Die Nonnalspannung an einer oktaedrischen Flache hat den Wen 0 = (1/3)(al + 0 2 + 0 3 ) . Die Scherspannung an einer oktaednschen Flache wird oktaedrische Spannung genannt. Sie berechnet sich aus den Differenzen der Hauptspannungen zu
Das von Mises-Kriterium nimmt an, dass ein Fliesspunkt auftntt, wenn in G1.(17-5) der Ausdruck in eckigen Klammem konstant wird, d.h. zoct,y = (1/3) const”’-?. Beim Dehnen mit der Zugspannung 01 = u wird 0 2 = 03 = 0 und man erhiilt f i r die Fliesspannung 0 = oy,t den Ausdruck consf = 2 oy,t2. Dehnt man dagegen rnit der Scherspannung 0 2 = - 0 3 , so wird 01 = 0. Am Fliesspunkt erreicht die Scherspannung den Wert 0 2 = U Y , und ~ GL(17-5) geht mit conSf = 2 oy,t2uber in r ~ = ~(1/3)1/2ay,t. , ~
577
17. Viskoelastizitat
Tab. 17-2 Fliessspannungen ay bei der Kompression (ay.3,beim Zug (ay,,)und beim Scheren (uyS, und ihre daraus benxhneten Vea&il& 161.
Polymer
ABS-Polymer Polyamid Poly(vinylch1orid) Poly@ropylen),itPoly(ethy len) Poly(telrafluorethy1en) Mittelweate von Mises-Kriterium Tresca-KriteriUm
0Y.C
6.2 8.9 9.8 63 2,1 2.1
0Y.t
6.5 9,7 8,3 4,7 1,6 1,7
0Y.c -
0Y.s
0Y.t
3,s 5,9 6.0 4,O 1,4 1.6
0Y.S
0.95 0.92 1,18 1.34 1.31 1,24 1.16 0,18
+
1.77 1.51 1,63 1.58 150 1.31 1.55 f 0.15
0Y.t -
0 Y ,s
1.86 1,a 1.38 1.18 1.14 1,06 1.38 f 0,32
Sowohl das Tresca- als auch das von Mises-Kriterium nehmen an, dass die Fliesspunkte bei Zug und Kompression gleich sind ( w ,=~q,J, was knapp innerhalb der ,~ weit Fehlergrenzen zutrifft (Tab. 17-2). Die Verhzltnisse oy,Joy,s und o y , J t ~ y sind niedriger als das Tresca-Kriterium vorhersagt. Sie reichen jedoch innerhalb der Fehlergrenzen fast bis an den von Mises-Wert von 31n = 1.73. Abweichungen von dem von Mises-Wert werden umso eher beobachtet, je s t m e r kristallin (und daher anisotrop) das Polymere ist. Die niedrigen oy,Joy,,- und aYt/ay,,-Werte des Poly(tetrafluorethy1en)s sind sicher auf dessen hohe Kristallinitlt zuriickzufiihren. Umgekehrt weist das v6llig amorphe ABS-Polymer praktisch die theoretischen von Mises-Werte auf. Auch der oy,c/oy,s-Wert des nur geringfiigig kristallinen Poly(viny1chlorid)s deckt sich mit der von Mises-Theorie, warend der ay,t/ay,s-Wert deutlich zu tief ausfwt. Das relativ hochkristalline Polyamid besitzt iiberraschenderweisefast die theoretischen Werte, vermutlich. weil es durch die Luftfeuchtigkeit weichgemacht war. Das Tresca- und das von Mises-Kriterum nehmen beide an, dass hydrostatische Effekte abwesend sind (bei deren Anwesenheit hiitte man 01 + p usw.). Anders als bei Metallen, fiir welche die Tresca- und von Mises-Kriterien urspriinglich entwickelt wurden, beobachtet man jedoch bei Spannungs-Dehnungs-Kurvenvon Polymeren einen Druckeinfluss (Tab. 17-3). Die Effekte sind bei ungefiillten (lunkerfreien) Elastomeren ziemlich klein. Bei steifen Thermoplasten steigen der Zugmodul und die Streckspannung mit zunehmendem Druck p an, w m n d dies die Streckdehnung nur manchmal tut. Mit steigendem Druck nehmen Zugfestigkeiten und Bruchdehnungen bei steifen Polymeren im Allgemeinen ab, bei duktilen Polymeren dagegen zu. Tab. 17-3 Einfluss des Druckes p auf den Zugmodul E. die nominelle Zugfestigkeit ag und die nominelle Bruchdehnungqj [7].
0,l (abnosphaischerDruck) 275 690
1.4 5.9 7,7
30 87 170
> 200 50 24
17.3. Fliessbereich
578
17.3.
Fliessbereich
17.3.1. Crazes und Scherbander Jenseits der Proportionalitlts- bzw. Elastizitatsgrenze beginnen Polymere zu fliessen und sich somit zu verformen (Abb. 16-1). Bei Elastomeren erfolgt dieser Prozess homogen, wenn man einmal von sehr grossen Verformungen absieht: alle Volumenelemente des KUrpers werden gleichmissig deformiert. Derartige homogene Verformungen sind durch Verjiingungen des KUrpers zwischen den Angriffspunkten der Kraft (den Einklemmstellen) gekennzeichnet. Amorphe Thermoplaste deformieren nur in der Nahe der Glastemperatur homogen, sonst aber heterogen, wobei Scherbiinder oder/und Crazes auftreten (Abb. 16-2). Bei Verjungungen wird der Priifling homogen geliingt, was isotrope Spannungsverteilungen im Polymeren bedingt. In molekularer Sicht beginnen sich dabei die Knauelmolekiile als Folge von Konformationsumwandlungen etwas in Zugrichtung zu strecken. Solche Umwandlungen sind wiederum nur dann moglich, wenn die Kenensegmente genugend beweglich sind. Die Polymeren mussen sich also in der Regel bei Temperaturen oberhalb ihrer Glastemperatur TG befinden. Ve jiingungen werden daher besonders bei Elastomeren gefunden. Sie finden ihre Grenze, wenn die kurzesten Netzketten zwischen den Netzstellen total gestreckt sind. Bei glasartigen Polymeren sind die Bewegungen der Kenensegmente weitgehend eingefroren. GrUssere Molekulteile konnen sich nicht einfach strecken und d a m durch grossraumig kooperative Bewegungen zu einem homogenen Nachgeben des gesamten Priiflings fiihren. Die Deformation der Molekiile ist vielmehr lokalisiert, da sie durch lokale Hindemisse eingeschrbkt ist. Der Priifling wird folglich heterogen deformiert. Solche Hindemisse sind z.B. KettenverscNaufungen in amorphen Polymeren. Die Art der lokalen Deformationen wird von den Entfemungen zwischen den Verschlaufungen bestimmt. Bei niedrigen Verhakungsdichten liegen zwischen den Verhakungsstellen lange Molekulsegmente vor. Die Molekulsegmente k(iMen sich strecken, wegen der Hindernisse aber nur kleinraumig. Parallel zur Streckrichtung bilden sich amorphe Fibrillen von bis zu 30 nrn Durchmesser, die auf beiden Seiten mit der restlichen Probe verankert sind. Die Fibrillen haben eine hohere Dichte. Zwischen den Fibrillen und um sie herum entsteht ein Leerraum, der wegen der Richtung und Griisse der so erzeugten intemen Spannung seine grosste Ausdehnung (Lange) rechtwinklig zur Richtung der angelegten Spannung hat. Die so gebildeten Crazes (Pseudobruche) k6Men bis zu 10 pm breit und bis zu 100 pm lang werden. Die Brechungsindex-Unterschiede zwischen den Fibrillen und der umgebenden Luft erzeugen eine Reflexion, die bei glasklaren Polymeren besonders auffdlig ist. Crazes sind also durch Triibungszonen gekennzeichnet. Bei grilsseren Verhakungsdichten sind die Abstade zwischen den Hindemissen kurz. Segmente kUnnen sich nicht so weit von ihren Platzen entfemen. dass sie sich zu Fibrillen formieren kUMen. Die erzeugten intemen Spannungen werden vielmehr bei duMen Filmen durch Einschnurungen (Deformationszonen) aufgelost, bei Formkorpem dagegen durch das Entstehen von Scherbiindem unter Winkeln von 38" bis 45' zur Zugrichtung (Abb. 16-2). In diesen Scherbkdem liegen die Kettensegmente unter Winkeln, die zwischen denen der Scherbander und der Spannungsachse liegen.
5 79
17. Viskoelastizitiit
17.3.2.
Einfluss der Verhakungsdichte
Da Verhakungen lokale Hindemisse flir das homogene Aufl6sen von Spannungen bilden, wird die Deformation zum einen durch die Zahlenkonzentration Ve an Verhakungen pro Volumen kontrolliert, der Verhakungsdichte. Diese Dichte Ve = p N A / M e kann aus der Dichte p des Priiflings und der Molmasse M e zwischen den Verhakungsstellen berechnet werden. Zum anderen bilden auch chemische Vemetzungsstellen solche Hindemisse. Ihre Zahlenkonzentration betrage v,. Die totale Zahlenkonzentration an Netzstellen (Zahl physikalischer Verhakungen und chemischer Vemetzungen pro Volumen) ist dann durch v = Ve+ v, gegeben. Die Molmasse Me zwischen zwei Verhakungsstellen ist verhllltnismthsigniedrig. meist zwischen ca. 1OOO g/mol and 15 OOO g/mol (Tab. 17-6). Die Kettenstiicke zwischen den Verhakungsstellen k6Men daher keine Gauss'sche Knauelstatistik ausbilden. Sie verhalten sich vielmehr als wurmartige Ketten. Solche wurmartigen Kettenstiicke mit dem Fadenendenabstand (r2)01/2 besitzen eine wahre Konturlhge Lkette = N b = NaU, die sich aus der Anzahl N a der steifen Segmente mit der Persistenzlhge u ergibt. Das Kettenstiick mit der Molmasse M e ist maximal bis zu einem Faktor La,= Lkett$(r2)01/2 dehnbar. Experimentell wird eine Dehnung 1beobachtet. die entweder die Fibrillenlhge in Crazes ist oder die Gr6sse der Einschnurung bei Scherdefonnationen. Nach Messungen an dunnen Filmen unterscheiden sich Crazes und Scherdeformationen in der Grtisse und Abhhgigkeit des Dehnungsverh2ltnisses (In 1)/(ln &ax) von der ZaNenkonzentration Ve an Verhakungen ( v e ) und von der Zahlenkonzentration v, an chemischen Netzstellen (Abb. 17-8). Bei kleinen Netzstellenkonzentrationen treten nur Crazes auf. bei grossen nur Scherdeformationen und dazwischen beide Arten. Bei > 1: Crazes k6Men sehr kleinem v = Ve + v, wird sogar der Ausdruck (In 1)/(ln Lax) offenbar auch starker verstreckt werden als es der wahren Konturlbge der wurmartigen Kettenstiicke zwischen zwei Verhakungsstellen entspricht.
".
0
10
20
- it19 (v, + v,) / cm-3
30
40
+
Abb. 17-8 Verhiilmis der natiirlichen Logarithmen der wahren Dehnung A zur maximal m6glichen Dehnung Lax als Funktion der totalen Zahlenkonzentration v, + v, an Netzstellen bei (0)Poly(styrol) und verschiedenen andem Polymeren sowie bei (0)chemisch vemetzten Poly(styro1)enmit unterschiedlichen Vemetzungsgraden [S]. C = Bildung von Crazes; S = Bildung von Schemnen.
580
17.3. Fliessbereich
17.3.3. Anteile von Crazes und Scherbiindern Die verschiedenen Deformationsphiinomene sind teils mit dem blossen Auge (Einschnurungen, Triibungen) und teils mikroskopisch (Scherbhder, Crazes) identifizierbar. In den meisten Falen sind die einzelnen Phiinomene nicht exklusiv vorhanden. Ihre relativen Anteile sind durch Kriechexperimente quantitativ ermittelbar. Bei Kriechexperimenten werden bei konstanter axialer Spannung die relativen Liingsdehnungen ALIL,, Querkontraktionen AAIA, und Volumeniinderungen AVIV, als Funktion der Zeit ermittelt. Bei einer reinen Scherdeformation zu Verjiingungen und Scherbiindem iindert sich nicht das Volumen: eine Zunahme der Liinge von Lo auf L wird durch eine Abnahme des Querschnitts von A, auf A kompensiert (V, = L d o = LA = V) (Abb. 17-9). Bei einem reinen Crazing nimmt andererseits das Volumen von V , = L d , auf V = LA zu; gleichzeitig bleibt jedoch die Querschnittsflache A, = A konstant. Die relative Volumeniinderung ist hier somit nach (V - Vo)/Vo= (L - Lo)/Lo direkt gleich der relativen Lhgeniinderung.
0
50
100
- t/min
150
200
250
Abb. 17-9 Durch Kriechexperimente bei 30°C ermittelte Zeitabhiingigkeiten der Dimensionsiinderungen Idr/x,l (in absoluten Werten) bei kautschukmodifiziertem Poly@ropylen)IPP und kautschukmodifiziemm IPS [9a]. x kann L = h g e , A = Flkhe oder V = Volumen sin. Trigt man daher die bei verschiedenen Zeiten gemessenen relativen Volumeniinderungen AVIV, gegen die gleichzeitig ermittelten relativen Liingeniinderungen ALIL, auf, so sollte sich bei Deformationen durch Crazing eine Gerade mit der Steigung 1 ergeben, bei Deformationen durch Scherbandbildung und Verjungungen dagegen eine mit der Steigung 0 (Abb. 17-10). Schlagfestes, kautschukmodifiziertesPoly(styro1) IPS (E: impact poly(styrene)) weist z.B. eine Steigung von 0,96 auf, d.h. die Deformation erfolgt zu 96 % durch Crazing. Beim schlagfesten, kautschukmodifizierten isotaktischen Poly(propylen) IPP betragt die Steigung dagegen nur 12 % (nur 12 % Crazing). Wie zusatzliche Experimente zeigten, sind diese Deformationsanteile unabhiingig von der angelegten Spannung. Bei kautschukmodifizierten Poly(oxymethy1en)en IPOM wird dagegen noch ein Einfluss der Spannung beobachtet, was auf eine Wechselwirkung zwischen dem Auftreten von Scherbiindem und dem Entstehen von Crazes hinweist.
581
17. Viskoelastizitcit (11.8 MPa)
1
0905
B
I W M (31.1 MPa)
___-. I W M (28.7 MPa) 0.12 0 4 -
0
4 0
.
.
0,02
. . - - 0,OQ 0.06 - & I t " --*
.
0,os
0,lO
Abb. 17-10 Relative Volumen2ndenmg AVP0 als Funktion der relativen JAgenbderung &/Lo bei unter konsranter axialer Spannung stehenden burschulanodifizierten (schlagzihnodifizierten)Polymeren bei 30°C [Sb]. Die Geraden gehen meist nicht durch den Ursprung, was auf Anlaufeffekte hinweist. IPS = Poly(styrol), IPP = Poly(pmpylen), IPOM = Poly(oxymethy1en) (E: I = impact modified).
Das unterschiedliche Verhalten von IPP und IPS ist durch die Lage der Glastemperatur TG relativ zur Messtemperatur T = 30°C bedingt. Kautschukmodifiziertes it-Poly(propylen) besteht aus amorphen Kautschukdomhen mit TG < T in einer it-Poly(pmpy1en)Matrix, diese wiederum aus kristallinen Domhen (TM = 160°C) und amorphen Domanen (TG = -10°C). Da sich die Glastemperaturen der beiden amorphen Domanen somit unterhalb der Messtemperatur von 30°C befinden, kSnnen sich die Kettensegmente in diesen Domhen bewegen. Beim Anlegen einer Spannung fihrt die kooperative Bewegung der Segmente in den amorphen Bereichen der Matrix zu einem Scherfliessen. Beim kautschukmodifiziertem Poly(styro1) ist dies dagegen nicht mtiglich, da sich die Glastemperatur TG = 9OoC der amorphen Poly(styro1)-Matrix weit oberhalb der Messtemperatur von 30°C befindet. Lokale, interne Spannungen kSnnen sich hier nur durch Bilden von Crazes auflSsen.
17.3.4.
Grosse Dehnungen
Ein K6rper wird beim Zugversuch durch die angelegte Kraft F per aktuelle Flache F von Lo auf L = U , gelhgt. Dabei wird an dem Priifling eine Arbeit W geleistet, wodurch sich die Spannung d = F/A bei einem Zustand 1 zu
ergibt und entsprechend die Spannung 02' bei einem Zustand 2. a,' ist dabei die Spannung im Ausgangszustand. Die Deformation des von den verhakten KnBuelmolekulen gebildeten physikalischen Netzwerkes kann in erster N2henmg wie diejenige eines Elastomeren mit chemischen Netzstellen behandelt werden kann. Die Arbeit W wird dann gleich der elastischen Gibbs-Energie AGel, die wiederum aus G1.( 16-46) erhatlich ist. Bei einem inkompressiblen System gilt V = V , und daher AXA& = 1.
582
17.3. Fiiessbereich
Beim uniaxialen Dehnen wird ausserdem Ax = A und somit A, = AZ = l/A1n.Im Zustand 1 betr'dgt die elastische Gibbs-Energie somit
und M i c h fir den Zustand 2. Die Differenzierung der elastischen Gibbs-Energie nach der Deformation ergibt dAG,l,l/d;ll = NcA~TII1- AI-~]. Da fiir inkompressible Systeme nur Spannungsdifferenzen ermittelt werden ktinnen, erhtilt man aus G1.(17-6) f i r Systeme ohne getinderte innere Energie
wobei in Analogie zu GL(16-61) der Ausdruck N c h T als Modul E h identifiziert werden kann. Eh stellt einen Spannungsverfilrtungs-Modul dar. G1.( 17-8) wurde fiir entropische (irreversible) Deformationen abgeleitet. Bis zum Fliess- bzw. Streckpunkt herrschen aber enthalpische Deformationen vor. Einfiihren der wahren Streckspannung ay' iiberfiihrt GI.( 17-8) in die Argon-Haward-Gleichung:
Bei grossen Dehnungen wird in der Tat eine lineare Abhtingigkeit der wahren Spannung d von A2 - k' beobachtet (Abb. 17-11, rechts). Die Ordinatenabschnitte ay' sind aber gr6sser als die nach der Considtre-Regel zu erwartenden (Abb. 17-11, links). Die Werte von Eh fallen wie erwartet mit steigender Temperatur. Sie sind aber bei h6heren Temperaturen erheblich niedriger als die GNO-Werte von Poly(ethy1en)-SchmelZen. Der Spannungsverhartungsmodul betragt z.B. bei 90°C nur Eh = 0,28 MPa, wahrend bei 100°C fiir GNO = 2,3 MPa gefunden wurde (Tab. 17-6). 160
t 120
B
80
1
b
I 40 0
+ ............ 0
4
8
12
16
0
60
120
-$-A4
.
4
180 240 +
Abb. 17-11 Links: Wahre Zugspannung d als Funktion der Dehnung fiir ein Poly(ethy1en) hoher Dichte bei vier Temperaturen [ 101. Die gestrichelten Linien entsprechen der Considhe-Regel. Rechts: Auftragung der gleichen experimentellen Daten als d =An2- A-l) entsprechend der ArgonHaward-G1.(17-9)[ll]. Aus den Steigungen ergeben sich Eh/MPa-Werte von 2.50 (OOC), 0,95 (24°C). 0,42 (60°C) und 0,28 (9OOC).
583
17. Viskoelastizitat
17.3.5.
Nachgeben als FIiessprozess
Fliesspunkte werden bei Elastomeren und bei weich-duktilen Thermoplasten gefunden. Diese Materialien zeigen weder Halsbildung noch kalten Fluss (Abb. 17-4, I). Steife Thermoplaste brechen, bevor sie einen Fliesspunkt emichen. Andere Polymere zeigen wiederum Streckpunkte. d.h. Maxima bei der Abhtingigkeit der Nennspannung von der Dehnung (Abb. 17-4, I1 und HI). Streckpunkte werden von der Vorgeschichte des Polymeren beeinflusst (Abb. 17-12), wobei getemperte Polymere grlissere wahre Streckspannungen aufweisen als abgeschreckte. Die relative Erh6hung der Streckspannung scheint dabei zumindest in erster Niihemng unabhagig von der Temperatur zu sein. Bei noch weiterer Verstreckung werden jedoch die Kurven f i r die Abhtingigkeit der wahren Zugspannung von der wahren Dehnung unabhhgig von der Vorgeschichte der K6rper. Das Einsetzen des Nachgebens von Polymeren jenseits der Proportionalitatsgrenze wird durch die Zuggeschwindigkeit beeinflusst (Abb. 16-5). Fliess- und Streckpunkte miissen also hauptsachlich kinetisch bedingt sein, und zwar durch Fliessvorgilnge. Bei niedennolekularen Fliissigkeiten ist dazu das Fliessverhalten von Molekiilen zu betrachten. Bei Kettenmolekiilen ist die Fliesseinheit nicht das gesamte Molekiil, sondern ein Segment desselben. wobei die Natur des "Segmentes" offengelassen wird (z.B. eine Monomereinheit oder mehrere solcher Einheiten). In der Ruhe befinden sich die Fliesseinheiten auf Platzen in einem Gitter, das durch die anderen Fliesseinheiten der Polymermolekiile gebildet wird. Das Gitter kann z.B. kubisch mit der Kantenltinge L sein. Damit das Segment von einem Gitterplatz zum anderen im Sprungabstand L gelangen kaM, muss Arbeit aufgebracht werden, und zwar einmal, um den Widerstand der Nachbam zu uberwinden und zum anderen, um eine genugend grosse Liicke zu bilden. in die das Segment platziert werden kann. Die dazu erforderliche Energie wird von der thennischen Aktivierungsenergie AES bereitgestellt. Die Geschwindigkeit des Platzwechsels (Anzahl "Spriinge" pro Zeiteinheit) N = dN/dt = k exp[- A E S / ( h T ) ] ist durch die Eyringsche Platzwechseltheorie gegeben, wobei k eine Geschwindigkeitskonstante mit der Einheit einer Frequenz (reziproke Zeit) ist. 120 1 23 O C
50°C
0
0,l 02 In (LIL,) -----*
03
Abb. 17-12 Wahre Zugspannung als Funktion der wahren Dehnung bei einem bei Temperaturen von 23°C oder 50°C mit einer Dehngeschwindigkeit von dddt = - l t 3 d gedehnten Poly(rnethy1rnethacrylat). das zuvor entweder getempert (E: annealed) oder abgeschreckt (E: quenched) wurde [ 121.
584
17.3. Fliessbereich
Der Platzwechsel wird durch die Zugspannung u = F/A gefirrdert, die auf das Segment mit der Kraft F = A a = 15% einwirkt. Da sich der Aktivierungsberg in der Mitte des Sprungabstandes L befindet, w i d so eine Arbeit (Energie) von E, = F(L/2) = (l/2)aL3 geleistet. Die Aktivierungsenergie emiedrigt sich so von -&auf -(AE* - A&). Die Geschwindigkeit N+ = diV/ddt des Platzwechsels in Vorwlrtsrichtung erhirht sich entsprechend auf N+= k exp[- (AES - E , ) / ( h T ) ] . In Riickwlrtsrichtung werden die Spriinge um den gleichen Betrag gehemmt, so dass N+ = k exp[- (AES + E , ) / ( k ~ r ) ] Die . Nettogeschwindigkeit (in zuriickgelegter Liinge pro Zeiteinheit) ist somit (17-10)
L N = L ( N + - k + ) = L k e x p [-&I(hr)lQ Q = (exp [aL3/(2 k B r ) ] - exp [- 0L3/(2 kBr)l)
Die Geschwindigkeit N ist gleich der Dehngeschwindigkeit 2 = O / q e , wobei q e die Dehnviskosit2t ist. Also wird L N = aL/qe. Mit x = aL3/(2 k B T ) wird der Ausdruck in geschweiften Klammem zu (exp (+x) - exp (-x)) = 2 sinh x. G1.(17-10) wird daher zu
uL3/(2 A B T ) ist weit gr6sser als 1. Mit u = 40 MPa = 40.106 J m-3, k~ = 1,381-10-23J K-', sowie einer Temperatur T = 293 K und einer Segmentltinge von nur L = 1 nm erh2lt man bereits x = 494. Fiir x > 2.3 kann man aber sinh x = (1/2) exp (x) schreiben. Die Zugspannung a kann durch das Produkt qe2 aus Dehnviskosit2t q e und Dehnge-
schwindigkeit 1 ersetzt werden. Nach dem Logarithmieren und Umformen resultiert
Die Zugspannung a kann z.B. die Dehnspannung oy sein. Nach G1.(17-12) sollte oy bei T = const linear mit dem natiirlichen Logarithmus der Dehngeschwindigkeit 1 zunehmen, was auch experimentell gefunden wird (Abb, 17-13). Da die Steigungen bei Auftragungen von u/T=fan 2) bei jeder Temperatur gleich gross sind. muss 2 k g / L 3 und damit auch die Sprunghge L unabhtingig von der Temperatur sein.
,
]o m I - Igi
--*
Abb. 17-13 6y/T=f(i) bei einem Polycarbonat [13]. Bei 80°C ergibt sich 2 4 / L 3 = 4205Pa K-l. Die Sprunghge betr%t somit L = 1,87 nm, was etwa der L*ge yon zwei Monomereinheiten ent-
spricht. Der Fliessprozess besteht also aus einer kooperativen Bewegung gr6sserer Segmente.
17. Viskoelastizitcit
17.4.
585
Kriechen und Relaxation
1 7 . 4 . 1 . 2-Parameter-Modelle Bei der Diskussion des energie- und entropie-elastischen Verhaltens in Kap. 16 wurde angenommen, dass Korper nach dem Entfernen der Last unmittelbar und vollstiindig in die Ausgangszustiinde zuriickkehren (Elastizitat). Bei Polymeren dauert dies jedoch immer eine gewisse Zeit. Ausserdem werden einige Polymere durch Fliessvorgbge irreversibel verformt (ViskositBt). Newton'sche ViskositBt und Hooke'sche Elastizitat sind Idealme des mechanischen Verhaltens. Sie lassen sich durch mechanische Modelle beschreiben. Diese mechanischen Analogien kilnnen ebenso wie rein mathematische Gleichungen experimentelle Ergebnisse beschreiben. z.B. auftretende Spannungen als Funktion der Deformation, Zeit, Deformationsgeschwindigkeit oder Frequenz. In vielen FUen erlauben sie, bei einer Priifbedingung erhaltene Daten in solche f i r andere Bedingungen umzurechnen. Sie sagen jedoch nichts iiber die zugrundeliegenden molekularen Prozesse aus. Als Modell fir die Elasrizitut dient nach Hooke eine Sprungfeder F (Abb. 17-14). Die Sprungfeder F (E: spring), und also der Hooke'sche KBrper (E: Hookean body), dehnt sich entsprechend dem Hooke'schen Gesetz: beim Dehnen nach 611 = q = EEF (GL(l6-2)) und beim Scheren nach 021 E q = G p (G1.(15-2)). Nach dem Entfernen der Last nimmt der Hooke'sche K6rper sofort wieder seine Ausgangslage ein. Das mechanische Modell f i r die Viskosirut ist ein Kolben K mit einer viskosen Fliissigkeit, durch die ein perforierter Stempel gezogen wird (Diimpfungskolben; E: dash pot). Die Fliissigkeit soll das Newton'sche Gesetz befolgen. Eine derartige Newton'sche Fliissigkeit (E: Newtonian liquid) folgt den Newton'schen Gleichungen: beim Scheren t beim Dehnen q = v e t bzw. = (m/qe)t gilt a21 = ?K = q pK bzw. n< = ( ~ / q )und (Abb. 15-3). Newton'sche Fliissigkeiten kehren nach dem Entlasten anders als Hookesche K6rper nicht in den Ausgangszustand zuriick. K&per. bei denen gleichzeitig zeitunabhiingige elastische und zeitabhiingige viskose Eigenschaften zusammenwirken, werden viskoelastisch genannt (E: viscoelastic). Dieses Verhalten kann durch Kombinationen des Hooke'schen Verhaltens (Elastizitgt) und des Newton'schen Verhaltens (Viskositlt) modelliert werden. Die Reihenschaltung von Hooke'schem K6rper und Newton'scher Flussigkeit fiihrt zum Maxwell-Korper, die Parallelschaltung zum Voigt-Kelvin-Element (Abb. 17-14). Der Maxwell-K6rper ist ein Modell fiir Relaxationen, das Voigt-Kelvin-Element eines filr Retardationen. Beide Modelle beschreiben lineare Viskoelastizitaten, da bei ihnen Spannungen. Deformationen und Deformationsgeschwindigkeitenlinear zusammenhtingen. Durch weitere Kombinationen erhBlt man kompliziertere Elemente. Beispiele sind die vier mliglichen 3-Parameter-Modelle sowie das Burgers-Element, ein spezielles 4-Parameter-Element. das durch Reihenschaltung eines Maxwell-Korpers und eines Voigt-Kelvin-Elementes entsteht (Kap. 17.4.4). Bei einem Maxwell-Korper (E: Maxwell element) sind Feder und Kolben in Reihe geschaltet. Die totale Deformation setzt sich daher additiv aus den Deformationen der Wegen der Reihenschaltung stehen soFeder und des Kolbens zusammen ( E = EF + a). mit sowohl der Kolben d s auch die Feder unter der gleichen Spannung (a= q = %).
586
17.4. Kriechen und Relaxation
Hooke
A
Newton 4
Maxwell A
i
Voigt-Kelvin 4
Y
Abb. 17-14 Einfache Modelle fiir Spannungen und Deformationsgeschwindigkeiten. In diesen und den folgenden Endgleichungen fiir MaxwelLK6rper und Voigt-Kelvin-Elementewurden die Indices F (Feder) und K (Kolben) weggelassen, da nicht unterschieden werden kann, woher die Beitrtige zur Spannung bzw. Deformation kommen. Fur Zugspannungen op = u11 wurde zum Vereinfachen nur u geschrieben. Urn Venvechslungen der Zugspannung mit der Scherspannung zu vermeiden, wurde daher die Scherspannung = ql traditionell durch ranstelle des Symbols q1 gekennzeichnet Zugverhalten: u = Zugspannung, ir = do/dt = Zuggeschwindigkeit, E = Elastizit2tsmodu1, E = Dehnung, E = ddd?= Dehngeschwindigkeit, qe = DehnviskosiBt. Scherverhalten: q = Viskositllt, 7 = Scherspannung, Z = d.r/dt = Scherdeformationsgeschwindigkeit, G = Schermodul, y= Scherung, y= dydt = Schergeschwindigkeit Die Deformation ist jedoch wegen des ViskositPtseinflusses zeitabhhgig. Um sie zu erhalten, muss die Zugdeformation E = EF + Q zuerst nach der Zeit differenziert werden. In die resultierende Gleichung & = dddt = d&F/dt + d&K/dt= &, + &K Setzt man dann die entsprechenden Ausdriicke aus den rheologischen Zustandsgleichungen f i r das Dehnen und das Deheines Hooke’schen Kdrpers (CJF= EEF+ dq/dt = d(oF/E)/dt + L., = C?@) nen (nicht das Scheren!) einer Newton’schen Flussigkeit ein ((CJK/qe) = kK). Es resultiert d=(C?/E)+(a/qe) und nach dem Umformen auch a = q e & - ( q e / E ) C ?In . ganz gleicher Weise wird die rheologische Zustandsgleichung 7 = q j - ( q/ G ) i fur das Scheren eines Maxwell-Korpers abgeleitet (s. Abb. 17-14). Diese Gleichungen werden nicht fiir die Dehn- oder Schereinflusseindiziert Beim Zugversuch wird die DehnviskosiEit qe einfach als “ViskosiBt”q aufgefasst. Da die Verformung hauptsilchlich durch Scheren erfolgt (Kap. 16.2.3),wird der Zugmodul E durch den Schermodul G ausgedriickt. Die Dehngeschwindigkeit wird also als t = de / dt = G-’ (do / dt) + ( u/ q ) geschneben. Beim Voigt-Kelvin-Element sind Feder und Kolben parallel geschaltet. Ein makroskopisches Analogon ist die Radaufh2ngung (E: suspension) bei Autos, bei denen eine helikale Feder einen Stossdampfer (E: shock absorber) umgibt. Die Zugdeformationen sind daher bei der Feder und beim Kolben gleich gross ( E = Q = a)und die Zugspan+ q). Mit den Ausdriicken f i r q und q (Abb. 17-14) nungen daher additiv (CJ= ergibt sich daher fiir die Gesamtspannung CJ = E E + qeE (alternativ: CJ = GE+ q E ) und fiir die Dehngeschwindigkeit 2 = (o/qe) -( E / ~ , ) E (altemativ: d = (a/q) - ( G / ~ ) E In ). genau gleicher Weise werden die rheologischen Zustandsgleichungen f i r die Scherspannung ? und die Schergeschwindigkeit .L ermittelt (s. Abb. 17-14).
5 87
17. Viskoelastizitiif
Tab. 174 Zeitabhgigkeiten der Zugspannung u bzw. Dehnung E fiir Maxwell- und Voigt-KelvinK(hper bei konstanter Dehnung ( E = d).konstanter Spannung (u= u ,), konstanter Dehngeschwindig-
keit (Mat = consf. bzw. E = q t ) oder konstanter zeitlicher Spannungsilnderung (do/& = const. bzw. u = q C fiir E = ~0 bei t = 0). C ist eine von Fall zu Fall verschiedene Konsrante. 4) C = - a & wenn E = 0. Randbedingungen fiir t = 0 l ) C = GE,,;~)C = a& 3) E = 6; Maxwell-KOrper
= F, u =a, E =q t u =g t E
= tl[(WW- (MXddWl u = Gq, exp[- (G/q)tl
Voigt-Kelvin-Element 0
Q
= q#[G-l+ T'tl u = € 1 +~ C expk (C/q)rl E = q, + ( q / c ) t + [u1/(2 q)lt* &
1) 2)
3)
=GE+ q(Wdf)
o=Gq,
= (dG)( 1- exp[- (G/q)tl) u =qq+qGt E = - ( q q @ ) + (ol/G2)t + C exp[- (C/q)t] E
4)
Die Differentialgleichungen f i r den Maxwell-KUrper und das Voigt-Kelvin-Element enthalten jeweils drei Variable (T,yund r bzw. a,E und r) und jeweils zwei anpassungsfihige Gr(lssen (Gund q bzw. E und qe). Die Gleichungen kUnnen daher nicht allgemein gelUst werden, sondem nur fiir bestimmte F a l e (Tab. 17-4). Zur besseren ijbersicht werden dabei alle Gleichungen nur f i r den Zugversuch geschrieben. Das Ldsungsschema fiir die Gleichungen der Tab. 174 sei fiir den Maxwell-K6rpermit konstanter Spannung demonstriert. Die allgemeineGleichung wird zu Wdf = (dq) + G-'(dddt) umgeformt. Mit E = q, = const a t man dq = - C-'(dddt). Die Integration liefert u = C exp[- (G/q)rl. Die Integrationskonstante C muss daher die Einheit einer Spannung haben. Ihr Wen ergibt sich aus der Randbedingung, dass der K6rper bei konstanter Dehnung q,unter einer Spannung C = G& steht Also folgt u= Gq, exp[- (G/q)t]. Das Verhiilmis q/G hat die physikalische Einheit einer Bit; es ist die Relaxationszeit b.Aus u= GE, exp[- (r/tk)]folgt, dass die Spannung mit der Zeit exponentiell abnimmt. Mit diesen Gleichungen kann das Verhalten bei zwei Experimenten studiert werden, dem Kriech-Experiment (konstante Dehnung E = E,) und dem SpannungsrelaxationsExperiment (konstante Spannung a = u,). Diese beiden Experimente sowie die weiter unten beschriebenen dynamischen Priifungen (Kap. 17.5) sind wichtig. weil mit ihnen das Verhalten bei den beiden anderen Experimenten beschrieben werden kann, d.h. bei konstanter Dehngeschwindigkeit (E = q r ) und konstanter zeitlicher Spannungsiinderung (a= qr). Umgekehrt kann man aus Versuchen mit E = e l f bzw. a = alr nicht das Verhalten bei konstanter Dehnung ( E = b ) bzw. konstanter Spannung (a= a,) ermitteln.
17.4.2.
Spannungsrelaxation
Unter einer Relaxation (L: re = zuriick, luxare = 16sen. von lux = lose) wird in der Mechanik die Abnahme der Spannung bei konstanter Deformation verstanden. Wird nilmlich eine reale Flussigkeit durch eine Scherung deformiert. so entwickelt sich eine der Deformation entgegenwirkende Spannung. Die Spannung wird jedoch rasch wieder abnehmen, da die Molekiile bzw. Molekulsegmente schnell ausweichen k6nnen. Dieses Verhalten wird gut durch das Maxwell-Model1 beschrieben. Beim Dehnen eines Maxwell-KUrpers 13ngt sich die Feder sehr schnell bis zu einem Gleichgewichtswert. Hat man dann die Dehnung konstant, so wird sich der Kolben wegen der sich entspannenden Feder langsam durch die z ~ Flussigkeit e bewegen. Beim Entfemen der Spannung kontrahiert sich die Feder. Der Kolben bleibt aber im gedehnten Zustand. Dieses ModelI ist wegen G1.(16-51) auch fiir Scherungen anwendbar.
588
17.4. Kriechen und Relaxation
Stan zu dehnen kann man natiirlich auch komprimieren. Bei Versuchen zur Spannungsrelaxation @: stress relaxation) wird ein Ktirper zur Zeit t = 0 pllitzlich urn einen Betrag E, zusammengedriickt (Abb. 17-15. I), z.B. eine Kunststoffdichtung zwischen dem Flaschenhals und dem Verschluss. Diese Deformation wird im Zeitintervall zwischen t = 0 und t = r~ konstant gehalten ( E = E,), Auf diese Stauchung (negativer Zug) antwortet der KBrper mit einer Anderung der Spannung (E: response). Da die Deformationsgeschwindigkeit gleich null ist. wird die Differentialgleichung f i r die Kompression eines Marwell-Korpers nach den Beziehungen der Abb. 17-14 zu 6 = ( UiG) + (aiq)= 0. Die Integration liefert (vgl. Tab. 1 7 4 )
wobei trlx = q/G die Relaxationszeit ist (E: relaxation time). Der Klirper reagiert also auf die bei t = 0 vorgegebene Deformation E, (Stauchung) mit einem plotzlichen Anstieg der Spannung auf den Wert a = a,. Die Spannung sinkt anschliessend exponentiell ab. bis sie bei unendlich grosser Zeit wieder gleich null wird. Diese Relaxation erklm, warum Dichtungen aus Kunststoffen von Zeit zu Zeit nachgezogen werden miissen. Bei der Relaxationszeit trlx ist die Spannung Q auf den (I/e)ten Teil P 36,8 % des urspriinglichen Wertes abgefallen. Sie ist gleich dem Achsenabschnitt trlx = q/G auf der Zeitachse, wenn die Tangente zur Abklingkurve vom Wert bei a, auf den Wert bei a = 0 verlugert wird. Die Viskositat q ist dabei eine Dehnviskositat qe, nicht eine Scherviskosit& Der in GL(17-13) auftretende Modul E ist ein Relaxationsmodul, der wegen des verschiedenen Modells nicht mit dem Elastizitatsmodul der G1.( 16-2) identisch ist. Spannungsrelaxation Maxwell-K&per
Kriechen Maxwell-K6rper
flq-’, $[-)
)-I$
,
E
10
Kriechen Voigt-Kelvin-Element
0
0
0
0 4
0
tE
4
I
-t
+
tE
4
I
0
,
0-
t +
tE
*
)
0 -
t
tE
4
Abb. 17-15 Spannungsrelaxation bzw. Kriechen eines Maxwell-Korpers und eines Voigt-Kelvin-Elementes. Die Dehnung E (beim Relaxationsexperiment) bzw. die Spannung (T (beim Kriechversuch) wird bei der Zeit t = 0 vorgegeben und bei der Zeit tE entfemt. Beim Relaxationsversuch ist nur die Relaxation gezeigt, nicht die Erholung der Spannung nach dem Entfemen der Deformation zur Zeit tE. Das Verh2ltnis von Relaxationszeit trlx und Zeitskala t des Experimentes ist wie bei der Diffusion die Debora-Zahl De (S. 483). Diese Relaxations-Debora-Zahl ist jedoch nicht mit der Diffusions-Debora-Zahl identisch.
