Hinführung zur Theorie der FourierReihen Trigonometrische Reihen. Die FourierReihen sind benannt nach dem französische...
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Hinführung zur Theorie der FourierReihen Trigonometrische Reihen. Die FourierReihen sind benannt nach dem französischen Mathematiker Jean Baptiste Fourier (1768 1830), der bei Untersuchungen des Problems der Wärmeleitung trigonometrische Reihen verwendet hatte. Fourier war zwar keineswegs der erste, der mit trigonometrischen Reihen gearbeitet hat; aber er stellte die interessante Behauptung auf, eine beliebige Funktion auf einem beschränkten Intervall lasse sich durch eine trigonometrische Reihe darstellen. Die Beschäftigung mit dieser Frage hat in der Geschichte der Mathematik eine Fülle von Problemen hervorgerufen und den Anstoÿ zu vielfältigen Entwicklungen gegeben. Insbesondere hat die Diskussion dieser Probleme entscheidend zur Klärung des Funktionsbegris beigetragen (cf. [Yu]).
Eine trigonometrische Reihe, gelesen auf der ganzen reellen Zahlengerade, ergibt eine periodische Funktion. Daher haben sich die trigonometrischen Reihen als ein ideales Instrument zur Behandlung periodischer Prozesse erwiesen, insbesondere in der Physik; als Beispiel sei die Beschreibung von Schwingungsvorgängen und Prozessen der Ausbreitung von Wellen genannt.
Periodische Funktionen. Ich will einmal darlegen, wie man bei der Untersuchung der eingespannten schwingenden Saite zu periodischen Funktionen gelangt und damit zu deren Studium veranlaÿt wird. Mathematisch wird eine schwingende Saite beschrieben durch eine Funktion u(x, t), welche die Auslenkung der Saite aus der Ruhelage an der Stelle x zum Zeitpunkt t angibt. Die Funktion u = u(x, t) genügt der Wellengleichung 2 ∂ 2u 2 ∂ u = c , ∂t2 ∂x2
wobei c eine positive Konstante ist, die als Ausbreitungsgeschwindigkeit zu interpretieren ist. Im Jahre 1748 hat d'Alembert die Lösungsgesamtheit dieser Gleichung charakterisiert; und zwar ist eine zweimal stetig dierenzierbare Lösung der Wellengleichung stets von der Form
u(x, t) = ϕ(x + ct) + ψ(x − ct).1 Wir nehmen jetzt an, daÿ unsere Saite zwischen den Punkten 0 und l eingespannt ist; dies erzwingt die Forderung 1 Diese
Lösungsform erlaubt übrigens eine hübsche physikalische Interpretation. Der Summand ϕ(x+ct) läÿt sich nämlich deuten als eine mit der Geschwindigkeit c von rechts nach links verlaufende Welle auf der reellen Achse und der Summand ψ(x−ct) als eine von links nach rechts verlaufende Welle. Die Lösungsfunktion u(x, t) ergibt sich somit als Überlagerung zweier gegeneinander verlaufender Wellen.
u(0, t) = 0 = u(l, t) für alle t ∈ R. Diese Forderung heiÿt Randbedingung. Weil unsere Lösungsfunktion u(x, t) für alle Zeiten t erklärt sein soll, müssen die Funktionen ϕ und ψ auf ganz R deniert sein, obwohl nur eine Lösung u(x, t) für x ∈ [0, l] gesucht wird. Aus der Randbedingung ergibt sich jetzt
ψ(s) = −ϕ(−s) und
ϕ(s + l) = ϕ(s − l) für alle s ∈ R. Letztere Bedingung besagt gerade, daÿ ϕ eine 2lperiodische Funktion ist. Wir sehen also, daÿ physikalische Gesichtspunkte hier periodische Lösungen erfordern. Ein etwas anderer physikalischer Zugang zum vorliegenden Problem führt ebenfalls auf periodische Funktionen, nämlich die Betrachtung stehender Wellen. Diese drücken sich mathematisch als das Produkt zweier Funktionen aus, von denen die eine nur von der Zeit t und die andere nur vom Ort x abhängt:
u(x, t) = ϕ(t) h(x). Für eine solche (nicht identisch verschwindende) Funktion führt die Wellengleichung zur Beziehung
ϕ00 (t) h00 (x) = . c2 ϕ(t) h(x) Da die linke Seite nur von t und die rechte Seite nur von x abhängt, müssen beide Seiten von t und x unabhängig, also konstant sein. Die Randbedingung erfordert h(0) = h(`) = 0 und erzwingt somit, daÿ die betreende Konstante negativ ist;2 wir bezeichnen sie mit −ω 2 , ω > 0. Die hiermit sich ergebenden Gleichungen
ϕ00 (t) = −(cω)2 ϕ(t) h00 (x) = −ω 2 h(x) 2 Sonst
wäre nämlich h00 (x) = α2 h(x) mit α ≥ 0. Für α = 0 ergäbe sich eine anlineare Lösung h, die dann wegen der Randbedingung identisch verschwinden müÿte. Für α > 0 wäre h(x) = λeαx + µe−αx , λ, µ ∈ R, die allgemeine Lösung, und die Randbedingung würde λ = µ = 0 erzwingen.
haben periodische Lösungen:
ϕ(t) = λ1 cos cωt + λ2 sin cωt , λ1 , λ2 ∈ R, bzw. h(x) = µ1 cos ωx + µ2 sin ωx , µ1 , µ2 ∈ R.3 Diese Beobachtung legt die Vorstellung nahe, daÿ die trigonometrischen Funktionen Sinus und Kosinus die Basis für die Untersuchung periodischer Funktionen bilden; daher wollen wir uns künftig mit periodischen Funktionen der Periode 2π beschäftigen. Oenbar sind auch die Funktionen cos nx und sin nx, n ∈ N, 2π periodisch und folglich auch Linearkombinationen solcher Funktionen, die wir trigonometrische Polynome nennen:
X a0 X + an cos nx + bn sin nx. 2 Auch wenn wir hier unendliche Summen, sogenannte trigonometrische Reihen zulassen, erhalten wir Konvergenz vorausgesetzt 2π periodische Funktionen. Nun wollen wir umgekehrt im Sinne der Behauptung Fourier's das Ziel verfolgen, jede gutartige 2π periodische Funktion durch eine solche trigonometrische Reihe darzustellen. Viele Überlegungen werden durchsichtiger, wenn wir die trigonometrischen Funktionen Sinus und Kosinus durch die Exponentialfunktion ausdrücken. Die obige trigonometrische Reihe schreibt sich dann in der Form ∞ X
∞ einx + e−inx X einx − e−inx + an + bn 2 2i n=1 n=1 ∞ ∞ X an − ibn X an + ibn = a20 ei0·x + einx + e−inx 2 2 n=1 n=1 ∞ X = cn einx a0 2
n=−∞
½ mit c0 =
a0 2
und cn =
1 (a − ibn ) 2 n 1 (a + ib−n ) 2 −n
So werden nun die Reihen der Form legungen sein.