589
1 7. Visk-oelastizitdt
-
Die Debora-Zahl ist per Definition gleich 0 fiir Newton'sche Fliissigkeiten und gleich f i r Hooke'sche Kbrper. Sie besitzt Werte von u n g e f a fiir Wasser, 10-6 fiir Schmier(l1, 0,l-10 fiir Polymerschmelzen und 109-1011fiir GlBer. Bei der Glastemperatur bemgt sie De = 1. Bei Polymeren existiert nicht nur eine Relaxationszeit, sondem ein ganzes Relaxationszeiten-Spektrum. Perfekte Elastomere besitzen 2.B. gleiche Abstiinde zwischen den Netzstellen. Bei kurzen Beanspruchungszeiten gleichen sich Spannungen durch eine Rotation der Kettenglieder um Kettenbindungen innerhalb kurzer Relaxationszeiten von lW5 s aus. Bei grossen Beanspruchungszeiten verschieben sich auch Netzstellen gegeneinander. Dieser Prozess erfordext aber hohe Relaxationszeiten, die wiederum das viskose Fliessen bei kleinen Beanspruchungszeiten verhindem. Zwischen diesen beiden sehr verschiedenen Relaxationszeiten existiert ein Bereich, in dem der Relaxationsmodul praktisch konstant bleibt. Reale Elastomere weisen dagegen eine Verteilung der Netzstellenabstbde und folglich Verteilungen der beiden Relaxationsprozesse auf. Das Relaxationszeitenspektrum kann rnit einer Folge von parallel geschalteten Maxwell-Kbrpem modelliert werden. Das Relaxationsverhalten kann dagegen nicht rnit dem Voigt-Kelvin-Element beschrieben werden. Bei einer plbtzlichen Dehnung kann die Feder folgen. nicht jedoch der Kolben, da dieser einen unendlich grossen Widerstand iiberwinden muss. Dazu ist jedoch eine unendlich gmsse Spannung erforderiich, was unrealistisch ist.
17.4.3.
Kriech-Versuch
Unter Retardation wird eine Zunahme der Deformation rnit der Zeit bei konstanter Spannung verstanden. Retardationsprozesse geben sich durch ein Kriechen bzw. Nachfliessen des Materials zu erkennen. Da das Phtinomen erstmals bei sich bei Raumtemperaturen befindenden, scheinbar festen Materialien ohne Wmeeinwirkung beobachtet wurde, nennt man es auch kalter Fluss (E: cold flow). Beim Kriechversuch (E: creep experiment) wird der Kbrper zur Zeit t = 0 rnit einer Zugspannung a, belastet. Wegen der in Reihe geschalteten, sofort ansprechenden Zugfeder nimmt ein Marwell-Korper bei t = 0 sofort einen Wert ~0 = oJE an (Abb. 17-15). Wird anschliessend die Spannung a, konstant gehalten (E: uniform loading) und ist somit ir = da/dt = 0. so dehnt sich der Maxwell-Kbrper wegen des in Reihe geschalteten Stempels im Kolben rnit konstanter Geschwindigkeit a,/q aus; es erfolgt ein Kriechen oder Nachfliessen. Die Gesamtdeformation E zur Versuchszeit t ergibt sich beim Muxwell-Korper mit der Bedingung CT = a, = const. durch Integration der Differentialgleichung B = ( U / E ) + (a/q)(s. Gleichung in der Abb. 17-14) zu (17- 14)
1
Cdr = (d4dr)dt = E = (aJG)
+ (oJq)t = q,+ (aJq)r
Nach dem Entfemen der Last zur Zeit t = & zieht sich der KUrper um den elastischen Beitrag E, = aJG zusammen. bleibt aber permanent um einen Restbetrag EE = (a&)& verformt (E: permanent set). Der Maxwell-Kbrper verhtilt sich also bei Beginn des Experimentes ( t = 0) wie ein elastischer Festkbrper. warend des Experimentes jedoch wie eine viskose Fliissigkeit: er stellt eine viskoelastische Fliissigkeit dar (Tab. 174).
590
17. Kriechen und Relaxation
Bei Polymeren nimmt jedoch die Dehnung bei konstanter Spannung nicht linear rnit der Zeit zu; der Maxwell-K6rper ist hier unrealistisch. Der zeitliche Anstieg der Dehnung wird darum besser rnit dem Voigt-Kelvin-Element beschrieben (Abb. 17-15, 111). Nach den Gleichungen in Abb. 17-14 ergibt sich die rheologische Zustandsgleichung - (G/q)e. Die des Voigt-Kelvin-Elementes fur Zugbeanspruchungen zu k = (o/q) Usung dieser Differentialgleichung ist
Sofort nach dem Anlegen der Spannung, zur Zeit t = 0. ist die Deformation E nach dem Modell gleich null (Abb. 17-15), was bei Polymeren jedoch nicht zutrifft. Die Deformation nimmt dann jedoch wie bei Fliissigkeiten schnell mit der Zeit zu; spgter steigt sie langsamer rnit der Zeit an. Die Retardationszeit trd ist von gleicher Gr6ssenordnung wie die Relaxationszeit, aber nicht mit ihr identisch, da sie auf einem anderen Modell beruht. Die Retardationszeit gibt die Zeit an, bei der der retardierende Verformungsanteil bei konstanter Belastung einen Wert von (1 - l/e) = 0,632 der Endverformung EE bei der Zeit & erreicht hat. Das Voigt-Kelvin-Element verhtilt sich also wie ein viskoelastischer Festkorper: anfangs als Flussigkeit und w2hrend 0 I t I & als Festkorper. Entfemt man nach einer Zeit & die Spannung, so klingt die Deformation wieder nach E = (aJG)[l - exp (- &/trtd)][exp {- (t - tg)/trtd]] ab. Bei unendlich grosser Zeit wird der Anfangszustand rnit E = 0 erreicht. Bncht man das Experiment nicht zur Zeit & ab, sondem llsst es weiterlaufen, so erreicht die Deformation bei t + = den Wert &, = aJG. In genau gleicher Weise kann man die Scherdefonnation ermitteln. Aus der Differentialgleichung += ( d q )- (G/q)7 des Voigt-Kelvin-Elementes fiir Scherbeanspruchungen erhat man 7 = (q/G)[ 1 - exp (- f/frtd)]. Der Retardationsmodul G dieser Gleichung ist weder rnit dem Retardationsmodul der GL(17-15) noch mit dem Schermodul der G1.( 16-57) identisch, da das wahre viskoelastische Verhalten nur angen&hert durch das Voigt-Kelvin-Element und den Maxwell-Korper beschrieben wird.
17.4.4.
3- und 4-Parameter-Modelle
Realistischer sind Modelle rnit mehr als zwei Parametern. Die vier moglichen 3-Parameter-Modelle der Abb. 17-16 werden auch als lineare Standardfestkorper bezeichnet (E: standard linear solids). Das Burgers-Modell ist ein spezielles 4-Parameter-Modell.
i; 4
A
Gz- -11
3A'
+ 3B
+ 3B'
+4
AM. 17- 16 Die vier rnoglichen 3-Parameter-Modellesowie das Burgers-4-Parameter-Modell.
17. Viskoelastizitit
591
Die vier 3-Parameter-Modelle bilden zwei Gruppen. Die beiden A-Gruppen-Modelle sind durch einen Typ der Zustandsgleichung beschreibbar und die beiden B-GruppenModelle durch einen anderen: (17- 16) 3-A-1
( G ~ + G ~ )+ u
3-A-2
G ~ u+
do q x = C ; ~ G ~+E
de G1V-dt
do de 7~ = G ~ G ~+ E(GI+G2)qdt
3-B-1 3-B-2 Das Burgers-Mode11 ist ein Vier-Parameter-Modell, bei dem Maxwell-Korper und Voigt-Kelvin-Element in Reihe geschaltet sind. Die Zustandsgleichungen GM(d%/dt) = (dddt) (4qvK)
+ (GM/v&
fiir den Maxwell-Kbrper und
= (d&vK)/dt + (GVK/~VK)EVK fiir das Voigt-Kelvin-Element
werden beim Bergers-Model1 so kombiniert, dass und EVK eliminiert werden konnen. Fur die Zustandsgleichung resultiert eine lineare Differentialgleichung zweiter Ordnung:
Diese Gleichung ist wie die einfacheren Zustandsgleichungen fiir den Maxwell-Korper, den Voigt-Kelvin-Korper und die 3-Parameter-Modelle nur fiir Spezialfae lbsbar. Bei Zugversuchen mit der angelegten Spannung o, setzt sich beim Burgers-Korper die Gesamtdeformation E = EH + + EVK additiv aus den Beitrggen des Hooke'schen Korpers H, der Newton'schen Fliissigkeit N und des Voigt-Kelvin-Elementes VK zusammen. Einsetzen von EH = o,/G und EN = (oJq)t (Abb. 17-14) sowie des Ausdrucks fiir EVK aus G1.(17-15) liefert fiir das Kriechen
Das zeitabhtingige VehUtnis ode = G(t) stellt dabei einen Kriechmodul dar. Fur die Erholung bekommt man
In Abb. 17-17 sind die Knechkumen des Burgers-Korpers mit denen des MaxwellElementes, des Voigt-Kelvin-Korper und des Hooke-Korpers verglichen.
592
17.4. Kriechen und Relaxation
Voigt-Kelvin ..- - -..- - -........... ................-. ..
__
0
50
100
-IIS +
150
200
Abb.17-17 Zeitabhllngigkeit der Kriechdehnung E bei konstanter Spannung uo = 100 MPa fiir Kdrper = 5.108 Pa s und t ) =~ 5.101° Pa s. Wenn der Kriechvermit GH = 500 MPa, G m = 100 m a , such nicht bei 11 = 100 s abgebrochen wird, wiirden sich der Maxwell-Kdpr (M), das Voigt-KelvinElement (VK) und der Burgers-Korper (B) entsprechend - - - - weiter dehnen. Bei einem Versuchsabbleibt aber dauemd um den Betrag bruch nach 11 = 100 s erholt sich der Burgers-Kdrper rasch (-), 6 & / w K gedehnt Der Hooke'sche Beitrag (H)ZUTDehnung des Burgers-Kdrpe.rs ist zeitunabmgig. Die Relaxationszeit bemgt t h = qa/GvK = 5 s. Die Nutting-Funktion wurde rnit p = 1 und n = 1/4 an ~1 bei tl angepasst. Kriechkurven werden wegen der drei unbekannten Verfomungsanteile Q (elastisch), (viskos) und EVK (viskoelastisch) meist nicht detailliert analysiert. Die zeitabhmgigen viskosen und viskoelastischen Anteile fasst man jedoch oft in einem neuen Parameter .Q zusammen, dessen Zeitabhgngigkeit durch das Findlay-Gesetz Q = beschrieben wird. Fur die Kriechkurve E =At) erhdt man so die Nutting-Gleichung: EN
1 0,Ol I W
0,004
0,001 10-2
1
102
- t / h -+
104
106
Abb. 17-18 Kriechkurven des Acetalcopolymeren Hosmform C 9021 bei 2OoCbei verschiedenen vorgegebenen Spannungen u entsprechend der Nutting-G1.(17-20) [14a]. Auftragung von lg E =Alg t). Der Exponent n nimmt leicht mit steigender Spannung uzu. Mit freundlicher Genehrnigung des Hanser-Verlages, Miinchen.
593
17. Viskoelastizitdt
Nach der Nutting-Gleichung soll der Logarithmus der Dehnung linear vom Logarithmus der Zeit abhiingen und der Frontfaktor Kaop von der vorgegebenen Spannung a,, was experimentell f i r positive n und besatigt wird (Abb. 17-18). Allerdings steigt n noch etwas mit zunehmender Spannung an. Die Nutting-Gleichung erlaubt hhfig, von Kurzzeitmessungen auf das Langzeitverhalten zu extrapolieren. besonders bei gr6sseren a,-Werten. Eine andere empirische NZherungsgleichung ist die hyperbolische Funktion E = Ktsinh (c/o,&
17.4.5.
Boltzmannsches Superpositionsprinzip
Bei Zugversuchen w i d der Priifling mit konstanter Geschwindigkeit E = E, gedehnt. Zu Beginn des Experimentes ist die Zugspannung gleich null (a, = 0). Durch Integration der Differentialgleichung r5 = d d d t = E do - (cE/qe) f i r die Zuggeschwindigkeit bei einem Maxwell-K6rper (Abb. 17-14) erhiilt man daher (mit q e und E statt den konventionellen q und G)
[
(17-21)
a=qeE0 1-exp
(;:E)3
-
Die Zugspannung a nimmt daher f i r qoEo = const. c mit steigender Dehnung E zungchst steil. d m schwacher zu und erreicht bei E + asymptotisch den Endwert a= qoio (Abb. 17-19, oben). Die beiden Grenzwerte dieses Verhaltens ergeben sich, wenn man Ed( qoi0) = x Setzt und den Exponentialausdruck exp (- x) in eine unendliche Reihe 1 - x + x2/2! - ... entwickelt. Bei unendlich grossen Dehngeschwindigkeiten (also bei qodo + erhut man das Hooke'sche Gesetz a = EE. 0
0)
100 MPa 50 MPa 10 MPa
.
0,03
0906
;120p!29;Km
0-09 ,
0.12
.
,
.
0,15
r\
.:
60 313 K 313 K
0 0
0,03
0906
- &----*
0,09
0.12
0,15
Abb. 17-19 Spannungs-Dehnungs-Verhaltenbei Zugversuchen. J Bruch. oben: Berechnet rnit dem Maxwell-Modell fiir E = 6OOO Mpa und die angegebenen 7.k -Werte. Unten: Exprimentell fiir ein Poly(methylmethaaylat)bei verschiedenenTemperaturen. bex Riifling kann bei 373 K = 100°C bis zu E = 2,84(284 %) gedehnt werden, ohne zu bmhen.
594
17.4. Kriechen und Relaxation
Die Anfangsneigung der Funktion c r = A ~ liefert ) somit den Modul. Bei verschwindend kleinen Dehngeschwindigkeiten (d.h. qoto + 0) wird andererseits cr = 0. Falls die Dehnviskositiit unabhhgig von der Dehngeschwindigkeit ist (Troutonsche Flussigkeit; qe = consr), sinkt somit der Modul mit fallender Dehngeschwindigkeit i0 (bzw. q0io) ab (Abb. 17-19, oben). Der Priifling verhat sich somit bei grossen Zuggeschwindigkeiten wie ein steifes Material (hohes E), bei kleinen dagegen wie ein Gummi (niedriges E). Die berechneten Funktionen cr =A&),und somit auch der Modul E, verhalten sich bei variablen Dehngeschwindigkeiten und konstanter Temperatur (Abb. 17-19, oben) hlich wie die bei konstanten Dehngeschwindigkeiten und variabler Temperatur gemessenen Funktionen c r = f ( ~ )(Abb. 17-19, unten). wenn man einmal den nur in einem bestimmten Temperaturbereich auftretenden Streckpunkt vemachlassigt. Die beiden Funktionen E =At)und E =f(Z') sind somit ineinander iiberfiihrbar, wenn sich der Relaxationsmechanismus nicht mit der Temperatur hdert. Das Gleiche gilt fiir die Schermoduln G bzw. die Zugnachgiebigkeiten D = 11E und die Schernachgiebigkeiten J = 1IG. Die Umrechnung E =At)P E =AT) erfolgt mit dem Boltzmannschen Superpositionsprinzip. Dieses Prinzip sagt, dass die durch eine zusitzliche Belastung verursachte Deformation (oder durch eine Entlastung bewirkte Erholung) unabhbgig von den vorhergehenden Belastungen (oder Entlastungen) ist. ~ to = 0 (Abb. 17-20, Nach dem Anlegen einer konstanten Scherspannung T ~zur, Zeit oben) steigt beim Voigt-Kelvin-Element die Schemng 7 an (Abb. 17-20, unten). Sie erreicht bei der Zeit r l einen Wert von n = roo,a/G1= T ~ , O , B J ~(Abb. 17-20). Entfemt man bei dieser Zeit t l die Scherspannung. so klingt 7 wieder ab. Bei einer Zeit r2 wird dann ein Wert 7 = n - A n erhalten. W2re der Priifling bei r l nicht entlastet worden, so wurde die Scherdeformation bei r2 einen Wert n besitzen. Der aktuelle Wert betragt bei t2 aber 7 = n - An. Die wiedergewonnene Deformation ist A n = n - 11 + A71 = 'yb + An. Sie ist folglich mit derjenigen identisch, die erhalten wiirde, wenn zur Zeit c1 eine zusatzliche Spannung T0.b angelegt worden ware. Die durch eine zusatzliche Belastung hervorgerufene Deformation ist daher unabhbgig von den vorhergehenden Belastungen. Ein Beispiel ist die Umrechnung der bei verschiedenen Temperaturen als Funktion der Zeit erhaltenen Schermoduln G(r) mit Hilfe des Verschiebungsfaktors q der WLFGleichung, wozu jedoch das Relaxationszeitenspektrum unabhgngig von der Temperatur
- Zeit
+
Abb. 17-20 Erlilutemg des Boltzrnannschen Superpositionsprinzipesbeim Kriechversuch (s. Text).
595
I 7. Vishvelastizitdt
10-3
10-1
10
id -tlh
10-10
10-5 1
+
id
Abb. 17-21 Links: Zeitabhhgigeit der durch Spannungselaxation gemessenen Schermoduln G(r) eines Poly(methylmethacry1at)s (M,= 3.6-106g/mol) bei 40 I TPC I 135 [15]. Rechts: Die gleichen Werte nunmehr fiir eine Referenztemperatur von To = 388 K rnit dem VerschiebungsfaktorUT der WLF-Gleichung verschoben (TG= 378 K).Einige Verschiebungen sind durch hnkte o gekennzeichnet. Bei sehr langen Beanspruchungszeiten fliesst das Material, bei sehr kunen erscheint es glasartig. Der Glaszustand wird aber selbst bei extrem kunen Zeiten noch nicht erreicht sein muss (Abb. 17-21). Die auf diese Weise resultierende Standard-Kurve der G-Werte h bis 1 6 h (40 ns bis 11,4 a). Diese Zeitspanne iiberspannt 16 Zeitdekaden von kann nicht rnit einem einzigen Messverfahren iiberstrichen werden. WONaber mit sich uberlappenden Techniken, z.B. mit dynamischen Methoden.
17.5.
Dynamische Beanspruchungen
Alle bisher besprochenen Verfahren werden in der Literatur als "statisch bezeichnet, obwohl sie weder statisch sind (wie 2.B. Kriechversuche) noch Gleichgewichtsmethoden. Unter "dynamischen" Methoden versteht man solche, bei denen der Priifling zeitlich periodisch beansprucht wid. Diese Methoden lassen sich in zwei Gruppen einteilen: solche rnit erzwungenen Schwingungen (z.B. Rheovibron@)und solche mit freien (Torsionspendel). Bei htiheren Frequenzbereichen werden diese mechanischen Methoden durch Kemresonanz-, Ultraschall- oder Dielektrikum-Messungen ergbzt. wodurch ein weiter Frequenz- und Temperaturbereich uberstrichen werden kann.
17.5.1.
Erzwungene Schwingungen
Bei ernvungenen Schwingungen (E: forced ascillations) wird der hiifling im einfachsten Fall stZndig sinusftirmig beansprucht. Beim weit verbreiteten Rheovibrona werden Zugspannungen vorgegeben. Die erhaltenen Biegemoduln sind daher Zugmoduln. Beim Torsionspendel (E: torsion pendulum) Kap. 17.5.2) wird dagegen der Priifling verdrillt. Wegen der auftretenden Scherdefonnationen sind die Moduln hier Schennoduln.
596
17.5. Dynamische Beanspruchungen
Beim uniaxialen Scheren mit konstanter Kreisfrequenz w = 2 n v 2ndert sich die Schubspannung ?(t) = ro sin wt mit der Zeit t (Abb. 17-22); ro ist die Amplitude (maximaler Wen der Spannung) und v die Frequenz. Die resultierende Scherung yist ebenfalls eine Sinus-Funktion der &it. Bei Hooke'schen Korpem folgt sie momentan der angelegten Spannung, so dass f i t ) = yo sin or, w&rend sie bei viskoelastischen K 6 p m der angelegten Schubspannung um einen Phasenwinkel 6 hinterher hinkt. Auch die Amplituden ro und 7, sind verschieden (Abb. 17-22). Im Vektordiagramm ist im Idealfall der Phasenwinkel 6 konstant und es gilt
(17-22)
fit) =
yo sin ( w t - 6)
Der Phasenwinkel 15 zwischen vorgegebener Schubspannung und nacheilender Scherung wird auch als Verlustwinkel bezeichnet (E: loss angle). Im elektrischen Fall tritt zwischen Strom und Spannung ebenfalls eine Phasenverschiebung auf, die sich aber mit dem Verlustwinkel zu 90"ergazt.
Abb. 17-22 Vorgegebene Scherspannung 7 und resultierende Ausser-Phase-Verformung y bei sinoidas der &it t. ler uniaxialer Scherung ~ a lFunktion T ~yo . = Amplituden, 6 = Phasenwinkel, o = Kreisfrequenz. Der Spannungsvektor kann als Summe zweier Komponenten aufgefasst werden. Die eine Komponente z' = ro cos 6 ist in Phase mit der Verformung, die andere Komponente mit f = r, sin 6jedoch nicht. Jeder Komponente kann ein Modul zugeordnet werden. Aus der In-Phase-Komponente z' und der Amplitude yo berechnet sich der reale Modul G', welcher die Steifheit und die Formfestigkeit des Priiflings misst:
Der reale Modul G' wird auch Scherspeichermodul genannt, weil er ein Mass fur die von elastischen Korpem wahrend der Deformation gespeicherte Energie ist (E: shear storage modulus, in-phase modulus, elastic modulus). G* = r0/yOwird als komplexer Modul bezeichnet (Kap. 17.5.3.). Der imaginare Modul G" (Scherverlustmodul; E: shear loss modulus, 90". out-ofphase modulus, viscous modulus) ist entsprechend definiert:
(17-24)
G " = r"/yO= (r,,/yo) sin 6 = G* sin 6
597
I 7. Viskaelastizitcit
Der Scherverlustmodul beschreibt die durch Dissipation in WSLrme verlorene nutzbare mechanische Energie. Er ist direkt der pro Zyklus freigesetzten WSLrme H = 1c G"702 proportional, wobei yo der Maximalwert der Scherverformung ist. Die Bezeichnungen "komplexmModul". "realmModul" und "imagh&x Modul" stammen von der Schreibweise dieser Moduln als komplexe Gr6ssen. nthlich als C*= C'+ iC", wobei i2 = -1. Die hagin&en Moduln G sind jedoch ttotz ihres Namens reale physikalische Gr(lssen,nihlich produkte aw realen Zahlen und mechanischen Spannungen. In gleicher Weise kann man Gleichungen f i r den Zugspeichermodul E' und den Zugverlustmodul E" ableiten. Diese Gassen ergeben sich daher zu E' = (a&o) cos 6 bzw. E" = (a&,) sin 6. Das Verhsiltnis von Verlustmodul zu Speichermodul wird mechanischer Verlustfaktor A genannt (E: loss tangent). Er ist gemgss den G1.(17-23) und (17-24) gleich dem Tangens des Verlustwinkels und fiir Zug- und Schermoduln etwa gleich gross: (17-25)
A=tanS=G"/G'=E"IE';
1 exakt: -=EE "'" G 1+[G/(3K)l[l+(G/G)21
1
Bei der allseitigen Kompression wird jedoch nicht geschert. Das Verharnis der imaginilren zu den realen Kompressionsmoduln ist daher nicht gleich dem Verhsilmis der entsprechenden Schermoduln. Es gilt vielmehr R ' I K < GYG. Anstatt die Spannung .r(f) vorzugeben und die resultierende Verformung )(r) zu verfolgen. kann man auch den Priifling defomieren und die Spannung messen. In diesem Fall hinkt die Spannung nicht der Deformation nach, sondem eilt ihr voraus. Man sieht das unmittelbar beim analogen elektrischen Experiment: ein Stroh kann erst fliessen, nachdem sich eine Spannung aufgebaut hat. Mit Hilfe dieser Gr6ssen wird eine Reihe rheologischer Parameter definiert. nwlich die dynamische stationtire Scherviskositat vo'. die ausser-Phase dynamische Scherviskositiit und die komplexe dynamische stationare Scherviskositiit qo*: (17-26)
qo'=lim,,o(G/~)
; q"=G/w
; ~o*=lim,,o(G*/~)
Der Elastizitiitskoeffizient A c ergibt sich aus dem Scherspeichermodul G' und der Kreisfrequenz w fiir den Grenzfall sehr niedriger Frequenzen. Der Quotient des Elastiziatskoeffizienten und des Quadrates der dynamischen Scherviskosiat ist die stationare Schernachgiebigkeit Jeo (Kap. 17.5.3): (17-27)
17.5.2.
& =lim,,,(G/w2)
; Jeo =Ac/(q;)2
Freie Schwingungen
Torsionspendel arbeiten mit freien Schwingungen. Der Priifling wird unten fest auf eine nichwerdrillbare Scheibe montiert und oben um einen Winkel 8 relativ zur Ruhelage verdrillt (Abb. 17-23). Nach dem Entfemen der Arretierung pendelt der Priifling uber seine Ruhelage hinaus in die andere Richtung. schwingt dann wieder zuriick und oszilliert mit abnehmender Amplitude weiter frei um seine Ruhelage. Die Oszillationsfre-
598
17.5. Dynamische Beanspruchungen
Abb. 17-23 Beim Torsionspendel (E: torsion pendulum) wird eine auf einer Unterlage S befestigte Polymerprobe P oben um einen Winkel 0 verdrillt. Das Polymere oszilliert dann frei mit einer Frequenz v um die Ruhelage (rechts). Der zeitliche Abstand t = llv = 2x10 der Perioden ist konstant; die Amplituden ...nehmen jedoch laufend ab. w = Kreisfrequenz.
quenz ist dabei unabh2ngig von den Amplituden. Sie kann jedoch nicht beliebig variiert werden, da sie von den Dgmpfungseigenschaften des Materials selbst abh2ngt. Das Torsionspendel liefen Schermoduln G = KgeoIG, die aus der Frequenz v = Ilt, dem TrlgEeitsmoment I (in Masse mal Flache) und einem Formfaktor Kgeo des Priiflings berechnet werden konnen. Bei Rundstaben mit der L u g e L und dem Radius R gilt z.B. Kgeo = 8 xL/R4, bei rechteckigen Stlben mit der L a g e L , der Weite W und der Dicke d dagegen Kgeo = 64 x2L/@Wd).p ist ein anderer Formfaktor, der mit dem L a i n gen/Weiten-Verhaltnis Wld ansteigt: 2,249 (Wld = l), 3,659 (Wld = 2), 4,493 (Wld = 4) und 5,232 ("Id = 40). Aus dem Verhtiltnis von zwei aufeinander folgenden Amplituden berechnet sich nach A = lg (8J&+1) das logarithmische Dekrement, das den per Zyklus verlorenen Anteil an gespeicherter Energie angibt. Es ist hier nicht gleich dem mechanischen Verlustfaktor, da es noch von der Geometrie des Priiflings bestimmt wird. Bei kleinen Dgmpfungen von zylindrischen Priiflingen gilt z.B. in guter N2herung tan 6 = Alx.
17.5.3.
Komplexe Moduln
Die Moduln G' bzw. G" werden "real" bzw. "imagink" genannt, weil die Beziehungen auch mit komplexen Variablen abgeleitet werden konnen. Bei sinusformigen Expenmenten tritt dann bei einer vorgebenen Verformung an die Stelle der Verformung E die komplexe Verformung E* = c0 exp [i(wf)] und an die Stelle der Spannung o die komplexe Spannung o* = oo exp [i(ot + s)] (s. oben fiir das Vorzeichen). Der Modul ist ebenfalls komplex; er wird zum komplexen Schermodul (E: complex shear modulus):
(17-28)
G* = &I&* = ( o o / ~exp ) (is)= (ao/~o)(cos6 + i sin s) = G'
+ iG"
Werte aus sinusformigen Experimenten konnen statt dessen auch als komplexe Schernachgiebigkeiten J* wiedergeben werden (E: complex shear compliance). Hier tritt die komplexe Scherung r+ = yoexp [ i ( w t - s)] an die Stelle der Scherung yund die komplexe Scherspannung .r* = roexp (iwt) an die Stelle der Scherspannung 7:
17. Viskaelastizittit
599
Obwohl der komplexe Schermodul G* und die komplexe Schernachgiebigkeit J* einander reziprok proportional sind, trifft dies fiir ihre Komponenten G' und G" bzw. S und J" nicht zu: (17-30)
G'=
G" =
S (S)2 + ( J y
-
1/S 1 + tan2 s
J"
l/P
+
(S l2 + (Jtt)2= (1 tan2 6)-1
;
S=
G - 1/G (G)2+(G")2 - l + t a n 2 6
;
J"=
G" 1/G (G )' + (GI*)' = 1+ (tan2 a)-'
Bei dynamischen Messungen ist somit im Gegensatz zu statischen der Speichemodul G' nicht gleich dem Kehrwert der SpeichemachgiebigkeitS und der Verlustmodul G" nicht gleich dem Kehrwert der Verlustnachgiebigkeit s'. Diese Beziehungen lassen sich auf die verschiedenen mechanischen Modelle anwenden. Die Zustandsgleichung des Maxwell-Kiirpers lautet dddt = (o/q)+ G-'(do/dt) (Tab. 17-4). Einfiihren der Relaxationszeit trlx = q/G liefert trlxG(dE/dt) = 0 + trlx(dU/dt). Einsetzen der Ausdriicke fiir E =E* und o = &, Beriicksichtigen von deu/dx = eu(du/dx) und Umformen fiihrt nach dem Einsetzen von G1.(17-28) fiir &/E* zu (17-31)
iwt,,G 1 + iot,
-- o,exp[i(wt+ a)] = -o* =G*=G+ e,exp(iot)
iG
E*
Aus dieser Gleichung erhat man a+/&* = (iutrlxG)/(l + iw t r l x ) . Erweitem des Z2hlers und des Nenners mit (1 - iw rrlx), Ausmultiplizieren und Einfiihren von i2 = - 1 gibt (17-32)
O*
-= E*
2 G o2trh + i Gotrh 2 1+w2t;, l + o2trh
Der erste Summand der G1.(17-32) kann nach G1.(17-30. rechts) rnit dem Scherspeichermodul G identifiziert werden und der zweite Summand mit iG":
Da femer tan S = G"/G', bekommt man fiir den Verlustfaktor A = tan 6 = I/(@ f d x ) . In gleicher Weise kann man die Ausdriicke fiir das Voigt-Kelvin-Element ableiten. Bei Polymeren findet man mit zunehmender Frequenz o bzw. zunehmendem Produkt m, dass der Scherspeichermodul von einem Wert zu einem anderen ansteigt und der Scherverlustmodul sowie der Verlustfaktor je durch Maxima laufen. Beim VoigtKelvin-Element ist jedoch der Scherspeichermodul G' unabhhgig von o?.Ausserdem steigen hier der Scherverlustmodul G' sowie der Verlustfaktor beide von null auf unendlich an (Abb. 17-24). Das Maxwell-Model1 zeigt komkt, dass der Scherspeichermodul rnit zunehmenden Werten von m ansteigt: je kiirzer die Zeit zwischen den Perioden, umso weniger kann der Ktirper relaxieren und umso steifer ist er. Auch das Maximum des Scherverlustmoduls wird korrekt vorhergesagt. Dagegen f2Ut der Verlustfaktor fuschli-
600
17.5. Dynamische Beanspruchungen
4)
150
1
0.01
/tan6
0,l
1
-m +
10
100
Abb. 17-24 Scherspeichermoduln G’, Scherverlustmoduln G”und Verlustfaktoren tan S als Funktion des Roduktes w7 aus Kreisfrequenz w und Relaxationszeit 7 bei einem K6rper rnit einem Schermodul G = 100 MPa. Ausgezogene Linien: Maxwell-KLlrper, gestrichelte Linien: Voigt-Kelvin-K6rper. cherweise kontinuierlich von einem endlichen Wert auf null ab. Das dynamisch-mechanische Verhalten von Polymeren kann somit weder mit dem Voigt-Kelvin-Korper noch mit dem Maxwell-Korper modelliert werden. Bessere Resultate werden von den linearen Standardfestkorpem geliefert, z.B. vom Korper 3-A-1 (Tab. 17-5). Bei sehr langen Zeiten (sehr niedrigen Frequenzen) kann der lineare Standardfestkorper 3-A-1 vollig relaxieren. Die Scherspeichemachgiebigkeit wird somit zu S = (1/G1) + (1/G2) = J , und die Scherverlustnachgiebigkeitzu J” = 0. Bei sehr grossen Frequenzen (sehr kleinen Zeiten) verbleibt der Kiirper dagegen im unrelaxierten Zustand. Folglich werden hier J’ = l/G1 = Ju und J” = 0 und damit (17-34)
S =Ju +
Jr - J U
1 + W2t,:,
Debye-Gleichungen
; J 1 1 -- ( J , -J,)Wtrlx 1+
&,:,
Die drei anderen linearen Standardfestkorper geben die gleichen Beziehungen. Sie gelten fiir Korper, deren Speichemachgiebigkeiten bei niedrigen Frequenzen gross sind (gummiartiges Verhalten) und bei hohen Frequenzen klein (Glaszustand) (Abb. 17-25).
‘
0 0,Ol
0,l
10
1
-m
100
+
Abb. 17-25 ScherspeichernachgiebigkeitS, Scherverlustnachgiebigkeit J” und Verlustfaktor tan Sbei einem anelastischen Standardfestkorper mit J , = 0.01 m a - ’ und J , = 0,005 ma-’. Anelastische Festk6rper befolgen die fiir zeitabhiingige Hooke-KOrper geltende Gleichung Jra+ trhJuci= E + trhC-.
601
17. Visbelastizitat
Beim linearen Standardfestk6rper ltiuft die Verlusmachgiebigkeit mit steigender Frequenz durch ein Maximum bei wfrlx = 1. Der Verlust ist also am grBssten, wenn die Kreisfrequenz gerade gleich der reziproken Relaxationszeit ist (Abb. 17-25). Der Verlustfaktor hat dagegen sein Maximum nicht bei m = 1, sondem bei etwas h6heren Werten, wie man durch Einsetzen der Werte von S und s' in tan 6 = S/S sieht. Experimente an niedermolekularen Verbindungen bestatigen die Modellvorstellun=flu) ' flacher als von der Theorie vorgen. Bei Kettenmolekillen ist jedoch die Kuwe .I hergesagt; die Maxima bei J" =Am) and tan &=Am)sind breiter. Der Grund ist, dass bei Polymeren anders als bei niedennolekularen Flussigkeiten nicht nur eine Relaxationszeit existiert, sondem ein games Relaxationszeitenspekmm. Tab. 17-5 Schermoduln und Schemachgiebigkeiten b e i i Maxwell-Kllrper, Voigt-Kelvin-Element und dem linearen Standardfestk(kper 3-A-1. Maxwell
Voigt-Kelvin
C'
G
G"
GWtd, = q
s
J 1 + w't&
Linearer Standardfestkthper 3-A-1
GIG,
GIG, tan 6 G, + G2 - tp tan s
s'
tans=
J"
-
s
G
- = Wt,l,
c
-G"- - ( J , - J , ) w t,:, C'
J,
+ Juwzt&
J(t)
17.5.4.
Dynamische Moduln fester Polymerer
Dynamisch-mechanische Messungen an Polymeren sind sehr aussagekraig. Mit ihnen k6nnen Moduln bei verschiedenen Frequenzen, Geschwindigkeiten oder Zeiten ermittelt werden. und nicht nur bei einer einzigen wie bei statischen Messungen. Da im tiiglichen Leben Beanspruchungen mit unterschiedlichen Frequenzen bzw. Geschwindigkeiten ablaufen, liefem derartige Messungen praxisnahe Priifwerte. Die bei dynamisch-mechanischen Messungen auftretenden Verformungen sind relativ klein. Fur die realen Moduln sollte also E = 3 G' gelten (G1.(16-61)), wie es auch etwa g e h d e n wird (Abb. 17-26). Sowohl der Zugspeichermodul als auch der Scherspeichermodul nehmen mit zunehmender Temperatur ab. Bei der Schmelztemperatur sinkt der Zugspeichermodul katastrophenartig, wahrend der Scherspeichermodul noch relativ
602
17.5. Dynamische Beanspruchungen
I
Y
I
Thl
I'
6
\
l ~ . . . . . . . . . . " . . . . . . " . . . . . . . . . . . . . . . -100 -50 0 50 100 150 200
-150
- TIOC
+
Abb. 17-26 Temperatwabhiingigkeit der Zugspeichermoduln E, der Scherspeichermoduln G' und der mechanischen Verlustfaktoren tan S bei einem Acetalcopolymeren (Copolymer von Trioxan mit kleinen Anteilen eines cyclischen Ethers) [14b]. Frequenzen zwischen 0,3 Hz und 15 Hz. TM= Schrnelztemperatur; a,b, y = Relaxationen (s. Taxt). hoch bleibt, weil sich die Schmelze wegen der Verschlaufungen der Molekiile wie ein physikalisches Netzwerk verhZlt (Kap. 17.4.4). Der Verlustfaktor als VerhZltnis von Verlustmodul zu Speichermodul steigt daher bei der Schmelztemperatur stark an. Ahnlich starke Effekte beobachtet man nicht nur bei thermischen Umwandlungen. sondem auch bei Relaxationen. Bei einem semikristallinen Acetalcopolymeren treten drei solcher Relaxationen auf (Abb. 17-26). Knapp unterhalb der Schmelztemperatur von ca. 160°C existiert bei Tg -. 12OOC ein breites Maximum des Verlustfaktors, das durch einsetzende Segmentbewegungen in den kristallinen Bereichen bedingt ist. Das Maximum bei ca. - 65OC ist durch die Relaxation von Kettensegmenten in den amorphen Bereichen bedingt; es stellt die dynamische Glastemperatur bei dieser Frequenz dar. Bei ca. 0°C ist ein weiteres, flaches Maximum sichtbar, das bei trockenen Proben fast vollstihdig verschwindet. Es muss also die dynamische Glastemperatur der durch Wasser weichgemachten amorphen Bereiche anzeigen. Relaxationen h a g e n stark von der Frequenz ab, wie man bei den Verlustfaktoren des amorphen Poly(cyclohexylmethacry1at)s (Abb. 13-28) und den Relaxationstemperaturen eines semikristallinen Poly(ethy1en)s sieht (Abb. 13-7). Beim Poly(cyc1ohexylmethacrylat) zeigt sich so die Boot-Sessel-Umwandlung des Cyclohexanrings (Kap. 13.6), beim Poly(ethy1en) der Schmelzprozess (Kap. 13.3.1).
17.5.5.
Scherspeichermoduln von Schmelzen
Die Scherspeichermoduln G' von Polymerschmelzen hoher Molmasse (und ebenso diejenigen von konzentrierten Usungen, Kap. 17.5.5) variieren rnit steigender Frequenz wie folgt (Abb. 17-27). Der Logarithmus von G' nimmt zunachst linear mit dem Logarithmus von w (bzw. UTU) zu (Endbereich E). Er erreicht d a m ein frequenzunabhihgiges Plateau P und steigt anschliessend bei hohen Frequenzen wieder linear mit dem Logarithmus der Frequenz an (Ubergangsbereich T). Bei niedrigen Molmassen beobachtet man nur den Ubergangsbereich.
603
17. Vkkoelastizitiit
1Id k Id
\
b
I 10' . 581 351 215 113
47
15 8.9
10-3M/(g mol-')
Abb. 17-27 Abhagigkeit der Scherspeichermoduln G'von Schmelzen von Poly(styro1)en mit engen Molmassenverteilungen von der normalisiertenFrequenz aTo[16].Der WLF-VerschiebungsfaktorUT wurde benutzt, um die bei verschiedenen Temperaturen und Kreisfrequenzen o gemessenen Daten auf die gleiche Ternperatur von 160OC umzurechnen (Kap. 13.5.5)). G$ = Plateaumodul. Mit freundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, DC.
Im Ubergangsbereich (E: transition zone) streben alle GI-Werte unabhugig von der Molmasse asymptotisch einer gemeinsamen Funktion G' = f ( a ~ w )zu. Da bei den hohen Frequenzen w = l/f die Zeiten zwischen den Perioden kurz sind, kiinnen hier nur kurze Kettenstiicke vollstilndig relaxieren. Dieser Bereich muss daher auf Bewegungen von Kettensegmenten ansprechen. Er ist entsprechend unabhhgig von der Molmasse. Der iibergangsbereich charakterisiert also das viskose Verhalten. ) mit der MolIm Endbereich (E: end zone) variiert die Funktion G' = A a ~ wjedoch masse, was durch G'= KM(OTW)Ywiedergegeben werden kann. SowoN K M als auch y werden von der Molmasse beeinflusst. Flir 7 findet man y = 3.28 - 1.35 lg M, was durch eine Molmassenabhhgigkeit des Verschiebungsfaktors a~ bedingt sein kiinnte. Die sehr stake Abhibgigkeit K M = 5-10-2oM5 stimmt mit der f i r Gele gefundenen iiberein. Die niedrigen Frequenzen entsprechen gmssen Zeiten: hier relaxieren ganze Ketten. Das Relaxationsspektrum muss im Endbereich durch langreichende Konformationshderungen bedingt sein; es zeigt die viskoelastischen Eigenschaften an. Die GI-Werte im Endbereich werden sehr von der Breite der Molmassen-Verteilung beeinflusst. Fiir die Schernachgiebigkeiten .Ie= 1/G' im stationlren - -Zustand - sagt die Reptationstheone eine Abhhgigkeit J e = C [ (a z + 2 a z + 3az+4)/( MwMzMz+l)l voraus. Diese Gleichung geht f i r logarithmische Normalverteilungen wegen der Beziehungen - zwischen den verschiedenen Mittelwerten - - in .Ie= C( Mz/Mw)9 uber. Bei Mischungsexperimenten wurde jedoch Je = C( M,/M,J3 gefunden. Da nun der Ubergangsbereich das viskose Verhalten charakterisiert und der Endbereich das viskoelastische, muss das zwischen Ubergangs- und Endbereich liegende Plateau folglich dem gummiartigen Verhalten entsprechen (vgl. Abb. 16-9). In diesem Bereich sind die Scherspeichermoduln G N O bei engen Molmassenverteilungen unbeeinflusst von Messfrequenz und Molmasse. Bei breiten Verteilungen ist das Plateau nicht gut ausgepragt oder sogar abwesend.
604
17.5. Dynamische Reanspruchungen
Das gummiartige Verhalten wird nun bei Elastomeren durch permanenre (chemische) Vemetzungsstellen erzeugt Es wird daher bei Schmelzen von remporaren (physikalischen) Vemetzungen stammen. Als solche temporire "Vemetzungen" wirken Verschlaufungen mit benachbarten Ketten, wodurch die laterale Diffusion der Testkette bei der Reptation durch das "Unterholz" der anderen Ketten verzogert wird (Kap. 14.2.3). Die Stoffmengenkonzentration[M,] = p&/Mc der Netzketten zwischen zwei Vemetzungsstellen wird entsprechend durch die Stoffmengenkonzentration [&I = Qp#p/Me der Segmente ersetzt, wobei p = Dichte der Fliissigkeit (Schmelze oder Lbsung), q+p = Volumenbruch des Polymeren (in Schmelzen: +p = l), M , = Molmasse der Netzketten, Me = Molmasse der Segmente zwischen zwei Verschlaufungen (Maschenweite des temporgren Netzwerkes). Der Faktor Q beschreibt den Unterschied zwischen dem dynamischen und dem statischen Verhalten. Nach der Reptationstheone stammt er von Fluktuationen der Tubuslgnge. was zu einer besseren Relaxation bei Deformationen von Schmelzen fiihrt. Er berechnet sich hier zu Q = 4/5, wird aber oft gleich 1 gesetzt. Die kritischen Molmassen Me fiir Verhakungen in Schmelzen sind somit
Die so berechneten kritischen Molmassen M e fiir Segmente zwischen Verhakungen sind um den Faktor M J M , = 2(5/4) = 2,5 tiefer als die M,-Werte aus der Molmassenabh2ngigkeit der Ruheviskositaten von Schmelzen (Tab. 17-6), weil Me und M, verschieden auf Verhakungen ansprechen.
Tab.17-6 Kritische Molmassen fiir Verhakungen aus der Molmassen-Abhagigkeit der Ruhe-Viskm siWn (M,) bzw. ms der Frequenz-Abhagigkeitder Schermcduln (Md[17,18].Das ataktische Poly@ropylen)ist ein hydriertes 1,4-Poly(2-methyl-l,3-pentadien), das Poly(vinylcyc1ohexan) ein hydriertes ataktisches Poly(styrol). Poly(isopren): trans : cis : 3,4= a0 : 75 : 5.
Polymere
Poly(ethy1en) Poly(0xyethylen) Poly@ropylen),atPoly(is0pren) Poly(is0butylen) Poly(methy lmethacrylat) Poly(a-methylstyrol), atPoly(styrol), at
140 140 25 140 25 140 25 140 25 140 100 25 270 190 140
Poly(dimethylsi1oxan) Poly(vinylcyclohexan), at-
140 25 140
0,788 0,996
2.30 1,20
941 2 280
0,791 0,852 0,830 0,900 0,849 0,918 1.13
0,47 0,48 0.42 0.35 0,32 0.32 0,31
4 623 3 518 5 429 5 097 7 288 5 686 10 013
1,04 (0,971
0.32 0.20
0,969 0,895 0,970 0,900
0,20
10 225 14 018 13 582 13 309 12 293 8 984 38 035
50,4 26.3 5 800 10,3
15 200
2,67
14.6 9,21 10,6 7,02 9.72 6,80
28 OOO
0.20 0,214 0,065
6,13 4.17
35 OOO 24 500
2,58
2,55
4.38 4.38 6,30 1/43
6 05
17. Viskoelastizitiit
Aus der kritischen Molmasse M e lBsst sich femer die ZaNenkomntration Ce der Verhakungen berechnen, also die Verhakungsdichte:
Die Verhakungsdichten liegen im Bereich (1-50).1019 cm-3. Aus den G1.(17-35) und (17-36) folgt, dass bei zwei Temperaturen 1 und 2 das VerhaUtnis der VerhakungsdichG N ~muss. )~T~ Das ] Vehamis der Scherspeiten gleich Ce,l/Ce,~= [ ( G N ~ ) ~ T ~ ] / [ ( sein chennoduln ist jedoch praktisch temperaturunabhhgig: es wurde fiir 15 Polymere zu G~O(413K ) / G ~ ~ ( 2 9K) 8 = 0.99 f 0.11 gefunden. Die Verhakungsdichten sind demzufolge nach Ce,1/Ce,2= TZ/T1 der Temperatur umgekehrt proportional. Eine Kette wird sich nun umso stiirker verhaken, je mehr sie sich einknBueln kann. Diese VehBuelungstendenz wird durch die reduzierte Kettendimension (s2)JMgemessen (Kap. 4). Die Beziehung zwischen M e bzw. G$‘ und (s2)JM ergibt sich wie folgt. Ein gekngueltes Kettenmolektil mit der Masse mmol und der Molmasse M = mmolNA nimmt in der Schmelze das Volumen VSph einer Bquivalenten Kugel ein. Wegen der gegenseitigen Durchdringung der KnBuelmolekule (Kap. 6) in der Schmelze befinden sich aber in dem gleichen Volumen noch N-1 andere Ketten. Die totale Masse aller N Ketten betrlgt m = Nmmol = NMINA. Da die Dichte der Schmelze gleich p = m/Vsph ist. ergibt sich fiir das Volumen folglich Vsph = NM/@”). In einer Schmelze ist aber auch das Volumen Vsph einer linearen Kette der 3. Potenz des ungest6rten Trigheitsradius so bzw. des Fadenendenabstandes ro proportional. d.h., Vsph = K(s2)03n= K(r2)03n/63n. Das mittlere Quadrat des Fadenendenabstandes ergibt sich femer fiir hohe Molmassen (CN+ C,) zu (r2)o= C,Nub2 aus der Zahl Nu = M/Mu der Segmente der Liinge b und der Molmasse MU per Segment. Das Volumen wird also zu vsph = K[(C&/(6 MJI3nb3. Einsetzen von VSph = NM/@”) und Aufltisen nach der Molmasse liefert M = [63 f l M u 3 ] / [ p 2 N ~ 2 K k . 3 b 6 ] .
0,Ol
02
03
0,s
0,7
1
- 1023p (.2>,M-’ / (mol nm-1) -+ Abb. 17-28 Logarithmus des Plateau-Moduls GNo als Funktion des Logarithmus von p(r2)JM fiir die Polymeren (von links nach rechts) PVCH, PDMS, PS, PMMA, PIB, at-PP, BR, PEOX. PPE, PET, PE und PC bei 413 K. ausgenommen PPE bei 493 K und PC bei 473 K (nach Daten von [19]). Die Grade h t sich durch lg (GNOMa) = 68.148 + 2,944 Ig [@(?)$l-’)/(mol nm-’)] mit einex Steigung 3 und einem Komlationskoeffiiienten von 0,966wiedergeben. Aus den Messdaten berechnet sich der Proportionalitiitsfaktor K = ilquivalenten Kugel zu K = 1.538. Bei einer harten Vollkugel wiirde dieser Wert K = 9,012 betragen.
606
17.5. Dynamische Beanspruckngen
Eine Kette kann sich nicht verhaken, wenn sie die einzige Kette im Volumen vsph ist. Es mussen also in vsph mindestens N = 2 Ketten mit je der Molmasse M = M e vorhanden sein. Damit wird aber M e = [63.22 M,3]/[p2N~2K2Cm3b61 und wegen (r2), = C d b b 2 und N b = M / M , auch M e = [4.63]/[(pN~K)2((r2)dM)3]. Da nach G1.(17-37) fiir Schmelzen G # = (4/5) pRT/Me gilt, erhut man (17-37)
GNO = (5.63)-' f l N ~ ~ R T [ p ( r ~ ) d M l ~
Der Plateau-Modul GNO ist experimentell in der Tat der dritten Potenz von p ( r 2 ) d M direkt proportional, und zwar unabhiingig von der chemischen Konstitution der Polymeren (Abb. 17-28). Wenn GNO,p und (r2)dM bei der gleichen Temperatur gemessen werden, scheint der Wert von K = Vs,&2)03/2 nur wenig temperamrabhiingig zu sein.
17.5.6.
Scherspeichermoduln von Losungen
Bei Ltisungen von Polymeren sinkt der Plateau-Modul GN" unabhiingig von der chemischen Natur der Liisungsmittel und der Molmasse von Polymeren konstanter Konstitution mit fallendem Volumenbruch & des Polymeren (Abb. 17-29): (17-38)
GNO
= (GNO),&~
Der Exponent b scheint genereller Namr zu sein. Er betr2gt b = 2,23 bei Poly(butadien)en und 2,09 bei Poly(styro1)en. Die wiedergewinnbare Schemachgiebigkeit Jeo im stationaren Zustand folgt einer 2hnlichen Abhagigkeit, allerdings mit negativem Exponenten a (Abb. 17-19). Nun be, und die Ruhe-Scherviskositat q, verschiedene Momente im Endschreiben G N o Jeo bereich des Relaxations-Spektrums Hl(rrlx):
Das Produkt GgJ,O ist daher ein Mass ftir die Breite des Spektrums im Endbereich:
607
17. Viskoelastizitit
0
9
$
3"
3
:q0--;<7 0
0
21
10-6 0,Ol
0,03
-*
0
U
0.1
. -
-
A
.
0.3
1
Abb. 17-29 Plateau-Modd GNo. wiedergewinnbare. Schernachgiebigkeit Jeo im statio&en Zustand und das Rodukt &OJeO von linearen Poly(butadien)en mit Molmassen von 350 OOO glmol(0) bzw. verschiedenen hydrierten Poly(butadien)en(A) in industxiellen KohlenwasFunktion des Volumenbruches #p der Polymeren [2Oa].
Die geforderte Konstanz von GgJ," wird experimentell gefunden (Abb. 17-29). Nummerische Werte liegen zwischen 2.0 und 2,3. Bei linearen Poly(butadien)en wird z.B. ein Wen von GNo-Jeo= 2.15 beobachtet. Lineare und verzweigte Polymere unterscheiden sich deutlich in ihren Schemachgiebigkeiten. Die entsprechenden Werte k6nnen verglichen werden, wenn eine reduzierte (dimensionslose) Form der Schemachgiebigkeit verwendet wird:
In dieser Gleichung sind qo = Ruhe-Scherviskosit (in Schmelze bzw. Lclsung), q1 = ViskositsLt des L6sungsmittels. p = Dichte des Polymeren. = Volumenbruch des Polymeren (& = 1 in der Schmelze) und g = (1Sf- 14)/(3f- 2)2 ein den Eintluss der Zahlf der Arme von Sternmolekiilen beriicksichtigender Vetzweigungsfaktor.
1
3
10
-M
30 /Me
-
100 300
Abb. 17-30 Reduzierte Scher-NachgiebigkeitenJ e als ~ Funktion von M/Me(@)bei linearen Poly(butadienkn L sowie stemartig venweigten S mit 3 oder 4 h e n [2Ob].
608
17.5. Dynamiche Beanspruchungen
Die reduzierte Schemachgiebigkeit Je,red ist in Usungen und Schmelzen bei linearen Makromolekulen proportional zu (Me( q)/M)-l, bei stemf6rmigen Makromolekulen jedoch unabh2ngig davon (Abb. 17-30). Bei niedermolekularen linearen Polymeren wird J e , r d ebenfalls unabh2ngig von (Me(qi)/M)-l. In diesem Bereich entspricht es mit einem Wen von Je,red = 0.4 der Rouse-Theorie, die fiir unverzweigte (g = 1) POlymere im unverdiinnten Zustand ( h= 1) einen Wert von Jeo = (2 M)/(5 pRT) fiir die wiedergewinnbare Scher-Nachgiebigkeit vorhersagt.
A-17.
Anhang: Alternierende Deformationen
Eine sinusfhnig mit der Zeit r variierende Deformation E ist durch E = E~ sin at gegeben. wobei w = Kreisfrequenz (z.B. in rad/s) und eo = Amplitude. Die Deformationsgeschwindigkeit ist somit d = dddt = sow cos at. Aus dieser Gleichung wird f i r das Maxwell-Mode11 die zeitliche h d e m g der Spannung wie folgt berechnet: Einsetzen von t in die Differentialgleichung d = E-l(do/dt) + (o/qe)(Kap. 17.4.3.) und Umformen liefert die Differentialgleichung ~,wEcoswt = (do/dt) + a(E/qe) Diese Gleichung hat die Form A = (dy/dx) + By. Falls A und B nur Funktionen von x = t sind, lautet die allgemeine L6sung dieser Gleichung (A 17-1)
y exp
d B dx) =
exp (j Bdx) Adx
+C
Da B = E/qe und x = t ist, wird das Integral Bdx zu Et/qe. Die Relaxationszeit ist durch rrlx = qe/E gegeben. Die allgemeine Gleichung geht somit uber in (A 17-2)
ISexp (tlt,lx)
(A 17-3)
aexp
= E ~ W Eexp ( t l t r l x ) cos #f dt + C
Der stationare Zustand wird bei t/rrlx >> 1 erreicht. Das Glied exp (z/rrlx) wird d a m gleich 1 und das Glied C exp (-t/rrlx) mit der Integrationskonstanten C wird gleich null. Der Tangens des Phasenwinkels ist durch tan ts = sin ts/ms ts = l/(wfrlx) gegeben und der Sinus durch sin ts = (1 + dtr1x2)-1/2.Mit den trigonometrischen Beziehungen (A 17-5)
cos W ?+ wtrh sin wt = cos ot(sin ts) + sin wt (cos 19) - sin(wr + 29)
(A 17-6)
coswt+ ofrhsinwt = (1 + W2tr1x2)1/2 sin (of + t9)
sin I9
sin I9
17. Viskoelastizitdt
609
Einsetzen der Gl.(A 17-6) in die Gl.(A 17-4) fiir den stationgren Zustand gibt fiir den Maxwell-Korper
Fur das Voigt-Kelvin-Element erhiilt man durch eine m i c h e Ableitung
Historische Notizen Superpositionsprinzip L.Boltzmann, Poggendorfs Ann.Phys.Chem. 7 (1876) 624 Teleskopeffekt Temperatureffekt: F.H.Miiller, Kolloid-Z. 114 (1949) 59; 115 (1949) 48; 126 (1952) 65 Geometrische Ursachen: P.LVincent, Polymer 1(1960) 7 Fliesskriterien C.A.Coulomb, Mem.Math.Phys. 7 (1773) 343 H.Tresca, C.R.Acad.Sci. Iparis) 59 (1864) 754 R. von Mises, G6ttinger Nachr. Math.-Phys. Klasse (1913) 582 Platzwechseltheorie H.Ey-ring, J.Chem.Phys. 4 (1936) 283
Literatur zu Kap. 17 17.1.-17.3.
vgl. Literatur zu Kap. 16 17.4. KRIECHEN UND RELAXATION und 17.5. DYNAMISCHE BEANSPRUCHUNGEN N.G.McCrum, BR.Read und G.Williams, Anelastic and Dielectric Effects in Polymeric Solids, Wiley, London 1967 R.M.Christensen. Theory of Viscoelasticity: An Introduction, Academic Press, New York 1970 W.Fliigge. Viscoelastizittif Springer, Berlin 1975 T.Murayama, Dynamic Mechanical Analysis of Polymeric Materials,Elsevier, Amsterdam 1978 J.D.Ferry. Viscoelastic Properties of Polymers, Wiley, New York, 3. Aufl. 1980 R.A.Pethrick und R.W.Richards. Hrsg.. Static and Dynamic Properties of the Polymeric Solid State, Reidel, New York 1982 R.T.Bailey. A.M.North und R.APethrick, Molecular Motion in High Polymers, Clarendon Press, Oxford 1981
J.J.Aklonis und WJ.MacKnight, Introduction to Polymer Viscoelasticity, Wiley-Interscience, New York, 2. Aufl. 1983
610
Quellennachweise zu Kap. 17
M.Doi und S.F.Edwards, The Theory of Polymer Dynamics, Oxford University Press, Oxford 1986 MNagasawa, Hrsg., Molecular Conformation and Dynamics of Macromolecules in Condensed Systems (First Toyota Conference), Elsevier, Amsterdam 1988 N.W.Tschoeg1, The Phenomenological Theory of Linear Viscoelastic Behavior, Springer, Berlin 1989 S.Matsuoka. Hrsg., Relaxation Phenomena in Polymers, Hanser, Miinchen 1992 R.S.Lakes, Viscoelastic Solids. CRC Press, Boca Raton (FL) 1998 ERiande, R.Diaz-Calleja, M.G.Prolongo, R . M . h g o s a , C.Salom, Dekker, New York 1999 K.P.Menard, Dynamic Mechanical Analysis, CRC Press, Boca Raton (FL) 1999
Quellennachweise [I] [21 [31 [4]
[5l [6] [7l [81 [91 [lo] [ll] [12] [13] [14]
1151 [16] 1171 [181 [19]
[u)]
P.LVincent, Encycl.Polym.Sci.Techno1. 7 (1967) 292, Abb. 2, 3 und 5 J.Frenke1, ZPhys. 37 (1926) 572 CAMPUS@-Datenverschiedener F m e n E.Rabinowicz, Friction and Wear, Wiley, New York, 2. Aufl. 1995 Y.Nanzai, Progr.Polym.Sci. 18 (1993) 437. Abb. lc R.G.C.Anidge, Mechanics of Polymers, Clarendon Press, Oxford 1975, nach Daten der Tab. 7.1 K.D.Pae, D.R.Mears, J.A.Sauer, J.Polym.Sci. B (Polymer Letters) 6 (1968) 773, Tab. 1 C.S.Henkee, EJ.Kramer, J.Polym.Sci. - Polym.Phys.Ed. 22 (1984) 721, Abb. 8 F.Kloos, Angew.Makromol.Chem. 133 (1985) 1, (a) Abb. 1 und 2, (b) Abb. 3 und 9 G.Meine1, A.Peterlin, J.Polym.Sci. [A-21 9 (1971) 67, Abb. 7 A.Argon, J.Macromol.Sci.-Phys. B 8 (1973) 373; see R.N.Haward, Macromolecules 26 (1993) 5860 O.A.Hasan, M.C.Boyce, Z.S.Li, S.Berko, J.Polym.Sci. - Polym.Phys. B 31 (1993) 185, Abb. 5 C.Bauwens-Crowet, J.C.Bauwens, G.Homb, J.Polym.Sci. [A-21 7 (1969) 735, Abb. 1 H.Domininghaus, Plastics for Engineers, Hanser, Miinchen 1993, (a) modifizierte Abb. 212, (b) Abb. 211 e r g k t durch andere Literaturdaten J.R.McLoughlin, A.V.Tobolsky, J.Coll.Sci. 7 (1952) 555, Daten der Abb. 5 S.Onogi, T.Masuda, K.Kitagawa, Macromolecules 3 (1970) 109, selektive Daten der Abb. 2 L.JJetters, D.J.Lohse, D.Richter, T.A.Witten, A.Zirke1, Macromolecules 27 (1994) 4369, Tab.1, 2 J.Roovers, P.M.Toporowski, Rubber Chem. Technol. 63 (1990) 734 Z.Xu. N.Hadjichristidis. LJ.Fetters, J.W.Mays, Adv.Polym.Sci. 120 (1995) 51. Tab. 10 und 11 VR.Raju, E.V.Menezes, G.Marin, W.W.Graessley. LJ.Fetters, Macromolecules 14 (1981) 1668, (a) Tab. 111, (b) Abb. 15
61 1
18.
Bruch von Polymeren
18.1. Einleitung 18.1.1.
Definitionen
Polymere brechen je nach chemischer und physikalischer Struktur, Umgebung und Beanspruchungsart, -dauer und -frequenz sehr verschiedenartig: manche sofort. andere selbst nach Monaten noch nicht. Der Bruch kann glatt oder splittrig sein, die Dehnung beim Bruch weniger als 1 % oder mehr als einige loo0 % betragen. Ein Bruch ist die Extremform eines Versagens (E: failure; Abb. 18-1). Duktile Polymere versagen z.B. fiir lastvagende Anwendungen bereits bei der Fliessgrenze und nicht erst beim Bruch. Beim Bruch (E: fracture) sind zwei Grenzalle mtiglich: sprCide und z2h. Beim Spr6dbruch reisst das Material senkrecht zur Spannungsrichtung ohne Fliessprozesse. beim m b r u c h dagegen in Richtung Scherspannung (Abb. 18-1). Ein Polymeres ist definitionsgembs sprtide. wenn die Bruchdehnung weniger als 20 % betriigt (USA: 10 %). Ein Sprodbruch (E: brittle fracture) kann bei einem perfekt aufgebauten Festkorper nur sehr schwieng auftreten, da dann sehr viele Bindungen gleichzeitig geltist werden miissen. In der Regel bilden sich vielmehr an Fehlstellen zuniichst Mikrorisse, die weiter wachsen, bis das Material dann katastrophenartig zusammenbricht. In spr(iden Polymeren sind praktisch immer "natiirliche" Mikrorisse vorhanden. Mikrorisse entstehen auch beim Dehnen amorpher Polymerer durch Hohlraumbildung oder bei semikristallinen Polymeren durch Separation von Lamellen bzw. SphBrolithen. Als Vorstufe zu Mikrorissen erscheinen oft Pseudobriiche (Crazes) oder Scherbader (Abb. 16-2). Beim Zihbruch (duktilen Bruch; E: ductile fracture) treten im Gegensatz zum SprCidbruch Gleitvorgtinge auf. Durch viskoses Fliessen gleiten bei amorphen, nichtonentierten Polymeren Kettensegmente voneinander ab, bei semikristallinen Polymeren auch game Kristallbereiche. Bei sehr kleinen Spannungen und langen Beanspruchungszeiten entschlaufen sich femer Kettenverhakungen. Die gleichen Prozesse und noch einige andere treten beim Versagen von faserverstitrkten Verbundwerkstoffen auf (Abb. 18-1). Die Matrix des polymeren Tdgerhaxzes kann hier sprlide oder duktil brechen oder Scherbtinder ausbilden. Die Fasern allein ktinnen sich verbiegen oder Kinken erzeugen. Kinkbtinder erscheinen manchmal auch bei Verbundwerkstoffen aus Tragerharzen und Fasem, die sich aber auch in der L u g e spalten oder bei Kompressionen stufenftirmige Versetzungen ausbilden ktinnen. Kunststaffe
Spr(Mbruch
zirhbruch
FaSem
Scherung Kinken- Biegung bildung
Verbundwerkstoffe
AufKinkband- Stufenspleissen bildung bildung
Abb. 18-1 Fomen des Versagens von Kunststoffen, Fasern und Verbundwerkstoffen.Das Nachgeben (€3yielding) von Kunststoffen durch Bildung von Scherb&dern oder Crazes ist ein Versagen fiir Werkstoffzwecke,aber niitzlich for Verpackungszwecke.
612
18.1. Einleitung
Die einzelnen Brucharten treten unter ganz verschiedenen Beanspruchungsbedingungen auf. Priifmethoden versuchen die eine oder andere reale (komplexe) Beanspruchungsm unter vereinfachten Bedingungen zu simulieren. Sie sind daher genonnt. Man kann z.B. den Priifling konstant belasten und dann die Zeit messen, bei der das Material unter dieser Beanspruchung versagt. Die Belastung kann z.B. durch Zug, Kompression oder einseitige Biegung (2-Punkt-Methode) bzw. zweiseitige Biegung (3-Punkt-Methode) erfolgen (Abb. 18-2). Statt dieser Langzeitversuche kann man auch Kunzeitversuche verwenden, z.B. Zugversuche mit kontinuierlicher Zuggeschwindigkeit. Bei Schlagversuchen wird andererseits der Priifling einem Zug- oder Biegeschlag ausgesetzt, wobei der Priifling ungekerbt oder eingekerbt sein kann. Alle Priifungen konnen ferner dynamisch ausgefiihrt werden. wobei die Zahl der Be- und Entlastungen, die Zahl der Schllge oder Vibrationen bzw. die zum Bruch erforderliche Zeit gemessen wird.
Zugversuch
I
Biegeversuch
Bjegeversuch
allseitige Kompression
mit zweiseitlger
mt enseltiger
kww
h w w 3
Abb. 18-2 SchernatischeDarstellung verschiedener Arten von Bruchversuchen mit Dauerbelastungen.
18.1.2.
Einfluss der Molmasse
Theoretische Betrachtungen zur Zugfestigkeit und Schlagztihigkeit beziehen sich in der Regel auf unendlich lange, unbewegliche Polymerketten in perfekter Anordnung, z.B. als perfekte kristallisierte Ketten in idealen Kristallgittem oder als total ungeordnete Knlluelmolekiile in amorphen Festkorpem. Bei solchen idealen Anordnungen sind auch die Spannungsverteilungen ideal. Reale Anordnungen weisen dagegen Storstellen auf. Storstellen wirken als Spannungskonzentratoren; sie setzen die Festigkeit herab. Als solche Storstellen werden Endgruppen von Polymermolekiilen, durch rasches Abkiihlen entstandene ungieichmassige Onentierungen von Segmenten, "natiirliche" Mikrorisse, Fehlstellen in Kristallgittem usw. vemutet. Bei niedrigen Molmassen ist die Zugfestigkeit verschwindend gering (Abb. 18-3). Erst oberhalb einer bestimmten Molmasse Mc nimmt die Zugfestigkeit mit steigender Molmasse steil zu. Diese Molmasse entspricht bei den spritzgegossenen Priiflingen aus breitverteilten Poly(styro1)en der kritischen Molmasse Mc (Tab. 17-6). Die Zugfestigkeit steigt weiter an, bis sie oberhalb einer anderen Molmasse Mc' praktisch konstant wird. Dieses Verhalten wird sowohl bei amorphen (Abb. 18-3) und semikristallinen (nicht gezeigt) Thennoplasten als auch bei Elastomeren (Abb. 18-4) gefunden. Bei gleichem Zahlenmittel der Molmasse sind die Zugfestigkeiten umso grosser, je breiter die Molmassenverteilung ist (Abb. 18-3), da sich die hohemolekularen Ketten leichter verhaken konnen. Die beiden Kurven fur die eng- und breitverteilten spritzgegossenen Priiflinge vereinigen sich zu einer einzigen, wenn anstelle des Zahlenmittels Znder Molmasse ein Mittelwert (En + Ew)/2verwendet wird (nicht abgebildet).
613
18. Bruch von Polymeren
60-
0
6
} spritzguss Formpressen
\
8 20-
Abb. 18-3 Zugmoduln E, Bruchdehnungen e~ und Zugfestigkeiten aBvon formgepressten (O)_bzw. spritzgegossenen ( 0 , A ) Priiflingfi aus at-Poly(styro1)en rnit verscAiedEen Zahlenmitteln M,,& Molmasse undengen (0,O; Mw/,IM,,= 1,l f O,l,,) oder breiten (A; M w / M , , = 2.2 f 0,35) Molmassenverteilungenbei 23°C und 50 % relativer Luftfeuchtigkeit [ 11. Die Daten fiir durch Formpressen erzeugte Priiflinge mit breiten Molmassenverteilungen wurde im Interesse der Klarheit der Abbildung fortgelassen. Spritzgegossenes Material ist orientiert.
Auch die beiden Kurven f i r durch Formpressen hergestellte Priiflinge rnit engen und breiten Molmassenverteilungen vereinigen sich zu einer einzigen, wenn als Abszisse + aw)/2 verwendet wird. Die beiden resultierenden Kurven f i r nicht Mn, sondem (H,, CQ =A(M,,+ nw)/2] f i r formgepresste bzw. spritzgegossene Priiflinge besitzen einen = 65 OOO g/mol. gemeinsamen Abszissenabschnitt von [(a,,+ Hw)/2]d Bei gleichem Zahlenmittel bzw. gleichem Wert von (En + Hw)/2 besitzen spritzgegossene Priiflinge immer gr(issere Zugfestigkeiten als formgepresste (Abb. 18-3). Beim Spritzgiessen werden jedoch Molekulsegmente in Spritzrichtung ausgerichtet, was beim Zugversuch zu gr(lsseren Zugfestigkeiten in Orientierungsrichtung fiihrt. Bei sich oberhalb der Glastemperatur TG befindenden amorphen leicht vemetzten Polymeren (d.h., bei Elastomeren) steigt die Zugfestigkeit in W i c h e r Weise rnit dem Zahlenmittel der Molmasse der p r i m h n Molektile an (Abb. 18-4) wie bei Thermoplasten mit T < TG.Die "primiren Molekule" sind dabei die Molekiile des Kautschuks vor der Vemetzung zum Elastomeren. Auch hier setzt eine merkliche Zugfestigkeit erst oberhalb einer bestimmten Molmasse ein. Der anschliessende Anstieg der Zugfestigkeit ag mit ji?, wird gewbhnlich durch - BM;' beschrieben. kann aber fiir die Daten der Abb. 18-4 eine Funktion ag = = - BMi1 - CR;*wiedergegeben werden. genau so gut durch eine Funktion In beiden Ftillen wird der gleiche Korrelationskoeffizient 0,961 gehnden. Wegen der behaupteten Abhagigkeit og = f(M;l) wird gewbhnlich die Abnahme der Zugfestigkeit rnit fallender Molmasse dem immer gr6sser werdenden Einfluss der Endgruppen zugeschrieben. Dagegen spricht jedoch, dass die kritischen Molmassen fiir og = 0 weit grbsser als der Oligomerenbereich sind (vgl. Tab. 17-6). Es scheint vielmehr. dass signifikante Zugfestigkeiten und Bruchdehnungen erst dann auftreten, wenn pro Molekul mehrere Verhakungen ausgebildet werden kbnnen.
a,,
6 14
18.2. Zugfestigkeit
35 30
1
1 256 20.
% 15-
I
lo: 5
f
Abb. 184 Zugfestigkeiten 0~ von Fraktionen vernetzter Butylkautschuke (Copolymere von Isobutylen mit ca 4 % Isopren) als Funktion der Molmassen M, der primilren Molekiile vor der Vernetzung [h]. Die Fraktionen wurden so vulkanisiert, dass die Netzketten jeweils die gleichen mittleren Molmassen M, = 37 OOO glmol aufwiesen. Die Vulkanisationszeit von 30 min ( 0 )d e r 60 min ( 0 )beeinflusst die Zugfestigkeiten nicht. - Einblendung: Abhhgigkeit der Zugfestigkeiten der gleichen Fraktionen von der reziproken Molmasse der prim&mPolymermolekiile[2b].
18.2.
Zugfestigkeit
18.2.1.
Einfiihrung
Die meisten Thermoplaste weisen trotz sehr unterschiedlicher chemischer und physikalischer Struktur etwa die gleichen Zugfestigkeiten im Bereich zwischen 20 MPa und 100 MPa auf. Fasem besitzen meist htjhere Festigkeiten und Elastomere meist tiefere. Poly(styro1) ist 2.B. bei 23°C = T << Tc, = 100°C ein steif-sprtjdes Polymeres, das praktisch ohne Fliessprozesse (a< 1,4 %) rechtwinklig zur Zugrichtung bricht. Vernetzter Butylkautschuk ist dagegen bei T >> TG = -65°C ein weich-elastisches Polymeres. das sich einige Hundert Prozent dehnt, bevor es reisst. Trow ihres sehr unterschiedlichen phhomenologischen Bruchverhaltens zeigen jedoch beide Polymere im Grenzfall sehr grosser Molmassen praktisch identische Zugfestigkeiten as,-,n3mlich 35,7 MPa f i r formgegossenes Poly(styro1) (Abb. 18-3) und 3 5 8 MPa fiir vemetztes Poly(isobutylen) (Abb. 18-4). In beiden F a e n bestehen die Polymermolekule jeweils aus Kohlenstoffketten, n3mlich K H ~ - C H ( C ~ Hbzw. S ) ~WH2-C(CH3)*. Auch die bis zu einigen Hundert Prozent verstreckbaren Poly(ethy1en)e der Konstitution +-CH2-CH* weisen bei Raumtemperatur Zugfestigkeiten von = 33 MPa auf. Poly(ethy1en) ist jedoch ein semikristallines Polymeres, wtihrend Poly(styro1) und Poly(isobutylen) amorph sind. Bei nicht-orientierten Polymeren konnen daher weder die Kristalliniat noch die Vemetzung entscheidend f i r die Zugfestigkeit sein. Es ist vielmehr zu vermuten, dass m i c h e Zugfestigkeiten durch m i c h e chemische Strukturen bedingt sind, n3mlich durch die fur das Brechen von Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen der Hauptketten aufzuwendende Energie. Diese Energie ist wie folgt abschztzbar.
18. Bruch von Polymeren
615
Das Brechen der C-C-Bindung einer Kohlenstoffkette mit der Querschnittsflsche Ac erfordert eine Kraft F,. Die theoretische Zugfestigkeit ist dann ql = F JA,. Die Bindung ist getrennt, wenn sich das Kettenatom um ca. 30 % von seiner Gleichgewichtslage entfemt hat (Kap. 17.2.2), bei Zickzack-Ketten mit einer kristallographischen LWge c also um eine Trennlage Lb = 0,3 c. Die erforderliche Trennkraft ist F, = EJLb = Em/(NALb)$ wobei Em die molare Bindungsenergie ist (Em = 348 kJ/mol fiir Kohlenstoffketten). Die Querschnittsfliche einer Kette betfigt bei rechteckigen Elementarzellen A, = ab/Nu. wobei a und b die Gitterkonstanten sind und Nu die Zahl der Ketten pro Elementarzelle. Die maximale Zugfestigkeit einer Poly(ethy1en)-Kette in Kettenrichtung berechnet sich damit zu 91 = (N$m)/(O,3 cNAab). Mit a = 0,742 nm, b = 0,495 nm, c = 0,254 nm und Nu = 2 fiir Poly(ethy1en) flab. 7-5) ergibt sich daher ql = 41,2 GPa. Die theoretische Zugfestigkeit in Kettenrichtung ist also um den Faktor loo0 grtisser als die Zugfestigkeit entsprechender amorpher oder semikristalliner Polymerer. Daraus w i d im Allgemeinen geschlossen, dass bei Polymeren a priori viele St(lrstel1en vorhanden sind, an denen sich die Spannung konzentriert und die dadurch die Zugfestigkeit herabsetzen. Diese Vorstellungen fiihrten zur Ubemahme der urspriinglich f i r Glas abgeleiteten und dann bei anderen sprtiden Materialien verwendeten Griffith'schen Bruchtheorie (Kap. 18.2.2).