falls n ∈ N . falls n ∈ −N
∞ P n=−∞
cn einx Gegenstand unserer weiteren Über-
Die FourierKoezienten. Nehmen wir einmal an, es seien Koezienten (cn )n∈Z gegeben mit
∞ P
n∈−∞
|cn | < ∞. Dann konvergiert die trigonometrische Reihe
∞ P
cn einx
n=−∞
gleichmäÿig gegen eine stetige 2π periodische Funktion f. Wir können jetzt die Ko3 Aus
der Randbedingung ergeben sich die Forderungen µ1 = 0 und ω = πn/` mit n ∈ N.
ezienten cn aus der Kenntnis der Funktion f zurückgewinnen. Dazu benötigen wir die folgenden leicht zu verizierenden Orthogonalitätsrelationen:
1 2π
Zπ einx · e−imx dx = δn,m . −π
Unter Verwendung dieser Orthogonaltitätsrelationen erhalten wir für m ∈ Z
1 2π
Zπ
∞ X
f (x)e−imx dx = −π
n=−∞
cn
1 2π
Zπ
einx · e−imx dx = cm . −π
Im Sinne unserer Grundidee, zu einer 2π periodischen Funktion f eine trigonometrische Reihe zu nden, welche f darstellt, gibt uns die vorstehende Überlegung nun einen Hinweis, wie die Koezienten dieser trigonometrischen Reihe zu wählen sind. Wir denieren daher: Ist f : R → C irgendeine 2π periodische Funktion mit der Eigenschaft, daÿ die Einschränkung von f auf das Intervall [−π, π] integrierbar (z. B. eine Regelfunktion) ist, so nennt man
1 cn := 2π
Zπ f (x)e−inx dx, n ∈ Z, −π
den nten FourierKoezienten von f. Man schreibt auch cn =: fˆ(n) und nennt die Funktion
fˆ : Z → C die FourierTransformierte von f. Die Abbildung f 7→ fˆ heiÿt FourierTransformation. Wir beachten hier, daÿ wir keineswegs die Stetigkeit von f, sondern lediglich die Integrierbarkeit von f |[−π,π] voraussetzen müssen, um die FourierKoezienten bilden zu können. (Wir werden uns in der vorliegenden Abhandlung jedoch auf den Fall von Regelfunktionen beschränken. Eine 2π periodische Funktion heiÿt Regelfunktion, wenn ihre Einschränkung auf das Intervall [−π, π] eine Regelfunktion ist.) Daÿ wir auch für eine unstetige Funktion die FourierKoezienten (cn )n∈Z bilden ∞ X und damit eine trigonometrische Reihe cn einx gewinnen können, erweist sich n=−∞
als ein besonderer Vorteil. Wir werden nämlich sehen, daÿ viele unstetige Funktionen durch trigonometrische Reihen dargestellt werden können. Potenzreihen können derartiges bekanntlich nicht leisten. Dafür müssen wir bei trigonometrischen Reihen
allerdings auch ein erheblich komplizierteres Konvergenzverhalten in Kauf nehmen. Absolute Konvergenz ist im allgemeinen nicht zu erwarten; das hätte ja die Stetigkeit der trigonometrischen Reihe zur Folge. Also spielt auch die Summationsreihenfolge eine Rolle. Auch wird man nicht in jedem Punkt Konvergenz gegen den Funktionswert der vorgegebenen Funktion f erwarten dürfen; denn die Abänderung von f in einem einzigen Punkt (etwa an einer Unstetigkeitsstelle) wirkt sich oenbar überhaupt nicht auf die FourierKoezienten aus. Die hier angesprochenen Probleme lassen sich gut am Beispiel der 2π periodischen Fortsetzung f der Einschränkung sgn|[−π,π[ der Signumsfunktion sgn(x) beobach1 ten. Die FourierKoezienten von f lauten cn = (1 − (−1)n ). Es gilt zwar iπn ∞ X |cn | = ∞, aber die trigonometrische Reihe konvergiert wie wir später sehen n=−∞
werden für alle x ∈ R, wenn die Summationsreihenfolge durch die Vorschrift ∞ k X X inx cn e = lim cn einx festgelegt wird. Diese Reihe konvergiert sogar überall n=−∞
k→∞
n=−k
gegen f auÿer an den ungeradzahligen Vielfachen von π, so erhält man für x = −π k X cn ein(−π) = 0, k ∈ N. den Wert 0 wegen n=−k
Injektivität der FourierTransformation. Weil wie bereits bemerkt die Ab-
änderung einer Funktion f in einem einzigen Punkt keine Änderung der Fourier Koezienten bewirkt, ist die FourierTransformation auf dem Raum der 2π periodischen Regelfunktionen nicht injektiv. Stetige 2π periodische Funktionen jedoch sind durch ihre FourierKoezienten schon eindeutig festgelegt; i.e. für stetige 2π periodische Funktionen f und g folgt aus fˆ = gˆ bereits f = g. Dies kann man leicht aus einer geeigneten Version des Weierstraÿ'schen Approximationssatzes in Verbindung mit den obigen Orthogonalitätsrelationen ableiten. Dieser Approximationssatz lautet:
Jede stetige 2π periodische Funktion läÿt sich gleichmäÿig durch trigonometrische Polynome approximieren. Es gibt jedoch auch Möglichkeiten, die Injektivität der FourierTransformation auf dem Raum der stetigen 2π periodischen Funktionen zu beweisen, ohne den Approximationssatz eigens zu bemühen. Wir werden später eine entsprechende Methode kennenlernen, die dann ihrerseits wiederum den Approximationssatz impliziert. Aus der Injektivität der FourierTransformation für stetige 2π periodische Funktionen erhält man nun sofort das Resultat:
Ist die Reihe der FourierKoezienten einer stetigen 2π periodischen Funktion f absolut konvergent, so ist f durch eine trigonometrische Reihe darstellbar; es gilt für alle x ∈ R :
f (x) =
∞ X
fˆ(n)einx .
n=−∞
Dierenzierbarkeit. Man kann leicht hinreichende Bedingungen für die absolute Kon-
vergenz der Reihe der FourierKoezienten angeben. Es besteht nämlich ein enger Zusammenhang zwischen dem Dierenzierbarkeitsgrad einer 2π periodischen Funktion und dem Wachstumsverhalten ihrer FourierKoezienten. Ist f eine 2π periodische stetig dierenzierbare Funktion, so erhalten wir für die FourierKoezienten der Ableitung mittels partieller Integration
Zπ
1 (f 0 )ˆ(n) = 2π
in f 0 (x)e−inx dx = 2π
−π
Zπ f (x)e−inx dx = in fˆ(n). −π
Für k mal stetig dierenzierbare Funktionen ergibt sich durch Iteration
(f (k) )ˆ(n) = (in)k fˆ(n). Wegen der Stetigkeit von f (k) gilt dann
|(f
(k)
1 )ˆ(n)| ≤ 2π
Zπ |f (k) (x)|dx ≤ ||f (k) ||∞ := sup |f (k) (x)| < ∞, x∈[−π,π]
−π
und somit können die FourierKoezienten von f abgeschätzt werden durch
|fˆ(n)| ≤
||f (k) ||∞ , |n|k
n ∈ Z\{0}.
Ist f unendlich oft dierenzierbar, so existiert demnach für jedes k ∈ N eine Konstante Ck > 0 mit
|fˆ(n)| ≤
Ck , |n|k
n ∈ Z\{0}.
Umgekehrt ergibt sich aus den Sätzen über Dienzierbarkeit und gleichmäÿige Konvergenz, daÿ eine 2π periodische Funktion f, deren FourierKoezienten solche Abschätzungen zulassen, stets unendlich oft dierenzierbar ist. Weil die Reihe
∞ P n=−∞
n6=0
1 |n|2
konvergiert, ist insbesondere die Reihe der FourierKoezienten
einer zweimal stetig dierenzierbaren Funktion absolut konvergent. (Dieses Resultat
werden wir später noch verschärfen.)
Das RiemannLemma. Im allgemeinen werden wir jedoch - wie bereits festgestellt
- von der Reihe der FourierKoezienten einer 2π periodischen Regelfunktion keine absolute Konvergenz erwarten dürfen. Wir können aber immerhin zeigen, daÿ die FourierKoezienten einer 2π periodischen Regelfunktion für n → ∞ gegen 0 gehen. Dies folgt unmittelbar aus dem RiemannLemma:
Ist f eine Regelfunktion auf einem beschränkten abgeschlossenen Intervall [a, b], so gilt:
Zb f (x)einx dx = 0.
lim
n→±∞ a
(Aus diesem Resultat ergeben sich sofort die Beziehungen
Zb lim
Zb f (x) cos nx dx = 0,
n→∞
lim
f (x) sin nx dx = 0.)
n→∞
a
a
Beweis. Es genügt natürlich, die Behauptung für reellwertige Funktionen zu beweisen.
Zb einx dx | = |
Für f ≡ 1 ergibt sich |
1 inb ina 2 (e − e ) | ≤ und damit die Behaupin |n|
a
tung. Da diese Beziehung für beliebige Intervalle [a, b] gilt, folgt die Behauptung für Treppenfunktionen. Ist f Regelfunktion, so wählen wir zu ε > 0 eine Treppenfunktion Zb T mit |f − T | ≤ ε und bestimmen n0 so, daÿ | T (x)einx dx| < ε gilt für alle n mit a
|n| ≥ n0 . Dann folgt Zb |
Zb f (x)e
a
inx
dx| ≤ |
Zb (f (x) − T (x))e
inx
T (x)einx dx| ≤ ε(b − a) + ε.
dx| + |
a
a
Die Kreisgruppe. Oenbar kann man eine 2π periodische Funktion f : R → C mit
einer Funktion f˜ : T → C auf der Kreisgruppe T := {z ∈ C |z| = 1} (T = Torus) identizieren vermöge der Gleichung (cf. [Bl], Kap. 31)
f (x) = f˜(eix ),
x ∈ R.
Eine Funktion f˜ auf T heiÿt Regelfunktion, wenn f eine Regelfunktion auf dem Intervall [−π, π] ist; man setzt dann
Z
Zπ f˜(z)dσ(z) := −π
T
Das Integral
R
f (x)dx.
f˜(z)dσ(z) ist invariant gegenüber Translationen auf der Kreisgruppe;
T
i.e. für jedes w ∈ T gilt
Z
Z f˜(wz)dσ(z) =
T
f˜(z)dσ(z). T
Ferner gilt:
Z
Z f˜(z −1 )dσ(z) =
T
f˜(z)dσ(z). T
Die Faltung. Man kann auf der Kreisgruppe (allgemeiner: auf jeder lokalkompakten
Gruppe) die Faltung von Funktionen denieren. Die Denition einer Faltung erfolgt stets in Bezug Rauf ein translationsinvariantes Integral. Wie wir gesehen haben, ist unser Integral f˜ 7→ f˜(z)dσ(z) translationsinvariant. Zur Denition der Faltung normieren T
wir jedoch wie allgemein bei kompakten Gruppen üblich noch unser Integral; i.e. 1 wir multiplizieren es mit dem Faktor 2π , so daÿ die Funktion ≡ 1 den Integralwert 1 erhält. Für Regelfunktionen f˜, g˜ auf T denieren wir jetzt deren Faltungsprodukt als
1 f˜ ∗ g˜(w) := 2π
Z f˜(z)˜ g (z −1 w)dσ(z),
w ∈ T,
T
und erhalten damit eine stetige Funktion f˜ ∗ g˜ auf T. Auÿerdem denieren wir eine Involution f˜ 7→ f˜∗ durch
f˜∗ (z) := f˜(z −1 ),
z ∈ T.
Aufgrund unserer Identizierung der Funktionen auf T mit den 2π periodischen Funktionen auf R erhalten wir somit auch ein Faltungsprodukt und eine Involution für 2π periodische Regelfunktionen f, g auf R :
1 f ∗ g(y) := f˜ ∗ g˜(e ) = 2π
Z
1 f˜(z)˜ g (z e )dσ(z) = 2π
Zπ
−1 iy
iy
T
f (x)g(y − x)dx, −π
y ∈ R,
f ∗ (x) := f˜∗ (eix ) = f˜(e−ix ) = f (−x),
x ∈ R.
Man veriziert ohne Schwierigkeiten, daÿ das Faltungsprodukt linear in beiden Faktoren, assoziativ und kommutativ ist; die Involution ist konjugiert linear und mit dem Faltungsprodukt verträglich. Genauer gelten für 2π periodische Regelfunktionen f, f1 , f2 , g, g1 , g2 , h und für Skalare λ1 , λ2 ∈ C die Beziehungen: (i) (λ1 f1 + λ2 f2 ) ∗ g = λ1 (f1 ∗ g) + λ2 (f2 ∗ g); (ii) f ∗ (λ1 g1 + λ2 g2 ) = λ1 (f ∗ g1 ) + λ2 (f ∗ g2 ); (iii) f ∗ (g ∗ h) = (f ∗ g) ∗ h; (iv) f ∗ g = g ∗ f ;
¯1f ∗ + λ ¯2f ∗; (v) (λ1 f1 + λ2 f2 )∗ = λ 1 2 (vi) (f ∗ g)∗ = g ∗ ∗ f ∗ ; (vii) f ∗∗ = f. Es sei erwähnt, daÿ Gleichung (iv) bei Verallgemeinerung unserer Begrie auf lokal kompakte Gruppen nur für kommutative Gruppen gilt.