18.2.2. Bruch sproder Polymerer Griffith beobachtete. dass kleine Glasklirper hlihere Festigkeiten als grlissere aufweisen. Er fiihrte dieses Verhalten auf natiirlich vorhandene Defekte zuriick. Solche Defekte sollten eine Grtissenverteilung aufweisen und in den Glasklirpem statistisch verteilt sein. Ein grosser Glasklirper wird daher mehr grosse Defekte aufweisen als ein kleiner. Da Bruchvorghge zuerst an den grtisseren Defekten beginnen, besitzen grtissere Klirper niedrigere Festigkeiten als kleinere (vgl. das Verhalten von Fasem, Abb. 164). Aus statistisch verteilten kleinen Defekten kann aber nur dann ein makroskopischer Bruch entstehen, wenn die natiirlich vorhandenen Defekte unter Beanspruchung immer gr6sser werden und schliesslich zu einer einzigen Bruchstelle zusammenwachsen. Alternativ (oder zusitzlich) klinnen auch immer mehr neue Defekte entstehen und sich schliesslich zur Bruchstelle vereinigen. Damit ein Defekt zu einem makroskopischen Bruch wachsen kann, miissen zwei Bedingungen erNlt sein. (A) Die Energie des Systems muss beim Defektwachstum abnehmen. (F3) Die Spannung beim Bruch muss gleich oder grtisser als die theoretische Festigkeit sein. Die Bedingung (B) war bereits von Inglis fiir verschiedene geometrische Formen von Defekten (Llichem. Rissen) untersucht worden. Die Spannung um einen Riss herum ist nicht uberall gleich; sie ist vielmehr an der Spitze eines Risses oder am Purikt der sch8rfsten Kriimmung eines unrunden Loches weit grosser als die mittlere Spannung. Das Loch wirkt also als Spannungskonzentrator (E: stress concentrator). Das Verhtilmis von maximaler Spannung zu mittlerer Spannung ist der Spannungskonzentrationsfaktor Kt. Wenn eine planare Platte mit einem elliptischen Loch senkrecht zur Hauptachse der Ellipse gespannt wird. dann betr2gt nach der Inglis-Gleichung (18-1) der Spannungskonzentrationsfaktor an der Spitze des Loches
616
18.2. Zugfestigkeit
Abb. 18-5 Planare Platten mit einem elliptischen Loch (links), einem halbelliptischen Anriss (mine) und einem scharfen Anriss bzw. einer Kerbe (rechts). 2a = &ge der Hauptachse. 26 = m g e der Nebenachse,R =Kriimmungsradius.Die Platten d e n eine Dicke d aufkeisen.t,l Angxiff der Kraft. (1 8- 1)
Kt = amaJao= 1 + 2 (a/R)'12
wobei a, = angelegte Spannung, 2 a = L2nge der Hauptachse und R = Kriimmungsradius an jedem Ende der Hauptachse (Abb. 18-5, I). Der gleiche Spannungskonzentrationsfaktor liegt bei einem seitlichen semielliptischen Anriss mit der Tiefe a vor (11). Bei einem spitzen Anriss ist a >> R und G1.(18-1) wird zu Kt = 2 (a/R)IE (111). Ein unter Zug stehender KBrper ist elastisch gespannt; er enthat also elastische Verformungsenergie. Beim Wachsen bereits bestehender Defekte wird diese Energie ge&dert. Ein Wachsen bedeutet aber auch, dass die Oberflachen vergriissert werden. Die dazu erforderliche Arbeit W wird durch die angelegte Spannung aufgebracht. wodurch die im KBrper elastisch gespeicherte Energie um einen Betrag U geandert wird. Die Energiedifferenz W - U ist zur Bildung neuer Oberflachen verfiigbar. Der Defekt kann also nur wachsen, wenn W - U I 0 ist. Die Arbeit W = 07 berechnet sich aus der Oberflache 0 des elliptischen Loches und der Oberfllchenenergie E , pro Flache A, d.h. der Oberflachenspannung 7 = E J A . Der Umfang einer Ellipse ist C = 4 aE, wobei a = grosse Halbachse und E = elliptisches Integral (s. Handbucher der Mathematik). Falls die grosse Halbachse a der Ellipse vie1 griisser als die kleine Halbachse b ist, w i d E = 1. Bei einer Platte mit der Dicke d ist somit die Arbeit gleich W = 4 ady. Fur das Emiedrigen der elastischen Energie U in einer sehr grossen Platte der Dicke d mit einem elliptischen Loch relativ zu derjenigen der Platte selbst verwendete Griffith die von Inglis abgeleitete Gleichung U = - xa2da2/E#, wobei a = Spannung und E# = reduzierter ElastiziCitsmodul (s. unten). Die Andemng der Gesamtenergie beim Wachsen des Loches in Richtung der grossen Achse ist somit (1 8-2)
-[
d(W-U)- d K a2do2 4 a d y - E# 10 da da
;
4d7-
2xada2 10 E#
Ein sehr langgestrecktes elliptisches Loch der LZnge 2a oder ein Obemachenriss der Tiefe a kann daher in einer sehr grossen Platte nur daM wachsen, wenn die angelegte konstante Spannung gem& der Griffith-Gleichung einen Wert von 112
(18-3)
o = ( s )
uberschreitet. Die gleiche Beziehung gilt auch f i r angelegte konstante Deformationen.
617
18. Bruch von Polymeren
Die Spannung cr in G1.(18-3) stellt eine kritische Zugfestigkeit ag dar. Sie hiingt nach Griffith von den Quadratwurzeln aus dem Elastizititsmodul E#. der Oberflichenspannung 7und der grossen Halbachse a ab. Der Modul E# in G1.(18-3) wird hiufig als reduzierter Modul bezeichnet. Fur diinne Platten unter ebener Spannung ist er gleich dem Zugmodul E, f i r die zweidimensionale Dehnung dicker Platten jedoch E# = E/(l - v ) ~ . Die Griffith-Theorie beschreibt sehr gut das Verhalten von Silikatglisem. da diese praktisch rein energie-elastisch sind. Auch bei mit kiinstlichen Oberfllchenrissen versehenen steifen Poly(styro1)en wird die vorhergesagte Abhiingigkeit der Zugfestigkeit von der Quadratwurzel aus der Rissliinge gefunden (Abb. 18-6). Bei gleicher Rissliinge werden jedoch entgegen G1.( 18-3) bei h6heren Zuggeschwindigkeiten auch griissere Zugfestigkeiten beobachtet. ein Hinweis, dass die Verformung des Poly(styr0l)s nicht v6llig energieelastisch erfolgt. Bei Risslhgen unter ca. 1 mm werden femer die Zugfestigkeiten unabhhgig von der Rissluge. Einige Autoren sehen daher Liingen von ca. 1 mm als Lhgen natiirlicher Risse in Poly(styro1)en an. Augenschein und mikmskopische Untersuchungen lehren jedoch, dass allf4llige Risse sehr vie1 kleiner sein miissen. Fiir wesentlich kleinere natiirliche Risse spricht auch die Berechnung der Risslhge a mit Hilfe der Griffith-Gleichung selbst. Zugmoduln E und Zugfestigkeiten ag erhst man aus Zugspannungs-Dehnungs-Messungen.Die Oberflichenspannung kann in erster N2herung durch die sog. kritische Obemichenspannung ersetzt werden. Die Oberflkhenspannung y in GI.( 18-3) ist bei perfekt sprtiden Materialien wie z.B. Glas die GrenzflEhenspannungywazwischen der festen Oberflkhe (s) und dem umgebenden Dampf (v). Sie ergibt sich aus der messbaren Grenzmhe-ung xvund dem Ausbreitungsdruck n&,des geattigten L(lsungsmitte1dampfesauf der festen Obeffltiche im Gleichgewicht zu xva= xV- &, (Kap. 9.2). Bei verschwindend kleinen Kontaktwinkeln wird i7 gleich null. Die Grenzflkhenspannung ysv ist in enter Ntihemng gleich der sog. kritischen Oberfl&?enspannung x,.ip Einige rnit Hilfe von G1.(18-3) uber a = (2 E7c,i3/(rrq32) aus experimentellen Werten von ag,E und 7crit berechnete "natiirliche Rissliingen" sind in Tab. 18-1 zusammengestellt. Sie liegen s-tlich im Nanometerbereich. Bei Formmassen nehmen sie mit steigenden Bruchdehnungen ab, was wegen des zusitzlichen Einflusses der Fliessvorgilnge versmdlich ist. Bei den hochverstreckten Fasem erreichen die "natiirlichen Rissliingen" 50
1
10 0
4
1
2
3
4
5
-u l m m +
6
7
8
Abb. 18-6 Abhiingigkeit der Zugfestigkeit q, von der Ltinge u kunstlich hergestellter Risse in Poly(styrol)-SULm rnit Querschnitten zwischen 0,3 cm x 0,5 cm und 2.8 cm x 0,5 cm bei Zuggeschwindigkeiten von 0.51 m d m i n ( 0 )und 5.1 mm/min (0)[3]. Die ausgezogenen Linien entsprechen der von der Griffith-lheorievorhergesagten Funktionalitilt q,= K(E1n),wobei der FVoportionaliUtsfaktor K den Experimenten angepasst wurde.
18.2 Zugfestigkeit
618
Tab. 18-1 Experimentelle Zugmoduln E , kritische Obetfbchenspannungen y d , Zugfestigkeiten OB und Bruchdehnungen cB handelsublicher Polymerer bei 20°C nach der Verarbeitung zu Formmassen (M) oder Hochmodulfasem 0. Berechnungen der "natiirlichenRisslhgen" u mit G1.(18-3).
Polymere
Poly(styrol), at Poly(methylmethacrylat) Poly(vinylchlond), hart Poly(oxymethy1en) Polyamid 6,6 Polycarbonat A Poly(tetrafluorethy1en) Poly(ethy1enterephthalat) Poly(ethylen), niedr. Dichte Wolle (Protein) Poly(acry1nitril) Poly(ethy1enterephrhalat) Polyamid 6 6 Baumwolle (Cellulose) Hanf (Cellulose) Poly(oxymethy1en)
M M M M M M M
M M F F F F F F F
3,oo 3.3 2,70 3-7 2,50 23 0,48 0,13 0,15
4 5 18,5
123 15 29 38.4
34 41 39 36 46 43 18.5 43 33 45 50 (43) (46)
42 (42) (36)
40 70 49 70 74 60 24 54
23 200 280 1400 1000 500 850 2000
0,025 0,06 0.15
0.45 <
1,oo 1,lO
3 ,O 3,O 98 0,41 0.35 0,20 0,17 0,14 0.02 0,05
40,6 17,6 27,9 33,6 13,4 17,5 9,8
12 6.O 29 4$0 0,26 0,36 1.60 1,07 0,69
jedoch fast die Bindungslagen covalenter Bindungen (0,154 nm bei C-C).Damit ist es physikalisch sinnlos, y bzw. yait als Oberflachenspannung zu bezeichnen. denn von makroskopischen Oberfllchen kann man nur sprechen, wenn die lhgste Abmessung der betrachteten Phase ein Vielfaches der Atomabstude betHgt, also mindestens ca. 5 nm. Man sieht dies auch aus der folgenden tiberlegung. Das Verhatnis aO/Ell von theoretischer Zugfestigkeit zu theoretischem Zugmodul, jeweils in Kettenrichtung, ist fiir alle Polymeren konstant; es beWgt aO/Ell = 0,095 (Abb. 18-10). Damit wird u = [(2/n)(E/aO)][yciiJaO] = 6,70 x"iJoO.Die kleinste Risshge ist sicher die Bindungslthge. Fiir Poly(ethylen) mit einer der hirchsten theoretischen Zugfestigkeiten von aO = 32,5GPa (Tab. 18-2)erhiilt man auf diese Weise eine kritische Oberflkhenspannung von y= 747 mJ m-2. Dieser Wert ist urn mehr als eine Zehnerpotenz gr6sser als die hkhsten gemessenen kritischen OberflZLchenspannungen. Er kann auch nicht durch die Nichtberiicksichtigung ,, werden, das z.B. bei Poly(ethy1en) im Kontakt mit Wasser nur 14 mJ m2bewgt. von I&.erklilrt
18.2.3.
Brucheinleitung
Die Annahme von natiirlich vorhandenen Lbchem als Grund fiir die niedrigen Zugfestigkeiten konventionell verarbeiteter Polymerer ist nicht sehr uberzeugend, denn die Streckfestigkeiten von Polymeren erreichen fast die theoretischen Werte (Tab. 17-1). Vie1 wahrscheinlicher ist ein Einfluss der Morphologie. Die theoretischen Zugfestigkeiten beziehen sich ja auf die Trennung covalenter Bindungen bei Ketten, deren Kettenachsen vollst3ndig in Zugrichtung liegen. Bei nicht-orientierten Ketten liegen aber nur einige wenige Segmente in Zugrichtung. In der Tat nimmt die Zugfestigkeit mit dem Orientierungsgrad zu. Konventionell ersponnene und verstreckte Poly(ethy1en)-Fasern haben um den Faktor 10 hbhere Reissfestigkeiten als die ihnen zugrundeliegenden Thermoplasten (ca. 270 MPa vs. 32 MPa). Bei ultraverstreckten Fasem aus Poly(ethy1en)en mit ultrahoher Molmasse steigt die Reissfestigkeit sogar auf ca. 4000 MPa.
619
18. Bruch von Polymeren
Da die Kettenachsen der Segmente bei konventionell verarbeiteten Polymeren nur zu einem geringen Teil in Zugrichtung liegen, werden die Polymermolekiile ungleichmlsig beansprucht. Bei duktilen Polymeren k6nnen die Spannungsspitzen durch FliessvorgZnge abgebaut werden, nicht jedoch bei steifen Polymeren mit nur geringer Beweglichkeit der Kettensegmente. Hier sind Spannungen nur durch den Bruch covalenter Kettenbindungen zu entfemen. Der Bruchpmzess verliuft dabei wie folgt. Bei z.B. it-Poly(pr0pylen) wird der Absorptionspeak bei 976 cm-1 beim Anlegen einer Spannung von ca. 500 MPa asymmetrisch und verschiebt sich zu 974 cm-l. Die Spannungsverteilung ist also asymmetrisch geworden; ca. 90 Q aller Bindungen sind nunmehr deformiert. Gleichzeitig tritt eine neue breite Bande bei ca. 955 cm-l auf. Etwa 10 % der deformierten Bindungen stehen also unter erheblich grlrsserer Spannung als die anderen. Die maximale Spannung ist also ca. 10 mal grUsser als die mittlere. Thermische Fluktuationen um die Ruhelage der Ketten erhuhen die Spannungen. Covalente Bindungen brechen, wenn die bei ihnen hernchende Spannung die maximale Spannung uberschreitet. Der Bruch ist homolytisch: er erzeugt an den beiden neu geBei unverstreckten Polymeren betragt die schaffenen Kettenenden je ein Prim-adikal. Zahlenkonzentration der Radikale Crd = 1014 Radikale pro cm3, beim Verstrecken aber ca. 10l6 Radikale/cm3. Die Zahlenkonzentration der Radikale tinden sich praktisch nicht mit der Zeit. Da bei Polymeren der Molmasse M = 6 - 1 6 g/mol und Dichte p = 1 g/cm3 die Zahlenkonzentration der Ketten Ckete = N u / M = 10-18 cm-3 betrigt. werden nur (0,Ol-1) % aller Ketten gebrochen. Das Primirradikal reagiert in einer Kettenreaktion mit benachbarten Ketten. wobei mehr und mehr Ketten brechen, die Radikakonzentration aber konstant bleibt: (18-4) CH24HfiH2-CH2-
. . * .
-CH2dH2
-
+
-CH2-CH2
CHzdH-CHz4H2-CH2-
+ --CH&H2 --*
-CHz-CH3
+
dH2-CH2--
+
-CH2dH4Hz-
+ -CH2-CH=CH2 + 6 H 2 4 H 2
-
Die radikalischen Kettenenden werden nach IR-spektroskopischen Messungen als Vinyl- oder Methylgruppen stabilisiert. Pro Prim2rradikal werden ca. lo3-104 neue Endgruppen gebildet. Nach R6ntgenkleinwinkelmessungen entstehen wiihrend dieses Prozesses scheibchenartige Nanobriiche von ca. 20 nm Breite und ca. 10 nm Ltinge In Zugrichtung) in Zahlenkonzentrationen von CB = 10l6 cm-3. Die Zahlenkonzentration CB der Nanobriiche ist also etwa gleich gross wie die Zahlenkonzentration Crd der Radikale.
Abb. 18-7 Entstehung von Mikrobriichen durch Entstehung von Primh-adikalen 0 an einer gespannten Kette und anschliessende Keaeniibertragung von Radikalen unter Bildung von Endgruppen 0 [4].
620
18.2. Zugfestigkeit
Mikrobriiche entstehen also etwa wie in Abb. 18-7 dargestellt. Welche Morphologie die erste Kettenspaltung begiinstigt, ist nicht bekannt. Bei semikristallinen Polymeren ktinnten besonders stark gespannte Ketten zuerst brechen, z.B. die gestreckten Ketten in Kristallbriicken, welche die Lamellen miteinander verbinden. Die Konzentration dieser Ketten ist jedoch weit zu niedrig, um die beobachteten Festigkeiten zu erklgren.
18.2.4.
Bruchfortpflanzung
An die Bildung von Mikrobriichen mussen sich weitere Prozesse anschliessen, die schliesslich zum makroskopischen Bruch des Priiflings fiihren. Diese Prozesse sind nicht gut erforscht. Beim weiteren Dehnen bilden sich sicher weitere Nanobriiche. Es ist nicht ganz klar, wie sich die Nanobriiche dann zu Mikrobriichen (Crazes) vergrossem. Beim Dehnen von Fasem zeigten z.B. Messungen der Rontgenkleinwinkelstreuung, dass die Abmessungen der Mikrobriiche konstant blieben, ihre Zahl jedoch zunahm. Die Faser zweier Mikrobriiche zum bricht, wenn das Verhiiltnis AL./d des mittleren Abstandes Durchmesser d der Mikrobriiche einen kritischen Wert erreicht. Der mittlere Abstand AL ist proportional der Zahlenkonzentration Cmb der Mikrobriiche; bei einem kubischen Gitter gilt z.B. AL. (Cmb)-*l3. Bei vielen Fasem wurde (cmb)-lI3/d = 3 f 0,5 gefunden. Fasem brechen also, wenn der mittlere Abstand zweier Mikrobriiche etwa das Dreifache des Durchmessers eines Mikrobruchs be@ t$ Fasem sind relativ steife Gebilde, die oft sprtidartig brechen. weil keine Scherprozesse m6glich sind. Duktile Polymere werden jedoch beim Dehnen geschert. wodurch die primar gebildeten Nanobriiche voneinander weggeschoben werden. Der makroskopische Bruch des Priiflings erfolgt dadurch erst bei grtisseren Bruchdehnungen. Andererseits werden bei der Crazebildung Fibrillen mit erhohter Zugfestigkeit und grosserem Modul geschaffen, die jedoch in Leerzonen mit Zugfestigkeit und Modul null eingebettet sind. E und EB in einer Es ist daher zweckmgssig, die konkunierenden Einfliissgrossen a, einzigen Kenngrtisse zusammenzufassen, nmlich in der Hooke-Zahl He. Diese dimensionslose Grtisse (physikalische Einheit 1) ergibt sich f i r den Bruchprozess (Index B) durch Umformen des Hooke'schen Gesetzes zu He = qB/(E%). Hooke-Zahlen k6Men somit als reduzierte Zugfestigkeiten aufgefasst werden. Bei kleinen Dehnungen E, und folglich auch bei kleinen Bruchdehnungen a,sollte die Hooke-Zahl den Wert 1 annehmen. Bei grtisseren Bruchdehnungen wurde fiir amorphe und semikristaIline Thermoplaste empirisch die Beziehung 18-5 mit &rit = 0.0168 (1,68 Q). b = 3 und a = 0.92 gefunden (Abb. 18-8):
-
Bei Fasem erhtiht sich die kritische Bruchdehnung auf Grit = 0,0566 (Abb. 8-8). Wie sich bei molekularen Verbundwerkstoffen, synthetischen Fasem, semi-interpenetnerenden Netzwerken usw. gezeigt hat, nehmen die kritischen Bruchdehnungen mit steigender Orientierung der Kettensegmente vor der Zugpriifung zu. Orientierte Priiflinge zeigen Werte von a = 1, w-nd Werte von a < 1 als durch den Zugversuch emugte zusgtzliche Onentierungen deutbar sind. In allen FUen scheint b = 3 zu sein.
62 1
18. Bruch yon Polymeren
10
1 -&B/%
100 4
Abb. 18-8 Abh2ingigkeit der Hooke-zahlen He von den Bruchdehnungen von Themoplasten und Fasem [5]. Zur besseren fibersicht wurden die He-We* bei den semikristallinenThermoplasten um den Faktor 2 und diejenigen der amorphen Themoplaste um den Faktor 10 nach unten verschoben. Die ausgezogenen Kurven wurden fiir b = 3 und a = 1 (Fasem) bzw. a = 092 (Thermoplaste) berechnet. Die gestrichelten Linien bei den Themoplasten entsprechen a = 1. 0 Amorphe Thermoplaste:Poly(styro1)e. Poly(styroI-co-acrylnitril)e, Poly(acrylnim1-co-styrol-co-
acrylester), Poly(methylmethacrylat)e. Bisphenol A-Polycarbonate. 0 SemikristallineThermoplaste: Poly(&caprolactam)e,Poly(hexamethylendiain)e, Poly@uty1enterephthalat)e.lineare Poly(ethy1en)eniedriger Dichte. 0 Naturfasem: Hanf, Baumwolle, Jute, Flachs, Ramie. Seide und Wolle; anorganischeFasem aus Sic, Quan. Keramik, Glas oder Kohlenstoff. l schreiben. Die rechFur a = 1 lisst sich G1.(18-5) auch als og/E = ~ [+ (d~&i,)~]~fi te Seite dieser Gleichung wird femer fiir b = 3 mit weniger als 1 % Fehler zu Emit, wenn m/&it 2 3. Fur solche Thermoplaste wird daher a g / E = eait, wenn die Bruchdehnungen 5 % ubersteigen (Q 2 0.05 bei &,it = 0.0168). Somit wird auch og = 0,0168 E = E/60, was gut mit der AbschlItzung der Festigkeit von Thermoplasten anhand der Streckspannungen iibereinstimmt (Tab. 17-1). Falls die Priiflinge wiihrend des Zugversuches onentiert werden (a < 1). nimmt og/E mit steigender Bruchdehnung Q zu, denn es wird nunmehr ag/E = ( ~ & ' ~ g l - bzw. ~ He = o g / ( E ~=) fir Q/&it > 5. In allen FUen sind Hooke-Zahlen nur eine Funktion der Bruchdehnung, die wiederum von einer Vielzahl von Prozessen abhihgt: Scherprozesse, Onentierungen von Kettensegmenten, Bildung von Fibrillen und Lunkem in Crazes, Erzeugung von Nano- und Mikrobriichen usw. Die meisten dieser Prozesse sind lokal, d.h. sie spielen sich innerhalb der Maschen des durch die Verschlaufungen gebildeten physikalischen Netzwerkes der Polymerketten ab. Je weiaaschiger dieses Netzwerk ist, umso weitfiumiger werden die Prozesse sein. Hooke-Zahlen miissen also von der Maschenweite des physikalischen Netzwerkes abhhgen. Die Maschenweite ist durch die Zahlenkonzentration Ve = pNA/M, der Verschlaufungen gegeben, wobei p = Dichte und Me = Molmasse der Segmente zwischen Verschlaufungen. Die Abhhgigkeit der Hooke-Zahlen von der Verschlaufungskonzentration lbst sich durch die Funktion He = exp (- K v , ) wiedergeben (Abb. 18-9): je kleiner die Molmasse Me. umso niedriger ist die Hooke-Zahl und umso gr6sser ist Q (bei E = const und og = const) bzw. umso kleiner ist og (bei E = const. und Q = const.).
622
18.2. Zugfestigkeit
f -- .PS SAN
I
0
I
PP
PE
10-31
0
5
10
15
20
- 10-~9ce/ cm3
25
30
35
+
Abb. 18-9 Logarithmus der Hooke-Zahlen He als Funktion der Zahlenkonzentration v, an Verhakungen bei amorphen, leicht kristallinen und stark kristallinen Polymeren [6].
18.2.5.
Theoretische Zugfestigkeiten
Die theoretische Zugfestigkeit qIo von Polymerketten in Kettenrichtung kann uber die Theorie der Geschwindigkeitsprozesse abgeschltzt werden. Der entscheidende Schritt ist nach dieser Vorstellung der durch thermische Fluktuationen hervorgerufene Bruch einer covalenten Bindung. Die h d e r u n g der Zahl N der Briiche mit der Zeit t ist durch dN/dt = k exp [- &??,*/(kBT)] gegeben, wobei k eine Geschwindigkeitskonstante mit der physikalischen Einheit einer Frequenz (= reziproke Zeit) ist. Wegen k Vt,, und somit auch dN/dt l/t, kann man daher auch t = roexp [AEO*/(kJ3I?]schreiben. t ist die Lebenszeit der Kette. to = l/v, die Periode der thermischen Oszillationen der gebundenen Atome und v, die molekulare Oszillationsfrequenz (lo1* s-l
-
-
(18-6)
Bei T = 0 K betrggt die maximal mtlgliche Zugfestigkeit omax= AE,*/(AV,*q) und die theoretische Zugfestigkeit unter homogener Spannung a0 = O m a q = AEo*/AVo*. Die Aktivierungsenergie AE,* fiir den Bruch covalenter Bindungen ist etwa gleich der Aktivierungsenergie fiir den thermischen Abbau von Polymeren. Das Aktivierungsberechnet, wobei A, = volumen bei 0 K wurde zu AVO* =Ac[(3 NAE,*)l(4 bE11)]'/~ Querschnittsflache der Polymerkette, N = Zahl der bei der Ausdehnung beteiligten Atome, b = Bindungsabstand, und Ell = longitudinaler Gittermodul. Die theoretische longitudinale Zugfestigkeit bei 0 K ist daher aC = (~/A,)[(~EIIAE,*)/~I~~~.
623
18. Bruch yon Polymeren
Tab. 18-2 QuerschnittsflllchenA,. Gittemoduln Ell, themische Aktivierungsenergien A,??,* des Abbus. Aktivierungslilngen Lo* = V,*/3, theoretische longitudinale Zugfestigkeiten a0 bei T = 0 K, Spannungskonzentrationsfaktoren q und berechnete Zugfestigkeiten 0 einiger Polymerer bei 295 K [71.ag = Expefimentelle Zugfestigkeiten handelsiiblicher Polyrnerer bei 298 K. K W in all-trans-Konfomation: PE = Poly(ethylen), PA 66 = Poly(hexamethylendiamin), PVC = st-Poly(vinylch1orid);in naheu all-trans-Konfomation: PTFE = Poly(temfluorethy1en); Ketten in Helix-Konfomation: POM = Poly(oxymethy1en). PP-it = it-Poly(pmpylen), PS-it = it-Poly(styro1).
PE PA66
m PVC POM PP-it PS-it
0,182 0,203 0,277 0,286 0,172 0,343 0,698
340 200 156 200 150 42 12
50,O 30,O 56.3 65,9 18,9 20,7 38,2
0,249 0,257 0.332 0.331 1,104 1,745 3,018
470 5
0.24 0,43 0,22 0,19 0.65 0.30 0,32
-
80
-
7 32
32500 17 500 15300 18200 14 OOO 3900 1400
52 1960 -
185
-
573 30
23 74 5
4
49 70 30 40
Experimentelle Werte fiir Ac, Ell und Allo* und die daraus berechneten theoretischen longitudinalen Zugfestigkeiten a0 sind in Tab. 18-2 zusammengestellt. Als Bindungsabstand wurde die Liinge einer covalenten Bindung angesetzt (b = 0,154 nm bei C-C-Bindungen). Die Zahl der an der Ausdehnung beteiligten Atome wurde zu N = 1 angenommen. Das Ausmass [k~T/All,*]lg (rho) der thermischen Fluktuation bei T = 295 K wurde f i r t = 1 s und llv = to = l.10-13 s berechnet. Die Spannungskonzentrationsfaktoren q wurden aus der Zeit bis zum Bruch bei einer angelegten Spannung krmittelt. Die theoretische Zugfestigkeit a0 von Polymeren ist nach diesen Berechnungen eine lineare Funktion des Gittermoduls Ell, und zwar unabhingig von der Konformation der Polymerketten (Abb. 18-10). Aus der gefundenen Beziehung a, = 0,095Ell ergibt sich. dass die longitudinale Festigkeit bei 0 K ca. 9,5 % des Elastizititsmoduls in Kettenrichtung betragen sollte. Die fir 295 K berechneten Zugfestigkeiten sind dagegen wegen der nicht vernachlgssigbaren thermischen Fhktuationen und der grossen Spannungskonzentrationsfaktoren weit niedriger.
0.1 1 1
10
100
-ElllGPa +
lo00
Abb. 18-10 Theoretische Zugfestigkeiten a0 als Funktion der experimentellen longitudinalen Gittermoduln Ell fiir Polymere in all-trans-Konfomation(0)und in Helix-Konformation ( 0 )[7].
18.3. Reale Festigkeiten
624 1
30 m 20
8
0
- 102A,l
nm2
-+
Abb. 18-11 Theoretische Bruchfestigkeiten 00 in longitudinaler Richtung als Funktion der QuerschnittsflLhenA, der Ketten bei Polymeren in (0)all-trans-Konfomation bzw. (0)Helix-Konfomation [7].
Da die Zugmoduln vom Querschnitt der Ketten und von der Kettenkonformation beeinflusst werden, ist eine solche Abhhgigkeit auch fiir die Zugfestigkeiten zu erwarten. Bei Ketten in all-trans-Konformation sinken die Zugfestigkeiten sehr rasch mit steigender Querschnittsfliche ab, w-nd die Zugfestigkeiten von Ketten in helicalen Konformationen nicht nur vie1 niedriger sind, sondem auch wesentlich geringfiigiger mit zunehmender Querschnittsfliche abfallen (Abb. 18-11). Das unterschiedliche Verhalten ist versthllich, weil sich beim Dehnen von helicalen Ketten Konformationswinkel h d e m , w&rend sich beim Dehnen von all-trans-Ketten Valenzwinkel aufweiten. Anderungen von Konformationswinkeln erfordem aber erheblich geringere Energien als Anderungen von Valenzwinkeln.
18.3.
Reale Festigkeiten
18.3.1.
Einleitung
Es scheint, dass "natiirliche Risse" bei konventionell hergestellten Priiflingen entweder nicht vorhanden sind oder dass ihre Dimensionen so klein sind, dass die AMahmen der Griffith-Theorie nicht mehr zutreffen. Risse k6nnen sich aber w2hrend des Zugversuches neu bilden und wachsen. Die reale Zugfestigkeit ist dann das Endresultat einer Reihe sich uberlagemder Einfliisse und Prozesse. Da Risse als Spannungskonzentratoren wirken, l&st sich der Widerstand des Materials gegen einen Bruch besser ermitteln, wenn der Priifling bereits anfiglich Risse genau bekannter Zahl und Grosse enthat. Ein solcher Riss ist z.B. eine an dem Priifling seitlich angebrachte Kerbe (Abb. 18-5). Zug- und Biegeversuche werden daher oft mit gekerbten Priiflingen vorgenommen, wobei fiir steife und duktile Polymere verschiedene Priifmethoden verwendet werden. Wenn bei Polymeren die Spannungskonzentration an der Spitze cines Risses genugend hoch wird, erreicht das Polymere seine obere Fliessgrenze und gleicht die Spannung durch eine Spannungsweichmachung aus. Dabei finden durch die kooperative Bewegung von Kettensegmenten grossrPumige Anderungen der Makrokonformationen
625
18. Bruch yon Polymeren
statt. was bei partiell kristallinen Polymeren praktisch nur in den amorphen Bereichen erfolgen kann. Bei sphimlithischen Polymeren erfolgt der Bruch entsprechend zwischen den Sphirolithen bzw. radial dazu. Die kooperativen Bewegungen der Segmente fiihren entweder zu Schemachgiebigkeiten oder zu Normalspannungs-Nachgiebigkeiten.Die Spannungsenergie wird dabei hauptsichlich durch Bildung von Pseudobriichen (Crazes) dissipien. Dieser Mechanismus ist viel wirksamer als eine Dissipation der Energie durch Schemiessen. Der Effekt wird beim Schlagfestmachen von spaden Thermoplasten ausgenutzt, denen man zu diesem Zweck Elastomere zusetzt (Band IV).
18.3.2.
Kritische Spannungsintensitatsfaktoren
Diese anderen Mechanismen zur Absorption von Energie sind der Grund, warum die Griffith-Theorie viel zu niedrige Zugfestigkeiten liefert. Setzt man z.B. fiir das Poly(styrol) der Abb. 18-6 den Zugmodul und die kritische Oberflachenspannung der Tab. 18-1 ein, so ergibt sich mit der Griffith-G1.(18-3) f i r eine Risslange von 2 mm eine Zugfestigkeit von 0,18 m a , wmend experimentell 40 MPa gefunden wurden. Da ausser der Energie zum Schaffen neuer Obemachen noch andere Energien zu beriicksichtigen sind. kann man formal den W e r der G1.(18-3) zu einem neuen Faktor zusammenfassen, dem Spannungsintensitatsfaktor KI= (2 E#y)'n. Dieser Faktor bezieht sich auf Beanspruchungen, die normal zur Breite a des Risses sind. Analog gibt es einen Spannungsintensitiitsfaktor Kn f i r Gleitvorgmge in der Ebene. Wenn die Spannung den Wert der Zugfestigkeit erreicht, wird KI zum kritischen SpannungsintensitatsfaktorKIC (E: critical stress intensity factor, fracture toughness). Die Griffith-G1.(18-3) geht dam iiber in die Irwin-Orowan-Gleichung:
G1.(18-7) wurde urspriinglich von Irwin fiir ein Spannungsfeld um einen idealisierten Riss in einem energie-elastischen Material (2.B. Stahl) abgeleitet. wobei sich explizite Gleichungen fiir die Spannunga in den drei Raumrichtungen ergeben. Die G1.(18-7) gilt f i r einen in einer unendlich grossen Platte befindlichen Riss, der viel l a g e r als breit ist. Reale Priiflinge besitzen aber viele andere Rissanordnungen, 2.B. eine Reihe von colinearen Rissen mit einem mittleren Abstand 2d (Abb. 18-12, links). Man muss dann bei Zug- und Biegevemchen sowohl die Geometrien der Risse als auch diejenigen des Priiflings beriicksichtigen.
Colineare Risse
Abb. 18-12 Colin=
Zugversuch mit 3-Punkt-Biegung Freiarm-Biegung IZOd Doppelkerbc Einfachkerbe Charpy
Risse und Geornetrien einiger Priifanordnungen.
626 5
% 7
4
.
Polycarbonat (Bruchende)
I ./
. 1 x' 3
3
18.3. Reale Festigkeiten
Polycarbonat (Bruchanfang)
- ~-1/m-l + Abb. 18-13 Quadrat der reduzierten Bruchfestigkeit als Funktion der reziproken Kerbluge bei 20°C bei Zuggeschwindigkeiten [dL/dTl/[cm min-l] von 1 (PMMA), 0,05(PS), 0,05 bzw. 0.5 (PC, Bruchanfang) sowie 0.05,0,5,5,20 und 50 (PC, Bruchende) [8]. Y = geomemscher Faktor.
Ausgehend von der quadrierten GL(18-7)kann man schreiben
wobei u/d die relative Rissgeometrie ist und x in den geometrischen Komkturfaktor fl einbezogen wurde. Diese geometnschen Korrekturfaktoren wurden fiir viele Riss- und Priiflingsgeometrien berechnet. Fur Zugversuche an Doppelkerben enthaltende Platten ergibt sich z.B. P =[2 d/u] tan [xa/(2d)] und fiir u/d = 0,3somit @ = 3.40. Das Auftragen von a2@ =f(a-l) sollte nach G1.(18-8) bei konstanter Priiflingsgeometrie u/d durch den Ursprung gehende Geraden liefern (Abb. 18-13), aus deren Steigung K&d/u sich bei a/d = const der kritische Spannungsintensitatsfaktor KIC ergibt. Die Zuggeschwindigkeit hat bei Thermoplasten praktisch keinen Einfluss auf die KIC-Werte, WONaber bei kautschukmodifiziertem Poly(styro1) (Abb. 18-14).
t3
.
N
In-
0
200
400 m-1
-L-'/
600
800
+
Abb. 18-14 Reduzierte Quadrate der Zugfestigkeit ag als Funktion der reziproken Kerbdurchmesser L bei verschieden schnellen Zugversuchen an einem mit Kautschukteilchen von ca. 1 m m Durchmesser modif-ierten Poly(styro1)bei 20°C [9]. Aus den Steigungen der Geraden ergeben sich kritische SpannungsintensitiitsfaktorenK, von 2,4 MPa mln (&/dt = 50 cm/min), 2.13 MPa mln (bei 5 cm/min) und 1,6 MPa mln (bei 0,s cm/min).
18. Bruch yon Polymeren
18.3.3.
627
Bruchziihigkeit
Kritische Spannungsintensit2tfaktoren KIC sind mit Laboratoriumsexperimenten ermittelbar. Mit ihrer Kenntnis ktinnen Ingenieure ohne Feldversuche bestimmen, wie hoch energie-elastische Materialien belastet werden ktinnen. In vielen F a e n wird anstelle von KIC eine Oberflachenbruchenergie n angegeben. die sich in Analogie zu den G1.(18-3) und (18-7) aus og = Y ( E n / u ) berechnet. Diese Oberflachenbruchenergie hat die physikalische Einheit einer Oberflitchenspannung; sie ist nicht mit der gleichnamigen Gr6sse GIC identisch. Sie nimmt weit grUssere Werte als die Obeflichenspannung an und ist daher eine rein fonnale Gr(isse ohne jegliche physikalische Bedeutung. Tab. 18-3 E = Zugmodul. 18 = Oberflkhenbruchenergie,KIC(ebene Spannung), C,C,J(ebene Spannung) und Gc ebene Dehnun ) verschiedener Materialien bei 23°C [lo]; TG = statische Glastemperatur. 1 MN m3k = 1 MPa in1 .Zum Vergleich: die kritische OWhenspannung von Poly(styro1) beYfrit = 0.034J inS.
2
Material Stahllegierung Poly(ethylen), hohe Dichte Poly(ethylen), mittlere Dichte Poly(ethylen),niedrige Dichte Naturgummi, vulkanisiert Poly@ropylen),itPolyamid 6 Polyamid 66 Poly(vinylchlorid),atPolycarbonat,Bisphenol APolY(StYr01~.atPoly(methylmethacrylat).atEpoxidhan, gehmt E p o x i h , kautschuk-mcdifiziea Holz Glas
*G -
E
T
GPa
210 - 80
- 73
- 15
50 50 82 150 100
KIC
J m-2
5OOOO
MNm-3n
150 0,7 13 5 ,o
0,89 0,003 1.4 3 ,O
1 OOO
115 330 4
0-2 3,O-4.5 23 2,s-3,0 2,0-4.0 22 0,7-1,l 2.0 2.0 0,7-1,6 0,6 22 0s 0,7
Gc.1 kJ m-2 107 6,O 11,9 35 13 0.5 2.6 0.25 1.23 35 0.35 1 ,o 1.6 1.06 0.089 2.o 0.12 0,007
crc2 Id m-2
89 17
4.15 1.44
5 ,O
0.90 15.0 27 1,28
Da man die Bruchfestigkeit nach G1.(18-3) als og = (2 E#Y/n)1/2~-1/~schreiben kann und nach G1.(18-8) auch als og = ( K 1 c 2 / Y ) 1 k 1 / 2 , e h n t man durch Gleichsetzen der beiden Ausdriicke fiir og und Umformen die Beziehung K1c2/E# = 2 y Y / r Die Grtisse K1c2/E# wird Oberflachenbruchenergie genannt (E: fracture surface energy, critical strain release rate) und zu E h m von Griff~thdurch das Symbol GIC symbolisien:
Die Oberflachenbruchenergie GIC besitzt die physikalische Einheit einer Oberflachenspannung. Es gibt die zum Schaffen einer Oberflache erforderliche Energie an und ist daher direkt mit den beim Bruch erfolgenden molekularen bzw. mikroskopischen Prozessen verbunden.
628
18.3. Reale Festigkeiten
18.3.4. Bruch duktiler Polymerer Wenn bei einem K6rper senkrecht zur grossen Hauptachse eines elliptischen Risses Spannungen o angelegt werden, dann werden die beiden Enden der grossen Hauptachse unter den sti-irksten Spannungen stehen. Das Polymere wird versuchen, diesen Spannungen durch Spannungsweichmachung nachzugeben. An den Enden der grossen Hauptachse treten also plastische Zonen auf (Abb. 18-15). Die L2nge Lpz dieser Zonen ist vie1 griisser als deren mittlere Breite 8; Werte von GJg = 40 sind nicht uniiblich. Wegen dieser grossen Verhdmisse bJ8 kann man in Abb. 18-15 die Flachen Z vemachlissigen. Die Grenze zwischen der plastischen Zone und der Ellipse kann daher durch eine Gerade mit der Liinge S, beschrieben werden, der sog. Rissoffnungsverschiebung (E: crack tip opening displacement). U
t
t
1
1
t
t
t
1
1
1
. :x
U
Abb. 18-15 Dugdale-Modellder plastischen Zonen (gepunktet) an den Enden der grossen Hauptachsen eines elliptischen Risses. Die Zonen sind L,, lang und 6 breit. Die Zeichnung ist nicht massstiIblich; da experimentell z.B. h J 6 = 40 gefunden wird,ragt die plastische Zone anders als in der Zeichnung praktisch nicht uber die Q-Linie in das nichtplastische Gebiet hinein. u = Zugspanung, ucs= K o h i onsspannung, hz= Liinge der plastischen Zone, 2 a = Lhge der grossen Hauptachse des elliptischen Risses. Dem Wachsen der plastischen Zone wirkt eine konstante Kohasionsspannung ocsentgegen, die das Material zusammenzuhalten versucht. Die Spannungskonzentrationsfaktoren KIsteigen mit zunehmendem Abstand x von der Rissofhungsverschiebung xo zu. Bei jedem Abstand xi hemcht eine (negative!) Spannung o und damit gemlss der Irwin/ ~ ]diesem . Orowan-G1.(18-7) ein SpannungskonzentrationsfaktorKf = - 0 ~ ~ [ 2 / ( h x ) ~In Ausdruck tritt ein Faktor 2 auf, weil ein Kraftepuur beriicksichtigt werden muss. Der totale Spannungskonzentrationsfaktor ergibt sich durch Aufsummieren aller Spannungskonzentrationsfaktoren vom Abstand x, bis zum Abstand x = Lpz an der Spitze der plastischen Zone:
-
112 -Ocs(f)
=-.-(+) 112
[2x'12]p
18. Bruch yon Polymeren
629
Vor dem Nachgeben hemchte ein Spannungsintensitiitsfaktor K I , ~Damit . die Spannungen an den Bruchenden nicht unendlich gross werden, mussen sich die beiden Spannungsintensiuten KI,,,und KI gerade auskompensieren, d.h. es muss K I , +~KI= 0 gelder plastischen Zone zu ten. Einsetzen der G1.(18-10) fiihrt daher fiir die Liinge hZ
D i e s Gleichung gilt nur fiir bz<< 2a. Die Kohasionsspannung acsist nach expenmentellen Befunden etwa gleich der Streckspannung ay. Der Abstand 6 berechnet sich zu
Bei der Riss6fhungsverschiebung S, ist x = 0 sowie K I , =~KIC und man erhat
Mit G1.(18-9) und acs= oy ergibt sich somit, dass die Bruchzaigkeit von zwei Parametem abh'dngt, nilmlich der Streckspannung ay und der RissCIffnungsverschiebung &:
Nach experimentellen Befunden h> S, noch von der Molmasse des Polymeren ab (via Verhakungsdichte?), nicht aber von der Temperatur und der Dehngeschwindigkeit. Da aber die Streckspannung sy von der Temperatur und der Dehngeschwindigkeit be-
einflusst wird, muss die Oberflachenbruchenergie GIC auch von diesen Grijssen bestimmt werden. Der SpannungsintensitatsfaktorKIC ist ausserdem noch eine Funktion von @, das ebenfalls von der Temperatur und der Geschwindigkeit kontrolliert wird.
18.3.5.
Schlagzahigkeit
Konventionelle Zugversuche beanspruchen Polymere mit Geschwindigkeiten zwischen 0,M m/s und 3 m/s (1 mm/min bis 50 mm/min). Im taglichen Leben sind die Geschwindigkeiten jedoch meist vie1 grUsser. Turen werden mit ca. 3 m / ~zugeschlagen. Ein Auto prallt bei einer Geschwindigkeit von 120 h / h auf ein stehendes Hindernis mit ca. 33 m/s auf. Solche grtisseren Geschwindigkeiten mit bis zu 250 m/s lassen sich nur mit sehr teuren Hochgeschwindigkeitszugmaschinen erzeugen. Wesentlich preiswerter sind Priifungen der Schlagzahigkeit (E: impact strength). Als Schlagz2higkeit ist der Widerstand gegen einen Bruch bei einem Schlag oder Aufprall definiert. Die Schlagztihigkeit ist eine der vielen mtiglichen Kenngrossen fiir die Festigkeit eines Materials unter den vielfatigen Gebrauchsbedingungen. Alle Priifverfahren sind entsprechend genormt.
630
18.3. Reale Festigkeiten
Zugschlag
Bolzenfall
Fig. 18-16 Priifungen auf die Kerbschlagzaigkeit (Izod und Charpy) sowie auf die Schlagdigkeit (Zugschlag und Bolzenfallmethode). Die meisten Methoden messen die zum Brechen eines Materials erforderliche Energie. Bei der Izod-Methode (Dynstat-Methode) schlagt ein Pendel gegen eine eingekerbte, einseitig eingespannte Probe (Abb. 18-16), die dabei vor allem Biegespannungen unterworfen wird, daneben auch Scherspannungen. Bei der Charpy-Methode wird andererseits der Priifling an beiden Enden gelagert und in der Mitte mit einem Pendel geschlagen. Auf der Aufschlagseite wird die Probe komprimiert, in der Mine Biegespannungen unterworfen und auf der abgewandten Seite starken Zugspannungen ausgesetzt. Man kann auch auf die Schlagzaigkeit durch Aufprall einer genormten Kugel oder eines Bolzens aus festgelegter Hohe priifen (z.B. Bolzenfallversuch; E: falling dart test, falling ball test). Zurn Bestimmen der Zugschlagzahigkeit (E: tensile impact test) wird der Priifling auf beiden Seiten eingespannt und mit einem Pendel zu beiden Seiten der Klemme geschlagen. Alle diese Priifmethoden unterscheiden sich in den Dehn-, Schlagoder Aufprallgeschwindigkeiten (Tab. 18-4). Ahnliche Priifungen kann man auch mit gekerbten Proben vomehmen. Bei Bestimmungen der Kerbschlagzahigkeit mit den Izod- und Charpy-Methoden treten dabei an der Spitze der Kerbe Dehngeschwindigkeiten bis zu 5000 s-l auf. Je geringer der Radius der Kerbe, umso grosser ist die Spannungskonzentration an deren Spitze, umso kleiner ist die Schlagfestigkeit (Abb. 18-17). Bei sehr tiefen Temperaturen sind alle Polymeren sprbde. Mit steigender Temperatur nimmt die Beweglichkeit von Kettensegmenten zu und Spannungen koMm durch Bildung von Scherbsfidem oder Crazes ausgeglichen werden. Die Schlagztihigkeit steigt entsprechend mit zunehmender Temperatur an, besonders in der Ntihe der Glastemperatur. Polymere mit zusatzlichen Umwandlungstemperaturen unterhalb der Glastemperatur sind daher praktisch immer schlagz3her als Polymere ohne derartige Umwandlungen. Tab. 184 Ungef4hre Arbeitsbereiche von Schlagziihigkeits-Tests bei ungekerbten Priiflingen. Dehngeschwindigkeit v, = E/t und Schlaggeschwindigkeit v, = L/f.
Zugversuch rnit hohen Geschwindigkeiten: pneumatisch hydraulisch Biegepriifungen: Izod CharpY Fallende Gewichte KonventionellerZugversuch
100 - 10000 1 - 100 60 10 0,l - 10 0,001 - 0,l
20 - 240 0,08 - 4 2 3 1-4 0,Ooo 01 - 0,l
63 1
18, Bruch von Polymeren 20oc
t 40-
? t
E
10°C
3 \
3
20-
OOC
I 01. 0
*
'
' . . . . . 0s
-R
- *
* .
..
. .
1.5
1
-
-
-30°C
2
N / m
Abb. 18-17 Schlagzi4higkeitenJNeineS Poly(vinylchl0rid)s als Funktion des Radius RN der Kerbe bei Charpy-Tests [ll]. Mit freundlicher Genehmigung von Chapman and Hall, London. Kristalline Polymere besitzen ebenfalls hohe Schlagziihigkeiten, wenn ihre Glastemperaturen weit unterhalb der Testtemperaturen liegen. Aus dem gleichen Grunde werden amorphe Polymere durch Modifizierung mit Kautschuken erheblich schlagziiher. Polymere mit Molmassen unter den zur Verhakung der Ketten erforderlichen weisen sehr niedrige Schlagz2higkeiten auf, da hier praktisch keine Crazes gebildet werden k6nnen. Die Kerbschlagziihigkeit erfasst bei unendlich diinnen Proben nur die Energie zum Einleiten eines Bruches. Die adlquate Gr6sse ist dann die Energie pro Kerbenbreite. Bei unendlich dicken Priiflingen ist dagegen die Energie zur Brucheinleitung gegeniiber derjenigen zur Bruchfortpflanzung zu vernachlfsigen. Die angemessene GrCIsse ist hier die Energie pro Kerbenbreite und Probendicke. In Eumpa werden die Kerbschlagz2higkeiten fiir unendlich dicke Proben angegeben (meist in kJ m-*), in den USA dagegen fiir unendlich dunne (Werte nicht in SI-Einheiten, sondem in ft 1bVm = 0,0535 kJ m-l). Die Werte sind daher nicht vergleichbar.
Tab.18-5 Schlagdigkeiten x,Kerbschlagdigkeiten xp und Zugkerbschlagz~igkeitenmteiniger industrieller Thermoplaste. kB = kein Bruch. 7i
Thmoplast Symbol H a n d e h e PE-HD PE-HD PS ABS PMMA PBT POM PA 66 PA 66
Hosralen GA 7260 Lupolen 6031 H Polystyrol 143 E Magnum 3153 Degalen 6 Vestodur lo00 nf Dekh 100 NC-10 Ultramid A3, niedr. Molgew. trocken luftfeucht Ultramid AS,hohes Molgew. trocken luftfeucht
7i.N
23°C
-30°C
kB
kB
9
9 89 14 130
kB 14 135 250
kB kB 38 64
7i,N,t
iZ7kTm-I
w m-2
200 280 300 30 30
23°C
-30°C
2,l 15 2 11 2,l 4,s 12
3.0 9 2 9 2.0 4,3 7 6 5.5 2,s 2,s
6 12
33 3.5
23°C 45 120 47
55
632
Literatw
LU
Kap. 18
Historische Notizen Griffith-Gleichung C.E.Inglis, Transhst. Naval Archit. 55 (1913) 219 A.A.Griffith, Phil.Trans. Royal SOC.A 221 (1920) 163 Irwin-Orowan-Gleichung G.R.Irwin, in Fracturing of Metals, Amer.Soc.Metals, Cleveland 1948, p. 147; J.Appl.Mech. 24 (1957) 361; Fracture, Encycl. Physics 6,551, Springer, Berlin 1958 E.Orowan, Trans.Inst.Eng.Shipbuild.Smtl. 89 (1946) 165; -,Rept.Progr.Phys. 12 (1949) 185; E.Orowan, in W.M.Murray, Hrsg., Fatigue and Fracture of Metals (MIT Symp., Juni 1950), Wiley, New York 1952, p. 139; E.Orowan, Weld.J.Res.Supp1. 34 (1955) 157-S Dugdale-Modell D.S.Dugdale, J.MechPhys.Solids 8 (1960) 100 G.I.Barenblatt, Adv.Appl.Mech. 7 (1962) 55
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18. Bruch von Polymeren
633
BRUCHVORGANGE E.H.Andrews. Fracture in Polymers, Oliver and Boyd, Edinburgh 1% S.Rabinowitz und P.Beardmore. Craze Formation and Fracture in Glassy Polymers, Crit-Revs.Macromol.Sci. 1 (1972) 1 RP.Kambour, A Review of Crazing and Fracture in Thermoplastics, J.Polymer Sci. tRevs.1 D 7 (1973) 1 J.A.Manson und R.W.Hertzberg, Fatigue Failure in Polymers, Crit.Revs.Macromo1.Sci. 1 (1973) 433 E.H.Andrews und PE.Reed. Molecular Fracture in Polymers, Adv.Polym.Sci. 27 (1978) 1 L.G.E.Struik. Physical Aging in Amorphous Polymers and Other Materials, Elsevier, Amsterdam 1978 H.H.Kausch, Polymer Fracture, Springer. Berlin 1978 R.W.Hertzberg und J.A.Manson, Fatigue of Engineering Plastics, Academic Press, New Yark 1980 H.H.Kausch. Hrsg., Crazing in Polymers. Adv.Polym.Sci. 52/53 (1983) A.E.Zachariades und R.S.Porter. Hrsg., The Strength and Stiffness of Polymers, Dekker, New York 1983 A.J.Kinlock und RJ.Young, Fracture Behaviour of Polymers, Appl.Sci.Publ., London 1983 A.S.Argon, RE.Cohen. 0.S.Gebizlioglu und C.E.Schwier, Crazing of Block Copolymers and Blends, Adv.Polym.Sci. 52/53 (1983) 275 J.G.Williams. Fracture Mechanics of Polymers, Wiley, New York 1984 W.Brostow und R.D.Comeliussen, Hrsg.. Failure of Plastics, Hanser, Miinchen 1986 A.G.Atkins und Y.W.Mai, Elastic and Plastic Fracture, Halsted Press. New York 1986 H.H.Kausch, Polymer Fracture, Springer, Heidelberg, 2. Aufl. 1987 H.H.Kausch. Hrsg.. Crazing in Polymers 11, Adv.Polym.Sci. 9Y92 (1990) G.Bartenev, Mechanical Strength and Failure of Polymers, Rentice-Hall, Englewood Cliffs (NJ) 1993 D.Miannay, Fracture Mechanics, Springer, Berlin 1998
Quellennachweise [I]
[2] [31 [4]
151 [6l
[I [8] [9] [lo] [ll]
H.-GBlias. An Introduction to Plastics, VCH, Weinheim 1993. Abb. 7-14, nach Daten von H.W.Cormick. F.M.Browex und L.Kin, J.Polym.Sci. 39 (1959) 87 PJ.Flory. 1nd.Eng.Chem. 38 (1946) 417. Daten der Abb. 105 (a) bzw. 106 (b) J.P.Berry. JPolym.Sci. 50 (1961) 313. Daten der Abb. 3 S.N.Zhurkov, V.A.Zalnevskyi. VE.Korsukov, V.S.Kuksenko. J.Polym.Sci. fA-21 10 (1972) 1509; vgl. auch S.N.Zhurkov, Vestnik Akad. Nauk SSSR -/11 (1957) 78; S.NZhurkov. Int J. Fracture Mechanics 1 (1965) 3 11 H.-G.Elias. J.Polym.Sci. B (Polym.Phys.) 33 (1995) 955. Fig. 5 H.-G.Elias. Macromol.Chem.Phys. 195 (1994) 3117, Tab. 8 T.He. Polymer 27 (1986) 253, Tab. 1 und 2 J.G.Williams. Fracture Mechanics of Polymers, Ellis Horwood, Chichester 1984, Abb. 6.2, 6.9.6.12 und 6.13. J.G.Williams, Fracture Mechanics of Polymers, Ellis Horwood. Chichester 1984. Abb. 6.23. In der dort angegebenen Referenz (K.Nikpur, J.G.Williams, J.Mat.Sci. 14 (1979) 467) ist die Abbildung nicht enthalten. J.G.Williams. Fracture Mechanics of Polymers, Ellis Horwood, Chichester 1984, Tab. 6.4 und 8.1. e r g b t durch Daten anderer Quellen W.V.Titow, PVC Plastics, Elsevier, Amsterdam 1990, Abb. 8.2
634
19.
Anhang
19.1. SI-Einheiten und IUPAC-Symbole Viele physikalische Eigenschaften sind nach Maxwell quantitativ durch physikalische GrUssen (E: physical quantities) als Produkt aus einem Zahlenwert (E: numerical value) und einer physikalischen Einheit (E: physical unit) beschreibbar: physikalische Grosse = Zahlenwert x physikalische Einheit Symbole physikalischer Grossen werden dabei stets kursiv geschrieben. z.B. L als Symbol fiir eine Liinge, t als Symbol fiir die Zeit usw. Symbole vektorieller Grossen sind kursiv undfetf, z.B. M als Symbol fiir "Moment". Symbole fiir physikalische Einheiten werden n i e m l s kursiv geschrieben. Zwischen Zahlen und Symbolen fiir physikalische Einheiten steht kein Multiplikationszeichen Die Beziehung zwischen physikalischen Grossen, Zahlen und physikalischen Einheiten ist mit den iiblichen Regeln der Algebra zu behandeln. Wenn z.B. die physikalischeGrUsse "Lhge" (Symbol L) in der physikalischen Einheit "Meter" (Symbol: m) gemessen wird und ein Objekt 0,002 Meter lang ist, dann kann dies nach den Regeln der Infinitesimalrechnung von GrUssen (E: quantity calculus) als L = 0,002 m oder L = 2.10-3 m oder lO3L/m = 2 oder L = 2 mm oder L/mm = 2 geschrieben werden, aber nicht als lW3L/m = 2. Die gleiche Regel gilt fiir Eintragungen in Tabellen und fiir Achsenbeschriftungen von Diagrammen. Wenn beim obigen Beispiel die TabellengrUsse z.B. "2" ist, dann lautet der Tabellenkopf I d L/m und nicht l t 3L/m oder I d L , m oder I d L [m]. Die Maxwell-Regel wird jetzt meist als SI-Regel (SI = Systkme International)bezeichnet, weil sie von der "International Standardization Organization" (ISO) als Standard eingefuhrt wurde. Die SI-Regel wurde von anderen internationalenOrganisationen ubernommen, z.B. von der IUPAP (International Organization of Pure and Applied Physics), IUF'AC (InternationalOrganization of Pure and Applied Chemistry), und IUB (International Organization of Biology). Das internationale Mallsystem beruht auf sieben SI-Grundeinheiten (E: base units) (Tab. 19-1) und einer Reihe von abgeleiteten Einheiten (E: derived units) (Tab. 19-2). Die hiiher als Ergiinzungseinheiten (E: supplementary units) bezeichneten physikalischen Einheiten Radiant und Steradiant werden seit 1995 zu den abgeleitetenEinheiten gerechnet. Federfuhrend ist das Comid International des Poids et Mesures (CIPM); die offizielle Zeitschrift des Bureau International des Poids et Mesures (BIPM) ist Menologia. In Deutschland und einigen anderen LAndern sind SI-Einheiten die einzigen Einheiten, die laut Gesetz fiir wirtschaftlicheZwecke zugelassen sind. Mit Ausnahme der Vereinigten Staaten von Amerika venvenden praktisch alle &der nur noch SI-Einheiten. Auch in den USA sollten hut Bundesgesetz ab 1993 alle BundesbehUrden nur noch SI-Einheiten venvenden, doch werden von Bundes- und LhderbehUrden. Firmen und in der wissenschaftlichen Literatur weiterhin nicht-SI-Einheiten benutzt. Diese Einheiten beruhen zum Teil auf dem US-System und zum Teil auf dem UK-System (British oder Imperial). Sie werden in diesem Buch als "angelskhsischeEinheiten" zusammengefasst. Tab. 19-1 Physikalische GrundgrUssen (E: base physical quantities) und SI-Grundeinheiten (E: SI base units) sowie ihre SI-Symbole. Genera: m = miinnlich, s = Schlich, w = weiblich. ') Schweiz. Physikalische Grundgrosse Symbol Deutscher Name L, 1 m t
I
r
1, n
mge Masse Zeit Elektrische StromsWe Thermodynamische Temperatur Lichtsmke Stoffmenge
Englischer Name
Physikalische Einheit Name Symbol
length mass time electric current thermodynamic temperature luminous intensity amount of substance
Meter (s, ma)) Kilogramm (s) Sekunde(w) Ampere (4 Kelvin (s) Candela(w) Mol (s)
m kg
s A K cd mol
635
19. Anhang
Tab. 19-2 Abgeleitete SI-Einheiten fiir physikalische Grossen und von der IUPAC fiir physikalische GrcIssen vorgeschlagene Symbole. Physikalische G&se Symbol DeutscherName
F G E
P P
Winkel in der Ebene Winkel im Raum Geschwindigkeit Beschleunigung Winkelgechwindigkeit Winkelbeschleunigung Klaft Gewicht Energie, Arbeit, W&me Leistung, Energiefluss Druck, mechan. Spannung Impuls, Moment
V
Frequenz
Q
Elektriziatsmenge, elektrische Ladung Elektrische Potentialdifferenz. elektr. Spannung Elelrtrischer Widerstand Elektrischer Leitwert Elektrische Kapaziat Relative Permittivittit 7, h4agnetischer F l u s Eigeninduktiviat, magnetischer Leitwert h4agnetische Flussdichte Magnetische Feldstikke Lichtstrom Beleuchtungsstibke Radioaktivitiit EnergiedoSiS Energiedosisleistung Ionendosis Ionendosisleistung Aquivalentdosis Lineare Energieiibertragung
U R
G C &
9
L B @v
Ev
A
D D X
x L
Englischer Name plane angle solid angle speed 4), velocity 9 accele$ation angular velocity angular acceleration farce weight energy, work, heat Power pressure, stress impulse. momentum
fresuencY
electric charge
PhysikalischeEinheit Name1) Symbol Radiant*) rad=m/m=l Steradiant 3) sr = m2/m2 = 1 m/s m/s2 d
S
Ws2
Newton Newton Joule Watt Pascal Hem6) Coulomb
N=Jm-' N=Jm-l J=Nm w = v A = J S-1 pa = N m-2= J m-3 Ns Hz = s-l C=As
electric potential, emf electric resistance electric conductance electric capacitance relative permittivity magnetic flux magnetic inductance magnetic flux density magnetic field seength luminous flux illuminance radioactivity
TeSla Lumen LUX Becquerel
(*do=) (-doserate)
(exposure)
(exPosurer e ) (dose equivalent) linear energy transfer
Sievert
T=Wbm-2 A/m Im=cdsr IX = ~m m-2 Bq=8 Gy = J k g ' Gy s-l= W k g ' Ckgl A kg-l Sv = J k g l J m-l
Im Englischen werden die Namen dieser Einheiten auch bei Personennamen stets klein geschrieben (d.h. kelvin, newton usw. und nicht Kelvin, Newton usw.). Ausnahme: degree Celsius. 2, Im Englischen: radian 3, Im Englischen: steradian 4, Nicht-vektorielk die Lichtgeschwindigkeit hat Ublicherweise das Symbol c. 5, Vektoriell; die Symbole sind dann fett (u, Y , w). 6, Die physikalischeEinheit "Hertz" sol1 nur fiir "Frequenz" im Sinne von "Schwingungen pro &iteinheit" verwendet werden. Winkelgeschwindigkeiten und Zirkulufrequenzen besimn die physikalische Einheit r d s , was als s-l geschrieben werden kann, aber nicht als Hz. 7, Friiher: Dielektrizit2tskonstante
636
SI-Einheiten und IUPAC-Symbole
Tab. 19-3 Neben oder mit SI-Einheiten verwendete atere Einheiten. Nur die mit * gekennzeichneten Einheiten diirfen mit SI-Vorsatzzeichenunqoder zusammen mit SI-Einheiten verwendet werden. Physikalische GrM
Physikalische Einheit Name
Zeit Zeit Zeit Lm3e FWhe Volumen
Minute Stunde Tag AngstrGm
min h d
Barn
Masse Masse
Tonne
b L t
Liter
Bemerkung Symbol
A
Wert in SI-Einheiten 60s 3600 s 86 400 s 1O-"J m = O,I nm 1@m2 m3 I 1 L
I d kg = 1,66054.10-27kg = 1,60218~10-'9J
Energie
Atommassenkonstante 4, Elektronenvolt
eV
Druck
Ba
bar
16 Pa
Winkel in der Ebene Winkel in der Ebene Winkel in der Ebene Tmperatur
Glad Minute
0
(4180rad )
S h d e Celsius-Ternperatur
u
(410 SOO) rad
T
(4648 OOO) rad epc = (T/K)- 2 7 3 ~ 5 7)
IUPAC erlaubt den Gebrauch der Einheiten "Minute", "Stunde" und "Tag", obwohl diese physikalischen Einheiten keine SI-Einheiten sind. Diese drei Einheiten diirfen jedoch nicht mit SI-Vorsilben versehen werden. "Monat" und "Jahr" sind keine wissenschaftlichen Einheiten; sie werden aber bei Halbwertszeiten oder Lebensdauem von Radionukliden gebraucht. Wirtschaftsdaten sowie Angaben von Lebensdauern und Halbwertszeichen verwenden fiir "Jahr" oft das Symbol "a" (L:annus = Jahr). Englisch-amerikanische Syrnbole sind "yr" fiir "Jahr" (E: year) und "mo" fiir Monat (E: month). 2, Diese Einheit ist fiir den temporaen Gebrauch mit SI-Einheiten in solchen Teilgebieten zugelassen, in denen sie zur Zeit verwendet w i d 3, IUPAC erlaubt den Gebrauch der physikalischen Einheit "Tonne" (1 t = lo00 kg) (speziell in der Technik und der Wirtschaft), obwohl "Tonne" keine WAC-Einheit ist. "Tonne" p:(metric) ton(ne)] darf nicht mit "long ton" (= 1016,047 kg) und "short ton" (= 907,185 kg) verwechselt werden. Sowohl "long ton" und "short ton" werden haufig ohne die Adjektive "long" und "short" verwendet 4, Der nummerische Wert u = ~n,(~~C)/12 der Atommassenkonstante (= atomare Masseneinheit; E: unified atomic mass constant) hllngt von dem experimentell bestimmten Wert der Avogadro-Konstanten N A ab. Er ist daher nicht exakt Die Atommassenkonstante (physikalische Einheit kg) wird manchmal "Dalton" (Symbol: Da) genannt. In den Biowissenschaften wird mit "Dalton" faschlicherweise die relative Molekiilmasse @hysikalische Einheit 1) oder die Molrnasse (physikalische Einheit g/mol) bezeichnet 6 , Der nummerische Wert dieser Einheit hhgt vom experimentellen bestimmten Wert der Elementarladung e ab. Der Wert der entsprechenden SI-Einheit ist daher nicht exakt. 7, Die SI-Einheit des Celsius-Temperaturinte~a~ls ist das "Grad Celsius'' (Symbol der Einheit- "C). Die Einheit dieses Intervalls ist mit dem Kelvin identisch (nicht "Grad Kelvin"). IUPAC empfiehlt fiir die Celsius-Temperatur die Symbole t oder 8,DIN dagegen t oder 19. Das Symbol t kann aber mit dem gleichen Symbol fiir die Zeit verwechselt werden. Das Symbol 0 wird nach der Erfahrung des Autors auch von sehr kundigen Polymerwissenschaftlern meist fdschlich als das Symbol 8 identifiziert, welches das in der Polymerwissenschaft allgemein anerkannte Symbol fiir die Theta-Temperam ist Aus diesen Griinden wird in diesem Buch das Symbol T sowohl fiir die thermodynamische Temperatur als auch fiir die Celsius-Temperatur verwendet. Verwechslungen sind ausgeschlossen. da bei physikalischen Gleichungen T stets die thermodynamische Temperatur bedeutet und bei Zahlenangaben immer die Einheit angegeben wird.
637
19. Anhang
Tab. 194 Vors2tze fiir SI-Einheiten im Dezimalsystem. Herkunft: D = diinisch. G = griechisch, I = italienisch. L = lateinisch. N = norwegisch. Beim Vorsatz wurde von I S 0 "y" zugefiigt. wei1"o" als Symbol missverstlindlich ist. b, "s" wurde von I S 0 durch "2" ersetzt, um den doppelten Gebrauch von "s" als Symbol zu vermeiden. F a k m Vorsatz Vorsatz- UmgangsspmhlicherName zeichem deutschsprachig USA
Herkmdervorsatzes
septillion L:octo = acht [lG4 = (1@)*1 sextillion L: septem = sieben [lo21 = = (Id)'] quintillion G: hem=a h s E Exa quadrillion Peta G:pentu=fiinf[1015=(ld)5] P G: term = Ungehew T trillion Tm billion G: gigas = Riese G Giga G: m e g a = gross M million Mega thousand G: khilioi = tausend k Kilo hmkd G: hekaton = hundert Hekto') h ten G deka = zehn ~ e k a 2 ) da Zehn L decimapars = Zehntel one tenth d Zehntel Dezi3) Lparscentesima=Htel onehundredth c Hundertstel Zenti4) one thousandth L pars millesima = Tausendstel Milli 7, m Tausendstel 10-6 Mikro one millionth G: mikros = klein p Millionstel G nun(n)os = Zwerg one billionth Nan0 n Milliardstel 1@ p Billionstel one trillionth I: piccolo = klein 10-12 Piko 6) one quadriUionth D. N femten = fiinfzehn f Billiardstel l t 1 5 Femto Atto a Trillionstel one quintillionth D. N atten = achtzehn 10-21 zepto b) z ~rilliardstel one sextillionth L septem = sieben [ 1 t 2 1 = (10-~)~1 Yocto y QuadriUionstel one septillionth L octo = acht [lW24= [lt3)81 Englische Namen: hecto; 2, friiher: deca; 3, deck 4, centi; micro; 6, pico. 3 USA: Da dem allgemeinen Publikum p als Abkiirzung fiir "mikro" nicht bekannt ist und p zudem haulufig bei Schreibmaschinen usw. fehlt, wird es manchmal durch "mc" ("micro") ersetzt (2.B. 1 mcg = 1 pg). Der Vorsatz "m" fiir "milli" wird &M zu "ml" (1 mg = 1 mlg). Franzosische ZahlwOrter folgen seit 1948 den international gebduchlichen (in Klammern: vor 1948): 103 male 1OI2 billion (trillion) 1021 - (sextillion) 106 million 1015 - (quatrillion, quadrillion) 1024 quadrillion (septillion) 109 milliard (billion, milliard) 1OI8 trillion (quintillion) 1 p l@l 1018 1015 1OI2 lo9 l@ Id 102 101 ltl 1t2 lt3
Yom a)
Y
attab) Z
Quadrillion Trilliarde Trillion BiUiarde Billion Milliarde Million Tausend Hun&
5s7)
Tab. 19-5 Vordtze fiir bh&e Systeme (Computerindustrie). Die von der International Electrotechnical Commission (IEC) eingefiihrten Voratze d e n die konventionell gebrauchlichen abl6sen. Fakm IEC-VorSaa
21° ZU, 230 240 260
kibi mebi gibi tebi pebi exbi
IEC-VorSatzzeichen exakt Ki Mi Gi Ti Pi Ei
Zahlenwert g-
1024 1048 576 1073 741 814
konventionell Wen Zeichen
= 1,024.ld = 1,049*106 = 1,073*109
103
= 1,100~10'2 = 1,126-1015
10'2 1015
1,253*10'8
10'8
=
106 109
K. k
M G T P E
638
SI-Einheiten und IUPAC-Symbole
Tab. 19-6 Vorsatzzeichen in der U.S. Finanz- und Gaswirtschaft Zahl
Symbol
-mg
Zahl
Symbol
Bedeuhlng
103 106
M MM oder T i l
L: milk (tausend) L miUe x mille
lo9 10l2
B T
amerikanische Billion amerikanische Trillion
Tab. 19-7 Rlimische Zahlzeichen. Von links nach rechts gelesen werden die Zahlen addiert (Beispiel XXVI = 26); eine kleinere Zahl vor einer grosseren wird jedoch von der letzteren abgezogen (Beispiel: MCMXLN = 1944 ). Rlimisch Arabisch
I V
Rlimisch Arabisch X L
1
5
10 50
R6misch Arabisch M D
lo00 500
Tab. 19-8 Fundamentale Konstanten (Zahlenwerte nach CODATA = Committee on Data for Science and Technology of the International Council of Scientific Unions (1986)). Physikalische Grosse
Symbol = Zahlenwert x physikalische Einheit
Lichtgeschwindigkeit im Vakuum Elementarladung Faraday-Konstante Planck-Komtante Boltzmann-Konstante Avogadro-Konstante 2, Loschmidt-Konstante 2, Molare Gaskonstante Permitrivit2t des Vakuums Permeabiliat des Vakuums, magnetische Feldkonstante Moivolumen eines idealen Gases Atomare Massenkonstante, (unified atomic mass constant)
= 299 792 458 m s-l (exakt) = 1,602 177 33.10-19 C F = 96 485,309 C mo1-I h = 6,626 075 5.10-34 J s k = 1,380 658.1&23J K-I N A = 6,022 136 7.1G3 mo1-l = L no = NA/V,,, = 2,686 763-1G5m3 R = 8,314 510 J K-l mol-1 & = l/@02) = (8,854 187 817...).10-12 F = 4 x IW7 N A-2 (exakt)
'*
c e
(exakt)
V,,, = 22 414,lO cm3 mol-1 (T = 273,15 K, p = 101 325 Pa) mu = 1,660 540 2 . 1 1kg~ (= ~ m(%)/12) ~
Das Avogadro-Gesetz wurde urspriinglich fiir die Anzahl der Teilchen pro Volumen formuliert. Im nicht-deutschsprachigen Ausland wirdJedoch irrtiimlich seit langem die Anzahl der Teilchen pro Stoffmenge als Avogadro-Konstante bezeichnet (daher NA). Diese Grosse wurde erstmals vom Wiener Physiker Loschmidt bestimmt (daher L). Sie h i e s daher in deutschsprachigen L&dern Loschmidtsche Zahl; sie ist aber keine Zahl, sondern eine reziproke Stoffmenge. Die jetzige Loschmidt-Konstante no wurde in deutschsprachigen Liindern friiher Avogadro-Zahl genannt; auch sie ist keine Zahl, sondern eine Teilchendichte bzw. -konzentration (physikalische Einheit: reziprokes Volumen). Die W A C Namen Avogadro-Konstanteund Loschmidt-Konstantemiissten daher eigentlich vertawht werden.
Das IUF'AC-Symbol N A (in mo1-I) fiir die Avogadro-Konstante ist inkonsistent mit dem IUPACSymbol N fiir Zahlen. Auch das IUPAC-Symbol n, (in m3)fiir die Loschmidt-Konstante stimmt nicht mit der Empfehlung von n als Symbol fiir die Stoffmenge (in mol) iiberein.
2,
19. Anhang
639
Tab. 19-9 Umrechnungen von veralteten und angelskhsischen Einheiten in SI-Einheiten. Im SI-Sys-
tem zugelassene Einheiten sind mit * gekennzeichnet; diese Einheiten geh6ren jedoch nicht dem SI-
System an. Das SI-System ist seit einigen Jahren in vielen M d e m das einzige gesetzliche System. In den USA wird jedoch im Uglichen Umgang. in der technischen Literatur und Nufig auch in wissenshaftlichen Verijffentlichungen das alte (US-)angel&hsische System verwendet. NSnne
Alte Einheit
= SI-Einheit
1 lY In 1 mile 1 furlong lrod 1fathom 1 Yd 1 ft= 1'= 12" 1 in = 1" 12 P 12 P 12 pt 1P 1P 1 Pt 1 mil 1P
= 9,461.1015 m = 1852 m = 1609,344 m = 201,168 m = 5.029 2 m = 1.828 8 m = 0,914 4 m (exakt) = 0,3048 m (exakt) = 234 cm (exakt) = 4,513 mm = 4,50 mm = 4,218 mm = 0.38 cm = 0.376 mm = 0.351 mm = 25.4 pm = 106 m = 1 pm = 10-9 m = 1 nm = 10-10 m = OJ nm
1 sq. mile lha 1 acre la 1 sq. yd. 1 sq. ft. 1 sq. in. lb
= 2 589 988.110 m2
= 0.836 127 36 m2 = 9,203 04.1p2 m2 = 6,451 6-10-4 m2 = 1O-Bm2
1 St 1 cu. yd. 1 barrel 1 bbl = 42 US gal 1barrel 1 bu 1 cu. ft. 1P k 12.12-1cu. in. 1 gal 1 gal 1 gal = 4 us qt. 1L 1L 1 qt. 1 qt. = 2 US pints
= 1 m3 = 0,764 554 857 m3 = 0.1636 m3 = 0.158 987 m3 = 0,119 m3 = 119 L = 3,524.1W2 m3 = 35,24 L = 2,381 684 659 2-1C2 m3 = 8,810 L = 2,3597.1fk3 m3 = 4,545 96.10-3 m3 = 4545 96 L = 4,405.1k3 m3 = 3,785 412.1C3 m3 = 3,785 412 L = 1,OOO 028.10-3 m3 = 1,OOO 000.10-3 m3 = 1,101 L = 0,946 335 L
LiSngen
Lichtjahr Seemeile (nautical mile) Meile (statute mile) Furlong Rod W h , pole) Faden Elk Fuss zoll Cicero (historisch) C i m (neu) pica
Didot-Punkt (mu) Didot-F'unkt (historisch) Punkt (Pica-System) Mil Miluon Millimikron Angsmm F&hQi
Quadratmek H*(Land)
Morgen (US)
Ar
Quadratele
Quadraduss Quadratzou Ban
= 1OOOO m2 = 4406.856 m2 = 1OO m2
V0lW.M Stere
Kubikelle Fass (imperial barrel) Fass (USbarrel petroleum) Fass (USbarrel) Bushel Kubikfuss
Peck (US) Board foot Gallone (British oder Imperial) Gallone (USdry) Gallone (USliquid) Liter (cgs)
Liter * Qm (USdry) Quart (USliquid)
640
19.1. SI-Einheiten und IUPAC-Symbole
Tab. 19-9 Umrechnungen (Fortsetzung)
Name
Alte Einheit
= SI-Einheit
V o l m k a (Fortsetzung) Pint (US liquid) Pint (US. dry) CUP (US) Unze (British liquid 0u11ce) Unze (US fluid ounce) Kubikzoll EsslOffel (tablespoon) TeelOffel (teayoon) Dram (US fluid)
1 pt. = 2 us cups 1 Pt 1 cup = 8 fluid oz. 1 02. 1 oz. = 2 table sp. 1 cu. in. 1 tbl.sp. = 3 tea sp. 1 tea sp. ldram
= 0,473 168L
= 0,550 6 L = 0,236 534 L = 0,028413 L = 0,029 574 L = 0,016 387 064 L = 0,014 79 L = 0,004 93 L = 0,003 697 L
Massen
1 ton = 2240 lbs It 1 &ton = 2ooo Ibs Quintal 1 quintal Hundredweight 1 cwt Short hundredweight 1 sh. cwt Slug 1 slug Stone 1 stone = 14 lbs. Pound (international) 1 lb Pound (avoirdupois)(US) 1 lb = 16 oz. Pound (apothecaries' or troy, US) llb=8drams Unze (avoirdupois) (US) 1 02. 1 02. Un7.e (troy) Long ton (VK) Tonne * Short ton (US)
-(apothecaries? Dram (avoirdupois) Pennyweight
Karat Grain Atomare Massenkmstante Masse eines Elektrons
ldram ldram 1 pennyweight 1 ct 1gr l u
= 1016,046 909 kg = lOOO,OOO OOO kg
= 907.184 74 ke = l00kg = 50,802 3 kg = 45,359 2 kg = 14,593 9 kg = 6,350 293 18 kg = 453,592 37 g = 453,592 427 7 g = 373,242 g = 28,349 52 g = 31,103 5 g = 3,888 g = 1,772 g = 1,555 g = 0,2 g = 0,064798 g = 1,660 540 2-10-27kg = 9,109 39-1e3' kg Y
Zeiten
la 1 mo Id l h 1 min
= 365 Tage ( n u fiir Statistiken)
Grad Celsius * Degree Fahrenheit
y°C - 273,16OC ( z O F - 32"F)(5/9)
=xK = yoc
Winkel Winkelgrad* Winkelminute *
lo 1'
= (d180) rad = 1,745 329 2-1W2rad = (1/60)" = (410 800) rad =
Winkelsekunde *
1"
2,908 882.10-4 rad = (1/60)' = (4648 OOO) rad = 4,848 136 6.1@ rad
Jahr Monat Tag stunde * Minute *
Tenperatwen
= 30 Tage ( n u fiir Statistiken) = 24 h = 86400 s = 60 min = 3600 s
=60s
64 1
19. Anhang
Tab. 19-9 Umrechnungen (Fometzung) Name Dichten (1 kg m-3 = 1.