Faltungsprodukt und FourierTransformation. Wir werden jetzt zeigen, daÿ die
FourierTransformation das Faltungsprodukt von Funktionen in das punktweise Produkt und die Involution in die Konjugation überführt. Dazu bezeichnen wir für jedes n ∈ Z mit en die 2π periodische Funktion en (x) := einx , x ∈ R. Oenbar gilt e∗n = en . Für eine feste 2π periodische Regelfunktion f ist die Abbildung g 7→ f ∗ g ein linearer Operator im Raum der 2π periodischen Regelfunktionen. Die folgende Gleichung zeigt, daÿ en ein Eigenvektor (wir sagen: Eigenfunktion) dieses Operators zum Eigenwert fˆ(n) ist:
1 f ∗ en (y) = 2π
Zπ f (x)en (y − x)dx = fˆ(n)en (y),
y ∈ R;
−π
i.e.
f ∗ en = fˆ(n)en .
Für das Faltungsprodukt zweier 2π periodischen Regelfunktionen f und g erhalten wir nach den Rechenregeln für das Faltungsprodunkt:
(f ∗ g)ˆ(n)en = (f ∗ g) ∗ en = f ∗ (g ∗ en ) = f ∗ (ˆ g (n)en ) = gˆ(n)(f ∗ en ) = gˆ(n)fˆ(n)en ;
i.e. (f ∗ g)ˆ = fˆ · gˆ. Für die Involution ergibt sich
(f ∗ )ˆ(n)en = f ∗ ∗ en = (e∗n ∗ f )∗ = (f ∗ en )∗ = (fˆ(n)en )∗ = fˆ(n)e∗n = fˆ(n)en ; i.e. (f ∗ )ˆ = fˆ.
Der DirichletKern. Bei der angestrebten Darstellung einer 2π periodischen Funktion f durch die trigonometrische Reihe
∞ P
cn einx werden wir weder gleichmäÿige
n=−∞
noch unbedingte Konvergenz der jeweiligen Reihe erwarten dürfen. Gleichmäÿige Konvergenz würde nämlich die Stetigkeit von f notwendig voraussetzen. Und unbedingte Konvergenz liegt ja schon - wie wir gesehen haben - beim einfachen Beispiel der 2π periodischen Fortsetzung der Funktion sgn|[−π,π[ nicht vor. Wir vereinbaren daher, daÿ mit µ dem Begri Konvergenz der trigonometrischen ¶ k P Reihe stets die Konvergenz der Folge cn einx gemeint ist. Dementsprechend n=−k
k∈N
betrachten wir zu einer 2π periodischen Regelfunktion f das trigonometrische Polynom
Sk f (x) :=
k X
fˆ(n)einx ,
k ∈ N,
n=−k
und untersuchen die Frage, unter welchen Voraussetzungen Sk f für k → ∞ gegen f konvergiert. Wir nennen Sk f das k te FourierPolynom von f. Die Folge (Sk f )k∈N ∞ P fˆ(n)einx bezeichnet; mit diesem heiÿt die FourierReihe von f und wird mit n=−∞
Symbol bezeichnen wir im Konvergenzfall auch die Grenzfunktion. Wir können Sk f durch eine Faltung f ∗Dk von f mit einer stetigen 2π periodischen Funktion Dk ausdrücken:
Sk f (y) =
k X
fˆ(n)e
n=−k
Die gerade Funktion Dk (x) := 4 Die
iny
1 = 2π
Zπ f (x) −π
k P n=−k
k X
ein(y−x) dx = f ∗ Dk (y).
n=−k
einx heiÿt DirichletKern kten Grades.4 Aus den
FourierTransformierte ½ ¾ von Dk ist oenbar die Funktion χk : Z → C, deniert durch 1 falls |n| ≤ k χk (n) = . Es folgt (f ∗ Dk )ˆ = fˆ · χk = (Sk f )ˆ, woraus wir die Beziehung 0 falls |n| > k f ∗ Dk = Sk f wiedernden.
Orthogonalitätsrelationen der Funktionen einx folgt
k X
inx
e
=e
−ikx
2k X n=0
n=−k
inx
e
=
ei(2k+1)x − e−ikx eix − 1
1
1 2π
Rπ −π
Dk (x)dx = 1. Die Rechnung
1
1
ei(k+1)x − e−ikx ei(k+ 2 )x − e−i(k+ 2 )x = = x x eix − 1 ei 2 − e−i 2
liefert eine Darstellung des DirichletKerns durch den Term
sin(k + 12 )x . sin x2
Dk (x) =
Aus dieser Darstellung des DirichletKerns folgert man jetzt mit Hilfe des Riemann Lemmas die Beziehung
lim f ∗ Dk (0) = 0
k→∞
für jede 2π periodische Regelfunktion f, die auf einer Nullumgebung verschwindet. Für eine solche Funktion f ist nämlich g(x) := f (x)/ sin x2 eine Regelfunktion auf [−π, π], und die Behauptung ergibt sich aus der Gleichung
1 f ∗Dk (0) = 2π
Zπ
Zπ
1 1 g(x) sin(k+ )xdx = 2 2π
−π
x 1 g(x) cos sin kxdx+ 2 2π
−π
Zπ g(x) sin
x sin kxdx. 2
−π
Die BesselUngleichung. Für eine 2π periodische Regelfunktion f gilt stets 1 f ∗ ∗ f (0) = 2π
Zπ f (−x)f (−x)dx ≥ 0. −π
Wir zerlegen f in der Form f = Sk f + g. Es gilt
(Sk f )ˆ = (f ∗ Dk )ˆ = fˆ · χk und daher
gˆ = (f − Sk f )ˆ = fˆ(1 − χk ). Wir folgern
(g ∗ ∗ Sk f )ˆ = g¯ˆ · fˆ · χk = |fˆ|2 (1 − χk )χk = 0
und somit g ∗ ∗ Sk f = 0. Ebenso ergibt sich (Sk f )∗ ∗ g = 0. Wir erhalten daraus
f ∗ ∗ f = (Sk f )∗ ∗ Sk f + g ∗ ∗ g ≥ (Sk f )∗ ∗ Sk f. Die Auswertung im Nullpunkt liefert
∗
f ∗ f (0) ≥
k X
fˆ(n)(Sk f ∗ ∗ en )(0) =
n=−k
k X
k X
fˆ(n)(Sk f )ˆ(n) =
|fˆ(n)|2 .
n=−k
n=−k
Diese Ungleichung heiÿt BesselUngleichung. Weil sie für alle k ∈ N gilt, folgt ∞ X
|fˆ(n)|2 ≤ f ∗ ∗ f (0).
n=−∞
Diese Ungleichung ist eine stärkere Aussage als das RiemannLemma. Insbesondere impliziert sie, daÿ die FourierReihe einer stetig dierenzierbaren Funktion f stets absolut konvergiert. Nach der CauchySchwartzUngleichung gilt nämlich für jedes k∈N:
k X n=−k
|fˆ(n)| = fˆ(0) +
k X n=−k n6=0
k X
k X
n6=0
n=−k n6=0
1 1 |(f 0 )ˆ(n)| ≤ fˆ(0) + · |n| n2 n=−k
12 |(f 0 )ˆ(n)|2 .
Als Konsequenz erhalten wir:
Eine stetig dierenzierbare 2π periodische Funktion wird stets durch ihre FourierReihe dargestellt. Die FourierReihe konvergiert absolut und gleichmäÿig.