Alte Einheit
= SI-Einheit
g~ m - ~ ) 1 lb/cu.in. 1 oz/cu.in. 1 lb/cu.ft. I Ib/gal US
= 27,679 904 71 g ~ r n - ~
= 1.729 993 853 g ern" = 1.601 846 337.1t2g ~ m - ~ = 7.489 150 454.I w g ~ m - ~
Energien, Albeit. Wiinnemengen (1 J = 1 N in = 1 W s)
1QUad Steinkohleeinheit Coal unit (US) Coal unit (UK) Short ton bituminous coal Kilowattstunde Horsepower hour Cubic foot-atmosphere British thermal unit British thermal unit Literatmosphllre (cgs)
Kalorie,intemationale Kalofie, thermochemische
Elektronenvolt
1 Tonne SKE 1 ton coal 1 toncoal
1T
= 1060PJ
.-.29.31 GI .: 27.92 GJ :. 24.61 GJ .-.26.58 GJ
lkwh = 3.6 h2T ’ 1 hph = 2,685 MJ 1 cu.ftatm. = 2,869 205 kJ 1 BWm.an = 1.055 79 kJ 1BTUm = 1,055056 kJ 1 cu.ftlb(wt)/sq.in. = 195,2378 J
1Lam 1 m kgf 1 calm
lcazh
1 ft-lbf
1 ft-pdl 1 erg 1 eV
= 101.325 0 J = 9,80665 J
= 4,1868 J = 4,184J = 1,355 818 J = 4,215 384 J = 1.10-7J = 0.1 r~ = 1,602 177 33-10-19J
Kr@e
KiloJ3rammloaft Pound force ounce-fcrce PoUndal
Gram force Pond Dyn
1 ft-lbf/in. notch 1 kgf 1 Ibf 1 0z.f. lpdl 1 gf
= 53.378 64 N = 9,80665 N
= 4.448 22 N = 0,2780 N = 0,138255 N
1 dyn
= 9,80665.10-3 N = 9.806 65*1W3N = 1.10-SN
1 Q/cm 1 Ibf/ft 1 dyn/cm
= 14,593 898 N m-l = 1.10-3~ m-1
1P
Lringenbewgene Krqte
= 980,665N m-l
FldchenbewgeneKrrifte, Driicke. mechanische Spannungen (1 MPa = 1 N mm-;l)
Technische Atmosphilre
1 am = 760 ton 1 bar* lat 1 kp/cm2 1 kgf/cm2 1 lbf/sq.in.
Pound-force per square inch
1 psi
ZoU Quecksilber (32OF) ZoU Wassent4ule (39,2OF‘)
1 in.Hg
Physikaiische Atmosphllre
1 in.H20
= 0,101325 MPa
=0,1 MPa = 0,098 065 MPa = 0,098 065 MPa = 0,098065 MPa = 6.894 76.1W3MPa = 6.894 76.1k3MPa = 3,386388-10-3MPa = 249,l Pa
642
SI-Einheiten und IVPAC-Symbole
Tab. 19-9 Umrechnungen (Fortsetzung) Name
Ate Einheit
Fkichenbezogene Krgte (Fometzung) . TOXT i m Millimeter Quecksilbe&iule 1 mm Hg 1 dyn/cm2 Millimeter Wasse&iule 1 mm H2O 1 pdl/sq.ft. Leistungen (1 W = 1 J s-l) Horsepower (boiler) Horsepower (electric) Horsepower (VK) Pferdearke ( m e k h )
= SI-Einheit
= (101 325/760) Pa = 133.322 Pa = 13,5951.9,806 65 Pa = 133,322 Pa = 1.10-5 m a = 9,806 65.lo-6 MPa = 1.488 649.1@ MPa
1 hP 1 hP 1 hP 1 PS 1 BTUh lcal/h
= 9810 W
1 cal/(cm s "C) 1 BTU/(ft h O F ) 1 kcal/(m h "C)
= 418,6 W m-l K-I = 1,731 956 W m-l K-' = 1.162 78 W m-l K-'
1 cal/(cm2 s "c) 1 BTU/(ft2 h OF) 1 kcal/(m2 h "C)
= 4,186 8.104 W m-2 K-l = 5,682 215 W m-2 K-' = 1,163 W m-2 K-l
= 746 W = 145,100 W = 735,499 w = 0,293 275 W = 1,162 222. 1~3w
WSrmeleitfiihigkeiten
Warmeiibergangskoejizienten
LringenbezogeneMassen (Feinheiten = Titer = lineare Dichten) Tex* 1E X = 1 . 1 e k g m-l Demer 1 den = 0,111-1e kg m-l Reissldngen
1 g/den
= 9.ld m
1 gf/den
= 0,082 599 N tex-l= 0,082 599 m2 s2 = 98,06 MPa . (Dichte in g ~ m - ~ )
1P 1 CP
= 0,l Pa s = 1 mPas
Stokes
1 St
= 1-10-4m2s-1
WSnnekapM'tiir Clausius
1 c1
= 1 C & / K= 4,184 J K-'
Entropie-Einheit
1 e.u.
= 1 calh K-' mo1-I = 4,184 J K-' mol-1
ElektrischerLeihvert Reziprokes Ohm
1 mho
=IS
1 V/mil
= 3,937 008-104V rn-l
Spezjfische Reisskrafte
D y m ' s c h e Viskositaten Poise Centipoise Kinematische Viskositaten
Molare Wiirrmekapasitiir
Elehische Feldstcirke
643
19. Anhang
Tab. 19-9 Umrechnungen (Fomtzung) N2llW
Elektrisches Dipolmment
MYe
Alte Einheit
= SI-Einheit
1D
=
Rodiwkrivirtit und w d e Gr6ssen Claie 1 Ci R6ntgen 1R 1 rem lrad
19.2.
Fr cm = 3335 64-10-30 C m (Fr = Franklin)
= 37 GBQ = 2,58*1@ C kg' = 10-2sv = 0.01 J kg' = 0.01 Gy
Verhaltnisse physikalischer Grossen
Normierte Grosse (E: normalized quantity): Wen einer Untergruppe geteilt durch den Wert der Gruppe. Eine nonnierte GrUsse ist stets ein Bruch (E: fraction). Die Summe aller normierten Griissen wird iiblicherweise auf 1 (E: unity) nonniert. Beispiel: der Molenbruch (E = mole fraction) isotaktischer Diaden xi = Ni/N berechnet sich aus der Zahl Ni isotaktischer Diaden und der Zahl N aller Diaden. Da fi& den Molenbruch der syndiotaktischen Diaden analog x, = NJN gilt, erhiilt man xi + x, 1 1. Relative Gr6sse (E: relative quantity): die Werte im m e r und im Nenner gehUren wie bei normierten GrUssen der gleichen Gruppe an; der Wen im NeMer kann jedoch fiir einen beliebigen definierten Zustand gelten. Das Symbol ist stets das Symbol der einzelnen GrUssen, jedoch mit dem Index r. Beispiel: die relative Viskosiat qr = lJql ist das V e w t n i s der Viskosiat q der Usung zur Viskositiit ql des Usungsmittels. Spezifische Griisse (E: specific quantity): auf die Masse der Substanz bezogene physikalische GrUsse. Das Symbol einer spezifischen Griisse ist die Minuskel des Symbols der physikalischen Griisse.Beispiel: spezifische Wiirmekapazitilt c = C/m = WBrmekapazit& C (Wiirme pro Temperatur) dividiert durch die Masse m. Die "spezifische ViskositW ist tram ihres Namens keine spezifische GrUsse. Molare Grosse (E: molar quantity): auf die Stoffmenge bezogene physikalische Griisse. Symbol: Symbol der physikalischen GrUsse mit dem Index m. Beispiel: molare = Schmelzenthalpie AHM dividiert durch die Stoffmenge n. Schmelzenthalpie MM,,,, Reduzierte Griisse (E: reduced quantity): physikalische GrUsse dividiert durch eine andere physikalische Grosse; diese andere Gr6sse muss im Gegensatz zu spezifischen und molaren GrUssen stets angegeben werden. Beispiel: reduzierter osmotischer Druck Ivc = osmotischer Druck I7 dividien durch die Massekonzentration c. Dimensionslose Grosse: Produkt und/oder Quotient verschiedener physikalischer Griissen in der Weise, dass die resultierende physikalische Einheit gleich 1 wird. Beispiel: ) Zugspannung a (2.B. in MPa), Elastizitiitsmodul E (z.B. in Hooke-Zahl He = ~ / ( E Eaus MPa) und Dehnung E (physikalische Einheit 1). Symbole fiir dimensionslose Griissen bestehen stets aus zwei kursiv geschriebenen Buchstaben.
644
19.3. Konzentrationen
19.3. Konzentrationen Konzentrationen messen die Hgufigkeit einer Substanz 1 in allen Substanzen i = 1.2
...
Massenbruch = wl = m l / & mi = m l / m = c l / c = Masse ml der Substanz 1 dividiert durch die Summe der Massen mi aller Substanzen i. Da auf alle Massen das gleiche Schwerefeld wirkt. kann der Massenbruch (E: mass fraction) auch Gewichtsbruch (E: weight fraction) genannt werden. 100 wl = Massenprozent = Gewichtsprozent (Gew.-%). Die amerikanische Literatur venvendet fiir Massenbriiche meist auch "parts per million" (1 ppm = l@ %), "parts per (American) billion" (1 ppb = le7%) und "parts per (American) trillion" (1 ppt = 10-10 %). Volumenbruch = $1 = V & Vi = Volumen der Substanz 1 dividiert durch die Summe der Volumina aller Substanzen i (E: volume fraction). Die Volumina V1. V2 usw. beziehen sich auf die Volumina vor dem Mischprozess. Molenbruch = Stoffmengenanteil = Zahlenbruch = x1 = nl& ni = N l / Z i Ni = Stoffmenge nl der Substanz 1 dividiert durch die Summe der Stoffmengen aller Substanzen i (nl = N ~ / N A (E: ) mole fraction = amount fraction = number fraction). Diese Gr6sse ist keine Molzahl. Der Begriff der Stoffmenge (E: amount of substance) bezieht sich immer auf "Mole", niemals auf Massen (gemessen in Kilogramm) oder Gewichte (gemessen in Newton). Statt "Stoffmenge" wird haufig nur "Menge" venvendet, vor allem in Abkiirzungen. "Stoffmenge" und "Menge" sind nicht synonym mit "Masse".
Massekonzentration = Massendichte = c1 = ml/V = Masse ml der Substanz 1 dividiert durch das Volumen V der Mischung nach dem Mischen (E: mass concentration, mass density). IUPAC empfiehlt y~oder p1 anstelle von c1, doch hat sich c in der Polymerliteratur eingefiihrt und p kann leicht mit dem gleichen Symbol fiir die Dichte einer reinen Substanz 1 venvechselt werden @ I = ml/V1; E: density). Die Massekonzentration wird oft nur Konzentration (E: concentration) genannt. Zahlenkonzentration = Zahlendichte = C1 = N1/V = Zahl N1 der Einheiten der Sorte 1 (Molekule, Gruppen, Atome, Ionen, Teilchen. usw.) pro Volumen V der fertigen Mischung aller Einheiten (E: number concentration, number density). IUPAC empfiehlt als Synonym "concentration", das jedoch meist fiir die Massekonzentration verwendet wird. Stoffmengenkonzentration = Mengenkonzentration = nl/V = Stoffmenge nl der Einheiten der Sorte 1 pro Volumen V der fertigen Mischung aller Einheiten (E: amount concentration). In der Chemie wird fur die Stoffmengenkonzentration fast ausschliesslich das in eckigen Klammem geschriebene Symbol der Substanz venvendet, z.B. das Symbol [MI] f i r die Mengenkonzentration des Monomeren MI. IUPAC empfiehlt das Symbol c1 = nl/V, das jedoch mit dem Symbol fiir die Massenkonzentration venvechselt werden kann. Die Mengenkonzentration wird meist Molkonzentration (E: mole concentration) oder Molaritat (E: molanty) genannt und durch M symbolisiert. Das Symbol M wird jedoch nicht von IUPAC empfohlen und sollte nicht mit einem SI-Prafix verwendet werden (also nicht mM fiir eine Mengenkonzentration in "millimol" pro Liter). Molalitat eines Gelosten = a1 = nl/m2 = Stoffmenge der Substanz 1 pro Masse des Usungsmittels 2. Molalitiiten (E: molalities) erhalten oft das Symbol m, das jedoch nicht fiir die Einheit der Molalit2t (mol kg-l) venvendet werden sollte.
645
19. Anhang
19.4.
Abkurzungen fur Kunststoffe, Fasern, Elastomere usw.
Im vorliegenden Band I1 werden gelegentlich Abkurzungen von Namen von Polymeren, Fasem, Elastomeren usw. verwendet, die nachfolgend zusammengestellt sind. AusfUhrlichere Listen aller von den verschiedenen Organisationen vorgeschlagenen Kurzbezeichnungen finden sich in Band IV.
ABS
Schlagfester Kunststoff auf Basis Acrylnitril + Butadien + Styrol
BR DNA EP HDPE HIPS IPN
Poly(butadien)-Kautschuk (E: butadiene rubber)
IR LDPE LLDPE
NR PA
PB PBI PBT
Pc PDMS PE PE-HD PEOX PET PIB PMMA POM PP
Ps
m PUR PVAC PVAL PVC SAN
DesoxyribonucleinsWe (E: deoxyribonucleic acid) Epoxid-Harz Poly(ethy1en) hoher Dichte (E: high-density poly(ethy1ene)) Poly(styro1) mit hoher Schlagzitbigkeit (E: high-impact poly(styrene)) Durchdringungsnetzwerk (E: interpenetrating polymer network) Synthetisches cis-1,4-P0ly(isopren) ("isoprene rubber") Poly(ethy1en) niedriger Dichte (E: low-density poly(ethy1ene)) Lineares Poly(ethy1en) niedriger Dichte (E: linear low-density poly(ethylene)) Naturkautschuk (E: natural rubber) Polyamid. Die Ankurzung PA w i d gewohnlich von Zahlen und/oder Buchstaben gefolgt. Eine einzelne Ziffer weist auf ein Polyamid aus einer a,wAminos2ure oder aus deren Lactam aus i Kohlenstoffatomen in der aliphatischen Kette hin. Eine Kombination von zwei Zahlen zeigt Polyamide aus einem Diamin (Anzahl der Methylengruppen) und einer Dicarbonslure (Anzahlder Kohlenstoffatome in der Kette) an; beide Zahlen werden manchmal durch einen Punkt getrennt (2.B. PA 66 oder PA 6.6). Poly( 1-buten) Polybenzimidazol Poly(butylenterephthalat) Polycarbonat Poly(dimethylsi1oxan) Poly(ethylen), PE-HD mit hoher Dichte, PE-LD mit niedriger Dichte Poly(ethy1en) mit hoher Dichte Poly(ethy1enoxid) Poly(ethy1enterephthalat) Poly(isobut(y1)en) Poly(methylmethacry1at) Poly(oxymethy1en) = Poly(f0rmaldehyd) Poly(propy1en) Poly(styrol) Poly(tetrafluorethy1en) Pol yurethan Poly(viny1acetat) Poly(vinylalkoho1) Poly(viny1chlorid) Thermoplastisches Copolymer aus Styrol und Acrylnitril
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Sachregister
Sachregister Die Umlaute 1. 6,u und iu wurden wie die nichtumgelauteten Stichworte a, 0, u und au behandeit, jedoch nach ihnen angeordnet. Wone, die sowohl rnit "ph" als auch rnit "f' geschrieben werden k6nnen (wie z.B. Photo/Foto), wurden stets rnit " p h geschrieben. Bei Schreibweisen rnit c oder k wurde bei Namen chemischer Verbindungen die wissenschaftliche Schreibweise vorgezogen (2.B. Glycogen und nicht Glykogen. Cellulose und nicht Zellulose). Bei anderen Worten rnit c bzw. k wurde entweder die gebriiuchlichste Form benutzt (2.B. Viskositit und nicht Viscositit) oder im Interesse der Homogenitit eine einheitliche Schreibweise gew2hlt (z.B. covalent, statt wie meist ublich "kovalent". weil man auch Copolymerisation schreibt und nicht mehr Kopolymerisation). Bindestriche wurden nicht beriicksichtigt. da manche W6rter mit oder ohne Bindesuich geschrieben werden ktinnen. Im Ubrigen wurde eine Rechtschreibung nach den neuen Regeln vom 1. Juli 1996 angestrebt, jedoch mit einer Ausnahme: das "6" wurde nach guter alter (und weiterhin gut geheissener) Schweizer Sitte konsequent als "ss" geschrieben. Bei der Anordnung der Stichworte wurden bei Begriffen aus Adjektiven und Substantiven die Adjektive rnit wenigen Ausnahmen hinter den Substantiven angeordnet (Beispiel: "osmotischer Druck, siehe "Druck. osmotischer". Die zur n2heren Kennzeichnung chemischer Vezbiidungen verwendeten Pr'dfixes 2-, 3-, u-. m-, p-, D-, L- ,N-,a-,j?-.it-, stusw. wurden bei der alphabetischen Anordnung nicht beriicksichtigt. Bei Copolymerisationen wurde der Name der Monomeren in alphabetischer Reihenfolge aufgefiihrt, und zwar ohne Riicksicht auf die Majoritats- oder Pluralititskomponente. Die Abkiirzungen bedeuten: anion. CoPM Def. ff.
= anionisch(e) = Copolymerisation = Definition = folgend(e)
G1. = Gleichung kat. = kationisch(e) MS = Monomersynthese PK = Polykondensation
PM = Polymerisation rad. = radikalisch(e) Vbdg. = Verbindung(en) ZN = Ziegler-Natta
Die Zahlen geben die Seiten an,auf der das Stichwort e n v w t ist oder seine Behandlung beginnt. Weiterftihrende Literatur wurde nicht in das Sachregister aufgenommen. Sie befindet sich stets am Ende jedes Kapitels. 3-Parameter-Modelle 590 100 %-MOdUl 522,568 100 %-Sekantenmodul 568 300%-Modd 522
ABS 649 Abschirmliinge 181,378 Absorptionskoeffuient, Strahlung 139 Abfilung, exakte 124 Acetadasem, Verbrauch 1 Acetylen, Konstitution 7 AchsenverMrnis. Def. 73 Adh&ive,Verbrauch 1 Adsorption 281 ff. -,Gleichgewicht 284 Zeitabbgigkeit 285
-.
Adsorptionskoeffiuient,selektiver 147 AFM 269,551 Aggregation 336 AH-Salz. Konstitution 5 Aktiviut. optische 52 ff. -,-,Temperaturabhtingigkeit 55.61 Alkane. Aktiviclt, optische 56 -,Einloistalle 202 -,Konformation 44 -,Schmelztemperatur 439,442,444 Allomerie 198 AMBER-Kraftfeld 128 Amidbande, IR-Spektmskopie 52 Ammoniumsalze, Rotationsumwandlung 428 Amphotropie 236 Amplitude 596
Sachregister
mu 16 Amylose, Kettenflexibilitilt 89 -,Konformation 49 Analyse. dynamisch-mechanische 430 -,thmomechanische 430-431 Anelastizitik 600 Anstrichmittel 505 Anti, Konformarion 42 AnWinal.Def. 198 Antikooperativitllt 61 Antithixotropie 505 Apfelaure, optische Aktiviriit 55 Apphyllit 11 Aquatorialreflex 192 Arbeit, Einheit 551 Argon-Haward-Gleichung 582 Arrhenius-Gl.. Viskositilt 399,423 Asphalt 242 Assmiate 236 Assoziation 336ff. geschlossene 339 -,offene 336 ff. Assoziationsindex 340 Ataktiziw 15 Atom,chirales 13 Atommasse.Def. 16 Atommassen-Einheit 16 Atomradien 129,187 ATR-IR 269 Aufweitungsfaktor. IWuel 102 Ausdehnung, thermische 432 Ausdehungskoeftizht 427 -,kubischer 427,432,453
-.
-,hearer 427.433
-.
Werte 445 Ausf;ulung. ionotrope 380 Austauschenergie 282,297 Autokorrelationsfunktion 366 Avo-Konstante 638 Avrami-Gl. 213
Baker-William~-Methode315 Bandvislrosimeter 495 Barrierunit 480 Baniere-Kunststoff 482 Bauholz,Verbrauch 1 Baumann-Kurata-Stockmayer-Gleichung108 Baumwolle. Kristallinitllt 227 -.Verbrauch 1 -,Weichmachung 462 Baur-Modell 443 Beaman-Boyer-Regel 455 Beanspruchung, dynamische 595 ff. Beer'schesGesea 139 B e h i n h ~ e i 89-90 e ~ Beneabarkeit 272 -,Zeiteffekte 273 ff. Bernoulli-Verteilung. TaktiiiHt 15 Bwgung, Def. (Strahlen) 190
647 Beweglichkeit, elektmphoretische 392 Bewegung. thermische 363,365,367 Biegemoduln 527 Biegeversuch 612 Biegung, Def. 491 Bindung. kooperative 345 Bindungshge, effektive 75-76,85 Bindungswinkel 75 Bingham-KOW 505 Binodale 311 BIPM 638 Bipolymer. altemierendes, Def. 8 -,Mittelwerte d a Molmassen 26 -,periodische~.Def. 8 -,segmentiertes. Def. 8 -,statistisches. Def. 8 Bjemun-Unge 404 Blends, s. Polymerblends Blobs 180 -,(von)Biirsten 286 -,in Kristallen 200 -,Viskositi4t 404 Blockcopolymere. Def. 8 Blockpolymere 236.257 -.Adsorption 286 -.Assoziation 342 Domiinen 258 ff. -,Lsgn.,Obefflkhenspannung 276 -,lyotrope Seukturen 262 ff. thermotrope Strukturen 257 ff. Blockzahl 27 Bohdanecky-G1. 419 Boltzmannsches Superpositionsprinzip 593 Bolzenfidmethode 630 Born-Methode 542 Boyer-Simha-Regel 453 Boyle-Temperatur 294.328 BR 645 Bragg. W.H. und W.L. 190 Bragg'sches Geserz 190 Bravais-Gitter 186 Brechungsindexinkrement,Def. 141 Brennholz. Verbrauch 1 Brillouin-Streuung 436 Brown'sche Bewegung 66,363,365,366 Brown'sche Dynamik 125 Brown'sche Kate 12G121 Bruch 611ff. -,duktiler 611 -,Einleitung des 618 -, 611 Bruchdehnung 520 -,Einfluss der Verarbeitung 613 Bruchziihigkeit 627,629 Bungenberg de Jong-Gl. 399.423 Bureau International des Poids et Mesures 634 Burgers-Modell 591 ff. BUrsten.Def. 285
-. -.
648 -,Rheologie 289 Butadien, Konstitution 7 Butan, Konformationen 41-43 Buten, 1-, Konstitution 7 Butylkautschuk 481
Cabannes-Faktor 142 CAMPUS" 518 -,Zugversuch 526
Cannon-Fenske-Viskosimeter,s. Band I Carboxypeptidase, Konformation 57 Canageenan, Konformation 49 C~ITIXU-GI. 507 CAS 7 CAS Registry Number 7 Cauchy-Dehnung 493,570 CD-SPktrum 53 Cellulose(2 112)acetaL Benetzbarkeit 278 Cellulose, Benetzbarkeit 278 -,Dimensionen 101 -,Kettenflexibiliat 89 -,Kristalliniatsgrad 224 -,Verbmuch 1 -,Weichmachung 462 C F F P 1 - M e i d 128 Charakteristisches Verhdtnis 89 ff. CHARMM-Kraftfeld 128 Charpy-Kerbschlagi%h;?higkeit630 Chemisches Potential 293 ff., 309 -,Fliissigkristalle 247 -,Gele 355 -,Knlluelmolekule 309 -,LBsungsmittel 247 -,Stiibchenmolekule 247 Chiralim 12 Cholesterisch 240 Chymotrypsin, a-,Konformation 57 CIPM 638 Cis, Konformation 42 Clausius-Mosotti-GI. 141 Cluster-Integral. bi&es 102 Coarse-gmining 122 Cochius-Rohr 497 Cornit6 International des Poids et Mesures 634 Compton-Streuung 192 Condis-Kristall 235 Consi&e-Diagramm 57 1 Copolymere, Def. 5 , 8 -,Fdlfraktionierung -,Lichtstreuung 144 -,s.a. Bipolymere -,Schmelztemperatur 443,447 Cosinus-Regel 132 Cotton-Effekt 53 Cotton-Mouton-Effekt 380 Couchman-Theorie 464 Couette-Viskosimeter 397 covalenzradien 129,187
Sachregister Craze 521,578 ff. Cross-Gleichung 507 Curie-Punkt 428 Cyclobutan, Konformation 44 Cyclohexan, Konformation 44 Cyclus 188 Da 16 Dalton 16 Darnpfdruckosmometrie 325 Darcy-Gesetz 387,485 Dauerfestigkeit 633 DDLK 430 DDTK 430 DDWK 430 Debora-Zahl, Diffusion 483 -,mechanische Eigenschaften 588 Debye, Peter J. 95 Debye-Bereich, Def. 138 Debye-Bueche-Theorie 371 Debye-Gleichung, Lichtstreuung 1 6 -,mechanische Eigenschaften 600 Debye-Schemr-Vdahren 191 Deckschicht, in Faltungsmizellen 202 Deformation, alternierende 608 -,isotrope Korper 540 -,s.a. Verformung -,Typen 491 Deformationstensor 536 Deformationszone 578 Dehnabbau 514 Dehnfluss, Wirkung 494 Dehngeschwindigkeit,Def. 492 ff. Dehnspannung, Def. 570 Dehnung, Def. 491 ff. -,nominelle 510, 520 -,wahre 520,570 Dehnungsinvariante 561 Dehnverformung 535 Dehnviskosimeter 510 Dehnviskositiit 509 ff. -,Def. 492,494 Dekrement, logarithmisches 598 Dendrimere,Def. 9 -,Dimensionalit;it 121 -,3.5-Dioxybenzyliden-, Grenzviskosiatszahlen 418,421 -,Glastemperatur 459 -,Streufunktion 162, 165 -,Tr'dgheitsradien 115 -,Verzweigungsparameter 115 -,Viskositiitszahlen 399,421 Dendrite 217-219 Desorientiemngsentpie 308 Desoxyribonuc1einss;uren 11 -,Dimensionen 101 -,Grenzviskosiatszahlen 41 1 -,Helices, Drehsinn 52 -,Kettenflexibiliaten 89
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Sachregister
-,K n a e l 76 -,Konformationen 49 -,Usungen 67-68 -,Mesophasen 240 -,Trtlgheitsadien 72 Detergeatien. polymere 257 Deviatorspannung, Def. 535 Diade, konformative 42 -.taktische 14 Dialysegleichgewicht 146 Diamant 11 Diastemere,Def. 12 Diblockmpolymere, Def. 8 Diblockpolymere. Assoziation 342 Dichlorethan, 1,2-, Konfonnation 45 Dichte, amoqhe Polymere 172 -,Def, 648 -,FestkOxper 524 -,f a t e P O l y m e ~225 Dichtegradimtenrohr 225 Dichtekrktallinitiit 225 Diedewinkel, Def. 41 D i f € e € e n t i a l - T y s e 430-431 DitTerenz-Leistungs-Kalorimetrie, dynamische 430 Differenz-Temperaau-Kalorimetrie. dynamische 430 Differem-Whnestmrn-Kalorimetrie, dynamische 430 Diffusion. anomale 484 -,Lclsungen 363 ff. -,Reibungskoeffizienten 368 -,viskcelastische 484 Diffusionskoeffizienten 363 ff., 373 ff. -,bin& 364 -,gemeinsame 364 -,Konz.-Abhhgigkeit 376 -,Mittelwerte 36,366-367
DooIittle-G1. 465 Doppelbrechung, elekeische 436 optische 228.380 Doppelhelix 11 -,Vorkommen 49 Doppelleiterkette 11 Doppler-EfFekt 367 Drehachse 188 Drehinversion 188 Drehkrktallvedahn~191 Drehspiegelung 188 Drehung, optische 53 DFUIDING-Kraftfeld 128 Druck, osmotischet 321 ff., 351 ff. hudeGleichung 55 DSC 430 DTA 430 Dugdale-Modell 628,632 Duktilitiit 530 Durchspiilung 414 Duroplaste, Def. 2, 11 -,mechanische Eigenschaften 532 reversible 265 Dynamisch-mechanischeAnalyse 430-43 1 Dynstat-Methode 630
Digyre 188 Diiam 504 Dimensionen. fraktale 119,375 -,geometrische 118 - . ~ n g e ~ @ r t86 e Dirac-Delta-Funktion 103 Disilan. Konfonnation 44 Diskotisch 237 Dispersionskonsrante, optische 55 Dispersitiit, Def. 6 Dissymmetrie 188 -,Lichtstreuung 149 Ditaktisch 14 D,L-System 13 DMA 430 DNA 645 h i - E d w a r d s - W e 474 - . S W h e n 410 Domb-Bamtt-Gleichung 104 Donnan-Gleichgewicht, Nichtelektrolyte 323 -,Polyelektrolyte 352
-,SI 634
-.
-.
Ebullioskopie 324 EEA Copolymefl 264 EGA 430 EhrenfestGl. 428 Eigenschaften. Mittelwerte 23 thermische 426 ff. Einfriertemperatur 454 Einheiten. abgeleitete 634 -,angelskhsische 634 -,britische 634 -.Imperial 634 -,physikalische, Def. 634
-.
-,Umrechnung 639 -.US 634 -,veraltete, Umrechnung 639 ff. Einheitlichkeit, Def. 6 Einheitszelle 198 ff. Einkristall 200.202 Einkristallverfahren 191 Einphasen-Model1 223 Einstein-Funktion 434 Einstein-G1. 407 Einstein-Radius 177,407.414 Einstein-Smoluchowsk-G1. 364 Einstein-Temperatur 434 Eisen, knekbarkeit 278 Elastizit!U 551 ff. -,Def. 491 -,Fede1modell585 mechanische 530 Elastizitiitsgenze 569 Elastizitiitskoeffizient 597
-.
650 Elastiziti4tsmodul 522 -,Def. 493,568 -,reale€ 544 ElastiziWtheorie,lineare 534 ff. Elastomere, Abkihungen 645 -,Def. 2, 11 -,Dehnung, biaxiale 561 -,Dehnung. uniaxiale 559 -,energieelastische 550 -,mechanisches Verhalten 529,532 -,NmaSabkiirzWgen 645 -,Permeation von Gasen 482 -,themoplastische 257,259 -,thermoplastische, Def. 2 -,-,mechanisches Verhalten 529 -,-,Ve€huch 1 -,-,Zugmodul 525 -,Verbmuch 1 -,Verformung 549 ff. -,Zugfestigkeit 614 Elektmnenstrahl 189 Elektrophorese 392 Elektmtauchlackierung 392 Elementanelle 186 -,Volumen 187 Ellipsoide 73 Reibungskoeffuienten 368 -,Rotationskoeffzienten 382 -,Stokes-Radius 389 -,Tr@heimdius 71-73 -,Viskosiat 408 Elliptiziut 53 Embryon 207 Enantiomere. Def. 12 Enantiomaphie 198 Enantiotropie 449 Endgruppe.Def. 5 Energie, Einheit 551 -,innere 293 Energie-Elastizir2lt 532 ff., 551 Energieminimierung 126 Enthalpie, Def. 427 Entmischungstemperatur, kritische 333 Entropie. Def. 427 Entropie-Elastizitat 549 ff. -,Modelle 556 ff. -,Moleklile 551 -,Substanzen 552 ff. -,Thermodynamik, chemische 552 -, statistische 555 Enzymmolekiile, Dimensionaliat 121 EP 649 Epitaxie 217 Equation-of-state-Theorien310 ErgWungseinheit 634 Ersatz-Muel 91 Enveichungstemperatur 454 ESCA 269 ESR-Messungen, Relaxation durch 436
-.
-.
Sachregister Ethan, Konformation 41-44 Ethen, Konformation 44 -,Konstitution 7 Ethyleneinheit 5 Exciton 222 Expansionsfaktor, M u e l 102 Expanent(4)-Potenrial 129 Exponentenmittel 21.405 -,Schmelzeviskositiit 497 Exponential, gestrecktes 36,214 Exponentialfunktion, gestreckte 387 Exponentialverteilung 36 Extinktionswinkel 381 Eyring-GI. 77 Eyring-Theorie, SchmelzeviskositAt 498 Fadenendenabstand 77 ff. -,gestreckte Keae 76 -,Phantomkeae 131 -,Segment-Keae 83 -,Verteilung 97.133 Faktor, sterischer 89 Fdlfraktionierung 313,316 Faltblattstruktur 196 Falte, in Kristallen 203 Faltungsliinge, aus TEA441 -,kxitische 210 Faltungsmizelle 201 ff. Faserdiagmnm 192 Fasem, Abkiinungen der Namen 645 -,Bmch 620 -,Def. 2 -,elastomere, Def. 2 -,synthetische, Verbrauch 1 technische 241 -,Verbrauch 1 - , Z ~ g m o d ~526 l Feder-Konstante 287 Feder-Perle-Modell 370 -,ViskosiCLt, Lsg. 414 Fehlstellen 222 Fernmagnetismus 428 Festigkeit 530,624 ff. Festkisrper, Def. 170,491 -,dynamischer Modul 602 hearer Standard- 590 -,viskoelastischer 590 Fick'sche Gesetze 365 Filme, Herstellung 24 1 -,Streckdehnung 579 Fhdlay-Gesetz 592 Flkhe, oktaedrische 576 Fl2chenpoIymer 11 Fliessbereich, Thermoplaste 578 Fliessexponent 507 Fliessgesetz 507 Fliessgrenze 520 -,molekulare Ursache 572 Fliesskriterium, Zugversuch 576
-.
-.
65I
Sachregister Fliesskurve 506 Fliesspunkt 575 -,Thermoplaste 583 Fliessspannung 520 Flory-Exponent 107 -,alsMassenfraktal 121 Flory-Funktion. KnUelaufweitung 104 Flary-Huggins-Theone 304 Flory-Huggins-Wechselwirkungsparameter 305
FI~ry-K~nstante 415 -,Teilchenformen 423 Flory-Mandelkm-Invariante 389 Flow-Theone. LCP.Phasenmnnung 243 nOr;-verteilAg 38 Flory-Vrij-Gl. 443 Flotation 383 ff. FlUidiULDef. 493 Fluktuationsvolumen 173 Fluoreszenz. polarisierte 231 Fluss. kalter 520,589 -,strukturierter 379 Fliissigkeiten, Newton'sche 395 -,Permeation in Polymeren 483 -,viskoelastische 589 Fliissigkeitsdynamik 370 FlUssigkeitsmechanik 370 Fliissigkristalle, amphotrope 25 1 -,chemische Potentiale 247 -,Def. 235 -,Entdeckung 265 -,Kuhn-mge 245 -,lyotrope 240 ff. -,-,Phasenmnnung 248 -,polymere. Entdeckung 265 -,s.a. Mesophasen -,SchwZLrme 237 -,Stoff~~~t&& 448 -,thermotrope 252 ff. -,Umwandlungsenthalpie 450 Umwandlungsentropie 451 Folienpolymer 11 Ford-Beck 497 Formaldehyd, Konstitution 7 Formdoppelbrechung 228 Fox-Flory-G1. 454 Fox-G1. 462 FOx-LoShaelt-Gl. 460 Fraktale 118 ff. Fraktionierung 30,313 ff. Fransenmizelle, Def. 199 ff. Frenkel-Modell (Fliessgrenze) 572 FuOS-Gl. 402,404.423
-.