Punktweise Konvergenz. Wir werden jetzt die Darstellbarkeit einer Funktion durch ihre FourierReihe auf eine gröÿere Klasse von Funktionen ausdehnen. Insbesondere enthält diese Funktionenklasse auch unstetige Funktionen. Wir beschränken uns allerdings weiterhin auf Regelfunktionen.
Eine Regelfunktion f besitzt in jedem Punkt y einen linksseitigen und einen rechtsseitigen Grenzwert, den wir mit f (y−) bzw. f (y+) bezeichnen. Wir können daher in jedem Punkt y den Mittelwert
M f (y) :=
f (y−) + f (y+) 2
des links und rechtsseitigen Grenzwertes bilden. In einem Stetigkeitspunkt y fällt natürlich M f (y) mit f (y) zusammen. Wir sagen, f genügt im Punkt y einer linksseitigen bzw. rechtsseitigen Lipschitz Bedingung, wenn δ, L > 0 existieren derart, daÿ
|f (x) − f (y−)| ≤ L|x − y| bzw. |f (x) − f (y+)| ≤ L|x − y|
für alle x ∈ ]y − δ, y[ für alle x ∈ ]y, y + δ[
gilt. Diese Bedingung ist sicherlich dann erfüllt, wenn f in y eine linksseitige bzw. rechtsseitige Ableitung besitzt, d.h. wenn die Funktion
½
f (x) x 7→ ½ f (y−) f (x) bzw. x 7→ f (y+)
falls falls falls falls
¾ xy auf [y, ∞[ x=y
in y dierenzierbar ist.
Genügt eine 2π periodische Regelfunktion f im Punkt y einer linksseitigen und rechtsseitigen LipschitzBedingung, so konvergiert die FourierReihe von f im Punkt y gegen M f (y). Zum Beweis dürfen wir y = 0 annehmen, indem wir f durch die Funktion fy (x) := f (x + y) ersetzen; es gilt nämlich
Sk f (y) = f ∗ Dk (y) = fy ∗ Dk (0). Ferner dürfen wir M f (0) = 0 annehmen, indem wir f durch f (x) − M f (0) ersetzen. Sei nun eine beliebig kleine Zahl ε > 0 vorgegeben. Wir bestimmen δ, L > 0 gemäÿ der Denition der linksseitigen und rechtsseitigen LipschitzBedingung. Durch Verkleinerung von δ können wir die Beziehungen π4 Lδ < 2ε und δ < π3 erreichen. Wir zerlegen jetzt die Funktion f in der Form f = f1 + f2 , wobei f1 , f2 2π periodische Regelfunktionen sind mit der Eigenschaft, daÿ f1 auf der δ Umgebung Uδ (0) des Nullpunktes verschwindet und auf [−π, π[ \ Uδ (0) mit f übereinstimmt. Nach den Eigenschaften des DirichletKerns ist f1 ∗Dk (0) < 2ε für k ≥ k0 . Andererseits folgt unter Beachtung der Eigenschaften des DirichletKerns
1 |f2 ∗ Dk (0)| = | 2π 1 = | 2π =
L π
Zδ 0
Z0
Zδ f (x)Dk (x)dx +
−δ Zδ
1 f (x)Dk (x)dx| = | 2π
0
Zδ (f (−x) + f (x))Dk (x)dx | 0
1 (f (−x) − f (0−) + f (x) − f (0+))Dk (x)dx| ≤ 2π
0
Zδ 2L|x| 0
| sin(k + 12 )x| dx | sin x2 |
x dx. sin x2
Eine Anwendung des Mittelwertsatzes liefert Abschätzung
|f2 ∗ Dk (0)| ≤
sin x2 x
≥
1 4
auf [0, δ], so daÿ wir die
4Lδ ε < π 2
erhalten. Insgesamt ergibt sich also |f ∗Dk (0)| < ε für k ≥ k0 und damit lim Sk f (0) = k→∞ 0.
Der FejérKern. Der vorherige Abschnitt zeigt, daÿ selbst gewisse unstetige 2π
periodische Funktionen durch ihre FourierReihe dargestellt werden können. Es liegt nun die Frage nahe, ob dies nicht wenigstens auch für jede stetige 2π periodische Funktion gilt, wenngleich freilich nicht jede stetige 2π periodische Funktion die oben angeführten Voraussetzungen für die punktweise Konvergenz erfüllt. Die Antwort ist in der Tat negativ; Paul du BoisReymond hat im Jahre 1872 die Existenz einer stetigen 2π periodischen Funktion bewiesen, deren FourierReihe in mindestens einem Punkt divergiert (cf. [Kör], 18).5
Andererseits wissen wir nach der obigen Version des Weierstraÿ'schen Satzes, daÿ sich eine stetige 2π periodische Funktion f stets gleichmäÿig durch trigonometrische Polynome approximieren läÿt. Für eine konkrete gleichmäÿige Approximation werden wir nun freilich nicht die FourierPolynome Sk f selbst heranziehen können. Eine geeignete Mittelbildung der Sk f jedoch wird zum Ziele führen. Das arithmetische Mittel
σk f :=
1 (S0 f + S1 f + . . . + Sk f ) k+1
heiÿt CesàroMittel; oenbar können wir σk f durch das Faltungsprodukt
σk f = f ∗ Fk 5 Die
FourierReihe einer stetigen 2π periodischen Funktion f von beschränkter Variation dagegen konvergiert überall gegen f, sogar gleichmäÿig (cf. [Bl], 326).
darstellen mit
Fk :=
1 (D0 + D1 + . . . + Dk ). k+1
Fk heiÿt FejérKern.6 Fk ist eine 2π periodische gerade Funktion und kann durch den Term x sin2 k+1 1 2 Fk (x) = · k+1 sin2 x2 ausgedrückt werden. Der FejérKern hat folgende Eigenschaften (cf. [La], Chap. II): (a) Fk ≥ 0; (b)
1 2π
Rπ
Fk (x) dx = 1;
−π
(c) ist δ eine beliebig kleine Zahl mit 0 < δ < π, so existiert zu jedem ε > 0 ein k0 derart, daÿ für alle k ≥ k0 gilt:
1 2π
Zδ Fk (x) dx > 1 − ε. −δ
Die Eigenschaft (a) folgt unmittelbar aus dem den FejérKern darstellenden Term. Die Eigenschaft (b) ergibt sich aus der Denition von Fk . Die Eigenschaft (c) besagt, daÿ sich die Masse von Fk mit wachsendem k auf beliebig kleine Nullumgebungen konzentriert. Man erhält diese Aussage unter Verwendung des den FejérKern darstellenden Terms aufgrund folgender Abschätzung:
−δ Z Zπ Zπ Zπ 1 1 1 1 1 1 1 Fk (x)dx + Fk (x)dx = Fk (x)dx ≤ · · 2 δ. 2 x dt ≤ 2π π k+1 π k + 1 sin 2 sin 2 −π
δ
δ
δ
Die Eigenschaften (a) (c) liefern den Schlüssel für den Beweis des FejérTheorems:
Ist f eine stetige 2π periodische Funktion, so konvergiert σk f für k → ∞ gleichmäÿig gegen f. 6 Die
FourierTransformierte von Fk lautet Fˆk (n) =
1 k+1
max(k + 1 − |n|, 0).
(Da die CesàroSummen σk f trigonometrische Polynome sind, impliziert dieses Resultat den Weierstraÿ'schen Approximationssatz. Auch die Injektivität der Fourier Transformation auf dem Raum der stetigen 2π periodischen Funktionen ist eine unmittelbare Konsequenz dieser Aussage.)
Beweis. f ist beschränkt (i.e. |f | ≤ c) und gleichmäÿig stetig. Also existiert zu einer vorgegebenen Zahl ε > 0 ein δ > 0, so daÿ aus |s − t| < 2δ stets |f (s) − f (t)| < ε folgt. Wir dürfen δ < π annehmen und erhalten jetzt für k ≥ k0 und für alle y ∈ R :
1 |σk f (y) − f (y)| = 2π
Zπ Fk (x)(f (y − x) − f (y))dx
−πδ Z Zπ 1 ≤ Fk (x) · ε dx + 2 Fk (x) · 2c dx 2π −δ
δ
≤ ε + 2cε. Es sei bemerkt, daÿ eine derartige Argumentation nicht möglich ist, wenn man den FejérKern durch den DirichletKern ersetzt. Dk (x) nimmt nämlich auch negative Werte an; und eine entsprechende Abschätzung unter Verwendung des Absolutbetrages Rπ |Dk (x)| führt auch nicht zum Ziel, weil |Dk (x)|dx mit wachsendem k gegen Unendlich −π
geht (cf. [Ed]).
Das FejérTheorem hat als Nebenprodukt die folgende interessante Konsequenz: Sei f eine stetige 2π periodische Funktion und sei y ∈ R. Aufgrund des Resultats von Paul du BoisReymond braucht zwar die FourierReihe von f im Punkte y nicht zu konvergieren; wenn sie aber konvergiert, dann konvergiert sie gegen f (y). Gilt nämlich ∞ P fˆ(n)einy = lim Sk (y) =: s, so ergibt sich aus der Denition von σk f als Cesàro n=−∞
k→∞
Mittel sogleich die Beziehung lim σk f (y) = s und folglich nach dem FejérTheorem k→∞
das Ergebnis s = f (y).
AbelPoissonSummation. Nehmen wir einmal an, es sei eine stetige 2π periodische Funktion f gegeben, deren FourierReihe im Punkte y konvergiert. Dann konvergiert ∞ P oenbar die Reihe fˆ(0) + (fˆ(n)einy + fˆ(−n)e−iny ) gegen f (y). Nach dem Abelschen n=1
Grenzwertsatz wird demnach durch
r→ 7 Ar f (y) := fˆ(0) +
∞ X (fˆ(n)einy + fˆ(−n)e−iny )rn n=1
eine stetige Funktion auf [0, 1] deniert; insbesondere gilt
lim Ar f (y) = f (y). r↑1
Nun lassen wir die Voraussetzungen der Stetigkeit von f und der Konvergenz der FourierReihe im Punkte y fallen und verlangen nur noch, daÿ f eine 2π periodische Regelfunktion ist. Dann konvergiert für jeden Punkt y ∈ R die Reihe Ar f (y) wenigstens für alle 0 ≤ r < 1. Wir stellen nun Ar f (y) in der Form
Ar f (y) =
∞ X
fˆ(n)r|n| einy
n=−∞
dar. Für jedes r ∈ [0, 1[ konvergiert diese Reihe gleichmäÿig gegen die 2π periodische stetige Funktion Ar f. Deren FourierTransformierte lautet demnach
(Ar f )ˆ(n) = fˆ(n)r|n| = fˆ(n) Pˆr (n) mit Pr (x) :=
∞ P n=−∞
r|n| einx . Aufgrund der Beziehung zwischen Faltungsprodukt und
FourierTransformation ergibt sich
Ar f = f ∗ Pr . Die Funktion Pr heiÿt PoissonKern und gestattet eine Darstellung durch den Term
Pr (x) =
1 − r2 . 1 − 2r cos x + r2
Die für den FejérKern aufgeführten Eigenschaften (a) (c) gelten sinngemäÿ auch für Rπ 1 den PoissonKern: Wir haben Pr ≥ 0 (sogar Pr > 0) und 2π Pr (x)dx = Pˆr (0) = 1; −π
ebenso konzentriert sich die Masse von Pr auf beliebig kleine Nullumgebungen, wenn nur r nahe genug bei 1 liegt. Wir erhalten somit ein Analogon zum FejérTheorem:
Ist f eine stetige 2π periodische Funktion, so konvergiert Ar f für r → 1 gleichmäÿig gegen f. Wir können aber auch leicht eine Aussage über die punktweise Konvergenz von Ar f für beliebige Regelfunktionen f beweisen:
Ist f eine 2π periodische Regelfunktion, so konvergiert Ar f (y) für r → 1 gegen M f (y) in jedem Punkt y.
Beweis. Wie beim Beweis der punktweisen Konvergenz der FourierReihe dürfen wir wieder y = 0 und M f (y) = 0 annehmen. Da f beschränkt ist (i.e. |f | ≤ c), erhalten wir dann
1 |Ar f (0)| ≤ | 2π
Z0
Zδ Pr (x)f (−x)dx + 0
−δ
≤
1 2π
1 Pr (x)f (−x)dx| + π
Zδ
Pr (x)|f (x) + f (−x)|dx + 0
c π
Zπ Pr (x) · c dx δ
Zπ Pr (x) dx. δ
Der erste Summand wird für genügend kleines δ beliebig klein wegen lim
x→0
f (x)+f (−x) 2
=
M f (0) = 0, und der zweite Summand wird wegen der Eigenschaften von Pr beliebig klein, wenn r genügend nahe bei 1 liegt. Die hier für Ar f bewiesene punktweise Konvergenz gilt gleichermaÿen auch für σk f. Der Beweis überträgt sich nahezu wörtlich.