Gaidos-Darby-Gl. 507 Gaschromatographie, inverse 432 Gasevolutions-Analyse 430 Gauche-Effekt 44.51,195 Gauche-Konformation 42 Gauss-Funktion 95
Gauss-Verteilung 31 Gele 336.354 ff. -,chemische 355-357 -,physikalische 358 Gelfiltration 487
Gelpermeationschromatograptographie 487 Gelphase 313.319 Generalisierte Expentialverteilung 36 Generation,Dendrimere 9 Geschlossene Assoziation 336,339 ff. Geschwindigkeitsgefdle. Def. 493 -,Kapillarviskosimetrie 496 Geschwindigkeitsgradient.Def. 493 Gestalt-Fakm 369 Gewicht, statistisches 17-18 Gewichtsbruch, Def. 19,648 Gibbs-Duhem-Gleichung 294 Gibbs-Energie. Def. 427 -,Diblockpolymere 259 -, LOsungen 262 ff. partielle molare (Lsg.) 293 Gibbs-Mischungsenergie 308 -,Polyelekmlyte 353 Gibbs-Oberfkhenenergie 272 Gibbs-Phasengesetz 321 Gibbs-Thomsen-G1. 441 Gitter. hyperkubisches 81 Gitterdefekt 222 Gitterkonstanten 193 ff. -,Def. 186 Gittermethoden 123 Gittermodelle 123 Gittermoduln 528 ff. Giaerpolymere 11 Gitterstruktur 195 ff. -,Kristalle 185 Gittertheorie 304 ff., 328 ff. -,dynamische 542 -,LCP-Phasentrenung 243 -,L(lsungen 304 Glas, Benetzbarkeit 273 ff. Glaskeramik 119 Glastemperatur 170,452 ff. -,Def. 426,454 -,dynamische 465 -,Einfluss der Kristallinim 455 -,statkche 465 Glasiibergang 452 ff. -,Segmentliinge 439 Glasiibergangstemperatur, Lkf. 426 -,s. Glastemperatur Gleitmodul, Def. 492 ff. Gleitspiegeldrehung 188 Glycogen, Assoziation 408 Gordon-Taylor-Theorie 463 GPC 487 Graderwm 497 Gradientenbipolymer, Def. 8 Gradzahl 497
-.-.
652 GramicidinA 486 Graphit 11 G r e e h e , D e f . 268 Gremikhenenergie 277 Gmzflkhenspannung 271 ff. Grenzviskositihzahl 3% -,Kugeln 407 -,Mittelwert 405 -.St&chen 410 -,Taktizitlirseinfluss 422 Griffith-GI. 616,632 Griffith-Theorie 615 ff. GrOsse. dimensionslose 643 -,molare 643 -,normierte 643 -,physikalische 634.643 -,physikalische, Verhiiltnis von 643 -.reduzierte 643 -,relative 643 -,spezitiihe 643 Grl)ssenausschlusschromatographie487 Grundbaustein, Def. 5 Grundeinheit, physikalische 634 Grundgtllsse, physikalische 634 G N ~ ~ t - M & d t 123 X I Guinier-Bereich 154 Guinier-Gleichung 161 Gummen, Vehrauch 1 Gummi, Elastiziut 551 -,Moduln 568 Gummi-Elastizit& Modell, affines 556 Hagen-Poiseuille'sches Gesetz 496 Halo 192 Halsbildung 519,571,575 Hihoglobin 345 Hantel, elastische (Modell) 125 Harze.Verbrauch 1 HBufigkeitsverteilung 29 Hauptachse, Def. 189 Hauptdrehachse, Def. 189 Hausdorff-Dimension 119 HDPE 418,645 HDT 432 Heatdeflection 432 Heatdistortion 432 Helium, Lambda-Urnwandlung 428 Helix,Def. 47 -,Drehsinn 49 -,Entdeckung 23 1 -,Gihgigkeit 49.52 -,Msungen von 68 -,optische Aktiviut 55 Helmholtz-Energie 293 Hencky-Dehnung 510,520,570 Henry'sches Gesetz 479 Hemans-Orientierungsfunktion 227,265 Hetemkette, Def. 6 Hetemtaktizitiit 14
Sachregister
Hexagonal, Def. 186 Hexaphenylen, p- 252 Hildebrand-Einheit, Def. 295 HIPS 645 Hoffman-Weeks-GI. 441 Hohlkugeln 71-73 Hob,Verbrauch 1 Holzkohle, Verbrauch 1 Hornokette. Def. 6 Hooke-GI. 521 -,generalisierte 533 Hooke-Zahl 620 Hooke'scher Klirper 491 Hodre'sches Gesetz 521 HOppler-Viskosimeter 497 HugghS-Gl. 400,424 HW-Theorie 104 Hyalumndure, Na-Salz, [q] 423 Hydrodynamik 370 Hydrogele 354 Hydrophob-Komplex 346 Hydroxypentan, meso-2,4-, Konformation 45 Hydroxypropylcellulose 24 1 Dimensionen 101 Hyperkubus 81 Hyperverzweigung, Def. 9
-.
Identiat, Symmetrieoperation 187 ff. Identitiitspenode, helicale 48 IEC 637 Imogolite, Dimensionen 101 Trsgheitsradius 72 ViskosiCit 41 1 Infrarotdichroismus 230 Infrarotspekmskopie,Kristalle 226 Ingenieurgrtissen, mechanische 536 Inglis-Gleichung 615 Intensitiit, Sfrahlung, Def. 139 Intercalate 300 International Electmtechnical Commission 637 International Srandardization Organization 634 Inversion, Symmetrieoperation 188 Ionenaggregat 351 Ionenrnultiplett, Def. 264 Ionenpaar,Def. 264 Ionenradius 129,187 Ionenschwm, Def. 264 Ionentriplett, Def. 264 Ionentropfen, Def. 264 Ionomere 236,264 ff. -,GIaStemperatU 459 Ionotropie 380 IPN 645 IR (Polymer) 645 R-Kristallinitlitsgrad 226 Mug-Ketk 80 Irwin-Orowan-GI. 625,632 Ising-Kette 86 I S 0 634
-.-.
Sachregister
IsokIinal,Def. 198 Isomere,Def. 12 -,geometrische, Def. 12 Isomorphie 198 IsotaktiziW 14 Isotropie 540 -,transversale 538 Lwtropisierungstemperatur 241,255.449 sa.Kktemperatur
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ISS 269 IUB 634 IUPAC 7.634 IUPAC-Symbole 634 ff. IUPAP 634 Izod-Kexbschlagziihigkeit630 Izod-Methode 630
Jog 222 Kalamitisch 237 Kalibrierung, universelle 488 Kalorimetrie 226 Kammmolekiile, s. Kammpolymere Kammpolymere, Def. 10 -,Streufunktion 159 -,Grenzviskositiiwahlen 418,422 Kapillarviskosimeter 396,4% Kautschuke, synthetische, Verbrauch 1
Kegel-Platte-Viskosimetex3%. 496 Keimbildner 2Q9 Keimbildung 207 ff., 213 ff. Kennwert, mechanischer 517 Keramik 119 Kexbschlagziihigkeit 630 ff. Ke~bzugversuche625 Km-Effekt 380,436 Ketchup 505 Ketten, flexible 89 -,gefesselte 285 -,helicale wmmrtige 101. 104 ff. -,lineare,Def. 8 -,-,Glastemperatur 456 -,primitive 474 -,Querschnittsflilche 194 -,semiflexible 99 -,-,Kuhn-Ltlnge 246 -,steife 99 ff. -,wurmartige 98 ff. -,-,s.a Polymere, wurmartige -, Streufunktion 156-157.163 -,-,hlappungskmentrarion 303 Kettenatom.Def. 5 Kettenfaltung 200.442 -,Entdeckung 200.232 Kettenglied,Def. 5 K e v W 549 -,Mes~phase241 Kieselgel 354 Kinke 222
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653
Kirchhoff-Dehnmg 570 Kitkwood-Riseman-Gl. 372 Kitkwood-Riseman-Modell 125,371 ff. Kirkwood-Riseman-T, S W h e n 410 -.Viskosit& 414 -,Zimm-Korrektur 4 16 W m p e r a t u r 255,449 Klotz-Gleichung 344 KMHS-GI. 405 -el, tiquivalente Kugel 79 -,Aufweitungsfaktor 102 -,ausgeschlossenes Volumen 79 -,Def. 77 -,Dichte 94 -,Diffusion, semikonzentrierte Lsg. 377 -,Diffusionskoeffdent 375 Durchdringung in Schmelzen 175 -,DurchSpiilUng 371,414 -,Expansionsfaktor 102 -,Fliessdefonnationen 494 -,Gestalt 78 -,gestilrte 79, 101 ff. -,-,Grenzviskosifltszahlen 416 -,Hausdorff-Dimension 121 -,helicale Segmente in 67-69 -,hydrodynamische Radien 414,416 -,Kollaps 111,120 -,Modelle 80 ff. -,optische Aktiviflt 55 -,Permeabiiifltskoeffiiient 387 -,SCLcP 254 -,statistische, Def. 77 -, Seeufunktion 154 -,Stokes-Radius 389 -,Streufunktion 155-157 -,Trtigheitsradius 73 -,-,T-AbhMgigkeit 175, 177. 181 -,fJberlappmgskonzentration 176,303 Ungesmrte 75.79 -,-,Seeufunktion 163 -,Grenzviskositiitszahlen 411 ff. -,Verhakung 386 Kniluelmolekiile,s. M u e l Koatervatim 313 Koeffiient, osmotischer 350 -,phomenologischer 323 spannungsoptischer 229 Koexistenzkume 313 Koh%ionsenergiedichte 295 Koks 242 Kollagen. Konfomation 49 Kolloide, Sol-Gel-Prozesse 119 Kombinationsentropie 307 Komplexe, Bildung 336,343,345 -,Polymer-Mikromolekil 343 Polymer-Polymer 345 Komplianz 522 KompressibiliCU 522 isotherme kubische 427
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654 Kompssion 597 -,Def. 491
Kompressionskoeffdenten,We& 445 Kompressionsmodul 522,541 Kompressionsnachgiebigkeit522 Konfiguration 12 ff. -,absolute 13 Konfigurationsentropie 307 Konfigurationsisomere, Def. 12 Konfigurationsstatistik 13 Konformation 40 ff. Einfluss dex chemischen Struktur 49 -,ideale 42 -,Konstitutionseinfluss 44 ff. -,lokale 41-42 -,sa.Makrokonfonnation Urnwandlung 60 ff. Konformationsenergie 43 Konformationsisomere 42 Def. 13 Konformationswinkel, Def. 41 Konformer 42.44 Konstanten. fundamentale 642 konnektive 82 -,optische, Lichtstreuung 142 Konstitution 4 ff. Konstitutionsisomere, Def. 12 Konstitutionsnamen 7 Kontaktwinkel. Def. 272 Konturhge, Def. 75 Konzenmtion. Def. 644 -,kritische 176 ff., 303 Kwperativi&. Konformationsumwandlung 61-64 Kopf-Kopf-Struktur 7 Kopf-Schwm-Struktur 7 Kopplungsgrad, radikalische PM 35 Korper, euklidische 70 ff. -,ideal-elastische 551 -,ismope 540 -,onentiem, mechanische Eigenschaften 538 -,plastische 505 Korrelationslange 181,377,387 -,s.a. Abschirmlhge 378 Kraemer-GI. 400 KrafLEinheit 551 Kraftfeld, atomistisches 126 -,mittleres (molekulares) 106 W e l d - F l u s s f i e r u n g 391 Kraftmikroskopie 269,55 1 Kratky-Diagramm 157,158,163,164,167 M y - P a d - K e t t e 99 Kriechversuch 589 ff., 592 -,Craze-Bildung 580 Kristall.Def. 185 Dichte-Messung 225 gestrecktkettiger 204,220 -,IR-Spektroskopie 226 konformativ-ungeordneter 235 -,plastischer 235
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Sachregister
-,Rontgenographie 225 -,Symmetrie 187 -,System 186 Kristallbrllcke 203.205 Kristalle, Gitterstruktur 185 KristalliniCit 185 ff.. 221 ff. KristallinitZItsgrad,Def. 223 ff. Kristallisation 206 ff. -,ausLsgn. 209 -,Energie 210 -,Fliessprozesse bei 220 -,Geschwindigkeit 212 ff.. 215 Kristallisierbarkeit 221 Kristallitslruktur 199 ff. Kristallsolvate 300 Kristallsystem 186 Kryoskopie 324 Kubin-Verteilung 36 Kubisch, Def. 186 Kugelmolekiil 11 Kugeln 71 ff. -,iQu.ivalente 79 -,Diffusionskoeff~enten373 -,Einstein-Radius 389 -,Gitterstruktur 260 -,hydrodynamisch Muivalente 407 -,raue 166 -,Reibungskoeffuienten 368-373 -,Rotationskoeffuient 382 -,Stokes-Radien 389 -,Streufunktion 153,158 -,Tagheitsradien 7 1,407 Kuhn-Keae 120 K u h n - h g e 91 -,Einfluss auf LCP-Phasentrennung 245 -,semi-flexible Molekiile 246 Kuhn-Mark-Houwink-Sakmda-Gl. 405 Kuhn’sches Ersatz-Knauel 91 Kumulanf, erster 366 Kunststoffe, Abkiirzungen 645 -,Def. 2 -,Namensabkiirzungen 645 -,Permeation von Gasen 482 -,Verbrauch 1 -,W h e k a p a z i a t 434 Kurzkettenvenweigung 10 KurzperiodiziUt 199 Lackierung, elektrophoretische 392
LALLS 142 LamC-Kon~tante524 Lamelle, Gitterstruktur 260 Htihe, aus TM 441 -,in Kristallen 201-202 Laminate, Permeabiliat 479 Lammsche Differentialgleichung 384 L b g e , kristallographische 76 Langevin-Funktion 97 Langkettenverzweigung 10
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Sachregister LangmuirGleichung 344 Langperiadizitat 199 Lansing-Kraemer-Verteilung33 Latex, Sauktur in Lsg. 349 Lattemrtig 237 Laue,Maxvon 191 LC 235 -,phasenmnnung, Theonen 265 LCP 235 LCST 318 LDPE 645 Leervolumen 173 Leiterpolymer 11 Lennard-Jo~~-P~b~tiial 129 Lenz-Ising-Modell 86 LichLsichtbares 138 Lichtstreuung 138 ff. Anwendungsbereich 160 -,Donnan-Effekt 353 -,dynamische 366 -,Mischl(lser 146 Polyelektrolyte 353 quasi-elastische 366,436 -,statische 139 ff. -,-,Copolymere 143 -,-,Debye-Bereich 149 ff. -,-,Dissymmetrie 149 -,-,kleine Teilchen 139 ff. -,-,Konzentrationsabhiingigkeit 144 -,-,Molmassenmittel 142 -,-,Rayleigh-Bereich 139 ff. -,-,Slreufunktion 150 ff. Ligand. gebundedungebunden 4 1 Lipide, Oberfkhendruck 279 Lipidmembranen 486 Liquidus-Kurve 320 LLDPE 649 LN-Verteilung 33-34 Loch, in Kristallen 222 Logarithmische Normalverteilung 33,37 Loschmidt-Konstante 638 Ltkefraktionierung 313,315,321 Usepzess 302 Uslichkeicskoeffizient 480 (Permeation) LMichkeitsparameter 295 ff. -,T-Abhiingigkeit 330 ulsungen 294ff. athermische 294 -,Entmischung 319 -,Gittertheorie 304 -,ideak 294 -.irregu&e 294 -,Kristallisation aus 209 -,Makrokonfonnationin 67 -,mlrssig konzentrierte 176 -,Phasentrennung 311 ff. -.pseudoideale 294 -.Iegube 294 Scherspeichermodul 606
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655
-,Thermodynamik 292 ff. -,Transport in 363 Ulsungsmittel, Inklusion 483
-,Ldslichkeitsparameter 298 -,Seibsrassoziation 299
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-,Selbstdiffusion 471 Sorption von 310 thermodynamische Giite 305 ulsungstemperaturen, kritische 318 Lyogele 354 Lyotropie 235 MacLaurin-Reihe 151 ~ B m w n ' s c h Bewegung e 363 hfakmyclen, s.a. Ringe Makrokonformation 66 ff. -,amorphe Polymere 175 -,Lebensdauer 77 -,s.a. Konformation MakTomolekule, anorganische, Def. 7 -,cyclische, Def. 8 Def. 4 -,hypervenweigte,Trirgheitsradien 116 -,kntiuelftlrrmige 75 ff. -,kompakte 70 ff. -,Querschnittsfkhe 194 -,ringfonnige, Dimensionen 93 -,-,s.a. Ringe -,-,Trtigheitsradien 111 -,s.a. Polymere -,sternartige, Trtigheitrradien 114 -,verzweigte, Trilgheitsradien 112 Makmmonomer. Def. 5
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Mandelkem-Flory-Scheraga-Gl. 388 Mark-Houwink-GI. 405 Mark-HO~whk-Sakd-Gl.405 Martens-Methode 432 Martin-GI. 399,423 Masse,Def. 644 -,lineare 551 Massekonzentration, Def. 644 h n a n t e i l , Def. 19 Massenbruch, Def. 644 Massendichte, Def. 644 Massen6akral 119 Massenkonstante, atomare 16 Massenmittel der Molmasse, Def. 17-18,20 Masshaltigkeit 433 Materialgleichung, Def. 491 Matrix, Permeation durch 479 Maxwell-Wehung 141 Maxwell-Effekt (Strtjmung) 380 Maxwell-KUrper 585-592,599401 -,altet-nierende Deformation 608 Maxwell-Regel 634 MC-Methoden 124 MCLCP 240 -,1~0b0pe240 ff. -,thermotrope 253
656 Mean-field-Theorie 106 ff., 121,304,414,424 Median. Gauss-Verteilung 31 -,LN-Verteilung 34 Membran, semipermeable 323 Membranosmometrie 322 Menge,Def. 648 Mengenkonzentration. Def. 648 Mer. Def. 5 Meridionahflex 192 Meso (Taktizitiit) 14 Mesogene 235 ff. -,Anorhung 239 krit. AchsenverhiUtnis 238 Orientierung 250 -,Struktur 238 -,Typen 237 Mesomorphie 235 ff. Mesophasen 235 ff. -,cholesterische 240,242 -,diskotische 239 -,Fasem aus 241 -,lyotrOpe 235 -,nematische 239 -,s.a. Fliissigkristalle -,S c h w m e in 237 -,smektische 239 -,thermotrope 235 Metalle, Deformation 549,553,569 Methanoi, Konfomation 44 Methy lbutylmethacrylat, [S I -2-, Aktivitiit, optische 58 m 497 Me-Bexeich, Def. 138 Mikro-Brown'sche Bewegung 66,363 Mikrobruch 619 Milrrofibrille 521 Mikrogele 354 Mikrokonfoxmation 40 ff. -,Inversion 128 -,s.a. Konformation -,Sequenzen 46 ff. Mjkrokristalliniut 206 Mkophase 236,257 Grkse bei Blockpolymeren 261 Mikroporosiat 484 Miltz-Rom-Verteilung 37 Mischen Polymer-Usungsmittel 297 Mischungsenergie, Gibbssche 308.31 1 Mischungsenthalpie 297,305 Mischungsentropie 307 Mischungsregeln 545 Mittel(wert) 545 Mizelle, unimolekulare 340, 342 Mizellisierung 236 Mizellkonzentration,lrritische 340 MM-Methode 544 Modellierung, atomistische 122 ff. -,molekulare 122 ff. Moduln 522ff.
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Sachregister
-.-,dynamische 601 ff. Elastizitiits- 522 -,Elastomere 522 -,Fasem 517 imaginae 596 -,komplexe 596,598 -,komplexe Scher- 598 -,Kunststoffe 522 -,mechanische, Einheit 551 -,reale 5% -,reduzierte 617 Relaxations- 588 -,Retardations- 590 -,Schallgeschwindigkeit 528 -,Scher- 493 -,Scherspeicher- 596 -,spezifische,Einheit 551 -,theoretische 541 -,wichtigste 523 ff. - , Z U ~492 -,Zugspeicher- 597 -,Zugverlust- 597 Moftitt-Yang-Gleichung 55 Molalitiit, Def. 644 MolariUt, Def. 17,644 Molekulardynamik 125-126 Molekulareinheitlichkeit,Def. 6 Molekulargewicht, Def, 17 -,s.a. Molmasse Molekularuneinheitlichkeit, aus Phasentrennung 313 Molekiilbewegungen 432 ff. Molekiildynamik 126,363 MolekiiIgitter, Kristalle 185 Molekiilmasse, Def. 16 -,reduzierte 16 -,relative 17 Molekiilmechanik 125,543 Molekiilmodellierung 122 ff. Molenbruch, Def. 19,644 Molkonzentration, Def. 17,644 Molmasse, Bestimmung der 28 -,Def. 17 -,Exponentenmittel 21 -,Methoden 28 -,Mittelwerte, Def. 17,20 -, einfache 19 ff. -,-,hydrodynamische 21 -,-,komplexe 21 ff. -,-,zusammengesetzte 21 -,sheinbare 28 -,Verteilungsfunktionen 29 -,Viskosiutsmittel 405 Molmassenverteilung, Bestimmung 38,313 -,Momente 24 -,Sedimentation 389 Momente 24 Monoklin, Def. 186 Monomer. Def. 5-6
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Sachregister
Monomereinheit. Def. 5 Monomermolekiil. Def. 5 Monotaktsch 14 Monotropie 449 MonteCarlo-Ve€fahren 1% MOtXWy-Rivlin-Gl. 561 Mooney-Wert 491 Morphobgie. s. tTbershukm Mor~e-FUnlaion 128 Multimerisation 336 Murnaghan-Dehnung 570 MVI 497 Nabla-Opemhx 364 Nachfliessen 589 Nachgeben 611 Nachgiebigkeit 522
Nachgiebigkeitskonstante 536 Nation@ 266 Narne,gm&her 7 -,systematischer 7 N a n o h c h 620 Naturkautschuk. Uslichkeitsparameter 297 -.Verbmuch 1 -,Verstrechng 554 Navier-Stokes-GI. 370 Nematisch 239 Nenndehnung 519.570 -,Def. 493,535 Ne~ebene186 Neaebenenschar 186 Netzkeue 555 -,physikalische 579 Nelzstelle 555 Netzwerke 555ff. -,Dehnung 559-562 -,Scher~ng563 Neutronen 138 Neutronenkleinwinkelsmung 166 ff.
-.Rinzip 138 N e u m m p 167 Neumnmmuung, kohwnte inelastische 528 quasi-elastische 436 Newton'sche fliissigkeit 395,495 -,Def. 491 Newton'sche Viskosifiit 495 Newton'scher Bereich, zweiter 397 Newton'sches Gesetz 495 Nicht-Newton'sches Verhalten 397 NMR-Messungen. Relaxation durch 436,438 Noduln (arnorphe Polymere) 171 Nonnalspannung. Def. 492,535 Nmmalmnungsdifferenz, Def. 492 Normalspannungskaeffuient,Def. 493 Normalvemilung. Gauss'sche 31 logarithmische 33 -* -,Polymolekulari~tskorrektur405 -,SChulz-Fb~31 -,SF-Verteilung 36
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657
NR 271.649 Nukleierungsmittel 209 Nullviskosifiit 495 Nutting-KbWr 592 Nylon 66. Konstitution 5 Obe&che.Def. 268 -,Untersuchung der 269 Oberfkhenbruchenergie 627 Obexfkhendmck 279 -,s.a. Spreitung Oberfkhencnergie 277 O b d W h d i a k t a l 119 Obedkhmspannung 271 ff. -,Einheit 551 kritische 277 ff. Zeitabhiingigkeit 273 ff. Offene Assoziation 336 Onsager-Koeffient 325 Onsager-Theone. LCP. Phasenmnnung 243 O R D - S F k m 54 Orientierung, feste Polymere 227 Orientierungsfaktor 227,230,265 SCLCP 255 Orientierungsfunktion 265 Orthornpie 537 Osmotischer Druck, konz. Lsgn. 334 -,Nichtelektrolyte 321 ff. -,Polyelektrolyte 351 -,reduzierter 322 -,Konzentrationsabhmgigkeit 327 Ostwald-deWaeleG1. 507 Ostwald-Viskosimeter,s. Band I Oszillationsviskosimeter 495 Oszillator, einfacher harmonischer 128 Oxetan. Konformation 44
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PA 645 PA 6. s. Polyamid 6 PA 66, s. Polyamid 66 Packung. dichteste. euklidische Kbrper 74 Papier,Verbrauch 1 Pappe,Verbmuch 1 Mel-Serie-Modell 547 Parkettpolymer 11 PB 645 PBI 645 PBT 645
Pc 645 PDMS 645 PE 645 PE-HD 418,645 PE-LD 418,645 Pearson-Verteilung 37 Penrose. Roger 185 Penmen 252 Pentan. Konformationen 4243 Pentaneffekt 88 PEOX 645
658 Pergamentpapier 479 Perle-Feder-Modell 125 Perlenkette (Modell) 125
Permeabilitatskoeffuient,m u e l 387 Permeant, Def. 479 Permeation, Hiissigkeiten 483 -.Gu 481 Permeationskoeffizienten 479 Perrin-Faldor 369 Persistenz 99 Def. 40 PersistenzlMge 89,92,99 ff. PET 649 Pfropfcopolymer,Def. 8 Pfropfenfliessen 505 Phantomkette, Def. 81 Phantomnetzwerk 557 Phase, bikontinuierliche 260 enantioeope 449 Phasendiagramm 318 ff. -,Hydroxypropylcellulose 241 -,LCP-LC 250 -,IyOtrOpe PM 242,249, 252 -,Polymerblends 3 18 -,Polymerlosungen 318 -,Silicon-SCLCP 249,252 Phasengesetz 221,321 Phasentrennung 3 11 ff. -,LCP, lyotrope 242 Phasenvermittler 257,317 Phasenwinkel 597 Phenolhan, Zugfestigkeit 530,531 Phonon 222,435 Phosphor, schwmer 11 Photon 190 Photonkorrelations-Spektroskopie 366,436 Phyllopolymer 11 PIB 649 Plastizitat 505, 569 Plateau-Modul 605 Plateaubereich, Scherspeichermodul 603 Platte-Platte-Viskosimeter 496 Platzwechseltheorie, Eyring- 583 PMMA 645 Pockels, A. 290 Poisson-Verteilung 35 Poisson-Zahl 522 ff. -,Orientierte Korper 539 Polarisierbarkeit 139, 141 Poly(acetaldehyd), it-, Konfonnation 51 Poly(acetylen), Konstitution 7 Poly(acrylnihil), st-, Konformation 51 Poly(acryMure), Kettenflexibiliat 89 -,Salze, Aktivitat 350 Poly(L-alanin), Konformation 47 Polyamid, Benetzbarkeit 278 -,Kettenfaltung 21 1 -,Namen 645 Polyamid 6, Kristallstruktur 194
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Sachregister -,Makrokonformation 196 -,Modul 548 Polyamid 66, Konstitution 5 -,KristallStruktW 194 -,Makmkonformation 196 Poly(a-aminodure), Aktiviat, optische 55 ff. -,Helix, Drehsinn 52 Poly(pbenzamid), s. Poly( 1,4-benmid) Poly(l,4-benzamid), Dimensionen 101 -,Kettenflexibilitiit 89 -,Mesophasen 242 Poly(Fbenzy1-L-glutamat),Aktivititt, optische 57,60 -,Dimensionen 101 -,Liisungen 67-68 -,Mesophase 241,248 ff. Poly(bucadien), Grenzviskosi&szahIen 421 -,Kettenflexibiliat 89 Poly(l,2-butadien), cyclisiertes 11 -,Konformation 5 1 Poly( 1,4-butadien),Konformation 5 1 -,Konstitution 7 Poly(butan-1.44~1).Konstitution 7 Poly(1-buten), it-, Kristallstruktur 194 -,Konfonnation SO -,Konstitution 7 -,Polymorphie 197 Poly( l-buten-1,4-diyl), Konstitution 7 Poly(butylmethacrylat),Kettenflexibiliat 89 Poly(&-caprolactam),s. Polyamid 6 Poly(&-carbobenzyloxy-L-lysin), Aktiviat, optische 61 Polycatenan 11 Poly(decylmethacrylat), Kettenflexibilitat 89 Poly(dimethylsiloxan), Benetzbarkeit 278 -,Blends mit 271 -,cyclisches, Gestalt 78 -,Konformation 51 -,Konstitution 6 -,Spreitung 268 -,Tragheitsradius 94 Polydispersit2t,Def. 6 Poly(docosylmethacry1at). KeUenflexibilitAt 89 Polyelektrolyte 348 ff -,Aktiviat 350,353 -,Dimensionen 353 -,Grenzviskosit2tszahlen 423 -,Lichtstreuung 355 -,Struktur in LMsung 350 -,Viskositilt, Lsgn. 402 Poly(ethen), s. Polyethylen Poly(ethen-I,2-diyl), Konstitution 7 Poly(ethy1en). Abbau beim Bruch 619 -,Benetzbarkeit 278 -,charakteristisches Verhatnis 91 -,Dichte, niedrige 9 -,Grenzviskositiitszahlen 418 -,Hochdruckphase 235
Sachregister
-,Kettenflexibilicit 89 -,Konformation 4748.50 -,Konstitution 5, 7 -.Kristallgitter 193 -,Kristallinitiltsgrad 224 -.LangperiodiziCit 199 -.L(lsungen 67 -,ModUl 544.546 -,Oberflkhenspannung, kritische 277 -,Permeationskoeffizient 479 -,Relaxation 437 -,Schrnelzeviskositiit 473 -,Schmelzternperatur 4 4 W 1,444 -,Selbstdiffusion 473,475 -,Torsionswinkel 88 -,Valenzwinkel 88 -,Z~gmodUl525
Poly(ethylen-co-propylen), Konstitution 5 Poly(ethylenoxid),s. Poly(oxyethy1en) Poly(ethy1ensulfonsiiure) 350 Poly(ethylenterephthalat), Benetzbarkeit 278 -,Kristalliniatsgrad 224 Poly(ethy1enterephtat)-blockPo1y(temhydrofuran) 257 Polyformaldehyd, s. Poly(oxymethy1en) Poly(glycin), Konformation 45.47.51 -,Konstitution 5 -,Kristalktruktur 194 -,Makmkonformation 196 Poly(hexafluorpropylen), Benetzbarkeit 278 -,hit. Oberfikhenspannung 277 ff. Poly(hexamethylenadipamid), s. Polyamid 66 Poly(hexyIisocyanat),Dimensionen 100-101 -,Grenzviskosittltszahlen 411 Kettenflexibilitiit 89 -,TrQheitSradius 100
-. -. Poly(p-hydmxybenzoesiiure), QWerte 415
Konformation 49 Poly(isobutylen), Dimensionen 101 -,Kettenflexibilitilt 89 -,Kristallstruktur 194 Poly(l,Cisopren), cis-,Verbrauch 1 Poly(Ldt-D-leucin), Aktivitilt, optische 59 Poly(a.&-lysin), Grenzviskositiitszahlen 4 18,42 1 -,Tagheitsradius 72 Polymerblends, O W c h e n von 270 -,Phasendiagramme 318 Phasentrennung 316 Polymere. Adsorption 281 ff. -,amorphe 170 ff. -,-,Ordnung in 171 -,Architektur 8 ff. -,ataktische 15 -,Benetzbarkeit 278 -,Bruchprozesx 611 ff. -,cyclische, Dimensionen 93 -,-,s. Ringe -,Def. 4 -,Dichte 225
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659
-,duktile 530 -,-,Bmch 620,628 -.Einfrieren 170 -,fe~te530 -,Fraktionierung 3 13 -,heterotaktische 12 -,hypervenweigte, Def. 9 -,-,Grenzviskositiitszahlen 418,420 Streufunktion 162 -,irregub, Def. 6 -,isotaktische 14 kaUtschukmodif~erte581 -,Komplexe rnit Wsungsmiaeln 300 Konfiguration 12 ff. -,Konstitution 4 ff. -,lineare 8ff. -,-,Schmelzeviskositilt 500 -,Usegeschwindigkeit 302 -,Uslichkeitsparameter 296 ff., 330 -,h4akmkonformationen in Lsg. 67 -,-,FestkOrper 175 -,mechanisches Verhalten 529 mikrokristalline 206 -,Mischbarkeit 317 Obemchen von 268 -,OllOsliche, Verbrauch 1 -,Orientierung 227 -,Permeation von Gasen 481 ff. -,regulilre, Def. 6 -,ringfmige, Schmlzeviskositilt 500 -,-,Theta-Temperatur 94 -,s.a. Makromolekule Schmelzprozesse 174 Sol-Gel-Prozesse 119 -,Spreitung 279 -,sprW 530 -,statistisch verzweigte 10 -,Grenzviskositiitszahlen 418 -,steife 530 syndiotaktische 14 taktische, Streufunktion 164 -, Theta-Taperatur 94 -,Transport in 470 -,Transport in festen 478 -,vemetzte, Energie-Elastizitiit 554 -, Entropie-Elastiziw 549 ff. -,-,Glastemperatur 460 Verbrauch, Welt 1 -,verzweigte, Def. 9 -,-,Glastemperatur 458 -,-,Grenzviskositiitszahlen 417 -,-,Streufunktionen 158, 160, 162, 165 -,wasserlUsliche, Verbrauch 1 -,Weichmachung 461 -,w m a d g e , s. Ketten, wurmartige Polymereinkristall 200 ff. Polymerisationsgrad, Mittelwerte 23 -,Polymer 6 -,Polymermolekiil 6
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660 -,Verteilungsfunktionen 29 Polymerketten, Bruch 615 -,Querschnittsflkhe 194,623 -,s.a Ketten Polymerkristalle 185 ff. Polymerltisungen. Entmischung 3 19 -,OberfEkhenspannung 276 -,Phasendiagramme 318 -,T h e m o d ~ i k292 ff. Polymermischungen, s. Polymerblends Polyrnermolekiile, Entropie-Elastizit;?t 551 -,Def. 4 -,s.a Makrornolekiile -,stemartige, Def. 9 Polymenkge, Tr2gheitsradien 93 P0lymeni)hre 11 Polymerschmelzen, Modellierung 82 Polymerverzweigung, Def. 9 Polymmeichmacher 462 Poly(methylacrylat), Spreitung 280 Poly(3-methyl-l-b~ten)~ it-, Konformation 48 Poly(methylen), Dirnensionen 95 -,Verhilltnis, CharakteriStischeS 9 1 Poly(ymethy1-L-glutat), Aktiviut, optische 55-57 -,Me~ophaSe241 Poly(5-methyl-I-hepten),it-, Konformation 50
P0ly([lR,3R,4Sl-1-methyl4-isopropylcyclohex3-yl-vinylether),Aktivitiit, optische 58 Poly([Sl-3-methyl-l-penten), Aktivitiit, optische 58-59 Poly(ISI4-methyl- 1-hexen), Aktivist, optische 58-59 Poly(methylmethacryla(),charakteristischesVerh a h i s 91 -,Kettenflexibilitiit 89 Makrokonfomtion 69 -,Spreitung 280 -,at-.L.Usungen 67, 69 -,it-, Konformation 46,49 Poly(4-methyl- 1-penten),it-, Konformation 48 Poly((N-methyl-2-vinylpyridiniumchlorid), Grenzviskositikahlen 423 Polymolekulariti4t 25 -,aus Diffusionsmessungen 367 -,aus Molmassenbestimrnungen 29 ff. -,aus Phasentrennung 313 -,aus Sedimentationsmessungen 389 ff. Polymolekularit2tsindex 25 -,Molmassen aus Grenzviskositiimahlen 406 -,Schmelzeviskosim 497 -,Seeufunktionen 155 -,T@heitsadien 109 -,Viskositiitszahlen 406 Poly(monomer)-Name 7 Polymorphie 197 ff. -,Umwandlungen 429 Poly(namumacrylat),Kettenflexibilitlit 89 hly(l-olefm)e. Aktivitiiten, optische 58
-.
Sachregister
-,Konformation 50 -,Llisungen 68 -,Querschniasfkhen 195 Poly([S]-1-olefin)e, Helix, Drehsinn 52 Poly(oxyethylen), Adsorption von 285 Konformation 45,47,51 Konstitution 6 KriStallStruktW 194 -,LUsungen 67,69 -,-,Oberflllche 268 -,Makrokonformation 69, 196 -,Oberfkichenspannung 275 Struktur in Wasser 300 Poly(oxyethy1en)-block-Poly(oxypropy1en) 257 Poly(oxymethylen), Benetzbarkeit 278 Konformation 45,47.51 -,Konstitution 7 -,Kristallstruktur 194 -,Makrokonformation 196 Poly@entaerythrit) 11 Poly(2-penten) 13 Poly(1-phenyl-1-propin), Dimensionen 1w101 Poly@-phenylenbenzoxazol) 24 1 Poly(p-phenylenbenzthiazol)241 Poly(pphenylenterephthalamid), Mesophase 24 1 Poly( 1-phenylethylen),Konstitution 7 Poly@mpan-l,3-diyl),Konstitution 7 Poly@ropen), s. Polybropylen) Poly(Lpropyl-a-asparasparatat),55 Poly@ropylen), Grenzviskositiltszahlen 412 -,Konstitution 7 -,at-, Kettenflexibilitiit 89 it-, Benetzbarkeit 278 -,-,Konformation 47-51 -, KristallStruktM 194 -, Polymorphie 197 -,st-, Konformation 47 -,-,Konformation 4748,51 -,-,Usungen 68-69 -, Makrokonformation 68-69 Poly@ropylenoxid),Konformation 45 -,Mak-rokonformation 196 -,it-, Konformation 51 Polyrotaxan 11 Polysaccharide, Verbrauch 1 -,D-, Helix, Drehsinn 52 Poly(styrol), Konstitution 7 -,at-, Adsorption von 285 -,-,Benetzbarkeit 274,278 -,-,Biirsten 289 -, Grenzviskosiatszahlen 412 -, Kettenflexibiliut 89 Uisungen, Viskosiut 397 ff. -,-,Obertlkhenstruktur 270 -,-,Selbstdiffusion 476 -,-,6Werte 415 -,it-, Konformation 50
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Sachregister
-.-,Kristallstruktur 194 Poly(sturol)-by~~en~~~ckPoly(styro1) 257 - . S c h ~ ~ ~ ~ ~525 cdul Poly(styro1sulfonat). Viskosiriit 403 Poly(styrolsulfons&m) 350 Poly(tetIafluorethy1en).Benetzbarkeit 273,277 Konformation 50 -,Kristallstruktur 194 Poly(tetrahydrofuran), Spreitung 281 Polymthan, aliphatisch. Langperiodizitiit 199 Poly(vinylacetat), S p i m g 281 Poly(vinylalkoh0l). Benetzbarkeit 278 pOly(vinylchlarid), Eienetzbarkeit 278 -.Kristallstruktur 194 -,st-, Konformation 51 Poly(vinylfluorid), Benetzbarkeit 278 Poly(vinylidench1orid).Benetzbarkeit 278 Poly(vinylidenfluorid), Benetzbarkeit 278 Polyvinylverbindungen. Konformation 50 Poly(B1,3-D-xylan), Konformation 49
-.