Das DirichtletProblem auf der Kreisscheibe. Mittels der AbelPoissonSummation gelingt es uns auch sehr leicht, eine Lösung des Dirichletschen Randwertproblems auf der Einheitskreisscheibe anzugeben: Ist f˜ eine stetige reellwertige Funktion auf T, so nde man eine stetige Funktion H auf der abgeschlossenen Einheitskreisscheibe {|w| ≤ 1} in C, welche auf T mit f˜ übereinstimmt und in {|w| < 1} harmonisch ist. Sei also periodische cn := fˆ(n) zu
f˜ eine stetige reellwertige Funktion auf T und sei f die zugehörige 2π Funktion auf R. Weil f reellwertig ist, gilt für die FourierKoezienten die Beziehung c−n = c¯n , so daÿ sich die AbelPoissonSumme errechnet
Ar f (y) = c0 +
∞ ∞ X X (cn rn einy + cn rn einy ) = c0 + 2Re cn wn n=1
n=1
mit w := r eiy . Die Funktion
H(w) := Ar f (y) = f ∗ Pr (y) ist also Realteil einer in {|w| < 1} holomorphen Funktion und damit harmonisch in {|w| < 1}. Andererseits wissen wir, daÿ Ar f für r → 1 gleichmäÿig gegen f
konvergiert. Demnach setzt f˜ die Funktion H zu einer stetigen Funktion auf {|w| ≤ 1} fort; diese fortgesetzte Funktion löst das DirichletProblem. Die Gleichung Ar f (y) = f ∗ Pr (y) erlaubt uns auch eine Integraldarstellung unserer harmonischen Funktion H(w); und zwar gilt mit z = eix die Gleichung
Zπ
1 H(w) = 2π
Z
1 f (x)Pr (y − x)dx = 2π
f˜(z)P˜r (z −1 eiy )dσ(z),
−π
T
wobei
P˜r (z −1 eiy ) =
1 − r2 1 − |w|2 1 − |w|2 = = . 1 − 2r Re ei(y−x) + r2 1 − (wz −1 + w¯ ¯ z −1 ) + |w|2 |w − z|2
Wir erhalten damit für H(w) die als PoissonIntegral bezeichnete Darstellung
1 H(w) = 2π
Z
2
1 − |w| f˜(z) dσ(z). |w − z|2
T
Der konjugierte PoissonKern. Natürlich ist auch der Imaginärteil einer kom∞ P
plexen Potenzreihe
v(w) := Im tion.
∞ P n=1
n=0
cn wn eine harmonische Funktion. Die harmonische Funktion
n
cn w heiÿt die zu u(w) := Re
∞ P n=0
cn wn konjugierte harmonische Funk-
Die zu der im vorherigen Abschnitt denierten harmonischen Funktion H(w) konjugierte harmonische Funktion lautet demnach
K(w) : = 2 Im =
1 i
=
1 i
∞ P
∞ P
cn w n =
n=1 n
(cn r e
n=1 ∞ P
n=−∞
iny
1 i
∞ P
(cn wn − c¯n w¯ n )
n=1
− c−n rn e−iny )
sgn(n)cn r|n| einy =: Br f (y),
wobei wiederum w = r eiy gesetzt wurde. Nun läÿt sich Br f ähnlich wie Ar f im vorletzten Abschnitt durch eine Faltung
Br f = f ∗ Q r ausdrücken; es gilt nämlich
1 ˆ r (n) (Br f )ˆ(n) = fˆ(n) · ( sgn(n)r|n| ) = fˆ(n) · Q i mit Qr (x) :=
∞ P n=−∞
1 i
sgn(n)r|n| einx . Die Funktion Qr heiÿt der konjugierte Poisson
Kern7 und kann durch den Term
Qr (x) =
2r sin x 1 − 2r cos x + r2
ausgedrückt werden. Im Gegensatz zu Pr besitzt Qr nicht die für den FejérKern aufgeführten Eigenschaften (a) (c), welche die gleichmäÿige Konvergenz von Ar f gegen f für r → 1 gewährleisteten; gleichmäÿige Konvergenz von Br f für r → 1 können wir daher im allgemeinen nicht erwarten. Falls jedoch die konjugierte Fourier Reihe ∞ X 1 sgn(n)cn einx i n=−∞
gegen eine stetige Funktion g(x) konvergiert, dann konvergiert Br f für r → 1 gleichmäÿig gegen g. Eine einfache Rechnung ergibt nämlich (Br f )ˆ = (Ar g)ˆ und damit Br f = Ar g. Die Abbildung f 7→ Hf := g heiÿt HilbertTransformation. Es ist klar, daÿ Hf insbesondere dann stetig ist, wenn f stetig dierenzierbar ist. In diesem Fall ergibt sich
µ
1 Hf (y) = lim f ∗ Qr (y) = lim − r→1 r→1 2π 1 r→1 2π
¶ Zπ f (x)
d log(1 − 2r cos(y − x) + r2 ) dx dx
−π
Zπ
f 0 (x) log(1 − 2r cos(y − x) + r2 ) dx = f 0 ∗ W (y)
= lim
−π
mit W (x) := log(sin2 x2 ).
Das NeumannProblem auf der Kreisscheibe. Der konjugierte PoissonKern wird uns nun zu einer Lösung des NeumannProblems auf der Einheitskreisscheibe verhelfen: ˜ eine stetige reellwertige Funktion auf T mit Ist h
R
˜ h(z)dσ(z) = 0, so nde man
T
eine stetige Funktion K(w) auf der abgeschlossenen Einheitskreisscheibe {|w| ≤ 1} 7 Ganz
allgemein nennt man die Reihe
konjugierte FourierReihe.
∞ P n=−∞
1 inx i sgn(n)cn e
die zur FourierReihe
∞ P n=−∞
cn einx
in C, welche in {|w| < 1} harmonisch ist und in den Punkten z ∈ T eine Ableitung ˜ ∂ν K(z) in Normalenrichtung besitzt mit ∂ν K(z) = h(z). (Mit ∂ν K(z) ist hier die Ableitung in Richtung der inneren Normale gemeint, also
∂ν K(z) = die Bedingung
R
d |t=0 K(z − tz) = lim dK(z − tz)(−z); t→0 dt t>0
˜ h(z)dσ(z) = 0 wird durch die Greensche Formel (cf. [Zy]) erzwungen.)
T
˜ gehörige 2π periodische Funktion auf R und sei f (x) := Sei h die zu h
Rx
h(t)dt.
0
Dann ist f 2π periodisch und stetig dierenzierbar. Nach dem vorherigen Abschnitt ist
K(w) := f ∗ Qr (y),
w = reiy ,
eine harmonische Funktion in {|w| < 1}, die sich zu einer stetigen Funktion auf d Qr = − 1r Pr0 erhalten {|w| ≤ 1} fortsetzen läÿt. Unter Verwendung der Beziehung dr wir für z = eiy
dK((1 − t)eiy )(−eiy ) = − lim ∂ν K(z) = lim t→0 r↑1
t>0
= lim r↑1
1 1 · r 2π
d f ∗ Qr (y) dr
Zπ ˜ f 0 (x)Pr (y − x) dx = lim f 0 ∗ Pr (y) = f 0 (y) = h(z). r↑1
−π
Die Funktion K(w) löst also das NeumannProblem. Auf ähnliche Weise wie im vorletzten Abschnitt läÿt sich auch das konjugierte PoissonIntegral als Integral über T darstellen:
1 K(w) = 2πi
Z
w¯ z − wz ¯ f˜(z) dσ(z). |w − z|2
T
Der Gauÿsche Kern. Abschlieÿend behandeln wir die Wärmeleitungsgleichung auf der Einheitskreislinie T bei gegebener Anfangsbedingung g˜(z), z ∈ T (cf. [DK], 1.8.3). Diese Gleichung beschreibt die Temperaturverteilung u ˜(z, t), z ∈ T, zum Zeitpunkt t > 0, falls zum Zeitpunkt t = 0 die Temperaturverteilung durch die Funktion g˜(z), z ∈ T, gegeben ist. Identizieren wir die Funktionen auf T wie gewohnt mit 2π periodischen Funktionen auf R, so lautet die Wärmeleitungsgleichung:
∂2 ∂ u(x, t) = u(x, t), 2 ∂x ∂t
(W)
x ∈ R, t > 0.
Die Anfangsbedingung drückt sich aus in der Gleichung (A)
u(x, 0) = g(x),
x ∈ R.
Dabei nehmen wir an, daÿ g stetig ist. Die Aufgabe lautet somit:
Zu einer stetigen 2π periodischen Funktion g(x) nde man eine stetige Funktion u(x, t), x ∈ R, t ≥ 0, die in x 2π periodisch und für t > 0 zweimal stetig dierenzierbar in x und einmal stetig dierenzierbar in t ist und (W) und (A) erfüllt. Eine Lösungsfunktion u(x, t) müÿte, wenn wir in den Gleichungen (W) und (A) jeweils zur FourierTransformierten bzgl. der Variable x übergehen, die Beziehungen
∂ uˆ(n, t) und uˆ(n, 0) = gˆ(n), n ∈ Z , ∂t
(in)2 uˆ(n, t) =
erfüllen. Diese Beziehungen stellen für jedes n ∈ Z ein Anfangswertproblem für eine gewöhnliche Dierentialgleichung in t dar; dieses hat die Lösung 2
uˆ(n, t) = gˆ(n)e−n t , Setzen wir Gt (x) :=
∞ P n=−∞
2
e−n t einx = 1 + 2
∞ P n=1
n ∈ Z. 2
e−n t cos nx für t > 0, so gilt uˆ(n, t) =
ˆ t (n). Dies entspricht der Faltungsgleichung gˆ(n)G u(y, t) = g ∗ Gt (y),
y ∈ R.
Damit ist die Eindeutigkeit der Lösung unserer Aufgabe bewiesen. Die 2π periodische Funktion Gt heiÿt Gauÿscher Kern.8 Aufgrund der Wachstums2 eigenschaften der FourierKoezienten e−n t ist Gt (x) unendlich oft dierenzierbar in ∂ ∂2 x und in t, t > 0. Ferner erfüllt Gt die Gleichung ∂x 2 Gt (x) = ∂t Gt (x). Daraus ergibt sich, daÿ die Funktion u(y, t) := g ∗ Gt (y), y ∈ R, t > 0, unendlich oft dierenzierbar ist und die Gleichung (W) erfüllt. Zur Lösung unserer Aufgabe bleibt also nur noch zu zeigen, daÿ die Funktion g die Funktion u(y, t) zu einer stetigen Funktion auf R × [0, ∞[ fortsetzt. 8 Der
Gauÿsche Kern hat die Eigenschaften G∗t = Gt sowie Gs+t = Gs ∗ Gt , s, t > 0, wie man durch Übergang zur FourierTransformierten sofort sieht.
Dazu beweisen wir zunächst, daÿ Gt sinngemäÿ wiederum die für den FejérKern aufgeführten Eigenschaften (a) (c) besitzt; i.e. (a) Gt ≥ 0
1 (b) 2π
(sogar Gt > 0);
Zπ Gt (x) dx = 1; −π
1 (c) für jede beliebig kleine Zahl δ mit 0 < δ < π gilt lim t↓0 2π
Zδ Gt (x)dx = 1. −δ
Zum Beweis verwenden wir die Eigenschaften der Dichtefunktion der Gauÿ-Verteilung
ϕσ (x) := g0,σ2 (x) := √ Bekanntlich gilt
R∞
ϕσ (x)e−ixy dx = e−
x2 1 e− 2σ2 , 2πσ
σ2 y2 2
−∞
σ > 0.
(cf. [Bau], § 47). Mit σ :=
√
2t und
y := n ∈ Z erhält man daraus Z∞ 2
ϕσ (x)e−inx dx = e−n t . −∞
Die Reihe
∞ P k=−∞
ϕσ (x + 2πk) konvergiert lokalgleichmäÿig gegen eine stetige 2π
periodische Funktion Φσ (x), deren FourierKoezienten sich errechnen zu
ˆ σ (n) = 1 Φ 2π
Zπ Φσ (x)e −π
1 = 2π
∞ Z 1 X dx = ϕσ (x + 2πk)e−in(x+2πk) dx 2π k=−∞ π
−inx
∞ X
−π
π+2πk Z
ϕσ (x)e
k=−∞−π+2πk
−inx
1 dx = 2π
Z∞ 2
ϕσ (x)e−inx dx = e−n t . −∞
Mittels der Injektivität der FourierTransformation folgert man daraus Gt = 2πΦσ > 0;9 wegen ϕσ > 0 ergibt sich weiter
1 2π
Zδ Gt (x)dx ≥ −δ
9 Ein
Zδ
Zδ/σ ϕσ (x)dx =
−δ
ϕ1 (x)dx → 1. −δ/σ
anderer Beweis für die Positivität von Gt ndet sich in [D-K].
t↓0
Damit sind die Eigenschaften (a) (c) gezeigt, wenn man bedenkt, daÿ (b) unmittelbar ˆ t (0) = 1 folgt. aus G Wie bei der Behandlung des PoissonKerns erhalten wir jetzt:
Ist g eine stetige 2π periodische Funktion, so konvergiert u(y, t) = g ∗ Gt (y) für t → 0 gleichmäÿig gegen g. Die Funktion g setzt also die Funktion u(y, t) zu einer stetigen Funktion auf R×[0, ∞[ fort.
Literatur [Bau] Bauer, H.: Wahrscheinlichkeitstheorie und Grundzüge der Maÿtheorie. 3. Au. Berlin-New York: Walter de Gruyter 1978 [Bl] Blatter, C.: Analysis III. 2. Au. Berlin-Heidelberg-New York: Springer-Verlag 1981 [D-K] Dym, H.; McKean, H.P.: Fourier series and integrals. New York-London: Academic Press 1972 [Ed] Edwards, R.E.: Fourier series. A modern introduction. Vol. 1. 2nd ed. Graduate Texts in Mathematics. 64. New York-Heidelberg-Berlin: Springer-Verlag 1979 [Kör] Körner, T.W.: Fourier analysis. Cambridge etc.: Cambridge University Press 1988 [La] Lasser, R.: Introduction to Fourier series. Pure and Applied Mathematics, Marcel Dekker. 199. New York, NY: Marcel Dekker 1996 [Yu] Youschkevitch, A.P.: The concept of function up to the middle of the 19th century. Arch. Hist. Exact Sci. 16, 37-85 (1976) [Zy] Zygmund, A.: Trigonometric series. Vol. I and II. 2nd reprint of the 2nd ed. Cambridge etc.: Cambridge University Press 1977