POM 649 Pore.Def. 478 Porenmembranen, Transport durch 484 porod-Neigung 119 Potential 129 Potential. chemisches. s. Chemisches Potential Potentialenergie 43,127 -,Polyelektrolyte 349 Potentialschwelle 43 Poynting-Theorem 139 PP 649 PPb 648 PPE-T 241 PPm 644 PPt 644 Prandtl-Eyring-GI. 507 Prigogine-Dehy-VerMmis 428
Probe. s.
priifling
Propen, Konstitution 7 ProprtionaliUtsgrem 522,568 Propylphenylethylacrylamid,Aktivitiit, optische 58 Proteine. Aktiviut, optische 55 ff. -.Assoziation 343 -,DenaturierUng, Geschwindigkeit 63 -,Helixbrecher 63 -,Hydratation 409 -,Konstitution 5 -.Kristalle 221 -,sph&oidale 11 Protofiese 185 Priifling 525
PS 649 Pseudobruch 521
m 649
Pulvermethcde 191 Punkt. eutektischer 320 -,kritischer 312
661
Punktdefekt 222 Punktgim 195 Punktgruppe 188 PUR 645 PVAC 645 PVAL 645 PVC 645 QTP-Theorie 104 Quadrupelpunkt 321
Quan. 11,433 -,Benetzbarkeit 278 -,Weichmachung 462 Quasibin&,Def. 312 Quasibistall 185 Quaterpolymer, Def. 8 Quellung. Gele 355 f€. Quertluss-Fraktionierung 39 1 Querkonwtion, relative 523 Quervkkositiit 510 -,Def. 493 Quintexpolymer,Def. 8 R,S-System 13
Rabinowitsch-Weissenterg-Gl.506-507 Racemoflaktkitiit) 14 Radius. atomam 129,187 hydrodynamischer 4 14 -,ionischer 129 thermodynamischer 331 -,Tagheits- 92,99,102, 107,116 -,van der W ~ S 129 Raman-Spektroskopie 528 Rammler-Bennett-Verteilung 37 Raoultsches Gesetz 325
-. -.
Rasterelektronenmikroskopie269 Rasterkdtmikroskopie 269,551 Rauigkeit 268,273 Rayleigh-Bereich, Def. 138 Rayleigh-Verh%lmis, Def. 139. 141 Rayon, Verbrauch 1 Reflektionskoeffizient 323 Reflex, Rhtgenographie 189 Reflexion. Syrnmetrieoperation 188 Regioisomerie 6 Reihensmktur 219-220 Reissfestigkeit 520 Relrristallisarion 435 Relaxation 426,428 -.Def. 587 -,Seitengruppen 467 thermische 436437 -,WLF-Gleichung 466 Relaxationsmodul 588 Relaxationstemperatur 437 Relaxationszeit, Def. 493,587 -,Dehnviskosiut 512 -,kritische, Usungen 398 -,Rouse 470
-.
662 Reneker-Jkfekt 222 Repxieminheit, heterotaktische 14 -,isotaktische 14 -,konfigurative 14 konfonnative 48 konstitutionelle, Def. 5 -,rbnliche 48 -,sa Wiederholungseinheit
-.-.
-.steris~he 14
- . ~ y n d i ~ t & k h e14 -.taktis~he 14 Reptation 474 ff. -,Schmelzeviskositllt 501 Reptationszeit 474 -,Schmelzeviskositllt 502 Retardation,Def. 589 Retardationsmodul 590 Retardationszeit 590 Retentionsvolumen, Def. 487 Reuss-ElastiziWonstante 536 R w ~ M o d e l l545-547 Reynolds-Zahl 407,505,514 Reyon, s. Rayon Rheologie. Bereich 494 Def. 491 konzentrierte Usungen 491 ff -,OberMchenschichten 289 Schmelzen 491 ff. -,verdiinnte Usungen 395 ff. -.Wandeffekte 505 Rheometrie 506 Rheovibron" 595 Rhombisch, Def. 186 Rhomboedrisch, Def. 186 Ribonucleinduren, Konformation 49 Ringe, Glastemperatur 455 -,sa Macrocyclen -,Triigheitsadien 94,111 Ringpolymer, Def. 8 RIS-Modell 86 Risshge, natiirliche 617 RBntgenkleinwinkelstung 160 ff. -,Prinzip 138 ROntgenkristallinitiit 225 ROntgenographie 189,224,260 ROntgenstrahlen 138, 189 ROntgenstrukauanalyse 189 Rotamer 42 Rotation, Reibungskoeffizienten 380 -,SymmetrieoperaLion 188 Rotationsbaniere 43 Rotationsdiffusion 380 ff.
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Rotationsdiffusionskoeff~ent380 Rotationsdispersion, optische 54 Rotationsellipsoide 73,408 ff. Rotationsisomer 42 Rotationskonstante, optische 55 Rotationspotential 41 ff. Rotationsviskosimeter 396,495
Sackregister Rotationswinkel, Def. 41 Rouse-Theorie 125,370,414,424 -,Relaxationszeit 470 Schemachgiebigkeit 608 -,Schmelzeviskositiit 498 Ruheviskositilt 495 -,Tempemturabh&gigkeit 503 -,t h m t i s c h e Gleichungen 499
-.
S A N 645 Sanidisch 237 SANS 138,166 SAW 81 S A X S 138. 161 ScatchardGleichung 344 Schallfortpflanzung 229 Schallgeschwindigkeit 528 Schaltbrettmodell 203 Schaltung. parallele 545 -,Serie 545 Schshlik-Struktur 217-220 Scheibchen, Grenzviskosit&mhlen 423 -,Tr?igheitsradius 7 1 Scherabbau 5 14 Scherband 521,578 ff. Scherdefmation, Def. 493 -,elastische 492 Scherenergie, Elastomere 563 Scherfliessen, Zugversuch 521 Scherfluss, Wirkung 494 Schergeschwindigkeit, Def. 492 ff. -,reduzierte 398 Schermodul 492,493,522,598 -,komplexer 598 Schemachgiebigkeit 522 -,komplexe 598 -,Rouse-Theorie 608 -,stationare 597 Scherspannung 522 -,Def. 492,493,535 -,Kapillarviskometrie 496 -,komplexe 598 Scherspeichermodul 5% -,Frequenzabhbgigkeit 603 -,Usungen 606 -,T-Abhbgigkeit 602 Scherung, Def. 491 ff. -,isotrope Korper 540 -,komplexe 598 Scherverformung, Def. 535 -,elastische 522 Scherverlustmcdul 5% ScherviskositAt, Def. 492494 -,dynamische 493 -,dynamische ausserphase 597 -,dynamische station&e 597 -,komplexe dynamische stationae 597 -,Newton'sche 497 ff. -,nicht-Newton'sche 504 ff.
Sachregister
Scherwinkel, Def. 492 Scherzeit, elastische, Def. 493 Schenone 521 Schichtebene 192 Schichtenpolymer 11 Schizophyllan. Dimensionen 100-101 -,Kettenflexibilitilt 89 -,Trtlgheitsadius 100 -.@Werte 415
Schlagfesrmachen 625,63 1 Schlagziihigkeit 629 ff. Schleife, in Kristallen 203 Schleppzug 282 Schmelze.Def. 170 -,Erinnerungsverm6gen 209 -,Grenzfkhaspannung 276 -,Kristallisation aus 211 -,Obedkhenspannung 275 W g k e i t 273 Schempeichermodul 602 Schmelzeelastizitilt 508 Schmelzenthalpie 439
-.-.
-* werte 445
Schmelzentropie, Konstitutionseinfluss 444 -,We* 445 Schmelzeviskositiit, M-Abhiingigkeit 473 -,Newton'sche 497 ff. StemmolekUle 502 Schmelzindex 497 Schmelzpmzesse 438 ff. Schmelztemperatur, ideale 435 -,M-Abhiingigkeit 442 -.Polymere 445 -,thermodynamische 439 Sch6nflies-Symbol& 188 Schraubemkhung 188 schlaubenwindung 48 Schubmodul. Def. 492-493 Schubspannung. Def. 492493 -,Kapillarviskometrie 4% Schulz-Blaschke-GI. 400 Schulz-Flq-Verteilung 34.35 ff. Schulz-Zimm-Verteilung 35 ff. -,Polymolekularitilttur 405 SChWW-SChWW-StNkt~7 Schwefel. Benetzbarkeit 278 Schwingung, enwungene 595 - , h i e 597 SCLCP 240 -,amphotrope 251 -.1~0&0pe249 -,Orientierungsfaktor 255 -,Orientierungszeit 256 -,thennotrope 254 -, Kniiuelshuktur 254 SEC 487 Sedimentation 383 ff. Sedimentationsgeschwindigkeit 384 ff. Sedimentationsgleichgewicht 389
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663 -,Dichtegradient 390 Sedimentationskoeffiient, Def. 384 Konzentrationsabhtingigkeit 386 -,Molmassenabhgigkeit 387 Segment, Def. 79 Segmentcopolymer, Def. 8 Segmentketk 83 -,mit Bindungsrotation 125 Seide,Verbrauch 1 Seitenkeuen-Kristallisation 447,457 Seitenkeuen-LCP 240 Sekantenmodul 568ff. SelbsWnlichkeit 118. 120 ff. Selbstassoziation, Usungsmittel 301 -,Polymere 336 ff. Selbstdiffusion, Ltisungsmittel 471 -,Polymere, in Matrizen 476 -, in Schmelzen 472 themetische Gleichungen 499 Selektivitiitskoeffizient 323 SEM 269 Sequenzzahl 27 Serie-PamUel-ModeU 546 SF-Verteilung 36 SFM 269 SI-Einheiten 634 ff. -,abgeleitete 635 -,Vor&Itze 639 SI-Grundeinheit, Def. 634 SI-Regel 634 Silly putty 491 Simha-Faktoren 408 SIMS 269 Skalar,Def. 534 Skaherung 118 ff. -,osmotische Drucke 335 Smektisch 239
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SOC 229 Sol-Gel-Prozess 119 Solomon-Ciuta-G1. 400 Solphase 313,319 Solvatation 302 -,am hydrodynamischen Messungen 410 Solvatationsgmd 385 Sorptionsparameter 310 Spannung, Def. 492 -,Elastizitkqheorie 534 mechanische, Einheit 551 -,oktaedriSche 576 Spannungsdoppelbrechung 228-229 SpannungsintensiCLtsfaktor625 Spannungskonzenmtionsfaktor 615,628 Spannungskomsion 632 Spannungsrelaxation 587 ff. Spannungstensor 534 Spannungsverhirtung 570 ff., 582 Spannungsweichmachung 520-521,570 ff. Sphilroide 71 ff. Sphilrolith 216 ff.
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664 -,Entstehung 219 Sphenoid 188 Spiegelung 188 Spin-Gitter-Relaxation 436,438 Spinodale 312 Spirokette 11 Spreihlng 279 Spreitungsdruck 279 SDr6dbmch. Def. 611 SprMigkeit 530 ST 269 S-hen 73 ff. -,Achsenverhtiltnis 246 Diffusionskoeffiient 375 -,Grenzviskositlimahl 410 -,Reibungskoeffizient 369 -,Rotationskoeffiient 382 -,Streufunktion 153, 156-157 -,Trtigheitsradius 71-74,100 -,fJberlappungskonzentration 303 Stiibchenmolekiile, chemisches Potential 247 Stahl. Elastizitllt 523 ff., 551 Stamm, in Faltungsmizellen 202 Standardabweichung 25,32 Standadfestk&per, lineare 590.600 Sr&ke,Verbrauch 1 Starrkits-Brecher. LCP 252 Stauchung, Def. 491.588 StaUdhger-Gl. 405 staudinger-Index 3% Staveman-Koeffizient 323 Steifheit, rheologische 493 Steifheitskonstante 533 -,Elastizitiitstheorie 536 ff. Steifigkeit, mechanische 530 Stereoisomere,Def. 12 -,konformative 42 Stereokomplex 346.348 SterischerFaktor 89 Stemmolekiile,Def. 9 Grenzviskositlimahlen 418,420 Schmelzeviskositilt 502 Streufunktion 158, 164 -,Theta-Temperatur 330 -,Trtigheitsradius, konz. Lsg. 182 - ,Venweigungsindex 113 StirlingscheNaerung 307-308 Stockmayer-Fixman-Theaie,Steme 420 Stoffmenge, Def. 17,638,644 Stoffmengenanteil,Def. 19,644 Stoffmengenkonzentration,Def. 17,644 Stoffzustand 427 Stokes-GI. 368 Stoka-RadiuS 177,414 Strahlung,Frequenz 138 Streckgrenze 520,570 ff. -,technische 570 Streckpunkt,Thermoplaste 583 Streckspannung 520
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Sac hregister
-,Def. 569 -,o b e 572 ~ -,Thermoplaste 573 ff. Streudiagramm, kleine Teilchen 140 Streufunktionen 153 ff., 163 ff. -,Dendrimere 165 -,Einfluss der Feinstruktur 165 Einfluss der Gestalt 153 Einfluss der Polymolekularitiit 156 -,Lichtstreuung 150 ff. -,taktische Polymere 164 Streul2nge. koh&ente 166 ff. Streurnethoden 138 ff. Streuung, Def. (Strahlen) 190 StrOmungsdoppelbrechung 380 Struktur, chemische 4 ff. Srrukturelement, Def. 5 Strukturviskosit2t 397,504 Styrol, Konstitution 7 Substanz, makromolekulare, Def. 4 -,-,s. Polymere -,mesomorphe 235 -,monomere, Def. 5 Substituent, Def. 5 -,gebundener 4 1 -,ungebundener 4 1 Supergitter 185,221,260 Superhelix 49 Superpositionsprinzip, Boltzmannsches 593 Supersekund2rstmktur 49 Surlyn" 264 Svedberg-Einheit 384 Svedberg-GI. 388 Symmetrie, Kristalle 187 Symmetrieachse 188 Symmetrieebene 188 Symmetrieelement 188 Symmetriegruppe 188 Symmetrieoperation 188 Symrnetriezenmm 188 Symplex 346 Syndiotaktizitllt 14 Synthesefasem,Verbrauch 1 Synthesekautschuke, Verbrauch 1 System, quasibin&es 3 12 Systsme International 634 SZ-Verteilung 36
-.-.
Tabakmosaikvirus. Dimensionen 101 -,Mesophase 241 240 Takayanagi-Modelle 546 Tanaka-Gleichung 104 Tangenhkpannung 535 Taylor-Reihe 400 TBA 430 Technora@241 Tectopolymer 11 Teer 241-242 Teflon@,s. Poly(tetrafluorethy1en)
Sachregister
Teleskopeffekt 520,571,575 TEM 269 TensorgrOssen. mechanische 536 Terpolymer.Def. 8 Testkm 476 Te&agonal,Def. 186 Tetrdhydropyran, Konformation 44 Textilmodul 551 TGA 430 Thermoanalyse 430 Themodiffusion. Def. 363 Thermodilatometrie 430.432 Thmodynamik. 2. Hauptsatz der 293 -,Polymerltisungen 293 ff. -,statistische 303 Thermogramm 431 Thermogravimetrie 430 l%ermomechanischeAnalyse 430-431 Thermoplaste, Abkinungen 645 Def. 2 -,Fliessbereich 578 -,mechanische Eigenschaften 532.530 -,selbstversriirkende 253,256 -,Streckspannung 573 -,Zugfestigkeit 613 ff. Thermoplastische Elastomere 257 Thermotropie 235 Theta-Usung, Def. 294 Theta-Usungsmittel 93,328 Theta-Tmperatur. muel 93,328 -,nngfurmige Makromolekiile 94 -,stemftirmige Makmmolekiile 114 Thera-zustand 328 "lionice 266 Thixotropie 505 Thurmond-Zimm-Theorie 418 Tiselius-Elektmphose 392 Titer 551 TMA 430 Toms-Effekt 514 Torsion 491,597 Torsion, unechte 128 Torsionsbiegefestigkeit 635 Torsionsisomere, Def. 12 Torsionsmodul 522 Torsionspendel 597 Torsionswinkel, Def. 4 1 -,Deformation 128 T@erelektrophorese 394 Tagheitsquadrat, mittleres, Def. 70 Tagheitsradien 70,77 ff. -,ausgeschlossene Volumina 71 -,Def. 70 -.Dendrimere 115 -,Einfluss der Smufunktion 162,164 -,hypememweigte Molekiile 116 -,Kamm-Molekiile 116 -,Kntluel, gestC)rte 71 -,-,ungestilrte 92
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665
-,kornpakte K6rper 71 ff. -,Kugeln 71-73 -,Maaocyclen 111 -,Molmasseneinfluss 106 -,Phantomketten 131 -,Polymere, amorphe 205 -,-,fliissigkristalline 254 -,-,geschmolzene 170 ff. -,glasige 170 ff.. 204-205 -,-,kristalline 170.204.220 -,-,teilkristalline 204 ff. -,P o l y m o l e k u l a r i t t u r 74. 109 -,Ringe 94 -,Stemmolekiile 114 -,T-Abhugigkeit 110.334 Trans, Konformation 42 Transkristallisation 220 Translation, Konfonnation 48 -,Kristalle 185,187 -,Reibungskoeffiiienten 368 -,Symmehieoperation 188 Translationdiffusion 363 ff. Transport, durch L(ls1ichkeitsmembranen 478 -,dutch Poren 484 -,in fluiden Phasen 471 TREF 323 Tresca-Kriterium 576 Triade,taktische 14 Trigonal, Def. 186 Trikfin,Def. 186 Tripelhelix, Vorkommen 49 Trouton-Viskosim 5 10 -,Def. 493 Triibungskurve 3 14 Triibungstitration 317 TSC 436 TSD 436 Tsvetkov-Hermans-Orientierungsfunktion265 Tubuserneuerung 477 Tung-Verteilung 34.37 Turbulenz 505 -,elastische 508 Tyndall-Effekt 138
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Ubbelohde-Viskosimeter, s. Band I iibergangsbereich, Scherspeichermodul 603 tibergangskonzenlration 303 tiberlappungskonzentration 177 -,kritische 332 iiberstruktur 215 ff. UCST 320 Ultrazentrifugation 383 ff. Umwandlungen, Polymorphie 429 -,thermische 426428,437,448 Umwandlungstemperat, LCP 257 ff. -,virtuelle 450 Uneinheitlichkeit, Def. 6 -,konstitutionelle 25 -,molekulare 25
666 Unimer 336 Unipolymer, Def. 5, 8 Untereinheit, Def. 112 Valenz-Weld-Mexhode 541 Valenzbindung, Dehnung 128 Valenzwinkel 75 Aufweitung 128 Valenzwinkel-Kette, Drehbarkeit, behinderte 85 -,-,freie 84, 130 ff. Valinomycin 486 van der Waals-Radius 129,187 van der Waals-Wechselwirkung 129 vanLaar-GI. 305 van't HoffschesGesetz 322 Vectra@253,549 Vektor. Def. 534 Verbundwerhtoffe, molekulare 247 Verdicker, Verbrauch 1 Verdrillung, Def. 49 1 Verformung, s. Deformation Verhakung, krit Molmasse 604 -,s.a. Verschlaufung Verhakungsdichte 605 VerhQtnis, charakteristisches 89 ff. -,dichroitisches 230 Verhaspelung, s. Verschlaufung Verkniipfung, interlamellare 205 Verlustfaktor, mechanischer 467,597 -,-,T-Abhhgigkeit 602 Verlustwinkel 596 Vemetzung. physikalische 179 Vemetzungsstelle 555 Versagen 611 Verschiebungsfaktor (WLn 465 Verschlaufung 179 lcritische Molmasse 504 Ruheviskosiat 501 Verschlingung, s. Verschlaufung Verstreckungsgrad 227 Verseeckungsverhiilmis 492493 -,nominelles 519 -,wahres 520 Verteilungsfunktionen 29 -,konfomative 88 -,Molmassen 29 - , W e 97 Vertr'dglichkeit 3 17 Vertr'dglichkeitsmacher 317 VerD%glichkeitsverbesserer 257 Venweigung, Polymere, Def. 9 Verzweigungsparameter,Def. 112 -,viskosimetrischer 417 VFF 541 Vim-Methode 432 Vinogradov-Malkin-Diagramm 508 V i a l 327 Virialkoeffuienten 326 ff. -,Def. 145
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Sachregister
-,hydrodynamische 396 -,Mittelwerte 327 -,Molmassenabh~gigkeit 331 -,Temperaturabhugigkeit 333 -,thermodynamische 326 ff. Viskoelastizitiit 551, 568 -,Def. 491 -,lineare 585 ff. Viskosimeter 396,495 Viskosimetrie, konz. Liisungen 494 ff. -,Schmelzen 494 ff. Viskosidt, absolute 493 -,Def. 493 -,dynamische 395 -,inhiirente 395 -,kinematische, Def. 493 -,Msungen, konzentrierte 491 -,-,semikonzenmerte 401 -,-,verdiinnte 395 ff. -,Modell des D~pfungskolbens585 -,Newton'sche 497 ff. -,Oberflkhenschichten 289 -,miuzierte 395 -,relative 395 -,scheinbare 397,495 -,Schmelzen 491 -,spezifische 395 -,station;?re 495 -,Wandeffekte 505 Viskositiitsinkrement, relatives 395 Viskositiitsmittel 405 Viskositiitsverhaltnis 395 Viskositiitszahl 395 -,logarithmische 395 Voigt-Elastiziatskonstante 536 Voigt-Kelvin-Element 545,547, 586, 588-590,592,594.599-601 -,alternierende Deformation 608 Voigt-Modell 545,547 Volumen, ausgeschlossenesund A2 331 -,-,extemes 72 -,-,Knauel 101 ff. -,-,kompakte Korper 71 -,-,Kugel 72 -,-,Stiibchen 74 -, freies 172,453 -,-,WLF 173 hydrodynamisches 385 -,-,Viskosiat 407 -,spezifisches, s.a. Dichte thermodynamisches, Def. 427 Volumenbruch, Def. 644 Volumenfliessindex 497 Volumenviskositiit, Def. 494 von Mises-Kriterium 576 Vorsatz, Computerindustrie 637 -,Finanz- und Gaswirtschaft 638 -,SI-Einheiten 637 Vorzugsadsorption, Mischloser 146
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Sachregister
Vorzugssolvatation 146,300,391 wanderung, loeuzungsfreie 81 Wbne. spezifische 427,433 Whefluss-Kalorimeuie 430 Whekapazittit 433 ff. -,iSobare 427 -,isobare spezifiihe 433 -,isochore 427,429 Wmeleimigkeit 433,435 Wasserstoffbriicke, Bhdungsenergie 129 -,Komplexe 346 Wechselwirkung, elektrmtatische 129 -,hydmdynamische 470 Irun-und langreichende 79 Wechselwirkungsparameter 305 -,T-Abhilngigkeit 306 Weibull-Verteilung 37 Weichheit 530 Weichmachung 461 ff. -,innere 462 Weissbruch 521 Werkstoffe, Verbrauch 1 Wesslau-Verteilung 33 Wiederholungseinheit, konstitutionelle 5 -,s.a. Repetiereinheit Wilhelmy-Methode 274 Williams-Landel-Ferry-Gl. 465 WLF,freies Volumen 173 WLF-Gleichung 465 Wolle. Benetzbarkeit 278 -,Verbmuch 1
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X - 5 W 241 X7G 253 Xanthan,Dimensionen 101 Xerogele 354,356 XR 269 X y M 253
Yamakawa-Stockmayer-Shimada-Thmie 104 Young-G1. 272 YSS-Theorie 104 z-Anteil,Def. 19 z-Mittel der Molmasse, Def. 20 z-statistisches Gewicht 18 mbruch, Def. 611 migkeit. Def. 531 men-Standardabweichung 32 Zahlenbmch, Def. 644 Zahlendichte., Def. 644 Zahlenkonzentration, Def. 644 Zahlenmittel der Molmasse, Def. 17-18,20 Zahlw6rter 637ff. Zeirfraktal 119 Zentralatom, asymmetrisches 13 Zentrum, stereogenes 13 Zilie, an Kristallen 203
667
Zimm-Crothers-Viskosimeter397 Zimm-Diagramm 152 Zimm-Gleichung 151 Zimm-Kilb-Thmrie 418,420 Zimm-Theorie, Dynamik 371 Zirhlardichroismus 53 ff. Zirkulardoppelbrechung 53 Zisman-Verfahren 277 Zufalls-Kette 80 Zugfestigkeit 520 -,Def. 570 -,Einfluss der Molmasse 612 Einfluss der Verarbeitung 613 -,theoretische 615,622 Zugkerbschlagfiigkeit 631 ZugmoduI 522 -,Bestimmung 525 -,Def. 492 ff., 568 -,Einfluss der Verarbeitung 613 -.realer 544 theoretischer 543 Zugnachgiebigkeit 522 Zugschlagziihigkeit 630 Zugspannung, Def. 492 ff. -,nominelle 570 -,wahre 520 Zugspannungs-Dehnungs-Diagramm 593 Zugspeichermodul 597 -,T-Abhagigkeit 602 Zugverhalten 530 Zugverlustmodul 597 Zugversuch 519 -,Fliesskritenum 576 Zugwerte. nominelle 519-520 Zustand, laistalliner 185 ff. Zustandsgleichung. rheologische 491 thermodynamische, Elastomere 553 Zustandsumwandlungen, Ordnung 427-429 Zweiphasenmodell 199 ff., 223 Zwischengitteratom 222 Zylinder 73 ff. -,Reibungskoeffiiienten 369 s. a. Sttibchen
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Englische Fachausdrucke a 636 Absorbeddose 635 Absorbed dose rate 635 Acceleration 635 Alternating axis 188 Alternating bipolymer 8 Amount concentration 17,644 Amountfraction 644 Amount of substance 634.644 Amount-of-substance concentration 17 Angular acceleration 635 Angular velocity 635 Anticlinal 197 Antithixotropy 505 Apparent molar mass 28, 142 Atacticity 15 Atomic force microscopy 202,269 Atomic mass constant 16 Atomistic modeling 122 Axis (PI. axes) 186 Barrier unit 480 Base physical quantity 634 Base unit 634 Basecentered 186 Bead-rodmodel 370 Bead-springmodel 125 Binding energy 282 Binghambody 505 Binodd 311 Bipolymer 8 Blob 180 Block copolymer 8 Board-shaped 237 Bodycentered 186 British unit 634 Brittle 531 Brittle fracture 611 Brownian dynamics 125 Brush 285 Bulk compliance 522 Bulkmodulus 522 Bulk viscosity 494 Butadiene rubber 645 Calamitic 237 Case I, case I1 484 Cauchy elongation 493,519 Cauchy strain 570 Chain unit 5 Chain with restricted rotation 85 Characteristic ration 90 Chemical potential 294 Cholesteric 240 Circular birefringence 53 Circular dichroism 53 Clearing temperature 449
Closed association 339 Closed miscibility loop 3 18 Cluster 366 Coacervation 313,346 Coarse graining 66,122 Cohesion energy 295 Cold flow 520,589 Comb molecule 8 Combinatorial entropy 307 Compatibilizer 257,285,317 Complex shear compliance 598 Complex shear modulus 598 Compliance 537 Compliance tensor 537 Concentrated solution 176 Concentration 644 Condis crystal 235 Configuration 12 Configurational isomer 12 Configurational partition function 88 Conformation 40 Conformational energy 43 Conformational isomer 42 Conformationally disordered crystal 235 Conformer 42 Considgre construction 571 Consistency index 507 Constitutional repeating unit 5 Constitutive equation 491 Contour length 75 Copolymer 8 Correlation length 181 Crack tip opening displacement 628 Craze 520,521 Creep experiment 589 Critical strain release rate 627 Critical stress intensity factor 625 Critical surface tension 278 Cross-link 555 Cr~~s-~haped 237 Cumulative distribution 29 Dash pot 585 Deborah number 483 Degree of crystallinity 221 Degree of polymerization of the polymer molecule 6 Density 644 Derived unit 634 Descriptor 517 Deviatoric stress 535 Differential distribution 29 Differential scanning calorimetry 430 Differential thermal analysis 430 Dilatancy 504 Dilatational stress 535 Dilute solution 176
Englische Fachausdrkke
Dimensional stability 433 Dimensionless quantity 643 Discontinuous distribution 29 Discotic 237,240 Discrete distribution 29 Doseequivalent 635 Drawratio 493,519 Ductile 531 Ductile fracture 611 Dynamic mechanical analysis 430 Dynamic viscosity 493 Elastic compliance tensor 537 Elastic dumbbell 125,370 Elastic modulus 596 Elastic shear deformation 493 Elastic stiffness tensor 537 Elasticity limit 522, 569 Elastomer 2 Elastomericfiber 2 Electric capacitance 635 Electric charge 635 Electric conductance 635 Electric current 634 Electric potential 635 Electric resistance 635 Electrophoresis 392 Ellipticity 53 Elongation 493.519 Elongation at break 520,570 Elongational viscosity 493,510 emf 635 Endgroup 5 Endzone 603 End-to-end distance 76,77 Energy 635 Energy minimization 126 Engineering strain 493.519 Engineering stress 493,519,570 Entanglement 179,378 Equation-of-state theory 310 Equivalent coil 91 Ersatzcoil 91 Exact enumeration 124 Exchange energy 282 Excluded volume 72 Exposure 635 Exposurerak 635 Extensional strain 535 Extensional viscosity 493,510 Facecentered 186 Failure 611 Falling dart test 630 FFF 391 Fiber 2 Field-flow fractionation 391 First n o d stress function 492 First-rank tensor 534
669 Flexural modulus 527 Flory-Huggins interaction parameter 305 Flow exponent 507 Flow FFF 391 Flowlaw 507 Fluid dynamics 370 Fluid mechanics 370 Fold(&) micelle 201 Force 639 Forced oscillation 595 Fourth-rank tensor 534 Fractal 119 Fraction 643 Fracture 611 Fracture elongation 520,570 Fracture strength 520 Fracture surface energy 627 Fracture toughness 625 Free volume 172 Free-drainingcoil 371 Freely jointed chain 83, 125,552 Freely rotating chain 84 Frequency 635 Frequency distribution 29 Friction coefficient 368 Fringed micelle 200 Fusion temperature 440 Gas evolution analysis 430 Gaussian distribution 3 1 Gel filtration 487 Gel permeation chromatography 487 Genericname 7 Gibbs phase rule 321 Glass temperature 454 Glass transition tempemure 454 Globule 111 GPC 487 Graded bipolymer 8 Hard-brittle 530 Hard-strong 530 Hard-tough 530 Heat 639 Heat deflection temperature 432 Heat distortion temperature 432 Heat-flux differential scanning calorimetry 430 Hencky strain 510,570 Heterotacticity 14 Higher order of ... 533 Hookeanbody 585 Hour glass diagram 318 Hydrodynamics 370 Hyperbranching 8 Identity 187 Illuminance 635 Impact modified 580
670 Impact strength 629 Imperialunit 634 Improper axis ( P I . improper axes) 188 Impulse 635 In-phase modulus 5% Infinitely dilute solution 176 Integral distribution 29 Interaction parameter 305 Interchange energy 297 Interface 268 Interfacial tension 271 Interpenetrating polymer network 645 Inversion center 188 Ionomer 264 Isoclinal 197 Isotacticity 14 Isotactic repeating unit 14 Isotropization temperature 449 Jog 222 Junction 555 Junction-affix model 557 Kinematic viscosity 493 Kuhniancoil 91 Kuhnian length 91 Lamella ( P I . lamellae) 201 Lattice 185 Lattice constant 186 Latticemodul 528 Latticeplane 186 Lattice polymer 8 LC 235 LCP 235 Length 634 Linearchain 8 Linear energy transfer 635 Linear low-density poly(ethy1ene) 645 Linearstrain 493 Liquid crystal 235 Liquid crystallinepolymer 235 Logarithmic normal distribution 33 Longton 636 Long-chain branch 8 Long-range interaction 79 Loop 282,555 Looseend 555 Lossangle 596 Losstangent 597 Lowdensity poly(ethy1ene) 645 Lower critical solution temperature 3 18 Luminous flux 635 Luminous intensity 634 Magnetic field strength 635 Magnetic flux 635 Magnetic flux density 635 Magnetic inductance 635 MainchainLCP 240
Englische Fachausdrucke
Mass 638 Mass concentration 644 Mass density 644 Mass fraction 644 Mass-average molar mass 17.18 Mass-average molecular mass 17, 18 Mass-average molecular weight 17 Mass-distribution function 30 Maxwell element 585 mc 637 mcg 637 MCLCP 240 Mean-field theory 106,304 Mean-square radius of gymtion 70 Melt flow index 497 Melt fracture 509 Melt volume index 497 Melting range 439 Melting temperature 440 Memory effect 507 Mer 5 Mesh 555 Meso 14 Metric ton(ne) 636 Microconfornation 40 Mirror axis (pl. mirror axes) 188 Mixing rule 545 mlg 641 mo 640 Modulus @I. moduli) 493,522 Modulus of elasticity 493 Modulus of rigidity 493 Molality 644 Molarmass 17 Molar optical rotation 54 Molar quantity 643 Molarity 644 Mole concentration 644 Mole fraction 643,644 Molecular dynamics 126 Molecular mass 16 Molecular mechanics 125 Molecular modeling 122 Molecular weight 17 Momentum 635 Monodispersity 6 Monomer(ic) unit 5 Monotacticity 14 Morphology 215 Most probable distribution 36 Mutual diffusion coefficient 364 Natdrubber 645 Necbng 519,571 Nematic 239 Network 555 Networkchain 555 Newtonian liquid 585 Newtonian viscosity 495
Englische Fachausdrucke Nicol prism 380 Nominalstrain 570 Nominalstress 493 Nominal tensile stress 519,570 Non-draining coil 371 Non-rigid 531 Normal dismibution 3 1 Normal stress 492,535 Normalizedquantity 643 Nucleating agent 209 Number concentration 644 Numberdensity 644 Numberfraction 644 Number-average molar mass 17 Number-average molecular mass 17 Number-average molecular weight 17 Numberdistributionfunction 30 Number-standard deviation 32 Numericalvalue 634 Oblate ellipsoid 73,369 Off-setstrain 570 Off-set yield stress 570 Openassociation 336 Optical birefringence 380 Optical rotatory dispersion 54 Orthompy 537 Out-of-phase modulus 5% Overlap concentration 176 particle scattering factor 150 Pearl necklace model 125,370 Periodic bipolymer 8 Permanent set 589 Perturbedcoil 79 Phantom network 557 Phaserule 321 Physical quantity 634 Physical unit 634 Planeangle 635 Plane of symmetry 188 Plastic 2 Plasticity 505 Plasticization 461 Plastification 461 Plastifying 461 Pleated sheet 1% Poisson ratio 523 Polydispersity index 25 Polymer melt 176 Polymer single crystal 201 Polymonomer name 7 Polymorphism 197 Potential energy 43 Power 639 Power law index 507 Powerampensated differential scanning calorimetry 430 PPb 644
67I
PPm 644 PPt 644 Precipitation fractionation 313 Preferential adsorption 146 Preferential solvation 300 Pressure 635 Primitive chain 474 Principal stress 576 Prolate ellipsoid 73,369 Proof stress 570 Proper axis of rotation 188 Proportionality limit 522,568 Prototile 185 QTPtheory 104 Quaterpolymer 8 Quinterpolymer 8 Racemo 14 Radian 639 Radioactivity 635 Radius of gyration 77.93 Random bipolymer 8 Randomcoil 77 Randomwak 80 Random-flight chain 80 Rateprocess 437 Rayleigh ratio 139 Reduced molecular mass 16 Redudquantity 643 Relative molecular mass 17 Relative permittivity 635 Relative quantity 643 Relative strain contraction 523 Relaxation 426 Relaxation time 588 Reptation 474 Response 588 Rheology 491 Rheopexy 505 Rigid polymer 531 Rigid-brittle 530 Rigid-ductile 530 Rigid-strong 530 Rigidity 530 RIS model 86 Rotamer 42 Rotary frictional coefficient 382 Rotation-reflexion axis 188 Rotational banier 43 Rotational isomer 42 Rotational isomeric state model 86 Roughness 268 Runnumber 27 Sanidic 237 S A N S 166 SAXS 161 scalar 534
672 Scaling 118 Scanning electron microscopy 269 Scanning force microscopy 269 SCLCP 240 Screening length 181 Screw repetition 48 SEC 487 Second-ranktensor 534 Secondary ion mass spectroscopy 269 Segment bipolymer 8 Self-avoiding walk 81 Self-diffusion 471 Self-reinforcing thermoplastic 253 Self-similarity 118 Semi-dilute solution 176 Semirigid 531 Shear band 521 Shear compliance 522 Shearflow 521 Shear loss modulus 596 Shear modulus 492,522 Shearrate 493 Shear storage modulus 596 Shear strain 492,535 Shearstress 492 Shear viscosity 493 Shearzone 521 Shear(ing) stress 493,535 Shear-thickening 504 Shear-thinning 504 Sheetpolymer 8 Shish-kebab 217 Shock absorber 586 Short ton 636 Short-chain branch 8 Short-range interaction 79 Shrinking factor 112 SI base unit 634 SI units 634 Side-chain LCP 240 Simple axis of rotation 188 Size exclusion chromatography 487 Slipboundary 368 Small angle neutron scattering 138,166 Small angle X-ray scattering 138,161 Smectic 239 Soft 531 Soft-ductile 530 Soft-strong 530 Soft-tough 530 Soft-Weak 530 Solid angle 639 Solubility coefficient 480 Solubility parameter 295 Spacegroup 187 Spacer 240 Specific quantity 643 Specimen 518 Speed,Def. 639
Englische Fachausdriicke
Spherulite 216 Spreading pressure 277 Spring 585 Spring-and-bead model 370 Standard linear solid 590 Static light scattering 138 Stationary viscosity 495 Statistical copolymer 8 Stem 202 Steradian 635 Stereorepeating unit 14 Sticky boundary 368 Stiffness 537 Stiffness tensor 537 Strain hardening 521,570 Strain ratio 493.519 Stress 492,635 Stress concentrator 611 Stress hardening 521,570 Stress relaxation 588 Stress softening 520 Stress whitening 521 Strong 531 Strong adsorption limit 282 Supplement of bond angle 75 Supplementary unit 634 Surface 268 Surface tension 271 Suspension 586 Syndiotactic repeating unit 14 Syndiotacticity 14 Tacticity 14 Tail 282 Tangling end 555 Tapered bipolymer 8 Temperature rising elution fractionation 321 Tensile compliance 522 Tensile impact test 630 Tensile modulus 493,522 Tensile strain 493,519 Tensile strain rate 493,510 Tensile strength 570 Tensile smngth at break 520 Tensile stress 492 Tensile viscosity 493 Tensor 534 Terpolymer 8 Test specimen 519 Tethered chain 285 Thermal analysis 430 Thermal transition 426 Thermodynamic equationaf-state 553 Thermodynamic temperature 634 Thermogravimetry 430 Thermomechanical analysis 430 Thermoplastic 2 Thermoplastic elastomer 2 Thermoset 2
Englische Fachausdrlickx
Theta solvent 328 Thetastate 328 Third-ranktensor 534 Thixotropy 595 Time 634 ton(ne) 636 Torsion angle 41 Torsion pendulum 595.598 Torsional braid analysis 430 Tough 531 Tracer 476 Train 282 Tmsition zone 603 Translation 187 Transmission electron microscopy 269 Trouton viscosity 493 Truestrain 570 Truestress 570 Tubemodell 474 Unified atomic mass constant 636 U n i f d atomic mass unit 16 Uniform loading 589 Uniformity 6 Unimolecular micelle 342 Unit cell 186. 199 Unity 647 Unperturbedcoil 79 Unpemubeddimension 86 Upper critical solution temperature 318 Valence-fom fieId 54 1 vector 534 Velocity, Def. 635 Velocity merit 493 Virial coefficient 145,327 Virtual transition temperature 450 Viscoelasticity 585 Viscosity 493 Viscosity at rest 495 Viscous modulus 596 Void 520 Volumefraction 644 Weak adsorption limit 282 Weight 635 Weight fraction 644 Wetting 272 Work 635 Yield point 520 Yield strength 569 Yieldstress 520 Yielding 569,611 Young's modulus 493 yr 636
Zero-shearviscosity 495 Zimm plot 152
673
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